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German Pages [128] Year 1996
V&R
Meinem Freund Pastor i. R. Dr. Eberhard Ruprecht in Zuneigung und Dankbarkeit
FERDINAND AHUIS
Exodus 11,1-13,16 und die Bedeutung der Trägergruppen für das Verständnis des Passa
VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Wolfgang Schräge und Rudolf Smend 168. Heft der ganzen Reihe
Die Deutsche Bibliothek-
CIP-Einheitsaufnahme
Ahuis, Ferdinand: Exodus 11,1-13,16 und die Bedeutung der Trägergruppen für das Verständnis des Passa / Ferdinand Ahuis. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1996 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 168) ISBN 3-525-53851-0 NE: GT
© 1996 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen.
Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen eines Seminars »Überlieferungsgeschichte des Pentateuch« entstanden, das seit 1991/1992 in jedem Wintersemester im Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg stattfindet, und setzt die form-, redaktions- und sozialgeschichtlich orientierten Untersuchungen fort, die ich seit 1982 zu unterschiedlichen Überlieferungsbereichen des Tetrateuch veröffentlicht habe (1982: zu Gen 24; Ex 3,1-6,1 und Num 11 in. Der klagende Gerichtsprophet; 1983. Num 16f.: Autorität im Umbruch). Diese Arbeiten wären ebenso wie die vorliegende nicht denkbar ohne den ständigen Dialog mit meinem Freunde Pastor i.R. Dr. Eberhard Ruprecht, Seesen, des Entdeckers der frühnachexilischen deuteronomistischen Redaktion des Tetrateuch, dem dieses Buch auch gewidmet ist, und manche Anregung unseres gemeinsamen Doktorvaters, Prof. em. D. Claus Westermann, Heidelberg. Zu danken habe ich aber auch meinen Hamburger Gesprächspartnern, Prof. Dr. Hermann Spieckermann und Pastor Dr. Hans Schmoldt. Beide haben das Manuskript gelesen und mir Mut zur Publikation gemacht. Diese Arbeit weist unter Berücksichtigung der Trägergruppen in einem wichtigen Bereich mündlicher wie schriftlicher Überlieferung des Alten Testaments, Exodus 11,1-13,16, einen Weg zwischen der klassischen Pentateuch-Theorie (Neuere Urkunden-Hypothese: J.Wellhausen) und den neuesten Pentateuch-Theorien (Neueste Ergänzungshypothese: E.Blum). Zwei Quellen, das aus den Händen landjudäischer Ältester zur Zeit Salomos stammende jahwistische Geschichtswerk und die Priesterschrift aus der Zeit der zuendegehenden babylonischen Gefangenschaft, sind unmittelbar nach dem Exil von Leviten in Juda/Jerusalem unter Aufnahme von Sondergut zu einer deuteronomistischen Redaktion des Tetrateuch zusammengearbeitet worden. Diese modifizierte Neuere Urkundenhypothese bzw. modifizierte Neueste Ergänzungshypothese vermag auch die Besonderheiten der jeweiligen Passaüberlieferung in Ex 11,1-13,16 zu erklären. Die mit den Autoren der jeweiligen Literaturwerke identischen Trägergruppen haben die ihnen aus mündlicher Überlieferung von Wanderhirten-Familien bekannte Passaüberlieferung zunutze gemacht und für ihre Situation verändert: der Jahwist überträgt die Familienüberlieferung des Passa auf die Ebene der Sippe und un-
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Vorwort
terdrückt den Bericht vom Essen des Passa; die Priesterschrift regelt die Passaüberlieferung zwischen Priestern und Familienvätern und unterdrückt den Bericht von der Schlachtung des Passalammes, während die deuteronomistische Redaktion des Tetrateuch einen besonderen Akzent auf die Gemeinde Israels als Trägergruppe legt, die aber wiederum aus lauter Familien besteht. Die in ihnen mündlich weitergegebene Passaüberlieferung korrigiert die jahwistische und die priesterschriftliche Version. Der Jahwist macht die Passaüberlieferung seiner verdeckten Aufforderung zu einem politischen Exodus in der Zeit Salomos dienstbar, die Priesterschrift bereitet auf das bevorstehende Ende des Exils vor, während die deuteronomistische Redaktion des Tetrateuch nach dem Ende des Exils die Passatradition mit der MazzotTradition verbindet und auf die Errettung aus der Hand des ausländischen Königs zurückblickt. Die Aufsätze von P.WEIMAR, Zum Problem der Entstehungsgeschichte v o n E x 1 2 , 1 - 1 4 , in: Z A W 1 0 7 ( 1 9 9 5 ) 1 - 1 7 ; DERS., E x 1 2 , 1 - 1 4 u n d die
priesterschriftliche Geschichtsdarstellung, in: ZAW 107 ( 1 9 9 5 ) 1 9 6 - 2 1 4 und S.BAR-ON, Zur literarkritischen Analyse von Ex 1 2 , 2 1 - 2 7 , in: ZAW 107 ( 1 9 9 5 ) 1 8 - 3 0 konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Bei der Erstellung des Manuskripts und der Register sowie beim Lesen der Korrekturen sind mir mein früherer Provikar Ulrich Schoeneberg aus Ahrensburg und meine jetzige Provikarin Isabel Ranck aus Kiel behilflich gewesen. Meine Familie, insbesondere meine Frau, hat die Entstehung dieses Buches mit viel Geduld begleitet. Herrn Prof. Dr. Rudolf Smend, Göttingen, sei herzlich gedankt für die Aufnahme dieses Buches in die Reihe »Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments«. Mein Dank gilt insbesondere dem Verleger Herrn Dr. Arndt Ruprecht sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an der Entstehung dieses Buches beteiligt gewesen sind, nicht zuletzt auch meinen Hamburger Studierenden. Hamburg, im Herbst 1995
Ferdinand Ahuis
Inhalt
Vorwort
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1. Das Problem
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2. Zwei gegensätzliche Stimmen aus der neueren Forschungsgeschichte
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a) Werner H. Schmidt
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b) Rainer Albertz
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3. Zum Vorgehen
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4. Exodus 11,1-13,16 als Ganzes
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5. Die Priesterschrift a) Der Auftrag Jahwes zur Vorbereitung und zum Essen des Passa an Mose und Aaron und seine Ausfuhrung durch die israelitischen Familienväter in Exodus 12,lf.3aß-6a.9-l 1.14.28
