199 50 9MB
German Pages 127 [128] Year 1967
Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg N. F. Bd. IV, Supplement, Hamburg 1961 Herausgegeben im Auftrage des Vorstandes von Dr. M. E. Thiel
Flora der
Nordfriesischen Inseln von
Willi Christiansen Mit 13 Abbildungen
V E R L A G C R A M , DE G R U Y T E R ä C O . ,
HAMBURG
Unveränderter photomechanischer Nachdruck 1967
© Copyright 1967 by Cram, de Gruyter & Co., Hamburg Alle Rechte einschließlich des der Übersetzung und der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen vorbehalten. Printed in Holland.
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort A. Allgemeiner Teil
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I. Zur Geschichte der Erforschung der Pflanzenwelt der Nordfriesischen Inseln .
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II. Die Entwicklung der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln
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III. Die Eigenart und Zusammensetzung der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln und ihre ökologischen Grundlagen
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IV. Der Polyploidenanteil an der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln
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B. Tabellarische Übersicht über die auf den Nordfriesischen Inseln gefundenen Gefäßpflanzen
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C. Anhang I. Verzeichnis der Beobachter der Pflanzenwelt der Nordfriesischen Inseln II. Schriftenverzeichnis III. Verzeichnis der Gattungen 1. Wissenschaftliche Namen 2. Deutsche Namen
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Vorwort Über die Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln liegt eine große Zahl von z. T. schwer zugänglichen Schriften vor. Sie zusammenzufassen und durch eigene Beobachtungen zu ergänzen, ist der Zweck der folgenden Darstellung. Die Tabellenform, die zugleich einen Vergleich des Vorkommens der einzelnen Arten auf den verschiedenen Inseln gestattet, soll zukünftige Beobachtungen anregen und erleichtern. Dabei sind Angaben über Standortabweichungen, Mißbildungen udgl., wie sie namentlich von P A U L JUNGE und D. N. CHRISTIANSEN gemacht worden sind, fortgelassen. Nicht berücksichtigt sind auch Angaben über das Vorkommen von Kulturpflanzen, selbst dann nicht, wenn sie etwa auf Schuttplätzen udgl. gefunden worden sind. Aus der Menge der Fundangaben sind in der Regel nur die ältesten und jüngsten durch Anführung der Namen der Beobachter wiedergegeben, wobei die Namen derselben aus Platzgründen meist stark gekürzt angegeben worden sind. Ein Verzeichnis dieser Namen und ihrer Abkürzungen befindet sich auf Seite 119 ff. Wie üblich bedeutet! = vom Verfasser gesehen, !! = von ihm am Fundort gesehen. Um eine pflanzengeographische Auswertung zu ermöglichen, sind die auf den Nordfriesischen Inseln urwüchsigen Arten durch Angaben über ihre chromosomalen Verhältnisse gekennzeichnet (s. große Übersichtstabelle und Spezialtabelle Seite 23). Natürlich kann die vorliegende Zusammenstellung keinen Abschluß der floristischen Erforschung der Nordfriesischen Inseln bilden, sondern soll im Gegenteil zu weiteren Beobachtungen anregen und eine Grundlage dafür geben. Von fast allen Gefäßpflanzen der Nordfriesischen Inseln befinden sich Belegstücke im Herbar des Verfassers und des Botanischen Institutes der Universität Kiel. Durch die Vermittlung von Herrn Dr. E. KOLUMBE, Hamburg, hat der Naturwissenschaftliche Verein in Hamburg den Druck dieser Arbeit übernommen. Ihm, insbesondere aber dem Schriftleiter dieses Vereins, Herrn Dr. M. E. THIEL, der unermüdlich bei der Gestaltung der Arbeit behilflich war, sei bestens gedankt. Den Herren Professor Dr. W. MEWIUS, in Hamburg, und Professor Dr. F. OVERBECK, in Kiel, spreche ich für ihre Begutachtung der Arbeit 5
meinen Dank aus. Herrn Dr. LEISTNER in Wyk a. Föhr danke ich besonders f ü r die klimatologischen Angaben, die er uneigennützig zur Verfügung stellte. Ich danke der Forschungsgemeinschaft, die durch eine Beihilfe die Bereisung der Inseln erleichterte, und besonders der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, dem Verlag der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens in Hamburg und der Kreisverwaltung Südtondern f ü r die großzügige finanzielle Unterstützung, ohne die der Druck der Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Nicht zuletzt gilt auch mein Dank den vielen Beobachtern, durch deren Mitarbeit die „Flora" erst die vorliegende Vollständigkeit erlangt hat.
WILLI CHRISTIANSEN
Kiel, den 15. Februar 1961.
