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German Pages [352] Year 2016
Elisabeth Bauchhenß
Eugen Szenkar (1891–1977) Ein ungarisch-jüdischer Dirigent schreibt deutsche Operngeschichte
2016 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Elisabeth Bauchhenß, von Haus aus Zoologin, hat sich lebenslang intensiv mit Musik, im letzten Jahrzehnt speziell mit dem Leben und Wirken von Eugen Szenkar beschäftigt.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Probe zu Aida, Mannheim 1952
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Inhalt
Vorwort ......................................................................................................................... 7 I
Kindheit und Jugend in Budapest................................................................ 11 Die Familie Szenkár........................................................................................... 13 Musikalische Ausbildung durch den Vater................................................... 15 Franz-Liszt-Akademie 1908–1911................................................................ 17 Korrepetitor an der Volksoper Budapest 1911............................................ 18
II
Erste Schritte als Dirigent .............................................................................. 19 Das Neue Deutsche Theater in Prag 1912/13............................................. 19 Volksoper Budapest 1913–1915.................................................................... 21 Stadttheater Salzburg 1915/1916.................................................................. 23 Centraltheater Dresden 1916/17................................................................... 25
III
Der Weg zum „deutschen“ Dirigenten....................................................... 27 Herzogliches Hoftheater Altenburg 1917–1920....................................... 27 Frankfurter Oper 1920–1923......................................................................... 41 Intermezzo an der Großen Volksoper Berlin 1923/24.............................. 51
IV
Einer der führenden Kapellmeister der Republik .................................. 57 Städtisches Opernhaus Köln 1924–1933 .................................................... 57 Auf dem Weg zur internationalen Karriere.................................................. 84 Intrigen. Die Luft wird dünner und brauner................................................ 98
V Wanderjahre....................................................................................................... 136 Anlaufstelle Wien 1933/34............................................................................. 136 Staatliche Philharmonie Moskau 1934–1937............................................. 143 Zwischenstationen Österreich und Paris 1937–1939 ............................... 162 Palestine Orchestra 1938/39........................................................................... 165 VI Exil in Südamerika ........................................................................................... 179 Gastspiel 1939/40 in Rio de Janeiro.............................................................. 180 Orquestra Sinfônica Brasileira 1940–1948.................................................. 181
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| Inhalt
VII
Rückkehr nach Europa.................................................................................... 198 Generalmusikdirektor in Mannheim 1950–1952 ..................................... 201 Generalmusikdirektor in Düsseldorf 1952–1960...................................... 226 Wiedergutmachung .......................................................................................... 266
VIII Reisedirigent in Europa .................................................................................. 268 Endnoten ...................................................................................................................... 278 Tafelteil .......................................................................................................................... 292 Anhang* ......................................................................................................................... 309 Biographische Daten......................................................................................... 309 Quellen- und Literaturverzeichnis ................................................................ 310 Phonographie (Gert Fischer) ......................................................................... 317 Liste der aufgeführten Opern, Ballette, Operetten.................................... 322 Abkürzungsverzeichnis..................................................................................... 327 Dank ..................................................................................................................... 330 Bildnachweise ..................................................................................................... 331 Personenverzeichnis .......................................................................................... 333
* Eine Liste der von Eugen Szenkar aufgeführten sinfonischen Werke steht auf www.boehlauverlag.com im Downloadbereich zu diesem Buch kostenlos zur Verfügung.
Vorwort
Eugen Szenkar trat 1961 in mein Leben. „Ce chef d’orchestre est le plus intéressant de notre temps“ – „at such moments the name of Toscanini alone will occur to the audience“ – „ein Dirigent, der einen Zementblock zum Klingen bringen könnte“ – „Vorreiter der Moderne in Deutschland“ ... Solche Charakterisierungen und Attribute Szenkars aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts kannte ich natürlich nicht, als ich ihn zu Beginn der Sechzigerjahre dirigieren hörte, als er auf Tourneen mit den Bamberger Symphonikern und der Philharmonia Hungarica in meiner Vaterstadt Nürnberg und in nahe gelegenen Städten gastierte. Seine Art zu musizieren erschloss mir ein Musik-Erleben, das ich bis dahin nicht gekannt hatte, obwohl ich bereits renommierte Dirigenten in Konzerten und auf Schallplatten gehört hatte. Mehrmals durfte ich seinen Proben beiwohnen und erleben, wie er mit den Orchestern arbeitete. In Gesprächen in diesem Umfeld und einige Male auch in meinem Elternhaus erzählte er über seine Erlebnisse vor allem in Budapest, Moskau, Rio de Janeiro und Madrid. Diese Erzählungen nahm ich als spannend, unterhaltsam, anekdotisch wahr, jedoch ohne irgendeinen historischen Hintergrund und ohne, dass ich mehr über seine Lebensgeschichte gewusst hätte als das wenige, was in Musikzeitschriften und Funkzeitungen zu lesen war. Ich war noch sehr jung, viel zu jung, um mir Gedanken über die Hintergründe seiner vielen Laufbahnstationen zu machen, und auch viel zu schüchtern, den großen Maestro auszufragen. Als er keine Tourneen mehr machte, hörten diese Treffen in Nürnberg auf. Einige Jahre korrespondierten wir noch miteinander, doch dann schlief der Kontakt ein. Was blieb, war die Erinnerung an einen charismatischen Musiker, an einen geistvollen, warmherzigen Menschen und vor allem an einen großartigen Dirigenten. Doch auch diese Erinnerung verblasste im Lauf der Jahrzehnte, da man sie nicht durch Tonaufnahmen auffrischen konnte – er hatte sich zeitlebens (fast) konsequent geweigert, Schallplattenaufnahmen zu machen. In den Rundfunkarchiven jedoch schlummerten Konzert- und Opernmitschnitte, und zu Beginn unseres Jahrhunderts erschien eine Reihe von CDs, unter anderem die Bohème, die III. Symphonie von Mahler und Berlioz’ Symphonie fantastique. Da war er wieder lebendig, der Dirigent, der die Musik federnd hüpfen lassen, unendliche Bögen spannen und Steigerungen aufbauen konnte, die einem die Luft nahmen. Ich sah – nach einem halben Jahrhundert Konzerterfahrung mit großen Dirigenten und Orchestern –, dass ich mich damals nicht getäuscht hatte, dass es nicht nur
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jugendliche Schwärmerei gewesen war: Er war eine der großen Dirigentengestalten des 20. Jahrhunderts gewesen. Jetzt, als alter Mensch mit viel Freizeit nach Abschluss des Berufslebens, wollte ich endlich etwas über den Lebensweg dieses Mannes erfahren und ich begann – unvorsichtigerweise – zu recherchieren, nicht ahnend, dass mich diese Aufgabe über viele Jahre mit Haut und Haaren auffressen sollte. Die Daten- und Quellenlage war ziemlich verheerend. Szenkar selbst hat nur wenige Unterlagen hinterlassen, vor allem keinerlei Zeugnisse aus seiner Kindheit und Jugend. Während seiner vielen Fluchten und Wanderjahre dürfte Vieles verloren gegangen sein, außerdem wurde sein Elternhaus in Budapest in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs geplündert. Die Dokumente aus seinem Nachlass, die ich bei Szenkars Schwiegertochter einsehen konnte, datieren alle erst aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Im Nachlass befand sich ein Typoskript mit Lebenserinnerungen, das insofern als Quelle dienen kann, als es ein Grobgerüst seiner Engagements und Konzertreisen bietet, auch wenn nicht alle Daten korrekt sind – er war immerhin schon fast 80 Jahre alt, als er diese Erinnerungen niederschrieb.1 Was die Arbeit nicht leichter machte, war die Tatsache, dass sich sein Tätigkeitsfeld über Europa, Asien, Nord- und Südamerika erstreckte. Die Auskunftsfreudigkeit von Behörden, Archiven und Privatleuten war nicht überall die gleiche. An seinen wichtigsten Stationen in Deutschland – Frankfurt, Berlin und Köln – waren die Unterlagen im Krieg weitgehend zerstört worden. Es blieb nichts anderes übrig, als jeweils mindestens eine Tageszeitung über all die Jahre Tag für Tag durchzustudieren. In allen Städten Deutschlands, in denen er engagiert war, sowie in Wien und Budapest verbrachte ich Tage und Wochen in Archiven. Ich schrieb zahllose Briefe in die ganze Welt, ich interviewte mündlich und schriftlich Sänger, Dirigenten-Kollegen und Orchestermusiker, die mit ihm zusammen gearbeitet hatten, fand viele Privatpersonen, die Steinchen zu meinem Mosaik beitragen konnten und, und, und ... Was sich vor mir ausbreitete, war ein Lebensweg, der von der österreichisch-ungarischen Monarchie über einen deutschen Herzogshof in die Weimarer Republik, in Stalins Sowjetunion, in eine südamerikanische Diktatur und schließlich in die Bundesrepublik Deutschland führte, war die Lebensgeschichte eines jüdischen Dirigenten des 20. Jahrhunderts, war ein Stück Zeit- und Theatergeschichte der Weimarer Republik und war ein Kapitel Musikgeschichte Brasiliens. Ich stieß auf einen Musiker, der in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zusammen mit Klemperer und Kleiber die Speerspitze der Avantgarde auf deutschen Opernbühnen bildete, der sich vehement für die Verbreitung der Werke von Mahler, Bartók, Strawinsky und Prokofjew einsetzte, der zu den ersten Dirigenten des Palestine Orchestra (heute: Israel Phil-
Vorwort |
harmonic Orchestra) gehörte und der in Rio de Janeiro ein Musikleben nach europäischem Vorbild aufbaute. Ich stieß auf einen Musiker, der kompromisslos und ohne Rücksicht auf den jeweiligen Zeitgeist seine künstlerischen Ziele verfolgte, als Mensch aber dünnhäutig, sensibel und harmoniebedürftig war. Was seine Lebensgeschichte von derjenigen der beiden anderen großen Dirigenten, die mit ihm Deutschland verlassen mussten – Bruno Walter und Otto Klemperer – unterscheidet, ist vor allem, dass er nicht nur Jude, sondern auch Ausländer war, zum anderen aber auch, dass er nach Deutschland zurückkehrte, um wieder feste Anstellungen im Opernbetrieb anzunehmen. Nach 17 Jahren des Exils schlugen ihm zwar die gleiche Begeisterung, aber auch die gleichen Ressentiments wie vor dem Krieg entgegen. Vor allem die Quellen über den Lebensabschnitt nach dem Exil lassen tiefe Rückschlüsse zu auf den Zeitgeist, auf Strömungen und Befindlichkeiten im Nachkriegsdeutschland der Adenauer-Ära. Mein Mosaik ist nicht lückenlos, vor allem in Russland und Brasilien bleiben weiße Flecke, die sich wohl nie oder nur durch Zufall füllen lassen werden. Trotzdem, die Konturen aller Lebensstationen sind scharf genug, um ein schlüssiges Bild eines großen Musikers mit einem bewegten und bewegenden Lebensweg zeichnen zu können. Wien, im Frühjahr 2016
Elisabeth Bauchhenß
Editorische Notiz: Sämtliche im Text wiedergegebenen Quellen wurden wörtlich zitiert. Auch offensichtliche Orthographie-, Interpunktions- und Grammatikfehler wurden dabei nicht stillschweigend korrigiert.
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I Kindheit und Jugend in Budapest
Budapest 1891. Die Stadt war voll brodelnden Lebens. Sie war die am schnellsten wachsende Großstadt Europas. Voller Nationalstolz und Selbstbewusstsein und mit ungeheurem Elan bereitete man sich auf die Millenniumsfeier 1896 vor, mit der die „Landnahme“ der Magyaren vor 1000 Jahren begangen werden sollte. Bis dahin wollte Budapest seinen ländlich-kleinstädtischen Charakter abstreifen und das Bild einer Metropole bieten. Man trumpfte förmlich auf mit Großbauprojekten und mit modernsten technischen Errungenschaften: eine Standseilbahn, die zweite in Europa, wurde gebaut ebenso wie die dritte Zahnradbahn der Welt; die erste Untergrundbahn auf dem Kontinent nahm ihren Betrieb auf, die Straßenbahn wurde elektrifiziert – zehn Jahre früher als in Wien –, das erste Kino wurde eröffnet, zwei neue Donaubrücken wurden dem Verkehr übergeben und, und, und ... Das riesige neugotische Parlamentsgebäude wurde 1896 eröffnet, obwohl die Bauarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen waren. Dabei war es kaum ein Vierteljahrhundert (1867) her, dass die Realunion mit Wien, der „österreichisch-ungarische Ausgleich“ geschlossen worden war, der dem ungarischen Königreich die innenpolitische Unabhängigkeit vom Kaiserreich Österreich gebracht hatte. War Wien bis dahin immer bestrebt gewesen, das Heranwachsen einer Konkurrenzstadt im Osten zu verhindern, so war durch die Gründung der Doppelmonarchie der Weg frei geworden, 1873 die drei Orte Buda, Altbuda und Pest zu Budapest, der Hauptstadt des Königreiches Ungarn, zusammenzulegen. 1890 zählte sie schon über eine halbe Million Einwohner. Ein Großteil der Bevölkerung war katholisch, über ein Fünftel jedoch gehörte der jüdischen Gemeinde an, wobei in manchen Straßenzügen der jüdischen Stadtviertel Theresien- und Elisabethstadt der Anteil jüdischer Bewohner 70% ausmachte. Die Juden spielten nach dem Ausgleich eine wichtige Rolle, da sie sich zu einem großen Teil mit der ungarischen Nationalbewegung identifizierten und sich rasch und problemlos magyarisieren ließen. Dadurch konnte der Anteil der Magyaren, die ursprünglich im Königreich Ungarn in der Minderheit waren, über die 50-Prozent-Marke gehoben werden. Die in Budapest gebräuchlichen Hauptsprachen waren Deutsch und Ungarisch. Noch 1870 sprach höchstens die Hälfte der Einwohner Ungarisch als Umgangssprache. Das änderte sich zwar im Zuge der nach dem Ausgleich einsetzenden rigorosen Magyarisierung, durch die Erklärung von Ungarisch zur Staatssprache und durch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht, aber um 1900 war die Mehrheit der Bevölkerung noch immer zweisprachig. Kaiser Franz Josef hingegen hielt sich bei seinen jährlichen mehrwöchi-
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gen Aufenthalten in Budapest an seine Rolle als König von Ungarn und sprach ungarisch, die offizielle Amtssprache der „Länder der Heiligen Ungarischen Stephanskrone“. Auch in gesellschaftlicher und sozialpolitischer Hinsicht war Budapest eine Stadt im Umbruch. Ein erstarktes liberales Bürgertum machte dem etablierten ungarischen Hochadel und der Gentry Konkurrenz. Bildung und persönliche Leistung wurden wichtiger als Herkunft. Ein neu entstehendes Industrieproletariat brachte mit Demonstrationen und Streiks völlig neue Züge in Stadtbild und Gesellschaft. Das Leben in Budapest war geschäftig und bunt. Egal, zu welcher Schicht man gehörte, man ging abends aus, man besuchte Theater und Konzerte, man flanierte im Stadtwäldchen, das eine ähnliche Rolle spielte wie der Prater in Wien, oder auf der großen Ringstraße. Auf welchem Abschnitt der Ringstraße und auf welcher Straßenseite man seinen abendlichen „Schaulauf “ absolvierte, gab Auskunft über den gesellschaftlichen Status. Vor allem im jüdischen Viertel endete das quirlige Leben erst in den frühen Morgenstunden. Die Bourgeoisie hatte ihre Clubs und Casinos, während private Salons, wie man sie von Wien oder Paris kennt, eher selten waren. Eine Besonderheit im Budapester Leben waren die Thermalbäder. Seit der Türkenzeit spielten sie die Rolle, die andernorts der Eckkneipe zufällt: Man traf sich dort mit Freunden und Bekannten, um Klatsch und Tratsch auszutauschen. Ein wöchentlicher Besuch im Thermalbad war für alle Schichten selbstverständlich, wobei der Komfort der Bäder natürlich recht unterschiedlich war. Die Spanne reichte von kleinen einfachen Badehäusern bis hin zu den großen Prachtbauten, die heute noch in Betrieb sind, wie etwa Gellértund Széchényi-Bad. Das geistig-intellektuelle Leben stand um die Jahrhundertwende dem in Wien, Paris und Berlin in nichts nach. Der Journalismus erlebte eine Blütezeit, 1900 gab es in Budapest 22 Tageszeitungen. Wichtige Zentren des geistigen Lebens und Hauptorte intellektuellen Austauschs waren – ähnlich wie in Wien – die Kaffeehäuser, deren es etwa 600 gab. Bis heute ist das Café New York ein Begriff, ein berühmter Intellektuellen- und Literatentreffpunkt. Wobei die Budapester Kaffeehäuser sich in ihrer sozialen Funktion von denen Wiens in mancher Hinsicht unterschieden – bedingt wohl durch ihre Historie. Ihre Tradition begann schon im späten 16. Jahrhundert während der türkischen Besatzungszeit. Während in Wien der Kaffeehausbesuch ursprünglich nur Männern vorbehalten war, waren die Budapester Kaffeehäuser Orte der Geselligkeit und Entspannung für ganze Familien und Nachbarschaften. Die Jahre von etwa 1880 bis 1910 hatten eine Generation außerordentlicher Begabungen in Kunst und Wissenschaft hervorgebracht, die überwiegend in
Die Familie Szenkár |
Budapest geboren und ausgebildet worden waren und die das geistige Klima der Hauptstadt mitbestimmten. Namen wie Ferenc Molnár2, Béla Bartók, Albert Szent-Györgyi, Leo Szilárd, Arthur Koestler, Georg Lukács, die auch außerhalb Ungarns einen guten Klang haben, seien stellvertretend für diese Generation angeführt. Sie waren überwiegend urban, kosmopolitisch. Viele von ihnen verließen Ungarn, als es ihnen zu eng und nationalistisch wurde. 1891 gab es in Budapest sechs große Bühnen und eine Vielzahl kleiner Vorstadttheater. 1884 war die Königliche Hofoper (entworfen von Miklós Ybl) fertiggestellt worden, ein Prachtbau im Neo-Renaissance-Stil, zu deren Direktor man 1888 Gustav Mahler ernannt hatte. Wie auch an den großen Schauspielbühnen (Nationaltheater und Volkstheater) spielte man dort ausschließlich in ungarischer Sprache. Das renommierte Deutsche Theater, das größte deutschsprachige Theater Mitteleuropas, war nach einem Brand 1889 nicht wieder eröffnet worden. Die Budapester waren theaterbesessen, und zwar nicht nur in gehobenen Schichten. Auch bei den „kleinen Leuten“ war der Besuch der vorstädtischen Operettenbühnen Selbstverständlichkeit. Oder man ging ins Orpheum, in dem man „Vogelstimmenimitatoren, Trommelvirtuosen, Neger-Parodisten, Gesangskomiker, Volkssänger, die stärksten und schönsten Athleten“ und vieles andere mehr bewundern konnte. In dieser Stadt, vor diesem Hintergrund vollzog sich die persönliche und künstlerische Entwicklung von Eugen Szenkar.
Die Familie Szenkár Der 9. April 1891, der Tag, an dem Eugen Szenkar in Budapest geboren wurde, war kühl und regnerisch. In der Königlichen Hofoper wurde abends Cavalleria rusticana gegeben – knapp drei Wochen, nachdem Gustav Mahler Budapest verlassen hatte, um Operndirektor in Hamburg zu werden. Eugens Vater Ferdinand, der im Chor der Hofoper sang, hatte sich sicher für diesen Abend abgemeldet, um bei der Geburt seines Kindes zu Hause zu sein. Ferdinand (Nándor) Szenkár war 1857 als Nechemje Feibisch in Kamjanez-Podolskyi, damals Russland, heute Ukraine, geboren worden. Wann er nach Budapest kam, konnte nicht eruiert werden. Er änderte seinen Namen in Singer (später in Szenkár) und studierte ab 1886 mit großem Erfolg an der Musikhochschule (heute Franz-Liszt-Akademie) Budapest bei dem berühmten Hans Koessler, der später auch Lehrer von Béla Bartók, Zoltán Kodály, Ernst von Dohnányi und Leó Weiner war. Sein Abschlusszeugnis der Akademie trug noch Franz Liszts Unterschrift.
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| Kindheit und Jugend in Budapest
Von 1887 bis 1924 (mit Unterbrechung des Krieges) war er Chorsänger und stellvertretender Chordirektor an der Hofoper. Daneben dirigierte er über 35 Jahre hinweg nacheinander die Chöre der drei Synagogen im VII. Budapester Bezirk (Elisabethstadt) und trat als Organist hervor. Vor allem aber war er als Komponist in Budapest bekannt und geschätzt. An wichtigeren Werken sind zwei Opern, ein Ballett, Kammermusik und eine Fülle geistlicher Kompositionen zu nennen. Seine Werke wurden von den Philharmonikern gespielt, seine Festliche Musik, die er dem Intendanten der Königlichen Hofoper, Baron Elek von Nopcsa, gewidmet hatte, wurde im Opernhaus aufgeführt. Sein Sohn Eugen sagte später, die Festliche Musik sei „brillant instrumentiert“ gewesen. Das biblische Melodram Eszter (Esther) ging 1899 mit großem Erfolg in einem der Musiktheater im Budapester Stadtwäldchen über die Bühne. Die Presse berichtete von der Generalprobe vor „geladenem, vornehmem Publikum“: „Nach den Aktschlüssen erscholl minutenlanger Beifall“.3 Eine Kantate für Soli, Chor und Orchester, die er zur Einweihung eines großen Waisenhauses geschrieben hatte, dirigierte er in Anwesenheit von Kaiser Franz Josef. In der Österreichischen Nationalbibliothek findet sich das Autograph eines Ave Maria, das er dem Kaiser zum 85. Geburtstag komponiert und „in tiefster untertänigster Ehrfurcht“ überreicht hatte. Ferdinand war verheiratet mit der fünf Jahre jüngeren Rosa Rothenstreich, die aus Tschernowitz, der Hauptstadt der damals österreichischen Bukowina, stammte. Eugen war ihr zweites Kind. Die Tochter Zsófia, zwei Jahre früher zur Welt gekommen, war im Alter von einem Jahr gestorben. Zwei Jahre nach Eugen wurde die Tochter Sarolta geboren, 1894 und 1897 folgten die Söhne Dezső und Mihály. Die Familie Szenkár wohnte in der Theresienstadt, einem der beiden jüdischen Viertel Budapests. Es war um die Jahrhundertwende ein kleinbürgerliches Viertel, in dem viele Handwerker, kleine Händler, Angestellte, aber auch Künstler und Journalisten lebten. Die Szenkárs waren zwar jüdisch, aber offenbar religiös nicht streng gebunden. Der Vater leitete die Chöre sowohl der konservativen wie der liberalen Synagoge, er komponierte gleichermaßen Kol Nidre wie Ave Maria. Die Söhne heirateten nichtjüdische Frauen. Zumindest Eugen konvertierte zum Christentum, von den anderen Brüdern liegen keine Informationen vor. Alle vier Kinder der Familie Szenkár wurden Musiker. Von der Schwester Sarolta, die laut Ungarischem Theaterlexikon4 eine bekannte Pianistin war, konnten – außer Geburt und Eheschließung – keine Daten in Erfahrung gebracht werden. Dezső war ursprünglich Bratscher, trat mit einem Streichquartett in Konzerten hervor, war schon als 18-jähriger Solobratschist der Volksoper Budapest, gab
Musikalische Ausbildung durch den Vater |
diesen Beruf aber bald zugunsten einer Dirigentenlaufbahn auf, die ihn hauptsächlich nach Österreich, Schweden, Finnland und Frankreich führte. 1939 nach Budapest zurückgekehrt, widmete er sich überwiegend dem Komponieren. Er schrieb bevorzugt Operetten, Filmmusiken und Chansons (Zarah Leander sang beispielsweise sein Zigeunerblut), aber auch „ernste“ Musik. Seine Könige von Bethlehem für Gesang, Kinderchor und Orgel werden noch heute in Weihnachtskonzerten aufgeführt. Eugen ließ eine Komposition seines Bruders als Einlage im 2. Akt von Rossinis Barbier von Sevilla spielen.5 Dezső starb 1962 in Budapest. Mihály, der Jüngste, der nach Aussagen seines Bruders Eugen eine wunderbare Altstimme hatte, spielte Harfe und Kontrabass und machte bald Karriere als Dirigent, zunächst in Europa, vorwiegend in Deutschland, wo er sich mit Vornamen Michael oder Alexander nannte, später in Argentinien und Uruguay als Alejandro Miguel. Er dirigierte im Teatro Colon in Buenos Aires und gründete und leitete die Camerata Academica de Buenos Aires. Er verstarb dort 1971.
Musikalische Ausbildung durch den Vater Der kleine Eugen, Jancsi genannt,6 wuchs in einem „musikgesättigten“ Elternhaus auf. Sein Vater musizierte häufig zu Hause mit Kollegen aus dem Opernorchester. Man spielte Kammermusik in unterschiedlichsten Besetzungen. Schon als kleiner Junge kannte Jancsi die großen Kammermusikwerke, wie etwa Beethovens Septett, das Bläserquintett, die Streichquartette, Mendelssohns Oktett und vieles andere mehr. In diese Hauskonzerte wurden später mit wachsenden technischen Fertigkeiten auch die Kinder miteinbezogen. Besonders prägend aber war für den Jungen das Erlebnis „Oper“, mit dem er von Kindheit an konfrontiert war, da sein Vater ihn von klein auf mitnahm, anfangs natürlich in die Puppenfee und Hänsel und Gretel, bald aber auch in die große Oper, die er hinter den Kulissen miterlebte. Szenkar blieb zeitlebens mit Leib und Seele Operndirigent, der Oper gehörte seine ganze Liebe. Seine Musikauffassung war geprägt vom Singen, vom Atemholen, vom Wechselspiel und von der Verwobenheit von Solostimmen und Orchester – auch in seinen Konzertaufführungen war das unüberhörbar (und das nicht nur, weil er ab und zu vernehmlich mitsang), vor allem bei Solokonzerten mit Instrumentalisten. Seine Fähigkeit, Kadenzen abzufangen, war legendär. Die außergewöhnliche musikalische Begabung des Jungen zeigte sich in frühester Kindheit – schon den Dreijährigen konnte man kaum von seinem Lieblingsspielzeug, dem Klavier, vertreiben. Als ihn sein Vater einmal an seinen Arbeitsplatz mitnahm, hörte er hinter der Bühne eine Chorszene aus Lohengrin.
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Er hatte zwar „Angst vor den geharnischten Männern, die furchterregend mit ihren Schildern [sic] und Schwertern klapperten“,7 versuchte aber zu Hause, das Gehörte auf dem Klavier zu spielen – da war er etwa vier Jahre alt. Von seinem absoluten Gehör erzählte man die nette Anekdote, dass ein Arzt dem Vierjährigen, der über Halsschmerzen klagte, befahl, die Zunge heraus zu strecken und „aaa“ zu sagen, was er ihm auch gleich selbst vormachte. Der Kleine erklärte, das sei kein „a“, sondern ein „d“. Die Kontrolle am Klavier ergab natürlich, dass der Junge recht hatte.8 Der Vater übernahm die musikalische Erziehung, eine strenge, fundierte Theorieausbildung, noch ehe das Kind richtig lesen und schreiben konnte. Mit zehn Jahren war der Junge ein perfekter Partiturleser und hatte sich bereits mit der Berliozschen Instrumentationslehre befasst. Bach, Haydn, Mozart, Beethoven gehörten zur musikalischen Grundausbildung, ebenso wie die Romantiker, aber auch Debussy, Mahler und Richard Strauss wurden analysiert und studiert. Seine besondere Liebe galt Mahler und Debussy. Als endlich die Taschenpartitur von Pelléas et Mélisande erschien, konnte der Elfjährige die Oper bald auswendig spielen. Der musikalische Einfluss des Vaters durchdrang die gesamte Entwicklung des Jungen, beschränkte sich nicht auf das Lehren und Musizieren. Der Vater hatte noch Liszt am Dirigentenpult erlebt und hatte mit Mahler während dessen Budapester Direktionszeit zusammengearbeitet – von beiden wusste er dem Sohn viel zu erzählen. Vor allem von Mahler schwärmte er, von der Uraufführung der I. Symphonie im November 1889, von seiner Dirigierkunst, von seiner Regieführung und seiner Ensemblebehandlung. Seine Begeisterung für Mahler hat er früh an den Sohn weitergegeben. Und obwohl die Familie nicht auf Rosen gebettet war, ermöglichte er ihm, Konzerte großer Dirigenten zu erleben. Schon als Schüler durfte Eugen mehrmals nach Wien reisen, um Mahler dirigieren zu hören. In Interviews sagte er später, er hätte alle Symphonien Mahlers gehört, die dieser in Wien aufführte. Da dürfte ihn seine Erinnerung getrogen haben, er war immerhin noch ein Kind von sechs Jahren, als Mahler Hofkapellmeister in Wien wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit aber hat er zwischen 1904 und 1907 Mahlers Symphonien II, III, V und VI unter dessen Leitung gehört, nach eigenen Aussagen auch Don Giovanni und Fidelio (1905/06). Ein weiteres wichtiges Dirigentenerlebnis für ihn war Hans Richter, der das Christus-Oratorium von Liszt in Budapest aufführte: „Wie schön, dass man solche Meister noch erleben konnte!“, schrieb er in seinen Erinnerungen.9 Das Verhältnis zum Vater war geprägt von abgöttischer Liebe, von Verehrung und Bewunderung – und das bis zu dessen Tod, als der Sohn sich längst seinen Platz in der Musikwelt erobert hatte. In seinen Erinnerungen sprach er enthusiastisch von den Kompositionen seines Vaters, bewunderte ihn, weil er komponie-
Franz-Liszt-Akademie 1908–1911 |
ren und instrumentieren konnte, während in jedem Zimmer ein Kind auf einem anderen Instrument übte. Seine Ergebenheit lässt sich an kleinsten Formulierungsdetails seiner Erinnerungen festmachen. Und immer wieder liest man die Formulierung: „Was war ich stolz auf meinen Vater“. Beim Tod seines Vaters versank er in Verzweiflung, beklagte, dass die „Krone der Familie“ verblichen sei. In seinen Erinnerungen nehmen nur zwei Personen eine prominente Stellung ein, sein Vater und seine dritte (letzte) Frau – offenbar wirklich die wichtigsten Personen in seinem Leben. Seine Mutter, der er sicherlich kindlich verbunden war, die er auch besuchte, sooft er in Wien war und die er nach dem Tod des Vaters finanziell unterstützte, kommt nur einmal in seinen Erinnerungen vor: beim Tod des Vaters. Kehren wir zurück zum „kleinen Jancsi“: Mit sieben Jahren trat er erstmals als Pianist öffentlich auf, mit acht Jahren gab er sein Dirigier-Debüt mit der Kindersinfonie von Edmund Angerer. Er soll mit seinen Musikern „sehr streng“ gewesen sein. Im zarten Alter von acht bis zehn Jahren begleitete er renommierte Sänger und Geiger in Konzerten auf dem Klavier. Mit 15 Jahren komponierte er in den Sommerferien als Auftragswerk für eine Budapester Vorstadtbühne eine romantische Operette mit dem doch recht überraschenden Titel Der Schrecken von Texas. Die Tantiemen, die der Direktor der Bühne anbot, waren so gering, dass der Vater erbost vor Gericht Klage erhob wegen „Ausnützung eines unmündigen Jugendlichen“.10 Der Direktor hingegen argumentierte, der Junge solle froh sein, dass er sein Stück angenommen habe, es hätte sein Ensemble total überlastet, da er „Massenetsche Finales“ komponiert hätte. Soweit seine ersten öffentlichen Erfahrungen als Komponist .
Franz-Liszt-Akademie 1908–1911 Vater Szenkár achtete streng darauf, dass das Wunderkind Bodenhaftung behielt und nicht zum „Star“ verkam. Eugen machte eine ganz normale Schulausbildung in Volksschule und Gymnasium und maturierte mit 17 Jahren. Er war ein guter Schüler, wenn er auch die Schule hasste. Nach der Matura schickte ihn sein Vater nicht nur auf die Musikhochschule, sondern auch – sicher ist sicher – auf die Handelsakademie, die er zwei Jahre lang (mit welchem Eifer?) besuchte. Die Aufnahmeprüfung in die Musikhochschule bestand der junge Mann mit Bravour – er erhielt ein Stipendium und wurde gleich in das zweite Semester der Kompositionsklasse von Viktor Herzfeld aufgenommen. Als Hauptfächer hatte er neben Komposition Klavier und Orgel belegt. Vom Klavierunterricht bei Béla Szabados wurde er nach diesem Semester befreit – man hätte ihm als Pianisten nichts mehr
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beibringen können. Neben den Hauptfächern gehörten ungarische Musiktheorie, allgemeine Musikgeschichte, Partiturlesen, Instrumentationslehre, Musikästhetik, Chorgesang und Kirchenmusik zum Fächerkanon. Die Matrikelbücher weisen aus, dass er in den drei Jahren seines Studiums jeweils alle Prüfungen in allen Fächern mit der Note Eins abschloss (übrigens als Einziger aus seiner Klasse). Zu seinen Mitstudenten gehörten Miklós Radnai, der spätere Direktor der Budapester Staatsoper, Emil Telmányi, der berühmte Geiger, Fridl Frigyes, der Leiter des Budapester Rundfunkorchesters wurde, und Ernö Freund (der sich später Ernst Ferand nannte), der lange Jahre die Neue Schule Hellerau für Musik, Rhythmus und Körperbildung leitete, die von Émil Jaques-Dalcroze 1911 in Hellerau bei Dresden gegründet worden und 1925 nach Laxenburg bei Wien übersiedelt war. Natürlich kannte man auch die Studenten der anderen Klassen – die Musikhochschule war seit den Tagen von Liszt und Koessler eine Kaderschmiede, in der man Beziehungsnetze knüpfte, die meist ein Leben lang weltweit trugen.
Korrepetitor an der Volksoper Budapest 1911 Nach dem Abschluss seines Studiums erhielt Szenkar eine Stelle als Korrepetitor an der soeben gegründeten Volksoper, die am 7. Dezember 1911 mit der Oper Quo vadis? von Jean Nouguès eröffnet wurde. Die Volksoper Budapest war mit 3167 Plätzen das größte Theater der Hauptstadt. Die ambitionierten Pläne des ersten Direktors, Dezső Márkus, sahen vor, wöchentlich an mindestens fünf Abenden Vorstellungen von Oper, Operette, Ballett und Schauspiel zu geben. Auch Konzerte sollten veranstaltet werden. Márkus wollte vor allem dem breiten Publikum die Opernliteratur bekannt machen – die Eintrittspreise waren deshalb erheblich niedriger gehalten als die der Königlichen Hofoper. Für seine Pläne standen ihm – neben der modernsten Bühnentechnik in der Donau-Monarchie – ein 70-köpfiges Orchester, 80 Chorsänger und -sängerinnen und ein hochkarätiges Sängerensemble zur Verfügung. Die später weltberühmten Altistinnen Mária von Basilides und Ilona Durigó gehörten ebenso dazu wie die junge Sopranistin Adelina Adler und der damals berühmte Bariton Ödön Pajor. Mit diesen Sängern arbeitete nun also der zwanzigjährige Szenkar, allerdings nicht lange, denn schon im Frühjahr wurde er von Heinrich Teweles, dem Direktor des Deutschen Theaters in Prag, eingeladen, im Frühsommer 1912 für einen Monat gegen ein Honorar von 100 Kronen auf Probe den Chor zu dirigieren. Dezső Márkus gab ihn frei und so konnte er im Juni in Prag seinen Dienst antreten.
II Erste Schritte als Dirigent
Das Neue Deutsche Theater in Prag 1912/13 Angelo Neumann hatte das Neue Deutsche Theater (NDT) während seiner über 20-jährigen Direktionszeit (1888 bis zu seinem Tode 1910) zu einer renommierten deutschsprachigen Opernbühne entwickelt. Mit sicherem Instinkt hatte er junge Talente engagiert, von denen viele später zu Weltruhm gelangten – genannt seien unter den Dirigenten Gustav Mahler (1885/86), Leo Blech (1899–1906) und Otto Klemperer (1907–1909), unter den Sängern Alfred Piccaver (1907–12) und Julie Körner (1910–15). Als ein Jahr nach Neumanns Tod Heinrich Teweles die Direktion übernahm, verpflichtete er als 1. Kapellmeister Alexander Zemlinsky, der das Gesicht des Hauses über 16 Jahre prägte. Auch unter Teweles und Zemlinsky blieb das Deutsche Theater ein Sprungbrett für viele Weltkarrieren. Unter den in dieser Zeit verpflichteten Kapellmeistern finden wir Erich Kleiber, Eugen Szenkar, Georg Szell und Hans-Wilhelm (später William) Steinberg. Friedrich Schorr sang am Deutschen Theater ebenso wie Paul Hörbiger, der als Buffo-Tenor dem Ensemble angehörte.11 Szenkar kam also zu seinem Probemonat. Ende Juni stand als letzte Vorstellung der Spielzeit Wilhelm Kienzls Oper Der Kuhreigen auf dem Spielplan. Zemlinsky hatte das Werk, das im November 1911 in Wien uraufgeführt worden war, kurz darauf im Deutschen Theater herausgebracht. Als am angesetzten Spieltag keiner der Dirigenten, die gerade im Hause waren, sich in der Lage sah, am Abend ohne vorherige Proben zu dirigieren, erklärte sich Szenkar mit der Unbekümmertheit der Jugend bereit, die Vorstellung zu übernehmen. Offensichtlich bewährte er sich. In der Presse las man: In der Oper Kienzels [sic] pflückte sich auch Herr Eugen Szenkár, ein neuer Dirigent (für Herrn Straßer) wohlverdienten Lorbeer. Das Verdienst, mit allen Elementen raschen Kontakt gefunden zu haben, fällt umso wichtiger in Betracht, als offenbar für Extraproben keine Zeit mehr übrig blieb. 12
Der Erfolg, den er mit diesem Dirigat hatte, brachte ihm einen Vertrag – nicht nur als Chordirektor, sondern auch als Operettenkapellmeister – am Neuen Deutschen Theater ein.
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Der neue Kapellmeister hatte die ehrenvolle Aufgabe, gleich eine Woche nach Spielzeitbeginn zur „Feier des Geburtstagsfestes seiner Kaiserl. und Königl. Apostolischen Majestät Kaiser Franz Joseph“ (18. August) eine Neueinstudierung von Thomas Koschats Am Wörther See und die Erstaufführung von Die Jahreszeiten der Liebe, Vier Alt-Wiener Tanzbilder von Heinrich Regel mit der Musik von Franz Schubert, zu dirigieren. Man vertraute ihm ferner die Uraufführung der Operette Onkel Lajos an (eine Hausproduktion mit dem Text von Karl Fischer, Spielleiter der Operette und der Musik von Gustav Meyer, Opernkapellmeister), die beim Publikum sehr gut ankam. Sie traf offenbar einen Nerv der Zeit, schon kurz nach der Prager Aufführung wurde sie von fünfzehn deutschen Bühnen erworben. Gegen Jahresende dirigierte er Die schöne Galathea von Franz von Suppé und im März 1913 die Prager Erstaufführung Die moderne Eva ( Jean Gilbert) mit vier weiteren Aufführungen bis zum Spielzeitende. Es war ein Glücksfall für einen angehenden, sehr jungen Dirigenten, dass er seine ersten Schritte an einer großen Bühne machen konnte, deren Orchester und Chor jeweils 61 Mitglieder umfassten. Seine Tätigkeit als Chordirektor ist nicht im Einzelnen rekonstruierbar, die Liste der Werke, die in der Spielzeit 1912/13 aufgeführt wurden, lässt aber doch Rückschlüsse auf seine Aufgaben zu. Man findet im Repertoire 38 Opern, darunter alle großen Wagner-Opern (außer Parsifal, dessen Schutzfrist noch nicht erloschen war), sechs Opern von Verdi, ferner Carmen, La Bohème, Madame Butterfly und Fidelio. Und, was heute für einen Operndirigenten durchaus nicht mehr so selbstverständlich ist – er lernte die Bühnenarbeit von der Pike auf. Er musste sich sogar auf der Bühne verprügeln lassen: Bei der Premiere der neu einstudierten Meistersinger mischten sich der Regisseur und Szenkar in der Prügelszene kostümiert unter die Lehrbuben, um bei den Einsätzen zu helfen. Diese Chance ergriffen die Chorsänger, um sich an den beiden für die „Schleiferei“ bei den Proben zu rächen.13 Die Neueinstudierung der Salome und vor allem die Erstaufführung der Ariadne auf Naxos, knapp sechs Wochen nach deren Uraufführung fanden sicher sein reges Interesse (auch wenn er damit nicht „dienstlich“ befasst war), gehörte doch Richard Strauss zu denjenigen zeitgenössischen Komponisten, die er besonders schätzte. Man kann davon ausgehen, dass sich Szenkar nach seinem „Lehrjahr“ in Prag mit einem großen Teil des Standard-Opernrepertoires seiner Zeit, das ihm bisher nur aus dem Partiturstudium vertraut gewesen war, auch in der Praxis auseinandergesetzt hatte.
Volksoper Budapest 1913–1915 |
Nicht zuletzt hatte er die Chance gehabt, viele große, angesehene Sänger zu hören (eventuell auch zu korrepetieren?), die zu Gastspielen nach Prag gekommen waren. Erwähnt seien nur Hermann Jadlowker, der drei Jahre später in Budapest mehrfach unter seiner Leitung sang, Maria Jeritza, Selma Kurz, Alfred Piccaver, Leo Slezak und Jacques Urlus, mit dem er in späteren Jahre häufig zusammenarbeitete. Im April 1913 konnte er unter Zemlinskys Leitung Mahlers Lied von der Erde mit William Miller, dem Tenor der Uraufführung (1911) und Maria Philippi hören. Aus der Prager Zeit datiert die Freundschaft mit Erich Kleiber, der als Korrepetitor am Deutschen Theater angestellt war. Die beiden jungen Männer (Kleiber war ein knappes Jahr älter als Szenkar) entwickelten rasch ein kameradschaftliches Verhältnis, waren häufig zusammen und „lästerten“ durchaus auch ab und zu über ihren Chef Zemlinsky. Ihre gemeinsame Zeit dauerte nur wenige Monate. Kleiber verließ Prag schon im Herbst 1912, um seine Stelle in Darmstadt anzutreten. Ihre Wege kreuzten sich aber später immer wieder, in den 20er-Jahren in Berlin, wo sie Generalmusikdirektoren an der Staatsoper (Kleiber) beziehungsweise der Großen Volksoper (Szenkar) waren, und 1936 in Moskau, wo Kleiber das Staatliche Symphonieorchester und Szenkar die Moskauer Philharmoniker leitete. Als Szenkar 1928 in Buenos Aires eine Konzertserie an Stelle von Kleiber übernahm, war das der Beginn seiner regelmäßigen Gastspielreisen nach Südamerika. Während ihres Exils in Südamerika luden sie sich gegenseitig zu Gastspielen nach Rio de Janeiro bzw. Buenos Aires ein. Nachdem mit Siegfried Theumann ein Nachfolger für ihn gefunden war – der eigentlich vorgesehene Anton von Webern trat die Stelle wegen einer schweren Erkrankung nicht an –, konnte Szenkar mit Beginn der Spielzeit 1913/14 an die Volksoper Budapest zurückkehren, nicht mehr als Korrepetitor, sondern als 1. Kapellmeister.
Volksoper Budapest 1913–1915 Als Szenkar, aus Prag zurückgekehrt, 1913 wieder zum Ensemble stieß, lag die Aufführung von Opern weitgehend in der Hand seines um drei Jahre älteren Kollegen Fritz Reiner, der – ein herausragendes Ereignis dieser Saison – am 1.1.1914 die Erstaufführung des Parsifal dirigierte, dessen Schutzfrist am 31.12.1913 abgelaufen war. Szenkar war also zunächst wieder Operettenkapellmeister. Zu Spielzeitbeginn hob er die ungarische Fassung der Operette Der lachende Ehemann von Edmund Eysler ein halbes Jahr nach der Wiener Urauf-
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führung aus der Taufe. Während das Werk in Wien bereits die hundertste Aufführung hinter sich hatte, wurde es in Budapest relativ kühl aufgenommen – ganz im Gegensatz zu Katonadolog14 von Béla Zerkowitz, das ein Publikumsrenner wurde. Die Operette bot moderne Tänze, vor allem ein „Tango“ wurde in der Presse mehrfach angekündigt. Ein Ausriss aus der Kritik der Uraufführung ruft in Erinnerung, dass es zu dieser Zeit üblich war, besonders begeisternde Nummern zu wiederholen – eine Praxis übrigens nicht nur in der Operette, sondern auch in der Oper, vor allem der italienischen. Es wurde viel gelacht und applaudiert, die meisten Solonummern wurden zur Wiederholung verlangt. Nach den Aktschlüssen gab es starken, echten, ehrlichen Beifall und stürmische Hervorrufe, denen Autoren und Darsteller gern und oft Folge leisteten. Ein Teil des Beifalls galt dem tüchtigen Kapellmeister Eugen Szenkár. Die Volksoper darf mit dem Abend, der ihr Saisonzugstück aus der Taufe gehoben hat, zufrieden sein.15
Die Operette erlebte im Januar 1914 die 50. Vorstellung und wurde ab Februar bis Spielzeitende noch jeden Sonntagnachmittag gegeben. Mit Beginn von zwei italienischen Stagioni im April 1914 verließ Fritz Reiner die Volksoper, die zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor dem Bankrott stand. Er debütierte im Mai an der Dresdner Hofoper. Das so schwungvoll und erfolgreich begonnene Unternehmen Volksoper war – vor allem wegen des Balkankrieges und der Wirtschaftskrise – ins Trudeln geraten. Die Verhandlungen mit der Stadt, die vertragsgemäß die Nutzung des Hauses übernehmen sollte, standen kurz vor dem Abschluss, als der Krieg ausbrach, der alle Überlegungen zunichte machte. Ab Herbst 1914 leitete ein aus dem Theaterpersonal gebildetes Konsortium auf eigene Verantwortung und Rechnung das Unternehmen. Die Spielzeit brachte noch einmal glanzvolle Gastspiele, bevor das Theater Ende Mai 1915 endgültig seine Pforten schloss und das Ensemble freistellte. Szenkar, der nach dem Weggang Reiners zum Operndirigenten aufgerückt war, hatte immerhin noch einige Monate lang die Möglichkeit und das Privileg, mit Gesangsgrößen seiner Zeit wie Mattia Battistini, Selma Kurz, Tino Pattiera, Alfred Piccaver, Josef Schwarz und Ricardo Stracciari zu musizieren. Er lernte auch den gleichaltrigen Richard Tauber kennen, mit dem er sich später in Dresden anfreundete. Während eines längeren Gastspiels sang Hermann Jadlowker unter Szenkars Leitung den Grafen im Rigoletto (die Wiederholung des Trinklieds wurde auch diesmal „stürmisch begehrt und schließlich gewährt“16), den Manrico im Troubadour und den Grafen Almaviva in Rossinis Barbier von Sevilla, in dem auch Marianne von Alfermann als Rosina glänzte.
Stadttheater Salzburg 1915/16 |
Während seines Volksopernengagements heiratete der junge Dirigent eine Sängerin seines Ensembles, Adele Legárd. Nach dem Zusammenbruch der Volksoper nahm Szenkar zur Spielzeit 1915/16 ein Engagement an das Stadttheater Salzburg an. Von dort aus gastierte er noch einmal in Budapest an der Volksoper: Das ehemalige Opernensemble war für zwei Aufführungen zusammengerufen worden, die Anfang April 1916 stattfanden. Zunächst stand Mignon von Ambroise Thomas auf dem Programm: Die Vorstellung bewegt sich durchweg auf einem sehr respektablen Niveau, sie ließ sorgfältiges Studium erkennen und machte keineswegs den Eindruck des Zusammengewürfelten. Das Verdienst ob des guten Gelingens gebührt wohl in erster Linie dem Dirigenten Eugen Szenkár, diesem talentreichen jungen Musiker, der uns heute nicht nur durch seine Sattelfestigkeit und Energie, sondern auch durch musikalische Feinfühligkeit und Geschmack imponierte. [...] Das – größtenteils aus Militärmusikern bestehende – Orchester zeigte sich seiner Aufgabe ebenfalls sehr wohl gewachsen.17
Zwei Tage später folgte Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach.
Stadttheater Salzburg 1915/1916 Am Salzburger Stadttheater wurden in der Spielzeit 1915/16 während der Wintersaison „klassische Tragödien, Schau- und Lustspiele, Operetten, Volksstücke“ aufgeführt, wie es der Spielzeitankündigung in der Presse zu entnehmen war.18 Während der „Sommerspielzeit“ ab Ende Juli wurden nur Lustspiele, Schwänke und Possen gegeben. Im Frühjahr fand üblicherweise die sogenannte „Monatsoper“ statt, für die bekannte Sänger der nächstgelegenen größeren Bühnen zum Hausensemble dazu engagiert wurden. Diese Monatsoper entfiel 1916, sodass Szenkar also ausschließlich Operetten zu dirigieren hatte – und das tat er in den fünf Monaten, die er in Salzburg arbeitete (Anfang Oktober 1915 bis Mitte März 1916) wahrhaft ausgiebig. Er führte19 Operetten auf, die – zum größten Teil neu einstudiert – nahezu im Wochentakt herauskamen und mehrmals wiederholt wurden. Insgesamt leitete er über 90 Vorstellungen; manchmal dirigierte er am Nachmittag und Abend desselben Tages. Neben Operetten-Klassikern, unter anderen Die Fledermaus und Wiener Blut von Johann Strauß, Der Bettelstudent von Carl Millöcker und Der Vogelhändler von Karl Zeller, wurden vier gerade aktuelle Operetten von Franz Lehár gegeben, und schließlich waren neueste Werke wenige Wochen nach deren Uraufführungen in Wien bzw. Berlin auch in Salzburg zu hören: Emmerich Kálmáns Csárdás-
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fürstin, Die – oder keine von Edmund Eysler und Die Schöne vom Strande von Victor Hollaender. Für seine Arbeit standen ihm 17 Sänger, ein 26 Mann starkes Orchester und ein Chor aus je 12 Damen und Herren zur Verfügung. Aus Kritiken ist zu entnehmen, dass selbst dieses kleine Orchester nicht bei jeder Aufführung vollzählig war. Nicht nur der Dirigent, auch der Pianist Szenkar war immer wieder zu hören – als Begleiter von Gesangseinlagen in Lustspielen und Schwänken. Das Publikum hatte den jungen Kapellmeister offensichtlich schnell ins Herz geschlossen, ebenso wie der Musikkritiker der Salzburger Chronik. Las man anfangs noch „tüchtig vorbereitet“, „fein herausgearbeitet“, „hatte seine Kräfte stramm in der Hand“, so war Szenkar im Dezember schon zum „berufenen Lehar-Dirigenten“ avanciert – fraglich, ob das den jungen Dirigenten, der von Wagner-Opern träumte, begeistern konnte. Immerhin, er wurde anerkannt und in den Kritiken mit mehr Erwähnung bedacht, als es damals üblich war. [Zu: Der Bettelstudent]: Die musikalische Leitung lag in Szenkars bewährten Händen; warum er so schwer sich auf die Bühne schleppen ließ, begreifen wir nicht. Der Beifall galt nicht zuletzt ihm.19
Für seine Benefizvorstellung hatte Szenkar Der Opernball von Richard Heuberger gewählt, das Orchester wurde laut Vorankündigung in der Presse „bedeutend verstärkt“. Am Opernball lag es gewiß nicht, daß der Ehrenabend Szenkars ausverkauft war. Es war mehr eine Huldigung der Operettenbesucher für den schneidigen Kapellmeister, der vielleicht im Werke Heuberg ers, das schwerere Anforderungen als irgendein ähnlicher [sic] stellt, am meisten zu brillieren hoffte, auch mit hinreißendem Schwung dirigierte.20
Szenkar schied mit Ende der Winterspielzeit aus dem Ensemble und begab sich zu seinem Gastspiel nach Budapest. Die neue Spielzeit begann er bereits in Dresden. Szenkar hat die Salzburger Zeit als für sich „unbedeutend“ abgetan. Das einzige künstlerische Erlebnis für ihn persönlich dürfte seine Zusammenarbeit mit Alexander Girardi gewesen sein, der sein Gastspiel im März 1916 mit Künstlerblut von Edmund Eysler beendete. Musikalisch wichtig war aber sicher der Kontakt, den er zum Mozarteum knüpfte: Die berühmte Sängerin Lilli Lehmann verpflichtete ihn als Korrepetitor für ihren ersten Mozartkurs vom 1. Juli bis zum 31. August 1916. Sie führt ihn in
Centraltheater Dresden 1916/17 |
ihren Erinnerungen als „Herr Kapellmeister Eugen Szenkár – Dresden“. In diesem Kurs mit zwölf Teilnehmerinnen21 wurden Oratorien von Bach, Mozart, Händel und Haydn, Opern von Mozart, Beethoven, Gluck, Weber, Marschner, Wagner, Thomas, d‘ Albert, Verdi und Bizet, Lieder von Mozart, Beethoven Schubert, Schumann, Brahms, Loewe, Robert Franz, Wolf und Strauss studiert.22 Gegen Ende des Kurses begleitete er Lilli Lehmann in einem Mozarteumskonzert bei Glucks Rezitativ und Arie der Alceste am Klavier. Als würdiger Begleiter saß am Flügel Herr Kapellmeister Eugen Szenkar, ein junger Künstler, der Großes verspricht.23
Centraltheater Dresden 1916/17 Zu Beginn der Spielzeit 1916/17 sehen wir Szenkar am Centraltheater in Dresden, einem reinen Operettentheater, immerhin „eine der besten Operettenbühnen Deutschlands“.24 Das Haus verfügte über 1806 Plätze, das Orchester war 35, der Chor 29 Personen stark. Jeden Monat kam eine neue Operette heraus, die dann täglich gespielt wurde. Szenkars Eintrittsvorstellung zu Spielzeitbeginn war eine deutsche Erstaufführung, Liebeszauber von Oscar Straus, die offensichtlich gefiel: Einen hervorragend gewandten Dirigenten scheint das Central-Theater auch in seinem neuen Kapellmeister, Eug en Szenkár, gewonnen zu haben. Mit den Hauptdarstellern durfte sich dieser nach Schluß des zweiten Aktes inmitten einer sehenswerten Blumengebinde-Ausstellung auf der Bühne in die verschwenderisch gespendeten Ehren des Abends teilen.25
Es folgten die Winzerbraut von Oskar Nedbal, Der Sterngucker von Franz Lehár, der wegen „dringender Verhinderung“ nicht wie vorgesehen vom Komponisten geleitet werden konnte, und Die Fahrt ins Glück von Jean Gilbert. Die im Dezember aufgeführte Operette Der künstliche Mensch von Leo Fall kam bei der Kritik nicht gerade gut an („peinlicher Versuch eines gehobenen Operettenstils“), Szenkar wurde immerhin „große Mühe“ bescheinigt.26 Am Tag vor Weihnachten wurde Heinrich Bertés Dreimäderlhaus zugunsten des Österr.-Ungar. Hilfsvereins gegeben. Es folgten über 70 weitere Vorstellungen – für das Centraltheater ein großer wirtschaftlicher Erfolg. Noch nie hatte eine Operette so viele Aufführungen bei stets fast ausverkauftem Haus erlebt. Mit einer kurzen Pause von einer Woche Anfang Februar, als alle Dresdner Theater geschlossen hatten, um Kohlen zu sparen, ging das Dreimäderlhaus bis in
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den März hinein allabendlich über die Bühne – „ein künstlerisches Martyrium“ in Szenkars Erinnerung. Trotz der Operetten-Fron (er dirigierte 226 Aufführungen in 242 Tagen) nahm Szenkar lebhaften Anteil an der Arbeit der Dresdner Hofoper, wo sein ehemaliger Budapester Kollege Fritz Reiner ein erlesenes Sängerensemble dirigierte. Die Freundschaft, die er in dieser Zeit mit Richard Tauber schloss, hielt ein Leben lang, und Elisabeth Rethberg, von Toscanini als „die größte lebende Sopranistin“ bezeichnet, lud er in späteren Jahren nicht nur zu Gastspielen in seine jeweiligen Opernhäuser ein, sondern begleitete sie auch bei Liederabenden am Flügel. Sicher konnte er es auch ermöglichen, die beiden Konzerte – oder zumindest die Proben – zu besuchen, die Arthur Nikisch, sein bewundertes Vorbild, mit dem Berliner Philharmonischen Orchester gab. Die entscheidende Wende in seiner Karriere kam, als Nikolaus Graf Seebach, der Intendant der Dresdner Hofoper, einen Operettenabend im Centraltheater besuchte. Der junge Kapellmeister gefiel ihm so gut, dass er ihn am nächsten Tag in die Generalintendanz bestellte und ihm eine Stelle als Hofkapellmeister anbot. Diese wurde aber erst 1919 vakant und so unterschrieb Szenkar einen 5-Jahres-Vertrag mit der Königlichen Hopfoper Dresden, beginnend mit der Spielzeit 1919/20. Seebach befand, es sei unmöglich, so lange an einem Operettentheater zu bleiben, er müsse an einem richtigen Operninstitut arbeiten, um sich auf seine Stelle vorzubereiten. Er empfahl dem Generalintendanten der Hofoper Altenburg, Max Berg-Ehlert, den jungen Mann als Nachfolger für den scheidenden Hofkapellmeister. Schon am folgenden Tag erhielt Szenkar ein Angebot für ein Dirigat auf Anstellung aus Altenburg. Sein Gastspiel am 2. März 1917 mit der Oper Carmen in Anwesenheit des ganzen Hofes wurde zum großen persönlichen Erfolg für den knapp 26-Jährigen. Es ist anzunehmen, dass das „Dirigat auf Anstellung“ nur für die Öffentlichkeit veranstaltet und seine Anstellung zwischen dem Grafen Seebach und dem Intendanten Berg-Ehlert bereits fest abgesprochen war, denn sein Dienstvertrag als Hofkapellmeister bis Ende der Spielzeit 1922 wurde just an jenem 2. März abgeschlossen. Der Intendant des Centraltheaters sah die große Chance für den jungen Dirigenten und gab ihn noch während der Spielzeit frei. Schon am 13.5.1917 begann Szenkar mit dem Barbier von Sevilla seine Arbeit in Altenburg.
III Der Weg zum „deutschen“ Dirigenten
Herzogliches Hoftheater Altenburg 1917–1920 Die kleine Residenzstadt Altenburg, in der Szenkar seine Laufbahn als „deutscher“ Opernleiter begann, war seit Beginn des 19. Jahrhunderts der Regierungssitz des Herzogtums von Sachsen-Altenburg. Der regierende Herzog Ernst II. (mit vollem Titel: Herzog von Sachsen-Altenburg, Jülich, Kleve und Berg, Engern und Westfalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf zu der Mark und Ravensburg, Herr zu Ravenstein und Tonna), bei Szenkars Dienstantritt ein Mittvierziger, war ein hoch gebildeter Mann, der Jura, Völkerrecht, Rechtsgeschichte, Verwaltungsrecht, Nationalökonomie und Philosophie in Lausanne und Heidelberg studiert hatte und sich sehr für Astronomie und Seefahrt interessierte. Er war von Kindheit an ein großer Theaterliebhaber, der schon als Sechsjähriger mit Geschwistern und Freunden Theaterstücke und ganze Opern aufgeführt hatte. Seine Mutter, Prinzessin Auguste von Sachsen-Altenburg („Prinzessin Moritz“), war eine Schwester Georgs II., des Herzogs von Sachsen-Meiningen, einem großen Förderer von Theaterkunst und Musik, was ihm den Beinamen „Theaterherzog“ eintrug. Seine Vorstellungen von einem modernen Regietheater setzten sich an allen großen Bühnen Europas durch. Die Meiniger Hofkapelle unter Hans von Bülow war ein weltbekanntes Eliteorchester. Was Wunder, dass unter diesen Vorzeichen das herzogliche Hoftheater in Altenburg ein Zentrum des kulturellen Lebens war und sich bei Hofe und in der Bevölkerung hoher Wertschätzung erfreute – das lässt sich aus dem dicht gedrängten Spielplan und den stabilen Besucherzahlen ablesen: Das Hoftheater, 1871 eröffnet, fasste 1000 Zuschauer und wurde allabendlich bei meist voll besetztem Haus bespielt, sonntags zusätzlich auch am Nachmittag. Im Spielplan wechselten sich Schauspiel und Oper ab. So wurden zum Beispiel in der Spielzeit 1918/19 in 303 Veranstaltungen 91 Werke aufgeführt. Vier- bis fünfmal pro Monat gastierte man in kleineren Städten, vor allem im ehemaligen Residenzstädtchen Zeitz. Für die Spielzeit 1916/17 sind zudem Auftritte des Hoftheaters an der Front dokumentiert. Prominente Schauspieler und Sänger waren zu Gastspielen eingeladen, wobei die nicht gerade hohen Honorare durch Ordensverleihungen aufgewertet wurden. Das Altenburger Publikum konnte beispielsweise Tilla Durieux und Paul Wegener sehen, Herman Jadlowker und Richard Tauber hören.
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In dieses geistig-kulturelle Umfeld kam der junge Eugen Szenkar als Hofkapellmeister, verantwortlich für die Opernvorstellungen des Hoftheaters, die Chorkonzerte der Singakademie und die sinfonischen Konzerte der Hofkapelle. Provinz hin oder her – es war das erste Amt, das er eigenverantwortlich leitete und er ging es mit Feuereifer an. Zunächst beantragte er eine Aufstockung des Orchesters von 34 auf 42 Musiker, wofür man den Orchesterraum vergrößern und zwei Stuhlreihen des Parketts opfern müsse – eine Bitte, die die Hofkammer sehr sorgenvoll aufnahm, die aber vom Herzog erfüllt wurde. Sein künstlerischer Impetus wird aus einem Brief deutlich, den er ganz zu Beginn seines Engagements wegen eines unangenehmen Vorfalls an Berg-Ehlert schrieb. Dieser hatte sehr unwillig reagiert, als Szenkar einen Opernabend an seinen 1. Kapellmeister abgegeben hatte. In seinem Entschuldigungsbrief nun versuchte Szenkar seine Gründe darzulegen, er sei „stets von dem Gedanken beseelt, jedes Werk künstlerisch einwandfrei herauszubringen“ und seine „Auffassung auf die Mitwirkenden zu übertragen“, und sei es auch bei einer „scheinbar unbedeutenden und abgespielten Oper“. Nachdem bei der einzigen angesetzten Ensembleprobe die Hauptdarstellerin wegen Unpässlichkeit gefehlt habe, sei es ihm unmöglich gewesen, „seine Intentionen geltend zu machen“. Er hätte es deshalb für besser gehalten, die Oper an den Kollegen abzugeben, der sie bisher schon immer dirigiert hatte. 27 Leiter der Herzoglichen Hofoper
Der Opernspielplan seiner ersten Spielzeit hielt sich im Rahmen des Standardrepertoires – von Verdi über Puccini, Bizet, Rossini, Weber, Marschner bis hin zu Wagner und Strauss – vom späteren „Revoluzzer“ Szenkar war noch nichts zu spüren. Immerhin konnte er endlich seine lang gehegten Träume erfüllen: den Fidelio und Opern von Wagner und Richard Strauss aufzuführen. Neben dem Rosenkavalier, der auch schon vorher im Repertoire gewesen war, gab er in seiner ersten Spielzeit eine Neueinstudierung der Salome (wohl das einzige mutige Projekt); von Wagner dirigierte er Rienzi, den Lohengrin und die Walküre. Großen Publikumserfolg hatte die Neueinstudierung der Carmen, die, neben Lohengrin, die am häufigsten gespielte Oper der Saison wurde. Wenig Anklang fand offenbar die Erstaufführung der Oper Don Juans letztes Abenteuer von Paul Graener. Sie verschwand nach kurzer Zeit wieder vom Spielplan. Was den Kritiker am Programm störte – Verdi, Puccini, Bizet ... – ist nicht ganz klar. Er schrieb jedenfalls: Wir würden auch auf [...] ausländische Größen zugunsten deutscher Autoren, wie Kinzl [sic], Humperdinck, Siegfried Wagner, Weingartner u. a., gerne verzichten. Da es sich bei den letzteren nur um ein Ausgraben aus den Beständen handeln würde, müßte es außerdem billiger sein und die Aufführungsabgaben würden wenigstens deutschen Meistern zufließen.28
Herzogliches Hoftheater Altenburg 1917–1920 |
Insgesamt dirigierte Szenkar in seiner ersten Saison 63 Aufführungen von 17 Opern und drei Operetten in ziemlich bunter Mischung von Zigeunerliebe bis Walküre. Er lernte rasch, Chef zu sein: Schon in der zweiten Spielzeit gab er Werke an seinen Kapellmeister ab. Bereits während dieser ersten Spielzeit wurde in auswärtigen Zeitungen immer wieder berichtet, dass Szenkar demnächst nach Dresden wechseln würde. Das bezog sich offensichtlich auf seinen dort geschlossenen Vertrag, der allerdings erst 1919 beginnen sollte. Sogar von einem Stellentausch zwischen dem Dresdner Hofkapellmeister Kurt Striegler und Szenkar war zu lesen. Die Altenburger Presse beruhigte die Leser immer wieder, der Vertrag mit dem Hoftheater sei bis 1922 abgeschlossen. Die zweite Spielzeit (1918/19) brachte eine Neueinstudierung des Don Giovanni – die Rezitative begleitete Szenkar am Klavier. Entsprach Mozart nicht dem Zeitgeschmack? – das Werk wurde nur ein einziges Mal wiederholt. Besser kam d’Alberts Oper Stier von Olivera an, die ein halbes Jahr nach ihrer Uraufführung in Altenburg auf die Bühne kam. Schließlich, gegen Ende der Spielzeit – endlich – der gesamte Ring des Nibelungen. So hatte Szenkar doch immerhin in knapp zwei Jahren alle Wagner-Opern außer Tannhäuser dirigiert. Für die Statistik: Er leitete 56 Aufführungen von 19 Opern und drei Operetten (Fledermaus, Walzertraum und Die Landstreicher von Ziehrer). In der dritten Spielzeit 1919/20 überließ er das Tagesgeschäft in weiten Teilen seinen beiden Kapellmeistern und setzte für sich einige wenige Schwerpunkte. Dieses Phänomen – sein innerer Rückzug auf einige Lieblingswerke – wird auch an weiteren Stationen zu beobachten sein, immer dann, wenn er sich an „seinem“ Opernhaus nicht mehr wirklich wohl fühlte. Das Publikum lastete diese Abstinenz allerdings nicht ihm persönlich, sondern der Intendanz an. In der Presse wurde gefragt, warum der „Meisterdirigent Szenkar“ so selten den Taktstock schwinge und in einem Leserbrief wurde der Wunsch geäußert, ihm doch wenigstens „die Leitung der großen und klassischen Opern“ zu übertragen, „wozu ihn sein Temperament ebenso wie sein musikalisches Feinfühlen ganz besonders geeignet erscheinen lassen“.29 Neben Fidelio (den er bis zum Ende seines Opernlebens selten aus der Hand gab) und Freischütz bot er zwei Neueinstudierungen, eine Uraufführung, die Erstaufführung einer szenischen Fassung von Peer Gynt, und – Wagner, Wagner, Wagner. 21 der 45 Vorstellungen, die er leitete, waren Wagner-Opern – darunter auch wieder zum Spielzeitende der gesamte Ring. Die Butterfly, die erste Neueinstudierung, wurde zum Publikumsrenner, von Mitte September bis Ende Dezember neunmal aufgeführt. Die zweite Neuinszenierung, die Entführung aus dem Serail, begeisterte, wobei in der Kritik durchscheint, dass Szenkar nicht nur Bewunderer in Altenburg hatte:
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Unter der genialen Führung von Eugen Szenkar erlebt man Mozart, wird seine Feuerseele mit ihrem heißen Empfinden, dem deutschen Fühlen, der Freude am Wahren und Schönen erst recht offenbar. Nur gehässige Verleumdung könnte sein Bemühen um Darstellung des Kunstwerkes im Geiste seines Schöpfers eine Inszenierung seiner eigenen Persönlichkeit schelten.30
Die Uraufführung der Oper Salambo von Lukas Böttcher, einem Komponisten, den man heute in kaum einem Musiklexikon mehr findet, am 1. Mai 1920 war ein Riesenerfolg. Man erkannte ja schier unsere guten Altenburger gar nicht wieder, denn ein solcher Beifallssturm ist ja seit Menschengedenken nicht erlebt worden, und jubelnd rief man den Schöpfer dieser köstlichen Musik, der sich verlegen allen Ehrungen, die ihm zuteil wurden, zu entziehen versuchte, immer wieder vor den Vorhang. [...] Um die musikalische Vorarbeit hatte sich Eugen Szenkar in hervorragendster Weise bemüht und seine ganze künstlerische Persönlichkeit für die würdige Aufführung eingesetzt.31
Die zitierten Kritiken können stellvertretend für die Opernkritiken über die drei Jahre hinweg stehen. Die Epitheta „vortrefflich“, „schwungvoll“, „anfeuernd“, „umsichtig“, „geistvoll“, „sorgfältig ausgefeilt“ wiederholen sich, ebenso wie seine „liebevolle Vertiefung in das Werk“, seine „Arbeitslust“, seine „überlegene Beherrschung aller Kunstmittel“. Über die „niederschmetternd provinzliche Unzulänglichkeit“ der Altenburger Kritik schrieb dagegen der (namentlich nicht genannte) Dresdner Musikkritiker der Deutschen Zeitung (Berlin) 1919 in seinem ausführlichen Artikel „Ein junges Dirigentengenie“: Gewiß, das Publikum verhätschelt seinen Szenkár und die Kritik lobt ihn. Sie fand z. B. wirklich, daß er das Butterfly-Orchester mit „gewohnter Umsicht“ geleitet habe und als er tags darauf eine ungestrichene (!) Aufführung des „Tristan“ [...] brachte, hieß es in einem Blatte, seine Kunst hätte dafür gesorgt, „daß die Klangmassen nicht auseinander fielen“ [...] Diese Menschen wissen also gar nicht, was sie eigentlich an solchen Abenden erleben dürfen; es fehlen ihnen die Vergleichsmöglichkeiten. Und das ist eine unerträgliche Grausamkeit gegen den jungen Künstler! Diese Menschen freuen sich an ihm, ja, aber sie ahnen nicht, daß sowohl Richard Wagner wie Puccini, jeder Meister in seinem (um eine Welt voneinander verschiedenen!) Stil, in der feinstnervigen Ausführung ihrer Absichten, mit einer Erlebnisinbrunst und einer lockeren Klarheit der verwegensten polyphonen Kombinationen, mit einem Wort, in einer vollendeten Nachschöpfung von geradezu unübertrefflicher Plastik zu ihnen sprach, so daß keine noch so stolze großstädtische
Herzogliches Hoftheater Altenburg 1917–1920 |
Bühne heute diese Partituren urtümlicher und hinreißender zum Erklingen bringen könnte!32
Konzertdirigent der Herzoglichen Hofkapelle
Neu in Szenkars Leben war seine Tätigkeit als Konzertdirigent. In der ersten und zweiten Saison dirigierte er je vier, in seiner letzten Saison sechs Orchesterkonzerte, gleichzeitig stand er erstmals seit dem Salzburger Mozarteumskonzert auch wieder als Pianist auf dem Podium. Ob er in der Auswahl der Werke völlig unabhängig war, ist nicht bekannt. Insgesamt gesehen waren die Konzertprogramme traditionell und dem Zeitgeschmack verpflichtet. Neben Werken von Mozart, Beethoven, Brahms, Bruckner und Tschaikowski gab es Tondichtungen von Strauss und Liszt und kleinere Werke überwiegend spätromantischer Komponisten. Die Programme waren meist sehr lang, die Vortragsfolge mutet uns oft seltsam an, war doch die Trennung von Orchesterkonzerten und Soloabenden/Liederabenden noch nicht so strikt wie heute. So spielte im ersten Symphoniekonzert der Saison 1917/18 der damals noch junge Alfred Hoehn nicht nur Beethovens Klavierkonzert Es-Dur, sondern auch Schuberts Wandererfantasie. Das Programm umfasste außerdem die IV. Symphonie von Brahms, Glucks Ouvertüre zu Iphigenie in Aulis und Don Juan von Richard Strauss. Im zweiten Symphoniekonzert war es Kammersänger Friedrich Plaschke von der Königlichen Hofoper zu Dresden, der Wotans Abschied mit Orchesterbegleitung und Lieder von Schubert, Brahms und Strauss mit Klavierbegleitung (am Flügel: Szenkar) sang, „umrahmt“ von der VI. Symphonie von Tschaikowski, dem Parsifal-Vorspiel und Liszts Les Préludes. Im dritten Symphoniekonzert erklangen Werke von Beethoven, Richard Strauss und Niels Wilhelm Gade. Das vierte Symphoniekonzert bot wieder ein langes, sehr gemischtes Programm: Mozarts Symphonie g-Moll (wohl die „große“, KV 550); eine Konzertarie von Mozart, gesungen von Elisabeth Rethberg, Kgl. Hofoper Dresden; das Konzert-Allegro in D-Dur von Niccolo Paganini, gespielt von dem blutjungen Konzertmeister Otto Kobin; die Ballettsuite op. 130 von Max Reger; Lieder mit Klavierbegleitung von Richard Strauss (am Flügel: Szenkar) und schließlich die Ouvertüre zu Sakuntala von Carl Goldmark. Der zweite Konzertwinter, bereits im sozialdemokratischen Altenburg, begann mit einer geschlossenen Veranstaltung für den Arbeiter-Bildungsausschuss. Der erste Teil war „Zum Gedächtnis unserer gefallenen Helden“ überschrieben, der zweite „Zum Willkommen der heimgekehrten Krieger“. Dem Motto entspre-
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Abb. 1: Programmzettel des Herzogl. Hoftheaters Altenburg vom 4.3.1918. Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Sammlung Theaterzettel, Nr. 128.
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chend wurden im ersten Teil der Trauermarsch aus der Götterdämmerung, Mozarts Mauerische Trauermusik und Strauss’ Tod und Verklärung gespielt, im zweiten Teil der Einzug der Gäste auf der Wartburg, die Konzertouvertüre Friedensfeier von Carl Reinecke, der Schlusssatz aus Beethovens V. Symphonie und Ausschnitte aus den Meistersingern. Es war ein Bekenntnis zum deutschen Wesen, wie man es sich nicht besser wünschen konnte. Die Singakademie vereinigte sich dazu mit sämtlichen singenden Mitgliedern des Theaterverbandes zu einem prachtvollen gemischten Chor, der im Verein mit dem Orchester den festlichen „Einzug der Gäste“ glänzend darbot. Erhabener aber konnte die versöhnende Kraft deutscher Musik nicht zum Ausdrucke kommen als mit den gewaltigen Schlußchören aus Wagners „Meistersingern“.33
Die Symphonie e-Moll von Dvorak im nächsten Konzert war dem Kritiker zu „amerikanisch“. Die Aufführung von Beethovens Symphonien I und IX mit dem Theaterchor, dem Chor der Singakademie, einem Extrachor und der vor allem bei den Streichern verstärkten Theaterkapelle wurde, wie nicht anders zu erwarten, zu einem „recht wohlgelungenen Abend“. In der dritten Spielzeit gab es sechs Orchesterkonzerte, deren erstes wieder ein Potpourri an Werken bot: neben Beethovens VIII. Symphonie das 1. Violinkonzert von Max Bruch und kürzere Kompositionen von Friedrich Klose, Max von Schillings und Volkmar Andreae. Das Bruch-Violinkonzert, interpretiert vom neuen 1. Konzertmeister (Max Ladschek), ersetzte kurzfristig das Cellokonzert von d’Albert, das der renommierte Gutia Casini hätte spielen sollen. Das Auftreten dieses Ausländers war vorher offen und heimlich bekämpft worden – wobei die ganze Aufregung gegenstandslos wurde, da der Cellist wegen einer Fingerverletzung absagen musste. Das nächste Konzert bot noch einmal, wie schon eineinhalb Jahre zuvor, die Pathétique von Tschaikowski. Für uns heute nahezu peinlich in ihrem Überschwang, aber dennoch berührend sind die Ausführungen des Kritikers – man vergesse nicht, von welchem Orchester hier die Rede ist: Die Darstellung dieses Meisterwerkes war hinreißend schön. Man fühlte deutlich, wie Eugen Szenkar in dieser Musik lebte, wie ein Priester der Kunst ihr ehrfürchtig nahend und ihre leuchtende Schöne gleich dem heiligen Gral aller Welt offenbarend. Aber was er fühlt, weiß er auch aus seinem Orchester herauszuholen, das er wie eine Orgel zu meistern versteht. Die Musiker allesamt spielen unter seinem Zauberstabe wie die Götter; ich habe schon viel Gutes von unserer Theaterkapelle gehört, aber eine solche lichtvolle Klarheit der Durchführung, bei der auch kein Motivteilchen unter den Tisch fiel und jedes einzelne
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Instrument vom kräftigsten Fortissimo bis herab zum verhauchendsten Pianissimo nur dem Winke des kunstbegeisterten Meisters folgte, habe ich noch nie bisher in solcher Vollendung erlebt.34
Im Januar 1920 stand neben Bruckners IV. Symphonie und (wieder!) Don Juan von Strauss Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488 auf dem Programm. Szenkar spielte den Klavierpart, sein 1. Konzertmeister, Max Ladscheck, leitete das Orchester. Die Altenburger Kritik ist die einzige, die mir bekannt wurde, aus der man etwas mehr über das Klavierspiel Szenkars erfährt (wenn er als Liedbegleiter auftrat, wurde mehr seine Gestaltungskraft und Anpassungsfähigkeit hervorgehoben). Reizvoll durchsichtig in ihrem Aufbau stellt sich die große Kadenz von Karl [sic] Reinecke dar, die des Pianisten große Kunst des klaren Anschlags überraschend offenbarte. Als feinsinniger Poet am Flügel, der Mozarts Wesensart völlig in sich aufgenommen hat, erwies sich Szenkar in dem herrlichen, gesangreichen Andante. Hier zeigte er eine bestrickende Weichheit des Anschlags, die allein eine ganze Stufenleiter der Gefühle zum Ausdruck zu bringen wußte. [Zum 3. Satz:] Gleich funkelnden Perlenschnüren glitzerten die Läufe in wunderbarer Klarheit, hier konnte auch die sichere Wurftechnik der linken Hand in prachtvollen Baßgängen ihre Erfolge feiern.35
Im fünften Konzert wollte Szenkar die Altenburger mit einer Reihe zeitgenössischer Werke von Tonschöpfern aus dem näheren Umfeld bekannt machen, zum Beispiel mit der Sinfonietta von Sigfrid Karg-Elert, der am Leipziger Konservatorium lehrte. Hier schon begann (oder versuchte zu beginnen) Szenkar mit seiner späteren Gepflogenheit, lokale Komponisten zur Aufführung zu bringen. Geldmangel vereitelte diesen Plan. So dirigierte er neben der II. Symphonie von Brahms und Tschaikowskis Nußknackersuite kleinere Kompositionen von Felix Draeseke und Felix Weingartner. Der Höhepunkt der Saison war zweifellos die Aufführung des Oratoriums Die Hl. Elisabeth von Franz Liszt am 15.3.1920. Sie war lange erwartet worden, hatten doch die Thüringer eine spezielle Beziehung sowohl zur Hl. Elisabeth, ihrer inoffiziellen „Landesheiligen“, wie auch zu Franz Liszt. Das Werk wurde mit großem Aufwand aufgeführt, neben der Singakademie sang der verstärkte Theaterchor, auch die Kapelle war verstärkt worden. Leider erfolgte die Aufführung, nachdem sie mehrfach verschoben worden war, nun zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da nämlich am 13.3.1920 die Reichsregierung gestürzt und Kapp Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident geworden war. Wegen dieser politischen Wirren ging das Großereignis etwas unter.
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Seinen Herzenswunsch, Mahlers Symphonien IV und V zur Aufführung zu bringen, konnte er sich nicht erfüllen. Altenburger Musikfreunde hatte ihm zwar das gesamte Notenmaterial geschenkt, das Orchester aber sah sich überfordert und lehnte die Einstudierung ab. Dem Wunsch der Kritik, endlich einmal auch eigene Kompositionen aufzuführen, kam er nicht nach. Bei aller Unzulänglichkeit der Provinzkritiker lassen sich doch aus ihren Besprechungen bereits Züge von Szenkars Arbeitsweise, Dirigierstil und -technik, die später für ihn charakteristisch sein sollten, herauslesen oder zumindest erahnen. Man erfährt, dass er ein „bescheiden zurückhaltender Führer“, ein Präzisionsfanatiker und akribischer Arbeiter sei, dass seine Interpretationen von „durchsichtiger Klarheit“ seien, auch seine berühmten grandiosen Steigerungen werden schon angesprochen, und man erfährt hier bereits, was man später überall auf der Welt in seinen Kritiken liest, dass er elegant dirigiere, mit sparsamen Bewegungen, aber sehr sprechender Mimik und ausdruckvollen Gesten. Das spricht auch der Dresdner Musikkritiker der Deutschen Zeitung an: Man braucht aber Eugen Szenkár auch nur dirigieren zu sehen. Er ist eine jene seltenen Musikernaturen, denen nicht nur verliehen ward, zu sagen, was sie empfinden, sondern die das auch ästhetisch schön zu sagen wissen, und durch das, wie sie etwas sagen, das, was sie sagen, unendlich im Eindruck zu steigern vermögen. Kein theatralischer Gestenapparat, aber welche Abstufungen der Geste, welche zwingende Macht der Steigerung.36
Schier erstaunlich, dass er bei der enormen Arbeitsbelastung noch Zeit für Abstecher ins nahe gelegene Leipzig und für das gesellschaftliche Leben Altenburgs fand. In Leipzig arbeiteten damals zwei „Große“ des Musiklebens, Arthur Nikisch als Gewandhauskapellmeister und Otto Lohse als Operndirektor. Nikisch war Szenkars erklärtes Dirigier-„Idol“. Wann immer möglich, fuhr er nach Leipzig, um dessen Probenarbeit zu verfolgen. Der Maestro schätzte den jungen Mann und sprach ihn häufig scherzhaft mit „Meister Szenkar“ an. Dass Szenkar von der Kritik immer wieder mit Nikisch verglichen wurde, später sogar als dessen Nachfolger im Gespräch war, muss ihn beglückt haben. Über Otto Lohse berichtete Szenkar später, seine Aufführungen seien hinreißend gewesen, voller dramatischer Glut. „Ein Großer seines Faches!“ Gesellschaftliches Leben in Altenburg
Der Altenburger Hof war seinem Hofkapellmeister sehr gewogen, vor allem die Mutter des Herzogs, Prinzessin Moritz, hatte ihn ins Herz geschlossen. Jede Woche ließ sie ihn mit der Hofkutsche zu einem Tee-Nachmittag ins Schloss
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holen, wo er ihr viel Beethoven vorspielen musste, sie ihm im Gegenzug vom Meininger Musikleben, wie sie es in ihrer Jugend erlebt hatte, erzählte, von Liszt, Wagner, Brahms, Reger, Richard Strauss und Hans von Bülow – anregende und lehrreiche Nachmittage für den jungen Mann. Große Gönner fand er auch in der Familie des Geheimrats Carl Schenk, der ein herrschaftliches Haus führte. Man kümmerte sich um seine „Arbeitskleidung“ und ließ ihn zu Proben und Konzerten mit dem Wagen abholen. Diese Fürsorge war ihm sicher auch in finanzieller Hinsicht nicht unwillkommen. Er kam mit seinem Salär so gerade über die Runden, musste er doch alljährlich die Opernferien, in denen es nur eine geringe oder gar keine Gage gab, überbrücken und außerdem seine Frau, von der er schon bald getrennt lebte, unterhalten. Ob sie nach der Trennung in Altenburg blieb oder nach Budapest zurückgekehrt war, ist nicht bekannt. Im Frühjahr 1918 bat er bei der Hofkammer um eine Gehaltserhöhung, die ihm allerdings nicht gewährt wurde. Er erhielt einen Vorschuss, um seine aufgelaufenen Schulden zu bezahlen, den er in Monatsraten zurückzahlen musste. Er wiederholte seine Bitte in einem Schreiben an den „Durchlauchtigsten Fürsten“ persönlich, in dem er ausführte, dass es „unter den heutigen Verhältnissen“ unmöglich sei, mit 400 Mark seine Familie zu ernähren. Auch diese Bitte wurde abschlägig entschieden. Bei den häufigen Gesellschaftsabenden der Familie Schenk wurde der junge Hofkapellmeister natürlich immer an den Flügel gebeten – die verliebten weiblichen Zuhörerinnen um ihn herum am Boden hingegossen. „Es erinnerte an das bekannte Gemälde ,Liszt am Klavier‘ von Danhauser“.37 An einige Liebeleien und Flirts erinnerte sich der alte Maestro, junge Damen aus bestem Hause, gebildet, musikinteressiert – manch eine schrieb romantische Gedichte, von denen er auch einige vertonte, wie er überhaupt zu dieser Zeit noch eifrig komponierte. Neben Liedern mit Klavierbegleitung schrieb er mehrere Orchesterwerke, Lieder mit Orchesterbegleitung und ein Streichquartett, für das er einen Staatspreis in Budapest erhielt. Stilistische Vorbilder waren ihm Richard Strauss, Gustav Mahler, Claude Debussy und Béla Bartók. Autographe von fünf Liedern mit Klavierbegleitung und einer Elegie für großes Orchester sind derzeit in Archiven nachzuweisen.38 Das Komponieren gab er dann aber sehr bald auf, da er einsah, „dass andere es besser machten“.39 Nach dieser kleinen Abschweifung zurück zum Beruf. Die fast unbeschränkten Möglichkeiten, seine künstlerischen Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen, große künstlerische und persönliche Erfolge, die liebevolle Aufnahme bei Hof und in Teilen der Gesellschaft trugen ihn und schufen ein hohes Lebensgefühl. In späteren Jahren betonte er in Interviews und Gesprächen immer wieder, dass er in Altenburg „die schönste und glücklichste Zeit seiner Karriere“ verbracht habe.
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Abb. 2: Erste Seite des Autographs „Der Schmetterling ist in die Rose verliebt“ (Text Heinrich Heine). Lied für Singstimme und Klavier von Eugen Szenkar, Budapest 1913. HHI
Und doch – noch immer war Krieg. Hatte das K. u. K. Oesterreich.-Ungar. Konsulat Leipzig noch im Juli 1917 eine Mitteilung an die Intendanz des Hoftheaters gesandt, dass Szenkar aufgrund eines Erlasses des Kgl. ung. Honved-Ministeriums mit Rücksicht auf sein Alter nicht vom aktiven Landsturmdienst enthoben
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werden könne, wurden ab Oktober 1917 vierteljährlich Enthebungsbescheide erteilt (bis Dezember 1918). Die Revolution und ihre Folgen
Dann jedoch kam der 9. November 1918 – Revolution! Ein „Arbeiter- und Soldatenrat“ übernahm die Macht in Altenburg, die rote Fahne wurde über der Burg gehisst. Herzog Ernst II. hatte noch versucht, die revolutionären Aktivitäten einzudämmen, indem er am 8. November auf die ihm und seiner Familie zustehende Steuerfreiheit verzichtet und am 9. November ein neues Wahlrecht anstelle des bisherigen Vierklassenwahlrechts verkündet hatte. Vergebens, am 13. Nobember 1918 dankte er ab, Altenburg wurde Landeshauptstadt des Freistaates Sachsen-Altenburg, der später im Land Thüringen aufging. Für Szenkar, der sich nie einen Deut um Politik gekümmert hatte, war nicht sofort überschaubar, welche Konsequenzen die Revolution für ihn persönlich haben könnte. Aus dem Herrn Hofkapellmeister wurde zwar der Herr Szenkar, dem der 1. Posaunist als Vertreter des Arbeiterrates schon mal sagte, dass es mit der alten „Selbstherrlichkeit der autokratischen Dirigentengrößen“ nun vorbei sei, aber der Betrieb des Theaters ging weiter wie bisher – nicht zuletzt dank der großzügigen Spenden des Herzogs aus seiner Privatkasse, die die finanzielle Belastung des Theaters durch städtische Steuern abfingen.40 Die Revolution hatte jedoch erhebliche Auswirkungen auf Szenkars weitere Karriere: Aus Dresden wurde ihm mitgeteilt, dass alle Verträge, die noch während der Monarchie geschlossen wurden, annulliert seien. Sein Vertrag mit der Dresdner Oper sei also hinfällig – ein schmerzhafter Karriereknick aufgrund politischer Umstände, der erste, dem allerdings noch dramatischere folgen sollten. Als ihm der neue sozialdemokratische Ministerpräsident von Sachsen-Altenburg, eröffnete, dass alle Musiker, die zur Verstärkung des Orchesters eingestellt worden waren, wegen Geldmangels wieder entlassen werden müssten, demissionierte er zum Ende der Spielzeit 1919/20. Eine sehr charakteristische Reaktion Szenkars, die noch mehrmals zu beobachten sein wird: Wenn er glaubte, unter den gegebenen Umständen seine künstlerischen Ziele nicht verwirklichen zu können, löste er vorzeitig seinen Vertrag. Der Ausländer am Dirigentenpult
Mit dem Beginn einer verantwortungsvollen Tätigkeit in Deutschland setzte die Beschäftigung der Medien mit seiner ungarischen Herkunft ein: Die Diskussion, ob er als Ausländer in der Lage sei, deutsche Musik „richtig“ zu erfassen und zu vermitteln, begleitete sein gesamtes Musikerleben in Deutschland – selbst noch, als er als gefeierter, weltberühmter Dirigent aus dem Exil zurückgekehrt war.
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Als er Anfang 1917 in Altenburg Carmen auf Anstellung dirigierte, wurde seine Aufführung hochgelobt, jedoch: Eine andere Frage ist freilich, wie weit er als Ausländer in den Geist des deutschen Kunstwerks eingedrungen ist und ob es überhaupt geraten erscheint, einem solchen die Pflege musikalischer Kultur in einer deutschen Residenz anzuvertrauen. Ich betone nochmals, dass es sich auch um unsere Zukunft in deutschvölkischem Sinne handelt, um deren Sicherheit wir jetzt kämpfen und deren weiterer Ausbau nach dem, hoffentlich nicht zu fernen Endsiege unsere vornehmste Sorge schon jetzt sein sollte. Deutsch sei die Kunst!41
Die Altenburger Kritik tat ihm bald Abbitte, lobte und liebte ihn als Beethovenund Wagner-Dirigenten. Zu seinem Abschied konnte man lesen Und wenn wir damals nach der „Carmen“-Aufführung Besorgnisse äußerten, wie weit ihm als Ausländer die Pflege deutschen Kulturgutes gelingen werde, so sind wir zu unserer Freude durch die Erfahrung belehrt worden, daß er die deutsche Musik liebt und tief in ihr wahres Wesen eingedrungen ist.42
Aus anderen Artikeln des Jahres 1920 wird jedoch deutlich, dass durchaus auch Ressentiments geblieben waren. Einer der Artikel berichtet über das Gastspiel Szenkars in Mannheim: In Mannheim, wo er kürzlich gastiert hat, ist er von der Kritik geradezu glänzend beurteilt worden „als impulsiver und vielvermögender Musiker, der wieder einmal zeigte, was alles aus der Partitur herauszuholen ist“, so daß „die Aufführung (Carmen) fraglos jener gleichgestellt werden kann, die vor wenigen Jahren Nikisch hier dirigierte.“ In ähnlich begeisterter Weise äußert sich die angesehene Mannheimer Presse über einen ihr nur in zwei Gastspielen bekannt gewordenen Künstler, dessen bedeutende Fähigkeiten von angeblichen Altenburger „Kunstfreunden“ aus ziemlich durchsichtigen Gründen hartnäckig heruntergesetzt werden.43
Der zweite Artikel bezieht sich auf die vermeintliche Berufung Szenkars nach Saarbrücken – zwar eine Fehlmeldung, da es sich um ein Engagement seines Bruders Michael handelte, was aber für den Inhalt unerheblich ist: Wir freuen uns, daß Szenkars wackeres Eintreten für deutsche Kunst nun anderwärts Anerkennung findet, und daß man gerade ihn als Vorposten deutscher Kultur auf jenen wichtigen Platz berufen hat. Damit brechen alle gehässigen Verdächtigungen und Anfeindungen, denen er hier von gewisser Seite dauernd ausgesetzt war, in sich selbst zusammen.44
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Ein anderer „Makel“, seine jüdische Abstammung, wurde in Altenburg noch nicht deutlich artikuliert, er selber hatte jedoch offensichtlich längst erkannt, dass es opportun sei (übrigens keineswegs nur in Deutschland), einer christlichen Religionsgemeinschaft anzugehören. Im August 1918 ließ er sich in Budapest katholisch taufen – nicht ahnend, dass in nicht allzu ferner Zeit nicht mehr nach Religion, sondern nur noch nach „Rasse“ gefragt werden würde. Szenkars Vorstellung vom „Ideal-Ensemble“
Bilanzieren wir, was ihm die drei Altenburger Jahre künstlerisch und persönlich gebracht haben. Abgesehen davon, dass er erklärtermaßen „glücklich“ war, was seiner Arbeit mit Sicherheit zugute kam, haben ihn die Zusammenkünfte mit Prinzessin Moritz, das Eintauchen in die Geschichte des Meininger Musiklebens sicherlich künstlerisch gefördert, ebenso wie der Kontakt zu Arthur Nikisch, den er neben Mahler immer als seinen geistigen Lehrer bezeichnete. Ganz entscheidend dürften aber drei Dinge gewesen sein. Er konnte erstmals kontinuierlich in Eigenverantwortung ein Orchester nach seinen Vorstellungen heranbilden und erziehen – was ihm im Rahmen der Möglichkeiten ganz offensichtlich gelungen ist. Er hat es seinen Musikern nicht leicht gemacht, aber sie respektierten und verehrten ihn trotz seiner strengen Qualitätskriterien. Für ihn fast noch wichtiger: Er konnte in kleinen Schritten mit den geringen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, beginnen, sich ein „Ensemble im Sinne Gustav Mahlers“ heranzuziehen, sein erklärtes Ziel, solange er überhaupt längerfristig an einem Opernhaus arbeitete. Die Aufführungen von Fidelio und Don Giovanni, die er als junger Student unter Gustav Mahler erlebt hatte, waren für ihn unauslöschliche Erlebnisse wahrer Ensemblekunst geblieben. Immer wieder betonte er, dass erst ein perfektes Ensemble die Darsteller vergessen lasse und das Werk selber zum Sprechen bringe: Unter Ensemblespiel verstehe ich nicht ein Nebeneinander schlechter Sänger, sondern die möglichst gleichmäßige qualitätsreiche Leistung aller. Es darf niemand aus dem Ensemble übermäßig heraustreten, weder durch Drückung des Niveaus noch durch Ausnahmeleistung. Dann wird der Eindruck erzielt, daß das Werk selbst spricht. Die Aufführung erhält ihren ursprünglichen dienenden Sinn zurück.45
Er achtete darauf, dass das Ensemble zusammengehalten wurde, dass nicht die Publikumslieblinge die ersten drei Aufführungen eines Werkes sangen und dann durch die „zweite Garnitur“ ersetzt wurden, dass auch Nebenrollen durch erste Kräfte besetzt waren. Immerhin hatte er schon nach zweijähriger Arbeit erreicht, dass er den Ring vollständig mit hauseigenen Kräften besetzen konnte. Seine
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Sänger wussten seine Arbeit offensichtlich zu würdigen: Als Zeichen ihrer Wertschätzung verehrten sie ihm die Orchesterpartitur der Meistersinger mit einer entsprechenden Widmung. Seine Bemühungen um das Ideal-Ensemble werden auch im Folgenden immer wieder zur Sprache kommen. Und ein drittes Plus, abgesehen von seinem persönlichen künstlerischen Reifungsprozess: Er hatte sich „einen Namen gemacht“, nicht nur in Leipzig und Dresden, sondern auch in Berlin und damit in der „Musikwelt“ Deutschlands, vor allem durch den schon mehrmals genannten Artikel „Ein junges Dirigentengenie“. Eugen Szenkár, diesen Namen mag man sich aber besonders gut merken! Hier ist keine Täuschung möglich; hier ist ein Erbe der großen, sinfonischen Dirigenten-Überlieferung, die von Richard Wagner, Liszt und Hans v. Bülow ausgeht und heute in den sechs Händen von Nikisch, Muck und Weingartner noch wohlverwahrt ist. [...] Wo immer strebsame Intendanten nach einem musikalischen Vollblut ausschauen: zugleich ein Arbeiter aus dem Vollen und ein Magnet für Musiker und Laien, eine wahre Zugkraft, sie mögen nach Altenburg kommen, diesen feurigen reifen Menschen beobachten, an die richtige Stelle bringen und sicher sein, damit der musikdramatischen und sinfonischen Kunst im allgemeinen und ihrer Bühne im besonderen einen lang nachwirkenden Dienst erwiesen zu haben.46
Ob der Aufruf gewirkt hat? Szenkar wurde jedenfalls Anfang 1920 zusammen mit drei weiteren Bewerbern zu einem Probegastspiel für die Nachfolge Furtwänglers in Mannheim eingeladen. Sein Gastspiel wurde sehr positiv aufgenommen, die Stelle erhielt aber sein um sechs Jahre älterer Freund Franz von Hoesslin. Dieser blieb nur zwei Jahre, ging dann an die Große Volksoper nach Berlin, wo ihn Szenkar nach einem Jahr als Opernchef ablöste. Die Enttäuschung währte indes nicht lange, kurz nach der Absage aus Mannheim bekam er eine weit gewichtigere Einladung: Der Generalintendant der Frankfurter Oper bot ihm an, die Nachfolge von Gustav Brecher am Opernhaus Frankfurt anzutreten. Man vereinbarte ein Probegastspiel gleich zu Beginn der Spielzeit im September 1920.
Frankfurter Oper 1920–1923 Die Frankfurter Oper nahm Anfang der Zwanzigerjahre eine Spitzenstellung ein, was die Förderung zeitgenössischer Werke anbelangte. Frankfurt war die einzige Stadt in Deutschland, in der alle Bühnenwerke von Richard Strauss auf dem Spielplan standen; neue Werke von Schreker, Korngold, d’Albert, Wolf-Ferrari,
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Goldmark und vielen anderen wurden meist kurz nach ihrer Uraufführung auf die Frankfurter Opernbühne gebracht. Nach einer künstlerischen Depression während des Krieges war die Frankfurter Oper 1920 bereits wieder zu einer der ersten Bühnen Deutschlands avanciert. Sie hatte ein hervorragendes Sängerensemble, wobei allerdings immer wieder erste Kräfte dem ehrenvollen Werben der „ganz großen Häuser“ in Berlin, Wien, Dresden und München nicht widerstehen konnten. Das Orchester mit 90 und der Chor mit 75 Mitgliedern hatten hauptstädtisches Format. Szenkar war nun wieder an einem großen Haus, aber er war nicht mehr der Chef wie in Altenburg. Die beiden 1. Kapellmeister, Dr. Ludwig Rottenberg und er, waren koordinierte Kollegen, wobei Rottenberg, der seine Stelle seit 28 Jahren bekleidete, gewisse Gewohnheitsrechte in Anspruch nehmen konnte – so ließ er sich etwa den Ring, Fidelio oder Rosenkavalier nicht aus den Händen nehmen. Er war 56 Jahre alt, wird als „mehr innerlich ausgerichteter Künstler“ beschrieben, dem es bisweilen an „äußerem theatralischen Schwung gemangelt habe“, der seine „ruhige, zuverlässige und klare Stabführung – frei von Eitelkeit – in den Dienst der Sache stellte.“47 Es ist leicht einzusehen, dass die Zusammenarbeit mit seinem temperamentgeladenen 29-jährigen Kollegen nicht immer reibungsfrei war. Szenkar achtete ihn als „kultivierten und feinnervigen Musiker“, schätzte ihn aber nicht als Dirigenten. Da er nun an einer reinen Opernbühne arbeitete, die die Anzahl der Aufführungsabende nicht mit dem Schauspiel teilen musste, war die Arbeitsbelastung deutlich höher als bisher. Im Schnitt dirigierte er pro Spielzeit 85 Vorstellungen, allerdings nur 26 Werke, von denen er 20 bereits im Repertoire hatte. „Bekker raus“. Das Orchester demonstriert für Szenkar
Szenkar gab seine erste Probevorstellung, den Tristan, am 2. September 1920. Die Gesamtprobe mit Solisten, Chor und Orchester am Vortag verlief „in grosser Spannung von allen Seiten“.48 Man teilte ihm danach mit, dass das Orchester, welches Mitspracherecht bei der Bestellung des neuen Kapellmeisters hatte, sich einstimmig für ihn entschieden habe. Am Tage der Aufführung wurde er in der Pause zwischen zweitem und drittem Akt in die Loge der Stadträte gerufen, wo man ihm erklärte, sein Vertrag für drei Jahre sei perfekt, das vorgesehene zweite Gastdirigat sei nicht notwendig. Glücklich dirigierte er die Vorstellung zu Ende und nahm den stürmischen Applaus entgegen. Am nächsten Morgen – der Schock! Die Kritik war nicht mehr „niederschmetternd provinzlich“, sondern nur noch niederschmetternd. Der renommierte Musikwissenschaftler Paul Bekker, der Musikkritiken für die Frankfurter Zeitung schrieb, attestierte ihm eine
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„grobschlächtige Art der Rhythmisierung und Phrasierung“, „derbes Heraushauen der Akzente“, das „Fehlen dynamischer Zwischenstufen, koloristischer Phantasie, aufbauender Kraft“, kurz einen „Mangel an seelisch musikalischen Qualitäten“.49 Auch der neu einstudierte Don Giovanni fand keine Gnade vor Bekkers Augen. Nach Szenkars erstem sinfonischen Konzert im November 1921, mit Regers Ballettsuite op. 130, Strauss’ Don Juan und der VI. Symphonie von Tschaikowski, stand für Bekker fest: Er ist ein dirigiertechnisch begabter, routinierter Kapellmeister von sehr ungeistiger, primitiver Art des Musizierens. Schlagzeug und schweres Blech gelten ihm augenscheinlich als wichtigste Instrumente, derbes Draufgängertum muß den Mangel an klanglichem und dynamischem Ausgleich, die Unbelebtheit des lyrischen Ausdrucks, das Fehlen aufbauender, gestaltender Kraft ersetzen.50
Am Abend nach diesem Konzert war Lohengrin in der Oper angesetzt. Während der Pause hatten seine Musiker voller Empörung die Kritik des gestrigen Konzertes studiert. Vor Beginn des dritten Aktes erhoben sie sich von ihren Sitzen, begrüßten den Dirigenten stürmisch und wandten sich an den Kritiker, der in einer der ersten Reihen saß, mit „Bekker raus“-Rufen. Bekker reagierte in der nichtssagenden („nahm im allgemeinen einen ebenen Verlauf “) Lohengrin-Kritik mit einer ausführlichen Replik auf den „kleinen Zwischenfall“. Wenn sie [die Orchestermitglieder] aber eine „Lohengrin“-Vorstellung als Rahmen für eine provokatorische Demonstration nehmen, so stören sie das Werk und tragen ein Moment in die Aufführung, das mit dem künstlerischen Charakter der Darbietung nicht das mindeste zu tun hat. Es ist zu hoffen, daß die besonnenen Mitglieder des Orchesters dies einsehen und nicht den Verdacht aufkommen lassen werden, als sei beabsichtigt, durch terroristische Mittel die Freiheit des kritischen Wortes einzuengen.51
Wie ging der junge Dirigent, der bisher von der Kritik verwöhnt worden war, mit den Verrissen um? Sicher tat ihm die Solidarisierungsadresse des Orchesters gut, zudem hatte man dem Entsetzten nach der ersten Bekker-Kritik bereits signalisiert, er möge das nicht zu ernst nehmen, Bekker sei bekannt für sein problematisches Verhältnis zu Dirigenten – auch Szenkars Vorgänger Egon Pollak und Gustav Brecher konnten sich nicht seines Wohlwollens erfreuen. Allbekannt in Frankfurt war seine Dauerfehde mit Willem Mengelberg, der von 1907 bis 1920 die Museumskonzerte leitete. Seine Interpretationen waren Bekker zu glatt, steril, zu sehr auf äußeren Effekt bedacht; er rezensierte sie entsprechend vernichtend. Auf dem
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Höhepunkt der Mengelberg-Kontroverse ließ die Museums-Gesellschaft vor einem Konzert (18.10.1912) einen offenen Brief an die Konzertbesucher verteilen, in dem man die Frankfurter Zeitung – vertreten durch ihren Musikkritiker Bekker – beschuldigte, gezielt an der Vertreibung Mengelbergs zu arbeiten. In der Frankfurter Zeitung erschienen daraufhin bis zum Weggang Mengelbergs 1920 acht Jahre lang keine Rezensionen der Museumskonzerte mehr. Furtwängler, der (Interims-) Nachfolger Mengelbergs, hatte ebenso unter Bekker zu leiden, es kam aber nicht zu öffentlichen Skandalen, sondern zu einem privaten schriftlichen Schlagabtausch der Kontrahenten. Vor diesem Hintergrund – und weil er erlebt hatte, dass selbst sein vergötterter Arthur Nikisch von einem Leipziger Lokalrezensenten „respektlos behandelt“ wurde – war Szenkar auf Dauer nicht wirklich niedergeschlagen wegen der schlechten Kritiken, eher war er empört und fühlte sich ungerecht behandelt. 60 Jahre später bezeichnete er den „Lohengrin-Vorfall“ als „gute Reklame“ für seine Person, die ihn „auf einen Schlag bekannt gemacht hatte“, wurde doch in vielen Musikzeitschriften – bis in die USA – darüber berichtet. Später dachte er gerne an das „herrliche Orchester“ zurück und vor allem an das hochkarätige Sängerensemble, das ihm zur Verfügung stand, so Beatrice Lauer-Kottlar (später Sutter-Kottlar), die als Königin der Nacht ebenso glänzte wie als Isolde – sie erinnerte ihn sehr an Lilli Lehmann. Der „großartige“ Heldenbariton Robert vom Scheidt, der Tenor John Gläser für Verdi und Puccini, die „famose“ Koloratursopranistin Fritzi Jokl, die er später nach Berlin und Köln mitnahm, gehörten ebenso zum Ensemble wie die Altistin Magda Spiegel – „deren selten schöne samtige Stimme in Deutschland ihresgleichen suchte“52 – und der Bassist Hans Erl, die beide in den Gaskammern des Dritten Reiches umkamen. Im Orchester spielte am ersten Bratschenpult Paul Hindemith, den er bald „schätzen und lieben lernte“. In der Folgezeit setzte er sich immer wieder für dessen Werke ein. Sie verstanden sich stets gut, und wann immer sie sich später irgendwo auf der Welt begegneten, erinnerten sie sich gerne an ihre „gemeinsamen Jugendjahre“ in Frankfurt. Uraufführung der Prinzessin Girnara von Egon Wellesz
Zurück zu seiner ersten Spielzeit, 1920/21. Die Wogen glätteten sich, Bekker formulierte seine Kritiken noch immer vernichtend, aber nicht mehr so persönlich, und überließ mit Spielzeitende einem anderen Kritiker die Rezensionen von Szenkars Aufführungen. Szenkar dirigierte vor allem Standardrepertoire: fünf Werke von Verdi, vier von Wagner, außerdem Carmen, Bohème und Hoffmanns Erzählungen. Im Januar und Februar 1921 brachte er zusammen mit dem neuen Intendanten Dr. Ernst Lert Neueinstudierungen von Salome und Don Pasquale heraus, beide Opern in hervorragender Besetzung.
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Im zweiten Opernhauskonzert kamen Bartóks Orchestersuite op. 3 und Bruckners IV. Symphonie zur Aufführung. Natürlich merkte Bekker an, dass Herr Szenkar der „Gefühlswelt und dem Vortragsstil Bruckners“ fern stehe. Frankfurt bot ihm aber nun endlich auch das Podium, nicht nur Standardrepertoire, sondern auch zeitgenössische Werke einzustudieren. Am 14. Mai 1921 leitete er die Uraufführung von Prinzessin Girnara, der ersten Oper von Egon Wellesz, einem Schönberg-Schüler, mit dem er seit langem befreundet war. Wellesz war an der Probenarbeit beteiligt und schrieb an Dr. Hertzka, den Leiter der Universal Edition: Hier in Frankfurt wird ungemein sorgfältig gearbeitet; ich verlangte Orchesterproben und sagte, dass ich im Weigerungsfalle abreise. Da haben die Orchestervorstände selbst zusammen mit Szenkar, den sie vergöttern, die Sache unterstützt und über ihre Pflicht 5 Orchesterproben eingeschoben.53
Obwohl das Uraufführungspublikum die Oper warm aufgenommen und den anwesenden Komponisten oftmals an die Rampe gerufen hatte, blieb ein nachhaltiger Erfolg aus. Die Oper erlebte nur zwei weitere Aufführungen. Eine bessere Aufnahme – zumindest beim Publikum – fand in der nächsten Spielzeit Korngolds Tote Stadt, die Szenkar am 28.12.1921 zur Aufführung brachte. Das Premierenpublikum feierte den anwesenden Komponisten schon nach dem zweiten Akt lebhaft und am Ende der Oper setzten stürmische Ovationen für Korngold ein. Szenkar erhielt für die „meisterhafte Aufführung“ von B. Schott’s Söhnen, Mainz, die große Dirigierpartitur als Geschenk. Nach weiteren sieben Aufführungen verschwand aber auch die Tote Stadt aus dem Spielplan. Im Vormonat hatte er den Barbier von Sevilla wieder „aufpoliert“, ihm die Rezitative von Otto Neitzel, sowie im zweiten Akt eine Koloratur-Gesangseinlage (gesungen von Fritzi Jokl) seines Kölner Kollegen Klemperer eingefügt. Herzog Blaubarts Burg und Der holzgeschnitzte Prinz von Béla Bartók
Sein wichtigstes Projekt war die deutschsprachige Erstaufführung von Herzog Blaubarts Burg, der einzigen Oper seines Freundes Béla Bartók, die übrigens auch Fritz Reiner gerne nach Dresden geholt hätte. Es war ihm ein Herzensanliegen, Bartóks Werke bekannt zu machen. An Hertzka schrieb er während der Probenarbeiten: Die Werke machen mir sehr viel Freude – Bartok ist einer unserer Stärksten. [...] Am 24. April soll ebenfalls auf meine Anregung ein Bartok-Kammermusik-Abend veranstaltet [sic] und da möchte ich auch die 5 Ady-Lieder singen lassen. [...] Im übrigen würde ich mich
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ausserordentlich freuen, wenn Sie mir noch andere Kompositionen Bartók’s senden wollten, damit ich diese kennen lernen und für erwünschte Verbreitung sorgen könne.54
Blaubarts Burg war 1918, erst sieben Jahre nach ihrer Entstehung, in Budapest uraufgeführt worden, da das Werk als unspielbar galt. Das Tanzspiel Der holzgeschnitzte Prinz, das Szenkar am gleichen Abend zu Gehör brachte, kam bereits kurz nach seiner Fertigstellung 1917 in Budapest auf die Bühne. Der „Holzprinz“, wie Bartók ihn gern nannte, wurde in Frankfurt etwas wärmer aufgenommen als Blaubart, der von einigen Kritiken als „eher artistisch geartet“ und „seelisch wenig überzeugend“ eingeschätzt wurde, von anderen als „außerordentlich fesselnde Erscheinung innerhalb des neuen Schaffens“. Allgemein wurde die Leistung Szenkars von allen Kritikern anerkannt. Die Musikblätter des Anbruch führen eine Passage aus der Frankfurter Volksstimme an: Die musikalische Wiedergabe beider Partituren gab Kapellmeister Szenkar Gelegenheit, sein hohes Können und seine starke Einfühlung in die Klangwelt Bartóks zu erweisen und ihre musikalischen und theatralischen Wirkungen zu starker Geltung zu bringen. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe hatte er im Orchester eine feste Stütze. Das Orchester klang, als schüttelte man das so aus dem Ärmel, aber wie viel Geduld, Eifer, Hingabe und guten Willen hat diese glanzvolle Bewältigung dieser unerhört schwierigen Aufgabe wohl gekostet!55
Bartók hingegen schrieb in einem Brief an Etelka Freund ganz lapidar: Die Aufführung ist ziemlich schlecht. Der Sänger hat Fieber, singt oft falsch, das Orchester ist bei weitem nicht so gut wie das in Budapest.56
Schon einige Tage vorher, nachdem er auch an einigen Proben teilgenommen hatte, beklagte er sich bitter über die Qualität der deutschen Musikpflege – welch schlechte Geiger, Streichquartette und Opernhäuser hier seine Musik „verpfuschten“. Er sehe einer traurigen Erstaufführung entgegen. Nur ein einziger Mensch taugt hier was, das ist der Budapester Szenkár.57
Der blutjunge Theodor Adorno (damals noch Theodor Wiesengrund) hielt Szenkar in seiner Rezension zugute, dass er Unzulänglichkeiten der Musik vergessen mache. Über den Aufführungen waltete kein guter Stern, wie sich denn auch der Beifall in den Schranken der bloßen Achtung hielt. Zwar Eugen Szenkar verfügte mit der ihm eigenen
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Großzügigkeit über die Partituren und füllte mit seinem Temperament viele Risse der Musik aus.58
Mit Adorno, der damals in Frankfurt studierte, „disputierte“ Szenkar lange, anregende Nachmittage im Kaffeehaus über „neue Musik“, wobei sie sich in ihrer Mahler-Begeisterung trafen, in der Einschätzung mancher anderer Komponisten aber sicher unterschiedlicher Meinung waren. Blaubarts Burg hatte ebenso wie Der Holzgeschnitzte Prinz keinen bleibenden Erfolg. Der Premiere folgten nur drei weitere Aufführungen. Dieses Problem hatten auch andere „moderne“ Opernhäuser. Man wetteiferte darum, zeitgenössische Werke zur Aufführung zu bringen, meist unter enormem Arbeitsaufwand aller Beteiligten – sicher auch, um sie dem Publikum bekannt zu machen, in erster Linie aber zur Imagepflege des Hauses. Bekker sah eher den ersten Aspekt; er schrieb etwa anlässlich der Blaubart-Aufführung: Das Verdienstliche der jetzigen Aufführungen lag in der Tatsache des Bekanntmachens der Werke, die, mögen wir sie werten wie wir wollen, als Beiträge zur Kenntnis zeitgenössischer Kunst auf jeden Fall verdienten, gehört zu werden. In der Erfüllung solcher Aufgaben hat gerade die Frankfurter Bühne von jeher eine besondere Pflicht gesehen.59
Eine spätere Äußerung von Wellesz aber (bezogen auf die Uraufführung seiner Opferung des Gefangenen durch Szenkar in Köln 1926), Szenkar wolle sein neues Werk nicht nur uraufführen, sondern „ja sogar darüber hinaus halten“,60 verweist deutlich auf den zweiten Aspekt. Die Akzeptanz der Werke und damit der Geschmack des „normalen“ Publikums spiegelten sich direkt in der Anzahl der Wiederholungen wider. Gegen Ende der Spielzeit leitete Szenkar im „Zyklus moderner Opernwerke“ die Tote Stadt, Blaubarts Burg und den Holzgeschnitzten Prinzen, im „Wagner-Zyklus“ den Fliegenden Holländer und Lohengrin. Rottenberg dirigierte den Ring. Die Frau ohne Schatten von Richard Strauss
In seiner dritten und letzten Spielzeit widmete Szenkar sich verstärkt Mozart, seiner großen Liebe (Entführung aus dem Serail, Don Giovanni) und vor allem Richard Strauss. Am 3. Dezember 1922 leitete er die Frankfurter Erstaufführung der Frau ohne Schatten von Strauss mit einer überragenden Magda Spiegel als Amme. Anders als bei den früheren Werken Strauss’ hatte sich Frankfurt der Oper spät angenommen, seit der Uraufführung in Wien waren bereits drei Jahre vergangen.