33
33
b) Der Kontext von Exodus 12, lf.3aß-6a.9-l 1.14.28 innerhalb der Priesterschrift
42
c) Die zugrundeliegende mündliche Überlieferung
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6. Der Jahwist
44
a) Der Auftrag Moses zum Vollzug des Blutritus an die Sippenältesten Israels in Exodus 12,21-23a.ba.27b und sein Hintergrund
44
b) Die Ankündigung der Tötung der ägyptischen Erstgeburt und das Eintreffen des Angekündigten als Kontext von Exodus 12,21 -23a.ba.27b
55
c) Der Passa-Ritus Exodus 12,21-23a.ba.27b zwischen Plagen und Rettung am Schilfmeer
61
d) Die zugrundeliegende mündliche Überlieferung
66
8
Inhalt
7. Die deuteronomistische Redaktion des Tetrateuch
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a) Die verarbeiteten Traditionen (P, J und Sondergut) und ihre Zuspitzung auf das Umfeld von Gemeinde und Familie
67
b) Das Bild von Mose und Aaron in der deuteronomistischen Redaktion von Exodus 11,1-13,16
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c) Die Bedeutung der Trägergruppen für das Verständnis des Passa in der Geschichte von Exodus 11,1-13,16
77
8. Zusammenfassung
81
Literaturverzeichnis
84
Bibelstellenverzeichnis
90
Stichwortverzeichnis
98
Synopse Ex 11,1-13,16
102
1. Das Problem
Ein Blick in neuere Stellungnahmen zum Passa1 zeigt, wie sehr sich die Grundlagenkrise in der Pentateuchforschung auf die Interpretation der PassaTraditionen im Kontext von Ex 11,1-13,16 auswirkt, wie aber umgekehrt ein so wichtiger Komplex wie Ex 11,1-13,16 sich als sperrig erweist gegenüber klassischen wie neuen Theorien der Überlieferungsgeschichte des Tetra-, Penta-, Hexa- oder gar Heptateuch. Bei dem Versuch, zwischen der Eigendynamik der Überlieferung von Ex 11,1-13,16 und der Eigendynamik von Theorie-Bildungen zu vermitteln, bilden auf der einen Seite die Texte die Brücke, auf der anderen Seite aber die Trügergruppe bzw. Trägergruppen, denen wir diese Texte verdanken. Es zeigt sich in der neueren Forschungsgeschichte eine zwar spürbare, aber noch keineswegs genügend entwickelte Tendenz, den doppelten formgeschichtlichen Zugang zu Texten von ihrer Struktur und ihrem jeweiligen Sitz im Leben her zu übertragen auf ganze Literaturwerke und ihre Trägergruppen: So sind seit den Anfängen der kritischen Pentateuch-Forschung mit der Bezeichnung »Priesterschrift« (P) für das am besten greifbare Literaturwerk des Pentateuch Priester als Trägergruppe im Blick.2 Demgegenüber hat es für die »alten« Quellen des Pentateuch nur zwei Versuche gegeben, Trägergruppen festzumachen, den von O.Eißfeldt und den von G.Fohrer: Eißfeldt prägte den Begriff »Laienquelle« und Fohrer den Begriff »Nomadenquelle«, allerdings jeweils für eine »alte«, d.h. der frühen Königszeit zugehörende Quelle neben dem Jahwisten (J) (und dem Elohisten [E]),3 während Versuche, eine Trägergruppe für den Jahwisten als »alte« Quelle (aus der Zeit Salomos) sozialgeschichtlich zu 1
Vgl. dazu die Lit. bei E.OTTO, Art. NO? päsah NO? peesah, in: ThWAT VI (1989) 659-682, hier 659-664. 2 Dies ist grundsätzlich auch der Fall in dem Entwurf von E.BLUM, Studien zur Geschichte des Pentateuch, BZAW 189, Berlin/New York 1990, der von einer - allerdings nachexilischen - priesterlichen Komposition des Pentateuch (K15) als cum grano salis letzter Kompositionsschicht des Pentateuch spricht. Diese wird von R.ALBERTZ, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit 2, ATD Ergänzungsreihe 8/2, Göttingen 1992, einem »Priesterkollegium bzw. der von ihm gebildeten Kommission priesterlicher Theologen« (503) zugeordnet. 3
O.EISSFELDT, Hexateuchsynopse, Darmstadt 1962 2 ; G.FOHRER, Überlieferung und
Geschichte des Exodus, BZAW 91, Berlin 1965.
10
Das Problem
verorten, spärlich geblieben sind. Der Vorschlag E.Zengers, in dem Jahwisten einen Ältesten zu erblicken,4 ist in der Forschungsgeschichte noch nicht aufgenommen worden, trifft sich aber mit der forschungsgeschichtlich bislang ebensowenig diskutierten Deutung einer ganzen Reihe »jahwistischer« Texte aus der Zeit Salomos vor dem Hintergrund landjudäischer Ältester als Trägergruppe durch den Verfasser,5 wobei keineswegs ausgeschlossen wird, daß in nachexilischer Zeit der Versuch unternommen wurde, das Ältestenamt u.a. durch eine massive Geist-Theologie zu neuem Leben zu erwecken,6 während neuerdings R.Albertz die Ältesten als Trägergruppe für die von E.Blum so genannte nachexilische deuteronomistische Komposition des Pentateuch (K D ) 7 im Rahmen eines »Ältestenrats« bzw. einer »von ihm gebildete[n] Laienkommission«8 zu Ehren kommen läßt. Die Ältesten geraten allerdings in Konkurrenz mit einer anderen Trägergruppe, welche vom Verfasser für eine ebenfalls nachexilische deuteronomistische Redaktion (des Tetrateuch) (DtrT9) erhoben wurde, nämlich daß diese Redaktion herzuleiten sei von Leviten im unmittelbar nachexilischen Judäa/Jerusalem (um 530 v.Chr.),10 kurz: Während zwei verschiedene Literaturwerke sich streiten müssen um die Autorschaft durch die Ältesten, J und KD, wobei J wenigstens als Schöpfung der Zeit Salomos von vielen neueren Forschern schon totgesagt ist,11 werden 4
E.ZENGER, Das jahwistische Werk - der Wegbereiter des jahwistischen Monotheismus?, in: H.Haag (Hrsg.), Gott, der einzige, QD 104, Freiburg/Basel/Wien 1985, 26-53, hier 52. 5 F.AHUIS, Der ¡klagende Gerichtsprophet. Studien zur Klage in der Überlieferung von den alttestamentlichen Gerichtspropheten, CThM A.12, Stuttgart 1982, 50f.; DERS., Autorität im Umbruch. Ein formgeschichtlicher Beitrag zur Klärung der literarischen Schichtung und der zeitgeschichtlichen Bezüge von Num 16 und 17. Mit einem Ausblick auf die Diskussion um die Ämter in der Kirche, CThM A.13, Stuttgart 1983. 6 F.AHUIS, Gerichtsprophet, 54-58: Num 11. 7
E.BLUM, Studien, 7 - 2 1 8 .