Anschrift des Verfassers: Dr. h. c. Willi Christiansen, Kiel, Eckernförder Allee 18
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A. Allgemeiner Teil I. Zur Geschichte der Erforschung der Pflanzenwelt der Nordfriesischen Inseln Kein Gebiet Schleswig-Holsteins ist so oft in der Absicht, pflanzenkundliche Studien zu treiben, aufgesucht worden, wie die Nordfriesischen Inseln. Dabei war es z. T. die ausgeprägte Küstenflora, z. T. die pflanzengeographische Eigenart, die man schon früh erkannt hatte und die den Anreiz zu ihrem Besuch boten. Schon CAMERER (1762) nennt in seinen „Vermischten historisch-politischen Nachrichten in Briefen von einigen merkwürdigen Gegenden der Herzogthümer Schleßwig und Holstein" Ammophila arenaria, Lathyrus maritimus und Plantago maritima als Besonderheiten, und dasselbe Werk enthält eine Beschreibung der „wunderbaren Insel Nordmarsch" von LORENZ LORENZEN, der „Gewächse, Kräuter und Bäume" erwähnt. Frühzeitig werden Spuren ehemaliger Wälder von Sylt angegeben (NIEMANN 1799). Recht laienhaft führt WARNSTEDT (1824) seltene Pflanzen an, z. B. Lepidium ruderale, Triticum, Pisum (— Lathyrus) maritimum. Ausführlicher schon ist PETERS (1825), indem er 60 Blütenpflanzen in vier Gruppen aufzählt: 1. in Dörfern, 2. auf der Geest in Getreide und an Wegen, 3. in der Marsch, 4. am Ufer und am Strande. KOHL (1846) macht treffende Angaben über die Besiedlung des Vorlandes mit Queller und Drückdal (Puccinellia) und der Dünen mit Sandhalm. Eine gute Kennzeichnung mit langer Florenliste gibt SPIEKER (1859). Besonders hervorgehoben zu werden verdient die Zusammenstellung von SCHIÖTZ (1860), so daß von FISCHER-BENZON (1876) f ü r das Gebiet wenig Neues bringen konnte. Sehr beachtenswert ist der Vergleich der Nordfriesischen Inseln mit den Ostfriesischen von BUCHENAU (1887). Eine eingehende Schilderung der Vegetationstypen bringt RAUNKIAER (1889), der auch ausführlich der Waldfrage auf den Inseln nachgeht. PAUL KNUTH (1895) hat als erster eine zusammenfassende Arbeit über die „Flora 7
der Nordfriesischen Inseln" geschrieben. Seit der Zeit sind so zahlreiche Abhandlungen über örtliche und sachliche Teilgebiete erschienen, daß es unmöglich ist, sie hier einzeln anzuführen. Es muß dafür auf CHRISTIANSEN, WERNER und WILLI, (1936) hingewiesen werden.
II. Die Entwicklung der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln Die pflanzengeographische Eigenart der Nordfriesischen Inseln ist in der Entwicklungsgeschichte der Pflanzendecke begründet. Wenn auch die Erforschung dieser Geschichte noch keineswegs abgeschlossen ist und insbesondere die Pollenanalyse noch nicht das letzte Wort gesprochen hat, so darf man doch mit Sicherheit annehmen, daß der Geestboden der Inseln Sylt, Amrum und Föhr einst Wald getragen hat. Schon das Bodenprofil beweist es. Damals war die Nordsee noch weit draußen. Durch ihren Einbruch (bis rd. 2000 vor Chr.) wurde dann das Klima so stark atlantisch gestimmt, daß der Wald kümmern mußte. Sein Abbau wird allerdings Jahrtausende erfordert haben, und wir dürfen annehmen, daß einzelne Arten der Krautschicht des ehemaligen Eichenwaldes noch heute vorhanden sind. So ist z. B. der Siebenstern (Trientalis europaea) in der Heide zwischen Norddorf und der Vogelkoje auf Amrum als Relikt aus der damaligen Zeit anzusehen. Die Frage nach der Urwüchsigkeit des Waldes auf den Nordfriesischen Inseln hat schon frühzeitig die Pflanzenkundler beschäftigt (KNUTH 1889, KRAUSE 1892 u. a.). Die im Watt z. B. südlich von Föhr bloßliegenden Baumstämme regten selbst Laien an, nach dem Ursprung dieser Bäume zu fragen. Der Tuul aber, jene torfartige Masse, die an den Küsten der Inseln antreibt und die schon SAXO GRAMMATICUS (1151) wegen ihrer Verwertung zur Salzgewinnung erwähnt, ist eine interglaziale Bildung. Sie enthält Kiefern- und Fichtenzapfen. Manche Waldarten allerdings, die SECKT (1902) angibt, sind keine Relikte. Sie sind Neusiedler in den Aufforstungen der neuen Zeit, z. B. Wintergrün (Pirola minor), Waldrispengras (Poa nemoralis), Riesenschwingel (Festuca gigantea), Schattenblume (Majanthemum bifolium), Nabelmiere (Moehringia trinervia), Wald-Vergißmeinnicht (Myosotis silvatica), Waldmeister (Asperula odorata), Schneeball (Viburnum opulus). Dabei läßt sich jedoch vielfach nicht entscheiden, ob die Arten dieser Gruppe mit Pflanzgut eingeschleppt oder durch Vögel „angesalbt" worden sind. Im letzteren Fall wäre der Mensch mittelbar f ü r das Auftreten der Arten verantwortlich. Himbeere (Rubus idaeus), Brombeere (Rubus fruticosus), Erdbeere (Fragaria vesca), Rote Johannisbeere (Ribes silvestre) sind sicherlich durch Vögel eingeschleppt worden. Als der Wald verschwand, nahm die Heide seinen Platz ein. Wir dürfen also von Urheiden sprechen; ihr Vorkommen ist nicht wie an vielen anderen Stellen in Nordwestdeutschland menschlich bedingt (Salinen!). Die Hügelgräber der Jungsteinzeit und der Bronzezeit liegen auf ihr. „Die Heiden von 8
