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German Pages 160 [157] Year 2020
Oscar Arias Friede für Zentralamerika
Zur Person Oscar Arias Sánchez, 1941 geboren, studierte an der Universität San José in Costa Rica Wirtschafte- und Rechtswissenschaften. 1967 erhielt er von der britischen Regierung ein Stipendium für ein Postgraduiertenstudium der Politischen Wissenschaften, das er mit dem „Master of Politicai Sciences" an der University of Essex abschlofi. 1969 nach Costa Rica zurückgekehrt, promovierte er zum Doktor der Staatswissenschaften. Anschließend war er mehrere Jahre Dozent an der Universität San José und Berater des Präsidenten. 1972 wurde er von Staatspräsident José Figueres zum Minister für nationale Planung und Wirtschaftspolitik ernannt. Auch nach Übernahme der Präsidentschaft durch Daniel Oduber blieb er von 1974 bis 1977 im Amt. Von 1978 anwar Arias Abgeordneter. 1981 gab er seinen Parlamentssitz auf , um seine Kandidatur für die Präsidentschaft vorbereiten zu können. Als Kandidat der Nationalen Befreiungspartei (Partido Liberación Nacional) wurde er am 2. Februar 1986 mit großer Mehrheit gewählt. Arias strebt nach einer politischen Formel, die es erlaubt, mehr Verantwortung, mehr Gerechtigkeit und mehr gegenseitiges Verständnis zu verwirklichen und dabei die politische Freiheit beizubehalten. Sein aktiver Kampf für eine auf Solidarität, Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie und Frieden beruhende Gesellschaft hat dazu geführt, daß große Teile der Bevölkerung in ihm den Führer der neuen Generation sehen. Oscar Arias hat unter anderem folgende Bücher publiziert: Grupos de presión en Costa Rica (1974), La Costa Rica del año 2000 (1977), Democracia, independencia y sociedad latinoamericana (1977), Los caminos para el desarrollo de Costa Rica (1977), Quién gobierna en Costa Ricai (1979) und Nuevos rumbos para el desarrollo costarricense (3 1984).
Oscar Arias Friede für Zentralamerika Mit einem Vorwort von Hans - Dietrich Genscher
Verlag Klaus Dieter Vervuert
Ubersetzung: Günter Schmigalle Astrid Schmitt Willi Zurbrüggen Redaktion: Albert Lenz Umschlaggestaltung: Michael Konrad
CIP-Kurztltelaufnahme der Deutschen Bibliothek Arlas, Oscar: Frieden für Zentralamerika /Oscar Arias. Mit e. Vorw. von Hans-Dietrich Genscher. (Ubers.: Günther Schmigalle . . .) Frankfurt am Main: Vervuert, 1987 ISBN 3 - 9 2 1 6 0 0 - 6 1 - 8 © dieser Ausgabe: Verlag Klaus Dieter Vervuert, Frankfurt/M. 1987. Alle Rechte vorbehalten. Satz und Druck: CARO-Druck Frankfurt/M. Gesetzt in Candida Printed in West Germany. ISBN 3 - 9 2 1 6 0 0 - 6 1 - 8
Inhalt Hans-Dietrich Genscher, Vorwort Jorge Emilio Regidor Mattey, Einleitung
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Oscar Arias, Reden Demokratie und Unabhängigkeit in Lateinamerika 15 Eine Allianz für Frieden und Demokratie . . . . 23 Der Wille der Mehrheit 29 Friede in Zentralamerika: Freiheit und Demokratie für fünf Völker 34 Die Bedeutung der Abschaffung der Armee . . 45 Damit die Demokratie obsiegt 51 13 weiße Seiten für den Frieden 56 Treue zum Willen des Volkes 61 Das Recht auf Frieden 68 Aller Bedrohung zum Trotz 76 Gebet für Zentralamerika 80 Geben wir dem Frieden eine Chance 83 Die Verpflichtung zum Frieden 91 Freuen wir uns gemeinsam 98 Dokumente Die Stunde des Friedens Friedensplan für Zentralamerika Anhang Ulrich Stewen/Peter Wasel, Chronik der Friedensbemühungen in Zentralamerika. . . . Ulrich Erhardt, Costa Rica: Ursprung und Schwierigkeiten einer Demokratie Matthias Güldner, Auswahlbibliographie: Zentralamerikakonflikt 1982-1987 Albert Lenz, Zu diesem Buch
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Hans-Dietrich Genscher Bundesminister des Auswärtigen
Vorwort
Zentralamerika ringt um eine seit Jahren ersehnte Friedenslösung. Es geht darum, die Waffen an den Bürgerkriegsfronten in Nicaragua, El Salvador und Guatemala zum Schweigen zu bringen. Es geht darum, zu friedlichen Formen der politischen Auseinandersetzung im Rahmen demokratischer Verfassungen zurückzufinden oder sie zu festigen. Es geht darum, die Kräfte der Nationen auf die wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen einer solchen Friedensordnung zu konzentrieren und dem hohen Rang der Menschenrechte allseitige Anerkennung zu sichern. Die vom Leid der Kriege und wirtschaftlicher Not geplagten Menschen der Region haben neue Hoffnungen geschöpft, seit die Präsidenten der fünf Staaten Zentralamerikas am 7. August 1987 in Guatemala ihre Unterschrift unter den Friedensplan gesetzt haben, dessen Bewährungsphase wir gegenwärtig erleben. Oscar Arias, seit 1986 Staatspräsident von Costa Rica, hat diesen Prozeß mit einer mutigen Initiative in Gang gesetzt, er ist seither sein unermüdlicher Motor geblieben. Mit dem Friedensnobelpreis 1987 findet er dafür die verdiente Anerkennung. Ich freue mich, daß sein politisches Denken mit dieser Veröffentlichung auch im deutschen
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Hans-Dietrich Genscher
Sprachraum Verbreitung erfährt und damit eine weitere Möglichkeit genutzt wird, die weltweite Zustimmung zu verstärken, die dieses Friedenswerk trägt. Die Bundesregierung hat den Friedensprozeß in Zentralamerika seit seinen Anfängen entschlossen unterstützt. Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft die Vermittlungsbemühungen der lateinamerikanischen Nachbarstaaten, die sogenannte Contadora-Initiative, gefördert. Im direkten politischen Dialog mit den Staaten Zentralamerikas haben die EG-Staaten seit 1984 die Politik der Ermutigung und Unterstützung des regionalen Friedensprozesses konsequent fortgesetzt und durch wirtschaftliche Kooperation untermauert. Als erste haben wir den Arias-Plan unterstützt, der schließlich zu dem Friedensdokument vom 7.8.1987 führte. Das nächste Außenministertreffen in der Reihe der „San-Jos6-Konferenzen", das unter deutschem Vorsitz im Frühjahr 1988 in Hamburg stattfindet, wird Gelegenheit geben, den europäischen Beitrag zu einer friedlichen Lösung der Probleme Zentralamerikas zu bekräftigen und weiterzuentwickeln. Oscar Arias hat mit seinem Friedensplan ein Beispiel gegeben für Friedenswillen, für die geistige Kraft der Demokratie, für persönliche Verantwortung und Durchsetzungskraft. Costa Rica, eine zentralamerikanische Republik mit einer großen demokratischen Tradition, gibt mit der Lebensfähigkeit seiner demokratischen Ordnung Beispiel und Hoffnung für alle Menschen in Zentralamerika.
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Jorge Emilio Regidor Matthey
Einleitung
Zentralamerika ist ein kleines geographisches Gebiet der westlichen Hemisphäre, ein schmaler Landstreifen, der Nordamerika mit Südamerika verbindet. Es ist eine Region großer Gegensätze, und dies, obwohl die fünf Staaten, die diese Region bilden, die historischen Nachfolger der ehemaligen Provinzen des Vizekönigreichs Guatemala sind, das einst zu Spanien gehörte. Die starken Unterschiede innerhalb dieser Region kommen sowohl im politischen wie auch im ökonomischen und sozialen Bereich zum Ausdruck. Zentralamerika hat, seitdem es unabhängig wurde, 166 Jahre lang die Schmach tyrannischer Regierungen, die meist militärischen Ursprungs waren, gespürt. Seine Bevölkerung hat unter der Geißel der ökonomischen Ungleichheit, des Analphabetismus, des Mangels an menschenwürdigen Wohnungen und der systematischen Mißachtung der Menschenrechte gelitten. Die Unterdrückung und die soziale Ungerechtigkeit, unter der Abertausende von Zentralamerikanern leiden, bilden zusammen mit dem ideologischen Kampf, zwischen Ost und West, der in der Zone ausgefochten wird, einen Rahmen, in dem die Gewalt allgegenwärtig ist. Auf diese Weise greifen die spezifischen
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Matthey
Probleme der Unterentwicklung und die Hegemonieansprüche der Supermächte ineinander. In mehreren der betreffenden Länder herrscht ständig Guerillakrieg. Das Wettrüsten steigert sich von Tag zu Tag. Die Armut in Zentralamerika nimmt ständig zu. Die Welt richtet ihre Aufmerksamkeit auf Zentralamerika. Es handelt sich heute nicht mehr, wie noch in der jüngsten Vergangenheit, darum, die Bemühungen der fünf Staaten um ökonomische und soziale Entwicklung zu unterstützen und zu fördern. Es geht heute um eine Frage von sehr viel weitreichenderer Bedeutung: von der zentralamerikanischen Region geht eine Bedrohung für den Weltfrieden aus. Die Gefahr eines allgemeinen Krieges ist hier angelegt. Der Ausgang der Konflikte in dieser Region wird sich zweifellos auch jenseits der Grenzen Zentralamerikas auswirken, und zwar in politischer wie in ökonomischer Hinsicht. Die internationale Gemeinschaft hat deshalb ein Interesse daran, daß in Zentralamerika Frieden einkehrt und die Lebensbedingungen der Bevölkerung sich verbessern. Ein klärender Hinweis erscheint notwendig: die südlichste der zentralamerikanischen Nationen weist deutliche Unterschiede zu ihren Nachbarn auf. Costa Rica ist in vieler Hinsicht anders. Es ist das einzige Land, in dem seit mehr als einem Jahrhundert Demokratie herrscht. Seine Bewohner genießen ein beneidenswertes Küma des Friedens und haben spektakuläre Fortschritte in der Lebensqualität erreicht. Das Erziehungs- und das Gesundheitswesen befinden sich auf dem Stand der entwickelten Länder. Der Wohlstand ist besser verteilt, selbst wenn eine zufriedenstellende Verteilung, wie die nationale Regierung einräumt, noch lange nicht erreicht wurde. Der demokratische Wille des Volkes hat die Konsolidierung eines
Einleitung
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Wahlsystems bewirkt, das als eines der wichtigsten Instrumente der Demokratie die unbedingte Achtung des in Wahlen zum Ausdruck kommenden Volkswillens garantiert. Das Rechtssystem sorgt für ein Gleichgewicht zwischen politischer Macht und sozialen Interessengruppen und trägt maßgeblich zur sozialen und politischen Stabilität der Nation bei. Ende des 19. Jahrhunderts wurde gleichzeitig mit der Abschaffung der Todesstrafe die kostenlose und allgemeine Schulpflicht eingeführt. Die wichtigste Ursache für das Klima des Friedens, das in Costa Rica herrscht, scheint aber das Fehlen einer Streitmacht zu sein. Die Entscheidung des Jahres 1948, die Armee als ständige Einrichtung aufzulösen, wurde in der im darauffolgenden Jahr verabschiedeten Verfassung verankert. Costa Rica ist, mit den Worten von Os.car Arias Sánchez, seit 1986 Präsident der Republik, ein kleines Land, „das nicht davor zurückschreckte, seine Armee abzuschaffen, um stärker zu werden. In meinem Vaterland gibt es keinen einzigen Panzer, keine Kanone, kein Kriegsschiff, keinen einzigen Kampfhubschrauber. In Costa Rica haben wir keine Angst vor der Freiheit. Wir lieben die Demokratie und achten das Recht. Unsere Demokratie funktioniert seit hundert Jahren; sie ist die älteste in Lateinamerika und eine der ältesten der Welt. Wir streben nach Weiterentwicklung. Wir suchen den Frieden an unseren Grenzen." Dies ist der Hintergrund, vor dem die Bemühungen der sogenannten Contadora-Gruppe zustande kamen. Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Panama boten ihre Vermittlung an, um eine friedliche Lösung der Konflikte in Zentralamerika zu bewirken. Weitere, in die gleiche Richtung zielende Bemühungen schlössen sich an. Die Mandatsträ-
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Matthey
ger der fünf Staaten Zentralamerikas versammelten sich am 25. Mai 1986 in Esquipulas, einem Ort in Guatemala. Am 15. Februar 1987 trafen die Präsidenten von Costa Rica, El Salvador, Guatemala und Honduras zusammen, um den mit der Überschrift „Die Stunde des Friedens" versehenen Vorschlag des costaricanischen Präsidenten zu besprechen. Am 7. August 1987 einigten sich die Staatschefs der fünf Republiken Zentralamerikas bei einem Treffen in Guatemala-Stadt auf den Vorschlag des Präsidenten Costa Ricas, ein „Übereinkommen zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika" zu treffen. Die Unterzeichnung dieses Friedensabkommens ist das Ergebnis langer und harter Verhandlungen. Es ist auch der Ertrag der ausdauernden Bemühungen eines Mannes, der an den Frieden als einen der höchsten Werte der Menschheit glaubt: Oscar Arias Sánchez. Natürlich gingen diesen Bemühungen andere voran, die schon mehrere Jahre andauerten. Dennoch ist der Friedensplan, der mit den zu erwartenden Änderungen von den Staatschefs der fünf Länder Zentralamerikas angenommen wurde, das Werk des Präsidenten von Costa Rica. Selbstverständlich wäre es ohne den politischen Willen aller Beteiligten nicht möglich gewesen, einen Konsens über den Frieden in Zentralamerika herzustellen, ebensowenig wie es ohne den Willen, die Entschlossenheit und die Ausdauer der fünf Länder möglich sein wird, das Abkommen zu erfüllen. Es steht nun eine schwierige Etappe bevor. Aber die zentralamerikanischen Nationen sind sich ihrer Verantwortung vor der Geschichte bewußt, und dies ist die Garantie dafür, daß der Bruderkrieg in dieser geplagten Region bald ein Ende finden wird.
Einleitung
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Die Veröffentlichung dieses Buches verfolgt die Absicht, die Dokumente „Die Stunde des Friedens" und „Friedensplan für Zentralamerika" bekannt zu machen. Des weiteren werden die wichtigsten Reden und damit das politische Denken des Initiators der Friedensbemühungen zum ersten Mal einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Für seine seit Jahren andauernde, intensive Suche nach Frieden für Zentralamerika erhielt Oscar Arias Sánchez den Friedensnobelpreis 1987. Es ist dies das erste Mal, daß diese Auszeichnung einem Zentralamerikaner verliehen wurde. San José, Costa Rica, 27. Oktober 1987
Rede auf dem Laleinamerika-Seminai,
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Demokratie und Unabhängigkeit für Lateinamerika Das heutige Lateinamerika bietet ein düsteres Bild. Bis in die letzten Winkel unseres Kontinents breitet sich die erbarmungslose Gewalt eines Autoritarismus aus, der jeden Rest von Freiheit erstickt und die grundlegendsten Rechte des Menschen verachtet. Die Auswirkungen sind verheerend. Es scheint, als ob das 'Wahrzeichen der Unterdrückung, das bittere Wahrzeichen der Diktatur, eine unbezähmbare Kraft gewonnen habe, als ob ihm gegenüber die Stimmen der Demokratie immer schwächer würden und ganz zu verstummen drohten; als ob die Autokratien in unserer Welt zu etwas Natürlichem geworden seien, als ob die Demokratien nur noch alter Plunder, Überbleibsel einer romantischen, weit zurückliegenden Vergangenheit seien. Manchmal haben wir das Gefühl, als ob die Demokraten ihren schöpferischen politischen Willen und die Entschlossenheit, für Freiheit und Gleichheit zu kämpfen, eingebüßt hätten. Ich habe mich schon oft nach den Ursachen gefragt, die dazu geführt haben, daß wir in Lateinamerika heute in einer so beklagenswerten Lage sind, und ich mußte dann unwillkürlich an jenen Satz denken, den jemand an eine Wand der Kathedrale von Quito schrieb, als das Befreiungsheer in
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die Stadt einzog: „Heute ist der letzte. . .und der erste Tag des Despotismus." Es ist klar, daß das düstere Panorama Lateinamerikas sich erst dann aufhellen wird, wenn wir aufhören, einen Totalitarismus durch einen anderen zu ersetzen, wenn wir uns von der Vorstellung befreien, die Herrschaft einer Minderheit durch die Herrschaft einer anderen Minderheit ablösen zu können, wenn wir die Verherrlichung der Rache durch die Herstellung einer echten und dauerhaften Freiheit ersetzen. Nicht aus der energischen Sprache einer in Paris, London oder San José unterzeichneten Erklärung entspringt unsere revolutionäre Kraft, unser ehrliches Eintreten für einen politischen Wandel, sondern aus der Stärke der Ideen und Gruppen, die ein aufrichtiges Interesse daran haben, daß der Freiheitswille unserer Völker sich tatsächlich als stärker erweist als jegliche Art von Imperialismus und Diktatur.
Der Gang der Ereignisse hat die Hoffnungen enttäuscht Wir können die historische Entwicklung Lateinamerikas als Bezugsrahmen wählen, wenn wir fragen, was heute in diesem Weltteil geschieht, und um zu erklären, warum wir die Vorrangstellung nicht erreicht haben, die unsere Völker verdienen. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war Lateinamerika der am höchsten entwickelte Teil der Neuen Welt. Erziehungswesen, Kultur und Wirtschaft hatten dort ein Niveau erreicht, dem die amerikanischen Völker angelsächsischen Ursprungs nicht gleichkamen.
Rede auf dem Lateinamerika-Seminar,
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Der damals einsetzende Unabhängigkeitsprozeß und die besonders günstigen Voraussetzungen, die Lateinamerika mitbrachte, ließen vermuten, daß die Nationen südlich des Rio Bravo eine eigene Identität gewinnen und eine führende Rolle bei der Gestaltung der Welt erringen würden. Aber leider hat der Gang der Ereignisse diese Hoffnungen, die man auf die Entwicklungsmöglichkeiten Lateinamerikas setzte, enttäuscht. Die Minderheiten, die damals herrschten, als der Subkontinent die politische Freiheit errang, erwiesen sich als unfähig, die historische Bedeutung dieses Augenblicks zu erkennen. Sie scheiterten bei der Suche nach einer Formel, die es ermöglicht hätte, der Herausforderung der Zeit zu begegnen. Daher kam es, daß die Lateinamerikaner anderen Nationen, nicht nur auf diesem Kontinent, sondern auch jenseits unseres Weltteils, den Rang abtreten mußten.
Es ist Zeit für die Demokratie Victor Hugo hat gesagt: „Es gibt nichts stärkeres als eine Idee, für die die Zeit reif ist." Ich denke mit Bestürzung daran, daß einige glauben, die Zeit sei reif für die Diktatur. Sie machen sich das zweifelhafte Recht streitig, als Büttel irgendeines Imperialismus unsere Völker zur Schlachtbank zu führen. Im Gegensatz dazu glaube ich, daß heute die Zeit reif ist für die Demokratie. Die Zeit der Diktaturen ist abgelaufen. Die Zeit ist gekommen, um für die Demokratie zu kämpfen, für die Herrschaft der großen Mehrheit in Lateinamerika. Das ist der einzige Weg, uns von Elend und Abhängigkeit zu befreien.
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Die Armut wächst, die Freiheit nimmt ab Trotz des Reichtums und der Qualität seiner Rohstoffe wird Lateinamerika immer ärmer. Das Heer der Hungernden wächst ständig. Das Bildungssystem ist nicht in der Lage gewesen, den Analphabetismus zu überwinden. Das Wohnungsproblem ist im wesentlichen ungelöst. Die Mängel unseres Wirtschaftssystems haben es verhindert, die Produktivität zu steigern und das Arbeitslosenproblem auch nur teilweise zu lösen. Bei der Verteilung des durch die Entwicklung erzielten Reichtums ist Ungerechtigkeit die Norm. Zur Armut der großen Bevölkerungsmasse kommt das Phänomen des Verlusts der Freiheit. Die alte traditionelle Gesellschaft, die seit jeher im Besitz der Macht ist, kontrolliert seit vielen Jahren Wirtschaft, Eigentumsverhältnisse, Bildungswesen, Kultur und selbstverständlich auch das politische Leben. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind die Regierungen in Lateinamerika das Werkzeug einer Minderheit gewesen. Sie wurden von einer Minderheit gehandhabt und standen ihr zu Diensten. Es veränderte sich nur die Form, in der sich die autokratischen Regimes darstellen. Wie dramatisch diese Situation ist, läßt sich an den Ergebnissen des sogenannten „Entwicklungsjahrzehnts" ablesen. Die traurige Bilanz dieses Jahrzehnts war für Lateinamerika die Steigerung der Zahl der Hungernden um 50 Millionen, der Analphabeten um 2 Millionen, die der Familien ohne Wohnung um 5 Millionen. Das Arbeitslosenheer hat die Zahl von 25 Millionen erreicht.
In der Einheit liegt die Stärke Das alte Prinzip „In der Einheit liegt die Stärke" ist auch heute noch gültig, und es gilt ganz besonders
Rede auf dem Lateinamerika-Seminar,
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für Lateinamerika. Es sind schon viele Versuche unternommen worden, angesichts der kulturellen und ökonomischen Unterdrückung und der Notwendigkeit, diese auf unserem Kontinent auszumerzen, eine einheitliche Position der lateinamerikanischen Nationen zu erreichen. Vor allem in den letzten Jahren sind nach leidenschaftlichen Verhandlungen und vielfältigen Opfern zahllose ökonomische und soziale Bündnisse entstanden, die sich jedoch schon bald wieder auflösten und der Vergessenheit anheimfielen, weil sie aufgrund des Egoismus ihrer Unterzeichner schon bald jede praktische Bedeutung verloren. Die Französische Revolution, deren Prinzipien sich wie ein Lauffeuer verbreiteten und von den lateinamerikanischen Ländern mit der größten Begeisterung übernommen wurden, erhob damals das dreifache Banner von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Im Namen dieser Ziele, die von allen geteilt wurden, die eine glückliche Gesellschaft verwirklichen wollten, drückte die Französische Revolution fast allen Verfassungen der Staaten der Neuen Welt ihren Stempel auf. Ein Jahrhundert später bewiesen die Auswüchse der industriellen Revolution, daß die Inspiratoren der französischen revolutionären Bewegung diese Prinzipien als Grundlage auffaßten, auf der die politische und ökonomische Macht einer Klasse, der Bourgeoisie, gesichert werden konnte. Der Mitte des vorigen Jahrhunderts entstehende Marxismus machte es sich zur Aufgabe, diese Tatsache anzuprangern. Er präsentierte der Welt einen Protest, zusammengefaßt in dem Ruf „Proletarier aller Länder vereinigt euch" und verewigt im Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels. In der Mehrzahl der lateinamerikanischen Länder entbehren die Prinzipien von Freiheit, Gleich-
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heit und Brüderlichkeit für die große Masse der Bevölkerung jeder Bedeutung. Und es ist ihnen auch nicht gelungen, die Einheit zu erreichen, die notwendig ist, um sich aus der Gefangenschaft des Kolonialismus fremder Mächte zu befreien, seien sie rechter oder linker Provenienz. Wir müssen handeln Es gibt zwar keine Zauberformel, die es ermöglichen würde, die Probleme aller Völker Lateinamerikas auf einen Schlag zu lösen. Der Mensch ist seines Schicksals Schmied. Die Geschichte wird uns nicht geschenkt. Wir müssen sie unter Mühen und Opfern selbst schmieden. Im heutigen Kampf gibt es etwas, was die lateinamerikanischen Völker verbindet: die Notwendigkeit, in allen unseren Ländern demokratische Regierungen zu errichten, die Freiheit, Achtung vor den Menschenrechten und eine würdige Existenz für alle Menschen gewährleisten. Täuschen wir uns nicht: die Herstellung von Demokratie in ganz Lateinamerika ist eine unerläßliche Voraussetzung, um uns vom Imperialismus zu befreien. Je größer die Zahl der Diktaturen, desto leichter ist es für die Großmächte, das Schicksal unserer Völker zu bestimmen. Um die Möglichkeiten zu nutzen, die uns die Entwicklung bietet, müssen wir erst einmal fähig sein, die volle politische und kulturelle Unabhängigkeit zu erreichen. Der Fall Costa Rica In Costa Rica hat die Errichtung einer stabilen politischen Demokratie dazu geführt, daß weitestge-
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hende Freiheit herrscht. Die demokratischen Umgangsformen, die von Regierenden und Regierten praktiziert werden, sind beispielhaft für alle Nationen der Welt. Bei dem Bestreben, eine Regierungsform zu verwirklichen, die Freiheit und Gleichheit gewährleistet, haben die Bewohner von Costa Rica der Schwärmerei von Revolutionären eine bewußte Absage erteilt. So konnten wir es vermeiden, in den fruchtlosen Dogmatismus zu verfallen, den die Ideologen beider Lager predigen. Wir setzen uns dafür ein, auch im wirtschaftlichen Bereich eine Demokratie herzustellen, die unsere politische Demokratie weiter stärkt. Wichtige Initiativen in dieser Richtung zeigen, daß es uns darum geht, mehr Gleichheit in unserer Gesellschaft zu erreichen.
Die Sozialdemokratie heute Es ist deutlich geworden, daß Lateinamerika dringend demokratische Regierungen bracht, Regierungen der Mehrheit und nicht einer Minderheit, die dem Volke weitestgehende Freiheit gewähren, die die Menschenrechte absolut respektieren, die die Völker von Armut und Unterentwicklung, von der kulturellen und ökonomischen Herrschaft der Industrie- und Kolonialmächte befreien. Es ist ebenfalls deutlich, daß bei der Mehrzahl dieser Nationen die politischen Führer unfähig gewesen sind, die Ziele von Freiheit und Fortschritt zu erreichen, nach denen die lateinamerikanische Bevölkerung strebt, und daß sie ebenfalls unfähig gewesen sind, ihre Regierungen dem verhängnisvollen Einfluß des Imperialismus von rechts oder von links zu entziehen, dessen Spiel sie vielmehr mitspielen, um sich dadurch an der Macht zu halten.
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Die Ideologien, die von beiden Machtblöcken vertreten werden - Liberalismus und Kapitalismus einerseits, Marxismus andererseits - , haben sich gleichermaßen als unangemessene und veraltete Formeln erwiesen, wenn es sich darum handelt, den Völkern von Lateinamerika den Fortschritt, die Freiheit und die Gleichheit zu bringen, die man ihnen so viele Jahre lang verweigert hat. Wir müssen deshalb eine gangbare Alternative finden, um aus dem Teufelskreis auszubrechen, in dem wir gefangen sind, und mit festen Schritten zur Schaffung unseres eigenen Schicksals voranzuschreiten. Allein die Sozialdemokratie bietet diesen Ländern die Möglichkeit eines wirksamen Kampfes zur Erreichung ihrer Ziele. Denn sie gründet sich auf solide Prinzipien der Gleichheit in einer freiheitlichen Regierungsform, sowohl auf politischem wie auf ökonomischem und sozialem Gebiet. Wir Sozialdemokraten müssen unsere Stimme zum Protest gegen die despotischen Regimes auf diesem Kontinent erheben und dadurch den Kampf zur Herstellung der Demokratie bei allen lateinamerikanischen Nationen unterstützen. Wir müssen diese konkrete Alternative bieten, die es möglich macht, daß schon bald der letzte Tag des Despotismus und der erste der wirklichen, dauerhaften Freiheit für die Völker Lateinamerikas anbricht.
Rede auf dem Lateinamerika-Seminar: .Die sozialdemokratischen Jugendorganisationen und die politische Entwicklung Lateinamerikas", das vom 10. bis zum 16. Oktober 1976 im Centro de Estudios Democráticos de América, Costa Rica, stattfand. (Auszüge) Damals war Arias Minister für nationale Planung und Wirtschaftspolitik.
Präsidentschaltsrede,
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Eine Allianz für Freiheit und Demokratie Soeben habe ich im Angesicht Gottes und im Angesicht Costa Ricas geschworen, meinem Vaterland als Präsident der Republik zu dienen. Ich übernehme dieses Amt im Auftrag eines Volkes, das stolz ist auf seine hundertjährige Demokratie, dessen Souveränität nicht nur auf juristischen Grundlagen beruht, sondern auch auf der Achtung und Bewunderung, die ihm die übrigen Nationen entgegenbringen. Ich bekräftige hier erneut die Worte des Präsidenten Jos Maria Castro Madriz: „Ich möchte, daß mein Vaterland nicht wegen seiner Stärke gefürchtet, sondern wegen seiner Gerechtigkeit und Besonnenheit geachtet wird, so daß jedes Unrecht, das ihm zugefügt wird, dem Fluch der zivilisierten Welt verfällt. Wir haben keine Regimenter, laßt uns stattdessen die Sympathie der Nationen erringen." Diese Worte, die vor mehr als einem Jahrhundert gesprochen wurden, haben nicht nur gestern und heute, sondern auch in Zukunft Gültigkeit.
Eine schwierige und gepeinigte Welt Niemals zuvor in unserer Geschichte waren die inneren und die äußeren Bedingungen, die das Le-
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ben der Nation prägen, so eng miteinander verbunden. Es ist nicht mehr möglich, von Frieden und Freiheit zu sprechen oder Entscheidungen hinsichtlich unserer Entwicklung zu treffen, ohne die Ereignisse jenseits der Landesgrenzen zu berücksichtigen. Um die Freiheit und die gerechte Verteilung der Früchte des Wachstums unter den Nationen zu gewährleisten, ist es heute notwendig, Allianzen zu bilden, die auf gemeinsamen, aufrichtig miteinander geteilten Werten und Prinzipien beruhen. Wir leben in einer schwierigen und gepeinigten Welt. Wir leben in einer Region, in der zu den schwierigen ökonomischen und sozialen Problemen, wie sie den Nord-Süd-Kontext charakterisieren, die Probleme des Ost-West-Konflikts hinzukommen. So hat sich im Herzen Amerikas ein Kreuz gebildet, das düstere Schatten wirft. Es ist ein Kreuz, das die Grenze zwischen Krieg und Frieden markiert und das auf der Landkarte der Menschheit einen Ort bezeichnet, an dem das friedliche Zusammenleben in Gefahr ist.