8
R.ALBERTZ, Religionsgeschichte 2, 502. Der Ältestenrat hat zusammen mit einem Priesterkollegium den persischen Statthalter in seinen Entscheidungen zu beraten (473). 9 Die Bezeichnung dieser Redaktion und ihre Datierung in nachexilische Zeit um 530 v.Chr. stammt von E.RUPRECHT, Die Religion der Väter. Hauptlinien der Forschungsgeschichte, in: Dielheimer Blätter zum Alten Testament Nr. 11, Dielheim 1976; DERS., Stellung und Bedeutung der Erzählung vom Mannawunder; (Ex 16) im Aufbau der Priesterschrift, in: ZAW 86 (1974) 269-308; DERS., Exodus 24,9-11 als Beispiel lebendiger Erzähltradition aus der Zeit des babylonischen Exils, in: R.Albertz, H.-P.Müller, H.W.Wolff, W.Zimmerli (Hrsg.), Werden und Wirken des Alten Testaments, FS C.Westermann, Göttingen 1981, 138-173. 10
11
F.AHUIS, G e r i c h t s p r o p h e t , 4 4 f . 4 7 - 5 0 ; DERS., Autorität, 8 6 u.ö.
H.H.SCHMID, Der sogenannte Jahwist. Beobachtungen und Fragen zur Pentateuchforschung, Zürich 1976; R.RENDTORFF, Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, BZAW 147, Berlin 1977; J.VAN SETERS, Der Jahwist als Historiker, ThSt 134,
Das Problem
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für K D bzw. DtrT gleichzeitig zwei Autoren behauptet: der Ältestenrat bzw. Leviten. Umgekehrt lassen die in Ex 11,1-13,16 verarbeiteten Passa-Überlieferungen eine Mehrzahl unterschiedlicher Trägergruppen wie Mose und Aaron (12,1-11.14), die Ältesten Israels (12,21-23), die heilige Versammlung O n p - i O p r ? ) (12,16), die ganze Gemeinde (bfcOtT. r n i r b ? ) (12,3), das Volk (DJ?) (11,2.3.8; 12,27.36; 13,3), die Familie ( n 2 K - n , 3 ) , näher charakterisiert als rr.3 (12,3), und die Sippe12 (nnstpp) (12,21) erkennen, wobei immer auch zu fragen ist, welche Trägergruppe speziell durch Mose verkörpert wäre. In welchem Verhältnis stehen diese unterschiedlichen Trägergruppen zueinander? Gesetzt den Fall, die Familie stellt die originäre Trägergruppe für den Passaritus dar,13 wie ist diese dann in Beziehung zu setzen zu den anderen in Ex 11,1-13,16 genannten Trägergruppen? Welche literarischen Beziehungen bestehen zwischen den Texten, in denen die Trägergruppen beim Namen genannt werden? Welche überlieferungsgeschichtlichen Beziehungen bestehen zwischen unterschiedlichen Trägergruppen? Die bloße Behauptung von Trägergruppen allerdings könnte ein völlig falsches Bild vom Wesen mündlicher Tradition an den Tag legen: Traditionsträger sind nicht einfach Personen oder Gruppen, die ein schriftliches oder mündliches traditum tragen wie einen schlimmstenfalls toten Gegenstand, nein, Tradition bedeutet immer einen zweiseitigen Vorgang: den Vorgang des Aufnehmens und des Weitergebens. Das ist gemeint mit den hebräischen Verben b 2 p und "100 oder mit den griechischen Entsprechungen raxpaPian-
Zürich 1987; E.BLUM, Studien; R.ALBERTZ, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit 1+2, ATD Ergänzungsreihe 8/1+8/2, Göttingen 1992; CHR.LEVIN, Der Jahwist, FRLANT 157, Göttingen 1993. 12 Vgl. a. O.H. STECK, Die Paradieserzählung. Eine Auslegung von Genesis 2,4b-3,24, BSt 60, Neukirchen-Vluyn 1970, 109, Anm. 246: »Es wäre einer gesonderten, eingehenden Untersuchung wert, wieweit das jahwistische Werk, zumal seine Urgeschichte und in ihr auch die Paradieserzählung, unter maßgeblichem Einfluß von Institutionen, Regelungen, Idealen des Sippenveibandes gestaltet ist, die der Jahwist trotz Bejahung des davidischen Königtums und Großreichs hochhält.« 13 Vgl. z.B. L.ROST, Weidewechsel und altisraelitischer Festkalender, in: ZDPV 66 (1943) 205-216; E.RUPRECHT, Religion, 9; R.ALBERTZ, Die Religionsgeschichte Israels in vorexilischer Zeit, in: E.Lessing (Hrsg.), Die Bibel. Das Alte Testament in Bildern erzählt, 1987, 288-360.400-402, hier 311; M.WEIPPERT, Synkretismus und Monotheismus, in: J.Assmann/D.Harth (Hrsg.), Kultur und Konflikt, es 1612, NF 612, Frankfurt/M. 1990, 143-179, hier 154.
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Das Problem
ßaveiv und raxpaSiöovat.14 Im überliefernden Aufnehmen und Weitergeben kann sich das traditum verändern. Lebendige Überlieferung ist dem Wandel unterworfen, wobei immer zu fragen ist, was sich denn wandelt in diesem Vorgang des Überlieferns und was bleibt. Bleiben die Strukturen, während der Inhalt sich wandelt, oder wandelt sich beides, und was ist dann das Bleibende? Was läßt sich anhand dieser Fragestellung erheben zu den Überliefemngsvorgängen im Zusammenhang mit dem Passa auch über die Frage hinaus, welche tradita zum Passa sich im einzelnen erheben lassen und wie der Weg ihrer literarischen Verarbeitung zu beschreiben ist? Welche mündlichen Überlieferungsvorgänge lassen sich ausmachen?15 In welcher Beziehung stehen die Trägergruppen des Passa zu den Trägergruppen, denen wir die Literaturwerke des Tetra-, Penta-, Hexa-, Heptateuch verdanken? Was trägt die Berücksichtigung der Trägergruppen aus für die Erhebung der Bedeutung des Passa? Diese Fragen sollen im folgenden zunächst an zwei repräsentative forschungsgeschichtliche Stimmen zum Passa gerichtet werden, die sich vor allem deswegen für unser Untersuchungsziel eignen, weil sie a) keine Spezialliteratur zum Passa darstellen, sondern unter anderem zum Passa Stellung nehmen, und b) sehr unterschiedliche Positionen im Blick auf die Entstehung des Pentateuch repräsentieren. Die eine Stellungnahme stammt von W.H. Schmidt,16 dem Kommentator des Buches Exodus im »Biblischen Kommentar Altes Testament«,17 die andere von R.Albertz, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit.18
14 Noch eindeutiger auf das mündliche Überliefern bezogen ist das hörende Aufnehmen und das redende Weitergeben, wie es z.B. in den Antithesen der Bergpredigt angesprochen ist: HKOuactiE öxi eppeör| (Mt 5,21.27.33.38.43). 15 Zu diesen wichtigen Unterscheidungen vgl. C.WESTERMANN, Zur Auslegung des Alten Testaments, in: DERS., Forschung am Alten Testament II (hrsg. R.Albertz/ E.Ruprecht), TB 55, München 1974, 9-67, bes. 44-47. 16 W.H.SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, EdF 191, Darmstadt 1989. 17 W.H.SCHMIDT, Exodus 1,1-6,30, BK.AT 11/1, Neukirchen-Vluyn 1988. 18 Bde. 1+2, ATD Ergänzungsreihe 8/1+2, Göttingen 1992.
