Finanzderivate mit MATLAB®: Mathematische Modellierung und numerische Simulation 978-3-528-03204-3, 978-3-322-96842-5

In der Finanzwelt ist der Einsatz von Finanzderivaten zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel zur Absicherung von Risiken g

332 8 24MB

German Pages XII, 302S. [318] Year 2003

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Table of contents :
Front Matter....Pages I-XII
Einleitung....Pages 1-7
Grundlagen....Pages 8-17
Die Binomialmethode....Pages 18-45
Die Black-Scholes-Gleichung....Pages 46-96
Die Monte-Carlo-Methode....Pages 97-148
Numerische Lösung parabolischer Differentialgleichungen....Pages 149-197
Numerische Lösung freier Randwertprobleme....Pages 198-223
Einige weiterführende Themen....Pages 224-275
Eine kleine Einführung in MATLAB....Pages 276-287
Erratum....Pages 305-305
Back Matter....Pages 288-305
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Finanzderivate mit MATLAB®: Mathematische Modellierung und numerische Simulation
 978-3-528-03204-3, 978-3-322-96842-5

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Michael Gunther Ansgar Itingel Finanzderivate mit MATLAB®

Aus dem Programm ______________.. Mathematik

Mathematik fUr Wlrtschaftslnpnleure 1

von N. Henze und G. Last Mathematik fOr Wlrtschaftswl..enschaftler 1 und 2

von F. Pfuff ElnfUhrunc In die anpwandte Wlrtschaftsmathematlk

von J. Tietze Ubunpbuch zur anpwandten Wlrtschaftsmathematlk

von J. Tietze ElnfUhrunc In die Flnanzmathematlk

von J. Tietze Ubunpbuch zur Flnanzmathematlk

von J. Tietze Flnanzmathematlk fUr Elnetelpr

von M. Adelmeyer und E. Warmuth Derivate, Arbltrap und Portfollo-Selectlon

von W. Hausmann, K. Diener und J. Kasler Moderne Methoden der Flnanzmathematlk

von R. und E. Korn Zlnederivate von st. Reitz, W. Schwarz und M. Martin Flnanzderlvate mit MATLAB®

von M. Gunther und A. Jungel Okonometrle

von J.-v. Lobus

vieweg ___________________"

Michael Giinther Ansgar Jiingel

Finanzderivate mitMATLAB® Mathematische ModeUierung und numerische Simulation

II vleweg

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar. Prof. Dr. Michael Gunther Bergische Universitat Wuppertal Fachbereich Mathematik GauBstr.20 42119 Wuppertal [email protected] Prof Dr. Ansgar JUngel Johannes Gutenberg-Universitat Mainz FB Mathematik und Informatik Staudingerweg 9 55099 Mainz [email protected]

1. Auflage Dezember 2003

Aile Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn VerlaglGWV FachverJage GmbH, Wiesbaden 2003

Der Verlag Vieweg ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzullissig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervieif 0, so dass das Portfolio, bestehend aus Cl Anteilen des Bonds und C2 Anteilen der Aktie, denselben Wert wie die Call-Option hat. Zur Zeit t = T gilt also

1 Einleitung

6 Cl .

BT

+ C2 . ST =

C( ST, T),

und der faire Preis p = C(So, 0) lautet

Bo + C2 . So· In unserem Beispiel gilt zur Zeit t = T: p=

"hoch": "niedrig":

Cl .

Cl . Cl

110 + C2 . 120 = 20,

·110 + C2 ·80 = O.

A,

Die Losung dieses Gleichungssystems ist Cl = C2 = セN@ Damit lautet die faire Optionspramie 300 4 1 p = - 11 . 100 + 2 . 100 = 22 セ@ 13.64. Wir haben die Option mit Hilfe von Bonds und Aktien nachgebildet (oder dupliziert). Daher nennt man die obige Vorgehensweise auch Duplikationsstrategie.

D Eine fundamentale Voraussetzung in der Theorie der Finanzmarkte ist die Nichtexistenz eines sofortigen, risikolosen Gewinns bzw. die Nichtexistenz von Arbitrage. Legen wir Geld risikofrei bei einer Bank an, so ist der Gewinn risikofrei, aber nicht sofortig (Zinsen gibt es erst nach einem endlichen Zeitraum). Kaufen wir Optionen, so ist ein sofortiger Gewinn denkbar (etwa bei amerikanischen Optionen, wenn sich der Kurs des Basiswertes unmittelbar nach dem Optionskauf positiv verandert), aber nicht risikofrei. Arbitrage-Freiheit bedeutet, dass es keine dominierenden Anlagen gibt, die einen hoheren Profit als aIle anderen Anlagestrategien ergeben. Anderenfalls wUrden aIle Anleger nur die profitablere Strategie wahlen. Reale Markte sind nicht stets arbitragefrei. Dennoch ist diese Annahme naherungsweise erfUllt und erlaubt weitreichende Schlussfolgerungen bei der Bewertung von Optionen. Ein gut funktionierender Finanzmarkt wird Arbitrage schnell erkennen und deswegen dauerhafte Arbitrage-Moglichkeiten kaum zulassen. Unter der Annahme der Arbitrage-Freiheit haben Black und Scholes gezeigt [17] (siehe auch [116]), dass der Preis einer europaischen Option V(S, t) der folgenden partiellen DifIerentialgleichung genUgt: 8V at

1

+ 20"

2

282V S 8S 2

8V

+ rS 8S

- rV

= 0, 0 < S < 00, 0 < t < T.

(

1.4

)

Hierbei sind 8Vjat und 8Vj8S die ersten partiellen Ableitungen von V(S, t) nach t bzw. S und 8 2Vj8S 2 die zweite partielle Ableitung von V nach S. Mathematisch gesehen handelt es sich urn eine parabolische DifIerentialgleichung (siehe Abschnitt 4.2 fUr eine prazise Definition). Diese sogenannte Black-Scholes-Gleichung werden wir in Kapitel 4 herleiten und losen. Der Parameter r > 0 ist der risikolose Zinssatz und 0" > 0 die Volatilitat. Die Volatilitat ist hierbei ein MaB fUr die GroBe der Schwankungen des Basiswerts. (Beide GraBen definieren wir in Abschnitt 4.2 genauer.) Zur Zeit t = T ist der Wert V(S, t) bekannt; es ist gerade der Erlos

(1.3):

7

V(S, T)

=

(S - K)+ { (K _ S)+

Call Put.

(1.5)

Die Differentialgleichung (1.4) wird also riickwarts in der Zeit gelost: Die Werte V(S, t) zum Zeitpunkt t = T sind bekannt, die Werte V(S,O) (oder allgemeiner: die Werte V(S, t) fiir t < T) sind gesucht. Europaische Optionen konnen nur genau am Verfallstag ausgeiibt werden. Kann man eine Option auch vor dem Verfallstag ausiiben, so haben wir sie amerikanisch genannt. Die formale Definition ist wie folgt.

Definition 1.4 Eine amerikanische Call-Option (bzw. Put-Option) ist ein Vertrag mit den folgenden Bedingungen: Der Kaufer der Option hat das Recht, einen Basiswert zum A usiibungspreis bis spiitestens zum Verfallstag vom Verkaufer der Option zu erwerben (bzw. an den Verkaufer zu verkaufen). Der Wert amerikanischer Call- oder Put-Optionen zum Zeitpunkt t = T ist wie bei europaischen Optionen durch (1.5) gegeben. Da die Ausiibungsmoglichkeiten bei amerikanischen Optionen reichhaltiger als bei europaischen Optionen sind, sollte der Wert amerikanischer Optionen bei gleicher Ausstattung mindestens so hoch wie der einer europaischen Option sein. Amerikanische Optionen sind mathematisch sehr interessant, weil nicht nur deren Wert bestimmt werden muss, sondern auch der bestmogliche Ausiibungszeitpunkt. In diesem Buch stellen wir einige numerische Techniken bereit, mit denen der "faire" Preis europaischer und amerikanischer sowie weiterer Optionen berechnet werden kann. Grob gesprochen konnen wir diese Techniken in die folgenden Klassen einteilen: • Binomialmethoden (Kapitel 3), • Monte-Carlo-Methoden (Kapitel 5), • Verfahren zur Losung parabolischer Differentialgleichungen (Kapitel 6) und freier Randwertprobleme (Kapitel 7).

In Kapitel 2 stellen wir weitere Optionstypen vor, und Kapitel 4 beschaftigt sich mit der Herleitung der Black-Scholes-Gleichung (1.4). Einige weiterfiihrende Themen werden in Kapitel 8 erlautert, und Kapitel 9 enthalt eine Einfiihrung in die Programmierumgebung MATLAB.

8

2

Grundlagen

In der Einleitung haben wir bereits einige Typen von Optionen erwahnt: europaische und amerikanische Plain-vanilla-Optionen. In Abschnitt 2.1 stellen wir weitere Optionstypen vor. AuBerdem leiten wir in Abschnitt 2.2 obere und untere Schranken fur die Optionspreise europaischer und amerikanischer Optionen aus dem No-Arbitrage-Prinzip her.

2.1

Optionstypen

Wir erlautern zuerst einige Begriffe, die in der Finanzwelt gebrauchlich sind. 1st zu einem Zeitpunkt t der Basiswert S deutlich kleiner (groBer) als der Ausubungspreis K, so ist der europaische Call aus dem Geld (im Geld) und der europaische Put im Geld (aus dem Geld). Liegt S in der "Nahe" von K, so heiBt der Call oder Put am Geld. Die entsprechenden englischen Begriffe sind out of the money, in the money und at the money. Unter einem long call (long put) verstehen wir den Kauf einer Call-Option (Put-Option). Den Verkauf einer Call-Option (Put-Option) bezeichnen wir mit shori call (shori put). Call- bzw. Put-Optionen spiegeln die Erwartung wider, dass der Kurs des Basiswerts steigt bzw. £alIt. Mit Optionskombinationen konnen auch andere, komplexe Kurserwartungen modelliert werden. Dazu prasentieren wir einige Beispiele. Beispiel 2.1 (Straddle) Kaufe einen Put und einen Call, jeweils mit Verfallstag T und Ausubungspreis K. Die beiden Optionen bilden ein Portfolio mit dem Wert 7r = P + C. Uns interessiert der Wert des Portfolios zum Verfallstag. Wegen (1.5) ist (siehe Abbildung 2.1 links): 7rT

= PT + CT = (K - ST) + + (ST _ K) + = { ST - K セ@ K-ST

ST > K . ST:::;K.

Der Kauf eines straddles lohnt also, wenn sich der Kurs des Basiswerts signifikant 0 von K unterscheidet, etwa wenn der Kurs deutlich steigt oder fallt. Beispiel 2.2 (Strangle) Kaufe einen Call mit Verfallstag T und Ausubungspreis K2 und kaufe einen Put mit Verfallstag T und Ausubungspreis Kl < K 2. Der Wert des Portfolios 7r = P + C zur Zeit T lautet (siehe Abbildung 2.1 rechts) 7rT

= (Kl - S)+

+ (S -

K2)+'

Kaufer eines strangles erwarten sehr groBe Kursschwankungen. Ein strangle ist preiswerter als ein straddle, da die Gewinnchancen kleiner sind. 0 M. Günther et al., Finanzderivate mit MATLAB ® © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003

9

2.1 Optionstypen 7fT

K

8

K

8

Abbildung 2.1 Auszahlungsdiagramm eines straddles (links) bzw. strangles (rechts).

Beispiel 2.3 (Butterfly spread) Kaufe einen Call C1 mit Ausiibungspreis Kl und einen Put Pt mit Ausiibungspreis K2 sowie verkaufe einen Call C2 und einen Put P2, jeweils mit Ausiibungspreis K. Alle vier Optionen haben den Verfallstag T. Mit den obigen Begriffen konnen wir auch kiirzer formulieren: long call K 1 , long put K 2, short call K, short put K. Der Wert des Portfolios zur Zeit T lautet (siehe Abbildung 2.2): 7fT

= C1 + PI - C2 - P2 = (8 - Kt)+ + (K2 - 8)+ - (8 - K)+ - (K - 8)+.

Verkaufen wir Optionen, gehen deren Werte negativ ins Portfolio ein, da sie eine Verpflichtung darstellen. Der Kaufer eines butterfly spread erwartet stagnierende 0 Kurse urn den Wert K bzw. nur geringe Kursschwankungen.

セ@ (K2

-

K t) --+-_----f セMK@

K

8

Abbildung 2.2 Auszahlungsdiagramm eines butterfly spread fUr K2 > Kl und K = セHkャ@ + K2)'

Optionen, die nicht der Auszahlungsfunktion (1.5) geniigen, heiBen exotische Optionen. Eine exotische Option kann vom europaischen oder amerikanischen Typ sein, je nachdem, ob sie genau am oder auch vor dem Verfallstag ausgeiibt werden kann. Aus der Vielzahl dieser Optionen erwahnen wir nur einige Beispiele (fiir eine groBere Auswahl siehe [119, 167]). Wir konnen exotische Optionen in die folgenden Klassen einteilen: pfadabhiingig oder pfadunabhiingig (d.h., die Auszahlung hangt oder hangt nicht von dem Kurs des Basiswerts vor dem Verfallstag ab) bzw. single-asset oder multi-asset (d.h. eine Option auf einen oder mehrere Basiswerte) .

2 Grundlagen

10 Einige pfadunabhangige Single-asset-Optionen sind:

• Binare Optionen: Diese Option wird wertlos, wenn der Kurs des Basiswerts zum Verfallstag eine festgelegte Schranke K iiber- oder unterschreitet. 1m Gegensatz zu europaischen Optionen ist die Hohe des Auszahlungsbetrags B unabhangig yom Kurs des Basiswerts. Die Auszahlungsfunktion eines binaren Calls lautet: CT =

{Bo :: 88T > K.K T セ@

• Compound-Optionen: Mit dem Kauf einer Compound-Option erwirbt man das Recht, zum Verfallstag eine andere Option mit Verfallstag T' > T zum Ausiibungspreis K zu kaufen bzw. zu verkaufen. Ein Beispiel ist eine Puton-calL-Option mit Auszahlungsfunktion PT = (K - CT)+. • Chooser-Optionen: Bei diesen Optionen kann man zum Verfallstag wahlen, ob man einen europaischen Call Coder einen europruschen Put P mit Verfallstag T' > T erhalten mochte. Diese Optionen haben z.B. die Auszahlungsfunktion VT = max{CT,PT}. Die Preise der vorgestellten pfadunabhangigen Optionen konnen mit Hilfe der Black-Scholes-Theorie explizit berechnet werden (siehe z.B. [101,164]). Einige pfadabhangige Single-asset-Optionen sind die folgenden:

• Bamer-Optionen: Dies ist eine Option, die wertlos (oder wertvoll) wird, wenn der Kurs des Basiswerts eine vorher festgelegte Schranke vor dem Verfallstag iiber- bzw. unterschreitet. Ein Beispiel ist der Down-and-out call; diese Option wird wertlos, wenn der Basiswert innerhalb der Laufzeit der Option eine vorgegebene Schranke B unterschreitet. Die Auszahlungsfunktion lautet: CT = (8 - K)+X{minS2B}, wobei X{minS2B} = 1, wenn min{8t : 0 セ@ t セ@ T} セ@ B, und X{minS2B} = 0, wenn min {8t : 0 セ@ t セ@ T} < B. • Asiatische Optionen: Bei asiatischen Optionen hangt die Auszahlung von einem Durchschnittswert des Basiswerts abo Beim European average rate call beispielsweise ist die Auszahlungsfunktion gegeben durch CT =

Hセ@

loT 8 r dT -

K) +

Asiatische Optionen dieser Bauart schiitzen den Verkaufer der Option vor Manipulationen des Kurses des Basiswertes kurz vor dem Verfallstag, da diese durch die Durchschnittsbildung herausgemittelt werden.

11

2.2 Arbitrage

• Lookback-Optionen: Bei Lookback-Optionen hangt die Auszahlungsfunktion yom Minimum oder Maximum des K urses des Basiswerts, bezogen auf einen Zeitraum [0, T] mit Verfallstag T, abo Ein Beispiel ist der European lookback strike call mit Auszahlungsfunktion

CT

=

(ST - min St)+, oセエt@

der die Moglichkeit realisiert, dass ein Basiswert zum Minimalpreis gekauft werden kann. Lookback-Optionen sind daher relativ teuer. Den vorgestellten Optionen liegt ein einziger Basiswert S zugrunde. Optionen, deren Wert von mehreren Basiswerten Sl ... , Sn abhangt, heiBen Multiasset-Optionen. Beispiele sind Rainbow-Optionen (Beispiel einer Auszahlungsfunktion: V = max{Sl,"" Sn}) oder Basket-Optionen (Beispiel einer Auszahlungsfunktion: V = (2:i CiiSi - K)+). Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!

2.2

Arbitrage

Aus der bloBen Annahme der Arbitrage-Freiheit konnen allerlei Konsequenzen tiber die Hohe der Optionspreise gezogen werden. Genauer gesagt lei ten wir in diesem Abschnitt obere und untere Schranken fUr die Preise europaischer und amerikanischer Optionen her. Dazu betrachten wir einen Finanzmarkt mit den folgenden Voraussetzungen: • Es gibt keine Arbitrage-Moglichkeiten. • Es werden keine Dividendenzahlungen auf den Basiswert geleistet. • Der risikofreie Zinssatz fUr Geldanlagen und Kredite ist derselbe und betragt r > 0 bei kontinuierlicher Verzinsung. • Der Markt ist liquide und Handel ist zu jeder Zeit moglich. Was bedeutet "bei kontinuierlicher Verzinsung"? Wir legen zur Zeit t = 0 den Betrag Ko an. Dieser Betrag werde nach der Zeit Lt mit dem Zinssatz r verzinst und zusammen mit den Zinsen neu angelegt. Nach n Zinszahlungen (bzw. nach der Zeit T = nLt) wird der Betrag

Kn = Ko(l ausgezahlt. 1m Grenzwert n

-7

+ rLt)n = Ko(l + rT jnt

00

erhalten wir die kontinuierliche Verzinsung

12

2 Grundlagen

Umgekehrt mussen wir den Betrag K e- rT jetzt anlegen, urn nach der Zeit T den Betrag K zuruckzuerhalten. Dies nennt man Diskontierung. Betrachte zuerst das folgende Portfolio: Kaufe einen Basiswert S und einen europaischen Put P mit Ausubungspreis K und Verfallstag T und verkaufe einen europaischen Call C mit Ausubungspreis K und Verfallstag T. Das Portfolio, bestehend aus diesen Anlagen, hat den Wert 1f

Der Wert von

1f

= S+P-C.

zur Zeit T ist 1fT = ST + (K - ST) + - (ST - K) + = K.

Wie groB ist der Wert von 1f zur Zeit t? Legen wir zur Zeit t den Betrag K e-r(T-t) risikofrei an, erhalten wir zur Zeit T auch den Betrag K zuruck. Wir behaupten, dass 1ft = Ke-r(T-t). Angenommen, es ware 1ft < K e-r(T-t). Kaufe dann das Portfolio, leihe den Betrag Ke-r(T-t) aus (oder verkaufe entsprechende Bonds) und lege den Betrag Ke-r(T-t) - 1ft > 0 beiseite. Zur Zeit T liefert das Portfolio den Betrag K, den wir der Bank fur den Kredit geben. Dies bedeutet, dass wir zur Zeit t einen sofortigen, risikofreien Gewinn K e-r(T-t) - 1ft > 0 erzielt haben - Widerspruch! Angenommen, es ware 1ft> Ke-r(T-t). Verkaufe das Portfolio (d.h. verkaufe einen Basiswert und einen Put und kaufe einen Call), lege K e-r(T-t) risikofrei bei der Bank an und lege die Differenz 1ft - K e-r(T-t) > 0 beiseite. Erhalte dann zur Zeit T den Betrag K von der Bank zuruck und kaufe damit das Portfolio zum Preis von 1fT = K. Wir haben einen sofortigen, risikofreien Gewinn erzielt Widerspruch! Wir haben bewiesen:

Proposition 2.4 (Put-Call-PariUit) Unter den obigen Vomussetzungen an den Finanzmarkt gilt fur alle 0 セ@ t セ@ T: St

+ Pt -

Ct = K e-r(T-t).

Hierbei sind Pt und Ct Abkurzungen fur P(St, t) und C(St, t). Wir nennen die obige Argumentation Arbitmge-Preistechnik. Mittels dieser Argumentation konnen wir obere und untere Schranken fur europaische und amerikanische Optionen herleiten. Fur die folgenden Resultate set zen wir die obigen FinanzmarktAnnahmen voraus.

Proposition 2.5 Fur europiiische Optionen gelten zur Zeit 0 Schmnken: ( 1) (St - Ke-r(T-t))+ < _ Ct

< _ S t,

セ@

t

セ@

T folgende

13

2.2 Arbitrage

Beweis. (1) Die Schranke C t セ@ 0 ist offensichtlich; anderenfalls ergabe der "Kauf" einer solchen Option einen sofortigen Gewinn, ohne zur Zeit T eine Verpflichtung eingehen zu mussen. Ferner gilt Ct ::; St; anderenfalls verkaufe einen Call und kaufe einen Basiswert. Zur Zeit T muss der Basiswert eventuell verkauft werden. Zur Zeit t gilt nach Annahme C t - St > 0, d.h., wir realisieren einen sofortigen, risikofreien Gewinn - Widerspruch. Wir behaupten nun Ct セ@ St - Ke-r(T-t) flir alle Zeit en t. Angenommen, es gilt das Gegenteil, d.h., es gibt ein t, so dass Ct < St - K e-r(T-t). Betrachte dann das folgende Portfolio zur Zeit t: Verkaufe Basiswert S, kaufe Call C, lege Ke-r(T-t) an. Wir erhalten die Arbitrage-Tabelle 2.1. Der Wert des Portfolios zur Zeit T ist nichtnegativ, und zur Zeit t realisieren wir einen sofortigen Gewinn St - Ct K e-r(T-t) > 0 - Widerspruch. Portfolio

Geldfluss

Portfoliowert zur Zeit t

Portfoliowert zur Zeit T ST ::;K ST >K

Verkaufe St Kaufe Ct Lege Ke-r(T-t) an

St -Ct _Ke-r(T-t)

-St Ct Ke-r(T-t)

Summe

St - C t _Ke-r(T-t)

> 0 +Ke-r(T-t) < 0

-ST 0 K K - ST

Ct - St

セ@

0

-ST ST-K K 0

Tabelle 2.1 Arbitrage-Tabelle fur den Beweis von Proposition 2.5.

(2) Die Schranken flir Put-Optionen folgen aus denen flir Call-Optionen und der Put-Call-Paritat CObungsaufgabe). 0 Bemerkung 2.6 Proposition 2.5 (1) ist auch fur amerikanische Calls giiltig, da die Arbitrage zur Zeit t moglich war. 0 Genauer gilt das folgende Resultat. Proposition 2.7 Fur amerikanische Optionen CA, PA gelten zur Zeit 0 ::; t ::; T folgende Schranken:

(1) CA(St, t) = CE(St, t),

(2) Ke-r(T-t) ::; St

+ PA(St, t) -

CA(St, t) ::; K,

(3) (Ke-r(T-t) - St)+::; PA(St,t)::; K, wobei CE den Wert einer europiiischen Call-Option bedeute.

2 Grundlagen

14

Bemerkung 2.8 Beachte, dass die Relation (1) nur fur Basiswerte gilt, auf die keine Dividende gezahlt wird. Die Beziehung (2) kann als Put-Call-Paritat fur amerikanische Optionen interpretiert werden. 0 Beweis. (1) Angenommen, wir uben die amerikanische Call-Option zur Zeit t < T fruhzeitig aus. Dann erhalten wir den Betrag St-K, wobei St > K (anderenfalls wurden wir die Option nicht ausuben). Aus den Propositionen 2.5 (1) und 2.6 folgt aber, dass fUr den Wert der Option gilt:

Es ist also sinnvoIler, die Option zu verkaufen als auszuuben. Die fruhzeitige Ausubung ist folglich nicht optimal. Ubt man die Option genau zur Zeit Taus, erhalt man die Ausstattung einer europaischen Option. (2) Die grofiere Flexibilitat amerikanischer Put-Optionen impliziert PA 2: PE fUr aIle 0 :S t :S T, wobei PE den Wert einer europaischen Put-Option bezeichne. Aus der Put-Call-Paritat und (1) folgt

fUr 0 :S t :S T, also die untere Schranke in (2). Urn die obere Schranke zu zeigen, benutzen wir wieder ein Arbitrage-Argument. Angenommen, es gibt ein 0 :S t :S T mit St - K > CA(St, t) - PA(St, t). Sei T* :S T der Ausubungszeitpunkt der amerikanischen Put-Option und betrachte die Arbitrage-Tabelle 2.2. Wir haben ein Portfolio konstruiert, das Arbitrage ermoglicht - Widerspruch. Portfolio

Geldfluss

Portfoliowert zur Zeit t

Verkaufe Put Kaufe Call Verkaufe Basiswert Lege K an Summe

PA(t) -CA(t) St -K PA-CA +S-K>O

-PA(t) CA(t) -St K -PA +CA -S+K 1 und ud = 1 voraus und definieren eine Zahl a > 0 durch

u = exp(av!6t). Fur den Grenzwert n セ@ 00 bzw. 6.t des Zentralen Grenzwertsatzes [14, 59].

セ@

0 benotigen wir die folgende Version

Satz 3.13 Sei Yn , n E N, eine Folge B(n,p)-verteilter Zufallsvariablen auf einem Wahrscheinlichkeitsraum. Dann gilt lim P ( n->oo

Yn - np < x) Jnp(1 - p) -

= O.

J:82--=-1 in der Form

CUbungsaufgabe), so erhalt man ein approximatives Binomialverfahren durch Wahl der Parameter d = e-aVZSJ; ,

p=

er6t - d u- d'

Die Eigenschaft d :S er6t :S u ist genau dann erfUllt, wenn Lt :S ((1 /r)2, d.h., der Zeitschritt darf nicht zu groB gewahlt werden. Dieses Binomialverfahren ist beispielsweise in der Financial Toolbox von MATLAB implementiert (siehe Abschnitt 9.2). (3) Eine alternative Binomialmethode erhalten wir durch Lasung der Gleichungen (3.18), (3.19) und p = セN@ Dies liefert (Ubungsaufgabe) d

er6t

u

er6t

p

-

(1 - J ea26t - 1) , (1 + J e 1) , a26t -

1

2

Auch in diesem Fall kannen die Parameter r, (1 und Lt nicht beliebig gewahlt werden, da sonst d < 0 maglich ist. Dies wird verhindert, wenn wir den Zeitschritt Lt klein genug wahlen, namlich Lt :S In 2/(12. (4) Die in dies em Kapitel und in (3) beschriebene Binomialmethode basiert darauf, die Erwartungswerte und die Varianzen des zeitkontinuierlichen Modells und des zeitdiskreten Modells gleichzusetzen und entweder die zusatzliche Gleichung ud = 1 oder p = セ@ vorauszusetzen, urn die Parameter u, d und p zu berechnen. Eine dritte Variante der Binomialmethode erhalt man, indem man nicht nur die Erwartungswerte und die Varianzen gleichsetzt, sondern auch die dritten Momente. Unter einem n-ten Moment verstehen wir den Ausdruck E((Si)n). Dies fUhrt auf die Gleichungen (3.18), (3.19) und

p( USi)3

+ (1 -

p)(dSi )3 = Sfe3r6te3a26t.

37

3.4 Binomialverfahren

Die Lasung lautet (siehe Abschnitt 5.1.4 in [103]):

セ@

J Q2 + 2Q - 3) , @セ er6t ( Q + 1 + J Q2 + 2Q - 3) ,

d u

p

=

er6t ( Q + 1 -

er6t - d u-d '

wobei Q = ea6t . In diesem Fall gilt d > 0 und p > 0 fur alle r, Dieses Binomialmodell ist in [159] verwendet worden.

(J'

und 6t

> O.

(5) In dem FaIle, dass Dividendenzahlungen auf den Basiswert geleistet werden (etwa zur Zeit ti < T), fallt der Kurs aus Arbitragegrunden sprunghaft urn den Ausschuttungsbetrag. Dies kann modelliert werden, indem die Werte von S im Binomialbaum zur Zeit ti entsprechend vermindert werden (siehe

[87]). (6) Die Binomialmethode kann zur Trinomialmethode erweitert werden, indem zu jedem Zeitpunkt ti drei Anderungsmaglichkeiten fUr den Kurs des Basiswertes mit Wahrscheinlichkeiten p, q und r mit p + q + r = 1 zugelassen werden. Fur Details verweisen wir auf Abschnitt 5.2.1 in [103]. (7) In den Arbeiten [5, 26, 107] sind weiterfUhrende Fragestellungen zur Binomialmethode zu finden. 3.4.2

Implementierung in MATLAB

Die Binomialmethode zur Berechnung der Pramie einer europaischen Put-Option auf eine Aktie mit aktuellem Kurs So = 5 implementieren wir nun als MATLABProgramm. Wir wahlen die Parameter K = 6,

r =

0.04,

(J'

= 0.3,

T = 1.

Leserinnen und Lesern, die mit MATLAB keinerlei Erfahrung haben, empfehlen wir zunachst einen Blick in die kleine MATLAB-EinfUhrung in Kapitel 9 am Ende dieses Buches. Eine direkte Implementierung der drei Schritte der Binomialmethode liegt im MATLAB-Programm 3.1 vor. Da in MATLAB aIle Indizes fUr Vektoren und Matrizen bei 1 und nicht bei 0 anfangen, mussen die Schleifen von 1 bis N + 1 anstatt wie im letzten Abschnitt von 0 bis N laufen. Die Matrix Sji wird also durch S(j+l,i+1) beschrieben und Vji durch V(j+l,i+l) mit i,j = 0,1, ... ,N.

3 Die Binomialmethode

38 N

100

200

400

800

1600

Rechenzeit in sec. V(5,0)

0.03

0.2

3.7

33

260

1.093311

1.094808

1.094192

1.094516

1.094355

Tabelle 3.1 Rechenzeiten und Optionspreise fur S = 5 des MATLAB-Programm 3.1 in Abhangigkeit von der Periode N. Die Rechenzeit (bestimmt mit einem Pentium4-Prozessor mit 1 GHz) kann mit Hilfe der Befehle tie und toe in der Form tie; binbaum1; toe bestimmt werden.

MATLAB-Programm 3.1 Das MATLAB-Programm binbaum1.m berechnet den fairen Preis einer europaischen Put-Option gemafi der in Abschnitt 3.4.1 beschriebenen Binomialmethode. MATLAB-Programme sind Dateien mit der Endung" .m"; die enthaltenen Befehle werden sequentiell durch den MATLAB-Interpreter ubersetzt und ausgefuhrt. Kommentare werden durch das Zeichen ,,%" am Zeilenanfang gekennzeichnet. Die formatierte Ausgabe fprintf erlaubt die Ausgabe von Zeichenketten und Variableninhalten (siehe Kapitel 9). 'l. Eingabeparameter K = 6; SO = 5; r = 0.04; sigma

= 0.3;

T

= 1;

N = 100;

'l. Berechnung der Verfahrensparameter dt = TIN; beta = 0.5*(exp(-r*dt) + ・クーᆱイKウゥァュ。セRIJ、エᄏ[@ u = beta + ウアイエH「・。セRMQI[@ d = 1/u;

p

= (exp(r*dt)-d)/(u-d);

'l. 1. Schritt for j = 1:N+1 S(j,N+1) = soJオセHェMQI、nK[@ end 'l. 2. Schritt for j = 1:N+1 V(j,N+1) = max(K-S(j,N+1),0); end 'l. 3. Schritt e = exp(-r*dt); for i = N:-l:l for j = l:i V(j,i) = e*(p*V(j+1,i+1) + (1-p)*V(j,i+1»; end end 'l. Ausgabe fprintf('V('l.f,O)

= 'l.f\n',

SO, V(l,l»

In Tabelle 3.1 sind die Ergebnisse und Rechenzeiten in Abhangigkeit von der = T / N) dargestellt. Periode N (und damit verschiedenen Zeitschrittweiten セエ@ Fur grofiere Perioden dauert die Berechnung des Optionspreises unertraglich lang. Dies liegt an der Implementierung mit for-Schleifen. Da MATLAB Matrizen als

39

3.4 Binomialverfahren

zentrale Datenstruktur verwendet, ist es ratsamer, anstatt der Schleifen moglichst viele Matrixoperationen durch Vektorisierung des Algorithmus zu benutzen. Dies fiihrt zu erheblich ktirzeren Rechenzeiten. 1m folgenden fiihren wir die Vektorisierung fiir aIle drei Schritte des Binomialverfahrens durch. 1. Schritt: Vektorisierung der for-SchleiJe. Sehen wir uns zunachst die erste Schleife in der MATLAB-Implementierung an:

for j = 1:N+1 S(j,N+1) = SO*u-(j-1)*d-(N-j+1); end Diese berechnet in einem Vektor S, genauer in der letzten Spalte einer Matrix der Dimension (N + 1) x (N + 1), die Aktienpreise zum Endzeitpunkt. In Vektorschreibweise lautet diese Vorschrift (mit dem Aktienpreis So zum Zeitpunkt t

= 0) 1. d N

Sl,N+l

·S .-

S3,N+l

dN - 1 u2 . dN - 2 U.

S2,N+l

= So'

Diesen Vektor konnen wir als elementweise Multiplikation von zwei Vektoren mit den Eintragen 1, u, ... , uN bzw. dN , dN - 1 , ... , 1 schreiben oder auch als Produkt zweier Matrizen:

(3.21)

Das Produkt (und damit die erste Schleife unseres Programms) konnen wir in MATLAB wie folgt umsetzen:

S

= SO*(u.-([0:N])'.*d.-([N:-1:0])');

Wie ist diese Zeile zu verstehen? Der Ausdruck [0: N] erzeugt einen Zeilenvektor mit den Eintragen von 0 bis N mit dem Abstand 1. (AIlgemein ergibt [j :h:k] einen Vektor mit den Elementen j,j + h,j + 2h, ... ,j + ih, und j + ih ist die grofite Zahl kleiner als oder gleich k.) Der Transponierungsoperator ,,'" fiihrt diesen Zeilen- in einen Spaltenvektor tiber. Der Punkt vor dem Operator,,-" gibt an, dass dieser elementweise anzuwenden ist. Die Verwendung des Punktoperators" . " nennen wir Vektorisierung. Folglich ergibt u. - ( [0: N] ) , einen Spaltenvektor mit den Elementen (1,u,u 2 , ... ,uN ) = (u j - 1 )j=1, ... ,N+1' Analog erzeugt d. - ( [N : -1 : 0] )' einen Spaltenvektor mit den Eintragen (d N , ... , d, 1) =

40

3 Die Binomialmethode

(d N+1-j)j=l, ... ,N+1' Die eckigen Klammern in u. - ([O:N])' und d. - ([N:-l :0])' konnen ubrigens auch weggelassen werden. Der elementweise Multiplikationsoperator ". *" bildet dann aus diesen beiden Vektoren durch elementweise Multiplikation einen Spaltenvektor mit den Eintragen u j - 1 . dN +1-j, j = 1, ... , N + 1. 2. Schritt: Vektorisierung von Operatoren. Die Schleife

for j = l:N+l V(j,N+l) = max(K-S(j,N+l) ,0); end des zweiten Schrittes zur Berechnung des Optionswertes zum Verfallszeitpunkt lautet in Vektorschreibweise

V1,N+1 V2,N+1 Va,N+l

·V .-

max(K - Sl,N+1,O) max(K - S2,N+1, 0) max(K - S3,N+1,0) max(K - SN+1,N+1, 0)

Dieser Schritt lasst sich sofort als Matrixoperation (genauer: als Vektoroperation) schreiben:

v = max(K-S,O); Hierbei ist das Maximum zweier Matrizen A als die Matrix

= (aijkj=l, ... ,n und B =

(bijkj=l, ... ,n

max(A, B) := (max(aij, bij))i,j=l, ... ,n

definiert. 1st bei Matrixoperationen einer der Komponenten ein Skalar s, so wird dieser zu einer Matrix mit den konstanten Eintragen s erganzt, d.h., fur eine Matrix A = (aij )ij und einen Skalar s gilt etwa A + s := (aij + s )ij sowie max(A, s) := (max(aij, S))ij.

3. Schritt: Vektorisierung mittels des Indexoperators. Auch der dritte Schritt unserer MATLAB-Implementierung

e = exp(-r*dt); for i = N:-l:l for j = l:i VCj,i) end end

e*Cp*VCj+l,i+l) + (l-p)*V(j,i+l));

41

3.4 Binomialverfahren

kann stark vereinfacht werden. Zunachst konnen wir den gemeinsamen Faktor e bei der Berechnung von V(j , i) aus der Schleife herausziehen und als Faktor am Ende berucksichtigen. AuBerdem konnen wir die AbkUrzung q = 1- p einfUhren, urn die Subtraktionen in der Schleife einzusparen. In der i-ten Schleife wird somit eine Vektoraddition von zwei Spaltenvektoren der Dimension i durchgefUhrt: VI,i

V2,i+1

V2,i

V3,i+1

Vi セL@

=p.

VI,i+1

+q.

Vi+I,i+1

V2,i+1

i

= N, ... , 1.

(3.22)

Vi,i+1

Da wir nur an dem Wert VI, I , dem fairen Optionspreis zum Zeitpunkt t = 0, interessiert sind, konnen wir diese Schleife in MATLAB implementieren als q = 1-p;

for i = N:-1:1 V = p*V(2:i+1) + q*V(1:i); end V = V*exp(-r*T); Hierbei haben wir den Indexoperator ,,:" verwendet, urn auf einfache Weise Untermatrizen (hier: Untervektoren als Spezialfall) zu bilden. So bezeichnet V(2: i+1) denjenigen Vektor, der die Komponenten Nummer 2,3, ... , i + 1 von V enthalt: V(2:i+i) = (

セ@

).