Ich bekräftige meine Verpflichtungen Es ist uns keineswegs ein neugeborenes Land anvertraut worden, das wir nach unserem Geschmack formen könnten. Wir haben die Verantwortung übernommen, eine Nation zu führen, deren Bürger tiefgehende demokratische Überzeugungen haben. Eine Nation, die im Laufe ihrer Geschichte gereift ist und Institutionen geschaffen hat, die sie nicht preiszugeben gewillt ist. Glücklicherweise hat Costa Rica als Nation ein eigenes Profil, das ihre Führer respektieren müssen. Ich habe mich einem Costa Rica verpflichtet, das seine Freiheit liebt, das demokratisch denkt und fühlt
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und das fest an das Recht als einziges Mittel zur Lösung der zwischenmenschlichen Konflikte glaubt. Ich bekräftige heute vor dem Altar des Vaterlandes die Verpflichtungen, die ich damals während des Wahlkampfes vor dem Altar Gottes eingegangen bin und die sich seitdem in Arbeitsprojekte für Costa Rica und sein Volk verwandelt haben.
Der Friede, ein unteilbarer Wert Wir werden die Verpflichtung, den Frieden und die Neutralität zu verteidigen und zu stärken, erfüllen. Wir werden Costa Rica aus den kriegerischen Konflikten Zentralamerikas heraushalten und mit diplomatischen und politischen Mitteln dafür kämpfen, daß der Brudermord in Zentralamerika ein Ende findet. Um die Aufgabe der Modernisierung des Staates in Angriff zu nehmen - eine Arbeit, die keinen Aufschub duldet - , müssen wir damit beginnen, die Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit neu zu bestimmen und zu stärken. Wir müssen den sozialen Wandel, den Costa Rica braucht, rechtmäßig vorantreiben. Das Recht ist unser wichtigstes Instrument des Wandels und der Entwicklung. Die Realität unseres Landes ist der lebende Beweis dafür, daß die Sicherheit nicht durch Waffen gewährleistet werden kann. Sie wird gewährleistet durch das Prestige einer Nation, die die Vernunft und das Recht auf ihre Fahnen geschrieben hat und die es ablehnt, sich in kriegerische Konflikte verwickeln zu lassen, die ihren Frieden und ihre Sicherheit gefährden könnten. Ich behaupte, daß wir dank der internationalen Politik, die Costa Rica während des größten Teils seiner Geschichte als unabhängige Nation praktiziert hat - eine Politik des Friedens, der Nichtein-
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mischung, der Neutralität - , in der internationalen Gemeinschaft stärker geworden sind, als wir es wären, wenn wir unsere Sicherheit mit Waffen hätten verteidigen müssen. Costa Rica wird sich vom Krieg fernhalten, um seine tiefverwurzelte Friedenstradition zu stärken, um seine rechtsstaatlichen Traditionen zu bewahren, um ein günstiges Klima für die ökonomische Entwicklung und die soziale Harmonie beizubehalten. Wir werden in den kriegerischen Konflikten der Region neutral sein. Wir sind gegen den Krieg. Für uns ist der Friede ein unteilbarer Wert. Unsere Stärke ist immer das internationale Recht gewesen und wird es immer sein.
Auf der Suche nach einer friedlichen Lösung Costa Rica bekräftigt seinen unerschütterlichen Glauben daran, daß auf diplomatischem Wege eine friedliche Lösung für die brennenden Probleme Zentralamerikas gefunden werden kann. Wir bekräftigen hiermit unsere Unterstützung der Bemühungen der Contadora-Gruppe und unseren Willen, die Akte für Frieden und Zusammenarbeit in Zentralamerika, die als Ergebnis langer Verhandlungen zustande gekommen ist, zu unterzeichnen. Die Tätigkeit der Contadora-Gruppe und der Unterstützer-Gruppe bringt das Bestreben zu Ausdruck, überall in Zentralamerika und auf dem Kontinent demokratische Regierungen einzurichten. Die Völker dieser Hemisphäre haben nach angstvollen Nächten der Intoleranz und des Todes begriffen, daß die Lösung der Entwicklungsprobleme einen Frieden voraussetzt, der auf Toleranz
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und der Achtung der Rechte aller Bürger Amerikas beruht. Der Friede in Amerika muß demokratisch, pluralistisch, tolerant und frei sein. Solange Unduldsamkeit herrscht und Gesprächsbereitschaft fehlt, wird es keinen Frieden geben. Durch politische Verhandlungen müssen die notwendigen Voraussetzungen für das harmonische Zusammenleben der Völker gesucht werden. Diese Verhandlungen werden von den Bewohnern Zentralamerikas, Lateinamerikas und des gesamten Kontinents unterstützt. Wir dürfen in unseren Bemühungen nicht nachlassen, für alle Brennpunkte des Kontinents politische Lösungen zu finden. Fristen zur Erfüllung der Verpflichtungen Hier ist eine Warnung notwendig an die Adresse derer, die daran zweifeln, daß diplomatische Lösungen und der internationale Dialog imstande sind, Blutvergießen zu vermeiden. Es ist töricht, Dialogbereitschaft mit Schwäche zu verwechseln. Es ist unklug, diplomatische Bemühungen auf illoyale Weise zu vereiteln. Aus diesem Grunde dürfen die diplomatischen Verhandlungen nicht unbegrenzt fortgesetzt werden. Eine solche Einstellung würde bedeuten, den Sinn des Gesprächs zu pervertieren, indem man es zu einem Instrument der Täuschung macht, zu einem Mittel, die Gutgläubigkeit hinters Licht zu führen. Wir, die Bürger von Costa Rica, fordern deshalb die Festsetzung von Fristen zur wirksamen Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen. Costa Rica glaubt an die Notwendigkeit einer Allianz für Freiheit und Demokratie in Amerika. Wir dürfen weder auf ökonomischem noch auf politi-
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schem Gebiet Partner von Regierungen sein, die ihre Völker unterdrücken. Ich rufe auf zu einer Allianz für Freiheit und Demokratie in Amerika und der Karibik. Freiheit und Demokratie für die Entwicklung. Freiheit und Demokratie für die Gerechtigkeit. Freiheit und Demokratie für den Frieden. In diesem großartigen politischen Unternehmen ist kein Platz für die Kleinmütigen, die Verzagten, die Schwachen im Geiste. Es ist Zeit, die Herausforderung anzunehmen und die Hoffnungen Realität werden zu lassen. Es ist Zeit, daß diejenigen, die wie wir an Freiheit und Demokratie als einzige Waffen zur Uberwindung der Ungerechtigkeit glauben, sich zusammenschließen und ein unauflösliches Bündnis eingehen.
Auszüge aus der Rede anläßlich der Übernahme der Präsidentschaft der Republik am 8. Mai 1986
Feinsehansprache,
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Der Wille der Mehrheit
Brücken schlagen Ich möchte heute meine Überzeugung bekräftigen, daß es wichtiger ist, Brücken zu schlagen als Mauern zu errichten. Gemeinsamer Aufbau ist klüger als die Vertiefung der Zwietracht, die uns trennt und schwächt. Heute abend möchte ich zunächst wiederholen, daß ich entschlossen bin, unermüdlich für das Wohl Costa Ricas tätig zu sein. Ich werde jede Initiative unterstützen, ganz gleich von wem sie ausgeht, die dem Land von Nutzen sein kann. Ich werde alle, die bei der Lösung der Probleme Costa Ricas mithelfen und zur nationalen Entwicklung beitragen wollen, um ihre Mitarbeit bitten. Im Namen Costa Ricas erhebe ich den Anspruch, für das politische Programm zu arbeiten, dem das Volk bei den jüngst vergangenen Wahlen seine Zustimmung gegeben hat. Ich fordere im Namen des Vaterlandes alle Bürger auf, gemeinsam zu arbeiten, um alle die Ziele zu erreichen, die während der Wahlkampagne aufgestellt wurden und auf die Costa Rica hofft: die Bewahrung des Friedens, die Behebung der Wohnungsnot, die Wiederherstellung der öffentlichen und privaten
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Moral, die Sicherung von Arbeitsplätzen für alle Bürger des Landes, die Sicherung der Würde der Familie, die Eingliederung der Frauen und der Jugendlichen in das nationale Leben, die Rekonstruktion des Wirtschaftslebens, die gerechte Verteilung der politischen Macht, die Förderung der Demokratie im Wirtschaftsleben und die Senkung der Wahlkampfkosten. Ich fordere im Namen des Volkes Redlichkeit im politischen Kampf. Deshalb fordere ich mit gleichem Nachdruck das Recht zur Verwirklichung des Willens der Mehrheit. Andernfalls würden wir die Demokratie verraten und die teuersten Werte unserer politischen Gemeinschaft zunichte machen.
Unsere Nationalität Die Nationalität der Bürger von Costa Rica ist ein teures Erbe, das wir bewahren und stärken wollen. Zu ihr gehören Aspekte des Alltagslebens, die nicht immer leicht zu bestimmen sind. Sie schließt unsere Freiheitsliebe ein, die bereitwillige Umsetzung demokratischer Verfahrensweisen und Gewohnheiten, die Liebe zum Frieden, ein Gefühl der Brüderlichkeit und viele andere Dinge, die uns verbinden und von anderen Völkern unterscheiden. Wir sollten unsere Eigenart sorgsam pflegen. Es gibt Gefahren, denen wir realistisch begegnen müssen. Man schätzt, daß etwa 250.000 Ausländer unter uns leben. Viele von ihnen teilen nicht in vollem Maße die Werte unserer Nationalität, die uns so teuer sind. Kriegerische Konflikte, ideologische Kämpfe und die andauernde Verletzung der Menschenrechte in benachbarten Ländern haben dazu geführt, daß Männer, Frauen und Kinder dieser Na-
Fernsehansprache,
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tionen bei uns Zuflucht gesucht haben. Wir sind ein kleines und in vieler Hinsicht ungewöhnliches Land. Aber wir müssen sorgfältig darauf achten, daß das Gleichgewicht, das unsere Besonderheit ausmacht, erhalten bleibt.
Aufruf zum Frieden Ich möchte heute abend auch vom Frieden sprechen. Costa Rica möchte seine Friedensliebe mit anderen Völkern teilen. Costa Rica glaubt daran, daß nur die Demokratie den Bruderkriegen ein Ende zu setzen vermag. Der amerikanische Kontinent ist der unfruchtbaren Gewalt müde. Er ist es müde, daß Gruppen des einen oder anderen politischen Extrems sich die Vertretung der Mehrheit anmaßen. Er ist es müde, zuzusehen, wie kleine Gruppen von Fanatikern sich des Freiheitskampfes ganzer Völker bemächtigen. Wie niemals zuvor muß Lateinamerika in Frieden und Freiheit arbeiten, um Reichtum zu schaffen und die Armut zu bekämpfen. Wie niemals zuvor stellen Haß und Gewalt das Erbe unserer christlichen Kultur in Frage. Wie niemals zuvor müssen wir unseren Glauben an die Möglichkeit, unsere Probleme in Freiheit zu lösen, erneuern. Die Regierung unternimmt die notwendigen Bemühungen, um in Zentralamerika eine friedliche Konfliktlösung herbeizuführen. Wir haben Vertrauen zu den diplomatischen Schritten, die dazu führen werden, dem Volk von Nicaragua den Ertrag seines Freiheitskampfes wiederzugeben: die Demokratie.
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Neutralität Angesichts der Konflikte, die sich in der Region entwickeln, nimmt Costa Rica eine Position strikter Neutralität ein. Wir erlauben nicht, daß unser nationales Territorium für militärische Aktionen benutzt wird. Wir glauben nicht an diese Art von Lösungen, und das haben wir unseren Freunden und Verbündeten zu verstehen gegeben. Wir haben unmißverständliche Beweise unserer Friedensliebe und unseres Willens zur Neutralität gegeben. Unsere Entschlossenheit, diese Politik durchzuführen, sollte niemanden überraschen. Das ist ja die Verpflichtung eines demokratischen und friedliebenden Volkes. Die Bestimmung, daß jedem Ausländer, der an kriegerischen Aktivitäten teilnimmt, die Ausweisung droht, bleibt in Kraft. Wir werden mit aller Härte des Gesetzes auch solche Bürger von Costa Rica bestrafen, die an derartigen Aktivitäten teilnehmen, ihnen Vorschub leisten oder ihnen zustimmen. Solche auf unserem Territorium stattfindende Aktionen sind für unseren Frieden höchst gefährlich. Sie führen außerdem zur Korruption, weil sie dem Waffenschmuggel Vorschub leisten. Und sie ermöglichen die Verbindung des Waffenschmuggels mit dem nicht weniger gefährlichen Drogenschmuggel. Jeder Ausländer, der mit bewaffneten Kämpfen in Verbindung steht, die in anderen Ländern stattfinden, verliert sein politisches Asyl in Costa Rica. Wer solche Verbindungen hat, dem wird auch kein politisches Asyl gewährt. Die Neutralität Costa Ricas ist von allen Nationen und von allen Personen zu respektieren. Im Mai dieses Jahres habe ich an der Versammlung der zentralamerikanischen Präsidenten in Es-
Feinsehanspiache,
August 1986
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quipulas und dann an der Amtseinführung des Präsidenten in Kolumbien teilgenommen. In beiden Fällen habe ich, wie Sie es in der Presse lesen konnten, beim Zusammentreffen mit den übrigen Präsidenten unseren Standpunkt hinsichtlich der Lage in Zentralamerika klar und entschieden zum Ausdruck gebracht. Die Position Costa Ricas kann kaum klarer sein: wir sind neutral und werden dafür sorgen, daß diese Neutralität respektiert wird. Nur die Demokratie ist der Garant für eine Ära des Friedens in Zentralamerika und Lateinamerika. Ich glaube, daß unser Eintreten für eine Ära der Demokratie bei allen Völkern des lateinamerikanischen Kontinents schon bald zu einer unwiderstehlichen Bewegung werden kann. Für dieses Ziel arbeitet Costa Rica unermüdlich. Ich wiederhole, daß meine höchste Verpflichtung als Regierender darin besteht, Costa Rica vom Krieg in Zentralamerika fernzuhalten. Keiner unserer Söhne soll in Kriegen sterben, die nicht die unsrigen sind.
Auszüge aus einer Fernsehansprache am 17. August 1986 aus Anlaß der ersten hundert Tage seiner Präsidentschaft.
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Friede in Zentralamerika: Freiheit und Demokratie für fünf Völker Ich komme aus einem Volk ohne Waffen Ich komme aus einem Volk ohne Waffen. Unsere Söhne haben niemals einen Panzer gesehen und kennen keine Kampfhubschrauber, keine Kriegsschiffe und keine Kanonen. Die Väter und Großväter erklären den jungen Leuten die eigentümliche Architektur mancher Schulen, indem sie ihnen davon erzählen, daß diese Schulen einmal Kasernen waren. Ich komme aus einem kleinen Land, das sich seit hundert Jahren der Demokratie erfreut. In meinem Vaterland kennt niemand - weder Mann noch Frau - die Unterdrückung. Kein einziger Bürger Costa Ricas mußte ins Exil gehen. Mein Volk ist ein freies Volk. Ich komme aus einem Land, das innerhalb von wenigen Jahren für 250.000 Fremde zur Zuflucht geworden ist - es sind Männer, Frauen und Kinder, die in unser Land kamen - auf der Flucht vor der Tyrannei, auf der Flucht vor hoffnungslosem Elend, auf der Flucht vor der brudermordenden Gewalt, auf der Suche nach Schutz in der Freiheit
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und dem Frieden Costa Ricas. Diese Fremden machen bereits 10 % der Bevölkerung des Landes aus und sind in ihrer Mehrheit Nicaraguaner. Ich gehöre zu einer Nation, die, ebenso wie viele der Ihrigen, vor schweren Problemen steht. Unsere Probleme reichen von der Armut, in der viele Landsleute leben, bis zur Bedrohung des Friedens, den wir so lieben. Wir möchten diese Armut beseitigen und diesen Frieden bewahren. Ich komme aus einer Weltgegend, die durch große Gegensätze gekennzeichnet ist. Es bestehen Ungleichheiten unter den fünf Ländern des zentralamerikanischen Isthmus und unter den Menschen, die sie bewohnen. Es gibt in dieser Region Völker, die ihre Regierungen frei wählen können, und andere, die das nicht können; es gibt Völker, bei denen die Menschenrechte geachtet werden und andere, bei denen sie täglich verletzt werden; es gibt Völker, wo in Stadt und Land die Gewalt herrscht, und andere, die auf beispielhafte Weise friedlich miteinander leben. Neben Abertausenden von Analphabeten findet man Musiker und Dichter, auf die die Menschheit stolz sein kann. Es gibt Dichter und Bildhauer, deren Kunst über unsere Grenzen hinaus bekannt ist. Es hat Diktatoren gegeben, die in Jahrzehnten einer düsteren Geschichte alle Schranken der Grausamkeit überschritten haben. Die Länder Zentralamerikas, zu denen auch Costa Rica gehört, sind Länder des Wohlstands für einige wenige, des Schmerzes für viele, der Hoffnung aber für alle. Ich komme aus der ältesten Demokratie Lateinamerikas. Ich freue mich, zu einer Nation zu gehören, die ihre Hoffnung auf Frieden mit dem Wunsch nach Demokratie und Gerechtigkeit in allen Ländern Amerikas verbindet. Wir f r e u e n uns, daß so viele Brudervölker ihre politische Freiheit wiedererrungen haben. Wir möchten die Spur des
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Schmerzes, die alle autokratischen und despotischen Experimente in Amerika zurückgelassen haben, bald vergessen. Eine Allianz für Freiheit und Demokatie Wir bedauern, daß das Schauspiel der Grausamkeit, der sinnlosen Verschuldung, der entfesselten Korruption und der systematischen Verletzung der Menschenrechte, das wir so gerne vergessen würden, bei manchen Völkern unseres Amerika noch immer täglich aufgeführt wird. Deshalb habe ich, als ich vor kurzem die Präsidentschaft meines Landes übernahm, zu einer Allianz für Freiheit und Demokratie aufgerufen. Ich habe damals gesagt, daß Costa Rica weder in ökonomischer noch in politischer Hinsicht der Partner von Regierungen sein könne, die ihre Völker unterdrücken. Ich habe erklärt, und das wiederhole ich hier, daß wir, wenn wir in Amerika und der Karibik den Weg des Friedens beschreiten wollen, die Furcht vor der Freiheit überwinden müssen: Freiheit und Demokratie für die Entwicklung, Freiheit und Demokratie für die Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie für den Frieden. Ich bin von meinem Volk beauftragt, vor diesem Forum über den Frieden in Zentralamerika zu sprechen, der von der Gewalt, die in den Brudernationen immer noch herrscht, und von der Gefahr des Krieges bedrängt wird. Schon vor vielen Jahrzehnten haben einzelne Männer vorhergesagt, daß nur in Demokratie und Freiheit der angemessene Weg zum Kampf für die Gerechtigkeit gefunden werden könne. Aber die Nacht der Diktaturen dauerte in der Region sehr lange. Als das Licht der Freiheit aufschien, wurde
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deutlich, was es für die Völker bedeutet hatte, jahrelange Menschenrechtsverletzungen, Gleichgültigkeit für die Probleme der Armen und erbarmungslose Ausbeutung durch die Regierenden erdulden zu müssen. Das demokratische Erwachen Zentralamerikas ist nicht leicht. Es ist ein Weg voller Hindernisse. In manchen Ländern belauern die Schatten diktaturgewohnter Armeen mißtrauisch die ersten Schritte der vom Volk gewählten Regierungen. In anderen Fällen führt das tiefe Mißtrauen unter Menschen, die im gleichen Land geboren sind, zum Guerillakrieg. Der Appell zur inneren Versöhnung auf dem Wege der Demokratie scheint dann keine sichtbare Wirkung zu haben. Weiterhin töten sich die Brüder, weiterhin blutet Zentralamerika.
Ein verratener Freiheitskampf Die bisher beschriebenen Probleme sind erdrückend. Aber es gibt noch mehr. Der heldenhafte Freiheitskampf des nicaraguanischen Volkes, der im Sturz des Tyrannen Somoza gipfelte, hat einen politischen Kurs eingeschlagen, der weder dem Freiheitsstreben dieses Volkes noch den Hoffnungen auf ein volles Aufblühen der Demokratie entspricht - Hoffnungen, die zahlreiche Völker hegten, die damals den Kampf gegen die Diktatur unterstützt haben. Dieser unerwünschte und unerwartete politische Kurs hat Zentralamerika zu einem Schauplatz des Ost-West-Konfliktes gemacht. Es gibt keine Lösung auf dem Wege, den die Comandantes eingeschlagen haben. Sie haben eine Revolution verraten, deren Ziel es gewesen war, einer ganzen Reihe von Generationen, die in ihrem Leben
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nichts als Unterdrückung kennengelernt hatten, endlich die Demokratie zurückzubringen. Auf diesem Wege gibt es keine Lösung für ein Volk, das, frustiert und enttäuscht, zum Bürgerkrieg zurückgekehrt ist. Das ist auch keine Lösung für die Nachbarn, die bereits die Bedrohung durch einen neuen totalitären Dogmatismus spüren und die über Grenzen hinweg die Konsequenzen aus dem Schmerz und der Enttäuschung der Menschen zu tragen haben.
Contadora ist nicht tot Lateinamerika, der sinnlosen Gewalt und der jahrzehntelangen Unterdrückung überdrüssig, merkte, daß als Konsequenz aus dem von der nicaraguanischen Regierung gewählten Weg die für den ganzen amerikanischen Kontinent anbrechende Ära der Freiheit durch den Ost-West-Konflikt überschattet wurde. Da bildete sich eine diplomatische Initiative, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte: die Contadora-Gruppe. Das von Mexiko, Kolumbien, Panama und Venezuela verfolgte Ziel verdiente den Respekt und die Unterstützung der ganzen Welt, und selbstverständlich auch die Unterstützung Costa Ricas. Die Absicht war, ein Forum zu schaffen, um den zentralamerikanischen Staaten zu helfen, ihre Demokratie und ihre Freiheiten zu stärken. Man schuf ein Forum, um die innere Versöhnung der Völker, in deren Mitte ein bewaffneter Kampf ausgetragen wurde, anzustreben und um auf demokratischem Wege die Bedrohung eines Konflikts zwischen Ost und West auszuräumen. Man schuf ein Forum, um in der ganzen Welt um Verständnis zugunsten einer ökonomischen Vorzugsbehandlung der zen-
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tralamerikanischen Region zu werben. Man schuf ein Forum, um die wirtschaftliche Entwicklung unserer Völker zu beschleunigen und dadurch die in der Epoche der Diktaturen aufgestauten Ressentiments zu mildern. Der Contadora-Gruppe schloß sich später eine Unterstützer-Gruppe an, die aus den demokratischen Regierungen von Argentinien, Brasilien, Peru und Uruguay gebildet wurde. Ganz Lateinamerika strebte danach, sich zu vereinigen, um den Freiheitsruf Bolivars wiederzubeleben. Contadora wurde zur Avantgarde eines Lateinamerika, das vereint zur Freiheit und zur politischen Demokratie für alle seine Völker aufbrechen wollte. „Nie wieder Diktaturen, gleich unter welchem Vorzeichen, auf dem Weg Amerikas zum Frieden", das war der Ruf der Contadora. Die Regierung von Nicaragua hat nicht auf die Freiheitsbotschaft der Geschichte hören wollen. Die Regierung von Nicaragua hat die brüderlich ausgestreckte Hand der Contadora nicht ergreifen wollen. In einem unfruchtbaren Dogmatismus eingeschlossen, hat sie das Forum der Freiheit benutzt, um Zeit dafür zu gewinnen, auf ihrem Territorium einen totalitären Militärstaat zu konsolidieren. Contadora ist nicht tot. Costa Rica wird diese Bemühungen unterstützen, solange noch eine Spur von Hoffnung besteht. Wir wollen eine friedliche Lösung und wir streben an, daß sich die Vernunft durchsetzt. Es gibt eine Geschichte der Freiheiten, und wir sind dazu aufgerufen, in ihr die Rolle von verantwortungsbewußten Vorkämpfern zu übernehmen. Wenn wir dieser Geschichte den Rücken zukehren, so wird es eine Kriegstragödie geben, in der wir die Opfer sein werden.
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Wir werden dafür sorgen, daß die Neutralität respektiert wird Costa Rica hat angesichts der bewaffneten Konflikte in Zentralamerika eine Neutralitätserklärung abgegeben. Meine Regierung wird mit dem erforderlichen Nachdruck dafür sorgen, daß diese Neutralität respektiert wird. Das haben wir in Worten und Taten bewiesen. Costa Rica ist nicht damit einverstanden, daß fremde Mächte in der Region Krieg schüren und Tod verbreiten. Während die ganze Welt zum Frieden aufruft, naht in Zentralamerika der Krieg! Während die ganze Welt nach größerem Wirtschaftswachstum strebt, nimmt in einem großen Teil Zentralamerikas das Elend zu! Ich werde nicht dulden, daß irgendeine bewaffnete Gruppe unser Territorium zur Aggression gegen benachbarte Staaten benutzt. Ich werde es nicht dulden, weil Costa Rica das internationale Recht achtet. Ich werde es nicht dulden, weil die Existenz von bewaffneten Gruppen auf unserem Territorium eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, da wir keine Armee haben, um uns zu verteidigen. Wenn wir so handelten, würden wir jegliche Glaubwürdigkeit bei der internationalen Gemeinschaft verlieren, auf deren Prinzipien wir zur Verteidigung unserer Souveränität vertrauen. Ich werde es nicht dulden, weil ein solcher Gebrauch des Territoriums von Costa Rica dem illegalen Waffen- und Drogenhandel Vorschub leisten würde. Ich werde es nicht dulden, weil die Moral Costa Ricas ein heiliger Wert ist. Ich werde es nicht dulden, weil wir, die Bürger von Costa Rica, an friedliche Lösungen glauben und nicht zulassen wollen, daß unser Boden von denen mißbraucht wird, die Gewalt predigen. Ich werde es
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nicht dulden, weil wir, die Bürger von Costa Rica, den Krieg nicht wollen und auch nicht mit Menschen leben möchten, die an ihn glauben. Unser Engagement gilt dem Frieden und der Entwicklung. Die tiefsten Bestrebungen meines Volkes sind mit dem Krieg unvereinbar.
Wir vertrauen in den Dialog Weil wir in Costa Rica keine Furcht vor der Freiheit haben, werden wir unser Vertrauen in den Dialog niemals aufgeben. Deshalb haben wir an der Versammlung der zentralamerikanischen Präsidenten in Esquipulas, Guatemala, teilgenommen. In Esquipulas hat Zentralamerika seinen Glauben an die Demokratie und die Freiheit bekräftigt. Die Regierung in Managua wurde eindringlich ermahnt, daß nur die Demokratie ein wirksamer Schutz gegen die Qualen des Krieges ist, den wir vermeiden wollen. Costa Rica ist auch von dem Vorschlag des Präsidenten Cerezo zur Schaffung eines zentralamerikanischen Parlaments überzeugt. Aber wir werden dieses Parlament nur dann unterstützen, wenn es sich als authentische Vertretung der demokratischen Regierungen der zentralamerikanischen Nationen konstituiert. Wir akzeptieren kein regionales Forum, das nur dazu dient, Diktaturen international zu legitimieren.
Der von neuem ermordete Sandino Die Regierung von Nicaragua hat mein Land vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag angeklagt, da meine Regierung angeblich Komplize von kriegerischen Aktionen sei, die vom Territo-
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rium Costa Ricas ausgehen. Wer im Glashaus sitzt, sollte jedoch nicht mit Steinen werfen. Wir werden uns vor dem Gerichtshof in Den Haag verteidigen. Wir kennen bereits die Propagandamanöver des Regimes in Managua. Wir sind der Gespräche müde, in denen alles verdreht wird. Wir sind der unaufrichtigen Versprechungen überdrüssig. Wir wollen, daß in Den Haag die ganze Welt die verborgene Wahrheit erfährt über ein Nicaragua, in dem Sandino ein weiteres Mal verraten wurde. Vor sieben Jahren ist Sandino auferstanden, um die Freiheit seines Volkes zu feiern. Von neuem hat man ihn ermordet.
Ich will, daß die Welt uns verstellt Wir haben Abertausende von Flüchtlingen aus Nicaragua aufgenommen. Wir Bürger von Costa Rica sind besorgt, weil sich an unserer Grenze ein Regime mit einer totalitären marxistischen Ideologie konsolidiert. Unser Volk weiß, daß in Europa und in anderen Teilen der Welt die Grenze zwischen Ost und West Abermillionen von Dollars kostet, die für Rüstung, Verteidigungssysteme und Militärbündnisse ausgegeben werden. Kann die Welt verstehen, daß wir in Costa Rica nicht einmal an die Möglichkeit denken wollen, die Streitkräfte wieder einzuführen? Kann die Welt verstehen, daß es uns nicht möglich ist, immer weitere Flüchtlingsströme aufzunehmen? Ich will, daß die Welt uns versteht. Ich will, daß die Großmächte, gleich welcher Ideologie, verstehen, daß ein Bündnis für Demokratie, Pluralismus und Freiheit in Amerika der Menschheit nützt und dem Weltfrieden dient.