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Dr. Karl Holl, der Bekker als Musikkritiker der Frankfurter Zeitung abgelöst hatte, schrieb: Doch jetzt ist die lange Wartezeit der hiesigen Kunstgemeinde durch eine ausgezeichnete, unter heutigen Arbeitsbedingungen wohl mit Fug glänzend zu nennende Aufführung überreich vergolten worden. Bewundernswert war vornehmlich die Bewältigung der ganz einzigartigen Forderungen, welche die Partitur an Orchester, Chor, Ensemble und Dirigenten stellt. Kapellmeister Eugen Szenkar hat damit als Oberstkommandierender eine Leistung vollbracht, die einschließlich der weit ausgreifenden Vorarbeit ihm wie seinen Helfern [...] dauernden Dank sichern muß. Je nach der Forderung des Werkes draufgängerisch mit echt Straußscher Verve oder kammermusikalisch ziselierend, hinwiederum breiteste melodische Bögen wölbend, so spielte er mit unbedingter Ueberlegenheit auf dem Rieseninstrument des mit Hingabe folgenden Orchesters, zügelte er zugleich mit freiem Blick und stets bereiter Geste die Stimmen auf der Bühne.61
Auch die „andere Seite“, die ausführenden Musiker, empfanden die Vorstellung als gelungen. Hermann Hock, langjähriger 1. Konzertmeister, erzählte in seinen Erinnerungen: [...] möchte ich noch der Frankfurter Erstaufführung der Oper „Die Frau ohne Schatten“ unter Szenkars [...] schwungvoller und sicherer Leitung gedenken, in der ich als Konzertmeister fungierte. In gehobener Premieren-Stimmung von großem Beifall begleitet, nahm die Vorstellung einen glänzenden Verlauf. Hermann Scherchen, zu jener Zeit Dirigent der Museumskonzerte, begrüßte mich am nächsten Morgen in der Probe und gratulierte mir zu der wundervollen Aufführung, bei der das Orchester sich selbst übertroffen habe.62
Richard Strauss schrieb in seinem Dankbrief an Szenkar, er hätte schon von verschiedenen Seiten erfahren, dass die Aufführung ausgezeichnet gewesen sei. Der beste Beweis dafür sei der große Erfolg, den man bei diesem schwierigen Werk nur mit einer vollendeten Aufführung erreichen könne.63 Der begeisterten Aufnahme entsprechend erlebte die Oper in der Spielzeit elf Wiederholungen. Josephslegende von Richard Strauss. Zweite Eheschließung
Am 9. Mai 1923 – abends dirigierte Szenkar Don Giovanni – ging er seine zweite Ehe ein, völlig unspektakulär, mit dem Amtsboten und einem Kanzlisten als Trauzeugen. Margot Fejér, geb. Löwenthal, war gebürtige Frankfurterin, sechs Jahre jünger als er und von ihrem ungarischen Mann geschieden. Sie war an Schauspiel, Lite-
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ratur und Tanztheater interessiert, bewunderte Karl Kraus und Bert Brecht, schätzte Gustav Hartung, war mit Helene Weigel befreundet und ebenso mit der Tänzerin Yvonne de Georgi. Sie gab Szenkar Kraus’ Die letzten Tage der Menschheit zu lesen, auch einzelne Nummern der Fackel, kurz, sie war „etwas intellektuell“. Was ihn sehr für sie einnahm: Sie war von Bartóks Blaubart begeistert. Prokofjew, der sie 1925 in Köln kennenlernte, schrieb in sein Tagebuch: Am Abend Zusammentreffen mit den Szenkars. Er: ein junger, sehr netter Mann, sie, seine kleine, ebenfalls sehr liebenswürdige Frau schaut mit großen Augen, aber man spürt die Megäre.64
Der Juni stand im Zeichen von Richard Strauss. Szenkar brachte die Erstaufführung der Josephslegende und eine Neueinstudierung der Ariadne auf Naxos heraus. Die glanzvolle Premiere der Josephslegende war mehr ein gesellschaftliches, denn künstlerisches Ereignis. Ein Kritiker beschrieb das Werk als „Produkt typisch artifizieller, blenderischer Gebärde, dem nur ein Scheinleben innewohnt“, lobte hingegen die Aufführung: Die Leitung des Orchesters hatte Eugen Szenkár. Seine Hand holte aus der Musik heraus, was nur möglich: das Brennende, Geduckte, Explosive, die schwelende Brunst, das Gedröhn und den silbernen Ton, das Furioso der Leidenschaft, nur eben nicht den Klang des Seelischen; aber das liegt nicht am Kapellmeister.65
Das ausverkaufte Haus spendete jedenfalls „orkanartigen Beifall“. Die Tanzpantomime wurde in den restlichen drei Wochen bis Spielzeitende noch dreimal wiederholt. Eine Woche nach dieser Premiere kam die Neueinstudierung der Ariadne auf Naxos in der Neufassung (ohne die Molièresche Komödie) auf die Bühne, die 1917 schon einmal mit mäßigem Erfolg aufgeführt worden war. Die Aufnahme durch das Publikum war eine deutlich andere als 1917: Die Einstellung des dicht besetzten Hauses war diesmal ganz anders; die Hörerschaft schien aufs stärkste gefesselt und entlud das gesammelte Interesse am Schluß in wiederholtem Applaus so lange, bis sämtliche am Gelingen Beteiligten an die Rampe traten. „Ariadne“ hat ein Publikum gefunden, und das ist erfreulich für beide Teile.66
Abschied von Frankfurt
Mit Die Meistersinger von Nürnberg ging die Spielzeit festlich zu Ende. Es war zugleich Szenkars Abschiedsvorstellung in Frankfurt. Schon Anfang Mai hatte Szenkar an der Berliner Großen Volksoper Tristan und Isolde mit so großem Erfolg
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bei Publikum und Kritik dirigiert, dass er den Antrag bekommen hatte, ab Mitte August die oberste musikalische Leitung zu übernehmen. Er hatte daraufhin den Aufsichtsrat der Städtischen Bühnen gebeten, seinen bis Herbst 1924 laufenden Vertrag zu lösen. In der Meistersinger-Kritik las man: Zum letzten Mal dirigierte vor dem Frankfurter Opernpublikum Eugen Szenkar. Noch einmal konnte man die Klarheit, die souveräne Ruhe seines Musizierens und die festliche Gebärde seiner Rhythmik würdigen – obgleich er diesmal die Tempi fast durchwegs so beschleunigte, als käme er nicht rasch genug von Frankfurt fort. Ein Beifall, der sich nicht erschöpfen konnte, rief ihn [...] immer wieder vor den Vorhang.67
Was bewog ihn, Frankfurt ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages zu verlassen – „nicht ohne Wehmut“, wie er sagte? Es ist sicher nicht falsch, zu unterstellen, dass er mehr Selbständigkeit und größere Machtbefugnisse anstrebte – die koordinierte Stellung mit Dr. Rottenberg hatte ihm nie so recht behagt. Zudem hatte er offenbar mit Intrigen zu kämpfen – jedenfalls erwähnte er das in seinen Erinnerungen. Auch Wellesz, der ja nur einige Wochen während der Proben zu Prinzessin Girnara in Frankfurt gearbeitet hatte, spricht von Intrigen „schlimmer als in Wien“.68 Zudem war Berlin natürlich das Traumziel aller aufstrebenden Dirigenten. In Frankfurt hatte sich die Situation insofern geändert, als Dr. Lert, dessen Verhältnis zum Ensemble von Anfang an gespannt war, mehr oder weniger freiwillig, zwei Jahre vor Ablauf seines Vertrages gekündigt hatte. Ein Drei-Männer-Kollegium, bestehend aus dem Verwaltungsdirektor Otto Müller-Wieland, dem Regisseur Christian Krähmer und Szenkar hatte übergangsweise die Leitung übernommen. Nachdem nun auch Szenkar den Betrieb verlassen wollte, machte man sich grundsätzlich Gedanken, ob man wieder einen Intendanten und einen Kapellmeister einstellen wollte oder einen Operndirektor mit administrativen Kompetenzen. Szenkar „machte einen Vorstoß, doch konnte man sich nicht entschließen, diesem zu folgen.“69 Man darf wohl vermuten, ohne allzu viel zu spekulieren, dass sich Szenkar als Operndirektor ins Gespräch bringen wollte. Durchaus möglich, dass er in Frankfurt geblieben wäre, wenn man ihm diesen Posten geschaffen hätte – zumal auf seinen Vorschlag hin eben erst Dr. Lothar Wallerstein, den er sehr schätzte, als Regisseur verpflichtet werden sollte. Szenkars Nachfolger nach einem Interimsjahr, Clemens Krauss, erhielt denn auch 1925 den Titel eines Opernintendanten. Gastspiel in Hellerau
Im Juli brach er erneut eine Lanze für seinen Freund Bartók: Ernst Ferand, der Leiter der Neuen Schule Hellerau für Musik, Rhythmus und Körperbildung in Hellerau bei Dresden (heute ein Dresdner Stadtteil) wollte die durch den Welt-
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krieg unterbrochenen Hellerauer Festspiele reanimieren. Er plante eine Aufführung des Holzgeschnitzten Prinzen: Es war eine naheliegende Idee, mich wegen der Durchführung dieses Plans an meinen ehemaligen Studiengenossen Eugen Szenkar, der 1922 in Frankfurt am Main die deutsche Uraufführung des Werkes betreut hatte, zu wenden und ihn zu bitten, die Leitung des Orchesters auch in Hellerau zu übernehmen. Es fanden drei Aufführungen im berühmten Festsaal der Hellerauer Bildungsanstalt statt, am 1., 8. und 15. Juli 1923, in denen Szenkar auch hier dem Werk zu vollem Erfolg verhalf.70
Mitte August 1923 begann Szenkar seine Tätigkeit als Generalmusikdirektor der Großen Volksoper Berlin.
Intermezzo an der Großen Volksoper Berlin 1923/24 Berlin hatte Anfang der Zwanzigerjahre ein breites Theaterspektrum, das sich nahezu alljährlich änderte; Bühnen wurden aufgekauft, verpachtet, gingen ein, entstanden neu. Es gab im Frühsommer 1923 drei große kontinuierlich spielende Opernbühnen, das Staatstheater (Opernhaus unter den Linden), das Deutsche Opernhaus und die Große Volksoper. Daneben wurden im Theater am Nollendorfplatz, das an sich ein Operettentheater war, in der Vorstellungsreihe „Vaterländisches Schauspiel und Volksoper“ auch Opern aufgeführt. Diese Reihe wurde allerdings mit Ende der Spielzeit 1922/23 eingestellt, als die Besitzer des Theaters wechselten. Das Opernhaus unter den Linden (heute: Staatsoper) war eine staatliche Institution. Als frühere Königliche Hofoper hatte es eine große Tradition – hatten doch zu Beginn des Jahrhunderts Weingartner, Muck und Richard Strauss dort gewirkt –, war aber räumlich nicht sehr groß; es fasste nur etwa 1500 Personen. Intendant war Max von Schillings, die musikalische Oberleitung hatte ab Herbst 1923 Erich Kleiber. Das Deutsche Opernhaus (2300 Plätze) war Eigentum der Stadt Berlin, Operndirektor war Leo Blech. 1924 wurde der Name in Städtische Oper geändert, und mit dem Intendanten Heinz Tietjen und dem Dirigenten Bruno Walter wurden zwei Persönlichkeiten berufen, die über viele Jahre zusammen mit Max von Schillings und Erich Kleiber das Berliner Musikleben prägten. Die Große Volksoper war 1920 als Gemeinnützige Aktiengesellschaft gegründet worden, deren Aufsichtsrat aus dem Vorsitzenden der Freien Volksbühne, Verlagsdirektor Georg Springer, dem Bankier Hugo Simon und dem Intendanten der Staatsoper, Max
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von Schillings, bestand. Die AG hatte das Ziel, ein Operngebäude mit etwa 5000 Plätzen zu errichten. Das Kapital sollte aus dem Verkauf von Besucheranteilen erwirtschaftet werden. Offiziell sollte das Unternehmen als Gegenpol zu den „großen“ Opernhäusern auch weniger begüterten Personen den Opernbesuch ermöglichen, tatsächlich standen aber sicher massive Geschäftsinteressen im Hintergrund. Im Deutschen Bühnenjahrbuch von 1922 ist zu lesen: Die gemeinnützige Aktiengesellschaft „Große Volksoper Berlin“ bezweckt, dem kunstbegeisterten, minderbemittelten Teile des Publikums den Genuß vollendeter Opernaufführungen zu mäßigen Eintrittspreisen zu vermitteln. Zur Propagierung ihres Unternehmens und Zuführung finanzieller Mittel veranstaltet die „Große Volksoper“ – bis zur Errichtung eines eigenen Hauses – gegenwärtig Konzerte großen Stiles mit den namhaftesten Dirigenten und Solisten, sowie Opernaufführungen mit einem von Fall zu Fall zusammengestellten Ensemble unter Hinzuziehung bedeutender Gäste und unter Mitwirkung von Chor und Orchester der Staatsoper in verschiedenen Theatern Groß-Berlins.
1922 pachtete die AG das Theater des Westens und hatte damit eine – wenn auch kleine (1700 Plätze) – eigene Spielstätte. Die Direktion hatte Otto Wilhelm Lange inne, die musikalische Leitung lag in den Händen von Franz von Hoesslin und Ernst Praetorius. Ob Szenkar mit der Berliner Theaterszene ausreichend vertraut war, um zu wissen, wie riskant es war, auf dieses Institut zu setzen? Hatten ihm sein Frankfurter Vorgänger Gustav Brecher, der erste musikalische Leiter der Volksoper, oder sein Freund Franz von Hoesslin zugeraten? Jedenfalls begann seine Amtszeit gleich mit einem unerfreulichen Auftakt, der ein bezeichnendes Licht auf die Methoden des Direktors Otto Wilhelm Lange warf. Dieser hatte nach der Ernennung Szenkars zum Generalmusikdirektor Dr. Praetorius mitgeteilt, dass sein Vertrag „im Einvernehmen mit Herrn Szenkar“ um ein Jahr verlängert worden sei. Praetorius vertrat den Standpunkt, dass er laut Vertrag jedem musikalischen Vorstand koordiniert, dass also auch Szenkar ihm nicht übergeordnet sei. Im Verlauf der folgenden Streitigkeiten wurde Praetorius fristlos gekündigt, wogegen er gerichtlich vorging. Der Prozess beim Bühnenschiedsgericht endete mit einem Vergleich, den beide Seiten annahmen. Praetorius verließ die Große Volksoper, erhielt aber noch Bezüge bis zum Jahresende.71 Szenkar war nun also musikalischer Leiter eines Opernbetriebes mit dem Titel Generalmusikdirektor. Sein 1. Kapellmeister war Fritz Zweig, der später zur Deutschen Oper und zur Krolloper wechselte. Aus dem hervorragenden Sängerensemble
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sind vor allem die Sopranistinnen Melanie Kurt, die früher an der Met in New York gesungen hatte, und Fritzi Jokl, die Szenkar ins Ensemble holte, bei den Herren die Heldentenöre Jacques Urlus und Adolf Loeltgen sowie der Bariton Wilhelm Guttmann zu nennen. Lediglich das Orchester war ein Schwachpunkt; es war Szenkar schon bei seinem Tristan-Gastspiel klar geworden, dass hier viel Arbeit zu leisten sei. Er veranlasste zunächst, dass zwei Parkettreihen geopfert, der Orchesterraum vergrößert und einige neue gute Musiker verpflichtet wurden. So konnte er die Spielzeit mit einem 84 Personen starken Orchester im umgebauten Orchesterraum beginnen. Bereits im September fiel der Kritik auf, dass der „Aufschwung, den das Orchester in letzter Zeit genommen, deutlich wahrnehmbar wurde“. Regiefragen
Für Szenkars künstlerischen Werdegang war enorm wertvoll, dass er an der Volksoper wieder auf zwei expressionistische Bühnenmaler, Georg Salter und Hans Strohbach, stieß. Schon in Frankfurt hatte er gerne mit Ludwig Sievert, einem ebenfalls expressionistischen Bühnenbildner zusammengearbeitet. Szenkar war ein ausgesprochener Theatermensch, am Sprechtheater ebenso interessiert wie am Musiktheater. In der Oper strebte er nicht nur eine perfekte Ensembleleistung an, sondern ihm schwebte ein Gesamtkunstwerk aus Bühnenbild, szenischer Darstellung und musikalischer Gestaltung vor. Anders aber als Klemperer, der sich in Köln das Recht erkämpft hatte, selbst Regie zu führen, weil ihn das bei Gustav Mahler so begeistert hatte, fühlte sich Szenkar nicht kompetent dafür.72 Aus seinem Interview für die Deutsche La Plata Zeitung in Buenos Aires 1928 soll hier in großer Ausführlichkeit zitiert werden, weil es seine Meinung zum „Gesamtkunstwerk“ und zu Regiefragen, ebenso aber auch Details seiner Arbeitsweise, sehr deutlich wiedergibt: Ich bin nicht der Ansicht, daß der ideale Opernregisseur, der zugleich Kapellmeister und Spielleiter sein will, in der Praxis möglich ist. Mahler, der die moderne Opernregie überhaupt geschaffen hat, konnte nicht anders vorgehen, als daß er die heute zwischen musikalischem Leiter und Spielleiter zu trennenden Funktionen in sich vereinigte, weil es eben noch keine durchgebildeten Opernregisseure gab. Heute sind beide Arbeitsgebiete, das rein musikalische und das der Inszenierung, so gewachsen, daß der Kapellmeister sich auf die musikalische Einstudierung und Leitung beschränken muß. Damit ist nicht gesagt, daß der Kapellmeister keinen Einfluß auf die Durchgestaltung des Regieproblems haben soll. Selbstredend wächst die Spielform des zu inszenierenden Werkes aus der gemeinsamen Grundberatung zwischen Kapellmeister, Regisseur und Bühnenmaler hervor, aber der Kapellmeister kann nur die ungefähren Grundlinien im Zusammenhang mit seiner persönlichen Meinung über das Werk festlegen. Die szenische Durcharbeitung im Einzelnen muß er dem Regisseur
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überlassen. Er wird von den Klavierproben an auf Grund jener Vereinbarung nicht nur auf die restlose Bewältigung der musikalischen Seite achten, sondern auch den Bewegungs- und Gesichtsausdruck des Sängers kontrollieren. Er kann Fehlerquellen entdecken. Aber die Durcharbeitung muß er dem Regisseur übergeben, da der komplizierte Apparat der modernen Oper eine große Arbeitsteilung verlangt.73
In Strohbach fand er einen idealen Partner zur Verwirklichung seiner Vorstellungen. Er hatte sehr schnell erkannt, dass dieser nicht nur ein hervorragender Bühnenbildner, sondern auch ein sehr begabter Regisseur war. Ihre fruchtbare Zusammenarbeit, die an der Großen Volksoper begann, währte zehn Jahre lang, da Szenkar ihn als Bühnenmaler und Regisseur nach Köln mitnahm, und führte zu großartigen Aufführungen. Boris Godunow
Szenkar übernahm aus dem bisherigen Repertoire die Händel-Opern Julius Cäsar, Rodelinde und Xerxes, ferner von Rimsky-Korsakow Sadko, Zarenbraut und Zar Saltan, dirigierte aber nur den Julius Cäsar selbst. Ansonsten frischte er Rossinis Barbier von Sevilla musikalisch auf, wobei „die musikalisch-intelligente Koloratursängerin Fritzi Jokl“ erstmals auftrat, „zweifellos ein wertvoller Gewinn“, außerdem Tristan und Isolde mit einem Starensemble aus Melanie Kurt, Jacques Urlus und Eleanor Schloßhauer-Reynolds. Die Kritik fand seine Leitung „auffallend nüchtern“. Als Neueinstudierungen brachte er im Oktober den Fidelio mit Melanie Kurt bzw. Grete Merrem-Nikisch als Leonore, dann Walküre und Carmen (Herr Szenkar „ein feinsinniger Musiker mit lebhaftem Klanggefühl, aber kein ,Carmen‘-Dirigent“) und im Dezember den Maskenball: Generalmusikdirektor Szenkars Interesse wendet sich mehr dem Orchester und den großen Ensembles als den solistischen Leistungen zu. Der treffliche Orchestererzieher dient mit sonorem Gesamt- und delikatem Einzelklang, namentlich im Vorspiel zum zweiten Akt, das man selten so schön hört, mit eindrucksvoller Sinngliederung. Schade, daß Szenkar die Sänger ungern gewähren läßt, daß er ihnen Rubato und Fermaten verkürzt.74
Das Opernereignis der zweiten Spielzeithälfte war die Berliner Erstaufführung von Mussorgskis Boris Godunow am 21. Februar 1924 mit Leo Schützendorf als Boris. Dank einem großzügigen Geldgeber war die Ausstattung prunkvoll, ein stattlicher Chor stand zur Verfügung – man hatte Sänger aus diversen Chorvereinen und viele Synagogensänger herangezogen –, der den Revolutionsakt zu einem
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beeindruckenden Erlebnis machte. Die Kremlszene glänzte mit einer Vielzahl von Glocken, die an verschiedensten Stellen im Hause platziert waren. Die Aufführung wurde mit Begeisterung aufgenommen: „Ein großer Abend“, „Für die Volksoper ein Ehrentag“, „Eine glänzende Aufführung“ war das Resümee der Kritik. Klemperer, der im Publikum saß, schrieb an Busoni, die Aufführung sei „vorzüglich“ gewesen.75 Klemperer wird nach Berlin, Szenkar nach Köln berufen
Direkt neben einer schönen Kritik über seinen künstlerischen Erfolg konnte Szenkar am nächsten Morgen in der Berliner Börsenzeitung eine kleine Notiz lesen, dass Otto Klemperer als Operndirektor an die Große Volksoper berufen worden sei. Nach dem ersten Schock zog er sofort die Konsequenzen und betrat das Pult der Volksoper nicht mehr. Im Nachhinein erfuhr er, was für ein Intrigenspiel mit einem zwischen Köln und Berlin pendelnden Boten Direktor Lange seit Wochen hinter seinem Rücken gespielt hatte. Lange spielte allerdings nach zwei Seiten mit gezinkten Karten – wie konnte er Klemperer eine Stelle anbieten, wo die Zukunft des Hauses mehr als ungewiss war, weder der Pachtvertrag mit dem Theater des Westens noch die Finanzierung gesichert waren. Immerhin, in der Presse wurden Gerüchte kolportiert, dass Klemperer die Volksoper sowieso nur als Trittbrett ins Berliner Musikleben betrachte. In den Medien wurde diskutiert, weshalb Szenkar nicht bleiben wolle, an der Staatsoper hätte es früher auch mehrere Generalmusikdirektoren gegeben. In einer öffentlichen Besprechung argumentierte er, das Institut sei noch sehr jung, hätte noch kein großes Repertoire – Kompetenzschwierigkeiten, die ein reibungsloses Arbeiten störten, seien vorprogrammiert. Das war eine plausible Begründung für die Öffentlichkeit, in Wahrheit aber war es sicher so, dass er sich durch das unwürdige, intrigante Vorgehen von Lange zutiefst persönlich verletzt fühlte; an eine ersprießliche Zusammenarbeit war nicht mehr zu denken. Und ebenso sicher ist, dass er seine – endlich! – allein verantwortliche leitende Stellung nicht wieder mit jemandem teilen wollte. Die Presse meldete im April, dass Szenkar gegen die Große Volksoper auf Erfüllung seines Vertrages als musikalischer Leiter der Oper klage. In der gleichen Meldung stand zu lesen, dass Szenkar als Nachfolger für Clemens Krauss an der Wiener Staatsoper genannt werde.76 Es blieb bei dem Gerücht, Clemens Krauss seinerseits trat nach einem Interimsjahr Szenkars Nachfolge in Frankfurt an. Um die Berufung Klemperers entwickelte sich nun eine wahrhaft tragikomische Geschichte. Klemperer hatte in Köln gekündigt und Szenkar war vom Kölner
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Generalintendanten Fritz Rémond, der die Boris-Aufführung gesehen hatte, angetragen worden, die Nachfolge Klemperers zu übernehmen; er war auch gleich zu Gastdirigaten im Mai eingeladen worden. Unterdessen zeigte sich langsam der marode Zustand der Großen Volksoper und die Kölner Presse meldete unter der Überschrift „Otto Klemperer und Berlin“, dass sich kurz nach Vertragsabschluss Schwierigkeiten ergeben hätten und „Klemperer nicht in fester Verbindung, sondern nur in loser Form verpflichtet“ sei. Man fragte sich, ob Szenkar nun auf seinem Rücktritt beharrte. Auch hier wurde das Gerücht, dass Klemperer die Große Volksoper nur als Trittbrett benützen wollte, angesprochen. Klemperer hat übrigens kein einziges Mal an der Großen Volksoper dirigiert. Während in Köln ein Kapellmeister im Orchester Unterschriften für ein Verbleiben Klemperers sammelte, versuchte Klemperer selbst, der nun quasi ohne Vertrag dastand, seine Kündigung in Köln rückgängig zu machen, wandte sich an Rémond und an Bürgermeister Konrad Adenauer. Beide versicherten ihn ihrer Wertschätzung, ihrer Anerkennung für seine geleistete Arbeit, stellten aber fest, gekündigt sei gekündigt. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister hatte der Kulturdezernent Dr. Meerfeld Ende April erklärt, der gesamte Theaterausschuss habe stärkste Bedenken, Klemperer noch einmal zu beschäftigen, da alle überzeugt seien, es würde sich nur um eine kurze Frist handeln. Er strebe mit allen Kräften nach Berlin oder Wien und würde die Stadt todsicher bei nächster Gelegenheit wieder vor einen fertigen Vertragsabschluss stellen. In demselben Schreiben erwähnte Meerfeld auch, dass Leo Blech großes Interesse an der Stelle habe, man aber nicht warten könne, bis er eventuell von Charlottenburg freikomme. Man lade deshalb nun Szenkar ein und danach vielleicht auch noch Robert Heger (damals am Nationaltheater München).77 Szenkar, zu Vertragsverhandlungen in Köln, besprach sich mit Rémond und Adenauer, die ihm ihre Meinung bestätigten. Nach einer persönlichen Aussprache mit Klemperer gab Szenkar am 4. Mai 1924 mit Tristan und Isolde das erste, am 7. Mai mit der Entführung aus dem Serail das zweite der vereinbarten Gastdirigate. Sie waren so erfolgreich, dass er sofort engagiert wurde und am 9. Mai einen Dreijahresvertrag als Generalmusikdirektor der Städtischen Oper Köln unterschreiben konnte. Klemperer hingegen ging als Opernchef an das Preußische Staatstheater Wiesbaden. Die Große Volksoper existierte noch ein knappes Jahr. Am 27. Januar 1925, an Mozarts Geburtstag, schloss sie endgültig ihre Pforten nach einer Aufführung von Don Giovanni unter Leo Blech, der Nachfolger Szenkars geworden war.
IV Einer der führenden Kapellmeister der Republik
Städtisches Opernhaus Köln 1924–1933 Köln war in den Zwanzigerjahren die drittgrößte Stadt des Deutschen Reiches. Ungeachtet der britischen Besatzung, die bis Ende Januar 1926 andauerte, ungeachtet auch der galoppierenden Inflation, der Armut und der hohen Arbeitslosenrate, mit der Köln ebenso wie das übrige Reich zu kämpfen hatte, blieb die Stadt die wirtschaftliche und kulturelle Metropole der „Westprovinzen“ mit einer der damals größten jüdischen Gemeinden in Deutschland. Die Kölner Bevölkerung war überwiegend katholisch, wertkonservativ, latent antisemitisch und zwar unabhängig von der politischen Richtung. Politisch dominante Partei war das Zentrum, dem der Oberbürgermeister Konrad Adenauer angehörte; der Einfluss des Klerus reichte weit in die Tagespolitik hinein. Die NSDAP im Rheinland, die bis zur Wahl 1930 zahlenmäßig unbedeutend war, hatte ihr Zentrum in Köln. Ab 1925 gab sie den Westdeutschen Beobachter heraus, anfangs eine wöchentlich erscheinende Hetzschrift, die langsam zur „normalen“ Tageszeitung mutierte, geprägt von einem ausgesprochen militanten Antisemitismus. Im kulturellen Leben Kölns spielte traditionsgemäß die Musik eine wichtige Rolle. In der Zwischenkriegszeit war das Kölner Konservatorium, bereits 1850 von Mendelssohns Freund Ferdinand Hiller gegründet, eine Ausbildungsstätte mit hohen Ansprüchen, an der renommierte Musiker wie etwa die Komponisten Walter Braunfels und Heinrich Lemacher sowie der Geiger Bram Eldering unterrichteten. Berühmte Interpreten wie Willem Mengelberg, Fritz und Adolf Busch, Hans Knappertsbusch und Elly Ney hatten dort ihre Ausbildung erhalten. Seit 1915 wurde es von Hermann Abendroth geleitet; 1925, mit der Umstrukturierung und Umbenennung zu Hochschule für Musik, kam Walter Braunfels als zweiter Leiter hinzu. Die zweite tragende Säule des Musiklebens war die 1827 gegründete Concert-Gesellschaft, die mit einem ursprünglich privat finanzierten Orchester Konzerte im Gürzenich veranstaltete. Nach dem Veranstaltungsort wurden später nicht nur die Konzerte, sondern auch das Orchester benannt. In seiner langen, ruhmreichen Geschichte hatte das Gürzenich-Orchester unter Johannes Brahms gespielt, unter Peter Tschaikowski, Richard Strauss, Felix Weingartner, Felix Mottl, Hans Richter, um nur einige zu nennen. Gustav Mahler hatte mit dem Orchester 1904 in Köln seine V. Symphonie uraufgeführt.
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1888 wurde das Orchester von der Stadt Köln übernommen. Das nunmehr Städtische Orchester hatte zwei Haupt-Aufgabenbereiche: Es spielte zwölf Symphoniekonzerte pro Saison – eben die Gürzenichkonzerte – unter dem städtischen Generalmusikdirektor (von 1915–1934 Hermann Abendroth), daneben, das heißt also eigentlich den überwiegenden Teil des Jahres, spielte es als Opernorchester im Städtischen Opernhaus unter einem zweiten Generalmusikdirektor, dem musikalischen Leiter der Oper (Gustav Brecher 1911–1917, Otto Klemperer 1917–1924). Das Programm der Gürzenichkonzerte war eher konservativ. Die Avantgarde fand ihr Publikum an anderer Stelle. Bereits eineinhalb Jahre vor der Gründung der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) konstituierte sich im Januar 1921 die Kölner Gesellschaft für Neue Musik, die später der IGNM als „Sektion Köln“ angegliedert wurde. Eine Vielzahl zeitgenössischer Werke wurde in deren Konzerten erstmals der Hörerschaft vorgestellt. Die Städtischen Bühnen Kölns bestanden aus dem Schauspielhaus in der Glockengasse und dem 1902 fertiggestellten Opernhaus am Habsburgerring. Sie unterstanden der Intendanz von Fritz Rémond. Ab 1924 war er nur noch für die Oper zuständig, behielt aber die Generalintendanz über beide Häuser. Die Oberspielleitung des Schauspiels wurde1924 Gustav Hartung übertragen, dem damals neben Erwin Piscator fortschrittlichsten Regisseur Deutschlands. Er sollte „frischen Wind“ in den konventionellen Spielplan und die „altmodische“ Regie bringen. Theodor Baargeld hatte zum Beispiel geätzt, das Kölner Schauspiel bringe nur noch „klerikale Rülps- und Ritterschmieren“.78 Hartung führte auch sogleich Stücke von Georg Kaiser und Carl Sternheim auf. Nach einem Jahr verließ er Köln allerdings wieder wegen der kleinkarierten Kritik der klerikalen Kreise. Übrigens hielt es auch die Künstler der Kölner „Dada-Zentrale W/3“, die 1919 von Max Ernst, Theodor Baargeld und Hans Arp gegründet worden war, nicht lange in Köln. Das mehrheitlich konservative Publikum lehnte ihre Werke ab. Hofrat Rémond, ein ehemaliger Heldentenor, war ein Theaterpraktiker, der selbst Regie führte. An die Sänger stellte er hohe Qualitätsansprüche, seine Regie dagegen war altmodisch insofern, als sie prunkvoll, prächtig ausgestattet, effektvoll im Sinne des 19. Jahrhunderts war. Obwohl selbst traditionsverhaftet, war er aber doch tolerant oder klug genug, den drei Kapellmeistern seiner Amtszeit, Gustav Brecher, Otto Klemperer und Eugen Szenkar, freie Hand zu lassen oder ihnen zumindest den Rücken freizuhalten für ihre modernen „Experimente“. Das Opernhaus stand nach dem Krieg mehrmals am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, Streiks der Belegschaft und permanente Finanznot präg-
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ten die Jahre ab 1919. Es ist erstaunlich und bewundernswert, wie unter diesen Bedingungen in jeder Spielzeit Neuinszenierungen und Erstaufführungen erarbeitet werden konnten. Soweit die Situation im „heiligen Köln“, wie Szenkar sie 1924 antraf. Die neun Jahre als musikalischer Leiter der Kölner Oper waren eine künstlerisch und menschlich wichtige Phase in Szenkars Leben. Er wurde in dieser Zeit vom „jungen, viel versprechenden Talent“ zu einem der führenden Dirigenten Deutschlands, festigte seinen Ruf als engagierter Anwalt zeitgenössischer Werke, schärfte sein Profil als moderner Operndirigent durch klugen Ensembleaufbau und die Verpflichtung von Hans Strohbach als Regisseur und Bühnenbildner. Durch regelmäßige, viel beachtete Gastspiele in Spanien, in Holland, England und Argentinien machte er sich international einen Namen und erwarb sich ein hohes Renommee, das ihm nach 1933 zustatten kommen sollte. Als Mensch durchlebte er viele Höhen und Tiefen in diesen Jahren: den Tod seines angebeteten Vaters in Budapest, eine ständige berufliche Ungewissheit (neben den üblichen Opernhausintrigen), da während der Finanzkrise mehrfach die Schließung des Opernhauses erwogen wurde, eine leidenschaftlich verzehrende Liebesaffäre, die in seine dritte Ehe mündete, eine zunehmend diffamierende antisemitische Schmutzkampagne der rechten Presse und schließlich die Entlassung im April 1933. Der Nachfolger Klemperers
Mit den Anstellungsgastspielen Tristan und Isolde und Entführung aus dem Serail hatte Szenkar bei Publikum und Kritikern gleichermaßen Erfolg. Trotzdem wurde allenthalben diskutiert und Partei ergriffen, wobei sich die Diskussion eigentlich weniger um ihn selbst drehte: Eher war es eine Kampagne für oder wider Klemperer. So schrieb Heinrich Lemacher, der damals noch Musikkritiken für die Rheinische Volkswacht (das Organ der Zentrumspartei) verfasste, nachdem sich Klemperers Verpflichtung nach Berlin zerschlagen habe, müsse man alles tun, um Köln eine „ganz außergewöhnliche, aus dem Kreis der hochtalentierten Musiker weit ins Geniale hinüberspielende Persönlichkeit zu erhalten.“ Er beklagte, Szenkar sei zu rasch und ohne Befragung der Kritiker verpflichtet worden. Dieser Vertrag könne doch sicher rückgängig gemacht werden, es gebe Präzedenzfälle.79 Auch der einflussreiche Prälat Franz-Xaver Münch, Leiter des Katholischen Akademikerverbandes, der mit Klemperer befreundet war, soll versucht haben, über „kirchliche Mittelspersonen, denen Adenauer gern sein Ohr lieh“, die Berufung Szenkars rückgängig zu machen.80 Der langjährige Musikkritiker der Kölnischen Zeitung, Dr. Walther Jacobs, äußerte eine gewisse Reserviertheit nur zwischen den Zeilen,
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indem er schrieb, die Aufgabe der Kritik sei es, die Leistung in künstlerischer und organisatorischer Hinsicht zu beurteilen, nicht aber „die Verantwortlichkeit für die Leitung des Theaters durch eine Einmischung zugunsten bestimmter Persönlichkeiten mit zu übernehmen“.81 Der Kritiker des Kölner Tageblatts hingegen, der Szenkar nach der Tristan-Aufführung „eine dirigiertechnische Begabung allerersten Ranges“, der Vokalisten und Orchester stets fest in den Händen hält, einen „Theaterkapellmeister durch und durch, ohne deshalb jemals Theater zu machen“ nannte, sprach sich explizit für ein Engagement Szenkars aus, denn: Der Oper tue ein Dirigent Not, der „nicht für seine Person Aufsehen erregt und zur Cliquenbildung führt“. Dabei merkte er an: Natürlich ist dabei die Frage völlig unberührt geblieben, ob nicht ein Opernhaus wie das Kölner, die Pflicht hat, zunächst unter deutschen begabten Dirigenten Umschau zu halten. [...] Szenkar ist Ungar, soll übrigens aus einer streng katholischen Familie stammen, was sein Typus nicht vermuten läßt.82
Welch feine Anspielung! Nach der Entführung, die er ebenso lobte, legte er noch einmal dar: Ob Szenkar auch alle Eigenschaften besitzt, die für den inneren künstlerischen Betrieb beim obersten musikalischen Leiter erforderlich oder wünschenswert sind, kann man nach dem Dirigieren, in dem sich nur die sug g estive Kraft auf alle an der Aufführung Beteiligten auszuwirken vermag und auswirkte, natürlich nicht beurteilen. Doch geht ihm von Berlin der Ruf voraus, daß er ein liebenswürdiger und doch energ ischer Mann ist. Erst kürzlich beklagte Leopold Schmidt seinen voraussichtlichen Weggang von der Reichshauptstadt im „Berliner Tag eblatt“ auf das lebhafteste, ebenso Oskar Bie im „Kourier“. [...] Damit ist keineswegs gesagt, daß wir das Scheiden Klemperers nicht auf das lebhafteste beklagen, aber er liebäugelt seit Jahren mit auswärtigen führenden Stellungen, und wir brauchen einen Dirigenten, der sich bei uns wohl fühlt und der nicht auf andere Berufungen wartet. Auch ist alle Genialität Klemperers dem Spielplan unserer Oper nicht von Nutzen gewesen.83
Die deutsch-nationale Presse hatte natürlich Vorbehalte: Wir haben immer den Ruf nach einem Deutschen betont, der vor allem für deutsche Kunst eintritt und deutsches Wesen in sich trägt! Jedenfalls würde auch für unsere Oper am deutschen Rhein ein Dirigent deutscher Geburt und deutschen Wesens zu finden sein, wenn man sich einige Mühe geben wollte, ihn zu suchen.84
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Und: Daß sich allerdings für diese bevorzugte Stellung in Deutschlands Westmark nicht wenigstens ein Reichsdeutscher gefunden haben sollte, ist auch ein charakteristisches Zeitsymptom. 85
Auch im Orchester dürfte Szenkar zu Beginn nicht unumstritten gewesen sein, hatte doch ein Kapellmeister vorher Unterschriften für den Verbleib Klemperers gesammelt. Die künstlerische Qualität der Oper war bei der Übernahme durch Szenkar nicht überzeugend. 1923 hatte sich der für Kultur zuständige Stadtverordnete Johannes Meerfeld heftig bei Rémond über „das niedrige Aufführungsniveau“ und das „Fehlen jeglicher musikalischer Führung“ beschwert.86 Szenkar selbst erinnerte sich, dass er schon bei seinem Tristan-Gastspiel gemerkt habe, dass Heldentenor und Hochdramatische schleunigst erneuert werden sollten und ein vollwertiger, moderner Regisseur engagiert werden müsse. In einem Interview in Buenos Aires erzählte er 1928: Als ich nach Köln berufen wurde, fand ich nichts von einer wirklichen Durcharbeitung des Szenischen vor! Alte verwahrloste Dekorationen, schlechte Aufführungen, verbrauchtes Sängermaterial.87
Intendant Rémond, mit dem er sich, anders als seine Vorgänger Brecher und Klemperer, gut verstand, hatte ein offenes Ohr für seine Vorschläge, was Repertoire, Regie- und Sängerfrage betraf. Szenkar war sehr angetan, wollte nur „nichts überstürzen“ und machte sich „im Stillen auf die Suche“. Über jeden Zweifel erhaben war die Qualität des Orchesters. Gustav Brecher, der in Köln sehr unzufrieden gewesen war, das niedrige Sängerniveau und den routinemäßigen Opernbetrieb beklagt hatte, zählte doch bei seinem Weggang das Kölner Orchester zu den fünf besten in Deutschland. Auch Klemperer, der über seine Kölner Zeit nicht viel Gutes zu sagen wusste, erinnerte sich gern an das „großartige Orchester“. In einer Kritik der Dresdner Neuesten Nachrichten anlässlich der Uraufführung von Schrekers Irrelohe (27.3.1924 unter Klemperer) war zu lesen: Die Hauptstütze der Wirkung und Träger des Erfolges war vor allem das Orchester, dessen Klangschönheit und Reinheit, ebenso wie seine Ausdrucksgröße heute wohl nur von den Orchestern in Wien und Dresden erreicht wird.88
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Richard Strauss, der Szenkar zu Ernennung zum Kölner Generalmusikdirektor gratulierte, schrieb ihm am 22.7.1924: „Sie werden dort jedenfalls an dem vorzüglichen Orchester viel Freude erleben.“ Die Kölner Oper hatte ein stehendes Repertoire von fast 70 Opern. Szenkar plante, seine Arbeitskraft nicht nur in spektakuläre Erstaufführungen zu investieren (die meist nach wenigen Wiederholungen vom Spielplan verschwanden), sondern konsequent die Standardopern neu einzustudieren und zu modernisieren. Besonders lag ihm die Erneuerung aller Mozart-Opern am Herzen, da für ihn Mozart „der Musiker aller Musiker“ war. Auch das Strauss-Repertoire wollte er zügig auffrischen und ergänzen. Erstaunlicherweise hatte er es mit Wagner nicht so eilig, obwohl er Wagner liebte und dessen Opern in seiner ersten Spielzeit fast ein Drittel seines Repertoires ausmachten. Während seiner achteinhalbjährigen Direktionszeit wurden etwa 45 Werke neu inszeniert, 30 davon standen unter seiner Leitung. 24 der 32 Ballett- und Opernerstaufführungen und drei Uraufführungen erarbeitete er selbst mit seinem Ensemble. In seiner ersten Spielzeit präsentierte er fünf Neueinstudierungen und sechs Erstaufführungen. Szenkar begann die Spielzeit im August 1924 mit der Walküre und stellte damit gleich seine neue Hochdramatische, Henny Trundt, als Brünhilde vor, eine „vorteilhafte, anziehende Bühnenerscheinung“ mit „schön und gleichmäßig durchgebildetem Organ“, wie Willi Kahl urteilte, der im Übrigen die günstigen Eindrücke von Szenkars Gastspiel im Mai bestätigt fand. Auch für Fritz Fleck von der Kölnischen Volkszeitung hinterließ Szenkar „als Wagner-Ausdeuter ganz ausgezeichnete Eindrücke“. Eigentlich hatte er mit einer Neueinstudierung von Don Giovanni seine Visitenkarte abgeben und die Spielzeit eröffnen wollen. Warum das nicht gelang, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Nun also, vier Tage nach der Walküre, stellte er mit der Neuinszenierung des Don Giovanni „seinen“ Mozart in Köln vor, dort, wo die Klemperer-Fangemeinde noch dessen legendären Mozart-Aufführungen nachtrauerte. Die Kritik zog natürlich zwangsläufig Vergleiche: Vergleiche mit früher mögen billig sein, aber hier, wo es sich um Klemperers einstige Domäne handelt, drängen sie sich gebieterisch auf. Der von ihm gestaltete Mozartstil bleibt nun einmal in der Geschichte der Kölner Oper eine unvergleichliche Tat. In einem Vergleich kann die neue musikalische Leitung, dafür bürgt Szenkars Persönlichkeit, immerhin in Ehren bestehen. Seine vorwiegend lyrische Begabung zeichnet Arienbegleitungen oder etwa das Terzett der Masken im ersten Akt mit viel Liebe, ohne das dramatische Element zu kurz
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kommen zu lassen. Freilich kennt man Mozartsche Akzente, schon in der Ouvertüre, eindringlicher, schneidender. Und dann fehlt dem Partiturbild in Szenkars Gestaltung vielfach das Lichte, Aufgehellte, Ausgewogene eines idealen Mozartklanges.89 Eugen Szenkar hatte [...] ein bewundernswertes Stück Arbeit abgeleistet, indem er die wichtigen Ensemblesätze, die einer haarscharfen Ausgleichung zahlloser Detailzüge bedürfen, so feilte, wie sie uns entgegenklangen und wird zweifellos darin noch Vollkommeneres geben, hier und da minder Abgezirkeltes, da man erkennt, daß ihm Mozart nicht nur ans Herz gewachsen ist, sondern er sich auch auf ihn versteht.90
Ein Vergleich mit Kritiken seiner Mozart-Aufführungen in späteren Jahren macht deutlich, welch große Aufbau- und Erziehungsarbeit er mit dem Orchester und den Sängern geleistet hat – wohl aber auch, welche künstlerische Entwicklung er selbst genommen hat, er war immerhin zu Beginn seiner Kölner Tätigkeit erst 33 Jahre alt. Es folgte eine Serie von Repertoire-Vorstellungen Wagnerscher Opern (Walküre, Der fliegende Holländer, Lohengrin). Julius Cäsar von Georg Friedrich Händel. Die ersten Menschen von Rudi Stephan
Im Oktober erklang dann erstmals Händels Oper Julius Cäsar in Köln. Szenkar hatte sie ja schon in Berlin aufgeführt und schloss sich nun auch in Köln der von Göttingen ausgehenden „Händel-Renaissance“ an. Rémond inszenierte die Oper im Stile einer Aufführung, wie sie zu Händels Zeiten in den Schlössern des Adels stattfanden: auf der Bühne ein Rokokorahmen, ein Rokokozuschauerraum, der ein zweite Bühne umgibt, auf der die Gestalten der Oper in Barockkostümen und Reifröcken agieren.91
Mit der Inszenierung, die die Sänger im Barockkostüm spielen ließ, konnten sich nur wenige der Kölner Kritiker anfreunden, Szenkar erklärte indes später: Für das Händelsche Werk wählten wir kein antikes Milieu, sondern ein streng stilisiertes Barock. Der Gesangsstil Händels mit seinen reichen Koloraturen würde nicht zur Toga, zur geradlinigen Säule passen.92
Ungeachtet des Befremdens über den Barockstil, fand die Kritik nur lobende Worte für die Aufführung. Die warme Aufnahme durch das Publikum beweisen sieben Wiederholungen in der Spielzeit. Die Oper blieb über Jahre im stehenden Repertoire. Nach einer Serie von Wagneropern – viel beachtet Tristan und Isolde
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mit Helene Wildbrunn als Gast in der Rolle der Isolde – brachte er als nächste Neueinstudierung Donizettis Don Pasquale heraus. Man freute sich, zwischen all den Dramen von Wagner, Verdi, Puccini wieder einmal etwas Unterhaltsames zu sehen, zudem in prächtiger, reicher Ausstattung. Lemacher schrieb: Die Aufführung war ein Hochgenuß. Das gilt vor allem von der feinsinnigen, geistsprühenden musikalischen Leitung Eugen Szenkars.93
Die Oper hielt sich drei Spielzeiten lang im Repertoire. Nach einer Meistersinger -Aufführung wurde Szenkar erstmals sogar Verständnis für „deutsche“ Musik zugestanden: Erfreuliche Eindrücke hinterließ die Aufführung der Meistersing er am Sonntag. Eugen Szenkar hat ihr wieder Hand und Fuß gegeben, mehr noch, er hat selbst, was nicht von vornherein zu erwarten war, sein Verständnis für die Partitur dieses im künstlerischen Sinne deutschen Werkes erwiesen.94
Als nächste Erstaufführung hörte man die Oper Die ersten Menschen von Rudi Stephan, der nur wenige Jahre vorher im Alter von 28 Jahren im Krieg gefallen war. Das Werk vermittelte „namentlich in musikalischer Hinsicht starke Eindrücke“, wurde aber nur viermal wiederholt. Szenkar erinnerte sich, vom Vater des Komponisten einen „rührenden Dankesbrief “ erhalten zu haben. 95 Im Januar hörte man Szenkar erstmals als Konzertdirigenten in Köln, als er für den erkrankten Hermann Abendroth in einem Gürzenichkonzert einsprang. Er brachte neben Haydn und Mozart die IV. Symphonie von Brahms. Man hörte ihn nicht nur erstmals auf dem Konzertpodium, sondern sah ihn auch erstmals agieren. Jacobs schildert beredt seinen Dirigierstil, offenbar durchaus angetan, doch diesmal hapert es wieder mit dem Verständnis für „deutsche“ Musik: Rein äußerlich gibt Szenkar im Konzertsaal das Bild eines Orchesterführers von rhythmisch bestimmter Haltung, die aber äußerst geschmeidige und elegante Formen annimmt. Es ist viel Spielerisches und Virtuoses darin, eine „körperliche Beredsamkeit“ [...], die noch über die Fingerspitzen hinausgeht. Wer Musik durch das Medium des Dirigenten genießt, kommt dabei auf seine Kosten. [...] Wir haben neulich anerkannt, wie gut Szenkar sich in ein so deutsches Werk wie die Meistersinger eingefühlt hat. Nicht ganz so gelingt es ihm bei Brahms, dessen Ernst und Tiefe sich ihm zu sehr in Ekstase wandeln.96
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Europäische Erstaufführung von Die Liebe zu den drei Orangen von Sergej Prokofjew
Im Februar führte Szenkar den kompletten Ring auf, den er in der Folgezeit fast in jeder Saison zweimal dirigierte. Im März (14.3.1925) brachte er Prokofjews Liebe zu den drei Orangen erstmals in Europa auf die Bühne. Die Oper war 1921 in Chicago unter Prokofjew in französischer Sprache uraufgeführt und dann nur noch ein weiteres Mal gespielt worden, in New York 1922. Szenkar hatte Hans Strohbach als Gastregisseur aus Berlin geholt, sicher nicht nur, weil er ihn für den am besten geeigneten Spielleiter für diese Oper hielt, sondern auch, um Rémond von ihm zu überzeugen. Er sah eine reelle Chance, seinen „Wunschregisseur“ nach Köln zu verpflichten, was ihm zur Spielzeit 1925/26 dann auch gelang. Hans Strohbach war ursprünglich Bühnenmaler bei Karlheinz Martins avantgardistischer Bühne Die Tribüne in Berlin, bevor er in gleicher Funktion an der Großen Volksoper mit Szenkar zusammenarbeitete. Er machte sich rasch, auch durch seine Kölner Arbeiten, international einen Namen. Im Oktober 1927 wurde er vom Viktoria and Albert Museum in London eingeladen, eine Kollektivausstellung seiner Bühnenbilder zu veranstalten. Zudem hat das Museum seine Bühnenentwürfe zu Don Giovanni (Premiere Köln 7.9.1927) angekauft. In dem Artikel, den Szenkar 30 Jahre nach der Aufführung der Drei Orangen für Musik der Zeit verfasste, schrieb er über Strohbach beziehungsweise über ihre Zusammenarbeit: Die Regie führte Hans Strohbach von der Charlottenburger Oper in Berlin, jener ungemein begabte Maler-Regisseur, der das ganze Märchenspiel in expressionistische Farben und Formen stellte, vor allem aber – bei der Wiedergabe einer Oper wohl das erste Erfordernis – es meisterlich verstand, seine Einfälle für Ausstattung und Bewegung ganz und gar aus dem Geiste der Musik zu greifen. Er war für mich, der am Pult stand und von hier aus das Ensemble erst für diese Kunst gewinnen mußte, ein idealer Mitgestalter.97
Auch die überwiegend enthusiastischen Kritiken hoben insbesondere das Zusammenwirken von Inszenierung und Musik hervor. So schrieb Klaus Pringsheim für die Münchner Neuesten Nachrichten: Und Szenkar, Musikant und Theatermensch durch und durch, ein Fanatiker der Arbeit, eine aufbauende, organisierende Kraft seltenen Ranges, hat das vielleicht Phantastischste der Partitur, ihre Schwierigkeit, bis zu dem Grade überwunden, daß das Ganze spielerisch leicht, wie eine Stegreifkomödie, vorüberfliegt. Orchester und Szene sind seinem Wink untertan, und er bedarf nicht der demagogisch-effektvollen Geste, die seinen Diktatorwillen veranschaulichte. Außerordentlich in Strohbachs Inszenierung, wie Technik und Phantasie – eine
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erfinderische Technik und eine sprühende, beschwingte Phantasie –, Dekoration und Spiel, Bühne und Musik zu vollkommener Einheit verschmelzen. Schwer zu sagen, wo Szenkar aufhört und Strohbach anfängt; wo beide anfangen und Prokofieff aufhört. Vollkommenheit des Zusammenklangs ist erreicht – ein Gesamtkunstwerk, hätte man wagnerisch gesagt; sagen wir, mit einem neueren Wort: ein Stück „Entfesseltes Theater“. So wurde es ein ganz großer Erfolg: für Serge Prokofieff und für das (von Szenkar) entfesselte Kölner Opernhaus.98
Prokofjew war bei den letzten Proben und bei der Aufführung anwesend – bei Szenkars Einladung an ihn, von Paris nach Köln zu kommen, „waren erst die grundsätzlichen Bedenken seiner Bescheidenheit aus dem Weg zu räumen“.99 Er notierte über eine Klavierprobe in sein Tagebuch: The rehearsal is very animated, the chorus accentuates excellently. Szenkar plays a tempo that is not mine, I cautiously point this out to him, but he reveals stubbornness. I give up, since my principle is not to interfere at all in the interpretation of the artist, if it is done consciously and thoughtfully.100
In seiner Autobiographie erinnerte er sich, dass es eine „sehr gelungene“ Aufführung gewesen sei, „viel originalgetreuer als die in Amerika, wenn auch weniger luxuriös.“101 So positiv die Reaktionen auf die Aufführung waren, so verschieden war die Einschätzung des Werkes selbst. Von „Märchenulk“ war die Rede, an anderer Stelle hieß es, den „für die Internationale kämpfenden“ anwesenden Kritikern sei es überlassen, die „angeblichen Genieblitze“ festzustellen und „Humor- oder sogar Poesieadern aufzudecken“. Zudem stünden die technischen Anforderungen an Musiker und Orchester in keinem Verhältnis zur Wirkung.102 In der Tat war der Arbeitsaufwand sicher ein ungeheurer, die „Ausbeute“ mit sechs Wiederholungen nicht gewaltig, doch es ging ums Prestige des Hauses. Immerhin waren aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland Kritiker zu dem „Event“ angereist. Kurz nach der Liebe zu den drei Orangen brachte Szenkar eine Neuinszenierung der Ariadne auf Naxos von Richard Strauss heraus, bei der er „mit seinem Instrumentalkörper ganz entzückend musizierte“. Das gesellschaftliche Ereignis des Jahres 1925 war die Jahrtausendfeier der Stadt Köln: Man beging tausend Jahre Zugehörigkeit der Rheinlande zum Deutschen Reich zu einer Zeit, in der die britische Besatzung der Rheinlande noch über ein halbes Jahr andauern sollte. In der Oper führte Szenkar den Ring als glanzvolle Veranstaltung mit illustren Gästen auf. Mit besonderer Begeisterung
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erinnerte sich Szenkar an Frida Leider von der Berliner Staatsoper, die die Brünhilde in der Götterdämmerung sang. Am Tag der Aufführung kam sie zu ihm zur Klavier-Verständigungsprobe und sang die gesamte Partie mit voller Stimme. Die Aufführung am Abend war „großartig“. So etwas hatte er bei keinem anderen Sänger je erlebt. Einer erfolgreichen Neuinszenierung des Rosenkavalier folgte ein etwas ungewöhnliches Programm: Bartóks Blaubarts Burg kombiniert mit Strawinskys Pulcinella und Susannens Geheimnis von Ermanno Wolf-Ferrari. Den geringsten Beifall fand dabei Bartóks Werk. Mit Ende der Spielzeit verließ sein 1. Kapellmeister Wilhelm Steinberg die Kölner Oper. Szenkar ist ihm nach 1933 immer wieder in verschiedenen Ländern begegnet. Als Nachfolger holte er aus Wien Dr. Heinrich Jalowetz, einen der ersten Schüler Schönbergs und guten Freund Alban Bergs. Er schätzte ihn offenbar mehr als Steinberg – „ein wohltuender Wechsel“ fand er.103 In Wien hingegen verlor man Jalowetz ungern, wie man den Musikblättern des Anbruch entnehmen konnte.104 In der Spielzeit 1925/26 standen drei Neuinszenierungen, zwei Erstaufführungen und eine Uraufführung auf Szenkars Agenda. Insgesamt dirigierte er 20 verschiedene Werke. Er begann die Spielzeit mit Lohengrin, gefolgt vom Ring, wobei seine bisherige Arbeit deutlich gewürdigt wurde: Die aufbauende Arbeit, die seit einem Jahr geleistet worden ist, um dem Zusammenspiel in den gangbarsten Opern des Spielplans eine feste Grundlage zu geben, hat das Opernhaus in den Stand gesetzt, gleich zu Beginn der Spielzeit eine Aufführung des Wagnerschen Ringes zu bringen, worauf wir früher zuweilen bis zum Beginn des Sommers warten mußten.105
Im September 1925 brachte er eine neu einstudierte Fledermaus heraus, deren Premiere ausverkauft war. Die Aufführung wurde enthusiastisch aufgenommen, vor allem in Hinblick auf die Ensembleleistung: Über die selbstverständliche Technik einer saubern, musikalisch zartfühlig erfaßten Wiedergabe stand hier noch ein fein abwägender Kunstgeist, so daß die Aufführung in der Abstimmung des Ensembles sich weit von den auch nicht zu unterschätzenden frühern Darstellungen der Fledermaus abhob und darin selbst die einstige Festvorstellung mit berühmten Gästen und glänzenden Stimmen übertraf. Diesmal konnte keiner die Gelegenheit ergreifen, stimmlich oder darstellerisch sich hervorzutun, selbstherrlich eine Pointe zu bringen, die aus dem Rahmen des ganzen hervorstach. Alles war aufs genaueste abgewogen, festgelegt und in
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einer Einheit des Gesamten aufgefangen. [...] Mit welch unwiderstehlichem Esprit verschoß aber auch Szenkar an der Spitze unsers virtuosen und klanglich entzückenden Orchesters die Musik, welche Champagnerstimmung hatte gleich das Brio der Ouvertüre! 106
Zur Eröffnung der Hochschule für Musik führte er Julius Cäsar auf. Im November folgte eine neu einstudierte Zauberflöte, die hervorragend besprochen wurde, aber offenbar beim Publikum keinen so großen Widerhall fand. Sie wurde nur viermal wiederholt. Gastspiel in Budapest
Im November 1925 gab Szenkar erstmals seit dem Weggang aus seiner Heimatstadt ein Symphoniekonzert in Budapest. Er dirigierte die Budapester Philharmoniker mit der Symphonie D-Dur Hob I/104 von Haydn, der IV. Symphonie von Brahms und der Pulcinella-Suite von Strawinsky. Vera Schwarz von der Berliner Staatsoper sang die große Arie der Rezia aus Webers Oberon. Natürlich waren außer seinen Eltern und Geschwistern auch alte Jugendfreunde anwesend, ebenso sein ehemaliger Chef an der Volksoper Dezső Márkus und sogar der alte Prof. Hans Koessler, bei dem sein Vater an der Franz-Liszt-Akademie studiert hatte. Szenkar war glücklich, ihnen zeigen zu können, dass er unterdessen zu einem ernst zu nehmenden Künstler gereift war. Die Kritik hob besonders lobend seine „spannenden Ritardandi“, seine „interessanten Pausen“ und sein „wirkungsvolles Antreiben“ hervor. Namentlich mit der Pulcinella-Suite erzielte er große Wirkung.107 Das Jahr 1925 endete mit einer Aufführung der Fledermaus, 1926 begann mit den Meistersingern. Intermezzo von Richard Strauss. Strauss-Woche
Ende Januar 1926 erweiterte Szenkar das Strauss-Repertoire mit der Erstaufführung von Intermezzo. Er hatte offenbar eine gleichzeitige Uraufführung mit Dresden im Herbst 1924 geplant gehabt, Strauss hatte ihm aber abgeraten. Das Werk sei sehr schwer, biete den Künstlern viele Probleme und es sei noch nicht abzusehen, was sich bei den Proben in Dresden noch für unvorhergesehene Schwierigkeiten ergeben könnten. Er riet ihm deshalb, die Erfahrungen der Dresdner Aufführung abzuwarten.108 Nun konnte Szenkar Strauss die günstige Aufnahme von Intermezzo durch Kritik und Publikum mitteilen, gleichzeitig berichtete er ihm vom Beginn der ersten „Richard-Strauss-Woche“ am 24. Februar „wenn auch noch nicht vollständig“, so sei doch der gute Wille da. In der kommenden Spielzeit wolle er Elektra und Feuersnot einstudieren.109 Die Strauss-Woche wurde von der Presse als das Theaterereignis der Spielzeit wahrgenommen.
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Im Februar dirigierte er überwiegend Strauss, daneben mehrfach die Entführung aus dem Serail, wobei die Kritik ihm unterdessen „musterhaften Mozartstil“ attestierte. Die Opferung des Gefangenen von Egon Wellesz
Nach aufreibender Probenarbeit brachte Szenkar im April 1926 wieder Werke von Egon Wellesz auf die Bühne: die Oper Alkestis und die Uraufführung des Tanzdramas Die Opferung des Gefangenen. Wellesz hielt in der Gesellschaft für Neue Musik einen Einführungsvortrag zu Alkestis, den Else Foerster, die die Titelpartie sang, und der Solorepetitor Felix Hupka mit Tonbeispielen untermalten. Die Uraufführung zog wieder Musikkritiker von auswärts an, Dr. Rosenzweig aus Wien schrieb: Mit dem am Kölner Opernhaus zur Uraufführung gebrachten Tanzdrama „Die Opferung des Gefang enen“ ist Egon Wellesz ein Wurf gelungen, dem eine entscheidende Bedeutung für die Entwicklung der zeitgenössischen Oper zuerkannt werden muß. [...] Die Uraufführung im Kölner Opernhaus fand in Generalmusikdirektor Eugen Szenkar einen musikalischen Leiter von außerordentlichen Qualitäten. Schlechthin bewunderungswürdig seine Sicherheit in der geistigen Erfassung der schwierigen und neuen Aufgabe, die hinreißende Intensität, mit der er die düstere Klangwelt der „Alkestis“ erfüllte, um dann mit der ganzen Kraft seiner temperamentvollen Führerbegabung den großen Apparat der „Opferung des Gefangenen“ zu meistern.110
Allzu sehr scheint das antike Sujet das Publikum nicht angesprochen zu haben. Nach drei Wiederholungen verschwanden beide Werke vom Spielplan. Wenige Wochen später versuchten es Rémond und Szenkar jedoch erneut mit einem antiken Stoff: Iphigenie auf Tauris von Christoph Willibald Gluck. Der Beifall des Hauses war „stark und herzlich“, doch wurde die Oper in dieser Spielzeit nur noch einmal gegeben und erschien erst zwei Jahre später wieder. Zum 100. Todestag von Carl Maria von Weber dirigierte Szenkar den Freischütz, wie er denn immer bemüht war, mit Festaufführungen Gedenk- und Feiertage ins Bewusstsein des Publikums zu tragen. Die Spielzeit ließ er mit Strauss und Mozart ausklingen und ebenso begann er die nächste, 1926/27, in der er zwei Neueinstudierungen, vier Erstaufführungen und eine Uraufführung erarbeitete. Als Erstaufführung für Köln brachte Szenkar Anfang November 1926 Puccinis Turandot mit Elsa Foerster, Josef Kalenberg und Helge Rosvaenge, einen Tag vor Berlin, wie ein Kritiker stolz berichtete, nachdem der Mailänder Uraufführung im April zuerst Dresden und dann Wien gefolgt waren. Sie wurde begeistert
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aufgenommen und in der Spielzeit noch elfmal wiederholt. Helge Rosvaenge übrigens hatte er nach Köln geholt, weil er ihn schon als ganz jungen Sänger in Altenburg schätzen gelernt hatte. Der wunderbare Mandarin von Béla Bartók. Der „Mandarin-Skandal“
Drei Wochen später (27.11.1926) folgte die Sensation der Saison, die Uraufführung der Tanzpantomime Der wunderbare Mandarin von Béla Bartók, die einen der größten Theaterskandale der Weimarer Republik hervorrief. Szenkar erinnerte sich, dass er „unzählige Proben“ mit dem Orchester hatte, da das Stück „sehr schwer und für die damalige Zeit für ein Orchester ungewöhnlich kompliziert“111 gewesen sei. Und das alles für einen einzigen Abend: Die Aufführung endete in einem solchen Tumult, dass der eiserne Vorhang herabgelassen werden musste: Als bei der Uraufführung der einaktigen Pantomime Der wunderbare Mandarin von Melchior Lengyel, Musik von Béla Bartók, am Samstagabend der Vorhang fiel, brach in dem stark besetzten Hause ein Entrüstungssturm los, wie ihn das Kölner Opernhaus noch nicht erlebt hatte. Minutenlang dauerte das Zischen, Pfeifen und Pfuirufen an, verstärkte sich, als nackte Frauenarme aus einer Loge des linken Balkons dem Dirnenstück demonstrativen Beifall zu klatschen wagten, und erreichte seinen Höhepunkt, als der anwesende Komponist vor dem Vorhang sich zeigte.112
Schon am übernächsten Tag, zeitgleich mit den Rezensionen, berichtete die Presse, dass das Stück mit sofortiger Wirkung vom Spielplan abgesetzt sei, wie es hieß, auf Anordnung von Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer (der übrigens das Stück gar nicht selbst gesehen hatte). Eine schriftliche Anordnung ist zwar nicht nachweisbar, aber Szenkar schrieb in seinen Erinnerungen, dass Adenauer ihn „einbestellt“ und die sofortige Absetzung des Stückes gefordert habe. Die Wiedergabe dieser Passage darf hier nicht fehlen, wenn sie auch schon an verschiedensten Stellen veröffentlicht wurde: Dr. Adenauer empfing mich kühl und reserviert, platzte aber sogleich mit der Sprache heraus und machte mir die bittersten Vorwürfe, wie es mir eingefallen wäre, so ein Schmutzwerk aufzuführen, und forderte die sofortige Absetzung des Werkes! Ich versuchte, ihn von seinem Irrtum zu überzeugen und sagte ihm, Bartók wäre unser größter zeitgenössischer Komponist, man möge sich nicht vor der musikalischen Welt lächerlich machen! Doch Adenauer beharrte auf seinem Standpunkt, und das Stück musste vom Spielplan verschwinden! Ich war sehr niedergeschlagen und bewog, meine Demission einzureichen! Als Bartok davon hörte, beschwor er mich, nichts desgleichen zu tun, ich
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sollte unbedingt weiter machen! [...] Er hoffte, dass ich nicht erlahmen würde, weiter für ihn zu kämpfen!113
Szenkar blieb, grollte Adenauer aber sein Leben lang. Was hatte die Gemüter so erregt? Es war nicht in erster Linie die Musik, wenn diese auch als „formlose atonale Geräuschmusik“, als „pervers, trivial, banal, krankhaft im höchsten Grade“114 bezeichnet wurde – nein, es war die „schmutzige“ Handlung, die im Dirnen- und Zuhältermilieu spielt, die den Volkszorn erregte. Die Kölnische Volkszeitung (29.11.1926) sprach von einem „Dirnenstück voll der rohesten und brutalsten Instinkte“, die Düsseldorfer Nachrichten (29.11.1926) lobten die Musik, bezeichneten aber die Handlung als „ästhetisch abstoßend und durchaus minderwertig“, im Hamburger Fremdenblatt (29.11.1926) las man von einem „Kaschemmenstück niedrigster Art“. Die Empörung in den Medien wandte sich weniger gegen den Komponisten und sein Werk, schon gar nicht gegen die Qualität der Aufführung, die immer wieder hervorgehoben wurde, sondern gegen den Intendanten und vor allem gegen Szenkar. In sehr gemäßigter Form äußerte sich Dr. Jacobs: Es ist psychologisch gewiß verständlich, wenn ein moderner Musiker wie Szenkar ebenso für Mozart wie für Wellesz und Bartok sich begeistert; wie es aber möglich ist, daß ein dem Musikgefühl sich überordnender Kunstverstand, der doch wohl auch ein Organ für die sittlichen Werte der heroischen Ballette von Wellesz hat, zugleich eine Geschmacksverirrung billigt, wie sie sich in der Bartokschen Pantomime kundgibt: das ist ein noch ungelöstes Problem. Vielleicht ist Herr Szenkar in diesem Fall [...] „hineingeschliddert“, wo blieb dann die höhere Instanz, die bei so bedenklicher Unsicherheit in der Beurteilung künstlerischer Dinge und der Aufgaben einer Opernbühne einzugreifen hatte? [...] Es ist zu bedauern, daß soviel Arbeit, nicht zuletzt auch im Orchester, an ein Stück gewandt wurde, das am besten gleich wieder vom Spielplan abgesetzt würde.115
In der deutsch-nationalen Presse jedoch brachen sich alle bekannten Ressentiments gegen Szenkar Bahn, die Mandarin-Kritiken uferten zu Generalabrechnungen mit dem Opernleiter aus: Aber nicht gegen ihn [Bartók] und die Brutalität seiner Musik [...] richteten sich in erster Linie die entrüsteten Protestkundgebungen [...], sie treffen vielmehr die verantwortlichen Leiter unserer Oper, die sich durch Annahme und Aufführung der Bartókschen Pantomime ein Attentat auf den sittlichen Ernst, feineres Empfinden und künstlerischen Geschmack haben zuschulden kommen lassen, in diesem Falle hauptsächlich den musikalischen Leiter der Oper, Herrn Generalmusikdirektor Szenkar. Ihn fragen wir: Wie konnte er es wagen, dieses
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Abb. 3: Programmzettel zur Uraufführung des Wunderbaren Mandarin von Béla Bartók in Köln am 27.11.1926. Bartók-Archiv, Institut für Musikwissenschaft, Forschungszentrum für Humanwissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Mit freundlicher Genehmigung von Gábor Vásárhelyi
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Kaschemmen- und Dirnenstück voll der rohesten und brutalsten Instinkte auf die Kölner Opernbühne zu bringen? Wenn er als Ungar etwa seinen Landsleuten Lengyel und Bartók glaubte mehr Entgegenkommen bezeigen als Rücksicht auf das Empfinden und die Bedürfnisse der Bevölkerung Kölns nehmen zu sollen, so sei ihm gesagt, daß die Kulturinteressen in der deutschen Westmark und zumal in Köln als deren Metropole gänzlich andere sind als in seiner Heimat. Und wenn er als Parteigänger der jungradikalen Musikrichtung den Spielplan der Kölner Oper zu internationalisieren strebt, die romantische deutsche Oper mehr und mehr zurückdrängt und Wagner (den er nicht dirigieren kann) entthronen will, so wird ihn der schon jetzt nur mühsam zurückgehaltene Unmut des Kölner Opernhauspublikums in Bälde davon überzeugen, daß dieses in der Ehrung seiner deutschen Meister eine sicherere Gewähr für seine Kulturbedürfnisse und die Interessen eines deutschen Operninstituts sieht als in den Belleitäten eines mehr artistisch als kulturell-künstlerischen empfindenden Opernleiters.116
In der Abendausgabe berichtete die gleiche Zeitung von der Absetzung des Mandarin und griff nochmals Szenkar an: Diese Maßnahme des Oberbürgermeisters verdient schon durch die Raschheit, mit der sie erfolgt ist, den Dank des theaterbesuchenden Publikums, denn sie verhindert von vornherein die Wiederholung von Lärmszenen, wie sie sich bei der Uraufführung des Dirnenstücks ereignet haben. Wir begrüßen sie aber auch deshalb noch besonders, weil durch diesen ungewöhnlichen Schritt des Oberbürgermeisters das bedenken- und verantwortungslose Handeln der leitenden Instanzen des Opernhauses, insbesondere des Herrn Generalmusikdirektors Szenkar, in das richtige Licht gesetzt wird. Ihn trifft die volle Verantwortung für das Geschehene, was ihm hoffentlich in der zu erwartenden Sitzung der Theaterkommission klargemacht wird. Auch was ihm bezüglich gewisser getätigter und nicht getätigter Engagements, die nach der gleichen Zielrichtung weisen, wie die Annahme der Bartokschen Pantomime, zur Last fällt, wäre einer baldigen Nachprüfung durch die Theaterkommission wohl wert. Es geht auch hierbei um höhere Interessen als das Belieben und den Ehrgeiz eines leitenden Kapellmeisters und darum muß deutlich und deutsch mit ihm geredet werden.117
Noch weniger nahmen sich die Privatleute in ihren Briefen an die Intendanz oder an Adenauer ein Blatt vor den Mund – zum Beispiel der Vater eine höheren Handelsschülerin, die sich schämte, ihm die Handlung zu schildern, oder Damen, die sich durch das Schmutzwerk erniedrigt fühlten. Ein Herr Klitz legte im Namen vieler Opernbesucher Protest gegen den Spielplan ein: Wenn der ungarische Jude Szenkar nur ausländische Komponisten dulde, solle er in seine Heimat zurückkehren. „Wir sind hier in einer deutschen Stadt und verlangen deutsche Opernwerke.“118
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Béla Bartók schrieb aus Köln an seine Mutter in Budapest: Die Pester Nachrichten meldeten, dass die Behörden das Stück verboten hätten. Das ist sehr gut möglich, meine Kölner Freunde befürchteten das schon, andererseits aber meint Szenkár, es gebe keine bessere Reklame als ein solches Verbot. Na, wir werden sehen. 119
Da hatte sich Szenkar gewaltig getäuscht, in Europa wurde der Mandarin mit Ausnahme von zwei Aufführungen in Prag und Mailand erst nach Beendigung des II. Weltkrieges wieder aufgeführt. In Budapest war für die geplante Erstaufführung 1931 ein neuer Schluss geplant, sie wurde aber kurzfristig abgesagt. Sie wurde (in alter Fassung) erst 1945 realisiert, nachdem Bartók bereits gestorben war. In Deutschland dauerte es bis 1953, bis der Mandarin wieder aufgeführt wurde. Heute gehört er zum internationalen Ballettrepertoire. Die Aufregung im deutschen Blätterwald ebbte nur langsam ab und in so vielen Zeitungen wurde kolportiert, dass es in Köln zu Strafmaßnahmen gekommen sei und Szenkar gehen müsse, dass sich die Stadtverwaltung veranlasst sah, eine Pressenotiz zu veröffentlichen, in der versichert wird, dass sie völliges Vertrauen in die verantwortlichen Leiter des Opernhauses habe, wenn auch vereinzelt Missgriffe bei der Spielplangestaltung vorgekommen seien.120 Auch die Nachricht, die Verwaltung habe Szenkar den Rücktritt nahegelegt, sei natürlich falsch. Dr. Hermann Unger hatte gewarnt, dass mit Szenkars Weggang seine Mozart- und Händel-Wiedergabe uns genommen werden, die auch die widerstrebensten Gemüter in ihren Bann gezogen hatte. Es ist also nur zu begreifen, wenn schon jetzt eine Bewegung einsetzt, um diesen Mann und mit ihm seinen Inszenator Hans Strohbach der Stadt Köln zu erhalten und sie nicht künstlerischen Wagemut büßen zu lassen, um den uns so manche Nachbarstadt beneidet.121
Hatte es zwar keine personellen Konsequenzen gegeben, so wurde aber doch intern der Spielplan von der Theaterkommission gründlicher und kritischer als bisher begutachtet. Als Szenkar im Dezember den Figaro dirigierte, begann eine Kritik mit den Worten: Im Opernhaus, wo der Spielplan seit dem Wunderbaren Mandarin eine etwas andere Farbe hat [...]122
und als er zum Ende des Jahres 1926 den Ring aufführte, wurde das zu den
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[...] vielfachen Beweisen guten Willens und der „Wiedergutmachung“, die man im Opernhaus nach dem Theaterlärm am Bartókabend gegeben hat, [...]
gezählt.123 Was auf Dauer viel schwerer wog: Er hatte sich mächtige Feinde in Politik und Klerus gemacht, die in der Folgezeit versuchten, ihn loszuwerden. Wachsendes Renommee
Zum Ende des Jahres 1926 ist eine kleine Zwischenbilanz angebracht, da dieses Jahr künstlerisch und menschlich Bemerkenswertes für Szenkar gebracht hatte. Unter anderem durch seine viel beachteten Aufführungen zeitgenössischer Musik hatte er sich in den vergangenen sechs Jahren im deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht, die ersten großen Artikel über ihn waren erschienen. Der Berliner Komponist und Musikschriftsteller Richard Wintzer hatte schon im Juni 1924 in der Deutschen Kunstschau einen eineinhalbseitigen Artikel über ihn verfasst, der einleitend die Frage nach dem „Wesen des genialen Dirigenten“ damit beantwortete, dass er die eigene Persönlichkeit vor dem Kunstwerk vergessen mache, den Musikern im Dienste des Komponisten seinen Willen aufzwinge und im Hörer den Eindruck erwecke, als erstünde das wiedergegebene Werk „wie von seinem Schöpfer in diesem Moment erzeugt“. Als Beispiele führte er „Bülow, Mottl, Nikisch – und einige mehr“ an, unter dem „Nachwuchs“ Furtwängler und Walter, und fuhr dann fort: Das Alter will Tradition, die Jugend stürmisches Drängen, Weisheit gebiert Abgeklärtheit. Solche Trinität mag schwer in einer Persönlichkeit vereint sein. Und doch war die Natur wieder einmal verschwenderisch und schuf einen Typus dieses Ideals. Er deckt sich mit dem Namen Eugen Szenkar. Wir sind uns der Verantwortung bewußt, dies klar auszusprechen. Denn soweit Vollkommenheit in der Welt möglich, finden wir sie in dem Wesen dieses jungen Ungarn verkörpert, dessen dreiunddreißig Jahre ihn noch nicht einmal auf der Höhe seiner Kraft sehen.
Nach einem Abriss des Werdegangs Szenkars ging Wintzer an konkreten Beispielen auf dessen Vielseitigkeit, von welcher die vorbildlichen Wiedergaben von Händel bis Bartók zeugten, ein und schloss: So glauben wir, die an die Spitze dieser Würdigung gestellte Definition des wahrhaften Dirigenten auf diese seltene Begabung anwenden zu können und geben uns der Hoffnung hin, daß Eugen Szenkar, nach den seiner unwürdigen Erlebnisse [sic] in Berlin (einem Kapitel für sich), nunmehr in Köln die Stätte findet, an der er die Kunst wahrhaft fördern kann, auch wenn seine notwendige, gewissenhafte und strenge Arbeit nicht immer nur Bequemlichkei-
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ten mit sich bringt für die, denen doch schließlich seine Liebe gilt, und die sie ihm endlich auch dankbar vergelten werden.124
1926 erschien in den Musikblättern des Anbruch eine Würdigung durch den renommierten Wiener Musikkritiker Alfred Rosenzweig. Er beschrieb Szenkar als „Dirigentengestalt von ungewöhnlicher Profilierung“, „mit deren Namen bereits seit Jahren ein Stück musikalischer Zeitgeschichte untrennbar verbunden“ sei. Wie Wintzer ging er auf den Werdegang ein, dann konkret vor allem auf die Erst- und Uraufführungen der vergangenen Jahre, und schilderte dann in sehr beredter, fast lyrischer Weise den Dirigierstil und die Wirkung Szenkars auf den Zuhörer: Szenkár ist einer der größten Virtuosen seines Fachs in der Art, wie er mit dem Orchester musiziert. Äußerlich schon eine ungewöhnliche Erscheinung: auf einer biegsamen, schmalen Gestalt ein ausdrucksvoller Kopf, auf dem sich die bleiche Farbe des Gesichtes fast dämonisch von der Schwärze der Haare abhebt; nur die Augen üben aus nicht voll geöffneten Lidern suggestive Kraft. [...] Das eigentliche Werkzeug dieses Dirigenten, mittels dessen er das Orchester mit überlegener Sicherheit leitet, sind aber die Hände. Es ist das klarste, ausdrucksvollste Spiel, bald große Linien zeichnend bald den bewegtesten Rhythmus angebend, bald ohne Taktstock den Ton formend. Man ist im Bann dieser Hände, deren Zeichengebung von unfehlbarer Deutlichkeit ist.125
Nach solchen Elogen in überregionalen Musikzeitschriften konnte es nicht ausbleiben, dass man Szenkar auch im Ausland hören wollte (nicht nur wegen des Mandarin-Skandals): Er erhielt sein erstes Auslandsengagement für den Januar 1927 in Madrid. Damit begannen seine immer dichter werdenden internationalen Gastspielverpflichtungen, die ihn, ehe er Europa verließ, vor allem nach Spanien, Portugal, Holland, England, Frankreich, Russland, Palästina und Argentinien führten. Hermine Zeitschel
In sein Privatleben brach im Jahr 1926 eine schicksalhafte Leidenschaft ein: Irgendwann in diesem Jahr verliebte er sich heftig in die junge Mezzosopranistin Hermine Zeitschel. Sie hatte ihm im Herbst 1925 vorgesungen („Hatte gestern eine Privat-Audienz beim Szenkar, und er prüfte meine Stimme eingehendst.“126) und war noch für die laufende Spielzeit engagiert worden. Ob sie ihm vorher schon aufgefallen war – sie hatte ihren ersten Liederabend im März 1925 in Köln gegeben –, ist nicht bekannt. Hermine Zeitschel, 1902 geboren, hatte eine exzellente Musikausbildung, hatte bei Lazzaro Uzielli am Konservatorium in Köln
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Klavierspiel, bei Eugen Robert Weiss an der Akademie für Tonkunst in München und bei Luigi Lucenti in Mailand Gesang sowie bei Anna Bahr-Mildenburg dramatische Gestaltung studiert. Aus ihrer Studienzeit kannte sie die Tücken, Fallen und Intrigen des Musikbetriebs recht genau, hatte Kontakte mit Musikern nicht nur in ihren Studienorten, sondern in ganz Mitteleuropa. Besonders eng befreundet war sie mit Heinrich Schlusnus, mit Fritzi Jokl und Frida Leider und mit dem Cellisten Emanuel Feuermann. Sie sprach mehrere Fremdsprachen, war offenbar gesellschaftlich gewandt – im Hause ihrer Tante in Stockholm, wo sie alljährlich zu Besuch war, wurden große Empfänge für Diplomaten aus verschiedensten Ländern gegeben, mit denen sie parlierte und flirtete. Sie bewohnte eine eigene Wohnung, hatte zwei „Mädchen“, die den Haushalt versorgten (obwohl sie selbst auch die Haushaltungsschule absolviert hatte), und chauffierte mit Mitte zwanzig ein eigenes Auto. Sie war also eine moderne, gebildete, selbständige junge Dame mit besten Beziehungen in der Kölner Gesellschaft – so war sie etwa mit zwei der Oppenheim-Brüder gut befreundet, vor allem mit Friedrich Carl, einem Altersgenossen. Ihr aufwändiger Lebensstil wurde von den Eltern finanziert. Der Vater war Besitzer einer traditionsreichen Apotheke in Köln, die Familie der Mutter, Ella van Hees, war sehr begütert. Die Eltern besaßen das Rittergut Schieben in Thüringen, das einer von Hermines zwei Brüdern ständig bewohnte, die übrige Familie verbrachte dort ihre Urlaube. Hermine war nicht nur „bildhübsch“ (Szenkar), das „schönste Mädchen im Gürzenich“127, sondern auch hochmusikalisch. Noch als fast 80-Jähriger schwärmte Szenkar in seinen Erinnerungen, dass sie alles vom Blatt sang, was man ihr vorlegte, dass sie ihre Kolleginnen vor dem Walkürenritt im 3. Akt der Walküre „korrepetierte“, sodass er stets ganz beruhigt dirigieren konnte. Als Beleg für ihre „nicht alltägliche Musikalität“ führte er auch an, dass sie bei einer öffentlichen Generalprobe zu Händels Judas Maccabäus neben ihrer Altpartie die Tenorpartie sang, nachdem der Tenor wenige Minuten vor der Probe abgesagt hatte.128 Es entwickelte sich eine glühende Leidenschaft von beiden Seiten, eine veritable „Affäre“, da er ja noch mit seiner zweiten Frau verheiratet war. In heutiger Zeit muten die Liebesbriefe der beiden zwar etwas exaltiert an, wenn sie „vor Sehnsucht Herzschmerzen“ haben, sich „kaum noch auf den Beinen halten“ können, verzweiflungsvoll schreiben: „Schon 9 Uhr und noch keine Nachricht von Dir“, aber sie gehen doch ans Herz in ihrem hilflosen Ausgeliefertsein. Täglich gingen ein bis zwei Telegramme und Briefe hin und her. Inwieweit die Affäre im Opernhaus wahrgenommen wurde, ist nicht sicher zu eruieren, doch blieb sie wohl nicht wirklich geheim. Hermines Freundinnen wussten offensichtlich davon. Fritzi Jokl fragte sie in einem Brief, was denn Margot [Szenkars Ehefrau] zu ihrer Freundschaft sage. „Bei ihrem Scharfsinn, wird ihr die Sache doch nicht
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verborgen geblieben sein.“129 Hermine verließ jedenfalls zum Ende der Spielzeit 1926/27 die Oper und trat nur noch als Lied- und Oratoriensängerin auf. Nach aufregenden Jahren, in denen Szenkars zweite Frau erbittert um ihn kämpfte, konnten sie schließlich 1929 heiraten. Hermine wurde die bestimmende Konstante seines gesamten weiteren Lebens. Sie teilte das aufreibende Reiseleben mit ihm ebenso wie die Jahre des Exils. Sie organisierte seinen Alltag, seinen Umgang mit Managern und Journalisten, sie glättete und vermittelte, wenn es Unstimmigkeiten gab („Wenn man sich beschweren oder etwas erreichen wollte, wandte man sich am besten an seine Frau“ – so eine Chorsängerin des Düsseldorfer Musikvereins). Sie sorgte für ein entsprechendes gesellschaftliches Umfeld, Gesellschaften, Einladungen, Kontakte – alles Dinge, die ihn selbst nur marginal interessierten. Sie hielt ihm auf alle Fälle den Rücken frei, sodass er sich ausschließlich seiner Arbeit widmen konnte. Judith von Arthur Honegger. Meister Pedros Puppenspiel von Manuel de Falla. Erstes Gastspiel in Madrid
Im Januar 1927 brachte Szenkar die deutschen Erstaufführungen von Honeggers Judith und von de Fallas Meister Pedros Puppenspiel heraus, eine gewagte Kombination. Während Honeggers Werk wohl nicht unbedingt für die Opernbühne geeignet war (eher ein Oratorium als eine Oper), war für Meister Pedro das Opernhaus zu groß. Deshalb wurde das Werk auch nicht mit Marionetten, wie in der Züricher Uraufführung 1926, gespielt, sondern von Menschen, die Strohbach an Drähten aufgehängt agieren ließ. Unger schrieb für die Musikblätter des Anbruch: Es war ein Abend zweier, in dieser Form vielleicht verfehlter Versuche, die jedoch gewiß mehr an Anregung brachten als so mancher wirkungssichere und doch zeitvergängliche „Opernschlager“.130
Honegger, der der Erstaufführung beiwohnte, feierte danach noch den Erfolg bei Szenkar zu Hause. Zwei Tage später reiste Szenkar nach Madrid ab, um im berühmten Teatro de la Zarzuela die deutsche Opern-Stagione zu dirigieren. Für die Aufführungen von Walküre, Tristan und Isolde (und – ursprünglich nicht vorgesehen – auch Lohengrin) war ein Ensemble großer Sänger, überwiegend von der Staatsoper Berlin, engagiert worden. Am Tag der Walküre-Aufführung schrieb Szenkar an Hermine: Recht ordentliche Striche habe ich aber gemacht und alle Längen rücksichtslos beseitigt; so die ganze Wotan-Erzählung, die zu keinem Menschen was interessiert. Jedenfalls hoffe ich,
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daß es so besser wirkt. Die Spanier sind eben nicht so geduldig wie bei uns zu Hause und verzichten auf Schopenhauer’sche Philosophie in der Musik! Dafür habe ich die wirklich musikalische Partien der Oper orchestral so ausgearbeitet, daß ich hoffe auf eine Wirkung. Ich habe 3 volle (!) Proben mit dem Orchester allein gearbeitet.131
Am Abend sollte er erstmals Bekanntschaft mit den spanischen Operngepflogenheiten machen – Klemperer hatte schon sieben Jahre früher seiner Frau aus Barcelona geschrieben: Schrecklich ist’s zu Beginn (8 ¼). Kein Mensch im Theater, man kommt nach dem diner [sic] erst gegen 9 ½.132
Szenkar, der das noch nicht kannte, war konsterniert. In seinen Erinnerungen schildert er das sehr lebendig: Als er vor Beginn der Vorstellung durch das Guckloch im Vorhang schaute, war das Haus leer! Trotzdem forderte der Inspizient ihn auf, ans Pult zu gehen, die Tante des Königs sitze bereits in der Hofloge und das sei das Zeichen für den Beginn der Vorstellung. So langsam kamen die „sehr eleganten Damen mit ihren befrackten Herren“, nahmen geräuschvoll ihre Plätze ein, bis schließlich am Ende des ersten Aktes das Publikum vollzählig war. Zu Beginn des zweiten Aktes herrschte eine gewisse Unruhe, da man sich in den Logen herzlich begrüßte. Die Handlung war wenig interessant für die Hörer und: Beim „Hojo-toho“ der Brünhilde horchte man wohl etwas auf, fiel aber in tödliche Langeweile bei der langen Zwiesprache zwischen „Wotan“ und „Brünhilde“! [...] Der „Ritt der Walküren“ fesselte durch die Bewegung auf der Bühne etwas mehr, aber dann verließ das Publikum – ohne Rücksicht auf die Vorgänge auf der Bühne – so peu à peu den Saal, um uns arme Mitwirkende bei dem hinreißend gesungenen Abschied Wotans so ziemlich allein zu lassen.133
Die Verantwortlichen aber waren begeistert und versicherten, es wäre ein großer Erfolg gewesen. In diesem Sinne war auch der Bericht aus Madrid gehalten, den die Kölner Presse veröffentlichte: Der Zuschauerraum war so gut besetzt, wie es bei den überaus hohen Eintrittspreisen der Madrider Oper nur selten vorkommt, wenn er sich auch bei der für spanische Gewohnheiten ungewöhnlich frühen Anfangsstunde von 9 Uhr abends nur allmählich füllte. Die königliche Familie – mit Ausnahme des Königs, der zurzeit auf Jagd abwesend ist – hatte sich so vollzählig wie nur möglich eingefunden, so daß allein drei Logen durch den Hof eingenommen wurden. Der erste Akt endete mit einem Beifallssturm, wie man ihn bei fremden, dem Publikum unbekannten Künstlern nicht häufig erlebt, und diese Kundgebungen
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wiederholten sich in verstärktem Maße am Schluß der Vorstellung. Die lokale Presse ist denn auch einstimmig in der allerhöchsten Anerkennung, die sowohl den Künstlern auf der Bühne wie insbesondere der ausgezeichneten Leitung des Orchesters durch „Maestro Eugen Szenkar“ gilt.134
Der Kritiker von El Sol bezeichnete Szenkar als „entusiasmo personificado“ und als „temperamentvollen, zugleich aber scharfsinnigen und intelligenten“ Orchesterführer.135 Wenige Tage später wurde aus Madrid gemeldet, dass auch die erste Aufführung des Tristan mit Begeisterung aufgenommen wurde. Die Leitung des Orchesters war unübertrefflich. Der Kölner Generalmusikdirektor Szenkar wurde nach jedem Aktschluß herausgerufen. Der Beifallssturm am Schluß der Vorstellung wollte sich überhaupt nicht legen. Die Infantin Isabel, die Tante des Königs, die der Aufführung beiwohnte, hat die Künstler für Samstag nachmittag [sic] in ihren Palast eingeladen.136
Gleichzeitig mit dem deutschen Ensemble gastierte eine italienische Truppe in Madrid, die den Lohengrin aufführte. Er kam beim Publikum nicht gut an und die Königin wünschte, dass das deutsche Ensemble die Oper in deutscher Sprache und nach deutscher Tradition aufführe. Das war sehr schmeichelhaft und Szenkar akzeptierte, die Italiener allerdings „waren außer sich, tobten, und schimpften gegen uns Deutsche!“137 Es musste also aus dem Stand Lohengrin einstudiert werden. Am 17.2. schrieb er an Hermine: Heute ist Lohengrin! Gestern bis 1 ½ Uhr nachts Proben – ich bin kaputt.138
El Sol schrieb, nach dem „Lohengrin a la milanese“ habe die Leitung des Theaters, um das rechte Gleichgewicht herzustellen, als Genugtuung einen „Lohengrin echt“ gebracht.139 Bei der Lohengrin-Aufführung war der ganze Hof anwesend; der König, Alfons XIII., ließ Szenkar in seine Loge kommen und schenkte ihm eigenhändig ein wertvolles Zigarettenetui. Die Mutter des Königs, Maria Christina von Österreich, bat ihn, bei seinem kommenden Konzertabend ein Werk von Johann Strauß zu dirigieren. Sie hätte zwar an diesem Abend einen größeren Empfang bei Hofe, werde aber schnell ins Konzert kommen, um die Fledermaus-Ouvertüre zu hören, die er extra für sie an sein Programm anhängte. Das wussten allerdings die Kritiker nicht, sie schrieben, er hätte am Ende des Konzertes eine überaus vergnügliche Überraschung geboten, indem er sich mit der Fledermaus aus Madrid verabschiedete. Davor hatte er Haydn, Beethoven, Tschaikowski (Pathétique) und den Don Juan von
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Strauss dirigiert: ein „Orchester-Spieler, ein Künstler, der auf einem Instrument namens Orchester spielt“.140 Den Gala-Empfang beim deutschen Botschafter zum Abschluss des Gastspiels besuchten unter anderen der „sympathische Maestro“ mit seiner „bezaubernden Gattin“(!).141 Don Gil von den grünen Hosen von Walter Braunfels. Der Narr von Sergej Prokofjew
Zurückgekehrt aus Spanien, wurde er bei der Festaufführung des Fidelio anlässlich Beethovens 100. Todestag „mit stärkstem Beifall gefeiert“. Die Kölner hatten ja auch in ihren Zeitungen gelesen, welch furiosen Erfolg ihr Generalmusikdirektor in Spanien gehabt hatte. Im Frühjahr meldete die Presse, dass er für 1928 zu einer Opernstagione im Teatro Colon in Buenos Aires und zu Opernfestspielen in Barcelona eingeladen worden sei. Im Mai 1927 brachte er zwei Erstaufführungen, zunächst die Oper Don Gil von den grünen Hosen von Walter Braunfels, der unterdessen Direktor der Hochschule für Musik in Köln geworden war. Das Werk fand „trotz ausgehender Spielzeit und vorsommerlichen Wetters ein volles Haus und ein beifallsfrohes Auditorium“, wie Hermann Unger nach Wien berichtete, wurde auch noch in die nächste Spielzeit hinübergerettet, insgesamt aber nur viermal wiederholt. Noch weniger Anklang fand die deutsche Erstaufführung des Balletts Der Narr (Chout) von Prokofjew, das er mit Don Pasquale („entzückende Wiederaufführung“, Musik und Spiel „fein geschliffen“) kombinierte. Während Unger die Rhythmik und farbige Instrumentation hervorhob, meinte Jacobs, Prokofjews Bühnenmusik sei zwar geistreich und witzig, das Ballett sage dem deutschen Geschmack aber noch weniger zu als Die Liebe zu den drei Orangen. Szenkar hatte also wieder ein paar Minuspunkte gesammelt. Er beendete die Spielzeit mit einer Neueinstudierung der Oper Così fan tutte, die zuletzt Klemperer 1919 in einer eigenen Inszenierung herausgebracht hatte. Die Aufführung wurde begeistert aufgenommen, man las, dass er einer „der besten Mozartpfleger“ sei, dass er „unter die wenigen Mozartdirigenten von Rang“ gehöre. Tod des Vaters
Am 21. Juni 1927 erreichte Szenkar die Nachricht von der schweren Erkrankung seines Vaters. Er dirigierte abends noch einmal Così, und fuhr am nächsten Tag sofort nach Budapest. Sein Vater wurde in ein Krankenhaus in Buda gebracht, alle vier Kinder waren am Krankenlager versammelt. Als es dem Vater deutlich besser ging, reiste Szenkar in sein Urlaubsdomizil in die Schweiz. Von dort schrieb er verzweifelte Brief an Hermine, er wisse nicht ein noch aus, es gehe dem
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Vater wieder schlechter, aber er müsse sie unbedingt sehen, er verzehre sich vor Sehnsucht nach ihr. Als sie sich dann schließlich in Salzburg trafen, erreichte ihn dort die Nachricht vom Tod seines Vaters. Unverzüglich reiste er nach Budapest, wo er an der Bahre des Vaters zusammenbrach, gepeinigt von schlechtem Gewissen und Reue, dass er in seiner letzten Stunde nicht bei ihm, sondern bei seiner Geliebten gewesen sei. Aus dem Brief, den er Hermine aus Budapest eine Woche nach dem Tod des Vaters schrieb, spricht wieder die abgöttische Verehrung, die er für ihn empfand (man beachte die Großschreibung), andererseits aber auch das sehr traditionelle Familienbild seines Elternhauses. Er als Ältester war nun Familienoberhaupt und für Mutter und Schwester verantwortlich – so, als gäbe es nicht noch die beiden anderen Söhne. Was mache ich mir Vorwürfe, daß ich damals wegfuhr! [...] Ich kann mich nicht beruhigen und ich werde mich von meiner Schuld niemals frei sprechen können! Es nagt an mir –, es frisst meine Seele auf! [...] Und gestorben ist Er wie ein Heiliger! Viertelstunde vor der Katastrophe hat er nochmals gebetet und Dezső, der die ganze Nacht bei Ihm Wache hielt, gesegnet! Ist mein Bruder nicht glücklich!?! Und ich war nicht da!!! [...] Wir denken oft, Er wäre verreist! Aber die Nächte – die entsetzlichen Nächte! [...] Meine Seele ist leer und weinen kann ich nicht mehr – die Quelle ist ausgetrocknet! Und ich könnte zusammenbrechen vor Schmerz! Dabei muß ich noch stark (!) sein, – meine arme Mutter, meine Schwester, sie haben nur noch mich!142
Dem traditionellen Familienbild entspricht auch, dass man, wie bereits erwähnt, aus Szenkars Erinnerungen nichts über seine Mutter erfährt, außer an dieser Stelle, anlässlich des Todes seines Vaters. Er berichtete hier im Anschluss, dass sie wenige Jahre nach seinem Vater, 1935, starb und dass ihn die Todesnachricht erst viel später erreichte. Sie hat Gott sei Dank den Nazi-Terror in Budapest nicht mehr erlebt, dem sein Elternhaus zum Opfer fiel. Nun war also der Sommer vorüber, von Erholung konnte nicht die Rede sein, sein Nervenkostüm war völlig zerrüttet durch den Tod des Vaters und sein persönliches Dilemma, zwischen zwei Frauen zu stehen. So kompromisslos und hart er sein konnte, wenn es um seine künstlerischen Überzeugungen ging, so harmoniebedürftig, ja beinahe feige war er in persönlichen Beziehungen. Die notwendige Auseinandersetzung mit seiner Noch-Ehefrau versetzte ihn in Panik, wie aus vielen seiner Briefe deutlich wird. Hatte er doch – und auch hier spielt sein Familienbild eine Rolle – durch seine Heirat auch Verantwortung für sie übernommen. Hermine wandte sich in ihrer Sorge um ihn an Felix Hupka – Szenkar hatte ihn 1923 als Korrepetitor nach Berlin geholt und dann als seinen Assistenten nach Köln mitgenommen – und dieser schrieb ihr am 16. August 1927:
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Die nächsten Tage müssen soweit zu Erholung führen, dass er wenigstens den Schein erwecken kann, dass er mit Beginn der Spielzeit die Zügel straff in die Hände nehmen will. Keineswegs darf er einen geknickten, fatalistischen Eindruck machen.
Nun, Szenkar schrieb am 25. August an Hermine, die auf dem Rittergut in Schieben weilte: Heute bereits Vormittag und Nachmittag „Don Juan“-Probe. Die Arbeit bekommt mir schlecht, – ich fühle langsam erst jetzt, wie entsetzlich ich herunter bin. Die Aufregungen der letzten Wochen und überhaupt – es ist weiß Gott für einen armen Menschen zu viel!
Geschichte vom Soldaten von Igor Strawinsky. Mahler-Konzert. Pelléas und Mélisande von Claude Debussy
So also ging er in die Spielzeit 1927/28, in der das 25-jährige Bestehen des Opernhauses am Ring gefeiert werden sollte. In dieser Spielzeit dirigierte er nur elf Werke, darunter aber eine sehr anspruchsvolle Erstaufführung, fünf Neuinszenierungen und zwei Opernhauskonzerte. Zunächst aber feierte man im September ein Vierteljahrhundert Bestehen des Opernhauses. Auf den Festakt mit Gedichten und Beethovens Ouvertüre Die Weihe des Hauses folgte die Festvorstellung des Don Giovanni, der „vom festlich gestimmten Publikum“ mit „hellem Beifall“ aufgenommen wurde. Die Oper blieb zwei Jahre im Repertoire. Nun fehlte nur noch die Entführung aus dem Serail in der Serie der Mozart-Neuinszenierungen und sie war noch für diese Spielzeit versprochen worden. Während er im Opernhaus überwiegend Mozart dirigierte, bereitete er sein erstes Konzert für die Gesellschaft für Neue Musik (GfNM) vor, in der er seit einem Jahr als künstlerischer Beirat fungierte: die Aufführung der Geschichte vom Soldaten von Igor Strawinsky. Regie führte Hans Strohbach. Zwei Tage später begleitete er im Rahmen eines Meisterkonzerts einen Liederabend von Elisabeth Rethberg. Auf dem Programm standen Opernarien aus Figaro, Freischütz und Maskenball sowie Lieder von Johannes Brahms und Josef Marx. Eine besondere Freude war es, die glänzende Musikerschaft Eugen Szenkars auch vom Ibach-Flügel her, in der Eigenschaft als spontan mitgestaltender Begleiter, zu vernehmen und seiner Tonkultur, Anschmiegsamkeit, wie Lebendigkeit und rhythmischen Schärfe die schuldige hohe Anerkennung zollen zu dürfen.143
In der Kritik eines Liederabends, den Hermine Zeitschel Ende November gab, las man, dass sie von der Oper Abschied genommen und sich ganz dem Konzertgesang zugewandt habe.
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Am 3. Dezember 1927 verwirklichte Szenkar seinen lang gehegten Traum: Er dirigierte seinen ersten Mahler-Abend in Rahmen eines Opernhauskonzertes. Die Opernhauskonzerte waren 1919 von Klemperer während einer der zahlreichen Auseinandersetzungen mit Adenauer „erstritten“ worden. Er etablierte sie vor allem als Gegengewicht zu den eher konservativen Gürzenichkonzerten und führte praktisch in jedem Konzert ein Werk von Mahler auf. Zwei Jahre lang hatte es keine Opernhauskonzerte gegeben, bis Szenkar jetzt die Tradition wieder aufnahm. In freudigem Überschwang setzte er die V. Symphonie und Das Lied von der Erde aufs Programm. Als Solisten hatte er Mária von Basilides, die er noch aus der gemeinsamen Zeit in Budapest kannte und schätzte, und Jacques Urlus engagiert. Er selbst gestand in seinen Erinnerungen, er hätte später nie mehr eine so „anspruchsvolle Zusammensetzung“ gewagt, aber er sei selig gewesen, endlich „seinen Mahler“ aufführen zu können. Trotz der Länge des Programms waren Auditorium und Presse begeistert. Anfang Dezember schloss er einen Vertrag mit dem Gran Teatro del Liceu Barcelona über sechs Aufführungen von Entführung aus dem Serail und Rosenkavalier im Januar 1928. Am 11. Dezember 1927 mutete er seinem Opernpublikum wieder schwere Kost zu, die Erstaufführung von Debussys Pelléas und Mélisande in deutscher Sprache – schon die erste Aufführung des Werkes in Deutschland, damals in der Originalsprache, hatte 20 Jahre vorher in Köln stattgefunden. Er selbst liebte diese Oper, die er schon als 11-Jähriger auswendig spielen konnte, die aber, wie er immer bedauerte, vom deutschen Publikum nicht gewürdigt und sehr zurückhaltend aufgenommen würde. So war es auch in Köln. Die Oper, die „freilich eine überlange Vorbereitungszeit gekostet hat“, sei sicher die „eigenartigste“ gewesen, die je einem Kölner Sonntagspublikum geboten worden sei, so Jacobs in der Kölnischen Zeitung. Man führe sich vor Augen, welche Ansprüche Szenkar an seine Musiker stellte, die ja fast jeden Abend in der Oper spielten: innerhalb von sechs Wochen Die Geschichte vom Soldaten, das Mahler-Konzert und Pelléas und Mélisande! Das Jahr endete mit einer Pelléas-Wiederholung und einem kompletten Ring.
Auf dem Weg zur internationalen Karriere Das Jahr 1928 brachte für Szenkar diverse wichtige Ereignisse: neben seinem Gastspiel in Spanien ein Gastspiel der Kölner Oper und des Gürzenich-Orchesters in Wien, den Zyklus Die Oper im Wandel der Zeiten im Rahmen der Internationalen Presseausstellung Pressa, das Ende der „Ära Rémond“, das erste große Gast-
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spiel in Buenos Aires und ein nervenzehrendes Intrigenspiel mit Beginn der Intendanz Hofmüller. Gastspiele in Barcelona und Madrid
Bis Mitte Februar 1928 gastierte Szenkar in Barcelona und Madrid. Jalowetz und Schröder „hielten die Stellung“ zu Hause, Schröder dirigierte den Ring zu ermäßigten Preisen, Jalowetz brachte die Erstaufführung von Kreneks Oper Jonny spielt auf, die ein Publikumsrenner wurde. Szenkars Gastspiel in Barcelona begann am 3. Januar 1928, als er Die Entführung aus dem Serail erstmals in Spanien auf die Bühne brachte. Noch wenige Jahre vorher hatte Joan Mestres, Impresario des Gran Teatro del Liceu, Klemperer den Wunsch nach einer Aufführung des Don Giovanni abgeschlagen, denn: „Mozart langweilt in Spanien“.144 Nach einer gewissen anfänglichen Zurückhaltung und Gewöhnungsphase begeisterten sich die Spanier für die „unbeschreibliche Anmut der Tondichtung des Salzburger Meisters“. Der Schlussbeifall war eine „geradezu unbeschreibliche Kundgebung der Begeisterung“. Zum Erfolg trugen neben der „gewohnten Meisterschaft“ Szenkars die prächtige Inszenierung Max Hofmüllers und ein erlesenes Sängerensemble (u. a. Fritzi Jokl, Helge Rosvaenge) bei.145 Die Oper musste außerplanmäßig noch ein drittes Mal gegeben werden. Szenkar sagte später, das Publikum von Barcelona sei viel aufgeschlossener und aufnahmefähiger gewesen als das von Madrid. Am 10. Januar dirigierte Szenkar den Rosenkavalier, bevor er weiter fuhr nach Madrid, wo er in diesem Jahr nicht Opern dirigierte, sondern ein Orchesterkonzert im Rahmen des Deutschen Musikfests (IV. Symphonie von Brahms, Schönbergs Verklärte Nacht und Hindemiths Nush-Nushi-Tänze). Das Kölner Tageblatt druckte Auszüge von Rezensionen aus sechs spanischen Zeitungen ab, die den Kölnern zeigten, wie sehr ihr Generalmusikdirektor im Ausland geschätzt wurde – was zu Hause ja nicht immer der Fall war. Da liest man, dass seine „Ausdrucksfähigkeit keine Grenzen“ kenne, dass er „eine Spitzenpersönlichkeit unter den heutigen Dirigenten“ sei, „eine ganz vereinzelt dastehende Dirigentenerscheinung“, ein „Virtuose des Taktstocks, der keine Unklarheiten und Nicht-Eindeutigkeiten der Wiedergabe duldet“146 und der Kritiker von El Sol schrieb: Mit der vierten Symphonie von Brahms gab uns Szenkar, der mit der ungeheuren dynamischen Kraft seines Dirigierens auch einen Zementblock zum Klingen bringen könnte, ein bewunderungswürdiges Bild Brahmsschen Schaffens. Ob zu Recht oder zu Unrecht, die Brahms-Renaissance [...] wird verständlich, wenn die Werke des großen Hamburgers so dirigiert werden, wie gestern Abend!
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Er beendet seine Kritik mit den Worten: Kapellmeister Szenkar „Auf Wiedersehen“ [in deutsch], und bringen Sie das nächste Mal einen weiteren Hindemith und weitere Musik junger Deutscher in Ihrem Koffer mit. 147
Während dieses Gastspiels machte Szenkar die Bekanntschaft mit einer Reihe von spanischen Komponisten, unter anderen Manuel de Falla, Ernesto Halffter und Joaquín Turina. Halffters Sinfonietta, die dieser drei Jahre vorher als 20-Jähriger komponiert hatte, brachte er gleich im Hebst 1928 zur argentinischen Erstaufführung. Es ging ihm persönlich nicht gut während dieser Zeit. An Hermine schrieb er mehrmals, dass es ihm „mies gehe“. Und am 13. Januar 1928 aus Barcelona: Ach, ich mag nicht mehr leben, mir ist alle Lust weg, nur Aufregungen und Aufregungen! Ich bin so müde! – Und schwach bin ich, ich kann kaum auf meine Beine stehen!