Vi +1

Der Vektor V auf der linken Seite der Zuweisung V = p*V(2: i+i) + q*V(1: i) ist also ein Vektor mit i Elementen. Entsprechend der Gleichung (3.22) wird der Vektor V bei jedem Durchlaufen der Schleife urn eine Dimension verjungt; am Ende liegt er nur noch als Skalar vor, der die Approximation VI,1 fUr den fairen Preis enthalt. Dieser zweite Ansatz zur Berechnung einer Approximation des fairen Optionspreises mittels der Binomialmethode ist im MATLAB-Programm 3.2 implementiert. Man beachte, dass wir durch Vektorisierung und geschickte Speicherung ganz ohne die Verwendung von Matrizen ausgekommen sind! Tabelle 3.2 gibt die Werte von V(5, 0) fUr verschiedene Perioden N bzw. verschiedene Zeitschrittweiten 6t = T / N an, die mit binbaum2. m fUr den gewahlten Parametersatz K = 6, r = 0.04, a = 0.3 und T = 1 gewonnen wurden. Aus Satz 3.14 wissen wir, dass die Optionspramie aus der Binomialmethode gegen den mit der Black-Scholes-Formel (3.13) berechneten Preis konvergiert. Wir sehen, dass die Binomialmethode erst fUr recht groBe N "genaue" Resultate liefert. Fur

3 Die Binomialmethode

42

kleine N wachst die Rechenzeit linear mit N, fur groBere Werte von N dagegen quadratisch; dies liegt an dem uberlinearen Anteil von O(N2) Gleitpunktoperationen im dritten Schritt. Die Implementierung ist also recht langsam: Bereits fUr N = 10000 werden mehrere Sekunden Rechenzeit (mit einem Pentium-4Prozessor mit 1 GHz) benotigt. Allerdings ist diese Implementierung wesentlich schneller als die MATLAB-Implementierung binbaum1.m, die schon fur N = 1600 mehrere Minuten Rechenzeit benotigt, im Gegensatz zu deutlich weniger als einer Sekunde bei binbaum2. m. Dagegen kann der exakte Wert, gegeben durch die Black-Scholes-Formel in Satz 3.14, in wenigen Millisekunden berechnet werden. Die Binomialmethode hat allerdings den Vorteil, dass sie leicht zu implementieren ist und amerikanische Optionen einfach berechnet werden konnen. N

10

100

1000

10000

Rechenzeit in sec. V(5,0) relativer Fehler

< 0.01

0.01 1.093311 9.5.10- 4

0.05 1.094480 1.2.10-4

5.1 1.094365 1.1.10- 5

1.085019 8.5.10- 3

Tabelle 3.2 Rechenzeiten, Optionspreise und relativer Fehler im Vergleich zum BlackScholes-Preis VBS = 1.094353 des MATLAB-Programms binbaum2.m in Abhangigkeit von der Periode N.

MATLAB-Programm 3.2 Das vektorisierte MATLAB-Programm binbaum2.m berechnet den fairen Preis einer europaischen Put-Option mit der Binomialmethode. Das Programm wird mit binbaum2(S ,K,r, sigma, T ,N) aufgerufen. function V = binbaum2(SO,K,r,sigma,T,N)

%Berechnung der Verfahrensparameter dt = TIN; beta = O.5*(exp(-r*dt) + u = beta + ウアイエH「・。セRMャI[@ d = l/u; P = (exp(r*dt)-d)/(u-d); ・クーᆱイKウゥァュ。セRIJ、エᄏ[@

% 1. Schritt S =

soJHオNセZnIG、MャP[@

%2. Schritt V = max(K-S,O);

%3. Schritt

q = l-p; for i = N:-l:l V = p*V(2:i+l)+q*V(1:i); end

%Ergebnis V = exp(-r*T)*V;

43

3.4 Binomialverfahren

Bemerkung 3.16 Eine alternative Methode zur Berechnung des exakten Werts einer europaischen Option ist die Verwendung der diskreten Black-Scholes-Formel (3.5). Verschiedene MATLAB-Implementierungen hierzu werden in [83] diskutiert. Es ist moglich, den Rechenaufwand von O(N 2 ) Operationen (fUr das MATLABProgramm 3.2) auf O(N) Operationen zu reduzieren セ@ damit kommt man den Rechenzeiten bei der Auswertung der zeitkontinuierlichen Black-Scholes-Formel aus Satz 3.14 schon sehr nahe. 0

Ubungsaufgaben 1. Seien X und Y zwei unabhangige ZufaIlsvariable, deren Erwartungswerte existieren. Zeigen Sie, dass gilt: E(XY) = E(X)E(Y).

2. Sei X : 0 Sie:

--+

IR eine ZufaIlsvariable mit stetiger Dichtefunktion

f.

Zeigen

(a) Fur aIle endlichen Vereinigungen von Intervallen A gilt:

P(X

E

A) =

(b) Fur aIle x E IR gilt: P(X = x) =

i

f(x)dx.

o.

3. Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz der B(n, q)-verteilten ZufaIlsvariable X aus Beispiel 3.9 (2). 4. Eine Zufallsvariable X : 0 --+ No heiBt poisson-verteilt mit Parameter)' > 0, wenn P(X = k) = ・セaINォ@ / k!. Zeigen Sie, dass der Erwartungswert und die Varianz E(X) = ). bzw. Var(X) = ). lauten. 5. Sei Xj eine Folge von B(n,pj)-verteilten ZufaIlsvariablen, so dass jPj --+ ). > 0 fur j --+ 00. Beweisen Sie, dass X = ャゥュェセッ@ Xj Poisson-verteilt mit Parameter)' ist. 6. Sei X eine A(/L, a 2 )-verteilte (d.h. lognormalverteilte) ZufaIlsvariable. Zeigen Sie:

7. Zeigen Sie: (a) Wenn X A(/L, a 2 )-verteilt ist, dann ist In X N(/L, a 2 )-verteilt. (b) Ist umgekehrt Y N(/L, a 2 )-verteilt, dann ist eY A(/L, a 2 )-verteilt.

3 Die Binomialmethode

44

8. Beweisen Sie, dass die Ableitung des Wiener-Prozesses W t im folgenden Sinne mit Wahrscheinlichkeit Null in einem endlichen Intervall enthalten ist:

wobei a, bE R 9. Betrachten Sie ein binomiales Baummodell fUr den Aktienpreis Sn, wobei n E {O, 1,2, 3}. Sei So = 100, und der Aktienkurs falle oder steige zu jedem Handelszeitpunkt urn 10%. Der risikofreie Zinssatz betrage 5%. Ziel ist die Bewertung einer europaischen Put-Option mit Ausiibungspreis K = 110 und Verfallszeit T = 3. (a) Bestimmen Sie die risikoneutrale Wahrscheinlichkeit p. (b) Bestimmen Sie den Preis Po der europaischen Put-Option. (c) Geben Sie das duplizierende Portfolio an. 10. Betrachten Sie das alternative Binomialmodell aus Bemerkung 3.15 (3), d.h., der Erwartungswert und die Varianz von diskretem und kontinuierlichem Modell seien gleich und als dritte Bedingung sei p = 1/2 gefordert. Leiten Sie die Faktoren

d = e r6t (1 -

J e a26t -

1)

und

u = e r6t

(1

+ J e a26t -

1)

her. Zeigen Sie, dass die Arbitrage-Freiheit stets gewahrleistet ist. 11. Zeigen Sie, dass u mit (3

= セH・MイVエ@

=

(3 +

J (32 -

1,

+ e(r+a2 )6t)

p=

e r6t - d

u-d

eine Lasung ist des nichtlinearen Systems

pu+(l-p)d, ud

pu 2 + (1- p)d2 , 1.

12. Zeigen Sie die folgende asymptotische Entwicklung fUr u = (3 wobei (3 = セH・MイVエ@ + e(r+a2 )6t):

+

J (32 -

1,

13. Schreiben Sie eine MATLAB-Funktion, die zu einem gegebenen Vektor den Mittelwert und die Standardabweichung zuriickgibt.

45

3.4 Binomialverfahren

14. Implementieren Sie in MATLAB die in Bemerkung 3.15 (3) vorgestellte alternative Binomialmethode. Bewerten Sie numerisch die folgenden Derivate: (a) Eine europaische Put-Option mit K = 100, So = 103, r = 0.04,

(J'

= 0.3,

(J'

= 0.2,

T=l.

(b) Eine europaische Call-Option mit K = 100, So = 95, r = 0.1, T=l.

(c) Bestimmen Sie in beiden Fallen die Anzahl der Zeitschritte, fur die der relative Fehler (in Vergleich zum Black-Scholes-Preis) weniger als 0.01% betragt. 15. Implementieren Sie in MATLAB die in Bemerkung 3.15 (4) vorgestellte Binomialmethode und vergleichen Sie die numerischen Ergebnisse fur verschiedene Werte von 6t mit den anderen beiden Varianten der Binomialmethode. 16. Modifizieren Sie das in Abschnitt 3.4.2 vorgestellte MATLAB-Programm binbauml . m so, dass auch amerikanische Put-Optionen bewertet werden konnen. Fuhren Sie auch hierfUr eine Beschleunigung der Rechenzeiten durch Vektorisierung des Algorithmus herbei. 17. Modifizieren Sie das MATLAB-Programm binbaum2.m so, dass europaische Optionen mit beliebigen Auszahlungsfunktionen simuliert werden konnen. Die Auszahlungsfunktion sei als Unterprogramm der Form

function y = payoff(S) y = ... definiert und liefere die entsprechende Auszahlung fiir den Aktienpreis S. 18.lmplementieren Sie in MATLAB die in Bemerkung 3.16 erwahnte Approximation der Black-Scholes-Formel fUr europaische Optionen iiber eine Binomialentwicklung und vergleichen Sie fur verschiedene N die numerischen Ergebnisse mit den verschiedenen Varianten der Binomialmethode. 1st dieser Ansatz prinzipiell auch auf amerikanische Optionen iibertragbar?

46

4

Die Black-Scholes-Gleichung

In diesem Kapitelleiten wir die Black-Scholes-Gleichung her. DafUr benotigen wir den Begriff der stochastischen Differentialgleichung von Ito, den wir in Abschnitt 4.1 einfuhren. Abschnitt 4.2 befasst sich dann mit der Herleitung der BlackScholes-Gleichung und deren Losung, den sogenannten Black-Scholes-Formeln. Auf die effiziente numerische Auswertung dieser Formeln gehen wir in Abschnitt 4.3 ein. In Abschnitt 4.4 definieren wir dynamische Kennzahlen und erortern, wie die Volatilitiit bestimmt werden kann. Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung stellen wir schliefilich in Abschnitt 4.5 vor.

4.1

Stochastische Differentialgleichungen von Ito

Bevor wir die Definition einer stochastischen Differentialgleichung angeben konnen, benotigen wir die Definition eines Integrals bezuglich der Brownschen Bewegung von der Form

lot Xs(w)dWs(w).

(4.1)

Als erste Idee konnte man eine Definition der Art

fat Xs(w)dWs(w)

=

fat xs(w) d:::s (w)ds

versuchen und das Integral auf der rechten Seite als ein Riemann- oder LebesgueIntegral auffassen. Man kann allerdings beweisen, dass fur (fast aIle) wEn die Abbildung t f-t Wt(w) nirgends differenzierbar ist (siehe Satz 10.28 in [139]). Schlimmer noch: Die Abbildungen t f-t Wt(w) haben (fUr fast aIle w) auf dem Intervall t E [0,1] eine unendliche Variation (siehe Seite 326 in [139]), d.h. 2n

lim" L !Wk/2n(W) - W(k_l)/2n(W)!-t 00.

n----+OCJ

k=l

Das Integral (4.1) wird daher anders definiert, und zwar als Fortsetzung von Integralen mit einfachen Integranden. Genauer gesagt wird das Integral zuerst fur sogenannte einfache stochastische Prozesse definiert (das sind Prozesse X t , die stiickweise konstant bezuglich t sind). Dies definiert ein Funktional auf der Menge aller einfachen stochastischen Prozesse. Das Integral fUr allgemeine stochastische Prozesse wird dann erkliirt als Fortsetzung dieses Funktionals. Anstelle einer genauen Definition, fUr die allerlei technische Hilfsmittel benotigt werden, definieren wir das Integral mittels der folgenden einfachen Formel. M. Günther et al., Finanzderivate mit MATLAB ® © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003

47

4.1 Stochastische Differentialgleichungen von Ito

Definition 4.1 Das ItO-Integral mit Integrator W t ist gegeben durch

wobei X8 ein stochastischer Prozess und 0 = to < tl < ... < tn = t Pariitionen von [O,tJ mit max{lti+l - til: i = 0, ... ,n -I} - t 0 (n - t 00) seien.

Eine genaue Definition des ItO-Integrals, das wieder ein stochastischer Prozess ist, ist aufwandig, da insbesondere die Regularitat des stochastischen Prozesses X t prazisiert werden muss (die Stetigkeit von t セ@ X t gentigt nicht). Wir verweisen auf §§3.1-3.2 in [96J und §3.1 in [122J. Auch im folgenden arbeiten wir mit den stochastischen Objekten lediglich formal, d.h., wir prazisieren die notwendigen Voraussetzungen (Messbarkeit der Zufallsvariablen etc.) nicht. Hierftir verweisen wir auf die Literatur, z.B. [101, 122, 130, 132J.

Bemerkung 4.2 Ubrigens ist auch durch

ein Integral definiert; man nennt es das Stratonovich-Integral. Ftir manche Anwendungen ist dieser Integralbegriff angemessener (siehe Bemerkung 4.9). 0

Beispiel 4.3 Ais Illustration des ItO-Integrals berechnen wir

Ware die Abbildung t

セ@

W t differenzierbar, konnte man wegen Wo = 0

I

t

o

WsdWs

=

lt 0

d W2 -d _ 8 ds s 2

1 = -W? 2

schreiben. Dies ist jedoch falsch. Dazu rechnen wir

Aus Satz 3.11 von Wiener folgt, dass E[{Wtk+l - Wtk )2J = erhalten wir aus

tk+1 - tk'

Damit

48

4 Die Black-Scholes-Gleichung

セ@ セ@

W tk (Wtk+l - Wtk )

1

2

= "2 W t

-"2Qセ@ セ@

k=O

im Grenzwert n

セ@

2

(Wtk+l - W tk )

k=O 00

(4.2) 1m Vergleich zur naiven Herangehensweise erhalten wir einen Korrekturterm -t/2. 0 Wir kommen nun zur Definition einer speziellen stochastischen Differentialgleichung. Definition 4.4 Eine stochastische Differentialgleichung von Ito ist gegeben durch (4.3) wobei X t ein stochastischer Prozess, W t der Wiener- Prozess und a und b geeignete (d.h. hinreichend reguliire) Funktionen seien. Die Gleichung (4.3) ist die symbolische Schreibweise fur die Integralgleichung Xt=X o + fata(Xs,S)dS+ fat b(Xs, s)dWs.

(4.4)

Erfullt ein stochastischer Prozess die Gleichung (4.4), so heif1t er It6-Prozess. Der Term a(Xs, s)ds in (4.3) wird Driftterm genannt, b(Xs, s)dWs heif1t Diffusionsterm.

Wir diskutieren hier nicht die Lasbarkeit stochastischer Differentialgleichungen, d.h. unter welch en Bedingungen Lasungen existieren, wie diese Lasungen definiert und ob sie eindeutig sind, sondern verweisen auf die Literatur [7, 122, 143]. Beispiel 4.5 (1) Seien a = 0 und b = 1 in (4.3). Dann folgt Xt

= Xo + fat dWs = Xo + W t - Wo = Xo + Wt,

d.h., ein Wiener-Prozessist ein spezieller ItO- Prozess. (2) Seien a(X, t) = r X mit r E lR und b(X, t) = O. Dann ist die Gleichung Xt

= Xo + r fat Xsds

oder

dXt

= r Xtdt,

(4.5)

also dX / dt = r X mit X (0) = Xo zu lOsen. Dies ist eine gewahnliche Differentialgleichung mit der eindeutigen Lasung X(t) = Xoe Tt ,

t セ@

O.

Wir kannen (4.5) als (stochastische) Differentialgleichung flir einen Bond X t mit risikofreier Zinsrate r interpretieren. 0

49

4.1 Stochastische Differentialgleichungen von Ito

Fundamental fUr die Herleitung der Black-Scholes-Gleichung ist das Lemma von Ito. Dieses zeigt, dass fUr einen It6-Prozess X t und eine reguHire Funktion f auch f(X t , t) ein Ito-Prozess ist. Lemma 4.6 (Ito) Seien X t ein Ito-Prozess und f E cRHセ@ X [0,00)). Dann ist der stochastische Prozess ft = f(X t , t) ein Ito-Prozess (4.4), und es gilt: (4.6)

Beweisskizze. Aus (3.7) folgt

1m "Grenzwert" 6t

セ@

dt konnen wir formal schreiben dW 2 = dt.

(4.7)

Wir geben nun einen formalen Beweis von Lemma 4.6, basierend auf der Charakterisierung (4.7) und unter Vernachlassigung von Termen hoherer Ordnung, d.h., wir approximieren bis zur Ordnung dt und vernachHissigen Terme der Ordnung dt 3 / 2 und dt 2. (Der vollstandige Beweis von Lemma 4.6 ist in [7, 101, 122J zu finden.) Wir entwickeln f mit der Taylor-Formel:

f(X t+6t, t

+ 6t) -

of

f(X t , t)

of

at (Xt, t)6t + OX (Xt, t)(Xt+6t - Xt)

l&f

1 [Pf 2 + 2 ot 2 (Xt, t)(6t)

&f

+ 2 ox2 (Xt, t)(Xt+6t - X t)2 + oxot (Xt, t)6t(Xt+6t - Xt) + O((6t)2) + O((6t)(Xt+6t - X t )2) + O((Xt+6t - X t )3), wobei F(6t) = O(G(6t)) bedeutet, dass IF(6t)/G(6t)1 :::; const. flir 6t セ@ 0 ist. Wir schreiben 6X = Xt+6t - X t und 6f = f(Xt+6t, t + 6t) - f(X t , t). Ersetzen wir 6f, 6x und 6t durch df, dX und dt, so erhalten wir

Da X t ein It6-Prozess ist, gilt

Aus (4.7) folgt

4 Die Black-Scholes-Gleichung

50

Setzen wir diesen Ausdruck in (4.8) ein, erhalten wir df

Vernachlassigen wir die Ausdriicke der GraBenordnung O(dt 3 / 2 ) (oder verwenden die formalen Rechenregeln dtdW = 0 und dtdt = 0), erhalten wir (4.6). D Beispiel 4.7 Wir berechnen noch einmal das Integral

mit Hilfe der ItO-Formel. Mit f(x) = x 2 , a = 0 und b = 1 folgt aus Lemma 4.6 von Ito oder in Integralform W?

= W5 +

It

ds

+ 21t Ws dWs'

Wegen Wo = 0 folgt die Formel (4.2).

D

Beispiel 4.8 Die exakte Lasung der stochastischen Differentialgleichung

ist gegeben durch die geometrische Brownsche Bewegung (siehe (3.9))

(4.9) denn das Lemma von Ito, angewandt auf die Funktion

mit yt = W t und a = 0, b = 1, ergibt dXt

(p, - セ。RI@

Xtdt

p,Xtdt

+ a XtdWt

und damit die Behauptung.

+ セ。R@

Xtdt

+

a

XtdWt

D

51

4.2 Black-Scholes-Formeln

Bemerkung 4.9 Das Stratonovich-Integral aus Bemerkung 4.2 hat den Vorteil, dass die Kettenregel wie im deterministischen Fall gilt. Sei dazu X t eine Losung der stochastischen Differentialgleichung von Stratonovich:

definiert durch die Integraldarstellung

1st f(x, t) eine regulare Funktion, so lOst ft = f(X t , t) die stochastische Differentialgleichung von Stratonovich (siehe Abschnitt 4.9 in [98])

die man formal erhalt, wenn man

df = of dt + of dX

ax

at

schreibt und die Differentialgleichung fUr X t einsetzt. Fur Finanzanwendungen wird jedoch eher das ItO-Integral verwendet, da zu Beginn des Zeitraums [tk' tk+11 der Aktienkurs nur zur Zeit tk und nicht zu zukunftigen Zeiten bekannt ist. Mathematisch wird dies dadurch ausgedruckt, dass die Funktion Xs in der Definition des Integrals im Intervall [tk' tk+11 durch den linken Intervallpunkt tk approximiert wird (und nicht durch den Mittelwert セHエォ@ + tk+1)). 0

4.2

Black-Scholes-Formeln

Mit den Vorbereitungen aus dem vorigen Abschnitt konnen wir die formale Herleitung der Black-Scholes-Gleichung skizzieren. Sei der Kurs eines Basiswerts durch eine Zufallsvariable St, t 2: 0, beschrieben, sei W t der Wiener-Prozess und V = V(St, t) der Wert einer Option. Unsere Hauptvoraussetzung ist, dass St durch eine geometrische Brownsche Bewegung beschrieben wird, d.h. (siehe (3.8) oder (4.9))

In St = In So + (J.L -

セPBRI@

t + O"Wt

mit gegebenem Drift J.L E IR und gegebener Volatilitat Gleichung schreiben konnen als

0"

2: O. Da wir die obige

52

4 Die Black-Scholes-Gleichung d(ln St) = (IL -

セHjR@

) dt

+ (JdWt ,

ist InSt ein Ito-Prozess. Aus dem Lemma 4.6 von Ito fUr f(x) = exp(x), a = IL - (J2/2 und b = (J folgt dann wegen

of AX (In St) =

o2f

ox2 (In St) =

St,

St

die stochastische Differentialgleichung

d( exp(ln St)) = (IL -

dSt

セHjR@

) Stdt +

セHjR@

Stdt + (J StdWt

ILStdt + (J StdWt oder

dSt St = ILdt + (JdWt·

(4.10)

Beachte, dass eine naive Herangehensweise die Formel

dSt

d( exp(ln St)) (IL -

セHjRI@

= exp(ln St)d(ln St) = Std(ln St)

Stdt + (JStdWt

nahelegen wurde. Der hier gemachte Fehler wird durch das Lemma von Ito korrigiert. Die Gleichung (4.10) kann heuristisch folgendermaBen interpretiert werden. Sei S der Kurs des Basiswerts zur Zeit t und S + dS der Kurs zur Zeit t + dt. Die relative Anderung des Kurses dS/ S ist durch einen deterministischen Anteil IL dt und durch einen zufalligen Anteil (J dW gegeben. Der Term dW modelliert die Zufalligkeit der Kurswerte. Wir nehmen an, dass die zufalligen Schwankungen durch die Brownsche Bewegung W modelliert werden konnen. 4.2.1

Modellvoraussetzungen

Wir machen folgende vereinfachende Modellannahmen an den Finanzmarkt: • Der Kurs des Basiswerts St genugt der stochastischen Differentialgleichung

(4.11) mit konstanten Parametern IL E IR und (J

セ@

O.

• Fur Geldeinlagen und Kredite wird derselbe und gegebene konstante risikolose Zinssatz r セ@ 0 verwendet. Der entsprechende Bond erfUllt die Gleichung (4.12)

4.2 Black-Scholes-Formeln

53

• Es werden keine Dividendenzahlungen auf den Basiswert geleistet. • Der Markt ist arbitragefrei, liquide und friktionslos (d.h., es gibt keine Transaktionskosten, Steuern, Geld-Brief-Spannen usw.). • Der Basiswert kann kontinuierlich (d.h. nicht nur zu diskreten Zeitpunkten) gehandelt werden und ist beliebig teilbar (d.h., auch Bruchteile konnen gehandelt werden). Leerverkaufe (short selling) sind erlaubt (d.h., wir durfen verkaufen, was wir zum Zeitpunkt des Verkaufs (noch) nicht besitzen). • AIle betrachteten stochastischen Prozesse sind stetig (die Modellierung eines Borsencrashs ist somit nicht moglich). Sei V(St, t) der Wert einer Option zum Zeitpunkt t. Wir betrachten das folgende Portfolio, bestehend aus Cl (t) Anteilen eines Bonds, C2 (t) Anteilen des Basiswertes und einer verkauften Option (vgl. Abschnitt 3.1): yt

= Cl (t)Bt + C2(t)St - V(St, t).

Aus dem Erlos des Optionsverkaufs konnen ggf. die Bond- und Basiswertanteile finanziert werden (daher das Minuszeichen vor V (St, t) ). Wir benotigen nun die folgende Definition.

Definition 4.10 Wir nennen ein Portfolio n

yt =

L Ci(t)Si(t) =: c(t) . S(t), i=l

bestehend aus den Anlagen Si (Bonds, Aktien, Optionen) mit Anteilen Ci, selbstfinanzierend, wenn Umschichtungen im Portfolio auschlieftlich aus Kaufen oder Verkaufen von Portfoliowerten finanziert werden, d.h., wenn zu jeder Zeit t gilt

= c(t) . S(t) = c(t - l::,t) . S(t) fUr alle hinreichend kleinen l::,t > O. yt

Wir behaupten, dass fUr die Anderung eines selbstfinanzierenden Portfolios n

dyt =

L

Ci (t)dS i (t)

=: c(t) . dSt

(4.13)

i=l

folgt. Schreiben wir namlich l::,X(t) = X t+6t - X t , so ergibt die obige Definition 4.10 fUr ein selbstfinanzierendes Portfolio

l::,Y(t) =

yt+6t - yt c(t)S(t + l::,t) - c(t)S(t) c(t) . l::,S(t) ,

und im "Grenzwert" l::,t ---t dt erhalten wir dyt = c(t) . dSt , also (4.13). Unser Portfolio yt erfulle die beiden folgenden Voraussetzungen.

54

4 Die Black-Scholes-Gleichung

Annahme 1: Das Portfolio yt ist risikolos, d.h., es unterliegt keinen zufalligen Schwankungen. Ein risikoloses Portfolio kann wegen der Arbitrage-Freiheit des Marktes nur so viel erwirtschaften wie eine risikolose Anlage; die Portfolio-Anderung lautet daher dyt = rytdt. (4.14) Annahme 2: Das Portfolio yt ist selbstfinanzierend. Nach (4.13) gilt also (4.15)

4.2.2

Herleitung der Black-Scholes-Gleichung

Mit diesen Vorbereitungen konnen wir die Black-Scholes-Gleichung herleiten. Nach dem Lemma 4.6 von Ito erfUllt V die stochastische Differentialgleichung (4.16) Setzen wir die stochastischen Differentialgleichungen (4.11), (4.12) und (4.16) fur S, B bzw. V in (4.15) ein, erhalten wir (4.17)

Die Annahme 1 eines Portfolios ohne zufallige Schwankungen fiihrt auf die Forderung

C2{t) =

av as (St, t),

denn mit dieser Wahl verschwindet der Koeffizient vor dW. Setzen wir (4.17) und (4.14) gleich, so folgt wegen der Wahl von C2:

=

Setzen wir die Koeffizienten gleich, ergibt sich fUr die Funktion V(S, t): (4.18) Dies ist die Black-Scholes-Gleichung.

55

4.2 Black-Scholes-Formeln Es ist ublich, die partiellen Ableitungen als Indizes zu schreiben:

8V

Vi = Bt'

8V Vs = 8S'

Vss

=

82 V 8S 2 '

Die Ableitung Vi = 8V/at sollte nicht mit dem Wert Vi = V(t) eines stochastischen Prozesses verwechselt werden. Wir bezeichnen mit V(S, t) eine deterministische Funktion und mit V(St, t) eine Zufallsvariable. Die Black-Scholes-Gleichung ist eine parabolische Differentialgleichung. Allgemein heiBt eine Differentialgleichung in den Variablen (x, t)

aUtt

+ 2bu x t + CU xx + dUt + eu x + fu = 9

mit von x und t abhangigen Funktionen a, b, c, d, e, fund 9 parabolisch genau dann, wenn die Gleichung b(x, t)2 - a(x, t)c(x, t) = 0 fur aIle x, t erflillt ist. Fur die Gleichung (4.18) gilt a = 0 und b = 0; folglich ist sie parabolisch. Parabolische Differentialgleichungen haben die Eigenschaft, dass sie die Lasung regularisieren, d.h., die Lasung u(x, t) ist regular flir t < T, auch wenn der Endwert u(x, T) nicht regular ist. Dies ist von Bedeutung, weil der Wert einer Plain-vanilla-Option zur Zeit t = T nicht differenzierbar ist.

Bemerkung 4.11 (1) In der obigen Herleitung der Black-Scholes-Gleichung konnte der Driftterm C2/1S dt durch die Wahl von C2 vollstandig eliminiert werden. Damit hangt das Black-Scholes-Modell nicht von der Driftrate /1 abo Dies ist sehr vorteilhaft, da die Bestimmung des Parameters /1 nicht einfach ist. Allerdings enthalt (4.18) noch die Volatilitat (7, die nur aus Marktdaten bestimmt werden kann (siehe Abschnitt 4.4). Der verbleibende Parameter, die Zinsrate r, ist dagegen relativ einfach zu erhalten. (2) Die Bond- und Basiswertanteile flir ein Portfolio mit yt dem obigen Beweis:

= 0 lauten gemaB

In Proposition 4.18 zeigen wir, dass der Preis V einer europaischen Call-Option eine strikt konvexe Funktion in S ist. Fur wert lose Basiswerte S = 0 ist auch die entsprechende Call-Option wertlos: V(O, t) = 0 (siehe (4.20)). Dann folgt flir beliebiges S aus der Taylor-Approximation (mit einem Zwischenwert セ@ E

[0, SJ) 0= V(O, t)

V(S, t) - Vs(S, t)S

+ 21 vウHセL@

t)S

2

> V(S, t) - Vs(S, t)S, d.h., der Bondanteil

Cl (t)

ist in dieser Situation negativ.

o

4 Die Black-Scholes-Gleichung

56

Jedes Derivat, des sen Preis nur vom gegenwartigen Kurs S und von der Zeit = 0 bezahlt werden muss, erfUllt unter den obigen Voraussetzungen die Black-Scholes-Gleichung (4.18) oder eine ihrer Varianten. Insbesondere gilt sie fur europaische Optionen. Amerikanische und exotische Optionen werden in den nachfolgenden Kapiteln modelliert. Die Differentialgleichung (4.18) ist zu lOsen in der Menge (S, t) E (0, 00) x (0, T). Wir benotigen Rand- und Endbedingungen, urn eindeutige Losbarkeit zu gewahrleisten. Ais Endbedingung zur Zeit T (dem Verfallstag) wahlen wir

t abhangt und das zur Zeit t

V(S, T) = A(S),

S

E

[0,00),

(4.19)

wobei A(S) = (S - K)+ fUr europaische Calls und A(S) (K - S)+ fUr europaische Puts gilt (siehe (1.5)). Da S im Intervall [0,00) liegt, schreiben wir Randbedingungen an S = 0 und fUr S --t 00 vor. Betrachte zuerst einen Call V = C. Das Recht, einen wertlosen Basiswert zu kaufen, ist selbst wertlos, d.h. C(O, t) = O. 1st dagegen der Kurs des Basiswerts sehr hoch, so ist es nahezu sicher, dass die Call-Option ausgeubt wird, und der Wert des Calls ist naherungsweise S - K e-r(T-t). Fur sehr groBes S kann der Ausubungspreis K vernachlassigt werden, und es folgt C(S, t) rv S fur S --t 00. Diese Schreibweise bedeutet, dass C(S, t)/S --t 1 fUr S --t 00 und fUr jedes t E [0, T] gilt. Betrachte nun eine Put-Option V = P. 1st der Basiswert sehr groB, wird die Option aller Voraussicht nach nicht ausgeubt, d.h. P(S, t) --t 0 fUr S --t 00. Fur S = 0 verwenden wir die Put-Call-Paritat (Proposition 2.4):

P(O,t) = (C(S,t)

+ Ke-r(T-t) -S)

18=0 = Ke-r(T-t).

Wir fassen zusammen: europaische Call: V(O, t) = 0,

V(S, t) rv S (S --t 00), europaische Put: V(O, t) = Ke-r(T-t) , V(S, t) --t 0 (S

(4.20) --t

00).

(4.21)

Der Wert einer europaischen Call-Option (bzw. Put-Option) V(S, t) ist gegeben durch die Losung der partiellen Differentialgleichung (4.18) mit der Endbedingung (4.19), wobei A(S) = (S - K)+ (bzw. A(S) = (K - S)+), und den Randbedingungen (4.20) (bzw. (4.21)).

4.2.3

Losung der Black-Scholes-Gleichung

Interessanterweise kann die Black-Scholes-Gleichung mit den obigen End- und Randbedingungen explizit gelost werden. Wir betrachten zuerst eine europaische Call-Option.

57

4.2 Black-Scholes-Formeln

Satz 4.12 (Black-Scholes-Formel fUr Call-Optionen) Die Black-8cholesGleichung (4.18) mit den Randbedingungen (4.20) und der Endbedingung (4.19), wobei A(8) = (8 - K)+, besitzt die Losung

V(8, t) = 8(dd - Ke-r(T-t)(d2),

8> 0, 0 セ@ t

< T,

(4.22)

mit der Verteilungsfunktion der 8tandardnormalverteilung (siehe Beispiel 3.9)

(x) = -1- jX e- s 2 /2ds,

J27r

und

x E JR,

(4.23)

-00

= In(8/K) + (r±0"2/2)(T-t)

d

O"JT - t

1/2

(4.24)

.

Beachte, dass die Lasung (4.22) mit t = 0 gleich dem Call-Preis aus dem Binomialmodell im Grenzwert 6t - t 0 ist (siehe Satz 3.14).

Beweis. Eine Maglichkeit, den Satz zu beweisen, ist es, die Lasung (4.22) direkt in die Differentialgleichung einzusetzen. Die Lasung kann aber auch aus der Differentialgleichung hergeleitet werden. Wir wahlen den zweiten Weg, da er Techniken benutzt, die verwendet werden kannen, urn Black-Scholes-Gleichungen fUr andere Optionstypen zu las en (siehe die nachfolgenden Abschnitte). 1. Schritt: Wir transformieren die Differentialgleichung (4.18) auf eine reine Diffusionsgleichung (Warmeleitungsgleichung)

Hierzu eliminieren wir zuerst die nichtkonstanten Koeffizienten 8 2 und 8 vor den Termen Vs und Vss durch eine Variablentransformation. Wir set zen

x = In(8/ K),

T = セPBRHt@

v(x, T) = V(8, t)/ K.

- t),

Wegen 8> 0, 0 セ@ t セ@ T und V(8, t) :2: 0 gilt x E JR, 0 セ@ v(x, T) :2: O. Aus der Kettenregel folgt

Vss

1

セ@

To := 0"2T/2 und

2

at = -2"0" KV n K

KVt = KVT Vs

[h

T

dx KV xd8 = SVx,

f) ( K ) K f)8 SVx = - 82 Vx

K 1 K + SVxxS = 8 2(-v x + VXX ),

so dass sich aus der Gleichung (4.18) 0"2 0"2 K 2 -(-v + V ) --Kv + 8 2 T 2 82 x xx

K

+ r8-v 8 x-

(4.25)

rKv = 0

4 Die Black-Scholes-Gleichung

58

ergibt, also

VT - Vxx

+ (1 - k)v x + kv = 0, x E JR,

7

E

(0, ToJ,

(4.26)

wobei k = 2r/(J2 und To = (J2T/2. Wegen (8 - K)+ = K(e X - 1)+ lautet die Anfangsbedingung: v(x,O) = (eX -1)+, x E R Ais nachstes eliminieren wir die vx - und v- Terme. Dazu machen wir den Ansatz V(X,7) = eQ;X+,BT u(x, 7) mit zu bestimmenden freien Parametern a, (3 E JR. Wir erhalten aus (4.26) nach Division von eQ;X+,BT:

{3u + UT - a 2u - 2au x - Uxx

+ (1- k)(au + u x ) + ku =

0.

Die u- und u x - Terme kannen eliminiert werden, indem wir a und {3 so wahlen, dass {3 - a 2 + (1 - k)a + k -2a + (1 - k)

0,

0.

Die Lasung lautet 1 a = -"2(k -1),

Die Funktion u, definiert durch

U(X,7)

= exp

Hセォ@

- l)x + セHォ@

+ 1)27) V(X,7),

(4.27)

last also die Gleichung uT

-

U xx

x E JR,

= 0,

7

E (0, ToJ,

(4.28)

mit der Anfangsbedingung

u(x,O)

uo(x) := e(k-l)X/2(e X - 1)+ (e(k+1)X/2 _ e(k-l)X/2) + ,

x ER

(4.29)

2. Schritt: Wir lasen das Problem (4.28)-(4.29) analytisch. Die Lasung lautet (Ubungsaufgabe) : U(X,7) = -1V47l"7

1

00

-00

uo(s)e-(x-s) 2 /4T ds.

4.2 Black-Scholes-Formeln

59

Das Integral kann vereinfacht werden. Mit der Variablentransformation y = (8 - x)/V2T und (4.29) folgt U(X,7)

セ@

=

1 + 1 1 (1 + 1 1 (1 V2i 00

v 27r

uo(V2TY

x)e- y2 / 2dy

(4.30)

-00 00

exp -(k 2

f(C

v27r -x/v'2T 00

- -

-x/v'2T

l)(x

+ yV2T)

exp -(k - l)(x 2

)

e- Y2 /2dy

+ yV2T)

)

e- Y2 /2dy.

Eine Rechnung zeigt, dass (Ubungsaufgabe)

11

00

f(C

v27r -x/v'2T exp

=

(1

exp -(k ± l)(x 2

Hセォ@

± l)x +

+ yV2T)

)

l(k ± 1)27) (d

e- Y2 /2dy 1/ 2)

mit bzw. d1/ 2 wie in (4.23) bzw. (4.24). Damit ergibt sich U(X,7)

=

exp

Hセォ@

- exp

l(k + 1)27) (d -l)x + l(k -1)27) (d2).

+ l)x +

Hセォ@

1)

3. Schritt: Wir transformieren zuruck in die ursprunglichen Variablen. Dazu setzen wir die Definitionen (4.25) und (4.27) in die obige Lasung ein: V(S, t)

=

KV(X,7) = K exp ( MセHォ@

- l)x -

K exp(x)(dt) - K exp ( MセHォ@

セHォ@

+ 1)27) U(X,7)

+ 1)27 + セHォ@

- 1)27) (d2)

S(dt) - Ke- r (T-t)(d 2).