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Eine offene und ehrliche Seite Ich bin auch von meinem Volk beauftragt, Ihnen unsere Besorgnisse hinsichtlich der Entwicklung der Weltwirtschaft vorzutragen und Ihnen unsere Absicht mitzuteilen, an einer gleichmäßigeren und humaneren Entwicklung mitzuwirken. In dieser schwierigen Epoche möchten wir eine offene und ehrliche Seite ins Buch der Geschichte schreiben. Wir müssen für den Frieden im Lande sorgen und fordern daher eine gerechtere internationale Ordnung. Abrüstung Im Namen Costa Ricas muß ich abermals betonen, daß wir jegliche Abrüstungsinitiative unterstützen. Das atomare Wettrüsten ist zu dem gigantischsten Moment für die Blindheit der Mächtigen geworden, das die Weltgeschichte jemals gesehen hat. Flüchtlinge Die aus politischen und wirtschaftlichen Gründen ins Exil getriebenen Menschen sind eine weitere schmerzende Wunde im Antlitz der Welt. In meinem Vaterland sieht man diese Wunde. Ich danke hiermit dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge als auch dem Zwischenstaatlichen Auswanderungskomitee (ICM) für ihre Bemühungen. Costa Rica benötigt noch wesentlich mehr Hilfe, um das Flüchtlingsproblem, mit dem es heute konfrontiert ist, zu lösen. Für den Frieden Ich möchte den Vereinten Nationen und insbeson-
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dere ihrem Generalsekretär, Javier Pérez de Cuéllar, für ihre ausdauernden Friedensbemühungen meinen Dank aussprechen. Solange dieses Forum existiert, wird niemand den Zusammenhang zwischen Frieden und Entwicklung vergessen können. Und solange wir diesen Zusammenhang nicht vergessen, werden wir gemeinsame Gründe haben, gegen das Elend zu kämpfen, über die Grenzen hinweg die Menschenrechte zu verteidigen und allen Völkern die Furcht vor der Freiheit zu nehmen. Angesichts der Widrigkeiten dieses Jahrzehnts, angesichts der Gefahren, die sich auf dem zentralamerikanischen Isthmus vervielfachen, angesichts der zunehmenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten bekräftigt Costa Rica von neuem seinen unerschütterlichen Glauben an das höchste Schicksal des Menschen, denn die Seele der Völker nährt sich von Freiheit, Demokratie und Frieden. Heute mehr denn je zuvor müssen wir die vornehmste Sache, die die Seele der Völker kennt, wieder aufnehmen und die Furcht vor der Freiheit überwinden. Ich will mit den Worten des großen spanischen Dichters Miguel Hernández schließen: „Schlage den Riegel vor, Kerkermeister, sperre die Türen. Binde nur fest diesen Mann: seine Seele wirst du nicht binden. Viele Schlüssel, des Unrechts Schlösser sind viel: die Seele wirst du nicht binden." * * Miguel Hernández: Gedichte/Poemas. Ausgewählt und übertragen von Erich Arendt und Katja Hayek-Arendt. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1965. S. 179. Auszüge aus der Rede vor der LXI. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 24. September 1986.
.Tag der Abschaffung
der Armee", Dezember
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Die Bedeutung der Abschaffung der Armee
Die Geschichte ehrt eine Generation Heute vor achtundvierzig Jahren erfuhr das Land, daß die Gründungs-Junta der Zweiten Republik die Armee abgeschafft hatte. Ein solche Entscheidung eines siegreichen Generals hat es noch nie zuvor gegeben. Heute vor achtunddreißig Jahren wurde dieses ehrwürdige Gebäude, das an die Kasernen der Vergangenheit erinnert, in ein Kulturzentrum umgewandelt. Das war eine zutiefst humane Entscheidung. Heute vor achtunddreißig Jahren wurde die ehemalige Bella-Vista-Kaserne zu einem Museum und damit zu einem Hort der Kultur unseres Landes. Das war eine weise Entscheidung, die im Interesse unserer Nation lag. Die Generation, die Trägerin der ruhmreichen Taten von gestern war, kann sich durch diese historische Erinnerung geehrt fühlen. Den Urhebern jener Entscheidung wollen wir mit dieser Feier im Namen des Vaterlandes unseren Dank abstatten. Die neuen Generationen sollen aus dieser Feier lernen, welche Größe ein Volk beweist, das es versteht, auf den Weg des Friedens zurückzukehren
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und sein demokratisches und freiheitliches Zusammenleben zu konsolidieren. Wir feiern heute eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte unseres Vaterlandes. Durch jenen patriotischen Entschluß wurden die Träume unserer Vorväter, der Idealisten, die mehr als ein Jahrhundert lang dieses Land aufgebaut haben, Wirklichkeit. Wir feiern heute einen Höhepunkt in der Geschichte unserer Nation. In jenem Augenblick wurde der Wille bekräftigt, ein wirklich republikanisches Staatsleben beizubehalten, Institutionen zu bewahren, die sich auf die Vorherrschaft des Geistes und nicht auf die Gewalt der Waffen stützen.
Wie man Mauern einreißt Ich war noch ein Kind, als das Ereignis, das wir heute feiern, stattfand. Aber es berührte mich die Geste eines Mannes, der noch wenige Monate zuvor Krieg geführt hatte und der nun, an jenem Dezembermorgen, mit dem Hammer in der Hand die uralten Mauern einer Kaserne niederschlug. Ein Mann, der das unselige Krachen der Gewehre zum Schweigen brachte und es durch die Lieder von jungen Menschen ersetzte, die auf dem Wege der Bildung und Kultur nach Höherem streben. In jener Dezembersonne blühten alle die Eigenschaften auf, die später meinen Weg als Politiker und als Regierender bestimmt haben. Heute vor achtunddreißig Jahren, in der strahlenden Morgensonne, kamen hier die Männer zusammen, die de facto die Nation regierten. Sie wurden begleitet von jungen und alten Menschen, von Studenten, Arbeitern, Lehrern, Professoren, Frauen voller Hoffnung. Neben ihnen standen Soldaten und Offiziere aller Ränge, die immer noch
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der Armee ", Dezember
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vor der Trikolore Wache standen. Viele von ihnen erinnerten sich noch mit Wehmut und Schmerz an den Kampf in den Bergen. Allen war bewußt, daß an diesem Tage ein Costa Rica starb und ein anderes geboren wurde. Sie wußten, daß die neuen Generationen damals, ohne die ewigen Werte des Landes zu verleugnen, bemüht waren, ein Vaterland zu schaffen, dessen Verteidigung und dessen Freiheit auf den unerschütterlichen Festen der Gerechtigkeit, der von allen geteilten Entwicklung und der Freiheit für alle ruhten.
Ergreifende Worte An jenem Morgen des 1. Dezember 1948 sprach José Figueres, umgeben von seinen Regierungskollegen und den Offizieren seiner Armee, folgende Worte: „Die Armee von Costa Rica als würdige Nachfolgerin der Nationalen Befreiungsarmee übergibt den Schlüssel dieser Kaserne den Schulen, damit sie in ein Kulturzentrum verwandelt werde. Die Gründungs-Junta der Zweiten Republik erklärt hiermit die Auflösung der Nationalen Armee. Sie ist der Meinung, daß ein gutes Polizei-Korps genügt, um die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten. Wir unterstützen mit Entschlossenheit das Ideal einer Neuen Welt in Amerika. Dem Vaterland von Washington, Lincoln, Bolivar und Marti rufen wir heute zu: Amerika! Mögen andere Völker, die auch deine Söhne sind, dir ihre Macht und Herrlichkeit darbringen. Das kleine Costa Rica bringt dir, heute und auf ewig, seine Liebe zum Recht und zur Demokratie dar." Das ganze Volk spendete dieser Botschaft begeisterten Beifall. Es war eine Botschaft, die der Ge-
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rechtigkeit, der Brüderlichkeit, der Freiheit und dem Wohlstand den Weg bahnte.
Der Triumph des Geistes Der große Erzieher Luis Dobles Segreda erklärte zwei Tage später: „Der Geist des Guten hat gesiegt. Die Kultur hat gesiegt. Und José Figueres, der der erste im Krieg war, ist nun auch der erste im Frieden." Die Seele von Mauro Fernández, der vor vielen Jahren hier gelebt hatte, und die Seelen von Tausenden von Lehrern schienen mit der Botschaft des Friedens auf den Lippen über die Mauern der ehemaligen Kaserne und über die Felder unseres Vaterlandes dahinzuziehen. Sie fanden nun weder in der Bella-Vista-Kaserne noch in irgendeinem anderen militärischen Zentrum des Landes Soldaten vor, die unnütze Gewehre bewachten, sondern junge Menschen, die sich mit Büchern beschäftigten und von dem Weg zu den Sternen träumten. Die Feier, die wir heute begehen, soll nicht nur ein Erinnerungstag sein, so ergreifend das auch sein mag. Sie enthält für Regierende und Regierte, für alle Generationen die Verpflichtung, mit Ausdauer und Kraft dafür zu kämpfen, daß diese Ideale nicht von unserer Erde verschwinden. Wir müssen schwören, ihnen treu zu bleiben und sie in unseren Lebensbereichen Wirklichkeit werden zu lassen! Die Säbel wurden niedergelegt, um den Büchern Platz zu machen. Das Geld, das die Armee verbrauchte, erhielt eine neue Bestimmung, um die Gärten des menschlichen Denkens zu pflegen. Rómulo Valerio, Professor für Naturwissenschaft und einer der großen Erzieher der Vergangenheit, der die Absichten der Junta kannte,
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der Armee", Dezember 1986
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schlug vor, die Bella-Vista-Kaserne in ein Haus der Kultur für Costa Rica umzuwandeln, in ein Museum, das die Schätze einer Vergangenheit aufnehmen sollte, die wir niemals vergessen würden.
Der Hammer, der die Ungerechtigkeit zerstört Wir sind heute morgen hier zusammengekommen, um ein weiteres Mal José Figueres, der mit dem Hammer in der Hand eine der Mauern der Kaserne niederschlug, Beifall zu spenden. Dieser Hammer, der die Tyrannei zerstörte, wurde an die neuen Generationen weitergereicht, damit sie wachsam bleiben und sich jeder drohenden Tyrannei und jeder totalitären Gefahr widersetzen. Die neuen Generationen haben ihn auch ergriffen, um dem Fortschritt und der Entwicklung für alle den Weg zu bahnen und das Elend zu zerschlagen. Dazu, Freunde meiner Generation, verpflichten wir uns heute. Mißverstehen wir unsere heroische Vergangenheit nicht. Werden wir unserer Nationalhymne nicht untreu. Sagen auch wir unserem Vaterland: „Wenn jemand deine Ehre beflecken will, so wirst du sehen, wie dein tapferes Volk das Werkzeug gegen die Waffen eintauscht."
Die Mauern des Unverständnisses niederreißen Die heutige Fèier bedeutet, daß wir uns verpflichten, die Mauern des Unverständnisses niederzureißen, die die politischen Parteien und die sozialen Gruppen zum Schaden der Interessen der Nation voneinander trennen. Sie bedeutet, daß wir
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uns der Aufgabe widmen werden, die Mauern der Unehrlichkeit und der Korruption aller Art niederzureißen, die den Geist wieder fesseln könnten, der durch die Tat, deren wir heute gedenken, bereits befreit worden ist. Widmen wir uns der Aufgabe, der Welt und vor allem Zentralamerika ein Beispiel zu geben. Die Menschen, die den Frieden lieben, müssen sich der Aufgabe widmen, die Regierenden in Zentralamerika von der Notwendigkeit, ihre Armeen aufzulösen, zu überzeugen. Das Talent des Berufssoldaten könnte bei allen Entwicklungsaufgaben eine große Rolle spielen. Die Soldaten, die heute noch in den Armeen dienen, könnten morgen auf eigenem Boden produktive Landwirte sein. Warum sollen wir für Zentralamerika nicht diesen Traum träumen? Widmen wir uns heute einer großen Aufgabe. Widmen wir uns der Aufgabe, in der Seele aller Menschen Brüderlichkeit, Solidarität, gegenseitiges Vertrauen, Freiheitsliebe und Gerechtigkeitsliebe zu wecken, damit diese Tat des José Figueres, der vor achtunddreißig Jahren mit dem Hammer eine Kaserne niederriß, zu einem Symbol wird, das morgen geistige Mauern niederreißt und in Zentralamerika der Freiheit, der Gerechtigkeit und dem Frieden den Weg öffnet. Rede aus Anlaß der Unterzeichnung des Dekrets, das einen .Tag der Abschaffung der Armee" einführt. Die Feierlichkeiten fanden am 1. Dezember 1986 im Nationalmuseum statt.
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Damit die Demokratie obsiegt Große Hoffnungen Ich freue mich, vor Ihnen sprechen zu können. Ohne eine freie Presse ist die Verteidigung und die Stärkung der Demokratie nicht vorstellbar. Ich muß Ihnen gestehen, daß es mir nicht leicht fällt, vor Journalisten die Situation Costa Ricas darzustellen. Es hat den Anschein, als ob unsere Beziehungen mit Nicaragua den Blickwinkel bestimmen würden, von dem aus das Bild unseres Landes im Ausland entworfen wird. Doch läßt sich Costa Rica nicht darauf verkürzen. Unsere Beziehungen mit Nicaragua sind eines unserer wichtigen Probleme, aber nicht das einzige Problem. Wir haben andere Probleme und Sorgen. Wir haben aber auch und vor allem große Hoffnungen. Wir vertreten die Werte der Demokratie, des Friedens und der Abrüstung. Wir hegen den Traum einer Entwicklung, die wir teilen wollen, und leiden unter dem Alptraum des Krieges, den wir verhindern wollen. Unsere Demokratie ist die älteste in Lateinamerika. Wir werden bald das 100-jährige Bestehen dieses politischen Systems feiern können. Der Frieden Costa Ricas ist beispielhaft. Kein einziger
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costaricanischer Bürger sah sich genötigt, jemals politisches Asyl zu beantragen. Niemand wurde aufgrund seiner politischen Ideen ins Gefängnis geworfen. Die Welle der Gewalt hat unser Land und unsere Städte nicht erfaßt. Wir setzten die Abrüstung in die Wirklichkeit um, indem wir bereits vor 38 Jahren die Armee abschafften. Noch vor wenigen Tagen erließ ich eine Verfügung, um den 1. Dezember als den Tag der Abschaffung der Armee feierlich zu begehen. In meinem Land gibt es kein einziges Kriegsschiff, es gibt weder Panzer noch Kanonen noch Kampfhubschrauber.
Was wir zu erhalten anstreben Dies sind einige der Dinge, die wir erhalten wollen. Es sind einige der Dinge, die uns mit Stolz erfüllen. Es gibt noch andere Dinge, die wir zu erhalten anstreben. wir haben einen Entwicklungsstand erreicht, der vergleichsweise höher ist als der von Brudernationen in Lateinamerika. Wir haben auch einen hohen Stand der Gerechtigkeit erreicht, der in bedeutenden Fortschritten im Bildungs- und Gesundheitssystem und in der Arbeits-, Wohnungs- und Einkommensverteilung zum Ausdruck kommt. Die jüngste Krise der Weltwirtschaft, die Auslandsverschuldung, die unser Bruttosozialprodukt übersteigt, der zunehmende Protektionismus der Industrieländer, der Mangel an Kapital für die Modernisierung unserer Landwirtschaft und unserer Industrie, stellen unter anderem eine ernste Herausforderung für die Erhaltung und den Ausbau unseres jetzigen Lebensstandards dar. Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderung suchen wir Verständnis und Solidarität, um unsere Wirtschaft zu reorganisieren, um zunächst
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Wachstum zu erzielen und auf diese Weise unsere international eingegangenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Wir sehnen uns nach einer Wirtschaftsform, die auf Hochtechnologie und nicht auf Niedriglöhnen aufgebaut ist. Wir werden das kulturelle Niveau unseres Volkes für den Fortschritt nutzen. Ausländische Investitionen sind in meinem Land willkommen, wenn sie diese Entwicklung fördern, damit der Frieden gesichert werden kann.
Damit die Demokratie obsiegt Lateinamerika erlebt eine Phase der Rückkehr zur Demokratie. Noch nie zuvor haben so viele Völker ihre Regierungen frei wählen können wie in den letzten Jahren. Daß diese Demokratie sich behauptet, ist Vörbedingug für den Weltfrieden und den Frieden innerhalb dieser Region. Damit die Demokratie in Amerika sich behauptet, sind zwei Bedingungen zu erfüllen: die Diktaturen jedweder Ideologie müssen verschwinden und die Demokratien müssen eine bessere Behandlung auf wirtschaftlichem Gebiet erfahren. Es werden heute unter dem Vorwand, die Demokratie zu retten, vielen Völkern Lateinamerikas die größten Entbehrungen ihrer Geschichte abverlangt. Das politische System der Freiheit ernsten wirtschaftlichen Pressionen auszusetzen bedeutet, die politische Zukunft Lateinamerikas aufs Spiel zu setzen. Costa Rica hat daher eine Allianz für Demokratie und Freiheit in Amerika vorgeschlagen.
Die Vernunft und nur die Vernunft Ich spreche von unseren Problemen mit der mei-
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nem Volk eigenen Einfachheit. Vor vielen Jahren hat Costa Rica beschlossen, die Lösung seiner Probleme mit Hilfe der Vernunft und nur durch die Vernunft anzugehen. Unser Verhalten beinhaltet keine Gewalt, unsere Sprache beinhaltet keine Drohungen. Zu jedem der von mir genannten Probleme nehmen wir entschieden Stellung und versuchen, mittels des Dialogs Bündnispartner zu finden. Wir müssen den Glauben an das Wachstum wiedergewinnen. Es ist erforderlich, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Unsere Aufgabe besteht darin, den Wandel in einem Klima größtmöglicher Freiheit durchzuführen. Wir streben nach Fortschritt, so wie wir danach streben, den Frieden zu erhalten. In diesem Zusammenhang stellen die Ereignisse in Zentralamerika ernsthafte Probleme für Costa Rica dar. So betrachten wir mit Sorge die Maßnahmen der comandantes, die den Freiheitskampf in Nicaragua benutzten, um einen marxistischen Weg einzuschlagen. Viele Jahre lang war unser Land unmittelbarer Nachbar der Unterdrückung und Gewalt. Dies hat uns immer beunruhigt. Dies war immer eine Bedrohung für unsere politischen Sitten und unsere teuersten Werte.
Costa Rica und Nicaragua Vor 163 Jahren erklärte Costa Rica zum ersten Med seine Neutralität. Genau zwei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung traf mein Land diese Entscheidung anläßlich des ersten Bürgerkrieges, der Nicaragua heimsuchte. Im Verlauf unserer friedlichen republikanischen Geschichte haben wir unsere Neutralitätserklärung in mehr als zehn weiteren Fällen wiederholen müssen angesichts der andauernden inneren bewaffneten Konflikte, die das nicaraguanische Volk erlitten hat.
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Heute tragen die Nicaraguaner, wie so oft in der Vergangenheit, einen inneren Krieg aus. Heute, wie so oft in der Vergangenheit, versucht eine Diktatur Costa Rica in einen inneren Konflikt hineinzuziehen. Heute, wie schon 1823, intervenieren die Costaricaner nicht in Nicaragua. Es liegt an den Nicaraguanern selbst, diesen inneren Konflikt zu lösen. Die Regierung Costa Ricas wird keine Maßnahmen treffen, um direkt auf den Bürgerkrieg in Nicaragua Einfluß zu nehmen.
Wir glauben an die Demokratie Angesichts des Krieges verhalten wir uns neutral. Wir haben diese Entscheidung in der Vergangenheit aufrechterhalten und werden auch in Zukunft alles dafür Erforderliche tun. Aber wir können nicht neutral bleiben angesichts des Kampfes der Ideen. Oft habe ich erklärt, was ich heute vor diesem Forum der Meinungsfreiheit wiederholen möchte: im ideologischen Streit ergreifen wir Partei und tun dies mit Stolz. Wir Costaricaner glauben an die Demokratie. Unsere eigene Erfahrung beweist uns, daß Frieden und sozialer Fortschritt nur erreicht werden können in offenen Gesellschaften, in denen die Demokratie das Ergebnis freier und pluralistischer Wahlen ist. In der Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Totalitarismus sind wir nicht neutral. Wir sind es nie gewesen. Seit 100 Jahren sind wir aktive Befürworter der Demokratie und der Freiheit. In der Verbindung von Demokratie und Freiheit wollen wir den dauerhaften Frieden für Amerika erreichen. Rede vom 5.12.1986 anläßlich seines Besuchs des amerikanischen Präsidenten, gehalten vor dem Internationalen Presseklub in Washington.
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13 weiße Seiten für den Frieden Den Frieden erhalten Uns bleiben noch 13 unbeschriebene Seiten zu füllen, bis wir das Buch dieses Jahrhunderts schließen können. An Ihnen wird es sein, die ersten Seiten des neuen Jahrhunderts zu schreiben, und es wird an Ihnen sein, einmal über unser ausgehendes 20. Jahrhundert zu urteilen. Die Seiten, die wir angesichts des heraufziehenden neuen Zeitalters zu schreiben haben, müssen Seiten des Friedens für Costa Rica sein. Den Frieden zu wahren, ist unsere dringendste Pflicht.
Das tun, was man sagt Wir leben in einer Welt voller Zynismus und Falschheit, in der die Kluft zwischen dem Wort und der Tat immer größer wird. Immer seltener stimmt das Wort der Herrschenden mit ihren Taten überein. Ich habe mir daher vorgenommen - darin besteht meine Pflicht, nicht nur als Regierender, sondern auch als Erziehender - zu sagen, was ich denke und zu tun, was ich sage. Die Abschaffung aller nuklearen Waffen und die allmähliche Abrüstung stehen für alle Regierenden, die dieses Jahrhundert zu einem sinnvollen Ende führen wollen, an erster Stelle. Während wir aber von Abrüstung sprechen,
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werden nukleare Sprengköpfe im Weltraum und in den Tiefen der Meere installiert, und die Bedrohung erreicht immer neue Dimensionen. Wir sprechen von Abrüstung, derweil die atomaren Sprengsätze immer handlicher und immer zahlreicher werden. Mich erschreckt nicht nur die bedrohliche Zunahme dieser Waffen, sondern auch ihre unaufhaltsam steigende Zerstörungskraft, die alles menschliche Leben auszulöschen imstande ist. Mich beunruhigt die Vorstellung, daß es Menschen gibt, die offenbar den Verstand verloren haben, die ihre Vernunft aufgegeben haben, die alle menschlichen Ideale vergessen haben. Menschen, die jedes Mitleid verloren haben; Sklaven des Materialismus, Diener der Interessen einiger weniger.
Lassen wir das Wort Wirklichkeit werden Sie, meine lieben Freunde, sind jung, und ich sage Ihnen, es ist nicht leicht, die uns auferlegte Verantwortung zu tragen. Ich habe mich oft gefragt, was ein kleines Land wie Costa Rica zur Lösung dieser Probleme beitragen kann, die so übermächtig sind und jenseits der Möglichkeiten unserer Einflußnahme zu liegen scheinen. Wenn ich mein Land mit den anderen Nationen dieser Erde vergleiche, werde ich jedoch in meiner Überzeugung bestärkt, daß die Gedanken immer stärker sein werden als die Gewalt. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir in Costa Rica das Wort Wirklichkeit werden lassen können. Wir können und müssen der Welt sagen, daß ein Volk in Demokratie und Freiheit leben kann, ohne eine Armee zu haben. Und wenn wir sagen, daß der Dialog die Waffe ersetzen muß, dann müssen wir bereit sein, den Dialog jetzt zu führen. Wenn wir nicht mehr hinnehmen wollen, daß die Supermächte immer
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mehr Waffen auf diese schmale Landbrücke laden, die Zentralamerika heißt, dann laßt sie uns aufhalten. Wenn wir Häuser bauen wollen, dann laßt sie uns voller Stolz errichten. Wenn wir daran gehen wollen, die Armut zu bekämpfen, dann laßt uns mehr geben, als wir dafür bekommen. Laßt uns das Wort einlösen! Arbeiten wir zusammen in dem Bemühen, unsere Vorstellungen Wirklichkeit werden zu lassen! Vereinigen wir uns mit all denen, die nicht zerstören, sondern aufbauen wollen! Vergessen wir die Selbstsucht und entscheiden wir uns für die Kraft der Liebe und der Solidarität.
Aufforderung zum Aufbau Jugend von Costa Rica, zerstören ist leicht. An einem Tag kann die schönste Stadt zerstört werden. An einem Tag kann der Krieg entfesselt werden. An einem Tag können Tausende von Menschen ihr Hab und Gut verlieren. An einem Tag werden Tausende und Abertausende von Neugeborenen zum Hungern verdammt. Jeder kann Teil der Verantwortungslosigkeit eines Tages sein. Ich fordere Sie auf, dieser Versuchung zu widerstehen. Ich fordere Sie auf, den Frieden zu bewahren, die Armut zu bekämpfen, Gerechtigkeit zu üben und dem Vaterland zu dienen. Costa Rica braucht Konstrukteure, braucht unbeugsame Männer und Frauen von visionärer Kraft. Wir alle sind aufgerufen, das Privileg zum Gemeingut zu machen und niemals zuzulassen, daß der Schweiß des Volkes dem Privileg einiger weniger diene. Der Weg der Zerstörung ist bedeutend leichter zu gehen. Wer zerstören will, kann dumm, faul und unmäßig sein. Wer zerstören will, kann sich hinter seinem Fanatismus verschanzen und sogar die Gewalt rechtfertigen, um seinem Haß und seiner Enttäuschung freien Lauf zu lassen. Wer hingegen
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aufbauen will, wer Verantwortung für die Zukunft übernehmen will, wer Frieden bewahren und Ungerechtigkeit bekämpfen will, der muß sich von Liebe, Weisheit und Selbstlosigkeit leiten lassen. Niemand kann sich heutzutage mehr der Welt und ihren Problemen verschließen. Schon gar nicht der Intellektuelle, dessen wacher Geist die Entwicklung des Menschen verfolgt. Sie, meine Freunde, werden wie nie zuvor lernen müssen, die Einsamkeit der Vorstreiter zu ertragen. Nötiger denn je müssen wir den Glauben an die gemeinsame Sache wiedergewinnen. Nötiger denn je müssen wir uns wieder dem Aufbau widmen und die Versuchungen der Zerstörung hinter uns lassen. Die Zeit drängt, uns offen mit den Geschehnissen in Costa Rica und in der ganzen Welt auseinanderzusetzen. Wir sind aufgerufen, mit der Kraft unseres Geistes dem Wohl des Landes und dem Wohl der Welt zu dienen. Unsere Aufgabe ist es, würdig und selbstbewußt gegen Elend und Prostitution, gegen Alkohol und Drogen, gegen Unwissenheit und Unterwürfigkeit zu Felde zu ziehen und der Tyrannei eine eindeutige Absage zu erteilen. Wir dürfen nicht Haß und Zwietracht säen. Wir dürfen uns nicht alleszerstörender nihilistischer Auflehnung ergeben. Unsere Solidarität darf nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis sein. Im Gegenteil: mit den Waffen, die eines intelligenten Menschen würdig sind, müssen wir Tag und Nacht für diese Welt der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, der Toleranz und des Friedens kämpfen, die die aufgeklärten Menschen dieser Welt seit je erträumen.
Der Kampf um den Frieden Ich möchte Ihnen mit allem Nachdruck versichern, daß die dreizehn Seiten, die uns bis zum Abschluß dieses Jahrhunderts noch verbleiben, nur
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durch Ihre tatkräftige Mitwirkung als Seiten des Friedens in die Geschichtsschreibung einzugehen vermögen. Ich bin hierher gekommen, Sie zu ermuntern, im Kampf um den Frieden nicht eine Sekunde zu ruhen. Ich bin gekommen, Sie zu bitten, diesen Kampf um Frieden zu einem Symbol costaricanischer Aufrichtigkeit und Worttreue zu machen. Elend, Hunger und Unterentwicklung zu beseitigen, ist die Aufgabe, die unser Land sich gestellt hat. Costa Rica wird es zur Ehre gereichen, daß Sie es sind, die die ersten Seiten im Buch des neuen Jahrhunderts schreiben. Und voller Stolz werden Sie schreiben können, wie Sie den Frieden bewahrten, als er bedroht war; wie Sie sich an die Seite der Schwachen gestellt haben, als die Großen übermächtig und herzlos waren; wie Sie dem Bruder Obdach gaben und Arbeit für alle zum unantastbaren Grundsatz erhoben. Voller Stolz werden Sie sagen können, daß Sie Ihr dem jungen Vaterland gegebenes Versprechen nicht einen Tag vergessen haben. Ich weiß, daß Sie die Zeugen und die Hauptdarsteller jener Seiten des Friedens sein werden, mit denen wir dieses Jahrhundert beschließen. Lassen wir also nicht zu, daß auch nur eine einzige dieser Seiten vom Blut unserer Brüder befleckt werde. Nur eine erfolgreiche Verwirklichung unserer Vorsätze gibt uns die Gewähr, daß es im Costa Rica des neuen Jahrhunderts kein hungerndes Kind, keine Familie ohne Dach, keinen Mann und keine Frau ohne Arbeit und keinen Landarbeiter ohne Land geben wird. Dann wird das Buch unter unserem Arm die einzige Waffe sein, mit der wir das Geschick unseres Vaterlandes verteidigen. Rede vom 10. März 1987, gehalten als Eröffnungsvorlesung zum Semesterbeginn 1987 vor Studenten der Universität von Costa Rica, San José.
