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German Pages 297 Year 2011
PROPERZ Elegien
TEXTE ZUR FORSCHUNG Band 99
SEXTUS PROPERTIUS Elegien
Lateinisch und deutsch Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von DIETER FLACH
Dem Andenken meines Lehrers Carl Becker
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 1. Auflage 2011 © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Umschlaggestaltung: Neil McBeath, Stuttgart Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-24452-2 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72033-0 eBook (epub): 978-3-534-72034-7
Inhalt Vorwort ..................................................................................................... VII Einleitung Werdegang des Dichters ........................................................................... 3 Text ......................................................................................................... 17 Übersetzung ............................................................................................ 19 Kommentar ............................................................................................. 20 Text und Übersetzung Sigla ........................................................................................................ 25 Erstes Buch ............................................................................................. 26 Zweites Buch .......................................................................................... 74 Drittes Buch .......................................................................................... 160 Viertes Buch ......................................................................................... 226
Vorwort The edition … will prove a disappointment to those who want to turn the text upside down and inside out B. L. Ullman über Mauriz Schusters Properzausgabe vom Jahr 1954
So vernünftig auch John Swinnerton Phillimore verurteilte, wie selbstherrlich die Herausgeber der Fachwelt ständig neue »Properze« vorlegten, war doch auch er nicht dagegen gefeit, richtige Lesarten zu verwerfen oder fehlerhafte zu halten. Je gründlicher die maßgeblichen Handschriften miteinander verglichen werden, desto sicherer stellt sich vielmehr heraus, dass ihre Schreiber zumeist berechenbarer zu Werke gingen, als die Gelehrten es ihnen in den so zahlreichen Zweifelsfällen zutrauten. Nirgendwo gescheut, schlägt sich die Mühe, das Vermächtnis der mittelalterlichen Handschriftenüberlieferung so sorgsam wie nötig zu hüten und so getreu wie möglich zu bewahren, in dem Ergebnis nieder, dass am Ende keine Textverderbnis verbleibt, die nicht mit einem behutsamen Eingriff schonend zu heilen wäre. Je beharrlicher nach den sprachlichen Tücken gefragt wird, die in der Textüberlieferung zu Fehlern verleitet haben könnten, desto aussichtsreicher kann das ehrgeizige Ziel verfolgt werden, den ursprünglichen Wortlaut wiederherzustellen. Diese bewährte Grundregel der Textkritik zu beherzigen, hat Carl Becker uns Schülern mit dem Nachdruck eingeschärft, den die Achtung vor den Stileigenheiten eines römischen Dichters gebietet. In diesem Bewusstsein begrüßte ich es umso dankbarer, dass sich mein Freund Klaus Bringmann, der sich bei ihm in Marburg habilitierte, trotz seiner vielfältigen Verpflichtungen die Zeit nahm, Text, Übersetzung und Kommentar meiner zweisprachigen Ausgabe gründlich durchzusehen. Aus seinem feinen, mit Scharfsinn und Sachkunde gepaarten Sprachgefühl konnte ich in zahlreichen Textfragen großen Nutzen ziehen. Dank schulde ich ferner Frau Prof. Dr. Barbara Scardigli für ihre sprichwörtliche Gastfreundschaft und ihre erfolgreichen Bemühungen um die Sondererlaubnis, den Codex Pluteo 36.49 im Lesesaal der Biblioteca Medicea Laurenziana durcharbeiten zu dürfen, Herrn Prof. Dr. Stefan Link für seine hilfreichen Anmerkungen zu meiner Übersetzung, Frau Anja Bäumel und Herrn Dr. Harald Baulig für ihre gewissenhafte Betreuung beider Bände, sowie den Herren Erhard Hilbig und Dr. Florian Krüpe für ihre unentbehrliche, mit unermüdlicher Geduld geleistete Feinarbeit an der Druckvorlage. Meinem leider früh verstorbenen akademischen Lehrer Carl Becker widme ich die zweibändige Gesamtausgabe aus tief empfundenden Dank für die prägende Schule, die ich bei ihm durchlief. Marburg, im Januar 2011
Dieter Flach
EINLEITUNG
Werdegang des Dichters So gut wie bei Properz lässt sich bei keinem anderen augusteischen Dichter von Buch zu Buch verfolgen, in welchen Schritten sich sein Schaffen und seine Kunstgesinnung entwickelten. Im ersten Buch kreisten nahezu alle seine Gedanken um Cynthia. Mit ihrem Namen eröffnete er die Gedichtsammlung, in der er sie als seine Herrin und sich als ihren Sklaven einführte.1 Ihre Gunst errungen und in der Liebe zu ihr die Erfüllung seines Daseins gefunden zu haben, rechnete er sich als ein Verdienst an, das ihm zu dauerhaftem Ruhm verhelfen sollte.2 Auf die Ratschläge und Warnungen, die ihm seine Erfahrungen als leidender Liebhaber eingaben, gründete er Hoffnung und Anspruch, Lesern, die in eine vergleichbare Lage gerieten, zu helfen und zu nützen.3 Wo wir wie im Einleitungsgedicht einen genaueren Einblick in seine Arbeitsweise gewinnen, weil wir die Vorlage kennen, auf die er zurückgriff,4 können wir uns davon überzeugen, wie selbständig er bereits in seinen Anfängen gestalteten Stoff umformte. Hätte er zeit seines Lebens dabei verharrt, die Kunst der Liebeselegie in den alten Bahnen weiterzupflegen, wäre jedoch der Motivvorrat, von dem er hätte zehren können, früher oder später aufgebraucht gewesen.5 So gesehen kam es seinem Dichtertum durchaus zugute, dass Maecenas ihn nach dem vielversprechenden Erfolg des ersten Gedichtbandes in seinen Dichterkreis aufnahm. Für die hohe Ehre, die ihm mit dieser Auszeichnung widerfuhr, zeigte er sich mit literarischen Gegengaben erkenntlich, deren Aussagen über die reine Liebesdichtung hinauswiesen. Vom zweiten Buch an öffnete er sich dem augusteischen Zeitgeist im gleichen Maße, wie er sich nationalrömischen Themen widmete und mit Homer beschäftigte.6 Nach dem Maßstab des Inhalts haben seine frühesten Versuche, Neuland zu betreten, seine Dichtung zweifellos befruchtet und bereichert. Nach dem der Gestaltung krankten sie aber daran, dass es ihm einstweilen nur unvollkommen gelang, den neuen Stoff mit dem alten zu einem geschlossenen Ganzen zu vereinen. Wie schwer es ihm zunächst fiel, die Brücke von der elegischen zur epischen Welt zu schlagen, hinterließ in der Eingangselegie des zweiten 1
Prop. 1,1,1. Prop. 1,7,9–12. 3 Prop. 1,7,11–14. 4 Rothstein, Elegien des Propertius 1, 54–56; Schulz-Vanheyden, Properz und das griechische Epigramm, 114–126. 5 Wimmel, A&A 7, 1958, 129: »Die erotische Erfindung lässt – wie bei jedem der Elegiker – einmal nach und mahnt zu neuen Stoffen.« 6 Mit welchen Augen er als Elegiker Homer las, wurde näher untersucht von Berthet, in: L’élégie romaine, 141–155, und Dalzeli, Hermathena 129, 1980, 29–36. 2
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Einleitung
Buches, des unausgewogensten seines Gesamtwerks, so tiefe Spuren, dass sogar erwogen wurde, sie in zwei zu zerlegen. Die Zweifel an ihrer Einheit verstummten erst, seitdem ihr Aufbau von verschiedenen Seiten mit dem gleichen Ergebnis gründlicher durchleuchtet wurde. 7 Den Mittelteil dieses unförmigen Gebildes (2,1,17–42) verzahnte Properz nur lose mit der vorausgehenden und der nachfolgenden Versgruppe. Weitschweifig begründete er, weshalb er an dem Lebensplan festhalten wolle, die Liebe zu Cynthia als bald beglückende, bald leidvolle Erfahrung zu besingen. In einer langen Beispielreihe zählte er zu diesem Zweck gewissermaßen im Vorübergehen epische Stoffe auf, denen sich zuzuwenden er als Vertreter der kallimacheischen Kleinform ablehnte, weil ihn eine so große Aufgabe überfordert hätte.8 Seine ersten Anläufe, als Elegiker zu Neuland vorzustoßen, wirken nicht von ungefähr zaghaft und verkrampft. Als er sich einen eigenen Weg bahnen musste, um seinem hochrangigen Gönner den Dank abzustatten, den er ihm zu schulden glaubte, hatte er weder zu Maecenas als Menschen noch zu Vergil oder Horaz als Dichtern ein engeres Verhältnis gewonnen, das ihm dabei hätte helfen können, die Erwartungen zu erfüllen, vor die er sich gestellt sah oder wähnte. In dem halbernsten Ton mit Maecenas zu verkehren, in dem ein Horaz sich weigerte, von der ›kleinen‹ zur ›großen‹ Form zu wechseln, kam ihm vorerst nicht in den Sinn. Den Trumpf, Maecenas zu einem geistesverwandten Verfechter der ›kleinen‹ Lebensform zu erklären, weil er das ›bescheidenere‹ Dasein des zurückgezogen lebenden Ritters dem ›glanzvolleren‹ des die Ämterlaufbahn einschlagenden Senators vorziehe,9 spielte er in der Absage an die ›große‹ Dichtung erst aus, als er mit ihm auf vertrauterem Fuß stand und Horaz ihm mit seiner Lyrik neue Wege wies. Das literarische Ereignis, dass Horaz im Jahr 23 v. Chr. die ersten drei Bücher seiner Oden vorlegte, übte auf ihn einen noch nachhaltigeren Einfluss aus als seine Berufung in den Kreis von Dichtern, die Maecenas großzügig förderte. Horaz regte ihn nicht nur dazu an, einzelne Gedanken wie den, dass der Tod Arm und Reich oder Hoch und Niedrig gleichmache, in verschiedenen Fächerungen durchzuspielen,10 sondern beflügelte ihn vor allem dazu, sein Selbstverständnis als Dichter neu zu bestimmen. Deutlicher noch als in dem Bekenntnis zur paupertas und der Absage an die avaritia verriet sich in seinem Anspruch, Bahnbrecher zu sein, wie stark ihn Horaz mit seiner Lyrik prägte.11 7 Wimmel, Kallimachos in Rom, 13–43; zustimmend G. Luck in seiner Besprechung, Gnomon 33, 1961, 370, und Juhnke, Dichterisches Selbstverständnis, 234 Anm. 1. Dasselbe Gedicht untersuchten mit dem gleichen Gesamtergebnis Kühn, Hermes 89, 1961, 84–98, und Wiggers, CJ 72, 1976–77, 334–341. 8 Zu der Tradition, in der Properz mit seiner Abwehr epischer Stoffe steht, grundlegend Wimmel, Kallimachos in Rom, passim. 9 Prop. 3,9,1–6. 10 Darüber eingehender Flach, Horaz und Properz, 16–18. 31. 11 Dazu Flach, Horaz und Properz, 36–40. 70–80.
Werdegang des Dichters
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Der Zyklus der Römeroden sprach ihn so sehr an, dass er das dritte Buch mit einer vergleichbaren Folge von fünf programmatischen Elegien eröffnete. Vor allem aber gab die Sphragis, die Horaz an das Ende des dritten Buchs seiner Oden gesetzt hatte, dem eigenen, aus seinem elegischen Schaffen gespeisten Selbstgefühl gewaltigen Auftrieb. Die Botschaft, die sein älterer Zeitgenosse in der Ode 3,30 verkündet hatte, flößte ihm die Zuversicht ein, in der ›kleinen‹ Form Bedeutendes von bleibendem Wert leisten zu können, das den Vergleich mit den Schöpfungen der ›großen‹ nicht zu scheuen brauchte. Diese Botschaft griff Properz umso bereitwilliger auf, als er seit seiner Berufung in den Maecenaskreis mehr und mehr über Wesen, Standort und Rang seines Dichtertums nachdachte. Während er im ersten Buch amores agitare noch als den Hauptinhalt seines Daseins ausgab12 und sein Los, dem dolor zu dienen, noch davon schied, dass er als Dichter dem ingenium diene,13 umriss er im zweiten seinen Lebensplan bereits mit amores scribere14 und betrachtete er den Liebesschmerz als Triebfeder seiner Begabung.15 Wie er seine elegische Dichtkunst nunmehr bewusster gegen die epische abgrenzte, so stellte er sich in diesem Buch erstmals in die Nachfolge römischer Vorläufer, der Liebesdichter Varro Atacinus, Catull, Calvus und Gallus.16 Mit seinem Verhältnis zu Gallus befasst sich die neuere Forschung eingehender, seit im ägyptischen Nubien ein Papyrus mit vier vollständigen und sieben verstümmelten Versen dieses Dichters entdeckt wurden.17 Doch neigt sie in ihrer Mehrheit dazu, die Aussagekraft der spärlichen Reste zu überschätzen. Der Zufallsfund zeigt zwar, dass Gallus es nicht verschmähte, dem zum Krieg gegen einen äußeren Feind – vermutlich die Parther – rüstenden Feldherrn und Machthaber Caesar in elegischen Distichen zu huldigen, erlaubt es aber nicht, daraus weitreichende Schlüsse über das Wesen seiner Liebeselegien und ihre Ausstrahlung auf die augusteischen Liebesdichter zu ziehen. Wie gründlich sich Properz mittlerweile mit den gattungsgeschichtlichen Wurzeln seines eigenen Schaffens beschäftigte, schlug sich nicht zuletzt in der Reihenfolge nieder, in der er seine römischen Vorgänger aufführte. Nicht etwa nach äußerlichen Unterschieden wie dem Anfangsbuchstaben ihrer Namen 12
Prop. 1,7,5. Prop. 1,7,7–8. Prop. 2,1,1. 15 Prop. 2,1,4. 47–78. Wo und wie sich dieser Wandel in der Elegie 2,1 niederschlug, durchleuchtete Colaizzi, RhM 136, 1993, 126–143. 16 Prop. 2,34,85–92. 17 Zu diesem wichtigen Fund s. etwa Anderson / Parsons / Nisbet, JRS 69, 1979, 125–155, Newman, Latinitas 28.2, 1980, 83–94, Putnam, ZPE 39, 1980, 49–56, Hutchinson, ZPE 41, 1981, 37–42, Miller, ZPE 44, 1981, 173–176, Whitaker, AClass 24, 1981, 87–96, Graf, Gymnasium 89, 1982, 21–36, Crowther, in: ANRW II. 30.3, 1645–1647, Petersmann, in: ANRW II. 30.3, 1649–1655, Stroh, Poetica 15, 1983, 205–246, Évrard, LEC 52, 1984, 25–38, Fairweather, CQ 34, 1984, 167–174, Newman, ICS 9, 1984, 19–29, Amato, Orpheus 8, 1987, 322–336, Merriam, Latomus 49, 1990, 443–452, und Noonan, Latomus 50, 1991, 118–123. 13 14
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Einleitung
oder ihrem Geburts- bzw. Todesjahr zählte er sie auf, sondern nach dem Maßstab, wieweit sie der Entwicklung Vorschub leisteten, dass in der neoterischen Liebesdichtung das subjektive Empfinden die mythologische Gelehrsamkeit zunehmend überlagerte 18 und das elegische Distichon die übrigen Versmaße allmählich verdrängte. In demselben Gedicht, in dem er vier Römer zu seinen Vorläufern erklärte, bekannte sich Properz dessen ungeachtet zu der Kunstgesinnung zweier Nichtrömer, des Koers Philetas und des Kyreners Kallimachos.19 Allerdings verstand er sich vorerst nur als Fortsetzer, noch nicht als Neuerer. Den Anspruch, als erster römische Dichtungsgehalte in die griechischen Rhythmen des Philetas und des Kallimachos gekleidet zu haben,20 erhob er erst, nachdem Horaz darauf gepocht hatte, die aiolischen Rhythmen des Alkaios in Rom eingeführt zu haben.21 Das neue Selbstgefühl, das sich darin äußerte, dass er sich in der Elegie genauso als Bahnbrecher betrachtete wie Horaz in der Lyrik, veränderte sein Verhältnis zum eigenen Schaffen grundlegend und tiefgreifend. Wie stark sich sein Selbstverständnis vom ersten und zweiten zum dritten Buch wandelte, unterstrich der Wandel, dass er die Gestalt der Cynthia in den Aussagen über das Wesen seiner Dichtung zurückdrängte: »Neider« schalt er einstmals solche, die ihm sein Liebesglück missgönnten.22 – Die »neidische Schar«, gegen die er sich in der ersten Elegie des dritten Buches wendet, missgönnt ihm seinen Dichterruhm.23 Die Sicherheit in der Liebe versinnbildlichte er im zweiten Buch einmal mit dem Befahren ungefährlicher Gewässer.24 – In der 3. Elegie des dritten Buches veranschaulicht er mit einem ähnlichen Bild die Sicherheit in der Dichtung.25 Solange er sich noch nicht als Bahnbrecher verstand, wollte er als Liebhaber Cynthias bestattet und als Dichter seiner Liebe zu ihr am Grabe verehrt werden.26 – In der 1. Elegie des dritten Buches gründet er die Hoffnung auf Nachruhm nicht mehr nur auf die Dichtung, zu der Cynthia ihn anregte, sondern auf die Dichtergabe, die Apollo ihm verlieh.27 Wie stark die Gewichte sich verschoben, lässt sich daran ablesen, dass Properz sich im dritten Buch nur noch zwei Mal, in dem herkömmlichen Liebesgedicht 3,21 und dem Abschiedsgedicht 3,24, mit Cynthia befasste, während er ihren Namen im ersten Buch 27 Mal und im zweiten 22 Mal 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27
Zu dieser Tendenz vgl. Bringmann, MH 30, 1973, 28–31. Prop. 2,34,31–32. Prop. 3,1,1–4. Hor. c. 3,30,10–14. Prop. 1,8,27. Prop. 3,1,21. Prop. 2,4,19–20. Prop. 3,3,23–24. Prop. 1,7,23–24; 2,1,71–78; 2,13,35–36. Prop. 3,1,37–38.
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erwähnte. Der Schritt, dass er in der letzten Elegie des dritten Buches seinen Abschied von ihr und der Dichtung verkündete, in der er sich zur »Monogamie der freien Liebe« bekannte,28 konnte vor diesem Hintergrund nicht überraschen, setzte aber in der Entwicklung, die sich mit dem zweiten Buch anbahnte, nur einen vorläufigen Schlusspunkt. Dazu trieb ihn eher dichterischer Ehrgeiz als ein unheilbares Zerwürfnis;29 wollte er doch, um den drei geschlossen veröffentlichten Odenbüchern des zeitgenössischen Lyrikers Horaz ein elegisches Gegenstück an die Seite stellen zu können, sein drittes Buch gleichfalls als das letzte einer auf drei Bücher angelegten Gedichtsammlung verstanden wissen, obwohl er das erste und das zweite einzeln herausgebracht hatte.30 Überzeugend begründete er seinen Abschied von Cynthia und der um ihre Gestalt kreisenden Liebesdichtung jedenfalls erst in dem Buch, in dem er seinem Anspruch, der römische Kallimachos zu sein, wirklich gerecht wurde. Solange er noch keine aitiologischen Elegien vorzuweisen hatte, konnte er nicht mit derselben Überzeugungskraft wie Horaz als Bahnbrecher auftreten. Während Horaz in der römischen Lyrik tatsächlich Versmaße einführte, die bis dahin nur die griechische gekannt hatte, pochte Properz mit fraglichem Recht darauf, in der Nachbargattung, der römischen Elegie, kallimacheische Rhythmen eingebürgert zu haben. Darin, dass er als Versmaß das elegische Distichon wählte, hob er sich von keinem der römischen Dichter ab, die er im zweiten Buch als seine Vorläufer aufführte.31 Wollte er sich glaubhaft als römischer Wiederentdecker des kallimacheischen Vermächtnisses ausweisen, musste er seinen Erstheitsanspruch auf den Inhalt seiner Dichtung stützen. Diesen Nachweis, den er in seinem dritten Buch noch schuldig blieb, holte er erst in seinem vierten und letzten nach. Wiederum war es ein literarisches Ereignis ersten Ranges, das seinen Ehrgeiz als Dichter anstachelte. Wie in seinem dritten Buch nachhallte, dass Horaz im Jahr 23 die ersten drei Bücher seiner Lyrik herausgebracht hatte, so schlug sich in seinem vierten nieder, wie mächtig ihn das Epos, das Vergil drei Jahre später vollendete, in seinen Bann zog. Die Anstöße, die Vergil ihm mit seiner ›Aeneis‹ gab, reichen über einzelne Anklänge weit hinaus.32 Wie tief dieses Werk auf den Inhalt des Buches einwirkte, in dem er, der Dichter der 28
So Ernst Bickel in seiner Geschichte der römischen Literatur, 511. Dass der verbreitete Irrglaube, seine dichterischen Aussagen über die Liebe zu Cynthia könnten zu einer Lebensgeschichte zusammengefügt werden, die Forschung in eine Sackgasse führte, wurde auf das eindrucksvollste aufgezeigt von Allen, CPh 45, 1950, 148–153, und in: Critical Essays, 112–118. 30 Becker, Hermes 99, 1971, 463–464. Die Gegenmeinung vertrat bis zum Äußersten überspitzt Neumeister, Überwindung der elegischen Liebesdichtung bei Properz, 13; nach ihrer Auffassung, die sie als »Erkenntnis« ausgibt, kann man »aufgrund der Vorbereitung und Wiederkehr bestimmter Motive und Themen nicht nur von der Einheit der Bücher I–III, sondern auch von einer Gesamtkomposition, die die Bücher I–IV umfasst, sprechen«. 31 Prop. 2,34,85–92. 32 Becker, Hermes 99, 1971, 450–457. 459. 462. 464–467. 477–479. 29
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Einleitung
›kleinen‹ Form, seinen Lesern das Aition gewissermaßen als Eposersatz vorstellte, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden – Carl Becker33 bezweifelte sogar, »ob ohne die Aeneis die späten Elegien des Properz überhaupt zustande gekommen wären.« Mit dem neuen Programm untermauerte und unterstrich er nicht nur seinen Anspruch, der römische Kallimachos zu sein, sondern erschloss er sich auch ein Genre, in dem ihm Vergil wie kein zweiter dabei helfen konnte, die Palette nationaler Stoffe zu erweitern und dem Herrscherlob aus einer vertieften Sicht der römischen Geschichte gedämpfteren Ausdruck zu verleihen. Mit der ›Aeneis‹ setzte Properz sich denn auch sehr viel gründlicher auseinander, als er sich jemals mit den ›Bucolica‹ oder den ›Georgica‹ beschäftigt hatte. Obwohl die ›Bucolica‹ der Gattung, die er als Elegiker vertrat, von Hause aus näherstanden als die ›Georgica‹, ist nichts davon zu verspüren, dass er das frühere Werk verständnisvoller gewürdigt oder in wärmerem Ton begrüßt hätte als das spätere. Voller Hochachtung verneigte er sich in dem Schlussgedicht des zweiten Buches vor dem Dichter, der sie geschaffen hatte,34 ohne von ihnen genauso stark in Bann gezogen zu werden wie später von den ersten drei Odenbüchern des Lyrikers Horaz. In der Thematik griff er in seiner mittleren Schaffensphase vor allem darin auf Vergil zurück, dass er die laudes Italiae aus dem 2. Buch der ›Georgica‹ im Aufbau nachahmte und im Inhalt übersteigerte. 35 In der Auffassung vom eigenen Standort knüpfte er vorerst nur darin an ihn an, dass er den Ausspruch »Zu donnern ist meine Sache nicht, sondern die des Zeus«, mit dem Kallimachos im Altersprolog seinen missgünstigen Gegnern, den Telchinen, entgegengetreten war,36 von einer Absage an den schwülstigen, wuchernden Stil, dem sie das Wort geredet hatten, zu einer Ablehnung epischer Stoffe ummünzte. 37 Dafür bereitete Vergil mit der 6. Ekloge den Boden, indem er Apollo in der Szene, zu der er die kallimacheische spielerisch abwandelte, in die Stoffwahl eingreifen ließ.38 Verstand sich Properz auch schon als Kallimacheer, so muss es ihm einstweilen doch noch ferngelegen haben, das kallimacheische Erbe mit dem gleichen Alleinanspruch in Beschlag zu nehmen, mit dem Horaz sich zum Entdecker des Alkaios erklären sollte. Sonst hätte er nicht in der letzten Elegie des zweiten Buches seinem Freund Lynkeus empfohlen, nach dem Vorbild des Kallimachos zu dichten, statt sich wie bisher mit Homer, den Naturwissenschaften und der Philosophie abzugeben.39
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Hermes 99, 1971, 477. Prop. 2,34,67–84. Prop. 3,22 nach Verg. 2,136–176. Callim. fr. 1,20 Pfeiffer. Prop. 2,1,39–42. Verg. ecl. 6,3–5. Prop. 2,34,27–32.