Kampen und Morsum haben sich seit mindestens 5000 v. Chr. in ihrem Aussehen nicht verändert" (KOLUMBE 1957). Die Veränderungen der Pflanzendecke durch den Menschen gehen allerdings schon Jahrhunderte zurück. So sind z. B. die Getreideunkräuter mit dem Getreide auf die Inseln gekommen: Kornrade (Agrostemma githago), Kornblume (Centaurea cyanus), Sinau (Alchemilla microcarpa), Windhalm (Agrostis spica-venti) u. a. Wie weit auch die Hackfruchtunkräuter menschlich bedingt sind, läßt sich schwer entscheiden, da manche Melden- (Atriplex-), Gänsefuß(Chenopodium-) und Knöterich- (Polygonum-) arten am Strande zu Hause sind. Der Reiherschnabel des Ackers (Erodium cicutarium ssp. eu-cicutarium) und das Stiefmütterchen des Ackers (Viola tricolor ssp. arvensis) sind Kulturbegleiter; die entsprechenden Arten des Strandes oder der Dünen gehören anderen Rassen an (Erodium cicutarium ssp. immaculatum bzw. Viola tricolor ssp. eutricolor) und sind urwüchsig. Durch die Pflege des Grünlandes sind z. B. der Hohe Hafer (Arrhenatherum elatius) und die Traubige Trespe (Bromus racemosus) eingebürgert, wohl auch der Goldhafer (Trisetum flavescens), obwohl er auf Pellworm wegen seiner Häufigkeit scheinbar urwüchsig ist. Der Verkehr hat schon seit langem neue Arten auf die Inseln gebracht. Die Stinkkresse (Lepidium ruderale) beschränkt sich auf die Hafenplätze (z. B. Munkmarsch auf Sylt, Siel auf Pellworm). Am Eisenbahndamm nach Sylt sind Mauerrampe (Diplotaxis muralis), Weißer Steinklee (Melilotus albus), Berufkraut (Erigeron acer), Ochsenzunge (Anchusa officinalis), Wilde Kresse (Rorippa silvestris), Finkensame (Neslea paniculata) und wohl noch andere Arten eingewandert. Aus ehemaliger Kultur haben sich u. a. der Schwarze Senf (Brassica nigra) an den Fehtingen der Halligen (CHRISTIANSEN 1936), Reseda (Reseda odorata) bei Wittdün und Absinth (Artemisia absinthium) bei Norddorf auf Amrum frei gemacht. Daß mit den Aufforstungen der jüngsten Zeit wie auch viel früher mit den Baumpflanzungen an den Vogelkojen manche Arten einen zusagenden Standort erhalten haben, wurde schon angedeutet (Kleines Wintergrün, Pirola minor; Adlerfarn, Pteridium; Wald-Greiskraut, Senecio silvaticus). Einbürgerungsversuche, in der Absicht der Dünenbefestigung zu dienen, haben mit der Kartoffelrose (Rosa rugosa), dem Stachelginster (Ulex europaeus) und dem Stranddorn (Hippophae rhamnoides) zwar nur geringen Erfolg gehabt, aber die Arten hierher gebracht. Planmäßige Dünenbefestigung hat erst nach 1790 begonnen (C. P. HANSEN 1865), aber schwer setzte sich bei den Inselnbewohnern die Ansicht durch, daß die „Pflanzen die Erhalter der Landschaft" (KOLUMBE 1957) sind: immer wieder mußte man durch Verordnungen die Halmpflanzungen gegen das Abmähen schützen. Und doch ist bis in unsere Tage das Pflanzen des Strandhafers (Ammophila arenaria) das wichtigste Mittel zur Dünenbefestigung. Die heute so schön unter Bäumen versteckten Dörfer, namentlich auf Föhr, waren vor 200 Jahren noch ganz nackt. KOEHN (1954) berichtet, daß Pastor BARTOLOMÄUS in Nebel (1715—28) die ersten Bäume pflanzte. In Keitum auf Sylt wurden seit etwa 1850 Bäume gepflanzt. Die erste Vogelkoje wurde 1730 angelegt, der erste „Wald" 1821 (der Lornsenhain auf Sylt, s. WILHELM JESSEN 1932). 9
Viele vom Menschen auf die Inseln gebrachte Arten haben so das Bild der Pflanzendecke völlig verändert, nicht nur durch die landwirtschaftlich genutzten Kulturpflanzen, sondern auch durch die Holzgewächse. Von einzelnen Stücken in Gärten und Anlagen abgesehen, wurden vielfach gepflanzt: Zahlreiche Nadelhölzer (Picea alba MILL., P. canadensis KOEHNE, P. excelsa LK., P. pungens ENG., P. sitchensis CARR. — Pinus banksiana LAMB., P. montana MILL., P. nigra ARN., P. silvestris L. — ferner die Lorbeerweide (Salix pentandra L.) — die Bruchweide (S. fragilis L.) — die Bandweide (S. viminalis L.) — die Eiche (besonders Quercus robur L.) — die Rotbuche (Fagus silvatica L.) — die Ulme (besonders Ulmús montana STOKES) — die Esche (Fraxinus excelsior L.) — die Traubenkirsche (Prunus padus L.) —• der Spitzahorn (Acer platanoides L.) — der Sanddorn (Hippophae rhamnoides L.).