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Treue zum Willen des Volkes Ich lege Rechenschaft ab Ich stehe hier in Erfüllung meiner verfassungmäßigen Pflicht, das Volk von Costa Rica über den Gang der Regierungsgeschäfte zu informieren. Ich stehe hier, um Ihnen einen Bericht über die Lage der Nation zu geben, Rechenschaft abzulegen, über den Regierungsauftrag, den mir mein Volk vor einem Jahr übertragen hat. Ich stehe hier, um Ihnen einige Maßnahmen zum Wohlergehen unseres Landes vorzuschlagen. Die Bewältigung der Aufgaben, die wir uns gestellt haben, erfordert eine breiten Konsens, der alle Bereiche unseres Landes umfassen muß. Ich habe nie verschwiegen, daß ich nicht auf alle Fragen unserer Gesellschaft eine Antwort habe und daher rufe ich alle, die guten Willens sind, auf, mit mir den Weg zu ebnen, der zum Fortschritt führt. Ich möchte überzeugen, nicht besiegen. Ich möchte keine Siege, die entzweien, sondern Erfolge, die vereinen. Demokratie und Frieden haben uns groß gemacht; kleinliche Interessen korrumpieren das Erbe unserer großen Vorgänger und behindern unsere Bemühungen um die Zukunft Costa Ricas. Demokratie lebt von der Unter-
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schiedlichkeit der Ideen, doch darf niemand die Macht zur willkürlichen Durchsetzung seiner Vorstellungen mißbrauchen. Aus diesem Grund hat weder die Mehrheit noch eine Minderheit das Recht, unverantwortlich zu handeln.
Der Friedensauftrag Als erstes möchte ich zu Ihnen von meinem Auftrag sprechen, den Frieden in Costa Rica zu festigen und unser Land von den bewaffneten Konflikten in Zentralamerika fernzuhalten. Als ich mich um die Präsidentschaft bewarb, habe ich gesagt, meine größte Sorge gelte dem Frieden. Und ich habe gesagt, nur der Friede öffne uns die Wege zu wirtschaftlichem Wachstum. Seither habe ich unermüdlich und kompromißlos für den Frieden gearbeitet. Heute ist Costa Rica weiter vom Krieg entfernt und seines Friedens sicherer. Unser Land wird im Weltenbund der Nationen für seine eigenständigen Werte mehr geachtet und respektiert. Als ich Präsident dieser Republik wurde, habe ich von einer Allianz für Freiheit und Demokratie in Amerika gesprochen. Ich habe gesagt, Demokratie und Freiheit seien der einzige Weg, das Morden unter den Völkern zu beenden und den Menschenrechten ihre volle Geltung zu verschaffen. Ich habe damals auch die Rückkehr so vieler Bruderländer zur Demokratie begrüßt und den Willen meines Volkes bekräftigt, den neuen freiheitlichen Regierungen unseres Amerika zur Seite zu stehen. Doch immer noch gibt es Diktaturen in Amerika. Und wir haben gesehen, wie in einigen dieser neuen Demokratien das Militär die neugewonnene Freiheit bedroht. Die Rückkehr zur Demokratie wird von den Ländern der Welt nicht ausrei-
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chend unterstützt, um sich dauerhaft halten zu können. Wenn der Westen weiterhin in dieser selbstmörderischen Haltung verharrt, macht er sich ganz ohne Zweifel mitschuldig an den großen Tragödien, die über Demokratie und Menschenrechte in Lateinamerika in naher Zukunft hereinbrechen werden. Mehr als je zuvor bin ich heute davon überzeugt, daß sich nur freie Menschen legitim für die Sache des Friedens einsetzen können. Und ich bin überzeugt, daß wirtschaftliches Wachstum mit sozialer Gerechtigkeit nur Sache jener sein kann, die in einer Demokratie leben. Wir dürfen nicht zulassen, daß die Errungenschaften des freien Menschen, die geistigen Werte unserer westlichen Zivilisation mit Füßen getreten werden. Unser christliches Erbe von Gerechtigkeit und Frieden muß auch die Außenpolitik unseres Landes bestimmen. Einen anderen Weg kann es für Costa Rica nicht geben. Am Tage nach den Wahlen habe ich unserem Volk und dem obersten Hirten unseres Volkes gesagt, Costa Rica werde an allererster Stelle nach den geistigen Prinzipien der christlichen Zivilisation regiert. Ich habe auch gesagt, die Stufen, die uns zum Altar der Kathedrale führten, seien die in Stein gehauenen Zeugen unseres Versprechens, den Frieden in unserem Land zu wahren und zu festigen. Ich habe versprochen, Costa Rica von den Konflikten in unserer Region fernzuhalten und mich unermüdlich dafür einzusetzen, daß der gottlose Brudermord in Zentralamerika ein Ende findet. Costa Rica weiß, daß ich diesem Versprechen keinen Tag untreu geworden bin.
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Zeit für den Frieden Wenn wir einen Friedensplan vorschlagen, bedeutet das, daß wir ein politisches Angebot unterbreiten, das auf den höchsten Glaubenswerten des costaricanischen Volkes beruht. Ein Volk des Friedens kann nicht den Krieg propagieren. Ein Volk der Dialogbereitschaft kann nicht der Intoleranz verfallen. Ein Volk der geistigen Werte kann keinen Fanatismus akzeptieren. Ein Volk, das den Weg der Liebe sucht, hat keinen Platz für den Haß. Costa Rica kann keinen Frieden propagieren, der den Waffen entspringt; keinen Frieden, der auf Sieg oder Niederlage basiert; keinen Frieden, der das Ergebnis von Tod und Zerstörung ist. Unser Friedensplan kann sich nur auf das berufen, an das wir glauben. Wir glauben an das Gespräch; wir glauben an das Pflichtgefühl der Regierenden; wir glauben an die Fähigkeit des Menschen, das Richtige zu erkennen; wir glauben an die Freiheit, und wir glauben an die internationalen Prinzipien zur Gewährleistung der nationalen Souveränität. Wir suchen den Frieden in der Demokratie und der Freiheit aller Völker Amerikas. Wir s a g e n den Kriegswaffen ab Costa Rica wird nie eine bewaffnete Lösung propagieren, und es wird nie aufhören, die Gewalt anzuprangern. Wenn auch Verstocktheit und Dogmatismus, Hochmut und Angst vor der Freiheit große wie kleine Nationen taub machen für die Stimme der Liebe, blind machen für die Wege des Friedens, und sie dahin führen, die Hand der Versöhnung auszuschlagen, wird sich Costa Rica dennoch jeder militärischen Lösung verweigern. All jene, außerhalb oder innerhalb Costa Ricas,
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die hoffen, ein Scheitern der Friedensinitiative werde uns zu Verbündeten der Kriegstreiber machen, sollen ein für allemal wissen, daß das niemals möglich sein wird. Standhaft werden wir immer wieder unseren Glauben an den Dialog und unser Vertrauen in politische Lösungen bekräftigen. Wir sind ein Volk des Friedens und begegnen der Bedrohung durch Krieg und Gewalt nur mit den Waffen des Friedens, denen wir den Stolz auf unsere Freiheit und unsere Demokratie verdanken. Als Symbol für die Liebe Costa Ricas zu den Werten der Freiheit und des Friedens möchte ich den 1. Dezember zum „Tag der Abschaffung der Armee" erklären. Mit diesem Tag wollen wir nicht nur unseren geliebten José Figueres ehren, sondern auch immer wieder bekräftigen, daß das Volk von Costa Rica nicht daran glaubt, daß die Konflikte zwischen den Menschen mit Waffengewalt zu lösen sind. Ermutigen wir die Söhne unseres Volkes, zwar immer ein Buch unter dem Arm, niemals jedoch ein Gewehr über der Schulter zu tragen! In diesem ersten Jahr meiner Regierungszeit habe ich mit den Präsidenten vierzehn lateinamerikanischer Staaten gesprochen, um der Verwirklichung unserer außenpolitischen Zielsetzung näherzukommen. In der guatemaltekischen Stadt Esguipulas habe ich an einer Versammlung der zentralamerikanischen Präsidenten teilgenommen. Ich war in Washington, und ich habe die Vereinten Nationen besucht. Ich habe zu einem Treffen in San José eingeladen, wo wir der Welt unseren Friedensplan vorgestellt haben. Mit all diesen Initiativen habe ich nichts anderes getan, als den Regierenden und den Völkern der Welt unsere Sicht der Dinge darzustellen, unter der man in Frieden leben, sich fortschrittlich entwickeln und die Armut mit Erfolg bekämpfen kann.
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Im Frieden vereint Costa Rica hat für seine Außenpolitik eine internationale Unterstützung erfahren, die in unserer Geschichte einmalig ist. Die Kraft unserer Uberzeugung hat uns viele neue Freunde gewinnen lassen und alte Freundschaften in allen Erdteilen gefestigt. In wenigen Wochen wird die ganze Welt darauf schauen, welches Schicksal dem costaricanischen Friedensplan beschieden sein wird. Ich weiß um die gewaltigen Schwierigkeiten, die wir noch zu überwinden haben. Ich weiß auch, daß nicht wenige versuchen, unsere Friedensinitiative zu Fall zu bringen. Aber wir geben nicht auf. Wir sind nach wie vor der ungebrochenen Überzeugung, daß Demokratie und Freiheit sich durchsetzen, daß der Friede sich durchsetzen wird. Ich vertraue darauf, daß wir für eine Sache kämpfen, die noch nie in der Geschichte der Menschheit verloren wurde, die unser Vaterland geeint und gestärkt hat und deren Werte in unserem Volk so tief verwurzelt sind. Dies ist nicht die Außenpolitik einer Regierung, es ist die Außenpolitik eines Volkes. Ich danke allen vormaligen Präsidenten der Republik, die unsere Friedensbemühungen so großzügig unterstützt haben. Ich danke auch allen Parteien, die sich ohne Zögern unserem Friedensaufruf angeschlossen haben. Ich bedanke mich für die Hilfe, die Costa Rica mir zuteil werden ließ. Es ist mir eine Ehre, der Diener des Volks zu sein, der die Aufgabe hatte, das, was Costa Rica unter der Freiheit der Menschen, unter demokratischer Entfaltung und unter Ablehnung von Krieg und Gewalt verstand und verstehen will, der Welt mitzuteilen. Unser Schicksal ist es — das Ihre im Parlament, das meinige als Präsident — auf einer schmalen
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Landenge, die wir nicht gemacht haben, inmitten einer Krise zu leben, die wir nicht herbeigeführt haben. Doch wann im Leben hat man schon die Wahl? Noch keine Generation vor uns hat solch einer Herausforderung gegenübergestanden, aber auch keine Generation hat wie die unsere je zuvor eine solche Bereitschaft gezeigt, sich der Pflicht und dem Ruhm zu stellen im Einsatz für Freiheit und Frieden. Auszüge aus der Regierungserklärung vom 1. Mai 1987
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Das Recht auf Frieden Bald schon, im Jahre 1989, wird unsere Demokratie ein Jahrhundert fruchtbarer Existenz vollenden. Wir haben aus unserem kleinen Land einen Ort des Friedens und der Freiheit gemacht, wo die überwältigende Mehrheit der Einwohner der tiefen Überzeugung ist, daß die bewaffnete Auseinandersetzung destruktiv ist. Wir sind noch nicht frei von Unrecht und Ungleichheit, aber die Demokratie und der Frieden bieten Möglichkeiten, sie zu überwinden. Wir gehen der sozialen Gerechtigkeit entgegen in der Gewißheit, daß wir sie mit den individuellen Freiheiten in Einklang bringen können. Die Kriege beginnen immer in den Köpfen der Menschen. Dort muß auch die Verteidigung des Friedens einsetzen. Ein Volk ohne Waffen ebnet den Weg zum Frieden in den Köpfen und Herzen seiner Bürger bereits in der Schule. So wird der Frieden zu einem Grundrecht, zu einer Lebensform und zu einer historisch-sozialen Realität.
Eine neue Kategorie von Grundrechten Es ist kein Zufall, daß die Vereinten Nationen das Recht auf Frieden als ein Grundrecht festschrei-
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ben wollen. Die Menschenrechte erlangten durch die liberale Revolution in Europa und den Unabhängigkeitskampf in den Vereinigten Staaten weltweite Bedeutung. Die sozioökonomischen und kulturellen Grundrechte ergaben sich aus den Kämpfen gegen die soziale Ungerechtigkeit. Die gegenwärige Entwicklung der internationalen Gesellschaft führt zu einer neuen Kategorie von Grundrechten, einer dritten Kategorie: das Recht der Völker auf Solidarität. Unter diese dritte Kategorie fallen beispielsweise das Recht auf eine gesunde Umwelt in ökologischem Gleichgewicht, das Recht auf Weiterentwicklung und das Recht auf Frieden. Seit 1970 weist die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf die Notwendigkeit hin, das Recht auf Frieden als Bestandteil der geltenden Prinzipien des Völkerrechts aufzunehmen. Die „Allgemeine Erklärung der Rechte der Völker", die 1976 in Algerien verabschiedet und als wichtiger Grundsatz angenommen wurde, stellt einen entscheidenden Schritt bei der Verankerung des Friedens als Grundrecht dar. Im Dezember 1978 verabschiedete die UNO die „Erklärung über die Vorbereitung der Völker auf ein Leben in Frieden" unter Berufung auf „das Recht der Menschen, der Staaten und der gesamten Menschheit, in Frieden zu leben". Aber erst seit 1984, mit der „Internationalen Erklärung über das Recht der Völker auf Frieden", wird auf die grundlegende Verpflichtung eines jeden Staates hingewiesen, mit allen erforderlichen und zusätzlichen Maßnahmen die volle Ausübung des Friedens zu gewährleisten, und zwar innerhalb eines politischen Rahmens, der für die Entwicklung der individuellen und sozialen Würde geeignet ist.
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Der Friede, die Stärke der Demokratie In der Tat kann es keinen Frieden geben, wenn es keine soziale Gerechtigkeit gibt. Ein Land, das die Ungleichheit fördert, erzeugt Gewalt, Haß und Frustration. Ein Land, in dem einige wenige maßlos Privilegien genießen, verursacht soziale Unsicherheit und zerstört das für einen dauerhaften Frieden notwendige Gleichgewicht. Deshalb ist der Begriff des Friedens und der Demokratie untrennbar mit dem der sozialen Gerechtigkeit verbunden. Aus gutem Grund gibt es eine Bewegung, die die Menschenrechte „internationalisieren" will. Die Verletzungen der Menschenrechte beeinträchtigen den inneren und äußeren Frieden. Absolut gerechtfertigt erscheint die Intervention der internationalen Organisationen, die mit Engagement und Unerschrockenheit flagrante und massive Verletzungen dieser Grundrechte verhindern, denn die Mißachtung dieser Rechte bedeutet einen Angriff auf den Frieden. In der Tat ist die systematische Verletzung der Menschenrechte nicht mehr nur eine innere Angelegenheit eines Staates, sondern betrifft die gesamte Menschheit, weil sie eben, und ich darf das hier noch einmal wiederholen, den inneren und den internationalen Frieden in Gefahr bringt. Aber gleichzeitig ist der Krieg selbst die schlimmste, die schrecklichste aller Menschenrechtsverletzungen. Im Krieg werden weder das Leben noch die materiellen Güter noch die Menschenwürde respektiert. Deshalb ist es richtig, daß das Recht auf Frieden die Synthese der Achtung aller übrigen Menschenrechte sowie die Grundlage dafür darstellt, daß diese auch konsequent eingehalten werden. Ohne Frieden könnten die Menschenrechte nicht respektiert werden; aber es gibt auch
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keinen Frieden, wenn gegen die Grundrechte verstoßen wird. Aus dem Vorangegangenen ergibt sich eine doppelte Perspektive des Rechts auf Frieden: die eine verknüpft den Frieden mit den Menschenrechten; die andere entsteht aus dem Recht des Individuums, sich auf nationaler und internationaler Ebene gegen den Krieg als Ausdruck ungerechter Machtausübung und als Zeichen menschlicher Irrationalität, Barbarei und Primitivität zur Wehr zu setzen. Wir lehnen also den Krieg ab. Wir unterstützen den Frieden, die Abrüstung, den Kampf für Demokratie und Menschenrechte, die kollektive Sicherheit und die internationale Zusammenarbeit als geeignete Mittel für eine gerechte und friedliche Koexistenz. Wir meinen, daß das Recht auf Frieden, das Recht, in Frieden zu leben, ein unveräußerliches Grundrecht der Individuen, der Völker und der Nationen ist. Wir verstehen unter dem Recht auf Frieden, daß die Menschen von ihren Regierungen die Einhaltung ihrer Versprechen sowie eine Beteiligung an Entscheidungen fordern und sich vor allem weigern können, an einem Krieg und an der Tötung anderer Menschen teilzunehmen.
Der wirkliche Friede In unserem Volk ist die Anerkennung und der Schutz aller Menschenrechte zur Tradition geworden: das Recht auf Freiheit und auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung der Individuen, der Minderheiten und der Völker. Der Costaricaner hat verstanden, daß ohne sie ein absoluter und wirklicher Friede nicht möglich ist. Ohne diesen Frieden kann es vielleicht ein scheinbares Gleichgewicht kriegerischer Kräfte geben, trüge-
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rischer und entgegengesetzter nationaler Sicherheitsinteressen, die sehr oft für die Bürger zur Unsicherheit werden. Ohne diesen Frieden kann es unterschwelligen Aufruhr, unbefriedigte Bedürfnisse nach Freiheit, Unterdrückung und Repression geben. Unter diesen Bedingungen kann es nur eine Friedhofsruhe geben, mit verzweifelten Müttern, die ihre Kinder verloren haben. Der Frieden - nicht der Frieden der Repression und der Ungerechtigkeit - , der wirkliche und dauerhafte Friede, um den wir uns so hartnäckig bemühen, kann einen Prozeß der inneren und äußeren Entspannung in Zentralamerika vorantreiben. Wir brauchen eine schrittweise, aber effektive und von internationalen Organisationen überwachte Abrüstung. Gemäß der humanistischen Auffassung vom Recht auf Frieden sind wir für einen vertikalen Pazifismus, der weder Feigheit noch Abweichen von Prinzipien ist, auch kein blinder und irrealer Idealismus oder etwa der Verzicht auf den ideologischen und politischen Kampf für die gerechte Sache. Wir verstehen unter Pazifismus eine menschliche und solidarische Haltung bei der Suche nach einem dauerhaften und gerechten Frieden. Unser Pazifismus bedeutet, an den Menschen und an seine schöpferische Kraft zu glauben; er bedeutet, die Ungleichheit in der Gesellschaft zu verurteilen und die demokratischen Institutionen schrittweise zu verbessern; er bedeutet konstruktive und innovative Veränderung, Bejahung des Dialogs und Offenheit für alle Denkrichtungen. Unser Pazifismus ist beherrscht von der Vorstellung einer toleranten Welt unter den Vorzeichen des gesunden Menschenverstandes und des gegenseitigen Verständnisses. Unser Pazifismus ist offen für alle Bemühungen um eine Verbesserung und Überwindung der gegenwärtigen Lage.
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Die Schrecken des Krieges Der Krieg bringt immer Tod, Leid, Ruinen, Elend und moralische Verkommenheit mit sich. Heute gehen die Schrecken des Krieges weit über Dantes Vorstellungskraft hinaus. Die neuen und schrecklichen Waffen haben Millionen Menschen furchtbaren Qualen ausgesetzt. Und als wäre das nicht genug, lauert auch noch das Schreckgespenst der nuklearen Katastrophe auf uns. Der wirkliche Friede dagegen bedeutet Leben, Aufbau, Fortschritt, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Der wahre Friede, der echte Friede bedeutet außerdem Zusammenarbeit der Völker und Staaten auf allen Gebieten ihrer gegenseitigen Beziehungen. Nur der Frieden kann die kreative Atmosphäre schaffen, die die Menschen und die Völker für ihre Verwirklichung brauchen. Der Wert des Friedens steht über allen sonstigen Erwägungen. Der Frieden erhöht das Leben des Menschen und macht es sinnvoll; der Krieg setzt es herab und macht es absurd. Die völlige Unterdrückung der bewaffneten Gewalt ist keine Utopie, sondern ein erreichbares und vordringliches Ziel. Wir können nicht akzeptieren, daß der Gebrauch der rohen Gewalt unbedingt zu dem Bemühen gehört, das Verbogene wieder geradezubiegen.
Der Friedensplan Costa Ricas Der Friedensplan Costa Ricas, der eine breite internationale Unterstützung gefunden hat, zeugt nicht nur von der staatsbürgerlichen und ethischen Stärke unseres Landes, sondern auch von unseren tiefen demokratischen Überzeugungen. Unser Friedensplan geht von einem einzigen Gedanken und einem einzigen Ziel aus: die Würde
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und der Wohlstand der in einen Bruderkrieg verwickelten Völker Zentralamerikas. Wir sind für eine friedliche Lösung der Krise innerhalb eines demokratischen Rahmens, denn nur er garantiert den Frieden und die Sicherheit Zentralamerikas. Wir brauchen ein Klima des gegenseitigen Vertrauens; wir brauchen günstige Voraussetzungen für eine Verständigung, wir wollen die systematische Verletzung der Grundrechte und die blutigen Kämpfe verhindern, in die die Jugend Zentralamerikas wie in einen Strudel gezogen werden. Die Überwindung des Zustands der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Regierungen und den aufständischen Gruppen ist ein unumgängliches Gebot der Stunde. Der gegenwärtige Zeitpunkt erfordert von den zentralamerikanischen Völkern, daß sie ihr Recht auf freie Selbstbestimmung in Demokratie und Frieden wahrnehmen. Eine Obstruktionspolitik gegenüber unserem Friedensplan kann nur als Kurzsichtigkeit oder Gleichgültigkeit angesichts des desolaten Zustandes von Brudervölkern gewertet werden, deren Schicksal und deren Anliegen auf dem Schachbrett der internationalen Politik der Weltmächte nicht zu zählen scheinen. Wir hissen die Flagge des Friedens und der Demokratie. Die Völker Zentralamerikas sind ganz und gar in der Lage, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, ohne fremde Einmischung und Bevormundung. Sie machen zwar die schwerste Krise ihrer Geschichte durch, aber sie sind sich auch bewußt, daß sie in wahrer Freiheit frei und unter voller Demokratie demokratisch leben können. Sie kennen ihre Bestimmung ganz genau. Sie verwechseln die Krise nicht mit der Rückkehr zur Barbarei oder die Öffnung zur Demokratie mit nur theoretischen Rechten und Vorteilen. Sie wissen sehr gut, daß ohne
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Freiheit die Suche nach sozialer Gerechtigkeit unproduktiv und sinnlos ist. Alle Völker schätzen heute die Unabhängigkeit und sind gegen eine Politik der Stärke, weil sie die Sklaverei verabscheuen und den Frieden lieben. Schon Bolivar hat gesagt: „Nur die Demokratie ist für meinen Begriff zu einer absoluten Freiheit fähig." Die Haltung Costa Ricas entspricht dem Bedürfnis nach Frieden und Demokratie in Zentralamerika und in der ganzen Welt. Die Völker Zentralamerikas kennen ihre Rechte und wollen sie mit Hilfe ihrer beiden besten Waffen durchsetzen: dem Frieden und der Demokratie. Lassen wir nicht nach in unseren Bemühungen, das zu erreichen. Rede anläßlich des Seminars .Die zentralamerikanische Krise: ein Vorschlag für den Frieden", am 22. Juni 1987, unter der Schirmherrschaft der Confederación Internacional de Organizaciones y Sindicatos Libres (CIOSL), der Organización Regional Interamericana de Trabajadores (ORIT) und dem Centro de Estudios Democráticos de América Latina (CEDAL).
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Aller Bedrohung zum Trotz Arbeit und Dialog Ich trage nicht die Schuld an meinen Träumen. In meinen Träumen gibt es eine Geschichte der Freiheit. In meinen Träumen gibt es Arbeit und Bereitschaft zum Gespräch. Ich trage nicht die Schuld an meinen Träumen. Ich weiß nicht, wie viele Generationen mich gelehrt haben, den Gestrauchelten nicht in den Staub zu treten, sondern ihn aufzurichten. Ich weiß nicht, wann ich gelernt habe, dem, der mich beleidigt, zu verzeihen und keinen Haß zu nähren. Ich trage nicht die Schuld an meinen Träumen. Ich danke dem Himmel, daß ich in einem Land lebe, in dem man für die Verwirklichung seiner Träume arbeiten kann und in dem Träume Wirklichkeit werden können. Niemand in Costa Rica trägt die Schuld an seinen Träumen. Dem Mächtigen wird hier der Traum zum Alptraum, wenn er die soziale Gerechtigkeit umgehen und sich in Selbstsucht flüchten will. Du bist Wirklichkeit, Costa Rica. Aller Bedrohung zum Trotz bist du Wirklichkeit. Viele haben dir einreden wollen, deine Existenz sei nicht möglich. Du seist eine Fiktion. Du könntest nicht weiterhin anders sein als andere. In der Welt sei kein
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Platz mehr für Träume. Du müßtest endlich die Waffe in die Hand nehmen und eine Armee aufstellen. Sie wollen dir einreden, du seist feige, weil du den Mut hast, keine Waffe zu tragen und den Krieg zu verschmähen. Du müßtest dich der Realität stellen und zulassen, daß deine Söhne in fremde Kriege ziehen. Sie möchten zwar, daß du die Freiheit predigst, aber sie wollen dich zwingen, so zu denken wie sie. Sie wollen dir ihr Schema von schwarz oder weiß aufzwingen und dir einreden, es gäbe nur die absolute Wahrheit oder die totale Lüge. Ich werde meine Träume nicht verraten. Costa Rica wird seine Träume nicht verraten. Der Friede wird nie der falsche Weg sein. Immer wird es Schlachten geben, die im Leben gewonnen und über den Tod hinaus wirken werden, wie die Schlachten des El Cid. Das sind die Schlachten, die für die Befreiung des Menschen geschlagen werden; Schlachten, die keine Niederlage kennen. Für den Frieden in Zentralamerika diene ich dem Willen meines Volkes. An seiner Seite träume ich den Traum, dem unsere Vorfahren in den Bergen, Wäldern und Wassern unseres Landes Gestalt gegeben haben. Mit der Kraft des Friedens, die sie uns vererbten, werden wir die Bedrohung durch Krieg und Gewalt von unseren Grenzen fernhalten.
Freiheitsgeschichte Unsere Geschichte der Freiheit und des Festhaltens an unseren Werten ist stärker als tausend Armeen. Hat nicht die ganze Welt aufgehorcht, als wir zum Frieden aufgerufen haben? Haben nicht alle Nationen, große und kleine, fanatische und tolerante, innegehalten, um zu hören, was Costa
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Rica zum Frieden in Zentralamerika zu sagen hatte? Und sie hören uns nicht zu, weil wir Kanonen donnern oder Panzer auffahren lassen, sondern weil wir unsere Träume nicht verraten haben, weil wir uns das wunderbare Erbe unserer Väter und Vorväter bewahrt haben.
Wir werden vom Frieden sprechen Wir werden nach Guatemala gehen und über den Frieden sprechen. Die ganze Welt wird über den Frieden in Zentralamerika sprechen. Noch vor wenigen Monaten wurde nur über den Krieg in unserer Region gesprochen. Wir werden über den Frieden sprechen, den Costa Rica vorgeschlagen hat. Dieser Friede gründet sich auf den Werten der Demokratie und der Freiheit, die das Glaubensbekenntnis eines jeden Costaricaners sind. Teilen wir, was wir haben, mit unseren Brüdern! Unser Friedensplan ist kein Dogma. Wir heißen alle Vorschläge willkommen, die ihn verbessern und die Verständigung untereinander vertiefen. Wir sind unendlich glücklich, daß so viele Politiker und Regierende sich ermutigen ließen, einen Weg zu suchen, der zur Verständigung der Völker Zentralamerikas führt, und die fruchtlose Gewaltsamkeit beendet. In Guatemala werden wir uns mit den Vorschlägen der zentralamerikanischen Länder auseinandersetzen. Wir werden uns mit den Vorschlägen der Länder der Contadora-Gruppe und der Unterstützer-Gruppe auseinandersetzen. Und wir werden uns mit den Besorgnissen der Vereinigten Staaten auseinandersetzen. Was wir suchen, ist ein politischer Konsens, der es uns ermöglicht, gemeinsam für den Frieden zu streiten. Wir Costari-
Fernsehanspiache,
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caner wollen Toleranz und Verständnis einbringen, weil wir davon überzeugt sind, daß der Fanatismus, sowohl der einen als auch der anderen Seite, den Frieden sabotiert. Costa Rica weiß, daß der Dialog durchzuhalten ist und daß man seinen Prinzipien treu bleiben kann, ohne auf Beleidigung und Gewalt zurückgreifen zu müssen. Wie vielleicht nie zuvor in der Geschichte erhält Zentralamerika in Guatemala die Möglichkeit, die Weichen für die Zukunft seiner Jugend, seiner Hoffnungen, seiner Schmerzen und Konflikte zu stellen. Unser Vorschlag heißt Versöhnung in Freiheit, Konfliktbegrenzung durch Dialog, Selbstbestimmung durch freie Wahlen. Wachen wir endlich auf aus dem Alptraum der Diktaturen und der sozialen Ungerechtigkeit, die so tiefe Narben in den Herzen von Millionen Brüdern und Schwestern in Zentralamerika hinterlassen haben. Fernsehansprache vom 5. August 1987 vor der Abreise zum Treffen der zentralamerikanischen Präsidenten in Guatemala.