2. Zwei gegensätzliche Stimmen aus der neueren Forschungsgeschichte
a) Werner H. Schmidt W.H. Schmidt gibt die Sichtweise der »klassischen Quellenkritik« wieder: »Die Quellenscheidung wird in Grundzügen, zumindest, was die jüngeren Textpartien betrifft, ähnlich oder gar gleich durchgeführt. So gehören [Ex, F A.] 12,1-20.28.40-51 der Priesterschrift an, die aber wiederum in sich nicht ganz einheitlich ist (z.B. sind 12,15-20.43ff. Zusatz, P s ). In diese detaillierten Anordnungen sind die kürzeren und älteren jahwistischen Anteile 12,21-23.27b.29ff. eingefugt.« 1 Mit welchen Unsicherheiten die klassische Quellenscheidung im Blick auf Ex 11,1-13,16 behaftet ist, zeigt Schmidt an folgenden Bemerkungen: »Umstritten ist allerdings: 1. Gehören die frühen Ritualanweisungen V.21-232 seit je zum Jahwisten, der hier vorgegebenes Gut aufnimmt, oder sind sie erst nachträglich in ihn eingefügt? 2. Ist an dem vorpriesterschriitlichen Bestand (besonders in 11,1-3; 12,35f.) auch der Elohist beteiligt, oder sind diese und weitere auszugrenzende Verse Zusatz zum Jahwisten? Zumindest ist der elohistische Anteil gering. 3. Die wichtigste Frage, die weit über die Klärung von Ex 12 hinaus für die Pentateuchforschung überhaupt Bedeutung hat, bezieht sich auf die paränetischen Partien (12,24-27a; 13,3-16), die deuteronomisch-deuteronomistischer Sprache nahestehen: Sind sie älter als das Deuteronomium, oder setzen sie dieses voraus?«3 Schmidt hält es somit für möglich, im Extremfalle mit sieben unterschiedlichen literarischen Größen zu rechnen: dem Jahwisten (J), dem Elohisten (E), einer Verbindung von Jahwist und Elohist zu einem Jehowisten (JE), dem Deuteronomium, der Priesterschrift (P bzw. PS), sekundären Erweiterungen der Priesterschrift (F) und deuteronomisch-deuteronomistischen Partien. Schmidt versucht auf diese Weise einen Ausgleich zwischen der »Urkunden-Hypothese«, die von der Existenz dreier4 Quellen (»Urkunden«) ausgeht (des Jahwisten, des Elohisten und der Priesterschrift), und der »Ergänzungshypothese«, die mit (redaktionellen5) Erweiterungen (»Ergänzungen«) der »Urkunden« rechnet und die Zusammenarbeitung von J und E zu einem »Jehowisten« ebenfalls als eine Erwei1
2 3 4 5
W.H.SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, 55f. Seil. 12,21-23, F.A. W.H. SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, 56. Bzw. vierer: »JEDP«. Vgl. z.B. K.KOCH, Was ist Formgeschichte?, Neukirchen-Vluyn 19895, § 5.
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Neuere Forschungsgeschichte
terung der Urkunde »J« um Fragmente der Urkunde »E6« ansieht und damit den Wegfall weiter Partien der Urkunde »E« in Kauf nimmt.7 Hinzu kommen zwei weitere, von Schmidt in diesem Zusammenhang nicht erörterte Fragen: 1. Wie ist das Verhältnis von P zu J bzw. IE zu bestimmen? Stellt P eine Redaktionsschicht von JE dar?8 Oder hat P sein Werk unabhängig von den alten literarischen Quellen konzipiert?9 Oder hat P J (oder JE?) gekannt und bewußt sein Werk an die Stelle des Jahwisten (oder Jehowisten?) gesetzt?10 2. Wie ist das Verhältnis der dtn/dtr Partien zu P zu bestimmen? Sind sie älter als P oder jünger?11 Schon für den Jahwisten wird von W.H.Schmidt eine »Diskrepanz zwischen Tradition und Situation, dem vorgegebenen Passa und dessen Verwendung in der zehnten Plage«12 angenommen: Im Zuge der Historisierung des Passafestes wird Jahwe zu dem, der auszieht, die Ägypter zu schlagen, während es nach der alten Passa-Tradition der IVntpO war, der noch in 12,23bß Erwähnung findet. Die »junge Priesterschrift« gar »durchbricht mit der Passaordnung ihren eigenen theologischen Aufriß, nach dem kultische Gebote erst am Sinai der Gemeinde gegeben werden, die sich um das neu errichtete Heiligtum und die Priesterschaft schart«13. Auf diese Weise aber »bewahrt die Priesterschrift uralte Elemente: Das Passa wird nicht an einem Heiligtum (vgl. Dtn 16), auch nicht durch Priester, sondern - wie eh und je (Ex 12,21) - in den Familien gefeiert (12,3ff.).«14 Die Frage ist aus der Sicht der Priesterschrift nun ja aber nicht, »durch wen« das Passa gefeiert wird, sondern wer es schlachtet. Wie stellt sich die Priesterschrift zu dieser Frage? Schmidt setzt voraus, daß »der Blutritus (12,7; vgl. V.22) und wohl auch der Mahlcharakter (V.8f.) gleichgeblieben sind«.15 Dies gilt nach Schmidt sowohl für die Priesterschrift als auch für die hinsichtlich der Zuordnung (Jahwist oder Jehowist) schwierigen, aber jedenfalls 6
Vgl. z.B. H.W.WOLFF, Zur Thematik der elohistischen Fragmente im Pentateuch, in: EvTh 29 (1969) 397-116. 7 In dieser auf Ausgleich bedachten Darstellung W.H.Schmidts wird die Quadratur des Kreises versucht, nämlich die drei klassischen und zum Teil einander widerstreitenden Theorien: Urkunden-Hypothese, Fragmenten-Hypothese und Ergänzungshypothese miteinander zu vereinen. 8 F . M . C R O S S , The Priestly Work, in: DERS., Canaanite Myth and Hebrew Epic, Cambridge/Mass. 1973, 293-325; S.TENGSTRÖM, Die Toledotformel und die literarische Struktur der priesterlichen Erweiterungsschicht im Pentateuch, CB OTS 17, Uppsla 1981; P.J.KEARNY, The P Redaction of Ex 25^10, in: ZAW 89 (1977) 375-387; G.J.WENHAM, The Coherence of the Flood Narrative, in: VT 28 (1978) 336-346; J.VAN SETERS, Abraham in History and Tradition, New Haven u.a. 1975; E.BLUM, Studien, 229-285, hier bes. 229, Anm. 2 [Lit.]. 9 K.KOCH, P - kein Redaktor! Erinnerungen an zwei Eckdaten der Quellenscheidung, in: VT 37 (1987) 446-467. 10 So E.ZENGER, Gottes Bogen in den Wolken. Untersuchungen zu Komposition und Theologie der priesterlichen Urgeschichte, SBS 112, Stuttgart 19872, 32-36, bes. 33. 11 So beschreibt R.RENDTORFF, Problem, 158-173 die Endredaktion des Pentateuch als nach-priesterliches Werk dtr Theologen, während sein Schüler E.BLUM, Studien, die Dinge genau umgekehrt sieht. 12 W.H.SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, 56. 13 Ebd. 14 Ebd. 15 W.H.SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, 57.