Den Rückweg von Madrid nahm er über Davos, wo er sich mit Hermine traf und einige Tage ausspannte. Nach seinen Erfolgen im Ausland 1927 und 1928 begann Szenkar, sich aktiv um sein Renommee zu kümmern, wahrscheinlich auf Anregung von Hermine, die langsam seine „Karriere“ in die Hand nahm. Er beschwerte sich beim Direktor der Universal Edition, dass seine Kölner Aktivitäten und seine Erfolge in Spanien nicht im Anbruch erwähnt würden: Und gerade Ihr Verlag müsste am besten wissen, was in Köln alles musikalisches geschieht, da da [sic] wir mit Ihnen ständig in geschäftlicher Verbindung stehen. Über unsere verschiedenen Novitäten, über meine Opernhauskonzerte, z. B. Mahler-Abend, die Fünfte und das Lied von der Erde, über meine Barcelonaer un [sic] Madrider Gastspiele und Konzerte, über die während der Pressa-Ausstellung geplante Aufführung der „Achten” von Mahler (Werke aus Ihrem Verlag) [...] kann man leider im „Anbruch” nicht eine Zeile lesen! Während z. B. im letzten Heft des „Anbruch” über die Aufführung des Balletts „Chout” von Prokofieff aus Duisburg berichtet wird, stand niemals eine Nachricht darüber, dass dieses Werk in voriger (!) Spielzeit bereits in Köln uraufgeführt wurde!148
In seinem Antwortbrief bedauerte Dr. Heinsheimer das „tatsächlich höchst unliebsame Versehen“, erinnerte an die besondere Wertschätzung, die durch die Veröffentlichung der ausführlichen Studie über seine Person im Anbruch dokumentiert sei, und wies im Übrigen darauf hin, dass aus Köln niemals Mitteilung
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von Aufführungen, Gastspielen etc. gemacht würden. Er bat Szenkar, einen Mitarbeiter seines Büros zu instruieren, die Redaktion des Anbruch von allen seinen Aktivitäten zu benachrichtigen, da sonst manche wichtigen Ereignisse unerwähnt bleiben, da der Veranstalter eben hiervon so wenig Aufhebens gemacht hat, wie Sie, sehr verehrter Herr Generalmusikdirektor, dies in einer heutzutage sehr seltenen Bescheidenheit tun.149
Auch in der Folgezeit mahnte Szenkar wiederholt die Korrektur von Falschmeldungen an, die sich auf Aufführungen in anderen Städten bezogen. Nach seiner Rückkehr hatte er einen triumphalen Erfolg mit dem Rosenkavalier. Im März dirigierte er Mozart und Strauss und frischte den Julius Cäsar wieder auf, den er beim Gastspiel in Wien präsentieren wollte. Ende März brachte er als letzte der Mozart-Neueinstudierungen die Entführung aus dem Serail heraus: Nun ist mit dieser Neueinstudierung der Mozart-Opernring geschlossen, eine einheitliche, gleich- und hochwertige Mozart-Interpretation zeigt unsere Oper auf neuzeitlich hohem Niveau, seien es nun die rein musikalischen oder darstellerisch-szenischen Belange. [...] Eugen Szenkars stilistische Hellhörigkeit, seine spontane Fähigkeit der Mozart-Einfühlung, der Aufdeckung letzter melodischer und koloristischer Intimitäten, seine stets flexible, anregsame Temponahme brachten, von der köstlichen Ouvertüre angefangen, für jedes empfangsbereite Ohr verfeinerte Genüsse.150
Auf das Programm des zweiten Opernhauskonzertes der Saison hatte er neben der Großen C-Dur-Symphonie von Schubert zwei moderne Werke gesetzt, Schönbergs Verklärte Nacht und Sacre du Printemps von Strawinsky. In das einhellige Lob der Kritik über die Aufführung mischte sich doch leise Kritik an Szenkars Dirigierstil: Die Naivität wurde hier von der Virtuosität zu stark verdeckt, insbesondere bei der motorisch sensiblen Art des Dirigenten und seiner eleganten Geste, die auch in der Aufführung noch zu viel verdeutlicht, worüber man sich in der Probe schon verständigt hat oder einig geworden sein sollte. Suggestive Wirkung läßt sich auch mit einfachern Mitteln erzielen, wenn auch dem Dirigenten zugute gehalten werden muß, daß er meist vom Theaterpult aus sich frei auszugeben gewohnt ist.151
Einer Serie von Mozartopern folgte eine Neueinstudierung von Offenbachs Schöne Helena:
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Unser Opernhaus hat nun zu einem lang vorbereiteten Streiche nach der Richtung des Kassenerfolges ausgeholt [...]. Das sonst nur der ars severa geweihte Haus durchhallte fröhliches Gelächter und Beifall auf offener Szene, als Paris Lied vom Berge Ida – von Roswaeng e virtuos gesungen – erklang, begehrte man es, vergessend der geheiligten Stätte, sogar zur Wiederholung. Kein Geringerer als Generalmusikdirektor Eugen Szenkar hatte die Sorge für die musikalische Seite der Angelegenheit übernommen, und es ist durchaus verständlich, wenn ein Musiker, der sonst stets durch die schwerwiegendsten und kompliziertesten Aufgaben beansprucht ist, einen besonderen Reiz darin findet, nun einmal ein solch übermütiges Schoßkind der leichten Muse mit aller klanglichen Delikatesse pfleglich zu behandeln. [...] Szenkars glänzende Musikalität erwies sich von den ersten Takten der famosen Ouvertüre an, er behandelt diese Musik mit kammermusikalischer Feinheit und Sorgsamkeit der Klangschattierung, hat vor allem den empfindsamsten rhythmischen Nerv.152
In der Tat hatte die sich stetig zuspitzende Wirtschaftskrise dazu geführt, dass Rémond sich in immer stärkerem Maße am Publikumsgeschmack orientieren musste. Auf Dauer war es nicht bezahlbar, Werke mit großem Aufwand einzustudieren, die bestenfalls zwei bis drei Wiederholungen fanden. Gastspiel der Kölner Oper in Wien
Das wichtigste Ereignis der Spielzeit war für die Kölner Oper ihr Gastspiel in Wien anlässlich der Rhein-Donau-Woche. Die Kölner waren mit dem Städtischen Orchester, den beiden Generalmusikdirektoren Abendroth und Szenkar, dem Intendanten Rémond, dem für Kultur zuständigen Stadtverordneten Dr. Meerfeld, mit dem Chor und den Sängern, mit dem Bühnenbildner Hans Strohbach, mit den eigenen Kulissen und der eigenen Bühnentechnik angereist. Das Gastspiel – drei Opernaufführungen unter Szenkar und ein Konzert unter Abendroth – war nicht nur ein musikalisches, sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis. In der Presse wurde über alle Einladungen und Empfänge berichtet, die namhaften Gäste, die die Aufführungen besuchten, wurden aufgezählt. Vor dem Gastspiel wurde ein ausführliches Interview mit Dr. Meerfeld, Rémond und Szenkar abgedruckt, in dem sie über den Zweck des Gastspiels sprachen. Zum Abschluss sagte Szenkar: Was ich aber jedem einzelnen Wiener zurufen möchte, das ist, daß er sich gar keine Vorstellung von dem Glücksgefühl machen kann, das mich bei dem Gedanken überkommt, in diesem Wiener Opernhaus musizieren zu dürfen, auf dessen vierter Galerie ich einst als junger Bub zur Zeit Gustav Mahlers die unvergesslichen Eindrücke empfangen habe.153
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An Hermine schrieb er: Heute Mittag bei Wellesz zu Tisch ... doch sehr anstrengend – am Donnerstag Cäsar, nachmittags Tee beim Unterrichtsminister und es geht so fort ... Mittwoch Mittag bei Korngold, ... wenn nicht irgendein „hohes Tier“ uns wieder bittet. Immerhin wird man sehr bekannt – aber das wichtigste ist das Künstlerische, wenn das nur alles klappt!154
Und es klappte! Der Erfolg der drei Opernaufführungen war ein überwältigender. Dabei war das Programm durchaus mutig. Man bot mit Julius Cäsar eine Händel-Oper, die an der Wiener Staatsoper noch nicht aufgeführt worden war, mit Pelléas und Mélisande von Debussy ein Werk, das generell dem Publikum nur schwer nahezubringen war, und mit Così fan tutte wagte man „Eulen nach Athen zu tragen“ – Mozart im Zentrum der Mozartpflege. Bereits der erste Abend, Julius Cäsar, wurde herzlich und begeistert aufgenommen, vor allem Szenkars Leistung wurde gewürdigt: In der Stabführung mag er manchmal an Schalk erinnern, in seiner Energie manchmal an Furtwängler. Er hat Rhythmus, Schwung, Temperament, übersieht alles und übersieht dabei nichts, was irgendwie Bedeutung, Ausdruck hat.155 In der sorgfältigen dynamischen Abschattierung, plastischen Akzentuierung, in ungezwungener Ausdeutung der dramatischen Ansätze, in der liebevollen Hebung insbesondere aller lyrischen Schätze, vollends in treuester Geleitschaft für den Sänger – in all dem äußert sich ein Dirigent von Klasse.156
Mit der Aufführung Pelléas und Mélisande, die im Rundfunk übertragen wurde, hatte er sich endgültig als Publikumsliebling etabliert und die Presse verglich ihn mit berühmten Kollegen: Wiederum hat sich Generalmusikdirektor Szenkar als außerordentlicher Künstler, als echter Führer bewährt, der die Bühne in seiner Hand hält und das Orchester – ein erstklassiges Orchester – aufs feinste und reichste abtönt. Der junge Orchesterführer wurde vom Publikum aufs wärmste akklamiert; schneller kann man nicht zum Wiener Liebling avancieren als der ausgezeichnete Musiker, der sich durch bedeutende Leistungen gehörig in Respekt gesetzt hat.157 Auch musikalisch steht diese Aufführung auf Vollkommenheitshöhe. Generalmusikdirektor Eugen Szenkar, schon als Dirigent der Händelschen Oper „Julius Cäsar“ vortrefflich, bewies in der Aufführung von „Pelleas und Melisande“ ein nicht gewöhnliches Talent für Propor-
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tion, besonnene Steigerung, für Rhythmus und sehr feine Differenzierung der Klangfarben. Seine Stabtechnik und musikalische Exegese stellt eine Art Kreuzung zwischen Weingartners und Bruno Walters Vortragskunst dar, nur in verjüngter Ausgabe; als bestes Erbteil besitzt er die Präzision dieser beiden Meister des Taktstocks.158
Ernst Decsey, einer der führenden Musikkritiker seiner Zeit, hob auf das Gesamtkunstwerk ab, wenn er über den Pelléas sehr poetisch (er war auch ein renommierter Schriftsteller) schrieb: Ich habe mir von den Kölner Künstlern kaum einen mit Namen gemerkt, denn alles war auf Ensemble eingestellt [...]. Aber ich glaube, „Pelleas und Melisande“ erst jetzt gesehen zu haben. Ich besuchte seinerzeit die Opera Comique in Paris und muß gestehen, das Werk schien durch die Kölner weit schöner und französischer. Ja, sie haben den Stil des Debussysmus unter Selbstaufopferung gezeigt, traten als Darsteller hinter dem Werk zurück, dem sie damit dienten. [...] Unvergeßlich wird mir die berühmte Szene mit den Haaren Melisandes als Meisterstück traumhafter Bühnenkunst bleiben. [...] Die Farben, die eben bunt aufleuchteten, erlöschen, Märchengrün verwandelt sich in fahles Grau, die Worte klingen mit gedämpfter Deutlichkeit, keine Silbe fehlt oder stört, zur Lichtbehandlung tritt die sanfte Lasur des untermalenden Orchesters, und ich muß gestehen: einen solchen Zauber der Totale erreichte bisher auch unsere Staatsoper nicht. Hier sind die Kölner Lehrmeister ...159
Alban Berg schrieb Szenkar einen warmen Dankbrief: Sehr verehrter Herr Generalmusikdirektor, es ist mir ein aufrichtiges Bedürfnis, Ihnen für den wundervollen Opernabend zu danken, den Sie mir durch Ihre Pelleas-Aufführung bereitet haben. Ich habe in den letzten Jahren selten eine so einheitliche Darstellung einer Oper erlebt, wie die gestrige. Auch im Wiener Opernhaus nicht! Die Art wie Sie diese leicht zerfließende Musik (die ich übrigens über alle Maßen liebe) zusammengehalten haben und überhaupt die Art Ihres Musizierens hat mir große Freude gemacht. Nicht minder alles, was von der Bühne selbst ausgegangen ist, was viel heißen will in einem fremden Haus. Ich gratuliere Ihnen herzlichst dazu – und ebenso den Kölnern zu ihrem Generalmusikdirektor. Ihr sehr ergebener AB160
Die Begeisterung erreichte am dritten Abend mit Così fan tutte ihren Höhepunkt. Szenkars Mozartwiedergabe wurde mit Mahlerschen Aufführungen verglichen. Von allen Rezensenten wurde auch hier wieder die großartige Ensembleleistung betont. Hier sei nur eine Rezension, die des berühmten Musikkritikers Julius Korngold, dem Vater des Komponisten Erich Wolfgang Korngold wiedergegeben, diese aber in Ausführlichkeit:
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Die Kölner sagten es dreimal und zum drittenmal am eindringlichsten. Ernstes künstlerisches Erfassen und Wollen, dem sich auch die erforderliche künstlerische Arbeit zugesellt, kann Wunder wirken. Unter diesen Sängern reichen wohl nur wenige über ein sehr gutes Mittelmaß hinaus. Aber zu welcher erstaunlichen Ensemblewirkung schließen sie sich zusammen! Für diese Aufführung, die möglichsten Einklang von Orchester und Szene, Wort, Ton und Aktion erstrebt, den phantastisch-spielerischen, tändelnd-schwärmerischen, zarten und zärtlichen „Cosi fan tutte“-Ton mit sprühendem Buffogeist verbindet, ist das Wort „mahlerisch“ gefallen; wir nehmen es auf und vertreten es. Unzweifelhaft hat Herr Szenkar, der ausgezeichnete, mit wahrer Besessenheit in seine Aufgabe versenkte Dirigent, Mahlersche Ensemblekunst vor Augen; er hat mit seinem Mozart nach Händel und Debussy sein Meisterstück geliefert. Sein Orchester geht auf leichten Füßen, leistet Filigranarbeit in der Abwandlung aller Schattierungen des Zarten und Leisen, modifiziert geschmeidig das grundlegende Lustspieltempo. Selbstverständlich hat man sich auch einen Dirigenten wie diesen an der rhythmischen Präzision, an der Abtönung des Ensembles mitwirkend zu denken, an der Leichtbeschwingtheit und geschmackvollen Gedämpftheit der Buffoszenen, an der leicht parodistischen Färbung des Pathetischen und Empfindsamen, nicht zuletzt an der vorbildlich flüssigen und wortdeutlichen Behandlung der Seccorezitative. Auch das cäsurlose, unmerkliche Ineinanderfließen von Recitativ und Gesangssatz, dieses wichtige dramatische Legato, fehlt nicht, das auf Mahler zurückführt. [...] Es war nicht leicht für das Kölner Ensemble, an der Stätte großer Tradition, reichster Mittel und wählerischen Geschmacks durchzudringen. Es ist durchgedrungen, trug einen großen Erfolg davon und hat überdies in manchem Betracht dem berühmten Hause einen Spiegel vorgehalten. Der Besuch der Gäste war fruchtbar für sie wie für uns. Eine Bilanz, die die Scheidenden doppelt befriedigen mag.161
Wie Alban Berg, so waren auch viele andere anwesende Komponisten von Szenkars Leistung beeindruckt. Wilhelm Kienzl (von dessen Kompositionen man heute fast nur noch den Evangelimann kennt) überreichte ihm als Anerkennung für die Aufführung von Così fan tutte seine jüngst erschienene Wagner-Biographie mit der Widmung „So machen’s nicht alle!“162 In seinem Überblick über das Gesamtgastspiel gab Ernst Decsey noch einmal eine abschließende Charakterisierung des Dirigenten Szenkar und seines Orchesters: Eine wertvolle Bekanntschaft war das Kölner Orchester, ein Phänomen der Genauigkeit. Ein Apparat, der auf den feinsten Druck reagiert, besonders in den schönen Holzbläsern. In „Pelleas“ entstiegen dem mystischen Abgrund geradezu Tonwolken, und der Zauberer am Pult war Eugen Szenkar, ein Ungar, der in Wien studierte, in Deutschland groß und ein geradezu vorbildlicher Dirigent wurde. Gern möchte man diesen lächelnden Probentyran-
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nen einmal als Konzertdirigent in Wien hören. Er muß seine Leute fürchterlich geschunden haben, denn alles ging wie am Schnürchen, und er muß selbst sein größter Kritiker sein, denn er zeigt sich als Oekonom der eigenen Affekte, legt bei Mozart den Stab beiseite, übt bei Debussy zarte Zurückhaltung und läßt nur gelegentlich, für zwei Takte, den inneren Vulkan ausbrechen.163
Im Berliner Börsen Courier berichtete Rosenzweig, die Leistungen der Sänger und namentlich des Orchesters seien hervorragend gewesen, der Beifall habe sich an allen drei Abenden „sichtlich auf Szenkar konzentriert“. Szenkar selbst nutzte die Nähe zu Budapest, um seiner Mutter einen Kurzbesuch abzustatten – nicht ohne der ungarischen Presse ein ausführliches Interview gegeben zu haben. Die Oper im Wandel der Zeiten. Mahlers „Symphonie der Tausend“
In Köln wartete bereits das nächste Großereignis auf die erfolgreichen Rückkehrer aus Wien. Am 12. Mai 1928 eröffnete die Internationale Presse-Ausstellung, kurz Pressa, ihre Pforten. Aussteller aus 43 Ländern präsentierten sechs Monate lang ihre Exponate in teilweise exklusiven Pavillons. Den russischen Pavillon beispielsweise hatte El Lissitzky gestaltet. Einige hundert Tagungen wurden in diesem halben Jahr abgehalten, die Besucherzahl soll etwa fünf bis sechs Millionen erreicht haben. Die Stadt gestaltete ein aufwendiges Kulturprogramm mit Gastspielen der Mailänder Scala, der Wiener Staatsoper und des Staatsopernballetts, mit Konzerten der Wiener und Berliner Philharmoniker, und natürlich fiel auch der Städtischen Oper eine wichtige Rolle zu. Szenkar gestaltete zusammen mit Jalowetz und Schröder einen Zyklus Die Oper im Wandel der Zeiten, in dem an 14 Abenden das Opernschaffen von Monteverdi bis Krenek vorgestellt wurde. Er begann den Zyklus am 22. Mai mit der Erstaufführung von Monteverdis Orfeo in der deutschen Übersetzung von Jalowetz, kombiniert mit einer Neuinszenierung von Pergolesis Die Magd als Herrin. Der Orfeo wurde als historische Rarität wahrgenommen, die Friedland nicht „für im eigentlichen Sinne lebensfähig“ hielt, über Pergolesi schrieb er: Die kleine Farce amüsierte die Hörer auf das Höchste. Eugen Szenkar saß mit sieghafter Ueberlegenheit und unermüdlicher Elastizität am Dirigentenpult, gleichzeitig als virtuoser maestro al cembalo technisch glänzend und in sprühender Laune begleitend und führend. Ganz entzückend kolorierend und quasi improvisiert [...] spielte er, bald zwei-, bald einhändig den Cembalo-Part bei Pergolese. Sein unfehlbarer Stilinstinkt trat neben einem empfindsamen Klanggefühl gerade angesichts so schlichter, auf das Wesentliche konzentrierter Aufgaben bis zur Evidenz hervor.164
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In der weiteren Serie übernahm er selbst noch Julius Cäsar, Così fan tutte, Fidelio, Rosenkavalier und Pelléas und Mélisande. Als Festkonzert im Rahmen der Pressa wurde die VIII. Symphonie von Mahler als drittes Opernhauskonzert aufgeführt. Szenkar brachte sie an drei Tagen hintereinander zu Gehör (öffentliche Generalprobe und zwei Abende). Alle drei Aufführungen waren ausverkauft. War Mahler plötzlich ein Lieblingskomponist der Kölner? Jacobs meinte, das große Interesse und der Erfolg gründeten sich unter anderem darauf, dass eine ganze Reihe von Gesangsvereinen der Stadt mitwirkte, die ihre „Freudigkeit am Kunstwerk bis tief in die Bürgerschaft hinein getragen“ hätten. Neben dem Opernchor hatten zwölf weitere Chöre mitgewirkt, von Männergesangsvereinen bis hin zu Schulchören. Die Aufführung wurde natürlich in allen Blättern in höchsten Tönen gelobt, als „Großtat“, als „bemerkenswertes Ereignis für die Musikgeschichte Kölns“, als „machtvolle Aufführung“ und Friedland schloss seine Rezension mit den Worten: Am Schlusse gab es an beiden Abenden Ovationen von einer Heftigkeit und Ausdauer, wie sie in Köln wohl nur ganz ausnahmsweise erlebt werden. Szenkar, von Kränzen und Blumenspenden überdeckt, lenkte diese Begeisterungsstürme auf die Mitwirkenden, Solisten, Chor und Orchester, ab. Es waren ganz unvergeßliche Eindrücke.165
Interessant und bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Symphonie als Opernhauskonzert aufgeführt wurde. Normalerweise fanden die großen Festkonzerte im Rahmen der Pressa in der großen Messehalle statt, die wohl in der Tat für das Massenaufgebot an Mitwirkenden geeigneter gewesen wäre. Im Opernhaus musste das Podium weit ins Parkett hinein vergrößert werden, die akustische Enge des Bühnenraums war der Klangentfaltung sicher nicht zuträglich. Es ist zu vermuten, dass hier ein Machtkampf zwischen Abendroth und Szenkar ausgetragen wurde. Szenkar hatte im Oktober 1927 an Hermine geschrieben Besprechung mit Remond bis 2h. Denk’ Dir, Abendroth ist ausser sich wegen 8. Mahler, Sitzung nächsten Montag wieder, bin gespannt was sein wird und ob Mahler geht oder nicht (Chor!). Ich dachte mir schon so etwas!166
Hätte das Konzert in der Messehalle stattgefunden, hätte natürlich der städtische Generalmusikdirektor für das Konzertwesen die Leitung gehabt – nur durch die Deklaration „Opernhauskonzert“ fiel sie an Szenkar. Das ist übrigens der einzige Hinweis auf Unstimmigkeiten zwischen den beiden „Generälen“. Ansonsten scheint Szenkar sich, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger, gut mit Abend-
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roth verstanden zu haben. Sie vertraten einander auch fallweise gegenseitig in Konzert oder Oper. Schallplattenaufnahmen
Vor der Mahler-Aufführung war Szenkar Mitte Juni noch in Berlin gewesen, um seine erste Plattenaufnahme zu machen. Mit dem Orchester der Berliner Staatsoper spielte er für Odeon Beethovens V. Symphonie ein. Es war eine der drei ersten Aufnahmen dieser Symphonie mit dem neuen elektrischen Aufnahmeverfahren, das 1925 in den USA entwickelt worden war. (Die beiden anderen Einspielungen dirigierten Furtwängler und Strauss). Die Erlebnisse während der beiden Aufnahmetage (15./16.6.1928) waren für ihn traumatisch: Alle vier Minuten musste unterbrochen werden, um die Wachsplatten zu wechseln, wegen der letzten 200 Takte hätte eine weitere Wachsplatte geschnitten werden müssen – man bedeutete ihm, er solle schneller dirigieren. Er tobte und zerstörte wütend eine der Wachsplatten. Nun, die Aufnahme wurde zu Ende geführt, aber er schwor sich, nie mehr für die Schallplatte zu musizieren: Wenn man ihn hören wolle, solle man in seine Konzerte kommen. Im Übrigen war er der Auffassung, dass beglückendes Musizieren der Wechselwirkung von ausführenden Musikern und Publikum bedürfe. Toscanini, der acht Jahre früher bei Aufnahmen in der Mailänder Scala ähnlich „entsetzliche Erfahrungen“ gemacht hatte, schwor ebenso, nie wieder ein Studio zu betreten. Er hat diesen Schwur nur fünf Jahre lang gehalten, Szenkar den seinen leider fast lebenslänglich. Später hat er diese Haltung manchmal bedauert, hat auch in den 50er Jahren einige wenige Plattenaufnahmen gemacht. Diese fristeten aber schon bald ein eher jämmerliches Dasein bei Buchclubs – er hatte den Anschluss an den Musikkommerz längst verpasst. Mit dem Ende der Spielzeit ging Rémond in den Ruhestand, was Szenkar sehr bedauerte. Er hatte sich „vorzüglich“ mit ihm verstanden und Rémond hatte seiner Arbeit „stets vollstes Vertrauen gezollt“. Während der „schönen Zusammenarbeit“, an die er in den Folgejahren oft wehmütig zurückdachte, wurden alle fünf Mozart-Opern des Repertoires neu inszeniert, es wurden Barockopern eingeführt (Monteverdi, Händel) beziehungsweise neu in Szene gesetzt (Pergolesi, Gluck), das Repertoire der Strauss-Opern wurde erneuert und um Intermezzo erweitert. 13 zeitgenössische Werke fanden in dieser Zeit ihre Erstaufführung und zwei Werke ihre Uraufführung in Köln. Gastspiel in Buenos Aires
Drei Wochen nach dem Mahler-Konzert befand sich Szenkar auf dem Schiff auf der Reise zu seinem ersten Engagement in Buenos Aires. Er war offensichtlich in einer verheerenden psychischen Verfassung, schrieb verzweifelte Briefe
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an Hermine, er habe „Angst, sich etwas anzutun“, er sei „seiner selbst nicht mehr Herr“: Ich versuche mich zusammenzunehmen, aber es geht nicht, ich kann die Zeit mit nichts zerschlagen, ich müßte etwas arbeiten, aber auch das kann ich nicht! Mein Herz tut mir so weh, ich habe so etwas noch nie empfunden, ich kenne solche Gefühle gar nicht! [...] Ich habe so namenlose Angst vor irgend etwas – ich weiß nicht, was das ist, aber eine schreckliche Angst und bin so allein! [...] Ich weiß was Schwermut ist, es ist eine furchtbare Krankheit und man ist seiner Sinne nicht Herr! Mein Gott, ich hätte diese Reise nicht allein unternehmen dürfen!!! Warum hast Du mich reisen lassen?167
Nach weiteren Briefen der Todessehnsucht und Verzweiflung erhielt Hermine einen Panik-Brief, seine Frau sei unterwegs zu ihm, er „sterbe vor Aufregung“, „zittere am ganzen Körper“: Lieber Himmel, warum bist Du jetzt nicht bei mir, keine Hilfe, keine Stütze, – das alles 3 Tage vor meiner Ankunft!!! Lieber Gott, was ist das für eine schreckliche Zeit, die ich jetzt durchmachen muß! Nur Kraft, um diese letzte Probe auszuhalten!168
Per Depeschen konnte er seine Frau zur Umkehr bewegen, stattdessen machte sich Hermine auf den Weg nach Südamerika. Sie kam Anfang September in Buenos Aires an, wo die Zeitungen schon die Rezensionen über Szenkars ersten Konzertabend brachten. Das Gastspiel stand unter keinem guten Stern, wegen eines massiven organisatorischen Chaos war er zwei Wochen zu früh in Buenos Aires angekommen, das heißt, er musste zwei Wochen warten, ehe er mit seiner Probenarbeit beginnen konnte, da das Gastspiel von Gaston Poulet noch andauerte. Durch diese Verschiebung waren auch die deutschen Sänger, mit denen er Mahlers Lied von der Erde aufführen wollte, nicht mehr verfügbar. Er musste mehrere Werke streichen, deren Aufführung er eingeplant hatte, neben dem Lied von der Erde auch die V. Symphonie von Mahler, die II. Symphonie von Borodin und die I. Orchestersuite von Bartók. Das Programm, das er für sein Eröffnungskonzert vorgesehen hatte – Meistersinger-Vorspiel, Sacre du Printemps und Schuberts Große C-Dur-Symphonie – wurde durch ein Sammelsurium von Werken ersetzt, da die Probenzeit für Strawinskys Werk zu kurz war. So musste er sich mit der Ouvertüre zu Figaros Hochzeit, Strauss’ Don Juan, Schönbergs Verklärte Nacht, Hindemiths Nusch-Nuschi-Tänzen, dem Meistersinger-Vorspiel und Beethovens V. Symphonie – als erratischem Block in der Mitte des Programms – dem Publikum bekannt machen, das zunächst voreingenommen war. Man kannte ihn nicht und er sollte Erich Kleiber ersetzen, der in
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den vorhergehenden Jahren Triumphe in Buenos Aires gefeiert hatte und vom Publikum geliebt wurde. Nun, er eroberte das Publikum im Sturm, auch die Kritiken waren voll des Lobes – der Kritiker von La Acción stellte seine Interpretation von Beethovens Fünfter gleichberechtigt neben die von Nikisch, Weingartner und Strauss, die das Werk früher in Buenos Aires dirigiert hatten. Lediglich der Kritiker der Deutschen La Plata Zeitung setzte sich kritisch und im Einzelnen konkret mit seinem Dirigat auseinander, sodass es sich lohnt, die Rezension in größeren Teilen wiederzugeben: Szenkar ist kein Architektoniker, sondern seine Einstellung ist malerisch: Helldunkel in vielfacher Abstufung schwebt über diesem mit aller Eindringlichkeit und mit reichen Ausdrucksmitteln geformten Ton. Das jäh vorstoßende Temperament Szenkars gibt diesen Interpretationen ihre eigne Note nach der guten und der schlechten Seite hin. Es fehlt noch die Gabe, das unbewußt Triebhafte zu kritisch-abgewogener Darstellung zu erhöhen [...]. Sprunghafte Tempi-Cäsuren statt logischer Entwicklungen verderben Manches. Dadurch drängte sich gerade in den Ecksätzen der Fünften Leerheit der Form hervor. Nur die Blocksbergstimmung des Scherzos wurde annähernd ausgeschöpft. Auch der langsame Satz war empfindungsarm. Die „Meistersinger“ Szenkars marschieren im Filmschritt, sie laufen – und sie überstürzen sich. Die Bläser, der schlechteste Teil des Colonorchesters, hinken atemlos diesem nervösen Stechschritt nach. So wäre bezüglich Zusammenspiel, Aufbaulogik, Steigerungslinie Vieles zu sagen. [...] Der Erfolg war nach Schönberg und Hindemith am stärksten: „erstklassig“.169
Das Programm wurde in der folgenden Woche „zu volkstümlichen Preisen“ wiederholt. Im zweiten Konzert brachte Szenkar Tschaikowskis VI. Symphonie, die Suite aus der Liebe zu den drei Orangen von Prokofjew, die Cimarosiana von Gian Francesco Malipiero und Kodálys Háry-János-Suite, im vierten Konzert endlich, neben Schuberts Großer C-Dur-Symphonie Sacre du Printemps, dem er „zu einem Sieg verhalf “, was ihm einen „bleibenden Platz im Gedächtnis des Teatro Colon sichere“. Der Kritiker der Deutschen La Plata Zeitung sprach von einem „Markstein in der Geschichte unseres Konzertwesens“. Insgesamt waren seine Programme wegen der vielen Werke, die er erstmals in Argentinien zu Gehör brachte, „von höchster künstlerischer Bedeutung“. Zu den Neuheiten gehörten nicht nur „moderne“ Werke wie der Sacre, den er zweimal aufführte, die Nusch-Nuschi-Tänze (zwei Aufführungen), Schönbergs Verklärte Nacht (zwei Aufführungen), Kodálys Háry-János-Suite, Malipieros Cimarosiana, die Sinfonietta von Ernesto Halffter und das Adagietto aus der V. Symphonie von Mahler, sondern auch Liszts Faust-Symphonie und vor allem die Messe in Es-Dur von Schubert. Mit diesem Werk machte er tiefsten Eindruck, das Konzert musste
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zweimal wiederholt werden. Die Aufführungen dieser Messe sowie der Großen C-Dur- und der h-Moll-Symphonie waren der „Tribut Argentiniens zum Schubert-Gedenkjahr“. Neben den schon erwähnten Werken führte er Brahms’ IV. Symphonie, Beethovens Leonoren-Ouvertüre III, die Trauermusik zu Siegfrieds Tod aus der Götterdämmerung, das Brandenburgische Konzert Nr. 3 in G-Dur von Bach und Salomes Tanz aus Salome von Richard Strauss auf. Die Resümees seines Gastspiels in der argentinischen Presse waren durchwegs begeistert und stellten vor allem die Programmgestaltung heraus: Durch eine außerordentlich interessante Programmzusammenstellung hat Szenkar eine Abwechslung in die ziemlich eintönige Spielfolge dieses Konzertwinters gebracht und somit eine Kulturtat von allergrößter Geltung vollbracht, die seinen Namen mit der Entwicklung des Musiklebens in Buenos Aires aufs engste verknüpfen wird.170 Trotzdem die Absichten Szenkars, das „Lied von der Erde“ und die fünfte Symphonie Mahlers aufzuführen, an widrigen Umständen scheiterten, muß die Reihe der von ihm zur Erstaufführung gebrachten Werke als bahnbrechend bezeichnet werden. [...] Die schönste und ergreifendste Aufführung aber war die von Eugen Szenkar mit hervorragendem Stilgefühl wiedergegebene Messe Nr. 6 in Es-Dur von Franz Schubert. [...] Wenn wir nocheinmal darauf hinweisen, daß zwei Wochen seines Aufenthalts ohne seine Schuld sinnlos vergeudet wurden, so wächst sein Leistung ins Außerordentliche. [...] Szenkars anfeuernde Leistung aber verdient – unter den besonders schwierigen Umständen dieses Jahres – vorbehaltlose Anerkennung. Es war nach einer gewissen, nur zu begreiflichen Nervosität des Anfangs eine Zeit hingebungsvoller Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Dirigentenvirtuosen [...] und dem argentinischen Orchester, das ihm ganz besonders treu ergeben war.171
Johannes Franze, der eine lange Zusammenfassung des Gastspiels für das Kölner Tageblatt verfasst hatte, in dem auch das organisatorische Chaos genauer geschildert wurde, lobte ebenso wie alle anderen Kritiker ganz speziell die Schubert- Messe, mit der „das überaus reizsame, von inniger Musikseligkeit überströmende Naturell Szenkars“ den Argentiniern einen „neuen Typus deutscher Dirigenten“ gezeigt habe. Dieser Satz dürfte denjenigen Kreisen in Köln, die ihn gerne gegen einen deutschen Dirigenten ausgetauscht hätten, nicht sehr gefallen haben.172 Die Presse zu Hause betonte vor allem, dass der Präsident der Republik in allen Konzerten Szenkars anwesend gewesen wäre und ihn wiederholt in seine Loge gebeten hätte.
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Dr. Heinsheimer von der Universal Edition schrieb ihm: Mit ganz besonderem Interesse und grosser Freude lesen wir von Ihren grossen Erfolgen in Südamerika. Herr Dr. Wellesz hat uns über das, was Sie uns geschrieben haben hinaus noch sehr viel interessantes und erfreuliches berichtet. Es ist wirklich fabelhaft, wie Sie sich mit einem Schlag durchgesetzt haben und die Erfolge, die Sie dort mit unbekannten und zum Teil doch schwierigen Werken errungen haben, sind von einer gar nicht hoch genug zu wertenden kulturellen Bedeutung.173
Intrigen. Die Luft wird dünner und brauner Der neue Intendant Max Hofmüller. Der „Wagner-Krieg“
Nach Köln zurückgekehrt dirigierte er, vom Publikum herzlich gefeiert, Mitte Oktober 1928 den Fidelio. Zu Hause hatte sich einiges geändert. Als Nachfolger für Hofrat Rémond war Max Hofmüller berufen worden. Dieser war wie Rémond ein Theaterpraktiker, war zunächst Opernsänger und dann Opernspielleiter in Hannover und München gewesen. Er galt als gemäßigt-„moderner“ Spielleiter, dem ein organisches Miteinander von Musik, Inszenierung und Ausstattung wichtig war. In einem Vortrag mit dem Titel „Vom Werden des neuen Opernstils“ im Dezember 1928 legte er seine Kerngedanken zur Opernregie dar und bezog sich darin explizit auf Mahler als richtunggebendes Vorbild.174 Man konnte also durchaus auf eine ersprießliche Zusammenarbeit zwischen dem neuen Intendanten und seinem Generalmusikdirektor hoffen, zumal sie ja auch zu Beginn des Jahres in Barcelona erfolgreich zusammengearbeitet hatten. Doch es kam ganz anders. Die zentrumsnahen und klerikalen Kreise, die Szenkar den Mandarin nie verziehen hatten und ihn loswerden wollten, ergriffen die Chance, in Abwesenheit des Generalmusikdirektors den neuen Intendanten für ihre Pläne zu instrumentalisieren. Dass der Unmut gegen Szenkar in gewissen Kreisen schon länger schwelte – nicht nur wegen des Mandarin, sondern auch wegen weiterer „Verfehlungen“ (zum Beispiel Aufführungen von Strawinsky und Prokofjew, Auftreten bei der Gesellschaft für Neue Musik), erfährt man aus der Presse meist nur aus Nebensätzen. Hermine schrieb ihm 1927 nach Madrid, sie sei glücklich, dass es ihm dort gut gehe und dass er die wohlverdiente Anerkennung finde, die er ja leider in dem „verhaßten Köln entbehren“ müsse. Wie man Hofmüller überzeugen konnte, dass Szenkar nicht der richtige Mann auf seinem Posten war, ist nicht bekannt, anzunehmen ist aber, dass man bei seinen Wagner-Interpretationen ansetzte. Hofmüller galt als Wag-
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ner-Freund und -Kenner und hatte in München viel mit Knappertsbusch zusammengearbeitet, der wegen seiner engen Verbindungen mit Bayreuth als berufener Wagnerdirigent galt. Seit Szenkars Dienstantritt in Köln wurde diskutiert, ob er denn Wagner „könne“ oder nicht (die alte Diskussion, die auch schon bei Klemperer geführt worden war). Während seine Tristan- und Meistersingerinterpretationen – zumindest vor dem „Skandal“ – durchwegs positiv besprochen wurden, schieden sich die Geister bei seiner Darstellung des Ring von Anfang an. Anton Stehle, der Musikkritiker für die Kölnische Volkszeitung, das Organ der Zentrumspartei, schrieb explizit in seiner Mandarin-Rezension, dass Szenkar „Wagner nicht könne“ und wollte ihm generell kein „inneres Verhältnis“ zur Kunst Richard Wagners zubilligen. Dr. Jacobs, der Kritiker der Kölnischen Zeitung, der in der Regel recht ausgewogen urteilte, befand, dass Szenkars Gefühl dem Ring gegenüber weniger gefestigt sei als etwa dem Tristan gegenüber. Es kann Wahres daran sein, fällt doch auf, dass zum Beispiel die Besprechungen von Rosenkavalier und Mozart-Opern über Jahre konstant die gleichen Charakteristika seiner Interpretation herausstellten, während etwa die Walküre manchmal als verhetzt, manchmal als zerdehnt, manchmal mit zu matten Steigerungen, manchmal mit zu gewalttätigen Crescendi beschrieben wurde. Vielleicht war er selbst auf der Suche? Wie dem auch sei, mit dem Erstarken der ultranationalen bis rechtsnationalen Kräfte wurde Wagner zunehmend zum Politikum und zur ideologischen Waffe. Dr. Jacobs sprach das bei einer Tristan-Besprechung im Januar 1929 deutlich an: Hinter den Handgranatenwerfern in der Front, die hoffentlich bald zum Schweigen gebracht werden, fahren andre noch schweres Geschütz auf, die aus Wagner eine Weltanschauung machen.175
„Wagner verstehen“, „sich einfühlen können“, „seine Tiefe ausloten können“ wurde bald zur Chiffre für „deutsch sein“, was sich zunächst nur auf die Volkszugehörigkeit, bald aber auf die Rassezugehörigkeit bezog. Im Westdeutschen Beobachter, dem Zentralorgan der NSDAP, erreichten die Ausführungen zu Wagner/ Szenkar ab 1930 einen unrühmlichen Höhepunkt. Hofmüller hatte eigentlich keine Handhabe gegen seinen Generalmusikdirektor, zumal Orchester und Ensemble voll hinter diesem standen. Er verlegte sich deshalb auf eine Zermürbungstaktik, die so einmalig war, dass sie bis in die Berliner Presse gelangte. Dort wurde ein langer Artikel aus dem Kölner Tageblatt unter der Überschrift „Zur Krise an der Kölner Oper“ zitiert und zusammengefasst:
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Die Schwierigkeiten sind tatsächlich dadurch entstanden, daß, wie das offenbar genau informierte „Kölner Tageblatt“ in einem ausführlichen Artikel mitteilt, der Intendant Prof. Hofmüller planvoll darauf hinwirkt, den Generalmusikdirektor Szenkar, „diesen ausg ezeichneten Musiker hinauszudräng en“. Und zwar wendet Hofmüller schon seit längerem die Methode der Brüskierung an; das „Kölner Tageblatt“ berichtet darüber: „Nicht nur werden neue Opern über den Kopf des Herrn Szenkar hinweg angenommen, es werden Gesangspartien besetzt, ohne dessen Rat einzuholen, es werden Sänger verpflichtet, ohne den obersten musikalischen Leiter zu hören, es werden ebenso Verträge gekündigt, ohne vorher dessen Urteil eingeholt zu haben.“ Darüber hinaus aber hat nun Hofmüller – ein tatsächlich einzig dastehender Fall – den Münchner Generalmusikdirektor Knappertsbusch als Gastdirigenten für den „Ring“ engagiert, ohne dem eigenen musikalischen Leiter des gemeinsam betreuten Hauses ein Wort davon zu sagen. [...] Es scheinen höchst befremdende und ohne Zweifel zum Teil völlig unberechtigte Methoden des neuen Kölner Intendanten dort Zustände geschaffen zu haben, die einem in Deutschland sehr wohl geschätzten Künstler wie Szenkar den Boden unter den Füßen wegzuziehen geeignet wären. Aber es ist von der sofort unternommenen Inter vention der Bühneng enossenschaft zu erwarten, daß die Klärung dieser Zustände gleichzeitig ihre Beseitigung herbeiführen werde.176
Friedland hatte im Kölner Tageblatt in dem angeführten ganzseitigen Artikel sehr weit ausgeholt und speziell zur Einladung Knappertsbuschs geschrieben: Schließlich [...] stellt sich heraus, dass ohne ein Wort vorherig er Mitteilung der Münchner Operndirigent Prof. Knappertsbusch zur Leitung des Ringes berufen wurde. Wir sind durchaus der Ansicht, daß d ieses Dirigentengastspiel vollkommen überflüssig ist und eine unnötige neue Etatbelastung darstellt, – wie man über den Dirigenten Knappertsbusch denkt, möge in Alfred Einsteins vor einigen Monaten im „Berliner Tageblatt“ erschienener Besprechung nachgelesen werden –, einen dem Range nach gleichgestellten anderen Gastdirigenten aber hinter dem Rücken des amtierenden Generalmusikdirektors zu berufen, stellt eine Brüskierung allerschlimmster Art dar. Zugegeben, es können sehr wohl künstlerische Gründe bestehen, die Leitung eines bestimmten Werkes von bestimmter stilistischer Beschaffenheit in die Hände eines gerade hierfür qualifizierten auswärtigen Gastkapellmeisters zu legen, so ist es doch noch immer ein Gebot des Taktes, sich mit dem obersten musikalischen Leiter im eigenen Hause vorher darüber zu verständigen. Selbst wenn der Intendant, was eher begreiflich wäre, einen Leo Blech, Karl Muck oder Bruno Walter berufen hätte. Eine solche Mißachtung aber kann von dem betroffenen Generalmusikdirektor (dem so en passant auf seine erstaunte Frage entgegengeworfen wird: „Den Ring dirigieren Sie ja gar nicht!“) nur als eine schwere, ganz unverdiente Kränkung empfunden werden.177
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Anton Stehle von der Volkszeitung brachte eine Gegendarstellung, in der er dem Kollegen Friedland einseitige Darstellung und Verbreitung falscher Informationen vorwarf. Er führte aus: Von einer „Opernkrisis in Köln“ war dieser Tage in auswärtigen Blättern zu lesen [...] Von einer „Krisenstimmung“ kann nur die Rede sein, wenn man sie in notorischen Unstimmigkeiten zwischen dem Intendanten Prof. Hofmüller und Generalmusikdirektor Szenkar erblicken will. Diese Unstimmigkeiten sind letzterdings Fragen der künstlerischen Verantwortung im Hinblick auf eine Reform und Höherentwicklung der Kölner Oper, die sich Prof. Hofmüller zum Ziel gesetzt hat. Dabei spielt die Frage des Wagner-Dirigenten, die im Zusammenhang mit dem jetzt begonnenen „Ring“-Zyklus akut geworden ist, eine Hauptrolle. Man weiß, dass Generalmusikdirektor Szenkar kein inneres Verhältnis zur Kunst Richard Wagners hat – von der lieblosen, stilfernen, improvisatorischen Art zumal seiner „Ring“-Leitung war auch an dieser Stelle wiederholt die Rede. Mozart kann nur dirigieren, wer ihn liebt, Wagner nur, wer die rechte Einstellung zu ihm hat: ein in Tempo und Klang verzerrter Wagner ist schlimmer als gar keiner. Auf Wagners Werke, die das Haus noch immer füllen, kann aber eine Opernleitung nicht verzichten. Darum sah sich der Kölner Intendant für den „Ring“-Zyklus nach einem anderen Dirigenten um. Von den „prominenten“ Wagnerdirigenten, an die die Anfrage erging, war der Münchner Generaldirektor Knappertsbusch bereit, der Einladung zu folgen. Kaum aber war dessen Mitwirkung in Köln bekannt geworden, als er auch schon anonyme Drohbriefe aus Köln erhielt, die ihm einen Theaterskandal in Aussicht stellten, wenn er es wagen sollte, in Köln zu dirigieren. Man darf annehmen, daß diese Drohbriefe aus denselben Kreisen kamen, die neuerdings fast in jeder von Szenkar dirigierten Opernaufführung ihn vor jedem Aktbeginn mit ostentativem Beifallklatschen empfangen – wenn die Oper drei Akte hat, dreimal, bei fünf Akten fünfmal. Knappertsbusch, der den Dingen in Köln ja völlig fern steht, ließ sich, was zu verstehen ist, von den Drohungen einschüchtern und zog seine Zusage zurück. [...] Im Hinblick auf vielleicht gefährdete Belange des Kölner Opernhauses ist aber zu wünschen, daß in dem Kompetenzverhältnis von Intendant und Generalmusikdirektor eine klärende Aenderung mit daraus sich ergebender persönlicher Annäherung eintrete. Das meiste könnte dazu beitragen die wünschenswerte Einsicht des Letzteren, daß nicht „Machtgelüste“ das Motiv für die Maßnahmen des Intendanten sind, sondern der ernste, unbeirrbare Wille, das Kölner Operninstitut zu größtmöglicher Leistungshöhe emporzuführen. 178
Szenkar selbst hatte seine Kollegen Knappertsbusch und Bruno Walter schriftlich befragt, ob er sich dieses Vorgehen des Intendanten gefallen lassen müsse. Bruno Walter hatte ihm geantwortet, dass rein juristisch der Intendant wohl so weit reichende Rechte hätte, bestätigte ihm aber, dass die Intendanz „nach allgemeinem Brauch bei Engagements von Sängern, Kapellmeistern, Chordirektoren etc.
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gewiss nur im Einvernehmen mit dem Generalmusikdirektor vorgehen wird“, dass es ferner natürlich üblich sei, „dass der Generalmusikdirektor bei der Annahme von Neuheiten und den Besetzungsfragen mitbestimmend gehört wird.“ Und schließlich entspreche es „nicht dem an Bühnen herrschenden Brauch“, auswärtige Dirigenten zu verpflichten, ohne sich mit dem Generalmusikdirektor zu verständigen.179 Knappertsbusch, der sehr militärisch knapp geantwortet hatte, sagte das Gastspiel ab, offensichtlich wurde ihm erst durch Szenkars Schreiben klar, dass dieser übergangen worden war. An seiner Stelle wurde Weisbach, der Generalmusikdirektor von Düsseldorf, eingeladen. Doch zurück zum Spielzeitbeginn. Nach dem glanzvollen Einstand mit Fidelio kam die erste gemeinsame Arbeit von Hofmüller und Szenkar heraus – ausgerechnet Wagner: die Neuinszenierung der Meistersinger. In den Rezensionen klingt durch, dass sich die Auffassungen der beiden nicht unbedingt deckten, ein Gleichklang bestehe lediglich darin, dass sie beide um den Abbau von Pathos bemüht seien. Alle Kritiker lobten die Feinheit, Durchsichtigkeit, kammermusikalische Ausarbeitung des Orchesterklanges, waren sich aber einig, dass die Tempi sehr rasch genommen wurden. Je nach musikalisch-ideologischer Richtung wurde das positiv oder negativ interpretiert. Hier formierten sich bereits die Fronten für den „Wagner-Krieg“ im Januar des folgenden Jahres. Während Friedland das Werk in neuem, scharfem Wind „blankpoliert und herrlich wie am ersten Tag“ erlebte, beklagten Jacobs und Stehle die „überhetzten Tempi“. Im Dezember wurde Sly von Ermanno Wolf-Ferrari erstmals aufgeführt. Das Werk hatte großen Erfolg, der Komponist musste sich „unzählige Male mit den Darstellern zeigen, am Schluss mit ihnen auch Szenkar, der schon nach der zweiten Pause eine Sonderovation entgegengenommen hatte.“ Sly hielt sich drei Spielzeiten lang im Repertoire. Szenkar beendete das Jahr mit dem Rosenkavalier und eröffnete 1929 am Neujahrstag mit Tristan und Isolde. Drei Tage bevor der Ring unter Weisbach begann, also auf dem Höhepunkt des „Wagner-Kriegs“, war der oben zitierte Artikel von Friedland im Kölner Tageblatt erschienen, und anlässlich der Tristan-Aufführung am 20.1.1929 bezog dieser erneut Stellung: Man zeige uns am Kölner Dirigentenpulte nur eine andere Persönlichkeit, die imstande wäre, ein Orchester zu einer derartigen Differenzierung, Subtilität, Nervigkeit, Farbigkeit und Impetuosität alles klanglichen zu inspirieren, dabei diese Wunderpartitur bei aller inneren Leidenschaft mit solch überlegener Ruhe und freien Umsicht zu gestalten. [...] Hier offenbarte sich auch einmal in der Temponahme ein ganz sicheres, kongeniales Gefühlsver-
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ständnis für diese Musik, dynamische Höhepunkte wurden atembeklemmend herausgearbeitet, Kontraste mit aller Schärfe entgegengestellt. Und dieser Sphärenklang des Liebesgesanges im 2. Akte, der Verklärung am Schlusse! – Daß ein solcher Künstler nicht 5 Jahre lang vor tauben Ohren musiziert hat und der wirkliche Besucherkreis der Oper für ihn einsteht, kam in überraschender Vehemenz zum Ausdruck, als Generalmusikdirektor Szenkar vor jedem Akt, sobald der am Pult erschien, demonstrativ durch starken Applaus empfangen und am Schluß stürmisch gerufen wurde.180
Vier Tage später legte Friedland mit einem Artikel „Zur Wagner- und Wagner-Dirigentenfrage“ nach, in dem er grundsätzliche Gedanken zu Wagner-Dirigenten und Wagner-Rezeption darlegte. Zum „richtigen Wagner-Dirigieren“, das einige Kölner Kritiker so vehement einforderten, merkte er an, dass die Musiker der Kgl. Hofoper Berlin sich stets freuten, wenn Richard Strauss Wagner dirigierte, da sie dann mindestens 20 Minuten früher nach Hause gehen konnten! Anfang Februar veröffentlichte die Kölnische Volkszeitung einen Artikel mit dem Titel „Verständigung im Kölner Opernhaus“, der hier in großen Teilen wörtlich wiedergegeben sei: Die von dem Theaterdezernenten Dr. Meerfeld geführten Verständigungsverhandlungen in der Angelegenheit Hofmüller – Szenkar haben jetzt zu einem durchaus befriedigenden Ergebnis geführt. In diesen Verhandlungen, zu denen sich eine dritte führende Persönlichkeit des Kölner Musiklebens in höchst dankenswerter Weise zur Verfügung stellte, konnten die beiderseitigen Auffassungen schließlich so angenähert werden, daß der Weg zu einer vollen Verständig ung gegeben war. Sie ist nunmehr erfolgt und gewährleistet auch durch die äußeren Formen, unter denen sie zustande gekommen ist, ein ersprießliches Zusammenwirken des Opernintendanten mit dem Generalmusikdirektor. Hinzugefügt sei noch, daß die städtische Verwaltung die großen künstlerischen Fähigkeiten des Generalmusikdirektors Szenkar nach wie vor rückhaltlos anerkennt und von sich aus keinesfalls den Wunsch hat, ihn aus seinem Kölner Amte scheiden zu sehen. Diese Mitteilung, die einzig erfreuliche in einer Angelegenheit, die weit über Köln hinaus ihren Wellenschlag hatte und besonders in der Künstlerwelt mit erregter Anteilnahme verfolgt wurde, wird man auf allen Seiten mit Genugtuung begrüßen.181
Cologne Fortnight of Opera. Konzert der Gesellschaft für Neue Musik. Mahlers II. Symphonie
Anfang März 1929 brachte Szenkar die Erstaufführung einer Oper von Henri Rabaud Maruf, der Schuster von Kairo – eine eher konventionelle Spieloper. Sie kam beim Publikum gut an, der anwesende Komponist wurde mehrfach
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zusammen mit dem Dirigenten vor die Rampe gerufen. Zwei Tage später, während in Köln ein italienisches Operngastspiel stattfand, gastierte Szenkar bei den Münchner Philharmonikern mit dem 3. Brandenburgischen Konzert von Bach, Beethovens großer Leonoren-Ouvertüre, der IV. Symphonie von Brahms und Liszt’s A-Dur-Klavierkonzert mit dem Solisten Josef Pembaur. Der Kritiker der Münchner Neuesten Nachrichten ging nicht auf die Interpretation der einzelnen Werke ein, sondern allgemein auf den Dirigierstil. Szenkar, der zu den „namhaftesten und talentvollsten Dirigenten“ gezählt werde, [...] verkörpert als Orchesterführer sozusagen den Bewegungs- und Ausdruckstyp, und zwar in dem Sinne, daß bei ihm die Wirkung nicht allein von der interpretatorischen Qualität der Leistung ausgeht, sondern auch, und in erheblichem Grade, von seiner Person selbst, von der Art, von der Technik seines Dirigierens. Dieses Persönliche, das auch den glänzenden äußeren Eindruck bestimmt, tritt dem Kunstwerk gegenüber niemals in den Hintergrund. Es manifestiert sich stets als ein starker, suggestiver Wille, der mit Temperament und virtuosem „Schmiß“ verbunden bleibt; es prägt sich aus in einem reichen Bewegungsaufwand, in der furorischen großen Bewegung wie fast noch mehr in der Fülle kleiner und leichter Zeichen, wobei die „Sprache“ der Hände besonders auffällt.182
Ein Großereignis der Saison waren die Osterfestspiele, die im Anschluss an die Osterfeiertage stattfanden. Diese Cologne Fortnight of Opera war als repräsentativer Querschnitt durch das Kölner Opernangebot vorwiegend für ausländische Gäste gedacht, die die hohen Eintrittspreise (Festspielpreise) bezahlen konnten. Die Aufführungen erfreuten sich vor allem bei den Engländern großer Beliebtheit und wurden auch in der englischen Presse rezensiert. Im Rahmen dieser Osterwoche übernahm Szenkar die Leitung von Julius Cäsar, Figaros Hochzeit, Fidelio, Meistersinger, Tristan und Isolde, Pelléas und Mélisande und Sly. Jalowetz dirigierte unter anderem Cardillac von Hindemith. Der ungenannte Berichterstatter der Times („A special correspondent“) hob die Ensembleleistungen und die Gesamtdarstellung, vor allem auch Strohbachs Regie und Bühnengestaltung hervor. Von Szenkars Darstellungen lobte er vor allem Figaros Hochzeit – „his performance was wholly admirable in its lightness, delicacy, and suppleness of phrasing“ –, den Julius Cäsar, Pelléas und Mélisande und die Meistersinger. Die Fidelio-Aufführung hingegen sei „lamentable“ gewesen, im Tristan hätte keiner der Sänger wirklich gut gesungen und das Orchester nicht präzise gespielt. 183 Nach den Osterfestspielen dirigierte Szenkar erstmals wieder den Ring, was als
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Beweis, dass es am Opernhaus keine Dissonanzen mehr gibt, nicht einmal einen Vorbehalt, der nicht gelöst wäre.184
interpretiert wurde. Für den Rest der Saison zog sich Szenkar auf seine Lieblingsopern zurück. Er dirigierte den Tristan, Pelléas, den Rosenkavalier und seine fünf Mozartopern. Sly und Marouf blieben die einzigen Erstaufführungen der Saison, die er selbst dirigierte; an den acht Neuinszenierungen beteiligte er sich nur mit den Meistersingern. Anfang Mai gab er wieder ein Konzert für die GfNM. Er nannte „sein“ Orchester, zusammengestellt aus Musikern des Städtischen Orchesters, jetzt Westdeutsches Kammerorchester, im Unterschied zu Abendroths Kölner Kammerorchester, dessen Mitglieder ebenfalls aus dem Städtischen Orchester kamen. Das Programm umfasste die Sinfonietta von Ernesto Halffter, die er schon in Buenos Aires aufgeführt hatte, gefolgt von dem Konzert für Klavier, Flöte, Oboe, Klarinette, Violine und Cello von Manuel de Falla. Er spielte den Klavierpart dieser Erstaufführung, die, wie Friedland schrieb, [...] einmal wieder den famosen Pianisten Eugen Szenkar in den Mittelpunkt stellte, [...] allerdings nur für das Auge, [denn] dieser ausgezeichnete Musiker besitzt Geschmack und Stilempfindung genug, um sich als primus inter pares [...] willig einzuordnen.185
Jacobs hingegen lobte zwar sein „temperamentvolles“ Spiel, bemängelte aber, dass „das Klavier gegenüber den andern Instrumenten [...] allzu solistisch“ wirkte.186 Am Ende des Abends stand Strawinskys Pulcinella-Suite, die er schon 1925 im Opernhaus gegeben hatte. Weshalb er sie hier also ausgerechnet in diesem Rahmen wiederholte, lässt sich nicht sicher nachvollziehen. In der Programmvorschau war ursprünglich Kurt Weills Suite aus der Dreigroschenoper angekündigt gewesen. Szenkar hatte die Partitur bei der Universal Edition angefordert und sie war sehr kurzfristig an ihn abgeschickt worden. Vielleicht war die Vorbereitungszeit doch nicht ausreichend und die „alte“ Pulcinella-Suite musste noch einmal ausgegraben werden. Sie machte, wie man in der Presse las, „wieder viel Freud“. Jacobs schrieb, Szenkar habe „sein Künstlerorchester, das sich in allen Werken durch feinsten Drill, Virtuosität im Klang und Ausdruck auszeichnete, am kleinen Finger“ gehabt. Die Hörerschaft sei leider „nur klein“ gewesen. Einen Monat darauf dirigierte Szenkar das einzige Opernhauskonzert der Saison. Auf dem Programm standen Beethovens Fünfte und die II. Symphonie von Mahler. Wieder einmal sind wir Heutige verblüfft von der Länge des Abends. Und wieder wird in den Kritiken die geistige Verwandtschaft Szenkars mit Mahler hervorgehoben:
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Eugen S z e n k a r bringt diesen Mahler, wie vorauszusehen war, zu zwingendstem Erlebnis. Hier ist Blut von seinem Blute, alle seine vitalen Impulse drängen sich in diese Musik ein, Nerven und Sinne liefern sich ihr willig aus. Doch nicht so, daß seine Gestaltungskraft nicht die volle Freiheit behielte, denn: es ist erstaunlich, wie dieser Dirigent, trotz restloser Hingabe an das musikalische Interpretationsobjekt, doch in jedem Takte über ihm herrscht, auch in seiner Temperamentsentfesselung niemals die Zügel lockert.187 Angesichts einer so intensiven, gültigen Vermittlung des Mahlerschen Willens wird der Bau einer solchen Sinfonie so übersichtlich und folgerichtig, daß die bekannten Einwände, die mangels neuer Argumente gegen Mahler immer noch vorgebracht werden, völlig absurd erscheinen. [...] Der Abend bewies, daß durch Szenkars systematische Erziehung in Köln eine dankbare Mahlergemeinde vorhanden ist, die ihn als ihren geistigen Führer mit reichstem Beifall bedachte.188
Der letzte Satz muss Szenkar sehr beglückt haben, war doch die Vermittlung von Mahler eines seiner großen Anliegen. Barcelona-Gastspiel
Am Tag nach dem Opernhauskonzert begann eine Italienische Stagione ihr Gastspiel, gegen Monatsende gastierte das Diaghilew-Ballett, Szenkar aber war unterwegs nach Barcelona, wo er anlässlich der Weltausstellung 1929 drei Aufführungen des Parsifal innerhalb einer Woche zu leiten hatte. Er gab den Parsifal strichlos. Später meinte er, es sei eine Zumutung an das Publikum gewesen, das aber die Vorstellung mit großem Interesse verfolgte. Er litt unter der großen Junihitze, lag jeweils bis zur Aufführung in kaltem Wasser in der Badewanne. Der erste Abend, der laut Kölner Presse „glänzenden Erfolg“ hatte, war als Ehrenabend für die Teilnehmer des internationalen Theaterkongresses und für die deutsche Kolonie deklariert. Die Briefe, die Hermine diesmal aus Barcelona erreichten, waren ganz andere als im Vorjahr: [...] ich bin doch schrecklich verliebt in Dich! Es wird doch eine herrliche Ehe!!! Und ich bin so glücklich!189
Unterdessen war Szenkar von seiner zweiten Frau geschieden worden, offenbar unter sehr unangenehmen Begleiterscheinungen. Eine alte Freundin hatte Hermine geschrieben: [...] wo wenigstens die Trennung von der Frau vollzogen ist! Daß dies immer Schmerzen bringen wird, ist wohl natürlich, wenn es auch Naturen wie uns unverständlich ist, was manche Menschen
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unter „Liebe“ und ihren Äußerungen verstehen. Denn diese Art des Kämpfens um den Mann, wie sie bei jener Frau besteht, glaubt doch aus einstiger Liebe hergeleitet zu sein!?!190
Und Szenkar schrieb aus Barcelona: Rege Dich über nichts mehr auf, mein Schatz, die schwerste Zeit haben wir, Gott sei Dank, hinter uns, jetzt kann es nur besser werden! Und es wird besser! Sei also ganz und gar unbesorgt, – für mich im Leben gibt es nichts mehr, als nur Du – und für Dich zu sorgen. Mit viel Hoffnungen baue ich mir mein neues Leben und mein neues Glück auf ! – Lasse Dir bitte-bitte diese anonymen Schweinereien nicht zu sehr nahe kommen und behandle sie ganz kühl und objektiv. Natürlich – unbedingt den Dingen nachgehen und die Lumpen packen, aber – bitte-bitte, sich nicht mehr aufzuregen!!!191
Nach der letzten Parsifal-Aufführung am 26.Juni kehrte er nach Köln zurück, wo Hermine unterdessen ein Haus gemietet hatte. Heirat mit Hermine Zeitschel. Neuer Elan. Fritz Zaun
Im August 1929 heirateten Eugen Szenkar und Hermine Zeitschel in Budapest. Sie mussten ordentlich Schmiergeld zahlen, wie Hermine ihrem Vater schrieb, um so rasch eine Genehmigung für diese „Dispensehe“ zu bekommen, war doch Hermine evangelisch, Eugen katholisch und geschieden. Die Ehe wurde in Anwesenheit eines befreundeten Anwalts und Szenkars Bruder Dezső als Trauzeugen am 4. August geschlossen. Der frisch gebackene Schwiegersohn schrieb an Franz Zeitschel: Verehrter, lieber Herr Schwiegervater, es ist mir eine aufrichtige, herzliche Freude, Sie endlich so ansprechen zu können! Eine schwere Zeit der Aufregungen haben wir nun hinter uns, aber ein neues, schönes Leben vor uns! Dafür, dass Sie mir während der ganzen langen Zeit Vertrauen entgegengebracht haben, sage ich Ihnen von ganzem Herzen Dank. [...] Meine Lebensaufgabe wird es nun sein, Hermine glücklich zu machen. [...] Mit den herzlichsten Grüßen, Ihr Schwiegersohn Eugen192
Nach einem Besuch der Salzburger Festspiele und einem Kurzurlaub in Bad Reichenhall war das Ehepaar Anfang September in Köln zurück und Szenkar begann mit den Proben für die neue Spielzeit. Hatte seine Schaffenskraft in den beiden vergangenen Jahren unter privaten Problemen und beruflichen Querelen gelitten, so stürzte er sich jetzt mit neuem Elan in die Arbeit. Er brachte eine Uraufführung, vier Erstaufführungen und eine Neuinszenierung heraus, gab zwei große Opernhauskonzerte und gastierte in London und Barcelona.
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Gleich in der ersten Woche dirigierte er den Rosenkavalier, eine „bis ins Kleinste geschliffene Vorstellung“ (RMT), zwei Wochen später brachte er eine Neueinstudierung von Strauss’ Salome in der Inszenierung von Strohbach heraus. Diese, die mehr auf Abstraktion denn auf Illusion setzte, begeisterte nicht alle Kritiker, einhellig jedoch war das Lob für die musikalische Darstellung. Friedland kam gar ins Schwärmen: Daß die Salome-Musik mit all ihrem koloristischen Zauber unter Eugen Szenkars Händen orchestral voll aufblühen würde, war ja vorauszusehen. In diesem sinnberauschenden Tonstrom lebt und webt die starke Dirigentenpersönlichkeit dieses Musikers. [...]Das cis moll-Orchesterzwischenspiel (nach dem Fluche des Apostels) erinnere ich mich selbst unter Strauß nicht so unheilschwanger und mit Explosivstoff geladen, gehört zu haben.193
Zwischen den beiden Strauss-Opern gab der neue 1. Kapellmeister Fritz Zaun, den Hofmüller im Vorjahr verpflichtet hatte, sein Debüt mit den Meistersingern. Zaun war speziell als Wagner-Dirigent berufen worden und Dr. Jacobs befand auch sogleich, dass Hofmüller in dem musikalischen Leiter einen „gleichgestimmten Mitarbeiter“ gefunden habe. Fritz Zaun, ein gebürtiger Kölner, hatte einen nicht uninteressanten Werdegang. Er hatte nach dem Studium in Köln und Bonn sein erstes Engagement unter Klemperer als Chordirektor an der Kölner Oper erhalten, danach war er Leiter der linksorientierten Volksoper am Friesenplatz. Sein letzter Posten, von dem Hofmüller ihn nun wieder nach Köln holte, war der des Opernchefs in Zürich. Die Wende vom linken Operndirigenten zum rechten Funktionär scheint ihm innerhalb weniger Jahre zwanglos gelungen zu sein. Im April 1933 trat er der NSDAP bei und wurde nach der „Säuberung“ im Kölner Opernhaus Szenkars Nachfolger. Im Februar 1940 wurde er zum Landesleiter der Reichsmusikkammer, Gau Berlin, ernannt.194 Walter Felsenstein, der 1932 als Regisseur nach Köln kam, äußerte sich in einem Interview recht eindeutig über ihn: Als er vom Interviewer gefragt wurde, mit welchen Dirigenten er im Laufe seiner Laufbahn besonders gut zusammengearbeitet habe, antwortete er: In Köln, während meiner Anfängerzeit, gab es einen großartigen Mann, das war Eugen Szenkar. Dann kam ein anderer, der schon in SA-Uniform auftrat, Fritz Zaun, das ging also gar nicht mit dem. Jalowetz war noch da, auch gut, aber eben nicht so gut wie Szenkar.195
Zaun übernahm also in der Folgezeit die meisten Wagner-Opern, nur den Tristan und den Ring ließ sich der Chef nicht aus den Händen nehmen. So brachte er bereits Anfang Oktober zusammen mit Hofmüller einen Ring heraus.
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Im Oktober 1929, in den Anfangswochen der neuen Spielzeit, war in der Zeitschrift Das elegante Köln ein Artikel mit dem Titel „Teestunde bei Eugen Szenkar, dem Generalmusikdirektor der Kölner Oper“ erschienen.196 Der später als Fotograf und Gründer der Photokina bekannte Leo Fritz Gruber unterhielt sich mit Szenkar, befragte ihn nach seiner Kindheit, Jugend, Ausbildung und seinem bisherigen Werdegang. Man erfährt, dass die „blonde, schöne Gattin des Meisters [...] mit liebenswürdiger Grazie“ Gebäck reichte, dass das Haus der Szenkars „herrlich moderne Räume“ mit weißen Wänden und großen Fenstern hatte, dass der Ruheplatz mit einer „Bibliothek aus edlem Holz mit versteckten Lampen“ umgeben war, dass „afrikanische Reliefs und Plastiken“ darin standen und eine „Auswahl erlesener Bände“. Man erfährt ferner, dass sie einen Zweisitzer-Mercedes fuhren (vor dem das Ehepaar für ein Foto posiert) und dass der Jagdhund Patzo zur Familie gehörte – Hunde spielten übrigens auch später immer eine große Rolle bei Szenkars, einer von ihnen sollte sogar in Moskau „musikalische Berühmtheit“ erlangen. Weit interessanter aber an diesem Artikel ist, dass man einmal etwas über den Menschen Szenkar erfährt, der ja in den Kritiken nur selten durchscheint. Und hier liest man, dass er nicht so gerne über seine Rolle als Wunderkind sprach, ferner fallen einige Schlüsselworte, die auch in späteren Artikeln über ihn immer wieder auftauchen: „höflich“, „liebenswürdig“, „bescheiden“, „zurückhaltend“. Gruber schrieb, seine ganze Erscheinung habe etwas „Elegantes, und zuerst tastend Verhaltenes“. Das deckt sich mit heutigen Äußerungen von Personen, die ihn noch persönlich gekannt haben. Bewohner des Örtchens im Tessin, in dem er seinen Sommerwohnsitz hatte, schildern ihn als „molto gentile, ma riservato“, Prof. Ruth Hesse, die als sehr junge Sängerin mit ihm gearbeitet hatte, erzählte begeistert: „Er war ein Sir, wie es ihn heute nicht mehr gibt“197, was wohl in dieselbe Richtung weist. Eine Sängerin des Musikvereins Düsseldorf beschrieb ihn als „freundlich, aber zurückhaltend“. Hatte sich Szenkar aber einem Menschen geöffnet, war er lebhaft, geistreich, aufgeschlossen, interessiert an seinem Gegenüber, warmherzig und fürsorglich. Zurück zum Eleganten Köln: Gegen Ende des Besuch fragte Gruber den Maestro nach besonderen Vorlieben oder Abneigungen. Szenkar antwortete ihm unter anderem – passend zur Diskussion des vergangenen Jahres: Ein böswillig in die Welt gesetztes Gerücht behauptet von mir, ich sei Wagnerfeind. Ich! Ich, dessen erstes Opernerlebnis Lohengrin war, das ich nachher auf dem Flügel nachspielte, ich, der ich meine Karriere mit Tristan begann, und ihn als Engagementsgastspiel in Altenburg, Frankfurt, Berlin und Köln dirigierte und bisweilen auch als Abschiedsvorstellung gab – ich sei Antiwagnerianer!
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Man fühle, „wie den Meister diese Verkennung schmerzt“, ergänzte Gruber. Im Anschluss an die „Teestunde“ folgte ein Artikel von Martin Friedland über den „Musiker Szenkar“, eine enthusiastische Eloge, die ihm vielleicht nach der Krise in der vergangenen Spielzeit angebracht erschien. Debüt in England. Schwanda, der Dudelsackpfeifer von Jaromír Weinberger
Im November 1929 gab Szenkar sein Debüt in England, zunächst bei der Royal Philharmonic Society in London. Sein Programm umfasste die Hebriden-Ouvertüre von Mendelssohn, Liszts Klavierkonzert in A-Dur und Tschaikowskis VI. Symphonie. Solist im Klavierkonzert war der damals schon auf dem Höhepunkt seines Ruhmes stehende Egon Petri. Wie fast schon üblich, hob die Kritik an Szenkars Interpretation vor allem sein „finely graded pianissimo“ und die „tremendous but well controlled climaxes“ hervor. Der Kritiker der Times fand, dass man so eine Wiedergabe der VI. Symphonie seit Safonov nicht mehr gehört habe. Safonov galt, obwohl schon 1918 verstorben, noch immer als einer der größten Tschaikowski-Interpreten. Schon einen Tag später gab er in Manchester mit dem Hallé-Orchester ein Konzert, in dessen Programmfolge er das Liszt-Konzert durch Don Juan von Strauss ersetzt hatte. Das heißt, er war in der Nacht noch von London nach Manchester weiter gereist und hatte untertags mit dem fremden Orchester das abendliche Konzert erarbeitet. Der Erfolg war ebenso groß wie in London. Nach seiner Rückkehr dirigierte er die einzige Erstaufführung, die er in diesem Jahr auf die Bühne gebracht hatte, Schwanda, der Dudelsackpfeifer von Jaromír Weinberger. Die tschechische Volksoper war 1927 in Prag mit mäßigem Erfolg uraufgeführt worden, hatte aber nach der deutschsprachigen Erstaufführung in Breslau im Dezember 1928 die deutschen Bühnen im Fluge erobert und gehörte bis 1933 zu den meistgespielten Opern in Deutschland. Szenkar verhalf dem Werk in Köln zu einem rauschenden Erfolg, es wurde dreißigmal wiederholt und hielt sich auch noch in der nächsten Spielzeit im Repertoire. Die Kritik lobte natürlich sein „blutvolles Musikertemperament“ (KTB), mit dem er „Bühne und Orchester wie in einem einzigen Furiant“ (KZ) hinriss. Er selbst schien von der Qualität des Werkes nicht überzeugt gewesen zu sein: Schon Ende Dezember gab er es nach vier Vorstellungen an seinen Assistenten Meinhard von Zallinger ab. Er beendete sein Opernjahr mit dem Rosenkavalier. Gastspiel in Barcelona. Galatea von Walter Braunfels
Das Jahr 1930 begann wieder mit einem Gastspiel in Barcelona. Diesmal brachte er den Spaniern erstmals Così fan tutte zu Gehör. Die drei Aufführungen waren
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höchst erfolgreich. Die Kölner Presse brachte eine kurze Zusammenfassung, die mit dem Satz endete: Der deutsche Leser braucht nicht auf die Meisterschaft aufmerksam gemacht werden, mit der Eugen Szenkar Musik von Mozart dirigiert.198
Ende Januar brachten Hofmüller und Szenkar die Uraufführung einer neuen Oper von Walter Braunfels auf die Bühne: Galatea. Sie wurde vom Publikum und der angereisten musikalischen Prominenz warm aufgenommen und in der Spielzeit noch siebenmal wiederholt. Galatea wurde kombiniert mit Puccinis Gianni Schicchi, der sich als äußerst zugkräftig erwies. Im Februar wurde Szenkars Vertrag als Generalmusikdirektor um weitere zwei Jahre verlängert, mit der Laufzeit bis Spielzeitende 1932. Die Unstimmigkeiten mit Hofmüller waren also offenbar ausgeräumt. Szenkar dirigierte seine Vorzugsopern Salome, Così fan tutte, Fidelio, dazwischen Galatea und in der Karnevalszeit die Fledermaus. Im März schließlich wurde wieder ein Werk eines Kölner Komponisten aufgeführt, die Baskische Venus von Hermann Hans Wetzler, die eineinhalb Jahre vorher in Leipzig mit großem Erfolg uraufgeführt worden war. Diesen wünschte ihr Dr. Jacobs auch für Köln, da „außerordentliche Mühe“ auf das Werk verwandt worden sei, in einer „langen Vorbereitungszeit, die der von Schrekerschen Opern in früheren Jahren nichts nachgab“. Der Erfolg der Premiere war dann bei ausverkauftem Hause auch groß und Friedland schrieb: Der anwesende Komponist durfte mit Fug und Recht Eugen Szenkar für eine ganz überragende, seine Intentionen bis ins Letzte erfüllende, temperamentdurchglühte Orchesterleitung, für eine künstlerische Tat allererster Ordnung, die Hand drücken.199
Die Oper erlebte fünf Wiederholungen, zwei unter der Leitung des Komponisten, wurde aber nicht in die nächste Spielzeit hinübergenommen. Am Ostermontag begannen wieder die zweiwöchigen Osterfestspiele. Sie wurden eröffnet mit den Meistersingern unter Sir Thomas Beecham, die auch vom Rundfunk übertragen wurden. Der Rezensent der Times merkte an, die Engländer fühlten sich zwar geehrt, dass Beecham als Eröffnungsdirigent eingeladen worden sei, hofften aber, dass es nicht die Regel werde, Gäste zu holen, denn der Charme der Cologne Fortnight of Opera liege woanders: The attraction of this festival lies, then, not in any special congregation of famous singers but in the solution of the problems of presenting operas, old and new, by a stock company work-
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ing under producers, the chief of whom has specialized in giving to each opera a style of acting and a schema of colours and design in consonance with the music.200
Szenkar dirigierte Così fan tutte, Rosenkavalier, Salome, Tristan, Schwanda, Galatea und am (sehr langen) Abschlussabend als ausgefallene Zusammenstellung Monteverdis Orfeo, gefolgt von Strawinskys Geschichte vom Soldaten und Sacre du Printemps in szenischer Darstellung. Die Geschichte vom Soldaten, die „Szenkar mit seinen sieben Musikern mit feinstem Nerv“ brachte, „blieb nicht ganz unwidersprochen“, „hat manch einen befremdet“, entsprach wohl auch sicher nicht der Erwartungshaltung des „normalen“ Opernbesuchers. Immerhin, die kleine Musikerschar war unübertrefflich in der Feinheit der dynamischen und rhythmischen Abstimmung und überdies Wachs in den Händen des freiherrschend interpretierenden Eugen Szenkar.201
So war der Beifall „zwar geteilt“, wie Friedland berichtete, „aber in dem ,anderen‘ Teile äußerst lebhaft und herzlich“. Mahlers III. Symphonie. Beethovens Neunte. Finanzlage der Oper
Die wichtige Funktion der Opernhauskonzerte als modernem Gegengewicht zu den Gürzenichkonzerten wurde bereits angesprochen. Hatte schon 1929 nur ein Opernhauskonzert stattgefunden, so schien das auch 1930 wieder so zu werden, denn das erste Konzert fand erst im Mai statt. Szenkar konnte sich wieder ein überlanges Programm nicht verkneifen: Er dirigierte vor Mahlers III. Symphonie (mit Adelheid Wollgarten als Solistin) die Es-Dur-Symphonie KV 543 von Mozart. Beide Werke wurden begeistert aufgenommen, wenn auch Mahlers Werke nach wie vor eine gewisse Ratlosigkeit bei den Musikrezensenten hinterließen. Friedland bezeichnete den ersten Satz als ein so buntes Mosaik heterogenster erfinderischer Bestandteile, daß auch die Kenntnis der tondichterischen Vorstellungen und Absichten nicht über ein ästhetisches Unbehagen hinweghilft.202
Insgesamt aber ein außergewöhnlicher und außergewöhnlich erfolgreicher Konzertabend, sodass Friedland vorschlägt, man möge doch zur „Interessenbelebung“ einen zeitweiligen Austausch der Arbeitsfelder von Abendroth und Szenkar ins Auge fassen, den einen ein paar ihm besonders liegende Opern, den anderen einige Symphoniekonzerte mit „neuzeitlicher Musik“ dirigieren lassen: „Beide Teile können dabei gewinnen!“
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Zum Ende der Spielzeit gab es doch noch ein zweites Opernhauskonzert: Präludium und Fuge Es-Dur von Bach in der Bearbeitung von Schönberg und Beethovens Neunte. Abgesehen davon, dass die Musikkritiker die Schönberg-Bearbeitung als sehr stilfremd beurteilten, waren sie von der Ausführung angetan. Friedland stattete Szenkar für „eine außerordentliche Darstellung der Neunten Beethovens Dank ab“203, Jacobs fand „erfreulich, wie Szenkar an Beethoven mit geradem Empfinden herangeht“, und stellte fest, dass die Gestaltung „nicht vorwiegend ,weltanschaulich‘, sondern stark aus dem Musikalischen gewonnen“204 gewesen sei. Über diesen Satz könnte man sich viele Gedanken machen! Das Programm erstaunt, man würde es eher bei den Gürzenichkonzerten erwarten. Wahrscheinlich war es eine Verlegenheitslösung, Szenkar hatte die Aufführung von Mahlers I. Symphonie geplant, aber die Geldmittel waren ausgegangen. Seit der Spielzeit 1927/28 hatte die Oper mit einem dauernden Kassendefizit zu kämpfen, das zusammen mit der Weltwirtschaftskrise schließlich in den Jahren 1930–1932 zu katastrophalen Zuständen an der Oper führen sollte. In einem Bericht zur Finanzlage der Städtischen Bühnen, den die Kölnische Zeitung im März 1930 veröffentlichte, wurde vorgerechnet, dass jeder Opernabend mit weit über 6000 Mark subventioniert werden müsse. Nur knapp die Hälfte der Ausgaben könnten durch Einnahmen gedeckt werden. Eine Reihe von Möglichkeiten, die Ausgaben zu senken, wurde ausführlich diskutiert, darunter die Entlassung von Personal, vor allem aus dem Orchester (30 Musiker), eine Spielgemeinschaft mit benachbarten Städten und schließlich gar die Schließung der Oper. Eine Einnahmenerhöhung sei nur durch eine Umstellung des Spielplans auf Kassenerfolge hin zu erzielen, was jedoch wegen der künstlerischen Verpflichtungen der Städtischen Bühnen nicht unbeschränkt möglich sei. Immerhin bildete sich die Krise ab 1928 in der Spielplangestaltung ab, mit der man versuchte, dem Publikumsgeschmack mehr entgegenzukommen als in den Jahren zuvor. Um mehr Besucher ins Theater zu bringen, wurden vermehrt Spielopern und deutsche Opern aufgenommen, die Anzahl neu inszenierter oder erstaufgeführter Operetten verdoppelte bis verdreifachte sich in den Jahren 1930 und 1931. So wurden etwa 1930 Schlag auf Schlag im September Madame Favart (Offenbach), im Oktober Der Vetter aus Dingsda (Künneke), im November Viktoria und ihr Husar (Abraham) herausgebracht. Unter diesen Auspizien begann Szenkar die Spielzeit 1930/31, deren Spielplan mit über 40 Werken recht abwechslungsreich, aber auch recht traditionell gestaltet war – nur ein einziges „schwieriges modernes“ Werk, Alban Bergs Wozzeck, stand auf der Agenda. Anfang Oktober wurde in einer Sonntagsmatinee eine
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Einführung in den Wozzeck gegeben. Die Idee, durch solche Einführungen den Kontakt des Publikums zu seiner Oper zu vertiefen und ein besseres Verständnis für schwierigere Werke der Opernliteratur zu wecken, kam von dem neu gegründeten Verein der Freunde der Kölner Oper, der für die Matinee auch die Theatergemeinde des Bühnenvolksbundes, die Freie Volksbühne und die Gesellschaft für Neue Musik eingeladen hatte. Dr. Jalowetz hielt einen Vortrag, in dem er genauer auf die Entstehungsgeschichte, das Formale der Musik und die Behandlung des Wortes einging. Szenkar ergänzte in einer Sitzprobe mit den beiden Hauptdarstellern und dem Orchester die Ausführungen durch charakteristische Musikbeispiele. Die Erstaufführung in der darauf folgenden Woche wurde von der Kritik – auch überregional – begeistert aufgenommen: Die Aufführung war ersten Ranges – das Ergebnis einer fast unwahrscheinlich großen Zahl vorangegangener Orchester- und Ensembleproben.205
Das Publikum blieb eher reserviert: Die Aufführung vermochte die dramatisch-musikalische Eigenart des Werks mit aller Deutlichkeit herauszustellen und hatte starke Wirkung, freilich bei der Natur des kölnisch-rheinischen Opernpublikums nur in beschränkterem Kreise.206
Alban Berg bedankte sich bei Szenkar wärmstens für die Aufführung und äußerte „bis zum Ärger sich steigernde Verstimmung“, dass er nicht anwesend sein konnte. Wozzeck wurde in der Spielzeit noch siebenmal wiederholt, fand also offenbar doch ein Publikum. Im Oktober kehrte Szenkar als Gast an seine alte Wirkungsstätte zurück und dirigierte bei den Opernfestspielen in Frankfurt einen „virtuosen Rosenkavalier“207. Karl Holl schrieb für die Frankfurter Zeitung: Der Musiker, der schon am Ende seiner früheren Frankfurter Tätigkeit, bei der Neueinstudierung der „Ariadne“ und noch mehr bei der Erstaufführung der „Frau ohne Schatten“, eine besondere Affinität für die Klangsprache Richard Straußens bewies, gab eine Deutung gerade der „Rosenkavalier“-Partitur, die sich mit der uns neuerdings geläufig gewordenen und als besonders authentisch empfundenen Wiedergabe durch Clemens Krauß durchaus messen kann, ja diese in manchen Finessen bei der Durchleuchtung des komplizierten Klanggewebes und bei der Abtönung des Verhältnisses der Singstimmen zum Orchester vielleicht noch übertrifft. Es erfreute diese zugleich theatralisch zupackende und musikalisch nachbildende Leitung nicht nur das Publikum, sondern offenbar auch das Solopersonal auf der Szene, das im sicher fließenden, warmen Strom dieses Musizierens sein Spiel zu voller
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Freiheit entfaltete, und das Orchester, dem bei höchster Disziplin eine nuancenreiche Fülle von Wohllaut entströmte.208
Man erinnere sich an die Äußerung Wellesz’, dass die Orchestervorstände ihn „vergötterten“. Gastspiel in England
Im November1930 gastierte er wieder in London und Manchester. Auf dem Programm standen die Ouvertüre zu Schwanda, das II. Klavierkonzert von Brahms, interpretiert von Arthur Rubinstein, und Schuberts Große C-Dur-Symphonie. Die Aufnahme durch die Kritiker war nicht so begeistert wie im Vorjahr, man bemängelte vor allem seinen exzessiven Einsatz der Blechbläser. Der Berichterstatter der Zeitschrift The Musical Times fand: One came away with tired ears, the only refreshing memory being a delicately rhythmic and quite delightful performance of the Andante [...], the only unquestionable good thing he did was the accompaniment to Mr. Rubinstein.209
Der Rezensent der Times lobte die Schwanda-Ouvertüre als „cheerful prelude“, fand das Brahms-Konzert etwas zu virtuos und unterkühlt (was sich eher auf Rubinstein bezog), das Andante der Schubert-Symphonie sei „beautiful, exquisitely played“ gewesen, aber: Herr Szenkar is fond of emphatic contrasts of tone, and sometimes of time. The oft-repeated fortissimi of brass (why use four trumpets?) were apt to be trying to the ear, at any rate in some parts of the hall.210
Beginn der Kampagne im Westdeutschen Beobachter
Der Westdeutsche Beobachter, das Parteiorgan der NSDAP, hatte sich innerhalb von drei Jahren zu einer normalen Tageszeitung entwickelt, die zu Tagesaktualitäten, Wirtschaft und natürlich auch zu Kultur informierte und Stellung nahm. Man schoss sich langsam auf Szenkar ein, zunächst in Form relativ seriöser Kritiken, zunehmend mit übelsten persönlichen Verunglimpfungen. Über eine Meistersinger-Aufführung im November konnte man lesen: Bei der Wiederholung der „Meistersinger“ im Kölner Opernhaus fand man überraschenderweise den Generalissimus selbst, Herrn Eugen Szenkar, am Pult. [...] Von seinem Orchester geht eine fremde Kühle aus, man vermißt jene Herzensverbundenheit mit der Musik, die sonst den unmittelbaren Kontakt zwischen Bühne und Publikum so
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unfehlbar vermittelt. Das Musikdrama Wagners ist ihm ledig lich eine Ang eleg enheit des Verstandes. Dabei kommt der lyrische Gehalt naturgemäß zu kurz und es legt sich wie ein Reif in der Frühlingsnacht sogar auf Stellen, die normalerweise ihrer Wirkung sicher sind.211
Bereits im Oktober 1930 war ein großer Artikel unter dem Titel „Märchen von den Städtischen Bühnen“ erschienen. Nach Angriffen auf Abendroth und Braunfels widmet er sich auch „Schenö Schenker, alias Szenkar212, Ameisenbärprofil“. Der Artikel endet mit der Aufforderung: Spart nicht am falschen Ort, Ihr Stadthäupter : Entlaßt nicht bewährte Orchestermitglieder, tüchtige Arbeiter, sondern entledigt Euch der Klüngelhengste, die auf die Kunst zersetzend wirken und den Ruf Kölns als Kunststadt kompromittieren.213
Ende November wartete das Blatt mit einem Hetzartikel auf: „Kölner protestiert! Wie lange noch ...?“ So frage ich Euch siebzigtausend Kölner, die ihr am 14. September den Willen zur deutschen Tat bekundet habt. Wie lange noch, so frage ich jeden, der das Edle will und das Niedere und Gemeine, das Wurzellose verachtet, wie lange noch duldet ihr, daß der jüdische Schmock die Pflegestätten eurer Kultur beherrscht, die Hallen eurer Kunst mit dem geistigen Unrat seiner Art und dem Geruch seiner Rasse verdreckt, alles euch Heilige entweiht und verhöhnt oder mit dreister Frechheit umwertet und, mit euren Steuergroschen sich breitmachend, sein zersetzendes Spiel mit euch treibt. [...] Laßt euch nicht länger von diesem fremden Szenkar, von dessen riesigen Einnahmen ebenfalls ein halbes Dutzend tüchtiger deutscher Künstler leben könnte, der sich unter falscher Flagge und falschem Namen bei euch einschlich, bluffen. Fort mit allen denen, die euch Unwerte, wie jenes Bartoksche Zuhälterstück präsentieren und euer Geld für „Wozzekiaden“ verschwenden. Nochmals: Fort mit jenem Juden Schenker, der in seinem Galizien vielleicht ein leidlicher Kaffeehaus-Bogenschwinger war (an seinen Tempis [sic] merkt man es noch heute), der aber zum Kölner Generalmusikdirektor taugt, wie der Igel zur Armbinde, der hier fast nichts tut, dafür umsomehr Unheil stiftet. Derselbe Schenker, der ungestraft schamloseste Kritik an dem genialen Werk des größten deutschen Meisters aller Zeiten, Richard Wagner, üben darf. Derselbe Schenker, der auf unsere Kosten umherreist und im Ausland mit Wagner hausieren geht, den er nicht kennt und nie verstehen wird, weil er ihn rassisch nicht verstehen kann.214
Konnte Szenkar diese persönlichen Beleidigungen als gehässige Äußerungen einer Randgruppe abtun? Sicher nicht! Die Stimmung im Personal änderte sich wahrscheinlich schleichend, nicht nur wegen seines 1. Kapellmeisters. Die Probleme mit dem rechten Lager der Stadtverwaltung – immer auch unter dem
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Vorwand der Finanzkrise – häuften sich. Es ist nichts darüber bekannt, wie Szenkar damit umging, aber es ist belegt, wie extrem dünnhäutig er nach seiner Rückkehr aus dem Exil über auch nur kleinste Kritik an seinen Interpretationen „deutscher Musik“ reagierte – die Schublade „nazistisch“ hat er schnell geöffnet. Nach Tristan, Rosenkavalier, Figaro und Fidelio beendete Szenkar sein Jahr mit Wozzeck: Gleichsam noch eine Verbeugung vor Israel [...] Zum Schlusse noch einige Namen zum Aufhorchen: Musik, Alban Berg !215, musikalische Leitung: Eug en Szenkar !! Inszenierung: Dr. Erich Hetzel [sic]!!! Bühnenbilder und Kostüme: Panos Aravantinos !!! Bedarf es da noch weiterer Erläuterungen?216
Im Dezember hatte das städtische Kunstdezernat eine Meldung zu dementieren, nach der das Kölner Opernhaus in einen Varietébetrieb umgewandelt werden solle, Verhandlungen mit dem Berliner Skalakonzern hätten von städtischer Seite nicht stattgefunden. Zu Beginn des Jahres 1931 wurde allerdings wieder eine Operngemeinschaft mit anderen Städten, vor allem mit dem benachbarten Düsseldorf erwogen, nicht zuletzt veranlasst durch die Aufführung von Bergs Wozzeck, der, obwohl ein „an sich wertvolles“ Werk, eine „künstlerische Kraftvergeudung der Kölner Oper“ bedeute, da es ihm „an dem nötigen Widerhall im Publikum fehle“.217 Szenkar legte zu Jahresbeginn seinen Schwerpunkt auf Wagner, Strauss und Mozart. Im März dirigierte er eine Festaufführung der Zauberflöte zugunsten des israelitischen Handwerker-Lehrlingsheimes – zu dieser Zeit bereits eine mutige Entscheidung von Hofmüller! Ende März 1931 meldete sich der Westdeutsche Beobachter wieder zu Wort. Anlässlich der Neuinszenierung der Lustigen Weiber von Windsor von Otto Nicolai las man: Wir legen keinen Wert auf Nur-Virtuosen am Dirigentenpult eines deutschen Opernhauses. Uns liegt an der deutschen Ausbeutung eines deutschen Werkes, und wenn das ein Ausländer, der nun einmal mit dieser Aufgabe betraut ist, nicht kann, dann wird es eben Zeit, daß er verschwindet und ein Könner an seine Stelle tritt.218
Die Neuinszenierung der Götterdämmerung, von einem Großteil der Presse und vom Publikum warm aufgenommen, inspirierte den Westdeutschen Beobachter zu der geistreichen Überschrift: „Götzendämmerung – Wie Herr Szenkar diesmal noch die Götterdämmerung aufführen konnte.“ Am Ende der Rezension schließlich wieder die Forderung nach Konsequenzen:
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Wir beanspruchen einen unverfälschten Wagner im Sinne Bayreuths [...]. Nachdem wir sieben Jahre lang in Köln umg ebog ene deutsche Kultur hören mußten, sagen wir heute: „Wir können’s nicht tragen länger mehr!“ und fragen die Kölner Stadtväter was sie zu tun gedenken, um unseren berechtigten Ansprüchen Geltung zu verschaffen?!219
Anfang April begannen die Osterfestwochen. Schon im Februar hatte die Presse gemeldet, dass in England zahlreiche Anmeldungen vorlägen und auch aus Holland so starker Besuch zu erwarten sei, dass wahrscheinlich Sonderzüge eingesetzt würden. Es wurde wieder ein Zyklus von 14 Opern als Querschnitt durch das Kölner Repertoire gegeben, Szenkar dirigierte seine üblichen Opern wie in den Vorjahren, dazu Wozzeck, Die lustigen Weiber von Windsor und Die Verkaufte Braut. Eric Blom, der Berichterstatter für The Musical Times, rezensierte die Aufführungen mit Ausnahme des Wozzeck („seemed to be extremely well done“) ziemlich negativ, wenn er auch konzedierte: „sometimes the performances rose to respectable heights (,Mastersingers‘, ,Merry wifes‘)“. Auch dem Rosenkavalier gestand er eine gewisse Qualität zu, aber Figaro war „lamentable, musically and histrionically lumpish in the extreme“. Die Kölner Oper verstünde den italienischen Mozart nicht, die Zauberflöte sei etwas besser gewesen.“220 Gurrelieder von Arnold Schönberg. Les Noces von Igor Strawinksy. Der „Fall Szenkar“. Zuspitzung der Finanzkrise
Anfang Mai fand das erste Opernhauskonzert statt. Auch diesmal zog sich Szenkar auf Beethoven zurück, er führte die Symphonien I und IX und das Violinkonzert mit Alma Moodie als Solistin auf. Der Grund lag wohl in seinem unbedingten Wunsch, 1931 Schönbergs Gurrelieder zu dirigieren: Ab Herbst 1930 hatte er mit der Universal Edition über den Preis verhandelt, er bat, „bettelte“ nahezu um günstige Konditionen, um seinen Plan trotz rigoroser Sparauflagen verwirklichen zu können. Noch immer wollte er im ersten Opernhauskonzert die I. Symphonie von Mahler, im zweiten die Gurrelieder aufführen. Er schrieb an Heinsheimer: Für das Konzert am 23. April möchte ich die „Erste“ von Mahler. Bitte teilen Sie mir mit die äußersten Bedingungen für die Aufführung. Es ist wirklich nicht schön, daß ich mit Ihnen so feilschen muß, aber ich muß hier um jeden Pfennig kämpfen! Wie mir dabei zu Mute ist, werden Sie sich denken können! Helfen Sie mir bitte, um meine Pläne ausführen zu können! [...] Seit wir uns gesehen haben, sind die Verhältnisse hier katastrophal geworden. Es kriselt um das Theater, die abgelaufenen Verträge sind immer noch nicht erneuert,
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das Stadtparlament möchte das Haus am liebsten schliessen. Die Etatberatungen sind grauenvoll.221
Heinsheimer antwortete, die „betrüblichen und wirklich traurigen Nachrichten“ kämen keineswegs überraschend: Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass bei uns hier sich alle diese Klagen, Hiobsbotschaften aus den grössten deutschen Städten konzentrieren, so dass man wirklich schon manchesmal nicht weiss, wie es noch weiter gehen soll.222
Der Preis für die Gurrelieder (450 M) sei das Minimum dessen, was überhaupt möglich wäre. Mahlers Erste könne er ihm zum Ausnahmepreis (nur für ihn!) von leihweise 120 Mark anbieten. Szenkar schrieb, er wolle unter allen Umständen versuchen, die Gurrelieder bei der Stadtverwaltung „durchzudrücken“. Das ist ihm offensichtlich nur durch einen Kompromiss gelungen: Er verzichtete vorläufig auf den Mahler. Er sollte Mahlers I. Symphonie in Köln nicht mehr zur Aufführung bringen. Die Neunte von Beethoven wurde von den Kritikern distanzierter beurteilt als im Vorjahr. Sogar Friedland, der normalerweise Szenkar sehr schätzte, äußerte Einwände: Aber, es gibt auch hier ein „Aber“. Es müssen – und nicht zum ersten Male – Bedenken ausgesprochen werden, ob diese Musik nicht manchmal mehr vom Geiste des Dirigenten, als von dem des Komponisten ist. Es soll hier nicht um triviale Tempostreitereien gehen. Kein Tempo steht metronomisch fest, es gibt stets einen Auffassungsspielraum der erlebenden, gestaltenden Persönlichkeit. Aber es gibt Grenzen, über die hinaus Geist, Sinn und Wesen des Tongebildes, gleichsam sein Herzschlag, getroffen wird. Dann handelt es sich nicht mehr um ein Sprachtempo, sondern um eine andere Sprache.223
Interessant ist die langsame Distanzierung Hermann Ungers von Szenkar. Während er ihn bisher immer anerkannt, begeistert über seine Aufführungen moderner Werke berichtet, als einer der wenigen für den Wunderbaren Mandarin eine Lanze gebrochen hatte, ändert sich nun der Ton: Eugen Szenkar bot im ersten seiner Opernhauskonzerte Beethovensche Werke, die jedoch seiner ganzen Musikernatur ein wenig fremd erscheinen.224
Unger, der seit 1919 am Konservatorium unterrichtet hatte, ab 1927 Professor der Musikhochschule geworden war, schwenkte voll auf die nationalsozialistische Linie
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ein und war dem Regime treu ergeben. Bald prangerte er „Prominententum, Ausländerei, Verjudung und kunstwidrige Sucht nach Sensationen und Uraufführungen“ an. 1936 wurde er zum stellvertretenden Direktor der Musikhochschule. Zwei Wochen nach dem Opernhauskonzert dirigierte Szenkar für die GfNM ein Chor- und Orchesterkonzert, in dem er Les Noces von Strawinsky und das Cellokonzert von Ernst Toch erstmals in Köln zu Gehör brachte. Der hervorragende Solist des Abends war Emanuel Feuermann. Die Ausführenden und der anwesende Toch erhielten starken Beifall. Nach dem Cellokonzert wurde auf „vielfach geäußerten Wunsch“, wie es in der Programmvorschau hieß, Les Noces wiederholt. Jacobs meinte, den Zuhörern wäre eine Wiederholung des Cellokonzerts lieber gewesen. Wenige Tage nach dem GfNM-Konzert erschien in der Deutschen Musikzeitung ein Offener Brief: In einigen unserer Tageszeitungen sind verschiedentlich Zuschriften und Eingesandts erschienen, die sich mit der Entwicklung der Kölner Oper beschäftigen und in denen die künstlerische Tätigkeit des Generalmusikdirektors Eugen Szenkar in auffallend unsachlicher und abfälliger Weise kritisiert wird. Gegen eine solche Behandlung künstlerischer Angelegenheit muß Einspruch erhoben werden. Wir wenden uns nicht gegen Aeußerungen der berufenen Fachkritik, sondern verwahren uns dagegen, dass Privatmeinungen, deren Kompetenz in solchen Dingen durch die bloße Tatsache der Veröffentlichung noch nicht erwiesen ist, durch die Presse Einfluß auf das Musikleben zu gewinnen suchen. Es ist vom Standpunkt einer gesunden Musikpflege aus nicht wünschenswert, dass der berufsmäßigen Kritik an musikalischen Leistungen in solcher Weise vorgegriffen wird. Da dies im vorliegenden Fall geschehen ist, sehen sich die Unterzeichneten zu der Erklärung veranlasst, dass sie Herrn Szenkar für einen Künstler von außerordentlichen Fähigkeiten halten, dessen großer Ruf als Operndirigent in einer langen Reihe überragender Leistungen begründet ist, die auch oft genug die vollste Anerkennung der gesamten Presse gefunden haben.
Unterzeichnet war der Brief von Hermann Abendroth, Heinrich Boell, Walter Braunfels, Karl Ehrenberg, Bram Eldering, Eduard Erdmann, Philipp Jarnach, Wilhelm Maler, August von Othegraven und Richard Trunk – alles Professoren der Musikhochschule.225 Es lässt sich nicht eruieren, auf welche Leserbriefe sich diese Stellungnahme bezog. Sie zeigt aber deutlich, dass sich die Auseinandersetzung um Szenkar unterdessen zu einem „Fall Szenkar“ entwickelt hatte, wie es auch in der Überschrift der Kritik zur Neueinstudierung von Verdis Othello Ende Mai hieß. Die Andeutungen in dieser Kritik legen nahe, dass die „gewissen Kreise“ wieder, wie
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sie es schon bei Klemperer getan hatten, versuchten, Szenkar und Abendroth gegeneinander auszuspielen: Mit der Erledigung seiner musikalischen Aufgabe gab nun auch Eugen Szenkar seinen Gegnern die einzig mögliche, einzig eines Künstlers würdige Antwort, er zeigte ihnen [...] den echten unguis leonis, das heißt: eine unerhört schöne, restlos beglückende Othello-Aufführung. Hier scheint nun auch Ort und Gelegenheit, einige herzhafte Worte über den letzhin aktuellen „Fall Szenkar“ zu sagen, und es hätte für uns nicht erst der obligaten anonymen Zuschriften (pro oder contra) bedurft. – Für uns existiert nur ein Standpunkt, nämlich, das künstlerisch Gute und Auszeichnende überall da zu nehmen und kritisch anzuerkennen, wo wir es vorfinden, sei es nun bei einem Szenkar oder irgendeinem seiner (glücklicherweise recht respektablen) Fachkollegen. [...] Es wäre traurig, wenn die große Kunststadt Köln nicht Raum genug für mehrere Begabungen nebeneinander hätte, wenn man jedesmal dem einen das entzöge, was man dem anderen zuerteilt.226
Natürlich waren Abendroth und Szenkar von der Sache her Rivalen, auch wenn sie sich respektierten und achteten. Nachdem sie von Wesen und Stil her unterschiedlich waren, sprachen sie sicher auch unterschiedliche Hörerkreise an. Norbert Schultze, der Komponist der Lilli Marlen, ein Abendroth-Schüler, der um diese Zeit Regievolontär in der Oper war, beschreibt den Dirigierstil seines „patriarchalischen Lehrers“ als „eher klassisch-konservativ“, den von Szenkar als „modern, elegant“.227 Von nationalsozialistischer Seite übrigens dürften die anonymen Schreiben nicht gekommen sein, da die Nationalsozialisten Abendroth ebenso wie Szenkar attackierten, allerdings nicht als Dirigenten, sondern wegen anderer Verfehlungen: Er dirigiere zu viele Werke jüdischer Komponisten und lade jüdische Solisten zu den Gürzenichkonzerten ein. Zum Beispiel „wagte er es“ in diesem Jahr, das Violinkonzert von Brahms in seinem unerhörten Reichtum und seiner Tiefe der Empfindungen, in denen der Meister wie in all’ seinen Schöpfungen ein bleibendes Bekenntnis seines Deutschtums ablegt[,]
Nathan Milstein anzuvertrauen!228 Mit dem zweiten Opernhauskonzert am Ende der Spielzeit verwirklichte Szenkar nun seinen Plan und führte Schönbergs Gurrelieder (mit öffentlicher Generalprobe) auf. Wie schon bei der VIII. Symphonie von Mahler waren neben dem Opernchor mehrere Kölner Gesangsvereine beteiligt und auf dem Podium befanden sich wieder an die tausend Mitwirkende. Die Aufführung wurde vom Rundfunk nach West- und Süddeutschland und nach Hamburg übertragen. An
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beiden Abenden war das Haus gut besetzt. „Kein Wort des Lobes kann angesichts einer solcher Aufführung zu hoch greifen“, befand Friedland, während Jacobs schrieb, Szenkar hätte „das kühne Unternehmen bewältigt und es in zwei Aufführungen zum Ereignis werden lassen“, und „lang anhaltender, geradezu rasender Beifall lohnte die Mühe aller Helfer und bezeugte eine lodernde Begeisterung der Hörer.“229 Szenkar berichtete Heinsheimer, es sei eine ausgezeichnete Aufführung gewesen, die einen für Köln „ganz ungewöhnlichen Erfolg“ gehabt hätte. Er sei sehr glücklich darüber gewesen und: Ich kann es aber noch heute nicht fassen, daß es mir gelungen ist, – bei diesen Jammer-Zeiten! – so viel Singlustige (es waren nahezu 870 Sänger!) in Köln aufzutreiben!230
An diese Sängerinnen und Sänger wandte sich der Westdeutsche Beobachter mit einem Aufruf: unter dem Titel „Die Kölner Oper als Judentempel“ wurde ihnen Erhellendes zur Judenfrage allgemein und zur Musik Schönbergs im Speziellen nahegebracht. Der Artikel endet mit den Sätzen: Verehrte Sängerinnen und Sänger, Sie sehen, daß die Nichtberücksichtigung der R assenfrag e in Kunst und Wissenschaft, die beide nach Wahrheit streben wollen, eine Unwahrhaftigkeit ist. Es ist die Pflicht des Nationalsozialismus, Sie darüber zu belehren, die Weihrauchwolke, die gewisse Leute umschwebt, zu beseitigen und unsere eigenen schöpferischen Kräfte ins rechte Licht zu setzen.231
Mit Othello konnte Szenkar die Spielzeit endlich beenden und den Urlaub im Rittergut Schieben antreten, auf dem Hermines Bruder lebte. Im Sommer stieß meist auch Vater Zeitschel dazu, zu dem Hermine ein sehr inniges Verhältnis hatte. Im August hielt Szenkar eine Vorlesung bei den Internationalen Dirigentenkursen der Stiftung Mozarteum in Salzburg.232 Danach fuhren Szenkars gleich nach Hause. Die Versorgungslage in Köln war unterdessen so schlecht, dass Hermine ihren Vater um eine Lebensmittelsendung aus Schieben bat. Sie schrieb ihm, in Köln herrsche bittere Not und Panikstimmung in der Oper, 40 Musiker seien per Notverordnung entlassen worden.233 Während in mehreren kleineren deutschen Städten die Opernhäuser bereits geschlossen worden waren, spielte man in Köln immerhin noch. Ab der neuen Spielzeit wurden jedoch in der Oper montags keine Vorstellungen gegeben.