III. Die Eigenart und Zusammensetzung der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln und ihre ökologischen Grundlagen Die Eigenart der Flora der Nordfriesischen Inseln, auf die im vorigen Abschnitt bereits hingewiesen worden ist, wird hauptsächlich durch zwei Faktoren bestimmt, die unter sich eng zusammenhängen: 1. ihre Lage am Meer und im Gebiet des Atlantischen Klimakeils und 2. den Boden. Daß das Klima in hohem Maße das Vorkommen der Pflanzen bestimmt, ist allgemein bekannt. Aber es ist sehr schwer, den Einfluß auf die Pflanzen im einzelnen festzustellen, wie überhaupt das Klima eines Gebietes zu kennzeichnen. Indessen gibt es einige Faktoren, z. B. die Niederschlagsmenge, die Sonnenscheindauer und die Bestrahlungsintensität, die Windrichtung und Windstärke, die Temperatur der Luft und des Wassers, die das Klima bestimmen und deren Wirkung auf die Pflanzen eher erkennbar ist. Allerdings sind alle diese Faktoren sehr großen jahreszeitlichen, täglichen und sogar oft stündlichen Schwankungen unterworfen. Einen Einblick in ihre Wirkung kann man daher nur bekommen, wenn man auf Grund langjähriger Beobachtungen Mittelwerte für ihr Verhalten im Laufe des Jahres gewinnen kann. Für die Nordfriesischen Inseln liegt nun erfreulicherweise eine große Zahl von Beobachtungen über die genannten Faktoren vor, die z. T. in den 50 Jahren von 1888—1937 von G. WEIGELT in Wyk auf Föhr durchgeführt wurden. Sie sind von dem Leiter der Medizin-Meteorologischen Beratungsstelle, ebenda, Herrn Dr. LEISTNER, verarbeitet, weitergeführt und ergänzt worden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, die Herr Dr. LEISTNER mir freundlicher- und dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, können f ü r die anderen Nordfriesischen Inseln als repräsentativ gelten und sollen daher hier kurz wiedergegeben werden. In der graphischen Darstellung Abb. 1 sind die Niederschlagsmengen, die Bewölkung und die Windgeschwindigkeit nach den Beobachtungen von WEIGELT wiedergegeben. Die Niederschlagsmenge liegt im T a g e s mittel bei Beginn des Jahres von Januar bis Mai zwischen 1,0 und 2,0 mm, steigt dann Ende Juni bis Mitte Oktober auf etwa 2—3 mm an, um von Ende Juli bis Mitte Ok10
Windgeschwindigkeit in Wyk a. Föhr nach 50jährigen Beobachtungen von WEIGELT, berechnet und dargestellt von W. LEISTNER.
tober Werte über 3 mm zu erreichen. Dann fällt sie schnell von Ende Oktober bis Anfang J a n u a r wieder auf 2 mm ab. Die Bewölkung zeigt ein ganz anderes Bild, indem hier vom Beginn des Jahres eine Abnahme der Bewölkung bis zum Beginn des Sommers zu verzeichnen ist, dann steigt die Bewölkung Ende Juni und in den Sommermonaten etwas an, bleibt aber immer unter 7/io, um erst im November über diesen Wert und im Dezember teilweise sogar über 8/io anzusteigen. Der Bewölkung entspricht umgekehrt die Sonnenscheindauer, die in der Darstellung (Abb. 2) nach den Beobachtungen von LEISTNER wiedergegeben sind. Die obere Kurve zeigt den jährlichen Verlauf der astronomisch möglichen Sonnenscheindauer, die f ü r Wyk aus den täglichen Werten des Sonnenauf- und -Unterganges berechnet wurde. Die darunterliegende Kurve gibt die wirklich gemessene Sonnenscheindauer wieder, und dann folgt die „relative" Sonnenscheindauer, die die gemessene Sonnenscheindauer in Prozenten der astronomisch möglichen Sonnenscheindauer angibt. Besonders die letzte Kurve läßt die mehr oder weniger strahlungsbegünstigten Wetterlagen hervortreten, die f ü r den Pflanzenwuchs von großer Bedeutung sind. 11
Ebenso bedeutungsvoll ist die absolute Wärmestrahlung, zumal durch sie der Verlauf anderer meteorologischer Faktoren, wie der Temperatur, des Windes und der Verdunstung, beeinflußt wird. In der Tabelle 1 sind die mittleren Tagessummen der Bestrahlungsstärke f ü r Wyk auf Föhr angegeben.