4. Schritt: SchlieBlich uberprufen wir die Rand- und Endbedingungen. Beachte, dass wir fUr die Lasung der Differentialgleichung (4.18) nicht explizit Gebrauch von den Randbedingungen (4.20) gemacht haben. Sie sind jedoch erfUllt, da fUr S - t 0 gilt: d1 / 2 - t -00, also (d1 / 2) - t 0 und damit V(S, t) = S(dt) - Ke- r (T-t)(d2) - t 0

AuBerdem folgt (d1 )

-t

1 und (d2)/ S - t 0 fUr S - t

V(S, t) = (dt) _ Ke-r(T-t) (d 2)

S

S

-t

1

fUr S - t 00,

o.

also

fur S - t

00.

4 Die Black-Scholes-Gleichung

60

Die Endbedingung V(S, T) = (S - K)+ ist nach Konstruktion erfUllt, allerdings im Sinne eines Grenzwertes t ----+ T, da der Nenner von d 1/ 2 fUr t ----+ T singular wird. Aus In(S/K)

----+

(JvT - t

{+oc0

S>K S=K SK S=K S 10*eps) jac = dF(y); A = jac'*jac; error = F(y) - erf(ggrid); b = -jac'*error'; ynew = A\b; Y = y + ynew; end y(4) = sqrt(pi)/2 - y(2) - y(3); function result = dF(y) global ggrid a3 = sqrt(pi)/2 - y(2) - y(3); eta = 1./(1+y(1)*abs(ggrid»; deriv = 1.128379*exp(-abs(ggrid).-2); result(l,:) = deriv.*(y(2) + 2*y(3)*eta + 3*a3*eta.-2).*ggrid ./(1+y(1)*ggrid).-2; result(2,:) = deriv.*eta.*(-1+eta.-2); result(3,:) = deriv.*eta.-2.*(-1+eta); result = result'; function result = F(y) global ggrid a3 = sqrt(pi)/2 - y(2) - y(3); eta = 1./(1+y(1)*abs(ggrid»; result = sign(ggrid).*(l - «(a3*eta + y(2».*eta + y(l».*eta) *1.128379.*exp(-abs(ggrid).-2»;

function result = erfl(x) eta = 1./(1+0.47047*abs(x»; result = sign(x).*(l - «(O.663421*eta - O.0860531).*eta + O.308872).*eta)*1.128379.*exp(-abs(x). 2»; ft

und die zweite die Koeffizienten (4.40) verwendet: function result = erf2(x) global y eta = 1./(1+y(1)*abs(x)); result = sign(x).*(l - «(y(4)*eta + y(3».*eta + y(2»).*eta)*1.128379.*exp(-abs(x). 2»; ft

68

4 Die Black-Scholes-Gleichung -5

3.5x 10

Hastings - - - Ausgleichsrechnung

"

3 ,'" ,I , ,

I I

2.5:

I

I I

I I

tX 2,I

I

cp I I

セ@

C

''t:

/

/

1.5 I

- "- ,,

セ@

, \

I I

\

I I I

\

,,

\ \

I,

0.5

I

, ,,

"" "" 0.5

1.5 x

2

Abbildung 4.2 Differenzen lerf*(x) -erf(x)1 fur 0 セ@ x Hastings und mittels nichtlinearer Ausgleichsrechnung.

セ@

2.5

3

3 fur Koeffizientensatze nach

Wahrend der Koeffizientensatz nach Hastings gfinstigere Fehlereigenschaften in der Supremumsnorm besitzt (ein maximaler Fehler Eoo von 2.37 . 10- 5 gegenfiber 3.34.10- 5 beim zweiten Koeffizientensatz), ist der fiber den Ansatz der nichtlinearen Ausgleichsrechnung berechnete Koeffizientensatz bezfiglich der diskreten L 2 -Norm optimaler (ein diskreter L 2-Fehler E2 von 1.73.10- 7 gegenfiber 1.95.10- 7 beim erst en Koeffizientensatz), d.h., der Fehler wird etwas gleichmafiiger verteilt. Beide Versionen der rationalen Bestapproximation liefern damit ein auf vier Nachkommastellen exaktes Ergebnis. Der Vorteil der Approximationen erfl bzw. erf2 ist, dass die Berechnung der Werte erf i(x) bzw. erf2 ex) schneller ist als die von MATLAB implementierte Funktion erf. Der Preis, der daflir zu bezahlen ist, ist die geringere Genauigkeit, die jedoch ffir unsere Anwendung ausreichend ist.

4.3.2

Kubische Hermite-Interpolation

Die Idee des zweiten Ansatzes ist es, eine Approximation erf** durch Interpolation von Tabellenwerten an wenigen StUtzstellen zu bestimmen, an denen hochgenaue Werte der Fehlerfunktion bekannt seien. Zuerst bemerken wir, dass die Auswertung von erf** fiber die Interpolation der Tabellenwerte nur ffir Werte x in einem endlichen Interval (0, x max ) zu erfolgen

69

4.3 Numerische Auswertung der Black-Scholes-Formeln

braucht. Denn geben wir eine Fehlerschranke E fUr den maximal zugelassenen Approximationsfehler vor, so konnen wir ein xmax definieren mit der Eigenschaft, dass erf(x) セ@ 1 - E fUr alle x セ@ Xmax gilt. (Dies ist moglich, da erf monoton wachsend ist.) Aufgrund der Symmetrie konnen wir damit die Approximation fUr x E lR \ (0, xmax) definieren als -1

erf** (x) := { セ@

: X

E

:x =

(-00, -xmaxl

°

: X E [x max , (0).

Aufierdem geniigt es, nur positive Argumente zu verwenden, da aus Symmetriegriinden erf**(x) = -erf**( -x) gilt. Es bleibt folglich die Definition der Approximation erf**(x) fUr Werte x E (O,x max ) zu klaren. Da an jedem Stiitzpunkt Xi auch die Ableitung erf' (xd = (2/ fi) exp( -x;) leicht verfiigbar ist, bietet sich als Interpolationsalgorithmus die kubische Hermite-Interpolation an. Hierzu berechnen wir erf und dessen Ableitung an den Stiitzstellen = Xo < Xl < ...
und den Basisfunktionen

°

20 >

100

150

200

150

200

Basiswert

-10

I-

-20 0 0

50

100

150

200

Basiswert

100

0

50

100 Basiswert

. 0

.J::. a: 50

0 0

50

100

150

200

Basiswert

Abbildung 4.4 Dynamische Kennzahlen fUr t = 0 (punktierte Linie) , t = 0.4 (durchgezogene Linie) und t = 0.8 (dicke Linie), jeweils mit K = 100, T = 1, r = 0.1, a = 0.4.

wobei N die durchschnittliche Anzahl der Borsentage in einem Jahr ist. Diese Definition ist nicht eindeutig. Es ist beispielsweise moglich, Kurswerte aus der jiingeren Vergangenheit starker zu gewichten als altere Werte, aber auch mit gleitenden Durchschnitten zu arbeiten, die auch exponentiell gewichtet sein konnen. Nimmt man an, dass sich die Kursschwankungen des Basiswerts in der Zukunft ahnlich verhalten wie in der Vergangenheit, so ist die Wahl (J = (Jhist in der Black-Scholes-Gleichung ein moglicher Ansatz. Werte fUr historische Volatilitaten werden z.B. von der Deutschen Borse und dem Chicago Board Options Exchange (CBOE) veroffentlicht (siehe deutscheboerse. com und www.cboe.com). 1st der Optionspreis Co zur Zeit t < T bekannt, so kann die Volatilitat (Jimpl aus der Black-Scholes-Formel berechnet werden (sofern die anderen Parameter bekannt sind). Die so bestimmte Volatilitat wird implizite Volatilitat genannt. Es

4.4 Kennzahlen und Volatilitat

77

bleibt zu kHiren, ob diese Berechnung ein eindeutiges Ergebnis liefert. Die BlackScholes-Formel (4.22) fUr Call-Optionen zeigt, dass die Parameter d1 und d2 von a abhangen, d.h. d1 = d1(a), d2 = d2 (a) und

C(a) = S(d1(a)) - Ke- r(T-t)(d 2 (a)). Wir suchen aimpJ > 0, so dass die Gleichung C(aimpJ) = Co erfullt ist. Hat dieses Problem eine eindeutige Lasung? Ja, wenn die Arbitrage-Schranken (S Ke-r(T-t))+ ::; Co ::; S erfiillt sind, denn diese implizieren, dass C(a) - Co fUr a = 0 nichtpositiv und fur a ---) 00 nichtnegativ ist. Da a I---t C(a) - Co stetig (und wegen K > 0) monoton wachsend ist, muss eine eindeutige Nullstelle aimpJ E (0,00) existieren. Die so erhaltene Volatilitat aimpJ kann als Orientierung zukunftiger Werte von a verwendet werden. Das Problem C(a) = Co kann bequem mit der Newton-Methode gelast werden. Die eindeutige Nullstelle der Funktion f (a) := C (a) - Co wird approximativ mit der Iteration

ao > 0 gegeben, oder

ak+l = ak -

C(ak) - Co C(ak) - Co C'(ak) = ak K(ak)

berechnet, wobei K(ak) = SJT - t'(d1(ak)) nach Proposition 4.18 gilt. Man kann zeigen, dass ak fur k ---) 00 gegen aimpJ konvergiert, wenn Co hinreichend nahe an C(aimpJ) gewahlt wird (siehe z.B. Kapitel 5.3 in [144]). Beispiel 4.20 Betrachte eine europaische Call-Option auf den DAX-Index mit K

= 5500,

T

= 3.5 Monate,

C

=

166.

Es gelte S = 5188.17 zur Zeit t = O. (Dies war der DAX-Index am 31.08.2001.) Wir nehmen an, dass r = 0.04 galt. Mit Hilfe des MATLAB-Programms 4.6 erhalten wir:

C = 233.081587, sigmaO = 0.238686 C = 166.669121, sigmaO = 0.238060 C = 166.000112, sigmaO = 0.238060 C = 166.000000, sigmaO = 0.238060 Die implizite Volatilitat betragt also aimpJ

o

= 0.2381.

Beispiel 4.21 Betrachte eine europaische Call-Option auf den DAX-Index mit

K

= 5500,

T

= 3.5 Monate,

C

= 166.

Es gelte S = 5188.17 zur Zeit t = O. (Dies war der DAX-Index am 31.08.2001.) Wir nehmen an, dass r = 0.04 galt. Mit Hilfe des MATLAB-Programms 4.6 erhalten wir:

4 Die Black-Scholes-Gleichung

78

MATLAB-Programm 4.6 Das Programm implvola.m berechnet die implizite Volatilitiit mit dem Newton-Verfahren. Zur Definition des Ausgabebefehls fprintf siehe Kapitel 9. Die Funktion call. mwurde bereits in Abschnitt 4.2 definiert. S = 5188.17; t = 0; K = 5500; r = 0.04; T sigma = 0; sigmaO = 0.3; error = 1e-7;

= 3.5/12;

CO

= 166;

while abs(sigmaO-sigma) > error sigma = sigmaO; C = call(S,t,K,r,sigma,T); d1 = (log(S/K) + (r+0.5*sigma-2)*(T-t»/(sigma*sqrt(T-t»; vega = S*sqrt(T-t)*exp(-d1-2/2)/sqrt(2*pi); sigmaO = sigma - (C-CO)/vega; fprintf('C = %f, sigma = %f\n', C, sigmaO); end

C C C C

233.081587, 166.669121, 166.000112, 166.000000,

0.238686 sigmaO sigmaO 0.238060 sigmaO 0.238060 sigmaO = 0.238060

Die implizite Volatilitat betragt also

O'impi

= 0.2381.

o

Beispiel 4.22 Wir berechnen die implizite Volatilitat fur diverse Calls auf den DAX-Index. Die Optionspramien, Verfallsdaten und berechneten impliziten Volatilitaten sind in Tabelle 4.1 gegeben. (Die Werte gelten fUr den 31.8.2001, und der DAX-Index an diesem Tag lautete 5188.17). Wir sehen, dass die implizite Volatilitat nicht konstant ist, sondern vom Ausubungspreis abhangt. Dies deutet an, dass die Black-Scholes-Formel mit konstanter Volatilitat die Realitat nicht perfekt modelliert. 1st die implizite Volatilitiit fur einen Ausubungspreis K o kleiner als die entsprechenden Volatilitaten fur Ausubungspreise kleiner und groBer als Ko, so spricht man von einem volatility smile. Welche Modifikationen im Ansatz von Black und Scholes vorgenommen werden mussen, urn zu besseren Ergebnissen zu kommen, wird zur Zeit in der akademischen Forschung untersucht [20,33,52,66]. Eine Idee ist die Verwendung stochastischer (und nicht konstanter) Volatilitaten; 0 siehe z.B. [140, 149] sowie die Abschnitte 4.5.5 und 8.2.

I Ausubungspreis I Optionspreis I Verfallsdatum I Volatilitat I 166 19.12.2001 0.238 5500 136 18.12.2001 0.239 5600 106 21.12.2001 0.234 5700 0.231 82 18.12.2001 5800 17.12.2001 0.227 61 5900 44 18.12.2001 0.222 6000 Tabelle 4.1 Implizite Volatilitiiten verschiedener Call-Optionen auf den DAX-Index.

4.5 Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung

4.5

79

Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung

Fur die Herleitung der Black-Scholes-Formeln in Abschnitt 4.2 haben wir unter anderem angenommen, dass auf den Basiswert keine Dividendenzahlungen geleistet werden und dass der risikofreie Zinssatz und die Volatilitat wahrend der Laufzeit der Option konstant sind. In Beispiel 4.22 haben wir gesehen, dass diese Annahmen im Widerspruch zu realen Finanzmarktdaten stehen k6nnen. In diesem Abschnitt werden wir daher die Black-Scholes-Formeln erweitern auf • Optionen auf Basiswerte mit Dividendenzahlungen, • Optionen in Finanzmarkten mit variablem, aber bekannten Zinssatz und variabler, aber bekannter Volatilitat und • Optionen auf mehrere Basiswerte. Am Ende dieses Abschnittes diskutieren wir weitere Verallgemeinerungen des Black-Scholes-Modells. 4.5.1

Kontinuierliche Dividendenzahlungen

Bei Index-Optionen, denen sehr viele Aktien als Basiswerte zugrunde liegen, werden jahrlich viele Dividendenausschuttungen vorgenommen, die in der Regel uber das Jahr verteilt liegen. Ein einfacher Ansatz ist nun, kontinuierliche Auszahlungen anzunehmen. Wir set zen auBerdem voraus, dass die H6he der Dividende yom Kurs des Basiswerts abhangt und zu ihm proportional ist. Dann wird in der Zeit L.t die Dividende DoSL.t ausgezahlt. Aus Arbitrage-Grunden muss der Kurs des Basiswerts in der Zeit L.t urn den Dividendenbetrag DoSL.t fallen. Anderenfalls kaufe man den Basiswert kurz vor der Zeit t, erhalte die Dividende DoSL.t und verkaufe den Basiswert sofort nach der Ausschuttung. Dies wurde zu einem sofortigen, risikofreien Gewinn fuhren - Widerspruch. Wir mussen also den Ansatz fur den stochastischen Prozess S = St entsprechend modifizieren (vgl. (4.11)): dS

= (/1, - Do)Sdt + aSdW

(4.45)

Urn die Black-Scholes-Gleichung herzuleiten, haben wir in Abschnitt 4.2 das Portfolio Y = c1B + C2S - V betrachtet, wobei B einen risikolosen Bond bezeichnet. Wir nehmen wieder an, dass dieses Portfolio risikolos und selbstfinanzierend ist und daher insbesondere der stochastischen Differentialgleichung

genugt. Der letzte Summand entspricht der Dividende c2DoSdt, die wir in der Zeit dt auf die C2 Anteile des Basiswerts erhalten. Mit der Bondgleichung dB = r Bdt, dem Lemma 4.6 von Ito und der Wahl C2 = Vs erhalten wir wie in Abschnitt 4.2

80

4 Die Black-Scholes-Gleichung

dY =

[cIrB + C2(J-t - Do)8 - (\It + (J-t - Do)8Vs + !0"282Vss) + c2Do8]dt + (c20"8 - 0"8Vs)dW [cIrB + Do8Vs - \It - !0"282Vss] dt,

wobei die Indizes partielle Ableitungen bedeuten. Andererseits gilt aus ArbitrageGrunden

dY = rYdt = r(c1B + 8Vs - V)dt. Gleichsetzen dieser beiden Gleichungen und Identifikation der Koeffizienten der dt- Terme ergibt die modifizierte Black-Scholes-Gleichung mit Endbedingung 1

2 2

\It +"20" 8 Vss + (r - Do)8Vs - rV V(8,T)

0,

8 > 0, 0 < t < T, (4.46)

A(8),

8> 0.

(4.47)

Die Randbedingungen mussen im Vergleich zu den Bedingungen (4.20) bzw. (4.21) leicht modifiziert werden. Wir betrachten nur europaische Call-Optionen, da die entsprechenden Beziehungen fur Puts aus der Put-Call-Paritat

Pt - Ct = Ke-r(T-t) - 8e- Do (T-t) (siehe Ubungsaufgaben) hergeleitet werden kannen. 1m Grenzwert 8 セ@ 00 nahert sich V(8, t) dem Basiswert 8 an, aber ohne das Dividendeneinkommen, das abgezinst wird: V(8, t) 8e- Do (T-t) (8 セ@ 00). (4.48) f'V

Die Bedingung an 8 =

°

andert sich nicht:

V(O, t) = O.

(4.49)

Das Problem (4.46)-(4.49) kann explizit gelast werden. Dazu definieren wir eine neue Variable

V*(8, t)

:= eDo (T-t)V(8,

t).

Diese erfullt das Problem

yt*

+ セPBR@

82Vss + (r - Do)8Vs - (r - Do)V* = 0, V*(8, t)

f'V

8

(8

セ@

00), V*(O, t) = 0, V*(8,T) = (8 - K)+,

8> 0, t < T,

t < T, 8 セ@ 0,

also gerade die Black-Scholes-Gleichungen mit Zinssatz r - Do. Die Lasung V* ist daher durch die Black-Scholes-Formel (4.22) gegeben, in der r durch r-Do ersetzt wird. Wir erhalten folglich als Lasung des ursprunglichen Problems (4.46)-(4.49):

4.5 Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung

81

100 90 80 70 t

Q)

60

セ@

!I)

c: 0

50

O

40

E-

30 Do = 0.08

20 10 00

50

100

150

200

Basiswert

Abbildung 4.5 Werte europaischer Call-Optionen mit Dividende (Do = 0.08) und ohne Dividende (Do = 0), jeweils mit K = 100, r = 0.1, a = 0.4, T = 1 und t = O. Die Abbildung wurde mit einem MATLAB-Programm ahnlich wie in Abschnitt 4.2 erzeugt.

wobei

d

(r _ D ) = In(SjK)

1/2

+ (r - Do ± 0'2j2)(T -

0

t)

O'lT _ t

Die verallgemeinerte Black-Scholes-Formel (4.50) zeigt, dass der Wert einer CallOption auf einen Basiswert mit Dividendenzahlungen stets kleiner ist als der entsprechende Wert auf einen Basiswert ohne Dividendenzahlungen (siehe Abbildung 4.5).

4.5.2

Diskrete Dividendenzahlungen

Wir nehmen nun an, dass wahrend der Laufzeit der Option die Dividende nicht kontinuierlich, sondern genau einmal zur Zeit t = td gezahlt wird. (Die folgenden Betrachtungen gelten naturlich in analoger Weise fUr endlich viele Dividendenzahlungen.) Zur Zeit t = td erhalte der Besitzer des Basiswerts die Dividende d· S mit der Dividendenrate 0 :s; d < 1, wobei S der Basispreis kurz vor der Ausschuttung der Dividende ist. Wie im kontinuierlichen Fall gilt aus ArbitrageGrunden, dass der Basiskurs kurz nach der Zeit t = td urn den Betrag d· S fallen muss. Daher gilt

S(t;n

= S(t;;) - d· S(t-;;) = (1 - d)S(t;;),

(4.51)

82

4 Die Black-Scholes-Gleichung

wobei wir

S(t!) = lim St, エセ、@

SWi) = lim St エセ、@

gesetzt haben. Wir set zen voraus, dass derartige links- und rechtsseitige Grenzwerte existieren. Die Beziehung (4.51) bedeutet, dass der Kurs des Basiswerts als F\mktion der Zeit unstetig sein muss (wenn d > 0). Der Optionspreis muss allerdings in der Zeit stetig sein, denn Besitzer von Optionen erhalten keine Dividende und im entgegengesetzten Fall wiirden Arbitrage-Argumente zu einem Widerspruch fUhren. Folglich ist

V(S(t d ), t d ) = V(S(t!), t!)

=

V((l - d)S(td)' t!).

Nun betrachten wir alle moglichen Realisierungen des stochastischen Prozesses S(t), d.h., wir erhalten die Forderung

V(S, t d ) = V((l - d)S, t!).

(4.52)

Der Wert der Option kann folgendermaBen bestimmt werden. Wird keine Dividende ausgezahlt, so gilt die Black-Scholes-Gleichung, also fUr td < t セ@ T und 0 セ@ t < td. Zur Zeit t = td muss die Sprungbedingung (4.52) realisiert werden. Der Algorithmus lautet daher wie folgt: • Lose die Black-Scholes-Gleichung fUr td セ@ t セ@ T mit Endbedingung V(S, T) = A(S). • Definiere V(S, t d ) mittels (4.52). • Lose die Black-Scholes-Gleichung fUr 0 :S t :S td mit Endbedingung V(S, faJ. Beispiel 4.23 Betrachte eine europiiische Call-Option mit Verfallstag T und Ausiibungspreis K auf einen Basiswert mit einer Dividendenzahlung wiihrend der Laufzeit. Wir wollen die Optionspriimie Cd(S, t) bestimmen. Sei ferner C(S, t; K) der Wert einer europiiischen Call-Option auf einen Basiswert ohne Dividendenzahlungen mit gleichem Verfallstag und Ausiibungspreis. GemiiB der obigen Betrachtung gilt Cd(S, t) = C(S, t; K) fiir td < t セ@ T, (4.53)

und nach (4.52) ist

Nun miissten wir die Black-Scholes-Gleichung fUr t セ@ td losen. Wir behaupten, dass C*(S, t) := C((l - d)S, t; K) gleich der Funktion (1 - d)C(S, t; K/(l - d)) ist. Die Funktion C* lOst die Black-Scholes-Gleichung, da sich der Faktor 1 - d heraushebt. AuBerdem ist

4.5 Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung C((l - d)8, T; K)

C*(8, T)

83

= ((1 - d)8 - K)+

(1 - d)(8 - K/(l - d))+ = (1 - d)C(8, T; K/(l - d)) und C*(O, t)

= 0,

C*(8, t)

"-J

(1 - d)8

ftir 8

- t 00.

Da das Black-Scholes-Randwertproblem eindeutig lOsbar ist, muss C((l - d)8, t; K)

= C*(8, t) = (1 - d)C(8, t; K/(l - d))

gelten. Daher ist Cd (8, t)

= (1 - d)C(8, t; K/(l - d))

ftir 0 セ@

t < td.

(4.54)

Die Funktionen C(8, t; K) und C(8, t; K/(l - d)) sind durch die Black-ScholesFormel (4.22) gegeben. Die gesuchte Optionspramie ist also durch (4.53) und (4.54) eindeutig gegeben. Dies ist im MATLAB-Programm 4.7 realisiert und in 0 Abbildung 4.6 flir einen Call mit d = 0.08 und td = 0.6 illustriert.

TULMセ@

40

35 30 1:

セ@ 25

UJ

c

o

'E. 20

o

I

15

/;;"

t =0

/

/ I

10

/

/

/

/

I

I

I

I

I

I

60

80

100

"

t

=1 120

140

Basiswert

Abbildung 4.6 Preise einer europaischen Call-Option Vd mit K = 100, r = 0.1, a = 0.4, T = 1 und Dividendenrate d = 0.08 zur Zeit td = 0.6, dargestellt zu den Zeitpunkten t = 0, 0.2, 0.4 (durchgezogene Linien) und t = 0.6, 0.8, 1 (gestrichelte Linien).

4 Die Black-Scholes-Gleichung

84

MATLAB-Programm 4.7 Das Programm dividisc.m berechnet den Preis einer europaischen Call-Option mit einer einzigen Dividendenausschuttung zur Zeit td = 0.6 gemai3 den Formeln (4.53) und (4.54). K = 100; r = 0.1; sigma = 0.4; T = 1; d = 0.08; td = 0.6; S = [40:140]; hold on for i t

= 1:6 = 0.2*(i-1);

t < td C = (l-d)*call(S,t,K/(l-d),r,sigma,T); plot(S,C); else C = call(S,t,K,r,sigma,T); plot(S,C,'--'); end if

end

4.5.3

Zeitabhangige Parameter

Wir haben bisher angenommen, dass der risikofreie Zinssatz und die Volatilitat wahrend der Laufzeit der Option konstant sind. Es ist wesentlich realistischer anzunehmen, dass beide Parameter mit der Zeit variieren. Wir nehmen daher an, dass r und a bekannte Funktionen der Zeit t sind. Tatsachlich ist die zukiinftige Entwicklung von r und a unbekannt, und beide Parameter miissten stochastisch modelliert werden. Am Ende dieses Abschnittes gehen wir auf eine stochastische Modellierung der Parameter ein. Die Herleitung cler Black-Scholes-Gleichung gilt auch fiir zeitabhangige Parameter r = r(t) und a = a(t). Allerdings muss die Randbedingung (4.21) fur den europaischen Put,

P(O, t)

=

K e-r(T-t),

ersetzt werden. 1st S = 0, so ist es sinnvoll, die Option auszuiiben und den Basiswert zum Preis K zu verkaufen. Der Wert P = P(O, t) soUte also so sein, dass er unter Beriicksichtigung von Zinsen zur Zeit T gerade K betragt. In der Zeit dt werden

dP

=

r(t)Pdt

Zinsen gezahlt. Wir miissen also die Differentialgleichung

dP

dt = r(t)P,

P(O, T) = K,

lasen. Die Lasung lautet

P(O,t) = Kexp

(-iT r(s)ds) , °セ@

t

セ@

T.

4.5 Erweiterungen der Black-Scholes-Gleichung

85

Dies ist die Randbedingung einer europaischen Put-Option an S = Wir wollen fiir die Gleichung

o. (4.55)

mit entsprechenden End- und Randbedingungen eine explizite Lasung finden. Wir fiihren wieder eine Variablentransformation durch:

S

= Sea(t) ,

V

= Ve(3(t) ,

l

= ,(t)

mit vorerst unbekannten Funktionen a, {3 und ,. Wegen

セ@

=

(e-(3(t)V(S(8 t) l(t))) = e-(3(t) (-{3'V + 。セ@

' , e-(3(t) (-{3'V + ,'i/f+ a'SVs) , at

at

dt + 。セ@ dS) dt as dt

as _ 8 -(3(t) a(t) av _ -(3(t) 8- T-T_ 8 e -(3(t) av as a8 - e e as - e v S,

8Vs

2-

=

y

s2 e-(3(t)e2a(t) a = e-(3(t) s2 V;-aS 2 SS

folgt nach Division von e-(3(t) in (4.55): ,-

1

2 -2 -

, - -

, -

,Vf + 2(7 8 Vss + (r + a )S Vs - (r + (3)V = o. Wir wahlen nun a, {3 und , so, dass r

+ a' =

0,

etwa

a(t)

= (3(t) =

r

iT

+ {3' =

0 und " =

r(s)ds und ,(t)

=

_(72,

iT

(7(s)2ds.

Dies fiihrt auf die Gleichung -

1 -2

-

Vf= -8 Vss 2

(4.56)

V(S,O) = V(S, T),

(4.57)

mit der Anfangsbedingung

denn a(T) = (3(T) = ,(T) = O. 1st V eine Lasung von (4.56)-(4.57), so lautet die entsprechende Lasung von (4.55): (4.58)

86

4 Die Black-Scholes-Gleichung

Sei U die Optionspramie fUr konstante Parameter r und (J, d.h. eine Lasung der Black-Scholes-Gleichung (4.18). Dann gilt

U(S, t) = e-ro(T-t)U (Se-ro(T-t) , (J2 . (T - t))

(4.59)

mit entsprechender Funktion U. Vergleichen wir (4.58) und (4.59), so liegt es nahe, in den Black-Scholes-Formeln r bzw. (J2 durch 1 iT r(s)ds bzw. -T - t t

1 iT (J(s)2ds -T - t t

zu ersetzen. Die Lasung von (4.55) fUr einen europaischen Call beispielsweise lautet dann:

C(S, t)

= S(dl(t)) -

K exp (-iT r(s)ds) (d2(t))

(4.60)

mit

dI/2(t)

セ@

( [ a fUr alle a ::; t < T, S > O. Zeigen Sie, dass dann U(S, t) > a fUr alle a ::; t < T, S > a gilt. (d) Folgern Sie, dass jede Option mit positivem Gamma stets ein positives Vega hat. 19. Angenommen, fUr die Volatilitat einer Aktie gelte a = O. Dann ist die Entwicklung der Aktie deterministisch und abhangig vom Driftparameter 1-£ E JR. Folglich lasst sich der Preis einer Call-Option exakt berechnen, und dieser ist wiederum explizit abhangig von 1-£. Nach den Ergebnissen aus diesem Kapitel ist dies nicht der Fall. Warum ist dies dennoch kein Widerspruch?

96

4 Die Black-Scholes-Gleichung

20. Leiten Sie eine Black-Scholes-Formel fur binare Call- bzw. Put-Optionen mit Preisen CB bzw. PB her. Zeigen Sie, dass gilt: CB + PB = e-r(T-t). 21. In dieser Aufgabe werden europaische Optionen auf einen Basiswert mit Dividendenzahlungen betrachtet. (a) Wie lautet die Put-Call-Paritat fur europaische Optionen auf einen Basiswert mit kontinuierlicher Dividendenzahlung? (b) Bestimmen Sie das Delta fur eine europaische Call-Option bei kontinuierlicher Dividendenzahlung. (c) Zeigen Sie, dass der Wert der Call-Option mit Dividendenzahlung kleiner ist als der Wert einer Call-Option ohne Dividendenzahlung. 22. Leiten Sie die mehrdimensionale Ito-Formel (4.65) formal her, indem Sie die Funktion f wie in Abschnitt 4.1 urn den Punkt (S, t) mit der Taylor-Formel entwickeln, den "Grenzwert" 6t -+ dt durchfuhren, Terme der GroBenordnung O(dt3/2) vernachlassigen und die symbolische Rechenregel dWidWj = Pijdt verwenden. 23. Schreiben Sie die MATLAB-Programme leastsquare. m und erfhermi te. m auf den Fall urn, dass die Funktion 'l>(x) = (1/2) . (1 + erf(x/V2)) anstatt erf (x) mit einer Genauigkeit von etwa vier Stellen approximiert werden solI. 24. Schreiben Sie ein MATLAB-Programm erfspline .m, das eine Approximation von erf durch einen kubischen Spline-Interpolanten liefert, die auf wenigen hochgenauen Funktionsauswertungen beruht (siehe Bemerkung 4.16). Wie viele Stutzstellen benotigen Sie fUr eine Genauigkeit von c = 5·1O- 5 ? Welcher maximale Fehler ergibt sich, wenn Sie dieselben Stutzstellen (0.312,0.571, 0.836,1.163,1.574,1.934,2.355,2.9) wahlen, die der Abbildung 4.3 zugrunde liegen? Hinweis: Fur den Spline-Interpolanten s zu den Daten (Xi, yd liefert pp = spline ex ,y) in pp die Koeffizientendarstellung der s definierenden kubischen Polynome. An Zwischenstellen kann s dann mittels der Funktion ppval ausgewertet werden. Diese Funktion dient zur Auswertung von stuckweise definierten Polynomen.

97

5

Die Monte-Carlo-Methode

Der Preis einer europaischen (Plain-vanilla) Option kann mit der Black-ScholesFormel aus Abschnitt 4.2 berechnet werden. Leider existieren zu komplexeren Optionen im allgemeinen keine expliziten Formeln mehr. In diesem Abschnitt stellen wir die Monte-Carlo-Methode zur Integration von stochastischen Differentialgleichungen vor, mit der faire Preise von komplizierten Optionsmodellen numerisch berechnet werden konnen. Zuerst fuhren wir in Abschnitt 5.1 in die Thematik ein. Das Monte-Carlo-Verfahren erfordert die Simulation von Realisierungen eines Wiener-Prozesses. Die Simulation wiederum benotigt normalverteilte Zufallszahlen. Die Erzeugung von Zufallszahlen ist Gegenstand von Abschnitt 5.2. In Abschnitt 5.3 erlautern wir die numerische Losung stochastischer Differentialgleichungen. Die Prazision von Monte-Carlo-Simulationen kann mit Hilfe der Technik der Varianzreduktion, die wir in Abschnitt 5.4 vorstellen, erhoht werden. Schliefilich wenden wir die vorgestellten Methoden in Abschnitt 5.5 zur Simulation einer asiatischen Call-Option mit stochastischer Volatilitat an.

5.1

Grundziige der Monte-Carlo-Simulation

Die Berechnung des fairen Preises einer komplexen Option ist im allgemeinen eine anspruchsvolle Aufgabe, die nur numerisch ge16st werden kann. Bei vielen Optionen ist es notwendig, stochastische Differentialgleichungen bzw. stochastische Integrale numerisch zu losen. Beispiele fur derartige Situationen stellen wir im folgenden vor.

Beispiel 5.1 (Asiatischer Call im Heston-Modell) Berechne den fairen Preis einer asiatischen Call-Option mit Auszahlungsfunktion

wobei die Dynamik von St durch das Heston-Modell (1)

rtStdt + O'tStdWt , K,(() -

O';)dt + vO'tdW?)

M. Günther et al., Finanzderivate mit MATLAB ® © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003

5 Die Monte-Carlo-Methode

98

gegeben sei (siehe Abschnitt 4.5). Der zweidimensionale Wiener-Prozess (W(I), W(2)) sei normalverteilt (siehe Definition 4.25). In Abschnitt 6.1.1 geben wir weitere Beispiele von Auszahlungsfunktionen asiatischer Optionen an. Das obige Beispiel erfordert die Integration stochastischer Differentialgleichungen und des Integrals J[ STd'T. Die Integration kann mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode durchgefuhrt werden. Wir erlautern dies im Detail in Abschnitt 5.5. 0

Beispiel 5.2 (Basket-Option) Berechne den fairen Preis einer europaischen Option auf n Aktien (Basket-Option) mit Auszahlungsfunktion A(SI,"" Sn). 1st die Dynamik der Aktienkurse SI(t), ... , Sn(t) wie in Abschnitt 4.5 durch dSi = J1iSidt + O'iSidW(i) mit einer mehrdimensionalen Brownschen Bewegung (W(I), ... , Wen)) und Kovarianz-Matrix E (siehe Definition 4.19) gegeben, so berechnet sich der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell analog zu Bemerkung 4.13 nach e-r(T-t)

v(det E)(27r(T - t))n X

1 1 00

00

•••

e- a TE- 1 a/2 aHsセL@

In(SUSi) - (r - PGセORIHt@ Qi:= -

JT-t

... LsセI、@

- t)

... 、sセL@

.

Es muss also ein n-dimensionales (Riemann-) Integral gelost werden, wobei die Dimension n je nach GroBe des Baskets sehr groB sein kann. Numerische Quadraturformeln sind hier ungeeignet, da zu viele Funktionswerte ausgewertet werden mussen. Wahlen wir namlich eine Quadraturformel der Form

mit Gewichten Wkl, ... ,kn und Stutzstellen Xkl"" ,Xkn , so benotigen wir pro SiVariable mindestens zwei StUtzstellen, also etwa bei n = 100 mindestens 2100 セ@ 1030 Auswertungen. Ein Ausweg bietet die Monte-Carlo-Integration. Wir erlautern dies ausfuhrlich in Beispiel 5.12. 0 Zur Vereinfachung betrachten wir im folgenden eine europaische Plain-vanilla-Put-Option auf einen Basiswert, dessen Kurs sich gemaB einer geometrischen Brownschen Bewegung entwickelt:

5.1 Grundziige der Monte-Carlo-Simulation

99 (5.1)

mit Anfangswert So, konstantem risikofreien Zinssatz r セ@ 0, konstanter Volatilitat > 0 und einem Wiener-Prozess Wt (siehe Abschnitt 3.2). In Bemerkung 4.13 haben wir gezeigt, dass der Optionspreis V(St, t) zur Zeit t = 0 gegeben ist durch den diskontierten Erwartungswert (J

V(So, O) = e-rTE(V(ST, T)).

(5.2)

Die Grundidee der Monte-Carlo-Simulation besteht darin, den Erwartungswert in (5.2) durch Simulation von M Pfaden {St : 0 < t < T} des Basiswertkurses zu approximieren. Der Algorithmus besteht aus vier Schritten:

• Simulation der Basiswert-Pfade: Bestimme fUr M verschiedene Pfade die Lasungen sセォIL@ k = 1, ... ,M, von (5.1) zum Anfangswert So. • Berechnung der Auszahlungsfunktion: Bestimme fUr aIle k = 1, ... ,M die A uszahl ungsfunktion entsprechend zum Pfad sセ@ k) :

• Berechnung eines Schatzers: Berechne einen Schatzer (d.h. eine Approximation) fUr den Erwartungswert in (5.2). Naheliegend ist etwa die Wahl

wobel. VT

= ((1) VT , ... , VT(M))T .

• Bestimmung des Optionspreises: Berechne eine Approximation des fairen Optionspreises durch

Die Schritte 2-4 sind elementar durchftihrbar. Schritt 3 beruht darauf, dass nach dem Gesetz der groBen Zahlen das arithmetische Mittel von gleichverteilten und unabhangigen ZufaIlsvariablen fast sicher gegen den Erwartungswert konvergiert (siehe z.B. [14]). Schritt 1 benatigt die numerische Integration stochastischer Differentialgleichungen, die aus zwei Teilaufgaben besteht: • Simulation von M unabhangigen Realisierungen eines Wiener-Prozesses und • approximative Berechnung der Lasung der stochastischen Differentialgleichung zum jeweiligen Pfad des Wiener-Prozesses.