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Die ›Aeneis‹ kündigte Properz schon ungefähr fünf Jahre vor ihrem Erscheinen als ein Werk an, das bedeutender als die Ilias sein werde. 40 So überschwänglich bedachte er Vergils Vorhaben umso bereitwilliger mit Vorschusslorbeeren, als er sich, da er vorerst nur den Anfang kannte und aus den Versen 289–296 ihres ersten Buches voreilige Schlüsse zog, 41 davon versprach, dass es den erklärten oder unausgesprochen Wunsch des Maecenas, Augustus in einem Nationalepos verherrlicht zu sehen, ein für allemal erfüllen werde. Denn je vollkommener das Epos, an dem Vergil arbeitete, diesen Erwartungen entsprach, desto leichter konnte er selbst sich dem Ansinnen entziehen, als Liebesdichter die Gattung oder zumindest die Thematik zu wechseln. Doch als ihm die ›Aeneis‹ vorlag, erkannte er, welche Schätze sie barg, die er als römischer Kallimachos mit reichem Gewinn heben konnte. Dabei verhehlte Properz sich freilich nicht, dass er sich einer Selbsttäuschung hingegeben hätte, wenn er sich angemaßt hätte, mit einem Epiker vom Range Vergils wetteifern zu können.42 In dem Eingangsgedicht des vierten Buches holt ihn vielmehr der Wahrsager Horos auf den Boden der Tatsachen zurück, als er, der Elegiker, sich zu hochfliegenden Hoffnungen auf den Nachruhm versteigt, der mit einem nationalrömischen Epos zu erzielen wäre. Näherte er sich auch mit seinen römischen Aitien inhaltlich dem Epos, so sollten sie sich doch nicht verselbständigen, sondern in die Liebesdichtung eingebunden bleiben. Dem entspricht, dass der Warner Horos ihn von dem hohen Sockel herunterruft, von dem aus der Dichter römischer Aitien verkündete, der römische Kallimachos zu sein. Dafür war der Weg geebnet, seit Horaz im Florusbrief mit feiner Selbstironie über den Vortragswettstreit spottete, den er, der Lyriker, als Bahnbrecher in der Nachfolge des Alkaios mit dem ehrgeizigen Elegiker ausfocht, der sich als Neuerer in der Nachfolge des Kallimachos ausgab.43 Wie dicht er die Elegie an das Epos heranrücken konnte, ohne die Gattungsgrenzen zu verwischen, führte Properz bereits im Eingang des Einleitungsgedichtes zum vierten Buch vor: Wie Euander im achten Buch der ›Aeneis‹ seinen Gast Aineias zu den Stätten geleitet, die dereinst von Roms Größe künden werden,44 so erläutert Properz einem Gast, dem er das Rom seiner Tage zeigt, wie weit Einst und Jetzt auseinanderklaffen.45 Dass das Geschlecht der Julier seinen Namen auf Iulus, den Sohn des Aineias, zurück40 Prop. 2,34,65–66. Dass Properz ihm damit ein »zweifelhaftes, weil zweideutiges« Lob gezollt habe, mutmaßte Stahl, Propertius: “Love” and “War”, 178–181, ohne dafür stichhaltige Gründe anführen zu können. 41 Glänzend beobachtet von Tränkle, MH 28, 1971, 60–63. 42 Dass Properz zeitlebens zu Vergil aufschaute, unterstrich Boucher, in: Hommage Wuilleumier, 39–44. 43 Hor. epist. 2,2,91–101. 44 Verg. Aen. 8,337–361. 45 Prop. 4,1,1–36.
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führt, nutzt er dazu, an die göttliche Abkunft des Staatsoberhaupts und Oberbefehlshabers Augustus zu erinnern. Dessen Taten zu rühmen, behält er jedoch einem anderen Gedicht, der 6. Elegie des vierten Buches, vor. Die Sicht, aus der er die Siege des Augustus und seines Feldherrn Agrippa verherrlicht, fand er desgleichen im achten Buch der ›Aeneis‹ vorgezeichnet.46 Die Schildbeschreibung47 lehrte ihn, in den Triumphen, die Augustus feierte, Roms Bestimmung erfüllt und Roms Geschichte gekrönt zu sehen. Dass Apollo es ist, dem er die Rolle zuweist, Augustus als »Retter der Welt« zu preisen, nimmt seinem Herrscherlob den Anstrich höfischer Schmeichelei. Dass er ihn zunächst als Schlachtenlenker mit Pfeil und Bogen, dann als Musengott mit der Kithara auftreten lässt, dient ihm dazu, von dem Sieg in der Seeschlacht bei Aktion die Brücke zu den jüngsten Erfolgen, Rückgabe der römischen Feldzeichen aus den Händen der Parther und Niederwerfung der Sugambrer, zu schlagen. Die Verdienste, die sich Augustus um den Frieden erwarb, würdigt Properz in dieser Elegie schon deswegen geschmackssicherer als je zuvor, weil er sie in dem feierlichen Rahmen rühmt, dass er sich nach horazischem Vorbild als Dichterpriester an den Leser wendet. So gelingt es ihm, den Sieger, der den Bürgerkriegswirren ein Ende setzte, weihevoller zu verherrlichen und den Jubel über das Los seiner geschlagenen Gegner vornehmer auszudrücken. Als römischer Kallimachos, der die Welt des frühen Rom wieder erstehen ließ, trat Properz in Fußstapfen, die ihn näher an Augustus als an Maecenas heranführten. Seinen Gönner, nach Aussage des Verses 2,1,73 die neidvoll gehegte Hoffnung seiner Jugend, erwähnt er im gesamten vierten Buch mit keinem Wort. Im Eingang des 8. Gedichts spielt er zwar auf die Gärten des Neulands an, die das Stadtbild verschönerten, seitdem Maecenas auf dem Esquilin einen verdreckten Armeleutebegräbnisplatz und verschrienen Schindanger in einen Park verwandelt hatte. Mit keiner Silbe würdigt er aber, dass Maecenas es war, der diesen Hügel als Wohnviertel aufwertete. Mittlerweile hatte er eher zu befürchten, der Taktlosigkeit geziehen zu werden, wenn er ihn wie bisher als engen Freund des Staatsoberhaupts verherrlichte. Denn seit Augustus mit Terentia, die Maecenas vor dem Jahr 23 v. Chr. geheiratet hatte, in einem stadtbekannten Dreiecksverhältnis mit Livia lebte, hatten sich die Beziehungen zu seinem langjährigen Weggefährten und Ratgeber merklich abgekühlt. Das Zerwürfnis, das die beiden Männer entfremdete, engte den Dichter jedoch weder in der Wahl seiner Stoffe noch in der Entfaltung seiner Sprachkunst ein. Seinem Ehrgeiz, als Schöpfer von Aitien mit Kallimachos zu wetteifern, kam vielmehr entgegen, dass Augustus großen Wert darauf legte, alte Kulte wiederzubeleben und verfallene Tempel wieder instandzusetzen. 46 47
Darüber eingehender Cairns, in: Poetry and Politics, 165–167. Verg. Aen. 8,626–728.
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Scheiterte auch am Widerstand der beiden staatstragenden Stände, dass er die römische Gesellschaft auf die Grundtugenden der Vorväter zu verpflichten suchte, so rühmte er sich doch mit berechtigtem Stolz, eine Stadt aus Marmor zu hinterlassen, die er als eine aus Backsteinen übernommen hatte.48 Als zweiter Gründer von Rom in die Geschichte einzugehen, stellte Augustus dabei obenan. Wenn sie nur das Stadtbild bereicherten oder verschönerten, erbaute oder erneuerte er auch Tempel, ohne ein Gelübde geleistet zu haben, das er wie versprochen hätte einlösen müssen. Während er Apollon einen Prachttempel auf dem Palatin und einen Freilufttempel im Weichbild der 30 v. Chr. gegründeten Stadt Nikopolis errichtete, um ihm für seinen Beistand in den Seeschlachten vor Mylai, Naulochos und Aktion zu danken, baute er dem schon fast vergessenen Schlachtengott Iuppiter mit dem Beinamen Feretrius seinen verfallenen Tempel auf dem Kapitol wieder auf, weil Atticus es ihm aus altertumskundlichem Verantwortungsbewusstsein ans Herz legte. Die Zeitströmung, sich für die Altertumskunde zu begeistern, wusste er zu nutzen, ohne von ihr fortgerissen zu werden. So heftig steckte ihn das um sich greifende Forschungsfieber nicht an, dass er darüber seine staatspolitischen Ziele aus dem Auge verloren hätte. Als er den Tempel besuchte, den der vom Iuppiter Optimus Maximus zu einem Schattendasein verurteilte Iuppiter Feretrius auf dem Kapitol stehen hatte, fand er seinen Wissensdurst in dem Augenblick gestillt, wo er auf dem linnenen Brustharnisch, der in seinem Inneren, der cella, als Weihgabe des römischen Militärtribunen Aulus Cornelius Cossus ausgestellt war, den abgekürzten oder vergilbten Beinamen ihres Stifters als COS oder COSS entzifferte.49 Daraus folgerte er nur zu gern, Cossus müsse den feindlichen Heerführer als Konsul niedergestreckt und seiner Rüstung entkleidet haben, glaubte er doch, inschriftlich bestätigt gefunden zu haben, dass nur dem römischen Oberbefehlshaber das Recht zukomme, die Rüstung des im Zweikampf getöteten Gegners als »fette Beutestücke«, spolia opima, im Tempel des Schlachtengottes Iuppiter Feretrius niederzulegen. Darauf pochte er, als Marcus Licinius Crassus dasselbe Recht einforderte, weil er 29 v. Chr. als Prokonsul der Provinz Makedonien Deldo, den König der Bastarner, im Zweikampf erschlagen hatte.50 Darin wähnte er sich vom eigenen Augenschein bestärkt, obwohl Rom die sechsköpfige Heeresleitung der Militärtribunen erst um 367 v. Chr. zu der Doppelspitze zweier gleichberechtigter Konsuln verschlankt hatte.51 Vaterländische Töne schlug Properz zwar schon in Gedichten seines zweiten und dritten Buchs an. Erst in seinem vierten erzielte er aber die bestechendsten Fortschritte, als er in gattungsfremdes Neuland vorstieß. Bis 48 49 50 51
So sein Anspruch nach Sueton Aug. 28,3. Liv. 4,20,5–7. Dio 51,24,4. Flach, Gesetze der frühen römischen Republik, 17–18.
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dahin rang er meist glücklos mit der Schwierigkeit, das dichterisch heikle Thema, das er mit dem Bürgerkrieg gegen Antonius anschnitt, in den herkömmlichen Rahmen der Liebeselegie einzupassen: In dem 16. Gedicht des zweiten Buches reihte er Mark Antons unselige Verbindung mit Kleopatra alles andere als zwingend unter die warnenden Beispiele ein, die Cynthia davon abschrecken sollten, sich dem reicheren Nebenbuhler zuzuwenden.52 Die zwei mythischen, die er vorher zum selben Zweck anführte, 53 eignen sich dafür fraglos besser. Die Wahl der beiden aufeinander abgestimmten Imperative aspice und cerne kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sein zeitgeschichtliches Beispiel sich weder mit den vorangehenden Sagenbeispielen noch mit seiner Klage über die Begehrlichkeit der Geliebten enger berührt. Das Bindeglied, dass er hier wie dort schändliche Liebe – turpis amor bzw. infamis amor – anprangert, verklammert Mark Antons Schicksal nur lose mit dem Anliegen, die Geliebte vor den Folgen hemmungsloser Besitzgier zu warnen. Mit dem Hinweis auf dessen schimpfliche Flucht untermauert er nicht etwa die Aussage, dass schändliche Liebe den Menschen gegenüber Mahnungen taub mache.54 Damit verdeutlicht er vielmehr nur, wie verhängnisvoll sie sich überhaupt auswirken kann. Der Preis des Siegers, der seinen Gegenspieler in der Seeschlacht bei Aktion bezwang, schließt sich daran zwar zwanglos an. Doch führt dieser Strang noch weiter vom Ausgangspunkt der Betrachtungen über den turpis amor ab. Das Lob, mit dem der Blick vom Besiegten zum Sieger hinüberschwenkt, ist nur aufgepfropft. Statt an Gehalt und Aussagekraft zu gewinnen, verliert das Gedicht dadurch an Geschlossenheit. Im 11. Gedicht des dritten Buches scheiterte Properz vollends, als er sich nochmals auf das schwierige Unterfangen einließ, von der Liebe zu Cynthia den Bogen zu dem Geschehen von Aktion zu spannen. Um sich gegen den Vorwurf zur Wehr zu setzen, er fühle sich aus Mangel an Tatkraft und Mut seiner Geliebten hilflos ausgeliefert, berief er sich auf mythische und historische Beispiele für die Macht der Frau. Mit dem letzten dieser Reihe, dem Beispiel, das er in der Gestalt der Kleopatra verkörpert sah, leitete er zum Kern über. Das Thema Aktion verselbständigt sich so weit, dass das Gedicht in dem überschwänglichen Jubel über den Sieg des Mannes ausklingt, der ihre Macht zu brechen vermochte. Von dem Anliegen des Dichters, mit dem Hinweis auf vergleichbare Fälle zu rechtfertigen, dass er sich dem Willen seiner Geliebten unterwirft, führt ein verschlungener Weg zu der abschließenden Bitte, der Seemann möge, sooft er das Ionische Meer befahre, des Siegers von Aktion gedenken.55 Das Wagnis, zwei so gegensätzliche Gedankenstränge wie An52 53 54 55
Prop. 2,16,37–40. Prop. 2,16,29–30. Prop. 2,16,36. Prop. 3,11,71–72.
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erkennung und Ablehnung von Frauenmacht miteinander zu verknüpfen, musste misslingen. Die Aufreihung von quid-Fragen, die im Mittelteil des Gedichts den einen mit dem anderen verknotet, verdeckt den Widerspruch nur oberflächlich. Mit Frauengestalten wie Omphale oder Semiramis konnte Properz Kleopatra schon deswegen nicht auf eine Stufe stellen, weil es ihn drängte, sie zu einer Dirne zu stempeln, die sich mit ihren Dienern abgab.56 Kleopatra vermochte es zwar ebenfalls, einen Mann völlig in ihren Bann zu ziehen. Doch wurde die Macht, die sie mit ihren Verführungskünsten ausübte, gebrochen, da der Sieger von Aktion sie in ihre Schranken wies.57 Je lauter Properz darüber jubelte, desto deutlicher trat zutage, dass sich die Richtung seines Gedankenganges mitten im Gedicht umkehrte. Während er im ersten Teil darauf pochte, dass die Herrschaft einer Frau keine Schande sei,58 stellte er es im zweiten als etwas Ungeheuerliches hin, dass eine Frau sich anmaßte, Rom beherrschen zu wollen.59 Die schwierige Aufgabe, den Sieg über Antonius und Kleopatra mit feinem Gespür für die Möglichkeiten seiner Gattung geschmackssicher zu würdigen, meisterte er erst, seitdem er – mit Horaz und Vergil als Vorreitern – gelernt hatte, in dem Jubel über dieses Ereignis die schrillen Töne zu vermeiden. Näherte er sich auch mit seinen römischen Aitien nach Inhalt und Umfang dem Epos, so wahrte Properz in der Erzählhaltung doch die Eigenart der Liebeselegie. Diesen Unterschied betonte Richard Heinze mit Recht, als er die 4. Elegie des vierten Buches durchleuchtete.60 Properz verarbeitete darin die römische Sage vom Verrat der Tarpeia, veränderte aber ihren Inhalt von Grund auf, um ihr erotische Züge zu verleihen.61 Nach seiner Darstellung verriet die Vestalin Romulus und sein Heer aus blinder Liebe, nicht aus hemmungsloser Habgier, an Tatius, den König der feindlichen Sabiner. Obwohl er ihr damit einen Beweggrund unterschiebt, den er als Liebesdichter eher hätte entschuldigen können, verurteilt er ihr Verhalten ohne Nachsicht. 62 Dass Tatius sie unter den Schilden seiner Begleiter begrub, billigt er als die verdiente Strafe für ihr Verbrechen.63 Darin beirrt ihn auch nicht, dass nach ihr der Felsvorsprung des höchsten der sieben Hügel Roms benannt wurde. Während der Annalist Calpurnius Piso den Verrat an Romulus zu dem missglückten Versuch, den Feind in eine Falle zu locken, umgedeutet hatte, weil er sich anders nicht erklären konnte, dass die Nachwelt
56 57 58 59 60 61 62 63
Prop. 3,11,29–30. Prop. 3,11,51–52. Prop. 3,11,1–26. Prop. 3,11,47–49. Heinze, Ovids elegische Erzählung, 78–81. Rutledge, CJ 60, 1964–65, 69. Prop. 4,4,17–18. Prop. 4,4,89–92.
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ihr Andenken in Ehren hielt,64 stellt Properz ihr Amt, den Fels zu bewachen, von dem zum Tode verurteilte Missetäter herabgestürzt werden, als unverdienten Lohn für ihren Verrat hin, weil durch diese Bestimmung ihr Name fortlebt65: »Nach der Führerin Tarpeia erhielt der Berg seinen Namen. O Wächterin, ein unverdientes Los hast du zum Lohn.« Mit diesem Distichon klärt Properz seine Leser erst ganz zum Schluss darüber auf, weshalb er seine dichterische Neugestaltung der römischen Sage vom Verrat der Tarpeia dennoch als Aition verstanden wissen will. Den Schwerpunkt legt er darauf, ihnen die Gemütsverfassung des Mädchens auszumalen, das in leidenschaftlicher Liebe entbrannte, als es den Sabinerkönig Tatius erblickte. Von welchen Stimmungen es sich zerrissen fühlte, seit es ihn zum ersten Mal sah, drückt die Liebesklage aus, die er ihm in den Mund legt.66 Als Spiegelbild der Seelenlage, in die es geraten war, fasst sie gewissermaßen die Selbstgespräche zusammen, die es unaufhörlich führte, seit es dem Sabinerkönig verfallen war. Die Worte »Morgen wird, wie ein Gerücht besagt, in der ganzen Stadt gekämpft werden« – cras, ut rumor ait, tota pugnabitur urbe (V. 47) – kamen aus seinem Munde, ohne dass ihm dabei schon der Vortag des Festes der Parilien vorgeschwebt hätte. Soweit die Herausgeber, Übersetzer und Erklärer meinten, den Zeitrahmen der Klage, in der es sein Liebesleid äußerte, auf den Vortag des Festes der Parilien einengen zu müssen, haben sie den Dichter gründlich missverstanden. Wann und wie dieser hohe Feiertag begangen werden würde, hat es nicht als Gerücht erfahren, sondern als Vestalin selbstverständlich gewusst. Schon deshalb verbietet es sich, die Lesart pugnabitur, die alle besseren Handschriften bieten, nach A. E. Housman (1888) zu pigrabitur, nach C. B. Huleatt (1885) zu purgabitur, nach Konrad Rossberg (1883) und Arthur Palmer (1883) zu potabitur oder nach W. S. Watt (1992) zu turbabitur abzuändern. Dass Tarpeia sich entschloss, an den Parilien zu Tatius überzulaufen, weil Romulus den Wachen zur Feier des Tages freigegeben hatte, enthüllt Properz erst später. Zu dem Plan, der in ihr reifte, als sie die günstigste Gelegenheit gekommen sah, leitet er erst mit den Worten urbi festus erat, dixere Parilia patres Schritt für Schritt über. Mit diesem Vers, dem 73. des Gedichts, setzt er in feierlichem Ton neu ein. Jetzt erst, da sich seine Erzählung dem Ende nähert, beginnt er den Hergang als fortlaufende Handlung zu schildern.