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Gebet für Zentralamerika
In diesen Tagen sind die Herzen unseres Volkes voller Freude. Costa Rica hat eine gewaltige Herausforderung angenommen. Dort, wo Krieg und Haß die Herrschaft an sich gerissen haben; dort, wo die Menschen vom Lärm der Waffen taub geworden sind für das Jammern der Frauen und Kinder; dort, wo Ungerechtigkeit und Fanatismus die Männer blind gemacht haben und gefühllos gegenüber dem Schmerz, da hat sich der unbändige Wille des Volkes Gehör verschafft und dem Krieg den Frieden erklärt. Laßt uns die Armut besiegen, damit nicht alles wieder beim Alten bleibt! Nehmen wir die Verantwortung auf uns, den Lauf der Geschichte zu verändern, damit Christus in Zentralamerika wiederauferstehe! Dem Hirten meines Volkes möchte ich heute Dank sagen für die Ermunterung, dem Schicksal der Gewalt eine Absage zu erteilen. Ich danke ihm, daß er die Zuversicht in die Veränderbarkeit des von den Mächten der Selbstsucht bestimmten Weges gestärkt hat. Hirte von Costa Rica: bei aller Hoffnung, die sich heute vor uns auftut, verschließe ich meine Augen nicht vor den tausend Hindernissen, die sich uns in
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den Weg stellen. Ich weiß, daß die Freude, die heute Millionen Herzen entspringt, uns die Kraft gibt, den Kampf um den Frieden nicht zu fürchten und vor der gewaltigen Herausforderung nicht zu verzagen. All diese mit tiefer Freude erfüllten Menschen wissen, was noch vor uns liegt. Wir haben einen Gipfel erklommen, um von seiner Spitze auf einen noch höheren zu schauen, und wir wissen, daß dahinter ein anderer liegt und noch einer und noch ein weiterer. Doch dem Hirten versichere ich, daß wir mit seinem Segen und seiner Hilfe alle diese Gipfel erklimmen werden. Wir werden die Geschichte des Krieges zu einer Geschichte des Friedens machen. Wir werden die Geschichte des Elends zu einer Geschichte des Wohlstands machen. Wir werden die Geschichte der Unterdrückung zu einer Geschichte der Freiheit machen. Wir werden dem Schicksal unserer Kinder eine neue Richtung geben, denn unsere Träume wird man uns nicht mehr verbieten können. Niemand wird uns jetzt noch hindern können, alles daranzusetzen, daß unsere Träume Wirklichkeit werden. Ich weiß sehr wohl, daß politische Macht nichts zählt und vor Gott und den Menschen nicht zu rechtfertigen ist, wenn sie nicht genutzt wird für die Armen und Unterdrückten, für die Bedürftigsten unter uns und für die Erhaltung des Friedens. Wie gern würde ich unserem Hirten sagen, daß wir einen Sieg errungen haben. Doch ich kann nicht. Ich komme erneut, seine Hilfe zu erbitten, seinen Rat, sein Gebet. Je härter man für seine Prinzipien kämpft, je treuer man dem Auftrag seines Volkes bleibt, desto weiter entfernen sich die Ziele, die man erreichen will. Die Herausforderung wird größer und größer, und wenn wir eine Schlacht geschlagen haben, öffnet sich der Horizont, und vor uns steht ein noch mächtigerer Feind.
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Größe ist kein Privileg des Einzelnen, sie wird nur von Völkern erreicht, die für Gerechtigkeit, Harmonie und Freiheit streiten. Ich diene einem Volk, das sich das Privileg der Größe erstritten hat. Mein Privileg ist es heute, der bescheidene Diener eines freien Volkes zu sein, eines edlen Volkes, eines Volkes in Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus. In diesen Tagen ist viel davon gesprochen worden, daß die Stimme der Vernunft gehört werden muß, daß das gottlose Morden unter Brüdern ein Ende haben muß. Der Geist, der uns alle durchdringen soll, ist der Geist des Herzens, der Geist der Barmherzigkeit, der nicht über Leichen geht, der die Vergebung kennt und jede Regung des Hasses bereut. Damit dieser Geist des Herzens auch die Politik durchdringt, braucht Costa Rica den Segen seines Hirten, und ich erflehe von ihm diesen Segen für uns alle.
Ansprache während des Dankgottesdienstes in der Kathedrale von San José am 9. August 1987 anläßlich der Unterzeichnung des Friedensplans für Zentralamerika am 7. desselben Monats in Guatemala.
Rede vor dem US-Kongreß, September 1987
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Geben wir dem Frieden eine Chance Der Stolz des freien Mannes Ich möchte Ihnen allen meinen brüderlichen Dank dafür aussprechen, daß Sie mich eingeladen haben, heute vor Ihnen zu sprechen. Viele von Ihnen kenne ich persönlich; einige habe ich hier besucht, andere haben mich in Costa Rica besucht und damit ihr aufrichtiges Interesse an unseren Problemen bekundet. Es ist großartig, in einem Parlament zu sprechen! Sie sind hier, weil die Menschen Ihres Landes Sie frei gewählt haben. Ein Parlament ist der schönste Tempel der Freiheit, den ein Demokrat sich vorstellen kann. Im Parlament wohnt die Kraft der Gerechtigkeit und die Seele des freien Volkes. Es gibt nur eine Sünde, durch die die Hallen des Parlaments entweiht werden können, und das ist die Sünde, nicht frei, nicht aufrichtig, nicht wahr zu sprechen. Deshalb spreche ich hier mit demselben Stolz des freien Mannes, den Sie in sich tragen und mit der Freiheit, die keinen Menschen über einen anderen Menschen und keine Nation über eine andere Nation erhebt. Schon 1921 sagte der costaricanische Philosoph Joaquin Garcia Monge: „Wenn die kleinen Nationen würdevoll und nicht unterwürfig, wenn sie gebildet und arbeitsam sind, haben sie das Recht, ebenso frei zu sein, wie die großen Nationen dieser Welt; und wenn es so et-
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was gibt, wie einen heiligen Mut, dann ist es der all jener Völker, die wie ein einziger Mann sich erheben, wenn ihre Freiheit bedroht ist." Zwischen ihrem großen Land und meinem geliebten Costa Rica gibt es zahllose Unterschiede. Unterschiede in der räumlichen Ausdehnung: mein Land ist eines der kleinsten Länder, Ihr Land eines der großen. Unterschiede in der Bevölkerungszahl: mein Land hat zweieinhalb Millionen Einwohner, die Vereinigten Staten haben zweihundertfünfzig Millionen. Unterschiede im Einkommen: hier werden jährlich fünfzehntausend Dollar pro Kopf verdient, in meinem Land eintausendfünfhundert. Unterschiede in der Bewaffnung: Ihr Land ist die größte Militärmacht der Welt, wir haben überhaupt keine Kriegswaffen. Keiner dieser Unterschiede trennt uns jedoch. Trotz dieser Unterschiede sind wir Brüder. Unsere beiden Länder sind vereint, weil sie die höchsten Werte teilen, die der Mensch im Laufe seiner Geschichte errungen hat: Demokratie, Freiheit, Achtung vor der Würde des Menschen, Gerechtigkeit und Frieden. Wir glauben an die Weisheit der Vielfalt , an die Berücksichtigung der Meinung des politischen Gegners, an die gesetzliche Ordnung. Unser Streben ist es, unsere Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Ich weiß, wir sind gleich, weil wir die Werte teilen, die uns die liebsten sind und die wir gemeinsam in die Tat umsetzen wollen. Ich weiß, daß Sie all das, was Sie Gutes erreicht haben, mit uns teilen wollen, so wie wir die Zärtlichkeit und Gastfreundschaft unseres Volkes und alles, was wir geschaffen haben, mit Ihnen teilen wollen.
Eine Freundschaftsbeziehung Costa Rica ist stolz auf seine Freundschaft zu den
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Vereinigten Staaten von Amerika. Ihnen können wir sagen, was wir denken, auch wenn Sie es nicht unbedingt hören wollen. Dasselbe Recht nehmen Sie sich bei uns. Wir sprechen miteinander wie Freunde. Unser Dialog kennt keine Unterwürfigkeit. Im aufrichtigen Gespräch suchen wir unserer Gemeinsamkeiten. Als Präsident Ronald Reagan 1982 nach Costa Rica kam, zitierte er einen unserer verehrten Präsidenten aus dem vergangenen Jahrhundert. Ich möchte die Worte von Don José Joaquin Rodriguez hier wiederholen. Er sagte: „Von der Verkündung großer Prinzipien lasse ich mich nicht beeindrucken; wen ich jedoch bewundere, sind die Menschen, die sie in die Tat umsetzen." Ihr Präsident fügte hinzu: „Costa Rica ist das edle Beispiel eines Volkes, das nach den Prinzipien der Demokratie lebt. In guten wie in schlechten Zeiten, als es leicht war, aber auch, als es großer Anstrengungen bedurfte, hat es zu diesen Prinzipien gestanden." In aller Bescheidenheit möchte ich hier sagen, daß diese Worte unser Volk treffend charakterisieren. Für uns kann Politik nichts anderes heißen, als uns täglich aufs neue dafür einzusetzen, die Wirklichkeit unseren Prinzipien gemäß zu gestalten. Ich weiß, für Sie gilt das gleiche. Und vielleicht ist das das Erbe, das große Privileg, das unsere beiden Völker verbindet. Weder Sie noch wir können untätig bleiben, wenn wir wissen, daß die Freiheit bedroht ist. Weder Sie noch wir können unseren Blick von der Zukunft wenden. Ist es doch die Zukunft, die mehr freie Menschen, mehr Demokratie, mehr Gerechtigkeit und mehr Frieden hervorbringen wird. Weder sie noch wir können uns der Hoffnung verschließen, daß sich die Dinge eines Tages ändern
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werden, daß sie sich dort ändern, wo Ungerechtigkeit herrscht; dort, wo der Friede bedroht ist.
Ich gehöre einem kleinen Volk an Ich gehöre einem kleinen Volk an, das nicht davor zurückschreckt, seine Armee abzuschaffen, um stärker zu werden. In meinem Land gibt es keinen einzigen Panzer, keine Kanone, kein Kriegsschiff, keinen einzigen Kampfhubschrauber. Wir in Costa Rica fürchten uns nicht vor der Freiheit. Wir lieben die Demokratie und achten das Recht. Unsere Demokratie funktioniert seit hundert Jahren; sie ist die älteste Demokratie Lateinamerikas und eine der ältesten der Welt. Wir streben nach Fortschritt und wollen den Frieden an unseren Grenzen. Wir sind weit fortgeschritten in den Bereichen Erziehung, Gesundheit und Ernährung. In diesen Bereichen können wir uns mit den fortschrittlichsten Ländern Lateinamerikas messen. Obwohl wir immer noch arm sind, sind wir dem Ziel einer zufriedenstellenden Entwicklung nähergekommen; und das zum großen Teil deshalb, weil wir kein Geld für Waffen ausgeben und weil die demokratische Praxis uns verpflichtet, den Bedürfnissen der Mehrheit Rechnung zu tragen. Vor fast vierzig Jahren haben wir die Armee abgeschafft und sind heute für niemand eine Bedrohung mehr: weder für unsere Nachbarn, noch für uns selbst. Nicht weil wir keine Panzer haben, sind wir keine Bedrohung, sondern weil es bei uns praktisch keine Hungernden, keine Analphabeten und keine Arbeitslosen gibt.
Wirtschaftliche Umgestaltung Die langen Jahre dieser schweren Wirtschafts-
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krise haben Costa Rica gelehrt, daß eine Neugestaltung der Wirtschaft unumgänglich ist. Die Grundlage dieser Neugestaltung ist zweifellos die Sicherung des Friedens in Zentralamerika. In sechs Jahren ist der regionale Handel von einer Milliarde Dollar auf vierhundert Millionen gesunken. Nur ein dauerhafter Friede kann uns diesen Markt zurückgewinnen. Auch Investitionsrückgang und Kapitalflucht haben sich verheerend ausgewirkt. Ohne Frieden gibt es keine Entwicklung.
Die größte Herausforderung Unsere größte Herausforderung besteht darin, in Zentralamerika den Frieden herzustellen. Das ist auch Ihr Ziel. Im August haben die fünf Länder Zentralamerikas in Guatemala-Stadt einen Friedensplan unterzeichnet. Die Wurzeln aller Schwierigkeiten, die wir heute in unserer Region haben, liegen in einer zweihundertjährigen Geschichte voller Ungerechtigkeit, in der Millionen von Menschen in bitterster Armut gelebt haben. Wir sind der Überzeugung, daß das Elend die Ursache unserer heutigen Tragödie ist. Und wir sind überzeugt, daß jedes Risiko, das wir im Kampf um den Frieden auf uns nehmen, weniger wiegt, als die nichtwiedergutzumachenden Schäden des Krieges. Wir wollen Schluß machen mit einer Geschichte, die nur Kriege, Tote, Tyrannen und verelendete Völker aufzuweisen hat. Wir wollen nicht mehr hinnehmen, daß alles bleiben soll, wie es immer war. Wir wollen nicht mehr hinnehmen, daß unsere Jugend gezwungen wird, in die Vergangenheit zu schauen, wenn sie die Zukunft sehen will. Unsere Völker haben ein Recht, sich frei zu entfalten, den Frieden zu genießen und erfolgreich für
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den Fortschritt zu arbeiten. In Guatemala haben wir die Verpflichtung übernommen, den Gang der Geschichte zu ändern.
Der Friedensplan Die Völker Zentralamerikas sprechen jetzt miteinander. Die Präsidenten sprechen miteinander, die Minister sprechen miteinander, die Staatssekretäre sprechen miteinander. Die Schriftsteller und Journalisten sprechen miteinander, die Männer der Kirche sprechen miteinander. Es gibt einen zentralamerikanischen Weg des Dialogs, für den wir Hilfe erbitten. Wir wissen, wie schwer es ist, im Dschungel einen Weg zu bahnen; aber wir haben es gelernt. Es sind Kommissionen zur nationalen Aussöhnung gebildet worden, und der Tag ist nicht mehr fern, an dem bewaffnete Rebellen und Regierungen miteinander reden werden. Costa Rica hat in diesen Tagen erneut sein ganzes moralisches Gewicht in die Waagschale geworfen, um in El Salvador und Nicaragua die Dialogbereitschaft zu beleben und durch Verhandlungen ein Ende des Krieges herbeizuführen. Wenn die Waffen schweigen, wenn Brüder aufhören, einander zu töten, haben die Verhandlungen von Guatemala einen Sinn gehabt. Der Friedensplan ist ein Weg, eine Alternative der Hoffnung, die uns alle im Kampf um den Frieden verbindet. Wir haben uns Fristen gesetzt. In erster Linie geht es uns darum, die gesteckten Ziele gemeinsam zu erreichen. Einige dieser Ziele werden wir vor Ablauf der Frist erreichen, andere werden vielleicht etwas länger dauern. Wir haben erst einmal eine Tür aufgestoßen, damit wieder die Vernunft in Zentralamerika regieren kann und Versöhnung und Gesprächsbereitschaft nicht mehr ausgesperrt bleiben. Solange der Wille dazu
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vorhanden ist, brauchen wir die Hoffnung nicht zu begraben.
Schlagen wir den richtigen Weg ein Am Wegkreuz zu Frieden und Fortschritt oder Krieg und Elend, dürfen wir nicht in die falsche Richtung gehen. Sie und wir müssen den richtigen Weg gemeinsam beschreiten, denn der Kampf für den Frieden in Zentralamerika ist ein gemeinsamer Kampf der Demokratien. Wie nie zuvor in der Geschichte ist jetzt die Stunde gekommen, in der das Volk der Vereinigten Staaten und das Volk von Costa Rica sagenmuß: „Wir sind bereit"; bereit, mit der ganzen Kraft unserer gemeinsamen Überzeugungen. Die Geschichte Zentralamerikas ist so grausam wie nie zuvor. Mehr als eine Million Menschen sind in den letzten Jahren ihren Familien entrissen worden, über hunderttausend sind getötet worden. Wollten wir ihre Namen in eine Mauer meißeln, wie Sie es hier in Washington mit den Namen der in Vietnam Gefallenen getan haben, wir brauchten dafür eine Mauer, die dreimal so lang wäre.
Erneuern wir den Glauben Es ist aber auch an der Zeit, die Bilanz unserer bisherigen Bemühungen zu ziehen und den Aktivbestand zu zählen. Geben wir dem Frieden eine Chance. Lassen wir uns ermutigen, die Gespräche weiterzuführen! Fürchten wir uns nicht vor der Wahrheit! Begraben wir die Angst vor der Freiheit! Denn die Niederlage der Politik heißt Krieg. Verhindern wir daher mit allen unseren Kräften, daß die Waffen das letzte Wort in der Politik sprechen!
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Unsere alte Freundschaft Für Ihre Freundschaft bedanken wir uns. Mit ihrer Hilfe möchten wir die Chance zur Entwicklung unserer Zukunft verbessern. Mit Ihrer Hilfe möchten wir den Krieg beenden und der Hoffnung auf Frieden eine neue Grundlage geben. Erneuern wir den Glauben an unsere alte, aufrichtige Freundschaft. Als Ihr Präsident John F. Kennedy uns vor vierundzwanzig Jahren besuchte, sagte er: „Die Prinzipien der Nichteinmischung und der Suche nach friedlichen Lösungen sind heute so fest in unseren Traditionen verwurzelt, daß dieses heldenhaft demokratische Land, das uns heute seine Gastfreundschaft gewährt, sich voll und ganz dem nationalen Wohl widmen kann, ohne daß eine Armee seine Grenzen schützen muß. Es gibt sehr wenige Gegenden in dieser Welt, von denen man das sagen kann." Die Worte Kennedys ermutigen uns heute mehr denn je. In diesem Jahr haben wir in Costa Rica den „Tag der Abschaffung der Armee" eingeführt, jeden militärischen Rang aufgehoben, und durch einen landesweiten Schülerwettbewerb wollen wir die Ziviluniform unserer Polizei gestalten. Stellen wir dem Krieg in unserer Region die Kraft des Friedens entgegen! Begegnen wir dem Totalitarismus mit der Kraft der Demokratie! Vereint in unseren Vorstellungen von Demokratie und Freiheit, werden wir Seite an Seite im offenen Gespräch die Völker zur Versöhnung führen. Geben wir dem Frieden eine ernsthafte Chance. Auszüge aus der Rede vor dem Kongreß der Vereinigten Staaten von Amerika im Capitol zu Washington D.C. vom 22. September 1987
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Die Verpflichtung zum Frieden Bemühungen um den Frieden Es würde lange dauern, hier alle Wechselfälle aufzuzählen, die die Bemühungen um den Frieden in dieser Region seit ihren Anfängen in der Contadora-Gruppe begleitet haben. Die engagierte Haltung derjenigen, die bei der Lösung des zentralamerikanischen Konflikts die Initiative ergriffen haben, ist bereits in die Geschichte eingegangen, um so Anerkennung zu finden. Als wir den Schwesterrepubliken El Salvador, Guatemala und Honduras im Februar 1987 unseren Friedensplan vorlegten, waren wir uns völlig im klaren darüber, daß dieser Entwurf die wichtigsten Ideen der Contadora-Gruppe mit dem in Costa Rica traditionellen Sinn für den Frieden und seiner Praxis in Einklang brachte. Sie wissen, daß der Friedensplan, den meine Regierung den anderen Ländern des Isthmus vorlegte, ein getreues Abbild der costaricanischen Wesensart ist; er ist ein natürliches Produkt des traditionellen staatsbürgerlichen Geistes unseres Volkes und seiner tiefverwurzelten Sympathie für die Eintracht zwischen den Menschen und den Nationen. Wir haben seitdem darauf hingewiesen, daß ein
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Zeitplan aufgestellt werden müsse, damit die in dem Vorschlag genannten Verpflichtungen auch ohne Aufschub erfüllt werden. Der Plan wurde, wie Sie wissen, mit den natürlichen Veränderungen und entgegen den düsteren Prognosen der Pessimisten von allen Präsidenten Zentralamerikas inGuatemalas angenommen.
Eine Botschaft des Optimismus Ich möchte diesem Forum, wie ich es auch schon an anderen Orten der Welt tat, eine Botschaft des Optimismus, eine Botschaft des Vertrauens in den Frieden und die Demokratie bringen. Der demokratische Frühling, der vor etwas mehr als fünf Jahren in Lateinamerika anbrach, muß sich auf alle Nationen des Kontinents ausdehnen und sich Tag für Tag mehr festigen. Auf diesem Weg liegen große Hindernisse. Die autoritären Regime mußten einen sehr hohen Preis zahlen. Einige Völker haben den Schmerz der Folter, der Verbannung und der Willkür der Diktatoren ertragen müssen. Die immer noch herrschende Gewalt und der Haß sind Produkte der seit Jahrzehnten aufgehäuften Ungerechtigkeiten, sie sind das tragische Ergebnis des diktatorischen Erbes und des Egoismus gewisser privilegierter sozialer Gruppen, die unfähig waren, die Früchte des Fortschritts gerecht zu verteilen. Der Hunger und das Leiden sind die beredtesten Zeugen des elenden Lebens Tausender Männer und Frauen gewesen. Die Überwindung der bislang aufgetretenen Schwierigkeiten ist ein Beweis für die politische Kraft und den ungebrochenen Willen unserer Völker. Wir Lateinamerikaner schrecken vor keiner Widrigkeit zurück. Nichts kann uns davon abbögen, dieses düstere Panorama zu verändern.
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Die Völker Zentralamerikas haben beschlossen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Wir sind entschlossen, für den Fortschritt zu kämpfen und die Armut auszurotten. Wir sind entschlossen, der Gewalt und dem Krieg ein Ende zu setzen, damit der Frieden sich über den ganzen Isthmus ausbreitet und uns für immer erhalten bleibt. Die Rückkehr zur Demokratie in ihrer ursprünglichen Form wird einen gerechteren Fbrtschritt zur Folge haben, der der Bevölkerung das geben kann, was sie zu einer baldigen Befriedigung ihrer elementaren Bedürfnisse braucht. Wir werden die wirtschaftlichen Verhältnisse in diesen Ländern aus eigener Kraft neu gestalten. Bei diesem Bemühen ist das Wichtigste der Frieden, denn ohne Frieden wird es keinen Fortschritt geben.
Wir wehren uns gegen Pressionen Wir können das Leid unserer Brüder nicht akzeptieren, die der Krieg Tag für Tag aus ihren Heimen vertreibt. Wir wollen ein Leben voller Elend, Krankheit, Hunger und Arbeitslosigkeit für Tausende von Familien nicht hinnehmen. Wir wehren uns energisch gegen die wirtschaftlichen Pressionen, die die Armut zu verewigen drohen. Wir wehren uns auch entschieden gegen den politischen Druck, der die noch jungen demokratischen Institutionen dieser Länder in Gefahr bringt. Wir standen an einem Scheideweg: wir mußten uns zwischen dem Weg des Friedens und des Fortschritts und dem des Krieges und des Elends entscheiden. Die Geschichte wird uns nicht verzeihen, wenn wir uns in der Richtung irren. Der Kampf um den Frieden in Zentralamerika ist der historische Kampf der Demokratien. Nie zuvor hat man uns das Privileg zugestanden,
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diese Geschichte selbst zu schreiben. Ich weiß, daß in allen Regierungen Zentralamerikas der für diesen Kampf notwendige politische Wille vorhanden ist. Ich weiß auch, daß unsere Völker von ihren Führern ein zeitgemäßes Verhalten erwarten. Wir werden den Frieden durchsetzen, wir werden die Demokratie festigen, wir werden die Freiheit garantieren und wir werden den Weg zu einem menschlicheren und gerechteren Fortschritt finden.
Ein W e g zu Frieden und Fortschritt Der Friedensplan hat den Zentralamerikanern einen neuen Weg eröffnet. Wir wollen diesen Weg ohne Diktatoren, ohne die Schmach der Armut und ohne den Schrecken des Krieges zurücklegen. Wir wollen diesen neuen Weg, der für die Zukunft Wohlstand, Frieden, Demokratie und Freiheit verspricht, mit Optimismus zurücklegen. Wir haben den Weg zum Frieden bereits eingeschlagen, und wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, ihn zu einem festen Bestandteil des Lebens in Zentralamerika zu machen. Der Frieden ist nicht die Aufgabe eines einzigen Menschen; nicht einmal eines einzigen Landes. Der Frieden ist eine Verantwortung, die alle Menschen und alle Nationen teilen müssen. Um unser Ziel zu erreichen, brauchen wir die Unterstützung aller Länder und Menschen guten Willens. Wir brauchen politische Unterstützung, damit unsere Entscheidungen respektiert werden, damit die Selbstbestimmung unserer Völker respektiert wird. Wir brauchen politische Unterstützung, um zu verhindern, daß weiterhin Waffen nach Zentralamerika geliefert werden. Wir brauchen politische Unterstützung, damit die ideologischen Aus-
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einandersetzungen nicht mehr den bestimmenden Faktor unseres Handelns ausmachen.
Unterstützung und Verständnis Wir brauchen wirtschaftliche Unterstützung. Wir brauchen neue Märkte für unsere Produkte. Wir brauchen gerechte Preise für unsere Exportgüter. Wir brauchen höhere ausländische Investitionen in unseren Ländern. Wir brauchen das Zugeständnis, unsere Schulen unter günstigen Bedingungen und unseren finanziellen Möglichkeiten entsprechend zu bezahlen. Wir verlangen Verständnis, keine Almosen. Wir verlangen Gerechtigkeit, keine Vörzugsbehandlung. Wir verlangen einen menschlicheren Umgang, um den Weg der Freiheit gehen zu können, um den Frieden zu genießen und Erfolg bei unseren Bemühungen um Fortschritt zu haben. Wir sind uns dessen bewußt, daß die Bemühungen um den Frieden nur dann Früchte tragen werden, wenn wir unsere Wirtschaft ankurbeln, das Privateigentum demokratisieren und den Lebensstandard unserer Völker erhöhen können. Nachdem wir den Friedensplan unterschrieben haben, hat in Zentralamerika ein breiter Dialog begonnen. Wir Präsidenten der fünf zentralamerikanischen Staaten, die Außenminister und unsere Berater stehen in ständigem Kontakt, um das Friedensabkommen innerhalb der vorgesehenen Fristen zu verwirklichen. Die aufständischen Kräfte und die Regierung in El Salvador möchten einen neuen Dialog beginnen, der zum Frieden führen soll. Unsere Länder sind von dem aufrichtigen Wunsch nach nationaler Versöhnung erfüllt. Die Möglichkeit der Eintracht zeichnet sich heute klarer ab denn je.
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Ich habe um eine Chance für den Frieden gebeten Ich habe die Demokratien Europas und Amerikas besucht und um Unterstützung gebeten. Ich habe gefordert, daß die Prinzipien von gestern und heute zum Tragen kommen, um Frieden, Freiheit und Demokratie in Zentralamerika durchzusetzen. Ich habe von unseren Verbündeten die nötige politische und demokratische Stärke erbeten, um gemeinsam den neuen Weg zu gehen, der zum Frieden in dieser Region führt. Vor einem Jahr sagte ich vor den Vereinten Nationen, daß das Schicksal Zentralamerikas mit einer Entscheidung über Krieg und Frieden verknüpft ist. Vor einer Woche habe ich vor diesem Forum gesagt, daß die zentralamerikanischen Länder nach Frieden streben und daß die politische Demokratie in allen Ländern Amerikas verankert werden muß, damit dem Krieg ein für allemal ein Ende gesetzt wird. Vor acht Tagen habe ich um eine Chance für den Frieden gebeten. Ich habe die ganze Welt darum gebeten, zusammen für den Frieden zu kämpfen, denn gemeinsam können wir ihn erreichen, trotz aller Hindernisse, die auf dem Weg liegen. Ich habe die Nationen und die Menschen gebeten, wieder an den Dialog zu glauben, ohne Angst mit der Wahrheit umzugehen und die Furcht vor der Freiheit zu überwinden. Ich werde so oft wie nötig wiederholen, daß Krieg die Niederlage der Politik bedeutet und daß wir daher nicht hinnehmen werden, daß Krieg das letzte Mittel der Politik bleibt. Ich habe gesagt, daß niemand das Recht hat, den Erfolg oder das Scheitern des Friedensplans nach der angeblichen Nichteinhaltung der Fristen zu beurteilen. Einige der Verpflichtungen des Ab-
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kommens werden vor Ablauf der Frist erfüllt werden, andere können mehr Zeit erfordern. Die Verwirklichung des Plans hat begonnen. Das beweisen die Fortschritte auf dem Gebiet der nationalen Versöhnung und der Wiederherstellung der Freiheiten, sowie bei den Bemühungen, den Krieg zu beenden.
Eine gewaltige Aufgabe Vor uns liegt eine gewaltige Aufgabe. Es gibt genügend Gegner, die sich unserem Streben nach Frieden, Demokratie, Freiheit und Fortschritt in den Weg stellen. Wir müssen jedoch optimistisch sein und unsere Aufgabe zielstrebig, unverdrossen und voller Vertrauen in die Zukunft weiterverfolgen. Ich bin sicher, daß die Hoffnung sich überall verbreiten wird. Ich bin sicher, daß der Frieden schon sehr bald die Belohnung für die Anstrengungen sein wird, die heute alle Zentralamerikaner unternehmen. Es ist ermutigend zu wissen, liebe Freunde, daß Sie Botschafter des Friedens, der Freiheit und der Demokratie in dieser leidgeprüften Gegend der Welt sind. Vielen Dank dafür, daß Sie den Aufruf zur Eintracht unterstützen. Vielen Dank für Ihr Vertrauen in die demokratische Staatsform. Vielen Dank für Ihr begeistertes Engagement für Frieden und Freiheit. Anläßlich der konstituierenden Sitzung der Zentralamerikanischen Konferenz für den Frieden, am 2. Oktober 1987 im Auditorium Plaza de Justicia, San José.