5 Die Monte-Carlo-Methode

100

1m folgenden zeigen wir, wie diese beiden Teilaufgaben gelost werden konnen. Eine sehr einfache Approximation der Gleichung (5.1) ist gegeben durch

6St = rSt6t + O'St6Wt, (5.3) wobei 6St = St+6.t - St, und 6 W t = Wt+6.t - W t ist N(0,6t)-verteilt (siehe Satz 3.11 (2)). Wir benotigen nun Realisierungen des Wiener-Prozesses 6Wt . 1st Z eine N(O, 1)-verteilte ZufallsgroBe, so geniigt es, wegen 6Wt =Z.y6t Realisierungen von Z zu bestimmen. In MATLAB konnen Realisierungen einer standardnormalverteilten ZufallsgroBe mit dem Befehl randn erzeugt werden. Genauer gesagt liefert randn(n,m) eine (n x m)-Matrix mit standardnormalverteilten Pseudo-Zufallszahlen als Elemente. Es handelt sich nicht urn echte Zufallszahlen, da die Zahlen mittels eines deterministischen Algorithmus berechnet werden (siehe Abschnitt 5.2). Die Iteration

Wt+6.t = Wt + Z . y6t lautet in MATLAB in vektorisierter Form wie folgt: h = 0.01; n = 10/h; W(l) = 0; dW = randn(l,n)*sqrt(h); W = [O,cumsum(dW)]; Die kumulative Summation cumsum(dW) addiert kumulativ die Elemente des Vektors dW. Allgemeiner liefert die kumulative Summe B = cumsum(A) einer Matrix A eine Matrix B mit den kumulativen Summen der Spalten von A, d.h. mit den A(k,j). Beispielsweise erzeugt cumsum([l 2; 3 4; Elementen B(i,j)= lZセ]ャ@ 5 6]) die Matrix [1 2; 4 6; 9 12]. Abbildung 5.1 illustriert fiinf verschiedene Realisierungen eines Wiener-Prozesses. Wir konnen die Approximation (5.3) auch schreiben als

Si = 6Si = rSi6t + O'Si Z y6t, So gegeben, (5.4) mit standardnormalverteilter ZufallsgroBe Z. Dieser sogenannte Euler-Maruyama-Algorithmus ist in dem folgenden MATLAB-Programm realisiert: SHI -

h = 0.01; n = 10/h; r = 0.1; sigma = 0.4; S(l) = 1; dW = randn(l,n)*sqrt(h); for i = l:n S(i+1) = S(i)*(1 + r*h + sigma*dW(i)); end In Abbildung 5.2 sind fiinf Realisierungen des Basiswertkurses dargestellt. Damit sind wir in der Lage, unsere erste Monte-Carlo-Simulation gemaB der obigen vier Schritte durchzufiihren; siehe das MATLAB-Programm 5.1. Der Funktionsaufruf randn ( 'state' ,3) bedeutet, dass der Pseudo-Zufallszahlengenerator von MATLAB mit der Zahl 3 initialisiert wird. Dies hat den Zweck, dass die Simulationsergebnisse reproduziert werden konnen.

101

5.1 Grundziige der Monte-Carlo-Simulation

lM

⦅V

Ml

Mセ

024

____セ@ セ@

6

10

8

Abbildung 5.1 Realisierungen eines Wiener-Prozesses mit l:::.t = 0.01.

QP

イM

MLN

Mセ@

9

8 7

2

Abbildung 5.2 Realisierungen von

4

si

6 k)

mit Startwert

8

10

S6k ) = 1 und l:::.t = 0.01.

102

5 Die Monte-Carlo-Methode

MATLAB-Programm 5.1 Das Programm montecarlo.m berechnet den Preis einer europaischen Put-Option mittels Monte-Carlo-Simulationen. randn('state',3) K = 100; r = 0.1; sigma = 0.4; T n = 50; h = 1/n; M = 10000;

= 1;

SO

= 80;

%Simultane Erzeugung der Wiener-Prozesse zu M Pfaden dW

= sqrt(h)*randn(n,M);

% Simultane Berechnung der Aktienkurse fUr aIle M Pfade S = zeros(n+1,M); S(1,:) = SO; %Anfangswerte for i = 1:n S(i+1,:) = S(i,:).*(1 + r*h + sigma*dW(i,:»; end

%Simultane Berechnung der Auszahlungsfunktion payoff = max(O,K-S(n+1,:»; %Simultane Berechnung des Schatzers und der Optionspreise V = exp(-r*T)*(cumsum(payoff)./(1:M»; %Grafische Ausgabe Vexakt = put(SO,O,K,r,sigma,T); plot(abs(V-Vexakt*ones(1,M»/Vexakt)

IV -

In Abbildung 5.3 illustrieren wir die Entwicklung des relativen Fehlers VTI!VT einer europaischen Put-Option in Abhangigkeit von der Anzahl M der MonteCarlo-Simulationen. Der Monte-Carlo-Preis weicht von dem Black-Scholes-Preis stark ab, wenn die Anzahl M der Monte-Carlo-Simulationen zu klein gewahlt wird. Der relative Fehler bei M = 500 Simulationen betragt etwa 6%. Allerdings schwanken die Werte auch flir groBe M noch recht stark. Bei 4000 Simulationen betragt der relative Fehler noch 1.6%. Natlirlich ist es flir dieses Beispiel wesentlich effizienter, die Black-ScholesFormel zur Bestimmung des Optionspreises zu verwenden. Flir komplexere Optionen wie die asiatische Option im Heston-Modell aus Beispiel 5.1 sind wir jedoch auf die Monte-Carlo-Methode angewiesen, da keine expliziten Formeln existieren. Die oben prasentierten Beispiele und Simulationen geben Anlass zu den folgenden Fragen: • Wie werden standardnormalverteilte Pseudo-Zufallszahlen erzeugt? • Wie genau ist die Approximation (5.4)? Wie kann sie verbessert werden? • Wie kann das hochdimensionale Integral aus Beispiel 5.2 mittels der MonteCarlo-Methode approximiert werden? Diese Fragen werden wir in den nachsten Abschnitten beantworten.

103

5.2 Pseudo-Zufallszahlen 0.2 r----.----.----.----.----.----.----,----,----,,-- - ,

0.15 セ@

Q)

:E Q)

u. セ@

Q)

セ@

>

0.1

Qj

a::

0.05

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

Anzahl der Simulationen

Abbildung 5.3 Relativer Fehler bei der Berechnung des Optionspreises V mit K = 100, r = 0.1, (J" = 0.4, T = 1 und So = 80 in Abhangigkeit der Anzahl der Monte-Carlo-Simulationen.

5.2

Pseudo-Zufallszahlen

Fur die Simulation des Wiener-Prozesses benotigen wir standardnormalverteilte Zufallszahlen Z, urn die Inkremente 6W = Z..[lSl zu berechnen. Wir benutzen dafiir die Notation Z rv N(O, 1). Erzeugen wir Zufallszahlen im Rechner, so handelt es sich letztlich immer urn eine deterministische Vorgehensweise. Man spricht daher von Pseudo-ZuJallszahlen. 1m folgenden benutzen wir jedoch den Begriff ZuJallszahlen auch, wenn wir Pseudo-Zufallszahlen meinen. Zuerst erzeugen wir im Intervall [0, 1] gleichverteilte (Pseudo-) Zufallszahlen Y

rv

UfO, 1]

und transformieren sie dann mit einer Funktion h auf normalverteilte Zufallszahlen: Z := h(Y) rv N(O, 1). Urn die obigen Begriffe zu prazisieren, geben wir eine Definition.

Definition 5.3 (1) Eine ZuJallsvariable X heiflt gleichverteilt auJ dem Intervall [a, b] (in Zeichen: X x E [a, b], besitzt.

rv

Uta, b]), wenn sie die DichteJunktion J(x) = l/(b-a),

104

5 Die Monte-Carlo-Methode

(2) Eine Folge von ZuJallszahlen heijJt nach F verteilte Zufallszahlen, wenn sie unabhiingige Realisierungen von nach einer VerteilungsJunktion F verteilten ZuJallsvariablen sind.

Streng genommen sind Pseudo-Zufallszahlen nicht unabhangig voneinander, da sie mittels eines deterministischen Algorithmus berechnet werden. Wir suchen daher deterministische Zahlenfolgen, die die statistischen Eigenschaften naherungsweise erfUllen. 1m folgenden stellen wir Algorithmen zur Erzeugung gleichverteilter Zufallszahlen vor. 5.2.1

Gleichverteilte Zufallszahlen

Ein einfacher Algorithmus, auf [0,1] gleichverteilte Zufallszahlen zu erzeugen, ist durch die lineare Kongruenzmethode gegeben, die bereits im Jahr 1951 von Lehmer eingefuhrt wurde [106]. Seien MEN, a, b, Xo E {O, ... ,M - 1} gegeben und berechne fUr i = 1,2, ...

Xi := (aXi-l + b) mod M, Ui :=XdM . Die Operation "a mod M" berechnet den Rest bei der Division aiM. Klarerweise mussen wir a = 0 und (wenn b = 0) Xo = 0 ausschlieBen. AuBerdem sollte a =1= 1 sein, denn ansonsten ware Xi = (Xo + ib) mod M zu leicht vorhersagbar. 1m Falle b = 0 heisst das Verfahren multiplikative Kongruenzmethode. Die Kongruenzmethode hat die folgenden Eigenschaften: • Die Folge (Xi)iEN ist periodisch mit einer Periode, die kleiner als oder gleich Mist, denn wegen Xi E {O, ... , M - 1} muss es ein pEN geben, so dass Xp = Xo und daher X i +p = Xi fur alle i E N. • Die Verteilung der Zufallsvektoren (Ui,' .. ,Ui+m ) ist leider stark korreliert; siehe das folgende Beispiel. MATLAB-Programm 5.2 Programm kongruenz.m zur Erzeugung von Pseudo-Zufallszahlen mit der linearen Kongruenzmethode. Der Befehl mod(a,M) berechnet den Rest von aiM, also a mod M.

= 1229; b = 1; M = 2048; N = 500; = 1; for i = 2:N a

X(1)

X(i) U(i)

= =

mod(a*X(i-1)+b,M); X(i)/M;

end plot(U(1:N-1),U(2:N),'.')

105

5.2 Pseudo-Zufallszahlen

0.9 • ... ,0.· oNXセ@

0.7 0.6

0- .......

.0

•••

. -.-

.. -."

0.3 0.2 .. ' ....

0.1

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0.5 0.4

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0

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....... .

..... ....

0.2

. . ...... '

0.4

--_ .. .. -'-

..... .-

0.6

. .- .,. .' ... o· .'-

0.8

1

Abbildung 5.4 Mit der linearen Kongruenzmethode gemaJ3 Beispiel 5.4 erzeugte Punktpaare (Ui-i, Ui ), i = 2, ... ,500. Beispiel 5.4 Seien M = 2048, a = 1229, b = 1 und Xo = 1 gegeben. In Abbildung 5.4 sind die ersten 499 Punkte (Ui - 1 , Ui ) gezeichnet, erzeugt mit dem MATLAB-Programm 5.2. Die Punkte liegen auf nur wenigen parallelen Geraden. Solche Zahlen k6nnen wir kaum Zufallszahlen nennen! 0

In den 1960er Jahren war der Zufallszahlengenerator RANDU von IBM, definiert durch die multiplikative Kongruenzmethode mit M = 231 , a = 216 + 3 und b = 0, weit verbreitet. Tatsachlich scheinen die Punktpaare (Ui - 1 , Ui ) zufallig zu liegen (siehe Abbildung 5.5 links). Zeichnet man allerdings die Punkttripel (Ui-2, Ui - 1 , Ui ), so erkennt man, dass diese auf 15 verschiedenen Ebenen im Einheitswiirfel liegen (siehe Abbildung 5.5 rechts). Die Abbildung 5.5 ist mit den MATLAB-Befehlen

plot(U(1:N-1),U(2:N),'.') plot3(U(1:N-2),U(2:N-1),U(3:N),'.') erzeugt worden. Der Befehl plot3 (X, Y,Z, ' . ' ) erzeugt eine dreidimensionale Abbildung mit den Punkttripeln (XCi) ,Yci) ,Z(i». Allgemein konnte Marsaglia [112, 113] zeigen, dass die m-'!ripel (Ui-m+b ... , Ui) von mit einer linearen Kongruenzmethode erzeugten Zufallszahlen Ui stets auf wenigen Hyperebenen im jRm liegen. Wegen dieser Eigenschaft ist diese Methode zur Erzeugung von Zufallszahlen nicht sehr brauchbar.

5 Die Monte-Carlo-Methode

106

0.5

o 1

o

0.2

0.4

0.6

0.8

o

0

Abbildung 5.5 Mit dem Zufallszahlengenerator RANDU erzeugte Punktpaare (Ui Ui ) (links) und Punkttripel (Ui - 2 , Ui - l , Ui ) (rechts), i = 3, ... ,2000.

l ,

Eine andere Methode ist durch sogenannte Fibonacci-Generatoren gegeben. Die Idee lautet, die Fibonacci-Folge zu verwenden: Fur i

= 2,3, ...

Xi := (Xi -

l

+ X i -2)

mod M,

Ui :=XdM, mit M, X o, Xl EN. Je nach Wahl von M konnen aber die Ergebnisse recht unbefriedigend sein. Beispielsweise zeigt Abbildung 5.6, erzeugt mit dem MATLABProgramm 5.3, die ersten 2000 Punkte (Ui - l , Ui ) fur M = 2179, Xl = X 2 = l. Es sind weniger als 2000 Punkte zu sehen, da sich die Folge (Ui) alle 197 Folgenglieder wiederholt. MATLAB-Programm 5.3 Programm fibo.m zur Erzeugung von Pseudo-Zufallszahlen mit einem Fibonacci-Generator. M = 2179; N = 2000; X(l) = 1; X(2) = 1; U(l) = X(l)/M; U(2) = X(2)/M; for i = 3:N X(i) = mod(X(i-1)+X(i-2),M); U(i) = X(i)/M; end plot(U(1:N-1),U(2:N),'.')

Geeigneter sind sogenannte lagged Fibonacci- Generatoren (oder FibonacciGeneratoren mit "Verzogerung") der Form

107

5.2 Pseudo-Z ufallszahlen 1 .

...

0.9

0.8

..

0.7 .

....

0.6

..

0.5 0.4

.,

0.3

'..

0.2

..

0.1 00

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Abbildung 5.6 Mit einem Fibonacci-Generator erzeugte Punktpaare (Ui- 1 , Ui). Fur i 2:: max{/-L, v}

Xi := (Xi- IL + Xi-II) mod M, Ui := Xi/M, wobei die Anfangswerte Xl, ... ,Xmax{IL,II} etwa mittels einer linearen Kongruenz-Methode bestimmt werden konnen. Diese Methode geht auf Tausworthe zuruck [155]. Das MATLAB-Programm 5.4 erzeugt die in Abbildung 5.7 dargestellte Punktmenge. Die Punkte erscheinen genugend zufallig verteilt. FibonacciGeneratoren haben auBerdem den Vorteil, dass sie sehr einfach zu implementieren sind. MATLAB-Programm 5.4 Programm fibolagged.m zur Erzeugung von PseudoZufallszahlen mit einem lagged Fibonacci-Generator. Mit rand konnen gleichverteilte Pseudo-Zufallszahlen erzeugt werden. rand('state' ,1) M = 2048; nu = 17; mu = 5; N = 5000; X = M*rand(l,max(nu,mu)); for i = max(mu,nu)+l:N X(i) = mod(X(i-mu)-X(i-nu),M); U(i) = X(i)/M; end plot(U(1:N-l),U(2:N),'.')

5 Die Monte-Carlo-Methode

108 1"

セ@

"0 "0. :

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0

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0.3

PNRヲMセZ[@

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... "

Zセ@ LNZセ@ ..^NG@セ

'.'::. .. :./.:.. ..:) .•. ......, ..... :. .:., ,.... 0.4 0.6 0.2

.,

'0

.: ':'.

.\. ZNMセB@ ... 0 gegen Xr zur Zeit T, wenn eine Konstante C > 0 existieri, so dass fur alle (genugend kleinen) h > 0 gilt: IE(g(xr)) - eHァクセIQ@ セ@ Ch'Y. 1m Falle g(x) = x nennen wir クセ@

schwach konvergent mit Ordnung 'Y.

5.3 Numerische Integration stochastischerDifferentialgleichungen

125

Da wir nicht an einer pfadweisen Konvergenz interessiert sind, kannen wir auch verschiedene Pfade fUr jeden Zeitschritt Yi t---t Yi+l im Algorithmus (5.8) verwenden. Welche schwache Konvergenzordnung hat das Euler-Maruyama-Verfahren? Wir implementieren einen Test ahnlich wie oben fUr die SDE (5.11) mit J1, = 2, cr = 0.1 und T = 1, realisiert im MATLAB-Programm 5.11. Beachte, dass der Erwartungswert der exakten Lasung Xt von (5.11) E(xd = exp(J1,t) lautet. Da wir nur an Mittelwerten interessiert sind, kannten wir in dem Programm randn (M, 1) durch sign(rand(M,l» ersetzen. MATLAB-Programm 5.11 Das Programm eulerweak.m testet das Euler-Maruyama-Verfahren auf schwache Konvergenz. randn('state',3), mu M = 50000; m = 5;

= 2; sigma = 0.1; XO = 1; T = 1; %Anzahl der Pfade der Brownschen Bewegung % Anzahl der verschiedenen Schrittweiten

%Berechnung der Euler-Mayurama-Losung for p = 1:m h = 2-(p-10); %aktuelle Schrittweite %Anzahl der Euler-Schritte L = T/h; X = XO*ones(M,1); for j = 1:L dW = sqrt(h)*randn(M,1); X = X.*(1 + mu*h + sigma*dW); end Xerr(p) = abs(mean(X) - exp(mu*T»;

end

%Plotten der Fehler und einer Geraden mit Steigung 1 dtlist = 2.-([1:m]-10); loglog(dtlist,Xerr,'*-'), hold on loglog(dtlist,dtlist,'--'), hold off

%Kleinste-Quadrate-Methode Ax = b mit x = (loge gamma) A = [ones(m,1),log(dtlist)']; b x = A\b; gamma = x(2), residuum

= log(Xerr)';

= norm(A*x-b)

Abbildung 5.12 stellt den Fehler IE(XT) - eHクセIQ@ fUr verschiedene Schrittwei ten h dar. Diesmal vermuten wir eine Konvergenzordnung von 1. Die lineare Ausgleichsrechnung ergibt in der Tat I = 1.008 bei einem Residuum von 0.051. Diese Konvergenzordnung kann rigoros bewiesen werden (siehe Theorem 14.1.5 in [98]).

5.3.2

Stochastische Taylorentwicklungen

Wir wollen nun Verfahren haherer Konvergenzordnung entwickeln. Dazu machen wir einen Ruckgriff auf eine spezielle Klasse von Integrationsverfahren, die fur gewahnliche Differentialgleichungen verwendet werden, und zwar TaylorreihenVerfahren.

5 Die Monte-Carlo-Methode

126

1PMSGセ⦅@

10-3

10-2 Schrittweite h

Abbildung 5.12 Fehler IE(XT) - eHクセI@ I rur das Euler-Maruyama-Verfahren mit Schrittweiten h = 2- 9 , ... , 2- 5 in doppelt-logarithmischer Darstellung und Vergleichs-

gerade mit Steigung 1 (gestrichelte Linie). Betrachte zuerst das gewahnliche (autonorne) Anfangswertproblern

x'(t) = a(x(t)),

xE

]Rn,

t > to,

x(to) = Xo.

Urn Verfahren hoherer Ordnung als das Euler-Verfahren Yi+l

= Yi + a(Yi)h,

i

= 0,1, ... ,

Yo

= xo,

fiir Approxirnationen Yi von X(ti) (mit ti = ih, h > 0) herzuleiten, entwickeln wir die Lasung x(t) in eine Taylorreihe urn t (geniigend hohe Regularitat der Lasung vorausgesetzt) :

x(t + h) = x(t)

h2

h3

+ hx'(t) + 2XIl(t) + 6"XIll(t) + O(h4).

Rekursives Einsetzen der rechten Seite der Differentialgleichung liefert die Entwicklung

x(t + h)

=

h2

h3

x(t)

+ ha(x(t)) + 2

x(t)

+ ha(x(t)) + 2a'(x(t)) . a(x(t))

h3

+ 6"

(a(x(t)))' + 6" (a(x(t)))" + O(h4)

h2

[a"(x(t))a(x(t))2

+ a'(x(t)) . (a'(x(t)) . a(x(t)))] + O(h4),

5.3 Numerische Integration stochastischerDifferentialgleichungen

127

wobei a(x(t))2 das Argument des 3-Tensors a"(x(t)) ist, d.h.

(a"(x(t))a(x(t))2)i

aa' ax .;x (x(t))aj(x(t))ak(x(t)), j,k=l ] k

L n

=

und die i-te Komponente von a'(x(t)) . (a'(x(t)) . a(x(t))) lautet

aa' aa' クセN@。 (x(t)) ax] (x(t))ak(x(t)). j,k=l] k

L n

Wahlen wir t = ti und approximieren X(ti) durch Yi, so erhalten wir nach Vernachlassigung des Restterms O(h4) das Taylor-Einschrittverfahren

Wir konnen diese Idee auf SDE ubertragen, indem wir die Taylorreihenentwicklung durch eine stochastische Version mit Hilfe des Lemmas von Ito ersetzen. Zunachst betrachten wir zur Vereinfachung der DarsteIlung die skalare, eindimensionale und autonome SDE (5.12)

Das Lemma 4.6 von Ito fUr f(xt) lautet in Integralform

SpezieIl fur f(x)

= x ergibt sich Xt = Xto

Set zen wir (5.13) fUr

Xt

=

f

+ rt a(xs)ds +

= a und

lto

f

=

t

lto

b(xs)dWs.

(5.14)

b in (5.14) ein, so ergibt sich

r

r

+ rt (a(x to) + (a'a + !a"b2)dz + a'bdWz ) ds セ@ セ@ セ@ + rt (b(X to) + r (b'a + !b"b2)dz + r b'bdWz) dWs, (5.15)

Xto

ho

ho

ho

wobei wir a = a(xz), b = b(x z ) etc. abgekurzt haben. Fassen wir aIle Doppelintegrale zu einem Restterm R zusammen, so folgt aus (5.15)

5 Die Monte-Carlo-Methode

128

Xt = Xto

+ a(xto)(t - to) + b(Xto)

itto

dWs + R.

Vernachlassigen von R liefert eine (recht umstandliche) Herleitung des EulerMaruyama-Verfahrens. Wir erhalten ein Verfahren hoherer Ordnung, indem wir das Doppelintegral bezuglich dWz dWs aus dem Restterm herausnehmen und den Integranden b'(xz)b(x z ) durch b'(xto)b(xto) ersetzen:

Xt = Xto

+ a(xto)(t - to) + b(Xto)

itto

dWs + b'(Xto)b(Xto)

itto isto

dWz dWs + Ii.

Die Idee dahinter ist, dass sich das Doppelintegral bezuglich dWz dWs durch O(h) abschatzen ャセウエL@ wobei h = t - to, denn dWt = v1i (siehe (4.7)). AIle anderen Terme in R sind von hoherer Ordnung; insbesondere gilt R = O(h) und

Ii =

O(h 3 / 2 ).

Wir konnen das obige Doppelintegral explizit berechnen. Mit einer Variante von (4.2) folgt

itotisto

dWz dWs

=

it

(Ws - Wto )dWs =

セ@

セ@

it

WsdWs - Wto セ@

it

dWs

1 2 2 t - to "2(Wt - Wto) - -2- - Wto(Wt - Wto)

セ@

((Wt - W to )2 - (t - to)).

(5.16)

Dies fUhrt auf das Milstein- Verfahren fUr die nichtautonome SDE (5.7): Fur i = 0, ... ,n - 1 :

6W := ZYh mit Z セ@ N(O, 1), Yi+l = Yi + a(Yi' ti)h + b(Yi, ti)6W + !b'(Yi, ti)b(Yi' ti)((6W)2 - h), wobei b' = 8b/8x. Urn das Milstein-Verfahren fur die SDE (5.11) mit J1, = 2, a = 1 und T = 1 in MATLAB zu implementieren, genugt es, den Term !a 2X((.6W)2-h) zu der EulerMaruyama-Approximation von X hinzuzufugen, d.h., die Zeile 20 im MATLABProgramm 5.10 durch die Zeile

X = X.*(l + dt*mu + sigma*Winc + O.5*sigma-2*(Winc.-2 - h)); zu ersetzen. Das Ergebnis fur verschiedene Schrittweiten ist in Abbildung 5.13 dargestellt. Die lineare Ausgleichsrechnung liefert I = 1.008 bei einem Residuum von 0.051. Tatsachlich betragt die starke Konvergenzordnung des MilsteinVerfahrens 1 (also urn 1/2 besser als das Euler-Maruyama-Verfahren). FUr einen Konvergenzbeweis verweisen wir auf Theorem 10.3.5 in [98]. 1m FaIle vektorwertiger SDE ist die Funktion b(xt, t) ebenfalls vektorwertig, und es muss in jedem Schritt die Jacobi-Matrix b'(xt, t) ausgewertet werden. Dies kann bei stochastischen Runge-Kutta-Verfahren, die wir im folgenden vorstellen, vermieden werden.

5.3 Numerische Integration stochastischerDifferentialgleichungen

129

Abbildung 5.13 Fehlerschatzer f(h) fur das Milstein-Verfahren mit Schrittweiten h = 2- 9 , ... ,2- 4 in doppelt-logarithmischer Darstellung und Vergleichsgerade mit Steigung 1 (gestrichelte Linie). 5.3.3

Stochastische Runge-Kutta-Verfahren

Ais Beispiel fUr ein stochastisches Runge-Kutta-Verfahren leiten wir einen Algarithmus vom Milstein-Typ her. Urn die Ableitung b'(xt) zu ersetzen, entwickeln wir formal:

b'(Xt)!:::,.Xt + O(I!:::"xtI 2 ) b'(xt)(a(xt)h + b(xt)!:::,.Wt ) + O(h) b'(xt)b(xt)!:::,.Wt + O(h). Ersetzen wir !:::,.Wt wieder durch den Mittelwert v'h (motiviert durch (4.7)), so folgt 1

v'h(b(xt

セ@

+ !:::"xt} -

b(xt}) + O(v'h)

[b(xt + a(xt)h + b(xt)v'h) - b(Xt)] + O( v'h).

Damit erhalten wir das stochastische Runge-Kutta-Verfahren erster Ordnung, das eine Variante des Milstein-Verfahrens ist:

130

5 Die Monte-Carlo-Methode Fur i = 0, ... , n - 1 :

6W:=

z0i mit Z

f'V

N(O, 1),

(5.17)

f} := Yi + a(Yi' ti)h + b(Yi' ti)Vh, Yi+l := Yi + a(Yi' ti)h + b(Yi, ti)6W

+

1fL(b(f}, ti) - b(Yi' td)((6W)2 - h). 2vh

Bemerkung 5.17 Wie konnte eine allgemeine Klasse von stochastischen RungeKutta-Verfahren aussehen? Ein erster Versuch ware die Definition

Yi+l = Yi + h

s

s

j=l

j=l

L dja(fh) + 6W L ejb(Yj)

mit den Zuwachsen s

fh =

Yi

+hL

s

Djka(Yk) + 6W

k=l

L Ejkb(Yk) ,

j = 1, ... , S.

k=l

Leider gibt es hierfur eine Schranke fur die Konvergenzordnung. Derartige Verfahren konnen maximal eine (starke) Konvergenzordnung von 1 haben und sind somit nicht besser als das Milstein-Verfahren oder die oben konstruierte Runge-KuttaMethode [135]. Umgehen kann man diese Ordnungsschranke nur, wenn man weitere Zufallsvariable benutzt, urn die Mehrfach-Integrale (z.B. iエセ@ dWzdWs ) der stochastischen Taylorentwicklung zu approximieren. Hierzu ersetzt man die Ausdrucke ej6W bzw. Ejk6W durch Zufallsvariable Zj bzw. Zjk. Wir verweisen fur Details auf [29, 30]. 0

It:

5.3.4

Systeme stochastischer Differentialgleichungen

Wir wollen das Milstein-Verfahren auf Systeme von SDE der Dimension n mit m-dimensionalen Wiener-Prozessen W t = (WP), ... , Wt(m)) verallgemeinern:

wobei a

= (a(j)):]Rn x]R --t ]Rn,

b

= (b(jk)):]Rn x]R --t ]Rnxm.

Solche SDE treten etwa bei der Modellierung von Optionen mit stochastischer Volatilitat auf (Beispiel 5.1) oder bei der Modellierung von Basket-Optionen (Beispiel 5.2). Die allgemeine Gleichung, die die Dynamik der Aktienkurse SP), ... , sセョI@ beschreibt, lautet dann

5.3 Numerische Integration stochastischerDifferentialgleichungen

131

m

l/(j)S(j)dt dSt(j) -- t"'t t

+ '"' /T(jk)S(j)dW(k) セ@ Vt t t,

J. = 1, ... , n.

k=l Der Fall eines eindimensionalen Wiener-Prozesses m = 1 ist einfach. Der Term b'b geht fUr b = (b(l), ... , b(n)) Tuber in Ob(l)

Db(Xt, t)b(Xt, t)

=

(

8x1 : ob(n)

OXI

und das Milstein-Verfahren schreibt sich als

Ahnlich lEi,Bt sich das obige stochastische Runge-Kutta-Verfahren umformulieren. Der allgemeine Fall von m > 1 Wiener-Prozessen ist komplizierter. Wiederholen wir die Herleitung des Milstein-Verfahrens fUr skalare SDE, so erhalten wir das Milstein- Verfahren fur Systeme: (s)

(5.18)

Yi+1

s

= 1, ... ,no

Wir sind hier mit zwei Problemen konfrontiert: • Leider sind die stochastischen Integrale

im aIlgemeinen nicht mehr einfach auf die elementaren Integrale

.6. W(k) =

rti+

1

Jti

、wセォI@

(5.19)

ruckfUhrbar. Wie konnen wir sie dennoch berechnen? • Die Differentialoperatoren L j :=

t £=1

b(£j)

ee X£

mussen auf aIle Spaltenvektoren (b(sk))S=l, ... ,n angewendet werden. Dies ist muhsam; konnen wir es vermeiden?

5 Die Monte-Carlo-Methode

132

Eine Maglichkeit, das erste Problem zu 16sen, ist, die Integrale Ijk bis auf einen Fehler O(h) zu approximieren, denn damit bleibt die Konvergenzordnung 1 des Milstein-Verfahrens erhalten. Interessanterweise sind die Integrale Losungen von (einfachen) Systemen von SDE. Approximieren wir die Lasungen, so erhalten wir auch Approximationen der Integrale Ijk. Wir zeigen, wie das Integral hI approximiert werden kann; der allgemeine Fall funktioniert analog. Die Behauptung ist, dass 121 die erste Komponente der Lasung des Systems (5.20) an der Stelle t = ti+ 1 ist, wobei Lemma. Lemma 5.18 Die Losung

Xt

Xt

=

クセRI@

T.

Dies beweisen wir im folgenden

von (5.20) lautet an der Stelle t = ti+l:

Beweis. Die zweite Gleichung 、クセRI@ X(2) 8

(X?),

= X(2) ti +

= dWP) kann geschrieben werden als

1 8

ti

dW(2) 8

=

1 8

dW(2) 8 ,

ti

so dass ftir die erste Komponente folgt

Wir zerlegen das Intervall [ti, ti+1l in N Teilintervalle der Lange O.

Wegen Var(On) = Var(O;;) erhalten wir also Var(en ) < Var(On). Wir illustrieren diese Methode mit einer Monte-Carla-Simulation der eurapaischen Put-Option aus Beispiel 5.1. Die Variablen On bzw. 0;; seien die Auszahlungsfunktionen zu den Aktienkursen Si bzw. Si, die durch

+ rh + z..fh),

Si+l

Si(l

Si+l

Si(l+rh-Z..fh),

i=1, ... ,n-1,

mit Z rv N(O, 1) definiert sind. Die Auszahlungsfunktion der antithetischen Variablen ist dann gegeben durch セHk@ - SN)+ + (K - SN)+)' Dies ist im MATLABProgramm 5.12 realisiert. Abbildung 5.14 stellt die Entwicklung des relativen Fehlers des Optionspreises in Abhangigkeit von der Anzahl der Monte-Carla-Simulationen dar. 1m Vergleich zu Abbildung 5.3 sehen wir eine Effizienzsteigerung gegentiber der Standardmethode. Nach 3000 Simulationen etwa betragt der relative Fehler ohne Varianzreduktionstechnik 1.4%; mit antithetischen Variablen lautet dieser Fehler nur 0.4%.

5.5

Monte-Carlo-Simulation einer asiatischen Option

In den vorangegangenen Abschnitten haben wir die Techniken kennengelernt, mit denen wir die in Beispiel 5.1 vorgestellte asiatische Option im Heston-Modell bewerten k6nnen. Die Aufgabe lautet, den Preis einer asiatischen Call-Option mit Auszahl ungsfunktion

5 Die Monte-Carlo-Methode

138

MATLAB-Programm 5.12 Das Programm antithetic.m berechnet den Preis einer europaischen Put-Option mittels Monte-Carlo-Simulationen und Verwendung antithetischer Variablen. randn('state',3) K = 100; r = 0.1; sigma = 0.4; T n = 50; h = lin; M = 10000;

= 1; SO = 80;

%Simultane Erzeugung der Wiener-Prozesse zu M Pfaden dW

= sqrt(h)*randn(n,M);

%Simultane Berechnung der Aktienkurse fUr alle M Pfade S = zeros(n+l,M); S(l,:) = SO; %Anfangswerte Sl = S; for i = l:n S(i+l,:) = S(i,:).*(l + r*h + sigma*dW(i,:)); Sl(i+l,:) = Sl(i,:).*(l + r*h - sigma*dW(i,:)); end %Simultane Berechnung der Auszahlungsfunktion payoff = 0.5*(max(O,K-S(n+l,:)) + max(O,K-Sl(n+l,:)));

%Simultane Berechnung des Schatzers und der Optionspreise V = exp(-r*T)*(cumsum(payoff)./(l:M)); %Grafische Ausgabe

Vexakt = put(SO,O,K,r,sigma,T); plot(abs(V-Vexakt*ones(l,M))/Vexakt)

0.05

0.04

"-

0.03

Q)

:cQ) u..

0.02

0.01

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

9000

10000

Anzahl der Simulationen

Abbildung 5.14 Relativer Fehler bei der Berechnung des Preises einer europaischen Put-Option mit K = 100, r = 0.1, (j = 0.4, T = 1 und So = 80 in Abhangigkeit von der Anzahl der Monte-Carlo-Simulationen unter Verwendung antithetischer Variablen.

139

5.5 Monte-Carlo-Simulation einer asiatischen Option

VO(ST) = (ST -

セ@

loT STdT) +

zu berechnen, wobei die Dynamik von St durch das Heston-Modell

P) ,

dSt

rtStdt + (7t StdW

d(7;

/'i,(O - (7;)dt + l/(7tdWP) ,

0 0.4 0.35

0.2

0.4

0.6

0.8

Zeit in Jahren

Abbildung 5.15 Gemittelte stochastische Volatilitat in Abhangigkeit von der Zeit.

143

5.5 Monte-Carlo-Simulation einer asiatischen Option

I Simulationen I Optionspreis I 13.02 13.27 13.52 12.85 13.71 13.71

500 1000 2000 3000 4000 5000

Tabelle 5.3 Preise des asiatischen Calls, berechnet mit dem Milstein-Verfahren, in Abhangigkeit der Anzahl der Monte-Carlo-Simulationen.

Ubungsaufgaben 1. Sei 0 C lR d (d?: 1) mit vol(O) = 1. Definiere L2(0) = {f : 0 -+ lR : existiert} mit der Norm Ilfll£2(o) = Uo Pdx)1/2 und

E(f) = Seien weiter

10 fdx,

Xl, ... , X N E

Var(f) =

10 f 2dx

10 (f - E(f))2dx.

0 und definiere mit

1 N EN(Xl, ... ,XN) = N f(Xi)

L

i=l

einen Schatzer flir E(f). Zeigen Sie:

r

JON (EN(Xl, ... ,XN) -

2

E(f)) dXl'" dXN

=

Var(f) N .

Der Schatzer dient in Monte-Carlo-Simulationen als Approximation eines Integrals. Die obige Abschatzung zeigt, dass der Schatzer in der L2(ON)_ Norm von der Gr6-Benordnung O(N- 1 / 2 ) und damit unabhangig von der Dimension d des Integrals ist. 2. Zeigen Sie, dass die Folge (Xi) von Pseudo-Zufallszahlen, erzeugt mit der linearen Kongruenzmethode

Xi := (aXi -

1

+ b)

Ui := Xi/2 n ,

mod 2n ,

i?: 1,

genau die Periode 2n hat, wenn n E N, a mod 8 = 5 und b ungerade ist. 3. Gegeben sei der Zufallszahlengenerator RANDU

Xi := aXi - 1 mod M,

Ui

:=

Xi/M,

i?: 1,

mit a = 216 + 3, M = 231 und beliebigem Startwert Xo E Z. Zeigen Sie, dass die Folge Ui +2 - 6Ui+l + 9Ui ganzzahlig ist. Was folgt hieraus flir die Lage der Zahlentripel (Ui , Ui+l, Ui +2) im Einheitswurfel?

5 Die Monte-Carlo-Methode

144

4. Sei (U I , U2 ) ein Paar gleichverteilter Zufallsvariablen auf der Einheitskreisscheibe A = {(Xl, X2) : xセ@ + X§ ::; I} mit der gemeinsamen Dichtefunktion

falls (XI,X2) E A sonst. Zeigen Sie, dass

normalverteilte Zufallsvariablen sind.

5. Seien Ui , i

E

N, unabhangige, auf [O,lJ gleichverteilte Zufallszahlen und

definiere

i+ll

Xi

=

L Uk - 6,

i E N.

k=i

Berechnen Sie den Erwartungswert und die Varianz von Xi' Wieso kann man die Variablen Xi als naherungsweise standardnormalverteilt ansehen?

6. Seien Xi, Yi E [0,1]' i

= 1, ... , N.