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Die Abenteuer des Háry János von Zoltán Kodály. Die schalkhafte Witwe von Ermanno Wolf-Ferrari
Die Opernspielzeit 1931/32 eröffnete Szenkar mit einer Neuinszenierung der Aida. Die Aufführung rief eine gewisse Ratlosigkeit hervor. Friedland schrieb: Nun hat uns diesmal der glänzende Opernführer in Verwunderung, in Erstaunen, aber nicht in Bewunderung versetzt. Offenbar wollte er die Oper einmal ganz anders anfassen, der „Aida“ die Größe, Vornehmheit und Weihe eines Verdi-Festspiels geben, also: Maß, letzte tonliche Veredelung, kontemplative Ausbreitung, fern von schreiendem, ordinären Effektbrio. [...] So trat, wenigstens in der ersten Hälfte der Oper das Gegenteil von allem ein, was wir erwartet hatten – man hörte sie mit wohlanständiger Langeweile. [...] Kein Zweifel, daß der Dirigent auf das Neustudium der Oper die größte Liebe und verantwortungsbewußte Sorgsamkeit verwandt hatte, daß im Orchester alles tonlich aufblühte und auf das feinste ausgeschliffen war, daß oben auf der Szene jede Gesangsphrase sorgsamst ausmodelliert wurde, trotzdem, man sehnte sich nach seiner alten, rechtschaffenen, wohlvertrauten „Aida“ mit den großen, blutvoll und frei ausladenden Stimmen und dem obligaten tempo rubato.234
Und Jacobs befand, dass die klangliche Verfeinerung bis ins äußerste, die Ausschöpfung jedes einzelnen Tones ihn „freilich etwas in Kunstgewerbliche, ins Abgezirkelte“ geraten ließen. Trotzdem, die „Hingabe aller vor und auf der Bühne weckte starke Begeisterung im Hause“. Etwas lebendiger dürfte sich die nächste Neuigkeit, die deutschsprachige Erstaufführung der Abenteuer des Háry János von Zoltán Kodály eingeführt haben. Szenkar hatte ihre Aufführung zunächst gar nicht oder jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt geplant. Er hatte im Juli einen Vertrag mit der Universal Edition über Offenbachs La Périchole in der Bearbeitung von Karl Kraus abgeschlossen, bekam aber Ende August ein Telegramm, dass das Material trotz intensiver Bemühungen nicht vor Ende September lieferbar sei. Man bot ihm als Ersatz an, das komplette Material für Háry János für den September unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Szenkar stimmte zu und so konnte, trotz fehlender Partiturteile, die erst in letzter Minute nachgeliefert wurden, und ähnlicher Probleme im Vorfeld, die Aufführung schließlich am 26. September über die Bühne gehen. Heinsheimer hatte am 23. September noch geschrieben, er glaube, dass „gerade jetzt, wo leicht aufführbare und lustige Dinge überall so dringend gebraucht werden, man diese Premiere besonders beachten wird.“ Die Inszenierung zeigte wieder Strohbachs glückliche Hand fürs Märchenhafte und Szenkar war natürlich ein geeigneter Anwalt für die Musik seines Landsmannes. Das Publikum „hatte viel Freude und dankte herzlich, wenn auch nicht stür-
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misch für den neuen Theaterabend“. Kodály dankte ihm brieflich für seine „Mühe im Fall Háry“: Ich hätte ihn nicht in besseren Händen wünschen können, weil bei Ihnen die Musik in sicherer Hand sich befand, und ich zweifle nicht, daß Sie auch alles herausgebracht haben.235
Der Háry wurde nur fünfmal wiederholt und nicht in die nächste Spielzeit übernommen. Nicht viel besser erging es der Uraufführung der Oper Die schalkhafte Witwe von Wolf-Ferrari, die, zeitgleich mit Berlin, am 20. Oktober 1931 gegeben wurde. Die Berliner Aufführung an der Staatsoper, bei der der Komponist anwesend war, leitete Leo Blech. In beiden Städten wurde das Werk warm und freundlich aufgenommen, die musikalische Darstellung besonders gelobt. Blechs Darstellung „entsprach ganz dem zartgegliederten Spiel der Musik“236, Szenkar „behandelte das Orchester mit einer klanglichen Delikatesse und Intimität, als ob er einen echten Mozart unter den Händen hätte.“237 Szenkar dirigierte bis zum Jahresende vor allem Kodály, Wolf-Ferrari, Verdi und Wagner, dazwischen einen Mozartabend im Rundfunk. Zu Weihnachten kam Hofmüllers Neuinszenierung des Siegfried auf die Bühne. Ein gewisser Unmut spricht aus Ungers Zeilen: Außerdem bot Szenkar sehr gut den „Tristan“ und, weniger befriedigend, den „Siegfried“, während man den als Wagnerdirigent hierher berufenen Fritz Zaun mit Verdischen Werken abspeist.238
Zuspitzung der Finanzkrise
Im November trieb die Diskussion über den Fortbestand des Opernhauses auf einen Höhepunkt zu. Die Regierung hatte an die Stadtverwaltung eine Denkschrift239 gesandt, in der sie die Höhe der Ausgaben für die Oper bemängelte und Sparvorschläge machte. Es wurde vorgeschlagen, die Zahl der Bühnenarbeiter auf die Hälfte zu reduzieren, die Zahl der Sänger drastisch zu verringern, einen Kapellmeister zu entlassen und den Generalmusikdirektor der Oper „abzubauen“, da ja bereits ein Generalmusikdirektor für das Orchester vorhanden sei. „Professor Abendroth, der von der Oper kommt, könnte einige Opernaufführungen im Jahr ohne Schwierigkeiten mit übernehmen.“ In der sehr detaillierten Antwort auf die Denkschrift führte Adenauer speziell zur Frage der zwei Generalmusikdirektoren aus: In der Frage der etwaigen Personalunion des Generalmusikdirektors der Oper und des Generalmusikdirektors der Stadt ist zu sagen, daß ihr vielleicht näher zu treten wäre, wenn
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beide Stellen unbesetzt wären und wir völlige Freiheit in der Wahl der Person hätten. Unter den heutigen Verhältnissen ist der Vorschlag aber unmöglich durchzuführen. Erwägen ließe sich die Frage, wenn beide Posten unbesetzt wären, nur so, daß gegebenenfalls der Generalmusikdirektor der Oper im Nebenamt die Gürzenichkonzerte, und zwar unter Zuziehung von Gastdirigenten, leiten müßte.240
Einige der (jährlich zwölf ) Gürzenichkonzerte vom Opernkapellmeister dirigieren zu lassen, klang in der Tat entschieden sinnvoller, als dem Gürzenichdirigenten „einige Opernaufführungen“ zu übertragen. Die Diskussionen um Lösungsmöglichkeiten der Finanzprobleme zogen sich noch über Monate hin – erst im Mai 1932 beschloss der Finanzausschuss endgültig, die Oper weiterzuführen. Nahezu die ganze Spielzeit 1931/32 hindurch wusste das Personal also nicht, ob es nicht die letzte sein würde. Erst am 1. Juni 1932 konnten die neuen Verträge, die nur noch für ein Jahr galten, unterschrieben werden. Konzert der Gesellschaft für Neue Musik. Mahlers VII. Symphonie
Zu Beginn des Jahres 1932 gab Szenkar vor allem Wagner, Verdi und Strauss. Ende Januar wurde wieder eine neue Operette ins Repertoire genommen: Die Flucht in die Ehe von Nikolaus Brodsky. In der Kölnischen Zeitung bedauerte man, dass im Opernhaus „von der Victoria aus noch ein weiterer Abstieg möglich war.“ Im Februar gab es vor der Neuaufnahme von Hoffmanns Erzählungen eine einstündige Benefizveranstaltung im Opernhaus: „Kunst für Kunst“, bei der „die eine Kunst schwesterlich für die andere werben“ sollte. Nach dem Meistersingervorspiel unter Szenkar und einer Rede von Hofmüller fand im Foyer der Oper eine Verlosung von Bildern, Plastiken, Fotografien und kunstgewerblichen Objekten statt. Wenige Tage später leitete Szenkar ein Kammermusikkonzert der Gesellschaft für Neue Musik. Auf dem Programm standen das 2. Brandenburgische Konzert von Bach, bei dem er den Cembalopart spielte, die Uraufführung des Konzert für Gambe und Kammerorchester (Streicher, Trompete, 3 Pauken) von Hugo Hermann mit Paul Grümmer als Solisten, Vier kleine Symphonien von Darius Milhaud (für kleines Orchester mit Harfe und Holzbläsern) und zwei Stücke für Kammerorchester aus op. 37 von Alexander Tscherepnin (für Kammerorchester, Blech, Pauken, große und kleine Trommel). „Der volle Kunstvereinssaal folgte mit großer, dankbarer Aufmerksamkeit“.241 Im April sah man die Erstaufführung von Li-Tai-Pe von Clemens von Franckenstein. Es war wohl nicht gerade ein starkes Werk, Hofmüller dürfte es als
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Hommage oder vielleicht auch nur als Zugeständnis an seinen ehemaligen Chef ins Programm genommen haben. Die Leistungsschau der Kölner Oper fand in diesem Jahr nicht nach Ostern, sondern in der Pfingstzeit statt. Für eine Neuinszenierung der Königin von Saba von Carl Goldmark hatte Hofmüller den jungen Walter Felsenstein „auf Anstellung“ eingeladen, der dann auch tatsächlich für die nächste Spielzeit verpflichtet wurde. Der Westdeutsche Beobachter heulte natürlich auf, weil Hofmüller das Opernpublikum ausgerechnet zu Beginn des Pfingstzyklus mit einer „rein jüdischen Angelegenheit“ zu behelligen wagte. Er stand sowieso schon verstärkt im Fokus wegen seiner Personalpolitik und seines Festhaltens an Szenkar. Im Mai kam eine Neuinszenierung von Così fan tutte auf die Bühne, die große Zustimmung fand, Szenkar konnte in den Kritiken die üblichen Elogen auf seinen Mozartstil lesen, nur „die Rezitativbegleitung verirrte sich manchmal zu sehr ins Pianistische“. Im Juni nahm die Kölner Oper endlich auch den Kassenschlager ins Repertoire, der überall Furore machte: Im weißen Rößl von Ralph Benatzky. Die Operette sollte weit über 50 Aufführungen in Köln erleben. Zwei Tage später veranstaltete Szenkar ein Opernhauskonzert mit einer Haydn-Symphonie (D-Dur, Nr. 96) und der VII. Symphonie von Gustav Mahler. Die letzte der drei rein orchestralen Symphonien wurde nach wie vor als problematisch empfunden, wenn auch Szenkars Darstellung gelobt wurde. Szenkar vermochte mit dem virtuos alle Schwierigkeiten überwindenden Orchester eine glänzende Aufführung zustande zu bringen. Das Symbolhafte der Klänge und ihrer Farben wie die Polyphonie dieses Mahler-Stils war ebenso beherrscht, wie der unruhige, nervöse Charakter der Musik hochgepeitscht wurde. Der Dirigent und das Orchester konnten heißen Beifall für ihre Leistungen ernten.242
Der Rest der Spielzeit war ausgefüllt mit einer Gesamtaufführung des nun komplett neuen Rings innerhalb einer Woche, in trautem Verein mit dem Weißen Rößl an den Zwischentagen. Zum Spielzeitende verließ Strohbach Köln, eine lange Spanne erfolgreicher Zusammenarbeit war vorbei. Immerhin, mit dem neuen, jungen Regisseur Felsenstein, der im Herbst sein Amt antreten sollte, verstand sich Szenkar sehr gut. Das Spielzeitende nutzte der Westdeutsche Beobachter unter dem Deckmantel eines Spielzeitrückblicks noch einmal zu Hetzkampagnen gegen Hofmüller und Szenkar. Die Aufführungsstatistik lasse erkennen, dass nicht im Entferntesten der Wille vorhanden gewesen sei, das Institut „in den Dienst deutscher Geisteskultur und damit des deutschen Volkes zu stellen“. Und nicht nur die Juden seien Schädlinge, sondern – vor allem auf Hofmüller gemünzt – das Gefährlichste
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seien die Judenhörigen. „Der Jude ist eben und muß blutsmäßig der Schädling sein. Wer mit ihm paktiert, ist dem Unterg ang g eweiht ! 243 Die Artikel pflegten mit düsteren Drohungen zu enden. Für uns genügt [...] die klare Erkenntnis des Notwendigen, und der eiserne Wille, Wandel zu schaffen. Wir werden dem deutschen Volke wiedergeben, was des deutschen Volkes ist!244 Es wird auch einmal anders werden! [...] Die für uns mehr als überflüssigen Juden Szenkar und Dr. Jalowetz scheinen dem Duo Meerfeld – Hofmüller noch unentbehrlich zu sein, dessen Umkehrung ins Gegenteil bei der demnächstigen Generalreinigung von uns aber unter Beweis gestellt wird.245
Man mag über den Deutschstil des deutschen Redakteurs lächeln – seine Aussagen sind doch beängstigend. Sehr beliebt war beim Westdeutschen Beobachter die Methode, Behauptungen einfach aus der Luft zu greifen, die der Angegriffene letztlich auf sich sitzen lassen musste – oder hätte er auf diesem Niveau parieren sollen?: Ganz früher hatte „unser“ ungarisch-jüdischer General, Herr Scenkar [sic] aus Budapest, ja nie viel Lust zum Arbeiten. Mit dem Einstudieren befaßte er sich daher möglichst wenig, und ein Abend, an dem er dirigieren musste, war ihm nur eine lästige Unterbrechung seiner Freizeit, wie ihm überhaupt der Dienst im Institut im ganzen viel zu hinderlich war in der Erledigung seiner Auslands-Gastspiele. Das hat sich g eändert, seit er einen ersten Kapellmeister auf der Nase sitzen hat, bei dem es ihm geboten erschien, dafür Sorge zu tragen, den Betreffenden nicht zu sehr in Erscheinung treten zu lassen.246
Zweite Argentinientournee
Ende August 1932 machte sich der „faule General“ wieder auf eine Auslandsgastreise. Er war, wie schon vier Jahre zuvor, für eine Konzertserie nach Buenos Aires eingeladen. Wie damals brachte er ein Programm mit vielen Werken, die neu für Argentinien waren, mit. Für ihn persönlich das wichtigste Projekt war die argentinische Erstaufführung von Mahlers III. Symphonie (mit Paula Weber als Solistin). In einem Interview in Wien führte er später aus: Das Publikum in Buenos Aires macht keine Konzessionen, weder in ihrer Beifallsäußerung noch in der Ablehnung eines Werkes. Einen Achtungserfolg gibt es nicht! [...] Durch verschiedene Kostproben, die ich dem Publikum im Laufe meiner Konzerte gab, glaubte ich den Geschmack so weit zu kennen, dass ich es wagte, die Dritte Mahler, die ich jetzt in Wien
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zum erstenmal mit den Philharmonikern musiziere in Buenos Aires vorzuschlagen. Die Leitung stand diesem Vorschlag zunächst etwas skeptisch gegenüber, aber ich wagte es – und es war ein ungeheurer Erfolg. An drei verschiedenen Orten mußte ich die Dritte Mahler wiederholen und überall hatte sie denselben.247
Die Presse schrieb: Die Aufführung muß als eine Tat bezeichnet werden. Eugen Szenkar hatte mit wenigen Proben die Einfühlung des Orchesters in eine ihm völlig unbekannte Welt erzwungen. [...] Szenkar ist ein glänzender Vermittler der Mahlerschen Gedankenwelt. Seine Leistung wird man mit Ehrfurcht in den Konzertanalen [sic] des Teatro Colon einzuzeichnen haben. [...] Der äußere Erfolg wurde zu einer machtvollen Demonstration für Szenkar und für das Werk, das seine tiefe Wirkung auf unser gänzlich unvorbereitetes Publikum rein ausstrahlen konnte.248 Erfreulich war es, dass Mahler, der in Buenos Aires zu Unrecht vernachlässigt wird, mit einer Begeisterung aufgenommen wurde, wie sie hier nur wenigen Werken der Orchesterliteratur gezollt wird.249
Vor der Mahler-Symphonie stand das 2. Brandenburgische Konzert Bachs auf dem Programm, das man ebenfalls in Argentinien noch nicht gehört hatte. Zwei weitere Werke, die ihm sehr am Herz lagen, waren die drei Wozzeck-Fragmente, die für das Publikum in Argentinien neu waren, und Kodálys Psalmus hungaricus, den Ansermet 1930 bereits in Buenos Aires aufgeführt hatte. Die Wozzeck-Fragmente, in deutscher Sprache von Adelina Korytko gesungen, machten großen Eindruck, und das obwohl „im Programmheft kein Wort über Vorgänge oder Sinn des Dramas, kein Wort auch über die Bedeutung des Komponisten gesagt war“. Der Psalmus wurde in italienischer Sprache aufgeführt: Eugen Szenkar schöpfte alle Möglichkeiten, die der stimmgewaltige und rhythmisch so überlegen geschulte Chor des Teatro Colon bietet, meisterlich aus. Eine Aufführung von bezwingender Größe kam zustande. [...] Also eine leidenschafterfüllte, ebenso formvollendete wie im Ausdruck bis zum Zerreißen gespannte Verklanglichung der herben, wuchtigen, absonderliche Wege wandelnden Partitur des großen Ungarn.250
Das Werk befand sich in der Mitte eines etwas sonderbaren und – wieder – ewig langen Programms: der Frühlings-Suite von Debussy folgte die Erstaufführung der Symphonischen Suite Paris von Jaques Ibert, die der Rezensent der La Plata Zeitung als peinliche „Cocktail-Musik“ bezeichnete, nach dem Psalmus folgte
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Strauss’ Don Juan, die Erstaufführung von Polka und Fuge aus Weinbergers Schwanda der Dudelsackpfeifer und schließlich, als Verbeugung vor dem Gastland, die Uraufführung einer Symphonischen Dichtung seines argentinischen Altersgenossen Juan Bautista Massa: La muerte del Inca. Zwei weitere Erstaufführungen waren Regers Ballettsuite op. 130, die sehr gut aufgenommen wurde, und Die Eisengießerei von Alexander Wassiljewitsch Mossolow, ein Werk, das nicht nur das argentinische Publikum im Sturm eroberte. Im Stil von Honeggers Pacific 231 beschreibt es die Geräusche einer Eisengießerei sehr naturalistisch in packendem Rhythmus. Das Werk (es ist nur vier Minuten lang) musste am ersten und zweiten Konzertabend Szenkars wiederholt werden und wurde beim Abschiedskonzert „auf allgemeinen Wunsch“ noch einmal als Programmabschluss (nach Mahlers III. Symphonie!!) gespielt. Bei allem Lob der Kritik über bahnbrechende, wegweisende wichtige Aufführungen – dem Publikum scheint dieser „Reißer“ am besten gefallen zu haben. Im Übrigen standen noch Webers Euryanthe-Ouvertüre, das Meistersinger-Vorspiel, Vorspiel und Liebestod aus Tristan und Isolde, Haydns Symphonie D-Dur (Hob 1/96) Beethovens Symphonien VII und IX sowie das Violinkonzert auf den Programmen. Solist des Violinkonzerts war der junge Ricardo Odnoposoff, mit dem Szenkar später eine herzliche Freundschaft verband. Die Neunte – sie wurde an zwei Abenden aufgeführt – „riß das ausverkaufte Haus mit sich fort“, wie der Rezensent der La Plata Zeitung schrieb. Außerdem: Eugen Szenkar hatte in wenigen Tagen eine Riesenaufgabe bewältigt. Er konnte seine Auffassung wenigstens mit den beiden großen Klangkörpern von Chor und Orchester wunschgemäß realisieren. Seine Auffassung ist sowohl von der Erich Kleibers, die wir kennen, und von der Otto Klemperers, die wir restlos bewundern, verschieden. Wie langweilig wäre es, wenn sie einer von ihnen gliche. [...] Szenkar zeigte, was für ein Chordirigent er ist, aber er bewies auch, wie erzieherisch trotz der kurzen Vorbereitungszeit das Wirken eines deutschen Dirigenten sein kann.251
Diese „erzieherische Wirkung“ kam immer wieder in den Kritiken zum Ausdruck. So schrieb ein Rezensent bereits nach dem ersten Konzert: Wer in den letzten Wochen Besucher des Colon gewesen ist, musste gestern schon nach den ersten Takten der „Euryanthe“-Ouvertüre staunen. Ist es möglich, dass das gleiche Orchester, das vor einigen Tagen noch müde und abgespannt seinen Part ohne Enthusiasmus abspielte, sich wie elektrisiert zu einer virtuosen Wiedergabe emporschwang? Eugen Szenkar gebührt das Verdienst, dieses Wunder vollbracht zu haben: er war es, der die erschlafften, aber, wie so oft festgestellt, sehr fähigen Musiker anfeuerte und zu einer grossartigen Leistung hinriss.252
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Die Leser einiger spanischsprachiger Zeitungen fanden keine Besprechungen der letzten Konzerte in ihren Blättern. Es war in Buenos Aires üblich, dass die Kritiker bereits in den Proben saßen. In einer Rezension wurde ein „Kickser“ der Hornisten kritisiert, der in einer Probe, nicht aber im Konzert, das einwandfrei verlief, vorgekommen war. Szenkar war derart aufgebracht, dass er sich bei der Probe zum nächsten Konzert weigerte, das Pult zu betreten, bevor nicht alle Kritiker den Saal verlassen hätten. Orchestervorstand, Musiker und auch Hermine („Mach’ doch jetzt keinen Skandal“) versuchten, ihn umzustimmen – vergeblich. Er war immer konsequent, man könnte auch sagen stur, wenn ihn etwas verärgert hatte. Die Folge war, dass von den nächsten Konzerten keine Kritiken in den Tageszeitungen erschienen. Die Aufführung zweier Werke, die Szenkar dem argentinischen Publikum nahebringen wollte, wurde nicht verwirklicht: Bruckners VII. Symphonie war als zweites Konzert in der Presse angekündigt worden, das Stabat Mater von Karol Szymanowsky für das Abschiedskonzert, zusammen mit Mahlers Dritter. Wahrscheinlich konnten in der Kürze der Probenzeit Chor und Orchester nicht noch mehr Werke zugemutet werden, in deren Gedankenwelt und technische Schwierigkeiten man sich erst einarbeiten musste – Wozzeck und Mahler waren wohl genug. Beethovens Neunte, die ursprünglich nicht vorgesehen gewesen war, musste den Bruckner ersetzen – sie war den Musikern geläufig und schneller zu realisieren. Dass die Pläne nicht eingehalten werden konnten, Programme geändert oder Konzerte ganz abgesagt werden mussten, war ja fast schon üblich im Teatro Colon. Durch Fehlorganisation konnten bekanntlich schon 1928 mehrere von Szenkars Plänen nicht umgesetzt werden und einige Konzerte entfielen. Klemperer traf es im Vorjahr noch härter, aus der Serie seiner geplanten Konzerte konnte er nur ein einziges verwirklichen, seine Einstudierungen von Rosenkavalier, Fidelio und Monteverdis Orfeo wurden gestrichen. Nun, auch in diesem Jahr lief die Organisation total schief, die Konzertserie begann viel später als geplant, Szenkar hätte seinen Urlaub verlängern müssen, was ihm die Verwaltung in Köln aber abschlug – nicht unverständlich bei der Stimmung zu Hause. Auch Interventionen der Generaldirektion des Teatro Colon und des deutschen Botschafters blieben erfolglos. Schließlich schaltete sich das Auswärtige Amt Berlin ein, es ginge immerhin um eine „deutsche Kultur-Angelegenheit“. Adenauer musste nachgeben – es machte das Verhältnis zwischen dem Generalmusikdirektor und seinem Oberbürgermeister nicht besser. Immerhin, Szenkar repräsentierte in Argentinien die „deutsche Kultur“ – 1932! Da der Chef zu Spielzeitbeginn nicht im Hause war, sprang Abendroth mehrmals ein, er dirigierte Siegfried, die Meistersinger, die Fledermaus und zweimal den Fidelio. Fritz Zaun leitete während des Gastspiels von Benjamino Gigli den
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Rigoletto. Als Szenkar Mitte November, direkt vom Schiff aus Hamburg kommend, pünktlich den Orchestergraben betrat, um Tristan zu dirigieren, wurde er warm und stürmisch begrüßt. Im Dezember kam eine Neuinszenierung der Entführung aus dem Serail heraus, die dritte, die Szenkar in seiner Kölner Zeit erlebte: Rémond, dann Strohbach, nun Felsenstein, der selbst den Selim Bassa gab. Szenkars feiner Mozartstil wurde wieder allgemein gewürdigt – außer natürlich vom Westdeutschen Beobachter: Otto Reigberts Bühnenbilder verschmolzen mit der Inszenierung zu einer Einheit, die mit Szenkars Stabführung nicht in Einklang zu bringen war. Auf Szenkars Leistung einzugehen, erübrigt sich nach der von uns so oft und eingehend begründeten Ablehnung seiner Musikerpersönlichkeit.253
Walter Trienes, der diese Zeilen schrieb, war Schüler von Hermann Unger, Schriftleiter für Musik des Westdeutschen Beobachter, seit 1930 NSDAPMitglied und nach 1933 Beauftragter der NSDAP an der Musikhochschule. Friedland führte aus, dass man „eigentümlicherweise“ ein „sehr großer, sehr erfahrener Musiker“ sein müsse, um „solch einen simplen Mozart“ zu dirigieren.254 Die letzte Erstaufführung des Jahres am 29.12.1932, die auch vom Rundfunk übertragen wurde, galt der Oper Die Pantöffelchen von Peter Tschaikowski, die je nach Übersetzer unter verschiedenen Titeln auf die deutschen Bühnen gekommen war. Hofmüller nannte sie in seiner Übersetzung Der Pantoffelheld. Es sollte zugleich die letzte Neuinszenierung sein, die Hofmüller und Szenkar zusammen in Köln erarbeiteten. Publikum und Presse waren begeistert – mit der bekannten Ausnahme: Trienes schrieb im Westdeutschen Beobachter, dass es ein Missgriff Hofmüllers gewesen sei, „Szenkar, der selbst an Tschaikowski vorbeidirigiert“, die musikalische Leitung zu übergeben. Ansonsten wurden Inszenierung und musikalische Leitung hochgelobt: In allem übrigen haben wir mit dieser Neuheit eine der glänzendsten, jede kritische Zurückhaltung restlos entwaffnenden Gesamtleistungen unserer Kölner Oper zu verzeichnen, bei der Solisten, Inszenierung und Bildausstattung, Dirigent, Orchester und Chor ausnahmslos einzubeziehen sind. [...] Und nun Eugen Szenkar : die Leben, Feuer, Temperament, Wohlklang, Glanz und Kraft spendende Energiequelle am Dirigentenpult, ein Orchester von wundervoll differenzierter Farbigkeit und Leuchtkraft führend und beflügelnd.255
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Krawalle. Kündigung
Am 3. Januar 1933 reichte Hofmüller seinen Rücktritt ein. Er schrieb an Adenauer, dass ihm „die Einstellung eines Teils des Theaterausschusses“ unmöglich mache, unter diesen Arbeitsbedingungen seinen Vertrag weiter zu erfüllen. Er sehe sich „außerstande, angesichts der Widerstände, die [er] hier in lebenswichtigen Fragen der Oper“ fände, auf verantwortlichem Posten zu bleiben. Politisch verantwortlich für Hofmüllers Entschluss war nicht etwa die NSDAP – die tobte sich vor allem in der Presse gegen Hofmüller aus und war zudem im Theaterausschuss nur schwach repräsentiert –, sondern die sozialdemokratische Fraktion, die Hofmüller seit Monaten befehdete, nicht primär seiner künstlerischen Arbeit wegen, sondern da man ihm organisatorische und verwaltungstechnische Unfähigkeit vorwarf. Im Hintergrund ging es jedoch sicher auch um kulturpolitische Unverträglichkeiten. Die Sozialdemokraten hatten jedenfalls erklärt, im Ausschuss nur dann für eine Weiterführung der Oper stimmen zu können, wenn der Intendant ausgewechselt würde.256 Der Westdeutsche Beobachter frohlockte: Wer vom Juden frißt, stirbt daran! [...] Hofmüller hat sie erfahren müssen: Sein Vermittlertum zwischen deutscher Kunst und jüdischem Geist hat ihn zur Strecke gebracht. Wir kennen die Leute um Szenkar! Die rassenbiologisch betrachtete Kunstgeschichte ist um ein warnendes Beispiel reicher.257
Die Freude kam etwas zu früh, Adenauer nahm Hofmüllers Demission nicht an. Er blieb noch fast drei Monate bis zur „Generalreinigung“ der Kölner Oper im Amt. Anlässlich der 50. Wiederkehr von Wagners Todestag hatte die Intendanz einen Wagnerzyklus von 10 Abenden angesetzt, der nun Ende Januar/Anfang Februar seinen Höhepunkt und sein Ende mit einer geschlossenen Ring-Aufführung fand. Dieser Zyklus war offenbar nicht ausreichend, da er schon sieben Tage vor dem „Festtag“ beendet war. Der Westdeutsche Beobachter beklagte sich unter der Überschrift „Schluß mit dem Szenkar-System“: In Kreisen der Kölner Kunstfreunde herrscht große Erregung über das Verhalten der Leitung des Kölner Opernhauses, gelegentlich des von der ganzen Nation festlich begangenen Wagnertages. Trotzdem wir bereits das Verhalten der Herren Szenkar – Hofmüller in gebührender Weise angeprangert haben, zwingen uns die zahlreichen Zuschriften, nochmals das allem deutschen Denken ins Gesicht schlagende Verhalten dieser undeutschen Leitung anzuprangern. Bis heute ist noch nicht der Versuch gemacht worden, den unglaublichen Skandal wieder gut zu machen. Auch in dieser Woche ist keine Wagner-Oper angesetzt worden.258
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In der letzten Februarwoche führte das Kölner Opernensemble als „Wagnergedenkfeier“ die Walküre in Den Haag auf. Der Stadtanzeiger berichtete, die Kritik „rühmte an erster Stelle Generalmusikdirektor Eugen Szenkar, der nach nur zweimaliger Probe mit dem Haager Residenzorchester so außerordentliche Wirkungen erzielte.“ Der Lokalanzeiger resümierte: „Alles in allem eine Aufführung, die eine würdige Wagner- Gedenkfeier darstellte“. Am 7. März 1933 entfaltete das „delikat musizierende Orchester [...] allen Glanz der Straußschen Farben“ im Rosenkavalier, ein letztes Mal unter Szenkars Leitung. Für den 8. März war Fidelio angesetzt. Kurz vor der Vorstellung kam der diensthabende Polizeioberst in sein Büro und meldete ihm, dass jugendliche Braunhemden vorhätten, die Vorstellung zu stören und ihn am Dirigieren zu hindern. Szenkar wollte nun Zaun dirigieren lassen, dieser war aber nicht auffindbar – vielleicht wusste er von den Plänen seiner Gesinnungsfreunde. So musste also sein Assistent Meinhard von Zallinger antreten, der den Fidelio noch nie dirigiert hatte. Um zu verhindern, dass „der Junge“ mit ihm verwechselt und ausgepfiffen würde, ließ Szenkar das Haus voll beleuchten, während der Dirigent vor das Orchester trat. Die Braunhemden mussten ihren Frust an einem Sänger auslassen. Karl Holl schilderte für den Lokalanzeiger die Szene wie folgt: Plötzlich erscholl im 2. Akt während der Kerkerszene – es war gerade 22.15. Uhr – zweimal aus dem hinteren Zuschauerraum der laute Ruf: „Hinaus mit dem Juden SchmidScherf !“ [...] Der Ruf war das Signal zu andauernden Zwischenrufen wie „Juden hinaus!“, so daß die Aufführung abgebrochen werden mußte. Im Parterre rief ein Herr: „Wir wollen hier keine Juden!“ In der Mitte des ersten Parketts wurden von mehreren gerufen: „Wir wollen ein deutsches Theater!“ Wogegen andere riefen: „Wir wollen kein Parteitheater!“ und wieder andere: „Wir wollen ein künstlerisches Theater!“ Auf der offenen Szene erklärte der Sänger Schmid-Scherf: „Ich bin kein Jude.“ [...] Dann ging die Unruhe infolge neuer Rufe weiter. Momentelang herrschte solche Aufregung, daß eine Panik im Opernhaus auszubrechen drohte. Ein Teil der Besucher flüchtete aus dem Raume. [...] Dann trat der Sänger Jos. Witt (Florestan) vor die Rampe und sagte, indem er seine mit klirrender Kette gefesselten Hände erhob: „Im Namen meiner Kollegen und im Namen Beethovens bitte ich Sie, die Würde der Kunst zu wahren.“ Um 22.30 Uhr wurde die Vorstellung wieder fortgesetzt.259
Der Westdeutsche Beobachter ortete eine „Volksempörung gegen das verjudete Opernhaus“. Unter der Überschrift „Deutsche Theaterbesucher lehnen jüdischen Generalmusikdirektor ab. Szenkar räumt seine bisherige Wirkungsstätte“ wurde ausgeführt, dass Hofmüller die „Zeichen des 5. März nicht verstanden“ hätte.
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Hätte er Szenkar rechtzeitig seiner Pflichten entbunden, so „wären dem Opernhaus die Vorkommnisse gelegentlich der Fidelio-Aufführung erspart geblieben“. So aber „mußte erst die Empörung der Theaterbesucher die Intendanz darüber belehren, was sie deutscher Kultur schuldig ist.“260 So endete abrupt das Kölner Engagement. Szenkar wurde wenige Tage später verboten, das Opernhaus zu betreten, nicht einmal seine persönlichen Gegenstände durfte er aus seinem Büro abholen lassen. Am 7. April, dem Tag, an dem das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in Kraft trat, wurde er entlassen. Adenauer war am 12. März abgesetzt, Hofmüller am 25. März „beurlaubt“ worden. Szenkars Nachfolger wurde sein 1. Kapellmeister Fritz Zaun, Adenauer wurde kommissarisch durch einen Dr. Riesen ersetzt, an die Stelle von Hofmüller trat Alexander Spring, der Bayreuth und der Familie Wagner eng verbunden war. Zweifellos waren die Kölner Jahre eine wichtige Zeit für Szenkar, es ist jedoch nicht anzunehmen, dass er auf Dauer dort bleiben wollte. Früher oder später hätte er sicher ein Amt mit größeren Entscheidungsbefugnissen angestrebt. Dass er natürlich so abrupt seine Stellung mitten in der Spielzeit verlor, gleichzeitig jegliche Existenzmöglichkeit in Deutschland, bald auch in Österreich, lenkte sein Leben in völlig unvorhersehbare Bahnen und zwang ihn, wie auch viele seiner Kollegen, auf Jahre hinaus zu einem dauernden Wanderleben im Exil. Insgesamt hat Szenkar in der Kölner Zeit vier Opern aus der Taufe gehoben und über 30 Werke zur Erstaufführung gebracht, 24 davon von Zeitgenossen. Die Repertoire-Opern wurden gründlich überarbeitet. War in den vier Jahre unter Rémond der Schwerpunkt auf der Erneuerung des Mozart- und Strauss-Repertoires gelegen, wurde in der Ära Hofmüller vor allem das gesamte Wagner- und Verdi-Repertoire neu inszeniert, außerdem nahm man sich der Standardopern wie Fidelio, Freischütz, Hoffmanns Erzählungen an und ein weiteres Mal einiger Mozartopern. Als Resümee der „Ära Szenkar“ formulierte Karlheinz Weber: Alles in allem hatte Szenkar in knapp neun Jahren mit einem weitgespannten und vielseitigen Spielplan Kölns Rang unter den führenden Opernhäusern Deutschlands gefestigt und die Kölner Oper in eine Epoche neuen Glanzes geführt. 261
Fünf Tage nach dem Fidelio-Eklat wurde Szenkar vormittags aus einem Frisörsalon heraus von der SA festgenommen und ins Polizeipräsidium gebracht. Man bedeutete ihm, er als „Großverdiener“ müsse vor dem Volkszorn geschützt werden. Er durfte seine Frau nicht anrufen, saß stundenlang in einem Verhörzimmer,
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wo man ihm, damit er sich nicht langweile, Johann-Strauß-Platten auflegte. Am Spätnachmittag erschien endlich seine Frau mit dem ungarischen Generalkonsul und einem SS-Mann, der erklärte, es läge nichts gegen ihn vor, er könne nach Hause gehen. Nach diesem Erlebnis verließen Szenkars Köln und fanden zunächst im Rittergut in Schieben Unterschlupf.
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Anlaufstelle Wien 1933/34 Die Situation nach dem 7. April 1933 war für alle „Enthobenen“ dramatisch, die Spielzeit war fast zu Ende, die Neuverpflichtungen für die nächste Spielzeit waren weitgehend abgeschlossen und – wohin sollten diejenigen gehen, die in Deutschland keine Arbeitsmöglichkeit mehr hatten. Das betraf vor allem die besonders Renommierten unter den Dirigenten. Es gab nur wenige große Häuser in Europa, deren Opernkultur und -tradition der deutschen vergleichbar war und nur solche schienen zunächst infrage zu kommen. Da die existentielle Bedrohung noch nicht so offensichtlich war – die vorherrschende Meinung war, dass der Spuk sich bald legen würde –, dachte man zunächst weder an ein endgültiges Verlassen Europas noch an ein Engagement an einer zweitrangigen Bühne. Das heißt zum einen, Wunschobjekt war mittel- oder langfristig vor allem die Wiener Staatsoper, zum anderen musste man kurzfristig versuchen, sich mit Konzertgastspielen über Wasser zu halten und ansonsten überall präsent sein, wo große Musikveranstaltungen stattfanden, wo Agenten, wichtige Kontaktpersonen und Freunde anzutreffen waren. Die Jahre 1933 und 1934 waren, ganz abgesehen von der prekären finanziellen Situation, geprägt von Mutlosigkeit, Unsicherheit und Zukunftsangst. Hermine schrieb an ihren Vater: Jancsi hatte ohnehin heute wieder einen schlimmen Nervenzusammenbruch u. einen lang anhaltenden Weinkrampf ! Wäre ich heute in der Lage, ich würde ihn in ein Nervensanatorium schicken.262
Der Aufbruch der Szenkars aus Köln war hastig – sie nahmen zunächst nur so viel Gepäck mit, wie sie selbst transportieren konnten. In Schieben erreichten sie immer neue Mahnungen aus Köln wegen ausstehender Zahlungen. Die Stadt hatte zwar trotz Entlassung zugesagt, das Gehalt bis zum regulären Vertragsende im August weiterzuzahlen, war aber im Verzug. Hermine musste ständig ihren Vater bitten, die Forderungen zu begleichen. Sie schrieb ihrem Vater, sie würden gerne nach Köln kommen und sich vor Ort um ihre Angelegenheiten kümmern, hätten aber kein Geld, um zurückzufahren. Ihre Tage waren ausgefüllt mit Korrespondenz, Telegrammen, Telefonaten, um die Verhältnisse in Köln zu ordnen. In ihrer Not wandte sie sich auch an ihren Freund
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Friedrich Carl Oppenheim, der ihnen Bargeld lieh und schließlich einen größeren Kredit einräumte. Während Hermine den Alltag managte, versuchte Eugen, kurzfristig Gastspielengagements zu bekommen. Der einzige Lichtblick war ein Konzert mit dem Haager Residentie-Orkest in Scheveningen, das für Juni angesetzt wurde. So fuhren die beiden zum Musikfest in Amsterdam, um Kontakte zu knüpfen und zu erneuern. Er konnte einen Vertrag für eine Konzertserie mit dem Residenzorchester im Oktober und November mit nach Hause nehmen – eine magere Auslastung für den Rest des Jahres. Danach dirigierte er in Scheveningen mit großem Erfolg ein sehr schönes Programm: Webers Euryanthe-Ouvertüre, die Kindertotenlieder von Mahler mit seiner alten Budapester Kollegin Ilona Durigó als Solistin, Schönbergs Verklärte Nacht und die VII. Symphonie von Beethoven. Der Erfolg war riesig – „violent applause“ – und er wurde wieder einmal als „one of the most important conductors of our days“263 apostrophiert. Das nächste Muss, um Präsenz zu zeigen, waren die Salzburger Festspiele, bei denen neben Musik vor allem Kulturpolitik gemacht wurde. Das einzig greifbare Ergebnis war eine ausführliche und offenbar recht positive Besprechung mit Clemens Krauss. Hermine schrieb ihrem Vater, Krauss wolle ihren Mann „unbedingt“ für die übernächste Spielzeit an die Staatsoper holen, hätte ihn gebeten, gleich im September nach Wien zu kommen, damit er ihn dort „mit den maßgebenden Stellen im Ministerium bekannt machen und langsam alles vorbereiten kann“. Sie bat ihren Vater, mit niemandem ein Wort darüber zu sprechen, es müsse vorläufig „streng geheim bleiben, da Bruno Walter und Klemperer auch die grössten Anstrengungen machen.“264 Klemperers schlugen im Sommer, Szenkars und Bruno Walter mit Familie zu Beginn des Winters ihre Zelte in Wien auf. Zunächst aber hatten Szenkars beschlossen, ihre ganze Habe von Köln nach Schieben bringen zu lassen. Die Kölner Firma hielt offenbar den vereinbarten Termin nicht ein, was zu ernsthaften künstlerischen und finanziellen Konsequenzen zu führen drohte. Hermine schrieb ziemlich verzweifelt und wütend an ihren Vater: Jancsi bekam ein Telegramm in Prag für ein Konzert (1650.-) einzuspringen u. musste absagen, da Frack, Taktstöcke, sämtliche Partituren u. Orchestermateriale, sowie Bilder etc. noch in Köln [...] sind!!!265
Sie fuhr fort, dass Den Haag schon „express“ wegen der anstehenden Konzerte um Bilder und Biographie gebeten hätte. Nächste Woche am Dienstagmorgen müssten sie eigentlich von Schieben aufbrechen, Mittwoch sei Vorbesprechung, Donnerstag erste Probe in Den Haag.
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Jancsi hat keine Note hier, kann sich nicht vorbereiten. Wahrscheinlich werden wir diese Konzerte auch absagen müssen, was finanziell einen weiteren Verlust von 750.- Gulden bedeutet und weiter wahrscheinlich zur Folge haben wird, dass man sich nie wieder an Jancsi wendet, da er für die Leute unzuverlässig ist. [...] künstlerisch u. vor allem moralisch ist der Schaden unübersehbar u. unreparabel!266
Rechtzeitig am Montag kam der Hausrat an, zum Teil erheblich beschädigt, aber sie konnten in der Nacht noch alles Nötige einpacken und am Dienstagmorgen nach Holland fahren. Die Konzertserien mit dem Residentie-Orkest im Oktober und November 1933 führten ihn mehrmals nach Den Haag, Leiden, Eindhoven und Rotterdam. Sie wurden zu einem großen künstlerischen und persönlichen Erfolg. Er führte die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, Beethovens Siebente, Brahms’ Haydn-Variationen und das II. Klavierkonzert mit der grandiosen Myra Hess am Flügel, Webers Euryanthe-Ouvertüre, Berlioz’ Ouvertüre zu Benvenuto Cellini, die Große C-Dur-Symphonie von Schubert, die VI. Symphonie von Tschaikowski und Strauss’ Don Juan auf, außerdem zwei Oboenkonzerte (Telemann, Haydn), in denen der Solo-Oboist des Orchesters, Jaap Stotijn, als Solist auftrat. Der Kritiker des Allgemeen Handelsblad freute sich: Eugen Szenkar is slowly becoming half a Haguer; within the last few months we have seen him five times with the conductor’s baton, and the Hague can consider herself fortunate indeed to be able to welcome so often this most eminent personality. [...] The rendering of Berlioz’s „Benvenuto Cellini“ really borders on the miraculous.267
Wenige Tage nachdem Szenkars aus den Niederlanden zurückgekehrt waren, erhielt Vater Zeitschel einen empörten und verzweifelten Brief von Hermine aus Schieben. Sie beklagte sich bitter über ihre Brüder und die Schwägerin, die kein Wort mit ihnen sprächen, sie nicht zu den Mahlzeiten rufen und „schneiden“ würden, wo es geht: Wir werden wie Aussätzige behandelt. Ich kann hier nicht mehr leben. Morgen verlassen wir Schieben, wohin ich niemals zurückkehren werde.268
Was war in der Zeit ihrer Abwesenheit geschehen? Hermines Bruder Carl war in Schieben eingetroffen. Während Hermine zu ihrem Bruder Franz eine sehr enge Beziehung hatte, war das Verhältnis zu ihrem um neun Jahre älteren Bruder Carl äußerst angespannt. Sie hatte ihm aus dem mütterlichen Erbe eine hohe Geldsumme geliehen, als er sich im Schwarzwald ein Sanatorium aufbauen
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wollte. Jetzt, als sie das Geld selber notwendig gebraucht hätte, zahlte er es nicht zurück. Die Angelegenheit war so eskaliert, dass ihn Hermine angezeigt, die Anzeige aber später aus Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Vaters zurückgezogen hatte. Was aber in der augenblicklichen Situation bei Weitem schwerer wog: Carl war ein überzeugter Nationalsozialist der ersten Stunde, bereits 1923 war er Mitglied der NSDAP geworden. Er übte seinen Beruf als Mediziner bis in die Dreißigerjahre aus, 1930/31 war er Leibarzt von Wilhelm II. in Doorn. Etwa ab 1935 war er nur noch als NS-Funktionär tätig, zunächst im Reichspropagandaministerium, später im Auswärtigen Amt. 1939 trat er in die SS ein und machte rasch politische Karriere. Ab 1940 war er als Beauftragter für Judenfragen und Freimaurerangelegenheiten in der Deutschen Botschaft in Paris tätig. Als „Judenreferent“ war er einer der Motoren der „Endlösung“ in Frankreich.269 Die Anwesenheit Carls in Schieben war also die Ursache für die plötzliche frostige Atmosphäre. Szenkars verließen Schieben so schnell wie möglich und übersiedelten Anfang Dezember nach Wien – wieder mit kleinem Gepäck. Ihre Möbel und ihre ganze Habe blieben in Schieben eingelagert. Sie fanden ein möbliertes Zimmer in der Bösendorferstraße, lebten sehr bescheiden, verbrauchten nur 75 Pfennig täglich, wie Hermine ihrem Vater mitteilte, gingen aber voller Elan daran, ihre Zukunft zu organisieren. Szenkar machte sich Hoffnung, in Wien arbeiten zu können, wenn schon nicht gleich mit einem festen Vertrag, so doch zumindest mit Gastverträgen an der Staatsoper. Seine triumphalen Erfolge fünf Jahre zuvor waren in Wien noch in bester Erinnerung. Mitte Dezember schrieb Hermine ihrem Vater: Jancsi war bereits bei Cl. Krauss sowie bei zuständigen Leuten im Ministerium, die ihn alle gut kennen u. sehr schätzen, man muss hier sein, damit man erreichbar ist u. immer weiter verhandeln kann bis alles reif ist. Es geht hier nicht so schnell.270
Und eine Woche später berichtete sie, dass ihr Mann hier die Anerkennung und Verehrung genieße, die er in Köln nie gehabt habe. Die Leute sprächen von seinem Wiener Gastspiel 1928 mit Ehrfurcht und Bewunderung. Die Verhandlungen in Wien sähen durchaus beruhigend aus. Die positive Grundstimmung ihrer Briefe hielt nicht lange an, die nächsten Monate brachten ein Wechselbad von Hoffnungen und Enttäuschungen, von Aufatmen und Verzweiflung. Ende Januar klagte sie, es sähe zurzeit alles wenig rosig aus, die Leute versprächen viel und hielten wenig, sie hätte ihren ganzen Optimismus verloren. Zwei Tage später bat sie ihren Vater, sich über diverse Freunde und Bekannte in Köln „mit führenden katholischen Kreisen“ in Verbindung zu setzen, denn:
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Der Sectionschef des Unterrichtsministeriums will sich über J. in klerikalen Kreisen (Zentrum) erkundigen, da J. ja, wie Du weißt, kathol. ist und da die klerikalen Kreise in Wien alles zu sagen haben.271
Vielleicht könne ja der Kölner Kardinal Schulte ein Schreiben an den Wiener Kardinal Innitzer schicken und sich mit ein paar Worten für Szenkar einsetzen. Auch ein paar Zeilen von Adenauer könnten nützlich sein. „Wir sind beide völlig am Ende unserer Kraft.“ Im April ein kurzer Lichtblick, Szenkar dirigierte ein Konzert der Wiener Symphoniker und einige Aufführungen an der Staatsoper: Es geht alles hier sehr langsam, und es ist nicht so leicht, wie man sich das denkt. Aber das Eis wird nun gebrochen und das ist das wichtigste! Jedenfalls kannst Du Dir unsere Freude jetzt vorstellen, endlich wieder Arbeit!!! Alle Zeitungen hier sind seit 2 Tagen voll mit Interviews etc. Endlich lesen wir unseren Namen wieder.272
Im Mai reiste Hermine nach Schieben, um nach ihrer Habe zu sehen und wichtige Unterlagen zu holen. Von dort berichtete sie ihrem Mann nach Wien, dass sie alle Kritiken mitbringen werde, „dann werden gleich Kritikenauszüge gemacht und dann wird getrommelt“. Szenkar selbst ging währenddessen in Wien und Budapest „Klinken putzen“, seine Freunde agierten in Europa, Lotte Lehmann verwendete sich in Australien für ihn. Einzig greifbare Ergebnisse aller Bemühungen waren zunächst eine Konzertserie im Sommer in Baku mit der Staatlichen Philharmonie Moskau (heute: Moskauer Philharmoniker) und ein Konzert im Herbst in England. Neben seinen Verhandlungen und Korrespondenzen her arbeitete er, der immer Ruhelose, Fleißige, an seinem Repertoire. In einem Brief an Hermine in Schieben schrieb er, er sei „heute faul“ gewesen, habe „nichts gelernt“. Zur gleichen Zeit beklagte er sich: Mein Gott, manchmal habe ich so eine Sehnsucht nach unseren Möbeln, nach einem [unleserlich] Heim. [...] Vielleicht hat das Schicksal mit uns einmal ein Einsehen und wir dürfen unsere Sachen wieder haben! – Bitte, geh’ doch mal auf den Speicher und schau, ob meine Kisten gut aufbewahrt sind!273
Die Geldsorgen wurden natürlich immer drückender, immer wieder bat Hermine ihren Vater um etwas Geld für ihre persönlichen Bedürfnisse: Jancsi sorgt ja rührend für mich, ist er es doch, der mir mit seinen wenigen Mitteln erlaubt, hier leben zu können, ein Dach überm Kopf zu haben u. wenn auch nur einmal am Tag essen zu können [...], aber was er nicht imstande ist, für meine Kleidung zu sorgen, d. h. darum
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wage ich ihn nicht zu bitten, wenn ich daran denke, dass er seine eigene Mutter u. Schwester, die 70.- im Monat Unterstützung haben verhungern lässt. Ich laufe auf Schuhen, die kaputte Sohlen haben.274
Vom Schwiegervater bekam Szenkar zum Geburtstag Partituren geschenkt, da er sich selber keine leisten konnte. So schrieb er „seinem lieben Vater“ zum Beispiel 1934, er möge sich bitte nicht in Unkosten stürzen, eine Symphonie pro Geburtstag würde reichen, zunächst die Vierte von Brahms – die nächste könne er ihm ja im folgenden Jahr schenken. Ende Juni, bevor Szenkars die Reise nach Baku antraten, brach bei Hermine schließlich Verzweiflung durch: Wir rennen u. versuchen überall nach irgend einer Möglichkeit aber alles geht schief, nichts funktioniert, dabei die Kraft zum Weiterleben aufzubringen ist schwer. So dunkel ist die Zukunft, so ohne jeglichen Sonnenstrahl, es ist arg. [...] Jancsi der Arme rennt sich ebenfalls die Beine aus, versucht alles, hat doch auch hier den grössten Erfolg gehabt, aber die kommende Saison kein Konzert, kein Operngastspiel, nichts. Das Einzige, 1 Konzert in Manchester (England) am 15. November u. das soll einen so unerhört fähigen Musiker wie J. befriedigen, vom Geldlichen ganz abgesehen, da siehts ja überhaupt schlimm aus, wie lange unser bissl Geld noch reicht, kann man sich heute schon ausrechnen u. dann stehen wird vor dem Nichts!!!275
Sie ahnte noch nicht, dass sich auf dieser Reise neue Wege auftaten. Bis dahin also gab es nur zwei Verpflichtungen in Wien. Für den April war Mahlers III. Symphonie angesetzt, für den Mai eine Neueinstudierung des Fliegenden Holländer und eventuell eines zweiten Werkes an der Staatsoper. Alle wichtigen Zeitungen brachten Interviews mit Szenkar, in denen er zum wiederholten Male seine Liebe zu Gustav Mahler betonte: Es wurde mir auch die Ehre zuteil, Mahler vorgestellt zu werden, und der Eindruck, den ich von diesem genialen Musiker empfing, war bestimmend für meine Karriere. Das restlose Aufgehen in der Musik, das absolute Ausdeuten der Partitur waren die Leitmotive Mahlers, dessen Idealen zu folgen ich nachstrebe.276
In einem anderen Interview bekannte er sich nicht nur zu Mahler, sondern auch zu Bruckner: Es freut mich, gerade in der Mahler-Stadt Mahler, dem ich geistig so viel verdanke, aufführen zu können. [...] Und besonders lieb wäre es mir, wenn sich Gelegenheit fände, daß ich einmal Bruckner, den ich aufs tiefste liebe, hier aufführen dürfte.277
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Mit Mahlers III. Symphonie, gespielt von den Wiener Symphonikern, führte er sich in Wien erstmals als Konzertdirigent ein. Enid Szanthó hatte die Altpartie übernommen, die Chorpartien wurden vom Frauenchor der Wiener Singakademie und den Wiener Sängerknaben gesungen. Die Pressestimmen waren durchwegs positiv, wenn ihm auch die letzte „Verinnerlichung“ abgesprochen wurde. Wieder einmal eine Persönlichkeit am Taktpult! [...] Szenkar hat, das ist zweifellos, eine grandiose Aufführung hingelegt. Sein musikalischer Feldherrnstab hat jenes nervöse Zucken und gleichzeitig jene äußerste Präzision, die Orchester- und Hörermassen aufpeitschen können. So daß Dämonie und Plastik, Phantasie und Gestaltung wunderbar in eins zusammenschlagen. Was ein wenig fehlte, ist der angedeutete Weg von außen nach innen, den das Werk vorzeichnet und den der Dirigent nicht ganz mitgegangen ist.278 Sie [Blumen, Tiere, Mensch, Engel] teilen sich uns allesamt als vernunftbegabte, verständige Wesen mit, aber nicht als übersinnlich inspirierte. Und so hört man auch weniger ein Bekenntniswerk, das in pantheistischem Drange das Weltall umfassen möchte, als eine bunte, abwechslungsreiche Symphonie, gewissenhaft herausgearbeitet von einem, der sein Metier souverän beherrscht. [...] Sein geradliniges, ungekünsteltes Wesen weiß sich jedenfalls mit Entschiedenheit mitzuteilen, und das Orchester der Wiener Symphoniker [...] folgte ihm aufs pünktlichste.279
An seiner Holländer-Deutung schieden sich die Geister. Nach der Premiere las man sehr gute Kritiken, wie die von Réti im Telegraf („überlegen und stilklar“) und wohlwollende Rezensionen: Unverkennbar das Bemühen dieses versierten Theatermusikers, seine eigene, das Dramatische und Feierlich-Pathetische der „Holländer“-Musik aufsuchende Auffassung mit heißblütigem Temperament durchzusetzen. [...] In seiner nie erlahmenden Spannkraft und geistigen Lebendigkeit ist im übrigen Eugen Szenkar zweifellos der geborene Theaterdirigent. Und so rühmen wir nicht zuletzt die den Zusammenhang zwischen Bühne und Orchester niemals aufgebende Exaktheit, mit der an diesem schönen, an großartigen Einzelleistungen reichen „Holländer“-Abend musiziert wurde.280
Dr. Decsey schließlich, den er sechs Jahre zuvor so begeistert hatte, schrieb: Aus der letzten Aufführung des „Fliegenden Holländer“ schied ich mit der Gewißheit, daß die Pauke das wichtigste Orchesterinstrument ist, wenn nicht die Trompeten und Posaunen.281
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Die Herzen des Publikums hatte er jedenfalls wieder gewonnen. An Hermine, die gerade in Schieben war, schrieb er: Im übrigen bin ich schon so bekannt hier, dass mir die Jugend nachläuft wegen Autogrammen. Nicht nur, daß ich heute beim Eingang zur Oper mindestens ein Dutzend schreiben musste, bin ich heute auf der Straße überrannt worden. Eigentlich rührend von den Jungen und Mädels! 282
Staatliche Philharmonie Moskau 1934–1937 Gastspiel in Baku
Zu Sommerbeginn 1934 begann das Abenteuer Baku. Die Sommerkonzerte in Baku waren eine seit mehreren Jahren gepflegte Tradition. In der Sowjetunion wollte man auch in den Sommermonaten außerhalb der Konzertsaison das Musikleben aufrechterhalten und es aus den großen Musikzentren Leningrad und Moskau hinaustragen. Die Leningrader und Moskauer Orchester kamen nach Baku mit ihrem gesamten Material, ihren Instrumenten und einer riesigen Bibliothek. Jascha Horenstein283 und William Steinberg284, die auch in den Dreißigerjahren dort dirigierten, sprachen mit großer Wärme über ihre Erfahrungen mit dem einheimischen Publikum, das die Konzerte zum Teil in Nationaltracht besuchte. Sie attestierten ihnen tiefe, echte Empfindung und tiefes Verständnis – auch für moderne Werke. Szenkars reisten Anfang Juli Richtung Baku ab. Die erste Strecke legten sie mit dem Schiff zurück, zunächst auf der Donau, dann ab Konstantinopel auf dem Schwarzen Meer über Odessa, Jalta bis nach Batumi. Gern erzählte Szenkar später von dieser Reise, von den landschaftlichen Schönheiten und vom herrlichen Botanischen Garten in Batumi. Voller Grauen aber berichtete er in seinen Erinnerungen von der Wanzenplage auf den Schwarzmeerdampfern und von dem „schrecklichen Essen“ – ungenießbares hartes Fleisch, Tomaten, Reis und Gurken. Es ist bezeichnend, dass ihm die Schiffsverpflegung einer Erwähnung in seinem „Weg als Musiker“ wert war. Verwöhnt durch die Küche seiner Mutter – nach Aussagen von Hermine war sie eine exzellente Köchin – legte er zeitlebens Wert auf gutes Essen. Das Testgericht bei der Einstellung einer Köchin war immer der Millirahmstrudel. Noch nach fast einem halben Jahrhundert erzählte er in den Sechzigerjahren von seiner ersten kulinarischen Erfahrung in Deutschland. Er bestellte in Dresden das Gericht, unter dem er sich am ehesten etwas vorstellen konnte: Schnitzel. Dann wurde dem Armen, der nur hauchdünne panierte Wienerschnitzel kannte, ein daumendickes Stück Fleisch mit Soße (!)
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serviert. Das Entsetzen, mit dem er diese Anekdote vortrug, ist mir noch gut erinnerlich. Nun weiter auf dem Weg nach Osten. Von Batumi aus fuhren sie mit der Bahn über Tiflis nach Baku, wo sie wieder ein wanzenreiches Hotel erwartete, aber auch eine Abordnung des Orchesters, die sie freundlich begrüßte. In Baku traf Szenkar überraschend auf einen alten Bekannten aus Budapest, Stefan Strasser, der 1911 in Prag sein Vorgänger als Chordirektor am Deutschen Theater gewesen war. Er schätzte ihn als Menschen und Musiker sehr. Strasser hatte sich vor den Nazis nach Baku gerettet, fiel aber später in Budapest dem Holocaust zum Opfer. Jetzt in Baku hatte er durch Beziehungen ein gekochtes Huhn aufgetan – ein Festessen für die Drei. Szenkar traf auch Oskar Fried wieder, der gerade in Baku lebte und mit der Enkelin von Michail Glinka verheiratet war. Europa war für jüdische Künstler klein geworden. Am Tag nach der Ankunft in Baku war Szenkar erkrankt, hatte hohes Fieber, offenbar eine Lebensmittelvergiftung. Sein erstes Konzert musste um drei Tage verschoben werden. Hermine schrieb ihrem Vater, dass er am 3. August erstmals wieder aus dem Bett aufgestanden sei, am 4. August gleich zwei Proben , am 5. August vormittags Proben und abends Konzert gehabt hätte. Ich bin gespannt, wie er das aushält, er ist natürlich sehr schlapp. Morgen früh hat er dann wieder Probe u. abends wieder Konzert u. so geht das fort. Hoffentlich klappt er nicht zusammen.285
Nach den Konzerten in Baku würden sie mit dem Orchester nach Moskau reisen – drei Tage und Nächte durchgehend: Wie überhaupt unsre Reise keinesfalls eine Erholungsreise ist: 16 Konzerte in 4 Wochen mit Reisen etc. ist keine Kleinigkeit. Das Orchester (hier spielt jetzt die Moskauer Philharmonie) ist natürlich begeistert von J., sie möchten ihn am liebsten als ständigen Dirigenten in Moskau haben. Sie haben ihm gestern abends nach der Probe eine grosse Ovation gemacht.286
Im ersten Konzert in Baku dirigierte er Webers Euryanthe-Ouvertüre, Beethovens VII. Symphonie, die Ouvertüre zu Benvenuto Cellini von Berlioz und Liszts Les Préludes. Im zweiten Konzert brachte er Tschaikowskis VI. Symphonie anstelle der beiden ersten Programmpunkte. Eine weitere Konzertserie, unter anderem ein Abend mit Musik der Strauß-Dynastie, folgte. Die Orchestervorstände telegrafierten nach Moskau, dass sie ihn gerne auf Dauer als Dirigenten hätten. Er fuhr mit dem Orchester nach Moskau und stellte sich zwei Wochen später im Haus der Wissenschaftler vor mit Strauss’ Don Juan, Debussys Prélude
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Abb. 4: Ausriss aus dem Programmzettel des ersten Konzertes mit der Staatlichen Philharmonie Moskau am 5. August 1934 in Baku. Archiv der Moskauer Philharmoniker
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à l´après-midi d´un faune, mit Dukas’ Zauberlehrling und Tschaikowskis Pathétique. Die Kritik beschrieb ihn als hervorragenden Musiker mit außergewöhnlichem Temperament, mit überdurchschnittlichem Stilgefühl und als meisterhaften Orchesterbeherrscher. Besonders beeindruckte der Don Juan. Debussy sei sehr feinfühlig, der Zauberlehrling voller Scharfsinn und Dynamik, mit Ausdruck und rhythmischer Exaktheit dargeboten worden. Bei der Tschaikowski-Symphonie störten zu viel „Salon“ und zu viele unmotivierte Tempoänderungen. „Insgesamt aber erlaubt das erste Konzert, ihn als bedeutenden Meister auf seinem Gebiet anzuerkennen.“287 Er gefiel nicht nur dem Orchester und dem Publikum, sondern auch den Offiziellen: Er wurde für zunächst drei Jahre als Chefdirigent der Staatlichen Philharmonie Moskau (später: Moskauer Philharmoniker) und als Leiter einer Dirigentenklasse am Konservatorium verpflichtet. Bevor er seinen Dienst im November antrat, führte der Weg der Szenkars über Schieben, wo sie wichtige persönliche Habseligkeiten mitnahmen, nach Wien. Dort berichteten die Zeitungen ausführlich über sein kommendes Engagement. Das Neue Wiener Journal bezeichnete ihn schon im Voraus als wichtigsten Mittler österreichischer Musik in Russland. Dass das russische Publikum vor allem Strauß-Walzer liebte, verdiente besondere Erwähnung: Auch an der Grenze, die Europa von Asien trennt, macht der Siegeszug unserer heimischen Musik nicht halt: Eugen Szenkar hat während einer Sommerreise quer durch Russland Wiener Walzer in verschiedenen Städten dirigiert. In der Nähe Persiens, in der Millionenstadt Baku klangen die „G’schichten aus dem Wienerwald“ asiatischen Musikfreunden so verführerisch in die Ohren, daß ihr Beifall eine Wiederholung des ganzen Konzerts erzwingen konnte. [...] Der „Kaiserwalzer“, das „Perpetuum mobile“, die „Fledermaus“-Ouvertüre gehören hier [in Moskau] zu den Stücken, die das Musikpublikum am allerliebsten hört und immer von neuem zu hören verlangt. [...] Seit seinem Wiener Debüt [...] betrachtet das geistige Wien Szenkar als einen der überzeugendsten Mittler österreichischer Kunst. Szenkar hat sich auch in Spanien, in Holland und England für die heimatliche Tonkunst eingesetzt. Aber bei dem überraschenden Anteil, den Rußland an der Entwicklung des europäischen Musiklebens jetzt neu zu gewinnen scheint, ist gerade in Nordeuropa die Pflege spezifisch österreichischer Kunst eine Mission Eugen Szenkars, für die ihm besonderer Dank gebührt.288
Der „Mittler österreichischer Kunst“ (in russischen Kritiken wird er immer als „Dirigent aus Wien“ bezeichnet) machte Anfang November einen Kurzbesuch bei seiner Mutter in Budapest, danach, am 15. November gab er in Manchester mit sensationellem Erfolg ein Konzert mit dem Hallé-Orchester. Im Daily
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Dispatch erschien eine Kritik unter der Überschrift „Electrified ! How Eugen Szenkar Amazed Hallé Audience”. Man habe den Don Juan noch nie in solcher Eindringlichkeit und Präzision gehört, die Pathétique sei seit Langem die beste Tschaikowski-Interpretation in Manchester gewesen.289 Der Kritiker des Evening Chronicle schrieb, nicht einmal Furtwängler mit den Berliner Philharmonikern hätte Szenkars Don Juan übertroffen und: „The orchestra played as though it had known and admired Szenkar for years.“290 Leiter der Staatlichen Philharmonie. Lehrer am Konservatorium
Am 20. November 1934 kamen die Szenkars in Moskau an. Eugen hatte einen Dreijahresvertrag zu nahezu phantastischen Bedingungen unterschrieben. Er hatte fünf Monate pro Saison in Moskau anwesend zu sein, zweieinhalb Monate im Spätherbst, zweieinhalb im Frühjahr. Er erhielt ein für damalige Zeiten hohes Honorar, jährlich wurden ihm zudem drei Reisen (Hin- und Rückfahrt) von Moskau in eine beliebige europäische Stadt bezahlt und zwar 1. Klasse Schlafwagen für zwei Personen. Die Unterkunft war frei, im Hotel Moskwa stand ihm ein 4-Zimmer-Appartement zur Verfügung mit einem Bechstein-Flügel im Wohnzimmer. Dazu kam ein unentgeltlicher vierwöchiger Aufenthalt im Nobelkurbad Kislowodsk im Kaukasus. Szenkar hatte sich völlige Freiheit in der Auswahl der Werke ausbedungen, da es ihm wichtig war, auch geistliche Werke aufführen zu können. Es wurde ihm freie Hand gelassen, sodass der Aufführung etwa der Matthäus-Passion oder des Verdi-Requiems nichts im Wege stand. Die Moskauer Jahre waren sehr bunt und dicht, sie brachten ihm eine Fülle von Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen – positiven wie negativen. Er gewann hohe künstlerische Reputation als Dirigent und als Lehrer, er konnte mit ausgezeichneten Orchestern, Vokal- und Instrumentalsolisten arbeiten, er schloss wertvolle Bekanntschaften und Freundschaften, nicht nur mit Musikern, sondern auch mit Leuten vom Theater, er lernte auf vielen Konzertreisen das westliche Russland von Leningrad bis auf die Krim und in den Kaukasus hinein kennen. Andererseits stand er unter einer enormen Arbeitsbelastung und machte drastische Erfahrungen mit dem stalinistischen System bis hin zur Ausweisung im Juni 1937. Es war ein völlig neuer Berufsabschnitt für ihn, er war nun Chefdirigent eines Symphonieorchesters und somit mehr oder weniger reiner Konzertdirigent, abgesehen von Gastdirigaten am Bolschoi-Theater. Mit dem ihm eigenen Eifer und Elan, mit dem er jede neue Aufgabe anging, stürzte er sich in die Arbeit. Bis zu sieben Proben setzte er für jedes Konzert an. Und sein Orchester, das er später als „ausgezeichneten Klangkörper“ bezeichnete, ging willig mit. Wie bisher an
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allen Stationen seines Wirkens liebten und verehrten ihn seine Musiker. Hermine schrieb an ihren Vater: [...] und die Philharmoniker lieben ihn derart, dass sie 2½-stündige Proben bis zu 5 Stunden ausdehnen ohne ein Wort zu sagen, und gestern nach der III. Mahler, die übrigens ein Sensationserfolg war, kam das Orchester zu ihm u. sagte, am liebsten möchten sie das ganze Konzert noch einmal spielen.291
Von der Liebe seines Orchesters zeugt auch, dass ein großer Teil seiner Leute im Stimmzimmer bei einer Lehrerin Deutschunterricht nahm, um sich „noch besser mit ihm verständigen zu können“. Er hatte in der ersten Zeit, als er noch kein Wort Russisch sprach, überwiegend auf Französisch und Deutsch mit ihnen gesprochen, Sprachen, die einer der Orchestermusiker dolmetschen konnte. Dass natürlich bei aller persönlichen Befriedigung die Arbeitsbelastung durch Proben, Konzerte und Reisen eminent war, geht immer wieder aus Hermines Briefen an ihren Vater hervor: Nach drei Schlafwagennächten endlich wieder mal ein Bett. [...] Dienstag früh in Moskau, umpacken, abends weiter nach Leningrad. [...] J. klagt über Halsschmerzen, dabei den ganzen Tag Probe, morgens 10-1, nachmittags 2-4. [...] Bis 3. März Leningrad, dann nach Kiew für 3 Konzerte, dann nach Rostow 2 Konzerte, dann 3 Tage Moskau und dann wieder Paris. Kleinigkeit diese Reisen, die kürzeste davon dauert 40 Stunden!292
Oder: Fahren noch heute Nacht 1 Uhr nach Jancsis Konzert nach Leningrad. Ankunft halb elf. Probenbeginn 11 Uhr, Konzerte am 22. und 24. November. Am 25. morgens wieder in M., Proben für die nächsten Konzerte [...] Mitte Dezember 6-8 Plattenaufnahmen, Konservatorium 5x im Monat zweieinhalb Stunden Probe. Ende Dezember dann nach Paris.293
Während er im ersten Zweimonatsturnus noch mit seinem Standard-Repertoire reüssierte – vor allem Tschaikowski- und Beethoven-Symphonien, Mahlers Dritte, Debussy, Strauss, Liszt –, erarbeitete er sich bald ein umfangreiches russisches Repertoire und begann vor allem, Werke von Zeitgenossen aufzuführen; nicht selten hob er sie aus der Taufe. Er war schnell mit den russischen Komponisten, die in Moskau lebten, bekannt, so etwa mit dem jungen Dmitri Schostakowitsch, mit Julian Krein, der auch ein hervorragender Pianist war, mit Alexander Goedicke und Dmitri Kabalewski, die beide am Konservatorium lehrten,
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und mit Aram Chatschaturjan, dem er den Weg in die Öffentlichkeit bahnte, indem er dessen Diplomarbeit, die I. Symphonie, aufführte. Besondere Freundschaft verband ihn mit Sergej Prokofjew und mit Nikolai Mjaskowski, dem „russischen Bruckner“. Eine zweite neue Aufgabe war die Leitung der Dirigierklasse am Konservatorium. Der Direktor des Konservatoriums war Heinrich Neuhaus, ein hervorragender Pianist. Szenkar schätzte ihn als Menschen und Musiker, sie musizierten auch in Konzerten miteinander. Das Unterrichten machte ihm viel Freude, seine Schüler dirigierten regelmäßig Konzerte des Konservatoriumsorchesters. Das erste Konzert fand bereits Ende Dezember, einen Monat nach Unterrichtsbeginn statt. Als Pianisten, die die Orchesterpartituren vierhändig zu spielen hatten, hatten sich der 18-jährige Emil Gilels und der 22-jährige Jakob Flier gemeldet, die beide noch Studenten am Konservatorium waren. Beide ließ er auch in seinen Konzerten als Solisten auftreten, ebenso wie den jungen David Oistrach, mit dem er lebenslang freundschaftlich verbunden blieb. Sein berühmtester Dirigierschüler, der später Weltkarriere machte, war Kyrill Kondraschin. 20 Jahre später, als Szenkar in Dresden konzertierte, kam er extra dorthin gereist, um seinen alten Lehrer wiederzusehen. Im Moskauer Künstler-Theater machte er die Bekanntschaft von Konstantin Stanislawski, den er sehr bewunderte. In seinen Erinnerungen schrieb er: Ich denke oft an die großartigen Aufführungen unter seiner Regie! Unvergesslich bleibt mir auch von Beaumarchais „Figaros Hochzeit“! Herrlich seine Proben, seine Regieführung war einmalig und erlebnisreich! Wie hat er jeden kleinsten Schauspieler und Statisten individuell trainiert und behandelt! [...] Während der Proben hatte ich Gelegenheit, ihn dabei zu beobachten, und dachte nur, was könnten die Regisseure lernen! Sie sollten keine Reise nach Moskau zu Stanislawsky versäumen und lernen, lernen!294
Ebenso wie Stanislawski schätzte er die Regisseure Vsevolod Meyerhold und Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko. Dieser hatte ein eigenes Musiktheater in Moskau (eine Abspaltung vom Moskauer Künstler-Theater) und seine Aufführungen von Carmen, Traviata und Barbier von Sevilla bezeichnete Szenkar als „wahre Festaufführungen“. Allerdings, merkte er an, hätten diese großen Regisseure keine Eile gehabt, sie hätten nicht selten ein Jahr oder länger an einem Werk gearbeitet.
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Bespitzelung
War das künstlerische Leben in Moskau für ihn bereichernd und befriedigend, so litt er doch unter der permanenten Bespitzelung. Die geheime Staatspolizei GPU war allgegenwärtig. Erst nach und nach wurden Szenkars von Bekannten aufgeklärt, weshalb in ihrem Telefon regelmäßig ab 24 Uhr eine „technische Störung“ auftrat, die am nächsten Morgen behoben war: die GPU-Leute,295 die jedes Gespräch mithörten, wollten auch einmal ein paar Stunden Nachtschlaf haben. Dass ihr Appartement über versteckte Mikrofone abgehört wurde, versteht sich von selbst. An zwei Ereignisse erinnerte sich Szenkar besonders. In die ersten Monate seines Engagements fiel der Mord an Sergei Kirow (1.12.1934). Kirow war ein Freund und enger Mitarbeiter Stalins. Seine Ermordung war der Auslöser für die erste Welle der Stalinschen Säuberungsaktionen. Als die Urne Kirows in einem großen Leichenzug mit Stalin an der Spitze zur Kremlmauer getragen wurde, wollten sich Szenkars das zusammen mit den beiden Buben von Prokofjew, die dieser extra hergeschickt hatte, vom Fenster des Hotelzimmers aus ansehen. Ein GPU-Mann betrat ihr Zimmer und holte sie vom Fenster weg, nur die russischen Kinder durften dort bleiben. Das zweite Ereignis war eine Einladung der Szenkars für Freunde und Bekannte in ihr Appartement. Neben dem guten Freund Legationsrat Schwinner von der österreichischen Botschaft waren darunter der italienische und ungarische Botschafter, die Komponisten Prokofjew und Mjaskowski. Das gesamte Menu samt Getränken war mit dem Maitre de Hotel abgesprochen, die Kellner, die am Abend bedienen sollten, waren ihnen vorgestellt worden, Namenskärtchen lagen auf den Tellern. Um acht Uhr sollte aufgetragen werden. Schwinner, der als Erster kam, machte Szenkar darauf aufmerksam, dass im Vestibül zwei Schach spielende „Individuen“ säßen, die offenbar feststellen sollten, wer eingeladen war. Die „Kellner“, die nun auftrugen, waren keinesfalls die am Morgen vorgestellten, verrieten sich auch durch handwerkliche Fehler als GPU-Leute. Als die Gäste gingen und abgetragen wurde, waren auch die Namenskärtchen verschwunden. Szenkar schrieb in seinen Erinnerungen empört: „Dabei war ich doch ein vom Staat verpflichteter hoher Musikchef !“296 Er sollte noch mehr Erfahrungen mit dem System machen. Konzertdirigent in Moskau. Gastspiel in Barcelona
Ende November 1934 trat Szenkar seinen Dienst in Moskau an. In den ersten zwei Wochen dirigierte er sieben Konzerte, hatte täglich ab 9 Uhr Proben, gab gleich am zweiten Abend die Dritte von Mahler, die vom ausverkauften Haus mit stürmischer Begeisterung aufgenommen wurde. Gleichzeitig begann er seine Tätigkeit am Konservatorium und schon Ende Dezember war das erste Konzert seiner „Säuglinge“ – wie er sie liebevoll nannte. „Ja, langweilen tun wir uns nicht
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mehr“, befand Hermine und in demselben Brief schrieb sie: „Die Sache mit Wien hätte ein Jahr früher kommen sollen.“297 Das bezog sich auf die Vakanz an der Wiener Staatsoper. Clemens Krauss hatte im Dezember seine Demission eingereicht und Szenkar war mehrfach als potentieller Nachfolger genannt worden. Nun aber war er vertraglich in Moskau gebunden. Das neue Jahr begann so arbeitsreich wie das alte geendet hatte: täglich ein bis zwei Proben, bis Mitte des Monats sieben Konzerte. Nach dem letzten Konzert am 18. Januar Abreise nach Barcelona, wo Szenkar am 22. Januar nach fünfjähriger Pause wieder beim Mozart-Festival im Gran Teatro del Liceo dirigierte. Die Aufführung von Figaros Hochzeit mit Erna Berger, Willy Domgraf-Fassbaender und Aenne Michalski wurde begeistert aufgenommen. Der „eminente maestro“, dessen „makellose Mozart-Intepretationen“ man ja schon lange kenne, hätte dem Publikum wieder ein unvergessliches Erlebnis bereitet.298 Nach der Rückkehr nach Moskau begann er mit der Serie von Uraufführungen russischer Werke, die er bis zum Ende seiner Moskauer Tätigkeit fortsetzen sollte. An drei Abenden standen das II. Klavierkonzert von Brahms mit Arthur Rubinstein als Solisten und die VI. Symphonie von Tschaikowski auf dem Programm, Beethovens Neunte wurde aufgeführt, die Symphonie für Orgel und Orchester von Michail Starokadomski erlebte ihre Uraufführung (mit dem Komponisten an der Orgel) und die Dritte von Mahler erklang zum zweiten Mal in der Saison. In einem ausführlichen Artikel befasste sich der Musikkritiker der Sovetskaja Muzyka mit dem „Gastdirigenten aus Wien“ und einigen der bisher gehörten Konzerte. Sie seien große Kulturereignisse im Moskauer Musikleben. Er betonte Szenkars große künstlerische Breite von Mozart und Händel bis zu Richard Strauss und sowjetischen Zeitgenossen. Er dirigiere mit breiter, ausdrucksvoller, gebieterischer Gestik, ohne Übertreibung und Hektik und immer auswendig. Besonders wertvoll sei seine Eigenständigkeit, die Stringenz seiner Gedanken und die kompromisslose Umsetzung seines künstlerischen Konzepts. Und weiter: Ihm haben wir es zu verdanken, dass die Werke Mahlers bei uns so populär und beliebt geworden sind. Die gleiche Selbstständigkeit auch in seinen Auslegungen: oft findet Szenkar neue Farben für Darbietungen von Werken, die dermaßen durch Traditionen erstarrt sind, dass sie, so scheint es, für uns ihre lebendige Gestalt verloren haben und zu körperlosen Schemen mutiert sind. Szenkar versteht es, diese mit dem „Lebenswasser“ seiner grellen, temperamentvollen Darbietung zu beträufeln. Als das wertvollste aller bisher gehörten Konzerte empfinde ich die Darbietung der III. Symphonie von Mahler. [...] Sie wurde von Eugen Szenkar hervorragend dargebracht. [...] Ein anderes herausragendes Ereignis war die Darbietung der IX. Symphonie. Was brachte Szenkar Neues in der Aufführung? Eigentlich nicht
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viel: eine gewisse Belebtheit der Tempi im 2. und 4. Satz, eine Reihe besonderer sforzati, eine Verdichtung der crecsendi, eine Betonung der Pauken im Scherzo, eine allgemeine Verschärfung der dynamischen Kontraste. Doch die Ergebnisse waren frappierend. Das Finale verwandelte sich von einer langweiligen „Predigt“ (in einer durchschnittlichen Darbietung) in einen wahrhaftigen Massenjubel, das Scherzo in eine ungestüme Farandole der revolutionären Masse, die mit Gesang und Tanz den Sieg unter Kanonenschüssen feiert.
Schließlich ging er noch auf einen der offensichtlich beliebten Wagner-Abende ein – sie wurden mehrmals wiederholt –, wo ihm das Bacchanale aus Tannhäuser besonders gefallen habe. Es sei mit „unerwarteter Frische und farbenvoller Sättigung“ erklungen, ein neuer Beweis der „belebenden“ Darbietungen Szenkars.299 Außer den Wagner-Abenden liebten die Moskauer besonders die StraußAbende. In jeder Halbsaison fanden mindestens zwei Wagner- und Strauß-Konzerte statt, meist wurden noch weitere im Rundfunk gegeben. Im April hatte Jakob Flier die Gelegenheit, seine Fähigkeiten in Rachmaninows III. Klavierkonzert zu zeigen. I. Symphonie von Aram Chatschaturjan
An einem Abend mit russischer Musik schließlich dirigierte Szenkar die Uraufführung von Chatschaturjans I. Symphonie, die dieser als Abschlussarbeit am Konservatorium geschrieben hatte. Sein Lehrer Mjaskowski hatte ihn mit einem Empfehlungsschreiben zu Szenkar geschickt. Dieser war sehr beeindruckt, fand das Werk glänzend instrumentiert. Etwas Neues spreche aus der Musik, die die armenische Herkunft Chatschaturjans nicht verleugne. Er setzte die Symphonie jedenfalls sogleich in sein nächstes Programm. In einem Interview 25 Jahre später schilderte er die Annahme der Symphonie griffig verkürzt, anekdotenhaft: Vor etwa 25 Jahren kam ein aufgeregter junger Mann in mein Hotelzimmer und brachte eine Partitur, seine erste Symphonie. Ich hielt sie für sehr begabt gemacht und sagte zu ihm: Junger Mann, in 8 Tagen habe ich ein Konzert in Moskau, da werde ich Ihre Symphonie aufführen. Wie bitte war noch einmal ihr Name? – Chatschaturjan – sagte er.300
Er kombinierte die Symphonie mit dem Cellokonzert Nr. 1 von A. Dzegelenk und einer Komposition von Alexander Weprik (Fünf kleine Orchesterstücke). Die Aufführung hatte großen Erfolg und ebnete dem jungen Komponisten den Weg auf die Konzertpodien.
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Wenige Tage später debütierte Szenkar in Leningrad mit den Leningrader Philharmonikern. Sie waren unter ihrem Chefdirigenten Fritz Stiedry schon damals ein hervorragendes Orchester, auch wenn sie noch nicht den legendären Nimbus wie unter Jewgenji Mrawinski hatten, der das Orchester von 1938 an 50 Jahre lang leitete. Szenkar dirigierte im ersten Konzert wieder ein typisches Tourneeprogramm mit Strauss’ Don Juan, Debussys L’après-midi d’un faune, Polka und Fuge aus Weinbergers Schwanda und der VI. Symphonie von Tschaikowski. Diese gab er noch einmal am zweiten Abend in einem reinen Tschaikowski-Programm zusammen mit dem Violinkonzert und der Konzert-Ouvertüre Romeo und Julia. Am dritten Abend dirigierte er Beethovens Neunte nach dem Concerto grosso Nr. 12 h-Moll von Händel, das er vom Flügel aus leitete. Der Erfolg war so durchschlagend, dass man ihn verpflichten wollte, in der kommenden Saison jeden Monat in Leningrad zu gastieren. Er war sich noch unsicher, ob das mit der vielen Arbeit in Moskau zu vereinbaren wäre. Schon jetzt hatte sein Arzt ihm dringend abgeraten, die Sommerkonzerte in Baku zu dirigieren – er müsse sich unbedingt erholen. Letztlich sagte er ab. Im Sommer stand der alljährliche Erholungsmonat in Kislowodsk an. In dem erstklassigen Sanatorium des Nobelkurorts im Kaukasus konnten Intellektuelle und Künstler als Anerkennung für ihre geleistete Arbeit unentgeltlich Urlaub machen. Die Fahrt in den Kaukasus führte Szenkars über Budapest, wo Eugen seine Mutter besuchte. Es war das letzte Mal, dass er sie sah. Sie starb am Ende des Jahres. Das Telegramm, das seine Brüder ihm nach Moskau schickten, erreichte ihn nicht, da er bereits auf dem Weg nach Paris war. Lohengrin am Bolshoi-Theater. Verdis Requiem
Anfang Oktober begann wieder die Arbeit in Moskau. Die ersten Aufführungen der Saison brachten die „schon allzu vertraut gewordenen Werke“ Don Juan, Tschaikowskis Romeo und Julia sowie das Violinkonzert mit Efrem Zimbalist als Solisten, das I. Klavierkonzert von Liszt mit Jakob Flier und noch einmal die I. Symphonie von Chatschaturjan. Schon in der Vorsaison war gelegentlich die Programmgestaltung als zu willkürlich kritisiert worden. Man wünschte sich, systematischer mit Stilrichtungen und Werken bekannt gemacht zu werden, zum Beispiel auch mit Oratorien, vor allem aber mit westlicher Moderne. Dem verweigerte sich Szenkar erstaunlicherweise. Er, der noch wenige Jahre vorher in Buenos Aires Alban Berg, Paul Hindemith und Max Reger aufgeführt hatte, dirigierte in Russland nur Werke russischer Zeitgenossen. Der Kritiker, der den Don Juan nun schon oft genug gehört hatte, befand auch: Szenkar ist ein erfahrener Dirigent, der einen guten künstlerischen Geschmack, zweifellos Temperament und eine ausgezeichnete Dirigiertechnik hat. [...] Allerdings haben wir den
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Eindruck, dass seine Darbietungen etwas oberflächlich sind. Ihm fehlt das tiefe Verständnis für die Idee des Komponisten. Seine Darbietungen sind eher glänzend und effektvoll als gefühlvoll.301
Im November brachte er eine Neueinstudierung des Lohengrin am Bolschoi-Theater heraus: A new study of „Lohengrin“ in the grand opera house [...] enthusiastic admiration of the conductor. [...] Since Arthur Nikisch our opera has not known such an evening under a guest conductor.302
Er liebte das hervorragende Orchester und vor allem den Chor. „Die Chor-Bässe waren einmalig: sie sangen bis zum tiefen ,A‘ und klangen wie Orgel-PedalTöne!“303 Der Höhepunkt der Herbstsaison war die Erstaufführung von Verdis Requiem Ende Dezember. Hermine sang die Mezzosopran-, Alexander Baturin, der „neue Schaljapin“, die Bass-Partie: The height of the concert season; The first performance of the „Verdi Requiem“ magnificently conducted by Eugen Szenkar [...]. The thunderous applause coming from the tightly packed house could find no end.304
Langsam machte sich die enorme Arbeitsbelastung bemerkbar. Hermine machte sich Sorgen um Szenkars Gesundheit, er habe einfach zu viel gearbeitet, acht bis neun Konzerte mit Proben pro Monat, dazu noch Oper und Konservatorium: Es ist ja alles sehr schön, die Anerkennung u. Ehre, aber leicht macht man sich damit das Leben nicht. Und vor allem hatte J. Herzgeschichten, die ihm bis heute fremd waren. Der Arzt verbot ihm sogar die dritte Aufführung des Requiems zu dirigieren [...] sein Herz [...] war so schwach, dass der Arzt anordnete 3 Tage Bettruhe u. das am Nachmittag des Konzerts. Das ausverkaufte Haus wurde nach Hause geschickt.305
Debüt in Paris. Gastspiel in Barcelona
Doch der Stress ging weiter, schon knapp zwei Wochen später gab er seinen Einstand in Paris, an zwei Abenden dirigierte er das Orchestre Pasdeloup. Auf den Programmen standen unter anderem wieder Tschaikowskis Symphonie Nr. VI und Romeo und Julia, Wepriks Fünf kleine Orchesterstücke, Polka und Fuge aus Schwanda, die Euryanthe-Ouvertüre, Beethovens Siebente, La Valse von Ravel, der Liebestod aus Tristan und Isolde und – natürlich – Strauss’ Don Juan. Es war
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der Beginn einer „wunderbaren Freundschaft“. In keiner Stadt der Welt – außer vielleicht in Tel Aviv – wurde Szenkar so bewundert, verehrt, ja vergöttert und geliebt wie in Paris. Von der begeisterten Aufnahme zeugt die Besprechung des Rezensenten, die hier, wegen ihres reizvollen, anschaulichen Stils in weiten Teilen (in der englischen Übersetzung) wiedergegeben werden soll: A great event happened this week. And it was entirely unexpected. The Pasdeloup Concerts announced that their performance would be conducted by Mr. Eugen Szenkar. No publicity magnified the event; there were no trumpets and bugle calls other than those in the scores. Nothing prepared us for the veritable bolt from the blue. But right at the very beginning the psychological shock exploded. I shall not describe this strange man to you whose personality is reflected in the music. It soon became apparent that Mr. Szenkar is a conductor who can transform glittering tinsel into real gold, one of those masters without whom the things would be nothing but what they really are. [...] We had to thank him for a concert astonishing that one cannot hope to hear many like in a whole lifetime of waiting. He played the 7th as it has never been played before. [...] One must really go far back into the past to find similar mastery, and in our day we must look as far up as the brilliant Toscanini playing „La Mer“ by Debussy! Further Mr. Szenkar seems to have at his disposal such a wide knowledge of the keyboard that he can extract from it every variety from Ravel to Beethoven. Obviously we are in the presence of an extraordinary alchemist who is possessor of the great secret of making the most unheard of transmutations. Seldom I have much regretted the insufficiency of my poor words which are quite incapable of expressing the miracle of coming face to face with absolute art.306
Die anderen Zeitungen schrieben nicht so blumig, aber gleichermaßen begeistert: We declare, and we are weighing our words, that it is one of the musical events of the year. Szenkar is one of the great living conductors of our day, and he has not yet attained his 40th year. He is perfect. Exceptional gifts, absolute simplicity, deep sincerity, a powerful influence on the orchestra and likewise on the audience.307
Dann reiste er für zwei Wochen nach Barcelona, um beim Mozart- und Wagner-Festival im Teatro del Liceo mitzuwirken. Am 30. Januar begann er sein Gastspiel mit der Entführung aus dem Serail, das Programm der folgenden Woche schrieb Hermine ihrem Vater: 4. Walküre, 6. Siegfried, 7. Götterdämmerung, 8. Entführung, 9. Götterdämmerung (armer Jancsi !!!)308
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Nach vier Tagen Bahnfahrt zurück in Moskau hieß es Koffer umpacken, um abends weiter nach Leningrad zu fahren. Dort dirigierte er zweimal die III. Symphonie von Mahler nach (!) Webers Euryanthe- Ouvertüre und dem Cellokonzert von Schumann. Es folgten noch drei Konzerte in Kiew und zwei in Rostow. Nach seiner Rückkehr begegnete er in Moskau dem völlig verzweifelten Schostakowitsch, gegen den eine vernichtende Pressekampagne im Gange war, ausgelöst durch einen Besuch Stalins in seiner Oper Lady Macbeth von Mzensk. Dass man den Komponisten nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch im Ausland mundtot machen wollte, sollte Szenkar im darauf folgenden Jahr bei einem Gastspiel in Paris erleben. Ende März 1936 ging es wieder nach Frankreich. In Lyon und Cannes hatte er Così fan tutte, die Entführung und den Figaro zu dirigieren. Nach Moskau zurückgekehrt widmete er sich verstärkt russischen Zeitgenossen. Er führte die XV. Symphonie von Nikolai Mjaskowski auf, die erst im Oktober des Vorjahres erstmals vorgestellt worden war, außerdem das Klavierkonzert von Julian Krein, der selbst den Solopart spielte. Zum Abschluss der Saison wurde der dringend benötigte Urlaub in Kislowodsk angetreten. XVI. Symphonie von Nikolai Mjaskowski. Ouverture russe und 2. Suite aus Romeo und Julia von Sergej Prokofjew. Auswendiges Dirigieren
Die Saison 1936/37 eröffnete Szenkar mit zwei Uraufführungen: mit der XVI. Symphonie von Mjaskowski und der Ouverture russe von Prokofjew. An zwei Abenden hintereinander dirigierte er die Mjaskowski-Symphonie zusammen mit dem Violinkonzert von Glasunow (mit Erica Morini als Solistin) und Debussys Nocturnes: Die Erstaufführung einer neuen Symphonie von Nikolai Mjaskowski ist ein musikalisches Ereignis, würdig, die diesjährigen Konzerte des philharmonischen Orchesters einzuleiten. [...] Die sehr schön instrumentierte Symphonie erlebte eine sehr liebevoll durchdachte Aufführung durch Eugen Szenkar. [...] Künstlerisch vollendet brachte Eugen Szenkar die drei Nocturnes von Debussy zum Vortrag in denen auch das Philharmonische Orchester seine hohe Qualität beweisen konnte.309
Und Sergej Prokofjew schrieb: Wir beglückwünschen die Philharmonie zu dieser würdigen Eröffnung der Saison und ebenso Eugen Szenkar, der diese schwierige Partitur, noch dazu bei ihrer ersten Aufführung, auswendig dirigierte.310
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Nikolai Mjaskowski bedankte sich bei Szenkar für die „glänzende Aufführung“ und bat ihn um Erlaubnis, die Symphonie ihm und seinem „prachtvollen Orchester“ widmen zu dürfen.311 Als Szenkar am Tage vor seiner erzwungenen Abreise aus der Sowjetunion Mjaskowski auf der Straße traf, war dieser zu Tränen erschüttert über die Ausweisung und berichtete hoch betrübt, dass er die Widmung auf Anweisung von oben zurücknehmen musste. Im Werkverzeichnis von Onno van Rijen und auf der Mjaskowski-Website ist heute angegeben: „Gewidmet dem Philharmonischen Orchester des Staatskonservatoriums Moskau“. Prokofjew ist es in seiner Rezension einer speziellen Bemerkung wert, dass Szenkar das schwierige Werk auswendig dirigierte. Diese Tatsache wird von der frühesten Altenburger Zeit an von nahezu allen Kritikern herausgestrichen. Es war keine Attitüde, mit der er beeindrucken wollte. Er hatte ein absolut fotografisches Gedächtnis, das ihm in der Tat erlaubte, permanenten Augenkontakt mit dem Orchester zu halten, da er die Partituren Seite für Seite vor seinem inneren Auge hatte. Prokofjew konnte das selbst erleben bei der Arbeit an seiner Ouverture russe, die Szenkar vier Tage nach dem Mjaskowski-Konzert aus der Taufe hob. Das Werk war „von oben“ in Auftrag gegeben worden und wurde kurzfristig in ein bereits bestehendes Konzertprogramm eingefügt, während Prokofjew noch an der Instrumentierung arbeitete. Szenkar bekam von ihm jeden Tag die handschriftlichen neuen Seiten, lernte sie auswendig, ließ sich abends von seiner Frau abfragen und gab die Seiten am nächsten Morgen dem Kopisten, der die Orchesterstimmen ausschrieb. Hermine erzählte, es sei beim Abfragen vorgekommen, dass er sagte, sie müsse umblättern, er sei schon auf der nächsten Seite. Als es in seinen letzten Lebensjahrzehnten Mode wurde, auswendig zu dirigieren, machte er ganz deutlich, dass man das verantwortungsvoll nur dann tun dürfe, wenn man ein Werk wirklich notengenau im Kopf habe – lieber mit Partitur ans Pult gehen, als pauschal den Takt zu schlagen. Er selbst scheute sich nicht, im Alter Werke, die er nicht (mehr?) hundertprozentig beherrschte, nach Noten zu dirigieren. Seinen Dirigierschülern pflegte er die Aufgabe zu stellen, den Beginn des Meistersinger-Vorspiels niederzuschreiben, ein Beleg dafür, wie wichtig diesem Präzisionsfanatiker die perfekte Beherrschung der Partitur war. Von seinem peniblen Partiturstudium zeugt auch die Anekdote, dass er bei der Ouvertüre Romeo und Julia einen Fehler in den Streicherstimmen entdeckte, den ihm das Orchester nicht glauben wollte, man habe das seit der Uraufführung [1870] immer so gespielt und noch nie habe das ein Dirigent bemängelt. Szenkar ließ in Tschaikowskis Original nachschauen – er hatte recht. Eine andere Anekdote belegt seine Partiturbeherrschung ebenso wie sein Reaktionsvermögen:
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[...] so rief er einmal der Bratschengruppe, die in einer Aufführung der Elektra hoffnungslos herausgekommen war, den richtigen Buchstabenabschnitt zu, natürlich auswendig – und das in Elektra!312
Adrian Lusink berichtet von einer Rosenkavalier-Aufführung in den Fünfzigern in Köln, wo man Szenkar (versehentlich oder absichtlich?) eine noch nicht aufgeschnittene Partitur aufs Pult gelegt hatte. Nachdem er das bemerkt hatte, klappte er sie zu und dirigierte den ersten Akt des Rosenkavalier auswendig.313 Nun also, vier Tage nach der Mjaskowski-Uraufführung, folgte die Uraufführung der Ouverture russe von Prokofjew. Dieser hatte sich offensichtlich bemüht, inmitten der Formalismus-Kampagne gegen Schostakowitsch, ein „genehmes“ Werk zu schreiben. Er verwendete folklorehafte Motive und gab der Ouvertüre eine bombastische Orchestrierung: Die Uraufführung fand am 29. Oktober 1936 im Großen Saal des Moskauer Konservatoriums unter Eugen Szenkar in einer aggressiv zupackenden, extensiven Gestaltung mit vierfacher Bläserbesetzung statt. Sogar acht Hörner waren dabei, zwei Harfen sowie Schlagzeug mit sieben Spielern (!).314
Offenbar führte die Besetzung doch zu Diskussionen, Prokofjew veröffentlichte im Jahr darauf eine zweite Fassung, in der nur noch drei Schlagzeuger und vier Hörner, von den übrigen Bläsern jeweils drei statt vier eingesetzt waren. Die Ouvertüre brachte auch Szenkars Hund Blacky in die Literatur. Szenkar hatte in Palestina, wo er die Ouvertüre zwei Jahre später aufführte, dem Reporter der Palestine Post eine Anekdote erzählt, die seither mehrmals veröffentlicht wurde. Bei einer der ersten Orchesterproben waren neben Prokofjew auch Hermine und Blacky (so schrieben ihn Szenkars), der angeblich ein „sehr feines musikalisches Gehör“ hatte, anwesend: Blackie was all attention, ears cocked, eyes fixed on the conductor. The last bars of the piece, given out by the trombones and trumpets are somewhat atonal and were too much for Blackie, brought up on Bach and Beethoven, and he burst into howls of despair. The orchestra, the conductor and the composer roared with laughter and Prokofieff declared he would have to alter the ending.315
Szenkar liebte Prokofjews Musik sehr. In demselben Interview in Palestina las man: Szenkar is particularly interested in Prokofieff whom he considers to be one of the best contemporary composers: concentrated, clear, his colorful orchestration and what one perhaps cannot say of too many moderns, harmonious. 316
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Er wiederholte die Ouvertüre im Dezember in Moskau, brachte sie kurz darauf in Paris zu Gehör und machte sie in der Folgezeit in Palästina, Belgien, Brasilien und Deutschland bekannt. Prokofjew schätzte Szenkar nicht nur als Menschen, sondern auch als Dirigenten. Er bat ihn deshalb wenige Monate später, die 2. Suite aus Romeo und Julia in Moskau aus der Taufe zu heben, zur gleichen Zeit, als er sie selbst in Leningrad uraufführte. Gastspiele in Paris und Madrid
Im November 1936 gab Szenkar wieder zwei Konzerte in Leningrad, Ende Dezember reiste er nach Paris ab, um Anfang Januar zwei Konzerte zu dirigieren. Das erste war ein russischer Abend mit Borodins II. Symphonie, dem I. Klavierkonzert von Schostakowitsch mit Janine Weill als Solistin, Mjaskowskis XVI. Symphonie und – natürlich – der Ouverture russe, diesmal in der „kleinen“ Besetzung. Am zweiten Abend brachte er die I. Symphonie von Brahms, das Cellokonzert von Dvořák mit Emanuel Feuermann, die Nocturnes von Debussy und Ravels Bolero. War das erste Konzert schon ein Triumph für Szenkar und das Orchester der „Concerts Pasdeloup“, das unter seiner Leitung ausserordentlich spielfreudig, präzis und mit ungewöhnlichem Eingehen auf die feinsten Regungen der Komponisten musizierte, so nahmen die Ovationen für Szenkar im zweiten Konzert orkanartige und ganz ungewöhnliche Formen an. [...] Seitdem wir Eugen Szenkar zum letzten Male gehört haben [...] scheint er uns noch grösser und reifer geworden zu sein. Er gehört ohne Zweifel in die allererste Reihe der zeitgenössischen Dirigenten.317 Mr Eugen Szenkar paid us a visit last year, and our readers may remember that this visit proved to be a splendid revelation. It was apparent from the outset that we were in the presence of an exceptional individuality and such brilliance, such absolutely eminent quality showed us that this time it was a question of something rare, even unique. [...] One should only hear what he „made“ of the 1st Symphony of Brahms (and of the striking finale). The unforgettable burst of sunlight in the „Fetes“ of Debussy and the marvellous power of Ravel’s „Bolero“, that triumph of resonance after the torturing obsession: at such moments the name of Toscanini alone will occur to the audience.318
Der Hinweis auf Toscanini war sehr ehrenvoll, speziell beim Bolero aber nicht treffend: Ravel selbst hielt Szenkar für den besten Interpreten dieses Werks.319 Überraschend ist, dass in keiner Rezension ein aufregendes Ereignis während des zweiten Konzerts erwähnt wird: Die Pasdeloup-Konzerte fanden in der Opéra
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Comique statt. Die Orchestermusiker saßen auf der Bühne, Dirigent und Solist auf dem vorgebauten Podium. Während des Dvořák -Cellokonzerts begann der eiserne Vorhang sich zu senken und hatte schon einen bedrohlich großen Teil des Weges zurückgelegt, ehe das Missgeschick bemerkt wurde. Rasch wurde er hochgezogen und eine Trennung der Musiker „in zwei Teile“ verhindert. Das Publikum honorierte mit Applaus, dass die Musiker unbeeindruckt weitergespielt hatten.320 Der russische Abend hatte ein unangenehmes Vorspiel gehabt: Auf Wunsch der Orchesterleitung sollte ins Programmheft eine Einführung in Schostakowitschs Klavierkonzert aufgenommen werden. Szenkar hatte die zuständige Stelle in Moskau gebeten, einen Artikel über das Werk und den Komponisten nach Paris zu senden. Die Schostakowitsch-Einführung, die aus Moskau einlangte, war ein einziger Verriss des Werkes und seines Komponisten. Gleichzeitig hatte Szenkar um das Orchestermaterial gebeten, das ihm vor seiner Abreise fest versprochen gewesen war. In Paris wartete man vergebens, die Stimmen wurden, da die Zeit drängte, aus Szenkars Partitur ausgeschrieben. Von Paris ging es – trotz Bürgerkriegs – zu vier Konzerten nach Madrid. Sofort anschließend reiste Szenkar wieder zu vier Konzerten nach Leningrad. An zwei Abenden dirigierte er neben Mozart und Strauss jeweils ein Beethoven-Klavierkonzert mit den jungen Preisträgern Dima Tasin und Emil Gilels als Solisten. Die anderen beiden Abende brachten reine Liszt-Programme, unter anderem die Faust-Symphonie und das II. Klavierkonzert mit Heinrich Neuhaus am Klavier. Danach ging es in Moskau weiter. Hermine schrieb ihrem Vater am 20. Februar, dass sie noch bis 12. März in Moskau seien. Für diese Zeit führt sie noch neun Konzerte auf, darunter Bach- und Händel-Werke, Beethovens Symphonien III und VII, zweimal das Verdi-Requiem, ein Konzert mit dem Staatlichen Orchester der S.S.R., Strauß- und Wagner-Abende. Am 13. März führen sie morgens nach Kiew ab, wo sie am 14. nachmittags ankämen, wo um fünf Uhr bereits die Probe beginne. Am 15. zwei Proben, am 16. zwei Proben, am 17. Generalprobe und Konzert (Beethovens Siebente, von Debussy zwei der Nocturnes, Strauss’ Till Eulenspiegel und Ravels Bolero), am 18. Wiederholung des Konzerts. So nun nenne mir einen Dirigenten überhaupt Menschen, der ähnlich arbeitet, ähnliches leistet!!! Alles natürlich auswendig, Bach u. Händel spielt er selbst am Klavier. Ja Vater, das ist schon nicht mehr arbeiten, das ist schinden. Gebe Gott, dass er alles aushält, er fühlt sich schon heute, nach der anstrengenden Saison so abgearbeitet u. elend, dass ich grosse Sorge habe wie er all diese Konzerte u. die rasend vielen Proben, die noch dazu kommen noch aushält.321
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Was Hermine in ihren Briefen nie erwähnt und was auch in keiner Besprechung zu finden war, sind die konzertanten Aufführungen vieler Opern durch Szenkar, von denen Pantielev spricht.322 Eine kleine Auszeit brachten einige Tage „zu Hause“ in Wien und ein Urlaub über Ostern in Italien. Hermines Briefe zeigen deutlich die Stimmung, die sich unterdessen eingeschlichen hat: Endlich ein schönes Land mit Sonne, Blumen u. alter Kultur. An diesem verfl. Moskau kann man ja verrückt werden, immer diese Proleten mit ihrer Volksverblödung u. immer Kälte und Schnee, nein bald müssen wir dort Schluss machen, besonders Jancsi hält dieses Land schon nicht mehr aus, obwohl er künstlerisch als Gott gefeiert wird.323
Szenkar wollte offensichtlich nicht länger bleiben, obwohl man sich sehr bemühte, ihn zu halten. Man versprach ihm eine Datscha in der Umgebung von Moskau, ein Haus auf der Krim und vieles mehr, wenn er die sowjetische Staatsbürgerschaft annähme und in Moskau bliebe. Der Direktor der Philharmonie kam noch am Tag vor der Abreise ins Sommerlager nach Kislowodsk ins Hotel mit einem Vertrag für das nächste Jahr. Szenkar unterschrieb nicht. Dazu passt auch, was Hermine ihrem Vater im April schrieb: Ende September möchte ich dann doch den Umzug machen evt. nach Wien, wenn wir hier etwas passendes billiges finden, diese ewig Reiserei ohne ein Heim geht nicht länger, man geht dabei kaputt, die Nerven kommen nicht zur Ruhe.324
Ausweisung aus Russland
Nach einem Monat Urlaub in Italien begannen die Moskauer Konzerte Mitte April wieder mit einem Beethoven-Abend: Symphonien V, VI und Es-Dur Klavierkonzert mit Egon Petri, den Szenkar sehr schätzte. Im zweiten Konzert brachte er Prokofjew-Werke und die Lyrische Suite für Streichorchester seines Landsmanns Ferenc Szabó. Aus Hermines Notizbuch geht hervor: Wagner- und Strauß-Abende in Konzertsaal und Rundfunk, Prüfungskonzert im Konservatorium, Liederabend mit einer „prominenten Sängerin“ – das übliche Wahnsinnsprogramm. Im Mai begann die Saison in Südrussland, zunächst zwei Konzert in Odessa, dann die Reise nach Kislowodsk, wo acht Konzerte angesetzt waren. Die weitere Planung sah fünf Konzerte in Baku im Juli vor. Es kam anders. In Kislowodsk wurde die Szenkars am Bahnhof feierlich empfangen und zum Sanatorium begleitet. Noch während sie ihre Koffer auspackten, erschien ein Polizeifunktionär, der ihnen mitteilte, in ihren Pässen stünde ein Vermerk, dass sie Russland unverzüglich verlassen müssten. Lassen wir Szenkar selbst berichten:
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Ich war sicher, es müsste ein Irrtum vorliegen, doch beharrte dieser Mann auf sofortiger Abreise! [...] Schließlich wendete ich ein, ich hätte doch noch einen laufenden Jahresvertrag mit der Philharmonie und müsse unbedingt nach Moskau zurückreisen, um alles klären zu können! Außerdem wären noch in unserem Moskauer Hotel all unsere persönlichen Sachen, die wir abholen müssten. [...] Obwohl wir über eine andere Grenze ausreisen sollten, fasste ich den kurzen Entschluss, nach Moskau zu reisen und an Ort und Stelle dieser unglaublichen Sache nachzugehen und bei den Verantwortlichen vorzusprechen! [...] In Moskau angekommen, meldete ich mich zuerst bei dem Leiter der Philharmonie Kuljakow, einem früheren General, der ein sehr kultivierter, vornehmer Mann war und sich selbst außer sich zeigte. [...] Mein nächster Besuch galt dem Kommissar des Innern. [...] Auf meine Frage, was eigentlich gegen mich vorläge, gab er mir keine Auskunft und bemerkte nur, dass er wüsste, dass ich große Verdienste für das Musikleben Moskaus hätte, aber ausreisen müssen wir unverzüglich! [...] Auch die Intervention meines ungarischen Botschafters verlief ergebnislos! [...] Es war für uns alle ein böses Erwachen! Dabei war das rein Künstlerische so hoffnungsvoll und positiv verlaufen. Es hat noch lange gedauert, bis wir uns einigermaßen von dem Schock erholen konnten!!325
Nikolaus Basseches, der Korrespondent der Wiener Neuen Freien Presse, berichtete in zwei Artikeln anlässlich seiner eigenen Ausweisung aus der Sowjetunion, dass im Laufe des Jahres 1937 alle in Sowjetdiensten stehenden Ausländer ausgewiesen wurden, sofern sie nicht bereit waren, die sowjetische Staatsbürgerschaft anzunehmen und sämtliche Kontakte zum Ausland abzubrechen. Die Umstände von Szenkars Ausweisung seien allerdings speziell hinterhältig gewesen, da man dem Betroffenen nicht einmal gesagt habe, dass die Ausweisungsanordnung schon in seinen Pass hineingestempelt worden sei.326
Zwischenstationen Österreich und Paris 1937–1939 Erste Station nach der Ausweisung aus Moskau war zunächst Österreich, wo Szenkars in St. Gilgen ein Haus gemietet hatten. Hermine forcierte den Umzug ihrer Habe von Schieben nach St. Gilgen, freute sich, dass sie endlich wieder „ihre schönen Möbel“ sehen sollten, nach denen sie „wirklich schon Sehnsucht gehabt hätten“, sie bat ihren Vater, das Silber aus dem Safe der Oppenheimbank zu holen und ihr zusammen mit ihren Zimmerlinden, die bei ihm „geparkt“ seien, zukommen zu lassen. Es sah so aus, als hätten sie wieder eine Heimat gefunden. Der Umzug aus Schieben scheint wieder mit heftigen Querelen und Querschlägereien der Brüder verbunden gewesen zu sein.
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Unterdessen ging die Suche nach Engagements weiter. Für Oktober war ein Konzert in Wien angesetzt, ab Januar eine Tournee durch Frankreich, danach eine Konzertserie mit dem neu gegründeten Palestine Orchestra in Palästina und Ägypten, im März wieder Paris. Szenkar, der sich zu Verhandlungen und wegen einer medizinischen Behandlung in Wien aufhielt, sandte Hermine Programmvorschläge für die Frankreichkonzerte, die sie von St. Gilgen aus managte, und schrieb in einem Nachsatz: Wegen Programm: mache, wie Du willst! Wenn Du von mir auch was anderes hören willst, so bestimme! Allerdings an das Publikum u. Erfolg denken!327
Das neue Konzert-Repertoire
Der Operndirigent Szenkar war durch die äußeren Umstände zwangsweise zum Konzertdirigenten geworden. Dementsprechend hatte er in den Moskauer Jahren sein Repertoire erheblich erweitert. Als er Köln verließ, hatte er weit über 100 Orchesterwerke aufgeführt. Das Spektrum reichte von Bach bis zu zeitgenössischen Komponisten, wobei aber vor allem Schumann, die modernen Franzosen und die modernen Russen noch ausgespart blieben. Einige Werke hatte er schon seit Altenburg immer wieder dirigiert, so etwa Mozarts Symphonie KV 543, Beethovens Erste und Neunte, die Vierte von Brahms, die Sechste von Tschaikowski und Strauss’ Don Juan; man darf wohl annehmen, dass er diese Werke besonders liebte. Während des Moskauer Engagements hatte sich Szenkar nicht nur viele Werke zeitgenössischer russischer Komponisten erarbeitet, sondern auch sein klassisches Repertoire erweitert, zum Beispiel mit Beethovens Sechster, Brahms Erster, den Symphonien IV und V von Tschaikowski, mit der Matthäus-Passion und dem Verdi-Requiem. Sein Richard-Strauss-Repertoire verstärkte er mit Heldenleben und Till Eulenspiegel. Vor allem aber beschäftigte er sich nun mit den „modernen Franzosen“. Als er Russland verlassen musste, hatte er von Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune, La Mer und die Nocturnes, von Ravel La Valse, Bolero und die 2. Suite aus Daphnis und Chloë im Repertoire sowie den Zauberlehrling von Paul Dukas. In den beiden folgenden Tourneejahren präsentierte sich Szenkar bei seinen Debüts in neuen Ländern (Belgien, Schweden, Portugal, Palästina, Ägypten) meist mit Händels Concerto grosso h-Moll, das er vom Flügel aus leitete, mit einer Symphonie von Beethoven (besonders gern die VII.), Brahms (I. oder IV.) oder Tschaikowski (V.) flankiert von effektvollen „Reißern“ wie Zauberlehrling, Till Eulenspiegel, Bolero, daneben auch mit Debussy und Wagner. Seine Programme waren häufig sehr lang und kunterbunt, nicht sonderlich stilvoll zusammengestellt. Immerhin konnte er so seine künstlerische Spannbreite demonstrieren, die von der Presse auch
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meist hervorgehoben wurde, und beim Publikum brachte sie ihm riesigen Erfolg. Im Oktober dirigierte er für die Österreichisch-Ungarische Gesellschaft in Wien ein Konzert der Wiener Symphoniker, in dem er den jungen ungarischen Geiger Robert Virovai (mit Beethovens Violinkonzert) vorstellte, der im Vorjahr den ersten Preis beim internationalen Geigenwettbewerb in Wien erhalten hatte. Der Abend gestaltete sich zum „triumphalen Erfolg“ für Eugen Szenkar, die Kritiken waren enthusiastisch, der Kritiker des Neuen Wiener Journals befand: Es wäre schön und, sagen wir es ehrlich, vorteilhaft, wenn man diesen Musiker, gleich bedeutend als Orchesterleiter wie als Erzieher, hier öfter hören könnte.328
War es eine Spitze gegen die Kultusbürokratie, die Erwin Kerber einem Eugen Szenkar als Staatsoperndirektor vorgezogen hatte? Wellesz schrieb für die Times: A concert of the Austro-Hungarian Society gave the opportunity to acknowledge the mature art of Eugen Szenkar, former director of the Cologne opera. Szenkar counts among the first conductors, and only exterior circumstances prevented him in these last few years from achieving the outstanding position which his capacity warrants. The „Hary Janos“ Suite by Kodaly has never been more brilliantly performed.329
Ende des Jahres verließen Szenkars Wien, das auch kein sicherer Hafen mehr war und verlegten ihren Wohnsitz nach Paris. Das Jahr 1938 begann mit Konzerten in Paris, Bordeaux und Toulouse. In Paris dirigierte Szenkar am ersten Abend Brahms’ IV. Symphonie neben Berlioz, Liszt, Strauss und Wagner. Das französische Publikum, das im Allgemeinen Brahms’ „einigermassen spröden Art“ distanziert gegenübersteht, zeigte sich „tief ergriffen“ von der „ungemein nuancierten und verinnerlichten Wiedergabe“ der Vierten.330 Am zweiten Abend brachte er Beethovens Symphonien I und IX. Die nahezu hysterische Begeisterung der Pariser war die gleiche wie im Vorjahr. Der Rezensent von Les nouvelles Littéraires bezeichnete ihn als den „plus intéressant chef d’orchestre de notre temps“.331 Im Pariser Tageblatt las man, der Beifall hätte orkanartige Formen angenommen und das Publikum hätte am liebsten das ganze Konzert gleich noch einmal gehört.332 Der Kritiker der Monde musical berichtete von Tumulten vor den Eintrittskontrollen, da eine große Menge von Leuten zurückgewiesen werden musste.333 Hermine schrieb ihrem Vater, dass die Leute
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auf den Gängen, in den Kulissen und auf der Bühne gestanden hätten, einige hätten sich sogar in den Chor geschlichen und so getan, als ob sie mitsängen – und trotzdem hätten noch über 500 Personen abgewiesen werden müssen. Man wollte auf alle Fälle eine Wiederholung der Neunten im März: Es war vielleicht J.’s grösster bisheriger Erfolg. Heute wundere ich mich, dass man ihn nicht zerrissen hat. Eine Stunde nach Ende des Konzerts standen noch hunderte am Bühnenausgang, schrien u. umlagerten Jancsi, der effektiv 10 Minuten gebrauchte um ins Auto zu kommen u. sich dabei natürlich wahnsinnig erkältet hat. [...] Enderfolg ist, dass nunmehr alle Orchester Paris (es gibt deren etwa 5–6) Jancsi engagieren wollen, das eine kratzt dem anderen fast das Auge aus. [...] Jancsi ist momentan der Star von Paris (in jedem Schaufenster zu sehn), wenn das so bald in Amerika wäre, hätte ich über unsere Zukunft überhaupt keine Sorgen mehr. Leider geht nur alles in Amerika so langsam vorwärts, die Manager wollen geschmiert sein u. so was würde Jancsi schon aus Prinzip nicht machen, abgesehen davon, dass man es z. Zt. ja auch nicht könnte. Man muss da eben Geduld haben. Aber der Pariser Erfolg wird sein Echo drüben nicht verfehlen.334
In Bordeaux und Toulouse dirigierte er Beethoven, Debussy, Ravel und Wagner. Unterdessen häuften sich die Angebote in Frankreich: Soeben 5 Konzerte in Paris abgeschlossen. Wiederholung IX. Sinf. 19. März, Konzert 20. März, Verdi Requiem 11. April. 2 Konzerte Oktober. Eben ruft Dr. Schiff an [...] u. fragt ob Jancsi am Samstag u. Sonntag wieder hier Pasdeloup dirigieren könnte, da Prokofieff abgesagt hat. Aber wieder [sic] sind ja in Bordeaux. Und denke Dir gestern kommt ein Kabel aus Amerika ob Jancsi am 27. u. 29. Januar 2 Konzerte in Pittsburgh dirigieren kann (1200 Dollar!) und wir haben Ägypten. Ist das nicht ein Kreuz dass alles zusammen kommt? Schon das Konzert in Brüssel am 6. Febr. mussten wir absagen. Es ist z. K ... 335
Gleich nach dem Toulouse-Konzert schifften sich Szenkars in Marseille ein, um nach Ägypten zu reisen. Von dort aus ging es auf dem Landweg nach Tel Aviv, wo Szenkar seine erste Serie von Konzerten mit dem Palestine Orchestra antrat.
Palestine Orchestra 1938/39 Das Palestine Orchestra (heute: Israel Philharmonic Orchestra) war eine Gründung des großen polnisch-jüdischen Geigers Bronislaw Huberman. Der Aufbau des Orchesters war nicht unbedingt ein Charity-Projekt, wie es heute manchmal dargestellt wird, um verfolgten jüdischen Musikern aus Mitteleuropa eine neue
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Wirkungsstätte zu geben, sondern Huberman suchte weltweit die besten jüdischen Instrumentalisten (notfalls wurden aber auch christliche Musiker herangezogen). Er wollte „das hervorragendste Orchester im kleinsten Land“ schaffen und damit ein Zeichen gegen den Antisemitismus setzen. Natürlich waren die meisten Musiker Flüchtlinge aus Europa. Zu einem nicht unerheblichen Teil waren sie Konzertmeister führender Orchester gewesen. So war das Orchester von Beginn an ein hochkarätiger Klangkörper, obwohl in einigen Gruppen, vor allem bei den Bläsern, großer Personalmangel herrschte. Huberman hatte, um seine weltweite Suche nach Sponsoren medienwirksam zu unterstützen, Toscanini gebeten, die erste Konzertserie zu leiten. Das würde nicht nur einen nachdrücklichen Solidaritätsbeweis für die unschuldigen Opfer eines abscheulichen politischen Systems bedeuten und die Aufmerksamkeit auf das Orchester lenken und damit weitere ökonomische Unterstützung anregen: Es würde überdies den bestmöglichen musikalischen Start des neuen Ensembles garantieren. Toscanini erklärte sich sofort bereit und stimmte begeistert zu, und er weigerte sich, über eine Entschädigung für seine Reisekosten auch nur zu reden.336
Das Antrittskonzert des Orchesters fand am 26. Dezember 1936 statt. Toscanini war mit den Musikern zufrieden und äußerte, dass das Orchester deshalb so gut sei, weil viele seiner Mitglieder früher Kammermusik gespielt hätten.337 Im Januar reiste Toscanini mit dem Orchester nach Ägypten und konzertierte in Cairo und Alexandria. Die Leitung der zweiten bis zehnten Konzertserie lag in den Händen von Hans Wilhelm Steinberg, Issay Dobrowen, Michael Taube und Sir Malcolm Sargent. Jede Konzertserie bestand aus den Abonnement-Konzerten (zwei in Tel Aviv, je eines mit demselben Programm in Jerusalem und Haifa) und mehreren Arbeiter- und eventuell auch Jugendkonzerten zu geringeren Preisen, häufig auch mit etwas populärerem Programm. Der Generalmanager des Orchesters, Dr. Heinrich Simon, hatte Szenkar im Sommer 1937, nach dessen Ausweisung aus der Sowjetunion, gefragt, ob er bereit sei, eine Konzertserie in der zweiten Saison des Palestine Orchestra zu übernehmen. Szenkar, immer neugierig auf Neues, sagte gerne zu, hatte aber einige Hindernisse zu überwinden, ehe er den Vertrag unterschreiben konnte: From the very beginning of the orchestra’s existence, Huberman had stated that no Jewish conductor who had changed his religion could conduct in „his“ orchestra. This rule was strictly adhered to. Szenkar had to sign a document, therefore, wherein he declared that he had been forced to change his religion, but that, deep in his soul, he had always considered
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himself to be a Jew. This kind of declaration was usually sufficient for Huberman but, in Szenkar’s case, he suspected that the declaration wasn’t sincere.338
Da lag Huberman sicher nicht falsch. Szenkar war zwar ein absolut unreligiöser Mensch, dem es gleichgültig war, welche Religion in seinem Pass stand – er hatte zum Beispiel auch keine Skrupel, den angeblichen Zeitpunkt seiner christlichen Taufe den jeweiligen äußeren Erfordernissen anzupassen –, die Aussage aber, sich als Jude zu fühlen, die ja doch mehr war als eine Aussage über die Religionszugehörigkeit, dürfte ihm tatsächlich nicht ganz leicht gefallen sein. Erstes Gastspiel in Palästina, Frühjahr 1938
Szenkar unterschrieb also einen Vertrag für die vierte Serie der Saison im Januar 1938 sowie für zwei Konzerte in Ägypten. Die drei ersten Serien leitete wieder Steinberg, die Serien fünf bis zehn standen unter der Leitung von Dobrowen, Toscanini und Sir Malcolm Sargent. Szenkar wurde im Hafen in Haifa von seinem alten Freund Salo Lewertoff begrüßt, früher Geschäftsführer der Kölner Ortsgruppe der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, jetzt Generalsekretär der Palestine Orchestra Association. Die Fahrt nach Tel Aviv gestaltete sich wegen überfluteter Straßen und Brücken schwierig und dauerte zwei Tage. Gravierender waren die Reisehindernisse, die sich aus der politischen Situation ergaben. Seit Jahresbeginn hatten sich die immer wieder aufflammenden Kämpfe der arabischen Aufständischen gegen die britische Mandatsmacht verschärft. Ende Januar, als das Orchester unterwegs nach Haifa war, wurde in den Hügeln des Carmel gekämpft, an denen die Straße nach Haifa vorbeiführte. Die Musiker wurden von Polizeimannschaften und einem gepanzerten Wagen eskortiert, auf dessen Dach ein Geschütz montiert war.339 Vor dem Konzert in Jerusalem wurden die Besucher auf der Straße von der Polizei genauestens untersucht. Der Eingang ins Vestibül war über Stunden verboten.340 Szenkar begann seine Konzertserie am 29. Januar in Tel Aviv und wiederholte nahezu dasselbe Programm in Jerusalem und Haifa. Händels Concerto grosso h-Moll op. 6 Nr. 12 leitete er vom Flügel aus, ferner standen Brahms (IV. Symphonie), Dukas und Ravel auf dem Programm. Der fünfte Programmpunkt war in den drei Städten unterschiedlich: Nachdem Huberman die Förderung seiner Musiker besonders am Herzen lag, hatte er bei Dr. Simon eingefordert, dass drei junge Geiger aus dem Orchester im Winter solistisch auftreten sollten, wobei ihnen die Wahl des Werkes freigestellt wäre.341 So wählten zwei der Geiger das Glasunow-Violinkonzert (aufgeführt in Jerusalem und Haifa), der dritte spielte das Violinkonzert D-Dur von Paganini (Tel Aviv). Huberman telegrafierte und
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schrieb extra noch einmal an Dr. Simon, er möge „streng kontrollieren“, dass Szenkar für jeden „Junior“ zwei Orchesterproben ansetze, da er befürchtete, dass Szenkar die üblichen deutschen Missbräuche und Verachtungen gegenüber Solisten wird praktizieren wollen und dies erst recht, wo es sich um junge Burschen aus dem Orchester handelt. Mit andern Worten, er wird versuchen ohne Probe oder mit einem flüchtigen Durchjagen die Violinkonzerte zu machen. Demgegenüber musst Du mir verantwortlich sein, dass jeder von den Junioren zwei Proben in aller Ruhe erhält, die erste Probe von mindestens einer Stunde, die zweite 30 Minuten, mit der Uhr in der Hand.342
Derartige Probleme dürfte es nicht gegeben haben. Szenkar arbeitete gern mit den Musikern und war sehr angetan von dem Orchester, das seiner Meinung nach alle Voraussetzungen mitbrachte, ein bedeutender Kulturfaktor zu werden. An Huberman schrieb er: [...] die wenigen, allerdings nötigen Veränderungen in einigen Gruppen dürften nicht unüberwindlich sein. Andererseits stecken im Orchester Qualitäten, wie in den Streichern, die bestimmt einmalig sind.343
In der Palestine Post konnte man lesen: Interviewed shortly after his first rehearsal with the Orchestra here, Eugen Szenkar was full of praise for its playing. „The Palestine Orchestra surpasses all my expectations. I have seldom conducted so intelligent a group of players.“ 344
Der Reporter, der ihn für die Bourse Égyptienne in Jerusalem interviewte, berichtete, dass Szenkar das Orchester wirklich bewundere und sich frage [...] comment on a peu réussir en si peu de temps a créer un aussi excellent ensemble. Je ne connais pas d’orchestre qui réunisse autant de solistes de premier ordre.345
Die Begeisterung war eine gegenseitige: The Orchestra itself is full of enthusiasm for its new conductor. As one member expressed it, „Szenkar is so inspiring that hardly is one rehearsal over than we long for the next.“346
Nicht nur das Orchester, auch Publikum und Presse konnte er überzeugen:
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Mr. Szenkar is a conductor who knows how to extract the maximum of tone, as regards both quality and quantity, from an orchestra. This and the solid force of his gradations, his delicate tonal and dynamic differentiation, sharply defined musical profiles, sureness of touch and flair of effect, all combined to bring him into immediate touch not only with the orchestra itself, but also with most of the audience. [...] Mr. Szenkar’s real virtuosity as conductor [...] revealed itself in the last two items in the programme. [...] In the „Sorcerer’s Apprentice“ fascinating and full of esprit, Mr. Szenkar skilfully built up the great crescendo, and the descriptive work was detailed, plastic and convincing. The nerve-destroying monotony of „Bolero“ [...] was reproduced by him in an almost harrowing and thrilling fashion, and brought to its climax with a feeling of merciful relief.347 Das Orchester hatte wohl seinen größten Abend, Eugen Szenkar gab vielleicht mit seinem Konzert das repräsentativste musikalische Ereignis, das Palästina bisher beschieden war, und er konnte sich eines eminenten Publikumserfolges erfreuen. In der Tat hat das Orchester bisher kaum jemals so blühend, gesanglich und frei gespielt; insbesondere die Bläser haben Erstaunliches geleistet. An der überaus wirkungssicheren, farbenreichen und temperamentgeladenen Darstellung ist Szenkar als Operndirigent par excellence zu erkennen: den Gipfel der dirigentischen Leistung erreichte er denn auch mit der geradezu fulminanten Interpretation der beiden Meisterwerke der Impressionismus: dem „Zauberlehrling“ von Paul Dukas und dem „Bolero“ von Maurice Ravel. Die Vierte Brahms-Sinfonie hat man wohl selten in so unakademischer Ueberbeleuchtung vernommen. Auch Händels Concerto Grosso [...] verlor alles Konventionelle.348
„Auf allgemeinen Wunsch“ der Zuhörerschaft wurde noch ein Sonderkonzert in Tel Aviv angesetzt, bei dem Szenkar anstelle von Brahms und Glasunow Beethovens VII. Symphonie und Liszts Les Préludes aufführte. Ein Reporter der Palestine Post befragte ihn nach seinen Eindrücken von Palästina: „Also I have never been here before I have read a great deal about the country and have many friends here, but I must confess to having expected something more Oriental;“ (so far of course, the new conductor has seen only the „little Paris“ of Palestine) „nothing so modern, so western“ and „You’re so free here“ he kept on repeating. A victim, more or less of two political upheavals (in 1934 political events caused him to leave Germany and in 1937 Russia) the comparative freedom of Palestine is particularly striking to him. [...] The conductor is much interested in „Jewish“ music and stated that he hoped to spend sufficient time here to find out something about the possibility of the creation and growth of a specifically Palestinian contribution to world music.349
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Gastspiel in Ägypten
Nach den Palästina-Konzerten gastierte er erstmals mit dem Orchester in Cairo und Alexandria. Die Presse hatte schon durch Berichte aus Palästina auf ihn vorbereitet: La présence d’Eugène Szenkar en Palestine donna lieu à de véritables festivals dans les trois grandes villes du pays. De fut une semaine de réjouissances musicales et le point culminant de la saison. Des programmes abondants, exécutés avec une rare maîtrise, mirent le comble à l’enthousiasme du public.350
Er dirigierte zweimal das gleiche Programm wie beim Sonderkonzert in Tel Aviv. Man bewunderte ihn als virtuosen und sensiblen Pianisten, seine Interpretation der Siebenten von Beethoven gab Anlass zu Diskussionen: It would be unjust to compare any living musician with Toscanini, but Eugen Szenkar is a conductor and artist of the first rank. [...] He seems to follow only his own intuitions but yet one feels that he knows what he wants to the last detail, and knows also how to realise it. He never hesitates to give all his personal feeling to each work performed, but does so with the culture and taste of a true musician. [...] Some details in the 7th Symphony certainly surprised those who are familiar with this incomparable score, but no-one could help being fascinated during the performance. Is not this the best argument against severe criticism?351 The way Szenkar conducted the „Seventh“ was outstanding in every respect. The way Szenkar conducted the Scherzo was striking because he rendered the music more emphatic by slowing down the tempo. On the other hand, the Finale was bordering on the prestissimo with the orchestra „all out“, bringing in a whirlwind this magnificent work to a vertiginous climax.352
Das Musizieren mit dem Palestine Orchestra war für beide Seiten so beglückend und die Aufnahme durch das Publikum so begeistert gewesen, dass Szenkar verpflichtet wurde, vier Serien der kommenden Saison zu dirigieren, also fast drei Monate mit dem Orchester zu arbeiten. Hermine hatte ihrem Vater von den großen Erfolgen berichtet, von Empfängen und Einladungen und von einer Fülle von Geschenken, die man gar nicht mitnehmen konnte. Sie mussten in Kisten verpackt und aufs Schiff gebracht werden. Auch der „Herr Hund“ wurde beschenkt, zum Beispiel mit einem Blumenstrauß mit Würsten. Nach dem erfolgreich absolvierten Konzertprogramm reisten Szenkars noch nach Luxor, bevor die Pflicht wieder nach Paris rief.