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Freuen wir uns gemeinsam
Dies ist ein glücklicher Tag für ganz Costa Rica, der jeden Einwohner dieses Landes mit großem Stolz erfüllt. Doch kann ich meine Trauer darüber nicht verhehlen, daß Männer wie Don Bernardo Soto, Don Julián Volio, Don José María Castro Madriz, Don Mauro Fernández, Don Jésus Jiménez und soviele andere ruhmreiche Costaricaner, die vor mehr als einem Jahrhundert die Weichen für unser heutiges Costa Rica gestellt haben, diesen Tag nicht mit uns erleben können. Unser heutiges Costa Rica verdanken wir all jenen, die vor hundertzwanzig Jahren die kostenlose Schulpflicht für unsere Kinder eingeführt haben. Schon zu Beginn dieses Jahrhunderts hatte ein anderer großer Mann unseres Volkes den Traum von einem Costa Rica der Gleichheit und Gerechtigkeit für alle. Don Alfredo González Flores plante die ersten bedeutenden Wirtschaftsreformen für unser Land. All die ruhmreichen Männer des vergangenen Jahrhunderts können diesen Augenblick des Glücks nicht mehr mit uns teilen. Wir sind jedoch des Segens teilhaftig, diesen Tag gemeinsam mit einem Mann zu begehen, der ebenso wie sie dazu beigetragen hat, Costa Rica zu dem zu machen,
Rede zur Nobelpieisveileihung,
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was es heute ist. Welchen Mut erforderte es, welche Verstandeskraft und welche Charakterstärke, um, wie Don José Figueres, im Jahre 1948 die Armee aufzulösen, damit unsere Neutralität zu begründen und dadurch in das Herz eines jeden Costaricaners die Liebe zu Demokratie, Freiheit und Frieden zu säen. Es ist der Traum aller Costaricaner, daß unsere Brüder in Zentralamerika in den Genuß des Friedens kommen mögen, den wir seit vielen Jahren kennen. Ich betrachte daher diese Auszeichnung als eine Ehrung für unser ganzes Volk. Ich habe nichts anderes getan, als dem Fühlen und Denken eines jeden Bürgers unseres Vaterlandes Ausdruck zu verleihen. Der Friedensnobelpreis gebührt Cost Rica. Es ist der glücklichste Tag meines Lebens. Der Preis ist eine Anerkennung für die Anstrengungen vieler. Es ist sehr schwer, all jene aufzuzählen, die unermüdlich ihren ganzen Willen, ihren ganzen Verstand, ihre ganze Kraft mobilisiert haben, um das Abkommen von Guatemala und jetzt die Erfüllung dieses Abkommens zu ermöglichen. Besondere Anerkennung verdienen jedoch meine Amtskollegen, die Präsidenten unserer zentralamerikanischen Nachbarländer. Die Augen der ganzen Welt sind heute mehr denn je auf uns fünf gerichtet. Die Verantwortung ist groß. Im Kampf um den Frieden, den fünfundzwanzig Millionen Menschen seit vielen Jahren herbeisehnen, dürfen wir keine Fehler machen. Der Weg zum Frieden ist voller Hindernisse, voller Fallen und gegnerischer Bollwerke, doch wenn der Wille stark ist, werden wir sie überwinden. Auf dem Weg zum Frieden in Zentralamerika können und dürfen wir keine Schwäche zeigen. Daß uns diese Ehrung vor dem 7. November zuteil wird, gibt uns neuen Mut, neue Kraft und
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neuen Antrieb, weiterzumachen in dem Bemühen, all jene zu überzeugen, die nicht glauben wollen, daß unsere Art, die Konflikte durch Dialog und Verhandlung zu überwinden, sich durchsetzen wird. Sie haben kein Verständnis für unsere Toleranz und unsere Fähigkit, nachzugeben, die doch der Beweis dafür sind, daß ein Konsens herzustellen ist, wenn man jede Art von Fanatismus begräbt und stark genug ist, auch andere Meinungen gelten zu lassen. Es gibt nicht nur eine Methode, sondern mehrere Methoden, sowie es nicht nur eine, sondern viele Wahrheiten gibt. Diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen, ist die große Aufgabe, die uns heute gestellt ist, damit unsere Brüder in den anderen Ländern Zentralamerikas vom 7. November an für immer die Waffen begraben und, so wie wir Costaricaner, in Frieden leben können. In diesem bewegenden Augenblick, liebe Freunde, möchte ich Sie an die Worte erinnern, die wir als Kinder gelernt haben; jene Worte, mit denen die Engel die Ankunft Christi verkündeten: „Lob sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden allen Menschen, die guten Willens sind". Rede des Präsidenten von Costa Rica am 13. Oktober 1987 beim Tedeum im Präsidentenpalast von San José anläßlich des ihm verliehenen Friedensnobelpreises 1987.
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Die Stunde des Friedens
Die Voraussetzungen, auf die sich die Verteidigung und die Erhaltung des Friedens in Amerika stützen, sind: die Unabhängigkeit jeder einzelnen Nation; die politische und ökonomische Zusammenarbeit zwischen den Völkern; umfassendste politische Freiheit; stabile demokratische Regierungen; die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung; progressive Abrüstung. Die Stunde des Friedens ist gekommen. Die Diktaturen, die so viele Jahre lang die Schicksale vieler Völker dieses Kontinents bestimmt haben, haben die Menschenrechte systematisch verletzt und die Bevölkerung in Elend, Ausbeutung, Knechtschaft, Ungleichheit und Ungerechtigkeit gestürzt. Die Stunde des Friedens ist gekommen. In einigen wenigen Ländern Amerikas bestehen Diktaturen immer noch fort, und mit ihnen überlebt auch noch die Praxis der Mißachtung der höchsten Werte der Menschheit. Der Friede, dessen Stunde gekommen ist, fordert daher das Ende der noch bestehenden Diktaturen. Es ist notwendig, gemeinsam die Ablösung der Tyrannei überall dort zu unterstützen, wo die Völker noch in irgendeiner Weise der Freiheit beraubt werden. Wir stellen uns
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diese Ablösung als einen möglichst friedlich und ohne Blutvergießen erfolgenden Übergang zur Demokratie vor. Der Friede, dessen Stunde gekommen ist, fordert auch das Ende von Elend und Armut; er fordert die Verwirklichung gleicher Chancen für alle. Ohne ein solches Engagement für die Gerechtigkeit werden die Konflikte andauern. Der Friede, dessen Stunde gekommen ist, fordert auch die Stärkung der Demokratie bei allen Nationen Amerikas. Dort, wo die Türen der Freiheit und Demokratie geöffnet worden sind, wo die Menschen frei und regelmäßig ihre Regierungen wählen können, wo der politische Pluralismus, der Dialog und die Meinungsfreiheit herrschen, kann der bewaffnete Kampf nur als Ausdruck des Wunsches interpretiert werden, eine neue Diktatur zu errichten: es handelt sich nicht um Befreiungskämpfe, sondern um den Kampf einiger Fanatiker, die gewaltsam dem Denken einer Minderheit, ganz gleich unter welchem ideologischen Vorzeichen, zum Durchbruch verhelfen wollen. Klare Beispiel dieses Kampfes von Fanatikern, deren Ziel es ist, die Entwicklung der Freiheit in der Demokratie zu verhindern, sind die Guerillabewegungen in El Salvador, Peru und Kolumbien. Für Zentralamerika fordern die Regierungen von Costa Rica, El Salvador, Guatemala und Honduras den Frieden, dessen Stunde gekommen ist. Sie wünschen einen stabilen und dauerhaften Frieden: den Frieden, der nur innerhalb eines demokratischen und nach sozialer Gerechtigkeit strebenden Regierungssystems erreicht werden kann. Diese Regierungen suchen die Versöhnung der Völker, damit das Morden unter Brüdern aufhört. Sie bekräftigen ihren Glauben an eine politische Lösung der Probleme und proklamieren, daß in Freiheit und Demokratie der Dialog das Gewehr
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ersetzt, die Sicherheit die Furcht vertreibt und die Zusammenarbeit an die Stelle des Egoismus tritt. Zentralamerika steht bei seinen Friedensbemühungen nicht allein. Seit vier Jahren bringt die Contadora-Gruppe mit ihren Vermittlungsbemühungen den Geist eines Lateinamerika zum Ausdruck, das zwischen seinen Völkern friedliche Konfliktlösungen sucht. Durch die Contadora-Unterstützer-Gruppe sprechen Brudervölker, die, nachdem sie den Weg der Demokratie wiedergefunden haben, der Meinung sind, daß Freiheit und Demokratie unersetzbar sind, um eine Versöhnung in Zentralamerika zu erreichen. Die Organisation Amerikanischer Staaten ist Zeuge feierlicher Versprechungen zur Wiedereinführung der Demokratie geworden und hat sich vielfach für den Frieden und die Einhaltung getroffener Abmachungen eingesetzt. Die Vereinten Nationen haben lebhaftes Interesse an den Problemen Zentralamerikas gezeigt, entsprechend ihrer Verantwortung hinsichtlich des Weltfriedens. Die Regierungen Zentralamerikas haben aktiv an dem Prozeß zur Verwirklichung von Sicherheit und friedlichem Zusammenleben in der Region teilgenommen. Die dabei erzielten Ubereinstimmungen der fünf Staaten sind im Zielbestimmungskatalog der Contadora-Gruppe und in der Dokumentation von Esquipulas festgehalten. Im Bewußtsein, daß ihnen die politische Verantwortung für die Lösung ihrer eigenen Probleme zufällt, sind die demokratischen Regierungen Zentralamerikas der Ansicht, daß es dringend notwendig ist, definitive und überprüfbare Maßnahmen einzuleiten, um innerhalb einer genau zu bestimmenden Frist eine Lösung der in der Region herrschenden Krise zu erreichen. Es ist notwendig, vom Denken zur praktischen Umsetzung, von den Vereinbarungen zu ihrer Ver-
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wirklichung fortzuschreiten. Es ist Zeit zu handeln. Die Erfüllung der Abkommen belebt den Dialog, stärkt das Vertrauen zwischen den Völkern und verhindert Gewalt und Krieg. Angeregt durch die Charta der Organisation Amerikanischer Staaten (Charta von Bogotá) und die Charta der Vereinten Nationen als auch durch den Wunsch, eine friedliche Konfliktlösung zu fördern und die Staaten dringend aufzufordern, Bedrohungen des Friedens und der regionalen Sicherheit abzuwenden, erklären die Präsidenten von Costa Rica, El Salvador, Guatemala und Honduras, daß sie das weiter unten ausgeführte, vom Präsidenten von Costa Rica vorgelegte Dokument für ein geeignetes, angemessenes und konstruktives Werkzeug halten, um auf dem Weg politischer Verhandlungen den Frieden in Zentralamerika herzustellen. Sie bekräftigen ihre Entschlossenheit, diese Analyse noch weiter zu vertiefen, damit sie mit den gegebenenfalls vorzunehmenden Abwandlungen und Ergänzungen bei einer Konferenz der fünf Präsidenten der zentralamerikanischen Länder, die innerhalb von 90 Tagen vom heutigen Datum an in Esquipulas stattfinden soll, zur Diskussion und zur Abstimmung vorgelegt werden kann. Die hier versammelten Staatschefs fordern die Regierung von Costa Rica auf, das vorliegende Dokument der Regierung von Nicaragua zu übermitteln und den Präsidenten Daniel Ortega Saavedra einzuladen, an der Konferenz von Esquipulas teilzunehmen. Das Ziel der Konferenz von Esquipulas wird es sein, festzustellen, welche Modifikationen die Regierungen für erforderlich halten, damit das Dokument dazu dienen kann, die Demokratie zu stärken und so einen tragfähigen und dauerhaften Frieden in Zentralamerika zu verwirklichen.
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Das Dokument wird zur Kenntnisnahme an die Länder der Contadora-Gruppe und der Unterstützer-Gruppe geschickt, als Anerkennung für ihr Interesse und für die wichtige Rolle, die sie bei der Suche nach Lösungen für die Problematik der Region spielen. Die Präsidenten von El Salvador, Guatemala und Honduras bringen ihre Anerkennung für die tatkräftige Friedensinitiative des Präsidenten Oscar Arias zum Ausdruck, versichern ihn in diesem Sinne ihrer vollen moralischen Unterstützung und danken ihm, stellvertretend für das Volk und für die Regierung von Costa Rica, für den herzlichen Empfang und die ihnen zuteil gewordene Gastfreundschaft. OSCAR ARIAS SANCHEZ Präsident Republik von Costa Rica VINICIO CEREZO ARÉVALO Präsident Republik von Guatemala
JOSÉ NAPOLEÓN DUARTE Präsident Republik von El Salvador JOSÉ AZCONA HOYO Präsident Republik von Honduras
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Die Stunde des Fliedens
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Ubereinkommen zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika Die Regierungen der fünf Staaten von Zentralamerika verpflichten sich, die hier festgelegte Verfahrensweise einzuhalten, um die Ziele zu erreichen und die Prinzipien anzuwenden, die in der Charta der Vereinten Nationen, der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten, der Deklaration von Guatemala, der Deklaration von Punta del Este, dem Kommunique von Panama, dem Zielbestimmungskatalog der Contadora-Gruppe, der Botschaft von Caraballeda für Frieden, Sicherheit und Demokratie in Zentralamerika, dem Plan der Contadora-Akte für Frieden und Zusammenarbeit in Zentralamerika und der Deklaration von Esquipulas festgehalten sind. In dieser Absicht werden sie wie folgt verfahren.
1. Nationale Aussöhnung a) Amnestie Innerhalb von 60 Tagen nach der Unterzeichnung dieses Dokuments durch alle Regierungen der zentralamerikanischen Staaten soll in jenen Ländern, in welchen bewaffneter Kampf herrscht, eine Generalamnestie für politische und verwandte Delikte erlassen werden. Die entsprechenden Amnestiedekrete sollen alle Verfügungen enthalten, um die Unantastbarkeit des Lebens, die Freiheit in all ihren Formen, die Sicherheit der Person und der persönlichen Habe zu garantieren. Gleichzeitig wird durch diese Dekrete in jedem der betreffenden Staaten eine Nationale Kommission zur Aussöhnung und zum Dialog geschaffen, bestehend aus Vertretern der Regierung, der inne-
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ren politischen Opposition, der Katholischen Kirche und der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die die Aufgabe haben wird, die Verwirklichung des Prozesses der nationalen Aussöhnung festzustellen. Für die Erfüllung des Amnestiedekrets in allen seinen Bestimmungen wird eine Frist vorgesehen, die vom Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Dokuments an 6 Monate nicht überschreiten soll. Die Beurteilung der tatsächlichen Verwirklichung der Bestimmungen obliegt der genannten Kommission. b) Dialog Die Regierungen der Staaten Zentralamerikas, in denen bewaffneter Kampf herrscht, sollen vom Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Dokuments an einen umfassenden Dialog mit allen unbewaffneten Gruppen der inneren politischen Opposition aufnehmen bzw. verstärken, um das Gemeinschaftsgefühl der Bürger zu festigen, und „in den Fällen, wo es innerhalb dör Gesellschaft zu Zerrüttungen gekommen ist, Maßnahmen der nationalen Aussöhnung durchführen, die im Einklang mit den Gesetzen die Teilnahme des Volkes an demokratischen Prozessen erlauben" (Zielbestimmungskatalog).
2. Waffenstillstand Gleichzeitig mit dem Beginn des Dialogs werden die kriegführenden Parteien in allen Ländern die Feindseligkeiten einstellen.
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3. Demokratisierung Nach der Unterzeichnung dieses Dokuments soll ein „authentischer demokratisch-pluralistischer Mitwirkungsprozeß eingeleitet werden, der Förderung der sozialen Gerechtigkeit, die Achtung der Menschenrechte, die Souveränität und die territoriale Integrität der Staaten sowie das Recht aller Nationen beinhaltet, frei und ohne jedwede äußere Einmischung ihr ökonomisches, politisches und soziales Modell zu bestimmen" (Deklaration von Esquipulas). Es werden in überprüfbarer Weise „die Maßnahmen getroffen, die zur Errichtung bzw. zur Vervollkommnung demokratischer, repräsentativer und pluralistischer Systeme führen. Diese garantieren die effektive Beteiligung des Volkes bei der Entscheidungsfindung und den freien Zugang der unterschiedlichen Weltanschauungen zu ehrlichen und regelmäßigen Wahlen, bei voller Respektierung der Bürgerrechte" (Zielbestimmungskatalog). Um die Aufrichtigkeit bei der Entwicklung dieses Demokratisierungsprozesses zu überprüfen, wird vereinbart, daß: a) innerhalb von 60 Tagen nach Unterzeichnung dieses Dokuments vollständige Freiheit für Fernsehen, Rundfunk und Presse bestehen soll. Diese vollständige Freiheit umfaßt die Eröffnung und Unterhaltung von Kommunikationsmedien durch alle ideologischen Gruppen ohne jede Ausnahme und deren Handhabe ohne vorherige Zensur. b) innerhalb der gleichen Frist der Pluralismus der politischen Parteien vollkommen realisiert wird. Die politischen Gruppierungen müssen diesbezüglich freien Zugang zu den Kommunikationsmedien haben. Sie erhalten das Recht, sich zu vereinigen und zu versammeln sowie öffentlich aufzutreten und uneingeschränkt für ihre Ideale zu
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werben und diese Werbung mündlich, schriftlich und mittels des Fernsehens zu betreiben.
4. Freie Wahlen Sobald die für eine Demokratie notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, sollen freie, pluralistische und ehrliche Wahlen abgehalten werden. Erster Ausdruck des gemeinsamen Wunsches der zentralamerikanischen Staaten, die Aussöhnung und den dauerhaften Frieden für ihre Völker zu erlangen, soll die Durchführung der Wahlen zur Bildung des zentralamerikanischen Parlaments sein, dessen Einrichtung in der Deklaration von Esquipulas am 25. Mai 1986 vorgeschlagen wurde. Diese Wahlen werden im ersten Halbj ahr 1988 in allen zentralamerikanischen Ländern gleichzeitig durchgeführt. Der Termin wird von den Präsidenten der jeweiligen Länder rechtzeitig vereinbart werden. Die Wahlen werden der Überwachung durch die Organisation Amerikanischer Staaten unterliegen, um vor der Weltöffentlichkeit die Ehrlichkeit der Wahlprozesse zu gewährleisten. Der Grundsatz der Gleichheit des Zugangs aller politischen Parteien zu den Kommunikationsmedien soll streng eingehalten werden, ebenso soll der öffentliche Auftritt sowie jede Art politischer Werbung keinerlei Einschränkungen unterliegen. Nach Abschluß der Wahlen zum zentralamerikanischen Parlament sollen unter der gleichen internationalen Garantie und Überwachung und innerhalb der in den jeweiligen Verfassungen vorgesehenen Fristen in jedem einzelnen Land gleichermaßen freie und demokratische Wahlen zur Ernennung der Volksvertreter in den Rathäusern und Parlament sowie zur Präsidentschaft der Republik durchgeführt werden.
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5. Einstellung der Militärhilfe Gleichzeitig mit der Unterzeichnung dieses Dokuments ersuchen die Regierungen der fünf zentralamerikanischen Staaten die Regierungen außerhalb der Region, die offen oder verdeckt militärische Hilfe an aufständische Bewegungen oder irreguläre Verbände leisten, diese Hilfe einzustellen. Gleichermaßen ersuchen sie die in Zentralamerika operierenden irregulären Verbände und aufständischen Gruppen, aus einer authentischen lateinamerikanischen Gesinnung heraus auf die Entgegennahme solcher Hilfe zu verzichten. Diese Aufforderungen erfolgen in Ubereinstimmung mit den Darlegungen des Zielbestimmungskatalogs, der „die Einstellung des innerhalb der Region stattfindenden sowie des von außen betriebenen Waffenhandels mit Personen, Organisationen oder Gruppen, die die Destabilisierung der zentralamerikanischen Regierungen verfolgen", beinhaltet.
6. Nichtinanspruchnahme des Territoriums zum Zwecke von Ubergriffen auf andere Staaten Die fünf Staaten, die dieses Dokument unterzeichnen, bekräftigen ihre Entschlossenheit, „den Personen, Organisationen oder Gruppen, die die Destabilisierung der zentralamerikanischen Regierungen verfolgen, den Gebrauch ihres Territoriums zu versagen und ihnen militärische und logistische Hilfe weder zu gewähren noch diese zu billigen" (Zielbestimmungskatalog).
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7. Rüstungsbeschränkungen Innerhalb von 60 Tagen nach Unterzeichnung dieses Dokuments werden die Regierungen der fünf zentralamerikanischen Staaten „Verhandlungen über Kontrolle und Beschränkung des aktuellen Waffenbestandes und über die Waffenzahlen" einleiten (Zielbestimmungskatalog). In dieser Hinsicht akzeptieren die fünf Regierungen die Verfahrensweise, die im „Gemeinsamen Vorschlag von Costa Rica und Guatemala", der den Beratungen der Contadora-Gruppe vorgelegt wurde, enthalten ist. Diese Verhandlungen sollen auch Maßnahmen zur Entwaffnung der irregulären Verbände, die in der Region operieren, umfassen.
8. Nationale und internationale Überwachung a) Befolgungskomitee Innerhalb von 30 Tagen nach Unterzeichnung dieses Dokuments wird ein Befolgungskomitee gebildet, das aus dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, den Außenministern der Contadora-Gruppe und den Außenministern der Unterstützergruppe besteht. Diesem Komitee wird die Aufgabe übertragen, die Erfüllung der in diesem Dokument enthaltenen Verpflichtungen zu überwachen und zu überprüfen. Diese Aufgabe bleibt auch in solchen Fällen bestehen, in denen weitere Uberwachungs- und Uberprüfungsorgane geschaffen werden. b) Unterstützung der Uberwachungsorgane Mit dem Ziel, die Bemühungen des Befolgungskomitees zu fördern, werden die Regierungen der
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fünf zentralamerikanischen Staaten Unterstützungserklärungen für seine Arbeit abgeben. Diesen Erklärungen können sich alle interessierten Nationen anschließen, die die Freiheit, die Demokratie und den Frieden in Zentralamerika fördern möchten. Die fünf Regierungen bieten alle notwendigen Erleichterungen an, die zur vollständigen Erfüllung der Aufgaben sowohl der Nationalen Kommission zur Aussöhnung und zum Dialog jedes beteiligten Landes als auch des Befolgungskomitees notwendig sind.
9. Einschätzung der Fortschritte in Richtung auf den Frieden Zu einem geeigneten Zeitpunkt, auf jeden Fall jedoch innerhalb von 6 Monaten nach Unterzeichnung dieses Dokumentes, werden die Präsidenten der fünf zentralamerikanischen Staaten in Esquipulas, Guatemala, zusammenkommen, um den Fortschritt der hier eingegangenen Verpflichtungen einzuschätzen.
10. Demokratie und Freiheit für den Frieden, Frieden für die Entwicklung Im Klima der Freiheit, das die Demokratie garantiert, werden die Länder Zentralamerikas ökonomische und kulturelle Abkommen schließen, um eine Entwicklung voranzutreiben, die die Verwirklichung von mehr Gleichheit und die Beseitigung des Elends in den Gesellschaften ermöglicht. Die in diesem Dokument enthaltenen Punkte stellen ein harmonisches und unteilbares Ganzes dar. Seine Unterzeichnung schließt die in Treu und
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Glauben eingegangene Verpflichtung ein, alle Punkte dieses „Übereinkommens zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika" innerhalb der festgesetzten Fristen zu erfüllen. Dieses Dokument ist gültig von dem Datum an, an welchem es von den Präsidenten der Regierungen der fünf Staaten von Zentralamerika unterzeichnet worden ist. OSCAR ARIAS SÁNCHEZ Präsident Republik von Costa Rica VINICIO CEREZO ARÉVALO Präsident Republik von Guatemala
JOSÉ NAPOLEÓN DUARTE Präsident Republik von El Salvador JOSÉ AZCONA HOYO Präsident Republik von Honduras
DANIEL ORTEGA SAAVEDRA Präsident Republik von Nicaragua
Vorschlag des Präsidenten der Republik Costa Rica, Dr. Arias Sánchez, angenommen von den Präsidenten Vinicio Cerezo Àrévalo (Guatemala), José Napoleón Duarte (El Salvador) und José Azcona Hoyo (Honduras) am 15. Februar 1987 in San José, Costa Rica.
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Friedensplan für Zentralamerika Präambel Ermutigt durch den zukunftsweisenden und fortdauernden Friedenswillen der Länder der Contadora-Gruppe und der Unterstützer-Gruppe, bestärkt durch die anhaltende Unterstützung aller Völker und Regierungen der Welt, der wichtigsten Internationalen Organisationen und namentlich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II., angeregt durch das erste Treffen von Esquipulas und nunmehr in der Stadt Guatemala am 6. und 7. August 1987 versammelt, um über den von der Regierung Costa Ricas vorgelegten Friedensplan zu beraten, haben die Präsidenten der Republiken von Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica vereinbart, — die historische Herausforderung anzunehmen, und dem Frieden in Zentralamerika einen Weg zu bahnen, — sich zu verpflichten, für den Frieden zu streiten und den Krieg zu bekämpfen, — dem Dialog und der Vernunft den Vorzug zu geben gegenüber der Gewalt und dem Haß, — der Jugend Zentralamerikas, deren berechtigte Sehnsucht nach Frieden und sozialer Gerechtigkeit, nach Freiheit und Aussöhnung im Laufe vie-
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ler Generationen enttäuscht wurde, diese Friedensbemühungen zu widmen, — ein gesamtzentralamerikanisches Parlament als Symbol einzusetzen für die Freiheit und Unabhängigkeit der Versöhnung, die wir für Zentralamerika anstreben. Wir fordern von der internationalen Gemeinschaft Anerkennung und Unterstützung für unsere Bemühungen. Wir haben eigene Wege des Friedens und der Entwicklung in Zentralamerika, aber wir bedürfen der Hilfe, um sie zu verwirklichen. Wir fordern eine internationale Behandlung, die den Fortschritt gewährleistet, damit der Frieden, den wir anstreben, dauerhaft gesichert wird. Wir unterstreichen mit Nachdruck, daß Frieden und Fortschritt untrennbar sind. Wir danken dem Präsidenten Vinicio Cerezo Ar6valo und dem gastfreundlichen Volk Guatemalas, daß sie diese Versammlung an diesem Ort ermöglicht haben. Die Großzügigkeit des Gastgebers und des guatemaltekischen Volkes hatten maßgeblichen Anteil an der Atmosphäre, in der die Friedensvereinbarungen zustandekamen.
Ubereinkommen zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika Darum bemüht, die Ziele zu erreichen und die Prinzipien anzuwenden, die in der Charta der Vereinten Nationen, der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten, dem Zielbestimmungskatalog der Contadora-Gruppe, der Botschaft von Caraballeda für Frieden, Sicherheit und Demokratie in Zentralamerika, der Deklaration von Guatemala, dem Kommunique von Punta del Este, der Botschaft von Panama, der Deklaration von Esqui-
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pulas und dem Plan der Contadora-Akte für Frieden und Zusammenarbeit in Zentralamerika vom 6. Juni 1986 festgehalten sind, sind die Regierungen der Republiken von Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua übereingekommen, folgendes Verfahren zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika festzulegen.
1. Nationale Aussöhnung a) Dialog Es werden vordringlich in den Fällen, wo es innerhalb der Staaten zu Zerrüttungen gekommen ist, Maßnahmen der nationalen Aussöhnung durchgeführt, die mit allen Garantien die Teilhabe des Volkes an authentischen demokratischen Prozessen auf der Grundlage der Gerechtigkeit, der Freiheit und der Demokratie ermöglichen sollen. Damit dies erreicht werde, sollen die Maßnahmen getroffen werden, die im Einklang mit den Gesetzen den Dialog mit den Oppositionsgruppen erlauben. Zu diesem Zweck werden die jeweiligen Regierungen einen Dialog mit allen unbewaffneten Gruppen der inneren politischen Opposition und mit jenen, die unter die Amnestie fallen, aufnehmen. b) Amnestie In jedem Land Zentralamerikas, mit Ausnahme der Länder, in denen die Internationale Kontrollkommission die Notwendigkeit nicht feststellt, werden Amnestiedekrete erlassen, die alle notwendigen Verfügungen enthalten, um die Unantastbarkeit des Lebens, die Freiheit in all ihren For-
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men, die Sicherheit der Person und der persönlichen Habe derjenigen, auf die die genannten Dekrete anwendbar sind, zu garantieren. Gleichzeitig mit dem Erlaß der Amnestiedekrete sollen die irregulären Verbände der jeweiligen Länder all jene Personen freilassen, die sich in ihrer Gewalt befinden. c) Nationale Kommission zur Aussöhnung Zur Überprüfung der Einhaltung der von den fünf zentralamerikanischen Regierungen mit der Unterzeichnung des vorliegenden Dokuments eingegangenen Verpflichtungen bezüglich der Amnestie, des Waffenstillstandes, der Demokratisierung und der freien Wahlen wird eine Nationale Kommission zur Aussöhnung eingerichtet, die die Aufgabe haben wird, die Verwirklichung des Prozesses der nationalen Aussöhnung sowie die uneingeschränkte Achtung aller bürgerlichen und politischen Rechte der zentralamerikanischen Staatsbürger, die in diesem Dokument garantiert werden, festzustellen. Die Nationale Kommission zur Aussöhnung wird sich zusammensetzen aus je einem Abgesandten nebst Stellvertreter der Exekutiven Gewalt und je einem Beauftragten nebst Stellvertreter, die auf Vorschlag der Bischofskonferenz von der Regierung ausgewählt werden, und zwar aus einer Liste dreier kandidierender Bischöfe, die binnen 15 Tagen nach Erhalt der Aufforderung eingereicht werden soll. Diese Aufforderung wird von den Regierungen innerhalb der auf die Unterzeichnung dieses Dokuments folgenden 5 Werktage ausgesprochen. Ein ebensolches Vörschlagslistenverfahren wird für die Auswahl eines Beauftragten nebst Stellvertreters der gesetzlich zugelassenen Parteien der politischen Opposition angewandt
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werden. Die Dreierlisten sind binnen der genannten Frist einzureichen. Jede zentralamerikanische Regierung wird zusätzlich einen angesehenen Bürger, der weder der Regierung noch der Regierungspartei angehört, sowie einen entsprechenden Stellvertreter auswählen. Die Vereinbarung bzw. die Verfügung, durch die die jeweilige Nationale Kommission begründet wird, soll unverzüglich den übrigen zentralamerikanischen Regierungen mitgeteilt werden.
2. Aufforderung zur Einstellung der Feindseligkeiten Die Regierungen fordern eindringlich dazu auf, in den Staaten der Region, die zur Zeit die Tätigkeit irregulärer oder aufständischer Gruppen erleiden, die Einstellung der Feindseligkeiten zu vereinbaren. Die Regierungen der genannten Staaten verpflichten sich, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um zu einem wirksamen Waffenstillstand innerhalb des verfassungsmäßigen Rahmens zu gelangen.