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Darüber ausführlicher Flach, Römische Geschichtsschreibung, 74. Prop. 4,4,93–94: a duce Tarpeia mons est cognomen adeptus. o vigil, iniustae praemia sortis habes! Dass man den Schlussvers »nicht allzu ernst nehmen« sollte, unterstellte Weeber, Das 4. Properz-Buch, 109 Anm. 34, nur deshalb, weil er iniuste statt iniustae las und die Anrede o vigil fälschlich auf das Wächteramt bezog, das Tarpeia als Vestalin zu versehen hatte und aus Liebe zu Tatius so schändlich preisgab. 66 Prop. 4,4,31–66. 65
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Wie im Eingangsgedicht greift Properz aus dem achten Buch der ›Aeneis‹ den Gedanken auf, vom jetzigen Rom als Fluchtpunkt zu der idyllischen Welt der Frühzeit zurückzublenden.67 Vom Epos in die Liebeselegie herübergeholt hat ihn freilich nicht erst er, sondern bereits Tibull.68 Doch machte ihn der Ehrgeiz, als römischer Kallimachos seinen Beitrag zur patriotischen Rückbesinnung auf Roms Wurzeln zu leisten, dafür empfänglicher als den vom augusteischen Zeitgeist weniger berührten Tibull. Ihm, der einer begüterten Ritterfamilie entstammte und dem Dichterkreis des Aristokraten Messalla zugehörte, erlaubte seine gesellschaftliche Stellung eine unabhängigere Haltung. Sein Gönner, der es mit seiner Würde vereinbaren konnte, Augustus in aller Form den Ehrentitel eines pater patriae anzutragen, 69 hätte ihn zwar gewiss nicht gefördert, wenn er sich als friedliebender Liebesdichter der augusteischen Sprachregelung offen widersetzt hätte. Immerhin aber will beachtet sein, dass er selbst dort, wo er der ›Aeneis‹ die Weissagung über Roms Sendung entlehnte, 70 davon absah, bei dieser Gelegenheit die Verdienste des Augustus zu würdigen. Properz hielt sich darin naturgemäß weniger zurück. Je länger er dem Maecenaskreis angehörte, desto weiter entfernte er sich von seinen Anfängen.71 Während er in der Elegie 2,7 noch darüber gejubelt hatte, dass Augustus sich 27 oder 26 v. Chr. gezwungen sah, ein »jüngst« – quondam – erlassenes Gesetz aufzuheben,72 nach dem Junggesellen und Witwer eine offenbar drückende Sondersteuer hätten zahlen müssen,73 öffnete er sich später zunehmend dem augusteischen Zeitgeist. So schwer auch abzuschätzen ist, wieweit Gespräche mit Maecenas oder Dichtern seines Kreises ihn dazu anregten oder darin bestärkten, so deutlich hat sich niedergeschlagen, welch nachhaltigen Einfluss Horaz mit seiner Lyrik und Vergil mit seinem Epos auf diesen Prozess 67
Prop. 4,4,3–14. Tib. 2,5,23–64. Wie tief Tibulls Elegie 2,5 überhaupt von vergilischen Gedanken und Vorstellungen durchdrungen ist, verdeutlicht Wimmel, in: Gedenkschrift für Rohde, 232–238. 248–254. 256–260. 262–266. 69 Suet. Aug. 58,2. 70 Tib. 2,5,39–64, nach Verg. Aen. 6,756–853 (Rede des Anchises) oder, wie Buchheit, Philologus 109, 1965, 105–114, nachzuweisen versuchte, nach Verg. Aen. 8,36–65 (Rede des Tiberinus). 71 Welche Vorbehalte er dabei zu überwinden hatte, zeigt Glücklich, AU 20,4, 1977, 45–53. 72 Prop. 2,7,1–3: gavisa es certe sublatam, Cynthia, legem, qua quondam edicta flemus uterque diu, ni nos divideret … Dass quondam die Bedeutung von nuper oder modo annehmen kann, bestätigen Belege wie Verg. ecl. 1,74, Aen. 2,556–557 und 11,819 sowie Ov. met. 5,146–147, 12,244 und 12,531. 73 Dass Properz in diesem Gedicht auf ein Gesetz des Augustus anspielt, das auf Unverheiratete einen hohen Steuerdruck ausübte, um ihnen die standesgemäße Ehe und Fortpflanzung aufzuzwingen, hat Badian, Philologus 129, 1985, 82–98, grundlos bestritten; hätte Properz über die Aufhebung eines verhassten Sondersteuergesetzes aus der Triumviratszeit gejubelt, wäre schwer zu verstehen, weshalb er V. 5–6 betont haben sollte, dass Augustus im Felde zwar ungeschlagen sei, auf dem Gebiet der Liebe es ihm aber nichts nütze, Völkerschaften bezwungen zu haben. 68
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ausübten. Wie Horaz ihm dabei half, in der recusatio die richtige Tonlage zwischen Ernst und Scherz zu finden, 74 so lernte er von Vergil, zeitgeschichtliche Ereignisse mit mythischen Bezügen gehaltvoll zu überhöhen. Wie überlegen er diese Kunst in seinem Spätwerk beherrschte und wie weit er damit über platte Hofdichtung hinauskam, bewies Properz nicht nur mit der 6., sondern auch mit der 11. Elegie seines vierten Buches, dem Nachruf auf Cornelia, Tochter der Scribonia, mit der Oktavian kurzzeitig in zweiter Ehe verheiratet gewesen war.75 Während das Trauergedicht, das er auf Marcellus, den früh verstorbenen Neffen des Augustus, verfasste und als 18. Elegie in sein drittes Buch aufnahm, noch wie bestellt wirkt, verinnerlichte er die Trostrede der Cornelia, zu der er die Trauerklage über ihren Tod umkehrte, so einfühlsam, dass dieser Elegie keinerlei Beigeschmack von Auftragsdichtung anhaftet.76 Joseph Justus Scaliger drang nicht ohne Grund mit seinem Sonderlob durch, sie mit »Königin unter den Elegien« zu betiteln. Mit ihr schuf Properz sein wohl voraussetzungsreichstes Gedicht. Die Aufträge der Verstorbenen entwickelte er aus der euripideischen Alkestis, die Vorstellungen über das Totenreich aus dem sechsten Buch der ›Aeneis‹, die Anrede an den hinterbliebenen Gatten aus dem Grabepigramm, die Tröstungen aus der Trauerrede.77 So verschiedenartige Traditionen verknüpfte er zu einem geschlossenen Ganzen. Der Werdegang vom frühen zum späten Properz verlief kurzum in Windungen. Den weiten Weg von der schroffen Absage, aus seinem Blut werde kein Soldat hervorgehen,78 zu der vaterländischen Anteilnahme an den Kriegen des Herrschers, die er so innig wie nie zuvor in der 3. Elegie des vierten Buches, dem Brief der Arethusa an ihren im Felde stehenden Mann, ausdrücken sollte, legte Properz keineswegs geradlinig zurück. Dass er oft abbog, zeugt davon, wie schwer es ihm fiel, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen, vor die er sich als Mitglied des Maecenaskreises gestellt sah oder glaubte. Während ihm die ehrenvolle Berufung in diesen Dichterkreis zunächst nur Anstöße gab, die Thematik über den herkömmlichen Rahmen der Liebeselegie hinaus äußerlich auszuweiten, verstand er es vom dritten Buch an immer besser, selbst die Dichtung, deren Anlass auf einen Auftrag hindeutet, von innen her zu beleben. Die Schwierigkeiten, die sich in missglückten Anläufen des zweiten und selbst noch des dritten Buches widergespiegelt finden, hätte er freilich so überzeugend, wie es ihm schließlich gelang, nicht meistern können, hätten ihm nicht Horaz mit den ersten drei Odenbüchern und 74
Flach, Horaz und Properz, 62–69. Suet. Aug. 62,2. 76 So schon Flach, Klio 54, 1972, 164–165; weshalb Kienast, Augustus, 228 Anm. 227, ihm unterstellt, er setze »ganz und gar unreflektiert« … »panegyrische Dichtung mit schlechter Dichtung« gleich, bleibt unerfindlich. 77 Reitzenstein, RhM 112, 1969, 129–143; Becker, Hermes 99, 1971, 455–456. 78 Prop. 2,7,14. 75
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Vergil mit der ›Aeneis‹ aufgezeigt, wie sie mit hohem künstlerischen Anspruch zu bewältigen waren. Von äußeren Anstößen und literarischen Einflüssen wie kein zweiter Dichter des Maecenaskreises geleitet, vervollkommnete er die Fähigkeit, aus Werken anderer Gattungen weiterführende Gedanken aufzugreifen und fortzuspinnen, zu der hohen Kunst, verschiedenartige Traditionen miteinander zu verknüpfen. Je weiter er in dieser Richtung voranschritt, desto selbständiger vertiefte er die Rezeption vom sprachlichen Anklang zur inhaltlichen Auseinandersetzung.
Text Quot editores, tot Propertii – »wie viele Herausgeber, so viele Properze« seufzte schon John Swinnerton Phillimore, als er sah, wie oft die Meinungen sich verzweigten, wenn Vorgänger, deren Textausgaben er zu Rate zog, über handschriftliche Befunde nachgrübelten, die sie in Zweifel ziehen zu müssen glaubten. Davon zeichnet sich bis heute keine Kehrtwende ab, die durchschlagende Erfolge und dauerhafte Fortschritte verhieße. Gerade in den letzten beiden Jahrzehnten breitete sich im Gegenteil die Unsitte aus, dass die Textkritik in Besserwisserei ausartete. Namentlich G. P. Goold, Georg Luck und Stephen J. Heyworth griffen so häufig und massiv in die Handschriftenüberlieferung des Mittelalters ein, dass sich der Leser in dem unruhigen Druckbild ihrer Textausgaben nur mühsam zurechtfindet. Dazu wuchs sich aus, dass sie immer wieder die wichtigste Grundregel der Textkritik missachteten, vorab nach der Fehlerquelle zu fragen, die einen Schreiber dazu verleitet haben könnte, von dem Wortlaut oder der Versfolge abzuweichen, die er in seiner Vorlage antraf. Je strenger diese Grundregel befolgt wird, desto deutlicher schält sich heraus, dass die Handschriftenlage weitaus günstiger ist als das Urteil der Herausgeber, die meinen, selbst in den zuverlässigeren Codices wimmele es von einschneidenden Verschreibungen, Lücken und Versverschiebungen. Nach dem Gradmesser gewissenhaft geprüft, in welchen Streitfällen Lesarten, die gemeinhin als falsch verworfen werden, aus guten Gründen verteidigt werden können, schneiden diese Handschriften durchweg nicht schlecht ab. Wie hoch ihre Aussagen aufgewertet zu werden verdienen, schlägt sich in der folgenden Bilanz nieder: x Der Gesamtbestand an einschlägigen Handschriften reicht dazu aus, das Werk, das Properz der Nachwelt hinterlassen hat, ohne massive Eingriffe oder umfängliche Ergänzungen zur Gänze wiederherzustellen. Weder enthält er Lücken, die nicht sorgsam zu schließen, noch Textverderbnisse, die nicht schonend zu heilen wären.
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x Distichen wurden in den vier Gedichtbänden, die Properz herausgebracht hat, nur zwei Mal aus Versehen versetzt. In der 15. Elegie des ersten Buchs muss das Verspaar 15–16 hinter das Verspaar 21–22, in der 22. des dritten Buchs das Verspaar 37–38 vor das Verspaar 31–32 gerückt werden. Hier wie dort unterlief der Fehler in einer Beispielreihe. Im zweiten Fall könnte ihn ausgelöst haben, dass, nach der überkommenen Versfolge gezählt, der mit dapes endende 30. Vers dem mit trabes endenden 38. lautlich nahekommt. x Durchweg ein ganzer Vers ausgefallen ist in der 9. Elegie des vierten Buchs so wenig wie in irgendeiner anderen, die Properz hinterlassen hat. Soweit die Herausgeber in diesem Gedicht eine Lücke ansetzten, übersahen sie den feinen Unterschied, dass Herakles in dem Aition über die Ara Maxima den 42. Vers mit accipite, den 66. aber mit accipit eröffnet. x So prächtig die Textkritik, die sich an Properz versuchte, von der Renaissance bis zum Neuhumanismus des vorgerückten 19. Jahrhunderts gedieh, so auffällig verkümmerte sie ungefähr vom Ersten Weltkrieg an. Wirklich durchschlagende Berichtigungen von Handschriftenfehlern glückten ihr hinfort nur noch vereinzelt. Die Texteingriffe, mit denen sie zweifelsfrei messbare Fortschritte erzielte, lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Der Zuwachs, dass sich in den letzten beiden Jahrzehnten die Verbesserungsvorschläge häuften, erweist sich bei Lichte besehen nur als vergängliche Nachblüte. x Im 16. und 17. Jahrhundert konnten die Gelehrten, wenngleich selbst ihnen schon häufig genug die Lesarten jüngerer Handschriften zuvorgekommen waren, noch leichter mit Proben ihres Scharfsinns glänzen. Mittlerweile ist das Weidefeld bereits so weit abgegrast, dass sich größere Verdienste erwirbt, wer dem Herdentrieb trotzt, um heile Verse gegen voreilige Zweifel in Schutz zu nehmen oder bei Handlungsbedarf einfühlsamere Einfälle zur Wiederherstellung des ursprünglichen Wortlauts wieder zu Ehren bringt. Die Mühe, diese Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, lohnt sich durchaus. Weitaus öfter, als die Herausgeber von Rudolf Hanslik und Paolo Fedeli bis hin zu Stephen J. Heyworth und Simone Viarre meinten, sind die Aussagen der Handschriften zu vertreten oder den eigenen und fremden Konjekturen, die sie in ihre Textausgaben einarbeiteten, behutsamere vorzuziehen. Von diesen sanfteren und scharfsinnigeren Texteingriffen, die den jeweiligen Fehler nach den Erfahrungen mit vergleichbaren Versehen sicherer beheben, finden sich die meisten schon in dem Thesaurus criticus verzeichnet, zu dem W. R. Smyth auf nicht weniger als 166 Seiten die unzähligen Verbesserungen zusammengestellt hat, die von etwa 1480 bis 1968 vorgeschlagen wurden. Neue Lösungen anzubieten, die den überkommenen Wortbestand aus paläographischer Sicht schonender und
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vom dichterischen Standpunkt geglückter verwerten, drängte sich nur ein Dutzend Mal auf. x Wo die Grenzen zwischen den Gedichten verliefen, die Properz zu einem Buch bündelte, ist in keinem Buch so schwer zu entscheiden wie in seinem zweiten. 79 Schuld daran ist, dass er seine Leser im gleichen Maße wie sich selbst überforderte, als er, um den Ansprüchen seines Gönners Maecenas zu genügen, nach Schnittmustern, die mitunter schwer zu durchblicken sind, verschiedenartige Stoffe zu längeren Elegien schneiderte. Die Windungen seiner Gedankengänge von Anfang bis Ende zu verfolgen, gestaltet sich bei diesen dichterischen Versuchen zwar verschiedentlich schwierig, erweist sich aber bei keinem als aussichtslos. Nach den – mitunter nur verdeckten – Aufschlüssen, die er über Anfang und Ende seiner Gedichte gibt, setzte sich das zweite Buch nur aus 33, nicht aus 34 Elegien zusammen. x So manchen zählebigen Irrtum haben bereits Zeichensetzungsfehler frühneuzeitlicher Herausgeber eingeschleppt. Nicht genug damit, dass diese Fehler den Satzbau von Versen verzerren, erschweren sie es nicht selten, den Sinn ihres Wortlauts zu erfassen. Streng befolgt, ermutigen und verhelfen die bewährten Grundregeln der Textkritik dazu, Properz in einer lückenlosen Ausgabe vorzulegen, die jeweils die hilfreichste Fassung der mittelalterlichen Handschriften herauszufiltern versucht, um sie so sorgsam wie möglich zu verarbeiten und so verantwortungsvoll wie nötig zu verwerten. Ruhig im Druckbild, kommt sie der einschlägigen Textüberlieferung so nahe wie keine zweite. Ohne die Ecken und Kanten des Stils abzuschleifen, die dem Dichter und seinem Werk ihre unverwechselbaren Züge verleihen, will sie den Leser dabei geleiten, sich seinen Weg durch das Dickicht widersprüchlicher Forschungsmeinungen zu bahnen.
Übersetzung Sunt qui Propertium malint – »es gibt Leute, die Properz mehr mögen« – räumte Quintilian in seinem Leitfaden über die Rednerausbildung ein, aber mit Kopfschütteln, weil er der Mehrheit darin beipflichtete, dass Tibull ihm vorzuziehen sei. Höher als ihn und Ovid stufte er Tibull freilich nur nach den beiden Stilmerkmalen »geschliffen«, tersus, und »geschmackssicher«, elegans, ein.80 Sobald der Inhalt miteinbezogen wird, nimmt es sich vollends müßig aus, darüber zu streiten, ob die Mehrheit oder die Minderheit richtig urteilte. 79 80
Darüber im einzelnen Juhnke, Hermes 99, 1971, 94–113. Quint. inst. 10,1,93.
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Properz höher stellen könnten Leser, die vornehmlich zu schätzen wissen, wie mutig er aus sprachlicher wie auch gattungsgeschichtlicher Sicht in Neuland vorstieß, dafür aber in Kauf nehmen, dass er mitunter allzu kühn vorpreschte. Diesen Eigenheiten hat der Übersetzer so sorgsam wie möglich Rechnung zu tragen. x Dem Drang zur Kürze gab Properz so gern nach, dass Wort für Wort zu übersetzen nicht genügt, sondern Zusätze verdeutlichen müssen, welche Zwischengedanken ihm vorschwebten und welche Vorstellungen aus seiner augusteischen Erfahrungswelt mit einflossen. Stets im Auge zu behalten ist, was ein Leser im Altertum mitlas und mitdachte. x Die Sprachbilder, in die Properz seine dichterischen Wendungen gern kleidete, gilt es so getreu wie möglich wiederzugeben. Soweit das Deutsche sie nicht kennt, lohnt sich die Mühe, sich nach vergleichbaren umzusehen. Sich in holprigem, sich sklavisch an die Grundbedeutungen der Wörter klammernden Übersetzungsdeutsch von einem Satzbaustein zum nächsten vorzuarbeiten, täuscht eine fragwürdige Genauigkeit vor, die weder dem Dichter gerecht wird noch dem Leser hilft. x Auf die Wortfolge ist genau zu achten, weil sie schlüssige Antworten auf die nie belanglose, sondern durchweg weiterführende Frage gibt, wie er die Satzteile seiner Verse gewichtete. Dafür, die Wortstellung so getreu wie möglich nachzubilden, bietet sich die deutsche Sprache zum Glück wie kaum eine zweite an. x Seine Elegien in Distichen oder anderen, in der deutschen Dichtung heimischeren Versmaßen zu übersetzen, ginge zu sehr zu Lasten der Genauigkeit, um uneingeschränkt gelingen zu können. Zufriedenstellendere Erfolge verspricht, die Wortfolge des Versbaus so weit einzuhalten, dass sich der verdeutschte Text schon allein rhythmisch merklich von einer Prosaübersetzung abhebt. Je zielbewusster dieser Mittelweg beschritten wird, desto sicherer gewährleistet er, dass die dichterische Wirkung nicht mit mangelnder Werktreue erkauft ist.
Kommentar Bei Properz unentbehrlich, dient der Kommentar dazu, die zweisprachige Neuausgabe seiner vier Gedichtbücher nicht nur abzurunden, sondern auch abzusichern. Ihrem von Grund auf neu eingerichteten Text und ihrer dem lateinischen Wortlaut zwar nicht im Versmaß, aber im Versbau nachempfundenen deutschen Übersetzung als zweiter Band beigefügt, strebt er an, keiner Streitfrage von Belang auszuweichen, sondern in allen wichtigen Zweifelsfällen wohlabgewogen Stellung zu nehmen. Mit seinen Sacherklärungen und Sprachbeobachtungen ergänzt er den ersten Band, wie umgekehrt der erste
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Band ihn davon entlastet, eingangs Elegie für Elegie den Inhalt zu umreißen, und großenteils davon entbindet, Schritt für Schritt ihren Gedankengang nachzuzeichnen. Die Kommentare, die zu Rate gezogen werden können, decken das Feld der Forschungsgeschichte in der Spannweite von deutscher und angelsächsischer Schule ab. Die deutsche Schule, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die großen Bonner Gelehrten Johannes Vahlen und Franz Bücheler ihr Gesicht gaben, verkörpert am reinsten der zweibändige Kommentar, den Max Rothstein bei Weidmann herausbrachte. Reicht er auch nicht an den dreibändigen heran, den Adolf Kießling und Richard Heinze im selben Verlag zu Horaz vorlegten, so besticht an ihm doch, wie feinfühlig sein Verfasser versteckte Anspielungen und gewundene Gedankengänge des Dichters freizulegen verstand. Die angelsächsische Schule wiederum schlägt in den nüchterneren, knapperen und zupackenderen Kommentaren durch, deren Vertreter in die Fußstapfen des ebenso scharfsinnigen wie beherzten Textkritikers A. E. Housman traten. So offen und nachdrücklich wie D. R. Shackleton Bailey, der ihm seine ›Propertiana‹ in aller Bescheidenheit widmete, bekannten sich H. E. Butler, E. A. Barber, W. A. Camps, Gregory Hutchinson oder Stephen J. Heyworth zwar nicht zu ihm, aber sein Geist lebt bis zu einem gewissen Grad gleichfalls in ihren Kommentaren fort. Zwischen den beiden Schulen bewegten sich der Niederländer P. J. Enk, der Italiener Paolo Fedeli und der Amerikaner Lawrence Richardson. In ihren Kommentaren schlugen sie nur selten tiefere Schneisen, schossen dafür aber kaum einmal über das Ziel hinaus. Wohlüberlegt bemühten sie sich vielmehr vor allen Dingen, mit ruhiger Hand die Ernte ihrer Vorgänger einzufahren. Mit diesem Ziel sichteten sie die Forschungsergebnisse, die sie vorfanden, um je nach Bedarf die Deutungen, die ihnen einleuchteten, soweit wie möglich abzusichern. Nicht genug damit, hat namentlich Paolo Fedeli den Kenntnisstand, auf dem er aufbauen konnte, mit Früchten einer kaum zu überbietenden Belesenheit bereichert. Wer nach den Einflüssen fragt, die Properz empfing oder ausübte, stößt vor allem in den beiden Bänden zum zweiten und dritten Buch auf schier unerschöpfliche Fundgruben literarischen Gelehrtenwissens. In diesem und dem vergangenen Jahrhundert hat die Forschung freilich nicht nur Fortschritte erzielt, sondern auch Rückschläge erlitten. Von den handwerklichen Fehlern irregeführt zu werden, die sich gerade in den letzten beiden Jahrzehnten häuften, kann der Kommentar nach aller Erfahrung nur vermeiden, wenn sein Verfasser sich auf die Stärken beider Schulen besinnt. Von der deutschen kann er lernen, die mittelalterliche Textüberlieferung so getreu wie möglich zu bewahren, von der angelsächsischen sich aneignen, Textfragen vorurteilsfrei und gerafft zu erörtern. Je gradliniger er diese Ziele verfolgt, desto besser ist er dagegen gefeit, vorschnell dem Herdentrieb zu folgen, und desto sicherer verbürgt seine Vorgehensweise, dass seine Ergeb-
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Einleitung
nisse von einer tragfähigen Plattform aus über den Stand der Forschung hinausführen. Durch Versehen oder Irrtümer von Schreibern und Versäumnisse oder Trugschlüsse von Herausgebern verschüttete Zugänge freizulegen, findet er noch immer reichlich Gelegenheit. Die wichtigsten Fortschritte erzielt er, wo immer es ihm gelingt, dichterische Wendungen wiederherzustellen, die ohne Not ausgedünnt, farbige Sprachbilder zu retten, die ohne Grund verwässert, und Stileigenheiten zu verteidigen, die ohne Einfühlungsvermögen verwischt wurden.