Tab. 1. Mittlere Tagessummen der Bestrahlungsstärke f ü r die einzelnen Monate f ü r Wyk auf Föhr (1950—1959). (Angabe in Kalorien pro qcm u n d Tag) Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
53
113
216
361
461
481
444
375
282
148
63
35
Im Mai u n d J u n i ist also die Bestrahlungsstärke am größten, w ä h r e n d sie in den beiden Sommermonaten Juli und August schon wieder abnimmt. Mit der Sonnenstrahlung im engsten Zusammenhang steht n u n wieder die Temperatur, die aber andererseits auch von den Wärmeverhältnissen des Meerwassers bestimmt ist, das ja die Inseln umgibt u n d dessen Einfluß durch die vorherrschenden westlichen Winde besonders stark ist. Die folgende Tabelle 2 zeigt die prozentuale Häufigkeit der verschiedenen Windrichtungen in Wyk auf
Abb. 2: Jahresgang der Sonnenscheindauer und deren Prozente von der astronomisch möglichen Sonnenscheindauer für Wyk a. Föhr nach 20jähriger Beobachtungsreihe, berechnet und dargestellt von W. LEISTNER. 12
Föhr. Es ist daraus zu ersehen, daß in Wyk auf Föhr und damit wohl auch auf den übrigen Nordfriesischen Inseln 51,5 % auf westliche und nur 32 % auf die östlichen Winde entfallen, während der Rest von den indifferenten Nord- und Südwinden und Windstillen eingenommen wird. Tab. 2. Die prozentuale Häufigkeit der verschiedenen Windrichtungen in Wyk auf Föhr (im 40jähr. Durchschnitt) N
NO
O
SO
S
SW
W
NW
Windstille
6,1
11,4
9,3
10,1
9,4
21,2
15
15,3
2,2
Dieses Vorherrschen westlicher Winde setzt nun die Temperatur auf den Inseln herab, weil die maritimen Luftmassen von der Temperatur des Oberflächenwassers der Nordsee stark beeinflußt werden. Im Sommer sind die Meeresluftmassen kühl, da die Temperatur der Nordsee und des östlichen Atlantik zwischen 14 und 16 Grad liegen. In den Wintermonaten schwanken die Temperaturen des Oberflächenwassers zwischen 4 und 8 Grad, so daß auf den Inseln bei herrschenden Westwinden meistens Temperaturen über 0 Grad vorhanden sind. Diese Eigenart der Temperaturverhältnisse auf den Nordfriesischen Inseln gegenüber dem Festlande wird besonders deutlich, wenn wir sie z. B. mit der Temperatur Berlins vergleichen (s. Kurven in Abb. 3). Man sieht, daß Wyk auf Föhr von Februar bis Juli niedere, von August bis Februar höhere Temperaturen hat als das Innere des Festlandes. Dies ist ein Merkmal des stärker atlantisch gestimmten Klimas und läßt die ausgleichende und verzögernde Wirkung des Meeres erkennen. Außer der Temperatur der Luftmassen wirkt auch die Windgeschwindigkeit abkühlend auf das Wetter der Nordfriesischen Inseln ein. In Abb. 1 ist die Windgeschwindigkeit im Laufe des Jahres f ü r Wyk auf Föhr im langjährigen Durchschnitt aufgezeichnet. Sie liegt fast das ganze J a h r hindurch zwischen 6,5 und 8,5 m/sec, während sie auf der schleswig-holsteinischen Geest bis zu 4,0 m/sec herabgeht. Faßt man alle diese Beobachtungen zusammen, so ergibt sich, daß das Klima der Nordfriesischen Inseln durch eine Reihe von Besonderheiten gegenüber dem Festlande und anderen Gebieten ausgezeichnet ist, die sehr wohl einen bestimmenden Einfluß auf ihre Pflanzenwelt ausüben können. Als solche ergeben sich: im Sommer eine geringere, im Winter eine höhere Temperatur als auf dem Festlande, starke westliche Winde, die zwar eine große Luftfeuchtigkeit und eine große Niederschlagsmenge mitbringen, andererseits aber auch austrocknend wirken. Die große Niederschlagsmenge wirkt zudem auslaugend auf den Boden. Dadurch wurde der Salzgehalt im Laufe der Zeit stark herabgesetzt, und in dem Geestboden hat sich Ortstein, in der Marsch Knickboden gebildet. Die hohe Luftfeuchtigkeit, der Wind und die Bodenarmut, sowie die Jugend der Pflanzendecke (die Marsch ist eine alluviale Bildung) haben so zu 1. einer Artenarmut und 2. zu einem hohen Anteil polyploider Arten geführt. 13
Abb. 3: Der jährliche Gang der Temperatur in Wyk auf Föhr und in Berlin, berechnet und dargestellt von W. LEISTNER.