Werner H. Schmidt
15
»frühen Ritualanweisungen«16 12,2 lff. Das Mahl werde zwar in 12,21ff. nicht erwähnt, sei aber »keineswegs später als der Blutritus. Was soll mit dem Fleisch denn anderes geschehen?«17 Auch die Bereitschaft zum Aufbruch mit gegürteten Hüften, Sandalen an den Füßen und dem Stab in der Hand (V.ll; vgl. V.33f.39; Dtn 16,3) könne als »Relikt aus früher Zeit«18 betrachtet werden. Es kommt Schmidt alles darauf an, ein ursprüngliches Bild des Passa zu zeichnen, und das heißt in jedem Fall, hinter die Zeit des Jahwisten und damit die Ära Salomos zurückzugehen. Welche Entwicklung das Passa später genommen hat, ist allenfalls insofern interessant, als sich aus Späterem auch noch Relikte des Ursprünglichen ablesen lassen. Ein neues Nachfragen nach Trägergruppen für die Literaturwerke spielt demnach keine Rolle. Beim Passa selbst aber legt Schmidt Wert auf die Trägergruppe. Allerdings bleiben auch da große Unsicherheiten: Obwohl er davon ausgeht, daß das Passa in den Familien gefeiert wird, behauptet er: »Der Hirtenritus wurde vom Sippem\testen (vgl. 12,21) vollzogen.« 19 Dieses undifferenzierte Ineinssehen von Familie und Sippe ist forschungsgeschichtlich nicht ohne Vorbild: So kann man schon bei M.Noth in seinem richtungweisenden Exodus-Kommentar zu Ex 12,21 lesen »... Mose [ruft] die Ältesten als die für das in den Familien (>Sippen Verderben, einem Wüstendämon.« 26 Obwohl in Ex 12,21fF. von einem Zelt (^HX) nicht die Rede ist, werden von Schmidt Zelt und Haus in einem Atemzuge genannt.27 Letztlich bleibt aber ungeklärt, warum sich Wanderhirten anläßlich des Aufbruchs zum Weidewechsel ausgerechnet in ihrem Hause aufhalten sollen. Was wird in dieser Zeit aus der Kleinvieh-Herde, die doch ebenso bedroht ist? Wurden ursprünglich möglicherweise Menschen und Kleinvieh mit Blut besprengt, damit sie während der durch den Dämon erforderlich gemachten Wanderschaft eben diesem Dämon trotzen konnten?28 Diese Überlegungen
auch ursprünglich der Klan oder der Stamm die soziale Einheit, die bei nomadischer Lebensweise unzertrennlich beisammen bleibt,« während er 130f. annimmt, daß der Älteste bzw. Stammeshäuptling das neue Weidegebiet »visionär schaute« (129: »Die Führung der Gruppe durch die Inspiration des Ältesten.«). 22 E.JENNI, Art. rr.3 bäjit Haus, in: THATI, 308-313, hier Sp. 311. 23
E.JENNI, a.a.O., hier Sp. 309, vgl. a. W.THIEL, Entwicklung, 110.
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Allerdings kann JT.3 auch eine Bezeichnung für die Rekabiter sein (Jer 35,2), denen der Besitz eines Hauses im konkreten Sinn gerade verboten ist (Jer 35,7). 25 Diese Möglichkeit wird zumindest angedeutet bei A.RHULST, Art. D5J/1i3 am/göj Volk, in THAT II, 290-325, hier Sp. 296-299.304. 26 W.H. SCHMIDT, Exodus, Sinai und Mose, 57. 27
28
W.H.SCHMIDT, a.a.O., 57.
Vgl. L.ROST, Weidewechsel, 214, der in Lev 16 - allerdings am Ende der Sommerweide und zum Beginn der Wanderung in die Winterquartiere - einen Ritus entdeckt, den er wie folgt beschreibt: »Wieder wird der Amtierende der Sippenälteste gewesen sein, der über zwei Ziegenböcke das Los wirft und den einen dann hinaus in die Wüste sendet. ., also in das Gebiet, dem die Herden zustreben, als Abgabe an den Herrn der Wüste. ... Was aber geschah mit dem zweiten Bock? Er wurde geschlachtet, und sein Blut schützte die Menschen, auf die es gesprengt wurde; vielleicht wurde ursprünglich auch die Herde besprengt.« Vgl. aber die Einschränkungen bei B.JANOWSKI, Azazel - biblisches Gegenstück zum ägyptischen Seth? Zur Religionsgeschichte von Lev 16,10.2 lf*., in; E.Blum u.a. (Hrsg.), Die Hebräische Bibel und ihre zweifache Nachgeschichte. Festschrift für R.Rendtorff zum
Werner H. Schmidt
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stellt Schmidt nicht an. Ihm kommt zwar alles darauf an, das Passafest als ursprünglich familiär-nomadischen Ritus im Anschluß an L.Rost 29 aufzuspüren, aber er fragt hinter den Stand von 12,21 ff kaum zurück.30 Die Möglichkeit, daß wir es in 12,21 ff. bereits mit einem sozialgeschichtlich entwickelten Stadium des Passa zu tun haben, wird nicht erwogen. Umgekehrt werden die Aussagen der Priesterschrift kaum, diejenigen der dtr Redaktion überhaupt nicht sozialgeschichtlich verortet.