TEXT UND ÜBERSETZUNG
SIGLA N A F L P D V Vo D W
c
Neapolitanus, nunc Guelferbytanus Gudianus 224 Leidensis Vossianus Latinus 38 Laurentianus 36,49 Oxoniensis bibliothecae Universitariae Bodleianae Holkhamicus 333, nunc Holkhamicus Bodleianus Misc. 36 Parisinus Latinus 7989 Daventriensis 1792, nunc I 82 Vaticanus Ottobonianus Latinus 1514 Leidensis Vossianus 117 consensus codicum D, V. Vo consensus codicum N, A, F, P, V, Vo ab initio ad 1,2,13 codicum N, A, F, P, D, V, Vo a 1,2,14 ad 2,1,63 codicum N, F, P, D, V, Vo a 2,1,64 ad 2,21,2 codicum N, F, L, P, D, V, Vo a 2,21,3 ad finem codices recentiores
LIBER PRIMVS I [1–2] Cynthia prima suis miserum me cepit ocellis, contactum nullis ante cupidinibus. [3–4] tum mihi constantis deiecit lumina fastus et caput impositis pressit Amor pedibus, [5–6] donec me docuit castas odisse puellas improbus et nullo vivere consilio. [7–8] et mihi iam toto furor hic non deficit anno, cum tamen adversos cogor habere deos. [9–10] Milanion nullos fugiendo, Tulle, labores saevitiam durae contudit Iasidos. [11–12] nam modo Partheniis amens errabat in antris ibat et hirsutas ille videre feras; [13–14] ille etiam Hylaei percussus vulnere rami saucius Arcadiis rupibus ingemuit. [15–16] ergo velocem potuit domuisse puellam: tantum in amore preces et benefacta valent. [17–18] in me tardus Amor non ullas cogitat artes nec meminit notas, ut prius, ire vias. [19–20] at vos, deductae quibus est fallacia lunae et labor in magicis sacra piare focis, [21–22] en agedum dominae mentem convertite nostrae, et facite illa meo palleat ore magis! [23–24] tunc ego crediderim vobis et sidera et amnes posse Cytaeines ducere carminibus. [25–26] et vos, qui sero lapsum revocatis, amici, quaerite non sani pectoris auxilia! [27–28] fortiter et ferrum saevos patiemur et ignes, sit modo libertas quae velit ira loqui. [29–30] ferte per extremas gentes et ferte per undas, qua non ulla meum femina norit iter!
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I 1 sola P, corr. P2mg Ƈ fecit A, F, P, corr. F4mg, P2ras 3 tunc A, F, P 5 castas docuit V, Vo, corr. V2 7 et W ei Rossberg 1883 Ƈ totis P, V, Vo, corr. V2 Ƈ annis A, F, P, V, Vo, corr. F4 9 Milanion cod. Neap. IV F 222mg, Volsco minalion W mimalion F4 Ƈ nullo A, F, corr. F4 12 ille W saepe cod. Vat. Lat. 1611 13 ps(y)illi W, corr. Griffolino da Arezzo, Volsco hylei c Phyllei Hertzberg Ƈ uulnere N, P2ras, V, Vo arbore A, F ab arbore F4, Pcorr 17 ullas c nullas W 18 memini A, F, P, corr. F4 19 deducto A, F deducte F4 subductae V2 22 placeat A, F, Pcorr 24 Cytaeines Calderini, Prinz 1936 Cytinaeis vel Cytaeines vel Cytaines Hertzberg cytainis N citheinis V2mg cyteinis in marg. Pcorr cytalinis V, Vo cythalinis N2 citalinis F, P cithalinis A, F2, P2 25 at F4 aut Hemsterhuys 28 irae Vo 29 ferte … ferte N, F3, P, V, Vo forte … ferre A forte … fere F 30 sua pro qua N Ƈ non nulla F, Vo, corr. F4 Ƈ semina A, F, corr. F3
Erstes Buch 1 [1–2] Cynthia nahm als erste mit ihren Äuglein mich Armen gefangen, der ich zuvor von keinerlei Liebesgelüsten angesteckt wurde. [3–4] Da senkte mir Amor die Blicke standhaften Hochmuts und drückte mein Haupt mit den Füßen nieder, die er so lange daraufsetzte, [5–6] bis er, der Schurke, mir beigebracht hatte, züchtige Mädchen abzulehnen und dahinzuleben ohne jeglichen Plan. [7–8] Und es lässt mich diese Liebestollheit nicht los schon ein ganzes Jahr, während dessen gleichwohl dazu verdammt ich mich sehe, zu Gegnern zu haben die Götter. [9–10] Meilanion zermalmte, indem er keinen Mühen, Tullus, aus dem Weg ging, die grausame Sprödigkeit der hartherzigen Tochter des Iasios. [11–12] Denn eben noch irrte er kopflos in des Parthenios Schluchten umher und zog aus, wildlebenden Tieren mit borstigem Fell ins Auge zu blicken, [13–14] da wurde er gar vom Hieb der Keule des Hylaios getroffen und stöhnte verwundet auf Arkadiens Klippen auf. [15–16] So konnte er denn das hurtige Mädchen bezwingen – so viel vermögen in der Liebe Bitten und Wohlverhalten. [17–18] Bei mir aber saumselig, denkt Amor sich nicht irgendwelche Schliche aus und besinnt sich auch nicht darauf, wie früher bekannte Straßen zu gehen. [19–20] Doch ihr, die ihr euch auf den Zaubertrick, den Mond vom Himmel herabzuholen, versteht und auf das mühselige Geschäft, Sühnopfer darzubringen auf magischen Brandaltären, [21–22] wohlan denn, wandelt den Sinn meiner Herrin und seht zu, dass bleicher sie ist als mein eigenes Antlitz! [23–24] Dann könnte ich euch glauben, dass ihr sogar Gestirne und Ströme könnt lenken mit der Kytaierin Zaubersprüchen. [25–26] Und ihr Freunde, die ihr zu spät einen Gestrauchelten zurückruft, sucht nach Hilfen für ein liebeskrankes Herz! [27–28] Tapfer will ich sogar Eisenbesteck und unbarmherzige Gluten erdulden, habe ich nur die Freiheit, was der Zorn will, zu äußern. [29–30] Bringt mich quer durch fernste Völker und bringt mich quer durch Meereswogen dorthin, wo keine Frau meinen Reiseweg kennt!
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Liber I
[31–32] vos remanete, quibus facili deus annuit aure, sitis et in tuto semper amore pares! [33–34] in me nostra Venus noctes exercet amaras, et nullo vacuus tempore defit Amor. [35–36] hoc, moneo, vitate malum: sua quemque moretur cura, neque assueto mutet amore locum. [37–38] quod si quis monitis tardas adverterit aures, heu referet quanto verba dolore mea!
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II [1–2] Quid iuvat ornato procedere, vita, capillo et tenues Coa veste movere sinus, [3–4] aut quid Orontea crines perfundere murra, teque peregrinis vendere muneribus, [5–6] naturaeque decus mercato perdere cultu, nec sinere in propriis membra nitere bonis? [7–8] crede mihi, non ulla tuae est medicina figurae: nudus Amor formae non amat artificem. [9–10] aspice quos summittat humus formosa colores, ut veniant hederae sponte sua melius, [11–12] surgat et in solis formosius arbutus antris, et sciat indocilis currere lympha vias. [13–14] litora nativis persuadent picta lapillis, et volucres nulla dulcius arte canunt. [15–16] non sic Leucippis succendit Castora Phoebe, Pollucem cultu non Helaïra soror; [17–18] non, Idae et cupido quondam discordia Phoebo, Eueni patriis filia litoribus; [19–20] nec Phrygium falso traxit candore maritum avecta externis Hippodamia rotis: [21–22] sed facies aderat nullis obnoxia gemmis, qualis Apelleis est color in tabulis.
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31 remanere A, F, corr. F3 Ƈ facilis F Ƈ adnuit V, Vo 34 defit Ncorr, F4, P, V desit N, A, F, Vo 35 uitare F 36 nec F Ƈ assuero A, F, corr. F3 II 1 uita N, P2, V2ras, Vo uitta A, F4mg, V, Vo2 uicta s. l. Ncorr, F, P uincta F3 2 choa W, corr. V2 Ƈ sinu F, Vo, corr. F3 3 quod N, F, corr. N2, s. l. F4 7 tua est N, A, F, P 8 nullus F, corr. F4 9 quos W quot cod. Paris. Lat. 7990, Volsco, Heins Ƈ formosa W non fossa Skutsch apud Goold 1990 non culta Allen 1950 10 ut c et W Ƈ edere P 12 in dociles V indocile Vo Ƈ curre F, corr. F3 13 persudant V3mg collucent P2mg 14 canant V2 15 noon N 16 Helaira K. P. Schulze thelaira P3, D telaira F4, P tela ira A, F telaria N ilaira Ncorr, P2 17 idae N2, D3, V2 ydae P3 yde P ida N, D yda A, F 18 eueni Ncorr, F4mg, P2, D3mg, V3 euenit A, F, P, D et uenit N 19 non D 20 aduecta P, D, corr. V2 Ƈ hippodamia s. l. N2, D ippodamia N hippodomia Vo yppodamia A ypodamia F yppodomia P
Buch 1
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[31–32] Ihr aber bleibet zu Hause, denen der Gott freundlich zunickte mit offenem Ohr, und seid in ungefährdeter Liebe ein für allemal ein einiges Paar! [33–34] Bei mir setzt die Venus von uns Liebenden bittere Nächte als Waffe ein und gibt Amor zu keiner Zeit tatenlos Ruhe. [35–36] Dieses Ungemach, warne ich euch, meidet! Seine liebevolle Hingabe halte einen jeden im Zaum und wechsle nicht, hat er sich an die Geliebte gewöhnt, den Standort. [37–38] Wenn aber jemand meinen Warnungen zu spät zuwenden sollte seine Ohren, weh, mit welch großem Schmerz wird er sich erinnern an meine Worte! 2 [1–2] Was hilft es, mein Leben, auszugehen mit zurechtgemachtem Haar und hauchdünne Faltenwürfe aus koischem Kleiderstoff zu bewegen? [3–4] Oder was, die Zöpfe zu übergießen mit Myrrhenwasser vom Orontes und dich feilzubieten mit fremdländischen Gaben, [5–6] natürliche Anmut zu entstellen mit käuflich erworbener Aufmachung und nicht zuzulassen, dass der Körper erstrahlt in den ureigenen Vorzügen? [7–8] Glaube mir, deine Erscheinung braucht keinerlei Schönheitsmittel. Nackt, wie er ist, mag Amor den Schönheitskünstler nicht. [9–10] Schau, welche Farben ein schönes Fleckchen Erde hervorsprießen lässt, wie der Efeu aus eigener Kraft besser gedeiht, [11–12] der Wilderdbeerbaum in einsamen Schluchten sich prächtiger erhebt und der plätschernde Bach, ohne angeleitet werden zu müssen, Wege zu laufen versteht! [13–14] Gestade nehmen, schillern sie bunt von natürlichen Steinchen, für sich ein, und Vögel singen, sind sie nicht abgerichtet, lieblicher. [15–16] Nicht entflammte so Leukipps Tochter Phoibe einen Kastor, nicht durch ihre Aufmachung einen Pollux ihre Schwester Hilaeira. [17–18] Nicht zog Euenos’ Tochter, der Grund, dass Idas und der lüsterne Phoibos einst gerieten in Streit, an ihres Vaters Gestaden sie beide [19–20] mit schneeweißer Schminke an und ebenso wenig Hippodameia, auf den Rädern seines fremdländischen Gefährts entführt, ihren phrygischen Freier. [21–22] Vielmehr verhalf ihnen dazu ein Antlitz, das auf keinerlei Edelsteine angewiesen war, eine Hautfarbe, wie sie sich auf des Apelles Gemälden findet.
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Liber I
[23–24] non illis studium vulgo conquirere amantes: illis ampla satis forma pudicitia. [25–26] non ego nunc vereor ne sim tibi vilior istis: uni si qua placet, culta puella sat est; [27–28] cum tibi praesertim Phoebus sua carmina donet Aoniamque libens Calliopea lyram, [29–30] unica nec desit iucundis gratia verbis, omnia quaeque Venus, quaeque Minerva probat. [31–32] his tu semper eris nostrae gratissima vitae, taedia dum miserae sint tibi luxuriae.
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III [1–2] Qualis Thesea iacuit cedente carina languida desertis Gnosia litoribus; [3–4] qualis et accubuit primo Cepheïa somno libera iam duris cotibus Andromede; [5–6] nec minus assiduis Edonis fessa choreis qualis in herboso concidit Apidano: [7–8] talis visa mihi mollem spirare quietem Cynthia non certis nixa caput manibus, [9–10] ebria cum multo traherem vestigia Baccho, et quaterent sera nocte facem pueri. [11–12] hanc ego, nondum etiam sensus deperditus omnes, molliter impresso conor adire toro; [13–14] et quamvis duplici correptum ardore iuberent hac Amor, hac Liber, durus uterque deus, [15–16] subiecto leviter positam temptare lacerto osculaque admota sumere et arma manu, [17–18] non tamen ausus eram dominae turbare quietem, expertae metuens iurgia saevitiae; [19–20] sed sic intentis haerebam fixus ocellis, Argus ut ignotis cornibus Inachidos. [21–22] et modo solvebam nostra de fronte corollas ponebamque tuis, Cynthia, temporibus;
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23 acquirere F3, P, corr. F4 aquirere A, F Ƈ amittes A amictes F, in marg. corr. F4 24 forma satis ampla A, F, P 25 non pro nunc N, corr. N2 Ƈ sim tibi W sis tibi c, Wehle sis mihi c, Passerat, Scaliger 26 culta N, F4mg, P2mg, D una A, F, P, D2mg 29 ne A, F, P Ƈ dictis D, corr. V2 III 2 cyosia A, corr. A gnossia V2 3 cepheia s. l. N2, A, F, D cepheya P cephia N 4 andromede N, V2 andromade A, F, P, D 6 concidit N, A2, P2mg, V2 considit D conscidit A, F, P 7 spirare N2mg, F4, P2ras, V2, Vo sperare N, A, F, P, D, V, Vo2 8 incubus F, in marg. corr. F2 10 quateret Vo 12 cogor Dmg, V, corr. V2mg 13 iubent A iuberem Vo
Buch 1
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[23–24] Ihnen stand nicht danach der Sinn, sich in aller Welt ihre Liebhaber zusammenzusuchen, ihnen bedeutete Züchtigkeit ansehnliche Schönheit genug. [25–26] Nicht habe ich jetzt zu befürchten, dass ich dir weniger wert bin als diese anderen da. Wenn eine nur einem gefällt, ist eine Geliebte genug verschönert; [27–28] zumal da dir Phoibos Apollon seine Lieder schenkt und Kalliope gern die aonische Leier, [29–30] und deinen liebenswerten Worten der einzigartige Reiz nicht fehlt, genauso wenig wie alles, was Venus und was Minerva schätzt. [31–32] Durch diese Vorzüge wirst du für mich zeit meines Lebens immer am reizvollsten sein, widert dich nur die erbärmliche Verschwendungssucht an. 3 [1–2] Wie sich, als des Theseus Schiff mit seinem Kiel entschwand ihren Blicken, die Kreterin aus Knosos ermattet lagerte an verlassenen Gestaden [3–4] und wie Andromeda, des Kepheus Tochter, sich zum ersten Schlaf niederlegte, befreit schon von den harten Felskanten, [5–6] oder wie die Edonerin, von den unaufhörlichen Tänzen nicht weniger ermüdet, niedersank auf dem grasbedeckten Ufer des Apidanos, [7–8] so schien mir Cynthia, den Kopf auf keinen sicheren Halt gebende Hände gestützt, sanfte Ruhe zu atmen, [9–10] als ich vom vielen Wein schwere Füße nachzog und in später Nacht Burschen die Fackel schwangen. [11–12] Ihr versuchte ich, noch nicht gar aller Sinne verlustig gegangen, mich zu nähern, drückte dabei nur sacht ihr Bettpolster ein. [13–14] Und so sehr mich auch, der ich von doppelter Glut gepackt war, hier Amor, dort Bacchus, beide unnachgiebige Götter, drängten, [15–16] sie ausgestreckt liegend mit untergeschobenem Arm sanft zu berühren und mit sich vortastender Hand zu Küssen und den Waffen des Liebeskampfes zu greifen, [17–18] hatte ich es dennoch nicht gewagt, die Ruhe meiner Herrin zu stören, befürchtete ich doch aus leidvoller Erfahrung unbarmherziges Gezänk. [19–20] Doch verharrte ich mit angespannten Augen so gebannt, wie es Argos von den ihm fremden Hörnern der Tochter des Inachos einst war. [21–22] Bald löste ich von meiner Stirn die Kränze und legte sie dir, Cynthia, um deine Schläfen.
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Liber I
[23–24] et modo gaudebam lapsos formare capillos; nunc furtiva cavis poma dabam manibus: [25–26] omnia quae ingrato largibar munera somno, munera de prono saepe voluta sinu; [27–28] et quotiens raro duxti suspiria motu, obstupui vano credulus auspicio, [29–30] ne qua tibi insolitos portarent visa timores, neve quis invitam cogeret esse suam: [31–32] donec diversas praecurrens luna fenestras, luna moraturis sedula luminibus, [33–34] compositos levibus radiis patefecit ocellos. sic ait in molli fixa toro cubitum: [35–36] ‘tandem te nostro referens iniuria lecto alterius clausis expulit e foribus? [37–38] namque ubi longa meae consumpsti tempora noctis, languidus exactis, ei mihi, sideribus? [39–40] o utinam tales perducas, improbe, noctes, me miseram quales semper habere iubes! [41–42] nam modo purpureo fallebam stamine somnum, rursus et Orpheae carmine, fessa, lyrae; [43–44] interdum leviter mecum deserta querebar externo longas saepe in amore moras: [45–46] dum me iucundis lapsam Sopor impulit alis. illa fuit lacrimis ultima cura meis.’
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IV [1–2] Quid mihi tam multas laudando, Basse, puellas mutatum domina cogis abire mea? [3–4] quid me non pateris vitae quodcumque sequetur hoc magis assueto ducere servitio? [5–6] tu licet Antiopae formam Nycteidos, et tu Spartanae referas laudibus Hermionae, [7–8] et quascumque tulit formosi temporis aetas; Cynthia non illas nomen habere sinat:
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25 omnia quae Does senior omniaque W 27 duxti c, Volsco duxit W 29 sibi D, corr. V2 30 cogeret N, F3, P, V2 cogerit A, F, D 31 percurrens D, V percurens Vo 33 compositos N, F4, P2ras, V2 compositis A, F, P, D Ƈ ocellos N, A2, F4, P2, D ocellis A, F, P 34 fixa W nixa cod. Berol. Diez B 53, Passerat, Heins 38 hei F, D hey P 39 producas c perducat Vo 43 leuiter N, A, F, P, V2mg grauiter D Ƈ querebar N, A, F, P, V2mg loquebar D 45 lapsam N, A, F, P2, D lassam P, V2 Ƈ sapor N, s. l. corr. N2 IV 4 uiuere P2mg 6 hermiones P 8 sinat W sinet V2
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[23–24] Bald fand ich Vergnügen daran, dir die zur Schulter herabgeglittenen Locken zu ordnen, dann wieder gab ich dir verstohlen Äpfel in die hohlen Hände. [25–26] All diese Gaben schenkte ich deinem undankbaren Schlaf, Gaben, die oft herunterrollten vom herabhängenden Bausch deines Gewandes. [27–28] Und sooft du Seufzer ausstießest, wenn du dich gelegentlich bewegtest, erstarrte ich in blindem Glauben an eine haltlose Deutung; [29–30] fürchtete ich doch, es flößten irgendwelche Traumgesichte dir ungewohnte Ängste ein oder es zwänge dich ein Gespenst, gegen deinen Willen ihm zu gehören, [31–32] bis Luna, die Mondgöttin, an den aufgeklappten Fensterläden vorbeihuschte – eine geschäftige Luna, deren Blicke gerne länger verweilt hätten – [33–34] und mit sanften Strahlen öffnete deine geschlossenen Äuglein. So sprach sie, den Ellbogen aufgesetzt auf ihr weiches Bettpolster: [35–36] »Bringt dich endlich an mein Bett zurück, dass eine andere dich abwies, ihre Abfuhr dich vertrieb von den verschlossenen Flügeln ihrer Tür? [37–38] Denn wo vergeudetest du die lange Zeit der mir geschuldeten Nacht, matt, wie du bist, nachdem die Gestirne, weh mir, durchlaufen haben ihre Bahn? [39–40] O wenn du doch, du Schurke, solche Nächte durchlebtest, wie du sie mir Armen immer wieder zu verbringen zumutest! [41–42] Denn bald suchte ich mit purpurnem Garn den Schlaf zu überlisten und dann wieder, war ich davon ermüdet, mit Gesang zu Orpheus’ Leier. [43–44] Bisweilen haderte ich einsam und verlassen sachte mit mir über deine oft langen Aufenthalte bei einer auswärtigen Geliebten, [45–46] bis ich ins Bett sank und der Schlaf mich übermannte mit seinen wohltuenden Schwingen – dies war der letzte meinen Tränen erwiesene Liebesdienst.« 4 [1–2] Warum drängst du mich, indem du mir, Bassus, anpreist so viele Mädchen, mich zu ändern und meine Herrin zu verlassen? [3–4] Warum nimmst du nicht hin, dass ich den Rest meines Lebens lieber verbringe in der jetzigen Knechtschaft, an die gewöhnt ich mich habe? [5–6] Du magst an Antiopes, der Tochter des Nykteus, und an Hermiones, der Spartanerin, Schönheit mit Lobliedern erinnern [7–8] und überhaupt an alle, die hervorgebracht hat die große Zeit des schönen Antlitzes – Cynthia ließe nicht zu, dass sie einen klangvollen Namen haben,
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[9–10] nedum, si levibus fuerit collata figuris, inferior duro iudice turpis eat. [11–12] haec sed forma mei pars est extrema furoris; sunt maiora quibus, Basse, perire iuvat: [13–14] ingenuus color et multis decus artibus et quae gaudia sub tacita ducere veste libet. [15–16] quo magis et nostros contendis solvere amores, hoc magis accepta fallit uterque fide. [17–18] non impune feres: sciet haec insana puella et tibi non tacitis vocibus hostis erit; [19–20] nec tibi me post haec committet Cynthia nec te quaeret; erit tanti criminis illa memor, [21–22] et te circum omnes alias irata puellas differet: heu nullo limine carus eris. [23–24] nullas illa suis contemnet fletibus aras, et quicumque sacer, qualis ubique, lapis. [25–26] non ullo gravius temptatur Cynthia damno quam sibi cum rapto cessat amore deus, [27–28] praecipue nostri. maneat sic semper, adoro, nec quicquam ex illa quod querar inveniam!