Die A r t e n a r m u t ist recht auffallend. Auf den Nordfriesischen Inseln sind außer verschleppten 504 urwüchsige und 159 eingebürgerte Arten festgestellt worden. Auf den reinen Marschinseln (Pellworm und Nordstrand) u n d gar auf den Halligen ist die Artenanzahl erheblich geringer als auf den Geestinseln Föhr, Sylt und A m r u m (s. Tabelle 3). Die Feststellung, ob eine A r t auf den Inseln urwüchsig ist oder n u r eingebürgert vorkommt, ist allerdings schwierig und oft willkürlich. Manche Art, die in anderen Teilen Schleswig-Holsteins urwüchsig ist, d ü r f t e auf den Inseln n u r verschleppt oder eingebürgert sein, selbst wenn sie den Eindruck einer urwüchsigen Art macht (z. B. Goldhafer, Trisetum flavescens, auf Pellworm). Es ist auch schwer zu entscheiden, ob m a n eine Art, die der K u l t u r folgt, als urwüchsig bezeichnen muß oder nicht (z. B. Feld-Beifuß, Artemisia campestris). Es fehlt insbesondere die Mehrzahl der Waldarten. Höhere Holzgewächse sind wegen des Windes nicht urwüchsig. Erst nach der Veränderung der Landschaft durch den Menschen (Häuser, Vogelkojen, Forsten) d ü r f t e n auch Holzgewächse ohne unmittelbares Zutun des Menschen auf die Inseln gekommen sein, z. B. Vogelbeere, Holunder, Himbeere und Brombeere. Vielleicht sind die 14
typischen Hundsrosen (Rosa glauca ssp. eu-glauca und Rosa coriifolia ssp. eucoriifolia) als urwüchsig anzusehen. Wenn wir Waldarten (z. B. Waldrispengras, Poa nemoralis, Große Sternmiere, Stellaria holostea, Windröschen, Anemone nemorosa, Wintergrün, Pirola minor, Siebenstern, Trientalis europaea u. a.) antreffen, so dürfen wir annehmen, daß sie mit Sträuchern oder Saaten eingeschleppt worden sind. Daß in dem Marschbereich kein Wald vorhanden ist, dürfte mindestens z. T. auf Kulturmaßnahmen zurückzuführen sein: Halm- und Hackfruchtbau und Beweidung lassen auf den Feldern seit vielen Jahrhunderten kein Holzgewächs hochkommen, während an den Rainen Weiden und Rosen üppig gedeihen. Für größere Holzgewächse reicht dieser Raum aber nicht. Viele Häuser sind bekanntlich von stattlichen Bäumen umstanden, die allerdings oft eine deutliche Windschur zeigen. Selbst auf den Halligen gedeihen Obstbäume, deren Spitzen aber nur die Höhe der Dachfirsten erreichen. Obgleich namentlich auf den Marschinseln und Halligen das Grünland einen breiten Raum einnimmt, fehlen viele Grünlandarten. Daß die Kohldistel (Cirsium oleraceum) und die Waldsimse (Scirpus silvaticus) fehlen, ist nicht verwunderlich: sie sind ausgeprägte Kalkzeiger, die auf dem kalkarmen Boden der Inseln nicht gedeihen können. Wahrscheinlich fehlen z. B. Schwarzwurz (Symphytun officinale) und Rote Lichtnelke (Melandrium rubrum) aus demselben Grunde. Aber auch die Mehrzahl der Seggenarten (Carex), die keineswegs Kalkreichtum lieben, fehlt den Inseln. Desgleichen entbehren die Wasser- und Sumpfgesellschaften mancher Arten, denen man eine „allgemeine" Verbreitung zuzuschreiben gewohnt ist, z. B. Teichrose (Nuphar luteum), Gränke (Andromeda polifolia) trotz ihrer guten Ausbreitungsmöglichkeit durch Wasservögel. Selbst der atlantische Gagelstrauch (Myrica gale) kommt nicht vor. Andere Arten aus dem Grün- oder Sumpfland fehlen zwar nicht völlig, sind aber außerordentlich selten, z. B. Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis). Selbst unter den Strandpflanzen finden sich ausgeprägte Lücken. So fehlt den Nordfriesischen Inseln (wie auch der ganzen schleswig-holsteinischen Nordseeküste) der Stranddorn (Hippophae rhamnoides), der auf den Ostfriesischen Inseln reichlich vorkommt. Wahrscheinlich ist sein Fehlen auf die Kalkarmut des Bodens zurückzuführen. Eine erhebliche Anzahl von Arten, die auf den benachbarten dänischen Inseln Rom (nach WIINSTEDT 1946), Fanö und Manö (nach PEDERSEN 1953) festgestellt worden sind, hat auf den deutschen Nordfriesischen Inseln nicht festgestellt werden können: Potamogeton alpinus BALB. (Fanö), Carex stricta GOOD. (Fanö), Juncus balticus WILLD. (Rom, Fanö), Epipactis palustris MILL., CRANTZ (Rom, Fanö), Piatanthera bifolia (L.) RICH. (Rom), Leucorchis albida (L.) MEY. (Fanö), Stellaria crassifolia EHRH. (Fanö), Herniaria glabra L. (Rom), Sisymbrium loeselii JUISL. (Rom), S. altissimum L. (Fanö), Camelina microcarpa ANDRZ. (Fanö), Lathyrus paluster L. (Fanö), Polygala serpyllifolia HOSE (Rom, Fanö), Angelica silvestris L. (Fanö), Gentiana uliginosa WILLD. (Rom, Fanö), Nepeta cataria L. (Rom), Euphrasia brevipila B. u. GR. (Rom, Fanö), Eu. gratiosa WIINST. (Fanö), Linnaea borealis L. (Fanö), Valeriana sambucifolia 15
Abb. 4: Fundorte von Convolvulus soldanella L. ( A X) und Trigonella ornithopodioides (L) DC ( 0 +), A ® noch vorhanden, X + ausgestorben.