65. Geburtstag, Neukirchen-Vluyn 1990, 99-110, die aber das Herz der Argumentation von Rost kaum treffen. 29
30
L.ROST, Weidewechsel.
Auch in der vielzitierten umfangreichen Untersuchung von P.LAAF, Pascha-Feier, ist dies nicht der Fall.
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Neuere Forschungsgeschichte
b) Rainer Albertz Ein recht anderes Bild zeichnet RAlbertz in seiner »Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit«: »Wenn [Ex, F.A.] 12,21-22 nur Anweisungen zum Blutritus enthält, so bedeutet das nicht, daß dieser das älteste Element darstellt. Denn erstens ist 12,21-27 kein alter Bestandteil der Auszugserzählung, die auf die Begründung des Mazzot-Festes hinauslief ..., zweitens ist das Textstück wohl erst in frühnachexilischer Zeit von KD eingeschoben worden (vgl. V.24-27 und die Ältesten in V.21, s. 3,16; 4,29, s. Blum, Studien, 38f ), d.h. sie sind nicht >jahwistischQuelle< noch >Redaktion«Älteste< und >Männer< Israels und Judas gegeben hat (1. Sam 4,3); sie treten in der frühen Königszeit politisch aktiv handelnd auf (2. Sam 2,4; 5,3; 16,18; 17,4.14; 19,12.15.42ff.)«.35 »Die Ältesten führten das politische Kleingeschäft aus, repräsentierten die Siedlung nach außen (1. Sam 16,4), regelten Konflikte unter den Sippen im Innern, waren in der Rechtsprechung tätig und führten die Verhandlungen (Ri 1 l,5ff.).«36 Das Buch Deuteronomium hätte die Kompetenzen der Ältesten in den Ortsgerichten erweitert und deren Stellung durch geschulte Richter gestärkt.37 Wenn damit die Stellung der Ältesten38 gegenüber richterlicher Gewalt des Familienvaters und der lokalen Priester gestärkt werde,39 so steht Dtn damit in einer Tendenz, die sich schon mit Beginn der Königszeit abzeichnet.40 Aber die Ältesten von Ex 12,21ff. werden zu diesem zeitgeschichtlichen Umfeld nicht in Beziehung gesetzt. Wird für die vorexilische Zeit die Bedeutung der Ältesten zuweilen zugunsten der Familie abgewertet, so wird sie für die exilische und nachexilische Zeit zu hoch bewertet:41 Die Lage der Daheimgebliebenen wird so geschildert, daß »die Judäer offenbar [!] sogar - in Revitalisierung vorexilischer Organisationsstrukturen - eine beschränkte Selbstverwaltung auf der Basis von Ältesten aufbauen (Klgl 5,12)«42 konnten. Für die babylonische Gola wird die Lage folgendermaßen beschrieben: »... häufig waren ihre Sippen oder auch Familien zerrissen und sie dadurch ein Stück weit ihrer ver-
32
R.ALBERTZ, a.a.O., 53.
33
R. ALBERTZ, a.a.O., 113. R. ALBERTZ, a.a.O., 115.
34
35
R.ALBERTZ, a.a.O., 164, Anm. 14. A.a.O., 115 wird die Ausbildung der Institution der Ältesten »mit dem neu entstehenden Druck der Philister« in Verbindung gebracht. 36
R. ALBERTZ, R e l i g i o n s g e s c h i c h t e 1, 114.
37
R.ALBERTZ, a.a.O., 318.
38 R.ALBERTZ, a.a.O., 318, Anm. 52, verweist auf Dtn 19,1-13; 21,1-9.18-21; 22,13-21; 25,5-10. 39 Mit Recht verweist R. ALBERTZ, ebd., darauf, daß diese Stärkung der Stellung der Ältesten von J.BUCHHOLZ, Die Ältesten Israels im Deuteronomium, Göttinger Theologische Arbeiten 36, Göttingen 1988, übersehen werde. 40 Vgl. H.NIEHR, Rechtsprechung in Israel. Untersuchungen zur Geschichte der Gerichtsorganitsation im Alten Testament, SBS 130, Stuttgart 1987, 59-66. 41 L.ROST, Weidewechsel, 210, dagegen betont, »daß die Sippe selbst schon vor dem Exil in Auflösung begriffen war und durch die Vorgänge, die zum Exil geführt hatten, ihren Untergang gefunden hatte, so daß sich auf dem Vaterhaus eine neue Organisation der Gemeinde aufbauen mußte«, vgl. L.ROST, Die Vorstufen von Kirche und Synagoge im Alten Testament, o.O. 1938, 56ff. Rost rechnet allerdings nicht mit der Möglichkeit, daß das Passa als nomadisch-familialer Ritus dem Sippenritus von Ex 12,21-23 schon vorausliegt.
42
R.ALBERTZ, Religionsgeschichte 2, 379.
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Neuere Forschungsgeschichte
wandtschaftlichen Solidarität beraubt«.43 »Neben Priestern und Propheten übernahmen Älteste Leitungsfunktionen (Jer 29,1; Ez 8,1; 14,1; 20,1) und konnten vielleicht sogar eine begrenzte Selbstverwaltung aufbauen.«44 Für die nachexilische Zeit wird die Bedeutung nlSKTTS 45 (=Haus der Väter, nicht Vaterhäuser) überzeichnet, wenn sie mit »im Zuge der Rückwanderung neu geschaffenen Sippenverbändefn]«46 gleichgesetzt werden.47 Während nnpipp einen Verband mehrerer gleichzeitig lebender Familien mit je einem 2K an der Spitze bezeichnet, steht der Begriff r n D i p v s für die Generationenkette der Väter einer Familie. So wird Ex 12,3 r,"i2!PlagenPlagenPlagenn, 12,43); nnln, Weisung (12,49; n]m: m i n [13,9]) beschriebenen Vorgänge zusammenzufassen (versucht man hingegen r n i j ? (12,25.26) im Zusammenhang von Auftrag und Ausfuhrung zu verorten, so liegt es auf der Seite der Ausfuhrung); vgl. dazu G.LIEDKE, Gestalt und Bezeichnung alttestamentlicher Rechtssätze. Eine formgeschichtlich-terminologische Studie, WMANT 39, Neukirchen-Vluyn 1971, sowie der Versuch einer Auflistung der in Frage kommenden Formen 188f., Anm. 9. 3 Vgl. 3,21f.