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V [1–2] Invide, tu tandem voces compesce molestas et sine nos cursu, quo sumus, ire pares! [3–4] quid tibi vis, insane? meos sentire furores? infelix, properas ultima nosse mala, [5–6] et miser ignotos vestigia ferre per ignes, et bibere e tota toxica Thessalia. [7–8] non est illa vagis similis collata puellis: molliter irasci non solet illa tibi.
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9 fuerit N, F4, P, D fuerat Aras, F 10 eat N, Aras, D erat F erit P 13 ingenuusque F3 Ƈ nullis P2ras 14 ducere c, Gebhard, Does iunior discere Heins dicere W 16 fallis utrumque D, in marg. corr. V2 17 sciat Vo Ƈ haec W hoc c, Heins 22 differet N, F4, P diferet V2 differt A, F deferet D Ƈ lumine A, F, P numine V2mg 23 nullos A, F 24 et W nec Hoeufft, Postgate 1894 26 deus W decus Kraffert 1883, Housman 27 nostri W nostro cod. Paris. Lat. 8458, Heins, Lachmann Ƈ adoro W id oro cod. Rom. bibl. Casanat. 3227 28 quiquam A V 2 curru V2mg 3 meos N, F4, P2, D, om. F meos vel meros A2 feros. meos in marg. F3 tuos A 4 nosce P, D Ƈ malo F, corr. F4 6 et bibere N, F4, D e bibere et bibere A e libere et bibere F Ƈ thesalia Vo texalia F4 tessalica A texalica F 7 illas F, corr. F4 Ƈ uagis N, F4mg, D magis A, F, P 8 solet W sciet cod. Lond. Brit. Mus. Egerton 3027, Scaliger, Fischer sinet c
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[9–10] geschweige denn, dass sie, wenn sie mit unbedeutenden Erscheinungen verglichen würde, unterläge vor einem strengen Richter, mit Schimpf und Schande sie ginge davon. [11–12] Doch macht dieses dein Aussehen den unerheblichsten Teil meiner rasenden Leidenschaft aus. Es gibt Wichtigeres, woran, Bassus, sein Herz zu verlieren sich lohnt: [13–14] vornehm weiße Hautfarbe, Anmut durch die Beherrschung vieler Künste und Wonnen, wie man sie unter verschwiegener Bettdecke auszudehnen [oder, sollte discere statt ducere zu lesen sein: kennenzulernen] liebt. [15–16] Je mehr du dich auch anstrengst, unsere Liebesbande zu lösen, desto mehr enttäuschen dich beide mit ihrer wechselseitig zugesicherten Treue. [17–18] Du wirst nicht straflos davonkommen; erfahren wird dies eine wuttobende Geliebte und dir nicht mit stillen Vorwürfen eine Feindin sein. [19–20] Weder wird Cynthia dich hinfort mit mir zusammenkommen lassen, noch wird sie dich aufsuchen; es wird ein so schweres Vergehen sie sich merken. [21–22] Wutentbrannt wird sie dich daraufhin ringsum bei allen Mädchen anprangern. Wehe dir, an keiner Türschwelle wirst du geschätzt sein. [23–24] Keine Altäre wird sie für ihre Klagen verwerfen, einerlei, wie ist und wo steht der heilige Stein. [25–26] Von keinem Verlust fühlt sich Cynthia schwerer getroffen, als wenn der Gott, den sie anruft, sich nicht regt, obwohl ihr geraubt wurde die Liebe – [27–28] vor allem, wenn es um die Liebe zu mir geht. Möge sie immer so bleiben, bitte ich flehentlich, und ich nichts an ihr finden, worüber zu klagen ich hätte. 5 [1–2] Neider, zügle doch endlich deine lästigen Redereien und lasse uns auf der Bahn, auf der wir sind, gehen als einiges Paar! [3–4] Was hast du mit dir vor, Wahnsinniger? Etwa meine Gefühlswallungen zu verspüren? Unglückseliger, du eilst darauf zu, ärgste Übel kennenzulernen [5–6] und, Bedauernswerter, deine Füße zu setzen durch ungekannte Feuer und Gifte zu trinken aus ganz Thessalien. [7–8] Nicht ist sie flatterhaften Mädchen ähnlich, verglichen mit ihnen. Sachte zu zürnen pflegt sie dir nicht.
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[9–10] quod si forte tuis non est contraria votis, at tibi curarum milia quanta dabit! [11–12] non tibi iam somnos, non illa relinquet ocellos: illa feros animis alligat una viros. [13–14] ah, mea contemptus quotiens ad limina curres! cum tibi singultu fortia verba cadent, [15–16] et tremulus maestis orietur fletibus horror, et timor informem ducet in ore notam, [17–18] et quaecumque voles fugient tibi verba querenti, nec poteris, qui sis aut ubi, nosse miser, [19–20] tum grave servitium nostrae cogere puellae discere et exclusum quid sit abire domum, [21–22] nec iam pallorem totiens mirabere nostrum, aut cur sim toto corpore nullus ego. [23–24] nec tibi nobilitas poterit succurrere amanti: nescit Amor priscis cedere imaginibus. [25–26] quod si parva tuae dederis vestigia culpae, quam cito de tanto nomine rumor eris! [27–28] non ego tum potero solacia ferre roganti, cum mihi nulla mei sit medicina mali; [29–30] sed pariter miseri socio cogemur amore alter in alterius mutua flere sinu. [31–32] quare, quid possit mea Cynthia, desine, Galle, quaerere: non impune illa rogata venit.
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VI [1–2] Non ego nunc Hadriae vereor mare noscere tecum, Tulle, neque Aegaeo ducere vela salo, [3–4] cum quo Rhipaeos possim conscendere montes ulteriusque domos vadere Memnonias; [5–6] sed me complexae remorantur verba puellae, mutatoque graves saepe colore preces.
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9 quid D, corr. V2 Ƈ tuis N2, D3, V3 ruis N, A, F, Pras, D, V ausis V2mg, Vo Ƈ uotis N3mg, D3, V2 nostris W uerbis cod. Berol. Lat. fol. 5002, Housman, Wittig 10 at W ah cod. Rom. bibl. Casanat. 3227, Pucci 13 ha A, F, Vo 15 tremulis mo(a)estus V2, Volsco, Heins 16 docet A, F, P 18 nosce P, D 19 tunc P 20 adire F, corr. F4 21 miserabere Vo Ƈ nostram N, s. l. corr. N 23 poterrit N 24 pressis P, corr. P2mg 25 quid D 26 eris W erit Liberman 27 tu F, corr. F2 cum A 31 quod N, A, F, s. l. corr. N 32 quare V2 VI 1 nunc N, F4, P2, V tunc A, F, P, D tum Vo 3 quo Rhipaeos Burman quo ripeos s. l. N2 coripeos N corripeos A, F, P, D corcyreos V2mg 4 memnonias N, F4, P2mg, V2 memonias A, F in emonias P, D 5 memorantur A, F, corr. F4 6 colore N, F4, P2mg, V2 dolore A, F, P, D
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[9–10] Wenn sie sich aber deinen Wünschen vielleicht nicht widersetzt, so bedenke doch, wie viele tausend Kümmernisse dir bereiten sie wird! [11–12] Nicht den Schlaf, nicht die Augen wird sie dir mehr zur freien Verfügung lassen – sie legt ungebärdige Männer mit ihren Ansprüchen wie keine zweite an die Kette. [13–14] Ach, wie oft wirst, wirst du verschmäht, zu meiner Türschwelle du eilen! Wenn dir vor Schluchzen die beherzten Worte ersterben, [15–16] den Tränen deines Kummers bebender Schauder entspringt, Angst eine hässliche Spur auf deinem Gesicht zieht, [17–18] dir, beklagst du dich, alle Worte entfallen, die du willst sprechen, und du nicht wissen kannst, wer du bist oder wo, du Armer, [19–20] dann wirst gezwungen du sein, die drückende Fron meiner Geliebten an dir zu erfahren und was es heißt, ausgesperrt nach Hause von dannen zu ziehen, [21–22] und wirst du dich nicht mehr so oft über meine fahle Blässe oder darüber wundern, weshalb von Kopf bis Fuß ich ein Nichts bin, [23–24] und wird dir dein Adel, verliebt, wie du bist, nicht zu Hilfe eilen können; Amor kennt es nicht, zurückzuweichen vor altehrwürdigen Totenmasken von Ahnen. [25–26] Wenn du aber auch nur geringe Spuren deines Fehltritts lieferst, wie schnell wirst du auf Kosten eines so großen Namens Gesprächsstoff sein! [27–28] Nicht werde ich dir dann Trost bieten können, wenn du mich darum bittest, da ich doch keinerlei Arznei habe für mein eigenes Leid. [29–30] Vielmehr werden wir, gleichermaßen liebeskrank, wie wir sind, aus kameradschaftlicher Zuneigung gezwungen uns sehen, wechselseitig der eine zu weinen an des anderen Brust. [31–32] Drum höre auf, Gallus, herausfinden zu wollen, was vermag meine Cynthia. Nicht straflos kommt sie, hat man sie zu sich gebeten. 6 [1–2] Nicht scheue ich mich, jetzt Hadrias Meer zu erkunden gemeinsam mit dir, Tullus, oder zu hissen die Segel auf hoher Aigaiischer See, [3–4] mit dem ich die Rhipaiischen Berge ersteigen und weiter wandern könnte als bis zu Memnons Palästen. [5–6] Doch halten mich zurück die Worte meiner Geliebten, die umschlungen mich hält, und ihre inständigen Bitten bei oft wechselnder Gesichtsfarbe.
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[7–8] illa mihi totis argutat noctibus ignes et queritur nullos esse relicta deos; [9–10] illa meam mihi iam se denegat, illa minatur quae solet irato tristis amica viro. [11–12] his ego non horam possum durare querelis: ah pereat, si quis lentus amare potest! [13–14] an mihi sit tanti doctas cognoscere Athenas atque Asiae veteres cernere divitias, [15–16] ut mihi deducta faciat convicia puppi Cynthia et insanis ora notet manibus, [17–18] osculaque opposito dicat sibi debita vento, et nihil infido durius esse viro? [19–20] tu patrui meritas conare anteire secures, et vetera oblitis iura refer sociis! [21–22] nam tua non aetas umquam cessavit amori, semper at armatae cura fuit patriae; [23–24] et tibi non umquam nostros puer iste labores afferat et lacrimis omnia nota meis! [25–26] me sine, quem semper voluit fortuna iacere, hanc animam extremae reddere nequitiae. [27–28] multi longinquo periere in amore libenter, in quorum numero me quoque terra tegat. [29–30] non ego sum laudi, non natus idoneus armis; hanc me militiam fata subire volunt. [31–32] at tu, seu mollis qua tendit Ionia, seu qua Lydia Pactoli tingit arata liquor, [33–34] seu pedibus terras seu pontum carpere remis ibis et accepti pars eris imperii, [35–36] tum tibi si qua mei veniet non immemor hora, vivere me duro sidere certus eris.
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VII [1–2] Dum tibi Cadmeae dicuntur, Pontice, Thebae armaque fraternae tristia militiae,
9 iam se W se iam c, Heins 10 irato W ingrato c, Heins 12 ha A, F, Vo Ƈ amare s. l. N2, F3, D amore N, A, F, P 14 noscere V2 15 om. A, F, P, suppl. A2mg, Pcorr 17 debita N, A, F, P, V2 dedita D contraria V2mg 19 securas A, F, corr. A 21 numquam A, F, V2 nunquam P Ƈ cerniuit D2 seruiuit V2mg 22 et P 23 unquam F nunquam F4, V2 24 omina P Ƈ nota N, A, F4, P, D, V uota F, D2mg, Vo 25 quem N, s. l. F4, D iam A, F, P Ƈ uoluit semper D 27 multum F, corr. F3 mult A Ƈ longinquo W longaevo Fontein 31 tudit F, corr. F4 32 tingit N, P, D3mg tinguit A, F cingit D Ƈ aratra P, V2 33 carpere remis W remige carpes Skutsch VII 1 dum N, F, L, P, Vcorr *um V, Vo cum D
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[7–8] Sie schwatzt mir ganze Nächte von ihrer glühenden Liebe und klagt, verließe ich sie, gebe es keine Götter. [9–10] Sie verkündet mir, nicht mehr die Meine zu sein; sie droht mir an, was eine betrübte Freundin einem über ihre Launen erbosten Mann anzudrohen pflegt. [11–12] Bei diesen Klagen kann ich nicht eine Stunde hart bleiben. Der Teufel soll ihn holen, wenn jemand leidenschaftslos lieben kann! [13–14] Oder sollte es mir etwa so viel wert sein, das gelehrte Athen kennenzulernen und Kleinasiens alte Schätze anzuschauen, [15–16] dass Cynthia, hat das Schiff abgelegt, mir Vorhaltungen macht, mit rasenden Händen ihr Antlitz entstellt, [17–18] dem widrigen Wind die ihr geschuldeten Küsse klagt, und dass nichts härter sei als ein treuloser Mann? [19–20] Versuche du nur deines Oheims wohlverdiente Hoheitszeichen zu übertreffen und bringe ihre alten Rechte Verbündeten zurück, die schon vergessen sie haben! [21–22] Denn du hast deine Jugend niemals der Liebe geopfert; stets hat deine Sorge vielmehr der Wehrkraft des Vaterlandes gegolten. [23–24] Hoffentlich beschert dir dieser Bube niemals meine Qualen und all das meinen Tränen wohlbekannte Leid! [25–26] Mich aber, den Fortuna immer am Boden liegen sehen wollte, lass dieses Leben liederlichstem Nichtstun hingeben. [27–28] Viele haben sich in einer lang andauernden Liebe gern verzehrt; als einen, der zu ihnen zählt, bedecke auch mich die Erde. [29–30] Nicht bin ich zum Kriegsruhm, nicht zu den Waffen tauglich geboren; dass ich mich diesem Kriegsdienst hier unterziehe, wollen die Schicksalsmächte. [31–32] Doch wirst du – sei es, dass du, wo das liebliche Ionien sich erstreckt, sei es, dass du, wo des Paktolos dahinströmendes Wasser lydische Äcker tränkt, [33–34] mit den Füßen die Landschaften oder mit Rudern die See durchmessen gehst und Glied einer anerkannten Herrschaft bist – [25–36] dann, wenn du einmal eine Stunde zur Ruhe kommst, in der du an mich zu denken nicht vergisst, dir sicher sein, dass ich lebe unter einem gnadenlosen Stern. 7 [1–2] Während von dir, Ponticus, geschildert werden des Kadmos Theben und die unheilvollen Waffengänge des Bruderkriegs –
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[3–4] atque, ita sim felix, primo contendis Homero, sint modo fata tuis mollia carminibus, [5–6] nos, ut consuemus, nostros agitamus amores atque aliquid duram quaerimus in dominam; [7–8] nec tantum ingenio quantum servire dolori cogor et aetatis tempora dura queri. [9–10] hic mihi conteritur vitae modus, haec mea fama est, hinc cupio nomen carminis ire mei. [11–12] me laudent doctae solum placuisse puellae, Pontice, et iniustas saepe tulisse minas; [13–14] me legat assidue post haec neglectus amator, et prosint illi cognita nostra mala. [15–16] te quoque si certo puer hic concusserit arcu, quod nolim nostros evoluisse deos, [17–18] longe castra tibi, longe miser agmina septem flebis in aeterno surda iacere situ; [19–20] et frustra cupies mollem componere versum, nec tibi subiciet carmina serus Amor. [21–22] tum me non humilem mirabere saepe poetam, tunc ego Romanis praeferar ingeniis. [23–24] nec poterunt iuvenes nostro reticere sepulcro: ‘ardoris nostri magne poeta iaces.’ [25–26] tu cave nostra tuo contemnas carmina fastu: saepe venit magno faenore tardus Amor.
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VIII [1–2] Tune igitur demens, nec te mea cura moratur? an tibi sum gelida vilior Illyria? [3–4] et tibi iam tanti, quicumque est, iste videtur, ut sine me vento quolibet ire velis? [5–6] tune audire potes vesani murmura ponti fortis, et in dura nave iacere potes? [7–8] tu pedibus teneris positas fulcire pruinas, tu potes insolitas, Cynthia, ferre nives?
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3 prisco V2 6 aliquod N ad F, s. l. corr. F4 7 tamen A, F, P 8 dira A2 9 et pro haec F Ƈ uita Vo, Heins, corr. Vo2mg 11 laudant A, F, P, V2mg, corr. F4 Ƈ docuisse N, s. l. corr. N 16 nollim N Ƈ euoluisse Beroaldo e vetusto codice, Tovar euiolasse W te uiolasse c, Lievens, L. Müller heu uoluisse Markland; alii alia 17 tibi N, F4, D sibi A, F, P 18 flebilis F, corr. F3 Ƈ surda surda F, corr. F3 20 serus N, F4, V2, Vo uerus A, F, P, D, V seruus D2 seuus D3mg 21 tum N, F3, D tu A, F, P 25 cane A VIII 1 cura N, F4, P2ras, D culpa A, F causa vel culpa in marg. Pcorr curpa A2 2 sim A, P 4 me om. A, F, s. l. add. F4 6 naue N, F4, P, D mane A, F 7 positas positas A Ƈ fulcare Vo sulcare P2mg Ƈ ruinas N, A, F, P
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[3–4] ja, ich könnte wetten, du misst dich mit dem unübertroffenen Homer, sind nur die Schicksalsmächte deinen Dichtungen hold –, [5–6] beschäftige ich mich, wie ich es gewöhnt bin, mit meinen Liebesliedern und suche irgendein Mittel gegen meine hartherzige Herrin. [7–8] Nicht so sehr meiner Begabung wie meinem Liebesschmerz zu frönen sehe ich mich gezwungen, und dazu, über die harten Zeiten meines jungen Lebens zu klagen. [9–10] Dieser Lebensweg wird von mir beschritten; dies ist mein Ruf; von hier, wünsche ich mir, gehe der Ruhm meiner Dichtung aus. [11–12] An mir lobe man, Ponticus, wie kein zweiter meiner kunstsinnigen Geliebten gefallen und oft ihre unberechtigten Drohungen ertragen zu haben. [13–14] Mich lese späterhin unablässig der verschmähte Liebhaber, und es nütze ihm, von meinen Leiden zu wissen. [15–16] Wenn dieser Bube auch dich treffen sollte mit zielsicherem Pfeil und Bogen, wirst – so wenig ich möchte, dass es unsere Götter sich ausgedacht haben – [17–18] du Armer weinend beklagen, dass weit, weit davon entfernt, dir zu helfen, deine Heerlager, deine Kriegszüge der Sieben stumm in ewiger Grabesruhe liegen. [19–20] Und vergeblich wirst du wünschen, zärtliche Verse dichten zu können; kommt Amor zu spät, wird er dir keine Lieder eingeben. [21–22] Dann wirst du mich oft als Dichter von nicht niedrigem Rang bewundern; dann werde vorgezogen ich werden römischen Begabungen. [23–24] Und die jungen Männer werden es an meinem Grab nicht verhehlen können: »Unserer Liebesglut großer Dichter ruht hier mit dir.« [25–26] Du aber hüte dich, in deinem Dünkel meine Lieder zu verachten! Oft kommt Amor mit hohen Säumniszinsen verspätet. 8 [1–2] Dann hast du also den Verstand verloren und hält die Liebe zu mir dich nicht? Bin ich dir etwa weniger wert als das eiskalte Illyrien? [3–4] Und kommt dir dieser Kerl, wer es auch ist, schon so wichtig vor, dass du ohne mich, einerlei, welcher Wind weht, reisen willst? [5–6] Du kannst das Tosen der tobenden See dir tapfer anhören und kannst auf dem harten Schiffsdeck liegen? [7–8] Du kannst mit deinen zarten Füßen festtreten den über den Boden gebreiteten Raureif, du kannst, Cynthia, aushalten die dir ungewohnten Schneegestöber?
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[9–10] o utinam hibernae duplicentur tempora brumae, et sit iners tardis navita Vergiliis! [11–12] nec tibi Tyrrhena solvatur funis harena, neve inimica meas elevet aura preces. [13–14] atque ego non videam tales subsidere ventos, cum tibi provectas auferet unda rates, [15–16] ut me defixum vacua patiantur in ora crudelem infesta saepe vocare manu. [17–18] sed quocumque modo de me, periura, mereris, sit Galatea tuae non aliena viae, [19–20] ut te, felici praevecta Ceraunia remo, accipiat placidis Oricos aequoribus. [21–22] nam me non ullae poterunt corrumpere, de te quin ego, vita, tuo limine verba querar; [23–24] nec me deficiet nautas rogitare citatos: ‘dicite, quo portu clausa puella mea est?’ [25–26] et dicam: ‘licet Atraciis considat in oris, et licet Hylleis, illa futura mea est.’ [27–28] hic erit! hic iurata manet! rumpantur iniqui! vicimus: assiduas non tulit illa preces. [29–30] falsa licet cupidus deponat gaudia livor: destitit ire novas Cynthia nostra vias. [31–32] illi carus ego et per me carissima Roma dicitur, et sine me dulcia regna negat. [33–34] illa vel angusto mecum requiescere lecto et quocumque modo maluit esse mea, [35–36] quam sibi dotatae regnum vetus Hippodamiae et quas Elis opes ante pararat equis. [37–38] quamvis magna daret, quamvis maiora daturus, non tamen illa meos fugit avara sinus. [39–40] hanc ego non auro, non Indis flectere conchis, sed potui blandi carminis obsequio.