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Abb. 7: Fundorte RICHT.
von
Deschampsia
setacea
(HUDS.) 17
MIK. (Fanö), Lobelia dortmanna L. (Fanö). Eine Untersuchung, ob diese Arten in unserem Gebiet tatsächlich völlig fehlen, erscheint als eine dringende und lohnende Aufgabe. Die Lücken im Artbestande der Nordfriesischen Inseln werden nur z. T. durch besondere Arten ausgeglichen, die ausschließlich auf den Nordfriesischen Inseln und nicht im übrigen Schleswig-Holstein auftreten. Es sind: Pyramidengünsel ( A j u g a pyramidalis) — Dreinervige Segge ( C a r e x trinervis) — Dünenwinde (Convolvulus soldanella) (s. Karte Abb. 4) — Heide-Labkraut (Galium pumilum) — Fackelgras ( K o e l e r i a albescens) — Kleines Zweiblatt (Listera cordata) (s. Karte Abb. 5). Arten einer zweiten Gruppe greifen zwar auf das benachbarte Festland über, beschränken sich aber auf den Atlantischen Klimakeil (CHRISTIANSEN 1938)1), in den sie ± weit eindringen: Viermänniges Hornkraut (Cerastium tetrandrum) (s. Karte Abb. 6) — Zweifarbige Schmiele (Deschampsia setacea) (s. Karte Abb. 7) — Vielstengelige Simse (Eleocharis multicaulis) (s. Karte Abb. 8) — Zweischneidige Binse ( J u n c u s anceps) (s. Karte Abb. 9) — Zwerg*) Der Atlantische Klimakeil ist ein keilförmiges Gebiet, das zwischen Tönning und Tondern in das Herzogtum Schleswig eingreift und dessen Spitze in Angeln liegt. Er ist auf Grund pflanzen- und tiergeographischer Befunde festgestellt worden. Die Klimatologen erkennen ihn an und bemühen sich, seine Lage durch meteorologische Werte (Feuchtigkeit, Wind) zu fixieren. 20
Abb. 13: Nordgrenze der Verbreitung der Karthäusernelke (Dianthus carthuslanorum).
binse (Juncus pygmaeus) (s. Karte Abb. 10) — Pfriemenbl. Mastkraut (Sagina subulata) (s. Karte Abb. 11) — Vogelfußartiger Klee (Trigonella ornithopodioides) (s. Karte Abb. 4) — Strand-Knöterich ( P o l y g o n u m raji) (s. Karte Abb. 5). Aber nicht nur das Klima, sondern auch der Boden kann standortszuweisend sein. Daher kommt eine Gruppe von Arten nicht nur im Atlantischen Klimakeil und damit auch auf den Nordfriesischen Inseln vor, sondern auch auf mageren Böden Südostholsteins, z. B.: Sumpfschirm (Apiurn inundatum) (s. Karte Abb. 12) — Pillenfarn (Pilularia globulifera) — Andere Arten, die sich auch in Schleswig-Holstein auf die Geest beschränken, kommen auch nur auf den Geestinseln vor. Es sind atlantische Arten, die den leichten Boden bevorzugen, z. B.: Rippenfarn (Blechnum spicant) — Englischer Ginster (Genista anglica) — Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe) —. Einen Übergang zur vorigen Gruppe zeigen u. a.: Strandling (Littorella uniflora) — Fettkraut (Pinguicüla vulgaris) — Torf-Laichkraut (Potamogeton oblongus) — Efeublättr. Hahnenfuß (Ranunculus hederaceus). Eigenartig ist, daß einige Arten, die in Schleswig-Holstein namentlich im östlichen Hügelland vorkommen, im Geestgebiet aber sehr selten sind oder gar fehlen, auf den Inseln wieder auftreten. So ist die Nickende Distel (Carduus nutans), eine eurasiatische Art, die nur in wenigen Punkten über den NordOstsee-Kanal nach Norden vordringt, auf den Deichen Pellworms ein zwar schönes, aber sehr lästiges Unkraut. Der Goldhafer, im östlichen Hügelland nur hin und wieder auftretend, ist auf Pellworm ein häufiges Gras. Der Knollige Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus), der sonst das Gebiet des Atlantischen Klimakeils meidet, ist auf den Nordfriesischen Inseln wieder anzutreffen. Besonderer Erwähnung verdient eine südöstliche Art, die Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), die eine besondere Zierde Amrums ist. Der eigenartige Grenzverlauf ihres Verbreitungsgebietes ist nur ausbreitungsgeschichtlich zu erklären. Aus der Karte Abb. 13 geht hervor, daß sie eine Stromtalpflanze ist. An den großen Strömen ist sie nach Norden gewandert, weil sie an ihnen geeignete Siedlungsplätze gefunden hat. Als die südliche Nordsee noch 21