3. Demokratisierung Die Regierungen verpflichten sich, einen authentischen demokratisch-pluralistischen Mitwirkungsprozeß einzuleiten, der die Förderung der sozialen Gerechtigkeit, die Achtung der Menschenrechte, die Souveränität und die territoriale Intergrität der Staaten sowie das Recht aller Nationen beinhaltet, frei und ohne jedwede äußere Einmischung ihr ökonomisches, politisches und soziales Modell zu bestimmen. Sie werden in überprüfbarer Weise die Maßnahmen treffen, die zur Er-
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richtung bzw. zur Vervollkommnung demokratischer, repräsentativer und pluralistischer Systeme führen. Diese garantieren die Organisation politischer Parteien und die effektive Beteiligung des Volkes bei der Entscheidungsfindung sowie den freien Zugang der unterschiedlichen Weltanschauungen zu ehrlichen und regelmäßigen Wahlen bei voller Respektierung der Bürgerrechte. Um die Aufrichtigkeit bei der Entwicklung dieses Demokratsierungsprozesses zu überprüfen, wird vereinbart, daß a) vollständige Freiheit für Fernsehen, Rundfunk und Presse bestehen soll. Diese vollständige Freiheit umfaßt die Eröffnung und Unterhaltung von Kommunikationsmedien durch alle ideologischen Gruppen und deren Handhabe ohne vorherige Zensur. b) der Pluralismus der politischen Parteien vollständig realisiert wird. Die politischen Gruppierungen müssen diesbezüglich freien Zugang zu den Kommunikationsmedien haben. Sie erhalten das Recht, sich zu vereinigen und zu versammeln, sowie öffentlich aufzutreten und uneingeschränkt Werbung mündlich, schriftlich und mittels des Fernsehens zu betreiben. Den Mitgliedern politischer Parteien wird bei ihrer Wahlkampftätigkeit volle Bewegungsfreiheit zugesichert. c) jene zentralamerikanischen Regierungen, die den Ausnahme- oder Belagerungszustand bzw. den Notstand ausgerufen haben, diesen aufheben und einen rechtsstaatlichen Zustand herstellen müssen, in dem alle Verfassungsgarantien Gültigkeit haben.
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4. Freie Wahlen Sobald die für eine Demokratie nötigen Voraussetzungen erfüllt sind, sollen freie, pluralistische und ehrliche Wahlen abgehalten werden. Als Ausdruck des gemeinsamen Wunsches der zentralamerikanischen Staaten, die Aussöhnung und den dauerhaften Frieden für ihre Völker zu erlangen, werden Wahlen zur Bildung eines zentralamerikanischen Parlaments durchgeführt, dessen Einrichtung in der Deklaration von Esquipulas am 25. Mai 1986 vorgeschlagen wurde. Die Mandatsträger erklären ihren Willen, die Schaffung des vorgenannten Parlaments voranzubringen. Damit dies verwirklicht werde, soll der Vörbereitungsausschuß zum zentralamerikanischen Parlament seine Beratungen rechtzeitig abschließen, um den zentralamerikanischen Präsidenten den entsprechenden Vorschlag binnen 150 Tagen zu unterbreiten. Diese Wahlen werden im ersten Halbjahr 1988 in allen zentralamerikanischen Ländern gleichzeitig durchgeführt. Der Termin wird von den Präsidenten der jeweiligen Länder rechtzeitig vereinbart werden. Die Wahlen werden der Überwachung der jeweiligen Wahlorgane unterliegen, wobei sich die zuständigen Regierungen verpflichten, die Organisation Amerikanischer Staaten und die Vereinten Nationen sowie die Regierungen dritter Länder einzuladen, Beobachter zu entsenden, die feststellen sollen, daß bei den Wahlen der Grundsatz der Gleichheit des Zugangs aller politischen Parteien zu den Kommunikationsmedien streng eingehalten wurde und der öffentliche Auftritt sowie jede Art politischer Werbung keinerlei Einschränkungen unterlag. Damit die Wahlen zur Bildung des zentralameri-
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kanischen Parlaments innerhalb der in diesem Abschnitt festgelegten Frist erfolgen, soll der entsprechende Vorschlag des Vorbereitungsausschusses den fünf Ländern zur Zustimmung bzw. Ratifizierung vorgelegt werden. Nach Abschluß der Wahlen zum zentralamerikanischen Parlament sollen unter Beteiligung internationaler Beobachter und mit gleichen Garantien innerhalb der vorgesehen Fristen und an den Terminen, die gemäß den gegenwärtigen politischen Verfassungen vorgeschlagen werden, in jedem einzelnen Land gleichermaßen freie und demokratische Wahlen zur Ernennung der Volksvertreter in den Rathäusern, den Kongressen und Gesetzgebenden Versammlungen sowie zur Präsidentschaft der Republik durchgeführt werden.
5. Einstellung der Hilfe an irreguläre Verbände und an aufständische Bewegungen Die Regierungen der fünf zentralamerikanischen Staaten werden die Regierungen in und außerhalb der Region, die offen oder verdeckt militärische, logistische, finanzielle, propagandistische, aus Truppenkontingenten, Waffen, Munition oder Ausrüstung bestehende Hilfe an irreguläre Verbände oder aufständische Bewegungen leisten, auffordern, diese Hilfe einzustellen als unverzichtbaren Beitrag, den stabilen und dauerhaften Frieden der Region herbeizuführen. Von den vorgenannten Bestimmungen bleibt die Hilfe ausgeschlossen, die für die Repatriierung bzw. für die Wiedereingliederung ehemaliger Mitglieder der genannten Gruppen oder Verbände in das Alltagsleben bestimmt ist. Gleichermaßen werden die fünf Regierungen die in Zentralame-
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rika operierenden irregulären Verbände und aufständischen Bewegungen auffordern, aus einer authentischen lateinamerikanischen Gesinnung heraus auf die Entgegennahme solcher Hilfe zu verzichten. Diese Aufforderungen erfolgen in Übereinstimmung mit den Darlegungen des Zielbestimmungskatalogs der Contadora-Gruppe, der die Einstellung des innerhalb der Region stattfindenden sowie des von außen betriebenen Waffenhandels mit Personen, Organisationen oder Gruppen, die die Destabilisierung der zentralamerikanischen Regierungen verfolgen, beinhaltet.
6. Nichtinanspruchnahme des Territoriums zum Zwecke von Ubergriffen auf andere Staaten Die fünf Staaten, die dieses Dokument unterzeichnen, bekräftigen ihre Entschlossenheit, den Personen, Organisationen oder Gruppen, die die Destabilisierung der zentralamerikanischen Regierungen verfolgen, den Gebrauch ihres Territorium zu versagen und ihnen militärische und logistische Hilfe weder zu gewähren noch diese zu billigen.
7. Verhandlungen bezüglich Sicherheit, Nachweis, Kontrolle und Beschränkung der Rüstung Die Regierungen der fünf zentralamerikanischen Staaten werden unter Beteiligung der ContadoraGruppe als Vermittler ihre Verhandlungen fortsetzen über die Punkte, die bezüglich der Sicherheit, dem Nachweis und der Kontrolle im Plan der Contadora-Akte für Frieden und Zusammenarbeit in
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Zentralamerika noch einer Ubereinkunft bedürfen. Diese Verhandlungen sollen auch Maßnahmen zur Entwaffnung der irregulären Verbände umfassen, die bereit sind, sich dem Amnestiedekret zu unterwerfen.
8. Flüchtlinge und Vertriebene Die zentralamerikanischen Regierungen verpflichten sich, vordringlich die Betreuung der Flüchtlinge und Vertriebenen zu veranlassen, die die regionale Krise hervorgerufen hat. Sie schließt den Schutz und die Betreuung vornehmlich im Bereich der Gesundheit, der Bildung, der Arbeit und der Sicherheit ein sowie Hilfen zur Repatriierung, Wiederansiedlung oder Wiedereingliederung, solange diese Hilfen freiwillig und individuell in Anspruch genommen werden. Sie verpflichten sich auch, die internationale Gemeinschaft um Hilfe für die zentralamerikanischen Flüchtlinge und Vertriebenen zu ersuchen, sei es in Form direkter Zuwendungen, bilateraler oder multilateraler Abkommen oder über die Vermittlung des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge bzw. anderer Organismen oder Einrichtungen.
9. Zusammenarbeit, Demokratie und Freiheit für den Frieden und die Entwicklung Im Klima der Freiheit, das die Demokratie garantiert, werden der Länder Zentralamerikas Abkommen schließen, um eine Entwicklung voranzutreiben, die die Verwirklichung von mehr Gleichheit
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und die Beseitigung des Elends in den Gesellschaften ermöglicht. Die Konsolidierung der Demokratie geht Hand in Hand mit der Schaffung eines Systems des Wohlstands und wirtschaftlicher wie sozialer Gerechtigkeit. Um diese Ziele zu erreichen, werden die Regierungen gemeinsam eine außerordentliche Wirtschaftshilfe der internationalen Gemeinschaft beantragen.
10. Internationale Uberprüfung und Überwachung a) Internationale Kontrollkommission Es soll eine internationale Kontrollkommission eingerichtet werden, in der die Organisation Amerikanischer Staaten und die Vereinten Nationen durch ihre jeweiligen Generalsekretäre bzw. deren Vertreter, die Länder Zentralamerikas, der Contadora-Gruppe und der Unterstützer-Gruppe durch die jeweiligen Außenminister vertreten sind. Dieser Kommission wird die Aufgabe übertragen, die Einhaltung der in diesem Dokument enthaltenen Verpflichtungen zu überprüfen und zu überwachen. b) Unterstützung der Aussöhnungs- und Kontrollmaßnahmen Mit dem Ziel, die Bemühungen der Internationalen Kontrollkommission zu fördern, werden die Regierungen der fünf zentralamerikanischen Staaten Unterstützungserklärungen für deren Arbeit abgeben. Diesen Erklärungen können sich alle Regierungen anschließen, die an der Förderung der Freiheit, der Demokratie und des Friedens in Zentralamerika interessiert sind. Die fünf Regierungen bieten alle notwendigen Erleichterungen an, die zur vollständigen Erfül-
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lung der Aufgaben der Nationalen Kommission zur Aussöhnung jedes beteiligten Landes als auch der Internationalen Kontrollkommission notwendig sind.
11. Fristenplan zur Ausführung der Verpflichtungen Binnen einer Frist von 15 Tagen nach Unterzeichnung dieses Dokuments werden die Außenminister der zentralamerikanischen Staaten als Exekutivausschuß zusammentreten, um die Erfüllung der im vorliegenden Dokument enthaltenen Vereinbarungen zu regeln, voranzutreiben und umzusetzen. Sie werden Arbeitsausschüsse einsetzen, die von diesem Datum an mittels Beratungen, Vermittlungen und anderen erforderlichen Maßnahmen den Prozeß einleiten, der innerhalb der vorgesehenen Fristen zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen führen soll. 90 Tage nach Unterzeichnung dieses Dokuments werden die hier getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Amnestie, des Waffenstillstands, der Demokratisierung, der Einstellung der Hilfe an irreguläre Verbände und an aufständische Bewegungen sowie der Nichtinanspruchnahme des Territoriums zum Zwecke von Übergriffen auf andere Staaten allgemein und gleichzeitig in Kraft treten. 120 Tage nach Unterzeichnung dieses Dokuments wird die Internationale Kontrollkommission den Fortschritt bei der Einhaltung der hier vorgesehenen Vereinbarungen überprüfen. Nach 150 Tagen werden sich die fünf zentralamerikanischen Präsidenten versammeln und einen Bericht der Internationalen Kontrollkommission entgegennehmen, um die erforderlichen Entscheidungen zu treffen.
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Schlußbestimmungen Die in diesem Dokument enthaltenen Punkte stellen ein harmonisches und unteilbares Ganzes dar. Seine Unterzeichnung schließt die in Treu und Glauben eingegangene Verpflichtung ein, gleichzeitig und innerhalb der vorgesehenen Fristen das Vereinbarte zu erfüllen. Die Präsidenten der fünf Staaten Zentralamerikas bekunden ihren politischen Willen, der Friedenssehnsucht der Völker zu entsprechen, und unterzeichnen in der Stadt Guatemala am siebten August neunzehnhundertsiebenundachtzig OSCAR ARIAS SÁNCHEZ Präsident Republik von Costa Rica VINICIO CEREZO ARÉVALO Präsident Republik von Guatemala
JOSÉ NAPOLEÓN DUARTE Präsident Republik von El Salvador JOSÉ ASCONA HOYO Präsident Republik von Honduras
DANIEL ORTEGA SAAVEDRA Präsident Republik von Nicaragua
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Chronik der Friedensbemühungen in Zentralamerika Konflikt und Krise in Zentralamerika in Zeitbegriffen zu messen, heißt, in Generationen zu rechnen. Drei Kriegsschauplätze beherrschen das Bild: In Guatemala kämpfen Guerillaorganisationen seit 26 Jahren gegen wechselnde Militärregimes, deren Abfolge erst durch die Wahl des christdemokratischen Präsidenten Vinicio Cerezo beendet wurde. 30.000 Tote kostete der Krieg bis auf den heutigen Tag. Aufständische der Befreiungsfront Farabundo Marti kontrollieren einen Teil des Staatsgebietes von El Salvador. Der Krieg begann 1979 und tötete über 60.000 Bürger des Landes. Seit vier Jahren erwehrt sich die sandinistische Regierung Nicaraguas einer bewaffneten Opposition, der Contra. Rund 40.000 Menschen kamen bislang bei den Auseinandersetzungen ums Leben. Nicaragua auf der einen, die Vereinigten Staaten auf der anderen Seite, stellen die Konfliktpole in Zentralamerika, um die sich in den vergangenen Jahren die Auseinandersetzungen zu einem über die Region hinausreichenden Gefahrenherd entwickelten. Vor allem mit der nachlassenden Manövrierfähigkeit der Reagan-Regierung, bedrängt durch die Stärkung der demokratischen Oppositionspartei in Senat und Repräsentanten
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haus, einer kaum ausgestandenen Waffenaffaire um den Iran und militärisch in der Golfregion in Anspruch genommen, ergab sich für die Staaten Zentralamerikas die Gelegenheit, eigene Ansätze zu einer Beilegung der Krise zu formulieren. Ihren Niederschlag findet dieses neue Bewußtsein in dem Friedensplan des Präsidenten von Costa Rica, Oscar Arias Sánchez. Am 8. und 9. Januar 1983 treffen auf der zu Panama gehörenden Insel Contadora die Außenminister von Panama, Kolumbien, Venezuela und Mexiko zusammen. Es sind „Empfindungen der Brüderlichkeit, der Solidarität und des gegenseitigen Einverständnisses", die die vier Nationen an diesem Ort zusammenführen. Aus berufenem Mund Worte, deren Gehalt sich auf eine historisch nur zeitweilig greifbare Gemeinsamkeit bezieht. Sie deuten an, worum es bei der Friedensinitiative der vier Staaten zur Beilegung der Spannungen in Zentralamerika geht, ebenso wie bei vorausgegangenen und nachfolgenden Friedensbemühungen: Schaffung eines lateinamerikanischen (bescheidener: zentralamerikanischen) Dialogs, der bei unterschiedlicher Interessenlage der beteiligten Nationen das regionale Gesamt- oder Gemeinschaftsinteresse formulieren und zur Geltung bringen soll. Im Abschluflkommuniqué dieser ersten Zusammenkunft werden die Ziele, Kriegsvermeidung und gesellschaftliche Entwicklung, noch zurückhaltend formuliert. Alle Staaten sollen sich militärischer Bedrohung enthalten und einer Ausbreitung bewaffneter Konflikte entgegenwirken. Friedensbemühungen führen nach Ansicht der Contadora-Staaten nur dann zum Erfolg, wenn sie den Grundsätzen der Nichteinmischung und der Selbstbestimmung der Völker gehorchen. Politische Stabilität und sozialer Friede sind ohne eine
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Stärkung der Wirtschaftskraft nicht erreichbar. Ungeachtet der Contadora-Initiative spitzt sich die Krise auf dem Isthmus zu. Im März 1983 dringen zweitausend antisandinistische Aufständische, sogenannte Contras, von Honduras aus auf das Territorium Nicaraguas vor und versuchen, Stützpunkte zu errichten. Das US-Nachrichtenmagazin „Time" stellt später fest, Washingtons Botschafter in Tegucigalpa, John Demetrio Negroponte, habe dabei seine lenkende Hand im Spiel gehabt. Die Gefahr einer militärischen Konfrontation zwischen Nicaragua und Honduras droht. Einen Augenblick lang scheint nicht ausgeschlossen, daß der Konflikt sich ausweiten, andere Staaten der Region in seinen Sog ziehen und die Vereinigten Staaten zur Invasion veranlassen könnte. Auf Antrag Managuas tritt am 23. März der Weltsicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. In der fünftägigen Debatte, die Nicaraguas stellvertretender Außenminister Victor Hugo Tinoco zu heftigen Angriffen an die Adresse Washingtons nutzt, bleiben die USA weitgehend isoliert. Der honduranische Delegierte Enrique Ortez Colinderes stellt einen Zwist mit dem Nachbarland in Abrede, und entwirft ein Szenario innenpolitischer Auseinandersetzungen in Nicaragua. Die Außenminister der Contadora-Staaten unternehmen im April eine Blitzreise nach Costa Rica, El Salvador, Nicaragua, Honduras und Guatemala und erreichen, daß noch im gleichen Monat alle Außenminister der Krisenregion mit ihren Contadora-Kollegen in Panama-Stadt zusammentreffen. Rüstungsüberwachung, die Rolle ausländischer Militärberater und Wirtschaftsfragen stehen ebenso auf der Tagesordnung wie das Thema Menschenrechte und soziale Belange. Bei allen Differenzen hinsichtlich Priorität und Bedeutung der Sachfragen zeigen die Teilnehmer Einigkeit,
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„daß es in erster Linie die Sache der zentralamerikanischen Länder selbst sei, für Vereinbarungen zu sorgen, die einen stabilen und dauerhaften Frieden garantieren". Am 27. April tritt US-Präsident Ronald Reagan vor beide Häuser des Kongresses und unterstreicht die unmittelbare Bedeutung, die politische Stabilität in Zentralamerika für die Sicherheit der Vereinigten Staaten hat. Den Bemühungen der Contadora-Konferenz schenkte er in seiner Rede kaum Beachtung. Der Präsident sieht einen Gesichtsverlust für die USA voraus. Wenn Washington bei Konflikten vor der eigenen Haustür nicht unverzüglich handle, werde Vertrauensverlust auf seiten der Verbündeten die unausweichliche Folge sein. Der Beginn des Friedensprozesses in Zentralamerika macht die Verlaufslinien des Konflikts, besser: der Konflikte deutlich. Ungerechte Besitzund Einkommensverhältnisse, mangelnde Beteiligung der Bevölkerungen an politischen Entscheidungen, Bildungsmisere und kaum ausreichende Gesundheitsversorgung, die Liste ließe sich um manche Ursachen erweitern. Sozialrevolutionäre Bewegungen treten auf den Plan und fordern tiefgreifende sozioökonomische Reformen, die eine Teilhabe der Bevölkerungen am Geschick ihrer Länder gewährleisten. Die geforderte Neubestimmung richtet sich ebenso gegen die nationalen Eliten wie gegen die Großmacht USA. In der Tendenz sind die den zentralamerikanischen Konflikten zugrundliegenden Ursachen auch in den Staaten der Contadora-Gruppe virulent. So hegt eine Beruhigung auf dem Isthmus auch in ihrem wohlverstandenen Eigeninteresse, denn ein Ubergreifen des zentralamerikanischen Flächenbrandes ließe sich kaum ausschließen. Kolumbiens Ex-Präsident Belisario Betancur bestä-
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tigt die Befürchtungen der Staaten auf dem Halbkontinent, wenn er feststellt: „Nur wenn wir eine Lösung für Zentralamerika finden, kann sich unser Kontinent der Lösung seiner großen sozialen Probleme widmen." Im Verlauf des Jahres 1983 verschärfen sich die Spannungen weiter. Die Guerilla in El Salvador macht verstärkt von sich reden, an den Grenzen Nicaraguas zu Costa Rica und Honduras häufen sich Übergriffe, Washington zeigt immer stärker Flagge mit der Vorbereitung von Großmanövern in der Region. Auf Antrag Managuas mahnt der Weltsicherheitsrat am 19. Mai in der Resolution 530 die Staaten, Konflikte gemäß der UNO-Charta auf friedlichem Weg zu lösen. Der Rat fordert die Contadora-Gruppe eindringlich auf, ihre Bemühungen um eine Beilegung der Spannungen fortzusetzen. Im mexikanischen Badeort Cancün treffen am 17. Juli 1983 erstmals die Präsidenten der Contadora-Staaten zusammen und formulieren einen umfassenden Katalog politischer Selbstverpflichtungen für die zentralamerikanischen Länder. Die Staaten der Region, so die Staatschefs von Venezuela, Mexiko, Kolumbien und Panama, trügen die Hauptverantwortung bei der Bewältigung der Krise. Ausländische Militärhilfe solle unterbunden werden, Sicherheitsausschüsse zur Kontrolle der Einhaltung von Vereinbarungen geschaffen und so ein Klima des Vertrauens langfristig wiederbelebt werden. Dazu solle auch die Stärkung der wirtschaftlichen Kooperation unter den beteiligten Staaten beitragen. Unter Vermittlung Kolumbiens finden im Juli in Bogotá erste Gespräche zwischen der Guerilla El Salvadors und US-Sonderbotschafter Richard Stone statt. Die Unterredung endet ergebnislos. Unterdessen führen die Vereinigten Staaten Mili-
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tärmanöver in Honduras durch, die Vermutungen über eine bevorstehende Invasion der USA in Nicaragua verstärken. Guatemala hatte sich bislang zurückgehalten, die Frontstellung der übrigen zentralamerikanischen Staaten gegenüber Nicaraguas zu teilen. Am 8. August wird General Efrain Ríos Montt in einem Staatsstreich vom bisherigen Verteidigungsminister General Oscar Humberto Mejía Victores abgelöst. Mejia gilt als Befürworter einer Wiederbelebung des zentralamerikanischen Verteidigungsrates (CONDECA) mit El Salvador und Honduras. Die Cancün-Erklärung der vier ContadoraStaaten findet ihren Niederschlag in einem 21-Punkte-Plan, der Grundlage der bevorstehenden Gespräche in Panama-Stadt sein soll, die vom 7. bis 9. September stattfinden. Der Plan findet die Zustimmung der zentralamerikanischen Länder und wird am 6. Oktober von Mexikos Außenminister Bernardo Sepülveda in New York UN-Generalsekretär Javier Pérez de Cuéllar überreicht. Diese Vereinbarung wird zur Grundlage für den ersten Entwurf der „Contadora-Akte für Frieden und Zusammenarbeit in Zentralamerika", die im Juni 1984 unterschriftsreif wird. Der Abzug ausländischer Militärberater, Rüstungskontrolle sowie das Verbot, eigenes Territorium zu Übergriffen auf ein Nachbarland zur Verfügung zu stellen, scheint in greifbare Nähe gerückt. Als erstes Land erklärt sich Nicaragua am 21. September 1984 überraschend bereit, die Friedensakte zu unterzeichnen. Die Haltung der Sandinisten kommt offenbar ungelegen. Washington bezeichnet die Vereinbarung als verfrüht, Sonderbotschafter Harry Shlaudeman gewinnt El Salvador, Honduras und Costa Rica für eine Ablehnung. Die „Washington Post" zitiert am 8. November aus einem Geheimpapier der Regierung: „Wir haben
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die Bemühungen der Contadora-Gruppe (. . .) wirkungsvoll blockiert." Ein geplantes Treffen der Contadora-Gruppe wurde abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Initiative der vier Länder ist in eine Sackgasse geraten. Nachdem die Vereinigten Staaten im April 1985 einen eigenen Friedensplan vorlegen, der von Nicaragua zurückgewiesen wird, und Washington sich veranlaßt sieht, im Mai ein Handelsembargo gegen Managua auszusprechen, entschließen sich die „neuen Demokratien" Lateinamerikas - Argentinien, Brasilien, Peru und Uruguay - zur Bildung einer Unterstützer-Gruppe zugunsten der Contadora-Initiative. In Lima einigen sich die vier Länder darauf, die Friedensakte zu unterzeichnen und setzen damit ein Signal für den Willen des Subkontinents, eine lateinamerikanische Lösung des Zentralamerika-Konflikts anzustreben. Erst im Folgejahr gerät der Friedensprozeß wieder in Bewegung. Im April treffen die Außenminister der Contadora- und der Unterstützer-Gruppe zusammen. Sie appellieren erneut an die Konfliktparteien, die Contadora-Friedensakte zu unterzeichnen und fordern die Vereinigten Staaten auf, die Hilfe an die antisandinistischen Gruppen einzustellen. Washingtons Sonderbotschafter Philip Habib stellt in einem Schreiben an den Kongreßabgeordneten Jim Slattery am 11. April in Aussicht, die Unterstützung an die Contra einzustellen, sobald die Friedensakte der Contadora-Initiative unterzeichnet sei. Bei einem Besuch des honduranischen Präsidenten José Azcona in Washington wird diese Aussage relativiert und von der Erfüllung der Friedensakte durch Managua abhängig gemacht. Am 24. Mai treffen die fünf Präsidenten der zentralamerikanischen Länder im guatemaltekischen Esquipulas zusammen. Sie erneuern ihre Unter-
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Stützung für die Contadora-Initiative und vereinbaren die Schaffung eines gemeinsamen Parlaments, das seinen Sitz in Guatemala haben soll. Doch zur Unterzeichnung der Friedensakte von Contadora kommt es nicht, auch die Friedensmission der Außenminister von Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Panama gemeinsam mit einer Delegation der Organisation Amerikanischer Staaten bleibt ohne greifbares Ergebnis. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verurteilt die Vereinigten Staaten im Juni auf Klage Nicaraguas wegen Verletzung der Souveränität des Landes und der Verminung nicaraguanischer Häfen. Washington wird beschuldigt, „die Contra zu Handlungen ermutigt zu haben, die mit den Prinzipien der Menschenrechte unvereinbar sind". Für die entstandenen Schäden müssen die USA aufkommen. Eine neue Initiative zur Konkretisierung der Friedensvorschläge der Contadora-Gruppe, der Vereinten Nationen, der Vereinigten Staaten wie der Europäischen Gemeinschaft unternimmt zu Beginn des Jahres 1987 der ein Jahr zuvor gewählte Präsident von Costa Rica, Oscar Arias Sánchez. Am 15. Februar präsentiert er den in San José versammelten Präsidenten von El Salvador, Guatemala und Honduras einen Friedensplan. Darin wird die Einstellung der Hilfe an aufständische Gruppen gefordert, die Regierungen werden gedrängt, Verhandlungen mit der Opposition aufzunehmen, die Pressefreiheit wiederherzustellen und eine Amnestie zugunsten politischer Gefangener zu erlassen. Ein weiteres Treffen wird vereinbart, an dem auch Nicaragua teilnehmen soll. Managua erklärt seine Bereitschaft und beharrt darauf, auch die Contadora-Gruppe zu einem erneuten Treffen zu laden. Der für den 25. Juni geplante Gipfel kommt nicht zustande. El Salvador spricht von ungenügenden Vorbereitungsmaß-
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nahmen und regt eine Außenministerkonferenz vor dem Präsidentengipfel an. Die sandinistische Regierung mutmaßt, hinter dem Einspruch San Salvadors stehe das Interesse der Vereinigten Staaten, mit einem Aufschub des Treffens Zeit für die Bewilligung neuer Mittel zugunsten der Contra zu gewinnen. Arias reist Mitte Juni in die USA. Zu einem Gespräch mit Präsident Reagan wird zur Überraschung der Teilnehmer aus Costa Rica auch Vizepräsident Bush, der damalige Sicherheitsberater Frank Carlucci, Elliot Abrams, Staatssekretär für Interamerikanische Angelegenheiten, und Philip Habib hinzugezogen. Zumindest über die Meinungsunterschiede sei man sich einig geworden, beschreibt ein Vertrauter Arias' später die frostige Verhandlungsatmosphäre. Nur einen Tag vor dem zweiten EsquipulasTreffen der fünf zentralamerikanischen Staatschefs, bei dem Politiker über den Friedensplan Arias' befinden sollen, legt die US-Regierung am 5. August eine eigene Ausarbeitung vor, die auch den Namenszug des demokratischen Abgeordneten Jim Wright trägt. Unter dem Eindruck der als offene Einmischung verstandenen Initiative unterzeichnen die Versammelten am 7. August in der Hauptstadt Guatemalas den Arias-Plan, offiziell „Ubereinkommen zur Schaffung eines tragfähigen und dauerhaften Friedens in Zentralamerika" genannt. Die Ubereinkunft sieht vor, innerhalb von 90 Tagen einen Waffenstillstand zu vereinbaren, Verhandlungen mit der jeweiligen Opposition aufzunehmen, Meinungs- und Pressefreiheit zu garantieren, politische Gefangene zu amnestieren und eigenes Territorium künftig nicht mehr zu Ubergriffen auf ein Nachbarland zur Verfügung zu stellen. Die vereinbarten Maßnahmen sollen von ei-
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ner einzurichtenden Kontrollkommission überwacht werden. Nicaragua zieht seine Klage beim Internationalen Gerichtshof gegen Costa Rica zurück, in der der Vorwurf erhoben worden war, die Regierung in San José habe ihr Territorium der bewaffneten Opposition als Operationsgebiet überlassen. Die internationale Kontrollkommission konstituiert sich am 23. August in Caracas. Ihr gehören die Außenminister der zentralamerikanischen Länder, der Contadora-Staaten und der UnterstützerGruppe an, ebenso ein Vertreter des UN-Generalsekretärs und des OAS-Generalsekretärs Joäo d e mente Baena Soares. In Nicaragua wird Kardinal Miguel Obando y Bravo, ein vehementer Gegner der regierenden Sandinisten, zum Leiter der nationalen Versöhnungskommission ernannt. Die Oppositionszeitung „La Prensa" erscheint wieder. In der päpstlichen Nuntiatur von San Salvador findet am 4. Oktober unter strengen Sicherheitsmaßnahmen ein erstes Gespräch zwischen Präsident Duarte und einer Abordnung der Demokratisch-Revolutionären Front sowie der Befreiungsfront Farabundo Marti El Salvadors statt. Wenige Tage nach einer zweiten Gesprächsrunde wird der Leiter der unabhängigen Menschenrechtskommission El Salvadors, Herbert Anaya, ermordet. Zwischen der Guerilla Guatemalas und der Regierung von Präsident Vinicio Cerezo findet eine Kontaktaufnahme unter der Schirmherrschaft der spanischen Regierung in Madrid statt. Anfang November wird auch in Honduras eine nationale Versöhnungskommission eingesetzt. Der Friedensnobelpreis 1987 zeichnet einen Politiker aus, der in seiner Initiative zur Konfliktlösung in Zentralamerika zugleich die Anstrengungen anderer Lateinamerikaner bündelt und umzu-
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setzen beginnt. In Zentralamerika scheint sich erwiesen zu haben, daß das Verlassen auf militärische Stärke langfristig politischer Stabilität entgegenwirkt und letztlich die sozialen Kosten ins Unermeßliche treibt. Die Regelungen von Konflikten auf dem Verhandlungsweg eröffnet Zentralamerika die Chance, ein Nebeneinander unterschiedlicher Gesellschaftsentwürfe zu verwirklichen.