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13 atque W aut cod. Berol. Diez B 57119, Huschke Ƈ non W tum Graeve, Heins Ƈ sub sidere F4mg sub sydere V2mg subdire F 15 ut Lievens, Hemsterhuys et W Ƈ patiantur Giri, Tremenheere patiatur W Ƈ in aura N, corr. N in hora A, F, P arena D, corr. V2 17 quodcumque N, A Ƈ moreris N, s. l. corr. N2 19 ut te N, A, F, V2 utere P, D Ƈ prouecta D 20 placidos A, F, P, corr. F3 21 dirae pro de te V2mg 22 uita N, F4 uicta P2mg uincta vel iuncta V2mg tuta A, F, P, D Ƈ limine c lumine W Ƈ loquar D, corr. V2, Vo2 23 deficiet F4, D defitiet N deficiat A, F, P 25 licet atraciis N, A, F, P licet Artaciis Palmer atraciis licet haec D Ƈ horis A, F, P 26 Hyll(a)eis c, Muret hilleis P hyleis A hylaeis V2 hileis N hyleys F ellaeis D 27 erat N, A, F 28 tullit ira Vo 29 cupidus om. F, in marg. suppl. F2 31 caripsima F, corr. F4 33 quiescere F, corr. F4 36 parat A parauit P, corr. P2mg Ƈ helis equis ante pararat opes F 37 daturas D 38 amara A, F, V2
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[9–10] Wenn sich doch nur verdoppelten die Zeiten der winterlichen Sonnenwendkälte und beschäftigungslos wäre der Seemann durch säumige Pleiaden! [11–12] Weder würde dann dir die Trosse befreit vom Sand des tyrrhenischen Strandes noch eine mir feindlich gesinnte Brise meine flehentlichen Bitten verwehen. [13–14] Auch möchte ich nicht erleben, dass derartige Winde, während dir forttreibt der Wellengang das ausgelaufene Schiff, sich nur legen, [15–16] um mich, festgewurzelt an verlassener Küste, mit drohend erhobener Hand oft »Grausame!« rufen zu lassen. [17–18] Doch einerlei, wie es mit deinen Verdiensten um mich, Meineidige, bestellt ist, soll Galateia nicht abhold sein deiner Reise, [19–20] dass dich, hast du die Klippen des Keraunischen Vorgebirges mit dem Ruder glücklich umschifft, Orikos empfängt mit seiner friedlichen Meeresbucht. [21–22] Denn keine sonst werden mich so betören können, dass ich nicht über dich, mein Leben, an deiner Schwelle wehklage. [23–24] Nicht werde ich aufhören, Seeleute herbeizurufen und angelegentlich zu fragen: »Sagt, von welchem Hafen umschlossen ist meine Geliebte?« [25–26] Und sagen werde ich: »Mag sie auch an den Ufern des Atrax und mag sie auch an denen des Hyllos sich ausruhen, sie ist künftig mein.« [27–28] Hier in Rom wird sie es sein, hier, so hat sie es geschworen, bleibt sie es. Vor Neid platzen sollen die Gehässigen! Gesiegt habe ich! Meinen beharrlichen Bitten hat sie nicht widerstanden. [29–30] Ihre grundlosen Freudenausbrüche mag getrost aufgeben die begehrliche Missgunst. Aufgehört hat meine Cynthia, neue Wege zu gehen. [31–32] Ihr sei ich lieb und durch mich Rom am liebsten, erzählt man sich, und ohne mich, behauptet sie, seien Königreiche nicht reizvoll für sie. [33–34] Sie hat selbst auf schmalem Bett lieber mit mir schlafen und unter allen Umständen meine Geliebte sein wollen, [35–36] als das alte Königreich der mit so stattlicher Mitgift ausgestatteten Hippodameia zu besitzen und die Schätze, die sich Elis zuvor erworben hatte mit Rossen. [37–38] Mochte er auch noch so große Geschenke machen, mochte er noch größere zu machen versprechen, floh sie dennoch nicht aus Habsucht meine Umarmungen. [39–40] Sie habe ich nicht mit Gold, nicht mit indischen Perlen umstimmen können, sondern mit in einschmeichelnder Dichtung sich äußernder Ergebenheit.
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[41–42] sunt igitur Musae, neque amanti tardus Apollo, quis ego fretus amo: Cynthia rara mea est! [43–44] nunc mihi summa licet contingere sidera plantis: sive dies seu nox venerit, illa mea est! [45–46] nec mihi rivalis certos subducit amores: ista meam norit gloria canitiem.
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IX [1–2] Dicebam tibi venturos, irrisor, amores, nec tibi perpetuo libera verba fore: [3–4] ecce iaces supplexque venis ad iura puellae, et tibi nunc quaevis imperat empta modo. [5–6] non me Chaoniae vincant in amore columbae dicere, quos iuvenes quaeque puella domet. [7–8] me dolor et lacrimae merito fecere peritum: atque utinam posito dicar amore rudis! [9–10] quid tibi nunc misero prodest grave dicere carmen aut Amphioniae moenia flere lyrae? [11–12] plus in amore valet Mimnermi versus Homero: carmina mansuetus lenia quaerit Amor. [13–14] i quaeso et tristes istos compone libellos, et cane quod quaevis nosse puella velit! [15–16] quid, si non esset facilis tibi copia? nunc tu insanus medio flumine quaeris aquam. [17–18] necdum etiam palles, vero nec tangeris igni: haec est venturi prima favilla mali. [19–20] tum magis Armenias cupies accedere tigres et magis infernae vincula nosse rotae, [21–22] quam pueri totiens arcum sentire medullis et nihil iratae posse negare tuae. [23–24] nullus Amor cuiquam faciles ita praebuit alas, ut non alterna presserit ille manu. [25–26] nec te decipiat, quod sit satis illa parata: acrius illa subit, Pontice, si qua tua est,
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42 rara N, A, F4mg, P, D mera F cara V2 44 siue pro seu N, A, F, P 45 certos N, F4mg, Pras, Vras, Vo summos A, F somnus D Ƈ subducet F4 IX 3 supplesque F, corr. F4 4 nunc om. P, s. l. suppl. P2 Ƈ quouis V2 5 puelle F, in marg. corr. F4 8 posito N, Acorr, F, L, P, D apposito A 10 amphione F 11 ualent Vo Ƈ mimnermi P2ras, D2, om. F minnermi N munermi A minerinus F4 numerini P, D Ƈ homeri D, corr. D2, V2 12 leuia N, F, D 13 compone W sepone Heins depone c 14 caue V2mg 15 quid N, A, F, P2 quod F4, P, D Ƈ copia om. F, in marg. suppl. F4 16 insanis N, corr. N 19 tunc F Ƈ attingere V2 Ƈ tigies F, in marg. corr. F2 20 noscere uincla D 26 illa W ille Hetzel
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[41–42] Es gibt also die Musen, und Apollon ist dem Liebenden kein säumiger Helfer. Im Vertrauen auf sie liebe ich. Cynthia, das Kleinod, ist mein! [43–44] Jetzt ist es mir vergönnt, im Kopfstand die höchsten Gestirne zu berühren mit meinen Sohlen. Einerlei, ob der Tag oder ob die Nacht angebrochen ist, sie ist mein! [45–46] Kein Nebenbuhler stiehlt mir den sicheren Genuss der Liebe. Dieser Ruhm wird es noch erleben, mit mir zu ergrauen. 9 [1–2] Stets sagte ich dir, überkommen werde dich, Spötter, die Liebe und dir nicht ewig freimütig zu reden vergönnt sein. [3–4] Sieh, da liegst du nun am Boden und trittst kniefällig vor das Gericht eines Mädchens, und es befiehlt dir jetzt das erstbeste, das du eben gerade hast gekauft. [5–6] Nicht könnten chaonische Tauben mich darin schlagen, in Sachen der Liebe zu sagen, welche Jünglinge das jeweilige Mädchen zähmt. [7–8] Mich haben Schmerz und Tränen zu einem Fachmann gemacht, der diese Bezeichnung verdient. Und doch – wie gern würde ich unerfahren genannt werden, hätte sich nur meine Liebe gelegt. [9–10] Was nützt es jetzt dir Armem, ernste Dichtung vorzutragen oder Tränen zu vergießen über die Mauern, die Amphion seiner Leier verdankte? [11–12] Mehr als Homer vermag in der Liebe des Mimnermos Verskunst. Zarte Lieder verlangt der sanftmütige Amor. [13–14] Geh bitte, packe ein diese deine trübsinnigen Büchlein und dichte, was jedes Mädchen wissen möchte! [15–16] Was dann, wenn du nicht leicht genug Stoff dafür fändest? – Jetzt suchst du Narr mitten im Fluss nach Wasser! [17–18] Und dabei bist du noch nicht einmal bleich vor Liebeskummer und wirst auch nicht erfasst vom Feuer echter Leidenschaft. Dies ist nur der erste Funke künftigen Unheils. [19–20] Dann wirst du eher armenischen Tigerinnen zu nahen und eher die ans Unterweltsrad fesselnden Stricke kennengelernt zu haben dir wünschen, [21–22] als Pfeil und Bogen des Buben so oft bis ins Mark zu verspüren und der Deinen, ist sie erzürnt, nichts abschlagen zu können. [23–24] Kein Amor hat jemandem jemals zu der Bedingung bereitwillig seine Flügel geliehen, dass er ihn nicht niederdrückte mit wechselnder Hand. [25–26] Lasse dich nicht von dem Anschein täuschen, dass sie hinlänglich willig sei! Stechender schleicht sie sich ein, Ponticus, wenn eine dein ist,
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[27–28] quippe ubi non liceat vacuos seducere ocellos, nec vigilare alio nomine cedat Amor. [29–30] qui non ante patet, donec manus attigit ossa: quisquis es, assiduas aufuge blanditias! [31–32] illis et silices et possint cedere quercus, nedum tu possis, spiritus iste levis. [33–34] quare, si pudor est, quam primum errata fatere: dicere quo pereas saepe in amore levat.
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X [1–2] O iucunda quies, primo cum testis amori affueram vestris conscius in lacrimis! [3–4] o noctem meminisse mihi iucunda voluptas, o quotiens votis illa vocanda meis, [5–6] cum te complexa morientem, Galle, puella vidimus et longa ducere verba mora! [7–8] quamvis labentes premeret mihi somnus ocellos et mediis caelo Luna ruberet equis, [9–10] non tamen a vestro potui secedere lusu: tantus in alternis vocibus ardor erat. [11–12] sed quoniam non es veritus concredere nobis, accipe commissae munera laetitiae: [13–14] non solum vestros didici reticere dolores, est quiddam in nobis maius, amice, fide. [15–16] possum ego diversos iterum coniungere amantes, et dominae tardas possum aperire fores; [17–18] et possum alterius curas sanare recentes, nec levis in verbis est medicina meis. [19–20] Cynthia me docuit semper quaecumque petenda quaeque cavenda forent: non nihil egit Amor. [21–22] tu cave ne tristi cupias pugnare puellae, neve superba loqui, neve tacere diu; [23–24] neu, si quid petiit, ingrata fronte negaris, neu tibi pro vano verba benigna cadant.
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27 subducere D 28 cedit A, F, P, corr. F4 caedat D 30 aufuge W ah fuge Bolt heu fuge Markland effuge cod. Neap. IV F 22, Lachmann 31 salices A, F, P, D, corr. P2ras, V2 Ƈ possunt D 32 nedum N, F4, P2, V2 necdum A, F, P, D Ƈ ipse Vo 33 fateri V, corr. V2 34 pareas F, corr. F3 X 2 aufferam Vo Ƈ conctius F, in marg. corr. F2 7 mihi om. F, tunc s. l. add. F3 8 meis F, corr. F4 10 alternis N, F4, P2ras, D alterius A, F, P 11 concedere W, corr. V2, Beroaldo 13 dolores W calores Does iunior 14 quidam N, V, Vo, s. l. corr. N2, V2 19 quacumque A, F, corr. F4 quae cuique L. Müller 20 canenda P Ƈ eget F, corr. F4 eger P 21 cane A
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[27–28] da es dann ja nicht freisteht, uneingenommen von ihr abzuwenden die Augen, und Amor es nicht zugesteht, einer anderen wegen zu durchwachen die Nächte. [29–30] Der liegt nicht eher offen vor Augen, bis der Schuss von seiner Hand getroffen hat Mark und Bein. Wer du auch bist, meide die ständigen Umgarnungen! [31–32] Ihnen könnten weder Granitfelsen noch Eichen widerstehen, geschweige denn, dass du es könntest, Windbeutel, der du bist! [33–34] Drum gib, wenn du Anstand besitzt, deine Verirrung schleunigst zu! Zu sagen, woran man sein Herz verloren hat, hilft in der Liebe oft auf. 10 [1–2] Oh wohltuende Nachtstille, als ich beim Beginn eurer Liebe als Augenzeuge dabeigewesen und so zum Mitwisser geworden war bei euren Tränen! [3–4] Oh mir wohltuendes Vergnügen – oh, wie oft mussten meine Wünsche es wachrufen! –, mich an die Nacht zu erinnern, [5–6] als ich erlebte, wie du, Gallus, in den Armen deiner Geliebten vergingst und Worte stammeltest mit langer Pause! [7–8] Obschon mir der Schlaf die zufallenden Augen niederdrückte und am Himmel Luna rot schimmerte Mitte des Wegs ihrer Rosse, [9–10] habe ich mich dennoch nicht von eurem Spiel trennen können: Soviel Glut lag in den Worten, die ihr wechseltet. [11–12] Doch da du dich nicht scheutest, mich ins Vertrauen zu ziehen, nimm den Lohn für die Glückseligkeit entgegen, von der du mich hast wissen lassen! [13–14] Nicht nur habe ich eure Liebesschmerzen zu verschweigen gelernt – es steckt etwas Bedeutenderes in mir, mein Freund, als Vertrauenswürdigkeit. [15–16] Ich kann wieder vereinen entzweite Liebende, kann öffnen die widerspenstigen Türflügel der Herrin [17–18] und kann den frischen Liebeskummer des Partners heilen. Und es ist keine schwach wirkende Arznei enthalten in meinen Worten! [19–20] Cynthia hat stets mich gelehrt, worum man sich jeweils zu bemühen und wovor man sich zu hüten habe: Durchaus etwas vollbracht hat Amor! [21–22] Du aber hüte dich davor, dass du dir zu streiten wünschst mit einer verstimmten Geliebten oder überheblich mit ihr zu reden oder lange zu schweigen, [23–24] oder dass du, wenn sie dich um etwas gebeten hat, es ihr mit unwirsch gerunzelter Stirn abschlägst oder dass du freundliche Worte wirkungslos von dir abtropfen lässt.
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Liber I
[25–26] irritata venit quando contemnitur illa, nec meminit iustas ponere laesa minas. [27–28] at quo sis humilis magis et subiectus amori, hoc magis effectu saepe fruare bono. [29–30] is poterit felix una remanere puella, qui numquam vacuo pectore liber erit.
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XI [1–2] Ecquid te mediis cessantem, Cynthia, Bais, qua iacet Herculeis semita litoribus, [3–4] et modo Thesproti mirantem subdita regno proxima Misenis aequora nobilibus, [5–6] nostri cura subit memores adducere noctes? ecquis in extremo restat amore locus? [7–8] an te nescio quis simulatis ignibus hostis sustulit e nostris, Cynthia, carminibus? [9–10] atque utinam mage te, remis confisa minutis, parvula Lucrina cumba moretur aqua [11–12] aut teneat clausam tenui Teuthrantis in unda alternae facilis cedere lympha manu, [13–14] quam vacet alterius blandos audire susurros molliter in tacito litore compositam, [15–16] ut solet amota labi custode puella, perfida communes nec meminisse deos; [17–18] non quia perspecta non es mihi cognita fama, sed quod in hac omnis parte timetur amor. [19–20] ignosces igitur, si quid tibi triste libelli attulerint nostri: culpa timoris erit. [21–22] an mihi nunc maior carae custodia matris aut sine te vitae cura sit ulla meae?
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25 irritata N, P2 iritata D irritatura A, F, P 27 susceptus Vo 28 effectu cod. Lond. Brit. Mus. Egerton 3027, Scaliger, Does iunior effecto W affecto F4 29 his A, F, corr. F4 XI 1 ecquid F4, P, V2 et quid N, A, F, D 3 tesproti P tespronti D, V tesponti Vo 4 miscenis A, F4mg, P mi(y)steriis F, D 5 adducere W ah ducere Scaliger 6 ecquis N, F4, P, V2 et quis A, F, D Ƈ mostrat F, corr. F4 monstrat F3 7 ante F, Vo, corr. F4 Ƈ uocibus P, corr. P2mg 9 te temis F, corr. F4 terrenis Vo 10 moueret V2mg 11 treat F, s. l. et in marg. corr. F4 Ƈ Teuthrantis Scaliger teutrantis V2 teutantis N, F4, D tuetantis A, F metantis P, V2mg 12 facili A, F, P 15 amoto P, D 17 perfecta V2mg Ƈ est D, V, corr. V2 21 an W ah Lachmann Ƈ nunc Beck 1791, Hertzberg non W 22 an D, corr. V2
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[25–26] Gereizt naht sie sich, wenn sie missachtet wird, und besinnt sich, gekränkt, wie sie ist, nicht darauf, ihre berechtigten Drohungen fallen zu lassen. [27–28] Doch je demütiger und unterwürfiger man sich hingibt der Liebe, desto besseren Erfolg erzielt man oft. [29–30] Nur der wird mit ein und derselben Geliebten glücklich bleiben können, der niemals mit leerem Herzen ungebunden wird sein. 11 [1–2] Ob dich, Cynthia, während du Ferien machst mitten in Baiae, wo der Strandweg verläuft an des Herakles Gestaden, [3–4] und Wasserspiegel, die eben noch der Königsherrschaft des Thesprotos unterworfen waren, bestaunst in nächster Nähe des namhaften Misenum, [5–6] wohl die Sehnsucht beschleicht, mit Gedanken an mich schrumpfen zu lassen die Nächte? Ob wohl noch Platz bleibt im äußersten Winkel deiner Liebe? [7–8] Oder hat dich etwa irgendein Feind, den ich nicht kenne, mit der Vorspiegelung von feuriger Leidenschaft aus dem Bannkreis meiner Gedichte, Cynthia, entfernt? [9–10] Jedenfalls wäre es mir lieber, dich hemmte in deiner Bewegungsfreiheit ein ganz kleiner, auf winzige Ruder vertrauender Nachen auf dem Wasser des Lukriner Sees [11–12] oder bei leichtem Wellengang hielte dich umfangen des Teuthras Gewässer, das bereitwillig nachgibt dem wechselnden Schlag der rudernden Arme, [13–14] als dass du Muße hast, dir behaglich an stillem Strand ausgestreckt eines anderen einschmeichelndes Gesäusel anzuhören; [15–16] pflegt doch, hat die Anstandsdame sich entfernt, zu straucheln eine treulose Geliebte und sich nicht zu erinnern an die gemeinsamen Götter. [17–18] Nicht, weil du mir nicht bekannt bist als jemand von bewährtem Ruf, rede ich so, sondern da man in dieser Gegend um jede Liebe muss bangen. [19–20] Verzeihen wirst du mir also, wenn meine Briefe dir etwas Betrübliches überbracht haben sollten. Schuld daran ist meine Angst. [21–22] Oder sollte mir jetzt etwa wichtiger sein die Obhut über meine teure Mutter oder irgendeine Besorgnis meines Lebens, die mit dir nichts zu tun hat?
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Liber I
[23–24] tu mihi sola domus, tu, Cynthia, sola parentes, omnia tu nostrae tempora laetitiae. [25–26] seu tristis veniam seu contra laetus amicis, quicquid ero, dicam: ‘Cynthia causa fuit.’ [27–28] tu modo quam primum corruptas desere Baias: multis ista dabunt litora discidium, [29–30] litora, quae fuerant castis inimica puellis: ah pereant Baiae, crimen Amoris, aquae!
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XII [1–2] Quid mihi desidiae non cessas fingere crimen, quod faciat nobis conscia Roma moram? [3–4] tam multa illa meo divisa est milia lecto, quantum Hypanis Veneto dissidet Eridano; [5–6] nec mihi consuetos amplexu nutrit amores Cynthia, nec nostra dulcis in aure sonat. [7–8] olim gratus eram: non illo tempore cuiquam contigit ut simili posset amare fide. [9–10] invidiae fuimus: num me deus obruit? an quae lecta Prometheis dividit herba iugis? [11–12] non sum ego qui fueram: mutat via longa puellas. quantus in exiguo tempore fugit amor! [13–14] nunc primum longas solus cognoscere noctes cogor et ipse meis auribus esse gravis. [15–16] felix, qui potuit praesenti flere puellae (non nihil aspersis gaudet Amor lacrimis), [17–18] aut, si despectus potuit mutare calores (sunt quoque translato gaudia servitio). [19–20] mi neque amare aliam neque ab hac desistere fas est: Cynthia prima fuit, Cynthia finis erit.
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26 quidquid D, V 28 dabant Vo2 Ƈ dissidium D 30 crimina F, corr. F4 XII 2 quod N, A, F, P, D2, V2 quid D Ƈ faciat W facias cod. Vat. Lat. 3272 Ƈ conscia W conscie Skutsch 1972 Pontice Kraffert 1864, Wilamowitz 3 diuisa est N, A, F4mg, P, D deisa F 4 uento D, V, corr. D2, V2 uenero A 7 illo W ullo c, Heins 8 contingit F, corr. F3 Ƈ possit D Ƈ amore A 9 fuimus N, F, P2ras, D sumus A, P Ƈ num F4, V2ras nunc Pras non N, A, F, D Ƈ an quae N, F4mg, V2, Vo2 an quem A, F, P, D 10 prometheus A, F, corr. F4 Ƈ diuidit N, P2ras, D diuitit F4 diuitis A, F, P 17 despectus W despertus Vo despectos cod. Vat. Barber. VIII 23, Heins Ƈ calores s. l. Ncorr, A, F, P, V2 colores N, D 19 mi neque N, A, s. l. F4, D me neque F2mg, P minimeque F Ƈ dissistere N, A discedere D
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[23–24] Du bedeutest mir allein das Zuhause, du, Cynthia, allein die Eltern, du alle Augenblicke meiner Glückseligkeit! [25–26] Ob ich traurig oder ob ich im Gegenteil fröhlich begegne den Freunden, werde ich, ganz gleich, in welcher Verfassung ich bin, stets sagen: »Cynthia ist dafür der Grund gewesen.« [27–28] Du nur verlasse möglichst bald das verdorbene Baiae! Noch vielen werden diese berüchtigten Gestade bescheren die Scheidung, [29–30] Gestade, die schon immer waren feind gewesen züchtigen Mädchen. Ach, gingen doch nur die Heilquellen von Baiae, der Schandfleck für Amor, zum Teufel! 12 [1–2] Warum hörst du nicht auf, mich fälschlich der Säumigkeit zu zeihen, weil das in mein Geheimnis eingeweihte Rom uns in Zeitverzug bringe? [3–4] So viele Meilen ist jene getrennt von meinem Bett, wie der Hypanis, der Bug, entfernt ist vom venetischen Eridanus, dem Po. [5–6] Weder nährt mir Cynthia durch Umarmungen die gewohnten Gefühle der Liebe, noch klingt ihre Stimme lieblich in meinem Ohr. [7–8] Einst war ich genehm. Niemandem war es zu jener Zeit gelungen, mit ähnlichem Zutrauen lieben zu können. [9–10] Neid haben wir erregt. Hat mich etwa ein Gott übermannt? Oder trennt mich von dir irgendein Zauberkraut, das gesammelt wurde auf den Höhen des Prometheusgebirges? [11–12] Nicht bin ich, wer ich gewesen war: Es verändert eine lange Reise die Mädchen. Welch große Liebe ist in kurzer Zeit verflogen! [13–14] Jetzt sehe ich mich zum ersten Mal gezwungen, lange Nächte allein kennenzulernen und meinen Ohren mit meinen Klagen selbst zur Last zu fallen. [15–16] Glücklich zu preisen ist einer, der in Gegenwart der Geliebten sich hat ausweinen können – einige Freude findet Amor schon daran, von Tränen besprengt worden zu sein –, [17–18] oder einer, wenn er, wurde er verschmäht, die glühende Liebe hat wechseln können – den Frondienst von der einen auf die andere Herrin zu übertragen birgt auch Freuden. [19–20] Mir aber ist weder eine andere zu lieben noch von dieser abzulassen vom Schicksal bestimmt: Cynthia ist für mich die erste gewesen, Cynthia wird für mich das Ende sein.