Zeigen Sie:

wobei mit DN(XI, ... ,XN) bzw. DN(YI, ... ,YN) die Diskrepanz der Menge {Xl, ... , XN} bzw. {YI, ... , YN} bezeichnet sei.

°: ;

7. Seien Xl Zeigen Sie:

::;

X2 ::; ... ::; XN ::; 1 und D N die Diskrepanz von {Xl, ... , XN }.

DN

= セ@N + ャセゥn@ max HセM

N

Xi) ャセゥn@

min

HセM

N

Xi) .

8. Die Stern- Diskrepanz einer Menge {Xl, ... , XN} mit Xi E [0, 1Jm ist definiert durch Xi E Q*} - vl(Q*)1 D *N = sup I#{Xi : N o, Q*

wobei sich das Supremum iiber aIle Quader Q* im [O,lJm erstreckt, fiir die eine Ecke der Koordinatenursprung ist. Zeigen Sie, dass Djy ::; 1 und

°: ;

wobei D N die Diskrepanz der Menge

{Xl, ... , X N}

sei.

5.5 Monte-Carlo-Simulation einer asiatischen Option

145

9. Es seien zwei Aktienprozesse SI(t), S2(t) gegeben, die den folgenden stochastischen Differentialgleichungen genugen:

Hierbei sind WI und W2 korrelierte Wiener-Prozesse mit Kovarianzmatrix

Leiten Sie die verallgemeinerte Black-Scholes-Gleichung fur eine Option auf diese zwei Aktien her (vgl. Abschnitt 4.5). Hinweis: Verwenden Sie die mehrdimensionale ItO-Formel (4.65). 10. Sei Xt die Lasung einer SDE und クセ@ eine Approximation von XT, die stark auch mit Ordnung r > 0 gegen XT konvergiert. Zeigen Sie, dass dann クセ@ schwach mit Ordnung r gegen XT konvergiert. 11. Implementieren Sie die stochastische Runge-Kutta-Variante des MilsteinVerfahrens (5.17) in MATLAB und bestimmen Sie numerisch die starke Konvergenzordnung fur ein einfaches Beispiel. 12. Diskretisieren Sie die skalare SDE 1 dXt = -2Xtdt

+ XtdWt(1) + XtdWt(2) ,t > 0,

Xo = 1,

wobei W(I) und W(2) zwei unabhangige skalare Wiener-Prozesse seien, mit dem stochastischen Runge-Kutta-Verfahren (5.25) erster Ordnung fur Systeme und 16sen Sie das diskrete Problem numerisch mit MATLAB. 13. Beweisen Sie die Chebychev- Ungleichung

fur quadratisch integrierbare Zufallsvariablen Y. 14. Implementieren Sie eine MATLAB-Funktion zur Bewertung europaischer Optionen mittels Monte-Carlo-Simulationen. Bewerten Sie mit dieser Funktion die folgenden Derivate und plotten Sie jeweils den Options preis und den relativen Fehler dieses Preises im Vergleich zum Black-Scholes-Preis als Funktion der Anzahl M der Simulationen (Mmax = 5000): (a) eine europaische Put-Option mit K = 100, So = 103, r = 0.04, T= 1; (b) eine europaische Call-Option mit K T=1.

= 100,

So

= 95, r = 0.1,

(J

= 0.3,

(J

= 0.2,

5 Die Monte-Carlo-Methode

146

15. Implementieren Sie eine MATLAB-Funktion zur Realisierung der Monte-Carlo-Integration mit der Halton-Folge. Sei T C ]R3 der dreidimensionale Torus, der entsteht, wenn man einen Kreis mit Radius ro mit Abstand Ro > ro urn die z-Achse rotieren liillt. Der innere bzw. au6ere Torusradius betragt also Ro - ro bzw. Ro + ro. Betrachten Sie die Funktion

f( X,y,z ) = { 01 + cos (11T2 Ira) wobei r

: r < ro : r 2:: ro,

= J((x 2 + y2)1/2 - Ro)2 + z2.

(a) Berechnen Sie das Integral und ro = 0.3.

IT f(x, y, z)dxdydz numerisch fur Ro = 0.6

(b) Berechnen Sie das Integral analytisch. (c) Plotten Sie den durchschnittlichen relativen Fehler der Approximation als Funktion der Anzahl M der Simulationen. 16. Bewerten Sie die asiatische Call-Option im Heston-Modell aus Abschnitt 5.5 unter Verwendung von antithetischen Variablen. 17. Bewerten Sie die asiatische Call-Option im Heston-Modell aus Abschnitt 5.5, indem Sie das entsprechende System stochastischer Differentialgleichungen mit dem Milstein-Verfahren approximieren. Implementieren Sie die Methode in MATLAB.

18. Mortgage backed securities (MBS) sind hypothekarisch abgesicherte Wertpapiere, die in den USA sehr popular sind. Bei diesem Wertpapiertyp wird eine Ansammlung von Hypothekendarlehen von Banken als Wertpapier "securisiert", d.h. dem Kapitalmarkt als Anlageinstrument verbrieft zur Verfugung gestellt. Die Hypothekennehmer zahlen einen festen Zinssatz ro. Zusatzlich zu den monatlichen Annuitaten konnen weitere Ruckzahlungen ohne Vorfalligkeitsentschadigungen geleistet werden. Daher ist weder die Zinszahlung noch der Nominalbetrag des Wertpapiers konstant. Es gibt nur ein vermutetes Verhalten. Wir betrachten im folgenden einen Pool von Wertpapieren mit 30-jahriger Laufzeit und monatlichem Kapitalfluss M k • Wir definieren die folgenden Variablen: rk

Wk

C ak

wobei

ak

allgemeiner Zinssatz im Monat k = 1, ... ,360, Anteil der Ruckzahlung der Restschuld im Monat k, anfangliche Annuitat, Faktor fur die Ablosezahlung bei Tilgung im Monat k, durch

5.5 Monte-Carlo-Simulation einer asiatischen Option

ak セ@ セ@

147

(l:r,)'

berechnet wird. Fur die Zinsentwicklung nehmen wir folgenden Verlauf an:

rk =

kッ・クーHoBセォIイMャ@

=

kセ・クー@

k

(0" lセゥIイッL@

i=l

wobei

セォ@

unabhangige standardnormalverteilte Zufallsvariablen sind.

Wenn der Marktzins hoch ist, werden geringere Ruckzahlungen erwartet, da die Hypothekennehmer dann anstelle der zusatzlichen Ruckzahlung das Geld anlegen k6nnten. Bei niedrigem Zinssatz sind hingegen hohe Ruckzahlungen zu erwarten. Dieses Verhalten wird modelliert durch

Wk = wk(rk) = Kl

+ K2 arctan(K3rk + K 4),

K 2 · K3 < O.

Der gesamte Kapitalfluss im k-ten Monat ergibt sich zu k-l

Mk = C

II (1 -

wi)(1 - Wk

+ Wk a360-k+1)'

i=l

Als Wert der MBS erhalten wir demnach

w セ@

E

HセdォmI@

mit den Abzinsungsfaktoren 1 Dk=II-· i=O 1 + ri k-l

Berechnen Sie den Wert der MBS mit der Monte-Carlo-Integration und den folgenden Konstanten:

Ko Kl K2 K3 K4

= 1/1.020201, = 0.24,

=

0.134,

= -261.17· 12, = 12.72,

ro = 0.075/12,

0" = 0.02, C = 2000,

ao = 0, Wo = O.

Verwenden Sie unter Benutzung eines Varianzschatzers sJv fUr den Integrationsfehler das adaptive Abbruchkriterium sJv/VEN < 0 (siehe Abschnitt 5.4). Als Sicherheit k6nnen Sie z.B. E = 0.95 und 0 = 10 wahlen. Fur die Schatzer des Erwartungswertes und der Varianz k6nnen Sie den Algorithmus aus Aufgabe 19 unten benutzen.

148

5 Die Monte-Carlo-Methode Erweiterung: Ersetzen Sie in Ihrem Programm die ZufalIszahlen durch die Halton-Folge. Fur die Transformation auf normalverteilte ZufalIsvariablen konnen Sie die Box-MulIer-Methode oder die Polarmethode nach Marsaglia wahlen. Vergleichen Sie die theoretische Fehleraussage fUr Folgen niedriger Diskrepanz mit Ihren Ergebnissen.

19. Ein Schatzer fUr die Varianz von N Daten XI, . .. ,XN ist gegeben durch wobei Die aquivalente Darstellung

liisst sich mit nur einer Schleife i = 1, ... , N programmieren, sollte aber wegen Ausloschungsgefahr nicht verwendet werden. Zu empfehlen ist der folgende Algorithmus: Ql :=

Xl,

fh

:= 0,

= 2, ... , N : Qi := Qi-l + (Xi - Qi-l)/i. f3i := f3i-l + (i - 1)(Xi - Qi_l)2 Ii.

Fur i

(a) Zeigen Sie

x=

QN und s'Jv

=

f3N/(N - 1).

(b) Fuhren Sie fur die i-ten Werte im Algorithmus eine Rundungsfehleranalyse durch und zeigen Sie dadurch, dass die Berechnung der Qi wegen Ausloschungseffekten problematisch sein kann, die der f3i jedoch nicht.

149

Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

6

In Kapitel 5 haben wir die Monte-Carlo-Methode zur Lasung stochastischer Differentialgleichungen kennengelernt und gesehen, dass diese Methode im allgemeinen recht zeit- und rechenintensiv ist. Die Preise exotischer Optionen kannen haufig auch durch die Lasung einer partiellen Differentialgleichung vom BlackScholes-Typ bestimmt werden. Diese Differentialgleichungen kannen allerdings im allgemeinen nicht explizit gelast werden. In diesem Kapitel stellen wir einige Techniken vor, mit denen diese Gleichungen numerisch gelast werden kannen. Als einftihrendes Beispiel leiten wir parabolische Differentialgleichungen zur Bewertung asiatischer Optionen her (Abschnitt 6.1). In den folgenden Abschnitten erlautern wir zwei numerische Techniken, mit denen die Differentialgleichungen gelast werden kannen: die Methode der Finiten Differenzen (Abschnitt 6.2) und die (vertikale) Linienmethode (Abschnitt 6.4). Diese Techniken werden angewendet auf die numerische Bewertung von Power-Optionen in Abschnitt 6.3 und Basket-Optionen in Abschnitt 6.5.

6.1

Partielle Differentialgleichungen fiir asiatische Optionen

Asiatische Optionen sind Optionen, deren Auszahlungsfunktion von den Kursen des Basiswerts St abhangt, gemittelt tiber die Laufzeit T der Option. 1m folgenden stellen wir einige Typen asiatischer Optionen vor und leiten die Bewertungsgleichungen her.

6.1.1

Typen asiatischer Optionen

Asiatische Optionen unterscheiden sich durch die Art der Mittelung sowie durch die Ausgestaltung der Auszahlungsmodalitaten. Je nachdem, wie der Mittelwert gebildet wird, unterscheidet man verschiedene Typen asiatischer Optionen: • Der Mittelwert S bezieht sich auf diskrete Zeitpunkte Sh, ... ,Stn oder auf stetige Zeitpunkte St, 0 ::; t ::; T . • Der Mittelwert

S ist

arithmetisch oder geometrisch.

AuBerdem werden die Optionen nach den Auszahlungsmodalitaten unterschieden: M. Günther et al., Finanzderivate mit MATLAB ® © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

150

• Besitzt die Option die Auszahlungsfunktion (8 - 8)+ (fur einen Call) bzw. (8 - 8) + (fur einen Put), so nennen wir sie strike option (auch floating strike option genannt); im Falle eines Payoffs (8 - K)+ (Call) bzw. (K - 8)+ (Put) mit Ausubungspreis K heiBt sie rate option (auch fixed strike option genannt). • Die asiatische Option kann vom europiiischen oder amerikanischen Typ sein. セ@

Es bleibt der Mittelwert S fUr die verschiedenen Situationen zu definieren. 1m diskreten Fall haben wir: セ@ 1 n • arithmetisch: 8 = - ' " 8t , n L..t '

i=l

• geometrisch:

8=

n

) lin

n

(

Sti

z=l

Den stetigen Fall erhalten wir im (formalen) Grenzwert n - t 00, wenn wir T = n6t fur festes T > 0 schreiben. Bei der arithmetischen Mittelung ergibt sich ein Integral:

Der Grenzwert bei der geometrischen Mittelung ist etwas komplizierter:

s

=

exp

-t

exp

Hセ@

HセエNャョsLI@

= exp

loT In SrdT)

UエNャョsセI@

(6t

-t

0).

Die Auszahlungsfunktion eines arithmetic-average-strike calls beispielsweise lautet:

6.1.2

Modellierung asiatischer Optionen

Wir betrachten im folgenden nur asiatische Optionen vom europaischen Typ, deren Auszahlungsfunktion A von S und

(6.1)

6.1 Partielle Differentialgleichungen fur asiatische Optionen

151

abhangt, d.h. A = A(S, 1). 1m FaIle eines arithmetic-average-strike calls ist I(S, t) = S und A = (S - I /T)+. Fur derartige Optionen wollen wir den fairen Preis als Losung einer parabolischen Differentialgleichung bestimmen, indem wir die Duplikationsstrategie aus Abschnitt 4.2 anwenden. Wir machen dieselben Voraussetzungen an den Finanzmarkt wie in Abschnitt 4.2 bei der Herleitung der Black-Scholes-Gleichung. AuBerdem betrachten wir lund S als unabhangige Variable. Der Optionspreis wird also im allgemeinen von S, lund t abhangen. Seien B t ein Bond mit risikofreier Zinsrate r und V(S, I, t) der Optionspreis. Ferner sei wie in Abschnitt 4.2 Yt = cI(t)Bt + C2(t)St - V(S, I, t) ein risikoloses und selbstfinanzierendes Portfolio, d.h.

dYt = rYtdt und dYt =

CI (t)dBt

+ c2(t)dSt - dV(S, I, t).

(6.2)

Der Basiswert und der Bond andern sich nach Voraussetzung gemaB

und die stochastische Differentialgleichung fur It lautet wegen (6.1):

dIt = I(St, t)dt. Aus der Ito-Taylor-Entwicklung von V(S, I, t) folgt formal 1

dV = Vtdt + VsdS + VldI + 2VssdS

2

1 2 Vn dI + o(dt), + VSldSdI + 2

wobei von nun an Vt die partielle Ableitung von V nach t bezeichnet und o(dt) Terme "kleiner" als dt sind. (Genauer gilt 9 = o(.6.t) fur .6.t セ@ 0 genau dann, wenn Ig/ 6tl セ@ 0 fur 6t セ@ 0.) Setzen wir die obigen stochastischen Differentialgleichungen fur S und I ein, benutzen die Merkregel dW 2 = dt (siehe (4.7)) und vernachlassigen Terme hoherer Ordnung, so erhalten wir

dV = ( Vt

1 2 S 2Vss + I(S, t)VI ) + j1SVs + 20-

dt + o-SVsdW.

Diese Formel ist das Analogon zu (4.16). Wir set zen nun die stochastischen Differentialgleichungen fur B, S und V in die zweite Gleichung von (6.2) ein:

dY =

(CIrB - Vt

+ j1S(C2 -

Vs) -

セPMRsv@

- I(S,t)VI) dt

+ o-S(C2 - Vs)dW. Wahlen wir wie in Abschnitt 4.2 C2 = Vs, so wird das Portfolio Y risikofrei. Andererseits folgt aus der ersten Gleichung in (6.2), dass

152

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen dY = rYdt = r(cIB + SVs - V)dt.

Gleichsetzen der beiden obigen Gleichungen und Identifizieren der Koeffizienten vor dt ergibt eine parabolische Differentialgleichung fur den Optionspreis V(S, I, t):

122 Vi + "20" S Vss + rSVs + f(S, t)VI -

rV = 0,

S, I> 0, 0< t < T.

(6.3)

Die Gleichung ist zu vervollstandigen mit End- und Randbedingungen: V(S, I, T) V(S, I, t)

= A(S, 1),

= VR(S, I, t),

(S,J) E [0,00)2,

S = 0, I E (0,00), t E (0, T) und S -> 00, IE (0,00), t E (O,T) und

S E (0,00), 1=0, t E (O,T) und S E (0,00), 1->00, t E (O,T). Die Definitionen von A und VR hangen vom speziellen Optionstyp abo 1m Vergleich zur Black-Scholes-Gleichung (4.18) erhalten wir eine Differentialgleichung mit partiellen Ableitungen in S, t und I. Diese Gleichung ist im allgemeinen nicht explizit lasbar. Die numerische Lasung von (6.3) ist recht aufwandig, da die Ableitung VII fehlt und ein Problem in drei Variablen gelast werden muss. Fur eine spezielle Klasse von Auszahlungsfunktionen und fUr arithmetische Mittelungen kann (6.3) jedoch in eine Differentialgleichung in zwei Variablen transformiert werden. Proposition 6.1 Sei V eine Losung der Gleichung {6.3} mit f(S, t) = S und sei die A uszahlungsJunktion A durch

A(S,J,t) = saF(I/S,t)

1/ S

fur ein 0: E lR und eine Funktion F = F( R, t) mit R = die Funktion H(R, t) = s-av die Gleichung Ht KHPZMQIセBRイh]L@

+ セPBR@

R2 HRR

+ (1 - 0"2(0: -l)R -

VI Vs VSS

rR)HR

R>O,O 0, 0 < t < T,

(6.5)

R> O.

(6.6)

erfiiIlt. Die Endbedingung lautet

H(R, T) = (1- R/T)+,

Wir spezifizieren nun geeignete Randbedingungen an R = 0 und fiir R -+ 00. 1m FaIle R = 1/ S -+ 00 und festes I muss S -+ 0 gelten. Die Call-Option wird dann nicht ausgeiibt und ist wertlos an S = 0:

H{R,t)

-+

0

fiir R

-+ 00,

0

< t < T.

(6.7)

Wir leiten eine Randbedingung fiir R = 0 her, indem wir annehmen, dass die Differentialgleichung (6.5) auch fiir R = 0 gilt. Wir setzen voraus, dass H zweimal stetig differenzierbar in R = 0, t > 0 ist (gemeint ist der rechtsseitige Grenzwert). Dann ergibt sich fiir R "'" 0 in (6.5):

Ht+HR=O,

R=O,O

0,

falls 0 :::; 8 < falls

1

1

"2'

"2 :::; 8 :::; 1.

6 Numerische Losung parabolischer Differentialgleichungen

162

Beweis. Wir konnen die Matrizen A und B schreiben als

A=I

+ a()G,

B = I - 0'.(1 - ())G,

wobei I die Einheitsmatrix und 2

-1

0

-1

G = diag( -1,2, -1) =

0

(6.20) -1

-1 2

seien. Die Eigenwerte von G lauten nach Lemma 6.8:

ILォ]RMcosHセ@

=4sin 2

(:;),

k=I, ... ,N-l.

(6.21)

Wegen B = I/() - (1 - ())A/() gilt (6.22) Nach Lemma 6.7 muss die Stabilitatsbedingung

1-()1 1(j11 + 4a() sin1 (k7r /2N) - -() 0 ein. Wir schreiben dann die Randbedingungen vor. Urn die Funktionen

Ul

und

U2

zu bestimmen, bemerken wir, dass

u( -a,T)

u(a,T) und fur a - t

00.

Fur genugend groBes a > 0 k6nnen wir also C (K e- a , t) durch Null und C (K ea , t) durch L ersetzen. Die Randbedingungen lauten also

u(-a,T) =0,

u(a,T) =

セ・クーHォMQI。KRtN@

(6.36)

Wir l6sen das Problem (6.33)-(6.36) mit dem O-Verfahren (6.15). Das folgende MATLAB-Programm 6.1 realisiert die Berechnung des Power-Calls. In diesem Programm erstellt eye(n) eine (n x n)-Einheitsmatrix. 1st x ein (Zeilen- oder Spalten-) Vektor der Dimension n, so erzeugt diag (x, k) eine Matrix der Dimension (n + k) x (n + k), die in der k-ten Superdiagonale (falls k > 0) oder in der k-ten Subdiagonale (falls k < 0) oder in der Diagonale (falls k = 0) die Elemente des Vektors als Eintrage enthalt. Beispielsweise liefert der Befehl diag(x,2) fur x = [1 2 3] die Matrix

o0 o0 o

o o

100 0 2 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 000

Der Befehl lu(A) erzeugt eine LR-Zerlegung der Matrix A und das Zeichen & bezeichnet den logischen Und-Operator. In Abbildung 6.1 sind die Optionspreise zu den Zeiten t = 0, T /2, T illustriert, berechnet mit dem Crank-Nicolson-Verfahren. In diesem Beispiel ist Q: = s/h 2 セ@ 0.67 > Wir erwarten, dass das explizite Verfahren zu Problemen fuhrt. In der Tat zeigt Abbildung 6.2 numerische Oszillationen, die die LOsung unbrauchbar machen.

!.

172

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen 160 140

- - t=T - - t = T/2 t=O

/

/ /

/

120

/

//

//

Vl

...0.

'ii) Vl

c 0

a 0

" /

100

I

80

/

I

60

// //

I II II

40

1/ 1/ / /

20

/

/

I

/

00

I

100

50

150 Basiswert S

200

250

300

Abbildung 6.1 Preise eines European-capped-symmetric-power calls mit den Parametern K = 100, L = 150, p = 1.2, r = 0.04, a = 0.2 und T = 1, berechnet mit dem Crank-Nicolson-Verfahren. 160 - - -

140 -

-

t=T t = T/2 t=0

I I, II I

120 Vl Nセ@

{

\

,

100

-

--------

,I I

I

I

I

I

,I /

I

= TO/2) t (t 0 (siehe (6.21)) und h « 1 ist A = -'Ydh2 « -l. Differentialgleichungen mit betragsmiifiig groBen und negativen Eigenwerten A werden auch steif genannt. Dies ist eine Definition flir die Steifheit eines Anfangswertproblems; der Begriff wird in der Literatur nicht einheitlich verwendet. Anstelle einer exakten Definition wollen wir uns diesen Begriff und seine Bedeutung anschaulich klar machen, indem wir die Testgleichung (6.38) etwas genauer untersuchen. Betrachten wir zuniichst die analytische Lasung y(t; Yo) von (6.38) in Abhangigkeit des Anfangswertes Yo: (6.39) Wir bemerken sofort, dass die Abbildung Yo 1-+ y(t; Yo) fur einen beliebigen (aber festen Endzeitpunkt t > 0) gut konditioniert ist:

177

6.4 Vertikale Linienmethode /'i,

:=

Xケセ[@

Yo) = Yo

eAt

«

1.

(6.40)

FUr groBe Endzeitpunkte t ist das Problem sogar extrem gut konditionierl: Es gilt /'i, セ@ 0 fUr t セ@ 00. Anschaulich bedeutet dies, dass ein Anfangsfehler 6yo := Yo - Yo in den Anfangswerten gedampft wird:

6y(t) := y(t; Yo) - y(t; Yo) =

eAt 6yo

セ@

0

fUr t セ@

00.

Dieses Dampfungsverhalten erklart auch den Begriff "steifes System": Jede StOrung des Systems, insbesondere auch oszillatorischen Charakters, wird mit dem Faktor exp (>.t) schnell gedampft - eine Eigenschaft, die man etwa in der Baumechanik von steifen Systemen erwartet. Spiegelt sich dieses stabile Verhalten der analytischen Losung auch in den numerischen Approximationen wider? Urn diese Frage zu beantworten, betrachten wir einen Spezialfall von (6.38): das Modellproblem nach Prothero und Robinson

[127]. 6.4.2

Ein Modellproblem nach Prothero und Robinson

FUr eine genUgend glatte Funktion 9 fUhrt die Wahl f(t) := ->.g(t)

y' = >.(y - g) + g',

t> 0,

+ g'(t)

y(O) = Yo.

auf (6.41)

Wie kommen wir auf diese Formulierung? Das folgende Beipiel zeigt, dass die Testgleichung (6.41) als einfaches Beispiel fUr eine semidiskretisierte parabolische Differentialgleichung angesehen werden kann.

Beispiel 6.14 Betrachte die urn eine Inhomogenitat f(x, t) erweiterte einfache Diffusionsgleichung (6.9) Ut -

U xx

= f(x, t),

x

E

(-a, a), 0 < t < T,

(6.42)

mit den Randbedingungen

U( -a, t) = gl (t),

u(a, t) = g2(t),

0

< t < T,

(6.43)

und dem Anfangswert (6.44) mit Funktionen gl, g2 E C 1 ([0, 00 )). Wahlen wir fUr die Inhomogenitat

f( x,) t = セァR@

a+x,() a-x,() t + セァャ@ t ,

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

178

so ergibt sich die analytische Lasung

u(x, t)

=

a+x --g2(t) 2a

a-x

+ --gl(t). 2a

Der Standardansatz der Linienmethode mittels zentraler Differenzen fiihrt auf das System

w' mit den Vektoren w, b, dE und

bi(t)

= セYRHエI@

a+x·

= -

jRN-I,

+ セYQHエIL@

1

h2Gw + b'(t)

+ d(t)

wobei Wi(t) die F\mktion U(Xi' t) approximiert

a-x·

1st die Diskretisierung fein genug, so gilt naherungsweise bl セ@ h2 dN_I, so dass

h2dI und

bN-I

セ@

Approximieren wir (b l , 0, ... ,0, bN - I ) T durch den Vektor b und ersetzen die Einheitsmatrix I durch die ebenfalls symmetrisch, positiv definite Matrix G, erhalten wir das erweiterte System W

I

1

= - h 2 G(w - b)

+ bI (t).

Diagonaliserung von G ergibt nun komponentenweise die skalare Testgleichung (6.41). 0 Die Lasung von (6.41) lautet

y(t; YO)

= g(t) + eAt(yo - g(O)).

(6.45)

Nach einer kurzen transienten Phase nahert sich die Lasung fiir t -+ 00 in einer asymptotischen Phase exponentiell schnell der glatten Grenzlasung g(t). Dies zeigt wieder die extrem gute Kondition des Anfangswertproblems (6.41). Diese analytische Eigenschaft der Lasung sollte sich in der numerischen Approximation widerspiegeln. Daher verlangen wir auch von der numerischen Lasung yj, dass diese schnell gegen die Grenz16sung g(t) konvergiert. Zuvor wollen wir aber den Fall 9 = 0 einer verschwindenden Grenz16sung untersuchen, der uns auf den Begriff der A-Stabilitiit fiihren wird.

6.4 Vertikale Linienmethode

6.4.3

179

A-Stabilitat

Wenden wir das explizite Euler-Verfahren auf (6.41) mit 9 = 0 an, d.h.

mit Approximationen Yj von y(tj) und Schrittweite

S

> 0, so erhalten wir

Aus Stabilitatsgrunden muss 11 + SAl < 1 gelten, d.h., die Schrittweite ist durch S < 2/IAI « 1 beschrankt. Dieses Resultat ist zu erwarten, da die Diskretisierung dem expliziten Verfahren aus Abschnitt 6.2 entspricht. Andere explizite Zeitdiskretisierungen (etwa vom Runge-Kutta-Typ; siehe Kapitel 76 in [78]) fUhren auf vergleichbare Rekursionen vom Typ Yj = P(SA)YO mit Polynomen P; leider erfordern diese ebenfalls restriktive Stabilitatsbedingungen, da die Polynome P nicht fUr aIle S > 0 beschrankt sind. Fazit: Explizite Verfahren sind nicht geeignet. Implizite Verfahren dagegen fUhren auf Rekursionen vom Typ Yj = R(SA)YO mit rationalen Funktionen R, und diese konnen durchaus fur aIle S > 0 beschrankt sein. Betrachte etwa das implizite Euler-Verfahren. Aus der Rekursion

folgt

Yj+l = R(SA)Yj

mit R(SA) = _I_ I - SA

und damit die Stabilitatsforderung

IR(SA)I < 1. Diese ist fUr aIle Schrittweiten S > 0 erfullt. Auch dieses Resultat ist zu erwarten, da das implizite Euler-Verfahren dem voll impliziten Finite-Differenzen-Verfahren aus Abschnitt 6.2 entspricht, und dieses ist bekanntermaBen fur aIle S > 0 stabil. Bemerkung 6.15 Auch fur das Crank-Nicolson-Verfahren gibt es bei der Linienmethode ein Analogon unter den Einschrittverfahren mit konstanter Zeitschrittweite s: die Trapezregel, d.h. die symmetrische Konvexkombination von explizitem und implizitem Euler-Verfahren

(6.46) HierfUr gilt

Yj+l

=

R (SA )Yj

Die Stabilitatsforderung ist fur aIle

mit S

R(s /\') __ 1 + sA/2. 1- sA/2

> 0 erfUllt (Ubungsaufgabe).

o

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

180

Man spricht mit Dahlquist [41] von einem A-stabilen Verfahren, wenn IR(z)1

< 1 fUr alle z E emit Re( z) < 0 gilt. Ein A-stabiles Verfahren liefert damit fUr beliebige Schrittweiten s > 0 gedampfte numerische Lasungen fUr das (homogene) Testproblem (6.38), welche wie die exakte Lasung fUr groBe Zeit en asymptotisch gegen Null konvergieren. Allerdings wird der Begriff der A-Stabilitat in der Literatur nicht einheitlich verwendet. Fur weitergehende Informationen verweisen wir auf [43]. 6.4.4

Der inhomogene Fall

Die Diskretisierung von inhomogenen Randbedingungen fuhrt auf inhomogene Funktionen 9 #- 0, so dass wir im folgenden diesen Fall betrachten. Auch hier sind wir an Schrittweiten s interessiert, die durch keine Stabilitatsbedingungen beschrankt sind und somit viel graBer als 1/ A gewahlt werden kannen. 1m Kontext der Linienmethode heiBt das, die Zeitschrittweite zumindest in der asymptotischen Phase unabhangig von der Feinheit der Ortsdiskretisierung wahlen zu kannen. Fur die Konvergenzanalyse betrachten wir daher simultan mit 8 ---t 0 auch z := SA ---t -00. Das explizite Euler-Verfahren scheidet wegen seiner Instabilitat bereits im homogenen Fall 9 = 0 als Kandidat aus. Betrachten wir daher zu (6.41) (mit z := SA und tj := js) die numerische Lasung

des impliziten Euler-Verfahrens. Fur den globalen Fehler Ej := Yj - g(tj) ergibt sich nach einer Taylor-Entwicklung von g(tj+1) und g'(tj+l) die Fehlerrekursion

Ej+l = R(z)Ej

+ ej+l

(6.47)

mit der Stabilitatsfunktion R(z) = 1/(1 - z) und dem lokalen Fehler 2

ej+1

:=

R(z) 82 g"(tj)

+ 0(s3) (8 ---t 0).

Neben der schon bekannten Dampfung des globalen Fehlers fur z ---t 00 erkennen wir, dass der globale Fehler in der GraBenordung des lokalen Fehlers ej+l = 0(s2/z) liegt. Das ist viel besser als die bekannte klassische Ordnung 1 des impliziten Euler-Verfahrens, die auf der Behandlung des Falles z = 0(8) beruht. Das implizite Euler-Verfahren besitzt somit fUr das Modellproblem (6.41) ausgezeichnete Stabilitatseigenschaften. Fur die Trapezregel (6.46) hingegen erhalt man die Fehlerrekursion (6.47) mit R(z) = (1 + セIOHQ@ - セI@ und

ej+l

=

112S3glll(tj) + 0(s4)

(8

---t

0).

181

6.4 Vertikale Linienmethode

Verglichen mit dem impliziten Euler-Verfahren ist der lokale Fehler zwar urn eine Ordnung besser; es liegt jedoch keine Dampfung des globalen Fehlers (und damit eines Anfangsfehlers bzw. von Storungen) fiir z --t -00 vor. Fiir das Modellproblem nach Prothero und Robinson ist die Trapezregel daher nicht geeignet. 1m allgemeinen stellt man bei den impliziten Runge-Kutta-Verfahren (deren einfachster Vertreter das implizite Euler-Verfahren darstellt) eine Reduktion der klassischen Konvergenzordnung fest, wenn man das Modellproblem (6.41) unter der Annahme z --t -00 anstatt z = O(s) lost. Eine Analyse dieses Effektes wurde zuerst von Prothero und Robinson [127] vorgenommen und von Frank, Schneid und Uberhuber [64] auf dissipative Systeme durch Einfiihrung des Konzepts der B-Konvergenz iibertragen. Fiir einen Uberblick verweisen wir auf eine der Monografien [75, 154]. Eine weitere interessante Klasse von A-stabilen Einschrittverfahren ist durch sogenannte linear-implizite Verfahren wie den Rosenbrock- Wanner- bzw. ROWMethoden [75, 94] gegeben. Urn diese Methode zu motivieren, betrachten wir das autonome Anfangswertproblem Y' = J(y), y(to) = Yo und fiihren zuerst allgemeine Runge-Kutta- VerJahren ein: n

Yj+1 = Yj

+sL

be! (r/i) ,

£=1

mit Gewichten bj und Stufen 'fJj, die iiber n

'fJ£ = Yj

+s L

a£mJ('fJm)

m=1

definiert sind [78]. Die Zahl n heiBt StuJenzahl. Wenn a£m = 0 fiir alle f セ@ m, dann ist die Rechenvorschrift explizit und fiihrt auf ein explizites RungeKutta- Verfahren; anderenfalls spricht man von einem impliziten Runge-KuttaVerfahren. Fiir n = 1, b1 = 1 und all = 0 erhalten wir beispielsweise die explizite Euler-Methode Yj+1 = Yj + sJ(Yj). Die obige Runge-Kutta-Iteration erfordert die Losung eines Systems nichtlinearer Gleichungen. Wir konnen die Gleichungen entkoppeln (und miissen dann nur noch nichtlineare Gleichungen lOsen), indem wir a£m = 0 fiir f < m annehmen. Mit den Hilfsvariablen k£ := J('fJ£) konnen wir das Runge-Kutta-Verfahren dann schreiben als £-1

J(Yj

+s L

a£mkm + sauk£) ,

m=1 n

Yj+1

Yj

+ s L b£k£. £=1

f = 1, ... ,n,

(6.48)

182

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

Die Gleichung (6.48) losen wir mit dem Newton-Verfahren (siehe Abschnitt 4.4.2). DafUr nennen wir die rechte Seite von (6.48) (ki) und betrachten fUr gegebene kl, ... ,ki-l die nichtlineare Gleichung ki = (ki ). Das Newton-Verfahren, angewendet auf diese Gleichung, lautet

(k(i))) (k(i+1) _ k(i)) _ (k(i)) _ k(i) ( 1 - d dy i i i ii' wobei 1 die Einheitsmatrix seL Approximieren wir die Ableitung (d/dy)(ki ) = sau(df /dy) (rJi) durch sau(df /dY)(Yj) und setzen , = au, fiihrt dies auf

d f ) (i+1) _ Hセ@ ( 1 - s'd(Yj) ki - f Yj Y

+ s L.J aimkm + s,ki(i)) m=1

df (i) - s'd(Yj)ki . Y

Haufig geniigt es, lediglich einen einzigen Iterationsschritt durchzufiihren. Verwenden wir den Startwert ォセoI@ = lセQ@ cimkd, und setzen aim = aim + cim und (Jim = -Cim, fiihrt diese Vereinfachung auf einen Schritt eines n-stufigen ROW-Verfahrens mit Schrittweite s fUr ki = k?):

f (yo))ki ( 1 - s,d dy J n

Yj+1

=

Yj

+s L

(6.49)

biki,

i=1

mit zu spezifierenden Koeffizienten " aim, {Jim und bi. Je Integrationsschritt ist nur eine LR-Zerlegung der Matrix 1 - s,df / dy notig. Diese Verfahren sind damit leicht zu implementieren und besonders effizient ffir niedrige Genauigkeitsanforderungen. Die Verfahrenskoeffizienten konnen so gewahlt werden, dass eine maximale Konvergenzordnung erhalten und Stabilitatsforderungen erfiillt werden konnen [95J. Auch diese Verfahrensklasse ist fUr das Modellproblem nach Prothero und Robinson im allgemeinen durch eine Ordnungsreduktion auf 2 fiir sehr steife Systeme (>. « -1) gekennzeichnet; nur durch zusatzliche Forderungen an die Koeffizienten lasst sich eine Ordnungsreduktion bei Verfahren hoherer Ordnung vermeiden [142, 153J. Die optimale Ordnung 2 ergibt sich bereits fUr das linear-implizite Euler-Verfahren, d.h. n = 1, b1 = 1, , = 1 und

Yj+1 = Yj +sk,

(1 - s!(Yj))k = f(Yj),

wie die entsprechende Fehlerrekursion (6.47) mit der Stabilitatsfunktion R(z) = 1/(1 - z) des impliziten Euler-Verfahrens und dem lokalen Fehler

ej+1 = _!S2glf(tj) 2 zeigt.

+0

(s2/ z )

183

6.4 Vertikale Linienmethode 6.4.5

Die MATLAB-F'unktion ode23s

Urn analoge Konvergenzeigenschaften wie das Crank-Nicolson-Verfahren auch in der Linienmethode zu erhalten, ist ein ROW-Verfahren mit Konvergenzordnung 2 zu wahlen (vorausgesetzt, in der Ortsdiskretisierung liegt ebenfalls Ordnung 2 vor). 1m Gegensatz zum Crank-Nicolson-Verfahren ist Adaptivitat in der Zeit in den ROW-Verfahren automatisch gegeben; daruber hinaus gibt es auch Techniken, Adaptivitat im Raum zu erhalten, z.B. statische oder dynamische Gittersteuerung (sogenannte "moving grids"). Fur Einzelheiten hierzu verweisen wir auf die Monografie [89J von Hundsdorfer und Verwer. Das ROW-Verfahren ode23s ist Bestandteil der MATLAB-ODE-Suite [147J, einer Sammlung von numerischen Integrationsverfahren fur gewohnliche Differentialgleichungen. In seiner Grundform ist das Verfahren ein Spezialfall von (6.49) mit n = 2, "( = 1/(2 + J2), a21 = 1/2, !hI = -,,(, bl = und b2 = 1:

°

(I - s"(: (Yj) )kl (I - s"( セ@ (Yj) )k2 Yj+l

=

f(Yj), f(Yj

=

Yj

+ skI/2) -

s"(: (Yj)kl,

(6.50)

+ Sk2·

Das Verfahren ode23s hat Ordnung 2 (3), d.h., das Verfahren mit Konvergenzordnung 2 wird als numerische Approximation zum Weiterrechnen verwendet, wahrend das eingebettete Verfahren der Ordnung 3 nur der Schrittweitensteuerung und Fehlerkontrolle dient. Das Verfahren besitzt einige vorteilhafte Eigenschaften: • Das Verfahren zweiter Ordnung ist L-stabil, d.h. A-stabil mit der zusatzlichen Eigenschaft optimaler Fehlerdampfung: limlzl-+oo R(z) = 0. • Fur jeden erfolgreichen Integrationsschritt sind nur zwei Funktionsauswertungen notig, da die erste Funktionsauswertung des neuen Schrittes mit der letzten Funktionsauswertung des alten Schrittes zusammenfallt. • Die Verfahrensordnung 2 (3) gilt auch fUr den Fall, dass fUr die JacobiMatrizen df /dy nur O(h)-Approximationen verfugbar sind (dies fuhrt auf sogenannte W-Methoden, vgl. [152]). Das Verfahren ode23s wollen wir nun auf das folgende Beispiel anwenden.