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III. Auftrag zum Herstellen und Essen der ungesäuerten Brote (niJJO): 12,15-20 IV. Auftrag Moses an alle Ältesten Israels zur Auswahl und zum Schlachten des Passa und zum Vollzug des Blutritus 12,21-23 (mit Deutung: 12,24-27a) V. Ausführung des Auftrags, allgemein: durch das Volk: 12,27b, durch die Israeliten entsprechend dem Gebot Moses und Aarons: 12,28 VI. Ausführung des Auftrags zum Herstellen und Essen der ungesäuerten Brote (niao), durch das Volk: 12,34.39 VII. Ausfuhrung des Auftrags, sich von den Ägyptern silberne und goldene Geräte (und Kleider) geben zu lassen, durch die Israeliten entsprechend dem Auftrag Moses: 12,35f. VIII. Satzung Jahwes an Mose und Aaron, das Passa betreffend: 12,43-49 IX. Ausführung des Auftrages durch die Israeliten entsprechend dem Auftrag Moses und Aarons (12,50) X. Auftrag Jahwes an Mose und Aaron, das Erstgeburtsopfer betreffend: 13,1-16. In Ex 11,1-13,16 lassen sich also unterschiedliche Auftraggeber und Auftragsempfänger feststellen: I. Auftraggeber: Jahwe (11,2f.; 12,1-11.14), Mose (12,21), Mose und Aaron (Sprachrohr: 12,3), die Diener Pharaos (11,8); II. Auftragsempfänger: Mose (ll,2f.8), Mose und Aaron (12,1-11.14), alle Ältesten Israels (12,21-23), der Familienvater; (12,24; 13,8.14); die ganze Gemeinde (12,3), das Volk (11,2.3.8; 12,27.36; 13,3). Jahwe erteilt den Auftrag an Mose (ll,2f.) bzw. an Mose und Aaron (12,1-11.14), aber niemals direkt an die Ältesten und an die ganze Gemeinde. Mose und Aaron erteilen einen Auftrag an die ganze Gemeinde (12,3), den Auftrag an die Ältesten aber erteilt Mose allein (12,21-23). Mose erteilt den Auftrag an die Ältesten, ohne dafür von Jahwe einen expliziten Auftrag erhalten zu haben (12,21-23), Aaron gibt an der Seite Moses einen Auftrag an die ganze Gemeinde weiter, wozu Mose und Aaron von Jahwe ausdrücklich autorisiert worden sind (12,3). Neben der ganzen Gemeinde ( ^ f O t r (12,3aa.6b; 12,47, vgl. 12,19) werden als Trägergruppen für das Passa die Familie (IT? n i K , näher charakterisiert als r v a ) (12,3), und die Sippe ( n n S ü p ) (12,21) genannt. Die Sippe findet nur Erwähnung zusammen mit den Ältesten und Mose (12,21), aber nicht mit Jahwe als Auftraggeber, die Familie und die ganze Gemeinde nur mit Mose und Aaron (sowie Jahwe) (12,1-11.14; 12,19; 12,47).
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Die Struktur: Auftrag/Ausführung des Auftrages ist verbunden mit derjenigen von Ankündigung4 und Eintreffen des Angekündigten5. Es handelt sich in jedem Fall um eine komplizierte Struktur, die erst erkannt werden kann, wenn das Ganze von Ex 11,1-13,16 in den Blick genommen wird. Diese Struktur kann aber formgeschichtlich hinterfragt werden, indem im Rahmen des Geschehensbogens Auftrag/Ausfuhrung des Auftrages und Ankündigung/Eintreffen des Angekündigten vom Ende des Geschehensbogens (Ausfuhrung des Auftrags bzw. Eintreffen des Angekündigten) her zurückgefragt wird nach dem Ganzen des Geschehensbogens. Innerhalb des Geschehensbogens von Auftrag und Ausfuhrung des Auftrags wirken VIII., IX. und X. wie ein Nachtrag: Haben wir es von 11,2 bis 12,27a mit Aufträgen zu tun, so finden wir die Ausfuhrung der Aufträge von 12,27b bis 12,39. Mit 12,42^49 aber wird ein neuer Auftrag erteilt, der in 12,50 ausgeführt wird, während in 13,1-16 ein Auftrag zur Sprache kommt, dessen Ausfuhrung nicht erwähnt wird, es sei denn, man nimmt 13,4 als solche. Dem entspricht, daß 12,50 eine Wiederaufnahme6 von 12,28, 12,51 von 12,41 darstellt, wobei X. mit dem Erstgeburts-Thema die Tötung der ägyptischen Erstgeburt, angekündigt in 11,4-9, aufnimmt, so daß das ErstgeburtsThema sich wie ein Rahmen um Ex 11,4-13,16 legt: 13,15 bringt die Tötung der Erstgeburt mit dem Erstgeburtsopfer wie folgt zusammen: »Denn als der Pharao sich hartnäckig weigerte, uns ziehen zu lassen, da tötete Jahwe alle Erstgeburt des Menschen wie die Erstgeburt des Viehs; darum opfere ich Jahwe alles, was zuerst den Mutterschoß durchbricht, soweit es männlich ist, alle Erstgeburt aber unter meinen Söhnen löse ich aus.« In Spannung zu diesem Rahmen steht das Motiv der Beschaffung der silbernen und goldenen Geräte, wie sich an folgendem Kompositionsschema für Ex 11,1-13,16 ablesen läßt: A. Silberne und goldene Geräte: 1 l,2f. B. Erstgeburt: 11,4-9 C. Passa: 12,1-11.14 D. Mazzot: 12,8.15-20 E. Passa: 12,21-27a E\ Passa: 12,27b.28 D\ Mazzot: 12,34.39; 13,3-10 C'. Passa: 12,43-51 B'. Erstgeburt: 13,1-16. A\ Silberne und goldene Geräte: 12,35f. 4 5 6
1-11.