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Liber I
XIII [1–2] Tu, quod saepe soles, nostro laetabere casu, Galle, quod abrepto solus amore vacem. [3–4] at non ipse tuas imitabor, perfide, voces: fallere te numquam, Galle, puella velit. [5–6] dum tibi deceptis augetur fama puellis, certus et in nullo quaeris amore moram, [7–8] perditus in quadam tardis pallescere curis incipis et primo lapsus abire gradu. [9–10] haec erit illarum contempti poena doloris: multarum miseras exiget una vices. [11–12] haec tibi vulgares istos compescet amores, nec nova quaerendo semper amicus eris. [13–14] haec ego non rumore malo, non augure doctus; vidi ego: me quaeso teste negare potes? [15–16] vidi ego te toto vinctum languescere collo et flere iniectis, Galle, diu manibus [17–18] et cupere optatis animam deponere verbis et quae deinde meus celat, amice, pudor. [19–20] non ego complexus potui diducere vestros: tantus erat demens inter utrosque furor. [21–22] non sic Haemonio Salmonida mixtus Enipeo Taenarius facili pressit amore deus, [23–24] nec sic caelestem flagrans amor Herculis Heben sensit in Oetaeis gaudia prima iugis. [25–26] una dies omnes potuit praecurrere amantes. nam tibi non tepidas subdidit illa faces, [27–28] nec tibi praeteritos passa est succedere fastus, nec sinet abduci; te tuus ardor aget.
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XIII 3 imitabor F3, P, D immitabor N mutabor A, F 5 fama N, P2, D forma A, F, P 6 uiam D, corr. D2mg, V2mg 7 perditus N, F4mg, P2ras, D queritis A, F, P 8 lapsus N, F4, P2, D, V lapsis A, F, P lapsys Vo Ƈ abire V2mg adire W 9 h(a)ec N, A, F, P, D3, V2 nec D, V non Vo Ƈ illaris F, corr. F2 Ƈ contempti N, F4, D contemti P2 contenti A, F, P, V2 10 miseras W seras Watt 1992 Ƈ uices N, Acorr, F4, L, D uoces A, F 11 h(a)ec N, F4, D3, V2 nec A, F, P, D Ƈ compescet N, F4, D3, V2 componet A, F, P, D 12 cunicus F, in marg. corr. F4 13 ego om. N, F, s. l. add. N2, F4 Ƈ augure s. l. Ncorr, D augere N, A, F, P 15 uintum F, corr. F2 iunctum A 16 in iectis F4 inlectis N in lectis A, F, P, V2mg 17 uerbis W labris c, Passerat 19 deducere F, Vo, corr. F4 21 salamonida N, A salomonida F solamonide P Ƈ missus F, Dmg 22 denarius F, corr. F4 trenarius P Ƈ possit F, in marg. corr. F4 23 non V2 24 in oetheis D, V2, Vo in aethaeis N in aetheis V in etheis A, F3 in ethereis P me theis F ab Oetaeis Scaliger Ƈ iugis W rogis Schrader 26 ille V2 28 abduci F4, P2, D adduci N, A, F, P
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13 [1–2] Du wirst dich, wie du es oft zu halten pflegst, freuen über mein Unglück, Gallus, dass ich, seitdem mir entrissen worden sei meine Liebe. einsam und ledig sei. [3–4] Doch werde ich nicht meinerseits deine Äußerungen, Treuloser, zum Vorbild mir nehmen. Hintergehen will dich, hoffe ich, niemals, Gallus, ein Mädchen. [5–6] Während dein Ruf mit den Mädchen, die du verführtest, sich steigert [oder: mit jedem, das du enttäuschtest, sich weiter verbreitet] und du entschieden in keiner Liebe die Dauer suchst, [7–8] beginnst du, hoffnungslos verliebt in ein bestimmtes, fahl zu werden vor spätem Liebeskummer und, schon beim ersten Schritt gestolpert, abzukommen von deiner Bahn. [9–10] Dies wird die Strafe dafür sein, dass du missachtetest den Liebesschmerz jener Mädchen. Für die vielen wird sie allein bittere Vergeltung fordern. [11–12] Sie wird dir unterbinden diese deine Allerweltsliebschaften, und du wirst dir damit, dass du immer neue Abenteuer suchst, keinen Gefallen tun. [13–14] Davon erfuhr ich nicht durch böses Gerede, nicht durch einen Wahrsager. Gesehen habe ich es! Kannst du bitteschön, wo ich doch Zeuge war, es leugnen? [15–16] Es sah ich dich, den Hals fest umschlungen, ermatten und weinen, als du, Gallus, ihren lange umklammert hieltst mit den Händen, [17–18] und dir zu wünschen, dein Leben hinzugeben für die ersehnten Worte, und was hinfort geheimhält, lieber Freund, mein Taktgefühl. [19–20] Nicht hätte ich euch losreißen können von euren Umarmungen. So stark war der sinnbetörende Rausch der Zärtlichkeiten zwischen euch beiden. [21–22] Nicht so presste der Gott vom Tanairongebirge, nachdem er die Gestalt des Haimoniers Enipeus angenommen hatte, des Salmoneus Tochter an sich aus bereitwillig erwiderter Liebe. [23–24] Nicht so verspürte Herakles in seiner brennenden Liebe zur himmlischen Hebe auf den Höhen des Oitagebirges die ersten Wonnen. [25–26] Ein einziger Tag konnte den Rang ablaufen allen Liebenden. Denn dir unterlegte jene keine lauen Fackeln der Liebesleidenschaft. [27–28] Weder duldete sie, dass dir zustattenkam dein vergangener Hochmut, noch wird sie zulassen, abgeschoben zu werden. Es wird dich deine Liebesglut treiben.
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Liber I
[29–30] nec mirum, cum sit Iove digna et proxima Ledae et Ledae partu gratior, una tribus, [31–32] illa sit Inachiis et blandior heroinis, illa suis verbis cogat amare Iovem. [33–34] tu vero, quoniam semel es periturus amore, utere: non alio limine dignus eras. [35–36] quae tibi sit felix, quoniam novus incidit error; et quodcumque voles, una sit ista tibi.
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XIV [1–2] Tu licet abiectus Tiberina molliter unda Lesbia Mentoreo vina bibas opere, [3–4] et modo tam celeres mireris currere lintres et modo tam tardas funibus ire rates, [5–6] et nemus omne satas intendat vertice silvas, urgetur quantis Caucasus arboribus, [7–8] non tamen ista meo valeant contendere amori: nescit Amor magnis cedere divitiis. [9–10] nam sive optatam mecum trahit illa quietem, seu facili totum ducit amore diem, [11–12] tum mihi Pactoli veniunt sub tecta liquores, et legitur Rubris gemma sub aequoribus; [13–14] tum mihi cessuros spondent mea gaudia reges: quae maneant, dum me fata perire volent; [15–16] nam quis divitiis adverso gaudet Amore? nulla mihi tristi praemia sint Venere! [17–18] illa potest magnas heroum infringere vires, illa etiam duris mentibus esse dolor. [19–20] illa neque Arabium metuit transcendere limen nec timet ostrino, Tulle, subire toro
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29 digna et W dignae Heins 30 e partu V2 31 ille D, Vo 32 amare N, F4, D amore A, F, P 33 tum D Ƈ quem F, in marg. corr. F4 34 limine N, A, F4, V2, Vo lumine F, P, D2mg, V 35 quae W qui Palmer 36 quodcumque c, Volsco 1482, Beroaldo quotcumque Fruter, Heins quocumque N, A, F, P quaecumque D XIV 2 mentorio V 3 iam A, F, P 4 iam … finibus A, F, P 6 quantis N, P2 quantus A, F, P, D 11 tunc P Ƈ ueniant A, F, corr. F4 13 spondet F, corr. F3 14 uolunt Vo 16 sint N, F3 sunt A, P, D sinit F 17 infingere Vo 19 metunt A Ƈ limen om. A, F, add. A, in marg. suppl. F4 20 hec N
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[29–30] Kein Wunder, ist sie doch eines Iuppiter würdig und einer Leda am ähnlichsten und reizvoller als die Kinder der Leda, sie allein als alle drei zusammen, [31–32] und ist sie doch einnehmender als in der Sage die Heldinnen vom Stamme des Inachos, könnte sie doch mit ihren Worten einen Iuppiter dazu bringen, sie zu lieben. [33–34] Du aber koste, da es dir nun einmal bestimmt ist, dich zu verzehren vor Liebe, sie aus! Keine andere Türschwelle [als die, an der du als Liebhaber um Einlass bitten und betteln musst] verdientest du. [35–36] Möge deine Geliebte dir gnädig sein, da dich ja befiel eine nicht gekannte Wirrnis, und möge alles, was du dir erträumst, diese allein für dich sein! 14 [1–2] Magst du auch, von des Tibers Wellengang sanft am Ufer abgesetzt, Weine der Insel Lesbos trinken aus einem Kunstwerk von Mentors Hand [3–4] und bald über Nachen staunen, so schnell, um zu laufen, und bald über Flöße, so langsam, um mit der Hilfe von Seilen zu gehen, [5–6] und mag ein ganzer Park Wälder, die angepflanzt wurden, mit dem Wipfel strecken zum Himmel, Wälder mit Bäumen so mächtig wie denen, deren Gewicht auf den Kaukasus drückt, [7–8] es könnte sich derlei dennoch nicht messen mit meiner Liebe. Amor kennt es nicht, großem Reichtum zu weichen. [9–10] Denn sei es, jene zieht mit mir in die Länge die ersehnte Nachtruhe, sei es, sie verbringt mit mir den ganzen Tag aus bereitwillig erwiderter Liebe, [11–12] dann strömen mir unter mein Dach des goldhaltigen Paktolos Fluten und werden Perlen mir gesammelt unter des Roten Meeres Wasserspiegel, [13–14] dann verbürgen mir meine Wonnen, dass Könige werden weichen – Wonnen, die bleiben mir mögen, bis die Schicksalsmächte wollen, dass ich sterbe. [15–16] Denn wer freut sich an Reichtum, hat er Amor zum Gegner? Mit keinerlei Geschenken möchte um den Preis ich belohnt werden, dass Venus mir gram ist. [17–18] Jene kann brechen die gewaltigen Kräfte von Helden, jene selbst harten Herzen Schmerz zufügen. [19–20] Sie fürchtet sich weder, eine Türschwelle aus Alabaster, dem arabischem Onyx, zu überschreiten, noch schreckt sie, Tullus, davor zurück, unter eine purpurne Bettdecke zu schlüpfen
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Liber I
[21–22] et miserum toto iuvenem versare cubili: quid relevant variis serica textilibus? [23–24] quae mihi dum placata aderit, non ulla verebor regna vel Alcinoi munera despicere. XV [1–2] Saepe ego multa tuae levitatis dura timebam, hac tamen excepta, Cynthia, perfidia. [3–4] aspice me quanto rapiat fortuna periclo! tu tamen in nostro lenta timore venis, [5–6] et potes hesternos manibus componere crines et longa faciem quaerere desidia, [7–8] nec minus Eois pectus variare lapillis, ut formosa novo quae parat ire viro. [9–10] at non sic Ithaci digressu mota Calypso desertis olim fleverat aequoribus, [11–12] multos illa dies incomptis maesta capillis sederat, iniusto multa locuta salo, [13–14] et, quamvis numquam post haec visura, dolebat illa tamen, longae conscia laetitiae. [17–18] nec sic Aesoniden rapientibus anxia ventis Hypsipyle vacuo constitit in thalamo: [19–20] Hypsipyle nullos post illos sensit amores, ut semel Haemonio tabuit hospitio. [21–22] coniugis Euadne miseros elata per ignes occidit, Argivae fama pudicitiae. [15–16] Alphesiboea suos ulta est pro coniuge fratres, sanguinis et cari vincula rupit amor. [23–24] quarum nulla tuos potuit convertere mores, tu quoque uti fieres nobilis historia. [25–26] desine iam revocare tuis periuria verbis, Cynthia, et oblitos parce movere deos, [27–28] audax ah nimium, nostro dolitura periclo, si quid forte tibi durius inciderit!
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21 iuuenem … miserum P 22 releuant N, F4 releuent A, F, P, D releuat V2 Ƈ testilibus F 23 placida affuerit V2mg Ƈ non nulla F 24 alcinoy F, P alcioni D, Vo XV 1 iura Pras 2 Fac N, errore rubricatoris 5 hesternos N, A, P, V2 esternos V externos F, D, Vo 6 quere A Ƈ desidiam A, corr. A2 7 ehoys F2 et chois N haec chois A hec choys F 8 et A, F, corr. F4 9 et A, F, P, corr. F4 Ƈ morte F, corr. F2 11 multis F, D, corr. F4, V2 Ƈ incontis F incomptos P 12 sed erat D, corr. V2 13 posthac V2 post Vo 18 sederat pro constitit V2mg 15–16 post v. 22 transpos. Lachmann, Palmer, post v. 20 Markland, Schrader 15 alphisiboea N, A, F, P2 alphoesiboea F4 amphisiboea P 23 poterit P 27 ha A, F, Vo 28 si quid F3, D si quod N, A, F, P
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[21–22] und einen liebeskranken Jüngling hin und her zu wälzen auf dem ganzen Lager. Was helfen da Seidenstoffe mit bunten Webmustern, zu lindern das Leid? [23–24] Solange sie mir gnädig gestimmt zur Seite steht, werde ich mich nicht scheuen, irgendwelche Königreiche oder eines Alkinoos Geschenke auszuschlagen. 15 [1–2] Oft befürchtete ich viele Härten von deiner Flatterhaftigkeit – ausgenommen jedoch, Cynthia, dieses treulose Verhalten. [3–4] Schau, in welch große Gefahr mich das Schicksal reißt! Du jedoch kommst trotz meiner Angst spät mich besuchen [5–6] und bringst es fertig, dir mit den Händen zu richten die Haare von gestern und lange vor dem Spiegel sitzend dein Äußeres zu prüfen [7–8] und nicht weniger gemächlich deine Brust mit morgenländischen Edelsteinen zu verglitzern wie eine Schöne, die sich dafür zurechtmacht, zu einem neuen Liebhaber zu gehen. [9–10] Doch nicht so Kalypso: Von des Ithakers Abschied aufgewühlt, hatte einst sie geweint am verlassenen Meeresstrand, [11–12] viele Tage traurig mit ungekämmtem Haar dagesessen und wortreich gehadert mit der ungerechten See; [13–14] und obwohl sie ihn niemals späterhin sehen würde, grämte sie sich dennoch im Bewusstsein des langen Liebesglücks. [17–18] Und nicht so Hypsipyle: In banger Sorge, als die Winde Aisons Sohn fortrissen, blieb angewurzelt sie stehen im leeren Schlafgemach. [19–20] Hypsipyle empfand nach jenen keine Liebesgefühle mehr, seitdem sie einmal zerschmolz, als sie dem Haimonier Gastfreundschaft gewährte. [21–22] In ihres beklagenswerten Gatten brennendem Scheiterhaufen bestattet kam Euadne um, das Ruhmesblatt argivischer Sittsamkeit. [15–16] Alphesiboia nahm für ihren Gatten Rache an ihren eigenen Brüdern. Selbst so teuren Blutes Bande sprengte ihre Liebe! [23–24] Von ihnen hat keine zu verändern vermocht dein Gebaren, dass du wie sie berühmt würdest durch die Sage. [25–26] Hör schon auf, mit deinen Worten Meineide in Erinnerung zu rufen, Cynthia, und unterlasse es, Götter aufzuschrecken, die schon vergessen sie haben, [27–28] ach allzu Leichtsinnige, die du auf unser beider Gefahr leiden würdest, wenn dir etwa etwas Ernsteres zustieße.
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[29–30] multa prius vasto labentur flumina Ponto, annus et inversas duxerit ante vices, [31–32] quam tua sub nostro mutetur pectore cura. sis quodcumque voles, non aliena tamen. [33–34] quam tibi ne viles isti videantur ocelli, per quos saepe mihi credita perfidia est! [35–36] hos tu iurabas, si quid mentita fuisses, ut tibi suppositis exciderent manibus: [37–38] et contra magnum potes hos attollere Solem, nec tremis admissae conscia nequitiae? [39–40] quis te cogebat multos pallere colores et fletum invitis ducere luminibus? [41–42] quis ego nunc pereo, similes moniturus amantes: ‘o nullis tutum credere blanditiis!’
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XVI [1–2] Quae fueram magnis olim patefacta triumphis, ianua Tarpeiae nota pudicitiae, [3–4] cuius inaurati celebrarunt limina currus, captorum lacrimis umida supplicibus, [5–6] nunc ego, nocturnis potorum saucia rixis, pulsata indignis saepe queror manibus, [7–8] et mihi non desunt turpes pendere corollae semper et exclusi signa iacere faces. [9–10] nec possum infames dominae defendere noctes, nobilis obscenis tradita carminibus; [11–12] nec tamen illa suae revocatur parcere famae, turpior et saecli vivere luxuria. [13–14] has inter gravibus cogor deflere querelis supplicis, a longis tristior excubiis. [15–16] ille meos numquam patitur requiescere postes, arguta referens carmina blanditia: [17–18] ‘ianua vel domina penitus crudelior ipsa, quid mihi tam duris clausa taces foribus?
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30 inuersis A, F, corr. F4 Ƈ uicis A uias F 33 quam W tam Madvig 1873, Palmer 35 uitabas F, in marg. corr. F2 Ƈ quod A, F, P 36 exciderint D 38 amisse F, corr. F2 39 quid D, corr. V2 41 moriturus N, s. l. corr. N2 XVI 2 uota A 3 lumina A, F, P, corr. P2 8 exclusi c, Lips, Does iunior exclusis W Ƈ tenere D, corr. V2 9 possim A, F, corr. F4 12 sedi F, in marg. corr. F4 13 has W haec c, Passerat, Heins Ƈ deferre Vo 14 a W a! Passerat, Heins ah V2 15 nuquam N 18 iam N, A, F, P Ƈ iaces P
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[29–30] Viele Flüsse werden eher entströmen dem entsetzlich weiten Meer und das Jahr eher in umgekehrter Reihenfolge heraufführen die Wechsel der Jahreszeiten, [31–32] als dass sich in meinem Herzen wandelte meine Liebe zu dir. Sei, was du auch willst, du wirst mir dennoch nicht gleichgültig sein! [33–34] Wie sehr wünschte ich, es erschiene dir dieser unschuldige Blick deiner Augen nicht wohlfeil, dessentwegen ich oft auf Treulosigkeit baute! [35–36] Bei ihnen pflegtest du zu schwören, sie sollten dir, wenn du irgendetwas nur vorgetäuscht habest, aus ihren Höhlen fallen in deine darunter gehaltenen Hände. [37–38] Und du bringst es fertig, sie emporzuheben gegen den mächtigen Sonnengott und nicht zu zittern im Bewusstsein der Schlechtigkeit, die du dir zuschulden kommen hast lassen? [39–40] Wer zwang dich denn, in vielerlei Farben zu erbleichen und wider ihren Willen Tränen zu entlocken den Augen? [41–42] Daran zerbreche ich jetzt, um Liebenden in ähnlicher Lage einzuschärfen: »Oh, wie sicher ist’s doch, keinerlei Schmeicheleien zu trauen!« 16 [1–2] Die ich einst geöffnet gewesen war zu großen Siegesfestzügen – eine Tür, bekannt für ihre tarpeische Keuschheit, [3–4] deren Schwelle, feucht von den Tränen um Gnade flehender Gefangener, häufig beehrten vergoldete Wagen – [5–6] jetzt muss ich, verletzt von den nächtlichen Raufereien Betrunkener, misshandelt von Händen, die meiner nicht würdig sind, oft mich beschweren: [7–8] Weder daran mangelt es mir, dass hässliche Kränze an mir hängen, noch daran, dass stets als sichtbare Spuren eines ausgesperrten Liebhabers Fackeln liegen umher. [9–10] Ebenso wenig kann ich abwehren die berüchtigten Nächte meiner Herrin, obwohl aus edlem Holz, schlüpfrigen Liedern ausgeliefert, [11–12] und dennoch besinnt sie sich nicht darauf, ihren Ruf zu schonen, sondern sinnt nur, schimpflicher zu leben als die Genusssucht der Zeit. [13–14] Während solcher Liebesnächte werde ich von den heftigen Klagen eines um Einlass Flehenden bitterlich zu weinen gezwungen, verdrossener noch von seinen langen Wachen im Freien. [15–16] Er duldet es niemals, dass zur Ruhe kommen meine Pfosten, während er in girrendem Schmeichelton die Verse des Lieds wiederholt: [17–18] »Tür, zutiefst grausamer sogar als die Herrin selbst, weshalb hast du dich mir mit deinen so unnachgiebigen Flügeln verschlossen und schweigst?
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[19–20] cur numquam reserata meos admittis amores, nescia furtivas reddere mota preces? [21–22] nullane finis erit nostro concessa dolori turpis et in tepido limine somnus erit? [23–24] me mediae noctes, me sidera plena iacentem frigidaque Eoo me dolet aura gelu. [25–26] tu sola humanos numquam miserata dolores respondes tacitis mutua cardinibus. [27–28] o utinam traiecta cava mea vocula rima percussas dominae vertat in auriculas! [29–30] sit licet et saxo patientior illa Sicano, sit licet et ferro durior et chalybe, [31–32] non tamen illa suos poterit compescere ocellos, surget et invitis spiritus in lacrimis. [33–34] nunc iacet alterius felici nixa lacerto, at mea nocturno verba cadunt Zephyro. [35–36] sed tu sola mei, tu maxima causa doloris, victa meis numquam, ianua, muneribus, [37–38] te non ulla meae laesit petulantia linguae, quae solet irato dicere tota loco, [39–40] ut me tam longa raucum patiare querela sollicitas trivio pervigilare moras. [41–42] at tibi saepe novo deduxi carmina versu, osculaque impressis nixa dedi gradibus. [43–44] ante tuos quotiens verti me, perfida, postes debitaque occultis vota tuli manibus!’ [45–46] haec ille et si quae miseri novistis amantes, et matutinis obstrepit alitibus. [47–48] sic ego nunc dominae vitiis et semper amantis fletibus aeterna differor invidia.