Beispiel 6.16 Wir betrachten den arithmetic-average-strike call aus Beispiel 6.2 und diskretisieren das entsprechende Problem 1

2

2

Ht + 2(]' R HRR + (1- rR)HR = 0,

R> 0, 0< t < T,

H(R,T) = (1- R/T)+, R > 0, lim H(R, t) = 0, Ht(O, t) + HR(O, t) = 0,

R-+oo

0< t < T,

184

6 Numerische Losung parabolischer Differentialgleichungen

mit der Linienmethode. Da wir die Gleichung nur in einem beschrankten Gebiet approximieren, wahlen wir a » 1 und schreiben die Randbedingung 0oo H(R, t) = 0 vor. Seien セ@ = ih mit hN Mit den symmetrischen Differenzenquotienten

Hi+! - Rセゥ@

HRR(Ri ,.)

hrHセLNI@

+ Hi- I + O(h2),

Hi+!; Hi- I

=

= a und Hi(t) = H(Xi' t).

+ O(h2),

erhalten wir fur i = 1, ... ,N - 1: (6.51) Die Endwerte lauten (6.52) und die Randbedingungen konnen wir durch (6.53) und

Hb + HI - Ho

+ O(h) = 0 h approximieren. Die Randbedingung an R = 0 ist allerdings recht ungenau diskretisiert. Eine bessere Approximation erhalt man durch Subtraktion von 4HI H2

4Ho + 4hHR(0,·) + 2h2 HRR(O,·) + O(h3 ), Ho + 2hHR(0,·) + 2h2 HRR(O,·) + O(h 3 ),

namlich 1

2

HR(O,·) = 2h (4HI - H2 - 3Ho) + O(h ). Die Randbedingung an R

= 0 kann also diskretisiert werden durch

Hb

+ 21h (4HI -

H2 - 3Ho) =

o.

(6.54)

Damit ist die Randbedingung mit der gleichen Ordnung (namlich O(h2)) approximiert wie die Differentialgleichung. Mit der Abkurzung y:= (Ho,HI, ... ,HN_I)T kann das Anfangswertproblem, dass sich aus (6.51)-(6.54) ergibt, kompakt als

6.4 Vertikale Linienmethode

y'

185

= My,

(6.55)

geschrieben werden mit 3 2h'

Mn

1 2h (-4,1,0, ... ,0), ( -

a2

2h2

_a 2

2h2

Ri + セHQ@

2h

(Ri

0)

o _

セ@

el

'

·diag(-1,2,1)

RJv-l

( 1- rRi 2h

- rR 1 ))

o ) ·diag(-l,O,-l)

o

und den in (6.52) definierten Endwerten. In der Definition von M21 bezeichnet den erst en Einheitsvektor im ]RN-l. Eine Implementierung der numerischen Approximation eines arithmetic-average-strike calls mit Laufzeit T = 6 Monate, Zinssatz r = 0.1 und Volatilitat a = 0.4 ist im MATLAB-Programm 6.2 gegeben. 1m Programm treten die Befehle global, sparse und ode23s auf, die wir im folgenden ausfiihrlich erlautern. Die Systemmatrix Mist dunn besetzt, d.h., sie enthalt nur wenige von Null verschiedene Elemente. Daher ist es zweckmafiig, nur die von Null verschiedenen Matrixelemente und deren Koordinaten zu speichern. Dies wird mit dem Befehl sparse ermoglicht. Beispielsweise ergibt der Befehl sparse (A), wobei A = eye (3) die Einheitsmatrix im ]R3 ist, el

(1,1) (2,2) (3,3)

1

1 1

Damit kann etwa die (N - 1) x (N - I)-Matrix diag( -1, 2, -1) mittels e = ones(N-2,1); sparse(2*diag(ones(N-l,1)) - diag(e,l) - diag(e,-l)) erzeugt werden. Zur Generierung von dunn besetzten Matrizen aus Diagonalen steht alternativ der Befehl spdiags zur Verfugung. Mit spdiags(A,d,n,m) wird eine dunn besetzte (n x m )-Matrix aus den Spalten von A in den in b spezifizierten Diagonalen erzeugt. Die Matrix diag( -1,2, -1) kann also auch mittels

6 Numerische Losung parabolischer Differentialgleichungen

186

MATLAB-Programm 6.2 Programm asian2 . mzur Berechnung eines arithmetic-average-strike calls mittels der Linienmethode. Die Funktion func ist weiter unten definiert. Mit surf (x, t , y) wird eine farbige dreidimensionale Grafik mit den Punkten (x, t , y) gezeichnet. Der Befehl grid on erzeugt ein dreidimensionales Gitter und mit colormap whi te wird die farbige Ausgabe der Grafik unterdriickt. global M

%Modellparameter sigma

= 0.4;

r

= 0.1;

T

= 0.5;

%Ortsdiskretisierung a R

= 1; N = 100; h = a/N; = [O:h:a-h]; Rint = x(2:N);

%Aufbau der Systemmatrix 01 02

= ones(N-2,1); = ones(N-1,1);

m11 = 3/ (2*h) ; m12 = sparse([-4 1 zeros(1,N-3)]/(2*h»; m21 = ウー。イ・H{MゥァュセROKQJィI[@ zeros(N-2,1)]); m22a = sparse(2*diag(02) - diag(01,1) - diag(01,-1)); m22a = Hウゥァュ。セROJィᄏーイ・、rョエN[@ m22b = sparse(diag(01,1) - diag(01,-1)); m22b = m22b/(2*h)-(r/(2*h»*sparse(diag(Rint»*m22b; M = [m11 m12; m21 m22a-m22b];

%Endwert yO = max(1-R/T,O);

%Losung des Anfangswertproblems mit ode23s options [t,y] =

= odeset('JConstant','on');

O],yO,options); ッ、・RSウHセヲオョ」L{t@

% Grafische Ausgabe surf(R,t,y), grid on, colormap white

f = ones(N-1,1); spdiags([-f 2*f -f] ,[-1

° 1] ,N-1,N-1)

aufgebaut werden. Die MATLAB-Funktion

[t,y] = ッ、・RSウHセヲオョ」Lエー。ケoゥI@

lost die Differentialgleichung y' = f(y, t) mit Anfangswert yO, wobei die Funktion f(y, t) in der MATLAB-Funktion func definiert ist, tspan bezeichnet das Zeitintervall [to, hl, in der die Losung bestimmt werden solI, und mittels options konnen Verfahrensparameter spezifiziert werden. Die Funktion gibt die Matrix [t , y] zuriick, die alle Integrationszeitpunkte mit zugehorigen numerischen Approximationen enthiilt. Falls nicht anders spezifiziert, verwendet MATLAB fiir die relative bzw. absolute Genauigkeit die Werte 10- 3 bzw. 10- 6 •

187

6.4 Vertikale Linienmethode

Die MATLAB-Funktion func stellt die diskretisierte rechte Seite der Differentialgleichung dar, also in unserem Fall My (siehe (6.55)): function ydot global M ydot = M*y;

= func(y)

Diese Funktion muss separat in einer Datei abgespeichert werden. Da die Funktion func auf die Systemmatrix M zugreift, haben wir mittels global Mdie Matrix M als globale Variable definiert. Die Variable options im obigen Aufruf von ode23s enthalt Optionen, die man mittels odeset festlegen kann. Wir haben hier nur den Flag JConstant eingeschaltet, der die Jacobi-Matrix als konstant definiert; diese muss daher nur ein einziges Mal (und nicht bei jedem Integrationsschritt erneut) aufgebaut werden. Die Werte H(R, t) in Abhangigkeit von den Variablen R und t sind in Abbildung 6.4 dargestellt. Die Optionswerte V konnen dann aus der Beziehung V(S,I , t) = SH(J / S, t) (siehe Beispiel 6.2) berechnet werden. 0

1

0.8 :;:;- 0.6

ci f 0.4 0.2

o o

1 0 R

Zeit

Abbildung 6.4 Mit dem MATLAB-Programm 6.2 erzeugte Lasung H(R, t) fur einen arithmetic-average-strike call mit Laufzeit T = 6 Monate, Zinssatz r = 0.1 und Volatilitat (J" = 0.4.

188

6.5

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

Beispiel: Basket-Optionen

Wir greifen die Basket-Optionen aus Beispiel 5.2 auf und betrachten eine CallOption auf ein Portfolio, bestehend aus zwei Aktien mit Werten Sl und S2 und Korrelation p. Der Optionspreis V(Sl, S2, t) genugt der zweidimensionalen parabolischen Differentialgleichung (siehe Abschnitt 4.5)

Vi + セ@

H。セsvウャ@

+ 2paW2 S 1S 2VSlS2 + 。セsvウRI@

+r(SlVsl+S2Vs2)-rV=0,

(6.56)

Sl,S2>0,0"y, t > 0, y(O) = Yo, als

Yj+1

= R(8)'')Yj

.

mIt

R(()

=

1 + (1- 2,)( (1 _,()2

geschrieben werden kann. Zeigen Sie, dass dieses ROW-Verfahren A-stabil und L-stabil ist, d.h. IR(()I < 1 fur alle ( E emit Re(() < 0 und R(() -+ 0 flir ( -+ 00.

196

6 Numerische Lasung parabolischer Differentialgleichungen

11. In dieser Aufgabe soll die inhomogene Warmeleitungsgleichung Ut -

U xx

= sinx,

x E (0,7r), t E (0, T),

mit der Anfangsbedingung u(x, 0) = 0 und den Randbedingungen u(O, t) = u(7r, t) = 0 mittels der Rothe-Methode (bzw. horizontalen Linienmethode) diskretisiert werden. Die exakte Lasung lautet u(x, t) = (1 - e- t ) sinx. Das Intervall [0, T] wird aquidistant mit der Schrittweite s > 0 unterteilt, und eine Naherung wj(x) fUr u(x,tj) wird aus dem Randwertproblem

bestimmt. (a) Zeigen Sie durch vollstandige Induktion, dass gilt:

(b) Interpolieren Sie die Funktionen wj in den Intervallen [tj -1, tj] linear. Sie er halten eine fUr alle t definierte Funktion u (s) (x, t), die sogenannte Rothe-Funktion, die die Lasung u(x, t) approximiert. Zeigen Sie, dass u(s) gegen u (punktweise) konvergiert. 12. Zeigen Sie: arithmetic-average-strike calls und arithmetic-average-strike puts mit den Auszahlungsfunktionen

erfUllen die Put-Call-Paritat

c-

p

=

8- セ@ (1 _e-r(T-t)) _ rT

セ・MイHtエI@

(t 8 T

T

dT.

Jo

13. In einigen Fallen kann eine mehrdimensionale Black-Scholes-Gleichung durch eine Ahnlichkeitstransformation in eine eindimensionale Gleichung umformuliert werden. Ein Beispiel ist das Bewertungsproblem fUr eine ExchangeOption, definiert als Option yom europaischem Typ durch die Auszahlungsfunktion A(81, 82)

= (a181 -

a282)+

fUr zwei Basiswerte 8 1 und 8 2. Der Wert V(8 1 , 8 2, t) der Option wird durch die Black-Scholes-Gleichung

197

6.5 Beispiel: Basket-Optionen

122 \It +"2 L PijO"Wj8i8jVSiSj + L(r - Di)8iVSi - rV i,j=l

=

0

i=l

bestimmt, wobei Pij 2:: 0 wie in Abschnitt 4.5.4 die Korrelationen und Di die Dividendenraten seien. Zeigen Sie, dass die Differentialgleichung durch die Transformation V(8 1 , 82, t) = Q; 1 8 2 H(e, t) mit = 81/82 in die Gleichung

e

J

iiberfiihrt werden kann, wobei (j = O"r - 2P120"IO"2 + oBセN@ Differentialgleichung mit geeigneten Randbedingungen.

L6sen Sie diese

198

7

Numerische Lasung freier Randwertprobleme

In diesem Kapitel widmen wir uns der Aufgabe, den fairen Preis fUr amerikanische Optionen zu berechnen. Wie in Kapitel 1 bereits erklart, raumen amerikanische Optionen im Gegensatz zu europaischen Optionen das Recht ein, die Option zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der Laufzeit auszuuben. Aufgrund des zusatzlichen Rechts der vorzeitigen Ausubung ist eine amerikanische Option im allgemeinen teurer als die entsprechende europaische Option. Der Preis einer arnerikanischen Option kann also nicht uber die Black-Scholes-Gleichung bestimmt werden. In Abschnitt 7.1 zeigen wir, dass der Optionspreis durch Losen einer Black-Scholes- Ungleichung berechnet werden kann. Diese Ungleichung hangt mit sogenannten Hindernisproblemen zusammen, die wir in Abschnitt 7.2 erlautern. Die Black-Scholes-Ungleichung besitzt im allgemeinen keine explizite Losung, sondern muss numerisch gelost werden. Eine numerische Methode, die sogenannte Projektions-SOR-Methode, stellen wir in Abschnitt 7.3 vor.

7.1

Amerikanische Optionen

In diesem Abschnitt leiten wir eine partielle Differentialungleichung her, aus der der Preis einer amerikanischen Option berechnet werden kann. Zuerst machen wir uns klar, dass amerikanische Optionen wirklich teurer als europaische Optionen sein konnen. Betrachte eine amerikanische Put-Option mit Preis PA(S, t) und eine entsprechende europaische Put-Option mit Wert PE(S, t). In Bemerkung 2.9 haben wir gezeigt, dass gilt:

Aus PE(O, t) = K e-r(T-t) (siehe (4.21)) und der Stetigkeit von PE(·, t) in einer Umgebung von S = 0 folgt dann

PE(S,t) < K - S = (K - S)+:::; PA(S,t) fur hinreichend kleines S > 0, sofern r > 0 und t < T. Dieses Ergebnis gilt auch, wenn Dividende auf den Basiswert gezahlt wird. M. Günther et al., Finanzderivate mit MATLAB ® © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003

7.1 Amerikanische Optionen

199

In Proposition 2.7 haben wir bewiesen, dass die Werte amerikanischer und europaischer Call-Optionen auf Basiswerte, auf die keine Dividende gezahlt werden, gleich sind. Werden Dividendenzahlungen geleistet, sieht dies anders aus. Seien CA(S, t) der Wert einer amerikanischen Call-Option und CE(S, t) der Wert einer entsprechenden europaischen Call-Option, jeweils auf einen Basiswert mit proportionalen Dividendenzahlungen Do > O. Aus Arbitrage-Grunden muss (7.1) gelten. (Ware namlich CA(S, t) < (S - K)+ fUr ein S > K und ein t :S T, so wurde der Kauf dieser Option und das sofortige Ausuben einen risikolosen Gewinn ermoglichen.) In Abschnitt 4.5 haben wir den Wert von CE bereits berechnet (siehe (4.50)):

wobei

d = In(Sj K) + (r -

Do ± 0'2 j2)(T - t) O'VT - t .

1/2

Fur S -+ 00 gilt 0 wegen (7.1): CE(S, t)

< S - K = (S - K)+ :S CA(S, t).

In beiden Fallen sind amerikanische Optionen also teurer als die entsprechenden europaischen Derivate. Wir konnen noch mehr Informationen tiber den Wert amerikanischer Optionen gewinnen. Betrachte dazu wieder eine amerikanische Put-Option mit Wert P(S, t). Wir behaupten, dass es eine Zahl Sf geben muss, so dass die vorzeitige Ausubung der Option ftir S < Sf lohnenswert ist, aber fur S :2: Sf nicht lohnenswert ist. Klarerweise muss 0 :S Sf < K gelten. (Denn ansonsten gabe es ein S mit Sf :2: S :2: K, fur das sich die Ausubung lohnte. Aber dann ware P = (K - S)+ = 0 und die Ausubung hatte sich doch nicht gelohnt.) Sei 7f = P + S ein Portfolio, bestehend aus der Put-Option und dem Basiswert. Sobald P = (K - S)+ = K - S gilt, sollte die Option ausgeubt werden, da wir den erhaltenen Betrag 7f = (K - S) + S = K wieder zum Zinssatz r investieren konnen. Gilt dagegen P > (K - S)+, lohnt es sich nicht, die Option auszuuben, da das Portfolio vor der Ausubung den Wert 7f = P+S > (K -S)+ +S:2: Khat, aber nach der Ausubung das Portfolio nur den Wert (K - S) + S = K besaBe. Der so erhaltene Wert Sf hangt von der Zeit ab, d.h. Sf = Sf(t). Man nennt ihn den freien Randwert. Es gilt also: P(S, t)

= (K -

S)+

P(S, t)

=K

- S

> (K - S)+

fur S:S Sf(t), fur S > Sf(t).

7 Numerische Lasung freier Randwertprobleme

200

In ahnlicher Weise lasst sich fur amerikanische Call-Optionen O(S, t) (im FaIle von Dividendenzahlungen) begrunden, dass es eine Zahl Sf(t) > K geben muss, so dass die Beziehungen C(S, t)

= (S -

K)+

C(S, t)

=S-

K

> (S - K)+

fUr S セ@ Sf(t), fUr S

< Sf(t)

erfUllt sind. Der freie Randwert Sf(t) ist unbekanntj er muss zusatzlich zum Optionspreis bestimmt werden. Man nennt das Problem der Bestimmung der Optionspramie daher auch ein freies Randwerlproblem. Der Wert amerikanischer Put-Optionen (bzw. Call-Optionen) ist also fUr 0 ::; S ::; Sf(t) (bzw. Sf(t) ::; S < (0) determiniert. Fur S > Sf(t) (bzw. 0 < S < Sf(t)) erfullt die Put-Option (bzw. Call-Option) die Black-Scholes-Gleichung, da wir in diesem Fall die Option halten und diese dann wie eine europaische Option bewertet werden kann. Welche Randbedingungen mussen wir vorschreiben? Fur S» Kist die Put-Option wertlos, d.h. P(S, t) ---t 0 fUr S ---t 00. Urn die Stetigkeit von S f-t P(S, t) zu erhalten, soUte auBerdem P(Sf(t), t) = K - Sf(t) gelten. Entsprechend gilt fUr CaU-Optionen 0(0, t) = 0 und O(Sf(t), t) = Sf(t) - K. Diese beiden Randbedingungen genugen allerdings nicht, damit das Problem mathematisch wohl definiert ist, da wir den Wert Sf(t) auch noch bestimmen mussen. Wir benotigen eine zusatzliche Randbedingung. Wir verlangen, dass die Funktion S f-t oP(S, t)/oS an der Stelle S = Sf(t) stetig ist. Diese Bedingung kann etwa aus einem Arbitrage-Argument hergeleitet werden (siehe Abschnitt 7.4 in [164] oder Seite 547 in [78]). Wegen oP(S, t)/oS = o(K - S)/oS = -1 fUr S < Sf(t) schreiben wir die Bedingung oP PS(Sf(t),t) = oS (Sf(t),t) =-1

vor. Analog verlangen wir fUr Call-Optionen

Wir fassen zusammen: Der Wert P(S, t) einer amerikanischen Put-Option berechnet sich aus S::; Sf(t) :

P(S,t) = K - S,

S> Sf(t) :

Pt

122 S Pss + (r + 20"

Do)Ps - rP

= 0,

mit der Endbedingung P(S, T) = (K - S)+ und den Randbedingungen lim P(S, t) = 0,

S->oo

P(Sf(t), t) = K - St(t),

PS(Sf(t), t) = -l.

7.1 Amerikanische Optionen

201

Der Wert C{8, t) einer amerikanischen Call-Option wird bestimmt aus 82: 8f{t) :

C{8,t) = 8 - K,

8 < 8f{t) :

Ct

122 8 Css + (r + "20"

Do)Cs - rC = 0,

mit der Endbedingung C{8, T) = (8 - K)+ und den Randbedingungen C(O, t)

= 0,

C(8f(t), t)

= 8f(t) -

K,

Cs(8f(t) , t)

= 1.

Dies ist die Formulierung des Bewertungsproblems als ein freies Randwertproblem. Der Nachteil dieser Formulierung ist, dass zusatzlich der freie Randwert

8f{t) bestimmt werden muss. Wir suchen eine andere Formulierung, bei der 8f{t) nicht mehr auftaucht. Dazu modifizieren wir die Herleitung der Black-ScholesGleichung. Sei wie in Abschnitt 4.2

(7.2) ein risikoloses und selbstfinanzierendes Portfolio, bestehend aus CI Anteilen eines Bonds B, C2 Anteilen des Basiswerts 8 und einer verkauften amerikanischen Option mit Wert V. In Abschnitt 4.2 haben wir gezeigt, dass nach Wahl von C2 = Vs gilt {siehe (4.17)): dY = ( cirB -

12 2 ) dt. Vt - "20" 8 Vss

(7.3)

Der Besitzer des Portfolios Y hat eine amerikanische Option verkauft. Wenn der Kaufer der Option diese nicht optimal einlost, kann der Verkaufer der Option einen groBeren Gewinn machen als bei einer risikolosen Anlage. Daher gilt: dY 2: rYdt.

Einsetzen von (7.2) und (7.3) in diese Ungleichung liefert die sogenannte BlackScholes- Ungleichung

122 Vt + "20" 8 Vss + (r -

°

°

Do)8Vs - rV セ@ 0,

zu losen fur aIle < 8 < 00, < t < T. Fur welche Werte gilt das Gleichheitszeichen, fur welche das Kleiner-Zeichen? Wir haben bereits oben gesehen, dass im Falle von Put-Optionen fur 8 > 8f{t) die Gleichung gilt. Wir behaupten, dass fur 8 < 8f{t) das Kleiner-Zeichen gesetzt werden muss. Der Beweis ist einfach, wenn Do = 0, denn in dieser Situation fuhrt Einsetzen von P = K - 8 in die Black-Scholes-Gleichung auf

202 Pt

7 Numerische Lasung freier Randwertprobleme 1 2 2 + 2"0" 8 Pss + (r -

Do)8Ps - rP = -(r - Do)8 - r(K - 8) = -rK < 0.

°

Der Nachweis fur Do > ist schwieriger. Man kann beweisen, dass 8,(t) ::; min{K, rK/Do} gilt (siehe Theorem 9.4 in [92]). Daraus folgt dann mit P = K-8

Pt

1 2 2 8 Pss + (r + 2"0" =

Do)8Ps - rP

Do8 - rK < Do8,(t) - rK::; min{DoK,rK} - rK::; 0.

Mit einer ahnlichen Uberlegung erhalten wir fur Call-Optionen ein Gleichheitszeichen, wenn < 8 < 8,(t), und ein Kleiner-Zeichen, wenn 8 > 8,(t). Hierbei benatigt man das Resultat 8,(t) 2: max{K,rK/Do} [92]. Gilt also in der Ungleichung P(8, t) 2: (K - 8)+ (bzw. C(8, t) 2: (8 - K)+) das Gleichheitszeichen, so steht in der Black-Scholes-Ungleichung das KleinerZeichen und umgekehrt. Dies bedeutet, dass sich der Wert einer amerikanischen Option als Lasung des Systems

°

1 2 8 2 Vss (V - A(8))· ( \It + 2"0"

+ (r -

0,

(7.4)

>

0,

(7.5)

>

0,

(7.6)

Do)8Vs - rV )

1 2 8 2 Vss + (r - Do)8Vs - rV ) - ( \It + 2"0"

V - A(8) schreiben lasst, wobei

A(8) = { (K - S)+ (8 - K)+

: Put : Call.

Man nennt das System (7.4)-(7.5) ein lineares Komplementaritiitsproblem. Es mussen noch die Endwerte

V(8, T) = A(8),

8> 0,

und die Randbedingungen Put:

V(O, t)

= K,

Call:

V(O, t)

= 0,

lim V(8, t) = 0,

S-+oo

lim (V(8, t) - 8) = 0,

S-+oo

0< t < T,

vorgeschrieben werden. 1m nachsten Abschnitt betrachten wir ein einfaches Modellproblem, urn freie Randwertprobleme und deren aquivalente Formulierungen besser verstehen und einordnen zu kannen.

203

7.2 Das Hindernisproblem

7.2

Das Hindernisproblem

Aufgabe dieses Modellproblems ist es, ein Seil, das an den beiden Enden x = -1 und x = 1 fixiert ist, so liber ein Hindernis (beschrieben durch den Graphen einer Funktion f(x) > 0) zu fUhren, dass eine minimale SeilHinge angenommen wird (siehe Abbildung 7.1). Die Aufgabe k6nnen wir wie folgt formulieren. Gegeben sei ein Hindernis f E C 2 ( -1, 1) = {f : [-1, 1] --+ lR : f stetig in [-1, 1] und zweimal stetig differenzier bar in (-1, I)} mit

!"
0 in (a, b), Definiere zum Hindernis den Eigenschaften

° in (a, b),

f( -1) < 0,

f(l) < O.

f eine Funktion u, deren Graphen das Seil darstellt, mit

u E C 1 (-1, 1), u(-l) = 0, u(l) = 0, u 2:: f in (-1, 1), u" = in (-l,a) und in (b,l), u = f in (a,b).

(7.7)

°

Die Rander a und b sind nicht gegeben, sondern durch das Problem imp liz it definiert. Wir sprechen hier von einem freien Randwertproblem oder einem Hindernisproblem. Das Ziel ist nun, das Problem so umzuformulieren, dass die freien Randbedingungen nicht mehr explizit erscheinen. Die obigen Eigenschaften von u schreiben wir folgendermaBen: fUr x E (-l,a) : u > fund u" = 0, fur x E (a, b) : u" = i" < 0, fur x E (b, 1) : u > i und u" = 0, und damit: wenn u > wenn u =

i, dann u" = 0; i, dann u" < 0.

u(x) f(x) -1

x a

Abbildung 7.1 Seil u(x) tiber einem Hindernis f(x).

b

1

204

7 Numerische Lasung freier Randwertprobleme

Wir kannen also das freie Randwertproblem als lineares K omplementaritiitsproblem formulieren:

= u(l) = 0 und -u" 2:: 0, u - I 2:: 0, u"· (u - f) = 0 in (-1,1).

Suche u E e

1 ( -1,1)

mit u( -1)

(7.8)

Die freien Randbedingungen treten nicht mehr auf. Es ist einsichtig, dass die Funktion u an den Stellen x = a und x = b im allgemeinen keine zweite Ableitung mehr besitzt. Wie ist dann die Forderung ,,-u" 2:: 0" zu verstehen? Dazu ist es notwendig, das lineare Komplementaritatsproblem so umzuformulieren, dass keine zweiten Ableitungen mehr auftreten. Wir definieren die Menge der sogenannten Konkurrenzfunktionen (oder Testfunktionen)

K = {v

E

eO(-l, 1) : v(-l) = v(l) = 0, v 2::

Lemma 7.1 (1) Bei u E e Variationsungleichung:

2 ( -1,1)

I,

v stiickweise e

1 }.

eine Losung von {7.8}. Dann lOst u die

Buche u E K mit

1 1

u'(v - u)'dx 2:: 0 '\Iv E K.

(7.9)

-1

(2) Bei u eine Losung von {7.9}. 1st u E e 2 (-1, 1), so lOst u das Problem {7.8}. Beweis. (1) Sei u E

e2 ( -1,1)

eine Lasung von (7.8). Dann folgt zum einen

- ill u"(v - f)dx 2:: 0 '\Iv und zum anderen

-11

E

K

u"(u - f)dx = O.

-1

Subtraktion der beiden Ausdriicke ergibt

o

< - ill u"(v - u)dx

=

ill u'(v - u)'dx - [u'(v -

オI}セャ@

ill u'(v - u)'dx wegen u = 0 und v = 0 an x = ± l. (2) Sei umgekehrt u E e2 ( -1,1) eine Lasung von (7.9). Dann gilt nach Voraussetzung u- I 2:: 0 in (-1,1). Sei ¢ E e 1 (-1, 1) mit ¢(-1) = ¢(1) = 0 und ¢ 2:: O. Mit v := ¢ + u E K und partieller Integration folgt

7.2 Das Hindernisproblem

o ::;

11

205

u' (v - u)' dx =

-1

11

u' cjJ' dx =

-1

-11

u" cjJdx VcjJ 2: 0,

-1

also -u" 2: 0 (siehe Ubungsaufgaben). Die Wahl v := f( -1) = f(l) = 0 vorausgesetzt haben) fiihrt auf 0::;

11

u'(J - u)'dx =

-1

-11

f

E

IC (beachte, dass wir

u"(J - u)dx ::; 0

-1

o

und damit u"(u - J) = O.

Bemerkung 7.2 Eine prazisere Formulierung von (7.8) und (7.9) erhalt man mit Hilfe der Sobolev-Raume Hm( -1,1). Definiere

Hl( -1,1)

=

{v E L2( -1,1) : :lc E lR, :lw E L2( -1,1), v(x) = c +

i:

w(s)ds, x

E

(-1,1)},

wobei L2(-I, I) der Lebesgue-Raum der quadratintegrierbaren Funktionen ist, d.h.

L2( -1,1) = {v : (-1,1)

---t

lR messbar : v 2 ist integrierbar in (-1, I)}

(siehe [1] oder Kapitel 3 in [74]). Fiir v E Hl( -1,1) hei6t w die (schwache bzw. verallgemeinerte) Ableitung von v, und man schreibt v' := w. Der Sobolev-Raum H m ( -1, 1) ist dann rekursiv definiert d urch

wobei v(m-1) die (m - 1)-te Ableitung bezeichne. Mit dieser Definition lasst sich etwa die Formulierung "v stiickweise C 1 " in der Definition des Raumes IC durch "v E H1( -1,1)" ersetzen und die Formulierung "u E C2( -1,1)" in Lemma 7.1 durch "u E H2( -1,1)". 0 Zu Beginn des Abschnittes haben wir gefordert, dass die Funktion u das Hindernis f mit minimaler SeilHinge iiberspannen solI. Wo tritt diese Minimierungseigenschaft mathematisch auf? Eine Antwort liefert das folgende Lemma, das einen Zusammenhang zwischen der Variationsungleichung (7.9) und einem Minimierungsproblem fiir das Funktional

herstellt.

206

7 Numerische Lasung freier Randwertprobleme

Lemma 7.3 Die Probleme (7.9) und Buche u E K mit J (u) = min J (v )

(7.10)

vEK

sind aquivalent.

Beweis. Sei u eine Lasung von (7.10) und seien v E K und () E (0,1). Dann ist tol error = 0; for i = 2:N z = «alpha/2)*(u(i-l)+u(i+l»)+b(i»/(alpha+l); z = max(u(i) + omega*(z-u(i)),f(i,j+l)'); error = error + (u(i)-z)-2; u(i) = z; end loop(j) = loop(j) + 1; end end %Rticktransformation P = K*exp(-0.25*(k+l)-2*TO)*exp(-0.5*(k-l)*x).*u; result = [S;P;loop];

P = aput(K,r,sigma,T,omega); plot(P(1,:),P(2,:)), xlim([O 200]) gezeichnet werden. In Abbildung 7.4 stellen wir die Anzahl der Iterationen zum zweiten Zeitschritt in Abhangigkeit des Relaxationsparameters w dar, erzeugt mit den MATLAB- Befehlen

7.3 Numerische Diskretisierung

219

60 c: 50 Q) c:

o

セ@

40

セ@

.... Q) セ@ セ@

30

ca N

c:

«

20 10

1.1

1.2

1.3

1 .4

1.5

1.6

1.7

1.8

ffi

Abbildung 7.4 Anzahl der Iterationen zum zweiten Zeitschritt des Projektions-SORVerfahrens in Abhangigkeit des Relaxationsparameters w.

for omega = 1:0.01:1.9 P = aput(K,r,sigma,T,omega); loop(j) = P(3,2); j = j + 1; end plot([1:0.01:1.9] ,loop) Fur das GauB-Seidel-Verfahren w = 1 sind n = 9 Iterationen erforderlich. Die minimale Anzahl von Iterationen nmin = 6 wird erreicht, wenn wir w E [1.13,1.15] wahlen. Das sind immerhin 1/3 weniger Iterationsschritte als beim GauB-SeidelVerfahren. Der Wert nmin hangt von den Spektraleigenschaften der Matrix des entsprechenden Gleichungssystems ab (siehe Theorem 10.43 in [126] im Falle der SOR-Methode); diese konnen jedoch meist nicht einfach berechnet werden, so dass nmin im allgemeinen experimentell bestimmt werden muss. D Bemerkung 7.8 Der Algorithmus wird betdichtlich vereinfacht, wenn wir den expliziten Fall () = 0 betrachten. Dann ist namlich A gleich der Einheitsmatrix und aus der zu dem diskreten Komplementaritatsproblem (7.20) aquivalenten Formulierung

folgt (7.34)

7 Numerische Losung freier Randwertprobleme

220 oder ausgeschrieben j

max{ a( wi -

1

+ wij+1) + (1 - 2a)wf," Iij+1 }, i = 1, ... ,N - 1, "

"

""+1

+ awi + a/J,JJ }, j " j j+1 max{(l- 2a)w N + aufN_1 + aIN,JN }. max{(l- 2a)%

Dies bedeutet, dass der Vektor w j +1 direkt aus w j berechnet werden kann. Beachte, dass das explizite Finite-Differenzen-Verfahren zur Lasung europaischer Optionen nach Abschnitt 6.2 gerade wj +1 = Bw j + dj lautet (siehe (6.18)). Das entsprechende Programm kann also leicht abgeandert werden, indem einfach die Iteration wj +1 = Bw j + dj durch (7.34) ersetzt wird. Allerdings besitzt das explizite Verfahren den entscheidenen Nachteil, dass der Quotient s/h2 hinreichend klein gewahlt werden muss. 0

Bemerkung 7.9 Beispiel 7.7 zeigt, dass ein praziser Wert des freien Randwertes Sf(t) nicht einfach zu bestimmen ist, da die Gebiete P = K - S und P > K - S nicht einfach zu trennen sind. Fur Zeiten nahe des Falligkeitstermins sind analytische Approximationen von Sf(t) hergeleitet worden [11, 71, 102]. Zu numerischen Techniken zur Bestimmung von Sf(t) siehe z.B. [4, 121, 165]. 0

Ubungsaufgaben 1. Beweisen Sie, dass Funktionen aus H1( -1,1) stets stetig sind, aber nicht

notwendigerweise im klassischen Sinne differenzierbar. 2. Zeigen Sie, dass Funktionen u, v E H1( -1,1) partiell integriert werden kannen:

/ -11 uv'dx =

{uv}セャ@

_11

u'vdx.

-1

3. Zeigen Sie, dass der Raum der Konkurrenzfunktionen K = {v E Co( -1,1) : v( -1) = v(l) = 0, v セ@

I,

v stuckweise C 1 }.

konvex ist, d.h., es gilt fur alle u, v E K und 0 S A S 1 die Beziehung E K.

Au + (1 - A)V

4. Sei u E CO( -1,1) und es gelte

{II u¢dx セ@ fur aIle ¢ E CO( -1,1) mit ¢ セ@ [-1,1] folgt.

0

0 in [-1,1]. Zeigen Sie, dass dann u セ@

0 in

221

7.3 Numerische Diskretisierung 5. Zeigen Sie, dass die beiden Formulierungen

(Aw-b)T(W-f)=O,

Aw-b20,

und

min{Aw - b,w - f} = fUr A E JR nxn , w, b,

f

w-f20

°

E JRn aquivalent sind.

6. Seien A E JRnxn eine symmetrische und positiv definite Matrix, b E JRn und

Zeigen Sie, dass J nach unten beschrankt ist, d.h., es existiert eine Konstante c E JR, so dass fUr aIle v E JRn gilt: J(v) 2 c. 7. Beweisen Sie, dass das Problem (7.10) eindeutig lOsbar ist. 8. Ziel dieser Aufgabe ist die Bewertung einer russischen Option. Dies ist eine amerikanische Option mit unbegrenzter Laufzeit. Zum Zeitpunkt der Einlosung der Option wird der bis zu diesem Zeitpunkt maximale Kurs des Basiswerts ausgezahlt. Wir nehmen an, dass auf den Basiswert kontinuierliche Dividendenzahlungen mit konstanter Dividendenrate Do 2 0 geleistet werden. 1st Jt = maxO: g8(W) T (v - w) + G8(v) - G8(W) (denn A ist positiv definit)

> 0 (wegen (8.4)). Also lost w das Problem (8.3). Sei umgekehrt w = W8 eine Losung von (8.3), sei ek der k-te Einheitsvektor des IRN - 1 und v = W±cek' Dann erhalten wir nach einer Rechnung wie im Beweis vom Lemma 7.6 (siehe (7.26)):

8 Einige weiterfUhrende Themen

226

o
0 und der Grenzwert

E --+

0 ergeben

±(Aw - b - g8(W))k 2: 0 fUr aIle k = 1, ... ,N-1 und daher Aw - b - 98(W)

o

= O.