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Costa Rica: Ursprung und Schwierigkeiten einer funktionierenden Demokratie Europa hat seine Träume jahrhundertelang auf Amerika projeziert. Von Kolumbus, der überzeugt war, in Zentralamerika das Paradies auf Erden gefunden zu haben, bis zum „guten Wilden" Jean Jacques Rousseaus. Auch um das kleine Costa Rica bildeten sich Mythen und nur wenige Gesellschaften Iberoamerikas sind bis heute so leidenschaftlich idealisiert worden. Es begann bereits mit dem mißverständlichen Namen Costa Rica (reiche Küste), den die Spanier einem in Wirklichkeit armen Gebiet gaben, und reicht bis zu den heutigen Beschreibungen des Landes als „zentralamerikanische Schweiz", „politisches Tropenidyll einer lieblichen Gemeinschaft von Hirten und Ackerbauern", oder „Garten eines ländlich-mittelständischen, toleranten, europäisch geprägten Gemeinwesens". Tatsächlich ist Costa Rica ein einzigarties Land in Lateinamerika. Mit seinen 50.900 qkm (etwa 1/5 der Bundesrepublik Deutschland) und einer 2,5 Millionen zählenden ethnisch homogenen Bevölkerung, ist Costa Rica - nach El Salva-
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dor - das kleinste Land Lateinamerikas und bildet zusammen mit seinen vier nördlichen Nachbarstaaten Nicaragua, Honduras, El Salvador und Guatemala die Region Zentralamerika. In der Bundesrepublik - nach den USA der wichtigste Handelspartner Costa Ricas - kennt man das Land vor allem als Lieferant von Kaffee und Bananen, die neben Fleisch, Zucker und Kakao - die Hauptexportprodukte darstellen, und als stabile Demokratie in einer Region, die demokratische Traditionen nicht kennt. Costa Rica zeichnet sich durch eine im lateinamerikanischen Vergleich homogene Sozialstruktur aus. Aufgrund seines gut ausgebauten Bildungssystems ist auch die Sozial- und Beschäftigungsstruktur durchlässiger geworden. Doch nach Jahren wirtschaftlichen Wachstums und steigenden Wohlstands ist diese funktionierende parlamentarische Demokratie in eine tiefe Rezession geraten, die - durch immer größere Auslandskredite künstlich verdeckt - auch die älteste iberoamerikanische Demokratie in Schwierigkeiten bringt.
Demokratischer Konsens und militärische Repression Costa Rica gehörte bis 1821, dem Zeitpunkt der Unabhängigkeit von Spanien, zusammen mit seinen vier nördlichen Nachbarn zum Vizekönigreich Guatemala. 1823 schloß es sich den Vereinigten Provinzen Zentralamerikas an und konstituierte sich schließlich 1848 als unabhängige Republik. Zentralamerika, durch regelmäßige Erdbeben und Vulkanausbrüche gezeichnet, stellt lediglich 2 Prozent der Gesamtfläche Lateinamerikas dar und ist mit seinen 419.000 qkm kleiner als Spanien. Die 25 Millionen Einwohner der Region
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stellen 6 Prozent der Gesamtbevölkerung Lateinamerikas dar. Ein heutiger Blick auf die krisengeschüttelten Kleinstaaten des Isthmus zeigt zunächst zwei entgegengesetzte Formen gesellschaftlicher Konfliktregelung: während auf der einen Seite Repression vorwiegend das Mittel war, mit dem die zentralamerikanischen Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua traditionell auf gesellschaftliche Gegensätze reagierten, war andererseits das Streben nach gesellschaftlichem Konsens primär Kennzeichen für Costa Ricas politischen Entwicklungsweg. Trotz Abhängigkeit und großen wirtschaftlichen Problemen, die das Land vor allem seit 1981 heimsuchen, funktioniert diese Präsidialdemokratie, ohne jene politischen Krisen zu durchleben, die das übrige Zentralamerika seit Jahren beherrschen. Alle fünf zentralamerikanischen Länder sind vorwiegend Agrarstaaten geblieben, die Bananen, Kaffee, Zucker, Baumwolle oder Fleisch ausführen und von der „unsichtbaren Hand" des Weltmarktes abhängen. Doch in Costa Rica hat diese wirtschaftliche Außenabhängigkeit nicht zu jener politischen Instabilität und traditionellen Fremdbestimmung geführt, die auf dem übrigen Isthmus zu erkennen ist. Im Unterschied zu seinen vier Nachbarstaaten durchlebt Costa Rica gegenwärtig zwar auch eine ökonomische, jedoch keine politische Krise. Die Gründe hierfür liegen in den Besonderheiten der geschichtlichen Entwicklung des Landes bereits während der Kolonialzeit, nicht weniger als in der erfolgreichen Durchsetzung jenes sozialdemokratischen Reformmodells, das seit 1948 von der »Partido Liberación Nacional" - PLN (Nationale Befreiungspartei), der auch der Friedensnobelpreisträger Oscar Arias Sánchez angehört, begonnen wurde. Darüber hinaus hat das Funktio-
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nieren der Demokratie Costa Ricas wesentlich mit der politischen Kultur des Landes zu tun, mit einem System von allgemein als legitim anerkannten Werten, das - nach dem Selbstverständnis der Menschen in Costa Rica - vor allem die Werte Demokratie, Friede, Christentum, Freiheit, Arbeit und Erziehung umfaßt.
Die kleinere koloniale Hypothek und der Kaffeeboom Im September 1502, auf seiner vierten und letzten Reise, strandete Kolumbus an der Atlantikküste Costa Ricas. Das Land erlebte die Kolonialepoche (1502-1821) in einer politischen und ökonomischen Randlage, was sich jedoch rückblickend als Chance für die Bestimmung der Richtung erwiesen hat, in der die weitere Entwicklung des Landes verlaufen sollte. Die koloniale Hypothek, die das heutige Costa Rica belastet, ist weit geringer ausgefallen, als die seiner Nachbarstaaten, dies vor allem aus drei Gründen: dem Mangel an Bodenschätzen, der geringen Zahl indianischer Ureinwohner und der fast vollständigen Isolierung des Landes von der Außenwelt. Die Armut Costa Ricas an mineralischen Ressourcen führte dazu, daß die Spanier - vor allem interessiert an der Ausbeutung von Edelmetallen - die Erschließung der Provinz weitgehend den Siedlern selbst überließen und nicht - wie in Guatemala und El Salvador politische - Herrschaftsstrukturen etablierten, die späteren starren Klassenschranken vorausgingen. Großgrundbesitz konnte sich in Costa Rica - bis auf einige Ausnahmen außerhalb des Hochlandes - nie dauerhaft etablieren. Dazu kam die geringe Anzahl ausbeutbarer Indios, womit das Reservoir billiger Arbeitskräfte fehlte, deren Verfügbarkeit
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in den Nachbarprovinzen große Haciendas und Plantagen ermöglichten. Produktion von Kakao und Tabak, blieben während der gesamten Kolonialzeit wegen der wirtschaftlichen und geographischen Isolation des Landes nur von lokaler Bedeutung. Als die zentralamerikanischen Provinzen 1821 ihre Unabhängigkeit erlangten, war Costa Rica die ärmste und isolierteste unter den fünf Provinzen, es war ein Land mehr oder minder gleichberechtigter Kleinbauern, die aus Europa, vor allem aus Galicien, Katalonien und Andalusien eingewandert waren. Es waren also zunächst die geringe koloniale Deformation, gepaart mit der homogenen Bevölkerung europäischer Abstammung - im Unterschied zu den mehr indianisch besiedelten Nachbarprovinzen - und die breite Streuung des Besitzes, die maßgeblichen Gründe für die frühe Herausbildung relativ demokratischer Strukturen, wenn auch unter der politischen Herrschaft einer im 19. Jahrhundert stärker werdenden Kaffeeoligarchie. Die heutige Sozialstruktur und Wirtschaftsentwicklung des Landes sind in ihren Grundzügen Resultat eines besonderen Besiedlungstyps, der das Land von seinen Nachbarn unterscheidet. Costa Rica wurde eher kolonisiert als erobert. In allen Ländern Zentralamerikas entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, stimuliert durch die Weltmarktnachfrage nach Kaffee, Bananen, Baumwolle etc. und beschleunigt durch die Verbesserung der Verkehrswege, monokulturell spezialisierte Exportwirtschaften mit tiefgreifenden Veränderungen in der Wirtschafts- und Sozialstruktur. Als erstes zentralamerikanisches Land begann Costa Rica mit dem Anbau von Kaffee. In jener Phase des klassischen Imperialismus wurden auch in Costa Rica durch die Eingliederung in
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die damalige internationale Arbeitsteilung die Weichen für jene strukturellen Deformationen gelegt, die bis in die Gegenwart reichen. Doch auch diese entscheidende Phase der Integration in den Weltmarkt im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts verlief in Costa Rica weniger ungünstig als in den Nachbarstaaten. Die sozialen Diskrepanzen und Antagonismen haben in Costa Rica gewisse extreme Grenzen nie überschritten. Dies vor allem aus drei Gründen: der Unterbevölkerung des Landes, dem tief verwurzelten demokratischen Bewußtsein in der costaricanischen Bevölkerung, sowie dem wachsenden öffentlichen Reichtum mit einer für die liberal-kapitalistischen Verhältnissen jener Epoche sehr fortschrittlichen Distributionspolitik. Die Unterbevölkerung ermöglichte es Bauern, die durch den Konzentrationsprozeß ihr Land verloren, weiterzuziehen, um neues Land zu erschließen. Auch das demokratische Bewußtsein der Costaricaner hielt die sozialen Gegensätze in Grenzen. Trotz vorhandener Kaffeeoligarchie, die als politische Klasse herrschte, bewirkte die gemeinsame kleinbürgerliche Herkunft und die Tradition einen Verzicht auf kämpferische Auseinandersetzungen um die politische Macht. Die ländlichen Eigentumsverhältnisse änderten sich, trotz Verdrängung weniger rentabler Anbauprodukte durch Kaffee, nicht so durchgehend wie im übrigen Zentralamerika. Schließlich erwies sich auch der wachsende öffentliche Reichtum als ausgleichender Faktor, der dem Staat immer umfangreichere Investitionen in die materielle und soziale Infrastruktur ermöglichten. Die breite Streuung der Produktionserlöse konnte jahrzehntelang die sozialen Interessengegensätze überlagern, so daß die für das übrige Zentralamerika typischen Konflikte zwischen konservativem Großgrundbesitz und liberaler Handels-
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bourgeoisie ausblieben. Erst 1878 erstand mit dem Bau der Atlantikeisenbahn und der anschließenden Entwicklung des Plantagenanbaus von Bananen der Kern einer außenorientierten Wirtschaftsenklave. Während des ersten Weltkrieges und durch die große Depression ab 1929 verschäften sich die innenpolitischen Auseinandersetzungen und führten zum Erstarken einer Volksbewegung in Costa Rica. Trotz periodischer Preisstürze auf dem Weltmarkt ist das traditionelle, am Agrarexport orientierte Wirtschaftsmodell, bis über die Mitte dieses Jahrhunderts für Costa Rica bestimmend geblieben.
Das Reformmodell Costa Ricas nach 1948 Auseinandersetzungen um Sozial- und Wirtschaftsreformen bestimmten in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts vornehmlich die politische Dynamik Costa Ricas. In den 40er Jahren eskalierten die Kontroversen, als unter Präsident Calderón-Guardia (1940-1944) eine Reihe fortschrittlicher Sozial- und Arbeitsgesetze verabschiedet wurden, die die Voraussetzung für die Zulassung von Gewerkschaften schufen. Davon profitierten vor allem kommunistisch inspirierte Bananenarbeitergewerkschaften. Deren politischen Rückhalt benötigte Calderón, als er wegen seiner Reformen die Unterstützung der Unternehmer und des Mittelstandes verlor. Die politische Polarisierung verstärkte sich unter seinem Nachfolger. Als Calderón 1948 erneut für das Präsidentenamt kandidierte und unterlag, annulierte die Calderonistenmehrheit in der Nationalversammlung die Wahl und erklärte den Verlierer zum neuen Präsidenten. Dies führte 1948 zum Ausbruch eines blu-
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tigen Bürgerkrieges. Der Opposition, vorwiegend in der von José Figueres geführten Nationalen Befreiungsbewegung vereint, gelang es nach heftigen Kämpfen, die Regierung zu stürzen und die Macht zu übernehmen. Mit seinen weitgehenden institutionellen und sozioökonomischen Reformen (neue Verfassung, Auflösung der Streitkräfte, Verstaatlichung der Banken) während der JuntaRegierung 1948/49 wurde Figueres zum Schöpfer und Protagonisten der modernen Demokratie Costa Ricas. Das Reformmodell Costa Ricas verband sehr unterschiedliche reformistische Ideen, die gegen die traditionelle Oligarchie wie auch gegen den Kommunismus gerichtet, die Interessen der aufstrebenden Kleinbourgeoisie zu etablieren suchten. Elemente verschiedener Geistesströmungen (Bolívar, José Marti, Rousseau, Jefferson bis hin zu Roosevelt mit seiner Politik des New Deal) haben die Ideologie des Partido Liberación Nacional, 1951 aus Sozialdemokraten, Reformern und Modernisierern entstanden, geprägt. Diese Partei wurde zum Architekten einer grundlegenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Neuordnung. Wirtschaftspolitisch zielte das Modell Costa Rica auf Diversifizierung der Agrarproduktion, denn Kaffee und Bananen bildeten bis dahin 90 Prozent des Exports, und auf die Schaffung der Voraussetzungen einer einheimischen Industrie. Nach anfänglichen raschen Wachstumserfolgen und der späteren Integration in den Gemeinsamen Zentralamerikanischen Markt (1963), kam es seit den 70er Jahren zu wachsenden Desintegrationsprozessen, Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, illegale Landbesetzungen und zunehmender Landflucht.
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Politische Kultur in Costa Rica Politische Kultur, die Summe der Einstellungen und Haltungen der Bürger zu ihrem politischen System, umfaßt rationale, verstandesmäßige Orientierungen, ebenso wie Gefühle und Wertungen. Nach dem Selbstverständnis der „Ticos" - wie sich die Costaricaner nennen - bilden vor allem Demokratie, Friede, Erziehung, Christentum, Freiheit und Arbeit die Grundwerte der politischen Kultur des Landes. „Wir sind die älteste Demokratie Amerikas nach den Vereinigten Staaten", ist ein geflügeltes Wort, das nicht wenige Costaricaner stolz im Munde führen. Ex-Präsident Luis Alberto Monge glaubt sogar, daß Costa Rica der „höchste Ausdruck lateinamerikanischer Demokratie" sei, und alle Präsidenten vor und nach ihm präsentieren Variationen des gleichen Themas. Doch man muß unterscheiden zwischen dem politischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekt dieser Demokratie: Die Selbstverständlichkeit freier Wahlen in Costa Rica und die geregelte Machtübergabe alle vier Jahre - so auch 1986, als Dr. Oscar Arias Sánchez am 8. Mai von Luis Alberto Monge die Präsidentschaft übernahm - zeigen, daß das politische System Costa Ricas tatsächlich funktioniert, freie und geheime Wahlen selbstverständlicher Bestandteil des politischen Lebens sind. Das politische System besitzt Legitimität in der breiten Bevölkerung, dies zeigte sich vor allem Anfang der 80er Jahre, als Costa Rica die tiefste wirtschaftliche Krise seiner Geschichte durchlebte. Costa Rica ist der Gegensatz dessen, was Eduardo Galeano „Demokratur" nennt, also Länder, die formal demokratisch funktionieren, ihrem sozialen Inhalt nach jedoch nur von Militärs geduldete politische Gebilde sind. Co-
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sta Rica besitzt als einziges Land in ganz Zentralamerika eine intakte demokratische Tradition und ist darin eher den Ländern des Cono Sur, also Argentinien, Chile und Uruguay ähnlich, als den übrigen Ländern der Region, die demokratische Traditonen nicht kennen. In ökonomischer Hinsicht ist Costa Rica weniger demokratisch, denn - wie Präsident Arias in seiner Rede vor den Vereinten Nationen betonte „viele Menschen Costa Ricas leben in Armut" und „die Länder Zentralamerikas, zu denen auch Costa Rica gehört, sind Länder des Wohlstands für wenige, des Schmerzes für viele, der Hoffnung für alle". Wirtschaftskrise, Auslandsverschuldung und die durch sie ausgelöste galoppierende Inflation haben starke Erschütterungen hervorgerufen, und da erfolgversprechende Lösungsstrategien fehlen, droht die wirtschaftliche Depression in eine allgemein politisch-psychologische Depression überzugehen. Auch in sozialer Hinsicht kann in Costa Rica nur eingeschränkt von Demokratie gesprochen werden, denn die Versorgung durch das Gesundheitswesen, Versorgung mit Wohnung, Nahrung und Kleidung sind - wenn auch bedeutend besser als im übrigen Zentralamerika - so doch bei weitem unzureichend für große Teile Costa Ricas. Die Unterscheidung zwischen ökonomischem, sozialem und politischem Aspekt der Demokratie in Costa Rica führt also zu dem Schluß, daß politische Stabilität bei wachsender wirtschaftlicher Krise und sozialen Ungerechtigkeiten kennzeichnend für die gegenwärtige Demokratie Costa Ricas sind. Die Gefährdung der politischen Demokratie durch wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit hebt Arias in seinen Reden immer wieder hervor. Sein Friedensplan fordert ausdrücklich die Besserstellung der unterprivilegierten Bevölkerung. Zwar ist Costa Rica nicht di-
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rekt in kriegerische Auseinandersetzungen in Zentralamerika verwickelt, leidet jedoch enorm unter den sozialen und ökonomischen Kriegsfolgekosten. Das Land hat 250.000 Flüchtlinge aufgenommen (etwa 10 % der Gesamtbevölkerung) und Auslandsmärkte, z.B. Nicaragua, verloren. Neben weltwirtschaftlichen Ursachen (z.B. der Verfall der Rohstoffpreise) sind die Kriegsfolgen einer der bestimmenden Faktoren der Krise in Costa Rica.
Friede ohne Armee Einzigartig in der Geschichte Zentralamerikas, einer Region, in der militärische Repression die Regel und Friede der „Ausnahmezustand" war, ist der Friede ohne Armee, die Auflösung des Heeres, die 1949 in der Verfassung Costa Ricas verankert wurde. Auch wenn das Militär ohnehin damals nicht sehr bedeutend war, so bleibt die Abschaffung eines Heeres per Gesetz - nicht seine Reduzierung oder Umrüstung - weltweit eine einmalige politische Entscheidung. Zwei Polizeieinheiten, die Guardia Civil und die Gurardia Rural, insgesamt etwa 9.000 mit einfachen Waffen ausgerüstete Polizisten, garantieren die Ordnung in Costa Rica. Zweifellos hat sich in den letzten Jahren wesentlich auf Betreiben der USA, die der Guardia Civil Jeeps, Lastwagen, Patroullienboote und Hubschrauber überließen - eine Professionalisierung und Ausweitung der Sicherheitskräfte vollzogen, die manche Autoren bewogen, von einer „Militarisierung ohne Militär" zu sprechen.
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Erziehung und Entwicklung Mehr noch als die katholische Kirche - 90 Prozent der Costaricaner sind katholisch - ist das Erziehungswesen zentraler Integrationsfaktor in Costa Rica. Die Alphabetenrate zählt zu den höchsten der Dritten Welt. Bereits im 19. Jahrhundert entstand ein relativ wirksames Erziehungswesen, das im 20. Jahrhundert eine mit den Bildungssystemen der Industrieländer vergleichbare Effizienz erreichte. Nationale Integration, Kompensation für die Knappheit von ökonomischem Besitz und politischer Macht, Durchlässigkeit wirtschaftlicher und sozialer Schranken, wurden in Costa Rica vor allem durch die Entwicklung eines umfassenden Bildungswesens erreicht. Die Schulbildung Costa Ricas gilt als beispielhaft für ganz Lateinamerika, doch die wirtschaftliche Krise setzt auch das Bildungswesen, den Stolz der staatstragenden Mittelschichten, einer großen Belastung aus. Die politische Kultur des Landes hat sich bisher als sehr flexibel erwiesen. Trotzdem mehren sich in Presse und wissenschaftlichen Analysen Prognosen über innenpolitische Zerfallserscheinungen, Auflösung des sozialintegrativen Systems und die Brüchigkeit des politischen Konsens'. Nicht zuletzt die Realisierung des Friedensplans von Oscar Arias Sánchez könnte einer solchen Entwicklung zuvorkommen.
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Matthias Güldner
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Zu diesem Buch
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Albert Lenz
Zu diesem Buch „Wir haben dem Krieg den Frieden erklärt." „Wir wollen die Wallen zum Schweigen und die Menschen zum Reden bringen." „In meinen Träumen gibt es eine Geschichte der Freiheit. In meinen Träumen gibt es Arbeit and Gesprächsbereitschaft. Ich trage nicht die Schuld an meinen Träumen."
Oscar Alias
Dieses Buch will informieren und nachdenklich machen. Die wir hier gewöhnt sind an taktische Polit-Finessen, parteipolitisches Kalkül und inhaltsleere Strategiediskussionen, sind irritiert nach der Lektüre von nur wenigen Sätzen einer beliebigen Rede von Oscar Arias. Das Pathos ist ungewohnt - noch eine Steigerung sattsam bekannter Sonntagsreden? Wenn wir weiterlesen, weicht die Irritation dem Erstaunen, schließlich einer Faszination: hier ergreift ein Politiker das Wort, der nicht von Glaubwürdigkeit redet, sondern Glaubwürdigkeit besitzt. Ein kleines Land am Rande der westlichen Hemisphäre und fast vergessen und sein Präsident als Korrektiv für die Weltpolitik der „führenden Industrienationen"? Kaum vorstellbar - aber was würde geschehen, gelänge es Arias im „Konzert der Mächtigen" seine Partituren aufs Notenpult zu legen? Können wir von Costa Rica lernen? Ist eine radikale Lösung wie die Abschaffung der Armee in Costa Rica hierzulande denkbar? Die Reden von Arias sind Variationen der Grundthemen der politischen Kultur seines Landes: Demokratie, Patriotismus, Christentum, Frei-
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heit, Heimat, Fortschritt sind Wertvorstellungen, die für einen europäischen Leser nicht mehr unmittelbar und bruchlos Geltung besitzen wie für die Menschen in Zentralamerika. Reden in theologischen Begriffen, Appelle an Patriotismus und Nation drücken unverstellt die tiefe und ungebrochene Religiosität, die befreiende nationale Tradition des Volkes von Costa Rica aus. Solches Pathos mag dem hiesigen Leser befremdlich, auf den ersten Blick gar hohl erscheinen. Dies bewirkt unsere Irritation. Die Faszination setzt ein, wenn wir verstehen, daß es der Werteverlust in unserer politischen Kultur ist, der uns hindert, die von Arias postulierten Werte ohne Vorbehalte zu akzeptieren. Eine genaue Lektüre der hier gesammelten Reden zeigt ein kohärentes politisches Konzept, das in der Tradition des Liberalismus und des demokratischen Sozialismus steht. Die von Arias vorgeschlagenen Lösungen sind radikal. Es geht nicht nur um einen Waffenstillstand, es geht um gesellschaftliche Veränderimg, die dauerhaften Frieden erst ermöglicht. Oscar Arias hat den Friedensnobelpreis 1987 für seine Initiative „Frieden für Zentralamerika" erhalten. In seiner Dankesrede unterstreicht er, daß der Preis Costa Rica gebühre. Auch dies wird in diesem Buch deutlich: wenn der Friedensplan letztlich scheitern sollte, bleibt das Beispiel Costa Ricas, dem einzigen Land der Welt, in dem der Tag der Abschaffung der Armee als Staatsfeiertag begangen wird, nobelpreiswürdig. Es bleibt aber auch das Engagement eines Mannes, der unermüdlich auf die Zusammenhänge von Unterdrückung und Armut, Massenelend und Gewalt, Bildungsmisere und Verachtung der Menschenrechte hinweist und uns an unsere Mitverantwortung und Mitschuld erinnert.
Bücher zu Lateinamerika
|(3/Ä\D3/Ä\ Frauke Gewecke
Materialien zur L a n d e s k u n d e
Die Karibik
Zur Geschichte, Politik und Kultur einer Region 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 220 Seiten, broschiert. D M 19.80 I S B N 3-921 600-56-1
Reiner Kornberger (Hrsg.)
Pferu 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 140 Seiten, illustriert, broschiert, D M 16. 80. ISBN 3-921 600-S7-X Martin Franzbach (Hrsg.)
Jürgen Wilke/Siegfried Quandt (Hrsg.)
Deutschland und Lateinamerika
Kuba
ca.130 Seiten. illustrier?, ca.DM !4,80 (3. Auflage in Vorbereitung) Christel Harj es-Römer mann/
Imafebildung und Informationslage
Martin Franzbach (Hrsg.)
144 Seiten, broschiert. D M 19.80 I S B N 3-921600-60-X
140 Seiten, illustriert, D M 16,80 ISBN 3-921 600-51-0 2. erweiterte und aktualisierte Auflage
Dieter Eich/Willi Germund (Hrsg.)
Vulkan der Träume Nicaragua, Utopie und Alltag
228 Seiten. Fotos. D M 29.80 I S B N 3-921600-41-3 »Vulkan der Träume gehört zweifellos zu den besten Analysen, die in den letzten Jahren über die Entwicklung in Nicaragua erschienen sind. Für jeden, der sich um ein objektives Urteil bemüht, eine unverzichtbare Lektüre.« WAZ. 27. II. 1986
Mexiko
»In der Zusammenstellung der Materialien wurde offensichdich Wert auf Vielfalt gelegt; Literarische, historische, autobiografische Texte sowie Lieder, Gedichte, Comics, Zeitungsartikel, Zeichnungen eröffnen unterschiedliche Zugänge zum Thema. Dies macht die Attraktivität aus und läßt einen hohen Gebrauchswert vermuten.« Entwicklung und Zusammenarbeit, 4/86 (zur I. Auflage)
Verlag Klaus Dieter Vervuert Wielandstraße 40, 6000 Frankfurt I
LYRIK
Salvador Espriu ENDE K S UINUNTHS Final M labwlut
Aus dem Katalanischen übertragen und mit einem Nachwort von Fritz Vogelgsang 188 Seiten, broschiert. D M 24,80
Salvador Espriu DIE STIERHAUT La pell de brau Aus dem Katalanischen übertragen und mit einem Nachwort von Fritz Vogelgsang 160 Seiten, broschiert. D M 24.80
Manuel Bandeira DER WEG NACH PASÄRGADA Gedichte und Prosa Ausgewählt und aus dem brasilianischen Portugiesisch übervagen von Karin von Schweder-Schreiner und mit einem Nachwort von Bella Jozef 152 Selten, broschiert. D M 19.80
Ferreira Gullar
FAULE BANANEN und
and»rm
Omdleht•
Ausgewihlt, herausgegeben und aus dem brasilianischen Portugiesisch übertragen von Curt Meyer-Clason 140 Seiten, broschiert. D M 16,80
Vinicius de Moraes 0ffl[P8JC7ä) Gedichte und Lieder Ausgewihlt und aus dem brasilianischen Portugiesich übertragen von
Rosemarie
Bollinger
in zweisprachigen Ausgaben Kay-Michael Schreiner 126 Seiten, broschiert, D M 16,80
Antonio Cisneros Gedichte
Ausgewählt von Antonio Cisneros und aus dem Spanischen übertragen von Carlos MÖfter 120 Seiten, broschiert. D M 19,80
AVANTGARDE U N D REVOLUTION Mexikanische Lyrik von Lopez Velarde bis Ocuvk» P u (1919-1949) Herausgegeben, ausgewählt und kommentiert von Klaus MeyerMinne mann. Übersetzt von MaraJde und Klaus Meyer-Minnemann 248 Seiten, broschiert. D M 29,80
jaime Sabines DEIN KÖRPER NEBEN MIR Gedkhte Ausgewihlt, herausgegeben und aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Hans-Jürgen Schmitt unter Mitwirkung von Maria Cano Caunedo 140 Seiten, broschiert. D M 24,80
Josep V. Foix KRTU und amter* ProMdtehtungMi Lyrische Prosa; ausgewihlt, herausgegeben, aus dem Katalanischen übertragen und mit einem Nachwort von Eberhard Geisler ca. ISO Seiten, broschiert. D M 2 4 . 8 0
im
Deutschlandfunk:
» . . . das he raus ragend« hlspano amerikanische LyrikProgramm 4 m Verlegers Klaus Diator Vervuert« Wielandstraße 40, 6000 Frankfurt I