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Im März dirigierte Szenkar, um die frustrierten Musikliebhaber, die beim letzten Mal keine Karten erhalten hatten, zu befriedigen, noch einmal Beethovens Erste und Neunte, am folgenden Tag unter anderem die Fünfte von Tschaikowski. Der Rezensent der Monde musical befand: M. Szenkar aime le bruit, l’éclat et le brillant, mais c’est un chef auquel rien ne résiste.353
Am folgenden Tag dirigierte er den Fidelio in der Grand Opéra, die noch bis Ende Februar in ihrem Ausweichquartier, dem Théâtre des Champs-Élysees spielen musste. Hermine reiste Ende des Monats nach Köln zu ihrem schwer erkrankten Vater. Er verstarb am 14.4.1938. Eugen schrieb ihr: Mein Einziges! Ich stehe noch so unter dem Eindruck Deiner Trauerbotschaft, daß ich keine Worte des Trostes finde. Was vermögen denn Worte? Wie ich mit Dir fühle und wie ich Deinen Schmerz teile, brauche ich Dir wohl nicht zu sagen. [...] Ein Gelübde tue ich aber, mein ganzes Leben Dir zu widmen, ich werde auf Dich acht geben, Dich behüten und bis ans Ende Dein Treuester sein! 354
Diesen Schwur hielt er bis ans Lebensende. Hermine war sein Fixstern, seine Vertraute, der er eng verbunden und treu ergeben war. Verhaftung in Deutschland
Anfang Juni 1938 traf Szenkar in Riga ein, wo er für eine Reihe von Konzerten verpflichtet worden war. Die erste Orchesterprobe machte ihn sprachlos: Das sogenannte Orchester war zahlenmäßig und vom Niveau her eine Zumutung. Er machte ein Notprogramm mit einfacheren Mozart- und Haydn-Kompositionen, lieferte ein mittelmäßiges Konzert ab und erklärte der Direktion, dass er unverzüglich abreisen werde, da der Vertrag unter falschen Voraussetzungen geschlossen worden sei. Man könne dankbar sein, wenn er keine Schadensersatzansprüche stelle. Auf der Rückreise wurde er in Deutschland von der Staatspolizei aus dem Zug geholt und in Marienburg ins Gefängnis gebracht. Man hielt ihn tagelang fest, ohne ihn zu verhören und ohne ihm die Möglichkeit zu geben, seine Frau zu benachrichtigen. Nach vier langen Tagen stand mittags seine Frau im Besucherzimmer und am Abend konnte sie ihn als freien Mann aus dem Gefängnis mitnehmen. Sie hatte ihn auf recht abenteuerliche Weise gefunden. Nachdem sie erfolglos die Bahnstrecke hatte abtelefonieren lassen, die ungarischen Botschaften in Berlin und Wien nach seinem Verbleib gefragt hatte, machte sie sich selbst auf den Weg. In Berlin ging sie ins Hauptquartier der Gestapo, wo man ihr
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zwar nicht seinen genauen Aufenthaltsort sagte, aber immerhin, dass er sich in einem Gefängnis in Ostpreußen befinde. Sie forschte nun in allen Gefängnissen, in denen politische Häftlinge einsaßen nach und fand ihn so in Marienburg. Viele Jahrzehnte später berichtete sie launig, man hätte ihr im Büro gesagt, da sei ein Mann, der wie ein Wahnsinniger ständig an seiner Zellentüre trommele und schreie. Da hätte sie sofort gewusst: „Das ist mein Mann“.355 Von der Ungarischen Gesandtschaft, die bei den deutschen Behörden um Aufklärung gebeten hatte, erfuhr sie später, dass der Festnahme ein aus dem Jahr 1936 stammendes Fahndungsersuchen zugrunde lag, das sich auf Angaben ihres Bruders Carl stützte. Er hatte behauptet, Szenkar würde im Ausland staatsfeindliche und beleidigende Äußerungen über führende Persönlichkeiten des Reiches machen. Da das Material gegen ihn aber nicht ausreichend war, wurde er wieder freigelassen. Die Gesandtschaft riet ihm gleichwohl, nicht mehr durch Deutschland zu reisen und vor allem Thüringen unbedingt zu meiden.356 Szenkar gestand später, dass er jedes Mal, wenn er den Fidelio dirigiere, an die „Befreiung aus dem Kerker“ durch seine Frau denke. Und Hermine erzählte, lang nach seinem Tode, ihr Mann wäre, als man ihm seinen Rasierapparat und andere Utensilien in die Zelle brachte, damit er „Toilette machen könne“, der festen Überzeugung gewesen, er werde jetzt hingerichtet.357 Österreich war unterdessen „angeschlossen“. So sperrten Szenkars ihr Häuschen in St. Gilgen zu, das sie für ihr neues Zuhause gehalten hatten und wo sich ihr gesamter Hausstand befand, und nahmen in Paris wieder ein Hotelleben auf. Sie liebten beide das Leben in Paris, den gesellschaftlichen Umgang. Eugen traf viele alte Freunde und Bekannte wie etwa Felix Hupka, seinen alten Freund und Assistenten, Charles Münch, der sein 2. Konzertmeister an der Oper in Köln gewesen war und jetzt als Dirigent auftrat, Gustav Brecher, der sein Vorgänger in Frankfurt gewesen war oder auch seinen alten Freund Oscar Straus. Und er schloss neue Bekanntschaften unter anderem mit den Komponisten Albert Roussel, Florent Schmitt und Jaques Ibert, mit der Pianistin Elena Glasunow, der Tochter Alexander Glasunows, und deren Ehemann Herbert Günther, einem renommierten Schriftsteller und mit Frank Arnau, Schriftsteller und Journalist. Dessen ungeachtet mussten die Bemühungen um ein Engagement weitergehen. Er liebäugelte mit einem festen Posten in Nordamerika und gab allen Pariser Bekannten, die gute Beziehungen nach Amerika hatten, Material und Fotos von sich – man müsse auf diese Weise „die Offensive eröffnen“, das bringe auf Dauer mehr als die „verdammten Agenten“. Den Sommer verbrachten Szenkars in Südfrankreich mit amerikanischen Freunden, die ein großes Haus an der Riviera gemietet hatten.
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Debüt in Schweden
Im Oktober konzertierte Szenkar erstmals in Schweden. Er gab zwei Konzerte in Göteborg, wobei er wieder in seine „Standardtournee-Kiste“ griff: Händel, Weber, Kodály, Strauss, Wagner und Tschaikowski. Er hatte großen Erfolg beim Publikum, kam aber bei der Presse nicht so gut an, wie er es sonst gewohnt war. Zwar wurde seine Sensibilität gelobt, ebenso die Intensität seines Musizierens, dagegen befremdeten seine langsamen Tempi in Tschaikowskis Fünfter, und vor allem die vielen Rubati, die den Kritikern – besonders in Webers Oberon-Ouvertüre – nicht angemessen erschienen. Zudem schien er sich nicht gut auf die Akustik des Konzertsaales einstellen zu können, man kritisierte die übertriebene Lautstärke seiner „brutalen Kraftausbrüche“. Am schwersten aber wog der Vorwurf der Effekthascherei und Selbstdarstellung („Er gehört nicht zu den demütigen stillen Arbeitern im Kräutergarten“358): Tschaikowskis Musik verträgt eine stark subjektive Auffassung, so dass ein Dutzend zusätzliche Ritardandi nicht so viel bedeuten. Das Schönspielen an sich und die Intensität sind die Hauptsache. Insofern kann man nicht sagen, dass der Gastdirigent Eugen Szenkar mit seiner sehr speziellen Auffassung von Tschaikowskis Fünfter zu sehr sündigte. [...] In der Tristanmusik stellte sich ein starker Eindruck von leerer Effekthascherei ein, was ganz unangenehm war. Damit sei nicht gesagt, dass Szenkar ein schlechter Dirigent sei. Im Gegenteil er ist ein besonders kundiger Orchesterleiter, der auch das Orchester zum Klingen bringen kann, zumindest bei einer Musik, die zu ihm passt. Aber seine Musik wirkte oft zu sehr wie eine oberflächliche Kapellmeisterei, um wirklich zu überzeugen.359
Zweites Gastspiel in Palästina 1938/39. Konzert mit Bronislaw Huberman
Direkt im Anschluss fuhr Szenkar mit Hermine nach Palästina. Dort wurde er, nachdem er im Frühjahr die Herzen im Fluge erobert hatte, als alter Bekannter willkommen geheißen und gleich wieder interviewt: Seven days on a storm tossed sea, a watery greeting in Haifa and being held up over-night in Herzlia by the heavy rains did not appear to have impaired either the conductor’s vitality or his good humour when interviewed on his arrival in Tel Aviv on Tuesday. In buoyant spirits, alert as ever and full of that dynamic élan which is such a feature of his conducting, Szenkar expressed its happiness to be once more in Palestine, and if he did give a sigh for the wonderful weather of his last visit, he apparently felt that even the dark skies could not affect his delight at the prospect of being here long enough to conduct four series of concerts, give a special performance of Beethoven’s Ninth Symphony, go to Egypt with the Orchestra and, great honour as he felt it to be for any conductor, have Huberman as his soloist at the second concert-series. It is not easy to interview Conductor Szenkar. In fact usually it is his blonde
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and pretty wife (accompanying him on this tour) who manages his interviews and the practical side of the musician’s existence. He prefers to be on the platform conducting the music rather than talking about it. [...] Everywhere [...] his stories of Palestine and of its Orchestra met with great interest and he personally was looking forward to having the Orchestra under his baton again especially since this season he would be here for sufficient time to influence their work.360
Im Vorfeld hatte einiges Chaos geherrscht, da mehrere Dirigenten kurzfristig abgesagt hatten. Und so hatte sich Szenkar, dessen erstes Auftreten für die zweite Serie zusammen mit Huberman geplant war („the best possible start for his work“361) bereit erklärt, auch die erste Serie zu dirigieren. Der Generalmanager Dr. Simon hatte ihn in Südfrankreich getroffen und die Programme für die vier Serien mit ihm zusammengestellt und spontan ausgerufen: „he was taking all the plums of the cake.“362 Die Proben begannen termingerecht, das Eröffnungskonzert musste jedoch verschoben werden, da Mitte Oktober in Jerusalem wieder Unruhen ausgebrochen waren. Die arabischen Aufständischen kontrollierten fast die ganze Altstadt. Kurz darauf wurden Ausgehverbote erlassen und man verfügte eine Passpflicht für die männlichen Einwohner des Mandatsgebietes, was das Orchesterbüro vor ungeheure Zusatzaufgaben stellte.363 Das erste Konzert fand am 12. November statt. Auf dem Programm standen Prokofjews Ouverture Russe, Tschaikowskis V. Symphonie, die Polka und Fuge aus Weinbergers Schwanda, Kodálys Háry-János-Suite und Wagners Meistersinger-Vorspiel. In Deutschland hatten wenige Tage vorher die November-Pogrome stattgefunden, das Meistersinger-Vorspiel wurde deshalb durch Webers Oberon-Ouvertüre ersetzt: During the interval, Mr. Chelouche, Chairman of the Orchestra Association, announced that under the impact of the last few days of horrors in Germany, the Wagner „Meistersinger“ Overture, which was to have been given, would not be played.364
Seit diesem Abend wurde Wagner in Israel bis in die jüngste Vergangenheit nicht mehr im Konzertsaal gespielt (sieht man von den wenigen heroischen Versuchen von Daniel Barenboim und Zubin Metha ab). Der Letzte, der Wagner in Israel aufgeführt hatte, war Toscanini mit den Vorspielen zum 1. und 3. Akt von Lohengrin im Frühjahr 1938. Szenkars Programmzusammenstellung wurde insgesamt bemängelt, es sei kein geeignetes „Opening“-Konzert gewesen: zusammengewürfelt aus fünf Stücken, drei davon von Komponisten, die dem Publikum unbekannt waren. Tatsächlich
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Abb. 5: Programmzettel des Konzerts vom 12.11.1938 in Tel Aviv mit der Ankündigung des Meistersinger-Vorspiels, welches dann wegen der Pogrome des 9.11.38 in Deutschland gestrichen wurde. HHI
war dieses Konzert nicht als Opening, sondern als vierte Serie geplant gewesen. In Jerusalem und Haifa wurde die Ouverture Russe nicht aufgeführt, vielleicht wegen der Reaktion des Publikums in Tel Aviv? Die Sicherheitslage in Jerusalem war noch immer sehr angespannt, am Saaleingang wurde jeder Besucher auf Waffen untersucht. Am 22. November fand in Tel Aviv ein Jugendkonzert statt, in dem Szenkar den jungen Menschen unter anderem den 2. Satz von Mahlers III. Symphonie, anbot.
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The hall, which holds more than 1000 children, was crowded by a most attentive audience between the ages of 11 and 18 years who gave the conductor a rousing reception.365
Die zweite Serie brachte die lang erwartete Sensation: Huberman trat nach seinem Flugzeugunfall erstmals wieder als Solist eines Solokonzertes auf. Es war der erste und leider auch einzige Auftritt mit seinem Orchester. Mit dem Eintritt Italiens in den Krieg war jegliche Verbindung nach Palästina abgebrochen. Nach dem Krieg gab es Probleme mit den amerikanischen Behörden, jedenfalls starb Huberman 1947, ohne noch einmal in Palästina konzertiert zu haben. Das Programm der zweiten Serie wäre in der Tat eines Eröffnungsprogramms würdig gewesen: Bach, Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur, Beethovens Violinkonzert mit Huberman, Brahms’ I. Symphonie. Die Kritiken über Huberman waren hymnisch, nicht nur in Israel, sondern auch in ganz Europa. Über die Brahms-Symphonie urteilte der Kritiker „Indeed, one of the finest reproductions of this great work, I have ever heard.“366 In der dritten Serie verwirklichte Szenkar sein Lieblings-Projekt, die III. Symphonie von Mahler. Es war so einfach nicht, denn: The full orchestra prescribed by Mahler was not available, and the instrumentation had to be watered down accordingly. There was no boys’ choir for the fifth movement, and the choir of women’s voices which took its place was too small and not very distinguished in tone. A part of the text was rendered simply by „la, la“, the verses of the angels being omitted for no very good reason.367
Zudem musste die Altpartie von einem Tenor (Vittorio Weinberg) gesungen werden. Der Erfolg war trotzdem ein überwältigender: The performance of Mahler’s great Third Symphony, something of a milestone in the history of the Palestine Symphony Orchestra, has been achieved, and the response of the Tel Aviv public on Saturday and of Jerusalem last night were ample evidence that the experiment was a success. The long and difficult work was followed with the closest attention by the audience, which, contrary to convention, even burst into enthusiastic applause after the first movement. At the end the conductor, Mr. Szenkar, and the orchestra, were hailed with storms of clapping. 368
Und jedes Mal wieder die Verbeugung vor Toscanini: Mr. Szenkar showed once more that, except of course for Toscanini, he is the ablest of the conductors to have had charge of the Symphony Orchestra.
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In der vierten Serie zu Jahresbeginn 1939 wurde die angekündigte VII. Symphonie von Bruckner, auf die viele Menschen gewartet hatten, zugunsten eines sehr populären Programms (Beethovens V. Symphonie, Weber, Ravel, Zádor und Berlioz) gestrichen. Die als Sonderkonzert eingeschobene Neunte Symphonie Beethovens bildete den Abschluss seiner Palästina-Konzerte: Four times in one week, on Tuesday, Wednesday and Saturday, in Tel Aviv and on Monday in Jerusalem, performances of Beethoven’s Ninth Symphony took place, each performance before a packed audience that densely and deeply moved, followed the eternal sounds of this incomparable work. Nine thousand people heard the „mankind are brothers“ [...]. Great praise, of course, is due to the conductor, Mr. Eugen Szenkar, who crowned and concluded his appearance with the orchestra in this season.369
Die Presse bedauerte, dass seine Konzertserie beendet sei, man glaubte aber, dass the beneficial effect of his period of conducting will remain. It would be a satisfaction to hear of his return next season.370
Die Reise ging, wie im Vorjahr, gleich weiter nach Ägypten, wo er zweimal in Cairo und einmal in Alexandria dirigierte. Es ist müßig, die üblichen Elogen der Kritiker zu zitieren, wichtig aber ist, dass der Erfolg der kontinuierlichen Arbeit Szenkars mit dem Orchester wahrgenommen und gewürdigt und nochmals das gute Verhältnis zwischen ihm und seinen Musikern betont wurde: Eugen Szenkar has been in Palestine with the orchestra during the last three months and the prolonged leadership of so talented a conductor is bearing its fruits.371 The happy relations between M. Szenkar and the orchestra were clearly emphasized later in the evening, when every player shook hands warmly with him, as he is leaving in a few days for Paris.372
Gastspiele in Europa. Verpflichtung nach Rio de Janeiro
In Paris dirigierte Szenkar gleich nach seiner Ankunft wieder das Orchestre Pasdeloup in zwei Konzerten. Im ersten brachte er unter anderem Dvořáks IX.Symphonie, im zweiten Ausschnitte aus Wagner-Opern. Es folgten Gastspiele in Brüssel, Bordeaux, Lissabon und Porto. In Brüssel musizierte er zusammen mit Emanuel Feuermann das Haydn-Cellokonzert und machte das Publikum mit der Ouver-
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ture russe bekannt, die zusammen mit Debussy und Wagner neben Brahms’ Vierter stand. In Bordeaux fand er ein enthusiastisches Publikum für Brahms’ I. Symphonie, Weber, Wagner, Smetana, Strauss und Ravel. In Lissabon und Porto dirigierte der „grande regente de orquestra con uma personalidade inconfundivel“373 als Hauptwerk Tschaikowskis V. Symphonie, dann wie üblich Wagner, Strauss, Ravel. Der Bolero sei „unvorstellbar wunderbar“374 gewesen, man habe das Werk „noch nie so gut gehört wie diesmal“, die Interpretation habe „Begeisterung bis zum Delirium“ hervorgerufen.375 Ende April leitete er im Rahmen des Mozart-Festivals an der Königlich Flämischen Oper in Antwerpen Aufführungen von Figaros Hochzeit und Don Giovanni. Er musizierte mit einem hochkarätigen Ensemble aus Mozartsängern, die man aus Salzburg und Glyndebourne kannte, wie etwa John Brownlee, Alexander Kipnis, David Franklin, Aulikki Rautawaara und Margit Bokor. Die Solisten sangen in italienischer, die Chorsänger in flämischer Sprache. Die Kritiken lobten die vorbildliche Aufführung des Figaro, den „genial wiedergegebenen leuchtenden Mozartklang“376, „une distribution incomparable [...] avec un élan, un style et une ferveux irrésistibles“377, die „scintillante réalisation“, die Lebhaftigkeit, rhythmische Klarheit, das Feuer, das „alle Juwelen der Partitur funkeln ließ“378. Die Kritiker waren jedoch überrascht, zum Teil auch befremdet durch ungewohnt langsame Tempi.379 Louis Masson, der ehemalige Direktor der Opéra comique, hatte für die Spielzeit 1939/40 die Leitung des Teatro Municipal in Rio de Janeiro übernommen und Szenkar eingeladen, einige Opern und Konzerte dort zu dirigieren. Szenkar akzeptierte gerne, zumal sich die Situation in Europa zusehends unübersichtlicher gestaltete. So packte die Familie wieder einmal ihre Koffer und schiffte sich im Juli 1939 nach Brasilien ein. Die Pariser Tageszeitung hatte gemeldet, dass Szenkar nach seiner Rückkehr aus Südamerika im Oktober Symphoniekonzerte in Göteborg und Oslo, danach wieder in Palästina dirigieren werde.380 Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges machte diese Pläne zunichte und hielt Szenkars in Brasilien fest.
VI Exil in Südamerika
Brasilien war ein diktatorisch regiertes Land. Der Präsident/Diktator, Getúlio Vargas, hatte 1937 den Estado Novo ausgerufen, dessen Verfassung sich vor allem an das Modell Salazar in Spanien anlehnte. Die Regierung war konservativ, nationalistisch, dezidiert antikommunistisch, antikapitalistisch und antisemitisch. Bis zum Kriegseintritt Brasiliens an der Seite der Achsenmächte 1942 sympathisierte der Diktator unverhohlen mit den Diktaturen in Italien, Deutschland und Spanien. Noch kurz vor Kriegseintritt wurden einige hohe Politiker des Landes vom deutschen Botschafter mit den höchsten deutschen Hakenkreuzorden dekoriert. Mit strengen Einwanderungsgesetzen wollte man vor allem Intellektuelle und Juden von Brasilien fernhalten. Das hinderte Vargas allerdings nicht daran, gezielt jüdische Wissenschaftler einzuladen, die beim Aufbau seines modernen Brasilien helfen sollten, oder auch Personen zu umwerben, die als kulturelle Aushängeschilder dienen konnten, wie etwa Stefan Zweig, dem man eine unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung anbot. Und es hinderte auch Tausende jüdischer Flüchtlinge nicht daran, mit gefälschten Visa und hohen Schmiergelderzahlungen ins Land zu kommen. Die Regierung Vargas unternahm erhebliche Anstrengungen, das Land zu „brasilianisieren“ und zu einem „Schmelztiegel der Rassen“ zu machen. Ethnische Minderheiten, vor allem die Einwanderer aus Italien und Deutschland (die größten Gruppen) wurden verpflichtet, portugiesisch zu sprechen, ab 1942 – Italien und Deutschland waren nun Kriegsgegner –waren Unterricht und Gottesdienste in deren Landessprache verboten, ebenso deutsch/italienisch-sprachige Institutionen und Vereine; auch war allen Ausländern jegliche politische Tätigkeit untersagt. Diese Verbote trafen vor allem die NSDAP, die seit 1931 in Brasilien agitierte, um die kulturelle Identität der Deutschbrasilianer zu „schützen“. Sie hatte bis zu dem Verbotsdekret Schulen und Firmen mit Zeitungen und Propagandamaterial versorgt. Die Partei hatte etwa 5000 Mitglieder, die vor allem Sport-, Gesangs- und Geselligkeitsvereine unterwanderten. Auch in den führenden deutschbrasilianischen Kreisen gab es nicht wenige Sympathisanten des Nationalsozialismus. Als „nicht-assimilierbar“ galten die jüdischen Einwanderer, die man gerne als Kommunisten diffamierte. Bereits in der ersten offiziellen Stellungnahme des 1938 gebildeten „Rates für Immigration und Siedlung“ (Conselho de Imigração e Colonição CIC) betonte deren Leiter, dass das „semitische Problem“ eine entscheidende Rolle in der Arbeit des CIC spielen würde.381
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Die Gesellschaft war deutlich anders strukturiert als im „alten Europa“; es gab keine breite bürgerliche Öffentlichkeit, das politische Leben wurden weitgehend von lokalen Eliten, von Militärs, Kirche und kleinen Staatsbeamten dominiert, was Korruption und Nepotismus förderte. Frank Arnau, der 16 Jahre in Brasilien gelebt hatte, schilderte die Brasilianer als überaus herzlich, freundlich und höflich, aber unaufrichtig: Ihre Liebenswürdigkeiten seien nur Attitüde.382
Gastspiel 1939/40 in Rio de Janeiro Das Musikleben in Rio de Janeiro kannte fast nur Solisten-Recitals, italienische Stagioni und Ballette. Die Saison (Temporada) dauerte etwa von April bis Ende November. Auf die Opernsaison mit dem Höhepunkt in den Monaten Juli und August folgte die Ballettsaison. Die Sänger der Opern-Stagione kamen in der Regel von der Metropolitan Opera New York, wo in diesen Monaten Theaterferien waren, manchmal vom Teatro Colon in Buenos Aires oder – nach 1945 – auch aus Europa. Das Orchester des Teatro Municipal war zur Hälfte mit Liebhabern besetzt, mit Lehrern, Staatsbeamten, Ärzten und Bankangestellten383, und hatte keinen festen Dirigenten, sodass es keine wirkliche Disziplin gab.384 Es war während der Temporada voll ausgelastet mit dem Dienst in Oper und Ballett, sodass Symphoniekonzerte eine sehr untergeordnete Rolle spielten. Meist gaben die Gastdirigenten der Opernstagione einige Konzerte als „Beigabe“, die je nach Bekanntheitsgrad des Maestro auf mäßiges bis geringes Interesse in der Bevölkerung stießen. Szenkar dirigierte vereinbarungsgemäß diverse Puccini- und Verdi-Opern, wichtiger aber war ihm sein erstes Symphoniekonzert (Meistersinger-Ouvertüre, Händels Concerto grosso h-Moll, Strauss’ Don Juan und Tschaikowskis Fünfte). Bei der Generalprobe am Tag des Konzertes teilte ihm ein Offizieller der Stadt mit, dass in jedem Konzert ein Werk eines brasilianischen Komponisten aufgeführt werden müsse. Er fügte sich dieser – für ihn nicht nachvollziehbaren – Anordnung und dirigierte am Abend auswendig ein Werk von Alberto Nepomuceno. Das Konzert war, wie in Rio üblich, nicht übermäßig gut besucht, die Reaktionen der Presse aber waren begeistert: The first Symphony Concert of this season is doubtless to be considered the greatest success of all performances of this kind which took place in this town since 15 years. It means, however, an event of eminent importance in our art life. First of all the most surprising thing: We never felt that well-known prolixity, we never felt that at other times unavoidable weariness. We even could not spare the time to feel bored. Our attention was riveted, we
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were interested, delighted, we were fascinated. Finally, when we awoke, there was an outburst of enthusiasm as it never has been experienced here so far. [...] Eugen Szenkar is extraordinarily full of life but he never loses self-control.385 Es gab hier schon Konzerte von Berühmtheiten wie Weingartner, Strauss [...] und anderen. Jedoch keiner von ihnen hatte einen solchen Erfolg wie Maestro Szenkar. [...] Man muss denjenigen gratulieren, die die grandiose Gelegenheit hatten, dieses Konzert zu hören, und diejenigen bedauern, denen das verwehrt blieb.386
Der Präfekt der Stadt bat um Wiederholung des Konzertes, das ihn begeistert hatte, und langsam – nicht zuletzt durch die Kritiken – wuchs das Interesse bei der Bevölkerung. Die Begeisterungsstürme eines immer größer werdenden Publikums setzten sich fort bei Konzerten mit Werken von Wagner, Beethoven, Strauss und Ravel. Zu Eulenspiegel und Bolero schrieb der Komponist José Siqueira: „Till Eulenspiegel“ by Strauss which requires of all parts of the orchestra a special virtuosity, and Mr. Szenkar attained it in a manner which never has been experienced so far in this country. The „Bolero“ though well known at Rio has never been performed alike. It may be called to our mind that even Ravel himself has considered Mr. Eugen Szenkar the greatest interpreter of the „Bolero“. The celebrated Hungarian conductor is one of those artists who are of a mighty power thus effecting that both the orchestra and the audience are quasi hypnotized.387
Die Konzertserie des Jahres endete im Dezember mit einem Neujahrskonzert mit Werken der Strauß-Dynastie.
Orquestra Sinfônica Brasileira 1940–1948 Erste Gehversuche eines neuen Symphonieorchesters
In Europa war unterdessen der Krieg ausgebrochen, sodass Szenkar beschloss, vorläufig in Rio de Janeiro zu bleiben und einen Vertrag für die nächste Spielzeit abschloss. Zum Höhepunkt der von ihm geleiteten sinfonischen Konzerte in der Temporada 1940 wurde das Verdi-Requiem. Die Saison brachte außerdem zwei wichtige Musikereignisse von außerhalb: Arturo Toscanini gastierte mit dem NBC-Orchester, Leopold Stokowski mit dem All American Youth Orchestra. Angeregt durch diese Gastspiele und Szenkars Konzerte wurde aus den Reihen der Musikkritiker und Musikprofessoren immer lauter der Wunsch geäußert, man
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solle doch ein eigenes Symphonieorchester aus den hervorragendsten Musikern des Landes bilden. Da Toscanini und Szenkar sich bereit erklärt hatten, ein solches Orchester zu leiten, ging man in die aktive Planungs- und Vorbereitungsphase. Die Presse startete einen großen Werbefeldzug für die „nationale Angelegenheit“, die Schaffung eines eigenen brasilianischen Symphonieorchesters. Es sollte nach nordamerikanischem Vorbild durch Aktionäre einer Gesellschaft, durch Sponsoren und Abonnementreihen finanziert werden. So wurde die Gesellschaft Sociedade Civil Orquestra Sinfônica Brasileira gegründet, die am 10. Juli 1940 ihre konstituierende Sitzung hatte. Gründungsmitglieder waren Professoren der Staatlichen Musikakademie und der hauptstädtischen Schule für Musikerziehung, zudem ein Bundesbeamter und ein Hauptmann der Nationalarmee. Die Direktion setzte sich aus sechs Personen zusammen, zum Präsidenten wurde José Siqueira, zum künstlerischen Direktor Eugen Szenkar gewählt. Im Direktionsbeirat saßen wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, allen voran Dr. Arnaldo Guinle, Mitglied einer der einflussreichsten Familien Brasiliens, Unternehmer, Mäzen, unter anderem Präsident der Fußballklubs Fluminense, neben ihm Repräsentanten des Unterrichtsministeriums und der Distriktregierung. Währenddessen hatte Szenkar begonnen, Instrumentalisten anzuhören und auszuwählen, sodass er in relativ kurzer Zeit ein Orchester mit über 110 Mitgliedern aufbauen konnte. Die Liste der Orchestermitglieder liest sich wie das Who is who des brasilianischen Musiklebens. Komponisten, Dirigenten, Musikprofessoren ..., jeder ein Meister seines Instruments. Dennoch, sie hatten keine Erfahrung im Ensemblespiel, sie mussten erst lernen, sich zu einem homogenen Klangkörper zusammenzufügen. So probten sie nun sechs Wochen lang täglich drei Stunden ohne jegliches Honorar (!) bis zum Eröffnungskonzert des Orquestra Sinfônica Brasileira (O.S.B.) am 17. August 1940, das zum überwältigenden Erfolg wurde. Andrade Muricy, einer der führenden Musikkritiker des Landes schrieb, Szenkars unangefochtene Autorität sei „schon fast die Garantie für den Erfolg“ gewesen, er sei ein Probenleiter, der mit äußerster Präzision und mit extremer Geduld arbeitet. [...] Ein guter „Ausbilder“ im wahrsten Sinne des Wortes.388
Neben der V. Symphonie von Beethoven, für die 50 (!) Proben nötig gewesen waren, erklangen das Meistersinger-Vorspiel, Polka und Fuge aus Weinbergers Schwanda, Webers Oberon-Ouvertüre und eine Serenade von Alberto Nepomuceno. In den verbleibenden drei Monaten bis Saisonende wurden noch 13 weitere Konzerte gegeben, wobei Szenkar sogar schon Einzelsätze aus Mahler-Sympho-
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nien spielen ließ (Finale der III. Symphonie, Adagietto aus der V. Symphonie). Die folgende Saison 1941 begann er gleich mit Beethovens Neunter, die wegen des großen Andrangs wiederholt werden musste. Den Text der Ode an die Freude hatte Pedro Sinzig ins Portugiesische übersetzt. Sinzig spielte eine große Rolle im brasilianischen Kultur-, speziell im Musikleben. Er komponierte, dirigierte, verfasste Musikkritiken und ein Musiklexikon, schrieb Belletristik und Biographien. Er war Franziskanermönch, der, in Deutschland geboren, als 17-jähriger Missionar nach Brasilien gekommen war und bald zum Brasilianer wurde. In der deutsch-brasilianischen Gesellschaft war er einer der eindringlichsten Warner vor den Nationalsozialisten. Auf die Neunte ließ Szenkar weitere 50 Konzerte folgen, die er nahezu alle selbst dirigierte. Persönlicher Einsatz und Leistung von Orchester und Dirigent waren ungeheuer; sie sind nur aus der großen Anfangseuphorie zu verstehen. Man bedenke, dass jedes Werk neu einstudiert und für jedes Werk das Orchestermaterial neu eingerichtet werden musste. Zudem galt es, jede Menge organisatorischer und finanzieller Probleme zu bewältigen. In der Anfangszeit kümmerten sich die Orchestermitglieder sogar selbst noch um Werbung und Abonnentenverwaltung. Um die nötigen Geldmittel einzuspielen, initiierte Szenkar neben den ursprünglichen Abonnementskonzerten in den folgenden Jahren Sonntagvormittagskonzerte mit populärem Programm. Man habe ihn eindringlich gewarnt, erzählte er später – sonntags lägen die Menschen am Strand oder gingen in die Kirche.389 Man veranstaltete Konzerte für Schüler und Jugendliche in Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsministerium, Konzerte für große Unternehmen, für Behörden und Banken, für den Fußballclub Fluminense. Man spielte im Rundfunk und gestaltete die musikalische Umrahmung der täglich ausgestrahlten politischen Propagandasendung Hora do Brasil. In späteren Jahren wurden mit finanzieller Unterstützung von Geschäftsleuten anderer Städte Tourneen innerhalb Brasiliens unternommen. Nach Ablauf der ersten kompletten Temporada, die mit Beethovens Neunter endete, war das Echo in der Bevölkerung bereits so groß, dass für 1942 eine zweite Abonnementserie aufgelegt werden musste. Jedes Konzert fand zweimal statt, das erste Samstagnachmittag um 17 Uhr (Vesperal), das zweite Montagabend um 21 Uhr (Noturno). Aufbau des Konzertlebens
Nachdem Szenkar sich darauf eingestellt hatte, auf längere Sicht ein eigenes Orchester und ein Stammpublikum zu haben, ging er von den Tourneeprogrammen ab und begann, die Zuhörer systematisch mit europäischer Musik bekannt zu machen, wobei er sehr zurückhaltend mit zeitgenössischen Werken war. Hatte er noch 10 Jahre vorher das Publikum in Buenos Aires geballt mit Schönberg, Berg, Hindemith, Strawinsky, Prokofjew konfrontiert, so achtete er jetzt in der
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Programmgestaltung darauf, seine Hörer, die ja das Orchester am Leben erhielten, nicht zu verprellen. Er führte sie vor allem an die großen Klassiker und Romantiker, an die Impressionisten, an Strauss und Mahler heran. In Brasilien hatte man noch nie eine Brahms-Symphonie, Tschaikowskis Symphonien, das Verdi-Requiem oder gar eine Bruckner-Symphonie gehört. Besondere Liebe fassten die Brasilianer – was ihn selber verblüffte – zu Johann Sebastian Bach. Er dirigierte reine Bach-Abende, wobei er neben Originalkompositionen auch Transkriptionen aufführte, neben den in Europa bekannten von Abert, Esser, Zandonai, Schönberg auch eine eigene Adaptation der Toccata und Fuge d-Moll für großes Orchester. Und er machte dieselbe Erfahrung wie in Moskau: Das Publikum war verrückt nach Abenden mit Ausschnitten aus Wagner-Opern und nach „Wiener Abenden“ mit Kompositionen der Strauß-Dynastie. Corrêa schrieb über die „beliebten Festivais Johann Strauss“: Wo immer sie stattfanden, egal ob im Teatro Municipal, im Kino Rex, in der Musikschule oder bei Fluminense, strömten Menschenmengen zusammen wie bei einem Fußballspiel.390
Er bezeichnete sie als eine der „sicheren Einkommensquellen“. José Siqueira erzählte 1980 in einem Interview anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung des O.S.B.: Es war Johann Strauß, der uns gerettet hat. Jedes Mal, wenn wir in finanziellen Schwierigkeiten waren, baten wir flehentlich um ein Konzert mit Märschen, Polkas und Walzern des österreichischen Musikers. Diese nahmen den Druck von uns.391
Der Grundstock der Programme blieb über die Jahre ziemlich gleich, da sich das Orchester nicht viel Material leisten konnte. Jedes Jahr kamen nur wenige neue Werke zum Repertoire hinzu. Nachdem ein Großteil des Publikums mit seinen Konzerterlebnissen nahezu beim Punkt Null anfing, fiel dieses Manko nicht so sehr ins Gewicht. Nicht nur seinem Publikum eröffnete er neue Welten. Auch für sich selbst arbeitete er weiter an seinem Repertoire. Er befasste sich intensiv mit französischer Musik, vor allem mir César Franck und Hector Berlioz. Dessen Symphonie fantastique avancierte zu einem seiner Vorzugswerke, das er bis zu seinem Lebensende immer wieder aufführte. Er vertiefte sich in Mendelssohn und Schumann und machte sich mit Sibelius vertraut. Und dann gab es ja noch die Vorschrift, in jedem Konzert eine brasilianische Komposition zu spielen. Szenkar dirigierte Musik von über einem Dutzend brasilianischer Komponisten, die
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wenigsten Werke allerdings von Heitor Villa-Lobos, von dem dieses Dekret angeblich kam. Man nahm ihm das sehr übel, in der Geschichte des Orchesters, die zu dessen 60-jährigen Bestehen erschien, liest man, dass Villa-Lobos [...] aus Eifersucht oder anderen ungerechtfertigten Gründen durch die künstlerische Leitung der Gesellschaft ziemlich an den Rand gedrückt wurde.392
Szenkar und Villa-Lobos waren mit Sicherheit keine Freunde. Szenkar schreibt in seinen Memoiren etwas kryptisch, dass er „noch einiges von diesem Herrn zu fühlen bekam“, kommt darauf aber nicht mehr zurück. Villa-Lobos war für die Organisation der Musikerziehung des Landes zuständig. Als treuer Gefolgsmann des Diktators Vargas versammelte er jährlich am Unabhängigkeitstag 20.000 Schulkinder, die den Estado Novo und Getúlio Vargas besangen. Musik zu Propagandazwecken – das mag Szenkar suspekt gewesen sein. Andererseits war Villa-Lobos der einzige brasilianische Komponist, dessen Werke er auch außerhalb Brasiliens aufführte. Da die sinfonische Musik vor der Gründung des O.S.B. ein Mauerblümchendasein führte, nimmt es nicht Wunder, dass ein Großteil der Werke, die Szenkar aufführte, erstmals in Rio bzw. in Brasilien zu hören waren. Im Programmheft der Saison 1946 sind allein für die Jahre 1940–1945 110 Erstaufführungen aufgelistet (die allerdings nicht alle von Szenkar selbst geleitet wurden). Die Sociedade veranstaltete nicht nur Konzerte, sie wollte darüber hinaus das gesamte Musikleben Rios mitgestalten. Szenkar hatte begonnen, einen Laienchor ins Leben zu rufen, der bereits 1942 erstmals bei der IX. Symphonie Beethovens mitwirkte. 1943 hatte man Szenkar gebeten, Dirigier-Meisterkurse abzuhalten. Es meldeten sich 22 Teilnehmer aus dem ganzen Land an, darunter „gestandene Dirigenten“ wie etwa José Siqueira, der Präsident der Gesellschaft, Octávio Maul, der bis in die 60er-Jahre eine wichtige Rolle im Musiklebens Südamerikas spielte, oder Oscar Lorenzo Fernández, der Leiter des brasilianischen Musikkonservatoriums in Rio. 1944 veranstaltete die Sociedade einen nationalen Kompositionswettbewerb, aus dem eine Schülerin von Villa-Lobos als erste Preisträgerin hervorging (Helza Cameu). In der Jury saßen neben Szenkar unter anderen die Komponisten José Siqueira, Pedro Sinzig und Newton Pádua. Temporadas 1942–1947
1942 lief also bereits ein normaler Konzertbetrieb mit doppelten Konzertserien. Es wurden 114 Konzerte gegeben, noch immer fast ausschließlich von Szenkar dirigiert.
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Wegen des Krieges und auch wegen des ständigen Geldmangels hatte er Schwierigkeiten, ausländische Solisten zu engagieren. Die Soloparts der wenigen aufgeführten Instrumentalkonzerte wurden von den (hervorragenden) Konzertmeistern des Orchesters gespielt, vor allem von Ricardo Odnoposoff, dem 1. Konzertmeister (bras. „spalla“), der 1940 nach Rio gekommen war – „ein Glücksfall für unser Orchester“, wie Szenkar später schrieb.393 Etwa die Hälfte der Konzerte wurde vom brasilianischen Rundfunk übertragen, einige auch, im Rahmen eines Kulturaustauschprogramms, von der NBC in New York. Das Orchester hatte in Brasilien unterdessen so viel Aufbauarbeit geleistet und so viel Renommee gewonnen, dass man den Präsidenten überzeugen konnte, Geldmittel bereitzustellen. Bis heute ist das O.S.B. eines der wenigen Orchester in Amerika, das vom Staat subventioniert wird. 1943 wurde eine der wichtigen Erziehungs-Initiativen des O.S.B. umgesetzt: Sonntags wurden kostenlose Konzerte für die Jugend im Kino Rex veranstaltet. Schon im ersten Jahr machten 20.000 Jugendliche von diesem Angebot Gebrauch. Diese Konzerte, die zusätzlich zu den 83 Abonnements- und Sonntagskonzerten gegeben wurden, dirigierte vor allem José Siqueira. Auch von den populären Sonntagskonzerten gab Szenkar von Jahr zu Jahr mehr an Siqueira und an seinen Assistenten Eleazar de Carvalho ab. Szenkar konnte nun, nach fast dreijähriger Arbeit, den ersten kompletten Beethovenzyklus herausbringen mit der IX. Symphonie – wie fast schon Tradition – zum Ende der Temporada. Anlässlich des ersten Jahrestages von Brasiliens Kriegseintritt führte er Verdis Requiem auf. Er hatte einige großartige Sänger zur Verfügung, die Europa verlassen hatten: Neben der polnischen Altitstin Wanda Wermińska und dem österreichischen Bass-Bariton Ralph Telasko war es vor allem die deutsche Mezzosopranistin Marion Matthäus, die seit 1936 am Teatro Municipal engagiert war. Sie sang viele Jahre unter seiner Leitung in Oper und Konzert, später, zurück in Europa, engagierte er sie, wann immer möglich, für die Solopartie in Mahlers III. Symphonie. Großen Anklang fand die Erstaufführung von Liszts Faustsymphonie. 1944 war ein sehr erfolgreiches Jahr, man gastierte auswärts, zum Beispiel im nahe gelegenen Petropolis, erstmals waren ausländische Instrumentalsolisten zu Gast (Alexander Brailowsky und Henryk Szeryng). Der Nachfolger von Odnoposoff als 1. Konzertmeister, Oscar Borgerth, führte sich mit Tschaikowskis Violinkonzert als Solist ein. Er spielte eine wichtige Rolle im Musikleben Rios: Das Borgerth-Quartett, dessen Gründer und Primarius er war, brachte fast als einzige Institution der Hauptstadt regelmäßig zeitgenössische Musik. Das wichtigste Ereignis für das Orchester – und damit natürlich auch für dessen Leiter: Arnaldo Guinle stellte eine große Geldsumme zur Verfügung, mit der 24 neue
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Instrumente gekauft werden konnten. Vor allem Blasinstrumente, eine Harfe, ein Xylofon und ein Vibrafon wurden angeschafft. Es gab wieder einen Beethovenzyklus und in diesem Jahr viel Tschaikowski. Von den 139 Konzerten dirigierte Szenkar nur noch etwa 85% selbst, von den 113 Konzerten der folgenden Temporada nur noch die Hälfte, wobei er grundsätzlich die Abonnementskonzerte und die Abende für den Fluminense Football Club selbst leitete. Bei den Sonntagskonzerten gab er mehrere Male ein „Strauß-Festival“. Das wichtigste Ereignis der Temporada 1945 beim O.S.B. war die Aufführung der III. Symphonie von Mahler mit Marion Matthäus als Solistin. Beim Orchester des Teatro Municipal war Erich Kleiber für 12 Konzerte verpflichtet worden. Es war ein schönes Wiedersehen. Die beiden Freunde sprachen sicher nicht nur über alte Zeiten, hatten sie doch viele Gemeinsamkeiten, die auch aktuell Gesprächsstoff lieferten. Sie waren nicht sehr glücklich über ihr erzwungenes Reiseleben, liebten aber langsame Schiffe und geruhsame Überfahrten. Sie waren beide Präzisionsfanatiker, unbequem im Umgang mit Entscheidungsträgern, die sie für insuffizient hielten, sie waren Feinde jeglichen Routinebetriebs und – sie verehrten beide Toscanini aufs Höchste. 1946 wurde der Konzertbetrieb etwas farbiger: Nachdem der Krieg zu Ende war, konnte Szenkar mehr ausländische Gäste gewinnen – zwar noch nicht aus Europa, aber immerhin kamen aus den USA berühmte Pianisten wie Alexander Brailowsky, William Kapell oder György Sándor. Und endlich war sein Orchester so gut, dass er renommierte Kollegen aus Amerika einladen konnte: Eugene Ormandy, William Steinberg, Sir Ernest MacMillan und Charles Munch, der früher sein 2. Konzertmeister an der Kölner Oper gewesen war und jetzt das Boston Symphony Orchestra leitete. Die Gäste brachten zum Teil ihr eigenes Orchestermaterial mit, sodass man in Rio viele Werke erstmals hören konnte, vor allem viele zeitgenössische Kompositionen. Steinberg und Ormandy führten Schostakowitsch-Symphonien auf, man hörte Werke von Albert Roussel, Arthur Honegger, Jacques Ibert, Arthur Benjamin, um nur einige zu nennen. Und vor allem: Alle Gastdirigenten führten Werke von Villa-Lobos auf, dem Mann, der von Szenkar so „in die Ecke gedrückt wurde“. Neben den O.S.B.-Konzerten dirigierte Szenkar eine Reihe von Opernhauskonzerten, wo er unter anderem Romeo und Julia (Suite Nr. 2) von Prokofjew, die II. Symphonie von Jean Sibelius und Psyche et Eros von César Franck aufführte. In diesem Jahr machte er wohl seine erste und einzige Bekanntschaft mit einem Filmstudio. Für den Streifen Jardim do pecado (Garten der Sünde), der 1946 von Leo Marten in den FAN-Studios gedreht wurde, dirigierte er die Filmmusik. Erstmals nach vielen Jahren trat er wieder in Buenos Aires auf und dirigierte im Teatro Colon ein Symphoniekonzert und die Carmen.
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Auch 1947 war ein überaus erfolgreiches Jahr, wie überhaupt die „späten Vierziger ein Höhepunkt in der Geschichte des Orchesters [waren].“394 Große Gastspiele führten nach São Paulo und in andere brasilianische Städte. Neu im Repertoire waren Das Heldenleben von Strauss und Bruckners VII. Symphonie; außerdem dirigierte Szenkar in Rio de Janeiro und in São Paulo die V. Symphonie von Prokofjew, zwei Jahre nach ihrer Uraufführung in Moskau. Endlich kamen Solisten nicht nur aus Nordamerika (u. a. Artur Rubinstein, Rudolf Firkušný), sondern auch aus Europa. Wilhelm Backhaus und Walter Gieseking spielten Klavierkonzerte von Beethoven und Brahms. Szenkar lud auch wieder Kollegen ein, z. B. Jascha Horenstein, Erich Kleiber, William Steinberg und Sergei Koussevitzky. Vor allem die Arbeit mit Koussevitzky und Kleiber begeisterte das Orchester. Eleazar de Carvalho, Szenkars Assistent, war nach einem einjährigen Studienaufenthalt in Tanglewood bei Koussevitzky nach Rio zurückgekehrt und übernahm einen erheblichen Teil der 94 Konzerte. Bei den Einladungen an Kollegen hoffte Szenkar sicher auch auf Gegeneinladungen, da er gerne in Nordamerika dirigierte. Dass er aber, zum Beispiel 1946, acht von 20 Abonnementskonzerten an Gäste abgab, kann man vielleicht bereits als eine Art inneren Rückzug von seinem Orchester interpretieren. Die große Anfangseuphorie war offenbar verflogen. Stimmung und Atmosphäre im Orchester hatten sich verändert. Zum einen scheint die Fluktuation an den Pulten hoch gewesen zu sein, zum anderen hatten sich Cliquen gebildet, die zum Teil gegeneinander arbeiteten. Auch das Verhältnis des Orchesters zu Szenkar war lau geworden, manchmal sogar respektlos. Vielleicht hatte Erich Kleiber recht, der einmal äußerte, in Südamerika komme ein Gastspiel, das länger als vier bis sechs Wochen dauere, für ihn nicht infrage, da dann die Autorität des Dirigenten über das Orchester nachlasse.395 Gastspiel beim NBC Orchestra in New York
Anfang 1947 war Szenkar der Einladung Toscaninis gefolgt, vier Konzerte des NBC-Orchesters zu übernehmen. Er führte seine Bach-Transkription auf, außerdem Werke von Mozart, Wagner, Ravel, Villa-Lobos und Aaron Copland. Die Hauptwerke waren Tschaikowskis V. Symphonie, Schumanns Vierte, die I. Symphonie von Brahms und die Symphonie fantastique von Berlioz. Nicht oft hatte an der Stelle, an der Toscaninis Genie zu triumphieren pflegt, ein Dirigent eine so enthusiastische Aufnahme, wie der in Rio de Janeiro wirkende Konzertdirigent und Opernkapellmeister Eugene Szenkar. Wer ihn von seiner europäischen Tätigkeit her kennt, wusste, dass er ein temperamentvoller, künstlerisch fundierter und dirigiertechnisch höchst erfahrener Musiker ist. [...] Der grossartige Schwung, die Intensität der Gestaltung, die Beherrschung des Orchesterapparats ist inzwischen [...] noch gewachsen. Bei allem Willen
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zur Wirkung hat sich Szenkar nicht veräusserlicht. [...] Das NBC-Orchester fühlte sich unter diesem Meister des Taktstocks offensichtlich geborgen und bemühte sich um eine ebenbürtige Leistung.396
Es ist interessant, wie unterschiedlich seine Tschaikowski-Interpretation wahrgenommen wurde. Während der Referent der Sun sie als „a little measured and mathematical“ empfand,397 las man im Year in American Music er sei „occasionally given to overemphasis and sentimentality.“398 Zum letzten Konzert schrieb Holde: [Mit] der architektonisch grossartig angelegten, auch im langsamen Satz voll überzeugenden I. Symphonie von Brahms verabschiedete sich Eugene Szenkar in der NBC, am Schluss lange von brausendem Beifall umbrandet. Dieser wohlverdiente Erfolg wird unzweifelhaft die Grundlage zu weiteren Verpflichtungen bilden, so viele treffliche Dirigenten auch in New York aus allen Teilen der Welt zusammenströmen.399
Hermine berichtete, Toscanini sei besonders von der Debussy-Aufführung (L’après-midi d’un faune) angetan gewesen. Ob er mit dem Brahms einverstanden war? Szenkar hatte einen längeren Paukenwirbel, den Toscanini ins Finale hineinretuschiert hatte, gestrichen. Er war kein grundsätzlicher Feind von Retuschen, im Gegenteil. Beethoven und Schumann ohne Retuschen hielt er für unmöglich, aber Retuschen bei Brahms? – „Keinesfalls!“ Von der Einladung bei Toscanini in Riverdale gab Szenkar in seinen Erinnerungen eine lebendige Schilderung. Es schmerzte ihn allerdings, in welcher Weise Toscanini über Nikisch und Mahler sprach. Nach den NBC-Konzerten nahm er die Gegeneinladung von Sir Ernst MacMillan nach Toronto wahr. Er führte „seinen“ Bach auf, Ravel, Wagner und Brahms’ Erste. Der Referent staunte darüber, dass er eine Orchesteraufstellung wählte, die „eine Generation früher üblich war“, nämlich die zweiten Geigen gegenüber den ersten, nach innen zu Bratschen und Celli – eine Anordnung, die in Europa noch bis in die späten Sechzigerjahre üblich war, und auch heute wieder öfter zu sehen ist. Und er fand: [...] better tonal quality was distinctly observable. [...] Through the Daphnis and Chloe suit Szenkar showed himself a master of volume control and ability to blend accompaniment with solo passages to excellent purpose. [...] The Brahms’ work revealed as fine tonal quality as this orchestra ever produced, and the conductor worked up to the finale with such musical consistency as gave intervening passages maximum meaning. On the whole it was a fine program, beautifully played and thoroughly appreciated.400
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Führungskrise im O.S.B., die Temporada 1948
Bereits gegen Ende der Saison 1947 hatte es im Orchester zu kriseln begonnen. Man hatte ein gewaltiges Minus erwirtschaftet, zum Teil vielleicht durch die Verpflichtung vieler Gastdirigenten. Die Musiker hatten monatelang kein Gehalt bezogen. Eine Gruppe von Professoren, der vor allem die Gründungsmitglieder angehörten, hatte in einem Memorandum an Arnaldo Guinle einen neuen Arbeitsvertrag und die Bezahlung aller ausstehenden Honorare gefordert. Obwohl Guinle beides versprach, spitzte sich die Krise rasch zu. Fast die Hälfte der Musiker wollte mehr: Sie forderten, dass Siqueira abgelöst würde, den sie für die Krise verantwortlich machten. Als daraufhin einige der Professoren zurücktraten, kam es zum offenen Schlagabtausch in der Presse. Diejenigen Musiker, die das Papier der Professoren nicht unterschreiben wollten, schrieben einen offenen Brief, in dem sie ausführten, dass Siqueira Verständnis und kollegialen Geist ersetzt habe durch Praepotenz und grobe Behandlung, die das Orchester täglich zu ertragen hätte und die in öffentlichen Demütigungen gipfelten.401
In einer Orchestervollversammlung stimmten 54 der anwesenden 104 Musiker für eine Ablösung Siqueiras, 50 dagegen. Trotz des knappen Ergebnisses wurde Siqueira abgelöst und ein neuer Präsident bestimmt: Almirante Adalbert Lara de Almeida. Im Nachhinein stellt es sich durchaus so dar, dass die Vorwürfe wegen des Defizits nur nach außen hin vorgeschützte Begründungen waren. In Wirklichkeit ging es wohl um politische Streitigkeiten, da Siqueira als Kommunist galt, der Admiral dagegen als „Führerfigur unter der rechtsgerichteten Fraktion unter den Musikern“402, die damit in der internen Politik der Gesellschaft größeren Einfluss bekam. Szenkar hatte aus Solidarität mit den Professoren seine Demission eingereicht, die aber nicht akzeptiert wurde. Man begann nun auch gegen ihn in der Presse Stimmung zu machen. Er beziehe eine exorbitant hohe Gage, sei vom Wesen her so eingebildet, dass er nie seinen Erfolg mit jemandem teilen wolle, weder mit einem Solisten, erst recht nicht mit einem Kollegen, [...] besonders wenn es ein solcher wie Kleiber war, der ein Orchester verzauberte und den das Publikum bis zum geht nicht mehr vergötterte, ebenso wie die Kritik und die Musiker selbst.403
Dass die Vorwürfe haltlos waren, versteht sich von selbst, absurd vor allem gerade nach den vielen Einladungen an Kollegen 1946 und 1947. Der neue Präsident sagte in einem Interview, dass eine Verpflichtung von Gastdirigenten in dieser
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Saison aus Geldmangel absolut unmöglich sei, man müsse eine Temporada nur mit brasilianischen Kräften arbeiten, von denen es hervorragende gibt, wie z.B. Eugen Szenkar, der den Gästen zumindest gleich gestellt ist, wenn er sie nicht sogar übertrifft. [...] Maestro Szenkar genießt das höchste Vertrauen der Musiker und des Publikums. [...] ich zähle auf ihn und das Orchester.404
Corrêa, der zum 60-jährigen Bestehen des Orchesters dessen Geschichte veröffentlichte, wiederholte die Vorwürfe gegen Szenkar. Er war in den Vierzigerjahren noch ein Kind und zeichnete – über 50 Jahre nach den Ereignissen – sein Bild offenbar anhand der damaligen Presseartikel. Arnau, der die ganze Kampagne bewusst vor Ort miterlebt hatte, stellt die Geschichte durchaus anders dar: Ein Komponist von internationalem Ruf war Vila Lobos. [...] Wie alle Brasilianer litt er, durchaus unbegründeterweise, an jenen Minderwertigkeitskomplexen, die zur Ablehnung jeglicher, auch der berechtigsten Kritik führen. Als Eugen Szenkár, ein Dirigent, über dessen Qualitäten und Qualifikation kein Wort zu verlieren ist, nach Brasilien emigrierte, um Hitlers Zugriff auf Paris zu entgehen (wir wohnten in Paris in demselben Appartementhaus in der Rue Vineuse 6), gelang es ihm, das Philharmonische Orchester von Rio de Janeiro nach den Grundsätzen moderner Gemeinschaftsleistung aufzubauen. Er dämpfte den etwas übertriebenen demokratischen Drang einzelner Musiker, sich gegenüber dem Gesamtorchester selbständig zu machen, und erreichte eine harmonische Struktur. Ein einziges missfälliges Wort über Vila Lobos führte dann zu einer schockierenden Pressekampagne gegen Szenkár.405
Es wurde also ein Neuanfang gemacht, der neue Präsident als der richtige Mann apostrophiert, der die Wogen glätten und Frieden und Harmonie im O.S.B. wieder herstellen könne. Das Orchester käme nun nach einer ernsten Krise zurück, [...] endlich befreit von der Allmacht und administrativen Unfähigkeit José Siqueiras [...] mit Szenkar und anderen Dirigenten, die unter Siqueira keine Chancen hatten.406
Die Temporada begann verspätet Ende Mai. Es fanden trotzdem noch 73 Konzerte in der Spielzeit statt. Walter Gieseking, Wilhelm Kempff und Alexander Uninsky waren zu Gast; einer der Höhepunkt der Saison war das Gastspiel von Kirsten Flagstad mit den Wesendonck-Liedern und einigen Stücken aus Werken von Wagner. Hindemiths Mathis der Maler und die XVI. Symphonie von Mjaskowski nahm Szenkar neu ins Repertoire. Zum Ende der Temporada reichte er
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zum zweiten Mal seinen Rücktritt ein. Man wollte ihn nicht ziehen lassen und verblieb schließlich so, dass er zwar als künstlerischer Direktor ausschied, nach wie vor aber der Haupt-„Gastdirigent“ bleiben sollte. Er trat in dieser Funktion allerdings nur wenige Male auf, verlegte stattdessen den Schwerpunkt seiner Tätigkeit nach Kuba und Nordamerika. Stagioni im Teatro Municipal
Hatte Szenkar bei seinem Gastspiel 1939/40 seine Verpflichtungen bei der italienischen Stagione wahrgenommen, so machte er jetzt, da er ständig im Lande war, seinen wachsenden Einfluss auf das Musikleben geltend, indem er deutsche Opern auf den Spielplan brachte, allen voran Mozart und Wagner, aber auch Richard Strauss. Mozart war in Brasilien so gut wie unbekannt, Szenkar brachte 1942 (!) die Erstaufführung des Don Giovanni auf die Bühne, 1947 folgte Figaros Hochzeit. Von Wagner führte er Tristan und Isolde, Siegfried, Parsifal, Tannhäuser und die Walküre in die alljährliche deutsche Stagione ein, von Richard Strauss Rosenkavalier, Salome und Die Frau ohne Schatten. Daneben ließ er es sich nicht nehmen – deutsches Repertoire hin oder her –, seine geliebte Carmen alljährlich zu dirigieren. Die Hauptpartien wurden, wie schon erwähnt, in der Regel von Mitgliedern der Metropolitan Opera oder auch des Teatro Colon gesungen. So hatte er von der Met Fedora Barbieri als Carmen, Mario del Monaco als José, Rose Bampton als Marschallin, vom Teatro Colon Felipe Romito als Don Giovanni. In seinem Figaro sangen Wanda Wermińska und Martial Singher. In Wagner-Werken hatte er gewöhnlich die junge Astrid Varnay und Set Svanholm auf der Bühne. Trotz dieser glanzvollen Solisten machte ihn der Stagione-Betrieb nicht wirklich glücklich. Er war immer bemüht, ein stehendes brasilianisches Ensemble zu erziehen; in einem Interview in New York berichtete er 1947 stolz, dass er unterdessen hervorragende einheimische Sänger auftreten lassen könne. Gastspiel in Kuba 1948/49
Mit Beginn der Wintersaison treffen wir Szenkar bei einem längeren Gastspiel in Havanna an. In seinen Erinnerungen lobte er das Orquestra Filarmónica de la Habana als „ausgezeichnet und diszipliniert“ – kein Wunder, war es doch vorher vier Jahre lang von Erich Kleiber erzogen worden (1943–1947). Pro Konzert standen 14 Proben zur Verfügung, ein ungeahnter Luxus. Die erste Konzertserie 1948 fand in Havanna statt, wo er vor elegantem Publikum mehrere Werke erstmals in Kuba zu Gehör brachte, unter anderem Händels Concerto grosso in h-Moll, Brahms I. Symphonie, die 2. Suite aus Romeo und Julia von Prokofjew und Ausschnitte aus Weinbergers Schwanda. Die große farbige Sopranistin Ella-
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belle Davis sang unter seiner Leitung nicht nur das Alleluja aus Mozarts Motette Exsultate, jubilate, sondern auch Negro Spirituals von Harry T. Burleigh. Nathan Milstein begeisterte mit der Symphonie espagnole von Èdouard Lalo, Adolfo Odnoposoff mit dem Cellokonzert von Saint-Saëns. Die zweite Konzertserie führte in alle größeren Städte des Landes. Szenkar schilderte die Reisen über Land in Omnibussen als „sehr anstrengend und unerfreulich“, die Konzerte aber als sehr erfolgreich. Zehn Jahre zum Wohle Brasiliens
Nach einer Konzertreise in Amerika kehrte Szenkar im Juli 1949 nach Rio zurück, wo sich seine Ankunft in Brasilien zum zehnten Male jährte. Die Deutschen Nachrichten zitierten unter der Überschrift „Zehn Jahre zum Wohle Brasiliens“ aus Telegrammen, die er anlässlich seines 10. Jahrestages in Brasilien bekam: Zum 10. Jahrestag Ihrer Ankunft in Brasilien blicken wir voller Stolz auf die von Ihnen geleistete künstlerische Arbeit zurück und benutzen die Gelegenheit, Sie erneut unserer moralischen Unterstützung in dem Kampf um die weitere künstlerische Leitung unseres Orchesters (luta pela continuação como diretor artistico da O.S.B.) zu versichern. Ihrem verehrten Maestro zum zehnjährigen Hiersein unser aller Dank für die Durchführung seines grossen Werkes. Wir, die Mitglieder des Brasilianischen Symphonie-Orchesters, stehen auf Ihrer Seite. Namens der anderen (gez.) Oscar Ferreira. ... können wir Ihnen zu unserer grössten Freude und Genugtuung mitteilen, dass Sie fortan zu den Membro-Interpretes der Academia Brasileira de Musica zählen, sehr zum Wohle unseres geliebten Vaterlandes. (gez.) José Candido de Andrade Muricy, Secretario General de Academia Brasileira de Musica.
In dem anschließenden Artikel führt der Referent noch einmal auf, was Szenkar für das Musikleben in Rio geleistet hat: Das Brasilianische Symphonie-Orchester, das O.S.B., das die Anerkennung der bedeutendsten Gastdirigenten fand, hat in den vergangenen Jahren – man möchte sagen Hand in Hand mit dem Publikum – eine Entwicklung durchgemacht, die vielleicht einzigartig ist und die Aufmerksamkeit aller Musikaufnehmenden gefunden hat. Szenkar war es, der 1944 erstmals einen vollständigen Beethoven-Zyklus dirigierte, der uns „viel Bach, Schubert, Mozart“ und die unvergessenen Aufführungen von „Tristan“, „Die Walkyre“ und „Siegfried“ brachte, der das brasilianische Publikum mit den Modernen Strauss, Hindemith, Schönberg, Bartók und den Russen Miaskowsky, Strawinsky und vor allem Prokofieffs V. Symphonie bekannt machte, der – welch grosses Ereignis! – Verdis „Requiem“, Bruckners VII., Mahlers III. und Liszts Faust-Symphonie wagte. Szenkar war es!407
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Abb.6: Programmzettel zu Tristan und Isolde im Teatro Municipal in Rio de Janeiro, 28.7.1946. HHI
Schon in früheren Jahren hatte man lesen können: Seine Persönlichkeit beeinflusste die Geschichte des Musiklebens in Brasilien so grundlegend, dass man sie in eine Periode „ante-Szenkar“ und eine Periode „post-Szenkar“ einteilen muss.408 Mr. Szenkar’s greatest achievement in Brasil was first of all the creation of an established public for symphonic music. [...] One may well say that it was Mr. Szenkar who planted the seeds for a broader understanding of symphonic music among our public. Thus it would be impossible to imagine the present musical life of our city without the director of the O.S.B. who is offering the members of that society, as well as the general public, the opportunity of hearing a symphonic repertoire of the greatest general importance. [...] Mr. Szenkar arrived
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here with an established reputation as a European conductor and today we are proud to be able to lend him, as one of us, to the international exchange in musical life.409
Szenkar selbst schätzte vor allem die Erziehungsarbeit hoch ein, die das Orchester in den zehn Jahren seiner Arbeit an der Jugend geleistet hatte, da aus 10-jährigen Kindern, die die Schülerkonzerte besuchten, nun eine Generation 20-Jähriger herangewachsen sei, denen der Besuch sinfonischer Konzerte eine Selbstverständlichkeit sei. Neue Heimat?
Wie hat Szenkar die zehn Jahre in Brasilien empfunden? Ist er dort heimisch geworden? Zunächst steht zweifellos fest, dass er dem Land, dass er dem Diktator Vargas dankbar war, der ihm mitten im Krieg (1942) für seine Verdienste um die Nation die brasilianische Staatsbürgerschaft verliehen hatte, obwohl er und seine Frau Angehörige der Achsenmächte, also feindlicher Nationen, waren. Er bekam dadurch für sich und seine Familie, vor allem für seinen kleinen Sohn Claudio, der als Staatenloser geboren worden war, eine gesicherte Staatszugehörigkeit, Reisepässe und damit auch Reisemöglichkeiten. Er fand rasch einen Freundeskreis, zu dem Musiker, Schriftsteller und Politiker gehörten. Besondere Freude machte ihm die Ankunft von Stefan Zweig in Rio, den er schon von Wien her kannte. Sie verbrachten viele Nachmittage miteinander, sprachen über Musik, Theater und Politik, anfangs in Rio, später vor allem in Petropolis oder Teresópolis, zwei kleinen Orten in den kühlen Bergen, wohin sich die „bessere Gesellschaft“ Rios in den Sommermonaten vor der Hitze flüchtete. Auch für Zweig war diese Freundschaft wichtig. Der Zweig-Biograph Alberto Dines vermutet, Zweig hätte gehofft, sich wieder einen Musiker-Freundeskreis aufbauen zu können, wie den, den er in Wien zurücklassen musste. Er genoss die Konzerte Szenkars, liebte vor allem die Strauß-Abende. Szenkar war zutiefst erschüttert über den Suizid von Lotte und Stefan Zweig und machte sich später Vorwürfe, in dieser Zeit nicht in ihrer Nähe gewesen zu sein – vielleicht hätte er sie daran hindern können. Solche Gedanken zeugen doch von einer gewissen psychologischen Naivität. Bei Zweig traf er auch den spanisch-kubanischen Schriftsteller Alfonso Catá, zu jener Zeit Botschafter Kubas in Rio, den er als hoch intelligenten Menschen und großen Kammermusik-Kenner sehr schätzte. Er musste mit eigenen Augen mit ansehen, wie dessen Flugzeug kurz nach dem Start in Rio de Janeiro abstürzte, als Catá auf dem Weg nach São Paulo war, wo er einen Vortrag über Debussy halten wollte. Bei Zweig lernte er auch Ernst Feder kennen, einen linksliberalen Journalisten und Schriftsteller aus Berlin, der vor den Nationalsozialisten nach Brasilien geflohen war. Ein anderer
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Exilant, mit dem er verkehrte, den er schon von Paris her kannte, war Frank Arnau, eine schillernde Schriftstellerpersönlichkeit, die er als „interessant“ bezeichnete. In der deutschen Community hatte er im Übrigen nicht allzu viele wirkliche Freunde – es waren zu viele Sympathisanten des Nationalsozialismus darunter. Er hatte seinen Lebensstil an den der brasilianischen Oberschicht angepasst, er hatte ein Haus in dem vornehmen Stadtteil Leblon, fuhr ein Sportcoupé, mietete für die Sommermonate ein Ferienhäuschen in Teresópolis, sofern er nicht auf Konzertreisen in Nordamerika war. Selbst seinen Musikstil hatte er verändert – er dirigierte mehr „auf Show“ als in Europa. So ließ er zum Beispiel bei Ravels Bolero im Finale die Trompeter aufstehen, die kleine Trommel, die den Ostinato-Rhythmus spielt, postierte er vorne neben dem Dirigentenpult – einmal ließ er seinen 5-jährigen Claudio die Trommel schlagen. 1947 antwortete er zwar in New York auf die Frage eines Interviewers, ob er in Brasilien bleiben wolle: „Gewiss! Ich bin Bürger geworden und habe mein Haus dort“410, aber er war definitiv nicht glücklich in Brasilien. Er kam mit der Mentalität nicht zurecht, mit der freundlichen Unverbindlichkeit. Er, der sehr ehrlich und geradeheraus war, glaubte immer wieder an die Liebenswürdigkeiten und Versprechungen, die nur aus Höflichkeit gemacht worden waren. Er verzweifelte fast an der Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit und Disziplinlosigkeit seiner Musiker. Seine Erzählungen und Anekdoten über den für ihn befremdlichen Umgang mit Geld, mit Verträgen, mit Versprechungen nehmen in seinen Erinnerungen mindestens so viel Raum ein wie seine Äußerungen zur Musik. Die Sätze: Wer natürlich gezwungen war, längere Zeit im Lande zu leben, der musste sich eben damit abfinden. Und das tat man, auch wenn es schwer fiel, man lebte halt in Brasilien, und das Land war so schön und die Stadt Rio so faszinierend!411
sagen wohl alles über sein Verhältnis zu Brasilien aus. Er litt außerdem sehr unter dem Klima. Hatte er früher schon immer über die (trockene) Hitze in Madrid und Barcelona geklagt, so musste er hier in einer extrem feuchten Hitze leben. Er erzählte des Öfteren, dass er bei manchen Konzerten dreimal das Hemd wechseln musste, weil er total durchgeschwitzt war. Nein, Brasilien war ihm nicht zur Heimat geworden, er war nicht glücklich, er wollte weg von Südamerika, er wollte zumindest nach Nordamerika, aber eigentlich am liebsten wieder „nach Hause“, nach Europa. Im August 1949 gab er sein letztes Konzert mit dem O.S.B. (Heldenleben von Strauss), regelte dann alle Vertragsangelegenheiten mit der Sociedade und löste seinen Haushalt auf. Die Meldungen in der Presse, er gehe auf eine Euro-
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pa-Tournee, wirken in diesem Lichte unglaubwürdig – er hatte ganz offensichtlich nicht vor, zurückzukommen. Im Dezember 1949 verließen Szenkars Rio de Janeiro: „Ein seltsames und schönes Gefühl.“412
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VII Rückkehr nach Europa
Es war unterdessen Juli 1949 geworden und obwohl Szenkar noch nach Nordamerika schielte, hatte er doch in erster Linie Sehnsucht nach Europa. So sehr er sich als Kosmopolit gerierte, der er zwangsläufig geworden war, so sehr war er im Herzen und von seiner Prägung her Europäer, ja, von seiner Arbeitsmoral her möchte man fast sagen „typischer Deutscher“: Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Pünktlichkeit, Disziplin kennzeichneten seine Arbeitsweise – alles Dinge, die er in Mittel- und Südamerika vermisst hatte. So regelten Szenkars ihre Geschäfte in Rio, lösten ihren Haushalt auf, verkauften, was zu verkaufen war, und schifften sich am 6. Dezember 1949 auf der Conte Biancamano nach Cannes ein. Kurz vor Weihnachten nahmen sie in Paris Quartier, noch vor Neujahr kamen Musikagenten aus Frankfurt mit Angeboten für Konzerte und Operngastspiele. Man schloss für das erste Halbjahr Verträge unter anderem mit Brüssel (Orchestre de Philharmonie), Paris (Orchestre Pasdeloup), Antwerpen, Köln, Hamburg und Frankfurt ab. Im Januar betraten Szenkars erstmals wieder deutschen Boden. Die ersten Monate in Deutschland waren eine Zeit deprimierender und aufwühlender Erlebnisse, ebenso aber freudiger und rührender Wiederbegegnungen. Ihr erstes Ziel war natürlich Köln. Voller Erschütterung sahen sie die zerstörte Stadt (auch ihr Haus stand nicht mehr) und vor allem das zerstörte Opernhaus. Die Oper hatte ihre Zelte behelfsmäßig in der Aula der Universität aufgeschlagen. Vom Generalintendanten Herbert Maisch eingeladen, die Generalprobe zu Salome zu besuchen, schlich sich Szenkar unerkannt in den Zuschauerraum, wurde aber bald von Dr. Jacobs, der noch immer für die Kölnische Zeitung Musikkritiken schrieb, entdeckt – die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Maisch holte Szenkar an die Rampe und hielt eine kurze Ansprache. Vom Orchester wurde er mit standing ovations begrüßt – nicht nur ihm kamen die Tränen. Die Rührung schwang noch am Nachmittag in seiner Stimme mit, als er dem Interviewer vom Nordwestdeutschen Rundfunk sagte: Es war mir eine große Freude, im Orchester noch sehr viele Musiker wieder zu sehen, mit denen ich die Ehre und die Freude hatte, bis vor 17 Jahren zu musizieren.413
Erste Gastspiele
Seine Auftritte in Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland kamen einem Triumphzug gleich, überall Begeisterung und Dankbarkeit für seine Rückkehr –
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nahezu hymnische Artikel in den Zeitungen, wo immer er konzertierte. Er begann seine Tournee in Hamburg mit einem wahrhaft „fantastischen“ Programm: Händels Concerto grosso h-Moll op. 6 Nr. 12, das er, wie üblich, vom Flügel aus leitete, Mozarts Violinkonzert KV 216 mit Arthur Grumiaux als Solisten und schließlich Berlioz’ Symphonie fantastique. Die Kritiken sprachen von „Sonderformat am Pult“ und nahmen auch Bezug auf den aktuell-historischen Hintergrund: „Die stürmischen Ovationen, die dem Dirigenten am Schluß gebracht wurden, galten nicht nur dem Virtuosen des Taktstocks, der [...] keine noch so feine Schattierung ausließ, beinahe jeden einzelnen Musiker des Riesenorchesters mit Blick und Geste führte und dabei eine sprühende Musikbesessenheit von unerhörter Spannung entwickelte, [...] ob es endlich die vulkanische Phantastische Symphonie von Berlioz war, die beinahe dem genialen Franzosen kongenial zu neuem Leben erweckt wurde [...]: sie galten vor allem auch dem deutschen Musiker aus ungarischem Blut persönlich, der nach langen Jahren der Emigration nach Deutschland zurückgekehrt ist und damit symbolisch den tiefen Abgrund überbrückt hat, der durch die unselige Kulturzerrüttung uns heute noch anhängt.414
Hamburg brachte ihm das Wiedersehen mit seinem alten Freund aus Kölner Tagen Philipp Jarnach, unterdessen Direktor der Hamburger Musikhochschule, und mit Harry Hermann Spitz, seinem ehemaligen Solobratscher an der Großen Volksoper Berlin, der nun Leiter der Musikabteilung des NWDR in Hamburg war. In Köln dirigierte er bereits Anfang März eine Opernaufführung (Meistersinger) und im April zwei Gürzenichkonzerte. Dazwischen feierte er Erfolge in Paris, Brüssel und Antwerpen. Am 1. Mai leitete er die 50. Aufführung der Carmen in der Kölner Oper, im Mai Rosenkavalier in Hamburg und eine konzertante Aufführung des Rosenkavalier im Börsensaal in Frankfurt. Man las in den Hamburger Kritiken von einem „glut- und musikerfüllten Abend“, von „Musizieren von edelstem Schliff “, die Frankfurter Aufführung wurde zu einem einzigen Triumph: Fast auf den Tag, zwanzig Jahre nach seinem letzten hiesigen Auftreten, stand Eugen Szenkar wieder am Dirigentenpult der Frankfurter Oper. Damals leitete er zum 50jährigen Bestehen des Opernhauses eine Festaufführung des „Rosenkavalier“. Dank der Suggestivkraft seiner Persönlichkeit wurde auch die jetzt von ihm gestaltete „Rosenkavalier“-Aufführung zu einem Fest [...] Einen solchen Opernabend hat Frankfurt lange nicht mehr erlebt. Was hier unter den (merkwürdig schwierigen) Umständen erreicht wurde, grenzt an das Unglaubliche. Die im Repertoirebetrieb versandete Oper erstand in einer Aufführung, die einmal
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wieder Maßstäbe lieferte. Unter dem Taktstock Szenkars schienen Orchester und Ensemble wie durch Zauber verwandelt; latente Qualitäten wurden zu neuem Leben erweckt und das souveräne Können eines großen Theaterkapellmeisters ließ die sinnlichen Reize der Partitur in gleichsam durchleuchtetem Glanz erstrahlen.415 Obwohl der Gast sich nur in zwei knappen Proben mit dem Ensemble verständigen konnte, kam eine Aufführung zustande, die faszinierend von seiner erfahrenen und überlegenen Künstlerpersönlichkeit geprägt war. [...] Ein erstaunlich verändertes Klangbild ergab sich vor allem beim Städtischen Orchester, das mit einer lange nicht mehr gehörten tonlichen Pracht musizierte. [...] An dem fast demonstrativ begeisterten Beifall für Szenkar beteiligte sich auch das Orchester (!) einmütig.416
Rückkehr an ein deutsches Opernhaus
Nun, er durfte sich in Europa angekommen fühlen. Wie zu erwarten war, versuchten mehrere Opernhäuser, ihn zu gewinnen. Rennert in Hamburg hätte ihn gerne gehabt, Köln wollte ihn wieder verpflichten, Mannheim machte ihm ein Angebot, bald darauf auch Düsseldorf. Es überraschte dann aber doch alle sehr, dass er sich tatsächlich entschied, in Deutschland zu bleiben. Niemand konnte diesen Schritt verstehen, am allerwenigsten Hermine, die ihm dringend geraten hatte, „in Paris, London oder irgendwo“417 zu bleiben und von dort aus in Deutschland nur zu gastieren. Bei seinen amerikanischen Bekannten löste seine Entscheidung Befremden aus, Toscanini war nahezu erbost. Was waren seine Beweggründe? Wollte er seinem Jungen deutsche Schulbildung angedeihen lassen, wollte er „beeindruckt durch den starken deutschen Wiederaufbauwillen“, wie ein Journalist schrieb, das Seine zum Wiederaufbau des Kulturlebens beitragen oder hatte er schlicht Heimweh, Sehnsucht nach seinem früheren Leben? Es ist müßig, nach Gründen zu suchen, er selbst hat sich dazu nicht geäußert. Den Schlüsselsatz hat wohl Hermine in einem Gespräch 1986 gesagt: Er war nicht glücklich, wenn er Gastdirigent war. Ankommen, ein paar Proben und wieder weg – nein, er wollte wieder ein eigenes Institut haben. [...] Er wollte wieder ein Ensemble, er wollte wieder Herr in seinem Haus sein.418
Er war eben mit Leib und Seele Theaterkapellmeister und das Ensembletheater, das er sich vorstellte, gab es in dieser Form fast nur in Deutschland. Und in seiner Eigenwahrnehmung war er ein deutscher Opernkapellmeister. Aber trotzdem – hatte er alles vergessen, was er vor seiner Emigration erlebt hatte? Hatte sich sein Blick so verengt, dass er alle Anfeindungen, die er erlebt hatte, nur dem Nazismus zuschrieb und glaubte, das sei nun vorbei? Hatte er vergessen, dass er schon 1917
Generalmusikdirektor in Mannheim 1950–1952 |
in Altenburg mit Kreisen konfrontiert war, die keinen Ausländer an einem deutschen Dirigentenpult sehen wollten? Ließ er sich von dem glanzvollen, triumphalen Empfang blenden? Hatte er sich in Brasilien ein heiles Deutschlandbild zurechtgeträumt? Deutschland hatte sich nicht grundsätzlich verändert, man nahm ihn noch immer als Ausländer und als Juden wahr und – er war unterdessen noch mit weiteren Makeln behaftet: Er war ein „amerikanischer Dirigent“ geworden, was immer das bedeuten mag, er war sicher auch „Kommunist“, sonst hätte er ja nicht drei Jahre in Moskau gearbeitet, und er war ein Rückkehrer, der lange „draußen“ gewesen war und nun eine Stelle in einem klein gewordenen Deutschland beanspruchen wollte. Wie dem auch sei, er hatte entschieden, in Deutschland wieder ein Opernhaus zu führen. Erste Adresse wäre Hamburg gewesen, er stand sich aber bei den Verhandlungen selber im Wege. Abgeschreckt durch seine Erfahrungen in Köln, wollte er partout keinem Intendanten mehr unterstellt sein. Als ihn Günther Rennert aufforderte, nach Hamburg zu kommen, sagte Szenkar: „Aber nur als Operndirektor“. Worauf Rennert ihn fragte, welche Rolle er dann ihm zugedacht hätte?419 So scheiterte diese Berufung noch bevor überhaupt offizielle Verhandlungen aufgenommen wurden, obwohl die beiden Männer sich gut verstanden, im Urlaub viele Stunden gemeinsam verbrachten und sicher auch gut zusammengearbeitet hätten. Die leidige Kompetenzfrage bereitete auch bei anderen Verhandlungen immer wieder Probleme. In Köln, wo man ihn gerne wieder als Opernchef gehabt hätte, war gerade keine Vakanz, der Vertrag von GMD Richard Kraus lief noch bis 1952. Man gab Szenkar aber zu verstehen, dass diese Stelle quasi für ihn reserviert sei. Zunächst schloss man einen riesigen (30 Abende!) Gastspielvertrag für die Saison 1950/51 und trat noch während dieser Spielzeit in Verhandlungen mit ihm ein. Zur selben Zeit suchte die Stadt Mannheim für das Nationaltheater und die Musikakademie einen Nachfolger für Fritz Rieger, der nach München wechselte. Man hatte die Stelle Fritz Busch angeboten, dieser wollte aber nicht nach Deutschland zurückkehren (er starb 1951). So trat man an Eugen Szenkar heran und dieser bekundete ernsthaftes Interesse.
Generalmusikdirektor in Mannheim 1950–1952 Weshalb zog er Mannheim in Betracht, eine Stadt, die nicht gerade im Ruf eines Kulturzentrums stand? Nun, Mannheim hatte als Musikstadt einen großen Namen durch die „Mannheimer Schule“, einen Musikerkreis um Johann Stamitz, der im 18. Jahrhundert den Orchestersatz modernisiert hatte und Wegbereiter
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für die Wiener Klassik wurde. Mozart blieb einige Monate in Mannheim, um sich dort Anregungen zu holen. Berühmte Dirigenten prägten am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Musikleben Mannheims, von Felix Weingartner, Nikolaus von Reznicek über Wilhelm Furtwängler (um dessen Nachfolge sich Szenkar 1920 beworben hatte) und Erich Kleiber bis zu Richard Lert und Joseph Rosenstock. Von 1924 bis 1933, also genau in Szenkars Kölner Zeit, gehörte Mannheim unter den Intendanten Francesco Sioli und Herbert Maisch zu den innovativsten Opernhäusern Deutschlands. Man führte Wellesz, Toch, Janáček, Hindemith, Krenek und Alban Berg auf. Im Sängerensemble fanden sich illustre Namen: Margarete Klose, Margarethe Teschemacher, Gertrud Bindernagel, Erna Schlüter, Hans Bahling, Theo Herrmann und Siegfried Tappolet. Diese Mannheimer Oper war es offenbar, die Szenkar noch immer vor Augen hatte. Das Nationaltheater war im Krieg zerstört worden, man spielte in einem ehemaligen Kino, der Schauburg, von der später noch die Rede sein soll. Ende Mai 1950 stattete das Ehepaar Szenkar dem Oberbürgermeister von Mannheim, Dr. Heimerich, einen Besuch ab. Dieser hielt seine Eindrücke danach schriftlich fest. Szenkar sei eine höchst vitale, trotz seines Alters noch jung wirkende Persönlichkeit, musikbesessen, weitgereist, weltläufig, an große Erfolge gewöhnt. Seine Frau sei gewandt, liebenswürdig und, ebenso wie ihr Mann, von Format. Szenkar wisse um die beschränkten Verhältnisse; die Primitivität der derzeitigen Theaterräume sei für ihn kein Hinderungsgrund, hier zu arbeiten. Dr. Heimerich hatte durchaus den Eindruck, dass Szenkar sich um die Organisation des Opernbetriebes und um das Mannheimer Konzertleben insgesamt ernsthaft kümmern wolle. Er hatte allerdings Bedenken, dass er „eine Nummer zu groß“ für die Stadt sei.420a Bedenken gegen Szenkar als Generalmusikdirektor
Am Abend dieses Tages stellte sich Szenkar dem Mannheimer Publikum vor. Auf das Programm hatte er Werke von Bach bis Ravel gesetzt, mit denen er seine Art zu musizieren in ganzer Breite demonstrieren konnte. Neben seiner Bearbeitung von Bachs Toccata und Fuge d-Moll für Orchester brachte er die IV. Symphonie von Brahms, Strauss’ Don Juan und den Bolero von Ravel zu Gehör. Schon bei diesem Konzert schieden sich die Geister. Während er „die Begeisterung der Mannheimer auf den Siedepunkt trieb und Gegenstand geradezu triumphaler Huldigungen wurde“420b, erhoben die Puristen schwere Bedenken sowohl gegen seine Interpretationen als auch – und vor allem auch – gegen seine Bach-Bearbeitung. Lediglich Carl Onno Eisenbart, der erste Intendant des Nationaltheaters nach dem Kriege, der unterdessen wieder als Musikschriftsteller und -kritiker arbeitete, lobte die Bach-Transkription:
Generalmusikdirektor in Mannheim 1950–1952 |
Schon die sehr persönliche, auf ihre Art wirklich großartige Interpretation von Bachs bekannter d-moll-Toccata und Fuge [...] ging in der Entfesselung einer ungewohnt herben und strengen Klanglichkeit kühn bis an die Grenze des akustisch Erträglichen. Aber es war doch erstaunlich, wie scharf und klar unter den nachschöpferischen Händen Szenkars der ursprüngliche Orgelcharakter der Komposition in diesem farbigen weltlichen Glanz kompakter orchestraler Klangwucht erhalten blieb.421
Die „für deutsche Ohren reichlich überhitzt wirkende Interpretation“ der Brahms-Symphonie fand er zwar beeindruckend, „dennoch blieb ein Rest von Problematik“. Uneingeschränkt begeistert war er von Strauss und Ravel. Der Kritiker der Rhein-Neckar-Zeitung war „erschrocken“: Südamerika muß diesen außerordentlichen Mann doch sehr stark geprägt haben. Sein Temperament, sicherlich gefördert durch die lokalen Bedingungen, hat die Zügel, die die deutsche Tradition ihm angelegt haben mag, unter der fremden Sonne niedergerissen. Szenkar zeigt sich heute in einer Wildheit, die nicht zu überbieten ist. [...] Man wird zu aufrichtiger Bewunderung hingerissen, aber man zeigt sich auch erschrocken und besorgt. Bewundern muß man die phantastische Willenskraft Szenkars, die sich auf die Werke nicht weniger wirft als auf das Orchester und beide kühn und furios ummodelt, Feuerschneisen einsetzt und oft genug anerkannte Gemütswerte tödlich trifft. Bewundern, sehr bewundern muß man das allgemeine Ergebnis der Probenarbeit, gleichgültig ob man sich zu dem Bilde, das sich Szenkar von den einzelnen Werken macht, bekennt oder nicht. Sicher ist, dass Szenkar ein Dirigent ist, der sich durchsetzen kann wie wenige und der musikalisch das, was ihm vorschwebt, restlos verwirklicht. [...] Eine bedeutende, großdimensionierte Persönlichkeit, ohne Zweifel, und ein hervorragender Dirigent dazu. So kühne, so wuchtige, so umfassend zupackende Männer am Dirigentenpult sind selten. Trotzdem: es bleibt dieses Erschrockensein. Ein Orchesterleiter, der einem ihm zunächst noch fremden Orchester solche extravaganten Leistungen abzwingt, ist in jedem Falle ein Meister.422
Ein Beiratsmitglied der Musikalischen Akademie, das zum „geselligen Beisammensein“ nach dem Konzert geladen war, blieb dieser Einladung fern und begründete dies am nächsten Tag schriftlich mit seinen generellen Vorbehalten gegen Szenkar. Vor allem meldete er stärkste Bedenken gegen die Bach-Bearbeitung an. Insgesamt habe er die Interpretation aller Werke als effekthascherisch und „untief “ empfunden. Die Bach-Bearbeitung hatte anderwärts bereits für Verunsicherung und Kritik gesorgt. Im April hatte Szenkar sie in den Gürzenichkonzerten in Köln präsentiert. Dort setze man sich mehr oder weniger differenziert damit auseinander:
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[...] Szenkar denkt weniger in der spezifischen Sprache des modernen Orchesters als in den Vorstellungen des ursprünglichen Klangbildes, er hat regelrecht und wahrhaftig mit großem Geschick nach Orgelart registriert und mit der Mischung der Farben verblüffende Wirkungen erzielt. Dennoch ist das Ergebnis ein pseudoorchestrales Monstrum, kann gar nichts anderes sein.423 [...] eine Bach-Entstellung fragwürdigster Art424 Zu Beginn eines jeden Konzertes zeigte Szenkar Eigenbearbeitungen von Werken von Händel [...] und Bach [...]. War man sich einig über die eminent große Dirigierbegabung Szenkars für alle von ihm gewählten Werke, so gingen die Meinungen über seine Bearbeitungen weit auseinander, ja befremdeten sogar. Hätte Szenkar so bearbeitet, wenn er in Europa geblieben wäre? Wir bezweifeln es.425
Nun, man weiß es nicht – hätte er? Vielleicht eher nein. Klar ist indessen, dass Szenkar dieses Werk, das er in Rio geschaffen hatte, liebte: Er dirigierte es bis zum Ende seiner Karriere immer wieder, stellte es gern der Neunten von Beethoven voran. Natürlich war die Entstehung zunächst den örtlichen Gegebenheiten geschuldet: Er hatte das Publikum von Rio gelehrt, Bach zu lieben, sei es auch in Transkriptionen von Abert, Esser, Schönberg, Zandonai und anderen. Und so war seine eigene Bearbeitung fast zwangsläufig: Er liebte Bach (einer seiner großen Favoriten neben Mozart und Mahler) und er liebte die Orgel. Von klein auf mit diesem Instrurnent vertraut – sein Vater war ja Organist in Budapest, sein Bruder Mihály und er studierten das Fach „Orgel“ an der Franz-Liszt-Akademie – versuchte er in dieser Transkription, deren Klang mit Orchester wiederzugeben. Seine Orchesterfassung ist tatsächlich eine überraschend und faszinierend getreue Wiedergabe des Orgel-Klangbilds (ganz im Gegensatz zu den Transkriptionen Stokowskis, die eher dem Orchesterklang verpflichtet waren). In Deutschland indes waren solche Bearbeitungen verpönt, sie galten als „amerikanisch“. Der Makel des „amerikanischen Dirigenten“ begleitete ihn viele Jahre, allerdings nur in Deutschland. Noch 50 Jahre später charakterisierte man ihn in einem Buch über die Mannheimer Oper als [...] fraglos brillanten Mann, der das Orchester in kurzer Zeit auf jenen virtuos geschliffenen, pointierten Klang brachte, der jenseits des Atlantiks üblich war.426
Und über seinen Nachfolger, Herbert Albert, liest man:
Generalmusikdirektor in Mannheim 1950–1952 |
Nach Szenkars Parforce-Ritten brachte Albert wieder Wärme, Gelöstheit, den deutschen [Hervorhebung durch Autorin] Pulsschlag ins Spiel.427
Drei Tage nach dem Konzert dirigierte er die Walküre. Der Kritiker griff „eindrucksvolle“, „sorgsam geführte“, „wunderschöne“ Passagen heraus, aber auch „reichlich grobe, handfeste“, „Strapazierung des grellen Blechs [...] fast ins Maßlose“. So mischte sich an diesem an Spannungen reichen Opernabend Erhebendes mit Befremdlichem, doch bleibt der starke Eindruck, daß ein außerordentlicher Meister des Stabes das Steuer in der Hand hielt.428
Derselbe Kritiker wusste von ersten Kontakten der Stadt mit Szenkar, die aber „kaum Aussicht auf Erfüllung haben dürften, da sich eine Reihe finanzieller, personeller und organisatorischer Schwierigkeiten ergeben hätten“. Nun, die Schwierigkeiten wurden offenbar ausgeräumt, Szenkar unterzeichnete Ende Juni einen Zweijahresvertrag als Operndirektor und Generalmusikdirektor der Stadt Mannheim. Niemand vor ihm war mit einer solchen Machtfülle ausgestattet gewesen. Heimerich hatte zwar den leisen Eindruck, dass Szenkar in Mannheim nur „zwischenparken“ wolle und eigentlich Köln im Blick habe, zumal Hermine neben der Mannheimer auch eine Wohnung in Köln angemietet hatte, aber Hauptsache wäre, er brächte „die Sache in Schwung“. Die Stadt machte ein großes Geheimnis um den Vertrag mit Szenkar. Obwohl dieser schon am 29. Juni 1950 abgeschlossen worden war, konnte der Mannheimer Morgen noch am 7. Juli schreiben, dass für die Übernahme des Postens des musikalischen Oberleiters durch Szenkar „die besten Aussichten“ bestünden. Der Referent machte kein Hehl daraus, dass er einem möglichen Vertrag mit Szenkar äußerst kritisch gegenüberstehe: Es ist nichts darüber bekannt geworden, welche Zusicherung die Stadt Professor Szenkar in den unter völligem Ausschluß jeder Oeffentlichkeit gepflogenen Verhandlungen gemacht hat, doch muß bei dem internationalen Ruf dieses [...] Dirigenten damit gerechnet werden, daß er sich eine gewisse Freizügigkeit für den Abschluß von Gastspielen im In- und Ausland vorbehalten hat. [...] [Es] scheint der Ueberlegung wert, ob es dem Mannheimer Musikleben wirklich zuträglich ist, sich einen Dirigenten zu verschreiben, dessen Interessen nicht ungeteilt dem Mannheimer Orchester gehören.429
Gerade die unerfreulichen Diskussionen um die vielen auswärtigen Verpflichtungen Fritz Riegers hätten ja zu dessen Weggang geführt.
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Man sollte sich ernstlich überlegen, ehe es zu spät ist, ob man sich nicht wieder in eine gleiche Situation begibt, wenn man mit Professor Szenkar abschließt.430
Am nächsten Tag legt die Presse unter der Schlagzeile „Und nun: Der zweite Mann“ nach: So allmählich sickert mehr von dem durch, wie man sich in Mannheim bei den dafür verantwortlichen Stellen die Neubesetzung des Postens der musikalischen Vorstände des Nationaltheaters denkt. Danach rechnet man durchaus mit der Möglichkeit, daß Professor Szenkar häufig von Mannheim abwesend sein wird, um seinen auswärtigen Gastverpflichtungen nachzukommen, doch will man, um seine Abwesenheit nicht so fühlbar werden zu lassen, „einen starken zweiten Mann“ engagieren, der ihn würdig vertreten soll. [...] Der „Morgen“ hat ja immer die Ansicht vertreten, daß die Stelle des Mannheimer Chefdirigenten mit einer überragenden Persönlichkeit besetzt werden muß [...], jetzt aber ist man im Begriff, sich auf ein gefährliches Experiment einzulassen, indem man zwar die Forderung nach einer Persönlichkeit zu erfüllen bereit ist, sich aber ihrer nicht soweit versichert hat, daß der künstlerische Aufstieg gewährleistet ist. Wir brauchen in Mannheim einen Chefdirigenten, der ausschließlich für Mannheim da ist.431
Und als endlich die Verpflichtung Szenkars bekannt gegeben worden war: Wie wir befürchtet haben, hat der neue musikalische Oberleiter „gewisse Bedingungen“ gestellt, zu denen drei Monate jährlichen Urlaubs für auswärtige Gastspiele gehören. Der Vertrag, der ihm diesen Urlaub zubilligt, ist bereits unterschrieben.432
Über seine Entscheidung für Mannheim schrieb Szenkar später: Noch heute ist es mit ein Rätsel, wieso ich mich [...] breitschlagen ließ! Ich glaube, es war eine mehr sentimentale Entscheidung von mir, ich sah ringsherum, wie alles zerstört war, wie arm man gezwungen war, von neuem anzufangen und ich bildete mir ein, bei dieser Aufbauarbeit mithelfen zu müssen. So entschloss ich mich, für kurze Zeit anzunehmen. Trotzdem, glücklich war ich bei meiner Bereitschaft nicht, denn es war mit klar, dass ich keine leichte Mission übernommen habe!433
Ob er sich die Sache nicht doch noch einmal überlegt hätte, hätte er die Haltung der Presse (und sicher auch mancher Verantwortlicher im Musikleben) gekannt? Er soll jedenfalls sehr gekränkt gewesen sein, dass man seine Berufung nicht einhellig begrüßte.
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Aufbau von Ensemble und Repertoire
Nun, so halbherzig er „die Mission übernommen“ hatte, so beherzt ging er sie an. Das Sängerensemble war nicht sehr hochklassig. Er begann sofort damit, sich um den Aufbau seines Ensembles für die nächste Spielzeit zu kümmern. Für die laufende Spielzeit konnte er Helge Rosvaenge, Peter Anders und Wolfgang Windgassen als Gäste verpflichten. Er holte für seine Neuproduktionen renommierte Regisseure, da der Oper ein eigener Regisseur fehlte. Bei der Stadtverwaltung erreichte er, dass der Orchestergraben in der Schauburg vergrößert wurde, sodass auch für ein verstärktes Orchester ausreichend Platz vorhanden war. Auf dieser Basis brachte er in der ersten Spielzeit sechs (!) Neuinszenierungen und eine Erstaufführung heraus. Nach der Vorstellung seines Programms ließen sich in der Presse zwischen den Zeilen bereits leise kritische Untertöne vernehmen, da man sich mehr Zeitgenössisches gewünscht hätte. Allerdings erkannte man an, dass er zunächst einmal in die krisenhafte Situation des Nationaltheaters Ruhe bringen und ein sicheres stehendes Repertoire erarbeiten wollte. Er hatte immerhin Prokofjews Liebe zu den drei Orangen und Menottis Konsul versprochen. Für die acht Akademiekonzerte legte er ein ambitioniertes Konzertprogramm vor, das alle Epochen abdeckte von Bach über Händel, Beethoven, Schumann, Berlioz, Tschaikowski, Bruckner, Mahler (natürlich die III. Symphonie!), Strauss bis hin zu Ravel, Bartók und Strawinsky. Aber auch hier schrieb die Presse, dass man wohl „gewisse Konzessionen an den Publikumsgeschmack“ hinnehmen müsse. Die Spielzeit begann unter dem Eindruck des Selbstmordes des bisherigen Intendanten: Richard Payer hatte nach monatelangen Querelen mit dem Ensemble, die schließlich in einem offenen Aufstand gegen ihn mündeten, im August sein Rücktrittsgesuch eingereicht und sich im September, einen Tag vor Beginn der Spielzeit, aus dem Fenster gestürzt. Da auf die Schnelle kein Intendant berufen werden konnte, bildete man ein Dreimännerkonsortium aus dem Verwaltungsdirektor, dem neuen Schauspieldirektor Paul Riedy und dem neuen Operndirektor Szenkar. Das kam Szenkar keinesfalls ungelegen, hatte er doch schon in seinem ersten Gespräch mit dem Bürgermeister argumentiert, mit einem solchen Triumvirat könne man den Intendantenposten locker einsparen. Die Intendantenfrage sollte auch bald zu einer der nicht wenigen Krisen zwischen Szenkar und der Stadt führen, wobei Szenkar immer sofort mit Demission drohte. Diesen Zug kennt man an ihm, er hat ja des Öfteren „seinen Hut genommen“, wenn er seine künstlerischen Ziele in Gefahr sah. Neu war allerdings, dass es ihm nicht mehr nur um die Wahrung seiner künstlerischen Verantwortung, sondern auch um die Verteidigung seines Renommees ging, wobei er eine außerordentliche Dünnhäutigkeit an den Tag legte.
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Aber gehen wir chronologisch vor. Szenkar eröffnete die Opernspielzeit mit Die Meistersinger von Nürnberg. Wie man sich die Meistersinger in der Schauburg vorzustellen hat, schilderte der Rezensent für den Düsseldorfer Mittag sehr anschaulich: Auf der kleinen Behelfs-Kinobühne, die keine Auftrittsmöglichkeit von hinten besitzt, bei der die Volks-„Massen“ im Gänsemarsch aus der schmalen Proszeniumstür über die Vorbühne wandern und bei der man noch die vordersten Logen miteinbeziehen mußte, ist nun einmal keine glaubhafte Festwiese möglich. In der Prügelszene stand der Chor brav im Halbkreis umher und nur das Temperament Szenkars hat dann die sechzehnstimmige Fuge noch lebendig gemacht.434
Die Mannheimer Kritiken waren enthusiastisch, der Einstand war perfekt gelungen. In rascher Folge kamen Inszenierungen von Figaros Hochzeit und Rosenkavalier heraus, beide im Oktober 1950. Mit dem Rosenkavalier stellte Szenkar zwei Gäste vor, die er für die nächste Spielzeit gewinnen wollte (was ihm auch gelang), den Regisseur Joachim Klaiber, der sich später einen großen Namen durch seinen Einsatz für die zeitgenössische Oper machte, und als Oktavian die Mezzosopranistin Natalie Hinsch-Gröndahl, die als großartige Darstellerin gerühmt wurde. Interessant ist der Tenor der Kritiken: In zunehmendem Maße wird die überzeugende Künstlerpersönlichkeit Szenkars in den Fokus gerückt, auch wenn die Kritiker seine Auffassung nicht teilen können. Ebenso muß man Szenkar bestätigen, daß ihm, bei den entsprechenden Stellen, eine der seltensten und geschätztesten Synthesen gelingt: die Synthese von Vitalität und Feinheit. In schlechthin allen Fällen aber trägt das, was Szenkar macht, die Zeichen einer großen Dirigentenmeisterschaft. Auch dort, wo sich auf andere, ebenso gültige oder sicherlich gültigere Interpretationsübungen verweisen läßt, wird man diese Dirigier-Meisterschaft vorbehaltlos anerkennen. [Zu: Figaros Hochzeit]435
Gastspiel in Pittsburgh
Mitte November begab er sich nach Amerika für eine Konzertserie in Pittsburgh. Das Pittsburgh Symphony Orchestra war von Otto Klemperer (1936–38) und Fritz Reiner (1938–48) zu einem Spitzenorchester erzogen worden und hatte zu jener Zeit keinen ständigen Leiter. Szenkar liebäugelte noch immer (oder schon wieder?) mit einem Posten in Nordamerika. An zwei Abenden riss er Publikum und Presse zu Begeisterungsstürmen hin. Am ersten Abend dirigierte er seine Bach-Bearbeitung, die in Amerika natürlich ganz anders ankam als in Deutsch-
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land („an exquisitely wrought work“), sowie die I. Symphonie und das Violinkonzert von Brahms mit Isaac Stern als Solisten. Wegen verheerender Wetterverhältnisse war der Saal nicht ganz gefüllt, und der Rezensent empfahl: I cannot urge too strongly, walking, if necessary, to the repeat performance tomorrow afternoon at Syria Mosque. Only rarely does a concert-goer have the opportunity to hear a program complete in nearly every detail of performance as well as conception.436
Der zweite Abend brachte ein typisches Tourneeprogramm mit Händel, Beethoven (V. Symphonie), Debussy, Strauss und Wagner. Die Kritik hatte Szenkar bereits nach dem ersten Auftreten lieb gewonnen und befand: We learned from the Pittsburgh Symphony Orchestra’s concert last night in Syria Mosque that Eugene Szenkar’s tenure of directorship is far too short. [...] When we think again of permanent directors for the orchestra, would not this fine musician be a likely candidate?437
Diesen Gedanken hatten nicht nur die Kritiker. Die Orchester-Administration hatte mit Szenkar verhandelt und dessen Manager war bereits aus New York angeflogen mit dem fertig formulierten Vertrag, der am kommenden Tag unterschrieben werden sollte. Groß waren Erstaunen und Frust, als man ihm am nächsten Tag eröffnete, man habe den Vertrag an diesem Vormittag mit Herrn Steinberg abgeschlossen, ausgerechnet Steinberg, der schon in Köln Unterschriften für die Rückkehr Klemperers und damit gegen Szenkar gesammelt hatte.438 Frust ist ein viel zu schwacher Ausdruck für das, was er in diesen Tagen empfand. Bei diesem ersten Aufenthalt in den USA nach seiner Rückkehr nach Europa war ihm sicher deutlich bewusst geworden, dass er sich mit seinem Engagement in und für Deutschland in eine totale Sackgasse begeben hatte: Während seines Aufenthalts in Pittsburgh wurde ihm aus New York angetragen, an der Met die Erstaufführung der Fledermaus in englischer Version aus der Taufe zu heben, ferner in New York die Matthäus-Passion und einige NBC-Konzerte zu dirigieren. Er musste alle diese Einladungen ablehnen, da sie seine Rückkehr nach Mannheim bis in den Februar hinein verzögert hätten, was ihm sein Vertrag nicht gestattete. Er musste die Fledermaus anstatt an der Metropolitan Opera in New York zu Silvester in seinem Kino in Mannheim dirigieren. War ihm hier schon klar, dass er mit seinem Traum vom „eigenen Institut“ seine internationale Karriere aufs Spiel setzte? Unstimmigkeiten mit der Verwaltung
Während seiner sechswöchigen Abwesenheit begann es in Mannheim hinter den Kulissen zu rumoren. Im Januar 1951 wurden Briefe zwischen Verwaltung und
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Oberbürgermeister gewechselt, in denen gefordert wurde, Szenkar müsse häufiger am Pult stehen. Aufführungen, die nicht von ihm dirigiert würden, seien schlechter besucht und brächten damit zu geringe Einkünfte. Das Publikum wolle offensichtlich Szenkar hören. Es bestehe auch die Gefahr, dass das Opernabonnement Einbußen erleide, da die Leute offenbar anstelle eines Abonnements lieber Einzelkarten gezielt für die Szenkar-Abende kauften. Der Sturm im Wasserglas legte sich, da man dem OB mitteilte, Szenkar habe zwar in acht Wochen nur an 14 Abenden dirigiert, aber immerhin drei Neuinszenierungen herausgebracht. Den nächsten Sturm entfachte Szenkar selbst. Als nämlich in der Presse bekannt gemacht wurde, dass der neue Intendant, den die Stadt berufen wolle, ein Opernfachmann und nicht etwa ein Verwaltungsmann sei, sah er sich in seiner bisherigen Tätigkeit als Operndirektor desavouiert und schrieb an den OB: Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister: Wie ich befürchtet hatte, ist die Reaktion auf die ersten Verlautbarungen in der Intendantenfrage bereits da: Kommentare über die Wahl eines Opernfachmannes und nicht die eines Verwaltungsmannes kursieren, die mein Ansehen schädigen. Ich habe in dieser leidigen Angelegenheit weitgehendst und selbst gegen meine Ueberzeugung meinen guten Willen bewiesen, muss aber andrerseits meinen Namen verteidigen. Nach reiflicher Überlegung muss ich Sie heute dringend bitten, die Angelegenheit noch einmal eingehend zu prüfen, ob nicht die Möglichkeit besteht, die Intendantenfrage für ein Jahr zurückzustellen. Wenn Sie diese Lösung nicht mehr für durchführbar halten, so ersuche ich Sie, mich von meinem Vertrag mit Ablauf dieser Spielzeit entbinden zu wollen. Ich habe in der letzten Zeit im Zusammenhang mit dieser Sache schon so viel Aerger gehabt, dass ich heute nur noch den einen Wunsch habe, wieder meine, für meinen Beruf nötige Ruhe wieder zu bekommen. Mit freundlichen Grüßen Ihr sehr ergebener439
Der Bürgermeister musste seinen „empfindlichen Star“, wie schon öfter, beruhigen. Er bat ihn, sich doch nicht vom „Geschwätz des einen oder anderen Journalisten“ stören zu lassen. Er habe durch sein Wirken in Mannheim eine Position gewonnen, die absolut unanfechtbar sei und deren Bedeutung auch durch die Berufung eines Intendanten nicht geschmälert würde. Sie haben den ganzen Stadtrat und alle Bevölkerungskreise hinter sich, die überhaupt für Oper und Musik zu gewinnen sind. Im Theater selbst folgen Ihnen Ihre Musiker und Sänger begeistert.440
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Seine Musiker folgten ihm tatsächlich begeistert. Sobald das Orchester von Szenkars Rücktrittsgesuch erfuhr, appellierte der Vorstand an Heimerich: Lassen Sie bitte nichts unversucht um Prof. Szenkar in Mannheim zu halten selbst auf die Möglichkeit hin, die Intendantenfrage noch einige Zeit zu verschieben. Einen besseren Kenner der Oper dürfte es z. Zt. in Deutschland nicht geben. Dies ist unsere aufrichtige Überzeugung.441
Die Musiker schätzten ihn nicht nur als Dirigenten („in hohem Maße beeindruckend“, „großer Könner“, „alter Hase“), sondern vor allem als Menschen, der immer sehr ehrlich war, nie „hintenrum“ und immer sagte, „was er für richtig hielt“.442 Dass sich Szenkar so vehement gegen die Berufung von Schüler wehrte, hat keineswegs mit dessen Person zu tun. Im Gegenteil, eigentlich lagen sie auf derselben Linie, Schüler war in Oper und Theater ein leidenschaftlicher Verfechter des Ensembletheaters, der sich gegen den Trend, Stars zu verpflichten, verwahrte. Nein, es ging bei Szenkar um die alte Angst, in seinen Befugnissen beschnitten zu werden. In einer Aussprache konnten die beiden Einvernehmen erzielen und Szenkar blieb. Im Februar stand die Neuinszenierung der Carmen auf dem Programm. Als Carmen trat wieder Natalie Hinsch-Gröndahl auf, den José sang Heinz Sauerbaum, den Szenkar für die nächste Spielzeit verpflichten konnte. Endlich hatte er auch den passenden Tenor für die Zwischenfachpartien für sein neues Ensemble. Sauerbaum blieb für Jahre der absolute Liebling der Mannheimer Opernbesucher. Der Triumphzug setzte sich fort mit der Neuinszenierung von Tristan und Isolde im April. Aus der Fülle lobender, teils enthusiastischer Kritiken, sei diejenige hervorgehoben, die wiederum zwei wichtige Charakteristika seiner Interpretation anspricht: seine differenzierte Durchdringung der Partitur und seine Vorliebe für harsche Blechklänge: Szenkar, der keinem Takt gleichgültig gegenübersteht, hat die Tristan-Partitur nicht nur in dem strahlenden Wohllaut aufgehen lassen, der für bestimmte Partien des Werkes charakteristisch ist, sondern er hat auch bei den abseitigeren Stellen des Werkes den königlichen Reichtum an Neben- und Gegenstimmen so diffizil schattiert hervorgehoben, daß man mitunter Mühe hatte, über diesem herrlichen Leuchten der Details die großen Linie nicht zu vergessen. [...] Die Ouvertüre hat Szenkar wundervoll entwickelt, lediglich das Blech, das den Gipfel dieser unvergleichlichen Ouvertüre markiert, hat wie ein Riß gewirkt; hier war das Maß gesprengt, der organische Zusammenhang und Zusammenhalt gingen für Augenblicke verloren.443
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Er hatte zu Dienstantritt versprochen, ein stehendes Opernrepertoire aufzubauen. Er war nun schon ein ziemliches Stück Weges gegangen und konnte es sich leisten, seine geliebte Liebe zu den drei Orangen von Prokofjew einzustudieren, die in Mannheim unbekannt war. Der Erfolg war durchschlagend: 15 Vorhänge hat ein Kritiker mitgezählt, „was dann kam, nicht mehr“. Wie Szenkar die [...] feinen und feinsten Stellen delikat servierte, erfreute den Musiker noch mehr als die impulsive Vehemenz der massierten Höhepunkte.444
Seelmann-Eggebrecht schrieb für die Neue Zeitung, der bekannte Marsch habe ein [...] geradezu völlig neues Stückchen Szenkarscher Entfesselungskünste gemacht, das man so leicht nicht vergißt.445
Über die letzte Neuinszenierung der Saison, Ein Maskenball von Giuseppe Verdi, sei nur gesagt, dass es über 30 Vorhänge gab. Carl Onno Eisenbart stellte fest: Das Mannheimer Nationaltheater ist – was die Oper betrifft – auf dem besten Wege, seine einstige hohe Geltung unter den deutschen Musikbühnen wieder zurückzuerobern.446
Das erste Mal hörte man Szenkars beste Verpflichtung, den Bariton Willi Wolff, den er für die nächste Spielzeit aus Zürich holte. Er blieb Mannheim allerdings nur eine Saison erhalten, nach Szenkars Weggang folgte er einem Ruf nach Frankfurt. Akademiekonzerte
Während die Opernaufführungen nahezu ungeteilten Beifall bei Presse und Publikum und weit über Mannheim hinaus Beachtung fanden, wurden die Akademiekonzerte sehr unterschiedlich aufgenommen. Szenkars Interpretationen sinfonischer Musik polarisierten die Zuhörerschaft. Das erste Akademiekonzert war Beethoven gewidmet. Die Rezensionen gingen von leiser Kritik bis zu offener Ablehnung. An den Beginn seiner Mannheimer Tätigkeit hatte Generalmusikdirektor Professor Eugen Szenkar ein Beethoven-Konzert gestellt, an dem schon die Größe wie die Grenzen seines Könnens erkennbar wurden. Er ist ein Dirigent von ungeheurer Vitalität und Faszination, der wirklich das Letzte aus dem Orchester herausholt. Im Zuschauerraum konnte man mehrfach die Definition „amerikanisch“ für seinen Dirigierstil hören; seine keiner Steigerung mehr möglichen Klangballungen, die ausladenden Fortissimi, seine Herausarbeitung
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der Füllstimmen und die fast brutale Forcierung der Blechbläser sind wohl Effekte, die er aus Amerika mitgebracht hat. Man mag in manchen Fragen der Interpretation anderer Meinung sein als er, doch die ehrfurchtslose Unbedingtheit der eigenen Person, mit der Szenkar an die Werke herangeht, der radikale Bruch mit aller Tradition des mitunter recht behäbig gewordenen Mannheimer Konzertlebens – das läßt aufhorchen und da gehen auch Orchester wie Publikum mit. [...] Die Mannheimer waren tatsächlich enthusiasmiert und bereiteten Szenkar Ovationen, die fast kein Ende zu nehmen schienen.447 Schon sein Antrittskonzert vor einigen Monaten zeigte eine fast magische Kraft der Willensübertragung auf das Orchester, leider jedoch auch eine Vorliebe für das Monumentale, Effektvolle und Laute. Dies mag bei Ravel und Richard Strauß angehen, wenn aber, wie im ersten Akademiekonzert des neuen Konzertjahres, Beethoven „monumentalisiert“ wird, gilt es, den Dirigenten in die Schranken zu weisen. Die abgerissenen, schneidenden Töne der Blechbläser, die stets zu höchster Lautstärke angetrieben wurden, waren Symbol für die Veräußerlichung einer Kunst, die nur im Zentrum von Geist, Seele und Gefühl voll zu wirken vermag. Es wäre zu bedauern, wenn der Aufenthalt des Dirigenten in Amerika zu dieser „unbeethovenschen“ Auffassung beigetragen hätte.448
Das zweite Akademiekonzert mit Händel, Dvořák (Violinkonzert mit Janine Andrade) und Berlioz’ Symphonie fantastique wurde begeistert aufgenommen. In der Kritik wurde hervorgehoben, dass Szenkar auch das Violinkonzert auswendig dirigierte: Ein seltener Fall, daß sich ein Dirigent bei einem Solistenkonzert diese Mühe macht. Der Erfolg blieb nicht aus; die erlesene orchestrale Behandlung fiel von der ersten Note an auf.449
Seine unnachahmliche Kunst des Begleitens wird auch in der Folge immer wieder angesprochen. So las man etwa zum Tschaikowski-Violinkonzert (mit Tibor Varga): Man muß schon sagen, daß die Aufführung solcher Solistenkonzerte dank der großartigen Arbeit, die Szenkar dabei leistet, weit und breit vergleichslos sind.450
Nach der Aufführung von Beethovens drittem Klavierkonzert (mit Magda Tagliaferro) holte der Kritiker aus: Damit, daß Szenkar jedem Werke, das er in seine Programme aufnimmt, die gleiche Hingabe widmet und sich jeder Bevorzugung der Parade-Symphonie des Abends entschlägt, gibt er ein schönes und für sein eigenes Arbeiten sehr bezeichnendes Beispiel. Die minutiöse
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Partiturkenntnis wirkt sich selbstverständlich dort besonders frappierend aus, wo die meisten Dirigenten weniger gut gerüstet ans Pult kommen. Das braucht gar nicht immer nur bei den seltener gespielten Werken der Fall zu sein, auch die Begleitung von recht bekannten Solistenkonzerten kann das Terrain solcher besonders auffallender Szenkar-Erfolge sein. So führte auch jetzt die reine, subtile, mit einer Fülle feiner Akzente versehene Begleitung des Beethoven-Klavierkonzertes mit zu den schönsten Eindrücken des Abends.451
In den folgenden Akademiekonzerten hatte er Bach, Tschaikowski, Brahms, Schumann, Bruckner, Ravel, Strauss, Strawinsky und Bartók im Programm. Wurde einerseits seine subtile klangliche Delikatesse hervorgehoben, so meldeten die Rezensenten doch immer wieder harsche Kritik an den „überdimensionalen Klanggewittern“ an. Im achten Konzert schließlich feierte er mit seinem Lieblingskind, der III. Symphonie von Mahler, seinen 60. Geburtstag. Als Solistin hatte er die großartige Marion Matthäus engagiert. Das Werk selbst wurde kritisch gesehen, die Interpretation jedoch einhellig gelobt Dieses Konzert wurde zu einem der gewaltigsten Ereignisse im Musiksaal, die Mannheim in den letzten Jahren überhaupt erlebt hat. Und zwar nicht so sehr wegen des Werks an sich, als wegen dessen Wiedergabe. Der Referent erinnert sich noch ungemein lebendig an eine Aufführung von Mahlers dritter Symphonie unter Bruno Walter. Szenkars Interpretation stand der berühmten Walterschen aber auch in keinem Deut nach. Sie war so authentisch und so echt, als ob sie Mahler selbst dirigiert hätte.452
Seine Bach-Bearbeitung hingegen, mit der er das Konzert eröffnet hatte, fand wieder wenig Gegenliebe. Latenter Antisemitismus?