Bemerkung 8.2 Der obige Beweis zeigt, dass das Funktional J8 die Ableitung

J8(v) = Av - b - g8(V),

v

E

lR. N -

1,

besitzt, denn mit D(v) := Av - b - 98(V) folgt fUr E --+ 0

セ@

(J8(V

+ Eek) -

セ。ォ@

J8(V) - ED (v) T ek )

+ (Av E

2akk

--+

b - g8(V))k - D(vh

0,

d.h., D(V)k ist die partielle Ableitung aJ8(V)/aVk, und die Behauptung folgt. Ubrigens ergibt eine ahnliche Rechnung wie oben, dass die zweite Ableitung J v) = A + gセ@ (v) lautet (Ubungsaufgabe). Wei! A eine symmetrische, positiv definite Matrix ist, ist J8 strikt konvex und besitzt ein eindeutig bestimmtes Minimum. Dies ist gerade durch die Lasung W8 gegeben. Aus Lemma 8.1 folgt die Existenz einer eindeutigen Lasung von (8.2). 0

8(

1m folgenden betrachten wir die spezielle Funktion

1 - v) + -_ 81 (( !I g8(V) -_ 8(f

-

VI) + , ... , (fN-I - VN-t) +) T .

Beachte, dass die Stammfunktion G8(V) = MセiHヲ@ - v)+II§ nicht zweimal differenzierbar ist, so dass Lemma 8.1 nicht angewendet werden kann. (Wir bezeichnen mit Ilxll§ = L:i fur E lR. N- 1 die euklidische Norm im lR. N- 1 .) Wir beweisen hier nur, dass die Lasung W8 fur 0 fur alle i und aij セ@ 0 fur alle i i= j):

i=l

+ 2)W8,i -

Wd+ aij(W8,j - Wj)

(denn aij セ@ 0, i

i= j)

ii-j

((W8 - w)+) T A(W8 - w) < ((W8 - w)+) T (98(W8) - g8(W))

< 0, denn g8 ist monoton fallend. Die Norm II . 112 bezeichnet die euklidische Norm. Wir erhalten (W8 - w)+ = 0 und daher W8 - W セ@ O. Fur den Beweis der zweiten Ungleichung setzen wir v = W - 811Af - bllooe. Wir wissen, dass fur gegebenes k entweder Wk = fk oder Wk > fk gilt. Sei zuerst Wk = fk. Die L-Matrixeigenschaft von A impliziert (AW)k セ@ (Af)k, denn

(AW)k

=

akkwk +

L akjWj セ@

akkfk +

j¥k

wegen Wj セ@

fj und akj

(Av - b - g8(v)h

セ@

0 fur j

i= k.

L akj/j = (Af)k j¥k

Es folgt

(A(w - 811Af - bllooe) - b -IiAf - bllooeh < (Af - 811Af - bllooAe - b -IiAf - bllooe)k < (Af - b)k - IIAf - bll oo (denn Ae > 0, da A strikt diagonaldominant) < O.

Sei nun Wk > fk. Dann gilt (Aw - b)k = 0 und

(Av - b - 98(V)h

(Aw - b)k - 811Af - blloo(Ae)k -IIAf < O.

bll oo

Insgesamt folgt also (Av - b - 98(V))k セ@ 0 fur alle k. Beachten wir aufierdem die Gleichung (AW8 - b - g8(W8))k = 0, so erhalten wir

8 Einige weiterfiihrende Themen

228

(A (v - W8))k :::; (98(V) - 98(W8))k fUr alle k. Multiplikation mit ((v - W8)+)k und Summation tiber alle k ergibt wie im Beweis der ersten Ungleichung

all(v -

:::; キXIKiセ@

:::;

((v - W8)+)T A(v - W8) ((v - W8)+) T (98(V) - 98(W8)) :::; 0,

denn die Funktion 98 ist monoton fallend. Dies impliziert v - W8 :::; ist bewiesen.

o.

Der Satz 0

Die obige Wahl von g8 ist naheliegend, hat aber den Nachteil, dass die Ungleichung W8 セ@ f nicht garantiert ist. Aus der Ungleichung (8.5) folgt namlich nur Der Fehler kann beliebig klein gemacht werden, indem 6 klein genug gewahlt wird. Dennoch ist eine Approximation wtinschenswert, ftir die die Restriktion W8 セ@ f erfUllt ist. Wir behaupten, dass die Wahl

f- v ) カャセ@ + 62

g8(V) = P ( 1 + Jllf _

(8.6)

fUr geeignetes p> 0 das Gewtinschte liefert.

Lemma 8.4 Sei W8 eine Losung von {8.2} und sei g8 durch {8.6} mit p セ@ definiert. Dann gilt W8 セ@ f.

bll oo

Beweis. Sei

W

IIAf-

eine Lasung von (8.1). Wir behaupten, dass die Ungleichung

Aw - b - 98(W) :::; 0

(8.7)

IIAf -bll oo wahlen. Gilt namlich Wk > fk' ist (Aw-b)k = 0 und (Aw-b-g8(W))k = -98(Wk) :::; o. 1st andererseits Wk = fk' so folgt wie im Beweis von Satz 8.3 (AW)k :::; (Af)k und daher (Aw - b- g8(W))k :::; (Af - b)k - g8(fk) = (Af - b)k - P :::; o. Aus (8.7) und (8.2) ergibt sich

gilt, wenn wir p セ@

A(w - W8) :::; g8(W) - 98(W8). Multiplizieren wir diese Ungleichung mit (w - W8)+, kannen wir wie im Beweis des vorigen Lemmas abschatzen:

all(w キXIKiセ@

:::; :::;

((w - W8)+)T A(w - W8) ((w - W8)+) T (g8(W) - g8(W8)) :::; 0,

denn g8 ist monoton fallend. Es folgt W - W8 :::; 0 und W8 Behauptung.

セ@

W

セ@

f, also die 0

Wir zeigen nun, dass die Lasung W8 von (8.2) mit der Straffunktion (8.6) gegen die Lasung von (8.1) konvergiert.

229

8.1 Strafmethoden fUr amerikanische Optionen Satz 8.5 Sei 98 wie in {8.6} mit p セ@

IIAj -

bll oo

definiert. Dann 9ilt

I¥vfJ.

I w8- wl12 S

8

Beweis. Zuerst bemerken wir, dass die Funktion G8, definiert durch G = -98, N-l

G8(v) = P

L (f - V)i + P

N-l

L(f-v);+(p,

i=l

i=l

lautet. Mit der Taylor-Formel und Bemerkung 8.2 erhalten wir fUr einen Zwischenvektor セXZ@

J(W8)

J(w)

+ J'(w) T (W8 - w) + セHwX@

- w) T jBHセXIw@

J(w)

1 T + (Aw - b) T (W8 - w) + 2(w 8 - w) A(W8 - w)

- w)

0: 2 > J(w)+(Aw-b) T (W8-j ) +(Aw-b) T (f-w)+2"llw8-wI12 0:

2

> J(w) + 2"llw8 - w112' denn nach Lemma 8.4 ist W8 - j セ@ 0, und es gilt (Aw - b)T(f - w) = O. Folglich erhalten wir

IIw8 - wll§ S セHjwXI@

0:

- J(w)).

Da W8 nach Lemma 8.1 das Funktional 1,s minimiert, gilt Jo(W8) S J8(W). Ferner ist nach Definition von J8 die Abschatzung J(W8) S J8(W8) giiltig. Beide Ungleichungen ergeben J(W8) S J8(W) und daher

IIw8 - wll§ S セHjXwI@0: Nun gilt w

セ@

- J(w))

=

セgXHwIN@0:

j, also G8(W) S p8, und wir erhalten mit

die Behauptung.

D

Bemerkung 8.6 (1) Ein Nachteil der Strafmethoden besteht darin, dass die Ersatzprobleme fUr "kleines" 8 > 0 im allgemeinen schlecht konditioniert sind, d.h., die Matrix A + G'8 (W8) kann eine sehr groBe Kondition haben. Durch eine geeignete Wahl des Strafparameters 8 kann erreicht werden, dass die Kondition des Strafproblems dieselbe ist wie das urspriingliche Problem. Wir verweisen fiir Details auf Kapitel 8.3 in [74].

8 Einige weiterfiihrende Themen

230

(2) Wir haben die Frage, unter welchen Bedingungen die Lasung des diskreten Komplementaritatsproblems (8.1) gegen die Lasung des kontinuierlichen Komplementaritatsproblems (U T - U XX )( U -

f)

= 0,

U T - U xx

2: 0,

U -

f 2: 0

konvergiert, bislang ausgeklammert. Der Grund liegt darin, dass bei derartigen Problemen fUr die Lasung U keine starken Regularitatsresultate zu erwarten sind und dass die fehlende Regularitat die Abschatzung des Abschneidefehlers wie in Abschnitt 6.2 nicht erlaubt. Ein Ausweg ist die Diskretisierung des kontinuierlichen Komplementaritatsproblems mit Finiten Elementen. Dies erlaubt den Beweis der Konvergenz in geeigneten SobolevRaumen. Der technische Aufwand dieser Methode ist freilich haher als in Abschnitt 6.2; fUr Details verweisen wir ebenfalls auf Kapitel 8 in [74]. (3) In der Arbeit [121] wird die Straffunktion g8(Wk) = 8C/(Wk + 8 - fk), wobei C > 0 eine geeignet gewahlte Konstante ist, zur numerischen Lasung des diskreten Komplementaritatsproblems verwendet. Mit dieser Straffunktion kann ebenfalls die Ungleichung W8 2: f bewiesen werden. D

8.2

Volatilitatsmodelle

Die Ergebnisse aus Tabelle 4.1 zeigen, dass die Annahme einer konstanten Volatilitat im Black-Scholes-Modell nicht mit der Wirklichkeit iibereinstimmt. Vielmehr hangt die implizite Volatilitat (Timpl einer europaischen Call- oder Put-Option zu einem fest en Zeitpunkt t* mit dazugeharigem Aktienkurs S* nicht nur von der Laufzeit T, sondern auch yom Ausiibungspreis K abo Wir bezeichnen daher mit (Timpl = (Timpl(K, T; S*, t*) die eindeutige Lasung von

mit dem aktuellen Marktpreis Co der Option zum Zeitpunkt t* lungsfunktion der Standardnormalverteilung

.p(x)

= -1-

J21T

JX e- s 2 /2ds,

und

d

x E JR,

-00

_ In(S* / K)

1/2 -

(siehe Satz 4.12 und Abschnitt 4.4.2).

+ (r ± (T2/2)(T (Tv'T - t*

t*)

< T, der Vertei-

8.2 Volatilitatsmodelle

231

In der Nicht-Konstanz der Volatilitat spiegelt sich seit dem groBen Borsencrash vom Oktober 1987 die Annahme des Marktes wider, dass starke Kurssprunge erheblich wahrscheinlicher sind als im stetigen Aktienkursmodell der geometrischen Brownschen Bewegung vorgesehen. Somit preist der Markt Optionen, deren Ausubungspreise vom aktuellen Aktienkurs stark nach unten (PutOptionen) bzw. nach oben (Call-Optionen) abweichen, in der Regel mit einer hoheren Volatilitat.

8.2.1

Lokale und implizite Volatilitaten

Konnen wir das Black-Scholes-Modell fUr eine europaische Call-Option (bzw. PutOption) so modifizieren, dass es mit den am Markt zu beobachtenden impliziten Volatilitaten ubereinstimmt? Wie wir nun zeigen werden, ist dies moglich, falls wir das Aktienpreismodell (4.11) durch den Drift-Diffusionsprozess (8.8) mit lokalen Volatilitaten (J"(St, t) ersetzen. Arbitrage-Freiheit des Marktes vorausgesetzt, bleibt die Herleitung der Black-Scholes-Gleichung fur einen europaischen Call in Abschnitt 4.2 giiltig. Es ist lediglich im Black-Scholes-Problem (4.18)(4.20) die konstante Volatilitat (J" durch die lokale Volatilitat (J"(S, t) zu ersetzen. Aber wie ist (J"(S, t) zu wahlen, urn Konsistenz mit den am Markt zu beobachtenden impliziten Volatilitaten zu erhalten? Wir behaupten, dass wir allein aus der Kenntnis der impliziten Volatilitaten (J"impl(K, T; S*, t*) zu festem Zeitpunkt t* mit dazugehorigem Aktienkurs S* fur alle Ausubungspreise K セ@ 0 und Laufzeiten T E [t*, T] eindeutig die lokalen Volatilitaten (J"(S, t) fur aIle S セ@ 0 und t E [t*,T] bestimmen konnen [6, 52]. Hierzu schreiben wir zunachst (wie in Gleichung (4.31)) den fairen Optionspreis fUr einen europaischen Call mit Ausubungspreis K und Laufzeit T als diskontierten Erwartungswert

C(S, t; K, T) = e-r(T-t)

1

00

(S' - K)+ I(S, t; S', T)dS'

(8.9)

mit der (urn den Faktor S' erganzten) Wahrscheinlichkeitsdichte 1 der Lognormalverteilung (siehe Bemerkung 4.13). Eine Rechnung zeigt, dass diese Dichte zum einen der Fokker-Planck-Gleichung

81(S, t; S', T) 8T

8(S' I(S, t; S', T)) 1 8 2 [(J"2(S', T)(S')2/(S, t; S', T)] +r 8S' - "2 8(S')2 = 0 (8.10) fUr festes (S, t) und T セ@ t genugt [98, 122]. Zum anderen erhalten wir durch zweimaliges Differenzieren von (8.9) bezuglich K eine explizite Darstellung der Dichte

8 Einige weiterfiihrende Themen

232

2 f(S . K T) = r(T-t) 8 C(S, t; K, T) ,t" e 8K2'

(8.11)

in Abhangigkeit yom Optionspreis. Diese explizite Darstellung fur die Dichte, eingesetzt in die Fokker-Planck-Gleichung (8.10), ergibt nach einer kleinen Rechnung, mit der Abkurzung C = C(S, t; K, T) und der Bezeichnung K anstatt S', die Gleichung

Zweimalige Integration bezuglich K und Verwendung der asymptotischen Beziehungen limK ->00 C = limK ->00 8C18K = impliziert

°

CT

22 + rKCK - 1 20" (K, T)K CKK =

0,

wobei wir wieder Indizes fiir partielle Ableitungen verwenden. Nach den lokalen Volatilitaten aufgelost folgt die sogenannte Dupire-Gleichung (8.12) wobei die Funktionen auf der rechten Seite an der Stelle (S*, t*; K, T) auszuwerten sind. Mit dem Bezeichnungswechsel (S, t) fur (K, T) konnen wir die lokalen Volatilitaten auch als Funktion der impliziten Volatilitaten 8(S,t):= O"impl(S,t;S*,t*) schreiben:

O"(S,t)

=

28 t

S2

[8ss -

d1 セX@

+ 8/(t + HャOsセI@

t*)

+ 2rS8s

+ d1 8S)2 18]

(8.13)

mit d 1 = (In(S* IS) + (r + 8 2 /2)vt=i*)/(8vt=i*). Dies folgt aus (8.12) unter Berucksichtigung der Abhangigkeit C = C(O"impl) CObungsaufgabe). Wir konnen unsere Ergebnisse im folgenden Satz zusammenfassen (vgl. Proposition 1 in [6]).

Satz 8.7 Der Aktienkurs S genuge der Ito-Differentialgleichung (8.8). Falls wir zu einem festen Zeitpunkt t* und zugehOrigem Aktienkurs S* fur alle A usubungspreise K セ@ 0 und Fiilligkeiten T E [t*, r] eines europiiischen Calls am Markt arbitrage-fr-eie Preise C(S*, t*; K, T) beobachten konnen, so ist die eindeutige Wahl (8.12) bzw. (8.13) fur die lokalen Volatilitiiten mit dem Markt konsistent. Beweis. Es bleibt zu zeigen, dass 0" eine reelle Zahl ist, d.h., dass in (8.12) der Zahler nichtnegativ und der Nenner positiv sind. Der Nenner ist wegen (8.11) positiv, und die Nichtnegativitat des Zahlers ergibt sich fUr c: > aus der Beziehung C(S*,t*;KeTC,T+c:) セ@ C(S*,t*;K,T),

°

8.2 Volatilitatsmodelle

233

denn diese ist aquivalent zu

セ@

E

und im Grenzwert

(C (S* , t*; K eTE: , T E セ@

+ E) -

C (S* , t*; K, T))

セ@

0,

°erhalten wir

r KCK(S*, t*; K, T)

+ CT(S*, t*; K, T) セ@

0,

o

woraus die Behauptung folgt.

In der Praxis verfUgen wir jedoch nicht tiber eine lokale Volatilitatsflache {(K,T,8(K,T)) : 8(K,T)

= (Jimpl(K,T;S*,t*),

K セ@ 0, T E [t*,T]}

wie in Satz 8.7 vorausgesetzt, sondern nur tiber wenige diskrete Werte (Ki' Ti; C(S*, t*; K i , Ii)), aus denen wir die impliziten Volatilitaten (Ki' Ii; 8(Ki' Td) bestimmen kannen. Das Problem besteht nun darin, aus diesen wenigen Punkten durch Interpolation und Extrapolation die gesamte lokale Volatilitatsflache sowie die partiellen Ableitungen CT, CK und CKK bzw. 8T,8K und 8 KK zu rekonstruieren. Dieser Ansatz ist sehr problematisch, da die Daten maglicherweise fehlerbehaftete Informationen enthalten, jedoch schon kleinste Anderungen in den Daten wegen der Ableitungen zu sehr groBen Anderungen in der Lasung fUhren kannen. Man sagt, das Problem, aus der Kenntnis weniger Daten die lokale Volatilitatsflache zu rekonstruieren, ist schlecht gestellt (vgl. [77]). Andere Ansatze zur Berechnung der lokalen Volatilitatsflache beruhen auf einer Kombination von Crank-Nicolson-Verfahren und der Bestimmung diskreter lokaler Volatilitaten an den Diskretisierungspunkten [6], der Regularisierung des schlecht gestellten Problems durch Entropie-Minimierung [8] und Glattheitsforderungen [104] oder der Tikhonov-Regularisierung mit Gradienten-Strafterm [38]. Wir wollen im folgenden einen Ansatz von Coleman et al. [35] naher betrachten, der auf einer inversen Spline-Approximation der lokalen Volatilitatsflache beruht. Die diesem Ansatz inharente Glattheitsforderung stellt eine implizite Regularisierung des schlecht gestellten Problems dar, aus wenigen Daten die lokale Volatilitatsflache zu rekonstruieren.

8.2.2

Rekonstruktion der lokalen VolatilitatsfUiche

Die Darstellung (8.12) bzw. (8.13) zeigt, dass unter der Annahme einer glatten Funktion C (K, T) := C (S* , t*; K, T) fUr eine europaische Call-Option in Abhangigkeit yom Austibungspreis K und von der Laufzeit T auch die lokale Volatilitatsflache glatt ist. Es macht daher Sinn, die Gleichung j

= 1, ... ,N,

(8.14)

8 Einige weiterfiihrende Themen

234

im Raum V = C 2 (0) der zweimal stetig differenzierbaren Funktionen zu losen, wobei 0 = (0,00) X (t*,T). Hierbei bezeichne Cj(Kj,Tj;u) := C(8*,t*;Kj ,Tj ,u) die eindeutige Losung der verallgemeinerten Black-Scholes-Gleichung

Ct

122 + "2u (8, t)8 Css + r8Cs -

rC = 0,

8> 0, t* < t < Tj ,

(8.15)

mit Endbedingung

8> 0,

(8.16)

und Randbedingungen C(O, t)

= 0,

lim (C(8,t) - 8) = 0,

t*

< t < Tj ,

(8.17)

S--HXJ

zum Zeitpunkt t* mit dazugehorigem Aktienkurs 8*, d.h., Cj{Kj , Tj ; u) ist der faire Preis eines europaischen Calls mit AusUbungspreis Kj und Verfallstag Tj zum Zeitpunkt t*, falls die Aktienkursdynamik der It6-Differentialgleichung (8.8) genUgt. Die Daten sind durch C(Kj, Tj) gegeben. Das Interpolationsproblem (8.14) konnen wir in ein aquivalentes Optimierungsproblem fUr Funktionen u : 0 セ@ lR transformieren: N

Uopt :=

argmin O"EV

L ICj(Kj, Tj; u) - C(Kj, Tj)1 , j=l

oder besser - urn die Nicht-Differenzierbarkeit der Betragsfunktion zu umgehen - als variationelles Ausgleichsproblem formulieren: N

Uopt :=

argmin O"EV

L (Cj(Kj, Tj ; u) -

C(Kj, Tj ))2 .

(8.18)

j=l

(Das Argumentminimum argmin liefert dasjenige u, das die Summe minimiert.) Da in der Praxis die Anzahl N der beobachteten Marktdaten C(Kj,Tj) sehr klein, aber auf jeden Fall endlich ist, hat die Aufgabe (8.18) in der Regel unendlich viele Losungen. Ein Ausweg aus dieser Unterbestimmtheit besteht darin, vom unendlich-dimensionalen Raum V zu einem endlich-dimensionalen Unterraum Vm Uberzugehen. Coleman et al. [35J schlagen hierfUr aufgrund seiner Bestapproximationseigenschaft den Raum der bikubischen Spline-Funktionen mit natUrlichen Randbedingungen zu m Knoten (Sj, tj), j = 1, ... , m, vor. Der Raum Vm ist dabei durch folgende Eigenschaften charakterisiert [42, 46J: (1) Die Interpolationsaufgabe

(8.19) ist fUr f E Vm eindeutig losbar; der entsprechende interpolierende kubische Spline sei mit p(8, t; if) := f(8, t) bezeichnet.

235

8.2 Volatilitatsmodelle

(2) Der Spline-Interpolant p(S, t; a-) minimiert das Funktional (genauer: die H2_ Seminorm) If1H2(fl) := bezuglich der Funktionen (8.19).

f

(In (l§s + ltlt + ヲセI@ E

dSdt) 1/2

V unter der Interpolations-Nebenbedingung

Damit kannen wir das unendlich-dimensionale variationelle Ausgleichsproblem (8.18) in ein endlich-dimensionales nichtlineares Ausgleichsproblem

O"opt

= argmin aElRm

ipH。MIセL@

mit der euklidischen Norm II . 112 uberfuhren. Als numerisches Lasungsverfahren bietet sich das in Kapitel 4.3 bereits eingefUhrte GauB-Newton-Verfahren zur Lasung von nichtlinearen Ausgleichsproblemen an. Beginnend mit einem Startwert a-(O) beschaffen wir uns iterativ neue Approximationen fur k = 0,1,2, ... durch Lasen des linearen Gleichungssystems

und Definieren von a-(k+1) := a-(k) + f::,a-(k). 1m Fall N = m kannen wir sogar mit (pl(a-(k))T)-l durchmultiplizieren und erhalten

Dabei ist fUr jede Auswertung von P die simultane Lasung von N End-Randwertproblemen (8.15)-(8.17) zu Daten Kj, Tj und lokaler Volatilitat p(S, t, a-(k)) natig. Die Jacobi-Matrix pI kann mittels automatischer Differentiation [73], einfacher Sekanten-Verfahren [61] oder auch per numerischer Differentiation berechnet werden. 1m letzten Fall benatigt man fur jede der N Daten C (Kj, Tj ) die Lasung von m End-Randwertproblemen (8.15)-(8.17) mit leicht geanderten lokalen Volatilitatsfunktionen p(S, t; a- + b). Sowohl die Berechnung von Pals auch von pI ist ubrigens leicht zu parallelisieren.

Bemerkung 8.8 (1) Aufgabe (8.20) beschreibt ein nichtlineares inverses Problem: Aus der Kenntnis von N Beobachtungen C(Kj, Tj ), j = 1, ... , N, wollen wir auf die unbekannte, nicht direkt beobachtbare Funktion 0" : n ---.. R schlieBen; diese geht nichtlinear in das End-Randwertproblem (8.15)-(8.17) ein, welches wiederum die fairen Optionspreise determiniert, die mit den beobachteten N Marktpreisen in einem arbitrage-freien Markt ubereinstimmen. Derartige Probleme sind in der Regel schlecht gestellt [110]; jedoch

8 Einige weiterfiihrende Themen

236

kann die dem Spline-Ansatz zugrundeliegende Glattheitsforderung als implizite Regularisierung des Problems betrachtet werden, d.h., O"opt in (8.20) hiingt nicht sehr sensitiv von den Daten C(Kj, Tj) oder von Rundungsfehlern abo Sensitiv ist jedoch die Wahl des Raumes Vm , insbesondere die Wahl der Spline-Knoten [35]. (2) Der Ansatz (8.20) zielt nicht darauf, das Interpolationsproblem (8.14) zu losen (was bei fehlerhaften Marktdaten auch wenig Sinn macht) , sondern liefert mit p(S, t; O"opt) eine Rekonstruktion der exakten lokalen Volatilitiitsfliiche, die im Sinne eines minimalen Residuums F(i1) optimal ist. (3) Urn die unterschiedliche Gtite der N Daten in den Ansatz einzubeziehen, konnen wir das Residuum mit einem (komponentenweise positiven) Gewichtsvektor w geeignet gewichten, d.h., wir ersetzen die Komponenten Fj von F durch die skalierten Komponenten wjFj. (4) Liegen Kenntnisse tiber minimale und maximale Volatilitiiten vor, so konnen wir das nichtlineare Ausgleichsproblem (8.20) mittels der Nebenbedingung O"min S i1 S O"max zu einem restringierten Optimierungsproblem erweitern. (5) 1st die Anzahl m der Knoten sehr viel groBer als die Anzahl N der Daten, erhalten wir ein unterbestimmtes Problem. Eine zusiitzliche Regularisierung, etwa die Addition des Terms

- 12 dSdt .,\ inflOP as(S,t;O") zu ifHッMIャセ@ in (8.20) kann hier Abhilfe schaffen (siehe (8.19) zur Definition von p(S, t; 0-)). Je nach Wahl des Regularisierungsparameters .,\ wird zusiitzlich die erste Ableitung der lokalen Volatilitiitsfunktion mehr oder weniger minimiert. (6) Oft beobachtet man am Markt eine Spanne [Cj,min, Cj,max] zwischen Angebots- und Nachfragepreis anstatt eines Marktpreises C(Kj, Tj ). Hier gibt es zwei Moglichkeiten. Zum einen kann man mit einem mittleren Preis arbeiten, d.h. C(Kj,Tj) als !(Cj,min + Cj,max) definieren, und Aufgabe (8.20) losen. Die Vorgehensweise beim Ausgleichsspline [128] (vgl. auch Abschnitt 8.3.4) dagegen legt eine andere Vorgehensweise nahe: Man ersetzt Fj(i1) in (8.20) durch -.(_) ._ Cj (Kj , Tj;p(·,·; (1)) - !(Cj,min + Cj,max) P J 0"

.-

1 r;:r

2V N(Cj,max - Cj,min)

.

Diese Definition ist folgendermaBen motiviert. Die Werte Cj (Kj, Tj; p(., .; (1)) sollten im Intervall [Cj,min, Cj,max]liegen:

237

8.2 Volatilitatsmodelle

Wir ford ern dies nur im Mittel:

セ@ 1, wobei F = (F1, ... ,FN)T. Diese Forderung ist aquivalent zu ifH。Iャセ@ Diese Ungleichung formulieren wir mit einer sogenannten Schlupfvariablen z E セ@ als ifH。Iャセ@ + z2 -1 = 0, ahnlich wie beim Simplexalgorithmus (siehe Abschnitt 8.1 zu einer verwandten Strategie mit Straftermen). SchlieBlich lOs en wir das Minimierungsproblem (8.21)

o

mit einem Lagrange-Parameter A.

8.2.3

Stochastische Volatilitat und Positivitat

Die am Markt zu beobachtende Nicht-Konstanz der Volatilitat kann auch dadurch in der Modellbildung berucksichtigt werden, dass fUr die Volatilitat eine stochastische Differentialgleichung und damit ein Zwei-Faktoren-Modell fur die Dynamik des Aktienkurses zugrundegelegt wird: dS da

+ aSdW(l), p(S, a, t)dt + q(S, a, t)dW(2), j.LSdt

(8.22) (8.23)

mit Korrelation dW(1)dW(2) = pdt (siehe (4.64)). Die Kalibrierung des Modells beruht hauptsachlich auf einer geeigneten Wahl der Ansatzfunktionen p und q. Fur die Wahl /I

q= 2

etwa ergibt sich mit Hilfe des Lemmas 4.6 von Ito das schon aus den Abschnitten 4.5.5 und 5.5 bekannte Heston-Modell (mit dem risikolosen Zinssatz r statt der Driftrate j.L des Aktienkurses):

+ aSdW(l), /\,( () - ( 2)dt + /ladW(2).

rSdt

Der stochastische Prozess

ar ist naturlich positiv (bzw. nicht-negativ).

(8.24)

(8.25)

238

8 Einige weiterfiihrende Themen

Wie in Kapitel 5 beschrieben, kannen wir den fairen Preis fiir eine Option auf einen Basiswert, dessen Dynamik durch (8.22)-{8.23) bzw. (8.24)-{8.25) beschrieben wird, mit der Monte-Carlo-Simulation bestimmen. Hierzu sind wir auf numerische Integrationsverfahren fUr stochastische Differentialgleichungen angewiesen, die jedoch im allgemeinen die Positivitat (bzw. die Nicht-Negativitat) eines stochastischen Prozesses nicht erhalten. So liefert z.B. das Euler-MaruyamaVerfahren die numerischen Diskretisierungen

die fiir

trotz (f; > 0 eine negative Approximation (f;+1 liefem! Einfache Auswege aus diesem Dilemma sind etwa das Spiegeln der Lasung an der Achse (f2 = 0, was auf die Iterationsvorschrift

fiihrt, oder die Ablehnung alIer Realisierungen des Wiener-Prozesses !:::,.WP), die auf einen negativen Wert (f;+ 1 fUhren. Diese Methoden liefem zwar einen positiven Prozess; es ist jedoch zweifelhaft, ob derartige Prozesse zulassige Realisierungen eines Pfades von (8.25) darstelIen oder iiberhaupt ein konvergentes numerisches Verfahren Hefern. Die Entwicklung von positivitatserhaltenden numerischen Integrationsverfahren fiir positive Prozesse beschreibende stochastische Differentialgleichungen, welche stets - unabhangig von der Zeitschrittweite!:::"t und yom Inkrement !:::,. WP) - einen positiven diskreten Prozess bei gesicherter Konvergenzordnung liefern, ist Gegenstand der aktuellen Forschung. 8.2.4

Duplikationsstrategie und Marktpreis des VolatiliUitsrisikos

Wir betrachten daher einen zweiten, auf der Duplikationsstrategie aufbauenden Ansatz zur Optionspreisbestimmung iiber die Lasung eines End-Randwertproblems parabolischer Differentialgleichungen. Nun ist "Volatilitat" als unbhangige GraBe kein handelbares, geschweige denn ein gehandeltes Wertpapier. Damit wir aber auch das Volatilitatsrisiko in unserer Duplikationsstrategie eliminieren kannen, erweitem wir das Portfolio Y, bestehend aus Cl (t) Anteilen einer Option V(S, (f, t) und C2(t) Anteilen eines Basiswerts S, urn ein zusatzliches Wertpapier, etwa urn eine weitere Option V(S, (f, t) auf denselben Basiswert, aber mit unterschiedlicher Laufzeit:

239

8.2 Volatilitatsmodelle

Wir set zen wie in Abschnitt 4.2 voraus, dass dieses Portfolio risikolos und selbstfinanzierend ist. Dann erhalten wir die folgende stochastische Differentialgleichung

dY

= Cl (t)dV(S,

cr, t)

+ c2(t)dS -

dV(S, cr, t),

。セウ@

der sich mit der mehrdimensionalen Ito-Formel (4.65), angewandt auf dV und dV, die Beziehung

dY

=

Cl (t)

(tit + セ」イR@

S2VSS

- (Vi + セ」イR@

+ (Cl (t) Vs

S2VSS - Vs

+ pcrqSVSa + セアRv。@

) dt

+ pcrqSVSa + セアRv。@

) dt

+ C2 (t) ) dS + (Cl (t) Va -

Va )dcr

ergibt. Wir erinnern, dass q = q(S, cr, t) in (8.23) definiert ist. Die Annahme eines Portfolios ohne zufallige Schwankungen fUhrt auf die Wahl

Da das Portfolio risikolos ist, d.h.

dY

=

rYdt

=

r(cl(t)V + C2(t)S - V)dt,

ergibt Gleichsetzen der beiden Ausdriicke fUr dY:

tit + !cr 2S 2VSS + pcrqSVSa + セアRv。@ Vi + セ」イRsv@

+ rSVs -

Va + pcrqSVSa + !q2Vaa Va

rV

+ rSVs -

rV

Die linke Seite hangt nur von V, aJ?er nicht von V ab; analog hangt die rechte Seite nur von V, jedoch nicht von V abo Daher miissen beide Seiten konstant in V und V sein. Wir nennen die Konstante "( (beachte, dass "( im allgemeinen von S, cr und t abhangt) und erhalten

Vi + "21 cr 2 S 2 Vss + pcrqSVSa + "21 q2 Vaa + rSVs - rV = "(Va·

(8.26)

Somit liefert die Duplikationsstrategie fUr den fairen Optionspreis Vein parabolisches End-Randwertproblem, bestehend aus der Differentialgleichung (8.26), dem Endwert (8.27) V(S,cr,T) = (S - K)+, S > 0, cr > 0,

8 Einige weiterfiihrende Themen

240 und den Randbedingungen

V(O, 0-, t) lim (V(8, 0-, t) - 8)

(8.28)

0,

0- > 0, 0- > 0,

0, 0,

8> 0, 8> 0.

(8.30)

0,

S-400

(Vi + !q 2Vuu + r8Vs - rV - I'Vu) 117=0 lim (V(8, 0-, t) - 8) 17-400

(8.29)

(8.31)

Die Begriindung der Wahl der Randbedingungen tiberlassen wir den Leserinnen und Lesem als Ubungsaufgabe. Das System (8.26)-(8.31) ist jedoch nicht geschlossen; die Funktion I' = 1'(8,0-, t) ist noch zu bestimmen. Hierzu hilft uns die Interpretation von .\ := (p + 1') / q als M arktpreis des Volatilitiitsrisikos. Betrachte hierzu das (selbstfinanzierende) Portfolio aus einer Option und c(t) Anteilen verkaufter Basiswerte:

Zt = V - c(t)8. Wahlen wir wie in Abschnitt 4.2 c(t) = Vs, so folgt aus (8.26) und (8.23)

dZ

dV - Vsd8

( Vi +

セッMR@

8 2Vss + po-q8Vsu +

セアRv@

) dt + Vudo-

(b + p)Vu - r8Vs + rV) dt + qVudw(2) q(.\Vudt + VudW(2)) also

+ r(V -

8Vs)dt,

dZ - rZdt = qVu(.\dt + dW(2)).

Die rechte Seite stellt die tiber den risikolosen Zinssatz r liegende Verzinsung dieses Portfolios dar. Was heiBt das? Ftir jede Einheit von Volatilitatsrisiko erhalten wir zusatzlich zur risikolosen Verzinsung noch .\ Einheiten zusatzlichen Erlos ftir die Ubemahme des Volatilitatsrisikos. Daher ist es naheliegend, .\ als Vielfaches von 0- zu wahlen. Die entsprechende Proportionalitatskonstante kann dabei im Prinzip aus einem volatilitatsabhangigen Wertpapier bestimmt werden. Bemerkung 8.9 (1) Die GroBe -I' = P - .\q stellt die risikolose Driftrate der Volatilitiitdar, die (anstatt p) in unser em Zwei-Faktoren-Modell (8.22)-(8.23) zu verwenden ist.

(2) 1st V(o-, t) der Preis einer Option, die nur von der Volatilitat 0- und der Zeit t abhangt, so konnen wir die Differentialgleichung (8.26) formulieren als 1 2

Vi + "2 q Vuu + (p - .\q)Vu - rV = 0,

(8.32)

wobei p und q in (8.23) definiert sind. Dieses Resultat gilt auch, wenn 0nicht die Volatilitat, sondem etwa eine Zinsrate bedeutet (siehe Abschnitt 8.3). 0

241

8.3 Zinsderivate

8.3

Zinsderivate

Zinsderivate sind Derivate auf Basiswerte, die von der Zinsentwicklung abhangen. Die einfachsten Beispiele hierftir sind europaische Optionen auf Null-Kupon-Anlei hen (d.h. Bonds) oder Wandelanleihen. Europaische Bond-Optionen raumen dem Kaufer das Recht ein, einen Bond mit Laufzeit Tl zu einem bestimmten Zeitpunkt T2 < Tl fUr einen festen Preis K zu kaufen oder zu verkaufen. Eine Wandelanleihe mit Laufzeit T verleiht dem Kaufer (oder auch der Verkauferin) das Recht, zu einem beliebigen Zeitpunkt t ::; T die Wandelanleihe gegen eine feste Anzahl von Basiswerten (z.B. Aktien, Aktienkorbe oder Indizes) zu tauschen. Verlauft die Kursentwicklung negativ, verzichtet der Anleihenbesitzer auf sein Wandelrecht und erhalt den fest en Zins der Anleihe. Immer haufiger werden in den letzten Jahren Zinsderivate dazu genutzt, Schuldner gegen Zinserhohungen oder Glaubiger gegen Zinssenkungen abzusichern. Dabei kann jedes Risiko individuell durch Konstruktion einer entsprechenden Option abgesichert werden. Wir betrachten hierzu das folgende Beispiel. Beispiel 8.10 Zur Finanzierung eines Hauskaufs soll ein Festdarlehen in Hohe von N = 500000 Euro mit einer Laufzeit von T = 30 Jahren aufgenommen werden, d.h., es erfolgt keine laufende Tilgung, sondern eine komplette Rtickzahlung des Darlehens zum Laufzeitende. Da der Hauskaufer langfristig mit sinkenden Zinsen rechnet, mochte er ein variables Darlehen aufnehmen. Er vereinbart daher mit seiner finanzierenden Bank einen Zinssatz, der 1.5% tiber dem jeweiligen EURIBOR-Satz z(t) fUr Ein-Monatsgelder liegt, aber mindestens 4.5% betragen soll. (Der EURIBOR bzw. Euro Interbank Offer Rate gibt die Zinsraten an, die Banken untereinander ftir Kredite bezahlen.) Ftir das Darlehen sind insgesamt 360 nachschiissige (d.h. am Monatsletzten zu tiberweisende) monatliche Zinszahlungen zu den Zeitpunkten Ti = 1,2, ... ,360 Monate in Hohe des vereinbarten Zinssatzes min(4.5%, 1.5% + Z(7i-l)) (mit der Konvention To := 0) zu leisten. Ftir den Fall, dass seine Einschatzung der zuktinftigen Zinsentwicklung nicht aufgehen sollte, will sich der Kaufer gegen allzu hohe Zinserhohungen absichern. Er ist nun an den beiden folgenden Absicherungen interessiert:

• der maximale Zinssatz Ki fUr die Zahlung im i-ten Monat solI 7 % betragen oder • der maximale Zinssatz Ki solI durch den rollierenden Durchschnitt der bisherigen EURIBOR-Zinssatze z(7i) begrenzt sein, d.h. durch 1

Ki = min (4.5%,1.5%

+ min {z(Ti-t), i

i

L z(T

j - 1 )}).