11, [l.]4—8.[9.][12,12f] [11,10;] 12,[18.]29-33.[34-36.]37f.[.39][.41][.51][;13,3.8f.l4 -16] C.KUHL, Die »Wiederaufnahme« - ein literarkritisches Prinzip?, in: Z A W
64 (1952)
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Diese Spannung könnte ein Hinweis darauf sein, daß das Motiv der Beschaffung der silbernen und goldenen Geräte erst spät in den Zusammenhang von Ex 11,1-13,16 hineingekommen ist. 7 Möglicherweise wird auf diese Weise schon das Material für das spätere Goldene Kalb (Ex 32) bereitgestellt. Weitere Spannungen werden erkennbar: a) Nachdem 12,1-8 schon den Auftrag zur Auswahl, dem Schlachten und dem Essen des Passalamms berichtet hatte, erhalten die Ältesten in 12,21-23 noch einmal den Auftrag zur Auswahl und zum Schlachten eines Stücks Kleinvieh, ohne daß von einem Essen die Rede ist. b) Angeordnet wird in 12,18 die Mazzot-Feier vom 14. bis zum 21. Tage des 1. Monats, gefeiert wird es im Ährenmonat (13,4). c) In 12,4 wird das Passa-Essen für den Fall, daß in einem Hause zu wenige Menschen wohnen, unterschiedslos auf die Nachbarn ausgeweitet. In 12,43-49 werden Fremde ausgeschlossen, d) Einerseits werden die Mazzot schon vor dem Aufbruch gegessen (12,8), andererseits erst nach der Ankunft im neuen Lebensraum (13,6f.). 8
7
P.LAAF, Pascha-Feier, 7, Anm. 20, führt alle diese Stellen auf die E-Tradition zurück, hält sie aber für den Einschub eines späteren Redaktors. 8 Diese Spannungen treten noch klarer anhand folgender Darstellung des Ablaufs des Passa-(Mazzot-)Geschehens hervor: I. Zeitpunkt des Passa: Kommen Jahwes: (11,4; 12,12f.23a.27a.29 10. Tag des 1. Monats (12,3) Kommen des rrntfp (12,13.23b) Tageszeit: nachts (11,4; 12,8.10.12.22) (ab Mitternacht: 12,29) II. Auswahl des Passatieres: Lamm (12,3) (von Schafen oder Ziegen: 12,5); Kleinvieh (12,21) (vom Morgen an: 12,21) III. Trägergruppe für das Passa: Ganze Gemeinde Israels (12,3aa.47); Familie (12,3bf); Sippe (12,21) IV. Schlachten des Passa: durch die ganze Gemeinde (12,6b) (um die Abendzeit, 14 Tage nach der Auswahl); durch die Ältesten (12,22) V. Blutritus: durch die ganze Gemeinde (12,7); durch die Ältesten (12,22) VI. Braten des Passa am Feuer (12,8.9) VII. Essen des Passa: in der Familie, u.U. mit Nachbarn (12,4); in der Familie, Fremde, Unbeschnittene sind ausgeschlossen (12,43-46.48) (dazu Essen des ungesäerten Brotes und der Bitterkräuter: 12,8) VIII. Kleidung (12,11) IX. Reste verbrannt (12,10) X. Essen der ungesäuerten Brote (12,15-20) (sieben Tage lang) XI. Mitnahme des ungesäuerten Teiges (12,34) XII. Aufbruch (12,37f.41.51) XIII. Backen ungesäuerter Brote unterwegs (12,39)
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Das Vorkommen des Passa an zwei unterschiedlichen Stellen dieses Kompositionsschemas ist auffällig und könnte auf einen Wachstumsprozeß dieser Komposition hindeuten. Dieser Annahme entspricht, daß wir es bei 12,(42.)43-51 mit einem Nachtrag zu tun haben: 12,51 ist eine »Wiederaufnahme« von 12,41.9 Das Passa stellt in Ex 11,1-13,16 nicht nur das hervorragende Element dar, sondern es wird zumindest in 12,21-27a selbständig dargestellt, während das Mazzot-Motiv im Zusammenhang a) mit dem Passaschlachten (12,8), b) im Zusammenhang mit dem Blutritus (12,15-20), c) im Zusammenhang mit der Tötung der ägyptischen Erstgeburt (12,34.39) und d) im Zusammenhang mit dem Erstgeburtsopfer (13,3-10) Erwähnung findet. Daher mag es erlaubt sein, das Passa zunächst unabhängig von den Mazzot zu behandeln. In jedem Fall sind in dieser Komposition die beiden Geschehensstrukturen Ankündigung/Eintreffen des Angekündigten und Auftrag/Ausfuhrung des Auftrags zusammengebunden. Es ist zu fragen, ob dies erst auf der Stufe der Endredaktion geschehen ist oder aber schon für eine frühere Stufe vorausgesetzt werden kann.
XIV. Am Ende des Weges: a) sieben Tage Essen ungesäuerter Brote (13,6.7), am siebenten Tag Fest Jahwes b) Erstgeburtsopfer (13,12.15). 9
S.o., 30, Anm. 6.
5. Die Priesterschrift
a) Der Auftrag Jahwes zur Vorbereitung und zum Essen des Passa an Mose und Aaron und seine Ausfuhrung durch die israelitischen Familienväter in Exodus 12,lf.3aß-6a.9-l 1.14.28
Es ist eine communis opinio in der Forschung, daß wir in *Ex 12,1-28 auf priesterschriftliche Partien stoßen.1 Dafür sprechen vor allem die Nennung Moses und Aarons nebeneinander sowie die Entsprechung von Auftrag und Ausführung.2 Ohne uns auf das Glatteis eines Zirkelschlusses begeben zu wollen, läßt sich schon jetzt so viel sagen: P läßt a) mit Mose und Aaron am klarsten die beiden Adressaten des Auftrags Jahwes erscheinen und gibt b) mit der Abfolge Auftrag/Ausführung des Auftrags nicht nur eine für P, sondern auch für den Gesamtaufbau von Ex 11,1-13,16 charakteristische Geschehensstruktur wieder.3 Daher ist der Ausgangspunkt bei P sinnvoll: »Es erscheint geboten, bei jeder literarkritischen Analyse von der Endgestalt des textkritisch erschlossenen ... Urtextes auszugehen und zuerst die priesterliche Schicht davon abzuheben und zu analysieren.«4 Diese Regel gilt auch dann, wenn nachpriesterliche dtr Erweiterungen in Rechnung zu stellen sind, was auch für Ex 11,1-13,16 wahrscheinlich ist. Die formgeschichtliche Unterscheidung von Auftrag und Ausführung des Auftrags sowie Ankündigung und Eintreffen des Angekündigten verhilft, zusammen mit der Berücksichtigung der genannten Trägergruppen, zu einer Differenzierung. Dem formgeschichtlichen Grundsatz folgend, einen Textzu1 P.LAAF, Pascha-Feier, 10 mit Anm. 34 [Lit.!]; E.OTTO, N