Egal, was die Kritik zu bemängeln hatte, nach jedem Konzert ist von enthusiastischem Beifall der begeisterten Zuhörer zu lesen. Das verwundert nicht, ist ja ein Zuhörer, anders als der Kritiker, keinesfalls gezwungen, in ein Konzert zu gehen, dessen Dirigent ihm nicht zusagt. Umso überraschender war ein Leserbrief einer Ruth G., der Ende Mai im Mannheimer Morgen erschien. Titel und Untertitel: „Gedanken über die Akademie-Konzerte in Mannheim. Nicht von einem Kritiker, sondern aus dem Publikum (Rang, 9. Reihe)“. Vom Duktus und der Ausdrucksweise her war sofort zu vermuten/erkennen, dass es sich nicht um Auslassungen einer Frau G., sondern um das Saison-Resümee eines Musikkritikers handelte – das nun leider zum Teil sehr ins Persönliche zielte:
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Hat der Dirigent sehr viel Paprika im Blut, so würzt er damit jedes Konzert, ob es sich nun um Bach, Beethoven, Schumann, Berlioz oder Ravel handelt. Dies ist jedoch der Diktatur zu viel. Höre ich das Finale der VIII. von Beethoven unter Furtwängler oder Karajan, so wird es unter letzterem eine Temposteigerung erfahren, die mich trotzdem noch einen Beethoven empfinden lässt. Wird aber ein romantischer Schumann „glasklar“ [...] dargeboten, so ist es eben kein Schumann mehr. [...] Ein sprühendes Temperament verträgt sich ausgezeichnet mit Ravel [...] oder mit Weinberger [...]. Doch von Brahms rückwärts ist es aus mit der Echtheit der Wiedergabe, wenn man diese Werke zu persönlich auffaßt. [...] Nur temperamentvoll dargeboten schreckt man beim ersten Ton auf und wird um die Steigerung betrogen. Auch der simpelste Hörer bekommt mit der Zeit ein feines Gehör für solche Unterschiede.453
Nun, da war es wieder, wenn auch etwas verklausuliert, das Phänomen: das Erfassen und Erfüllen der „deutschen Musik“, das nur deutschen Dirigenten gegeben ist. Szenkar reagierte prompt und vehement – noch am selben Tag bat er den Oberbürgermeister um Entbindung von seinem Vertrag zum Spielzeitende, da er fest überzeugt war, dass es sich bei diesem „Leserbrief “ um eine Generalabrechnung eines Kritikers aus rechten Kreisen handelte. Es entwickelte sich hektische Geschäftigkeit nach mehreren Seiten, der OB setzte sich mit dem Herausgeber des Mannheimer Morgen in Verbindung, damit er am nächsten Tag Raum für einen Gegendarstellung gebe, auf die Schnelle wurde eine Person gesucht, die eine solche verfassen könne. Richard Laugs, seit 1945 Kapellmeister am Nationaltheater und ab 1951 Direktor der Staatlichen Hochschule für Musik, erklärte sich sofort bereit, bis zum Abend einen Artikel zu schreiben, obwohl er gerade durch die Vorbereitungen zur Eröffnung der Hochschule stark beansprucht war. Die Stadtverwaltung entschied, dass der Artikel nicht unter seinem Namen, sondern wiederum als Leserzuschrift erscheinen sollte. Der Leserbrief des Herrn Helmuth W. erschien am nächsten Tag unter dem Titel: „Andere Gedanken über die Akademiekonzerte in Mannheim. Auch nicht von einem Kritiker.“ Er setzte sich zunächst grundsätzlich sehr temperamentvoll mit der Veröffentlichung privater Kunstkritik auseinander und führte dann aus: Wer darf in der Kunst sich den Hochmut anmaßen, zu entscheiden, was richtig und falsch ist? Es liegt keine Aeußerung von Beethoven oder Bach über heutige Aufführungen seiner Werke vor. Wer weiß, was sich Schumann bei gewissen Stellen seiner 4. Symphonie tatsächlich gedacht hat? [...] Genau wie es nicht angeht, eine bewunderungswürdige und nahezu ehrwürdige Künstlerpersönlichkeit, wie den Dirigenten unserer Akademiekonzerte mit Ausdrücken wie: „viel Paprika im Blut – Gedächtnisphänomen – sprühendes Temperament“ zu definieren und mit der Feststellung seiner besonderen Eignung für bestimmte Virtuosenstücke festzulegen. Eine solche Kritik deutet wahrlich auf eine bewundernswert hohe Meinung von der
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Sicherheit des eigenen Urteils. [...] Es gibt sehr viele musikalische Menschen in Mannheim und ich wage zu sagen, daß es die überwiegende Mehrzahl der Konzertbesucher ist, welche die Größe und Einmaligkeit der Persönlichkeit unseres Generalmusikdirektors zu lieben und zu schätzen wissen. Es gibt verschiedene Auffassungen der Meisterwerke. Es gibt Künstler und Hörer, die je nach ihrer innersten Seelenlage eine mehr subjektive oder mehr objektive Art der Werkdarstellung bejahen. Jeder mag das für sich entscheiden.454
Unterdessen hatten auch die Mitglieder des Orchesters einen empörten Brief an den Herausgeber geschrieben: [...] empört über den in Ihrer Zeitung erschienenen Artikel einer angeblichen Abonnentin unserer Akademiekonzerte; empört darüber, daß eine Zeitung von Format ein derartiges Pamphlet in ihre Spalten aufnimmt. [...] Wir sind zu sehr mit dem Mannheimer Kulturleben vertraut, als daß wir die Ursachen und die Absichten [Hervorhebung durch Autorin] besagten Artikels nicht zu deuten wüssten.455
Szenkar mag über den Artikel von Laugs eine gewisse Genugtuung empfunden haben, doch war der Fall für ihn nicht ausgestanden. Er führte in einem Brief an den Oberbürgermeister noch einmal ausführlich aus, weshalb er die Angelegenheit nicht einfach ad acta legen könne: Es sind dies richtige Nazi-Methoden: ich hatte diese in den 30er Jahren, vor Hitler, zusammen mit meinen betroffenen Kollegen, die sicher nicht die schlechtesten Kapellmeister waren, sattsam kennengelernt. In den vergangenen Jahren der Emigration habe ich als unverbesserlicher Idealist versucht, dies alles wieder zu vergessen. In dem Glauben, daß es mit diesen Dingen in Deutschland endgültig vorbei wäre, bin ich wieder zurückgekommen. Es scheint, ich sollte mich bitter getäuscht haben. Keinesfalls bin ich aber gewillt, Ähnliches noch einmal über mich ergehen zu lassen. Wenn ein Dirigent nicht Bach, Beethoven, Schumann, Brahms dirigieren kann – das haben wir damals von den Nazis zu hören bekommen – so ist wirklich kein Platz für ihn in Deutschland. Ich bin den Herren vom „Mannheimer Morgen“ aufrichtig dankbar, daß sie mir auf diese Weise die Augen noch rechtzeitig geöffnet haben.456
Es gibt durchaus Indizien, dass seine Bedenken nicht aus der Luft gegriffen waren. So schrieb der Kulturreferent Dr. Andritzky in einem Brief an den OB den äußerst aufschlussreichen Satz: Prof. Szenkar ist über den Artikel deshalb so entsetzt, weil er – vielleicht nicht zu Unrecht – [Hervorhebung durch Autorin] der Überzeugung ist, daß dahinter eine Clique von Leuten steht, die ihn aus Mannheim wegekeln wollen, weil der Halbjude ist.457
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Die deutsche Bevölkerung war ja nicht über Nacht komplett ausgetauscht worden. Eugen Bodart, der während des Krieges GMD in Mannheim gewesen war, hatte sich 1950 für die Nachfolge von Rieger beworben, war aber nicht zum Zuge gekommen. Als man ihn später einmal fragte, warum er sich dann nicht wenigstens um die Position des 1. Kapellmeisters beworben habe, erwiderte er, „daß seine politischen Freunde es ihm verdacht haben würden, wenn er mit dem jüdischen Prof. Szenkar zusammengearbeitet hätte.“ 458 Die Wogen glätteten sich nach einem klärenden Gespräch zwischen dem Herausgeber der Zeitung und Szenkar und man ging zunächst einmal in die Theaterferien. Die Angelegenheit war jedoch sicher nicht geeignet, Szenkar für eine Verlängerung seines Vertrages zu motivieren. Und er kündigte an, „seine Augen offen zu halten“. Gastvertrag in Köln
Außer den Mannheimer Verpflichtungen hatte Szenkar in der Saison 1950/51 noch 30 Gastabende an der Kölner Oper zu absolvieren. Dass so ein monströser Gastvertrag zu Reibereien mit dem amtierenden Generalmusikdirektor Richard Kraus führen musste, ist nahezu zwangsläufig. Kraus hatte dem Vertrag mit Szenkar zugestimmt, da er ihn als eine Art von Wiedergutmachung für angebracht hielt. In der Praxis aber wurde die Situation für ihn quälend. Er empfand den Vertrag mit Szenkar nicht als den eines Gastes, sondern den einer „Gegenkraft“, wie er das in einem Brief an den Generalintendanten Herbert Maisch zum Ausdruck brachte. Zudem fühlte er sich persönlich durch die Art gekränkt, wie Szenkar hofiert und von der Presse bejubelt wurde. So waren etwa bei einem großen Abendempfang bei Oppenheims die Ehepaare Szenkar und Kraus unter den Geladenen. Hermine berichtete später, dass sich Kraus sehr zurückgesetzt fühlte, da ständig Reden auf Szenkar und die „Glanzzeit der Kölner Oper“ gehalten wurden.459 In der durchwegs begeisterten Presse wurde vor allem die Meisterschaft betont, mit der Szenkar die Sänger führte. Zwischen den Zeilen musste Kraus wohl zwangsläufig lesen, dass er es so nicht könne: Szenkar versteht es – heute eine Seltenheit bei unserer mechanistischen Genauigkeit – im Notfall mit dem Sänger zu gehen.460 Trotzdem behandelt Szenkar die Ensembles sehr geschmeidig. Nur selten drängt er vorwärts, meist geht er genau mit den Sängern, sie elastisch begleitend. Diese geistvolle Elastizität in der Verbindung von Orchester und Bühne ist eines der Geheimnisse seiner überlegenen Kunst der Opernleitung.461
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Endlich hört man die Walzerauftakte am Schluß des zweiten Aktes einmal so, wie sie Strauss sich gedacht hat. [...] Nichts ist hier bloße, aufwendige Klangschwelgerei. Orchester und Bühne sind eins; denn Szenkar bewährt hier wieder, die Partitur souverän beherrschend, die vornehmste Tugend des Operndirigenten: ein genaues, elastisches Mitgehen mit den Sängern.462 Unvergleichlich auch Szenkars fast unmerkliche Führung der Sänger, durch die sich erst jene vollkommene Einheit im Zusammenwirken von Bühne und Orchester ergibt.463
Als im Frühjahr 1951 der Gastvertrag für die nächste Spielzeit verhandelt wurde und wieder die Zahl 30 im Raume stand, intervenierte Kraus mehrfach energisch bei Maisch und stellte ihm seine Situation vor Augen: Es sei untragbar, dass er das, was er für seine Kernaufgabe halte, die Pflege des großen klassischen Repertoires, abgeben müsse, dass er weder Strauss noch Wagner noch den Fidelio dirigieren könne, wenn nicht gerade Szenkar verhindert sei. Sein künstlerisches Ansehen nach außen sei dadurch schwer beschädigt, ebenso wie seine Stellung im Betrieb. Zudem habe er fast bei jeder der von ihm einstudierten Opern Szenkars Taktlosigkeit zu erleiden, der Striche verändere, ohne ihm das mitzuteilen. Währenddessen beschwerte sich Szenkar bei Maisch, dass sein Gastvertrag auf 25 Abende gekürzt werden sollte. Die Stimmung war also ziemlich angespannt. Anfang März war auch die Stadt Düsseldorf an Szenkar herangetreten, um ihn für die Opernleitung zu gewinnen. Szenkar betonte jedoch, dass er nicht frei, sondern vertraglich an Mannheim gebunden sei. Außerdem stellte er wieder die bekannte Bedingung, er wolle Operndirektor sein, also frei, ohne Zustimmung des Intendanten seine Kräfte engagieren können. Nachdem dem Mannheimer OB „Informationen zugekommen waren“, dass die Stadt Düsseldorf mit Szenkar verhandeln wolle, schloss er sich sofort telefonisch mit deren Oberstadtdirektor kurz, um zu erfahren, was geplant sei. Dieser versicherte ihm, Düsseldorf werde selbstverständlich den bestehenden Vertrag mit Mannheim respektieren. Man hatte Szenkar aber durchaus noch auf der Wunschliste, wie sich im folgenden Jahr zeigen sollte. Zunächst einmal ging es aber nach Spielzeitende für vier Konzerte mit dem Haager Residenzorchester nach Scheveningen mit Werken von Händel, Brahms, Bruckner, Tschaikowski, Chopin und Wagner sowie der Bachiana für 8 Celli und Orchester von Villa-Lobos. Szenkars Ensemble
Nach einem kurzen Erholungsurlaub in Österreich begann Szenkar die Opernsaison 1951/52 in Mannheim mit einer Neuinszenierung des Don Gio-
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vanni, inszeniert von Joachim Klaiber, den er nach Mannheim geholt hatte. Den Don Giovanni sang sein neuer Starbariton Willi Wolff. Mit dieser Neuinszenierung einer seiner Lieblingsopern feierte Szenkar sein vierzigjähriges Bühnenjubiläum. Die Aufführung fand nicht nur in der lokalen Presse begeisterten Widerhall, vor allem wegen des Ensembles, das sich Szenkar unterdessen aufgebaut hatte: Denn erst jetzt, mit Beginn der neuen Spielzeit steht ihm ein von Zufälligkeiten unabhängiges, von ihm allein zusammengestelltes Ensemble zur Verfügung. [...] Der Erfolg liegt nicht nur darin, daß wertvolle Stimmen zusammengefaßt, sondern daß die Stimmen auch gegeneinander abgewogen sind. Erst wenn das erreicht ist, kann man von echter Ensemble-Bildung sprechen. Szenkar [...] scheint es schon bei diesem ersten Anlauf gelungen zu sein. Ein Beweis dafür ist, daß die Septette im „Don Giovanni“ zu den hinreißendsten Partien der Aufführung gehören und daß auch in den Quartetten und Duetten die Stimmen auf das schönste ineinander verschmelzen.464
Die Siegfried-Neuinszenierung einen Monat später erreichte offenbar nicht das Niveau des Don Giovanni. Sehr amüsant ist allerdings die Schilderung von Mimes Felshöhle, die wieder ins Bewusstsein ruft, auf welcher Art von Bühne all diese Aufführungen stattfanden: So ist zum Beispiel im Prospekt von Mimes zerklüfteter Felshöhle [...] der Höhleneingang wohl angedeutet, aber er darf – weil niemand durch die Leinwand kann – nicht benutzt werden. Siegfried wie Wotan sind daher gezwungen, rechts aus der Stoffkulisse heraus die Höhle wie durch einen geheimen Seiteneingang zu betreten.465
Der Fidelio, das Regie-Debüt des neuen Intendanten, das sechs Wochen später herauskam, war wieder ein Riesenerfolg für Szenkar und seine Leonore, Natalie Hinsch-Gröhndal. Das Jahr beschloss er wie üblich mit einer Aufführung der Fledermaus. In Köln dirigierte er im Herbst unter anderem eine von Herbert Maisch neu inszenierte Zauberflöte, die hoch gelobt wurde. Beethovenzyklus in den Akademiekonzerten
Mit dem Programm der Akademiekonzerte für die Saison 1951/52 goss Szenkar Öl ins Feuer derer, die seine Programmgestaltung als zu wenig modern kritisierten. Als Hommage an Beethoven zu dessen 125. Todestag legte er einen Beethoven-Zyklus auf, der fünf der neun Konzerte umfasste. Das Gros des Publikums begrüßte dieses unmoderne Programm aber offensichtlich:
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An den beiden Abenden der ersten Programmreihe spielte sich geradezu ein Ansturm der Musikliebhaber ab. Eine solche gedrängte Fülle haben wir im hiesigen Ufa-Saal schon lange nicht mehr erlebt. Und an den Kassen stauten sich trotzdem noch die Interessenten aus Mannheim, Ludwigshafen und der ganzen Pfalz.466
Die Kritiken des ersten Abends (Coriolan-Ouvertüre, I. und III. Symphonie) waren begeistert – ein „künstlerisches Erlebnis ersten Ranges“, „ein Beethoven-Dirigent par excellence“, „das Publikum tobte“ – und man erfuhr zudem, dass Szenkar neuerdings ohne Stab dirigiere. Die Fortsetzung brachte das 3. Akademiekonzert mit der II. und VI. Symphonie und dem Violinkonzert mit Adolf Busch als Solisten: Man mag die Dinge drehen und wenden wie man will: Beethoven scheint – wenigstens in Mannheim – an Publikumsbeliebtheit alles in den Schatten zu stellen, was in dem Jahrhundert nach ihm Musik gemacht hat, und das an beiden Abenden des ausschließlich Beethoven gewidmeten dritten Akademiekonzertes bis auf den letzten Platz ausverkaufte Haus ist ein deutliches Zeichen für die fast demonstrativ bekundete [...] konservative Musikgesinnung unserer Konzertbesucher.467
Adolf Busch, „unerreichter Beethoven-Spieler“, wurde „beispielhaft fein und selten schön“ begleitet vom Nationaltheater-Orchester unter Szenkar. Dieser: [...] musizierte mit dem Alters- und Schicksalsgenossen kongenial feinsinnig. Ein dirigentischer Höhepunkt der bisherigen Mannheimer Tätigkeit Szenkars war aber ohne Zweifel die Wiedergabe der zweiten Symphonie Beethovens, die wir noch nie schöner gehört zu haben glauben.468
Nach dem Konzert saßen Szenkars noch lange mit dem Ehepaar Busch zusammen, mit dem sie seit Jahrzehnten befreundet waren. Szenkar erinnerte sich später voller Wehmut daran, dass dieses Konzert das letzte öffentliche Auftreten Buschs in Deutschland war – er starb ein halbes Jahr später in seiner Wahlheimat USA. Der dritte Beethovenabend brachte die IV. und V. Symphonie und das IV. Klavierkonzert mit Magda Tagliaferro als Solistin. Alternierend mit den Beethoven-Abenden bot Szenkar Romantik und gemäßigte Moderne. Dvořáks Symphonie Aus der Neuen Welt, Chatschaturjans Cellokonzert mit Gaspar Cassadó, Schuberts Neunte, die Fünfte von Tschaikowski, Respighi, Strawinsky, Debussy, Ravel, De Falla und Strauss. Die Kritik bezeichnete das als [...] ein neues Bespiel des zielbewußten programmatischen Dispositionstalents Professor Eugen Szenkars, der auch diesmal wieder Werke der gemäßigten musikalischen Moderne
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mit kluger Vorsicht in das der klassischen Tradition verhaftete Mannheimer Musikklima hineingestellt hat.469
Im Januar zwischen der Siegfried-Neuinszenierung und dem 4. Akademiekonzert dirigierte er zwei Abende in Barcelona mit Mozarts Jupiter-Symphonie, Schönbergs Verklärter Nacht, dem Zauberlehrling von Dukas und Ravels Bolero. Verhandlungspoker Mannheim – Köln – Düsseldorf. Fristlose Kündigung in Mannheim
Unterdessen hatte man in drei Städten begonnen, sich Gedanken über die Spielzeit 1952/53 zu machen. Mannheim wollte Szenkar behalten, Düsseldorf wollte Szenkar gewinnen, in Köln dagegen kamen erste Zweifel auf, ob man ihn wirklich so dringend haben wollte, wie man ein Jahr zuvor gedacht hatte. Szenkar selbst träumte noch immer von Köln und wollte Mannheim verlassen. Düsseldorf stand bei ihm, jedenfalls zu Jahresbeginn, noch nicht im Fokus. Das Verhandlungsspiel, das nun begann, war entwürdigend und schädigte den Ruf von Mannheim und Köln, vor allem aber die Reputation Szenkars. Hatte man in Köln noch im Sommer vor, Szenkar ab 1952/53 fest zu verpflichten – der neuerliche große Gastspielvertrag für 1951/52 sollte ja die Zeit überbrücken – so meldeten sich nun, da die Sache konkret wurde, die ersten Gegenstimmen. Bereits Anfang November 1951 wies der Kölner Generalmusikdirektor Günter Wand in einem Schreiben an die Stadt nachdrücklich darauf hin, dass er unter allen Umständen das Konzertleben Kölns fest in der Hand behalten wolle. Er äußerte die Befürchtung, dass der Kollege Szenkar sehr interessiert sein würde, nicht nur im Opernfach, sondern auch als Konzertdirigent tätig zu werden. Er erinnerte daran, dass ihm die feste Zusage gegeben worden sei, Oper und Konzert strikt zu trennen, insbesondere dass keine Opernhauskonzerte mehr stattfinden würden. Er schlug vor, er könne Szenkar für zwei Termine der Gürzenichkonzerte einladen, wobei er im Gegenzug von der Opernintendanz zwei Einladungen als Gast an der Oper erwarte. In den Sitzungen des Theaterausschusses führte die Forderung Szenkars nach dem Titel „Operndirektor“ zu heftigen Diskussionen. Herbert Maisch sah darin kein Problem, war sich sowieso mit Szenkar in allen Punkten einig und wollte ihn sehr gerne in Köln haben. Die Stadt hingegen sah sich in ihrer Bewegungsfreiheit bei der Verpflichtung neuer Generalintendanten eingeschränkt. Man fürchtete, kein prominenter Intendant würde sich auf die Szenkar zugestandenen Machtbefugnisse einlassen. Man überlegte ferner, ob Szenkar wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht doch in seiner Qualität nachlasse, man klopfte die Stimmung in der Stadtverwaltung und im Orchester sowie in den Parteien ab. Während CDU
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und Kommunisten gegen eine Verpflichtung Szenkars waren, sprach sich die SPD für ihn aus, sah auch eine moralische Verpflichtung, ihn wieder zu engagieren. Im Laufe des Januars kippte die Stimmung. Bei der Theaterausschusssitzung Anfang Februar führte der Oberstadtdirektor aus, Orchestervorstand und ein Großteil des Orchesters seien ebenso wie GMD Wand, Rundfunk und Presse gegen eine Berufung Szenkars. Zudem sei der Mannheimer Oberbürgermeister bei ihm gewesen und hätte erklärt, dass Szenkar „der schwierigst zu nehmende Mann sei, den er kennengelernt habe“. Wenn die Stadt ihn berufe, müsse sie gleichzeitig jemanden anstellen, der die von Szenkar bereiteten Schwierigkeiten ausräume. Nachdem die Gespräche mit Szenkar aber schon sehr weit gediehen waren, fand man eine juristische Spitzfindigkeit, die Verhandlungen abzubrechen: Die SPD hatte Szenkar einen Vierjahres-Vertrag zugesagt, die übliche Berufung durch den Generalintendanten sei aber nur für zwei Jahre möglich. Der Abschluss längerer Verträge müsse im Hauptausschuss auf Antrag des Oberstadtdirektors verhandelt und entschieden werden. Zu diesem Antrag sah der Oberstadtdirektor sich nicht in der Lage. Man empfahl Szenkar, ein weiteres Jahr in Mannheim zu bleiben und wieder einen Gastvertrag mit Köln abzuschließen. Dazu wäre er grundsätzlich bereit gewesen, wenn man ihm fest zugesichert hätte, dass er den Posten 1953 bekäme. Nachdem er diese Zusicherung nicht erhielt, zog er sich gekränkt aus den Verhandlungen zurück. Maisch, der bis zuletzt an Szenkar festgehalten hatte, führte in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Kulturausschusses aus, dass ihn der Ausgang der „Szenkar-Angelegenheit menschlich und künstlerisch auf das tiefste“ besorge. Es sei [...] ein gewichtiger Beitrag zu der alle Intendanten heute tief bewegenden Frage, ob bei dem wechselvollen Eingreifen der politischen Parteien und der Verwaltungen das deutsche Theater noch von dem Verantwortungsbewußtsein und dem künstlerischen Willen der vertraglich beauftragten Leiter geführt werden kann.470
Auch „Volkes Stimme“ wollte während der Verhandlungen wieder gehört werden: Hoffentlich beschäftigen Sie diesen unsympathischen Juden nicht weiter. Giebt [sic] es denn gar keine deutschen Dirigenten?471
Köln verlängerte den Vertrag mit Kraus um ein Jahr. Dass dieser nach dem langen Hin und Her keine große Neigung mehr hatte, in Köln zu bleiben, zeigt die Tatsache, dass er sich noch im Frühjahr 1952 um die Szenkar-Nachfolge in Mannheim bewarb. 1953 ging er schließlich nach Berlin.
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In Mannheim, wo man Szenkars Vertrag unbedingt verlängern wollte, wies dieser alle vorgelegten Entwürfe entrüstet zurück, da sie angeblich gegen die mündlichen Zusicherungen des Bürgermeisters verstießen, der neue Vertrag sollte denselben Wortlaut haben wie der bisherige. Er lavierte sich schwammig und windelweich über die ganzen Wochen der Verhandlungen mit Köln hindurch, spielte auf Zeit, vermittelte dem Mannheimer Bürgermeister den Eindruck, er würde bleiben und unterschrieb schließlich, als Köln geplatzt war, einen Vertrag mit Düsseldorf, das wieder bei ihm vorstellig geworden war. Der Eklat, als er dem Mannheimer Bürgermeister den Abschluss mit Düsseldorf telegrafisch mitteilte, war ein ungeheurer. In der Stadtratssitzung am folgenden Tag berichtete der OB über den Fall, alle empörten sich und waren einstimmig der Meinung, dass Szenkar in Mannheim nicht mehr auftreten könne: Wenn Herr Szenkar weiter dirigiert besteht die große Gefahr, daß wir mit Kundgebungen zu rechnen haben, denn es läßt sich leider nicht leugnen, daß ein latenter Antisemitismus vorhanden ist und wenn ein Jude Fehler begeht, sich sofort eine gewisse Meute darauf stürzt.472
Man verbot ihm, am Abend Fidelio zu dirigieren (wieder einmal Fidelio!) und forderte ihn auf, freiwillig von seinem Vertrag zurückzutreten. Als er das nicht tat, kündigte man ihm fristlos, warf ihm groben Vertrauensbruch und Hinterhältigkeit vor. Die Mannheimer Presse berichtete ziemlich sachlich und abgewogen über den Vorgang. Szenkar selbst gab mehrere Erklärungen in der Presse ab, in denen er sich gegen den Vorwurf des Vertrauensbruchs wehrte. Ein großes unversehrtes Opernhaus, die Erörterung der Düsseldorfer Musikereignisse in der gesamten deutschen Presse [...], ein großer alter Freundeskreis am Niederrhein – das alles sind Lebenselemente für mich und mein musikalisches Schaffen, um derentwillen ich gehen mußte. Als ich am 12. März und danach trotz aller verhandlungsüblichen Liebenswürdigkeiten den neuen Vertrag nicht unterschrieb, wußte jeder Fachmann, daß ich mit einer anderen Stelle unterhandelte. [...] Ich soll nun „hinter dem Rücken der Stadt“ mit Düsseldorf verhandelt haben [...]. Ja, ich war gezwungen, vertraulich zu verhandeln [...], weil die Stadt Mannheim in einem anderen Falle, der nur wenige Wochen zurückliegt, durch mündliche und telefonische Einsprache auf den Oberstadtdirektor und den Oberbürgermeister der anderen Stadt in nicht sehr feiner Weise meine Verhandlungen zerstört hat.473
Der Mannheimer Morgen veröffentlichte in vollem Wortlaut den Brief, den Szenkar nach seiner Entlassung an den Intendanten des Nationaltheaters richtete. Er
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stellte darin penibel noch einmal den gesamten Zeitablauf der geplatzten Vertragsverhandlungen dar, betonte, dass er nach wie vor bis zum Ende der Spielzeit zur Verfügung stehe, die Verpflichtungen seines noch laufenden Vertrages zu erfüllen, und dankte dem künstlerischen Personal, dem Mannheimer Publikum und der Presse für die ihm „stets entgegengebrachte Anteilnahme“. Die Leserzuschriften, die der Mannheimer Morgen veröffentlichte, waren offensichtlich so vorsortiert, dass sich pro und kontra die Waage hielten. Einige Leser bedauerten den abrupten Abbruch der Spielzeit unter Szenkar, fanden die Reaktion der Stadtverwaltung übertrieben, übereilt, unüberlegt und zudem sehr teuer. Man hätte Szenkar bis Spielzeitende seinen Vertrag erfüllen lassen sollen, anstatt nun Gastdirigenten bezahlen zu müssen. Andere wandten sich „mit Entschiedenheit“ gegen Szenkars „Geschäftspraktiken“. Der „Fall“ schlug Wellen in ganz Deutschland und in der auswärtigen Presse wurde heftiger nachgetreten als in Mannheim. So wurde kolportiert, dass Szenkar den Professorentitel von Stalin verliehen bekommen habe und dass er sein Mannheimer Gehalt steuerfrei erhalte – beides Unwahrheiten.474 Allgemein wurde ihm unterstellt, dass er der Verlockung des Mammon erlegen sei, da Düsseldorf angeblich viel besser bezahle als Mannheim – wobei die genannten Zahlen großenteils frei aus der Luft gegriffen waren. In der Rhein-Neckar-Zeitung erschien ein Artikel mit der Überschrift: „Ein unsinniges, jedoch empörend schmutziges Gerücht“, in dem berichtet wird: In wenig schöner Weise haben sich in den letzten Tagen die Gerüchte verdichtet, antisemitische Kreise der Stadtverwaltung Mannheims hätten sich auf recht intrigante Weise der Person Professor Szenkars entledigt. [...] Erkundigungen unsererseits bei der Stadtverwaltung hatten die nachdrückliche Bestätigung der Haltlosigkeit solcher Gerüchte zur Folge. Es liegt dort lediglich eine Postkarte vor, auf der sich ein anonymer Absender antisemitisch zur Entlassung Professor Szenkars äußerte.475
Dass die Gerüchte haltlos waren, versteht sich von selbst, wollte doch die Stadt Szenkar, dessen Vertrag im August auslaufen sollte, unbedingt halten – wie der Briefwechsel zwischen Szenkar und dem Oberbürgermeister präzise belegt. Interessant ist immerhin, wie mit durchaus verschiedener Motivation von verschiedenen Seiten das „Jude-Sein“ Szenkars instrumentalisiert wurde. Ein amüsantes Detail am Rande: Der Professor i. R., dem Szenkar von der Stadt als Mieter zugewiesen worden war, teilte dem Bürgermeister mit, dass er in Zukunft Mieter vom Theater ablehne wegen der bitteren Erfahrungen mit dem Mieter Szenkar:
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[...] durch die rücksichtlosen Ruhestörungen von dessen Frau und dessen Sohn von morgens bis spät in die Nacht [...]. Es kommen nur ordentliche Leute in Frage, die gewohnt sind, Ruhe zu halten.476
Groll und Enttäuschung der Mannheimer schlugen sich bis in die nächste Spielzeit hinein nieder: Das Jahresprogramm der Musikalischen Akademie wurde bei seiner Vorstellung als „welt- und stiloffener“ bezeichnet als das der vergangenen zwei Szenkar-Jahre, die „etwas einseitig auf Beethoven und ,fin de siecle‘“abgestimmt gewesen seien. Offenbar hatte es der Redakteur „aus dem Bauch heraus“ geschrieben und es nicht einmal mehr für notwendig befunden, die alten Programme Szenkars durchzulesen: Die Komponisten, zum Teil sogar die Werke, die Herbert Albert für den ersten Konzertwinter auf seine Programme setzte, deckten sich überwiegend mit denen, die Szenkar in seiner ersten Saison aufgeführt hatte. Herausgehoben wurde vor allem, dass „endlich“ auch die Moderne zu ihrem Recht käme: Aber Albert hatte ebenso nur fünf „moderne“ Komponisten im Programm wie Szenkar. Szenkar hatte die Stadt wegen Vertragsbruches verklagt. Die rechtliche Auseinandersetzung endete mit einem Vergleich, bei dem Szenkar ein Teil seines Resthonorars als Abfindung gezahlt wurde. Die Pressemitteilung der Stadt sprach von „friedlicher Beilegung der Meinungsverschiedenheiten“. In Köln reagierte man rasch. Zehrte Köln noch immer von seinem Ruf als Musikstadt aus der Zeit Klemperers und Szenkars, so galt Düsseldorf unter der Generalintendanz von Gustav Gründgens als Theaterstadt. In Köln war man erheblich verschnupft, dass der ewige Konkurrent Düsseldorf nun offenbar auch noch die Musik an sich reißen wollte. Der für 1952/53 geplante Gastvertrag mit Szenkar wurde nicht abgeschlossen, da es für das musikalische Renommee Kölns unmöglich sei, dem Generalmusikdirektor einer anderen Stadt einen großen Vertrag einzuräumen (in den beiden vorherigen Jahren hatte man dieses Problem offenbar nicht gesehen). Während dieser ersten Monate des Jahres 1952 erfüllte Szenkar seine Verpflichtungen in Mannheim (bis zur Kündigung am 27. März) und Köln und gab eine Konzertserie in Madrid, wo er vor allem mit der Fünften von Tschaikowski und einem reinen Wagner-Programm begeistert gefeiert wurde. Für Schönbergs Verklärte Nacht konnte sich das Publikum nicht so sehr erwärmen. In Mannheim beeindruckte er Anfang März tief mit einer Aufführung des Verdi-Requiems, wenige Tage später brachte er eine Neuinszenierung der Aida heraus.
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Das Kölner Gürzenichkonzert mit französischen Werken (Dukas, Berlioz, Debussy und Saint-Saëns’ Orgelsymphonie) hatte „den Glanz des Vollkommenen“, wie Berger im Kölner Stadtanzeiger schrieb.
Generalmusikdirektor in Düsseldorf 1952–1960 Düsseldorf hatte nach dem Krieg nicht unbedingt den Ruf einer Kulturstadt, auch wenn es in der Vergangenheit große Namen vorweisen konnte wie Felix Mendelssohn Bartholdy (1833–1835) und Robert Schumann (1850–1853), die als städtische Musikdirektoren wirkten (ihre Amtszeiten verliefen jedoch nicht sehr glücklich), oder Heinrich Heine, der seine Geburtsstadt aber schon als junger Mensch verließ. Wenn man von Düsseldorfer Kultur sprach, hatte man am ehesten das Sprechtheater (Gustaf Gründgens, Karl-Heinz Stroux) oder die Bildenden Künste im Blick, weniger die Musik. Düsseldorf hatte jedoch ein reiches, bürgerlich geprägtes Musikleben, getragen von Vereinen, privaten Mäzenen und städtischen Institutionen. Einer der traditionsreichsten Vereine war der 1818 gegründete Musikverein: ein ursprünglich privat finanzierter Konzertchor, der später auch Subventionen von der Stadt erhielt. Er veranstaltete nicht nur Chor-, sondern auch Orchesterkonzerte. Noch heute spielt er als Städtischer Musikverein eine bedeutende Rolle im kulturellen Leben Düsseldorfs. Eine Glanzzeit hatte das Musikleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter den Dirigenten Karl Panzner und Hans Weisbach erlebt. Panzner (1908–1923) führte mit seinem 1. Kapellmeister Erich Kleiber Konzertreihen zeitgenössischer Musik auf und setzte sich vor allem für die Werke Gustav Mahlers ein. Diese Tradition führte Hans Weisbach (1927–1937) fort, der unter anderem die Uraufführungen von Arthur Honeggers König David und Karol Szymanowskys Stabat Mater leitete. Die Oper wetteiferte in den Zwanzigerjahren unter der Intendanz von Walter Bruno Iltz (1927–1937) mit der Konkurrenzstadt Köln, wo Szenkar wirkte, um den Ruf eines modernen Operntheaters. Man hörte Strawinsky, Hindemith, Weill, Krenek, Ibert und Janáček; Werke von Fortner, Honegger und Szymanowsky erlebten ihre Uraufführungen. Nach 1933 sank das Niveau der Oper auf tiefste Provinz herab, und so blieb es auch nach dem Kriege. Das Orchester, damals noch Städtisches Orchester (seit 1864 unter städtischer Verwaltung), heute Düsseldorfer Symphoniker, das in der Oper und in sinfonischen Konzerten eingesetzt wurde, musste unter dem ersten Generalmusikdirektor nach dem Krieg, dem jungen Heinrich Hollreiser, erst langsam wieder aufgebaut und aufgestockt werden, um zumindest die Vorkriegsstärke von 72 Musikern zu erreichen. Die Oper – wie gesagt – tiefste Provinz, Orchester und
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Ensemble waren durchaus mittelmäßig. Der große Pluspunkt, mit dem Düsseldorf aufwarten konnte: Das Opernhaus hatte den Krieg funktionsfähig überstanden, Hinterbühne und die gesamte Maschinerie waren unversehrt. Die Schäden im Zuschauerraum waren von der britischen Militärregierung gleich in den ersten Nachkriegsmonaten provisorisch renoviert worden – das Provisorium hielt immerhin zehn Jahre lang. Die ersten Generalintendanten nach dem Krieg, Wolfgang Langhoff und Gustav Gründgens, beides glanzvolle Namen, setzten Maßstäbe im Sprechtheater, waren aber in der Spielplangestaltung der Oper keineswegs so fortschrittlich. Sie fanden ein Repertoire vor, das überwiegend Verdi, Wagner, Mozart und Puccini umfasste, außerdem, direkt nach dem Krieg, eine große Anzahl an Operetten. Diese drängte Gründgens zwar sukzessive zurück, in den vier Jahren seiner Amtszeit kamen aber lediglich neun „zeitgenössische“ Opern heraus, allein vier davon von Richard Strauss. Nachdem Gründgens das Schauspiel 1951 aus den Städtischen Bühnen herausgelöst und in eine GmbH überführt hatte, wurde als neuer Intendant, der nur für das Operntheater zuständig war, wieder Walter Bruno Iltz berufen. Die Hoffnung, er würde die Oper – wie 20 Jahre zuvor – zu neuer Blüte führen, trog. Sein Neuerer-Impetus schien erloschen. Er richtete seinen Spielplan überwiegend am Publikumsinteresse und -geschmack aus, was sich unter anderem darin äußerte, dass wieder mehr Operetten gespielt wurden. Heinrich Hollreiser versuchte gezielt, wenigstens in den Konzerten des Städtischen Orchesters dem zeitgenössischen Wirken – von der Presse immer wieder vehement eingefordert – Stimme zu verleihen. Als er an die Staatsoper Wien wechselte, erwartete man vom neuen Generalmusikdirektor Szenkar eine Fortsetzung dieses Weges. Die Verpflichtung Szenkars nach Düsseldorf löste nicht nur Begeisterung aus. Schon im Vorfeld hatte der Generalintendant Walter Bruno Iltz der Stadt gegenüber sein Befremden geäußert, dass der Vertragsabschluss offenbar schon feststünde, ohne dass man ihn ausreichend um Stellungnahme gebeten hätte. Er hatte, obwohl er Szenkar als Dirigenten hoch schätzte, diverse Vorbehalte. Er führte aus, dass Szenkar zu einer Dirigentenklasse gehöre, deren Bedeutung für sich spreche, was aber für einen Theaterleiter noch nicht zwangsläufig zu bedingungsloser Zustimmung führen müsse. Er hätte sich eher einen Opernleiter gewünscht, mit dem über einen längeren Zeitraum gerechnet werden konnte. Außerdem drang er darauf, dass die Kompetenzen von Generalintendanten und Opernleiter schriftlich fixiert würden: Szenkar hatte in der Tat in den Verhandlungen zwar auf dem Titel „Operndirektor“ bestanden, aber auf alle Kompetenzen, die er in Mannheim und Köln eingefordert hatte, verzichtet. In seinem Düsseldorfer Vertrag wurde festgeschrie-
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ben, dass er ein Vorschlagsrecht für Programmgestaltung und Ensembleaufbau habe, die letzte Entscheidung aber beim Generalintendanten liege. Entsprechendes galt für die Städtischen Konzerte, Szenkar sollte seine Vorschläge für Programm, Solisten und Gastdirigenten bis März jedes Jahres vorlegen, die Endentscheidung lag bei der Stadt. Weshalb diese plötzliche Bescheidenheit? Auch sein Honorar war deutlich niedriger als dasjenige, das er bei der Weiterführung der Doppelverpflichtung Mannheim/Köln erhalten hätte. Befürchtete er, im Herbst ohne Engagement dazustehen oder in seinem Alter überhaupt keine seinem Rang gemäßen Angebote mehr zu bekommen? Oder war er einfach des Kämpfens müde? Die Presse reagierte etwas pikiert, da Szenkar ohne vorheriges Gastspiel verpflichtet worden war. Man sprach von unnötiger Eile. Früher war es Brauch, daß der neue Dirigent sich erst in der Oper oder im Konzertsaal vorstellte bevor er verpflichtet wurde. Warum das hier unterblieben ist, ist nicht überzeugend zu erklären. [...] Wenn Herr Szenkar die Erwartungen erfüllt, die seine Verhandlungspartner bei der Stadtvertretung und -verwaltung in ihn gesetzt haben, dann wollen wir gern zufrieden sein mit der Entscheidung, wenn auch die Frage, ob alle drei sich in den bisherigen Verhandlungen richtig verhalten haben, nicht gerade positiv beantwortet werden kann.477
Als sich jedoch Szenkar Anfang Mai Presse und Publikum vorstellte, war die Begeisterung groß. „Orchester und Publikum im Sturm erobert“, titelten die Düsseldorfer Nachrichten. Szenkar dirigierte Beethovens Egmont-Ouvertüre, Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543, Daphnis und Chloë von Ravel und Brahms’ I. Symphonie. Dr. Loschelder schrieb, das Orchester habe sich [...] nach der Pause wie ein Mann erhoben, um seinem künftigen Meister sein Vertrauen zu bekunden.
Szenkars Dirigieren wurde deutlich anders charakterisiert als in Mannheim: Schon seine Gestaltung von Beethovens Egmont-Ouvertüre ließ aufhorchen in ihrer ganz auf edle Einfalt und stille Größe gestellten ungezierten Schlichtheit. Man spürte, daß da kein eitler Pultvirtuose am Werk ist, sondern ein Meister seines Fachs. [...] Um Ravels Daphnis und Chloe [...] würdig zu feiern, müßte man einen Hymnus schreiben und für die Gestaltung der Ersten Symphonie von Brahms benötigte man eine taktweise Analyse des Werkes, sofern man nicht vorzieht festzustellen, daß Szenkar mit ihr ebenbürtig neben Furtwängler trat. So geschlossen, großartig und in jedem Takt und in jeder Nuance notwendig erlebt man diese Symphonie nicht allzu oft. [...] Alles in allem darf man [...] sagen, daß Düsseldorfs
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kommender Generalmusikdirektor eine große künstlerische Persönlichkeit ist, deren Vielseitigkeit ebenso Bewunderung verdient wie die rasche Anverwandlung des Orchesters auf seinen Stilwillen.478
Die städtischen Abonnementskonzerte
Düsseldorf schien also gewonnen. Doch mit der Vorstellung seines ersten Jahresprogramms im August nahm – noch moderat – eine Auseinandersetzung ihren Anfang, die nicht nur über die acht Jahre seiner Amtszeit, sondern bis weit über seinen Tod hinaus anhalten sollte. Er, der ehemalige Revoluzzer, war nicht bereit, dem Publikum die aktuelle zeitgenössische Musik nahezubringen, weil er selbst keine Beziehung zu ihr fand. In der ersten Saison, in der fünf der 13 Abende für einen Beethovenzyklus reserviert waren, waren unter 40 Werken nur sechs von jüngeren Komponisten vertreten, wobei das einzig wirklich zeitgenössische Werk nicht von Szenkar, sondern vom Komponisten selbst (Hans Werner Henze) dirigiert wurde. Die Kritik ließ als einzige Entschuldigung gelten, man müsse zunächst [...] mit einem Schlage ein möglichst großes Publikum fesseln und für die Teilnahme am musikalischen Leben zurückgewinnen.
Der Artikel endete mit der Hoffnung, dass Professor Szenkar, wenn er sein diesjähriges Programm von Standardwerken erfolgreich zu Ende geführt hat, sein „musikalisches Glaubensbekenntnis“ [...] wahr macht: „Liebe für das Alte und offener Sinn für das Neue in der Musik“. Man darf an einem so exponierten Platz wie Düsseldorf vor allem unsere jungen deutschen Komponisten nicht im Stich lassen, die sich verzweifelt mühen, die seit der Spätromantik verlorene Weltgeltung der deutschen Musik wiederzugewinnen.479
Mit dem ersten Konzert der Saison, dem ersten des Beethovenzyklus, begannen die nie mehr endenden Diskussionen über Stilfragen, Retuschen, eigenwillige Interpretationen und vor allem über die Lautstärke, mit der Szenkar musizieren ließ. Uneingeschränkte Bewunderung hingegen fand, wie überall auf der Welt, seine Kunst, Solisten zu begleiten. Um den Tenor der Kritiken – zunächst großes Lob, dann ein großes „Ja–aber“ – zu dokumentieren, die in den nächsten Jahren folgten, reicht es aus, die Kritiken der beiden ersten Beethoven-Abende etwas ausführlicher zu zitieren: Wie Szenkar nach der Adagio-Einleitung das Allegro um eine Spur langsamer als erwartet einführt, wie er auf weite Sicht die sinfonischen Strukturen auseinanderfaltet, wie er die
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Einleitung zum Finale mit Spannung aufladet und wie er schließlich nach der großen Fermate das Thema in den Bruchstücken wieder „heranrascheln“ läßt, diese Einzelheiten und die Gesamtanlage beweisen einen Dirigenten von Rasse und Klasse. Aber man empfand es als einen Stilbruch, daß er dieses Beethovensche Frühwerk mit dem Monstreapparat der Spätromantik aufführte. [...] im dritten [Satz] allerdings übersteigt die harte, abgesetzte Markierung des ersten Fugato-Viertels wohl etwas die „Eigenwilligkeit“, die sich schon im ersten Satz zeigte. Gegen die Ausdeutung des Finales haben wir vollends Bedenken. Hier versucht Szenkar, durch allerhöchste Klangsteigerung das an sich schon Monumentale durch ein rein additives Verfahren ins Gigantische zu steigern. Das geschieht aber zum Teil mit Mitteln, die sich mit dem Partiturbild nicht decken. Eine solche Veräußerlichung haben weder Beethoven noch Szenkar nötig. Das zeigte mit beglückender Klarheit die völlig „sachliche“, aber lebendig durchpulste Begleitung des Violinkonzertes, die man nicht oft in solcher souveränen Anpassung an den Solisten bei gleichzeitiger freischwingender Weite des Konzertierens zu hören bekommt.480 Das hundertmal Gehörte wurde aufregend neu, in jedem Takt von ordnendem Bewußtsein und elementarer Frische durchdrungen. Besonders in der rein aus der Form gewonnenen Interpretation der „Eroica“ glauben wir eine Rückbesinnung des „Amerikaners“ Szenkar auf die schlichtere, kernhafte deutsche Darstellungsweise feststellen zu dürfen. Uns sollte es freuen, wenn sich an den bevorstehenden [...] Werken erweist, daß er nur auf den Sachverhalt der Partituren und auf sein eminentes Können vertraut. Wenn dann noch die unerläßliche Abkehr von der musealen Programmtendenz zu einem aufgeschlossenen Umgreifen des ganzen Bestandes erfolgt, könnte die erhoffte Blüte des Düsseldorfer Musiklebens Ereignis werden.481
Die grundsätzliche Kritik der Düsseldorfer Medien an seinem Stil bezog sich auf seine „romantisierende“ Bach- und Händel-Interpretation, die dem „19. Jahrhundert verhaftet, nicht in unsere Zeit passt“, ferner auf seine zu „übersubjektive“, „hochpathetische“ Beethoven-Auffassung, auf „eigenwillige“ Retuschen, auf seine Liebe zu exzessivem Blechklang sowie auf seine dynamischen „Maßlosigkeiten“. Seine Liebe zu den Blechbläsern ist sprichwörtlich, sie störte nicht nur die deutschen Kritiker – sie wurde als „amerikanisches“ Mitbringsel wahrgenommen. Was die Dynamik angeht, so scheint es in Deutschland zwei Szenkars gegeben zu haben. Während in Düsseldorf „das Blech dröhnte“ und „überdimensionale Blechgewitter“ niedergingen, las man andernorts: [...] sehr verfeinerte Dynamik, [...] Klang bis in die kleinsten Verästelungen hinein aufgelichtet482 [...] wie er durch eine feinnervige Dynamik jede Steigerungsmöglichkeit erschöpfte und immer auf klare Konturen bedacht war483
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[...] noch nie so [...] vollendet registriert und so kammermusikalisch filigran484 [...] edel, mit fast haydnischer Durchsichtigkeit485 [...] in der Dynamik schlank. [...] So hat Strauss einst Mozart musiziert486 [...] die Intimität der Dynamik, die Differenziertheit der dynamischen Gestaltung, der noble, immer abwägende Griff zur Steigerung487 [...] ohne jedoch sich in knallige Effekte, die diese Partitur nahelegt, zu verlieren. Es wurde elegant, höchst differenziert dargeboten, die Kulminationspunkte klug ausgespart488 [...] Szenkars stark ausgeprägter Sinn für Klangeffekte, angefangen vom zartesten Pianissimo der Streicher bis zu den lautesten und grellsten (aber nie harten) Klängen der Blechbläser.489
Was die Düsseldorfer Kritiker an Szenkars Art zu musizieren besonders störte, ist wohl am besten in der Kritik seines Abschiedskonzertes zusammengefasst: [...] vornehmlich der klassisch-romantisch-impressionistischen Tradition verpflichtet, in seiner von Amerika geprägten, etwas lauten, äußerlich brillierenden, pomphaften Art.490
Noch subtiler lesen sich die Vorbehalte gegen ihn, wenn man die Kritiken studiert, die über diejenigen Dirigenten geschrieben wurden, die ihn bei plötzlicher Erkrankung vertreten haben. Das Orchester ging bei diesem ganz und gar unverkrampften, gesunden [Hervorhebung von Autorin] Musizieren begeistert mit.491 Sein Musizieren [Georg Ludwig Jochum] schafft nach wenigen Minuten die beruhigende Gewißheit, daß alles mit rechten Dingen zugeht, daß der Geist der Partituren unversehrt bleibt. Auf Dirigenten seines Typs und seiner Qualität beruht nach wie vor die Integrität des deutschen Musiklebens, sie dienen der Musik und übermitteln in ihren Wirkungskreisen ein getreues, völlig unsensationelles, gesundes Bild der Kunst, die durch äußerliches Virtuosentum stark gefährdet ist. [...] Das Publikum war von dem ehrlichen, sauberen Musizieren begeistert. [Hervorhebungen von Autorin]492
Kehren wir zurück zur ersten Saison. Neben dem Beethoven-Zyklus dirigierte Szenkar Werke von Mozart bis Chatschaturjan, an großen Werken vor allem Bruckners Siebente, Mahlers Dritte, Tschaikowskis Pathétique und das Verdi-Re-
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quiem. Die Aufnahme durch das Publikum war begeistert, die Presse zeigte sich vor allem vom Verdi-Requiem beeindruckt, die Seitenhiebe auf die Programmgestaltung hingegen wurden häufiger und zunehmend auch persönlicher. Zur Aufführung von Prokofjews II. Violinkonzert etwa schrieb Neukirchen: Szenkar dirigierte das ihm offenbar neue Werk zum ersten Male in diesem Winter nach der Partitur. Die Programmfrage für das nächste Jahr ist gelöst, wenn er das bei der Hälfte der zu wählenden Werke tut.493
Hier irrte der Kritiker, der nicht wissen konnte, dass Szenkar das Entstehen des Werkes miterlebte, noch ehe die Tinte trocken war; der Ton ist jedenfalls erheblich arrogant. Großen Widerhall fand ein Konzertabend, an dem Yehudi Menuhin die Violinkonzerte von Beethoven und Brahms aufführte. Welche Erlebnisfülle dieser sechsunddreißigjährige Geiger zu vermitteln weiß, wenn sich seinem Spiel kongeniale Partnerschaft verbindet, bewies das Düsseldorfer Konzert. Wieder standen auf dem Programm wie in M.Gladbach die beiden Konzerte von Beethoven und Brahms, aber welch andere Gelöstheit, Selbstverständlichkeit und Tiefe atmete Menuhins Spiel im Verein mit dem Düsseldorfer Orchester unter Szenkar.494
Das Programm wurde in Köln mit dem Gürzenich-Orchester unter Szenkar wiederholt. Gegen Ende der Saison zog Alfons Neukirchen ein erstes Resümee, in dem er „Lob und Tadel“ an Szenkars Arbeit auflistete: Als meisterhafte Interpretationen Eugen Szenkars haben wir im zu Ende gehenden Konzertwinter u. a. die Wiedergabe der zweiten und vierten Sinfonie Beethovens, der vierten von Schumann, der dritten von Mahler und des Requiems von Verdi hervorgehoben. Wir haben das wesentlich lieber getan, als Fragen der Werkauswahl und des Darstellungsstils kritisch zu behandeln. [...] Und wir wünschen nichts herzlicher, als daß der Düsseldorfer Generalmusikdirektor auch die Meinungen seiner Kritiker sachlich als wohlgesinnten Diskussionsbeitrag erwägt. Es müßte doch seltsam zugehen, wenn mit einem Künstler, der uns jetzt wieder eine so wundervolle Aufführung der siebten Sinfonie von Beethoven bereitete, keine Uebereinstimmung darüber zu erzielen sein sollte, daß etwa vor Händel und nach Reger auch Musik existiert, daß Jaromir Weinberger kein Repräsentant der zeitgenössischen Musik ist, daß wir Amerikanismen wie den Trompetenaufstand im „Bolero“ von Ravel nicht schätzen und daß der Schumannsaal nur eine bestimmte Menge Schall zu verdauen vermag. Dem
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gegenüber stehen die bedeutenden Werte und Impulse, die Szenkar in das Düsseldorfer Musikleben eingebracht hat. Auf welcher Leistungshöhe zeigte sich das Städtische Orchester beim „Tristan“ und jetzt bei der „Siebten“!495
Operndirektor in Düsseldorf
Was tat sich auf seinem ureigensten Gebiet, der Oper, die ihn eigentlich nach Europa zurückgeführt hatte? Um es gleich vorwegzunehmen: Gerade mit seinem Einsatz für die Düsseldorfer Oper beschrieb Szenkar absolut kein Ruhmesblatt. In drei Spielzeiten dirigierte er insgesamt nur 72 Abende, eine Spielzeit lang betrat er das Opernpult überhaupt nicht! Hatte er sich in Mannheim engagiert um den Aufbau eines eigenen Ensembles gekümmert, so schien ihn das in Düsseldorf nur am Rande zu interessieren. Er leistete eher dem Startum Vorschub, indem er immer wieder berühmte Sängerinnen und Sänger verpflichtete, manchmal nur für die von ihm geleiteten Premieren oder Festaufführungen. Mag sein, dass er einige dieser Sänger dauerhaft für das Ensemble gewinnen wollte, dass aber der Etat der Stadt diese Pläne vereitelte. Eher aber sieht es so aus, als habe er nur noch das getan, was er am liebsten tat: mit seinem Ensemble intensiv an einem Werk arbeiten und feilen. Hatte er es zu einer glanzvollen Aufführung gebracht, überließ er die Routine seinem 1. Kapellmeister. Ein tief greifendes Zerwürfnis mit dem Intendanten und mit dem Oberspielleiter sind keine hinreichende Begründung und Entschuldigung für dieses Verhalten. Die Tätigkeit als Operndirektor eröffnete Szenkar mit einer Festaufführung der Zauberflöte, zu der er Valerie Bak als Königin der Nacht engagiert hatte. Neukirchen schrieb: Ueber das „Nachschöpfen“ und „Deuten“ ist er hinaus, er möchte nur noch zu Klang machen, was in der Partitur steht, das aber so genau, so innig und intensiv wie möglich. Schon die Ouvertüre gibt die Beruhigung, daß er die Tempi, welche plastische Deklamation und beseelte Kantilene ergeben, in sich hat, daß er die Mittelstimmen sprechen, die Holzbläser unendlich sanft ihre kleinen Wellen werfen läßt, später, daß er elastisch rhythmische Ungenauigkeiten einiger Sänger abfängt und souverän die Verbindung zwischen Bühne und Orchester aufrechterhält.496
Er wiederholte die Aufführung noch mehrfach mit anderen Gästen. Es folgten zwei Gastspiele von Martha Mödl in Fidelio, einige Lohengrin-Vorstellungen und an Silvester die Fledermaus. Die Serie seiner Aufführungen mit erlesenen Gästen setzte er im Frühjahr fort mit einer Neuinszenierung der Salome von Richard Strauss mit Inge Borkh als Salome.
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Eugen Szenkar, Zeuge der spätromantischen Umwälzung von gestern, kann uns das Sensationelle der Salome-Partitur heute noch so in die Nerven jagen, daß wir ein Halbjahrhundert vergessen und der Geburt dieses musikalischen Hexensabbat beizuwohnen glauben. Nicht allein bei dem großen sinfonischen Zwischenspiel nach dem Fluch des Jochanaan war man geneigt, die Augen zu schließen und nur den Ohren zu trauen. Szenkar führte das angespannt und begeistert mitgehende Orchester von der erlesensten kammermusikalischen Faktur bis zum rasenden Ausbruch mit staunenswerter Ueberlegenheit und Deklamationsschärfe.497
Ebenso begeistert wurde die Neuinszenierung von Tristan und Isolde aufgenommen, in der Set Svanholm und Helena Braun als Gäste die Titelpartien sangen. Bei aller Begeisterung von Publikum und Presse bleibt festzuhalten, dass er in der ganzen Spielzeit nur 23 Abende am Opernpult stand. Ein gewisses Murren bei der Zuhörerschaft war nicht zu überhören. In der folgenden Spielzeit 1953/54 brachte er zwei Erstaufführungen und drei Neuinszenierungen heraus, wiederholte den Tristan mit weiteren illustren Gästen, dirigierte Zauberflöte, Aida und Fidelio. Die erste Neuinszenierung der Saison war Carmen, in der Heinz Sauerbaum, der ihm von Mannheim nach Düsseldorf gefolgt war, den Don José sang. Wieder großer Jubel: Schmissig, sehr schmissig sogar macht der Dirigent nur die Ouvertüre, dann beginnt ein sagenhaftes Musizieren von leuchtender, tief erregter Leidenschaft, von einer Wärme und südlichen Klarheit. [...] Auf weite Strecken wird diskreteste Kammermusik gemacht. Das Hervorheben der Baß- und Mittelstimmen an den entscheidenden Stellen bekommt dadurch eine doppelte Wirkung. [...] Das Premierenpublikum war außer Rand und Band vor Begeisterung. [...] So etwas von Beifallsstürmen hat die Düsseldorfer Oper lange nicht mehr erlebt.498
Mit Bartóks Blaubarts Burg und Strawinskys Sacre du Printemps als Ballett – beide erstmals in Düsseldorf – setzte er die Reihe seiner Lieblingswerke fort. Wider Erwarten hatte das Publikum keinerlei Berührungsängste gegenüber der neuen Musik. Der aus Frankfurt nach Düsseldorf entsandte Kritiker schrieb: Eugen Szenkar verklanglichte diese Partitur [Blaubart] mit einer dirigentischen Genialität, die einzig genannt werden muß. Wie da alles tönendes Leben gewann, wie da symphonische Selbständigkeit des schlechthin unnachahmlich grandios musizierenden Orchesters gewahrt bleibt und doch den beiden Menschenstimmen volles Recht widerfuhr, das läßt sich mit Worten nicht beschreiben.499
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Der Blaubart wurde noch zwölf Mal in der Saison wiederholt. Am Neujahrstag 1954 kam die Neuinszenierung von Così fan tutte heraus, als letzte Neuinszenierung der Saison ließ Szenkar den Rosenkavalier folgen. Anlässlich des Tristan-Gastspiels von Martha Mödl und Wolfgang Windgassen wurde erstmals laut der Vorwurf erhoben, Szenkar decke die Sänger mit dem Orchester zu: Schade nur, daß der „Liebestod“ (und fast der ganze dritte Akt) sein Gleichgewicht verlor, weil Generalmusikdirektor Szenkar das Orchester so laut spielen ließ, daß selbst Kraftnaturen wie Martha Mödl und Wolfgang Windgassen überfordert wurden.500 Es gehörte viel dazu, das zu erreichen, wenn der Dirigent zwar mit dem ihm eigenen sinfonischen Schwung, aber ohne Rücksicht auf die Sänger in solchen Stärkegraden musiziert, daß streckenweise nur noch die Mundbewegungen der Darsteller wahrzunehmen sind.501
Wurde bisher immer sein Umgang mit den Sängern gerühmt, seine Flexibilität, seine Hilfestellungen, seine vornehme Zurückhaltung, so klingen diese Kritiken neu und befremdlich. Es ist natürlich nicht mehr zu eruieren, worauf dieser Eindruck der völligen akustischen Übersteuerung beruhte. Immerhin waren diese Rezensionen für mich Anlass, die letzten der noch lebenden renommierten Sänger nach ihren Erfahrungen mit Szenkar zu befragen. Es wurden konkrete Fragen gestellt zur Zeichengebung Szenkars, zum dynamischen Abgleich von Sänger und Orchester und generell zur Arbeitsweise Szenkars und der Art ihrer Zusammenarbeit. Was die Sänger über Szenkar sagen
Um die Antworten der Künstler nicht auf mehrere Kapitel zu verteilen, seien hier deren gesamte Ausführungen wiedergegeben, über die Frage des „Überdeckens“ hinaus – wobei nicht alle Sänger nach 50 oder mehr Jahren noch präzise Angaben machen konnten. Dietrich Fischer-Dieskau, der 1959 in Düsseldorf Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen gesungen hatte, schrieb in seiner spröden Art: Von klanglicher Überforderung habe ich in der akustisch ohnehin hilfreichen Tonhalle nichts verspürt. [...] Er war freundlich und teilnehmend, und das ist für einen Dirigenten schon viel!! [...] Sein Schlag war nicht immer leicht ablesbar, aber er störte mich nicht.502
Ruth Hesse, die 1962 die Altpartie in Mahlers III. Symphonie gesungen hatte, führte aus:
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„Ein echter Sir, etwas was es heute gar nicht mehr gibt“; „sensibel auf die Sänger eingegangen“; „man konnte ihm gut folgen“; „sehr einfühlsam“; „dirigierte wunderbar“; [hat] „niemals mit dem Orchester die Stimme zugedeckt – wie das Solti gemacht hat, der nur sein Orchester kannte“.503
Zwei der sehr renommierten (auch wenn sie außerhalb Ungarns nicht so bekannt sind) Sänger der Budapester Staatsoper äußerten sich sehr detailliert. Judit Sándor, die 1956 in Budapest seine Leonore im Fidelio war, schrieb, dass die Zusammenarbeit sehr harmonisch gewesen sei. Weiter: Und mit seiner großartigen musikalischen Intelligenz ging er achtsam mit meinen stimmlichen Fähigkeiten um. In unserer Zusammenarbeit gab es nicht die geringsten Reibungspunkte, und es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass das Orchester zu laut gewesen wäre und meine Stimme in den Hintergrund gedrängt hätte. Er hat die Musik großartig dargestellt, außerdem habe ich ihn als bescheidenen Menschen kennen gelernt. Es war eine Freude, mit ihm zusammen zu arbeiten.504
Albert Antalffy sang 1963 den Rocco in Fidelio und den Marke in Tristan und Isolde, 1966 die Basspartie in der Neunten von Beethoven in Budapest. Er führte aus: Dynamik: bei Beethoven wohl abgewogen, Wagner ist nun mal etwas lauter; die Zusammenarbeit war niemals Diktatur, die Rolle wurde gemeinsam erarbeitet, ich [Antalffy] sang vor, Szenkar hat das eine oder andere als Verbesserung vorgeschlagen; sehr arbeitsfähig – er hat den ganzen deutschen Text mit mir durchgearbeitet; sehr menschlich, alle haben sich sehr wohl gefühlt; sehr guter Dirigent.
Zum Schluss des Gesprächs sagte Antalffy in zauberhaftem Deutsch noch den schönen Satz: Ich freue mich, schöne Dinge sagen zu können, damit Sie sie niederschreiben können.505
Inge Borkh, die in den 50er Jahren des Öfteren in San Francisco und Düsseldorf mit Szenkar gearbeitet hatte, konnte sich nicht mehr konkret an seine Arbeitsweise erinnern, betonte aber, dass sie immer „wunderbar zusammen musiziert hatten“.506 Auch Christiane Sorell, sein „Engerl“ 1958 (Düsseldorf ) und 1960 (Wien) in Mahlers Vierter, konnte keine sehr konkreten Angaben mehr machen, charakterisierte ihn aber als wunderbaren Menschen und grandiosen Dirigenten.507
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Von Astrid Varnay, die von Jugend an (sie sang in Rio erstmals die Isolde) immer wieder mit ihm zusammengearbeitet hatte, konnte leider keine differenzierte Stellungnahme mehr eingeholt werden. Sie hatte aber 1963 in einem Pausengespräch mit Szenkar, bei dem ich anwesend war, betont, dass sie seit zwanzig Jahren ganz besonders gerne mit ihm zusammen musiziere. Prof. Siegfried Köhler, Szenkars Assistent in Düsseldorf und späterer Hofkapellmeister in Stockholm, sagte dezidiert: Der dynamische Abgleich mit den Sängern war „top“, ein Übertönen kam nie vor.508
Zu Fischer-Dieskaus Anmerkung zur Zeichengebung meinte er in demselben Gespräch: An der Aussage Fischer-Dieskaus ist tendenziell was dran, die Zeichengebung ohne Stock war tatsächlich manchmal nicht ganz einfach abzulesen, mit Stock aber problemlos.
Die Saison endete für Szenkar mit dem Gastspiel von Astrid Varnay als Leonore in Fidelio, das erwartungsgemäß zum großen Erfolg wurde. Opernkrise
Gegen Ende des Jahres 1953 bahnte sich langsam eine „Opernkrise“ an, in der Presse überschrieben mit „Düsseldorfer Oper blieb leider ohne Glanz. Verprovinzialisierung wird bedrohlich. Sind die Mahner Querulanten?“ (Westdeutsche Neue Presse), „Krise der Führung im Opernhaus“ (Düsseldorfer Nachrichten), „Mißstimmung um Düsseldorfs Oper“ (Rundschau), „Schatten über Düsseldorfs Oper“ (Essener Tageblatt). Ausgelöst wurde die Krise zunächst durch Massenkündigungen im Ensemble durch den Intendanten, aufgeheizt aber vor allem durch den Weggang der bekannten Choreographin Yvonne Georgi, die der Intendanz mitteilte, sie sehe keine Möglichkeit einer künstlerisch ersprießlichen Zusammenarbeit mehr. Schließlich hatte der Betriebsrat des Opernhauses eine Eingabe an den Oberbürgermeister gemacht, dass die Arbeit unter Herrn Iltz den Arbeitseifer dämpfe. Die Kritik in der Presse griff rasch vom Intendanten auf den Operndirektor über, wobei vor allem dessen häufige Abwesenheit gerügt wurde. Szenkar erwies sich als ein Operndirigent von seltener Klasse. Aber seine Tätigkeit ist nicht fruchtbar geworden, hat dem Hause keinen neuen Stempel aufgedrückt, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Szenkar nicht Operndirektor, sondern praktisch Gastdirigent ist. [...] Alle Neueinstudierungen, selbst die an seine Persönlichkeitsleistung so vollkommen gebundene Bartók-Oper, hat er sofort an den Ersten Kapellmeister abgegeben. [...] Die Dis-
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krepanz zwischen den von Szenkar dirigierten Premieren und den Repertoireaufführungen, die ein maßlos überbeanspruchter Kapellmeister leitet, ist nicht mehr zu übersehen. Neun Zehntel aller Opernbesucher und Zeitungsleser bekommen etwas ganz anderes zu hören als der Premierenkritiker. Es wäre sinnvoller, nicht mehr die Premiere zu beschreiben, sondern die dritte Aufführung, die dann das tatsächliche Niveau des Opernhauses in musikalischer Hinsicht repräsentiert. Herr Szenkar ist ein sehr erfolgreicher Dirigent mit vielen Gastverpflichtungen. Er müßte, finden wir, sein Verhältnis zu Düsseldorf überprüfen. Hier ist seine selbstgewählte Wirkungsstätte, hier muß er seine Leistung realisieren.509 Obwohl wir einen Dirigenten von internationalem Ruf haben, spüren wir seinen Einfluß auf die Dinge des Hauses kaum. Ein Blick auf die Spielpläne der letzten Wochen zeigt, daß sich Professor Szenkar immer rarer macht. Er ist uns teuer, dabei läßt er es bewenden. Weder „seinen“ Mozart dirigiert er, noch „seine“ Carmen, sogar den Bartók hat er gleich nach der Premiere „abgegeben“. [...] Jedoch darf ein Generalmusikdirektor nicht in dem Glauben belassen werden, daß es für ihn genügt, in den Sinfoniekonzerten alle zwei Jahre die großen, von ihm auswendig beherrschten zwei Dutzend Stücke der Weltliteratur, wenn auch zum Teil mit glänzendem Erfolg, zu wiederholen. Und wenn er auf solche Einwände dann antwortet, er könne sich doch nicht kaputt dirigieren, dann darf auf Bruno Walter und andere Zelebritäten verwiesen werden, die als Steuermänner auf dem Orchesterschiff bleiben. Szenkars vornehme Zurückhaltung der Oper gegenüber, ist nun nicht mehr lange zu rechtfertigen!510
Die Verstimmung der Kritiker ist verständlich, trotzdem sollten sie bei den Fakten bleiben. Bis zum Zeitpunkt dieser Kritik hatte Szenkar 40 Werke von 23 Komponisten dirigiert, darunter Schwergewichte wie Mahlers Dritte und das Verdi-Requiem, wobei natürlich Beethoven durch den Beethoven-Zyklus in der ersten Saison überrepräsentiert war. Was will uns der Autor mit dem Hinweis auf Bruno Walter sagen? Wer sind die „anderen Zelebritäten“? Walter war seit über vier Jahren nur noch als Gastdirigent in Oper und Konzert tätig. Es gab Anfang der Fünfzigerjahre in Deutschland keine „Zelebrität“ mit einer festen Bindung an ein Opernhaus. Man schafft durch solche Kritiken Stimmungen, Meinungen und Mythen, die sich über Jahrzehnte halten. Die allgemeine Missstimmung an der Oper, die Unzufriedenheit mit Iltz und Szenkar eskalierten, und – wieder einmal! – griff das Orchester ein, das den Eindruck hatte, sein Chef würde schlecht behandelt. In einem Leserbrief an den Mittag führte der Betriebsrat unter anderem aus: Die Angriffe gegen die Persönlichkeit seines [des Orchesters] künstlerischen Leiters, Herrn Professor Szenkar, mit der es sich künstlerisch und menschlich solidarisch erklärt, sind Veran-
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lassung, zu der „Krise“ einige Gedanken zu äußern. [...] Darüber hinaus scheint uns manche Darlegung einer solchen Kritik von dritter Seite inspiriert, d. h. also im Urteil nicht frei und damit einer echten demokratischen Publizistik nicht würdig. Wir machen uns anheischig, diese Anwürfe Punkt für Punkt zu belegen. [...] Die Orchesterleitung wird gar von solchen Leuten, deren praktische Musikkenntnis vielfach die diesbezüglichen Fertigkeiten der „höheren Tochter“ nicht wesentlich übersteigt, totgeschwiegen oder mit einigen routinierten Phrasen bedacht. Offenbar ist sich eine solche Gilde wirklich nicht darüber im klaren, daß die Hauptarbeit von Orchester und Dirigent in den Proben (z. B. 13 Proben für den Bartók-Strawinsky-Abend) liegt, und daß es zum normalen Modus gehört, wenn der „Erste“ das eine oder andere Stück abgibt. [...] Die Aktion eines Teiles der Presse würde unsererseits gern übergangen, wäre nicht zu erwarten, daß durch eine gewisse beharrliche Zielstrebigkeit dem Anliegen von Tausenden von Musikfreunden nicht doch letztlich ein Schaden zugefügt würde.511
Die „höheren Töchter“ riefen natürlich ein Aufjaulen in der Presse hervor. Was es mit dem Satz der „Inspiration von dritter Seite“ auf sich hat, kann ohne Kenntnis der damaligen Gesellschaftsstruktur in Düsseldorf nicht mehr eruiert werden. Vielleicht geht es in die Richtung, die in einem Artikel von Hannelore Schwesig Ende 1954 angedeutet ist, wenn sie schreibt: Während seiner [Szenkars] Abwesenheit wurde eine Pressekampagne gegen ihn eröffnet. Die Schmähschrift, der Antisemitismus und Ueberheblichkeit zugrunde lag, hatte beim Publikum kein Echo.512
Zur Opernkrise kam ein weiterer Aufreger, der ab Herbst 1953 die Gemüter erhitzte: Das Orchester plante für Sommer 1954 eine Tournee nach Frankreich und England. In dem immer noch von Kriegszerstörung gezeichneten Düsseldorf konnte man der Bevölkerung solche Repräsentativausgaben schlecht erklären bei akuter Not an Wohnraum und Schulen. Währenddessen nahm der Konzertwinter 1953/54 seinen Lauf. Er wurde mit einem Sonderkonzert im Rahmen der Deutschen Musikmesse und der Rundfunkausstellung eröffnet, auf dessen Programm die IX. Symphonie von Beethoven stand. In den Abonnementskonzerten wurde die ganze Bandbreite von Bach bis Strawinsky angeboten. Als Solisten hatte Szenkar die Pianisten Wilhelm Backhaus, Paul Baumgartner, Wilhelm Kempff, Lívia Rév, Magda Tagliaferro und den Geiger Ricardo Odnoposoff eingeladen. Hervorzuheben ist ein Gedenkkonzert zum 125. Todestag Schuberts, bei dem, umrahmt von der VIII. und IX. Symphonie, Elisabeth Schwarzkopf acht Lieder sang, von Szenkar am Klavier begleitet.
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Elisabeth Schwarzkopf, von Eugen Szenkar am Klavier mit pianistischer und künstlerischer Meisterschaft sekundiert. [...] In Verbindung mit der allersubtilsten Begleitung Szenkars war das Ganze ein seltener, kostbarer Genuß.513
Und wie Szenkar es von jeher gehalten hatte, führte er in der Karwoche die Matthäus-Passion auf. Besonders fesselten die I. Symphonie von Brahms, Dvořáks Neunte und die Symphonie fantastique von Berlioz: Er gibt dem spannungsvollen rhapsodischen Fluß der „Handlung“ großen Atem, er entfesselt in den schaurigen Bildern der letzten Sätze eine solch höllisch präzise und aufreizende Klangwelt, daß man nicht mehr ruhig auf dem Stuhl sitzen kann.514
Beim letzten Konzert der Saison am 10. Juni 1954 kurz vor der Abreise nach Frankreich fanden die Konzertbesucher ein Flugblatt des Orchesters – An die Besucher unserer Konzerte – auf den Sitzen, in dem noch einmal der „Kampf “ mit der Presse thematisiert wurde. Während das Publikum und die Fachwelt [...] unsere Arbeit tragen, ist die lokale Presse teilweise anscheinend mit dieser Situation nicht einverstanden. [...] Wir sprechen gewiß im Sinne aller Musikfreunde, wenn erneut betont wird, daß wir auf Dauer nur Wert legen auf die Zusammenarbeit mit einer förderlichen und sachlichen Kritik, sei diese auch scharf und ablehnend. Was wir in erster Linie erwarten, ist Ritterlichkeit und Objektivität. Mit größtem Mißbehagen erfüllt es uns, wenn man versucht, Einfluß zu nehmen auf innerbetriebliche Regelungen, ohne die Voraussetzungen genau zu kennen. Auf diese Weise könnte es leicht geschehen, daß das Düsseldorfer Orchester die international anerkannte Dirigentenpersönlichkeit, welche derzeit das Orchester zu begeisterter Arbeit anspornt, eines Tages wieder verliert. [...] Der Vorstand des Symphonieorchesters der Stadt Düsseldorf. i.A. Rudolf Schmidt, städt. Kammermusiker515
Szenkar war nicht glücklich über diese Sympathiekundgebung seiner Leute, war er doch sicher, dass er die Folgen „auszubaden“ hätte.516 Auslandstournee der Düsseldorfer Symphoniker
Die nun beginnende Tournee nach Frankreich und England stand unter keinem guten Stern. Während der Grenzkontrollen nach Frankreich machte sich der Busanhänger mit den Instrumenten selbstständig, rollte die abschüssige Straße hinab und zermalmte ein geparktes Auto. Es wurde Gott sei Dank niemand verletzt, aber die Instrumente kamen zu spät in Paris an, sodass das Konzert verschoben werden musste. Damit kam der gesamte Tourneeplan ins Wanken – das
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Orchester begab sich deshalb mit dem Flugzeug nach London, der Chef aber, der grundsätzlich nicht flog, per Schiff. Er kam später an, das erste Konzert wurde von einem Gastdirigenten geleitet. Der Düsseldorfer Presse war angeblich keine Information über den Ablauf der Tournee gegeben worden, sodass sie nur die eingehenden Pressestimmen sammeln und veröffentlichen konnte. Während die Kritiken aus Paris überwiegend gut bis sehr gut waren, gab es in der englischen Presse ausgesprochene Verrisse, z. B. im Daily Express: Entschuldigen Sie, daß ich ein Gähnen unterdrücke. Es ist ein deutsches Provinzorchester. In den Händen seines ungarischen Dirigenten Eugen Szenkar geriet die 4. Sinfonie von Brahms nur regellos und unsauber. Strauß’ feurige Autobiographie „Ein Heldenleben“ wurde dagegen zu öder Langeweile.517
Die Düsseldorfer Blätter veröffentlichten bevorzugt die schlechten Kritiken aus England, man gab lediglich eine sehr positive Kritik über Bruckners Siebente wieder. Deren Aufführung war immerhin ein großes Wagnis, da den Engländern generell Bruckner zu „langwierig“, ja langweilig war. Hermine Szenkar berichtete später von „standing ovations“ nach diesem Konzert, die man übrigens auch auf Fotos aus der Londoner Festival Hall erkennen kann. Die verunglückte Reise und die schlechten Kritiken wurden ausführlich in der Presse diskutiert. Eine gewisse hämische Freude war nicht zu übersehen. Endlich las man aus dem Ausland schlechte Kritiken über Szenkar! Das Kapitel „Auslandsreise des Orchesters“ sollte wenigstens zur Folge haben, die Düsseldorfer Kunstkritik etwas ernster zu nehmen, als das bisher der Fall gewesen ist.518
Im Spiegel wurde einige Wochen später ein wirklich infamer Artikel veröffentlicht, wohl mit Material, das aus Düsseldorf geliefert worden war. Infam insofern, als man Szenkars erzwungenes Wandern zwischen den Kontinenten als „Wandertrieb“ und „Reiselust“ deklarierte. Er gelte in Deutschland als „Temperamentsmusiker, dem man einen Schuß Zigeunerblut nachflüstert“. Kein Wort davon, weshalb er Deutschland verlassen musste, kein Wort davon, dass er Opfer einer der ersten Säuberungswellen Stalins war. Infam und unwahr auch die Schilderung seines Mannheimer „Endes“: Der in Ungarn geborene brasilianische Staatsbürger hat eine bemerkenswert buntnationale Laufbahn hinter sich. Seine stark entwickelte Reiselust ließ immerhin längere Aufenthalte zu in Köln [...], Paris [...], Moskau [...], New York [...] und Rio de Janeiro [...]. Aus dem Glanz internationaler Metropolen scherte Szenkar 1950 aus und ließ sich in Mannheim als Gene-
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ralmusikdirektor nieder. Das Engagement endete früh mit einem vielbeachteten Knall. Trotz Mehrjahresvertrag brachte der in unzähligen Kontraktdebatten zwischen Moskau und New York gewitzigte Reisedirigent es fertig, den Mannheimern ohne Zahlung einer Konventionalstrafe vorzeitig den Rücken zu kehren: Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt hatte gewunken, und zwar mit größeren Geldscheinen als Mannheim.519
Suche nach einem neuen Operndirektor und einem neuen Generalintendanten
In Düsseldorf gab es zur neuen Spielzeit 1954/55 eine große Veränderung im Opernbetrieb. Das alte Opernhaus musste gründlich saniert, ja nahezu neu aufgebaut werden. Bis zur Fertigstellung wurde in einem Ausweichquartier, dem Theater am Worringer Platz, einem ehemaligen Kinosaal, gespielt. Mit Ende der Spielzeit liefen die Verträge mit Iltz und Szenkar aus. Es herrschte große Unsicherheit und Ratlosigkeit, wie es weitergehen sollte. Schon vor der Orchestertournee war bekannt geworden, dass Szenkar im Herbst wegen einer dreimonatigen Amerika-Tournee abwesend sein würde, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt also: Für die ersten drei Monate der kommenden Saison hat der Generalmusikdirektor ein Engagement nach San Francisco angenommen. Gewiß, er benutzt dazu die ihm vertraglich garantierten acht Wochen Gastier-Urlaub, aber die liegen, von der Landeshauptstadt aus betrachtet, erschreckend ungünstig, da ja der Anfang eines neuen Theaterjahres psychologisch und künstlerisch für die Gesamtbewertung wesentlich mit entscheidet. Siehe da: in USA findet sich Szenkar bereit, Figaro, den Fliegenden Holländer und die Salome zu dirigieren, während er im eigenen Opernhaus am Rhein doch nach wie vor nur an hohen Festtagen das Pult betritt. [...] Liegt da die Vermutung nicht nahe, daß er sich um das Worringer Haus überhaupt nicht kümmern wird, wo er sich gleich bei Beginn so uninteressiert zeigt?! Wir wollen uns nur zu gern überraschen lassen, fürchten indessen, rund heraus gesagt: wissen es eigentlich schon, daß es da keine Überraschungen mehr gibt. Die Stadt wird wohl oder übel ihre Konsequenzen ziehen müssen. [...] Die Trennung von Oper und Konzert läßt sich nicht länger umgehen. Sie könnte, nein: sie müßte so geschehen, daß Szenkar die Sinfonik zufällt und daß er für einzelne Opern, was er ja praktisch längst ist, als Gastdirigent gewonnen wird. Gegen Honorar für jeden einzelnen Abend. Das würde ihn wahrscheinlich verlocken, und wir verlören ihn nicht. Denn wir möchten ihn sehr gern behalten, aber nicht nur als Namen, sondern in förderlicher Tätigkeit, von der wir etwas haben.520
Die Unverträglichkeiten zwischen Iltz und Szenkar hatten in der Tat unterdessen solche Formen angenommen, dass Szenkar nach Amerika abreiste, ohne den
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Brief des Intendanten zu beantworten, in dem dieser ihn gebeten hatte, sich zum Spielplan zu äußern (der ohne ihn festgelegt worden war). Szenkar hat in Iltz’s letztem Jahr das Pult am Worringer Platz kein einziges Mal betreten. Im Herbst 1954 stand fest, dass Düsseldorf und Duisburg eine Theatergemeinschaft mit gemeinsamem Opernensemble, die Deutsche Oper am Rhein, gründen würden. Es war deshalb dringlich, Weichen für die Berufung eines Generalintendanten und eines Generalmusikdirektors zu stellen. Während viele Musikkritiker ebenso wie Schab dafür plädierten, Oper und Konzertleben zu trennen und Szenkar weiter als Konzertdirigenten zu verpflichten, sprach sich Neukirchen klar und begründet dagegen aus: Sein [Szenkars] Vertrag läuft mit dieser Spielzeit ab, und man überlegt, a) ob man ihn in beiden Aufgabengebieten weiterverpflichtet, b) ob man ihn nur als Konzertdirigent beibehalten und c) ob man sich ganz von ihm trennen soll. Einigkeit scheint darüber zu bestehen, daß Szenkar als musikalischer Oberleiter der Oper nicht mehr in Betracht kommt. Seine Verweigerung der Mitarbeit am laufenden Opernspielplan deutet auf die tiefgehenden Zerwürfnisse hin, die sich zwischen ihm, dem Generalintendanten und dem Oberspielleiter herausgebildet haben. Szenkar hat in den letzten zwei Jahren manches Werk, das seinem Naturell liegt, hervorragend dirigiert, bei anderen Interpretationen zeigten sich die außerordentlichen Schwächen seiner höchst einseitigen Begabung. Ausschlaggebend aber ist, daß Szenkar seine Verpflichtungen als Operndirektor nicht erfüllt hat. Weder hat er genügend Anteil genommen an der musikalischen Durchformung des Ensembles, noch hat er eine angemessene Zahl von Vorstellungen dirigiert. Von einer wirklichen Führung des gesamten Ensembles durch Leitung der vorbereitenden Proben kann keine Rede sein. Er hat sich als Star gefühlt und entsprechend gehandelt. [...] Wir bedauern auch, die Weiterverpflichtung Szenkars als Konzertdirigent nicht befürworten zu können. Es tut uns leid, daß wir durch Umstände gezwungen sind, die Ablehnung seiner künstlerischen Gesamtleistung während seiner Abwesenheit aussprechen zu müssen. Aus zahlreichen Einzelkritiken dürften unsere Einwände gegen die Musizierpraxis Szenkars bekannt sein. Wir fassen sie zum ersten Male zusammen. Szenkar hat in seiner langen Abwesenheit von Deutschland, während seiner Dirigententätigkeit in Moskau, Nord- und Südamerika, nicht nur die innere Verbindung mit dem Geist der deutschen Musik, sondern auch den Kontakt zum musikalischen Zeitstil und zu seiner eigenen Vergangenheit verloren. Er hat die elementaren Wandlungen, die sich in der Musik und ihrer Darstellung ereignet haben, nicht mitvollzogen und hat sich in eine Position zurückversetzt, die innerlich leer und ausgehöhlt ist. Seine Einseitigkeit kommt im Konzertsaal noch beklemmender zum Vorschein als am Opernpult. [...] So wird die ungeheure Fülle der musikalischen Äußerungen bei Szenkar auf einige wenige Gefühlsregionen reduziert. Musik muß bei diesem Dirigenten Wirkung, Effekt erzielen, sie muß überreden, überrumpeln, sich in äußerlichen Temperamentsentladungen überschlagen. Nie ist bei ihm der heimliche, stille, keusche
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Bereich der Musik zur Geltung gekommen, aber oft haben sich die Hörer die Ohren zugehalten. Alle kritischen Einwände gegen sein Musizieren hat Szenkar in den Wind geschlagen, auf keine Anregung ist er eingegangen. Er hat vom ersten Tage seiner Düsseldorfer Tätigkeit an mit seinem Rücktritt gedroht und sich damit Respekt zu erringen versucht. [...] Wir verkennen nicht die Tragik, die in dem künstlerischen Scheitern Eugen Szenkars liegt. Aber wir können uns den Konsequenzen seiner zweijährigen Tätigkeit nicht entziehen. Er ist von Natur aus zum vielschichtigen Aufbau eines städtischen Musiklebens nicht geeignet, sondern ist ein Dirigierstar alten Stils, der Erfolge als Gastdirigent in aller Welt finden wird.521
Wahrscheinlich war das die „Schmähschrift, der Antisemitismus und Überheblichkeit zugrunde lagen“, von der Hannelore Schwesig sprach (s. o.). Man muss das wohl differenzierter sehen. Mit dem letzten Satz hatte Neukirchen mit Sicherheit Recht, ebenso mit seinen Vorwürfen wegen der zu geringen Opernpräsenz: Szenkar tat offensichtlich noch weniger als Dienst nach Vorschrift. Arrogant hingegen sind die Einlassungen zu Szenkars künstlerischer Leistung, sie stellen persönliche Einstellungen zu Musik und Aufführungspraxis als allgemeine Norm dar. Sie widersprechen zudem in vielen Punkten begeisterten Äußerungen, die er in seinen Kritiken gemacht hat – und das nicht nur zu Werken, die Szenkar „liegen“. Es liest sich doch eher wie eine private Generalabrechnung. Hatte Szenkar schon nicht vor, sich in der Oper zu engagieren, solange Iltz noch im Amt war, so bemühte er sich immerhin um einen guten Assistenten. Über seine Berufung auf diesen Posten erzählte Siegfried Köhler eine Anekdote, die ein bezeichnendes Licht auf den alten Theaterhasen Szenkar wirft (und die Köhler unbedingt in dieses Buch aufgenommen haben wollte!). Köhler dirigierte im November 1953 Friedrich von Flotows Martha auf Anstellung: Im ersten Akt schmiss das Orchester, da ich halbe Takte statt ganzer dirigierte, die das Orchester gewöhnt war oder umgekehrt – egal, ich weiß es auch nicht mehr ganz genau. Ich bekam es nach einigen Takten wieder in den Griff. Nach der Aufführung saß ich völlig geknickt im Künstlerzimmer, sicher, die Anstellung wegen dieses Fehlers nicht zu kriegen. Da kam Szenkar herein und sagte: „Wie Sie den Schmiss abgefangen haben – großartig! Sie werden engagiert!“522
Während also in Düsseldorf um eine Entscheidung gerungen wurde, gastierte Szenkar in San Francisco, Los Angeles, Pasadena und einigen anderen Städten an der Westküste der USA. Er dirigierte mehrmals Die Hochzeit des Figaro mit Cesare Siepi (Figaro), Hans Hotter (Almaviva), Licia Albanese (Gräfin), Dorothy Warenskjold und weiteren großen Sängern. In seinem Fliegenden Holländer san-
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gen unter anderen Hans Hotter (Holländer) und Inge Borkh (Senta). Mit Inge Borkh in der Titelrolle führte er mehrfach die Salome von Richard Strauss auf. Der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in San Francisco sandte ein Dankschreiben an den Oberstadtdirektor von Düsseldorf, in dem er unter anderem ausführte: Eine bessere Vertretung [Deutschlands] war kaum denkbar. Nicht nur die Kritiker, sondern alle Musikverständigen zollten dem berühmten Dirigenten [...] hohes und verdientes Lob. Es ist nicht einfach, in einer Stadt wie San Francisco, die durch den ständigen Besuch von weltberühmten Musikern in hohem Maße verwöhnt ist, uneingeschränkte Anerkennung zu finden. [...] Die hiesige deutsche konsularische Vertretung war stolz auf diesen Erfolg eines im deutschen Musikleben so tief verwurzelten Musikers wie Eugen Szenkar, und ich darf wohl annehmen, daß auch die Stadt Düsseldorf Stolz und Freude darüber empfindet, daß ihr Dirigent im Ausland zur Hebung des kulturellen Ansehens des Deutschen Bundesrepublik in dieser Weise beigetragen hat.523
Vielleicht war die Stadt tatsächlich stolz, viel Freude bereitete ihr der GMD allerdings trotzdem nicht. Beigeordneter Menken meldete dem Personalamt, dass Szenkar seinen Gastierurlaub um fünf Wochen und vier Tage überschritten habe. Er fragt nach, ob dessen Gehalt um diesen Zeitraum gekürzt werden solle. Szenkar hatte schon im Vorfeld argumentiert, er habe in den beiden ersten Vertragsjahren von seinem Gastierurlaub bis auf zwei bis drei Wochen keinen Gebrauch gemacht. Er habe Einladungen nach Tokio, nach Australien und Rio de Janeiro abgelehnt, weil er sich der Aufbauarbeit in Düsseldorf gewidmet habe. So sehe er ein moralisches Recht, den nicht in Anspruch genommenen Gastierurlaub jetzt nachzuholen. Die Gastierurlaube der drei Jahre wurden schließlich miteinander verrechnet. Der Chef stand also zum 3. Abonnementskonzert Ende November wieder am Pult, schon wieder mit einem Beethoven-Abend. Neukirchen fand den Rhythmus der Wiederkehr der Werke, die schon im Beethovenzyklus 52/53 erklungen waren, etwas kurzatmig, schrieb dann aber: Die Interpretation Szenkars ist sich in den Grundzügen natürlich gleich geblieben. Trotzdem erlebte man eine große Ueberraschung. Zum ersten Male seit mehr als zwei Jahren passte er sich den akustischen Bedingungen des Robert-Schumann-Saales an und ließ in den hier angemessenen Klangstärkegraden musizieren. Für die 1. Sinfonie und das Klavierkonzert verminderte er sogar die Zahl der Streicher. Das Blech wurde ausgesprochen diskret eingesetzt, und selbst im Schlusssatz der Erioca, der wahrhaftig intensiv und stürmisch gespielt wurde kam es
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zu keiner der bisher leider üblichen klanglichen Maßlosigkeiten. So sehr uns diese Einsicht des Dirigenten freut – sie kommt reichlich spät. Endlich einmal wurde von Szenkar eine Sinfonie in einen geschlossenen, disziplinierten Klangrahmen eingeordnet.524
Konzerten mit Werken von Bach, Brahms, Schumann (mit Enrico Mainardi als Solisten) und Strauss folgte ein „Russischer Abend“ (Prokofjew, Rachmaninow, Tschaikowski) und dann – endlich! – moderne Musik: Les Noces von Strawinsky, Bartóks Violinkonzert („das“ Violinkonzert von Bartók war eigentlich das zweite; das erste war zu dieser Zeit noch nicht bekannt, es wurde erst 1958 uraufgeführt) und Liebermanns Streitlied von Leben und Tod. Nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit in Düsseldorf machte Generalmusikdirektor Eugen Szenkar seinem Publikum zum ersten Male die Freude, zwei Meisterwerke zeitgenössischer Komponisten, um deren Anerkennung in Deutschland er bis 1933 selbst mit Energie gerungen hat, in einem Abonnementskonzert aufzuführen, und der außergewöhnliche Erfolg, den die Wiedergabe des Bartokschen Violinkonzertes und der „Hochzeit“ von Strawinskij erzielte, mag ihm gezeigt haben, daß er sich in der Beurteilung seines Publikums geirrt hat, daß die Düsseldorfer Musikfreunde jede große geistige und künstlerische Leistung aufgeschlossen anerkennen, wenn man ihnen nur Gelegenheit zum eigenen Urteil gibt. Hoffentlich hat sich Szenkar überzeugen lassen, daß einer angemessenen Berücksichtigung wertvollen zeitgenössischen Schaffens von der Seite der Hörer keine Widerstände entgegenstehen.525
Auf dieses erfreuliche Konzert folgte ein Abend mit einem wieder recht bunt zusammengewürfelten Programm. Der ursprünglich vorgesehene Termin (eine Woche früher) und das ursprünglich geplante, schöne, stimmige Programm, in dem das II. Klavierkonzert von Bohuslaw Martinů kombiniert war mit Franck, Dukas und Respighi, waren geändert worden, da Szenkar in Paris ein Konzert und in Genf Così fan tutte dirigierte. Man warf ihm zu Recht vor, dass er seine „Hauptverpflichtungen als Nebensache betrachte“. Die Haydn-Variationen waren vielleicht seine Probe für den Brahms-Abend mit dem Royal Philharmonic Orchestra in London, den er bereits eine Woche später mit diesem Werk eröffnete. (Auf dem Programm weiter das II. Klavierkonzert mit Robert Casadesus als Solisten und die I. Symphonie.) Der alljährlichen Aufführung der Matthäus-Passion folgte ein Gastspiel von David Oistrach (Brahms- und Tschaikowski-Konzert), mit dem er erstmal seit Moskauer Zeiten wieder zusammen musizierte. Glaubt man der Presse, so war der innere Gleichklang aber nicht ganz so ideal wie mit Menuhin im Vorjahr. Oistrachs „fanatisch abtrainierter Stil“ habe das Orchester bald hinter sich gelas-
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sen.526 (Der Mittag). Ein „Pariser Abend“ brachte weitgehend „Bekanntes – Allzubekanntes“ 527(Der Mittag): Franck, Dukas, Debussy, Ravel, Duparc und Poulenc. Ein interessantes Programm bot Szenkar im vorletzten Konzert der Saison: Brahms’ Altrhapsodie kombiniert mit Mahlers Lied von der Erde. Mit Nan Merriman und Set Svanholm hatte er zwei hervorragende Solisten engagiert. Beide Werke machten großen Eindruck, obwohl (oder weil?) er sie „mit auffallender Distanz“ dirigiert habe.528 Den Saisonabschluss bildete ein Beethoven-Abend mit dem Tripelkonzert, der VI. und VII. Symphonie. Die Kritiker fassten ihren Eindruck: „Schon wieder Beethoven“ in Worte: Szenkar begleitete [...] mit behutsamer Diskretion. Der ausverkaufte Saal war entzückt. [...] Vorher die „Sechste“, nachher die „Siebente“. Alle Jahre wieder.529
Nun, beide Symphonien waren bisher nur einmal, nämlich während des Beethoven-Zyklus der ersten Saison aufgeführt worden. Letzte Saison als Operndirektor
Die organisatorische Planung für die Rheinoper und der Neubau des Opernhauses waren zu Saisonende so weit fortgeschritten, dass ein Generalintendant für die Deutsche Oper am Rhein gesucht werden konnte. Dr. Hermann Juch, der noch Direktor an der Volksoper in Wien war, wurde zum Generalintendanten ab Spielzeitbeginn 1956 berufen. Walter Bruno Iltz hatte mit Spielzeitende im Juli 1955 die Oper verlassen und für das Interimsjahr wurde ein Dreierführungskollegium aus Szenkar und zwei Verwaltungsleuten gebildet. Szenkar erhielt einen weiteren Vertrag mit einer Reihe von Eventualitätsklauseln, da zwar die Ernennung von Juch schon fix, die Frage des Operndirektors aber nach wie vor offen war. Nachdem Szenkar von seinem Intendanten „befreit“ war und sich mit dem Oberspielleiter unter Vermittlung der Stadt „freiwillig versöhnt“ hatte, stürzte er sich wieder in die Opernarbeit. Er dirigierte – im Ausweichquartier! – Ariadne auf Naxos, Don Giovanni und Così fan tutte, brachte die Europäische Erstaufführung von Street Scene von Kurt Weill heraus und führte erstmals in Düsseldorf Pelléas und Mélisande von Debussy auf. Siegfried Köhler meinte: Eugen Szenkar hatte den Wunsch, vor seinem Abgang noch einige große Stücke, die er liebte, auf den Spielplan zu bringen, und er wollte, bevor die Deutsche Oper am Rhein startete, den neuen Herren gerne zeigen, daß vorher auch gutes Theater gemacht worden war.530
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Mit Street Scene konnte Szenkar sein Opernpublikum ganz offensichtlich wieder versöhnen: Ein Vergnügen besonderer Art war es [...], Professor Eugen Szenkar zu beobachten, wie er sich mit jugendlichem Elan dem kessen „swing“ der vom Jazz angereicherten Rhythmen hingab und mit welcher Leidenschaft er sich bemühte, das Doublé der Weillschen Opernallüre wie Gold erscheinen zu lassen. Jedenfalls saß musikalisch alles und hatte jenen Stich ins Großzügig-Ueberlegene, das sich auf der Bühne nur hie und da einstellen wollte.531
Così fan tutte wurde nach über einem Jahr wieder aufgenommen und fand warmen Beifall. Mit Pelléas und Mélisande brachte Szenkar wieder eines seiner Lieblingskinder auf die Bühne, wenngleich er aus Erfahrung wusste, dass deutsche Hörer nicht all zu viel Verständnis für dieses Werk aufbrachten. Offenbar reagierte das Düsseldorfer Publikum anders. Pelléas hielt sich über zwei Spielzeiten. Zur Neueröffnung des umgebauten Opernhauses fand eine Serie von Festvorstellungen statt. Sie wurde eröffnet (22.4.1956) mit einem umjubelten Fidelio. Birgit Nilsson sang die Leonore. Der aus Hamburg angereiste Kritiker der Zeit zielte deutlich unter die Gürtellinie: Zwar „schmiß“ auch Svanholm gleich seine erste Arie, weil er sich mit dem Dirigenten nicht über das Tempo einigen konnte. Aber dieser düsseldorferische Generalmusikdirektor mit dem auf keinem Plakat fehlenden Professorentitel von Stalins Gnaden, Eugen Szenkar, der ein Jahr lang seine Oper, weil sie im Ausweichquartier spielte, nicht betrat, der im zweiten Jahr des Interims genau achtzehnmal dirigierte, er faßte Beethovens Oper nur als einen Anlaß auf, virtuose Orchestereffekte vom Dirigentenpult aus vorzuführen, – ohne Rücksicht auf Sängerverluste. Nur einer konnte sich neben den schwedischen Gästen gegen das eitle Startum dieses Stabführers behaupten – Helmut Fehn, der prachtvolle Rocco.532
Auf eine Hochzeit des Figaro folgte noch der Rosenkavalier, bei dem Neukirchen, beeindruckt von Szenkars Begleitung „auf der Höhe der besten Leistungen dieses in Anspruch und im Gelingen seltenen Abends“ wünschte: „Wenn das die Eröffnungsvorstellung gewesen wäre ...!“533 Mit diesem Abend schloss Szenkar vorläufig seine Operntätigkeit in Düsseldorf ab. Mit Beginn der neuen Spielzeit nahm das Ensemble der Deutschen Oper am Rhein seine Tätigkeit auf. Musikalische Leiter waren in koordinierter Stellung Alberto Erede und Fritz Zaun – eben jener Zaun, der als Szenkars Kapellmeister in Köln bereits in Uniform dirigiert hatte, bevor er 1933 dessen Nachfolger wurde!