(8.33)

j=1

Wie hoch ist der faire Preis ftir eine derartige Absicherung heute?

o

8 Einige weiterfiihrende Themen

242

Urn diese Aufgabe mathematisch exakt fassen zu konnen, miissen wir einige Zinsbegriffe wiederholen bzw. einflihren: • Der risikolose Zinssatz r(t) kann definiert werden als der Zinssatz flir ein Bankguthaben mit infinitesimal kurzer Laufzeit:

dB(t)

=

r(t)dt, B(O)

= 1,

also

B(t)

= exp

(lot r(r)dr).

Bisher haben wir stets angenommen, dass der risikolose Zinssatz r rein deterministisch ist, d.h., r ist konstant oder als rein zeitabhangige Funktion r = r(t) gegeben. Es ist jedoch wesentlich realistischer, r als stochastische GroBe zu modellieren (siehe Abschnitt 4.5.5). Diese Eigenschaft kann bei den langen, viele Jahre umfassenden Laufzeiten von Zinsderivaten nicht vernachlassigt werden. • Der faire Preis P(t, T) einer Null-Koupon-Anleihe (Bond) zum Zeitpunkt t mit Laufzeitende T ist in Abhangigkeit von r gegeben durch exp (-r(T - t))

P(t,T)

exp ( -

=

E

(ex セエ@

iT

p(

[

r(r)dr)

rrdT) )

r konstant r deterministisch r stochastisch.

• Die Spotrate L(t, T) bezeichnet den konstanten Zinssatz, der fiir die Anlage von P(t, T) Geldeinheiten zum Zeitpunkt t eine Riickzahlung von einer Geldeinheit zum Zeitpunkt T liefert. 1m Fall diskreter Verzinsung ergibt dies (1

+ (T - t)L(t, T))P(t, T) = 1,

oder nach L(t, T) aufge16st:

L(t, T)

=

1 - P(t, T) (T _ t)P(t, T)

(8.34)

Ein Beispiel fiir eine derartige Spotrate stellt der EURIBOR-Zinssatz fiir EinMonatsgelder dar, der iiber (8.34) mit den Bond-Preisen zu den Zeitpunkten (t, T) = (t, t + 30/360) verkniipft ist. 1m Fall kontinuierlicher Verzinsung ist die Spotrate £(t, T) iiber P(t, T) = exp( -£(t, T)(T - t)) oder

£( definiert.

t,T

) = _lnP(t,T) T- t

243

8.3 Zinsderivate

• Der Forward-Zinssatz F(t; T, T*) kann als derjenige Zinsatz definiert werden, mit dem eine Bond-Anlage am Laufzeitende T urn die Dauer T* - T > 0 verlangert werden muss, urn die Ruckzahlung zu erhalten, die sich mit der Anlage eines Bondes mit Laufzeitende T* zum Zeitpunkt t < T ergeben hatte; F( t; T, T*) ist also (im Fall diskreter Verzinsung) imp liz it definiert durch 1 (1 + (T* - T)F(t; T, T*)) (1 )

P t,T

P(t, T*)'

oder aufge16st nach F(t; T, T*):

F (t;T,T

*)

1

= T* _ T

(P(t,T) ) P(t,T*) -1 .

1m Fall kontinuierlicher Verzinsung erhalten wir fur c > 0 1

eEF(t;T,T+E)

P(t, T)

P(t, T

+ c)"

Der Forward-Zinssatz ist dann der Grenzwert

f(t, T) eセo@

lim F(t; T, T

+ c) =

a

-lim eセo」@

セHQョpエL@

T

+ c) -lnP(t, T))

- aT In P(t, T) .

• Unter der Zinsstrukturkurve (englisch: yield curve) zur Zeit t verstehen wir die Abbildung T 1-+ L(t, T) bzw. T 1-+ £(t, T). Allerdings ist dieser Begriff in der Literatur nicht eindeutig definiert. Die Zinsstrukturkurve ist eindeutig durch die Bond-Preise bestimmt, so dass zu ihrer Berechnung die Kenntnis von P(t, T) fur aIle Laufzeiten T genugt. 8.3.1

Formulierung des Modellproblems und Losungsansatz

Mit den obigen Begriffen k6nnen wir die Aufgabe aus Beispiel 8.10 mathematisch exakt formulieren. Abgezinst zum heutigen Zeitpunkt t = to ist der Wert der zukunftig zu leistenden Zinszahlungen gegeben durch 360

NT

L D(t, Ti)L(Ti- 1, Td,

(8.35)

j=l

mit der H6he N des Festdarlehens, dem konstanten Abstand T = 30/360 von einem Monat zwischen den Zahlungen, dem Diskontierungsfaktor

dHエLセI@

= exp (

_i

Ti

r(T)dT)

8 Einige weiterfiihrende Themen

244

sowie dem EURIBOR-Zinssatz L(Ti- 1 , Td zum Zeitpunkt Ti- 1 fiir Ein-Monatsgelder. Urn den maximalen Zinssatz zum Zeitpunkt Ti auf Ki zu begrenzen, benotigen wir 360 Optionen mit der Auszahlungsfunktion

(L(Ti- 1 , Ti ) - Ki)+ zum Zeitpunkt Ti (sogenannte Caplets). Diese Caplets lassen sich zu einer Option zusammenfassen, deren (auf den Zeitpunkt t diskontierte) Auszahlungsfunktion gegeben ist durch 360

NT

L D(t, Ti ) (L(Ti-

1 , Td

- Kd+

(8.36)

j=1

fUr

Ki

{ =

7% oder min (4.5%,1.5%

+ min {z(Ti- 1 ), t I:j=1 z(Tj - 1 )}) .

Wir wollen nun den fairen Preis V(t, r, N, T, K) dieser Option zum Zeitpunkt t fUr den risikolosen Zinssatz r, Darlehenshohe N, konstanter Laufzeit T der Spotraten zu den Zeitpunkten K := (To, T1 , ... ,T360 ) berechnen: 360

V(t, r, N, T, K)

E( L D(t, Ti ) (L(TiNT

b

Td - Kd+)

j=1

360

NT

L E (D(t, Ti ) (L(Ti-

1 , Ti ) -

Ki)+) .

(8.37)

j=1

Bemerkung 8.11 (1) Ware r deteministisch, so auch die Bond-Preise und die Spotraten L(Ti- 1 , Ti ) und damit auch die diskontierte Auszahlungsfunktion. Eine Absicherung mit einer Option wurde dann keinen Sinn machen.

(2) Fur den Fall, dass Ki konstant ist, also nicht von den vergangenen Zinssatzen z(Tj) abhangt, wird der faire Preis des Caplets E (D(t,Ti )(L(Ti- 1 ,Ti ) - Ki)+)

in der Marktpraxis in der Regel mit der Black-Formel gepreist: Bezeichnet V(S, t; K i , T, 0") den Preis einer europaischen Call-Option mit Ausubungspreis K i , Laufzeit T und Volatilitat 0" fur einen Basiswert S zum Zeitpunkt t, so gilt

E (D(t, Td(L(Ti-l, Ti ) - Ki)+) = P(t, TdV(F(t; Ti- 1 , Ti ), t; K i , Ti - 1 , O"i), wobei der Forward-Zinssatz Fi := F(t; Ti - 1 , Ti ) durch eine driftlose stochastische Differentialgleichung der Form dFi = O"iFidW mit Anfangswert Fi(t) = (P(O, セMエIO@ P(O, Ti ) - QIOHセ@ - Ti- 1 ) definiert ist. Dabei sind die Bond-Preise P(t, T) zum (heutigen) Zeitpunkt t = to durch Marktdaten pM (to, T) gegeben [25, 87]. D

8.3 Zinsderivate

245

1m Falle allgemeiner, etwa pfadabhangiger Absicherungsstrategien Ki ist keine geschlossene Formel mehr verfugbar. Hier sind wir auf Monte-Carlo-Simulationen (siehe Kapitel 5) angewiesen, die auf den folgenden Bausteinen aufbauen: (1) Definition eines stochastischen Prozesses

ro = lim L(to, T), T'\.to

(8.38)

fUr den risikolosen Zinssatz rt mit geeigneten Modellfunktionen u und w; (2) falls moglich, analytische Berechnung des Bond-Preises P(r, t, T) := P(t, T) in Abhangigkeit von roder, falls nicht moglich, unter der Voraussetzung eines arbitrage-freien Marktes als Losung eines parabolischen End-Randwertproblems; (3) Berechnung von Li := L(Ti-l, Ti) und Ki in Abhangigkeit der Bond-Preise gemaB (8.34) und (8.33). Der Erwartungswert E(D(t, Ti ) (L(Ti - 1 , Ii) - Ki)+) zur Bestimmung des fairen Preises V(t, r, N, T, K) (siehe (8.37)) kann dann durch die Berechnung von M Pfaden des Zinssatzes mittels

E (D(t,Ti)(L(Ti-bTi ) - Kd+)

セ@ セ@ ldゥェIHセ@

M

- K?))+

j=l

approximiert werden. Die Abzinsungsfaktoren D(t, T i ) konnen dabei fUr aIle M Pfade simultan mit dem stochastischen Prozess fUr r mitberechnet werden (siehe Abschnitt 8.3.5). 1m folgenden wollen wir eine Moglichkeit aufzeigen, wie die Punkte (1) und (2) realisiert werden konnen.

8.3.2

Bond-Preis unter Cox-Ingersoll-Ross-Dynamik

Fur die Dynamik des risikolosen Zinssatzes r legen wir im folgenden eine Dynamik der Form (8.38) zugrunde. Unter der Annahme eines arbitrage-freien Marktes konnen wir wie in Abschnitt 8.2 (siehe Bemerkung 8.9) mittels Duplikationsstrategie die partielle Differentialgleichung

Pt +

1

2w

2

Prr+(u->..w)Pr-rP=O

(8.39)

fUr den Wert eines Bondes P(r, t; T) mit Laufzeit T und Zinssatz r zum Zeitpunkt

t herleiten. Die Auszahlungsfunktion sei durch P(r,T;T)

= 1, r セ@

0,

(8.40)

8 Einige weiterfiihrende Themen

246

gegeben (der Nominalwert des Bonds sei also auf 1 normiert). Die Funktion A(r, t) beschreibt hier wie in Abschnitt 8.2 den Marktpreis fUr das Zinsanderungsrisiko. Die Wahl w(r, t) = (7Vr, u(r, t) = K,((} - r) + A(r, t)w(r, t) (8.41) etwa fiihrt auf das risikoangepasste Cox-Ingersoll-Ross-Modell (siehe Abschnitt 4.5.5 fiir ein ahnliches Modell). Diese Wahl ist durch zwei Eigenschaften gekennzeichnet: • Der Term u - AW in (8.39) hangt nicht vom Marktpreis des Zinsanderungsrisikos abo • Falls die Modellkoeffizienten die Ungleichung K,(} > (72/2 erfiiIlen, liefert das Cox-Ingersoll-Ross-Modell stets positive Zinssatze (siehe Abschnitt 40.8.2 in [163]).

• Der Bond-Preis P(r, t; T) ist als analytische Funktion gegeben, d.h., das System (8.39)-(8.40) (mit noch zu bestimmenden Randwerten) besitzt eine analytische Lasung. Urn den letzten Punkt zu verifizieren, setzen wir die Lasung in separierter Form

P(r, t; T) = eA(t;T)-rB(t;T) mit zu bestimmenden Funktionen A(t; T) und B(t; T) an. Eingesetzt in (8.39) liefert dieser Ansatz At -

rBt

122 + 2w B -

oder wegen w 2 = (72r und u - AW

(u - Aw)B - r = 0,

= K,((} - r):

Da diese Gleichung fUr aIle r セ@ 0 gelten soIl, ergeben sich zwei unabhangige gewahnliche Differentialgleichungen fUr A und B: Bt =

1 2 2 2(7 B + K,B -

1.

Diese Gleichungen sind analytisch lOsbar; unter Beachtung des Endwertes (8.40) und damit A(T; T) = B(T; T) = 0 ergibt sich [25J: K,(}

A(t; T)

2-ln (72

(

2he(K-+h)(T-t)/2 ) 2h + (K, + h) (e(T-t)h - 1) ,

(8.42)

2(e(T-t)h_1) B(t; T)

=

2h + (K, + h)(e(T-t)h - 1)'

(8.43)

247

8.3 Zinsderivate

wobei h = ..J/'1,2 + 20- 2 • Als naturliche Randbedingungen fUr das parabolische System (8.39) ergeben sich mit diesem Ansatz: lim P(r, t; T)

r--->oo

= 0,

(Pt

+ /'I,(}Pr ) Ir=o = 0,

t

セ@

T.

Bemerkung 8.12 Grundlegend fur die obigen Betrachtungen ist die Verwendung des risikolosen Zinssatzes als Basisvariable. Ein anderer, in der Praxis weit verbreiteter Ansatz zur Bewertung von Zinsderivaten beruht auf der numerischen Simulation von Forward-Zinssatzen, die den gesamten abzudeckenden Zeitraum umspannen (sogenannte LIBoR-Marktmodelle, wobei LIBOR fur London Interbank Offer Rate steht). Das Problem dabei ist, dass fur einen langeren Zeitraum sehr viele Forward-Zinssatze betrachtet werden mussen, die alle miteinander gekoppelt sind. Man hat es daher mit sehr groBen Systemen von stochastischen Differentialgleichungen zu tun, mit mehrdimensionalen Wiener-Prozessen und Volatilitaten, die an Marktdaten kalibriert werden mussen. Dieser Ansatz wird sehr ausfuhrlich (insbesondere auch unter Berucksichtigung von Kalibrierungsaspek0 ten) in der Monografie [25] diskutiert. 8.3.3

Kalibrierung des Modells an Marktdaten

Eine wesentliche Aufgabe der Kalibrierung eines Modells fur die Zinsdynamik besteht in der Forderung, dass die Bond-Preise P(r, t; T) zum Zeitpunkt t = to stets mit den am Markt beobachteten Preisen pM (to, T) fur alle Laufzeiten T ubereinstimmen: P(r, to; T) = pM (to, T). (8.44) Durch eine Verallgemeinerung des Cox-Ingersoll-Ross-Modells konnen wir die Forderung (8.44) erfullen: Wir ersetzen die Dynamik (8.38) mit der Wahl (8.41) des Cox-Ingersoll-Ross-Modells durch den stochastischen Prozess

{/'I,((} - Xt))dt

+ o-VxtdWt, Xto

= X,

Xt - c/>( t)

(8.45)

mit der Inhomogenitat

apM (to, t) c/>(t) = at

+

(

/'I,(}(e th - 1) 2h + (/'I, + h)(eth - 1)

4h 2eth

x)

+ (2h + (/'I, + h){eth -

1))2

. (8.46)

Man kann zeigen, dass fur diesen Zinsprozess der Bond-Preis gegeben ist durch

P(r, t; T) = A{t; T)e-rB(t;T) mit

8 Einige weiterfUhrende Themen

248 A(t. T) ,

=

P M(t T) A(to;t)-B(to;t)x A 0, e e (t;T)-B(t;T)4>(t) PM(to, t)eA(to;T)-B(to;T)x

und den in den Gleichungen (8.42) und (8.43) definierten F\mktionen A(t; T) und B(t; T). Dieses erweiterte Cox-Ingersoll-Ross-Modell erfullt die Eigenschaft (8.44) (siehe Ubungsaufgaben). Hier ergibt sich das folgende Problem: Wir werden nur fur diskrete Werte Tj von Laufzeiten Marktdaten pr fUr Bond-Preise pM (0, Tj) zur VerfUgung haben. Wie kannen wir hieraus in sinnvoller Weise eine kontinuierliche Funktion pM (0, t) fUr aIle Laufzeiten t < Tma:x konstruieren? Als maximale Laufzeit wahlen wir Tma:x = T360 (siehe Beispiel 8.10); an graBeren Laufzeiten sind wir nicht interessiert, urn V(t, r, N, T, K) zu bestimmen. Die Aufgabe, eine kontinuierliche Funktion pM (0, t) zum Zeitpunkt to := aus den verfugbaren Marktdatem pr zu konstruieren, muss dabei die folgenden Eigenschaften der Marktdaten berucksichtigen:

°

• Die diskreten Laufzeiten Tj werden bei t = Laufzeiten nur vereinzelt verfUgbar sein.

°

dichter liegen, jedoch fur graBere

• Mit wachsender Laufzeit werden die Marktdaten immer unzuverlassiger und sind mit einem "Messfehler" bj behaftet. Eine Interpolation der Marktdaten ist daher nicht sinnvoll. Vielmehr wollen wir die Daten durch eine approximierende Funktion s(t) so interpolieren, dass • s genugend glatt (etwa C 2 ) ist und eine minimale Krummung aufweist und • S(Tj) die Marktdaten pr im Rahmen der Messfehler bj approximiert.

Das geeignete Werkzeug hierfur wird durch den Ausgleichsspline nach Reinsch [128, 129] geliefert, mit dem wir uns im nachsten Abschnitt naher befassen wollen.

8.3.4

Ausgleichsspline

Die Aufgabe, die Bond-Preise pM aus n + 1 fehlerbehafteten Marktdaten PiM zu bestimmen, kannen wir wie folgt formulieren: Wir suchen zu gegebenen Datenpunkten (Xi, Yi) = (Ti' セmIL@ i = 0,1, ... ,n, die Lasung des Minimierungsproblems min

tn (f"(x))2 dx

fEC2(xO,x n ) Jxo

(8.47)

unter der Nebenbedingung

t i=l

HヲxセNM

Yi) 2 '5: S t

(8.48)

8.3 Zinsderivate

249

mit einem GHittungsparameter S und Wichtungsparametern Wi. Wahlen wir fUr die Wichtungsparameter eine Schatzung der Standardabweichung der Ordinate Yi, so sollte S nach [128] die Ungleichung n

+ 1- J2(n + 1) セ@

S セ@ n

+ 1 + J2(n + 1)

erfiillen. 1m folgenden berechnen wir die Lasung s(x) des Ausgleichproblems (8.47)-(8.48) und nennen s(t) den Ausgleichsspline. Wir leiten zuerst den Ausgleichspline aus einer variationellen Formulierung von (8.47)-(8.48) her, diskutieren die effiziente Berechnung der Splinekoeffizienten und zeigen anschlieBend, dass der so konstruierte Ausgleichsspline die Minimierungsaufgabe lOst, d.h. unn (f" (x) ) 2 dx unter der ter allen Funktionen f E C 2 (xo, x n ) das Funktional Nebenbedingung (8.48) wirklich minimiert.

f:a

Variationelle Formulierung des Ausgleichproblems. Mit Hilfe der Variationsrechnung kannen wir die Ungleichungsnebenbedingung (8.48) mit Hilfe einer Schlupfvariablen z (wie in Abschnitt 8.2.2) in Gleichungsform bringen, indem wir

t (f HクセM

Yi) 2 + z2 _

S= 0

z

i=l

fordern und anschlieBend die linke Seite der Gleichung mit einem LagrangeParameter p an das Funktional in (8.47) ankoppeln. Regularitat der Lasung vorausgesetzt (die wir spater zeigen werden), kannen wir das unendlich-dimensionale Ausgleichsproblem (8.47)-(8.48) auf eine einparametrige Minimierungsaufgabe zuriickfiihren, indem wir die gesuchte Lasung s in der Form

f(x) = s(x)

+ Eh(x)

mit 0 セ@ E « 1 und beliebigen Funktionen h E C 2(xo, x n ) leicht variieren. Zu minimieren ist also das Funktional

J(E,p, z)

Nセ@

f

(f"(x))2dx + p

Hセ@

・HxセゥM

Yi)'

+ z2 -

s)

tn (s"(x) + Eh"(x))2dx

Jxo

+p

Hセ@

($(x;) + セゥHxI@

- Yi)'

+ z2

-

s)

Notwendige Bedingungen fiir ein Minimum sind:

-0 aJI = 0 aJI = 0 aJI aE E=O ' ap E=O ' az E=O - .

(8.49)

8 Einige weiterfiihrende Themen

250

Aus der erst en Bedingung in (8.49) erhalten wir

l

xn

8"(x)h"(x)dx + p

Xo

t

8(X%; Yi h(xd =

i=O

o.

(8.50)

t

Wir set zen voraus, dass 8 zweimal stetig differenzierbar und sttickweise viermal stetig differenzierbar ist. Dies konnen wir spater durch den Nachweis der Bestapproximationseigenschaft des dadurch definierten Ausgleichssplines rechtfertigen. Insbesondere ist die Einschrankung von 8 auf aIle offenen Intervalle (Xi, Xi+1), i = 0,1, ... , n - 1, eine Funktion in C 4(Xi' Xi+r). Mit zweimaliger partieller Integration und (8.50) folgt

l

n-l xn

=

8(4) (x)h(x)dx

Xo

L

{XBGHクIィ}セZKQ@

-

{XBHクIィG}セ@

i=O

(8.51) fUr aIle Funktionen h E C 2(xo, x n). Wahlen wir eine Funktion h mit der Eigenschaft h(Xi) = 0, i = 0,1, ... , n, und h'(xo) = h'(x n) = 0, so erhalten wir

tn 8(4) (x)h(x)dx = 0,

lxo

und daher fUr aIle i = 0,1, ... , n - 1 und aIle Funktionen h E C 2(xo, xn) mit h(x) of 0 fUr X E (Xi, Xi+l) und h(x) = 0 sonst:

ャセゥK@

8(4) (x)h(x)dx

= O.

Aus dem Lemma von Dubois-Reymond (siehe Ubungsaufgaben) ergibt sich 8(4) =

Die Funktion

8(X) = ai

8

0

in (Xi, Xi+r).

ist also in jedem Teilintervall sttickweise kubisch:

+ bi(x -

Xi)

+ Ci(X -

Xi)2

+ di(x -

Xi)3,

X E (Xi,Xi+l)

(8.52)

und i = 0,1, ... , n - 1. Die 4n Koeffizienten ai, bi , Ci und di der kubischen Polynome sind durch die folgenden Bedingungen definiert: • Die sttickweise definierten kubischen Polynome 8 und deren ersten beiden Ableitungen stimmen an den Sttitzstellen tiberein (da 8 E C 2(XO,Xn)). Diese Forderung liefert die 3( n - 1) Bedingungen

8(Xi+) =

8 (-) Xi ,

8 '( Xi+)

= 8 '( Xi-) , 8"(X;) • = 8"(X-:), •

(8.53)

ftir i = 1, ... ,n -1, wobei 8(k)(x;) den rechts- bzw. linksseitigen Grenzwert

8(k)(x;) bezeichne.

:=

ャセ@

8(k) (Xi ± h)

8.3 Zinsderivate

251

°

• Wahlen wir h mit h(xd = 0, i = 0,1, ... ,n, und h'(xo) = 0, h'(x n ) =1= bzw. h'(xo) =1= 0, h'(x n ) = in (8.51), so erhalten wir die beiden Bedingungen

°

s"(xo) = s"(x n ) = 0.

(8.54)

Man sagt, dass s naturliche Randbedingungen erfUllt. • Aus (8.51) und den natiirlichen Randbedingungen (8.54) ergibt sich

°=

n-l

L h(xd (s"'(xi) - s"'(xt)) - h(xn)s"'(x;;)

h(xo)s"'(xt) -

+p

t

i=l

s(xd 2- Yi h(xd. w·セ@

i=O

Wahlen wir geeignete Funktionen h (etwa mit h(xj) = h(xd, wenn j = i, und h(xj) = 0, wenn j =1= i), so ergeben sich die folgenden n + 1 Sprungbedingungen: S

",( _) x· セ@

- s

",( +) _

S(Xi) - Yi

セ@



mit der Konvention s"'(x



- P

o)= ウBGHクセI@

2

fur i = 0,1, ...

,n,

(8.55)

セ@

= 0.

Die 3(n - 1) + 2 + (n + 1) = 4n Bedingungen (8.53)-(8.55) legen die 4n Polynomkoeffizienten (in Abhangigkeit von p) fest, die wir im folgenden berechnen wollen. Explizite Berechnung der Splinekoeffizienten. Xi+l - Xi und

s(x) s'(x) s"(x) s"'(x)

Mit den Schrittweiten hi =

ai + bi(x - Xi) + q(x - Xi)2 + di(x - Xi)3, bi + 2Ci(X - Xi) + 3di (x - xd 2, 2q + 6di (x - Xi), 6di

fUr X E (Xi, xi+d, i = 0,1, ... ,n - 1, erhalten wir aus • der dritten Bedingung in (8.53) und aus (8.54):

fUr alle i = 0, 1, ... , n - 1 mit der Konvention Co := en = 0;

8 Einige weiterfiihrende Themen

252 • der erst en Bedingung in (8.53):

fUr aIle i = O,l, ... ,n -1; • der zweiten Bedingung in (8.53):

und mit Einsetzen der Gleichungen fUr bi und di :

fUr aIle i = 1, ... , n - 1. Mit den Vektoren c := (ct, ... , Cn-I) T und a .- (ao, ... , an) T k6nnen wir die letzte Gleichung kompakt schreiben als

Tc = QT a, und Q E セHョKQIクMャ@

wobei die Matrizen T E セHョMiIク@

tl1

(8.56) definiert sind durch qu

0

tI2

o

q2I

T'.-

t2I

Q'.t n -2,n-1 t n -l,n-2

0

tn-I,n-I

q3I

qn-I,n-I

0

mit tii = qii =

l/hi -

l ,

qi+l,i

2(hi - 1 + hd/3, ti+l,i = ti,i+1 = hi /3, = -1/hi - 1 - l/h i , qi+2,i = l/h i +b i = 1, ... , n - 1.

Die symmetrische, positiv definite Tridiagonalmatrix T koppelt also die zweiten Ableitungen S"(Xi) = 2Ci des Ausgleichssplines im Wesentlichen mit den zweiten Differenzenquotienten von a. Die Sprungbedingung (8.55) schlieBlich fUhrt auf

6(di -

I

-dd=p

ai - Yi 2'

w· セ@

i=1,2, ... ,n-1.

253

8.3 Zinsderivate

Schreiben wir p/2 fUr p und verwenden wir di (CHI - Ci)/3hi, folgt daraus mit der Diagonalmatrix D, bestehend aus den positiven Wichtungsparametern WO, WI,···, Wn , und dem Vektor Y := (YO, YI,'" ,Yn) T der Messdaten der Zusammenhang (8.57) zwischen c, a und p. Die Berechnung von a und C in (8.56) und (8.57) kann wegen

entkoppelt werden: a

1 2 Qc. = Y - -D p

(8.58)

Dabei ist fur aIle p 2:: 0 die Matrix Q T D2Q + pT symmetrisch und positiv definit CUbungsaufgabe). Es bleibt noch der Lagrange-Parameter p zu bestimmen. Berechnung des Lagrange-Parameters. Die notwendige Bedingung oj/ op = 0 an der Stelle E = 0 (siehe (8.49)) fUhrt auf

Mit

und D-I(a - y) = DQ(QT D2Q + pT)-lQT Y folgt hieraus die nichtlineare Gleichung

Die Abhangigkeit von z kann tiber die notwendige Bedingung oj/ oz = 0 an E = 0 eliminiert werden. Diese fUhrt auf pz = 0, so dass zwei Fane zu unterscheiden sind:

= 0: Dieser Fall ergibt wegen (8.58) sofort c = d = 0, d.h., der Ausgleichsspline degeneriert zur Ausgleichsgeraden mit

• p

254

8 Einige weiterfiihrende Themen

• z = 0: Dieser Faliliefert p als Lasung des nichtlinearen Gleichungssystems F(p) - JS = O. Da die Funktion F2 konvex ist, ist das Newton-Verfahren fiir F(p)2 - S = 0 global konvergent: Wahlen wir etwa p(O) = 0 als Startwert (Ausgleichsgerade), so lautet der j-te Schritt des Newton-Verfahrens fur F(p) - JS = 0 (8.60) Offen ist noch die effiziente Berechnung von F(p(j))F'(p(j)). Hierbei ist das folgende Lemma hilfreich. Lemma 8.13 Mit u = p-1c = (QT D2Q + pT)-lQT y gilt

F(p)F'(p) = pu TT(QT D2Q + pT)-lTu - u TTu. Beweis. Ubungsaufgabe.

Die Berechnung der rechten Seite von (8.60) erfolgt nun in den folgenden Schritten: (1) Bestimme R aus der Cholesky-Zerlegung von QT D2Q + pT = RT R. (2) Lase RT Ru = QT Y durch Vorwarts- und Ruckwartssubstitution: RT r = QTy, Ru = r. (3) Berechne F := DQu, P := FT F, (4) Lose

RT v =

f

:= Tu und

f

:= u T f.

fund berechne 9 := v T v.

Damit lautet der Newton-Schritt (8.60)

p

(j+1) _

- p

(j) _

P-

v'SF

p(j) g - f .

Eine Matrix-Invertierung ist also nicht natig! Eine MATLAB-Implementierung dieses Ansatzes zur Berechnung der SplineKoeffizienten ist im Programm 8.1 gegeben. Dabei liefert der Befehl R = chol (A) die Matrix R der Cholesky-Zerlegung einer symmetrischen und positiv definiten Matrix A = RT R. Die Eingabeparameter des MATLAB-Programms sind wie folgt: n : Anzahl der Datenpunkte, x : Vektor der Abszissen (als geordnet vorausgesetzt), y : Spaltenvektor der Ordinaten, w : Vektor der Wichtungsparameter, S : Glattungsparameter.

8.3 Zinsderivate

255

MATLAB-Programm 8.1 Programm splinekoeff.m zur Berechnung der SplineKoeffizienten des Ausgleichssplines. function [a,b,c,d] = splinekoeff(n,x,y,w,S)

%Erzeugen der Matrizen D, T und Q h = x(2:n) - x(1:n-1); D = diag(w); to = (1/3)*h(2:n-2); td = (2/3)*(h(1:n-2)+h(2:n-1)); tu = (1/3)*h(2:n-2); T = diag(to,1) + diag(td) + diag(tu,-1); Q = zeros(n,n-2); for i = 1:n-2 Q(i,i) = 1/h(i); Q(i+1,i) = -1/h(i)-1/h(i+1); Q(i+2,i) = 1/h(i+1); end %Schleife des Newton-Verfahrens p

= 0;

F2=S+1.0; while (F2 > S) R = chol(Q'*D*D*Q + p*T); r = (R')\(Q'*y); %Bestimmung von u = (Q'DDQ + pT)-(-1)*Q'y mit %Ausnutzen der Dreiecksform von R u = R\r; %Bestimmung von F und F-2 F = D*Q*u; F2 = F'*F; if (F2 > S) fbar = u'*T*u; v = R'\(T*u); g = v'*v; p = p - (F2-sqrt(S*F2))/(p*g-fbar); %Newton-Schritt end end

%Bestimmung der Koeffizienten a = y - D*F; c = p*u; c = [O;c;O]; for i = 1:n-1 d(i) (c(i+1)-c(i))/(3*h(i)); b(i) = (a(i+1)-a(i))/h(i) - c(i)*h(i) - d(i)*h(i)*h(i); end b

= b';

d

= d';

Als Beispiel fUr die Anwendung des Ausgleichssplines haben wir aus den Marktdaten aus Tabelle 8.1 die Bond-Preise pM (0, T) mit dem Ausgleichsspline rekonstruiert. Als Argumente fUr die Funktion splinekoeff . m haben wir n = 25, den Vektor x aus den Laufzeiten T (in Jahren), den Vektor y aus den entsprechenden Bond-Preisen P(to, T), den Vektor w = 0.002·T und den Glattungsparameter s = 1 gewahlt. Bei der Wahl der Wichtungsparameter haben wir angenommen, dass die Genauigkeit der Bond-Daten mit wachsender Laufzeit abnimmt. Das Ergebnis ist in Abbildung 8.1 zu sehen.

8 Einige weiterfiihrende Themen

256

T I P(to,T) 1 31 61 91 121 151 181 211 241

II

0.999941948 0.998158569 0.996373799 0.994610143 0.992864420 0.991134026 0.989416227 0.987702552 0.986000272

T I P(to, T) 271 301 331 361 721 1081 1441 1801 2161

0.984294857 0.982517309 0.980732186 0.978926171 0.952551170 0.919978083 0.884125025 0.847015148 0.808962996

T I P(to,T)

II

2521 2881 3241 3601 5401 7201 10801

0.770539675 0.732706070 0.695974578 0.660685465 0.502139422 0.378854797 0.221387787

Tabelle 8.1 Marktdaten fur Bond-Preise zum 25.09.2003 mit Laufzeiten zwischen einem Tag und 30 Jahren. Die Laufzeit T ist hier in Tagen angegeben mit der Konvention, dass jeweils 360 Tage ein Jahr ergeben. Die Daten wurden uns freundlicherweise von Dr. Thilo Rossberg, ABN AMRO London, zur Verfiigung gestellt.

1 0.9 0.8

--

I'0 I l.

0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 x

0.2 0

5

10

15

20

Laufzeit T (in Jahren)

25

30

Abbildung 8.1 Approximation der Bond-Preise pM (t) = P(to, T) zum 25.09.2003, basierend auf den Marktdaten in Tabelle 8.1 (markiert mit" x"), mittels des Ausgleichssplines.

8.3 Zinsderivate

257

Bestapproximationseigenschaft des Ausgleichsspline. Zum Abschluss verifizieren wir, dass der oben berechnete Ausgleichsspline auch tatsachlich eine Lasung des Ausgleichsproblems (8.47)-(8.48) ist. Satz 8.14 Der Ausgleichsspline minimierl im Raum C 2(xo, x n ) das Funktional in {8.47} unter der Nebenbedingung {8.48}, d.h., fur alle f E C 2(xo, x n ) mit

(8.61)

gilt:

Beweis. Wir erhalten

{Xn ((J" (x) - s" (x))2 + 2(J" (x) - s" (x) )s" (x) + s" (x?) dx

Jxo

> 2 (Xn (J(x)" _ s"(x))s"(x)dx + tn s"(x)2dx.

Jxo

Jxo

Der Satz ist bewiesen, wenn wir zeigen, dass das erste Integral auf der rechten Seite nicht-negativ ist. Dies zeigen wir im folgenden Lemma. Lemma 8.15 Fur aile f E C 2(xo, x n ), die {8.61} erfullen, gilt:

tn (J"(x) - s"(x))s"(x)dx 2: o.

Jxo

Beweis. Mit zweifacher partieller Integration folgt

{n U"(x) - ,,"(x))s"(x)dx セ@ セ@ セ@

{ [(f' -

ウGIBャセZK@

セ@ f+' U"(x) - [(f - ウIBGャセZ@

s"(x))s"(x)dx

+ f+' (f(x) -

S(X))S(4) (x)dx },

Da die Funktion s sttickweise kubisch ist und die nattirlichen Randbedingungen (8.54) gelten, fallen der erste und letzte Term in der Summe weg. Mit der Konvention SIll(XO) = siャHxセI@ = 0 folgt dann aus der Sprungbedingung (8.55)

8 Einige weiterfuhrende Themen

258

tn (f" (x) - s" (x) )s" (x )dx

lxo

n

=

-

2)f(Xi) - S(Xi)) (s"'(xi) - s"'(xt)) i=O

s(x.) _

n

セ@

- 2)f(Xi) - S(Xi))p i=O

-p

p.

t,

((f(Xi) -

(S -

t.

yセエxゥI@

2 Wi

y.

セ@

- y) _

(f(Xi) -

yセゥsHxI@

Hsxゥセ@

Yi)')

- y) ) ,

wobei die letzte Gleichung aus der Identitat F2(p) = 8 (fur z = 0; siehe (8.59)) folgt. Zum Beweis des Lemmas ist nur noch die Abschatzung

t

i=O

(f(Xi) - y、セウHク@

- y) ::; 8 Wi

zu zeigen. Mit a := D- 1 (f-y) und [3 := D- 1 (s-y) ist dies aquivalent zur Aussage aT [3 ::; 8. Da f die Nebenbedingung (8.48) erfullt, gilt iャ。セ@ ::; 8, B{Sセ@ ::; 8, also mit der Youngschen Ungleichung

la T[31 ::; IIalb 11[3112 ::; 8 2 und damit die Behauptung.

o

Bemerkung 8.16 Eine Inspektion des Beweises von Lemma 8.15 zeigt, dass dieses auch flir eine gr6fiere Klasse von Funktionen gtiltig ist, namlich Funktionen f E C 1 (xo, x n ), deren zweite (verallgemeinerte) Ableitung quadrat-integrierbar ist, d.h. flir Funktionen f E H2(xO, x n ). Zur Definition des Sobolev-Raumes H2(xO, x n ) siehe Bemerkung 7.2. 0 8.3.5

Zur numerischen Losung des Modellproblems

Damit habe wir aIle Zutaten zusammengetragen, urn das in Beispiel 8.10 formulierte Modellproblem numerisch zu lOsen. Die Vorgehensweise wollen wir abschlieBend kurz zusammenfassen. In einem ersten Schritt berechnen wir aus n + 1 aktuellen Marktdaten pf, ... Lpセャ@ fur Null-Koupon-Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten mittels des Ausgleichssplines eine kontinuierliche Funktion pM (to, T); diese liefert, bezogen auf den aktuellen Zeitpunkt to, Bond-Preise flir beliebige Laufzeitenden T zwischen to und T360. Damit ist das erweiterte Cox-Ingersoll-Ross-Modell (8.39) an den Marktdaten kalibriert und die Inhomogenitat =" (grafier-gleich) und ,,==" (Gleichheit; nicht zu verwechseln mit der Zuweisung ,,=") definiert. Die Anweisungen x = [1,2,3]; x