trocken lag, waren der Dünenstreifen bei St. Michaelisdonn in S.-Dithmarschen, der Donn, und auch Amrum am Ufer der Elbe gelegen, konnten also durch sie die Nelke erhalten. Möglicherweise h a t auch ein zweites Nelkengewächs, das Ohrlöffel-Leinkraut (Silene otites), ebenfalls eine südöstliche Art, dieselbe Geschichte. Auf Sylt und A m r u m ist es bis heute beobachtet worden. Auf Föhr, wo NOLTE es 1825 feststellte, hat man es seitdem nicht mehr finden können. Im übrigen Teil Schleswig-Holsteins kommt es urwüchsig nicht vor. Zu den größten Seltenheiten im norddeutschen Flachlande gehört ein kleiner Farn, die Mauerraute (Asplenium ruta-muraria). Sie kommt an den beiden großen Kirchen auf Föhr reichlich vor. Da auf A m r u m und Sylt noch größere Heideflächen von Kulturmaßnahmen verschont geblieben sind — auf Amrum sind neuerdings leider erhebliche Teile aufgeforstet worden —, begegnet man auf diesen Inseln Arten, die selbst auf der schleswig-holsteinischen Geest sehr selten geworden sind, z.B.: Heideseide (Cuscuta epithymum) — Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe) — Wohlverleih (Arnica montana) — Schwarzwurzel (Scorzonera humilis) — Katzenpfötchen (Antennaria dioica).
IV. Der Polyploidenanteil an der Pflanzendecke der Nordfriesischen Inseln1) Auf Grund verschiedener Beobachtungen ist angenommen worden, daß der Anteil der Polyploiden an der Flora eines Gebietes um so größer ist, je „schwieriger" (einseitiger, extremer) die Standortverhältnisse in ihm sind. Wenn diese Annahme auch vielleicht nicht verallgemeinert werden kann (vergl. REESE 1958), so hat sie doch zweifellos f ü r weite Gebiete Mitteleuropas Geltung und t r i f f t offenbar auch f ü r das Gebiet der Nordfriesischen Inseln zu. F ü r unser Gebiet liegt die „Schwierigkeit des Standortes" in Klima und Boden begründet. Daher eben ist der Anteil der polyploiden Arten gegenüber den diploiden außerordentlich hoch (s. Tab. 3). Der Polyploidenanteil f ü r die gesamte Flora der Nordfriesischen Inseln beträgt 64,4 %, f ü r Nordstrand steigt er auf 66,5 %. N u r f ü r wenige Gebiete Schleswig-Holsteins sind ähnlich hohe Werte angegeben (CHRISTIANSEN 1957), u n d zwar n u r in Nordseenähe: Meßtischblatt Tönning 66,84 %, Meßtischblatt Neukirchen (Kr. Südtondern) ') Die Größe der Inseln beträgt (nach Handbuch der Provinz Schleswig-Holstein 1936): Sylt 93,3 qkm, Föhr 77,9 qkm, Nordstrand 46,0 qkm, Pellworm 35,6 qkm, Amrum 20,5 qkm. Die Größe der bewohnten Halligen gibt M. PETERSEN 1957 an mit: Nordmarsch-Langeness 985 ha, Hooge 570 ha, Hamburger Hallig 80 ha, Süderoog 60 ha, Südfall 50 ha, Habel 4 ha, insgesamt 2280 ha. Dazu die unbewohnte Hallig Norderoog mit etwa 50 ha. p = polyploid, d = diploid, dp = die Art umfaßt sowohl diploide als auch polyploide Rassen, ? = Chromosomenzahl unbekannt. Es sind nur die Anteile der diploiden und der polyploiden Arten zueinander in Beziehung gesetzt, die Anteile der Arten, deren chromosomale Verhältnisse unbekannt oder d und p sind, sind nicht berücksichtigt. 22
Tab. 3. Übersicht über die chromosomalen Verhältnisse der urwüchsigen Arten der Nordfriesischen Inseln
Alle Inseln zusammen Sylt Amrum Föhr Pellworm Nordstrand Halligen
P Anzahl
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d Anzahl
•/«
dp Anzahl
Anzahl
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64,4 63,8 63,9 64,7 62,2 66,5 65,7
159 136 114 137 70 55 35
35,6 36,2 36,1 35,3 37,8 33,5 34,3
45 36 40 41 27 23 15
12 12 8 9 3 1 1
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GesamtAnzahl 504 424 364 438 215 188 118
65,74 %. Höhere Werte zeigen die dänischen Nachbarinseln Rom 67,21 %, und Fanö 73 %.
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