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Konzertwinter 1955/56
Die Konzertsaison 1955/56 begann mit einem Bartók-Abend aus Anlass von dessen 10. Todestag. Mit dem Programm, das Szenkar gewählt hatte, die I. Orchestersuite, das III. Klavierkonzert und das Konzert für Orchester, vermochte er ... nur die Randlinie eines Bartók-Bildes zu zeichnen, aber die markanten Züge im Antlitz dieses großen Neuen zeichneten sich an diesem Abend nicht ab. [...] Bartók macht es mit dieser Musik [...] dem Dirigenten leicht, sich – nicht zur Neuen Musik, vielmehr zur Spätromantik zu bekennen.534
Die folgenden Konzerte brachten Strauss, Mendelssohn, Tschaikowski und Brahms. Dessen Deutsches Requiem „entbehrte der echten Atmosphäre“, „versagte sich der kalt-sicheren Wiedergabe.“535 Beim vorletzten Konzert des Jahres kam es zu einem unschönen Vorfall: Szenkar hatte zu Beginn den Psalmus hungaricus von Kodály (mit Set Svanholm als Solisten) und Respighis Fontane di Roma dirigiert. Danach folgten zwei Werke von Krenek (die Sinfonie Pallas Athene und die europäische Erstaufführung der Elf Transparente 1954), dirigiert vom Komponisten. Viele Zuhörer verließen vor den Krenek-Werken den Saal, weitere nach dem ersten Werk. Abgesehen davon, dass es sehr unhöflich war, den Gast am Programmende zu platzieren (Hermine: „So was hab ich ihm nie verziehen“536), macht der Vorfall wieder deutlich, wie wenig das Publikum an moderne Musik gewöhnt war. Die Gepflogenheit übrigens, Komponisten ihre Werke selbst dirigieren zu lassen, hatte Abendroth in den Zwanzigerjahren in Köln eingeführt, weil er meinte, sie könnten ihre Werke am überzeugendsten zum Sprechen bringen. In Düsseldorf wurde diese Praxis Szenkars so interpretiert, dass ihm die Werke nicht gut genug seien, um sie selbst aufzuführen. Man fragt sich dann zwar, weshalb er sie überhaupt in seine Programme nahm, aber mit Logik ist dem Düsseldorfer „Kritikerkrieg“ nicht beizukommen. Das Jahr endete mit einem Mozart-Abend. Auf dem Programm standen unter anderem zwei selten gespielte Doppelkonzerte, das Konzert für Flöte und Harfe KV 299 und das Konzert für zwei Klaviere KV 365. Gastspiele in Dresden und Antwerpen
Im Oktober war Szenkar auf einer kurzen Gastspielreise in der DDR gewesen. In Dresden dirigierte er die Staatskapelle mit einem typischen, langen Szenkar-Programm (Haydn-Variationen, Tod und Verklärung, Symphonie fantastique). Die Presse war ebenso begeistert wie das Publikum, bedauerte aber, dass er nicht wenigsten ein Werk von Bartók oder Prokofjew aufgeführt habe – gelte er doch als Spezialist für diese Komponisten. In der ersten Probe mit der Staatskapelle
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saß unerwartet Kyrill Kondraschin im Zuschauerraum. Er war nach Dresden gereist, um seinen ehemaligen Lehrer in der Meisterklasse für Dirigenten am Moskauer Staatskonservatorium wiederzusehen. Anfang November gastierte Szenkar in Antwerpen. Er hatte Coplands Outdoor-Ouverture auf dem Programm, Brahms’ I. Symphonie und Glasunows Violinkonzert mit dem Solisten Luben Yordanoff, der außerdem Hindemiths Solosonate für Geige spielte: Drei moderne Werke auf dem Programm, das ist so außergewöhnlich für ein Antwerpener Konzert, daß wir nur gratulieren können.537
Das neue Jahr eröffnete er wieder mit Mozart anlässlich dessen 200. Geburtstages. Zum nächsten Abonnementskonzert eine gute Kritik: Das war aber mal ein schönes Sinfoniekonzert! Bei Borodin, Beethoven, Ravel und Debussy bewegte sich Eugen Szenkar in einer ihm besonders vertrauten Sphäre; die Vortragsfolge war ausgezeichnet vorbereitet; wir wurden mit einem vortrefflichen jungen Pianisten bekannt gemacht; und das Ganze dauerte kurz und bündig nur zwei Stunden. Zu unserem und des Publikums Vergnügen trug besonders bei, daß Szenkar, an diesem Abend in sprühendster Musizierlaune, sehr präzise dirigierte, über dem großen Schwung die Detailarbeit nie vergaß, und [...] zu einer seiner besten Leistungen in Düsseldorf gelangte. [...] In seltsamem Gegensatz zu seiner [Firkušnýs] modernen Technik steht seine romantische Manier der großen Tempoveränderungen. Aber auch diese hatten Esprit und Spannkraft. Sie forderten vom Dirigenten und vom Orchester das Aeußerste an Aufmerksamkeit und schwingendem Mitvollzug. Das Zusammenspiel wurde zu einem delikaten Konzertieren von seltener Uebereinstimmung.538
Auf dem Programm waren Borodins II. Symphonie, das IV. Klavierkonzert von Beethoven mit Rudolf Firkušný als Solisten, zwei kleine Werke von Ravel und Debussys La Mer gestanden. In der Folgezeit Brahms’ II. Klavierkonzert (Robert Casadesus) und Bruckners VII. Symphonie, in der Karwoche die übliche Matthäus-Passion. Zum ersten Gastspiel der Berliner Philharmoniker mit ihrem neuen Chef Herbert von Karajan schrieb die Presse: Düsseldorf genoß das ihm so lange vorenthaltene Vergnügen, ein Meisterorchester unter einem Dirigenten von Weltklasse zu hören, in vollen Zügen. Die verrutschten Maßstäbe wurden zurechtgerückt.539
Szenkar, dem es gesundheitlich nicht sehr gut ging, hatte Krankheitsurlaub genommen, wollte aber unbedingt rechtzeitig zu den Proben für das Niederrhei-
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nische Musikfest zurück sein, das in diesem Jahr in Düsseldorf stattfand. Er bereitete die VIII. Symphonie von Mahler als zweites Hauptkonzert vor. Wie zu erwarten, lag ihm dieses Werk besonders am Herzen, er hatte schon im Februar Egon Wellesz gebeten, einen Einführungsvortrag zu halten. Unglücklicherweise erkrankte Szenkar am Tag der Aufführung, nachdem er am Vortag noch die Generalprobe geleitet hatte, und kurzfristig musste Hermann Scherchen für ihn einspringen. Hermann Scherchen verwirklichte [...] eine Aufführung, die als strahlender Höhepunkt im Düsseldorfer Musikleben und in der Geschichte der Niederrheinischen Musikfeste unvergeßlich bleiben wird.540
Neukirchen schrieb: Auf jeden Fall sind wir dankbar, das vornehme, schöne Werk endlich kennengelernt zu haben. Es sollte künftig ein Stolz der Deutschen sein.541
Der Satz verblüfft. Wollte er, der Mahler sehr distanziert gegenüberstand, ihn nun sogar zum Deutschen machen? Schon im April hatte die Presse (mit einiger Verwunderung) gemeldet, dass Szenkars Vertrag um zwei Jahre, also bis 1959, verlängert worden sei. Allerdings wurde er nur noch als Leiter des Konzertlebens verpflichtet. Er eröffnete die Saison mit Schumann, zu dessen 100. Todestag er einen Zyklus von sieben Konzerten anbot: drei sinfonische Konzerte, zwei Kammermusikabende, einen Liederabend und ein Klavier-Rezital. Am ersten Abend erklangen die Manfred-Ouvertüre und die III. Symphonie sowie das Klavierkonzert mit Wilhelm Kempff als Solisten. Beginn der Budapest-Gastspiele
Danach reiste Szenkar nach Budapest, um dort erstmals nach über 30 Jahren wieder zu konzertieren. Kodály hatte ihn eingeladen, beim ersten Bartók-Liszt-Festival zu dirigieren, das den 75. Geburtstag von Bartók und den 70. Todestag von Liszt zum Anlass hatte. Er musizierte mit dem Staatlichen Symphonieorchester nach Beethovens Egmont-Ouvertüre das Violinkonzert von Bartók (mit Ede Zathureczky) und die Faust-Symphonie von Liszt. Im Anschluss daran wurde ihm eine bronzene Liszt-Plakette überreicht. Als Zugabe nach der umjubelten Faust-Symphonie spielte er den Ungarischen Marsch aus Fausts Verdammnis von Berlioz, der in Ungarn eine Art zweite National- und Freiheitshymne ist. Die Wirkung war eine so gewaltige – ein „Erdbeben von Applaus“, „Freudentaumel“, das Publikum hörte stehend und zum Teil unter Tränen zu –,
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dass Szenkar später glaubte, hier schon den Volksaufstand, der in der darauf folgenden Woche ausbrach, vorher gefühlt zu haben. Am Folgeabend dirigierte er zum Abschluss des Festivals die Premiere des Fidelio in der Staatsoper. Die Kritiker bewunderten vor allem [...] dass er – bei so wenigen Proben, die zur Verfügung standen – vollständig seinen Willen auf das Ensemble, auf die Bühne und das Orchester übertragen, und der Aufführung seinen Stempel aufdrücken konnte.542 Bei der Fidelio-Aufführung spürten wir, dass Opern dirigieren die eigentliche Domäne von Szenkár ist. Seine Tempi, seine Auffassung, die Art wie er Orchester und Bühne zusammenhielt und in erster Linie die dramatische Kraft, die er entfaltete, machten diese Aufführung zu einer Denkwürdigkeit.543
Während eines feierlichen Akts im Rahmen des Festivals wurde ihm die Bartók-Medaille verliehen als Anerkennung seines Einsatzes für die Werke seines Freundes seit den frühen Zwanzigerjahren. Zur selben Zeit wie das Festival fand der internationale Franz-Liszt-Wettbewerb für Klavier statt, bei dem er als Juror fungierte. Diesem ersten Auftreten nach drei Jahrzehnten in seiner Heimatstadt sollten in den folgenden Jahren noch eine ganze Reihe von Konzert- und Opernaufführungen folgen. Zurück in Düsseldorf dirigierte er Sibelius, Schubert, Villa-Lobos, Tschaikowski (Klavierkonzert mit Xenia Prochorowa) und Alban Berg (Violinkonzert mit André Gertler). Der zweite Schumann-Abend brachte die I. und IV. Symphonie und das Cellokonzert (mit Enrico Mainardi). Das Jahr 1957 begann Szenkar mit einem Konzert in Monte Carlo. Neben Schumanns Vierter dirigierte er Weber, Wagner, Ravel und Berlioz. In Düsseldorf führte er im dritten Schumann-Abend zwei selten gehörte Werke auf: die Faust-Szenen für Soli, Chor und Orchester und das Violinkonzert, das, in Joseph Joachims Nachlass gefunden, erst 1937 uraufgeführt worden war. Vor allem die Faust-Szenen hinterließen tiefen Eindruck. Danach wieder Abonnementskonzerte mit Gluck, Haydn, Brahms, Tschaikowski, Strauss, Ravel. Zur Faschingszeit wagte Szenkar etwas, was er in Deutschland noch nie gemacht hatte, was aber bekanntlich sein Moskauer Publikum ebenso geliebt und immer wieder eingefordert hatte wie das in Rio de Janeiro: einen Abend mit Musik der Familie Strauß – allerdings nicht im Rahmen der Abonnementskonzerte, sondern als Sonderkonzert. Der Erfolg war ein umwerfender, der Radetz-
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ky-Marsch musste wiederholt werden – nur: Das Publikum war ein anderes als bei den Abonnementskonzerten. Der Kritiker hoffte, dass die Besucher, die hier zum ersten Mal in einem Orchesterkonzert waren, es vielleicht auch einmal mit einer sinfonischen Veranstaltung versuchen möchten. Zwei Konzerte brachten überwiegend moderne Musik: Prokofjews Romeound-Julia-Suite Nr. 2, Hindemiths Mathis der Maler und Frank Martins Kleine konzertante Symphonie für Harfe, Clavicembalo, Klavier und 2 Streichorchester und vor allem König David von Honegger mit hervorragenden Sängern (Annelies Kupper, Marga Höffgen, Helmut Melchert). Vor zwei Beethoven-Abenden in Düsseldorf stand er noch in Köln in einer Benefizvorstellung von Fidelio am Pult, im neuen Großen Haus, dem dritten Kölner Opernhaus, in dem Szenkar nun im Laufe seines Lebens dirigierte. Die Kritiken waren begeistert, wie immer in Köln. Und die Kölner waren dankbar, dass er bei ihnen dirigierte: Szenkar gehörte zu den wenigen namhaften Dirigenten, deren Kölner Wirken die schlimme Zäsur durch die Nazibarbarei zu überbrücken half und etwas von den goldenen 20er Jahren in das Nachkriegsdeutschland hinüberrettete.544
Bei einem kurzen Erholungsurlaub im Sommer am Wörthersee traf er sich mit Wellesz, um mit ihm über seine V. Symphonie zu sprechen, deren Uraufführung er plante. Jazz-Abend
Die Saison 1957/58 begann mit einem Sonderkonzert, in dem Szenkar nach dem Strauß-Abend in der vorherigen Saison eine weitere Novität brachte: ein Konzert zusammen mit der Jazzband Kurt Edelhagen mit klassischer sinfonischer Musik, die Jazzelemente verarbeitet. Szenkar hatte einen durchaus lebendigen Draht zur Jazzmusik: Sein Sohn spielte bei einer damals bekannten Swingband in Düsseldorf, den Feetwarmers, und Szenkar, ungeheuer stolz auf seinen Claudio, schwärmte davon, was für ein perfekter und genialer Vibraphon-Spieler dieser sei. Er wird mit Sicherheit nicht nur eine der Sessions besucht haben. Außerdem passt das zu seiner Aussage, dass es in der Musik keine Schubladen gebe, sondern nur „gute“ und „schlechte“ Musik. Und beides – gute und schlechte Musik – gab es für ihn sowohl in der Klassik wie auch im Jazz. Jedenfalls: Er führte an diesem Abend Iberts Louisville-Concerto auf, Strawinskys Ebony-Concerto, Gershwins Rhapsody in blue (Franzpeter Goebels) und Liebermanns Concerto für Jazzband und Symphonieorchester. Die Kritik unter der Überschrift „Big old Szenkar begeistert Jazzenthusiasten“ befand:
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An Präzision und Klangglanz ließen er und das Sinfonieorchester sich von den großartigen Edelhägern nicht ausspielen, und mit Schmunzeln beobachteten wir, wie Szenkar das Blech – endlich mal mit voller Berechtigung – zu jenen barbarisch harten Stärkegraden anfeuerte, die für die Jazzmusik charakteristisch sind. Es war ein Konzert aus einem Guß, kurzweilig, vital, mit jugendlichem Feuer erfüllt.545
In den Abonnementskonzerten ließ er weiteres „Zeitgenössisches“ folgen: Blachers Paganini-Variationen und die Suite aus Bartóks Wunderbarem Mandarin, drei Fragmente aus Bergs Wozzeck und Hindemiths Nusch-Nuschi-Tänze, Prokofjews II. Klavierkonzert (Margot Pinter) und Strawinskys Feuervogel. Miklós Rózsa dirigierte die Uraufführung seiner Ouvertüre zu einem symphonischen Konzert, Walter Gieseler die Uraufführung seines Konzerts für Streichorchester. Die Kritik „erkannte dankbar an“, dass Szenkar „seinen ehrlichen Willen erkennen“ lasse, auch dem „Schaffen der Gegenwart gerecht zu werden“546 , konstatierte, dass er noch nie so viele zeitgenössische Werke in einer Saison gebracht habe, hoffte aber auch, dass dies keine negativen Folgen auf die Besucherzahlen haben werde. Die Presse befürchtete nun – nicht ganz konsequent – genau das, womit Szenkar bei der Verteidigung seines „altmodischen“ Programms immer argumentierte. Ein Abonnementskonzert bot wieder zwei Besonderheiten: Charpentiers Te Deum für Soli, Chor und Orchester gefolgt von Berlioz’ Großer Totenmesse für Tenorsolo, Chor und Orchester. Im Oktober waren eine Gastspielreise nach Holland zu einigen Rundfunksendungen und ein kurzes Gastspiel in Berlin (Ost) eingeschoben, bei dem er mit der Staatskapelle Händels Concerto grosso h-Moll, Bartóks I. Orchestersuite und Schuberts Große C-Dur-Symphonie aufführte. Die Presse befand: [... Er] bestätigte dabei seinen Ruf, einer der eigenwilligsten Dirigenten Deutschlands zu sein. Das machte ihn als Gastdirigenten hochinteressant, selbst wenn gewisse Spannungen zwischen ihm und der Staatskapelle noch nicht ganz ausgeglichen schienen. Es gehört wohl ein langes gemeinsames Arbeiten dazu, damit seine Feinnervigkeit und Eleganz völlig von einem Orchester aufgenommen und ausgedrückt werden können.547
Die Konzertabende des Jahres 1958 begannen mit einem Sonderkonzert, in dem Ausschnitte aus Wagner-Werken gespielt wurden. In Südamerika hatte Szenkar mit solchen Programmen Begeisterung hervorgerufen, in Nordamerika war man sie durch Toscanini gewohnt, in Deutschland hingegen waren sie längst aus der Mode gekommen. Mode hin oder her, die Rheinhalle war deutlich besser besetzt als bei den Abonnementskonzerten und am Ende bezeugte das Publikum „unge-
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wöhnlich lange seine Dankbarkeit“548. Szenkar hatte Birgit Nilsson eingeladen, die zwei Wesendonck-Lieder, die Hallen-Arie aus Tannhäuser und Brünhildes Schlussszene aus der Götterdämmerung sang. Ihr Auftritt wurde als Höhepunkt des Abends wahrgenommen. Im Abonnementskonzert eine Woche später führte Szenkar die IV. Symphonie von Mahler auf (mit Ilse Hollweg), die man damals noch recht selten hörte. Er nahm sie in den Folgejahren immer häufiger in seine Programme auf. Vor den Vorbereitungen für die Uraufführung von Wellesz’ V. Symphonie gab er noch Konzerte in Leipzig und Berlin. In Leipzig dirigierte er neben Bartóks I. Orchestersuite die Fünfte von Beethoven und begleitete Amadeus Webersinke im d-Moll-Klavierkonzert von Brahms. In Berlin musizierte er mit dem Radio-Symphonieorchester Schönbergs Verklärte Nacht, Tschaikowskis Pathétique und Prokofjews II. Klavierkonzert mit Shura Cherkassky als Solisten. Der Publikumserfolg war riesig. Wolfgang Stresemann, der Intendant der Berliner Philharmoniker, schrieb für die Rheinische Post einen schönen Bericht, merkte aber an: Als Szenkar vor dreißig Jahren die Kölner Oper leitete und eine lange Reihe seitdem noch nicht vergessener Musteraufführungen von Monteverdis „Orfeo“ bis zu „Wozzeck“ dirigierte, war sein Musizieren längst nicht so sehr im Bannes des Gefühls, sondern stärker auf Geist und Struktur des jeweiligen Werkes gerichtet.549
Die V. Symphonie von Egon Wellesz
Nach der Rückkehr also die Proben für Wellesz. Die Uraufführung in Anwesenheit des Komponisten war kombiniert mit Martinůs Concerto grosso für zwei Klaviere, Ravels La Valse und Vier letzte Lieder von Strauss, gesungen von Lisa della Casa. Szenkars Uraufführung hielt vorbildlich Balance zwischen leidenschaftlichem Nachzeichnen der musikalischen Gebärde und strengem Formengefüge und brachte dem anwesenden Komponisten einen herzlichen Erfolg bei den Düsseldorfer Konzertabonnenten.550
Szenkar schrieb an seinen Freund: Ich freue mich wirklich für Dich, daß unsere Aufführung so gut aufgenommen wurde. Du hast als Komponist einen sehr großen Erfolg gehabt, sowohl bei der Presse als auch beim Publikum, bei letzterem kommt bei neuen Werken ähnliches Zustimmen selten.551
Wellesz, der in England lebte, wollte die Aufnahme, die der Westdeutsche Rundfunk von der Uraufführung gemacht hatte, vom BBC gesendet haben. Sie wurde
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dort abgelehnt, mit der Begründung, man warte ab, bis man eine Aufführung mit einem „prominenteren Orchester“ erhalte. Wellesz war sehr empört und versuchte, in Wien eine Aufführung zu organisieren: I had last february two perfect performances of my 5th Symphony through Eugen Szenkár at Düsseldorf and a broadcast of the Symphony. W.D.R. offered the tape to the B.B.C. where it was rejected. I told this a friend of mine in Vienna and got after a week the news that the first critic of „Die Presse“ had contacted Radio Vienna, Radio Vienna telephoned to Szenkar, inviting him to conduct my Symphony and that performance will be in a Studio-Concert on Sunday 7th December! – No comment –!552
Eine Aufführung mit den Berliner Philharmonikern unter Szenkar wurde immer wieder hinausgeschoben, bis der Plan schließlich versandete. In Düsseldorf ging die Saison weiter mit Aufführungen von Karl Amadeus Hartmanns V. Symphonie, Bartóks III. Klavierkonzert (Annie Fischer), der alljährlichen Matthäus-Passion und einem begeisternden Brahms-Abend („Eugen Szenkar und sein Orchester hatten ihren großen Abend“)553 mit der I. Symphonie, der Akademischen Festouvertüre und dem Violinkonzert. Als Solisten hatte er Ricardo Odnoposoff eingeladen. Ende Mai wurde zum Saisonabschluss Beethovens Missa solemnis aufgeführt quasi als Generalprobe für die erste Auslandstournee des Städtischen Musikvereins. Sie führte nach Paris, wo die fast 200 Sängerinnen und Sänger zusammen mit dem Pariser Rundfunkorchester die Neunte von Beethoven und eben die Missa solemnis aufführten. Dr. Schab, der mitgereist war, berichtete von „hell aufrauschendem Erfolg“ und einer Einladung, im kommenden Jahr die Matthäus-Passion zu singen. Dies das Ergebnis einer, man darf schon sagen, glückhaften Stunde, an der zwei Nationen in friedlichem Miteinander beteiligt waren. Die Instrumentalisten und die Sänger zeigten sich unter dem überlegenen Dirigenten gegenseitig, bis zu welcher Leistungshöhe sie sich zu steigern wußten.554
Ehrenmitglied der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft Wien
Im Frühjahr hatte Szenkar ein Brief der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft in Wien erreicht. Deren Präsident, Professor Erwin Ratz, hatte ihm geschrieben: Anläßlich des ersten Jahrestages der Gründung der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft durch Bruno Walter am 11. November 1955 hat der Vorstand über Anregung von
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Frau Alma Mahler Werfel beschlossen, eine Reihe prominenter Musiker, die sich dem Werk Gustav Mahlers in besonderer Weise verbunden fühlen, zu Ehrenmitgliedern zu ernennen. [...] Mit großer Freude leiste ich der Anregung von Frau Mahler Folge und bittet Sie, die EHRENMITGLIEDSCHAFT der INTERNATIONALEN GUSTAV MAHLER GESELLSCHAFT anzunehmen.555
Natürlich nahm Szenkar diese Ehrung gerührt und stolz an. Er wurde auf der nächsten ordentlichen Generalversammlung zum 29. Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt. Gastspielreisen in Europa und Südamerika
Nach den Pariser Konzerten zu Saisonende reisten Szenkars nach Rio de Janeiro, wo Eugen mehrere Konzerte leitete, unter anderem ein Konzert, wie man es in Rio liebte: Kompositionen der Familie Strauß, darunter „unter unheimlichem Jubel des Publikums“556 den Radetzky-Marsch. Zum Ende seines Aufenthalts wurde ihm die Ehrenbürgerschaft von Rio de Janeiro verliehen. Nach kurzer Sommerpause begab er sich nach Budapest, wo er wieder beim Bartók-Festival dirigierte. Auf dem Konzertprogramm standen die I. und II. Orchestersuite von Bartók, dazwischen das III. Klavierkonzert, gespielt von Annie Fischer: Das gemeinsame Konzert, das Annie Fischer und Eugen Szenkár am Donnerstag gaben, wird eines der größten Erlebnisse des diesjährigen Bartók-Festivals bleiben.557
Zurück in Düsseldorf führte er zum 140-jährigen Bestehen des Musikvereins und anlässlich Haydns 150.Todestag Die Schöpfung auf. Haydns „Schöpfung“ aus Szenkars Hand bot einen monumentalen Eindruck in ihrer Mischung von sinfonischer Kompaktheit und kammermusikalischem Filigran.558
Nach einem Konzert mit dem Ehepaar Irmgard Seefried und Wolfgang Schneiderhan (Franck, Mozart, Mahler, Ravel), leitete er als letzten Abend in diesem Jahr Verdis Requiem, bevor er zu Gastspielen nach Athen, Wien, Paris und Budapest aufbrach. Zum Verdi-Requiem schrieb die Presse: Bewegend war vor allem, wie Szenkar die Singstimmen sprechen, beten und ganz verhalten aus der Stille heraus singen ließ. [...] Sichtlich ergriffen verließen die vielen Besucher die Rheinhalle nach der ebenso erregend wie still-verinnerlichten Aufführung.559
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Nach dem Konzert in Athen kam er gerade noch rechtzeitig zum Probenbeginn in Wien an, wo er mit den Symphonikern Wellesz’ V. Symphonie und Mahlers Vierte (mit Christiane Sorell als Solistin) aufführte. Gustav Mahlers „Vierte“ wurde von den Symphonikern unter Eugen Szenkar in einer Prachtaufführung dargeboten. Man muß schon bis Bruno Walter zurückgehen, um sich einer derart geschlossenen, die Gegensätze von Parodie und tiefempfundener Lyrik so ideal verschmelzenden Wiedergabe zu erinnern.560
Die Aufnahme der Mahler-Symphonie ist im Archiv der Wiener Symphoniker vorhanden, die der Wellesz-Symphonie ist leider verschollen. Auf der Fahrt nach Paris erkrankte Szenkar, dirigierte aber sein Konzert, von Spritzen aufrecht gehalten. Den weiteren Verlauf schilderte er Wellesz: Nach der Aufführung eilte ich sofort zur Bahn, um meinen Schlafwagen zu erreichen nach Budapest, aber da angekommen, ging es doch nicht weiter, die Spritzen u. div. Medikamente haben sich auf meinen Magen gelegt, ich kam in einem nicht beneidenswerten Zustand in der Nacht an, mein Bruder brachte mich ins Hotel, dann kam der Arzt und blieb bis 3h morgens (!) bei mir, ich mußte also alles absagen und nach etwa 3 Tagen reiste ich wieder zurück! [...] Ich glaube, in der Zukunft sollte ich doch etwas vorsichtiger sein u. nicht soviel annehmen!561
Letzte Saison in Düsseldorf
Die Konzertserie des Jahres 1959 begann mit Schuberts V. Symphonie, dem II. Klavierkonzert von Brahms mit Wilhelm Backhaus, Liebermanns Geigy-Festival-Concerto für Trommel und großes Orchester und den Nocturnes von Debussy unter Mitwirkung des Musikvereins. In die Partitur schrieb Szenkar: „Ein bravo für unsere Damen“. In Köln gab er ein Gürzenichkonzert mit Mahlers Lied von der Erde (mit Elsa Cavelti und Lorenz Fehenberger) und der Symphonie fantastique von Berlioz. Wie wenige aus der älteren Dirigentengarde ist Szenkar mit seiner leidenschaftlichen Intensität des Gestaltens zum Hüter und Deuter des Mahlerschen Erbes berufen, und er hat sich immer nachdrücklich für ihn eingesetzt. Wie sehr er Mahlers sinfonische Welt aus einer inneren Seelenverwandtschaft begreift, erfuhr man auch an diesem Abend.562
Mit einem Mendelssohn-Abend, feierte die Stadt den 150. Geburtstag ihres ehemaligen Generalmusikdirektors. Danach wieder einmal ein Beethoven-Abend mit den Symphonien II und VII und dem Es-Dur-Klavierkonzert mit Wilhelm Kempff. Die üblichen Einlassungen der Presse:
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Wie sehr man auch mit Professor Eugen Szenkar hadern mag, weil er in den sieben Jahren seiner Düsseldorfer Tätigkeit die Sinfonien und Konzerte Beethovens bis zum Überdruß wiederholt hat – er kann sich darauf berufen, daß das Publikum der ständigen Repetition des Gleichen nicht müde wird und daß die Rheinhalle bei einem normalen Sinfoniekonzert nur noch ausverkauft ist, wenn es ein Beethoven-Programm gibt.563
Die „ständige Repetition des Gleichen“ wurde unterdessen nicht mehr hinterfragt, sie war zum Selbstläufer geworden. Die II. Symphonie war erst einmal aufgeführt worden, die Siebte zweimal. Zum 200. Todestag von Händel gab es eine Festaufführung des Messias: Da der „Messias“ wahrscheinlich auch ohne Gedenktag über kurz oder lang wieder einmal aufgeführt worden wäre, es aber bei diesem Anlaß darauf ankam, jahrzehntelange Versäumnisse wettzumachen und auf die überwältigende Fülle der halbvergessenen Händelschen Meisterwerke hinzuweisen, erscheint uns die Wahl des Jubiläumswerkes etwas phantasielos. Aber wir machen ja nicht zum ersten Male die Erfahrung, daß Szenkar sich auf eine recht kleine Folge von Standardwerken zurückgezogen hat.564
Im April war Szenkar in Rom Juror beim 2. Internationalen Dirigierwettbewerb und konzertierte mit dem Orchester der Accademia di Santa Cecilia (Beethoven: Symphonien Nr. II und V und Klavierkonzert c-Moll mit Wilhelm Backhaus). In Düsseldorf folgten Konzerte mit Händel, Haydn, Beethoven, Brahms, Tschaikowski, Ravel und Mahler (I. Symphonie und die Lieder eines fahrenden Gesellen, gesungen von Dietrich Fischer-Dieskau). In seiner letzten Saison in Düsseldorf dirigierte er nur noch sechs Konzertserien, da eine Reihe von Gastdirigenten eingeladen war, die für seine Nachfolge infrage kamen. Er begann er mit einem Gedenkkonzert für Richard Strauss anlässlich von dessen 10. Todestag. Er brachte den Don Juan, Heldenleben und die Brentano-Lieder, gesungen von Clara Ebers, zu Gehör. Das nächste Konzert umfasste Werke von Johann Sebastian und Johann Christian Bach sowie Bruckners VII. Symphonie. Debüt der Philharmonia Hungarica in Deutschland
Kurz darauf stellte Szenkar die Philharmonia Hungarica vor. In Düsseldorf gab sie unter seiner Leitung ihr erstes Konzert in Deutschland. Auf dem Programm standen Webers Euryanthe-Ouvertüre, Beethovens V. Symphonie, Kodálys Suite aus Háry János und das III. Klavierkonzert von Béla Bartók. György Sebök spielte den Pianopart. Die Düsseldorfer lernten einen anderen Eugen Szenkar kennen:
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Szenkar wie neugeboren. Eugen Szenkar fand sich als Gastdirigent mit seinen ungarischen Landsleuten so spielend zusammen, daß seine Interpretationen einen Einruck hinterließen, den wir im Zusammenwirken mit dem Düsseldorfer Orchester oft vermißt haben. Die Werke, die er sich für sein Gastdirigat gewählt hatte, kennen wir von ihm aus seiner langen Tätigkeit in unserer Stadt. Trotzdem war es gut, sie noch einmal so mustergültig zu hören.565
Im Dezember führte er in Darmstadt die IV. Symphonie von Mahler (mit Gisela Vivarelli als Solistin) auf. Anfang 1960 ging er auf eine kurze Tournee mit der Philharmonia Hungarica, im Programm immer ein Werk von Kodály neben Beethovens V. Symphonie. Danach reiste er wieder nach Rom zur Accademia di Santa Cecilia, deren Orchester er sehr liebte, und dirigierte zwei Konzertabende (Haydn, Schumann, Brahms, Schönberg, Strawinsky, Ravel). In Berlin führte er mit den Philharmonikern Mahlers IV. Symphonie auf (mit Clara Ebers). Erst im März trat er in Düsseldorf wieder ans Pult. In der Rheinoper dirigierte er Fidelio als Gedenkvorstellung für die Nazi-Verfolgten. Nach zwei Beethoven-Abenden in Münster im April schließlich in Düsseldorf Bachs Hohe Messe, eine offenbar nicht sehr überzeugende Aufführung (die Rezensenten aller Düsseldorfer Zeitungen schrieben von Unsicherheiten beim Dirigieren, Unstimmigkeiten mit dem Chor). Er absolvierte noch ein Abonnementskonzert mit Mahlers IV. Symphonie (mit Christiane Sorell), bevor er erkrankte und das Mozart-Programm, das er während der tags darauf beginnenden „Woche der Internationalen Mozart-Gesellschaft“ dirigieren wollte (Es-Dur-Symphonie, c-Moll-Messe), an István Kertész abgeben musste. Zwei Wochen später leitete er in der Rheinoper eine Festaufführung des Rosenkavalier aus Anlass der Bundestagung des Richard-Wagner-Verbandes (Astrid Varnay war die umjubelte Marschallin), bevor er zu Saisonende sein Abschiedskonzert gab. Weshalb er Beethovens Neunte dirigierte anstelle der vorgesehenen II. Symphonie von Mahler, die im Programmheft stand, lässt sich nicht mehr eruieren. Er hatte jedenfalls geplant, sich mit Mahler zu verabschieden. Damit waren acht Jahre zu Ende, die er als „8 Jahre (!) des Leidens“566 beziehungsweise als „8 jähriges Martyrium (!)“567 bezeichnete. Düsseldorfer Nachlese
Sicher, die ständigen Streitigkeiten mit dem Generalintendanten, mit dem Oberspielleiter, Probleme mit der Stadtverwaltung und die Dauerangriffe der Presse hatten ihn zermürbt. Wobei der „Kritikerkrieg“ durchaus differenziert zu betrachten ist. Es ist müßig, sich über die Angriffe auf seinen Dirigierstil Gedan-
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ken zu machen – hier spielt zu viel Subjektives eine Rolle. Interessanter sind die grundlegenden Vorwürfe, die ihm die Presse machte. Da ist zum einen natürlich die spärliche Präsenz am Opernpult – da war Kritik durchaus berechtigt. Vor allem aber: zu wenig moderne Werke, zu viel Beethoven, ein kleines Repertoire, das immer und immer wiederholt wurde. Was das „kleine Repertoire“ angeht, so hat Szenkar in 8 Jahren in 76 Konzerten 180 Werke von 55 Komponisten dirigiert – da bleibt gar nicht so wahnsinnig viel Raum für ständige Wiederholungen. Es war übrigens nur etwa die Hälfte des sinfonischen Repertoires, das er beherrschte. Köhler schrieb in seinem Buch: Er war ein echter blut- und glutvoller Musiker mit einem enormen Repertoire, das er in- und auswendig beherrschte.568
Was den Anteil moderner Musik betrifft, so machte er etwa ein Drittel der aufgeführten Werke und über ein Drittel der Komponisten aus. Das Spektrum reichte von Strawinsky bis Hartmann. Zudem ließ Szenkar in mehreren seiner Konzerte zeitgenössische Komponisten mit eigenen Werken auftreten. Diese Aufstellung betrifft nur die Abonnementskonzerte, die er selbst dirigierte. In den Sonderkonzerten, für deren Programm er ja ebenso zuständig war, war viel moderne Musik vertreten – bis hin zu Luigi Nono. Er lud als Gastdirigenten Hermann Scherchen, einen ausgewiesenen Spezialisten für zeitgenössische Musik, ebenso ein wie Werner Egk. In fast allen Programmen der Kammermusikkonzerte findet man eine moderne Komposition. In seinen einführenden Erläuterungen zum Jahresprogramm war er immer bemüht, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Hörergruppen herzustellen: Bei der Aufstellung war ich hinsichtlich der Werkwahl bemüht, jenes gerechte Verhältnis zwischen dem klassischen Repertoire und den Zeugnissen der neuen Musik herzustellen, welches dem für die Gegenwartskunst interessierten Hörer genug Gelegenheit gibt, sich mit Dokumenten modernen Musikschaffens vertraut zu machen, ohne jenen Musikfreund zu verstimmen, dem ein Zugang zu der Sprache der Musik unserer Zeit noch nicht vollends gelang.569
Seine eigene Haltung war eindeutig, für ihn waren Dodekaphonie (jedenfalls zu einem großen Teil) und elektronische Musik „blutleere Experimente“, wie er in seiner Programmeinführung 1954/55 schrieb: Entscheidend bei der Auswahl dieser Beispiele des zeitgenössischen Schaffens war mir nicht die Zugehörigkeit des Komponisten zu einer bestimmten Richtung, sondern die Prüfung
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der Partitur daraufhin, ob es sich um klingende Musik handelt. Blutleere Experimente sind nicht für solche Konzerte bestimmt, die den Gegenwartsmenschen im höchsten Sinn erheben sollen, und die hierfür die Zuwendung unserer Kulturfonds erhalten.
In einem Interview in München sagte er: Ich war nie um jeden Preis modern, sondern ich war immer auf der Suche nach Qualität. Und ich bin es auch heute noch. Wenn man mir Stücke bringt, die Niveau haben – ich werde mich freuen, mich für sie mit ebensolcher Leidenschaft einzusetzen wie einst für Bartoks Werke.
Der Interviewer kommentierte: Das ist der Standpunkt eines Musikers und nicht eines Uraufführungs-Fans.570
In seinen Lebenserinnerungen schrieb Szenkar, er wäre „nicht müßig gewesen, weiter zu suchen und zu kämpfen“, wenn er jemanden entdeckt hätte, der wirklich etwas zu „sagen“ hat.571 Dasselbe betonte er immer wieder in Gesprächen und Interviews. Heinrich von Lüttwitz, der Szenkar aus Anlass seines 80. Geburtstages interviewte, erzählte, dass Szenkar plötzlich Feuer fängt, wenn er über Bernd Alois Zimmermann etwas Analytisches erzählt bekommt.572
Um seine Programmgestaltung in den Zeitrahmen der Fünfzigerjahre einordnen zu können, bietet sich ein Vergleich mit dem Musikleben in Köln an, das insofern ähnlich strukturiert war, als es auch dort eine Abonnementskonzert-Reihe des Städtischen Orchesters unter einem Städtischen Generalmusikdirektor gab. Diesen Gürzenichkonzerten, früher von Hermann Abendroth geleitet, stand seit 1946 Günter Wand vor. In der Zeit von 1952–1960, während Szenkar in Düsseldorf tätig war, dirigierte Wand in 75 Konzerten 138 Werke von 47 Komponisten. Ja, in der Tat, er wiederholte sich häufiger – die Fünfte von Beethoven dirigierte er in dieser Zeit viermal, die V. und VI. Tschaikowski-Symphonie dreimal. Wobei man die mehrmalige Aufführung eines Werkes innerhalb einiger Jahre differenziert sehen muss: Manche Werke wurden im Rahmen von Themenwochen der Stadt („französische Woche“, „russische Woche“), in Gedenkkonzerten oder zu offiziellen Anlässen (Kongresseröffnungen u. ä.) gespielt, besonders beliebt für Festkonzerte: die Neunte Beethovens. Bei Solistenkonzerten spielten sicher auch die Wünsche der Solisten eine Rolle – so hatte zum Beispiel Menuhin auf seiner
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Deutschlandtournee nur die Violinkonzerte von Beethoven und Brahms im Gepäck. Was den Anteil neuer Musik in Köln betrifft: Er lag im Gürzenich genauso wie in Düsseldorf etwa bei einem Drittel. Günter Wand, 20 Jahre jünger als Szenkar, hatte durch seine Verpflichtung auf Lebenszeit [...] Muße, ohne Seitenblicke auf Erfolgsmöglichkeiten die zeitgenössische Produktion zu studieren und sie nach einem langfristigen Plan seinen Hörern zu vermitteln.
So jedenfalls legte Die Zeit den künstlerischen Vorteil Kölns gegenüber Düsseldorf dar, das sich für einen [...] in russischer und südamerikanischer Emigration konservierten „Namen“
entschieden habe.573 Man musste sich eigentlich über das Gejammere und Gestichele der Presse keine Gedanken machen, wenn man die Realität erlebt hatte und wusste, was jedes Jahr aufgeführt wurde. Interessant ist in diesem Falle nur, dass der „Kritikerstreit“ nicht mit dem Ende der Szenkarschen Tätigkeit in Düsseldorf aufhörte. Die Vorwürfe, wenn sie denn oft genug vorgebracht wurden, hatten sich letztlich verselbständigt. Sie wurden repetiert, ohne dass ihr Wahrheitsgehalt hinterfragt wurde – und das noch über Jahrzehnte. Neukirchen führt in seinem Nachruf 17 Jahre später aus: So brachte er ein Programm mit den allerbekanntesten und bedeutendsten klassisch-romantischen Werken, während die Kritik von ihm auch die Vermittlung neuer Musik, die sein Vorgänger Heinrich Hollreiser von 1945 bis 1952 begonnen hatte, forderte. Aber Szenkar, der erst im Alter von 61 Jahren sein Düsseldorfer Amt antrat, hatte sich längst, genau wie Otto Klemperer, auf sein „musikalisches Glaubensbekenntnis“ – auf Beethoven, Brahms, Ravel und Debussy vor allem – zurückgezogen.574
Nahezu absurde Züge trägt die Fortsetzung des „Kritikerstreits“ 30 Jahre nach Szenkars Demission in Düsseldorf und 13 Jahre nach seinem Tod. Anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Düsseldorfer Symphoniker im Jahre 1990 hatte Margit Peischer, eine Geigerin des Orchesters, für die Festschrift „Ein Orchester feiert Geburtstag“ einen Beitrag über Eugen Szenkar verfasst. Sie schilderte darin die Flugblattaktion des Orchesters aus dem Jahre 1956 und kommentierte: Die folgende Pressekampagne gegen Eugen Szenkar ist kein Ruhmesblatt in der Kulturgeschichte der Stadt Düsseldorf. Bis heute wird sein Name lokal totgeschwiegen oder herabge-
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würdigt. In Düsseldorf hatte man nicht begriffen, daß ein Dirigent solchen Formats ein Glücksfall für die Stadt war, den es vor- wie nachher nicht gegeben hat. Die Rezensenten haben nicht verstanden, daß die Generation der großen Dirigenten am Aussterben war.575
In seinem Festvortrag (zum 125-jährigen Bestehen) über die Düsseldorfer Orchestergeschichte nahm Rainer Peters, damals Musikredakteur bei Westdeutschen Rundfunk, Bezug auf diesen Artikel und führte aus: Von seinem Dienstantritt bis heute sind knapp 40 Jahre vergangen [...] und trotzdem schlagen immer noch die wenigen verbliebenen Orchestermusiker jener 50er Jahre und der einzig verbliebene Musikkritiker, Alfons Neukirchen, heftig aufeinander ein, wenn die Rede von Szenkar ist. [...] Das Orchester repetiert unermüdlich, ein wie bedeutender Musiker Szenkar war [...], und Alfons Neukirchen beharrt eisern darauf, daß Szenkars Spielpläne eine einzige Katastrophe waren. Ich habe Szenkar nur einmal erlebt und möchte zu Punkt 1 nichts sagen, aber mein inniges Verständnis für einen jungen Kritiker äußern, der sich darüber empört, daß der neue Generalmusikdirektor die nun wirklich nie zu kurz gekommenen Beethoven-Werke ’rauf- und ’runterdirigiert, seine Lieblingsstücke aus diesem Fundus dann noch fast Jahr für Jahr wiederholt, sich offensichtlich kein neues Werk mehr einstudiert und die neue Musik – wenn sie dann stattfand – möglichst vom Komponisten dirigieren ließ.576
Nun, es ist müßig, die Punkte noch einmal im Einzelnen zu widerlegen, es sind im Text alle Werke aufgeführt, die Szenkar neu einstudiert hat, von Hartmann bis zur Uraufführung der V. Symphonie von Wellesz. Die Äußerung, er habe kein neues Werk mehr einstudiert, ist letztlich ehrenrührig, wusste doch Peters als Musiker genau, dass die Arbeit, eine Partitur durchzustudieren und zu analysieren dieselbe ist, egal ob man das Werk dann zur Aufführung annimmt oder nicht. Die „Antwort des Orchesters“ ließ nicht auf sich warten. Im Augustheft wurde ein Brief von Walther Schwarzburger abgedruckt, einem Geiger in Szenkars Orchester. Dieser stellt zunächst fest, daß Szenkar von allen Dirigenten Düsseldorfs das größte, ein wirklich umfassendes Repertoire gehabt habe, geht auf einzelne wichtige Aufführungen ein und endet mit dem Absatz: Was nun die übrigen Werke der heute „Klassischen Moderne“ angeht, die Szenkar damals in seinen Konzerten brachte, und die damals in ihrem Wert noch durchaus umstritten waren, so möchte ich die Leser nicht langweilen. Sie sind detailliert in der Festschrift genannt. Der Hinweis des Herrn Peters, er habe Szenkar nur einmal erlebt, reicht nicht aus, seine Unkenntnis zu erklären: „Kann er Geschriebenes lesen?“577
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Ja, das hätte man von einem Festredner schon erwarten können, dass er nicht die Kritiken, sondern die Programme liest! Neukirchen antwortete prompt im Oktoberheft mit der alten Überheblichkeit: Es ist zwar rührend, wenn Orchestermusiker auch noch nach Jahrzehnten sich für ihren früheren Chef einsetzen, wenn dieser Einsatz aber mit unsachlichen Attacken gegen Andersgläubige verbunden wird, muß protestiert werden.
Peters kenne die Geschichte des Düsseldorfer Orchesters wie kaum ein anderer und die Tatsache, dass er Szenkar nur einmal gehört habe, sei für die Analyse und qualitative Einordnung einer künstlerischen Gesamtleistung unerheblich.
Wohl wahr, aber was wurde analysiert – die Kritiken? Im Übrigen versicherte er: ... daß von all den Düsseldorfer Musikdirektoren in der Nachkriegszeit Eugen Szenkar keineswegs „eines der bedeutendsten Kapitel der Düsseldorfer Orchestergeschichte“ geschrieben hat, wie die Redaktion des TONHALLEMagazins behaupten zu können meint. Die Wahrheit ist, daß es das antiquierteste und reaktionärste gewesen ist. Das, was Herr Schwarzburger aus dem Szenkar-Programm herausliest, hatte Düsseldorf von dem ehemaligen Avantgardisten Szenkar erwartet. [...] Gerade weil Szenkar die Überzeugungen seiner Jugend hier völlig preisgab, war die Enttäuschung umso größer.578
Die Logik seiner Ausführungen erschließt sich nicht ganz. In demselben Heft wurde noch ein weiterer Brief in der „Causa Szenkar“ veröffentlicht. Wilfried Trübiger, ein treuer Konzertbesucher von der Ära Hollreiser an, zeigte sich erfreut, dass in der neu aufgenommenen Rubrik „Ihre Meinung“ als erster Beitrag eine Stellungnahme zu Szenkar abgedruckt worden sei. Er führte aus: Dieser Dirigent war wohl in der Nachkriegszeit die bedeutendste Persönlichkeit, welche die Düsseldorfer Symphoniker als Chef je hatten. Wie man hört, geraten diejenigen Musiker, die noch unter seiner Leitung gespielt hatten, heute immer wieder ins Schwärmen, wenn der Name Eugen Szenkar fällt. Es ist in der Tat unsinnig, wenn man ihm [...] vorgeworfen hatte er würde „immer wieder Beethoven-Symphonien rauf und runter dirigieren“.
Die heutigen [1990] Fehlbeurteilungen von Szenkars Leistungen seien vor allem darin begründet, dass man sich auf Pressebeurteilungen stütze und nicht auf seine Interpretationen:
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Um heute der Dirigentenpersönlichkeit Eugen Szenkar wirklich gerecht werden zu können, sind authentische Bandmitschnitte vonnöten (nicht die alten Kritiken von Neukirchen u. a!).579
Das war wohl der entscheidende Satz. Die ganze Diskussion war eher tragikomisch, da die Kontrahenten von völlig verschiedenen Dingen sprachen. Die Szenkar-Bewunderer meinten den Interpreten Szenkar, Neukirchen meinte die Programmgestaltung. Neukirchen hatte immer Probleme, seine Begeisterung für den Dirigenten Szenkar in Balance zu bringen zu seiner Mission als Musikkritiker, der für die Publikumserziehung kämpfen wollte. Für Peischers Vorwurf, Szenkar werde gezielt totgeschwiegen, gibt es durchaus Indizien. So wurde zum Beispiel die Rundfunk-Sendung eines „Portrait Eugen Szenkar“, das Gert Fischer, damals Leiter des Otto-Ackermann-Archivs in Heidmoor (Schleswig-Holstein), gestaltet hatte, kurzfristig aus dem Programm genommen, obwohl die Sendung bereits im Rundfunkprogramm ausgedruckt und vertraggemäß honoriert (!) worden war. Der WDR war zu keiner Zeit bereit, dem Autor gegenüber diese Entscheidung zu begründen. Eine Intervention Fischers, das Porträt wenigstens zum 100. Geburtstag ins Programm zu nehmen, war ebenso erfolglos. So viel zum „Martyrium“ Szenkars. Auch in anderer Hinsicht hatte er wohl keine sehr leichte Zeit. Gesundheitliche Probleme nahmen stetig zu und der Verlauf des Wiedergutmachungsverfahrens, das er 1952 eingeleitet hatte, nahm ihn mit Sicherheit psychisch mit. Ab 1955 hatten sich Erkrankungen, mehrwöchige Krankenhaus- und Sanatoriumsaufenthalte gehäuft. Als Diagnosen seiner Ärzte liest man unter anderem Durchblutungsstörungen, Kreislaufkollaps, Gallenkoliken und immer wieder Mittelohrentzündungen und Tinnitus. Ein Arzt diagnostizierte „Verdacht auf Menière-Krankheit“. Zu deren Leitsymptomen gehören Schwindelanfälle mit Übelkeit und Erbrechen, Tinnitus und fluktuierende Schwerhörigkeit. Das würde durchaus zu Szenkars Krankheitsbildern passen. Wobei Tinnitus und zeitweilige Schwerhörigkeit in seinem Beruf gewiss besonders unangenehm waren.
Wiedergutmachung Von den ersten Berufungsverhandlungen mit Köln, Mannheim und Düsseldorf an spielte der Rückkauf in die Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen in Mün-
Wiedergutmachung |
chen eine Rolle, aus der Szenkar 1934 ausgetreten war. Er hätte sich mit einer beträchtlichen Summe wieder einkaufen können. Alle drei Städte versicherten, ihm dabei behilflich sein zu wollen. Bei den Verhandlungen mit Düsseldorf stellte er die Frage zunächst zurück, da er den Ausgang seines Wiedergutmachungsverfahrens abwarten wollte. Den Antrag auf „Anerkennung als Verfolgter“ hatte er Ende 1952 gestellt. Nach dreijährigem Verfahren wurde ihm die Anerkennung versagt, da er erstens nicht schlüssig nachweisen konnte, dass er politisch gefährdet war – aus der Gestapohaft war er ja wieder entlassen worden –, und vor allem, da er nicht nachweisen konnte, dass er drei jüdische Großeltern hatte. Er gab zwar eine eidesstattliche Erklärung ab, dass die Eltern seines Vaters und der Vater seiner Mutter jüdisch waren, hatte aber keinerlei schriftlichen Dokumente aus seinem Elternhaus, das von den Nationalsozialisten geplündert worden war. Ironie des Schicksals, 1933 konnte er keine arischen Vorfahren nachweisen, zwanzig Jahre später keine jüdischen. Nachdem er also kein „Verfolgter“ war, wollte er seine Berufsschädigung nachweisen – immerhin hatte er bis 1940 keine feste Lebensgrundlage und war immer wieder auf die finanzielle Unterstützung seines Schwiegervaters angewiesen. Auch in diesem Verfahren mahlten die Mühlen der Behörden langsam und gründlich. Die Stadt Köln, deren Stellungnahme eingeholt worden war, gab zu bedenken, dass Szenkars Vertrag ja sowieso 1933 ausgelaufen sei (es gab wegen der Wirtschaftskrise nur Jahresverträge!) und es gar nicht sicher sei, dass er – auch wenn die Machtergreifung nicht stattgefunden hätte – verlängert worden wäre, da es in der Zentrumspartei erhebliche Widerstände gegen ihn gegeben hätte. Hofmüller bestätigte schließlich, dass er mit Szenkar bereits Ende 1932 bzw. Anfang 1933 übereingekommen sei, seinen Vertrag zu verlängern. Nach fünf langen Jahren mit Anwaltsterminen, Abfassung eidesstattlicher Erklärungen durch Hermine und ihn, Beschaffung von Dokumenten aus verschiedenen Ländern, Vorladungen beim Wiedergutmachungsamt und teils recht entwürdigenden mündlichen Befragungen wurde ihm schließlich wegen „Schadens im beruflichen Fortkommen durch Verdrängung aus einer unselbständigen Erbwerbstätigkeit“ 1960 eine Entschädigung zugesprochen, die ihm neben einer höheren Einmalzahlung eine kleine monatliche Rente auf Lebenszeit sicherte.
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VIII Reisedirigent in Europa
Szenkar war nach seiner Demission in Düsseldorf also „frei“ für Gastkonzerte, wie er seinem Freund Wellesz schrieb. Was fing er mit seiner neuen Freiheit an? Er musizierte vor allem mit Orchestern, die er besonders schätzte, so etwa mit der Philharmonia Hungarica, mit dem Orchester der Accademia di Santa Cecilia in Rom, mit den Berliner Philharmonikern und er konzertierte so oft wie möglich in Budapest. Nach wie vor dirigierte er gerne in Köln, sei es in der Oper, sei es im Gürzenich. Und er setzte häufiger Mahler-Werke auf seine Programme, wenn auch das Spektrum kleiner wurde: meist die Symphonien I, III, IV. Daneben aber war er ein gefragter Einspringer bei plötzlichen Erkrankungen von Kollegen. Das heißt, er hat sich nicht geschont, war wie früher ständig unterwegs, zu Hause studierte er neue Partituren, die ihm zugesandt wurden, gab außerdem Absolventen verschiedener Musikhochschulen den letzten Schliff; er sollte sie „zur Toscanini-Reife bringen“, wie er manchmal scherzhaft sagte. Allerdings musste er auch immer wieder Gastspiele, unter anderem in Tokio, absagen, da seine Krankheitsausfälle sich häuften. Anfang der 60er Jahre kaufte er eine Villa mit großem Garten in Dino, einem kleinen Örtchen in der Nähe von Lugano, bezaubernd am Hang gelegen, mit (damals noch) freiem Blick auf Bergwälder, schroffe Felsabfälle und den Luganer See. Dort verbrachte er meist die Sommermonate. Gastspielreisen
Nachdem er 1960 in Düsseldorf nicht mehr alle geplanten Mahler-Projekte im 100. Geburtsjahr Mahlers verwirklichen konnte, dirigierte er in Köln und Frankfurt Werke von Mahler. Im Gürzenich gab er, um seinen Kollegen Mitropoulos nicht zu desavouieren, anstelle der geplanten III. Symphonie, einen Mahler-Abend mit den Kindertotenliedern (mit der überragenden Sona Cervena als Solistin), mit Mahlers Erster und Einzelsätzen aus der V. und VII. Symphonie (Adagietto bzw. Nachtmusiken). Der erläuternde Text in der 1988 erschienenen Geschichte des Gürzenich-Orchesters hätte ihn wohl befremdet: Ein reines Mahler-Programm, das die noch wenig populären Sinfonien Nr. 5 und Nr. 7 mit ihren eingängigsten Sätzen „schmackhaft“ machen sollte.580
Offenbar war nach 1000 Jahren Mahler-Abstinenz ein „Schnupperkurs“ vonnöten. Etwa 30 Jahre früher hatte Szenkar beide Symphonien in Köln aufgeführt und der Kritiker hatte damals konstatiert, dass:
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[...] durch Szenkars systematische Erziehung in Köln eine dankbare Mahlergemeinde vorhanden ist.581
In den Frankfurter Museumskonzerten brachte er wieder Mahlers Erste (neben Händel und Schumann) und der Rezensent freute sich, dass endlich Mahlers Geburtstags gedacht würde: Eugen Szenkar, einer der profiliertesten, verehrungswürdigsten unter den Altmeistern des Taktstocks – und jeder Zoll ist Musik an ihm – stand am Dirigentenpult. [...] Dann brachte Szenkar, worauf wir am [sic] hundertsten Geburtsjahr des Komponisten bisher vergeblich gewartet haben, eine Mahler-Ehrung. 582
Im Folgejahr gab es eine Tournee mit der Philharmonia Hungarica und Andor Foldes. Wichtige Ereignisse für ihn waren die Salome-Aufführungen an der Staatsoper in Budapest zu seinem 70. Geburtstag und die Tannhäuser-Aufführung in Düsseldorf anlässlich seines 50-jährigen Dirigenten-Jubiläums. Professor Eugen Szenkar machte sich aus Anlaß seines 50jährigen Dirigenten-Jubiläums selbst das schönste Geschenk. Er leitete im Düsseldorfer Haus der Deutschen Oper am Rhein die von uns bereits besprochene „Tannhäuser“-Aufführung [...]. Szenkar bot eine runde Meisterleistung. [...] Ohne Uebertreibung darf man behaupten, daß Szenkars Leistung der Höhepunkt des Abends war. [...] Wir sagen das um so lieber, als wir in den vergangenen Jahren häufig in Opposition zum ehemaligen Leiter des Düsseldorfer Musiklebens standen. Man kann ihm zu seinem Jubiläum aufrichtig und ohne Phrase gratulieren.583
1962 begann mit einer Monster-Tournee mit den Bamberger Symphonikern, die er nach der Erkrankung von Rudolf Kempe übernommen hatte: 16 Konzerte in 16 Tagen. Das heißt: Ankunft spät in der Nacht oder am nächsten Vormittag am Konzertort, Saalprobe, Konzert. Man erinnere sich, er war unterdessen fast 71 Jahre alt. Im Mai war er wieder in Rom als Juror beim 3. Internationalen Dirigierwettbewerb. Interessante Konzerte gab es in Köln mit Bruckners Siebenter, in Budapest mit Mahlers Vierter und vor allem in Passau: Der Vatikan hatte eine Kirchenaufführung der V. Symphonie von Bruckner gestattet. Szenkar dirigierte sie im Rahmen der Europäischen Wochen im Passauer Dom: eine ungeheuer eindrucksvolle, ergreifende Aufführung. Das Jahr endete unerfreulich. Auf der Rückreise von einem Konzert in Lübeck stürzte er am Hamburger Bahnhof unglücklich. In der Woche, die er daraufhin in Düsseldorf im Krankenhaus verbringen musste, starb sein Bruder Dezső in Buda-
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pest. Er konnte weder an dessen Beisetzung noch an den Festlichkeiten zu Kodálys 80. Geburtstag teilnehmen. Kodály sandte ihm telegrafisch die bezaubernden Zeilen: Betrübt, Glanz und Wärme Ihrer Gegenwart vermissen zu müssen, wünschen baldige Besserung und erbitten beruhigende Nachricht darüber.584
Mit Fidelio und Rosenkavalier beschloss er das Jahr an der Kölner Oper. 1963 hielt er sich viel in Rom und Budapest auf, dazwischen dirigierte er immer wieder Konzerte in Deutschland. In Rom führte er in der Accademia di Santa Cecilia die Dritte von Mahler auf (mit Genia Las als Solistin), in der Oper dreimal den Rosenkavalier, bevor er im Sommer sechs Wochen in Ungarn verbrachte. Schon Ende April fand er: Ich bin doch verrückt, so viel zu arbeiten und ich werde alles einschrenken [sic], – was zu viel ist ist zu viel! Eine „schöpferische Pause“ will ich mir einlegen.585
In Budapest gab er Fidelio und Tristan und Isolde in der Staatsoper. Bei der Besprechung des Fidelio gibt der Rezensent ein schönes Bild von Szenkars Arbeit am Pult: ... in großer Spannung, jeden Augenblick bereit, seinen Künstlerkollegen über unerwartete Hindernisse bei der schwierigen Aufführung hinwegzuhelfen. [...] Wie oft hat er den Fidelio dirigiert? Seine Bewegungen sind außerordentlich einfach, er geht sparsam mit seinen Kräften und mit der Aufnahmefähigkeit seiner Darsteller um. Es gab Phrasen, bei denen er nicht bis zu Ende dirigierte, weil er wußte, dass seine Musiker sie von selbst präzise zu Ende bringen würden. An anderer Stelle dirigierte er nicht die Instrumente, die die Hauptmelodie spielten, sondern ein bisher kaum wahrgenommenes ornamentales Motiv in den Holzbläsern. Wie ein strenger Lehrer seine faulen Schüler, so tadelte er mit Blicken die Sänger, die in Ensemblepassagen mit weniger Intensität sangen, als in den Soloarien. Auf jedes Sechzehntel genau weiß er, welchem Mitglied des Sänger-Chor-Orchester-Ensembles welche Stelle Schwierigkeiten bereitet – er blickt ihn vorher ruhig an und hilft ihm wieder auf die Höhe. Auf ein kleines Zeichen von ihm betonten die Celli ihre Stimme nicht ausreichend, da richtete er einen langen, fragenden Blick auf die Mitglieder, stieß die linke Hand energisch nach vorne, den Oberkörper zu ihnen gebeugt – und die Celli reagierten von da an auf alles. [...] Und was wir auch bei den größten selten sehen: die höchste Intensität, die größten dramatischen Höhepunkte kann er dadurch erzeugen, dass er genau die Momente kennt, in denen er das Ensemble aufrütteln muss, während er sie zwischen solchen „Pfeilern“ nicht ständig antreibt, keine überflüssige Aufgeregtheit duldet.586
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Und zum Tristan schrieb derselbe Kritiker: Als wenn er zeigen wollte, dass die oft mit falschem Pathos beladene, Wagner mit romantischem „Wogen“ in ein langweiliges Rauschen und eine narkotische Undeutlichkeit zwingende Interpretation ein Missverständnis ist. [...] Er weiß und macht uns deutlich, dass unterdrücktes Schluchzen, das Schimmern von Tränen ergreifender ist als jeder sich an die Brust schlagende, herzzerreißende, schmerzliche Ausbruch.587
Nach drei Wochen Erholung in Ungarn dirigierte Szenkar zwei Konzerte mit der Nationalphilharmonie im Karls-Garten in Budapest. Hauptwerk des ersten Konzerts war Schuberts C-Dur-Symphonie, am zweiten Abend standen Kodálys Psalmus hungaricus und Beethovens Neunte auf dem Programm. Mit beiden Werken hatte er überwältigenden Erfolg bei seinen Landsleuten, die ihn unterdessen vergötterten. Am Ende einer Kritik las man: In der Pause sagte Eugen Szenkar mit ergreifender Bescheidenheit, dass die Kritik ihn verwöhne. Wir finden, er verwöhnte mit seinen Aufführungen in der Oper und im Karls-Garten die Zuhörerschaft.588
Dazwischen immer wieder Gastspiele in Köln. Sein Mozart-Stil (hier: Don Giovanni) rief noch immer Begeisterung hervor: Seine genaue, immer auf Klarheit der Melodie und Plastik der Form bedachte Auslegung atmet Mozarts Geist. Szenkar nimmt verhaltene Tempi, die das Melos frei und natürlich sprechen lassen. So hat Strauss einst Mozart musiziert. So strömt Wärme in die Arien, wird die Dynamik schlank, wird auch dem vollen, dramatisch gespannten Klang die schwebende Musikalität bewahrt.589
Anlässlich eines Konzerts mit den Berliner Philharmonikern bei der „Berliner Woche“ in Oberhausen (Beethoven, Brahms) stellte der Rezensent fest, dass Orchester und Dirigent „in ungewöhnlicher Wärme“ zueinanderfanden.590 Mit der „schöpferischen Pause“ wurde es einstweilen nichts. Das Jahr 1964 begann wieder mit einer Tournee mit den Bamberger Symphonikern, wieder in Vertretung für den erkrankten Rudolf Kempe. Diesmal standen 19 Städte in 19 Tagen auf der Agenda. Als Solisten hörte man an jeweils mehreren Abenden Shura Cherkassky und Henryk Szeryng. Unterdessen konnte man aus den Kritiken gut das Alter der Rezensenten ablesen, die „von alten Zeiten“ schwärmten:
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Abb. 7: Ausriss eines Briefes von Szenkar (13.11.1964) an Familie Rauch, in dem er über die Bruckner-Rezeption in Budapest berichtet. HHI
Transkription: Ich hatte mit der 7. Symphonie von Bruckner für diese herrliche Symphonie eine Lanze gebrochen! Unverständlich, daß Bruckner dort nicht populär ist, dabei die Nachbarschaft Wiens sollte größeren Einfluß auf die ungarische Musikwelt haben. Umsomehr freute ich mich über den eindeutigen Erfolg dort! – Und nun bin ich wieder in Düsseldorf und werde mich wirklich ausspannen, so wie ich’s mir vorhatte! Ich glaube bestimmt, es wird mir die Ruhe gut tun! Ihnen allen meine allerherzlichsten Grüße von Ihrem Szenkar
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Wer ihn noch aus seiner Frankfurter Zeit kannte, als er, schlank und dunkelhaarig, mit Elan und Impetus am Pult von Oper und Museumskonzerten stand und begeisterten Hörern in lebendiger Erinnerung blieb, durfte mit doppelten Erwartungen einer Wiederbegegnung entgegensehen. Viele Jahre sind inzwischen vergangen – an Stelle des feurigen, jungen Dirigenten erscheint jetzt ein Grandseigneur auf dem Podium, weißhaarig, von der Reife und Würde langer Lebenserfahrung umgeben. Die Glut seiner jungen Jahre ist geblieben, sie erscheint jedoch von Weisheit geprägt und stößt in tiefere innere Bereiche. [...] Wie oft sie [Pathétique] schon zu hören war – nie erschien sie so großartig und zu Herzen gehend wie unter Szenkars Leitung.591 Zu seinen [...] Pioniertaten zählt die Berliner Erstaufführung des „Boris Godunow“ von Mussorgsky [...]: eine Premiere, deren triumphaler Erfolg mir unvergeßlich geblieben ist. Inzwischen ist Eugen Szenkar ein gelassener Herrscher am Pult geworden. Die zartfließende Geisterstimmung des „Zauberlehrlings“ beschwört er mit einem Minimum an Gestik. Die kleinste Bewegung genügt, um spontane Reaktionen zu erwecken. Mit sparsamer Zeichengebung, ohne Taktstock, leitet Szenkar das große Orchester wie ein Kammerensemble.592
Der Sommer gehörte wieder Budapest, wo er drei Freiluftkonzerte dirigierte, zwei davon in Budapest, im Karls-Garten, eines in Mártonvásár, dem Zentrum der ungarischen Beethoven-Verehrung. Die Freilichtbühne befindet sich dort zu Füßen einer riesigen Beethovenstatue. Dann aber musste er gesundheitsbedingt aussetzen. Mit Ausnahme eines Konzertes in Budapest sagte er alle Verpflichtungen für die gesamte Saison 1964/65 ab, auch die Konzertreise nach Tokio. Meine sogen. „schöpferische Pause“ ist Wirklichkeit geworden, diesmal vielleicht nicht aus eigenem Trieb, sondern aus gesundheitlichen Gründen nötig geworden. Jedenfalls dirigiere ich in dieser Saison kein Konzert und keine Opern – ich muß mich ausruhen! 593
Das Budapester Konzert im November war ihm sehr wichtig, da er mit Bruckners Siebenter eine Lanze für diesen Komponisten brechen wollte, den er sehr liebte, den seine Landsleute aber nicht voll zu würdigen wussten, wie er das immer wieder bedauernd erwähnte. Auch 1965 unternahm er nicht sehr viel. Er war wieder in Rom beim Dirigentenwettbewerb, dirigierte einige Konzerte in Deutschland, so zum Beispiel in Berlin in Vertretung für Claudio Abbado. Die Einladung nach Rio de Janeiro nahm er letztlich nicht an – „zu lange Reise“.
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Das Jahr 1966 begann er, gerade von einer Erkältung genesen, in Budapest mit Beethovens I. und IX. Symphonie. Das Reisen machte ihm, namentlich im Winter, immer weniger Freude: Mir graut es vor der langen Reise [nach Budapest] in diesen Wintermonaten und wo man an den zugigen Bahnhöfen, wo dann noch regelmäßig die Züge mit großer Verspätung einlaufen, oft stundenlang stehen muß!594
Anlässlich seines 75. Geburtstags dirigierte er in Köln den Fidelio. Der Kreis hatte sich geschlossen, noch einmal leitete er in Köln seine „Schicksalsoper“. Das Beste, was man von seiner Dirigentenleistung sagen kann: daß sie weiterhin alle früheren Eindrücke bestätigt und daß sie, darüber hinaus noch, nunmehr einem 75jährigen zu verdanken ist, der völlig ungebrochen am Pult steht. Szenkar dirigiert straff, elastisch und glutvoll, dramatisch intensiv und voller Feinhörigkeit im Lyrischen. Die glanzvolle „Leonore III“, die er 1957 wegließ, durfte ihm diesmal als sinfonische Festbarkeit gern zugestanden werden.595
Den August verbrachte er in seinem Tessiner Haus, um Kraft zu tanken für die neue Saison, die er in Budapest beginnen wollte. Eine Operation und ein längerer Klinikaufenthalt machten ihm wieder einen Strich durch die Rechnung. Ich werde nicht nach Budapest reisen können, da ich mich übermorgen zu einer Operation ins Krankenhaus begeben muß und mich voraussichtlich 3 Wochen dort aufhalten werde. Und zu Folgen: ich habe alle meine Konzerte absagen müssen und das ist bitter für mich! Jedenfalls in diesem Jahr ist es mit Musizieren nichts! Was mir dadurch an künstlerischen und finanziellen Schäden entstanden sind, werden Sie sich denken können!596
Es mag überraschen, dass ihm der finanzielle Schaden einer Erwähnung wert war. Aber er, der aus einem nicht begüterten Elternhaus stammte, der als sehr junger Dirigent und nach 1933 immer wieder von der Hand in den Mund leben musste und auf Unterstützung durch andere angewiesen war, lebte immer in der Sorge, seiner Familie kein adäquates Leben bieten zu können. In den nächsten Jahren wurden die Ruhepausen immer länger, die Konzertreisen weniger. Mehrmals musste er Gastspiele in Budapest absagen. Ein viel beachtetes Konzert gab er im Januar 1969 in Marl mit der Philharmonia Hungarica. Neben Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543 und Schuberts Großer C-Dur -Symphonie dirigierte er die Tänze aus Galánta von Kodály. Er war körperlich unterdessen recht hinfällig:
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Von allen Dirigenten, die bisher die Philharmonia Hungarica leiteten, ist der greise Professor Eugen Szenkar sicher die ehrwürdigste Erscheinung gewesen. [...] Er dirigiert sitzend, ohne Pult, ohne Taktstock und Noten. Indem er die geringste Möglichkeit gestalterischer Einflußnahme wahrnimmt, gibt er seine knappen und sensiblen Andeutungen allein aus innerer Kenntnis und unveräußerlichem Besitz der Partitur. Ob die Mitglieder des Orchesters sich in intuitiver Einmütigkeit der Führung jenes Mannes von äußerster physischer Zartheit unterwarfen, oder aber allein dem Druck seiner künstlerischen Autorität nachgaben, es kam auf dasselbe heraus, nämlich auf ein beglückendes, von gegenseitigem Einverständnis getragenes Zusammenwirken. [...] Die Zuhörer dankten lange, wiederholt seine Rückkehr aufs Podium fordernd, sie zeigten Ergriffenheit.597
Die Bitte, mit dem Orchester auf Tournee zu gehen, lehnte er ab. Er wollte keine großen Reisen mehr machen. Der 80. Geburtstag
Er widmete sich verstärkt einer Aufgabe, zu der ihn seine Umgebung regelrecht prügeln musste: Er verfasste seine Erinnerungen. Sie sollten zu seinem 80. Geburtstag veröffentlicht werden. Nun, es hat bis zu seinem 123. Geburtstag gedauert – erst jetzt kann die Nachwelt seine Erinnerungen lesen. Zu seinem 80. Geburtstag wurde er eingeladen, in Köln die Carmen zu dirigieren. Ein schöner, sehr menschlicher Zug der Kölner Theaterleitung, ihren emeritierten Generalmusikdirektor Eugen Szenkar zu seinen Fest- und Ehrentagen ans Pult der Oper zu bitten. In den herzlichen Beifall nach der „Carmen“-Aufführung, die er jetzt anläßlich seines 80. Geburtstags dirigierte, mischten sich dankbare Erinnerung und Respekt vor einem großen Lebenswerk. [...] Mit dem ersten Aufklingen des Schicksalsmotivs kann Szenkar umreißen, was ihm vorschwebt: eine von Effekten, nicht von Affekten befreite „Carmen“, dabei aber ruhig, wissend, weise. [...] Wunderbar sich dehnende Tempi zuweilen, parabolische Spannungskurven. Nicht daß Szenkar Bizet verwagnerte, immer wieder wurden einem die spezifisch französischen Qualitäten der Musik bewußt, weit mehr als bei sonstigen „Carmen“-Vorstellungen in Köln. Und doch braucht man nicht zu verschweigen, daß der Kontakt zwischen Bühne und Orchester nur schwer gewahrt blieb und manches, was Szenkar vorzuschweben schien, nur im Ansatz realisiert wurde.598
Der Geburtstag selbst wurde in Dino mit Gästen aus aller Welt gefeiert. Im Düsseldorfer Interview zu seinem 80. war zu lesen: Eugen Szenkar hat am 9. April wahrscheinlich viel mehr Sonne als wir hier haben. Es zieht den alten ungarischen Zugvogel, statt wie früher um den halben Globus, in sein Dörfchen
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Dino bei Lugano. Seine Frau, Kölnerin, ist vorausgefahren und bereitet zu seinem 80. Geburtstag schon einiges vor. In seiner kleinen Düsseldorfer Etage am Rheinufer lebt er häufig einsam. Am Luganer See dagegen genießt er den Traumblick auf Wasser, Stadt und Berge, geht unter seiner Pergola spazieren, blättert in Philosophiebüchern und empfängt nicht wenig Besuch.599
Szenkar erzählte: Ja der Tag meines 80. war sehr animiert und ich bekam aus aller Länder viele Beweise von Dank und Anerkennung und die Kölner Oper hat sogar eine Fest-Vorstellung unter meiner Leitung gegeben und anschliessend ein grosser Empfang bei Anwesenheit aller Honoratioren. Es war wirklich schön! [...] Dirigieren werde ich in Zukunft etwas wenig, ich habe genug gemacht im Leben, so will ich mir nur aussuchen, was mir wirklich Freude macht!600
Letzte Lebensjahre
Sehr viel hat er nicht mehr ausgesucht, es wurde recht still um ihn. Im Frühjahr 1972 sagte er, er wolle vielleicht für immer nach Dino ziehen. Er liebte dieses Fleckchen Erde, die Wärme, die Luft, die Blumen in seinem Garten. Ältere Leute in Dino erinnern sich noch gut an das Ehepaar Szenkar, das jeden Tag zusammen zur Post und zum Einkaufen ging während der kurzen Sommermonate, in denen er sich dort ausruhte. Der „weiße Hut“ des Maestro wird in keiner Erzählung vergessen, hatte vor allem die Kinder des Dorfes sehr beeindruckt – es ist wohl der helle Strohhut gemeint, den er auf einigen Fotos aus Dino trägt. Nachbarn erzählen, dass Hermine selber kochte – italienisch – und Saft machte aus den Trauben der Weinstöcke, die die lange Einfahrt säumten. Der Maestro hingegen saß stundenlang am Klavier. Die Wintermonate verbrachte er nach wie vor in Düsseldorf, wenn er auch nicht mehr konzertierte. Am 25. März 1977 starb Szenkar in Düsseldorf. In den Nachrufen wurde des „Wortführers avantgardistischer Kunst“, des „Anwalts Mahlers und Bartóks“, aber auch des „Traditionshüters der großen klassischen und romantischen Sinfonik und Oper“ gedacht. In Rio führte das O.S.B. zu seinem Gedenken Ein Deutsches Requiem von Brahms auf. Einen Eindruck von seinem Leben der letzten Jahre vermittelt der Nachruf in der Zeitschrift Musica: [Szenkar] hat nicht, wie es Klemperer vergönnt war und wie es Karl Böhm zu Gebote steht, bis ins höchste Alter aktiv bleiben können. Schon seit 1960 lebte er als Pensionär, gastierte noch hier und da, lebte dann aber fast vergessen und von Krankheit heimgesucht. Vor eini-
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gen Jahren konnte man ihn noch hin und wieder als Passanten in Düsseldorfer Straßen treffen. Er wirkte einsam und müde, auch Verdrossenheit schien das hart gewordene, ehedem feinprofilierte jüdische Gesicht zu zeigen.601
Ja, er war in den Sechzigerjahren zunehmend einsam geworden. Sein Engel der früheren Jahre, Hermine, die ihm fast 30 Jahre lang nicht von der Seite gewichen war, begleitete ihn auf längeren Reisen nur noch zu besonderen Anlässen, wie etwa zu dem Konzert im Passauer Dom. Seine Ungarn-Reisen musste er immer ohne sie unternehmen. Auch in Düsseldorf war er oft alleine. Claudio hatte das Elternhaus verlassen und Hermine verbrachte viele Monate in Dino. So war sein Plan, eventuell ganz nach Dino zu übersieden, durchaus verständlich. Warum er ihn nicht verwirklichte, wissen wir nicht. Szenkar stand bei seinem Tod kurz vor Vollendung seines 86. Lebensjahres. Man gedachte in der Presse seines fünften und zehnten Todestages, seines 90., 95. und 100. Geburtstags. Der Westdeutsche Rundfunk sendete zu seinem 100. Geburtstag ein Konzert mit Tonaufnahmen von ihm. Danach brach das Gedenken ab, seine Aufnahmen waren immer seltener im Rundfunk zu hören, wurden schließlich in vielen Funkhäusern gelöscht (vor allem der WDR tat sich hervor). Sein Ausspruch: „Wer mich hören will, muss in meine Konzerte kommen“ war Realität geworden. Schnell wurde er von der breiten Masse der Musikkonsumenten, die ihre „Namen“ aus der Schallplatten-Werbung und aus den Phono-Zeitschriften bezogen, nicht mehr wahrgenommen. Sein Name verschwand nicht nur aus den Medien, sondern auch aus den Neuauflagen mancher Musiklexika, vor allem in deutschen Verlagen. Es ist ein Glück, dass er Aufnahmen einiger NBC-Konzerte aus Amerika mitbrachte und dass Sammler schon in den Fünfzigerjahren viele Rundfunkübertragungen seiner Konzerte mitschnitten. So können wir heute eine nicht unbedeutende Anzahl von Werken von Händel bis Prokofjew unter seiner Leitung hören. Die Aufnahmen finden sich teils im Handel, teils in Privateditionen (siehe Anhang). Szenkar schrieb am Ende seiner Erinnerungen, sein ganzes Leben sei von Kampf geprägt gewesen. Nun, es war ein höchst ungleicher Kampf. War er gegen die politischen Schläge – Revolution, Flucht aus Deutschland, Ausweisung aus der UdSSR – sowieso machtlos, so stand er auch dem Zeitgeist gegenüber häufig in der Defensive. Nicht nur in Deutschland – vor und nach dem zweiten Weltkrieg –, sondern auch in Brasilien blieb er immer der Ausländer, Jude, „Linke“ – Anfeindungen, gegen die er sich letztlich nicht wehren konnte. Seine Leistung und menschliche Größe bestand darin, unbeirrt seinen Weg zu gehen, niemals aufzugeben, sich niemals anzupassen und seine künstlerischen Überzeugungen nicht zu verraten.
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Endnoten 1 Die Lebenserinnerungen wurden unterdessen veröffentlicht unter dem Titel Mein Weg als Musiker, Berlin 2014 2 Nähere Angaben zu allen im Text erwähnten Personen: siehe Personenverzeichnis. 3 PL, 9.9.1899. 4 Schöpflin 1929–1931, S. 208. 5 Information von Prof. Siegfried Köhler, 20.9.2008, Gespräch mit der Autorin in Wiesbaden. 6 Weshalb er so genannt wurde, ist nicht bekannt. Jancsi ist eigentlich die Abkürzung von János = Hans. Er behielt diesen Kosenamen in Familie und engstem Freundeskreis bis zu seinem Tod. 7 ABSz, S. 45. 8 Gruber 1929, S. 3. 9 ABSz, S. 47. 10 ABSz, S. 44. 11 Alle Informationen zum Deutschen Theater Prag aus Tancsik 2000. 12 PT, 1.7.1912, Dr. v. B. 13 ABSz, S. 50. 14 Wurde nie ins Deutsche übersetzt. Wörtlich: „Soldatenangelegenheit“. Wird im Alltag verwendet für „Belanglosigkeit“, „Nichtigkeit“, „Unerhebliches“. 15 PL, 26.10.1913. 16 PL, 2.3.1915. 17 PL, 4.4.1916. 18 SC, 8.10.1915. 19 SC, 21.12.1915. 20 SC, 15.1.1916. 21 Bei der Internationalen Sommerakademie der Universität Mozarteum gibt es leider aus dieser frühen Zeit keinerlei Aufzeichnungen zu Studierenden. 22 Lehmann 1920, S. 453. 23 SC, 23.8.1916. 24 DRN, 1.10.1916. 25 DRN, 3.10.1916, ES. 26 DRN, 2.12.1916, ES. 27 Szenkar an Berg-Ehlert, 4.8.1917. Thür. Staatsarchiv Altenburg, Herzogliches Hoftheater, Nr. 75a. 28 ALZ, 3.12.1918, KG. 29 ALZ, 14.2.1920. 30 ALZ, 10.2.1920. 31 ALZ, 3.5.1920. 32 DZ, 16.11.1919. 33 ALZ, 16.1.1919. 34 ALZ, 22.11.1919. 35 ALZ, 14.1.1920. 36 DZ, 16.11.1919. 37 ABSz, S. 60. 38 HHI: vier Lieder für Singstimme und Klavier auf Texte von Heinrich Heine (3) und Emanuel Geibel (1). Staatliches Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, Berlin:
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ein Lied für Singstimme und Klavier auf einen Text von Wilhelm Holzamer; Elegie für großes Orchester. ABSz, S. 56. ALZ, 3.6.1919. ALZ, 4.3.1917. ALZ, 3.6.1920. ALZ, 9.3.1920, KG. ALZ, 1920 ohne Datum, KG. DPZ, 10.8.1928. DZ, 16.11.1919. Mohr 1980, S. 187. ABSz, S. 64. FZ, 4.9.1920, PB. FZ, 22.11.1920, PB. FZ, 23.11.1920, PB. Mohr, S. 192. Wellesz an Hertzka, eingegangen 2.5.1921, UE. Szenkar an Hertzka, 22.2.1922, UE. Rezension aus der Frankfurter Volksstimme, zitiert aus MA Heft 11/12, 1922. Bartók, Tagebucheintrag 13.5.1922 (ungarisch). In: Bartók 1981. Bartók an Etelka Freund, 9.5.1922 (ungarisch). In: Demény 1976, Nr. 405, S. 281. Adorno 1984, S. 20. FZ, 15.5.1922. Wellesz an Dr. Heinsheimer, eingegangen 12.4.1926, UE. FZ, 5.12.1922. Hock, 1950, S. 122. Richard Strauss an Szenkar, 13.12.1922. Briefkopie im Nachlass Szenkar, HHI. Kravetz 2005, S. 63. FZ, 4.6.1923. FZ, 11.6.1923. FZ, 25.6.1923. Wellesz an Hertzka, eingegangen 2.5.1921, UE. ABSz, S. 73. Ferand 1958, S. 101. BB, 29.9.1923. Klemperer hat von diesem Recht allerdings nur ein einziges Mal Gebrauch gemacht, als er 1919 Così fan tutte selbst inszenierte. DPZ, 19.8.1928. BB, 17.12.1923, SP. Otto Klemperer an Ferrucio Busoni, 25.2.1924. Beaumont 2012, S. 118. Vossische Zeitung, 7.4.1924. Weber 2009, S. 707. Der erwähnte Brief könnte beim Zusammenbruch des Kölner Stadtarchivs 2009 vernichtet worden sein. Der Ventilator I, 1919, S. 6. Rheinische Volkswacht, 16.5.1924, HL. Heyworth 1988, S. 227. KZ, 6.5.1924. KTB, 6.5.1924, KW.
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KTB, 9.5.1924, KW. RMT 1924, S. 99. ZM, Heft 7, 1924, S. 393, WK. Aus Heyworth 1988, S. 211. Die Originalquelle wurde beim Zusammensturz des Kölner Historischen Archivs vernichtet. DPZ, 19.8.1928. Zitiert aus Weber 2009, S. 707. KZ, 29.8.1924, WK. KTB, 29.8.1924, KW. Rémond zu seiner Inszenierung in einem Interview in Wien. NFP, 30.4.1928. DPZ, 19.8.1928. Lemacher 1927, S. 29. KZ, 15.12.1924, WJ. Der Brief scheint im Nachlass Szenkars nicht mehr vorhanden zu sein. KZ, 15.1.1925, WJ. Szenkar 1953, S. 54. MNN, 15.3.1925, Klaus Pringsheim. Szenkar 1953, S. 54. Tagebucheintrag Prokofjews vom 10.3.1925, zitiert aus Kravetz 2006, S. 2. Prokofjew in: Schlifstein 1962, S. 161. KTB, 15.3.1925, KW. ABSz, S. 84. MA, Oktober 1925, S. 468, Paul Stefan. KZ, 11.9.1925, WJ. KZ, 28.9.1925, WJ. KZ, 28.12.1925, Dr. Ehrenhaft. Richard Strauss an Szenkar, 22.7.1924. Kopie aus dem Nachlass Szenkar, HHI. Szenkar an Richard Strauss, 23.2.1926. Richard-Strauss-Institut Garmisch-Partenkirchen. Rosenzweig 1926, S. 222. ABSz, S. 86. KZ, 29.11.1926. ABSz, S. 88. Berliner Lokalanzeiger, 30.11.1926. KZ, 29.11.1926, WJ. KV, 29.11.1926, AS. KV, 29.11.1926, AS. Ein Herr Klitz an den Intendanten, 29.11.1926. Bartók an seine Mutter, 2.12.1926. In: Bartók jun. und Gombocz 1981, Nr. 514, S. 386. KTB, 22.12.1926. MA, 8 (7), 126, S. 445/446. KZ, 15.12.1926. KZ, 28.12.1926, WJ. Wintzer 1924, S. 209, 211. Rosenzweig 1926, S. 331/332. H an V, 2.9.1925, HHI. Weber 2009, S. 707. ABSz, S. 105/6. Fritzi Jokl an Hermine Zeitschel, 24.1.1927, HHI.
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MA 9 (4), 1927, S. 186f, HU. E an H, 25.1.1927, HHI. Otto an Lotte Klemperer, 31.12.1920. Beaumont 2012, S. 87. ABSz, S. 91. KZ, 2.2.1927. El Sol, 21.6.1927 (spanisch). KZ, 9.2.1927. ABSz, S. 92. E an H, 17.2.1927, HHI. El Sol, 18.2.1927 (spanisch). El Sol, 23.2.1927, Ad.S. (spanisch). A.B.C., 27.1.1927: „simpático maestro de orquestra (...) y su encantadora esposa“. E an H, 19.8.1927, HHI. KTB, 4.11.1927, MF. Otto Klemperer an Ferrucio Busoni, Mitte August 1920. Beaumont 2012, S. 80. KZ ohne Datum, Januar 1928, aus KBH. Alle Ausrisse aus KTB, 27.2.1928. El Sol, 22.1.1928, Ad. S. (spanisch). Szenkar an Hertzka, 27.2.1928, UE. Dr. Heinsheimer an Szenkar, 1.3.1928, UE. KTB, 24.3.1928, MF. KZ, 4.4.1928, WJ. KTB, 26.4.1928, MF. NFP, 30.4.1928. E an H, 1.5.1928, HHI. Wiener Zeitung, 5.5.1928, Dr. Ferdinand Scherber. NFP, 5.5.1928, JK. Der Tag, 6.5.1928, Max Graf. Neues Wiener Journal, 6.5.1928, Dr. Elsa Bienenfeld. NWT, 12.5.1928, ED. Berg an Szenkar, 5.5.1928, Privatarchiv Sandra I. Szenkar. NFP, 7.5.1928, JK. ABSz, S. 99. NWT, 12.5.1928, ED. KTB, 23.5.1928, MF. KTB, 2.7.1928. E an H, 13.10.1927, HHI. E an H, 30.7.1928, HHI. E an H, 13.8.1928, HHI. DPZ, 5.9.1928, Fr. AT, 30.9.1928. DPZ, 1.10.1928. KTB, 6.11.1928. Dr. Heinsheimer an Szenkar, 29.10.1928, UE. KTB, 22.12.1928. KZ, 28.1.1929. BB, 28.1.1929. KTB, 20.1.1929, MF.
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178 KV, 25.1.1929, AS. 179 Bruno Walter an Szenkar, 9.1.1929. Bezirksregierung Düsseldorf, Abt. Wiedergutmachung. Akte 14(01), ZK 70751, Nr. E64. 180 KTB, 21.1.1929, MF. 181 KV, 7.2.1929. 182 MNN, 6.3.1929, Josef Pembaur. 183 TL, 2. –15.4.1929. 184 KZ, 24.4.1929, WJ. 185 KTB, 11.5.1929, MF. 186 KZ, 10.5.1929, WJ. 187 KTB, 7.6.1929, MF. 188 KZ, 7.6.1929, KR. 189 E an H, 18.6.1929, HHI. 190 Lotte Tessmer an Hermine Zeitschel, 29.1.1929, HHI. 191 E an H, 20.6.1929, HHI. 192 Szenkar an Franz Zeitschel, 19.8.1929, HHI. 193 KTB, 1.10.1929, MF. 194 Prieberg 2004, S. 8967. 195 Kobán 1991, S. 149. 196 Das elegante Köln, 15.10.1929. 197 Prof. Ruth Hesse, 29.11.2007, Telefongespräch mit der Autorin. 198 KZ, 13.1.1930, Demiani. 199 KTB, 12.3.1930, MF. 200 TL, 22.4.1930. 201 KTB, 5.5.1930, MF. 202 KTB, 22.5.1930, MF. 203 KTB, 23.6.1930, MF. 204 KZ, 23.6.1930, WJ. 205 KV, 13.10.1930, AS. 206 Die Musik, Dez. 1930, WJ. 207 Adorno 1984, S. 192. 208 FZ, 16.10.1930. 209 Musical Times 72, Januar 1931, S. 73/74. 210 TL, 28.11.1930. 211 WB, 21.11.1930. 212 Das Blatt führte eine Dauerkampagne gegen das jüdische Speditionsunternehmen Schenker. Szenkar wurde von Unkundigen meist „Schenkar“ ausgesprochen, daher wahrscheinlich diese Gleichsetzung. 213 WB, 18.10.1930. 214 WB, 27.11.1930, Ste. 215 Alban Berg wurde häufig für einen Juden gehalten. 216 WB, 29.12.1930, H.F. 217 KZ, 8.1.1931, WK. 218 WB, 24.3.1931, S-cher. 219 WB, 31.3.1931. 220 Blom 1931, S. 512. 221 Szenkar an Dr. Heinsheimer, 16.2.1931, UE. 222 Dr. Heinsheimer an Szenkar, 19.2.1931, UE.
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223 224 225 226 227 228 229 230 231 232
KTB, 6.5.1931, MF. ZM, Heft 7, 1931, S. 583, HU. Deutsche Musikzeitung Jg. 32, Heft 10 vom 23.5.1931, S. 151. KTB, 1.6.1931, MF. Schultze 1995, S. 22. WB, 18.12.1931, es-. KZ, 25.6.1931, WJ. Szenkar an Dr. Heinsheimer, 10.7.1931, UE. WB, 27.6.1931. Leider gibt es bei der Stiftung Mozarteum keine Unterlagen aus der Zeit vor 1936, sodass nicht eruiert werden kann, über welches Thema Szenkar sprach. 233 H an V, 17.9.1931, HHI. 234 KTB, 10.9.1931, MF. 235 Kodály an Szenkar, 3.10.1931. Zitiert aus Hundt 1983, S. 139. 236 KZ, 21.10.1931, Paul Schwers. 237 KTB, 21.10.1931, MF. 238 ZM, Heft 2 1932, S. 122, HU. 239 Die Denkschrift wurde in Auszügen in der KZ abgedruckt, 21.11.1931. 240 KZ, 27.11.1931. 241 KTB, 22.2.1932, MF. 242 KZ, 21.6.1932, WJ. 243 WB, 13.6.1932. 244 WB, ebd. 245 WB, 8.6.1932. 246 WB, 18.6.1932. 247 Das Echo, 20.4.1934. 248 DPZ, 21.10.1932. 249 AT, 21.10.1932, J.M. 250 DPZ, 16.10.1932. 251 DPZ, 7.10.1932. 252 AT, 30.09.1932, J.M. 253 WB, 13.12.1932, Trienes. 254 KTB, 12.12.1932, MF. 255 KTB, 31.12.1932, MF. 256 Informationen aus KZ, 4.1.1933 und aus KTB, 5.1.1933. 257 WB, 5.1.1933. 258 WB, 21.2.1933. 259 Lokalanzeiger Köln, 9.3.1933. 260 WB, 10.3.1933 261 Weber 2009, S. 710. 262 H an V. 2.9.1933, HHI. 263 AH, 22.6.1933, H.E.E. in EC, HHI. 264 H an V, 2.9.1933, HHI. 265 H an V, 7.10.1933, HHI. 266 Ebd. 267 AH, 13.11.1933, H.E.E. in EC, HHI. 268 H an V, 22.11.1933, HHI. 269 Brunner 2008, S. 42.
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270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283
H an V, 13.12.1933, HHI. H an V, 21.1.1934, HHI. H an V, 13.4.1934, HHI. E an H, 22.5.1934, HHI. H an V, 29.12.1933, HHI. H an V, 27.6.1934, HHI. Wiener Journal, 14.4.1934. NWT, 17.4.1934. Das Echo, 26.4.1934. NWT, 27.4.1934, Kralik. NFP, 11.5.1934. NWT, 12.5.1934, ED. E an H, 21.5.1934, HHI. Yakov Horenstein zitiert in einem Artikel Interviews seines Cousins Jascha ohne Quellenangaben. Der Artikel wurde 2008 von der Website der Universität Houston heruntergeladen (http://listserv.uh.edu) und ist unterdessen nicht mehr greifbar. 284 Steinberg 1930. 285 H an V, 5.8.1934, HHI. 286 Ebd. 287 Birjukow 1934 (russisch). 288 NWJ, 1.11.1934, F.D. 289 Daily Dispatch, 16.11.1934, H.S.B. in EC, HHI. 290 The Evening Chronicle, 16.11.1934, P.S.W. in EC, HHI. 291 H an V, 29.11.1934, HHI. 292 H an V, 27.2.1936, HHI. 293 H an V, 18.11.1936, HHI. 294 ABSz, S. 131. 295 Gossudarstwennoje politischeskoje uprawlenije, kurz GPU: Geheimpolizei der Sowjetunion. 296 ABSz, S. 122/23. 297 H an V, 20.12.1934, HHI. 298 La Vanguardia, 26.1.1935 (spanisch). 299 SM, Band 3, Heft 5, 1935 (russisch). 300 Magyar Nemzet 25.9.1958, István Gábor (ungarisch). 301 Zeitungsausschnitt, A. Gromov, 1935, Quelle und Datum unbekannt, KBH. 302 Iswestija, November 1935 in EC, HHI. 303 ABSz, S. 125. 304 Sovetskoe iskusstwo, Januar 1936 in EC, HHI. 305 H an V, 28.1.1936, HHI. 306 NL, 11.1.1936, AG in EC, HHI. 307 Express Médical, 7.1.1936 in EC, HHI. 308 H an V, 1.2.1936, HHI. 309 Zeitungsausschnitt, Professor Eugen Braudo. Quelle und Datum unbekannt. Originalsprache deutsch. KHB. 310 Sergej Prokofieff in Sowjetskoe iskusstwo, 29.10.1936. (russisch, Übersetzung Felix Loesch). Aus: Schlifstein 1962, S. 206. 311 Das Autograph des Briefes vom 30.10.1936 ist in der ABSz S. 128 wiedergegeben. 312 Peischer 1989, S. 91. 313 Lusink 2013, S. 105.
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314 Streller 2003, S. 213. 315 PP, 11.11.1938. 316 Ebd. 317 PTZ, 20.1.1937, EL. 318 NL, 16.1.1937, AG in EC, HHI. 319 RS, 11.11.1939. José Siqueira war Schüler und Freund Ravels. Es dürfte sich also um eine mündliche Äußerung Ravels handeln. 320 ABSz, S. 139. 321 H an V, 20.2.1937, HHI. 322 Pantielev 1994, S. 176. 323 H an V, 25.3.1937, HHI. 324 H an V, 13.4.1937, HHI. 325 ABSz, S. 134ff. 326 NFP, 3.7. und 23.7.1937. 327 E an H, September 1937, HHI. 328 NWJ, 26.10.1937, HH. 329 TL, 18.12.1937, Egon Wellesz. 330 PTB, 15.1.1938, EL. 331 NL, 22.1.1938, AG, KBH. 332 PTB, 15.1.1938, EL, KBH. 333 MDM, 31.1.1938, KBH. 334 H an V, 10.1.1938, HHI. 335 H an V, 11.1.1938, HHI. 336 Sachs 1978, S. 344. 337 BE, 7.1.37, zitiert nach Sachs 1978. 338 Kravetz 2006, S. 8. 339 Von der Lühe 1998, S. 187ff. 340 BE, 7.2.1938. 341 Huberman an Dr. Simon, 26.5.1937. In: Ibbeken, S. 53. 342 Huberman an Dr. Simon, 23.1.1938. In: Ibbeken, S. 57. 343 Szenkar an Huberman, 21.2.1938. Zitiert nach von der Lühe 1998, S. 187. 344 PP, 28.1.1938. 345 BE, 7.2.1938, Eric Gottgetreu, KBH. 346 PP, 28.1.1938. 347 PP, 4.2.1938. 348 Jüdische Rundschau, 4.3.1938. 349 PP, 28.1.1938. 350 BE, 7.2.1938, KBH. 351 The Sphinx, 12.2.1938, KBH. 352 Ruppa 1938, S. 26. 353 MDM, 31.3.1938, Edmond Delage. 354 E an H, 15.4.1938, HHI. 355 HSzI. 356 Königlich Ungarische Gesandtschaft an Hermine Szenkar, 5.10.1938. Bezirksregierung Düsseldorf, Abt. Wiedergutmachung, Akte 14/01, ZK70752, Nr. A31. 357 HSzI. 358 Göteborgs-Posten, 24.10.1938 (schwedisch), KBH. 359 Göteborgs-Tidningen, 21.10.1938,T.Ag. (schwedisch), KBH.
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360 PP, 11.11.1938. 361 PP, 18.11.1938. 362 PP, 28.10.1938. 363 Von der Lühe 1998, S. 242ff. 364 PP, 13.11.1938. 365 PP, 25.11.1938. 366 PP, 9.12.1938. 367 PP, 21.12.1938. 368 Ebd. 369 PP, 1.2.1939, D.R. 370 PP, 19.1.1939, Rafael da Costa. 371 EG, 7.2.1939, J. J.Gruenberg, KBH. 372 EG, 8.2.1939, J. A, KBH. 373 Renascenca, 15.3.1939, (portugiesisch), KBH. 374 O Diabo, 26.3.1939 (portugiesisch), KBH. 375 Républica, 10.3.1939 (portugiesisch), KBH. 376 Het Handelsblad, 28.4.1939 (flämisch), KBH. 377 La Metropole, 29.4.1939, KBH. 378 Le Matin, 28.4.1939 (französisch), KBH. 379 Z. B. in Le Matin und in De Nieuwe Gazet, 28.4.1939, KBH. 380 PTZ, 17.5.1939l. 381 Alle Informationen aus Prutsch, o. J. 382 Arnau 1956, S. 37f. 383 Schultze 1995, S. 121. 384 Helm 1946, S. 86. 385 JC, 16.8.1939, AM in EC, HHI. 386 JB, 15.8.1939, Artur Imbassahy in EC, HHI. 387 RS, 11.11.1939, in EC, HHI. 388 JC, 21.8.1940, AD (portugiesisch). Entnommen aus Corrêa 2004, S. 33. 389 ABSz, S. 156. 390 Corrêa 2004, S. 45. 391 Corrêa 2004, S. 19. 392 Corrêa 2004, S. 48. 393 ABSz, S. 159. 394 Craven 1987, S. 43. 395 Gespräch der Autorin mit Prof. Eberhard Finke, 17.1.2015, Salzburg. 396 AB, 24.1.1947, AH. 397 The Sun, 31.1.1947. 398 Bloom 1947, S. 153. 399 AB, 14.2.1947, AH. 400 The Globe and Mail, 19.2.1947, KBH. 401 JB, 22.4.1948 (portugiesisch). 402 Corrêa 2004, S. 51. 403 Corrêa 2004, S. 50. 404 RS, 22.5.1948, RL (portugiesisch). 405 Arnau 1956, S. 167. 406 JB, 1.5.1948 (portugiesisch). 407 Deutsche Nachrichten, 8.8.1949, G.B.
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408 Vamos Ler!, 31.5.1945, Gastão Pereira da Silva (portugiesisch). 409 Correio da manhã, 17.8.1946, Englische Übersetzung aus dem Nachlass Szenkar, HHI. 410 AB, 7.2.1947. 411 ABSz, S. 164. 412 ABSz, S. 176. 413 Hasso Wolf, Interview mit Eugen Szenkar, 13.1.1950, NWDR. archiphon 136/38, 2004. 414 Zeitungsausriss ohne Quelle, W-th-n, 24.2.1950. 415 NZF, 17.5.1950, H.E.H. 416 Neue Presse, 17.5.1950, H.P. 417 HSzI. 418 HSzI. 419 HSzI. 420a Vertrauliches Schreiben Dr. Heimerich, 31.5.1950. SAM, Zug. 29/1970, Nr. 343. 420b MM, 2.6.1950, COE. 421 Ebd. 422 RNZ, 2.6.1950, EK. 423 KSA, 3.5.1950, FB. 424 KRS, 3.5.1950, HE. 425 Volkstimme, Mai 1950, KD. 426 Heinz 1998, S. 428. 427 Heinz 1998, S. 428. 428 MM, 5.6.1950, COE. 429 MM, 7.7.1950, WG. 430 MM, 7.7.1950, WG. 431 MM, 8.7.1950, WG. 432 MM, 12.7.1950, WG. 433 ABSz, S. 181. 434 MD, 23./24.9.1950, USE. 435 RNZ, 17.10.1950, EK. 436 The Pittsburgh Post-Gazette, 2.12.1950, Donald Steinfirst. 437 Pittsburgh Sun-Telegraph, 9.12.1950, Fred Lissfeldt. Beide Pittsburgher Kritiken auf einem Promotion-Plakat, HHI. 438 HszI. 439 Szenkar an Dr. Heimerich, 28.2.1951. SAM, Zug. 29/1970, Nr. 434. 440 Dr. Heimerich an Szenkar, 1.3.1951. SAM, ebd. 441 Vorstand des Nationaltheater-Orchesters Hermann Gleissner an Dr. Heimerich, 6.5.1951. SAM, ebd. 442 Eginhard Teichmann, früher Solo-Cellist und Vorstand des Mannheimer NationaltheaterOrchesters im Telefongespräch mit der Autorin, 16.10.2014. 443 RNZ, 17.4.1951, EK. 444 RP, 4.5.1951, WME. 445 NZF, 11.5.1951, USE. 446 MM, 30.6.1951, COE. 447 MD, 23./24.9.1950, USE. 448 Badisches Tagblatt, 14.9.1950, WH. 449 RNZ, 12.10.1950, EK. 450 RNZ, 19.1.1951, EK. 451 RNZ, 9.11.1950, EK.
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452 453 454 455
RP, 12.4.1951, WME. MM, 22.5.1951. MM, 23.5.1951. Die Mitglieder der Musikalischen Akademie des Nationaltheater-Orchesters an den Chefredakteur des MM, 24.5.1951. SAM, Zug. 29/1970, Nr. 436, Blatt 22. 456 Szenkar an Dr. Heimerich, 29.5.1951. SAM, ebd., Blatt 23. 457 Dr. Andritzky an Dr. Heimerich, 4.6.1951. SAM, ebd. Blatt 24. 458 Notiz Dr. Andritzky, 7.7.1952. SAM, Zug. 29/1970, Nr. 430, Akte 323/9. 459 HSzI. 460 KRS, 7.3.1950, WJ. Zu: Meistersinger. 461 KSA, 3.5.1950, FB. Zu: Carmen. 462 KSA, 25.9.1950, FB. Zu: Rosenkavalier. 463 RZ, 16.5.1951, MSS. Zu: Tannhäuser. 464 RNZ, 1.10.1951, EK. 465 MM, 5.11.1951, COE. 466 RP, 4.10.1951, WME. 467 MM, 22.11.1951, COE. 468 RP, 22.11.1951, WME. 469 MM, 6.12.1951, COE. 470 Herbert Maisch an Bürgermeister Dr. Fuchs, 22.3.1952. HAK, Acc.174/225. 471 Anonymes Schreiben an Herbert Maisch. Zur Kenntnisnahme an das Kulturreferat weitergeleitet 1.4.1952. HAK, Acc.174/225. 472 Stadtratssitzung vom 26.3.1952. SAM, Zug.29/1970, Nr. 435. 473 MM, 27.3.1952. 474 Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe), 3.4.1952, Walter E. Senk. 475 RNZ, 5./6.4.1952. 476 Prof. Keck an Referat V, Abt. K, 31.3.1952. SAM, Zug. 29/1970 Nr. 435. 477 DN, 29.3.1952, LO. 478 DN, 8.5.1952, LO. 479 DN, 20.8.1952, AN. 480 DN, 13.9.1952, AN. Zu Beethoven: Symphonien I und V und Violinkonzert (Ricardo Odnoposoff ). 481 DN, 4.10.1952, AN. 482 KSA, 28.1.1959, MSS. Zu: Berlioz Symphonie fantastique. 483 Sächsisches Tageblatt, 12.2.1958, Go. Zu: Schubert Symphonie IX. 484 NN, 28.11.1959, KF. Zu: Beethoven Symphonie VI. 485 NZ, 28.11.1959, MS. Zu: Beethoven Symphonie VI. 486 KSA, 12.9.1963, FB. Zu: Don Giovanni. 487 RHP, 26.4.1958, M.-T. Zu: Berlioz Symphonie fantastique. 488 Darmstädter Echo, 17.12.1959, GAT. Zu: Dukas Zauberlehrling. 489 Das Orchester 9/3, 1961, Hans Kreuzhage zu einem Mahler-Abend in Köln. 490 RHP, 11.6.1960, PM. 491 DN, 20.3.1954, AN. Zu: Bruckner Symphonie VIII unter Hans Münch. 492 DN, 19.5.1956, AN. 493 DN, 14.2.1953, AN. 494 DN, 16.5.1953, LO. 495 DN, 9.5.1953, AN. 496 DN, 9.9.1952, AN.
Endnoten |
497 DN, 10.2.1953, AN. 498 DN, 15.9.1953, AN. 499 Abendpost, 31.10.1953. 500 DN, 4.5.1954, AN. 501 NRZ, 5.5.1954, GS. 502 Dietrich Fischer-Dieskau an Autorin, 24.6.2008. 503 Prof. Ruth Hesse, Telefongespräch mit Autorin, 29.11.2007. 504 Judit Sándor an Autorin, 21.9.2008, einen Monat vor ihrem Tod (ungarisch). 505 Prof. Albert Antalffy, Telefongespräch mit Autorin, 17.10.2008. 506 Inge Borkh, Telefongespräche mit Autorin 4. und 11.10.2007. 507 Christiane Sorell, Gespräch mit Autorin in Wien, 1.6.2007. 508 Prof. Siegfried Köhler, Gespräch mit Autorin in Wiesbaden, 20.9.2008. 509 DN, 16.12.1953, AN. 510 Westdeutsche Neue Presse, 9.12.1953, GS. 511 MD, 14.1.1954. Leserbrief des Symphonieorchesters Düsseldorf, gez. Jakob Bach, Betriebsrat. 512 Hannelore Schwesig, Zeitungsausriss ohne Quelle und Datum. Nachlass Szenkar, HHI. 513 DN, 14.11.1953, AN. 514 DN, 19.12.1953, AN. 515 Nachlass Szenkar, HHI. 516 ABSz, S. 191. 517 RHP, 29.6.1954. 518 MD, 5.7.1954, Kr. 519 Der Spiegel 32/1954 (4.8.1954), S. 31. 520 NRZ,4.5.1954, GS. 521 DN, 16.10.1954, AN. 522 Prof. Siegfried Köhler, 20.9.2008, Gespräch mit Autorin in Wiesbaden. 523 DN, 2.12.1954. 524 DN, 27.11.1954, AN. 525 DN, 12.2.1955, AN. 526 MD, 23.4.1955, HLT. 527 MD, 2.5.1955. 528 DN, 7.5.1955, Alfred Brasch. 529 DN, 18.6.1955, AN. 530 Köhler und Schubert 2004, S. 165. 531 DN, 26.11.1955, AN. 532 Die Zeit, 26.4.1958, JJ. 533 DN, 12.5.1956, AN. 534 RHP, 3.10.1955, PM. 535 MD, 21.11.1955, ch. 536 HSzI. 537 Volksgazet, 8.11.1955. W. (flämisch), KBH. 538 DN, 25.2.1956, AN. 539 DN, 12.5.1956, AN. 540 MD, 6.6.1956, WS. 541 DN, 6.6.1956, AN. 542 Esti Budapest, 19.10.1956, István Péterfy (ungarisch). 543 Népszava, 17.10.1956, Péter Várnai (ungarisch). 544 Weber 2009, S. 708.
289
290
| Endnoten
545 DN, 21.9.1957, AN. 546 DN, 23.11.1957, AN. 547 J.W., 27.10.1957, Zeitungsausriss ohne Quelle, Nachlass Szenkar, HHI. 548 DN, 9.1.1958, AN. 549 RHP, 12.2.1958, W.S. 550 RHP, 22.2.1958, PM. 551 Sz an W, 12.3.1958. ÖNB, F 13 Wellesz 1637/14. Mit freundlicher Genehmigung des Egon-Wellesz-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde Wien. 552 Wellesz an Peter Heyworth, 23.10.1958. ÖNB F 13, 2189. Dto. 553 DN, 19.5.1958, K. 554 NRZ, 7.6.1958, GS. 555 Prof. Ratz an Szenkar, 21.3.1958, Archiv Internationale Gustav Mahler Gesellschaft Wien. 556 Herbert Arthur Reiner an Dr. Joseph Marx, 22.8.1959. ÖNB Autogr. 851/37-9 Han. 557 Magyar Nemzet, 27.9.1958, Jenő Vígh (ungarisch). 558 DN, 18.10.1958, HK. 559 RHP, 15.11.1958, PM. 560 Kurier, 9.12.1958, R.W. 561 Sz an W, 30.12.1958. ÖNB F 13 Wellesz 1637/20. Mit freundlicher Genehmigung des Egon-Wellesz-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde Wien. 562 KSA, 28.1.1959, MSS. 563 DN, 14.3.1959, HK. 564 DN, 26.3.1959, AN. 565 DN, 8.12.1959, HK. 566 Sz an W, 20.2.1960. ÖNB F 13 Wellesz 1637/23. Mit freundlicher Genehmigung des EgonWellesz-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde Wien. 567 Sz an W, 20.3.1960. ÖNB F 13 Wellesz 1637/24. Dto. 568 Köhler und Schubert 2004, S. 156. 569 Programmheft der Düsseldorfer Abonnement-Konzerte Saison 1955/56, Archiv Düsseldorfer Symphoniker. 570 Abendzeitung, 3.2.1955, Kosch. 571 ABSz, S. 195. 572 RHP, 7.4.1971, HL. 573 Die Zeit,10.7.1952, JJ. 574 RHP, 29.3.1977, AN. Hier zitiert Neukirchen (absichtlich??) falsch: Als „Musikalisches Glaubensbekenntnis“ hatte Szenkar „Liebe für das Alte und offener Sinn für das Neue in der Musik“ abgelegt. So jedenfalls hatte Neukirchen selbst Szenkars Ausspruch in den DN vom 20.8.52 zitiert. 575 Peischer 1989, S. 93. Der Artikel wurde unterdessen auch in ABSz abgedruckt. 576 Peters 1990, S. 517. 577 TM, August 1990, S. 25. 578 Alfons Neukirchen, TM, Oktober 1990, S. 117/18. 579 Wilfried Trübiger, TM, Oktober 1990, S. 118/9. 580 Scharberth 1988, S. 270. 581 KZ, 7.6.1929, KR. 582 Frankfurter Neue Presse, 14.12.1960, Alfred Baresel. 583 DN, 3.11.1961, R. 584 Telegramm Kodály an Szenkar, Martinuskrankenhaus, 10.12.1962, HHI. 585 Sz an FR, 30.4.1963, HHI.
Endnoten |
586 587 588 589 590 591 592 593 594 595 596 597 598 599 600 601
EH, 10.6.1963, LF (ungarisch). EH. 17.6.1963, LF (ungarisch). EH, 16.7.1963, LF (ungarisch). KSA, 12.9.1963, FB. Ruhrwacht, 1.12.1963, H.K. Fränkischer Tag, 15.1.1964, rt. Weser-Kurier, 23.1.1964, Dr. Ludwig Roselius. Sz an FR, 10.9.1964, HHI. Sz an FR, 18.12.1965, HHI. KRS, 22.3.1966, HE. Sz an FR, 16.9.1966, HHI. Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 30.1.1969, Jms. KSA, 28.4.1971, R.B. RHP, 7.4.1971, HL. Sz an FR, 8.8.1971, HHI. Musica 31, S. 258f, HK.
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| Tafelteil
Bilder 1/2: Die Eltern Szenkár 1889
Tafelteil
Bild 1: Ferdinand (Nándor) Szenkár
Bild 2: Rosa Rothenstreich
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Bilder 3/4: Eugen Szenkar und seine erste Ehefrau Adele Legárd 1911
Bild 3: Eugen Szenkar
Bild 4: Adele Legárd
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Bild 5: Hofkapellmeister am herzoglichen Hof in Altenburg/Thüringen. Ca. 1917/18
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Bild 6: 1. Kapellmeister in Frankfurt. Ca. 1923
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Bild 7: Mit Béla Bartók am Kölner Hauptbahnhof. November 1926
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Bild 8: Aufführung der VIII. Symphonie von Gustav Mahler im Kölner Opernhaus. 30.6.1928
Bild 9: Probe in der „Musikmuschel“ in Baku mit der Staatlichen Philharmonie Moskau. August 1934
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Bild 10: Probe zu Händels Concerto grosso in h-Moll mit dem Palestine Orchestra in Tel Aviv. Januar 1938
Bild 11: Mit Dr. Simon, dem Generalmanager des Palestine Orchestra in Ägypten. Februar 1938
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Bild 12: Tel Aviv 1938
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Bild 13: Familie Szenkar in ihrem Sommersitz in Teresópolis/Brasilien. Ca. 1945
Tafelteil |
Bild 14: Familie Szenkar auf der Rückreise nach Europa. Dezember 1949.
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Bild 15: Proben zu Don Giovanni, Mannheim. September 1951
Tafelteil |
Bild 16: Mit Kyrill Kondraschin in Dresden. Oktober 1955
Bild 17: Fidelio-Aufführung in der Staatsoper Budapest. 16.10.1956
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Bild 18: Mit Carl Ebert, dem Intendanten der Deutschen Oper Berlin in Szenkars Düsseldorfer Wohnung. Vermutlich 1961 anlässlich des 70. Geburtstags
Bild 19: Hermine und Eugen Szenkar in ihrem Garten in Dino/Lugano. Späte 60er Jahre
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Bilder 20–24: Typische Dirigierposen Szenkars Bild 20: Probenarbeit in Mannheim. 1950/51
Bild 21: Probenarbeit in Mannheim. 1950/51
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Bild 22: Proben zu Aida, Mannheim. Februar 1952
Bild 23: Probenarbeit Berlin. 2.2.1958
Tafelteil |
Bild 24: Budapest. Sommer 1962
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Anhang Biographische Daten 9. April 1891 1908–1911 1911/12 1912/13 1913–1915 1915/16 1916/17 1917–1920 1920–1923 1923/24 1924–1933 7. April 1933 1934–1937
geboren in Budapest Ausbildung an der Franz-Liszt-Akademie Budapest Korrepetitor an der Volksoper Budapest Chordirektor und Kapellmeister am Deutschen Theater Prag Kapellmeister an der Volksoper Budapest Kapellmeister am Stadttheater Salzburg Centraltheater Dresden Hofkapellmeister in Altenburg (Sachsen-Altenburg) 1. Kapellmeister an der Oper Frankfurt Musikalischer Leiter der Großen Volksoper Berlin Musikalischer Leiter der Städtischen Oper in Köln Entlassung gemäß „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ Leiter der Staatlichen Philharmonie Moskau, Lehrer am Moskauer Konservatorium 1938/39 Konzertserien mit dem Palestine Orchestra in Palästina und Ägypten 1939–1949 Rio de Janeiro. Ab 1940 Musikalischer Direktor des Orquestra Sinfônica Brasileira 1950–1952 Generalmusikdirektor und Operndirektor in Mannheim 1952–1960 Generalmusikdirektor in Düsseldorf, bis 1956 auch Operndirektor ab 1960 Konzertreisen in Europa 25. März 1977 gestorben in Düsseldorf. Die Grabstätte befindet sich auf dem Nordfriedhof in Düsseldorf.
Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Allgemeines zur Quellenlage Von den Orten, an denen Szenkar vor 1933 engagiert war, ist nur in Altenburg/Thüringen ein komplettes Archiv erhalten mit Theaterzetteln, Korrespondenzen, Akten usw. Von allen anderen Laufbahnstationen – Prag, Salzburg, Budapest, Dresden, Frankfurt, Berlin, Köln – wurden Daten und Programme von Opern- und Konzertaufführungen aus den Tageszeitungen (Ankündigungen und Kritiken) erschlossen. Die „Wanderjahre“ 1933–39 wären ein nahezu weißer Fleck geblieben (aus der Sowjetunion liegen nur sehr wenige Informationen vor1, von den Gastspielen in England, Frankreich, Spanien, Portugal, Holland und Schweden gibt es nur zufällig erhaltene einzelne Programmzettel), wenn es nicht zwei unschätzbar wertvolle Informationsquellen aus der Hand von Hermine Szenkar im Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf und im Staatlichen Institut für Musikforschung in Berlin gäbe: Das Heinrich-Heine-Institut besitzt ein zufällig aufgefundenes Konvolut von Dokumenten aus dem Nachlass von Hermine Szenkar, das neben alten Familienunterlagen und Briefwechseln innerhalb der Familien Zeitschel und Szenkar vor allem nahezu wöchentliche briefliche Berichte von Hermine Szenkar an ihren Vater von 1933 bis zu dessen Tod 1939 enthält. Im Institut für Musikforschung ist ein Buch aufbewahrt, in das Hermine Konzertkritiken vor allem aus der Zeit des Exils eingeklebt hat. Anhand dieses „Kritikenbuches“ und der Briefe an den Vater konnten Szenkars Aktivitäten in der Zeit von 1933 bis 1939 in groben Zügen erschlossen werden. Entlang der Daten in Hermines Briefen konnten gezielt Zeitungsartikel gesucht werden, die Kritiken aus dem „Kritikenbuch“ lieferten weitere Tourneedaten. Die Quellen zu den Gastspielen beim Palestine Orchestra sind lückenlos: ich konnte alle Programme antiquarisch in Israel erstehen und die Rezeption der Konzerte in den Tageszeitungen aufarbeiten. Die Daten aus Rio de Janeiro sind wieder recht dünn. Das Archiv des O.S.B. ist angeblich erst im Aufbau begriffen und noch nicht nutzbar. Die Tageszeitungen berichteten während der Kriegsjahre relativ wenig über kulturelle Ereignisse. Hauptinformationsquellen waren einige Jahresprogrammhefte aus dem Konvolut im Heinrich-Heine-Institut, Zeitungsartikel und eine Veröffentlichung zum 60jährigen Bestehen des Orchesters. Quellen aus der Zeit nach 1950, in der Szenkar fest angestellt war, aufzufinden, gestaltete sich nicht all zu schwierig. Neben Dokumenten der Stadtverwaltungen von Köln, Mannheim und Düsseldorf, wurden vor allem Tageszeitungen ausgewertet. Tourneetermine und -programme aus der Zeit nach seiner Pensionierung konnten in Orchesterarchiven erfragt bzw. aus der Literatur ermittelt werden, Hinweise auf Termine von Einzelkonzerten, vor allem in Budapest, finden sich vor allem in Briefen, die Szenkar an Familie Rauch (Familie der Autorin) in Nürnberg schrieb, mit der er in den Sechzigerjahren freundschaftlichen Umgang pflegte. Schlaglichter auf den Menschen Szenkar fand ich in der Aufzeichnung der stundenlangen Gespräche, die Gert Fischer mit Hermine Szenkar in Düsseldorf führte.
1 Das gibt Pantielev ganz allgemein für die Quellenlage der Dreißigerjahre an. Im Archiv der Moskauer Philharmoniker finden sich zum Beispiel keinerlei Dokumente, ebenso im den Archiven des Staatlichen Komitees für Kunstangelegenheiten. In: Pantielev 1994, S. 177.
Quellen- und Literaturverzeichnis |
2. Archive, Institutionen Adorno-Archiv Frankfurt /Main Archiv Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom Archiv Düsseldorfer Philharmoniker Archiv Frankfurter Museums-Gesellschaft e.V. Archiv Internationale Gustav Mahler Gesellschaft Wien Archiv Israel Philharmonic Orchestra (IPO) Tel Aviv Archiv Moskauer Philharmoniker Archiv Musikverein Düsseldorf Archiv Philharmonia Hungarica Marl Archiv Philharmonische Gesellschaft Budapest Archiv Residentie Orkest Den Haag Archiv Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf Archiv Staatsoper Budapest Archiv Staatsoper Dresden Archiv Stiftung Bamberger Symphoniker Archiv Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus Archiv Theatermuseum Düsseldorf Archiv Westdeutscher Rundfunk Köln Bartók-Archiv, Ungarische Akademie der Wissenschaften Budapest Bayerische Staatsbibliothek München Bezirksregierung Düsseldorf (Wiedergutmachungsstelle) Biblioteca Nacional Rio de Janeiro Bibliothek und Leo-Baeck-Archiv im Jüdischen Museum Berlin Bibliothek der Hochschule für Musik Würzburg Bibliothek der St. Petersburger Philharmoniker Egon-Wellesz-Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde Wien Haus der Geschichte Darmstadt Heinrich-Heine-Institut, Rheinisches Literaturarchiv Düsseldorf Historisches Archiv der Oper Rom Historisches Archiv der Stadt Köln Historisches Archiv der Universal Edition Wien Institut für Stadtgeschichte Frankfurt Internationale Sommerakademie der Universität Mozarteum Salzburg Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Landesarchiv Berlin Mazsihisz, Archiv der Synagoge Dohány utca Budapest Musikalische Akademie Mannheim Musikwissenschaftliches Institut der Universität Köln Österreichische Nationalbibliothek Wien Oper Köln Privatarchiv Sandra I. Szenkar Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Theater- und Musikgeschichtliche Sammlungen Richard-Strauss-Institut, Garmisch-Partenkirchen Sächsisches Staatsarchiv Dresden Salzburger Landestheater Staatliches Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz Berlin
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Staatsbibliothek Berlin Staatsbibliothek Dresden Stadtarchiv Darmstadt Stadtarchiv Dresden Stadtarchiv Düsseldorf Stadtarchiv Mannheim Stadtbücherei Düsseldorf, Musikabteilung Städtische Bühnen Frankfurt /Main Stefan-Zweig-Archiv Wien Széchényi Nationalbibliothek Budapest TdW Produktionsgesellschaft mbH (Theater des Westens) Berlin Theaterarchiv Frankfurt /Main Theatermuseum Wien Theaterwissenschaftliche Sammlung Schloss Wahn Köln Thüringisches Staatsarchiv Altenburg Universitätsbibliothek Düsseldorf Universitätsbibliothek Frankfurt, Musikabteilung Universitätsbibliothek Köln Wienbibliothek Musiksammlung Zentralbibliothek der Franz-Liszt-Akademie Budapest
3. ZitierteTageszeitungen A.B.C., Madrid Abendpost, Frankfurt/M. La Acción, Buenos Aires Abendzeitung, München Het Allgemeen Handelsblad, Amsterdam Altenburger Zeitung für Stadt und Land Argentinisches Tageblatt, Buenos Aires Aufbau, New York Badische Neueste Nachrichten, Karlsruhe Badisches Tagblatt, Baden-Baden Berliner Börsenzeitung Berliner Lokalanzeiger La Bourse Égyptienne, Kairo Correio da manhã, Rio de Janeiro Daily Dispatch, Manchester Darmstädter Echo Deutsche La Plata Zeitung, Buenos Aires Deutsche Nachrichten, Rio de Janeiro Deutsche Zeitung, Berlin O Diabo, Lissabon Dresdner Neueste Nachrichten Düsseldorfer Nachrichten Das Echo, Wien The Egyptian Gazette, Kairo Esti Budapest
Quellen- und Literaturverzeichnis |
Esti Hírlap, Budapest The Evening Chronicle, Manchester Express Médical, Paris Fränkischer Tag, Bamberg Frankfurter Neue Presse Frankfurter Volksstimme Frankfurter Zeitung The Globe and Mail, Toronto Göteborgs-Posten Göteborgs-Tidningen Hamburger Fremdenblatt Het Handelsblad, Antwerpen Iswestija, Moskau Jornal do Brasil, Rio de Janeiro Jornal do Commercio, Rio de Janeiro Jüdische Rundschau, Berlin Kölner Stadtanzeiger Kölner Tageblatt Kölnische Rundschau Kölnische Volkszeitung Kölnische Zeitung Lokalanzeiger Köln Magyar Nemzet, Budapest Mannheimer Morgen Le Matin, Antwerpen La Métropole, Antwerpen Der Mittag, Düsseldorf Münchner Neueste Nachrichten Népszava, Budapest Neue Freie Presse, Wien Neue Presse, Frankfurt Neue Rheinzeitung, Düsseldorf Die Neue Zeitung, Frankfurt Neue Zeitung, München Neuer Kurier, Wien Neues Wiener Journal Neues Wiener Tagblatt De Nieuwe Gazet, Antwerpen Nürnberger Nachrichten Nürnberger Zeitung The Palestine Post, Jerusalem Pariser Tageszeitung Pariser Tageblatt Pester Lloyd, Budapest The Pittsburgh Post-Gazette Pittsburgh Sun-Telegraph Prager Tagblatt Renascença, Lissabon
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Républica, Lissabon Rhein-Neckar-Zeitung, Mannheim Rheinische Post, Düsseldorf Rheinische Volkswacht, Köln Rheinische Zeitung, Köln Die Rheinpfalz, Mannheim Ruhrwacht, Oberhausen Sächsisches Tageblatt, Leipzig Salzburger Chronik El Sol, Madrid The Sphinx, Kairo The Sun, New York Der Tag, Wien The Times, London La Vanguardia, Barcelona Volksgazet, Antwerpen Volksstimme, Frankfurt/M. Vossische Zeitung, Berlin Weser-Kurier, Bremen Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Essen Westdeutsche Neue Presse, Düsseldorf Westdeutscher Beobachter, Köln Wiener Journal Wiener Zeitung
4. Wochenzeitungen und Periodika Deutsche Kunstschau, Offenbach Deutsche Musikzeitung, Köln Das elegante Köln, Köln Le Monde Musical, Paris Musica, Kassel The Musical Times, London Die Musik, Berlin Musikblätter des Anbruch. Monatsschrift für Moderne Musik, Wien Les nouvelles Littéraires, Paris Das Orchester, Berlin-Mainz Revista da Semana, Rio de Janeiro Rheinische Musik- und Theaterzeitung, Köln Sovetskaja Muzyka, Moskau Sovetskoe Iskusstvo, Moskau Der Spiegel TONHALLEMagazin, Düsseldorf Vamos Ler!, Rio de Janeiro Der Ventilator, Köln Die Zeit, Hamburg Zeitschrift für Musik, Leipzig
Quellen- und Literaturverzeichnis |
Es gibt im Nachlass von Szenkar ein Geheft „Extracts from Criticism“. Es enthält Kritikenausrisse aus aller Welt aus den Jahren 1928–1939, alle in englischer Übersetzung. Es war offenbar zur Promotion in Nordamerika gedacht. Tageszeitungen aus diesem Geheft sind in obiger Liste aufgenommen, sofern Passagen daraus im Text zitiert werden. Kritiken wurden ferner aus dem „Kritikenbuch“ von Hermine Szenkar verwendet. Nicht bei allen ist Quelle und Datum vermerkt. Fallweise werden dennoch Passagen aus solchen Kritiken wiedergegeben.
5. Ausgewählte Literatur Adorno, Theodor: Musikalische Schriften VI (Opern- und Konzertkritiken): Gesammelte Schriften 19. Frankfurt/Main 1984 Arnau, Frank: Der verchromte Urwald. Licht und Schatten über Brasilien. Frankfurt/Main 51956 Bartók, Béla jun. (Hg.): Apám életének krónikája [Chronik des Lebens meines Vaters]. Budapest 1981 Bartók, Béla jun. und Adrienne Gombocz (Hgg.): Bartók Béla családi levelei [Familienbriefe von Béla Bartók]. Budapest 1981 Beaumont, Antony (Hg.): „Verzeiht, ich kann nicht hohe Worte machen“. Briefe von Otto Klemperer 1906–1973. München 2012 Birjukow, Juri: [Das Symphoniekonzert des WKR unter der Leitung von Eugen Szenkar (Deutschland).] In: Sovetskaja Muzyka Bd.2, Heft 10, 1934, S. 51 Blom, Eric: The Cologne Opera Festival. In: The Musical Times, Juni 1931, S. 511/12 Bloom, Julius (ed.): The Year in American Music 1946–1947. New York 1947 Brunner, Bernhard: Der Frankreichkomplex: Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt 2008 Corrêa, Sérgio Nepomuceno Alvim: Orquestra Sinfônica Brasileira: uma realidade a desafiar o tempo: 1940–2000. Rio de Janeiro 2004 Craven, Robert R.: Symphony Orchestras of the World. New York 1987 Demény, János (Hg.): Bartók Béla levelei [Béla Bartóks Briefe]. Budapest 1976 Dines, Alberto und Marlen Eckl: Tod im Paradies. Die Tragödie des Stefan Zweig. Frankfurt 2006 Ferand, Ernest T.: Begegnungen mit Béla Bartók. In: Geist und Werk. Aus der Werkstatt unserer Autoren. Zum 75. Geburtstag von Dr. Daniel Brody. Zürich 1958, S. 87–123 Gruber, Fritz: Teestunde bei Eugen Szenkar. In: Das elegante Köln 2, 1929, S. 3, 18, 19 Helm, Everett: A Concert Season in Rio de Janeiro. In: Bulletin of the Pan American Union 80, Februar 1946, S. 86–90 Heinz, Kurt: Die Schauburg: Theater hautnah. In: Homering, Liselotte und Karin von Welck (Hgg.): Mannheim und sein Nationaltheater. Mannheim 1998, S. 424–437 Heyworth, Peter: Otto Klemperer. Dirigent der Republik 1885–1933. Berlin 1988 Hock, Hermann: Ein Leben mit der Geige. Erinnerungen an Blütezeiten des Musiklebens in Frankfurt am Main. Frankfurt/Main 1950 Homering, Liselotte und Karin von Welck: Mannheim und sein Nationaltheater. Mannheim 1998 Hundt, Theodor: Zoltán Kodály in eigener Sache. In: Musica 37, 1983, S. 139–142 Ibbeken, Ida (Hg.): An Orchestra is born. A Monument to Bronislav Huberman. Tel-Aviv 1969 Köhler, Siegfried und Jutta Schubert: Alles Capriolen. Ein Jahrhundert im Musiktheater. Berlin 2004 Kobán, Ilse (Hg.): Walter Felsenstein. Berlin 1991 Kravetz, Nelly: Prokofjews „Russische Ouvertüre“ op. 72 und die neue sozialistische Realität. In: Kuhn, Ernst (Hg.): Schräg zur Linie des Sozialistischen Realismus? Prokofjews spätere Sonaten sowie Orchester- und Bühnenwerke. Ein internationales Symposium. (ProkofjewStudien Bd. 3), Band 37 der studia slavica musicologica. Berlin 2005, S. 61–67
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316
| Anhang
Kravetz, Nelly: Serge Prokofiev and Eugene Szenkar: The First Performance of the Russian Overture Op. 72 in Eretz Israel. Min-Ad Home: Israel Studies in Musicology Online. Last update 13.9.2006. http://www.biu.ac.il/HU/mu/min-ad/06/Kravitz-final.pdf 2006 Lehmann, Lilli: Mein Weg. Leipzig 1920 Lemacher, Heinrich: Die Italiener im Kölner Opernhaus. In: S. Simchowitz (Hg.): 25 Jahre Kölner Opernhaus 1902-1927. Köln 1927, S. 25–30 Lusink, Adrian: Tägliches-Alltägliches. Ein Tagebuch-Sammelsurium. Norderstedt 2013 Mohr, Albert Richard: Das Frankfurter Opernhaus 1880–1980. Ein Beitrag zur Frankfurter Theatergeschichte. Frankfurt/Main 1980 Pantielev, Gregorij: Russische Quellen zum Exil deutscher Dirigenten in der Sowjetunion 1933– 1945. In: Weber, Horst (Hg.): Musik in der Emigration 1933–1945. Stuttgart–Weimar 1994, S. 175–182 Peischer, Margit: Erinnerungen an Eugen Szenkar. In: Girth, Peter (Hg.): Ein Orchester feiert Geburtstag. Festschrift Düsseldorf 1989, S. 88–95 Peters, Rainer: Eugen Szenkar. In: Kämper, Dietrich (Hg.): Rheinische Musiker, Folge 9. Köln 1981, S. 106–109 Peters, Rainer: Düsseldorfer Orchestergeschichte. In: TONHALLEMagazin Mai 1990, S. 517– 520 Prieberg, Fred K.: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-Rom 2004 Prokofjew, Sergej: Autobiographie. In: Schlifstein S.I. (Hg.): Sergej Prokofjew. Dokumente, Briefe, Erinnerungen. Leipzig 1962, S. 15–181 Prutsch, Ursula: Brasilien 1889–1945. Kap. 27. www.lateinamerika-studien.at/content/geschichte politik/brasilien. o.J. Aufger. 22.06.2014 Rosenzweig, Alfred: Eugen Szenkár. In: Musikblätter des Anbruch 8 (7) 1926, S. 331–332 Ruppa, Alexander: The Palestine Orchestra in Egypt. In: The Strad 40, London 1938, S. 26 Sachs, Harvey: Toscanini. München–Zürich 1980 Scharberth, Irmgard: Gürzenich-Orchester Köln 1888–1988. Köln 1988 Schlifstein S.I. (Hg.): Sergej Prokofjew. Dokumente, Briefe, Erinnerungen. Leipzig 1962 Schöpflin, Aladar (Hg.): Magyar Színmüvészeti Lexikon. Budapest 1929–31 Schultze, Norbert: Mit dir, Lili Marleen. Die Lebenserinnerungen des Komponisten Norbert Schultze. Zürich–Mainz 1995 Schwandt, Christoph (Hg): Oper in Köln. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin 2007 Steinberg, Hans Wilhelm: Sommerkonzerte in Baku. In: Anbruch Heft 7/8 1930, S. 250 Streller, Friedbert: Sergej Prokofjew und seine Zeit. Laaber 2003 Szenkar, Eugen: Die Liebe zu den drei Orangen. In: Lindlar, Heinrich (Hg.): Serge Prokofieff. Bonn 1953, S. 54–56 Szenkar, Eugen: Mein Weg als Musiker. Erinnerungen eines Dirigenten. Herausgegeben von Sandra I. Szenkar. Berlin 2014 Tancsik, Pamela: Die Prager Oper heißt Zemlinsky. Theatergeschichte des Neuen Deutschen Theaters Prag in der Ära Zemlinsky 1911–1927. Wien–Weimar–Köln 2000 Valder-Knechtges, Claudia: Provinztheater im Umbruch (1916-1928). In: Schwandt, Christoph (Hg.): Oper in Köln. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin 2007, S. 223–254 von der Lühe, Barbara: Die Musik war unsere Rettung. Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts 58. Tübingen1998 Weber, Karl-Heinz: Vom Spielmann zum städtischen Kammermusiker. Zur Geschichte des Gürzenich-Orchesters Band1. Kassel 2009 Wintzer, Richard: Eugen Szenkar. In: Deutsche Kunstschau I, Heft 11/12, 1924. Offenbach/ Main, S. 209–211
Phonographie Zusammenstellung: Gert Fischer (Heidmoor) – Aktueller Stand: Juni 2016 Abkürzungen: A. Alt AD Aufnahmedatum AGF Aufnahme im Schallarchiv Gert Fischer, Heidmoor (Privatarchiv) AO Aufnahmeort AWT Archiv Wilfried Trübiger (†) Bar. Bariton Bs. Bass EdES »Edition Eugen Szenkar« (CD-Serie/ Nichtkommerzielle Archiv-Kopien) EdES ∞ CD-Ausgabe in Planung / Vorbereitung (AGF) GO Gürzenich-Orchester der Stadt Köln (= „Orchester des Opernhauses Köln“) HR Hessischer Rundfunk, Frankfurt a. Main Kl. Klavier KRSO Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester (heute: WDR Sinfonieorchester Köln) Mez. Mezzosopran Mit Bandmitschnitt (privat) NBC SO NBC Symphony Orchestra (Sinfonieorchester der National Broadcasting Corporation, New York) NWDR-SO Symphonieorchester des Nordwestdeutschen Rundfunks, Hamburg (heute: NDR Sinfonieorchester)
NDR ONM
Norddeutscher Rundfunk, Hamburg Orchester des Nationaltheaters Mannheim OSB Orquestra Sinfonica Brasileira, Rio de Janeiro PhilHung Philharmonia Hungarica, Marl (Orchester 2001 aufgelöst) SO Düsseldorf Sinfonieorchester der Stadt Düsseldorf (heute: Düsseldorfer Symphoniker) SO des HR Symphonie-Orchester des Hessischen Rundfunks, Frankfurt a.M. (heute hr-Sinfonieorchester) S. Sopran T. Tenor V. Violine Vc. Violoncello WDR Westdeutscher Rundfunk, Köln WS Wiener Symphoniker CompactDisc @ Acetatplatte ∇ Schellackplatte [78 r.p.m.] λ LP (Langspielplatte) Ω Tonbandaufnahme (Standort)
Anmerkungen: 1. Diese Phonographie repräsentiert den Aufnahmenbestand Eugen Szenkars, wie er sich auf der Grundlage von Schallplatten-Katalogen, von Unterlagen aus dem Besitz der Witwe Hermine Szenkar (†1989), von Auskünften der Rundfunkanstalten sowie aus Sammlerkreisen abbilden läßt. Sie darf beanspruchen, weitestgehend vollständig zu sein, dürfte aber jedenfalls als die bislang umfassendste Darstellung des akustisch überlieferten Œuvres Szenkars auf Tonträgern gelten. 2. Besondere Verdienste um die Bewahrung und Überlieferung offiziell längst gelöschter Mitschnitte von Aufführungen Eugen Szenkars hat sich Herr Wilfried Trübiger († im August 2014) erworben. Ohne seine ausgeprägte „Szenkar-Affinität“ wäre diese Phonographie um ungefähr ein Drittel kürzer ausgefallen… 3. Bei allen in dieser Phonographie vermerkten Aufnahmen – ausgenommen die beiden Ungarischen Rhapsodien von Franz Liszt – handelt es sich um monaurale Einspielungen, weshalb auf die sonst üblichen Vermerke „Mono“ bzw. „Stereo“ verzichtet wurde.
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| Anhang Bach, Johann Sebastian (1685–1750) Toccata und Fuge d-moll BWV 565 in der Orchesterfassung von Eugen Szenkar ■ NBC SO; AD: 2.2.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1520-2 [EdES, Vol. XIV] Bartók, Béla (1881–1945)
Suite Nr. 1 op. 3 für Orchester ■ KRSO; AD: 22.1.1959; AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; Ω WDR; EdES ∞ Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 BB 117 ■ Tibor Varga, V./ KRSO; AD: 7.12.1953; AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal (live); Ω::–/– [WDR: gelöscht]
Beethoven, Ludwig van (1770–1827)
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58 ■ Max Martin Stein, Kl./ SO Düsseldorf; AD: 13.5.1960, Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ Sinfonie Nr. 5 c-moll op. 67 ■ Mitglieder der Staatskapelle Berlin; AD: 15./16.6.1928; AO: Berlin; Odeon O-6688/91 [AGF]; archiphon ARC-137 ■ PhilHung; AD: 5.12.1959; AO: Düsseldorf, Rheinhalle (live); Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ »Fidelio« op. 72 – „Abscheulicher, wo eilst Du hin?” (1. Akt) ■ Walburga Wegner, S./ GO; AD: 1964; AO: Köln, Oper (live); Hamburger Archiv für Gesangskunst 10457 Ouvertüre „Leonore“ Nr. 3 op. 72a ■ KRSO; AD: (?); AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ Sinfonie Nr. 9 d-moll op. 125 ■ Hanni Mack, S./ Ruth Sievert, A./ Franz Fehringer, T./ Rudolf Watzke, Bs./ SO Düsseldorf; AD: 5.6.1957; AO: Düsseldorf, Rheinhalle (live/ öffentl. Generalprobe); Archiv Städt. Musikverein Düsseldorf, Vol. 149
Berlioz, Hector (1803–1869) Symphonie fantastique op. 14
■ NBC SO; AD: 26.1.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1523-2 [EdES, Vol. XVII] ■ NWDR-SO; AD: 19./20.2.1950; AO: Hamburg, Musikhalle (live); Ω NDR; AGF CD-413-2; TAHRA TAH 423 ■ KRSO; AD: 7.12.1953; AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [NWDR Köln: gelöscht] »La Damnation de Faust« op. 24 – [„Rakoczy“/ Ungarischer Marsch] ■ PhilHung; AD: 5.12.1959, Düsseldorf, Rheinhalle (live); Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞
Brahms, Johannes (1833–1897)
Haydn-Variationen op. 56a ■ SO Düsseldorf; AD: 17.3.1955; AO: Düsseldorf, Rheinhalle (live); Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1510-2 [EdES, Vol. VIII] Symphonie Nr. 1 c-moll op. 68 ■ NBC SO; AD: 2.2.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1520-2 [Edition Eugen Szenkár, Vol. XIV]
Bruckner, Anton (1824–1896)
Symphonie Nr. 7 E-Dur WAB 107 ■ SO Düsseldorf; AD: 8.3.1956, Düsseldorf, Rheinhalle; Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1513-2 [EdES, Vol. XI]
Copland, Aaron (1900–1990) »An Outdoor Ouverture« ■ KRSO; AD: 7.12.1953, AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [WDR: gelöscht]; Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ ■ NBC SO; AD: 12.1.1947, AO: New York (live); @ AGF; EdES ∞ Franck, César (1822–1890) Symphonie d-moll ■ SO Düsseldorf; AD: 17.3.1955; AO: Düsseldorf, Robert Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT 1004) AGF; AGF CD-1510-2 [EdES, Vol. VIII] Händel, Georg Friedrich (1685–1759)
Concerto grosso h-moll op. 6 Nr. 12 ■ NWDR-SO; AD: 19./20.2.1950; AO: Hamburg, Musikhalle (live); Ω NDR; AGF CD-413-2; TAHRA TAH 423
Haydn, Joseph (1732-1809) »Die Schöpfung« Hob. XXI:2 ■ Maria Stader, S./ Ernst Haefliger, T./ Josef Greindl, Bs./ Chor des Städt. Musikvereins, Düsseldorf/ SO Düsseldorf; AD: 16.10.1958; AO: Düsseldorf, Rheinhalle (live); Archiv Städt. Musikverein Düsseldorf, Vol. 83 Kodály, Zoltán (1882–1967)
»Háry-János-Suite« ■ PhilHung; AD: 5.12.1959; AO: Düsseldorf, Rheinhalle (live); Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-656-2; AGF CD-1506-2 [EdES, Vol. V]
Liszt, Franz (1811-1886)
»Eine Faust-Sinfonie« R 425 – 1. Satz: „Faust“ ■ SO Düsseldorf; AD: 20.5.1954, AO: Düsseldorf, Robert Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD1521-2 [EdES, Vol. XV] Ungarische Rhapsodie Nr. 1 f-moll R 441 / 1 ■ „Symphonie-Orchester des Westdeutschen Rundfunks“ (KRSO); AD: 10.9.1959; AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; l Ariola 14 388 L; l Maritim 47 268 NK; l Bertelsmann Schallplattenring 13 351 Ungarische Rhapsodie Nr. 2 cis-moll R 441 / 2 ■ „Symphonie-Orchester des Westdeutschen Rundfunks“ (KRSO); AD: 10.9.1959; AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; l Ariola 14 388 L; l Maritim 47 268 NK; l Bertelsmann Schallplattenring 13 351 Mahler, Gustav (1860-1911) Symphonie Nr. 3 d-moll ■ Diana Eustrati, A./ Frauenstimmen des Kölner Rundfunkchors (Einstud.: Bernhard Zimmermann)/ Ein Knabenchor (Einstud.: Egon Kraus)/ KRSO; AD: 5.3.1951, Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω WDR; CD archiphon ARC-136/137 Symphonie Nr. 4 G-Dur ■ Christiane Sorell, S./ WS; AD: 7.12.1958; AO: Wien, ORF, Großer Sendesaal (live); Ω Archiv Wiener Symphoniker; AGF CD-1519-2 [EdES, Vol. XII] ■ Christiane Sorell, S./ SO Düsseldorf; AD: 13.5.1960; AO: Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT) AGF; CD archiphon ARC-138
Phonographie (Gert Fischer) | Mozart, Wolfgang Amadé (1756–1791) Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 G-Dur KV 216 ■ Arthur Grumiaux, V./ NWDR-SO; AD: 19./20.2.1950; AO: Hamburg, Musikhalle (live); Ω::–/– [NDR: gelöscht] Konzert für Klavier und Orchester d-moll KV 466 ■ Germaine Leroux, Kl./ SO Düsseldorf; AD: 17./18.3.1955, Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT 1002) AGF; AGF CD-1511-2 [EdES, Vol. VIII] »Le Nozze di Figaro« („Figaros Hochzeit”) KV 492 – Ouvertüre ■ NBC SO; AD: 26.1.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1523-2 [EdES, Vol. XVII] Symphonie Nr. 39 Es-Dur KV 543 ■ SO Düsseldorf; AD: c1954; AO: Düsseldorf; Ω (Kopie) AGF; AGF CD-1507-2 [EdES, Vol. VII] Offenbach, Jacques (1819–1880)
»Hoffmanns Erzählungen« ■ Rudolf Schock, T. (Hoffmann)/ Alexander Welitsch, Bs. (Lindorf-Coppelius; Dapertutto-Mirakel; Andreas-Chochenille)/Franz Walter Kassek, T. (Pitichinaccio)/ Wilma Lipp, S. (Olympia)/ Martha Mödl, Mez. (Giulietta)/ Elfride Trötschel, S. (Antonia)/ Annelie Jansen, S. (Stella)/ Marion Matthäus, Mez. (Stimme der Mutter)/ Maria von Ilosvay, A. (Niklaus)/ Walter Schönfeld, Bs. (Hermann)/ ErnstAugust Steinhoff, T. (Nathanael)/ Willy Hofmann, T. (Spalanzani)/ Otto von Rohr, Bs. (Crespel)/ Robert Blasius, Bar. (Schlemihl)/ Anton Inkamp, Bs. (Lutter)/ Kölner Rundfunkchor/ KRSO; AD: 1.10.1950; AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω WDR; (Kopie: AGF); AGF CD-0618/0619-2; RELIEF CD 1902; Gebhardt-Records JGCD 0033-2; CD Cantus Classics CACD 5.00274 F
Prokofieff, Sergej (1891–1953) »Symphonie classique« op. 25 ■ SO Düsseldorf; AD: c1954; AO: Düsseldorf; l Bertelsmann-Schallplattenring 8039; l Remington R-199-212; AGF CD-1507-2 [EdES, Vol. VI] »Die Liebe zu den drei Orangen«. Suite op. 33a ■ KRSO; AD: 21.3.1952; AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [WDR: gelöscht]; Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1522-2 [EdES, Vol. XVI] »Romeo und Julia«, 2. Suite op. 64b ■ KRSO; AD: 1.7.1953; AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [WDR: gelöscht]; Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1522-2 [EdES, Vol. XVI] Puccini, Giacomo (1858–1924)
»La Bohème« ■ Libero de Luca, T. (Rudolf)/ Hermann Prey, Bar. (Schaunard)/Horst Günter, Bar. (Marcel)/ Sigmund Roth, Bs. (Colline)/ Karl Otto, Bs. (Bernard)/ Hjördis Schymberg, S. (Mimi)/ Joshard Daus, T. (Parpignol)/ Kurt Marschner, T. (Alcindor)/ Karl Alberti (Sergeant)/ Ernst Max Lühr, Bs. (Zollwächter)/ Chor des NWDR Hamburg (Einstud.: Max Thurn)/ NWDR-SO; AD: 24.–29.11.1953; AO: Hamburg, NWDR Funkhaus, Studio 10; Bandkopie (NDR) + Mit: AGF; AGF CD-655/56‑2; AGF CD‑1505/1506‑2 [EdES, Vol. V]; CD Walhall WLCD 0110; Cantus Classics CACD 5.00274 F – „Donde lieta usci” ■ Dorothy Warenskjold, S./ San Francisco Symphony Orche stra; AD: 26.9.1954; AO: San Francisco, Opera (live); Cambria Master Recordings 1999 CD 1111
»Turandot« – „In diesem Schlosse” … „Wohlan, so höre“ ■ Walburga Wegner, S./ Eugene Tobin, T./ Chor der Städt. Bühnen Köln/ GO; AD: 1960; AO: Köln, Oper (live); Hamburger Archiv für Gesangskunst 10457
Ravel, Maurice (1875–1937) »Daphnis et Chloë«, 2. Suite ■ NBC SO; AD: 19.1.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1512-2 [EdES, Vol. X] ■ SO Düsseldorf; AD: 17./18.3.1955; AO: Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT 103) AGF; AGF CD-1511-2 [EdES, Vol. VIII] »La Valse« ■ SO Düsseldorf; AD: 20./21.2.1958; AO: Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT 1024) AGF; EdES ∞ Respighi, Ottorino (1879–1936)
»Fontane di Roma« ■ KRSO; AD: VI.1955(?); AO: Köln, NWDR Funkhaus, GroßerSendesaal; Mit: (ex AWT 103) AGF; EdES ∞
Saint-Saëns, Camille (1835–1921) Symphonie Nr. 3 c-moll op. 78 (sog. „Orgel-Symphonie”) ■ Hans Bachem, Orgel/ KRSO; AD: 29.6.-2.7.1960; AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; Ω WDR; AGF CD1509-2 [EdES, Vol. VII] Schumann, Robert (1810-1856)
Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54 ■ Rosl Schmid, Kl./ Bamberger Symphoniker; AD: 11.2.1962; AO: Bremen, „Die Glocke“, Gr. Saal (live); Ω Radio Bremen; AGF CD-0919-2 [EdES, Vol. IX] »Manfred« op. 115 – Ouvertüre ■ SO Düsseldorf; AD: c1953/54; AO: Düsseldorf; l Bertelsmann-Schallplattenclub 8034 y; AGF CD-1508-2 [EdES, Vol. VI] Symphonie Nr. 4 d-moll op. 120 ■ NBC SO; AD: 19.1.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1512-2 [EdES, Vol. X] ■ SO Düsseldorf; AD: 5./6.2.1953; AO: Düsseldorf, RobertSchumann-Saal (live); Mit: (ex AWT 5980) AGF; EdES ∞ Konzert für Violoncello und Orchester a-moll op. 129 ■ Pierre Fournier, Vc./ SO des HR; AD: 29.3.1957; AO: Frankfurt a.M., Funkhaus am Dornbusch, Großer Sendesaal (live); Ω HR; AGF CD-1504-2 [EdES, Vol. IV] »Scenen aus Goethes Faust« WoO 3 ■ Agnes Giebel, S./ Gotthard Kronstein, Bar./ Kim Borg, Bs./ Heinz Marten, T./ André Peysang, T./ Philipp Göpelt, Bs./ Genia Wilhelmi, S./ Leonore Kirschstein, S./ Marieluise Derix, A./ Magda Bien, A./ Chor des Städt. Musikvereins Düsseldorf/SO Düsseldorf; AD: 24.1.1957; AO: Düsseldorf, ? (live); Archiv Städt. Musikverein Düsseldorf, Vol. 134
Strauß, Johann (Vater) (1804–1848) »Radetzky-Marsch« op. 228 ■ OSB; AD: VIII.1958; AO: Rio de Janeiro, Studio Avenida Franklin Roosevelt 137; l Fonográfica Brasileira GC 15.005; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II]
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| Anhang Strauß, Johann (Sohn) (1825–1899)
»Die Fledermaus« – Ouvertüre ■ KRSO; AD: 8.5.1951, AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [WDR: gelöscht] ■ OSB; AD: VIII.1958; AO: Rio de Janeiro, Studio Avenida Franklin Roosevelt 137; l Fonográfica Brasileira GC 15.005; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] – „Trinke, Liebchen, trinke schnell“ ■ Kurt Schumacher, T./ ONM; AD: 1.1.1950; AO: Mannheim, Schauburg (live); Hamburger Archiv für Gesangskunst 10461 »Der Zigeunerbaron« – Ouvertüre ■ OSB; AD: VIII.1958; AO: Rio de Janeiro, Studio Avenida Franklin Roosevelt 137; l Fonográfica Brasileira GC 15.005; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] »Kaiserwalzer« op. 437 ■ OSB; AD: VIII.1958; AO: Rio de Janeiro, Studio Avenida Franklin Roosevelt 137; l Fonográfica Brasileira GC 15.005; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] »Pizzicato Polka« op. 447 ■ OSB; AD: VIII.1958; AO: Rio de Janeiro, Studio Avenida Franklin Roosevelt 137; l Fonográfica Brasileira GC 15.005; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] Strauss, Richard (1864–1949) »Tod und Verklärung« op. 24 ■ SO Düsseldorf; AD: 13.2.1953; AO: Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal (live); Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1521-2 [EdES, Vol. XV] »Ein Heldenleben« op. 40 ■ SO des HR; AD: 29.3.1957; AO: Frankfurt a.M., Funkhaus am Dornbusch; Großer Sendesaal (live); Bandkopie HR: AGF; AGF CD-1504-2 [EdES, Vol. IV] »Der Rosenkavalier« op. 59 – Szenen ■ NWDR-SO; AD: 6.-10.12.1951; AO: Hamburg, NWDR Funkhaus, Studio 10; Ω NDR; Mit: AGF; AGF CD1502/03-2 [EdES, Vol. III] – Einleitung und Liebesszene Marschallin / Octavian „Wie du warst, wie du bist…“ (1. Akt) ■ Erna Schlüter, S./ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez. – Szene 1. Akt mit Monolog der Marschallin ■ Erna Schlüter, S./ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez./ Josef Greindl, Bs. – Rosenüberreichung und Duett Sophie / Octavian (2. Akt) ■ Lore Hoffmann, S./ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez. – Liebesduett Sophie / Octavian (2. Akt) ■ Lore Hoffmann, S./ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez. – Schluß des 2. Aktes ■ Lore Hoffmann, S./ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez./ Ina Gerhein, S./ Gustav Neidlinger, Bs./ Josef Greindl, Bs./ Ursula Zollenkopf, A./ Herrenchor des NWDR Hamburg (Einstud. Max Thurn) – Vorspiel zum 3. Akt ■ (NWDR-SO; s.oben) – Szene Ochs / Octavian (3. Akt) ■ Nathalie Hinsch-Gröndahl, Mez./ Josef Greindl, Bs. – Walzerszene (3. Akt) ■ Lore Hoffmann, S./ Erna Schlüter, S./ Nathalie HinschGröndahl, Mez./ Ina Gerhein, S./ Joshard Daus, T./Theo Henning, Bs./ Chor des NWDR Hamburg (Einstud.: Max Thurn)
– Schlußszene (3. Akt) ■ Lore Hoffmann, S./ Erna Schlüter, S./ Nathalie HinschGröndahl, Mez./ Gustav Neidlinger, Bs. »Der Rosenkavalier« op. 59 – Orchestersuite ■ Toronto Symphony Orchestra; AD: 1947; AO: N.N.; @ AGF; AGF CD-1502/03-2 [EdES, Vol. III] »Ariadne auf Naxos« op. 60 – „Großmächtige Prinzessin!“ (Arie der Zerbinetta) ■ Ilse Hollweg, S./ Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks; AD: 1955; AO: München, BR; Ω BR; Kopie: AGF: EdES ∞ Strawinsky, Igor (1882–1971) »Der Feuervogel«, Suite (Fassung 1919) ■ KRSO; AD: 7.4.1952, Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Ω -/- [WDR: gelöscht]; Mit: (ex AWT) AGF; AGF CD-1522-2 [EdES, Vol. XVI] ■ SO Düsseldorf; AD: c.1954, Düsseldorf; Remington R-199-212; AGF CD-1507/08-2 [EdES, Vol. VI] Tschaikowsky, Peter I. (1840–1893) Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-moll op. 23 ■ Pavel Serebriakov, Kl./ OSB; AD: 16.8.1958; AO: Rio de Janeiro (live); l Fonográfica Brasileira GC 15.007; https:// yadi.sk/d/FbYALVprdWR7a; EdES ∞ Symphonie Nr. 5 e-moll op. 64 ■ NBC SO; AD: 12.1.1947, New York (live); @ AGF; EdES ∞ ■ Bamberger Symphoniker; AD: 11.2.1962; AO: Bremen, „Die Glocke”, Großer Saal (live); Ω Radio Bremen; AGF CD‑0919‑2 [EdES, Vol. IX] Villa-Lobos, Heitor (1887–1959) »Bachianas Brasileiras« Nr. 4 – Prélude ■ NBC SO; AD: 19.1.1947; AO: New York (live); @ AGF; AGF CD-1512-2 [EdES, Vol. X] Wagner, Richard (1813-1883) »Tannhäuser« WWV 70 – Ouvertüre ■ OSB; AD: VIII.1958, AO: Rio de Janeiro; l Fonográfica Brasileira GC 15.008; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] »Lohengrin« WWV 75 – Vorspiele zum 1. und 3. Aufzug ■ OSB; AD: VIII.1958, AO: Rio de Janeiro; l Fonográfica Brasileira GC 15.008; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] »Die Meistersinger von Nürnberg« WWV 96: – „Suite“ aus Orchesterstücken des III: Aufzugs (Vorspiel/Tanz der Lehrbuben/ Aufzug der Meistersinger/ Finale) ■ NBC SO; AD: 19.1.1947; AO: New York; @ AGF; AGF CD-1512-2 [EdES, Vol. X] ■ OSB; AD: VIII.1958, AO: Rio de Janeiro; l Fonográfica Brasileira GC 15.008; AGF CD-1501-2 [EdES, Vol. II] Weber, Carl Maria von (1786-1826) »Euryanthe« JV 291 – Ouvertüre ■ PhilHung; AD: 5.12.1959, Düsseldorf, Rheinhalle (live); Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞
Phonographie (Gert Fischer) | Weinberger, Jaromir (1896-1967) »Schwanda, der Dudelsackpfeifer« – Ouvertüre ■ KRSO; AD: *, AO: Köln, NWDR Funkhaus, Großer Sendesaal; Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ »Variationen und Fuge über eine altenglische Weise „Under the Spreading Chestnut Tree“« ■ SO Düsseldorf; AD: 6.2.1953, AO: Düsseldorf, RobertSchumann-Saal (live); Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ ■ KRSO; AD: 3./4.10.1960, AO: Köln, WDR, Großer Sendesaal; Mit: (ex AWT) AGF; EdES ∞ O-Ton-Dokumente Interview mit Eugen Szenkar (Reporter: Hasso Wolf) AD: 13.1.1950, AO: Köln, NWDR; Ω WDR; Kopie: AGF; archiphon ARC-137 Gespräch mit Eugen Szenkar anläßlich seines 80. Geburtstages (Gesprächspartner: Dr. Lutz Lüdemann) AD: 24.4.1971, AO: Düsseldorf (?); Ω WDR; Kopie: AGF; EdES ∞
Zum 75. Geburtstag von Eugen Szenkar (Autor: Herbert Eimert) AD: 1976, AO: Köln, WDR; Ω WDR [gelöscht?]; Mit: AGF; EdES ∞ Hermine Szenkar im Gespräch mit Gert Fischer AD: 3.4.1982, AO: Düsseldorf, Cecilienalle 51; Ω AGF; EdES ∞ Gespräche über Eugen Szenkar mit seiner Witwe, Hermine Szenkar (Gesprächspartner: Gert Fischer) AD: 3./4.5.1986, AO: Düsseldorf, Cecilienallee 51 [Privataufnahme: Gert Fischer]; AGF (nicht-öffentliche Archivkopie) CD1515/1520-2 Gedenkportrait Eugen Szenkar (aus Anlass des 10. Todestages im März 1987) [Autor: Gert Fischer] AD: 1986, AO: AGF für WDR; Ω WDR [die Ausstrahlung des Portraits war für den 28.9.1986 angesetzt; sie ist damals jedoch ohne Angabe von Gründen kurzfristig abgesetzt worden und bis heute ungesendet geblieben]
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Liste der aufgeführten Opern, Ballette, Operetten Die Liste erhebt insofern keinen Anspruch auf Vollständigkeit, als in den Tagezeitungen in der Regel nur Premieren rezensiert werden und in den Ankündigungen des abendlichen Opernspielplans bis in die Dreißigerjahre hinein der Dirigent nicht angegeben war. Repertoire-Vorstellungen können also bis dahin nicht eruiert werden. Komplett erfasst sind nur Altenburg, Mannheim und Düsseldorf, wo die Theaterzettel erhalten blieben. EA bezieht sich, wenn nicht anders angegeben, auf die Erstaufführung in dem entsprechenden Land. d'Albert, Eugen 1864–1932 Der Stier von Olivera Bartók, Béla 1881–1945 Herzog Blaubarts Burg Der holzgeschnitzte Prinz Der wunderbare Mandarin Beethoven, Ludwig van 1770–1827 Fidelio Berg, Alban 1885–1935 Wozzeck Bizet, Georges 1838–1875 Carmen Boettcher, Lukas 1878–1970 Salambo Braunfels, Walter 1882–1954 Don Gil von den grünen Hosen Galatea Die Vögel Debussy, Claude 1862–1918 Pelléas und Mélisande Dellinger, Rudolf 1857–1910 Don Cesar Donizetti, Gaetano 1797–1848 Don Pasquale Eysler, Edmund 1874–1949 Der lachende Ehemann Die – oder keine Der Frauenfresser Künstlerbild Fall, Leo 1873–1925 Die geschiedene Frau de Falla, Manuel 1876–1946 Meister Pedros Puppenspiel Franckenstein, Clemens von 1875–1942 Li-Tai-Pe
Altenburg Düsseldorf, Frankfurt (1922 EA), Köln Dresden/Hellerau, Frankfurt (1922 EA), Köln Köln 1926 UA Altenburg, Berlin, Budapest, Düsseldorf, Köln, Mannheim, Paris Köln Altenburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Mannheim, Rio de Janeiro Altenburg 1920 UA Köln Köln 1930 UA Köln Düsseldorf, Köln, Wien Salzburg Berlin, Frankfurt, Köln Budapest (1913 EA) Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg Köln (1927 EA) Köln
Liste der aufgeführten Opern, Ballette, Operetten |
Gluck, Christoph Willibald 1714–1787 Don Juan (Ballett) Iphigenie auf Tauris Gilbert, Jean 1879–1942 Die moderne Eva Gounod, Charles 1818–1893 Faust (Margarethe) Graener, Paul 1872–1944 Don Juans letztes Abenteuer Grieg, Edvard 1843–1907 Peer Gynt Händel, Georg Friedrich 1685–1759 Julius Cäsar Heuberger, Richard 1850–1914 Der Opernball Honegger, Arthur 1892–1955 Judith Hollaender, Victor 1866–1940 Die Schöne vom Strande Humperdinck, Engelbert 1854–1921 Hänsel und Gretel Kálmán, Emmerich 1882–1953 Die Csárdásfürstin Kienzl, Wilhelm 1857–1941 Der Kuhreigen Kodály, Zoltán 1882–1967 Háry János Korngold, Erich Wolfgang 1897–1957 Die tote Stadt Lehár, Franz 1870–1948 Eva Das Fürstenkind Der Graf von Luxemburg Zigeunerliebe Marschner, Heinrich 1795–1861 Hans Heiling Meyer, Gustav 1897–? Onkel Lajos Millöcker, Carl 1842–1899 Der Bettelstudent Monteverdi, Claudio 1567–1643 Orfeo Mozart, Wolfgang Amadeus 1756–1791 Così fan tutte Don Giovanni Die Entführung aus dem Serail
Köln Köln Prag (1913 EA) Altenburg, Frankfurt Altenburg Altenburg Berlin, Köln, Wien Salzburg Köln (1927 EA) Salzburg Altenburg Salzburg Prag Köln (1931 EA) Frankfurt Salzburg Salzburg Salzburg Altenburg, Salzburg Altenburg Prag 1912 UA Salzburg Köln Barcelona, Den Haag, Düsseldorf, Genf, Köln, Wien Altenburg, Antwerpen, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Mannheim, Rio de Janeiro (1942 EA), Schwetzingen Altenburg, Barcelona (1928 EA), Frankfurt, Köln
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Figaros Hochzeit Die Zauberflöte Mussorgski, Modest 1839–1881 Boris Godunow Nessler, Victor Ernst 1841–1890 Der Trompeter von Säckingen Nicolai, Otto 1810–1849 Die lustigen Weiber von Windsor Offenbach, Jacques 1819–1880 Hoffmanns Erzählungen Pergolesi, Giovanni Battista 1710–1736 Die Magd als Herrin Prokofjew, Sergej 1891–1953 Die Liebe zu den 3 Orangen Der Narr Puccini, Giacomo 1858–1924 La Bohème Gianni Schicchi Madame Butterfly Tosca Turandot Rabaud, Henri 1873–1949 Maruf, der Schuster von Kairo Reinhardt, Heinrich 1865–1922 Prinzeß Gretl Rossini, Gioachino 1792–1868 Der Barbier von Sevilla Schubert/Regel 1797–1828 Die Jahreszeiten der Liebe Stephan, Rudi 1887–1915 Die ersten Menschen Straus, Oscar 1870–1954 Ein Walzertraum Strauss, Richard 1864–1949 Ariadne auf Naxos Elektra Die Frau ohne Schatten Intermezzo Josefslegende Der Rosenkavalier Salome Strauß, Johann 1825–1899 Die Fledermaus
Antwerpen, Barcelona, Düsseldorf, Köln, Mannheim, Pasadena, Rio de Janeiro, San Francisco, Schwetzingen Düsseldorf, Godesberg, Köln, Wiesbaden Berlin, Köln Altenburg Altenburg, Berlin, Köln Budapest, Frankfurt, Köln Köln Köln (1925 europ. EA), Mannheim Köln (1927 EA) Frankfurt, Hamburg Köln Altenburg Frankfurt Köln Köln Salzburg Altenburg, Berlin, Budapest, Frankfurt, Düsseldorf Prag (1912 EA) Köln Altenburg Düsseldorf, Frankfurt, Köln Düsseldorf Frankfurt (1922 EA), Rio de Janeiro (EA) Köln Frankfurt Altenburg, Barcelona, Düsseldorf, Frankfurt, Graz, Köln, Mannheim, Rio de Janeiro (EA) Altenburg, Budapest, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Los Angeles, Rio de Janeiro (EA), San Francisco Altenburg, Berlin, Budapest, Düsseldorf, Köln, Mannheim, Salzburg
Liste der aufgeführten Opern, Ballette, Operetten |
Wiener Blut Strawinsky, Igor 1882–1971 Die Geschichte vom Soldaten Les Noces Pulcinella Le Sacre du Printemps Thomas, Ambroise 1811–1896 Mignon Tschaikowski, Peter 1840–1893 Der Pantoffelheld Verdi, Giuseppe 1813–1901 Aida Macbeth Die Macht des Schicksals Ein Maskenball Othello Rigoletto Simon Boccanegra La Traviata Der Troubadour Wagner, Richard 1813–1883 Der fliegende Holländer Die Götterdämmerung Lohengrin Die Meistersinger Parsifal Rheingold Rienzi Ring gesamt Siegfried Tannhäuser Tristan und Isolde Die Walküre Weber, Carl Maria von 1786–1826 Der Freischütz Weinberger, Jaromír 1896–1967 Schwanda, der Dudelsackpfeifer Weill, Kurt 1900–1950 Mahagonny Street Scene
Salzburg Köln Köln Köln Düsseldorf, Köln Altenburg, Budapest Köln (1932 EA) Altenburg, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Mannheim, Rio de Janeiro Köln Köln Altenburg, Berlin, Budapest, Frankfurt, Köln, Mannheim Köln Altenburg, Berlin, Budapest, Frankfurt Köln Altenburg, Köln Budapest Altenburg, Frankfurt, Köln, Los Angeles, San Francisco, Wien Altenburg, Barcelona, Köln Altenburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Madrid, Moskau, Rio de Janeiro Altenburg, Frankfurt, Köln, Mannheim Barcelona, Rio de Janeiro Altenburg, Köln Altenburg, Köln Altenburg, Köln, Lyon Altenburg, Barcelona, Berlin, Köln, Mannheim, Rio de Janeiro Düsseldorf, Köln, Rio de Janeiro Altenburg, Barcelona, Berlin, Budapest, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Madrid, Mannheim, Rio de Janeiro Altenburg, Barcelona, Berlin, Den Haag, Köln, Madrid, Mannheim, Rio de Janeiro Altenburg, Frankfurt, Köln Köln Köln Düsseldorf (1955 EA)
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Wellesz, Egon 1885–1974 Alkestis Die Opferung des Gefangenen Die Prinzessin Girnara Wetzler, Hermann Hans 1870–1943 Die baskische Venus Wolf-Ferrari, Ermanno 1876–1948 Die schalkhafte Witwe Sly Zeller, Carl 1842–1898 Der Vogelhändler Zerkowitz, Béla 1881–1948 Katonadolog Ziehrer, Carl Michael 1843–1922 Die Landstreicher Die drei Wünsche
Köln Köln 1926 UA Frankfurt 1921 UA Köln Köln Köln Salzburg Budapest 1913 UA Altenburg, Salzburg Salzburg
Abkürzungsverzeichnis AB Aufbau ABSz Autobiographie Szenkar (Szenkar 2014) AH Het Allgemeen Handelsblad ALZ Altenburger Zeitung für Stadt und Land AT Argentinisches Tageblatt BB Berliner Börsenzeitung BE La Bourse Égyptienne DN Düsseldorfer Nachrichten DPZ Deutsche La Plata Zeitung DRN Dresdner Neueste Nachrichten DZ Deutsche Zeitung Berlin EC Extracts of Criticism EG The Egyptian Gazette EH Esti Hírlap FR Familie Rauch in Nürnberg FZ Frankfurter Zeitung GfNM Gesellschaft für Neue Musik HAK Historisches Archiv der Stadt Köln HHI Heinrich-Heine-Institut, Rheinisches Literaturarchiv, Nachlass Szenkar HSzI Hermine Szenkar im Gespräch mit Gert Fischer, Düsseldorf 3.5.1986 JB Jornal do Brasil JC Jornal do Commercio KBH Kritikenbuch Hermine Szenkar, Staatl. Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz Berlin, II Musikwissenschaftliche Dokumentation KSA Kölner Stadtanzeiger KRS Kölnische Rundschau KTB Kölner Tageblatt KV Kölnische Volkszeitung KZ Kölnische Zeitung MA Musikblätter des Anbruch MD Der Mittag MDM Le Monde Musical MM Mannheimer Morgen MNN Münchner Neueste Nachrichten NFP Neue Freie Presse NL Les Nouvelles Littéraires NN Nürnberger Nachrichten NRZ Neue Rhein-Zeitung NWJ Neues Wiener Journal NWT Neues Wiener Tagblatt NZ Nürnberger Zeitung NZF Die Neue Zeitung, Frankfurt ÖNB Österreichische Nationalbibliothek, Wien PL Pester Lloyd PP Palestine Post
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PT Prager Tagblatt PTB Pariser Tageblatt PTZ Pariser Tageszeitung RHP Rheinische Post RMT Rheinische Musik- und Theaterzeitung RNZ Rhein-Neckar-Zeitung RP Die Rheinpfalz RS Revista da Semana RZ Rheinische Zeitung SAM Stadtarchiv Mannheim SC Salzburger Chronik SM Sovetskaja Muzyka TL The Times TM TONHALLEMagazin UE Historisches Archiv der Universal Edition, Wienbibliothek WB Westdeutscher Beobachter ZM Zeitschrift für Musik
Die am häufigsten zitierten Briefwechsel werden wie folgt abgekürzt: E an H H an E H an V Sz an FR Sz an W
Eugen Szenkar an Hermine Zeitschel/ab 1929 Szenkar Hermine an Eugen Hermine an ihren Vater, Franz Zeitschel Szenkar an Familie Rauch Szenkar an Wellesz
Abkürzungen von Rezensentennamen AG AH AM AN AS COE ED EK EL ES FB GS HE HH HK HL HLT HU JJ JK
André George Artur Holde Andrade de Muricy Alfons Neukirchen Anton Stehle Carl Onno Eisenbart Prof. Dr. Ernst Decsey Edwin Kuntz Eduard Levi Eugen Schmitz Friedrich Berger Dr. Günter Schab Herbert Eimert Dr. H. E. Heller Hanspeter Krellmann Prof. Dr. Heinrich Lemacher Dr. Heinrich von Lüttwitz Prof. Dr. Hermann Unger Johannes Jacobi Julius Korngold
Abkürzungsverzeichnis |
KD KF KG KH KR KW LF LO MF MS MSS PB PM RL SP USE WG WH WJ WK WME WS WWG
Kurt Driesch Karl Foesel Karl Gabler Kurt Heinz Dr. K. H. Ruppel Karl Wolff Lajos Fodor Dr. Loschelder Dr. Martin Friedland Maximilian Spaeth Margo Schulze-Schuchard Paul Bekker Paul Müller Roberto Lyra Filho Siegmund Pisling Dr. Ulrich Seelmann-Eggebert Werner Gilles Wilhelm Hermann Dr. Walther Jacobs Dr. Willi Kahl W. M. Eisenbarth Wolfgang Steinecke Willy Werner Göttig
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Dank Den Damen und Herren aus allen aufgeführten Archiven und Institutionen danke ich von Herzen für vielfältige Unterstützungen, für mündlich und schriftlich erteilte Auskünfte und für die Überlassung von Archivmaterial. Für wichtige Hinweise, Überlassung von Dokumenten und Hilfen bei der Materialbeschaffung danke ich: Gustavo Antunes (Rio de Janeiro), András Barabás (Budapest), Helmut Brenner (Düsseldorf ), Götz Dahlmüller (Hamburg), Pavel Dimitriev (St.Petersburg), Knut Eckhardt (Darmstadt), Moshe Aron Epstein (Tel Aviv), Rainer Großimlinghaus (Kleinmachnow), Manfred Hill (Erkrath), Theodor Hundt (Troisdorf ), Ernst Kobau (Wien), Hartmut Krones (Wien), Daniil Petrov (Moskau), Harvey Sachs (New York), Zsuzsanna Schmidt (Budapest), Christoph Schwandt † (Köln), Wilfried Trübiger † (Korschenbroich), Werner Unger (Kehl), Claudia Valder-Knechtges (Köln). Für Übersetzungshilfen aus dem Niederländischen, Russischen und Schwedischen danke ich Nelly Dick (Schweinfurt), Anna Rothholz (München) und Regula Winkelman (Basel). Besonders herzlich bedanke ich mich bei den Sängern, Musikern und Kollegen Szenkars, die mir schriftlich, in Telefonaten und persönlichen Treffen über den Menschen und Dirigenten Szenkar erzählten: Albert Antalffy † (Budapest), Inge Borkh (Stuttgart), Eberhard Finke (Berlin), Dietrich Fischer-Dieskau † (Berlin), Ruth Hesse (Hallstadt), Siegfried Köhler (Schlangenbad), Gisela Labschies (Düsseldorf ), Judit Sándor † (Budapest), Christiane Sorell (Wien). Mein ganz besonderer Dank gilt Sandra I. Szenkar, die mir Einblick in den Nachlass Szenkars gewährte und mir die Veröffentlichung von Dokumenten und Fotos genehmigte, Anna Carletto-Wilhelm (Offenbach), die als Dolmetscherin mit mir nach Dino reiste, um dort die Spuren der Familie Szenkar zu verfolgen, Gert Fischer (Heidmoor), der mir das gesamte Archivmaterial überließ, das ihm die Witwe Szenkar in den Achtzigerjahren geschenkt hatte, und Nóra Wellmann (Budapest), die mir Kontakte zu Sängern der Budapester Staatsoper vermittelte und mich, weit über ihre Funktion als Archivarin der Staatsoper hinaus, bis heute mit jeglicher Information über die Familie Szenkar versorgt, deren sie irgendwo habhaft werden kann. Sandra Hartmann und Johannes van Ooyen vom Böhlau-Verlag danke ich für die hilfsbereite, kompetente, liebenswürdige Begleitung bei der Drucklegung des Buches. Zum Schluss, aber nicht zuletzt, danke ich den lieben Menschen, die mit unendlicher Geduld mein Manuskript auf Fehler, Unstimmigkeiten, Ungereimtheiten und Redundanzen überprüft haben: Susanne Finckenstein (Schweinfurt), Reinhold Kubik (Wien), Walter Ladisich (Gramatneusiedl), Anna-Kristina Stekl (Krems) und Regula Winkelman (Basel).
Bildnachweise Bild 1: Bild 2: Bild 3: Bild 4: Bild 5: Bild 6: Bild 7:
Ferdinand (Nándor) Szenkár Foto: Hofphotograph Kalmár, Budapest. Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf (HHI) Rosa Rothenstreich. Fotograf unbekannt. HHI Eugen Szenkar 1911. Fotograf unbekannt. Beiblatt Képes Szalon, 24.12.1912. Archiv der Ungarischen Staatsoper Adele Legárd 1911. Fotograf unbekannt. Beiblatt Képes Szalon, 24.12.1912. Archiv der Ungarischen Staatsoper Hofkapellmeister am herzoglichen Hof in Altenburg Foto: Hugo Erfurth, Dresden. ca. 1917/18. HHI 1. Kapellmeister in Frankfurt Foto: Pál M. Vajda, Budapest., ca. 1923. HHI Mit Béla Bartók am Kölner Hauptbahnhof, November 1926. Fotograf unbekannt. HHI Bild 8: Aufführung der VIII. Symphonie von Gustav Mahler im Kölner Opernhaus, 30.6.1928. Fotograf unbekannt. HHI Bild 9: Probe in der „Musikmuschel“ in Baku, August 1934. Fotograf unbekannt. HHI Bild 10: Probe zu Händels Concerto grosso in h-Moll in Tel Aviv, Januar 1938. Fotograf unbekannt. HHI Bild 11: Mit Dr. Simon in Ägypten, Februar 1938. Fotograf unbekannt. HHI. Bild 12: Tel Aviv 1938. Foto: Rudi Weissenstein, ThePhotoHouse.co.il. HHI. Mit freundlicher Genehmigung von Pri-Or PhotoHouse Tel Aviv. Bild 13: Familie Szenkar in ihrem Sommersitz in Teresópolis/Brasilien. Fotograf unbekannt. Privatarchiv Sandra I. Szenkar Bild 14: Familie Szenkar auf der Rückreise nach Europa, Dezember 1949. Foto: Complimentary Photograph, New Orleans Photo News. Privatarchiv Sandra I. Szenkar Bild 15: Proben zu Don Giovanni, Mannheim September 1951 Foto: Adolf Falk. Mit freundlicher Genehmigung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Theater- und Musikgeschichtliche Sammlungen. HHI Bild 16: Mit Kyrill Kondraschin in Dresden, Oktober 1955. Foto: Dr. Werner Frost, Dresden. HHI Bild 17: Fidelio-Aufführung in der Staatsoper Budapest 16.10.1956 Foto: László Várkonyi, Budapest. HHI Bild 18: Mit Carl Ebert, vermutlich 1961. Fotograf unbekannt. HHI Bild 19: Hermine und Eugen Szenkar in ihrem Garten in Dino/Lugano. Späte 60er Jahre. Privatfoto. Privatarchiv Sandra I. Szenkar Bilder 20–24: Typische Dirigierposen Szenkars Bild 20/21: Probenarbeit in Mannheim 1950/51. Fotos: Tita Binz. Mit freundlicher Genehmigung von Marion Vohla. HHI Bild 22: Proben zu Aida, Mannheim Februar 1952 Foto: Adolf Falk. Mit freundlicher Genehmigung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Theater- und Musikgeschichtliche Sammlungen. HHI
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Bild 23: Bild 24: Umschlagfoto:
Probenarbeit Berlin 2.2.1958 Foto: Fournes. HHI Budapest, Sommer 1962 Foto: Paul Szijjartó. HHI Proben zu Aida, Mannheim Februar 1952 Foto: Adolf Falk. Mit freundlicher Genehmigung der Reiss-EngelhornMuseen Mannheim, Theater- und Musikgeschichtliche Sammlungen. HHI
Autorin und Verlag haben sich bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen. In Fällen, wo das nicht gelungen ist, bitten wir um Nachricht.
Personenverzeichnis Vorbemerkungen: Die Mitglieder der Familie Szenkár in Budapest sind mit Akzent aufgeführt, Eugen Szenkar jedoch wird im gesamten Text ohne Akzent geschrieben, weil er selbst sich seit seinem Amtsantritt in Frankfurt 1920 so schrieb. Hermine Zeitschel, die dritte Ehefrau von Eugen Szenkar, ist im Register nur mit derjenigen Seitenzahl aufgeführt, auf der ihre Person näher beschrieben und charakterisiert wird. Ansonsten wird sie, ebenso wie Eugen, nicht genannt, da sie ebenso oft wie er im Text vorkommt und weil das Buch letztlich ebenso von ihr wie von Eugen Szenkar handelt. Abbado, Claudio 1933–2014, italienischer Dirigent 273 Abendroth, Hermann 1883–1956, deutscher Dirigent 57, 58, 64, 88, 93, 105, 112, 116, 120, 121, 124, 130, 249, 262 Abert, Johann Joseph 1832–1915, deutsch-böhmischer Komponist 184, 204 Abraham, Paul 1892–1960, ungarisch-deutscher Operettenkomponist 114 Ackermann, Otto 1909–1960, rumänischer Dirigent 266 Adenauer, Konrad 1876–1967 deutscher Politiker (Zentrum/CDU) 9, 56, 57, 59, 70, 71, 73, 84, 124, 130, 132, 134, 140 Adler, Adelina 1892–1976, ungarische Sopranistin 18 Adorno, Theodor 1903–1969, deutscher Philosoph, Soziologe, Musikwissenschaftler 46, 47 Ady, Endre 1877–1919, ungarischer Dichter 45 Albanese, Licia 1909–2014, italienisch-amerikanische Sopranistin 244 d'Albert, Eugen 1864–1932, deutscher Komponist und Pianist 29, 33, 41 Albert, Herbert 1903–1973, deutscher Dirigent und Pianist 204, 205, 225 Alfermann, Marianne 1891–1942, deutsche Sopranistin und Schauspielerin 22 Alfons XIII. 1886–1941, König von Spanien 1902–1932 80 Anders, Peter 1908–1954, deutscher Tenor 207 Andrade, Janine 1918–1977, französische Geigerin 213 Andreae, Volkmar 1879–1962, schweizerischer Dirigent und Komponist 33 Andritzky, Christoph 1905–1984, deutscher Jurist und Politiker (parteilos) 216 Angerer, Edmund 1740–1794, österreichischer Kirchenmusiker 17 Ansermet, Ernest 1883–1969, schweizerischer Dirigent 128 Antalffy, Albert 1924–2013, ungarischer Bass 236 Aravantinos, Panos 1886–1930, griechisch-deutscher Bühnenbildner 117 Arnau, Frank 1894–1976, schweizerisch-deutscher Schriftsteller und Journalist 172, 180, 191, 196 Arp, Hans 1886–1966, deutsch-französischer Maler, Bildhauer, Lyriker (Dadaismus, Surrealismus) 58 Auguste, Prinzessin von Altenburg-Sachsen 1843–1919, Mutter von Herzog Ernst II. 27, 35, 40 Baargeld, Theodor 1892–1927, deutscher Maler, Grafiker, Publizist des Dadaismus 58 Bach, Johann Christian 1735–1782, deutscher Komponist, Sohn von Johann Sebastian 259 Bach, Johann Sebastian 1685–1750, deutscher Komponist 16, 25, 97, 104, 113, 125, 128, 158, 160, 163, 176, 184, 188, 189, 193, 202–204, 207, 208, 214–216, 230, 239, 246, 259, 260 Backhaus, Wilhelm 1884–1969, deutscher Pianist 188, 239, 258, 259 Bahling, Hans 1878–1938, deutscher Bariton 202
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Bahr-Mildenburg, Anna 1872–1947, österreichische Sopranistin 77 Bak, Valerie 1919–2005, ungarisch-deutsche Sopranistin 233 Bampton, Rose 1907–2007, amerikanische Sopranistin 192 Barbieri, Fedora 1920–2003, italienische Mezzosopranistin 192 Barenboim, Daniel *1942, argentinisch-israelischer Dirigent und Pianist 174 Bartók, Béla 1881–1945, ungarischer Komponist, Pianist, Musikwissenschaftler 8, 13, 36, 45, 46, 50, 67, 70–75, 95, 116, 193, 207, 214, 234, 237–239, 246, 249, 251, 252, 254–257, 259, 262, 276, 296 Basilides, Mária von 1886–1946, ungarische Altistin 18, 84 Basseches, Nikolaus 1895–1961, österreichischer Journalist und Diplomat 162 Battistini, Mattia 1856–1928, italienischer Bariton 22 Baturin, Alexander 1904–1983, russischer Bass-Bariton 154 Baumgartner, Paul 1903–1976, schweizerischer Pianist 239 Beecham, Sir Thomas 1879–1961, britischer Dirigent 111 Beethoven, Ludwig van 1770–1827, deutscher Komponist 15, 16, 25, 31, 33, 36, 39, 80, 81, 83, 94–97, 104, 105, 113, 118, 119, 129, 130, 133, 137, 138, 144, 148, 151, 153– 155, 158, 160, 161, 163–165, 169–171, 173, 176, 177, 181–183, 185–189, 193, 204, 207, 209, 212–216, 219, 220, 225, 228–232, 236, 238, 239, 245, 247, 248, 250, 251, 253, 255, 256, 258–265, 271, 273, 274 Bekker, Paul 1882–1937, deutscher Intendant und Musikschriftsteller 42–45, 47, 48 Benatzky, Ralph 1884–1957, österreichischer Operettenkomponist 126 Benjamin, Arthur 1893–1960, australischer Komponist und Pianist 187 Berg, Alban 1885–1935, österreichischer Komponist 67, 89, 90, 113,114, 117, 153, 183, 202, 251, 254, 282 Berg-Ehlert, Max 1875–? letzter Nachweis 1944, deutscher Schauspieler und Theaterintendant 26, 28 Berger, Erna 1900–1990, deutsche Sopranistin 150 Berger, Friedrich 1902–1994, deutscher Journalist und Musikkritiker 226 Berlioz, Hector 1803–1869, französischer Komponist 7, 16, 138, 144, 164, 177, 184, 188, 199, 207, 213, 215, 226, 240, 251, 252, 254, 258 Berté, Heinrich 1857–1924, österreichischer Komponist 25 Bie, Oscar 1864–1938, deutscher Musikhistoriker und Musikkritiker 60 Bindernagel, Gertrud 1894–1932, deutsche Sopranistin 202 Bizet, Georges 1838–1875, französischer Komponist 24, 27, 28, 275 Blacher, Boris 1903–1975, deutsch-baltischer Komponist 255 Blech, Leo 1871–1958, deutscher Dirigent und Komponist 19, 51, 56, 101, 124 Blom, Eric 1888–1959, schweizerisch-britischer Musikwissenschaftler 117 Bodart, Eugen 1905–1981, deutscher Dirigent und Komponist 217 Boell, Heinrich 1890–1947, deutscher Kirchenmusiker, Organist, Dirigent 120 Bokor, Margit 1905–1949, ungarische Sopranistin 178 Borgerth, Oscar 1906–1992, brasilianischer Geiger, Primarius des Borgerth-Quartetts 186 Borkh, Inge *1921, deutsche Sopranistin 233, 236, 245 Borodin, Alexander 1833–1887, russischer Komponist 96, 159, 259 Böttcher, Lukas 1878–1970, deutscher Komponist 30 Brahms, Johannes 1833–1897, deutscher Komponist 25, 31, 34, 36, 57, 64, 68, 83–85, 97, 104, 115, 121, 138, 141, 151, 159, 163, 164, 167, 169, 176, 178, 184, 188, 189, 192, 202, 203, 209, 214–216, 218, 228, 232, 240, 241, 246, 247, 249, 250, 252, 255, 256, 258–260, 263, 271, 276
Personenverzeichnis |
Brailowsky, Alexander 1896–1976, russischer Pianist 186, 187 Braun, Helena 1903–1999, deutsche Sopranistin 233 Braunfels, Walter 1882–1954, deutscher Komponist, Pianist, Musikpädagoge 57, 81, 111, 116, 120 Brecher, Gustav 1879–1940, deutscher Dirigent 41, 43, 52, 58, 61, 172 Brecht, Bertold 1898–1956, deutscher Dichter 49 Brodszky, Nikolaus 1905–1958, russischer Komponist 125 Brownlee, John 1900–1960, australischer Bariton 178 Bruch, Max 1838–1920, deutscher Komponist 33 Bruckner, Anton 1824–1896, österreichischer Komponist 31, 34, 45, 130, 141, 177, 184, 188, 193, 207, 214, 218, 231, 241, 250, 259, 269, 272, 273 Bülow, Hans von 1830–1894, deutscher Dirigent und Pianist 27, 36, 41, 75 Burleigh, Harry T. 1866–1949, amerikanischer Komponist 193 Busch, Adolf 1891–1952, deutscher Geiger, Primarius des Busch-Quartetts 58, 220 Busch, Fritz 1890–1951, deutscher Dirigent 58, 201 Busoni, Ferruccio 1866–1924, italienischer Pianist und Komponist 55 Cameu, Helza 1903–1995, brasilianische Komponistin 185 Carvalho, Eleazar de 1912–1996, brasilianischer Komponist und Dirigent 186, 188 della Casa, Lisa 1919–2012, schweizerische Sopranistin 255 Casadesus, Robert 1899–1972, französischer Pianist 246, 250 Casini, Gutia, o. A., italienischer Cellist 33 Cassadó, Gaspar 1897–1966, spanischer Cellist 220 Catá, Alfonso Hernández 1885–1940, spanisch-kubanischer Schriftsteller und Diplomat 195 Cavelti, Elsa 1907–2001, schweizerische Altistin/Mezzosopranistin 258 Cervena, Sona *1925, tschechische Mezzosopranistin 268 Charpentier, Marc-Antoine 1643–1704, französischer Komponist 254 Chatschaturjan, Aram 1903–1978, armenisch-russischer Komponist 149, 152, 153, 220, 231 Cherkassky, Shura 1909–1995, russisch-amerikanischer Pianist 254, 271 Chopin, Frédéric 1810–1849, polnischer Komponist 218 Copland, Aaron 1900–1990, amerikanischer Komponist 188, 250 Corrêa, Sérgio Nepomuceno Alvim *1931, brasilianischer Musikwissenschaftler 184, 191 Danhauser, Josef 1805–1846, österreichischer Maler 36 Davis, Ellabelle 1907–1960, afro-amerikanische Sopranistin 193 Debussy, Claude 1862–1918, französischer Komponist 16, 36, 84, 89–92, 128, 144, 146, 148, 153, 155, 156, 159, 160, 163, 165, 178, 189, 195, 209, 220, 226, 247, 250, 258, 263 Decsey, Ernst 1870–1941, österreichischer Schriftsteller und Musikkritiker 90, 91, 142 Diaghilew, Sergei 1872–1929, russischer Impresario 106 Dines, Alberto *1932, brasilianischer Schriftsteller. Präsident der Gesellschaft Casa Stefan Zweig 195 Dobrowen, Issay 1891–1953, russisch-norwegischer Dirigent und Pianist 166, 167 Dohnányi, Ernst von 1877–1960, ungarischer Komponist und Pianist 13 Domgraf-Fassbaender, Willi 1897–1978, deutscher Bariton 151 Donizetti, Gaetano 1797–1848, italienischer Komponist 64 Draeseke, Felix 1835–1913, deutscher Komponist 34 Dukas, Paul 1865–1935, französischer Komponist 146, 163, 167, 169, 221, 226, 246, 247
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Duparc, Henri 1848–1933, französischer Komponist 247 Durieux, Tilla 1880–1971, österreichische Schauspielerin 27 Durigó, Ilona 1881–1943, ungarische Altistin 18, 137 Dvořák, Antonin 1841–1904, böhmischer Komponist 33, 159, 160, 177, 213, 220, 240 Dzegelenk, A. o. A., russischer Komponist, Zeitgenosse von Szenkar 152 Ebers, Clara 1902–1997, deutsche Sopranistin 259, 260 Ebert, Carl 1887–1980, deutscher Schauspieler, Regisseur, Intendant 304 Edelhagen, Kurt 1920–1982, deutscher Bigband-Leader 253 Egk, Werner 1901–1963, deutscher Komponist 261 Ehrenberg, Karl 1878–1962, deutscher Komponist 120 Eisenbart, Carl Onno 1885–?, deutscher Journalist, Musikkritiker, Intendant 202, 212 Eldering, Bram 1865–1943, niederländisch-deutscher Geiger, Primarius des Bram-Eldering-Quartetts 57, 120 Erdmann, Eduard 1896–1958, deutscher Pianist und Komponist 120 Erede, Alberto 1909–2001, italienischer Dirigent 248 Erl, Hans 1882–1942? (Auschwitz), deutscher Bass 44 Ernst II. 1871–1955, letzter Herzog von Sachsen-Altenburg (bis 1919) 27, 38 Ernst, Max 1891–1972, deutscher Maler, Grafiker, Bildhauer 58 Esser, Heinrich 1818–1915, deutscher Komponist, Dirigent, Geiger 184, 204 Eysler, Edmund 1874–1949, österreichischer Operettenkomponist 21, 24 Fall, Leo 1873–1925, österreichischer Operettenkomponist 25 de Falla, Manuel 1876–1946, spanischer Komponist 78, 86, 105, 220 Feder, Ernst 1881–1964, deutscher Schriftsteller und Journalist 195 Fehenberger, Lorenz 1912–1984, deutscher Tenor 258 Fejér, Margot 1897–?, zweite Ehefrau von Eugen Szenkar 48, 49, 106, 107 Felsenstein, Walter 1901–1975, österreichischer Regisseur und Intendant 108, 126, 131 Ferand Ernst (Freund Ernő) 1887–1972, ungarischer Musikwissenschaftler 18, 50 Fernandez, Oscar Lorenzo 1897–1948, brasilianischer Komponist und Dirigent 185 Ferreira, Oscar o. A., Musiker im Orquestra Sinfônica Brasileira zu Szenkars Amtszeit 193 Feuermann, Emanuel 1902–1941, österreichisch-deutscher Cellist 77, 120, 159, 177 Finke, Eberhard *1920, deutscher Cellist, Solocellist des O.S.B. unter Szenkar 286 Firkušný, Rudolf 1912–1994, tschechischer Pianist 188, 250 Fischer, Annie 1914–1995, ungarische Pianistin 256, 257 Fischer, Gert *1942, Leiter des ehem. Otto-Ackermann-Archivs, Heidmoor 266, 310 Fischer, Karl o. A., Spielleiter der Operette am Deutschen Theater Prag von 1912–1923 20 Fischer-Dieskau, Dietrich 1925–2012, deutscher Bariton 235, 237, 259 Flagstad, Kirsten 1895–1962, norwegische Sopranistin 191 Fleck, Fritz 1880–1933, deutscher Komponist und Musikkritiker 62 Flier, Jakob 1912–1977, russischer Pianist 149, 152, 153 Flotow, Friedrich von 1812–1883, deutscher Komponist 244 Foerster, Else 1899–1987, amerikanische Sopranistin 69 Foldes, Andor 1913–1992, ungarischer Pianist 269 Fortner, Wolfgang 1907–1987, deutscher Komponist und Dirigent 226 Franck, César 1822–1890, französischer Komponist und Organist 184, 187, 246, 247, 257 Franckenstein, Clemens von 1875–1942, deutscher Komponist und Intendant 125 Franklin, David 1908–1973, britischer Bass 178 Franz Josef (Joseph) I. 1830–1916, Kaiser von Österreich und König von Ungarn 1848–1916 11, 14, 20
Personenverzeichnis |
Franz, Robert 1815–1892, deutscher Komponist 25 Franze, Johannes 1890–?, argentinischer Musikschriftsteller und Musikkritiker 97 Freund, Etelka 1879–1977, ungarische Pianistin 46 Freund, Ernő siehe Ferand Fridl, Frigyes 1888–?, ungarischer Dirigent 18 Fried, Oskar 1871–1941, deutscher Dirigent und Komponist 144 Friedland, Martin 1881–1940, deutscher Komponist und Musikschriftsteller 92, 93, 100– 103, 105, 108, 110–113, 119, 122, 123, 131 Furtwängler, Wilhelm 1886–1954, deutscher Dirigent und Komponist 41, 44, 75, 89, 94, 147, 202, 215, 228 Gade, Niels Wilhelm 1817–1890, dänischer Komponist 31 Georgi, Yvonne de 1903–1975, deutsche Tänzerin und Choreographin 49, 237 Gershwin, George 1898–1937, amerikanischer Komponist und Pianist 253 Gertler, André 1907–1998, ungarischer Geiger 252 Gieseking, Walter 1895–1956, deutscher Pianist 188, 191 Gieseler, Walter 1919–1990, deutscher Komponist und Musikwissenschaftler 254 Gigli, Beniamino 1890–1957, italienischer Tenor 130 Gilbert, Jean 1879–1942, deutscher Operettenkomponist 20, 25 Gilels, Emil 1916–1985, russischer Pianist 149, 160 Girardi, Alexander 1850–1918, österreichischer Schauspieler 24 Gläser, John 1888–1968, deutscher Tenor 44 Glasunow, Alexander 1865–1936, russischer Komponist 156, 167, 169, 172, 250 Glasunow, Elena 1905–1999, russische Pianistin, Tochter von Alexander 172 Glinka, Michail 1804–1854, russischer Komponist 144 Gluck, Christoph Willibald 1714–1787, deutscher Komponist 25, 31, 69, 94, 252 Goldmark, Karl 1830–1915, österreichisch-ungarischer Komponist 31, 42, 126 Goebels, Franzpeter 1920–1988, deutscher Pianist und Cembalist 253 Goedicke, Alexander 1877–1957, russischer Komponist und Pianist 148 Graener, Paul 1872–1944, deutscher Komponist 28 Gruber, Leo Fritz 1908–2005, deutscher Fotograf und Publizist 109, 110 Grumiaux, Arthur 1921–1986, belgischer Geiger 199 Grümmer, Paul 1879–1965, deutscher Cellist 125 Gründgens, Gustaf 1899–1963, deutscher Schauspieler, Regisseur, Intendant 225–227 Guinle, Arnaldo 1884–1963, brasilianischer Unternehmer und Mäzen 182, 186, 190 Günther, Herbert 1906–1978, deutscher Schriftsteller 173 Guttmann, Wilhelm 1886–1941, deutscher Bariton 53 Halffter, Ernesto 1905–1989, spanischer Komponist und Dirigent 86, 96, 105 Händel, Georg Friedrich 1685–1759, deutsch-englischer Komponist 25, 54, 63, 74, 75, 77, 89, 90, 94, 151, 153, 160, 163, 167, 169, 173, 180, 192, 199, 204, 207, 209, 213, 218, 230, 232, 254, 259, 269, 277 Hartmann, Karl Amadeus 1905–1963, deutscher Komponist 256, 261, 263 Hartung, Gustav 1887–1946, deutscher Theaterleiter und Regisseur 49, 58 Haydn, Joseph 1732–1809, österreichischer Komponist 16, 25, 64, 68, 80, 126, 129, 138, 171, 177, 252, 257, 259, 260 Hees, Ella van 1866–1925, Mutter von Hermine Zeitschel 77 Heger, Robert 1886–1978, deutscher Dirigent 56 Heimerich, Hermann 1885–1963, deutscher Politiker (SPD) 202, 205, 211 Heine, Heinrich 1797–1856, deutscher Dichter und Journalist 37, 226
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Heinsheimer, Hans Walter 1900–1993, österreichisch-amerikanischer Musikverleger 86, 98, 118, 119, 122, 123 Henze, Hans Werner 1926–2012, deutscher Komponist und Dirigent 229 Hermann, Hugo 1896–1967, deutscher Komponist, Organist, Chorleiter 125 Herrmann, Theo 1907–1989, deutscher Tenor 202 Hertzka, Emil 1869–1932, Direktor des Wiener Musikverlages Universal Edition 45 Herzfeld, Victor 1856–1920, ungarischer Komponist und Geiger 17 Hess, Myra 1890–1965, britische Pianistin 138 Hesse, Ruth *1936, deutsche Mezzosopranistin/Altistin 109, 235 Heuberger, Richard 1850–1914, österreichischer Komponist 24 Hezel, Erich o. A., Regisseur am Opernhaus Köln zu Szenkars Amtszeit 117 Hiller, Ferdinand 1811–1885, deutscher Komponist und Dirigent 57 Hindemith, Paul 1895–1963, deutscher Komponist 44, 85, 86, 95, 96, 104, 153, 183, 191, 193, 202, 226, 250, 253, 254 Hinsch-Gröndahl, Natalie *1913, deutsche Mezzosopranistin 208, 211 Hock, Hermann 1870 –?, 1. Konzertmeister des Frankfurter Opern- und Museumsorchester 48 Hoesslin, Franz von 1885–1946, deutscher Dirigent und Komponist 41, 52 Höffgen, Marga 1921–1995, deutsche Altistin 253 Hofmüller, Max 1881–1981, deutscher Tenor, Regisseur, Theaterintendant 85, 98–103, 108, 111, 117, 124–134, 267 Holl, Karl 1892–1975, deutscher Musikwissenschaftler und Musikkritiker 48, 114, 133 Hollaender, Victor 1866–1940, deutscher Komponist, Dirigent, Pianist 24 Hollreiser, Heinrich 1913–2006, deutscher Dirigent 226, 227, 263, 265 Hollweg, Ilse 1922–1990, deutsche Sopranistin 255 Honegger, Arthur 1892–1955, französisch-schweizerischer Komponist 78, 129, 187, 226, 253 Hörbiger, Paul 1894–1981, österreichischer Schauspieler 19 Horenstein, Jascha 1898–1973, russischer Dirigent 143, 188 Hotter, Hans 1909–2003, deutscher Bassbariton 244, 245 Huberman, Bronislaw 1882–1947, polnischer Geiger 165–168, 173, 174, 176 Humperdinck, Engelbert 1854-1921, deutscher Komponist 28 Hupka, Felix 1896–1966, österreichischer Dirigent, 69, 82, 172 Ibert, Jacques 1890–1962, französischer Komponist 128, 172, 187, 226, 253 Iltz, Walter Bruno 1886–1965, deutscher Schauspieler, Regisseur, Intendant 226, 227, 237, 238, 242–244, 247 Innitzer, Theodor 1875–1955, österreichischer Theologe, Kardinal, Erzbischof von Wien 140 Jacobs, Walther 1881–?, Musikkritiker in Köln 59, 64, 71, 81, 84, 93, 99, 102, 105, 108, 111, 113, 120, 122, 123, 198 Jadlowker, Hermann 1877–1953, lettischer Tenor und Kantor 21, 22, 27 Jalowetz, Heinrich 1882–1946, österreichischer Dirigent und Musikwissenschaftler 67, 85, 92, 104, 108, 114, 127 Janáček, Leoš 1854–1928, mährisch-tschechischer Komponist 202, 226 Jaques-Dalcroze, Émile 1865–1950, schweizerischer Komponist und Musikpädagoge 18 Jarnach, Philipp 1892–1982, deutscher Komponist 120, 199 Jeritza, Maria 1887–1982, tschechische Sopranistin 21 Jochum, Georg Ludwig 1909–1970, deutscher Dirigent 231
Personenverzeichnis |
Jokl, Fritzi 1895–1974, österreichische Koloratur-Sopranistin 44, 45, 53, 54, 77, 85 Juch, Hermann 1908–1995, österreichischer Jurist und Operndirektor 247 Kabalewski, Dmitri 1904–1987, russischer Komponist 148 Kahl, Willi 1893–1962, deutscher Musikwissenschaftler und Musikkritiker 62 Kaiser, Georg 1878–1945, deutscher Schriftsteller des Expressionismus 58 Kalenberg, Josef 1886–1962, deutsch-österreichischer Tenor 69 Kálmán, Emmerich (Imre) 1882–1953, ungarischer Operettenkomponist 23 Kapell, William 1922–1953, amerikanischer Pianist 187 Kapp, Wolfgang 1858–1922, deutscher Verwaltungsbeamter, („Kapp-Putsch“) 34 Karajan, Herbert von 1908–1989, österreichischer Dirigent 215, 249 Karg-Elert, Sigfrid 1877–1933, deutscher Komponist und Musikwissenschaftler 34 Kempe, Rudolf 1910–1976, deutscher Dirigent 269, 271 Kempff, Wilhelm 1895–1991, deutscher Pianist und Komponist 191, 239, 251, 258 Kerber, Erwin 1891–1943, österreichischer Intendant, Direktor der Wiener Staatsoper 1936– 40 164 Kertész, István 1929–1973, ungarischer Dirigent 260 Kienzl, Wilhelm 1857–1941, österreichischer Komponist 19, 28, 91 Kipnis, Alexander 1891–1978, ukrainisch-amerikanischer Bass 178 Kirow, Sergei 1886–1934, sowjetischer Parteifunktionär 150 Klaiber, Joachim 1908–2003, deutscher Schauspieler, Regisseur, Intendant 208, 219 Kleiber, Erich 1890–1956, österreichischer Dirigent 8, 19, 21, 51, 95, 129, 187, 188, 190, 192, 202, 226 Klemperer, Otto 1885–1973, deutscher Dirigent und Komponist 8, 9, 19, 45, 53, 55, 56, 58–62, 79, 81, 84, 85, 99, 108, 121, 129, 130, 137, 208, 209, 225, 263, 276 Klose, Friedrich 1862–1942, deutscher Komponist 33 Klose, Margarete 1902–1968, deutsche Altistin 202 Knappertsbusch, Hans 1888–1965, deutscher Dirigent 57, 99–102 Kobin, Otto 1895–1961, deutscher Geiger 31 Kodály, Zoltán 1882–1967, ungarischer Komponist und Musikwissenschaftler 13, 96, 123, 124, 128, 164, 173, 174, 249, 251, 259, 260, 270, 271, 274 Koessler, Hans 1853–1926, deutscher Komponist, lehrte 1882–1908 an der Franz-Liszt-Akademie Budapest 13, 18, 68 Koestler, Arthur 1905–1983, ungarischer Schriftsteller und Journalist 13 Köhler, Siegfried *1923, deutscher Dirigent und Komponist 237, 244, 247, 261 Kondraschin, Kyrill 1914–1981, russischer Dirigent 149, 250, 303 Korngold, Erich Wolfgang 1897–1957, österreichischer Komponist 41, 45, 89, 90 Korngold, Julius 1860–1945, österreichischer Pianist, Musikkritiker, Vater von Erich Wolfgang 90 Korytko-Czapska, Adelina 1891–1985, polnische Sopranistin 128 Koschat, Thomas 1845–1914, österreichischer Komponist 20 Koussevitzky, Sergei 1874–1951, russisch-amerikanischer Dirigent 188 Krähmer, Christian o. A., Oberregisseur an der Frankfurter Oper zu Beginn des 20. Jahrhunderts 50 Kraus, Karl 1874–1936, österreichischer Schriftsteller und Journalist 49, 124 Kraus, Richard 1902–1978, deutscher Dirigent 201, 217, 218, 222 Krauss, Clemens 1893–1954, österreichischer Dirigent 50, 55, 137, 139, 151 Krein, Julian 1913–1996, russischer Pianist und Komponist 148, 156 Krenek, Ernst 1900–1991, österreichischer Komponist 85, 92, 202, 226, 249
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Künneke, Eduard 1885–1953, deutscher Operettenkomponist 113 Kupper, Annelies 1906–1987, deutsche Sopranistin 253 Kurt, Melanie 1880–1941, österreichische Sopranistin 53, 54 Kurz, Selma 1874–1933, österreichische Sopranistin 21, 23 Lalo, Édouard 1823–1892, französischer Komponist 193 Lange, Otto Wilhelm 1884–1975, deutscher Theaterleiter 52, 55 Langhoff, Wolfgang 1901–1966, deutscher Schauspieler und Regisseur 227 Lara de Almeida, Adalberto 1885–1961, Admiral im brasilianischen Marineministerium 190 Las, Genia o. A., amerikanische Mezzosopranistin 270 Lauer-Kottlar, Beatrice 1883–1935, deutsche Sopranistin 44 Laugs, Richard 1907–1978, deutscher Dirigent und Pianist 215, 216 Leander, Zarah 1907–1981, schwedische Schauspielerin und Sängerin 15 Legárd, Adele 1891–?, ungarische Sopranistin, erste Ehefrau von Eugen Szenkar 23, 293 Lehár, Franz 1870–1948, ungarischer Operettenkomponist 23–25 Lehmann, Lilli 1848–1929, deutsche Sopranistin 24, 25, 44 Lehmann, Lotte 1888–1976, deutsche Sopranistin 140 Leider, Frida 1888–1975, deutsche Sopranistin 67, 77 Lemacher, Heinrich 1891–1966, deutscher Komponist 57, 60, 64 Lengyel, Melchior 1880–1974, ungarischer Schriftsteller 70, 73 Lert, Ernst 1883–1955, österreichischer Intendant, Komponist, Musikhistoriker 44, 50 Lert, Richard 1885–1980, österreichischer Dirigent 202 Lewertoff, Salo 1901–1965, Vorstandsmitglied der Kölner Gesellschaft für Neue Musik, Manager des Palestine Orchestra 167 Liebermann, Rolf 1910–1999, schweizerischer Komponist und Intendant 246, 253, 258 Lissitzky, El 1890–1941, russischer Maler, Grafiker, Architekt 92 Liszt, Franz 1811–1886, österreichisch-ungarischer Komponist, Pianist, Dirigent, Musikschriftsteller 13, 16, 18, 31, 34, 36, 41, 96, 104, 110, 144, 148, 153, 160, 164, 169, 186, 193, 251, 252 Loeltgen, Adolf 1881–1968, deutscher Tenor 53 Loewe, Carl 1796–1869, deutscher Komponist 25 Lohse, Otto 1858–1925, deutscher Dirigent und Komponist 35 Loschelder, Wilhelm o. A., Musikkritiker in Düsseldorf während Szenkars Amtszeit 228 Lucenti, Luigi 1866–?, italienischer Bass 77 Lukács, Georg 1885–1971, ungarischer Philosoph und Literaturwissenschaftler 13 Lüttwitz, Heinrich von ?–1994, deutscher Musikschriftsteller und -kritiker 262 MacMillan, Sir Ernest 1893–1973, kanadischer Dirigent und Komponist 187 Mahler, Gustav 1860–1911, österreichischer Komponist und Dirigent 7, 8, 13, 16, 19, 21, 35, 36, 40, 47, 53, 57, 83, 84, 86, 88, 90, 91, 93–98, 105, 106, 112, 113, 118, 119, 121, 126–130, 141, 142, 148, 150, 151, 155, 175, 176, 182, 184, 186, 187, 189, 193, 204, 207, 214, 226, 231, 232, 235, 236, 238, 247, 251, 255, 257–260, 268–270, 276 Mahler-Werfel, Alma 1879–1964, Ehefrau von Gustav Mahler, Walter Gropius und Franz Werfel 257 Mainardi, Enrico 1897–1976, italienischer Cellist 246, 252 Maisch, Herbert 1890–1974, deutscher Regisseur und Theaterintendant 198, 202, 217– 219, 221, 222 Maler, Wilhelm 1902–1976, deutscher Komponist und Musikwissenschaftler 120 Malipiero, Gian Francesco 1882–1973, italienischer Komponist und Musikwissenschaftler 96
Personenverzeichnis |
Maria Christina von Österreich 1858–1929, Mutter von Alfons XIII. von Spanien 80 Márkus, Dezső 1870–1948, ungarischer Dirigent und Theaterdirektor 18, 68 Marschner, Heinrich 1795–1861, deutscher Komponist 25, 28 Marten, Leo 1897–1961, tschechisch-amerikanischer Filmregisseur und Drehbuchautor 187 Martin, Frank 1890–1974, schweizerischer Komponist 253 Martin, Karlheinz 1886–1948, deutscher Theaterregisseur 65 Martinů, Bohuslav 1890–1959, tschechischer Komponist 246, 255 Massa, Juan Bautista 1885–1938, argentinischer Komponist 129 Massenet, Jules 1842–1912, französischer Komponist 17 Masson, Louis o. A., Direktor der Opéra comique Paris 1925–1932 178 Matthäus, Marion 1896–1980, deutsche Mezzosopranistin 186, 187, 214 Maul, Octávio 1901–1974, brasilianischer Komponist, Flötist, Dirigent 185 Meerfeld, Johannes 1871–1956, deutscher Politiker (SPD) 56, 61, 88, 103, 127 Melchert, Helmut 1910–1991, deutscher Tenor 253 Mendelssohn Bartholdy, Felix 1809–1847, deutscher Komponist 15, 58, 110, 184, 226, 249, 258 Mengelberg, Willem 1871–1951, niederländischer Dirigent 43, 44, 57 Menken, Erich o. A., Kulturdezernent in Düsseldorf 1951–1958 245 Menotti, Gian Carlo 1911–2007, italienisch-amerikanischer Komponist 207 Menuhin, Yehudi 1916–1999, amerikanisch-schweizerisch-britischer Geiger 232, 246, 262 Merrem-Nikisch, Grete 1887–1970, deutsche Sopranistin 54 Merriman, Nan 1920–2012, italienische Mezzosopranistin 247 Mestres, Joan 1871–1955, spanischer Intendant 85 Metha, Zubin *1936, indischer Dirigent 174 Meyer, Gustav 1897–?, deutscher Dirigent und Komponist 20 Meyerhold, Vsevolod 1874–1940, russischer Regisseur und Schauspieler 149 Michalski, Aenne 1908–1986, tschechisch-österreichische Sopranistin 151 Milhaud, Darius 1892–1974, französischer Komponist 125 Miller, William 1880–1953, amerikanischer Tenor 21 Millöcker, Carl 1842–1899, österreichischer Operettenkomponist 23 Milstein, Nathan 1904–1992, russisch-amerikanischer Geiger 121, 193 Mitropoulos, Dimitri 1896–1960, griechischer Dirigent 268 Mjaskowski, Nikolai 1881–1950, russischer Komponist 149, 150, 152, 156–159, 191 Mödl, Martha 1912–2001, deutsche Sopranistin/Mezzosopranistin 233, 235 Molière 1622–1673, französischer Dramatiker 49 Molnár, Ferenc 1878–1952, ungarischer Schriftsteller und Journalist 13 del Monaco, Mario 1915–1982, italienischer Tenor 192 Monteverdi, Claudio 1567–1643, italienischer Komponist 92, 94, 112, 130, 255 Moodie, Alma 1898–1943, australische Geigerin 118 Morini, Erica 1904–1995, österreichische Geigerin 156 Mossolow, Alexander 1900–1973, russischer Komponist 129 Mottl, Felix 1856 –1911, österreichischer Dirigent 57, 75 Mozart, Wolfgang Amadeus 1756–1791, österreichischer Komponist 16, 25, 29–31, 33, 34, 47, 56, 62–64, 69, 71, 74, 81, 83, 85, 87, 89, 91, 92, 94, 99, 101, 105, 111, 112, 117, 118, 124, 126, 131, 134, 151, 155, 160, 163, 171, 178, 188, 192, 193, 199, 202, 204, 221, 227, 228, 231, 238, 249, 250, 257, 260, 271, 274 Mrawinski, Jewgenij 1903–1988, russischer Dirigent 153 Muck, Karl 1859–1940, deutscher Dirigent 41, 51, 100
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Müller-Wieland, Otto o. A., ab 1921 Verwaltungsdirektor Städtische Bühnen Frankfurt 50 Munch (Münch), Charles 1891–1968, französischer Dirigent und Geiger 172, 187 Münch, Franz Xaver 1883–1940, deutscher Geistlicher, päpstlicher Hausprälat 59 Münch, Hans 1893–1983, schweizerischer Dirigent 288 Muricy, Andrade 1895–1984, brasilianischer Musik- und Literaturkritiker 182, 193 Mussorgski, Modest 1839–1881, russischer Komponist 54 Nedbal, Oskar 1874–1930, böhmischer Komponist 25 Neitzel, Otto 1852–1920, deutscher Komponist, Pianist, Musikschriftsteller 45 Nemirowitsch-Dantschenko, Wladimir 1858–1943, russischer Regisseur und Dramaturg 149 Nepomuceno, Alberto 1864–1920, brasilianischer Komponist 180, 182 Neuhaus, Heinrich 1888–1964, russischer Pianist und Musikpädagoge 149, 160 Neukirchen, Alfons 1908–1993, deutscher Journalist und Redakteur 232, 233, 243–245, 248, 251, 263–266 Neumann, Angelo 1838–1910, deutscher Bariton und Theaterintendant 20 Ney, Elly 1882–1968, deutsche Pianistin 58 Nicolai, Otto 1810–1849, deutscher Komponist 117 Nikisch, Arthur 1855–1922, ungarisch-deutscher Dirigent 26, 35, 39–41, 44, 75, 96, 154, 189 Nilsson, Birgit 1918–2005, schwedische Sopranistin 248, 255 Nono, Luigi 1924–1990, italienischer Komponist 261 Nopcsa, Elek von 1848–1918, Mitglied des ungarischen Hochadels, ab 1895 Intendant der Königlichen Hofoper Budapest 14 Nouguès, Jean 1875–1932, französischer Opernkomponist 18 Odnoposoff, Adolfo 1917–1992, argentinischer Cellist 193 Odnoposoff, Ricardo 1914–2004, österreichisch-amerikanischer Geiger argentinischer Herkunft 129, 186, 239, 256 Offenbach, Jacques 1819–1880, deutsch-französischer Komponist 23, 87, 113, 123 Oistrach, David 1908–1974, russischer Geiger 149, 246 Oppenheim, Friedrich Carl von 1900–1978, deutscher Bankier 77, 137, 162, 217 Ormandy, Eugene 1899–1985, ungarisch-amerikanischer Dirigent und Geiger 187 Othegraven, August von 1864–1946, deutscher Komponist, Hochschullehrer 120 Pádua, Newton de Menezes 1894–1966, brasilianischer Komponist, Dirigent 185 Paganini, Niccolo 1782–1840, italienischer Geiger und Komponist 31, 167 Pajor, Ödön 1879–1935, ungarischer Tenor 18 Panzner, Karl 1866–1923, deutscher Dirigent 226 Pattiera, Tino 1890–1966, kroatischer Tenor 22 Payer, Richard ?–1950, deutscher Theaterintendant 207 Peischer, Margit *1935, Geigerin bei den Düsseldorfer Symphonikern während der Amtszeit Szenkar 263, 266 Pembaur, Josef 1875–1950, österreichischer Pianist und Komponist 104 Pergolesi, Giovanni Battista 1710–1736, italienischer Komponist 92, 94 Peters, Rainer *1947, Leiter der Musikredaktion des SWR 1997–2008 264, 265 Petri, Egon 1881–1962, niederländisch-amerikanischer Pianist 110, 161 Philippi, Maria 1875–1944, schweizerische Altistin 21 Piccaver, Alfred 1884–1958, englischer Tenor 19, 21, 22 Pinter, Margot *1915, kalifornische Pianistin 254 Piscator, Erwin 1893–1966, deutscher Regisseur und Theaterintendant 58
Personenverzeichnis |
Pollak, Egon 1879–1933, tschechischer Dirigent 43 Poulenc, Francis 1899–1963, französischer Komponist und Pianist 247 Poulet, Gaston 1892–1974, französischer Dirigent und Geiger 95 Praetorius, Ernst 1880–1946, deutscher Dirigent 52 Pringsheim, Klaus 1883–1972, deutscher Dirigent, Komponist, Musikkritiker 65 Prinzessin Moritz siehe Auguste, Prinzessin von Altenburg-Sachsen Prochorowa, Xenia *1915, russische Pianistin 252 Prokofjew, Sergej 1891–1953, russischer Komponist und Pianist 8, 49, 65, 66, 81, 96, 98, 149, 150, 156–159, 161, 174, 183, 187, 188, 192, 207, 212, 232, 246, 249, 253–255, 277 Puccini, Giacomo 1858–1924, italienischer Komponist 28, 30, 44, 64, 69, 111, 180, 227 Rabaud, Henri 1873–1949, französischer Komponist 103 Rachmaninow, Sergei 1873–1943, russischer Komponist und Pianist 152, 246 Radnai, Miklós 1892–1935, ungarischer Komponist und Dirigent 18 Ratz, Erwin 1898–1973, österreichischer Musikwissenschaftler 256 Rautawaara, Aulikki 1906–1996, finnische Sopranistin 178 Ravel, Maurice 1875–1937, französischer Komponist 154, 155, 159, 160, 163, 165, 167, 169, 177, 178, 181, 188, 189, 196, 202, 203, 207, 213–215, 220, 221, 228, 232, 247, 250, 252, 255, 257, 259, 260, 263 Regel, Heinrich 1858–?, österreichischer Librettist und Komponist 20 Reger, Max 1873–1916, deutscher Komponist 31, 36, 43, 129, 153, 232 Reigbert, Otto 1890–1957, deutscher Bühnenbildner 131 Reinecke, Carl 1824–1910, deutscher Komponist 33, 34 Reiner, Fritz 1888–1963, ungarisch-amerikanischer Dirigent 21, 22, 26, 45, 208 Rémond, Fritz 1864–1936, deutscher Tenor und Opernintendant 56, 58, 61, 63, 65, 69, 84, 88, 93, 94, 98, 131, 134 Rennert, Günther 1911–1978, deutscher Regisseur und Theaterintendant 200, 201 Respighi, Ottorino 1879–1936, italienischer Komponist 220, 246, 249 Rethberg, Elisabeth 1894–1976, deutsche Sopranistin 26, 31, 83 Réti, Rudolf 1885–1957, österreichischer Pianist, Musikwissenschaftler, Komponist 142 Rév, Lívia *1916, ungarische Pianistin 239 Reznicek, Nikolaus von 1860–1945, österreichischer Komponist 202 Richter, Hans 1843– 1916, österreichisch-ungarischer Dirigent 16, 57 Riedy, Paul 1904–1994, deutscher Regisseur 207 Rieger, Fritz 1910–1978, deutscher Dirigent 201, 205, 217 Riesen, Günter 1892–1951, deutscher Jurist, OB in Köln ab 1933 134 Rijen, Onno van o. A., niederländischer Musikwissenschaftler 157 Rimsky-Korsakow, Nikolai 1844–1908, russischer Komponist 54 Romito, Felipe 1893–1962, argentinischer Bariton und lyrischer Bass 192 Rosenstock, Joseph 1895–1985, polnischer Dirigent 202 Rosenzweig, Alfred 1897–1948, Wiener Musikkritiker 69, 76, 92 Rossini, Gioachino 1792–1868, italienischer Komponist 15, 22, 28, 54 Rosvaenge, Helge 1897–1972, dänischer Tenor 69, 70, 85, 207 Rothenstreich, Rosa 1862–1935, Mutter von Eugen Szenkar 14, 17, 82, 153, 267, 292 Rottenberg, Ludwig 1864–1932, österreichisch-deutscher Dirigent und Komponist 42, 47, 50 Roussel, Albert 1869–1937, französischer Komponist 172, 187 Rózsa, Miklós 1907–1995, ungarisch-amerikanischer Komponist 254
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Rubinstein, Arthur 1887–1962, polnischer Pianist 115, 151, 188 Safonov, Wassili 1852–1918, russischer Dirigent und Pianist 110 Saint-Saëns, Camille 1835–1921, französischer Komponist, Pianist, Organist 193, 226 Salter, Georg 1897–1967, deutsch-amerikanischer Grafiker und Bühnenbildner 53 Sándor, György 1912–2005, ungarisch-amerikanischer Pianist 187 Sándor, Judit 1923–2008, ungarische Sopranistin/Mezzosopranistin 236 Sargent, Sir Malcolm 1895–1967, britischer Dirigent 166, 167 Sauerbaum, Heinz 1913–1970, deutscher Tenor 211, 234 Schab, Günter 1898–1983, deutscher Musik- und Theaterkritiker, Schriftsteller 243, 256 Schaljapin, Fjodor 1873–1938, russischer Bass 154 Scheidt, Robert vom 1879–1964, deutscher Bariton 44 Schenk, Carl o. A., Industriellenfamilie in Thüringen Anfang des 20. Jahrhunderts 36 Scherchen, Hermann 1891–1966, deutscher Dirigent 48, 251, 261 Schillings, Max von 1866–1933, deutscher Komponist und Dirigent 33, 51, 52 Schlosshauer-Reynolds, Eleanor 1883–1954, deutsche Altistin 54 Schlusnus, Heinrich 1888–1952, deutscher Bariton 77 Schlüter, Erna 1904–1959, deutsche Sopranistin 202 Schmidt, Leopold 1860–1927, deutscher Musikhistoriker und Musikkritiker 60 Schmidt, Rudolf o. A., Harfenist bei den Düsseldorfern Symphonikern während der Amtszeit Eugen Szenkars 240 Schmitt, Florent 1870–1958, französischer Komponist 173 Schneiderhan, Wolfgang 1915–2002, österreichischer Geiger 258 Schönberg, Arnold 1874–1951, österreichischer Komponist 45, 67, 85, 87, 95, 96, 113, 118, 121, 122, 137, 183, 184, 193, 204, 221, 225, 255, 260 Schorr, Friedrich 1888–1953, österreichischer Bass-Bariton 19 Schostakowitsch, Dmitri 1906–1975, russischer Komponist und Pianist 148, 156, 158– 160, 187 Schreker, Franz 1878–1934, österreichischer Komponist 41, 61, 111 Schröder, Kurt 1888–1962, deutscher Dirigent und Filmkomponist 85, 92 Schubert, Franz 1797–1828, österreichischer Komponist 20, 25, 31, 87, 95–97, 115, 138, 193, 220, 239, 252, 254, 258, 271, 274 Schüler, Hans 1897–1963, deutscher Regisseur und Intendant 211 Schulte, Karl Joseph 1871–1941, deutscher Theologe, Kardinal, Erzbischof von Köln 140 Schultze, Norbert 1911–2002, deutscher Komponist und Dirigent 121 Schumann, Robert 1810–1856, deutscher Komponist 25, 156, 163, 184, 188, 189, 207, 214–216, 226, 232, 246, 251, 252, 260, 269 Schützendorf, Leo 1886–1931, deutscher Bass-Bariton 54 Schwarz, Joseph 1880–1926, lettischer Bariton 22 Schwarz, Vera 1888–1964, österreichische Sopranistin 68 Schwarzburger, Walther o. A., Geiger bei den Düsseldorfer Symphonikern während der Amtszeit Eugen Szenkars 264, 265 Schwarzkopf, Elisabeth 1915–2006, deutsche Sopranistin 239, 240 Schwesig, Hannelore o. A., Kulturjournalistin während Szenkars Amtszeit in Düsseldorf 239, 244 Schwinner, Alfred 1891–1970, österreichischer Diplomat 150 Sebök, György 1922–1999, ungarischer Pianist 259 Seebach, Nikolaus Graf 1854–1930, deutscher Theaterintendant 26 Seefried, Irmgard 1919–1988, deutsche Sopranistin 258
Personenverzeichnis |
Seelmann-Eggebert, Ulrich 1919–1991, deutscher Kulturjournalist 212 Sibelius, Jean 1865–1957, finnischer Komponist 184, 187, 252 Siepi, Cesare 1923–2010, italienischer Bass 244 Sievert, Ludwig 1887–1966, deutscher Bühnenbildner 53 Simon, Heinrich 1880–1941, deutscher Journalist und Verleger, 1936–1939 Generalmanager des Palestine Orchestra 166–168, 174, 298 Simon, Hugo 1880–1950, deutscher Bankier und Politiker 51 Singher, Martial 1904–1990, französischer Bariton 192 Sinzig, Pedro 1876–1952, brasilianischer Komponist, Schriftsteller, Journalist 183, 185 Sioli, Francesco 1878–1958, deutsch-italienischer Theaterintendant 203 Siqueira, José de Lima 1907–1985, brasilianischer Komponist und Dirigent 181, 182, 184–186, 190, 191 Slezak, Leo 1873–1946, böhmisch-österreichischer Tenor 21 Smetana, Bedřich 1824–1884, böhmisch-tschechischer Komponist 178 Sorell, Christiane *1933, österreichische Sopranistin 236, 258, 260 Spiegel, Magda 1887–1944 (Auschwitz), deutsche Altistin 44, 47 Spitz, Harry Hermann 1899–1961, österreichischer Bratscher, Rundfunkredakteur 199 Spring, Alexander 1891–1956, deutscher Regisseur und Intendant 134 Springer, Georg o.A., in den Zwanzigerjahren Direktor des Springer-Verlages Berlin 51 Stalin, Josef 1878–1953, sowjetischer Diktator 8, 150, 156, 224, 241, 248 Stamitz, Johann 1717–1757, böhmischer Komponist 201 Stanislawski, Konstantin 1863–1938, russischer Regisseur und Schauspieler 149 Starokadomski, Michail 1901–1954, russischer Komponist und Organist 151 Stehle, Anton 1870–?, Kultur- und Musikkritiker in Köln 99, 101, 102 Steinberg, Hans-Wilhelm (William) 1899–1978, deutsch-amerikanischer Dirigent 19, 67, 143, 166, 167, 187, 188, 209 Stephan, Rudi 1887–1915, deutscher Komponist 64 Stern, Isaac 1920–2001, amerikanischer Geiger 209 Sternheim, Carl 1878–1942, deutscher Schriftsteller 58 Stiedry, Fritz 1883–1968, österreichischer Dirigent 153 Stokowski, Leopold 1882–1977, englisch-amerikanischer Dirigent 181, 204 Stotijn, Jaap 1891–1970, niederländischer Oboist, Pianist, Dirigent 138 Stracciari, Ricardo 1875–1955, italienischer Bariton 22 Strasser, Stefan o. A. ungarischer Dirigent, Studienkollege von Eugen Szenkar an der FranzLiszt- Akademie Budapest, Holocaust-Opfer 19, 144 Straus, Oscar 1870–1954, österreichischer Operettenkomponist 25, 172 Strauss, Richard 1864–1949, deutscher Komponist 16, 20, 25, 28, 31, 33, 34, 36, 41, 43, 47–49, 51, 57, 62, 66, 68, 69, 81, 87, 94–97, 103, 108, 110, 114, 117, 125, 129, 133, 134, 138, 144, 148, 151, 153, 154, 160, 163, 164, 173, 178, 180, 181, 184, 188, 192, 193, 196, 202, 203, 297, 209, 213, 214, 218, 220, 227, 231, 233, 241, 245, 246, 249, 252, 255, 259, 271 Strauß-Familie, österreichische Komponisten-Dynastie 144, 152, 160, 161, 181, 184, 187, 195, 252, 253, 257 Strauß, Johann Sohn 1825–1899, österreichischer Komponist 23, 80, 135, 146, 184 Strawinsky, Igor 1882–1971, russischer Komponist 8, 67, 68, 83, 87, 95, 98, 105, 112, 120, 183, 193, 207, 214, 220, 226, 234, 239, 246, 253, 254, 260, 261 Stresemann, Wolfgang 1904–1998, deutscher Orchesterintendant und Dirigent 255 Striegler, Kurt 1886–1958, deutscher Dirigent und Komponist 29
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Strohbach, Hans 1891–1949, deutscher Bühnenbildner und Regisseur 53, 54, 59, 65, 66, 74, 78, 83, 88, 104, 108, 123, 126, 131 Stroux, Karl-Heinz 1908–1985, deutscher Schauspieler, Regisseur, Intendant 226 Suppé, Franz von 1819–1895, österreichischer Komponist 20 Svanholm, Set 1904–1964, schwedischer Tenor 192, 234, 247–249 Szabados, Béla 1867–1936, ungarischer Komponist und Pianist 17 Szabó, Ferenc 1902–1969, ungarischer Komponist 161 Szánthó, Enid 1907– nach 1946, ungarische Mezzosopranistin/Altistin 142 Szell, George 1897–1970, ungarisch-amerikanischer Dirigent 19 Szenkar, Claudio 1940–2002, Komponist, Musikproduzent, Sohn von Eugen 195, 196, 253, 277 Szenkár, Dezső 1894–1962, ungarischer Komponist und Dirigent, Bruder von Eugen 14, 82, 107, 269 Szenkár, Ferdinand (Nándor) 1857–1927, ungarischer Komponist, Chorleiter, Organist. Vater von Eugen 13–17, 81, 82, 204, 267, 292 Szenkár, Mihály 1897–1971, ungarischer Dirigent, Bruder von Eugen 14, 15, 39, 204 Szenkár, Sarolta 1893–?, ungarische Pianistin, Schwester von Eugen 14 Szenkár, Zsófia 1889–1890, erstes Kind von Ferdinand und Rosa 14 Szent-György, Albert 1893–1986, ungarischer Biochemiker und Mediziner, Nobelpreis für Medizin 1937 13 Szeryng, Henryk 1918–1988, polnisch-amerikanischer Geiger 186, 271 Szilárd, Leo 1898–1964, ungarischer Physiker und Molekularbiologe 13 Szymanowski, Karol 1882–1937, polnischer Komponist 130, 226 Tagliaferro, Magda 1893–1986, französisch-brasilianische Pianistin 213, 220, 239 Tappolet, Siegfried 1901–1970, deutscher Bass 202 Tasin, Dima *1925, russischer Pianist und Komponist 160 Taube, Michael 1890–1972, polnisch-israelischer Dirigent und Pianist 166 Tauber, Richard 1891–1948, österreichischer Tenor 22, 26, 27 Telasko, Ralph 1911–1991, österreichischer Bass-Bariton 186 Telemann, Georg Philipp 1681–1767, deutscher Komponist 138 Telmányi, Emil 1892–1988, ungarischer Geiger und Dirigent 18 Teschemacher, Margarete 1903–1959, deutsche Sopranistin 202 Teweles, Heinrich 1856–1927, böhmisch-österreichischer Theaterleiter 18, 19 Theumann, Siegfried 1872–1939, österreichischer Dirigent und Opernregisseur 21 Thomas, Ambroise 1811–1896, französischer Komponist 23, 25 Tietjen, Heinz 1881–1967, deutscher Regisseur und Intendant 51 Toch, Ernst 1887–1964, österreichischer Komponist 120, 202 Toscanini, Arturo 1867–1957, italienischer Dirigent 7, 26, 94, 155, 159, 166, 167, 170, 174, 176, 181, 182, 187–189, 200, 254, 268 Trienes, Walter 1901–1990, deutscher Pianist und Musikpublizist 131 Trübiger, Wilfried 1931–2014, Sammler von Tondokumenten 265 Trundt, Henny 1897–1998, deutsche Sopranistin 62 Trunk, Richard 1879–1968, deutscher Komponist 120 Tschaikowski, Peter 1840–1893, russischer Komponist 31, 33, 34, 43, 57, 80, 96, 110, 131, 138, 144, 146–148, 151, 153, 154, 157, 163, 171, 173, 174, 178, 180, 184, 186–189, 207, 213, 214, 218, 220, 225, 231, 246, 249, 252, 255, 259, 262 Tscherepnin, Alexander 1899–1977, russischer Komponist und Pianist 125 Turina, Joaquín 1882–1949, spanischer Komponist 86
Personenverzeichnis |
Unger, Hermann 1886–1958, deutscher Musikwissenschaftler und Komponist 74, 78, 81, 119, 124, 131 Uninsky, Alexander 1910–1972, ukrainisch-russischer Pianist 191 Urlus, Jacques 1867–1935, dänischer Heldentenor 21, 53, 54, 84 Uzielli, Lazzaro 1861–1943, italienischer Pianist und Musikpädagoge 76 Varga, Tibor 1921–2003, ungarischer Geiger 213 Vargas, Getulio Dornelles 1882–1954, Präsident von Brasilien 1930–1945 (diktatorisch) und 1950–1954 (gewählt) 179, 185, 195 Varnay, Astrid 1918–2006, ungarisch-amerikanische Sopranistin 192, 237, 260 Verdi, Giuseppe 1813–1901, italienischer Komponist 20, 25, 28, 44, 64, 120, 123–125, 134, 147, 154, 160, 163, 165,180, 181, 184, 186, 193, 212, 225, 227, 231, 232, 238, 257 Villa-Lobos, Heitor 1887–1959, brasilianischer Komponist 185, 187, 188, 191, 218, 252 Virovai, Robert *1921, ungarischer Geiger 164 Vivarelli, Gisela 1926–1993, schweizerische Sopranistin 260 Wagner, Richard 1813–1883, deutscher Komponist 20, 24, 25, 28–30, 33, 36, 39, 41, 44, 47, 62–64, 67, 73, 91, 98, 99, 101–103, 108, 109, 116–118, 124, 125, 132–134, 152, 155, 160, 161, 163–165, 173, 174, 177, 178, 181, 184, 188, 189, 191, 192, 209, 218, 225, 227, 236, 252, 254, 260, 271 Wagner, Siegfried 1869-1930, deutscher Komponist, Sohn von Richard 28 Wallerstein, Lothar 1882–1949, österreichischer Regisseur und Operndirektor 50 Walter, Bruno 1876–1962, deutscher Dirigent und Pianist 9, 51, 75, 90, 100, 101, 137, 214, 238, 256, 258 Wand, Günter 1912–2002, deutscher Dirigent 221, 222, 262, 263 Warenskjold, Dorothy 1921–2010, amerikanische Sopranistin 244 Weber, Carl Maria von 1786–1826, deutscher Komponist 25, 28, 68, 69, 129, 137, 138, 144, 156, 173, 174, 177, 178, 182, 252, 259 Weber, Paula o. A., Debüt 1911, deutsche Altistin 127 Webern, Anton von 1883–1945, österreichischer Komponist 21 Webersinke, Amadeus 1920–2005, deutscher Pianist und Organist 255 Wegener, Paul 1874–1938, deutscher Schauspieler 27 Weigel, Helene 1900–1971, österreichisch-deutsche Schauspielerin 49 Weill, Janine 1903–1983, französische Pianistin 159 Weill, Kurt 1900–1950, deutscher Komponist 105, 226, 247, 248 Weinberg, Vittorio 1896–1970, israelischer Bariton und Kantor 176 Weinberger, Jaromír 1896–1967, tschechischer Komponist 110, 129, 153, 174, 182, 192, 215, 232 Weiner, Leó 1885–1960, ungarischer Komponist 13 Weingartner, Felix 1863–1942, österreichischer Dirigent und Komponist 28, 34, 41, 51, 57, 90, 96, 181, 202 Weisbach, Hans 1885–1961, deutscher Dirigent 102, 226 Weiss, Eugen Robert 1863–1933, deutscher Bariton 77 Wellesz, Egon 1885–1974, österreichisch-britischer Komponist und Musikwissenschaftler 45, 47, 50, 69, 71, 89, 98, 115, 164, 202, 251, 253, 255, 256, 258, 264, 268 Weprik, Alexander 1899–1958, russischer Komponist 152, 154 Wermińska, Wanda 1900–1988, polnische Altistin 186, 192 Wetzler, Hans Hermann 1870–1943, deutsch-amerikanischer Komponist 111 Wiesengrund siehe Adorno
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348
| Anhang
Wildbrunn, Helene 1882–1972, österreichische Sopranistin 64 Wilhelm II. 1859–1941, letzter deutscher Kaiser (1888–1918) 139 Windgassen, Wolfgang 1914–1974, deutscher Tenor 207, 235 Wintzer, Richard 1866–1952, deutscher Komponist und Musikschriftsteller 75, 76 Wolf, Hugo 1860–1903, österreichisch-slowenischer Komponist 25 Wolf-Ferrari, Ermanno 1876–1948, deutsch-italienischer Komponist 41, 67, 102, 124 Wolff, Willi 1909–1982, deutscher Bariton 212, 219 Wollgarten, Adelheid 1890–1950, deutsche Altistin 112 Ybl, Miklós 1814–1891, ungarischer Architekt 13 Yordanoff, Luben 1926–2011, bulgarischer Geiger 250 Zádor, Eugen 1894–1977, ungarischer Komponist 177 Zallinger, Meinhard von 1897–1990, österreichischer Dirigent 110, 133 Zandonai, Riccardo 1883–1944, italienischer Komponist 184, 204 Zathureczky, Ede 1903–1959, ungarischer Geiger 251 Zaun, Fritz 1893–1983, deutscher Dirigent 108, 124, 130, 133, 134, 248 Zeitschel, Carl Theo 1893–vermutl. 1945, dt. Arzt und Diplomat, Judenreferent in Frankreich und Tunesien; ältester Bruder von Hermine 138, 139, 172 Zeitschel, Franz 1857–1938, Vater von Hermine 107, 122, 141, 171 Zeitschel, Franz jun. o. A., älterer Bruder von Hermine 138 Zeitschel, Hermine 1902–1989, deutsche Mezzosopranistin, dritte Ehefrau von Eugen Szenkar 76–78, 83, 107 Zeller, Carl 1842–1898, österreichischer Komponist 23 Zemlinsky, Alexander 1871–1942, österreichischer Komponist und Dirigent 19, 21 Zerkowitz, Béla 1881–1948, ungarischer Operettenkomponist 22 Ziehrer, Carl Michael 1843–1922, österreichischer Komponist 29 Zimbalist, Efrem 1889–1985, russischer Geiger, Dirigent, Komponist 153 Zimmermann, Bernd Alois 1918–1970, deutscher Komponist 262 Zweig, Fritz 1893–1984, deutscher Dirigent 52 Zweig, Stefan 1881–1942, österreichischer Schriftsteller 179, 195
KAZUMI NEGISHI
JOSEPH LASKA (1886–1964) EIN ÖSTERREICHISCHER KOMPONIST UND DIRIGENT IN JAPAN
Musik hat in den 145 Jahren seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und Österreich stets eine auffallend wichtige Rolle gespielt. Mit der hier in deutscher Übersetzung vorgelegten Biographie des österreichischen Komponisten, Dirigenten und Musikpädagogen Joseph Laska hat der japanische Musikwissenschaftler Kazumi Negishi ein interessantes Kapitel dieser bilateralen Beziehungen vor dem Vergessen bewahrt. Joseph Laska hat im Zuge seiner 12-jährigen Tätigkeit in der Region Kansai (1923-1935) mit dem von ihm gegründeten professionellen japanischen Symphonieorchester nicht nur Symphonien Anton Bruckners in Japan erstaufgeführt, sondern dem japanischen Publikum auch Zugang zu zahlreichen Werken der klassischen europäischen Musik ermöglicht. Darüber hinaus hat er einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die Musikausbildung in Japan genommen. 2014. 232 S. 50 S/W-ABB. UND NOTENBEISP. GB. 135 X 210 MM. | 978-3-205-79616-9
böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar
MARKIAN PROKOPOVYCH
IN THE PUBLIC EYE THE BUDAPEST OPERA HOUSE, THE AUDIENCE AND THE PRESS, 1884–1918 (MUSIKKULTUREN EUROPÄISCHER METROPOLEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT, BAND 12)
During the 1884 inauguration of the Royal Hungarian Opera House in Budapest, political elites staged a gala concert in the auditorium while the angry crowd, excluded from this ceremony, demonstrated on the street. In 1917, the crowds queuing to a Béla Bartók premiere needed to be forcibly held back. The book follows the history of the contested institution through a series of scandals, public protests, repertoire controversies and their representation in the urban press of the time. Such conflicts often led to larger issues that concerned the Opera House as a music institution, the birth of the modern public sphere and the modern audience. Thereby, the book calls for a critical rethinking of the cultural history of Budapest and Hungary in the late Habsburg Monarchy. 2014. 350 S. 45 S/W-ABB. BR. 148 X 210 MM. | ISBN 978-3-205-77941-4
böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar
ALBRECHT RIETHMÜLLER, MICHAEL CUSTODIS (HG.)
DIE REICHSMUSIKKAMMER KUNST IM BANN DER NAZI-DIKTATUR
Die Reichsmusikkammer war eine Institution, die das Musikleben im national sozialistischen Deutschland zentralistisch verwaltet hat. Im Unterschied zu den inzwischen zahlreich erschienenen Studien zu einzelnen Musikern und zum Musikleben dieser Zeit ist das Wirken der Reichsmusikkammer bisher noch nicht zusammenhängend erforscht worden. Um die Strukturen und Aufgaben sowie das Personal dieser Einrichtung besser verstehen zu können, hinterfragen die Autoren und Autorinnen dieses Bandes am Beispiel prominenter Protagonisten wie Richard Strauss, Paul Graener, Wilhelm Furt wängler, Paul Hindemith, Heinz Drewes, Werner Egk, Fritz Stein oder Peter Raabe die Spielräume und Grenzen von Kunst während des Dritten Reichs. 2015. 252 S. 12 S/W-ABB. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-22394-6
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