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XVII [1–2] Et merito, quoniam potui fugisse puellam, nunc ego desertas alloquor alcyonas. [3–4] nec mihi Cassiope solito visura carinam omniaque ingrato litore vota cadunt.
19 admictis F 22 tristis P2mg, Beroaldo Ƈ lumine D2mg, Vcorr 23 medice A, F, P, corr. F4, P2 Ƈ plena W prona c, Volsco 1482 24 uidet V2mg 26 respondens F, corr. F3 respondeas Vo Ƈ carminibus A, P, corr. A2, P2 27 iacula A, F, P, corr. F4, P2 31 potuit Acorr 33 altius Vo 34 cadent V2 35 causa maxima F 47 et pro nunc A, F uel pro nunc P Ƈ uel pro et P 48 differor V2, Beroaldo deferor W XVII 3 Cassiope edd. casiope N, A, F3, P casiopae D, V caliop(a)e F, Vo
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[19–20] Warum gewährst du niemals entriegelt Einlass meinen Liebesgefühlen, unempfänglich, dich erweichen zu lassen und verstohlene Bitten zu überbringen? [21–22] Wird denn kein Ende meinem Liebesschmerz vergönnt, sondern mir der schmachvolle Schlaf auf angewärmter Schwelle beschieden sein? [23–24] Mich bedauert, während ich schlafend darauf liege, die Mitternacht, mich die in vollem Licht scheinende Sternenwelt und mich die eisige Luft vom morgendlichen Frost. [25–26] Du allein, die du noch nie Mitleid hattest mit den Seelenschmerzen von Menschen, antwortest im Zwiegespräch mit schweigenden Angeln. [27–28] Ach dränge doch meine säuselnde Stimme durch ein Astloch bis zur Herrin und stieße bei ihr auf tief beeindruckte Ohren! [29–30] Mag jene auch noch gefühlloser sein als sizilisches Felsgestein, mag sie auch noch härter sein als Eisen und Stahl, [31–32] wird sie dennoch nicht im Zaum halten können ihre Äuglein, sondern hochsteigen ein Seufzer in ihr bei widerwillig vergossenen Tränen. [33–34] Jetzt ruht sie geschmiegt an eines anderen glücklichen Arm, während meine Worte zum Opfer fallen dem nächtlichen Zephyr. [35–36] Doch du alleiniger, du wichtigster Grund meines Schmerzes, hast dich, Tür, niemals einnehmen lassen von meinen Geschenken. [37–38] Dich hat keinerlei Frechheit meiner Zunge – die im Augenblick der Wut alles zu sagen pflegt – so verletzt, [39–40] dass du mich, von der so langen Klage heiser, auf einem Straßenplatz Nächte des Wartens und Bangens gleichgültig durchwachen ließest. [41–42] Vielmehr habe ich auf dich oft Lieder in neuem Versgewand gesponnen und Küsse treppauf gegeben den von Männerbesuchen ausgetretenen Stufen. [43–44] Wie oft drehte zum Gebet ich mich, Treulose, vor deinen Pfosten und brachte ihnen mit verstohlenen Händen die versprochenen Gaben dar, die ihnen ich schuldete!« [45–46] Dies klagte er und was sonst ihr bedauernswerten Liebenden kennt, und lärmte um die Wette mit dem früh aufstehenden Geflügel. [47–48] So werde ich jetzt durch der Herrin Laster und immerfort durch eines Liebenden Wehklagen in Verruf gebracht aus ewiger Eifersucht. 17 [1–2] Und noch dazu durch eigenes Verschulden, da ich es ja fertigbrachte, davonzulaufen vor der Geliebten, spreche jetzt einsame Eisvögel ich an! [3–4] Nicht vergönnt ist mir, dass Kassiope am üblichen [Strand] sehen wird des Schiffes Kiel, sondern an einem ungnädigen Strand verhallen alle Gelübde.
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[5–6] quin etiam absenti prosunt tibi, Cynthia, venti: aspice, quam saevas increpat aura minas. [7–8] nullane placatae veniet fortuna procellae? haecine parva meum funus harena teget? [9–10] tu tamen in melius saevas converte querelas! sat tibi sit poenae nox et iniqua vada. [11–12] an poteris siccis mea fata reponere ocellis ossaque nulla tuo nostra tenere sinu? [13–14] ah pereat, quicumque rates et vela paravit primus et invito gurgite fecit iter! [15–16] nonne fuit levius dominae pervincere mores (quamvis dura, tamen rara puella fuit), [17–18] quam sic ignotis circumdata litora silvis cernere et optatos quaerere Tyndaridas? [19–20] illic si qua meum sepelissent fata dolorem, ultimus et posito staret amore lapis, [21–22] illa meo caros donasset funere crines, molliter et tenera poneret ossa rosa; [23–24] illa meum extremo clamasset pulvere nomen, ut mihi non ullo pondere terra foret. [25–26] at vos, aequoreae formosa Doride natae, candida felici solvite vela choro! [27–28] si quando vestras labens Amor attigit undas, mansuetis socio parcite litoribus!
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XVIII [1–2] Haec certe deserta loca et taciturna querenti, et vacuum Zephyri possidet aura nemus. [3–4] hic licet occultos proferre impune dolores, si modo sola queant saxa tenere fidem. [5–6] unde tuos primum repetam, mea Cynthia, fastus? quod mihi das flendi, Cynthia, principium? [7–8] qui modo felices inter numerabar amantes, nunc in amore tuo cogor habere notam.
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5 tibi om. N, superscr. N2 6 increpet P, D, corr. V2 8 mecum D, Vo2 Ƈ arena A, F, P 13 ha A, F, Vo Ƈ uella Vo bella F 16 cara V2 rata Vo 18 optatas D, corr. V2 19 meum N, F3mg, P2ras, D, om. F demum A Ƈ peperissent A, F, P, corr. A2, P2ras rupissent in marg. F3 20 ultius F, in marg. corr. F2 21 meos caro V2 26 noto D 27 om. F, in marg. suppl. F4 Ƈ amor labens Vo 28 littoribus F4mg, P, D thoribus F XVIII 1 tacitura V, corr. V2mg 2 uaccum F 4 mouere Vo 5 me F, corr. F4 7 numerabar inter A, F
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[5–6] Ja, sogar aus der Ferne nützen dir, Cynthia, die Winde: Schau, welch grausame Drohungen die Bö in mein Ohr pfeift! [7–8] Wird denn der Glücksfall, dass sich die Stürme versöhnen lassen, nie eintreten? Wird das bisschen Sand da meinen Leichnam bedecken? [9–10] Du jedoch wende zum Besseren deine grimmigen Klagen! Lass dir Strafe genug sein die unheimliche Nacht und die gefährlichen Untiefen! [11–12] Wirst du es etwa fertigbringen, mich, wenn das Schicksal mich ereilt, beizusetzen mit trockenen Augen und keine Knochen meiner Gebeine zu halten in deinem Schoß? [13–14] Ach, gehe doch zum Teufel, wer immer als erster Schiffe und Segel fertigte und gegen den Willen der gurgelnden Flut fuhr zur See! [15–16] Wäre es nicht leichter gewesen, die Launen der Herrin zu überwinden – obschon dickköpfig, ist sie doch immerhin eine außergewöhnliche Geliebte gewesen –, [17–18] als so von wildfremden Wäldern eingefasste Gestade auszumachen und des Tyndareos sehnlich herbeigewünschten Söhne zu suchen? [19–20] Wenn daheim irgendwelche Schicksalsmächte begraben hätten meinen Liebesschmerz und dort aus Anlass der Beisetzung meiner Liebe stünde der Stein meiner Letzten Ruhe, [21–22] hätte sie mir an meinem Begräbnis Haare geschenkt, die mir kostbar gewesen, und würde weich sie betten meine Gebeine auf zarten Rosenblättern, [23–24] hätte sie, wo meine Asche ihre Letzte Ruhe fand, laut meinen Namen gerufen, dass mir nicht zu irgendeiner Last die Erde werde, [25–26] Doch ihr Meerestöchter, von der schönen Doris geboren, zieht weiße Segel auf zu glückhaftem Reigen! [27–28] Wenn Amor jemals niedergleitend hat berührt eure Wellen, schont euren Leidensgefährten durch friedliche Gestade! 18 [1–2] Dies ist gewiss eine verlassene Stätte – und eine verschwiegene, klagt ihr jemand sein Leid –, und Zephyrs leichte Brise hält in Besitz den menschenleeren Hain. [3–4] Hier kann ungestraft man verheimlichten Liebesschmerz äußern, sofern nur die einsamen Felsen Wort zu halten vermögen. [5–6] Wovon soll ich zuerst deine Spröde, meine Cynthia, herleiten? Was gibst du mir, Cynthia, als ersten Anlass zu weinen an? [7–8] Während ich eben noch zu den glücklichen Liebenden gezählt wurde, sehe ich mich jetzt dazu verurteilt, auf meiner Liebe zu dir einen Schandfleck zu tragen.
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[9–10] quid tantum merui? quae te mihi carmina mutant? an nova tristitiae causa puella tuae? [11–12] sic mihi te referas, levis, ut non altera nostro limine formosos intulit ulla pedes. [13–14] quamvis multa tibi dolor hic meus aspera debet, non ita saeva tamen venerit ira mea, [15–16] ut tibi sim merito semper furor et tua flendo lumina deiectis turpia sint lacrimis. [17–18] an quia parva damus mutato signa colore et non ulla meo clamat in ore fides? [19–20] vos eritis testes, si quos habet arbor amores, fagus et Arcadio pinus amica deo. [21–22] ah, quotiens teneras resonant mea verba sub umbras, scribitur et vestris ‘Cynthia’ corticibus! [23–24] an tua quod peperit nobis iniuria curas, quae solum tacitis cognita sunt foribus? [25–26] omnia consuevi timidus perferre superbae iussa neque arguto facta dolore queri. [27–28] pro quo, divini fontes, et frigida rupes et datur inculto tramite dura quies; [29–30] et quodcumque meae possunt narrare querelae, cogor ad argutas dicere solus aves. [31–32] sed qualiscumque es, resonent mihi ‘Cynthia’ silvae, nec deserta tuo nomine saxa vacent.
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XIX [1–2] Non ego nunc tristes vereor, mea Cynthia, Manes, nec moror extremo debita fata rogo, [3–4] sed ne forte tuo careat mihi funus amore, hic timor est ipsis durior exsequiis. [5–6] non adeo leviter nostris puer haesit ocellis, ut meus oblito pulvis amore vacet.
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9 quod te F, corr. F4 10 puelle F Ƈ tue est P 12 firmosos D, corr. V2 Ƈ illa N, s. l. corr. N2 14 sceua V2, Vo 16 deiectis P2mg, Beroaldo delectis N, V2 dilectis A, F, D dillectis Pras 17 lingua F, corr. F4 Ƈ calore A, P, D3, V2, corr. A2 18 non nulla N, D non illa P 19 arbor N, P, D3, V2 ardor A, F, D 20 amata D 21 ha A, F, Vo Ƈ me A, F 22 nostris A, F, V2 26 fassa F, corr. F3 27 quo om. P, in marg. add. P2 31 resonent N, F4, P2, D, V resonant A, F, P resonet Vo Ƈ tibi F, corr. F4 32 uacent s. l. N2, A, F, P2, D uacant P iacent N XIX 1 nunc s. l. N2, A, F, P, D non N Ƈ tristos N, s. l. corr. N2 3 mihi careat F, corr. F2 4 obsequiis F, corr. F4 5 nostris P, V2 noster N, A, F, D Ƈ exit pro haesit V2 6 mens F, corr. F4
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[9–10] Womit habe ich denn so Schlimmes verdient? Welche Zaubersprüche verändern dich in deinem Verhalten zu mir? Ist etwa eine neue Geliebte der Grund deiner Verstimmung? [11–12] So wahr ich mir wünsche, dass du zu mir zurückfindest, Flatterhafte, hat keine andere auf meine Schwelle ihre wohlgeformten Füße gesetzt! [13–14] Obschon dieser mein Schmerz dir viel Bitteres hat zu verdanken, könnte dennoch nicht so blindwütig über mich kommen mein Groll, [15–16] dass ich dir ständig zu Wutanfällen berechtigten Anlass gäbe oder dazu, dass deine Augen vom Weinen entstellt sind durch einen Sturzbach von Tränen. [17–18] Oder ist’s etwa, weil ich dir nur schwache Beweise einer am Wechsel der Gesichtsfarbe sichtbaren Liebe liefere und aus meinem Mund keinerlei Beteuerung der Treue ertönt? [19–20] Ihr werdet, wenn ein Baum überhaupt irgendwelche Liebesgefühle kennt, meine Zeugen sein, Buche und vom arkadischen Gott geliebte Fichte: [21–22] Ach, wie oft widerhallen meine Worte unter dem schattenspendenden Dach eures zarten Blattwerks und wird der Name ›Cynthia‹ geritzt in eure Rinden! [23–24] Oder ist etwa der Grund, dass deine Ungnade mir Kummer bereitete, wovon doch nur erfuhr deine verschwiegene Tür? [25–26] Alle Befehle einer Hochmütigen gewöhnte ängstlich durchzustehen ich mir an, ohne mich über ihre Handlungen mit gellend geäußertem Liebesschmerz zu beklagen. [27–28] Dafür, ihr Quellen von Gottheiten, wird zum Lohn mir eiskalter Steilfels geboten sowie querfeldein auf verwahrlostem Weg eine unbequeme Nachtruhe. [29–30] Und alles, wovon können erzählen meine Klagen, muss notgedrungen einsam und allein ich mitteilen zwitschernden Vögeln. [31–32] Doch ganz gleich, wie du bist, wünsche ich mir, dass vom Echo des Rufes ›Cynthia!‹ hallen die Wälder und die menschenverlassenen Felsen von deinem Namen nicht uneingenommen sind. 19 [1–2] Nicht fürchte ich jetzt, meine Cynthia, das düstere Schattenreich, und nicht halte ich mich mit Schicksalsgedanken auf, die dem Scheiterhaufen der Letzten Ruhe sind geschuldet. [3–4] Doch dass ich vielleicht an meinem Begräbnis auf deine Liebe müsste verzichten, diese Angst ist bedrückender als selbst das Leichenbegängnis. [5–6] Nicht so sacht setzte der Bube auf meinen Augen sich fest, dass mein Staub von einer Liebe freikäme, die er hätte vergessen können.
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[7–8] illic Phylacides iucundae coniugis heros non potuit caecis immemor esse locis, [9–10] sed cupidus falsis attingere gaudia palmis Thessalus antiquam venerat umbra domum. [11–12] illic quidquid ero, semper tua dicar imago: traicit et fati litora magnus amor. [13–14] illic formosae veniant chorus heroinae, quas dedit Argivis Dardana praeda viris: [15–16] quarum nulla tua fuerit mihi, Cynthia, forma gratior et (Tellus hoc ita iusta sinat) [17–18] quamvis te longae remorentur fata senectae, cara tamen lacrimis ossa futura meis. [19–20] quae tu viva mea possis sentire favilla! tum mihi non ullo mors sit amara loco. [21–22] quam vereor, ne te contempto, Cynthia, busto abstrahat a nostro pulvere iniquus Amor [23–24] cogat et invitam lacrimas siccare cadentes! flectitur assiduis certa puella minis. [25–26] quare, dum licet, inter nos laetemur amantes: non satis est ullo tempore longus amor.
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XX [1–2] Hoc pro continuo te, Galle, monemus amore (id tibi ne vacuo defluat ex animo): [3–4] saepe imprudenti fortuna occurrit amanti: crudelis Minyis dixerit Ascanius. [5–6] est tibi non infra speciem, non nomine dispar, Theiodamanteo proximus ardor Hylae: [7–8] hunc tu, sive leges umbrosae flumina silvae, sive Aniena tuos tinxerit unda pedes, [9–10] sive Gigantea spatiabere litoris ora, sive ubicumque vago fluminis hospitio,
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7 coniungis F, corr. F4 coiugis P congiugis Vo 9–11 om. F4 10 thesalus P thessalis D, corr. V2 Ƈ uerberat D, corr. V2mg 11 quiquid A quidquid V 13 illuc V2 Ƈ ueniat D, corr. V2 15–17 om. F, suppl. F4 17 te long(a)e N, F4, P, D longae te N2, A 20 tu N, corr. N2 21 contenta F, corr. F4 22 abstraat e N abstrate Aras, F abstrat e F3 Ƈ a nostro c, Volsco, Beroaldo e nostro W 23 cogat N, F4, P, V2 cogar A, F, D Ƈ inuitas F, D, corr. F3, V2 25 non pro dum Vo, corr. Vo2mg XX 1 hec F3, P nec A, F 2 is P 3 currit A, F, P, corr. F4, P2 4 minyis P2, Vmg miniis N minuis D3 minius F3, Vo nimius A, F, P, V2 minimus D Ƈ dixerat A, Fcorr, P, D duxerit D2 6 theiodamanteo c, Butler therodamanteo N, P therodamantheo D thedoramanteo A therodomantheo V, Vo terodomantheo F4 tedoram antheo F thermanteo N2 Ƈ hilae N hile P2 hylle D yle A ile F 7 hunc N, A, F, V2 nunc P, D 8 aniena N, Acorr, F3, V2 am(o)ena A, F, P, D Ƈ cinxerit D, corr. V2 traxerit F 9 giganthea F gigantei c, Bailey Ƈ spetiebere F, corr. F2 10 uagi D, corr. V2
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[7–8] Dort im Jenseits hat es der Held vom Stamm des Phylakos nicht übers Herz gebracht, seiner lieblichen Gattin sich nicht mehr zu erinnern an seinem lichtlosen Wohnort, [9–10] sondern voller Verlangen, mit täuschend ähnlichen Geisterhänden anzufassen die Wonnen der Liebe, war der Thessaler als Schatten gekommen in sein vorheriges Haus. [11–12] Dort im Jenseits werde ich, ganz gleich, was ich sein werde, stets dein dir treu ergebener Schatten genannt werden – es überschreitet sogar die Schicksalsufer des Unterweltsflusses eine große Liebe. [13–14] Dort im Jenseits könnten als Reigen tanzende Schar daherkommen die schönen Heldinnen der Sage, die Troia als dardanische Beute hergab den argivischen Mannen, [15–16] ich fände keine von ihnen reizvoller als deine Schönheit, Cynthia, und so denn eine gerechte Mutter Erde dies zuließe, [17–18] könnten die Schicksalsmächte dich zurückbehalten für ein noch so langes Greisenalter, lieb und wert wären dennoch deine Gebeine meinen Tränen. [19–20] Könntest du doch als Lebende solche Trauer empfinden über meine Asche! Dann wäre für mich an keinem Ort bitter der Tod. [21–22] Wie sehr fürchte ich, es könnte dich, Cynthia, ohne meine Grabstätte zu achten, von meinem Staub fortreißen ein ungnädiger Amor [23–24] und dich zwingen, gegen deinen Willen zu trocknen die in Sturzbächen rinnenden Tränen – umstimmen lässt sich ein standhaftes Mädchen durch ständige Androhungen. [25–26] Drum lasst uns, solange es uns vergönnt ist, als Liebespaar freuen des Lebens! Zu keiner Zeit währt lange genug die Liebe. 20 [1–2] Davor warne ich dich, Gallus, im Namen ununterbrochener Zuneigung; hoffentlich fließt es an dir nicht aus Gedankenlosigkeit ab: [3–4] Oft widerfährt, sieht er sich nicht vor, Unheil dem Liebenden: Der zu den Minyern grausame Askanios könnte dir davon erzählen. [5–6] Du hast einen heißgeliebten Knaben, der Hylas, dem Sohn des Theiodamas, am nächsten kommt, nicht unterlegen im Äußeren, nicht im Namen verschieden. [7–8] Von ihm wehre, sei es, du durchkämmst die Gewässer eines schattenspendenden Waldes, sei es, der Anio netzte mit seinem Wellengang deine Füße, [9–10] sei es, du wandelst an einem Küstensaum, dem Schauplatz der Gigantenkämpfe, sei es, du bist wo auch immer zu Gast bei einem vagabundierenden Fluss,
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[11–12] Nympharum semper cupidas defende rapinas (non minor Ausoniis est amor Adryasin), [13–14] ne tibi sit duros montes et frigida saxa, Galle, neque expertos semper adire lacus: [15–16] quae miser ignotis error perpessus in oris Herculis indomito fleverat Ascanio. [17–18] namque ferunt olim Pagasae navalibus Argon egressam longe Phasidos isse viam, [19–20] et iam praeteritis labentem Athamantidos undis Mysorum scopulis applicuisse ratem. [21–22] hic manus heroum, placidis ut constitit oris, mollia composita litora fronde tegit. [23–24] at comes invicti iuvenis processerat ultra raram sepositi quaerere fontis aquam. [25–26] hunc duo sectati fratres, Aquilonia proles, hunc super et Zetes, hunc super et Calais, [27–28] oscula suspensis instabant carpere palmis, oscula et alterna ferre supina fuga. [29–30] ille sub extrema pendens secluditur ala et volucres ramo summovet insidias. [31–32] iam Pandioniae cessit genus Orithyiae: ah dolor! ibat Hylas, ibat Hamadryasin. [33–34] hic erat Arganthi Pege sub vertice montis, grata domus Nymphis umida Thyniasin, [35–36] quam supra nullae pendebant debita curae roscida desertis poma sub arboribus, [37–38] et circum irriguo surgebant lilia prato candida purpureis mixta papaveribus. [39–40] quae modo decerpens tenero pueriliter ungui proposito florem praetulit officio, [41–42] et modo formosis incumbens nescius undis errorem blandis tardat imaginibus.
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11 cupidas semper D, corr. V2 12 Adryasin Struve 1819, Lachmann 1829 adriacis W 13 nec V, Heins Ƈ sit V2, c, Lips, Heins sint W Ƈ duros Lips, Heins duri W durum V2mg Ƈ turbida A, F2, corr. F4 tribida P2 15 horis A, F, P 16 asonio F, corr. F4 ascranio V2 17 olim ferunt P Ƈ pagas(a)e F4, P2 pegase N, A, P, D peragasse F Ƈ argon W Argo Volsco 1488, sed cf. Ov. trist. 2,439 18 longo N, corr. N Ƈ fasidos F3 fassidos F Ƈ esse V2 20 misorum N, Vo missorum F, P Ƈ scapulis Dmg, V2, Vo 21 heroum N, A, F4mg, P2ras, D hominum F 22 tempora V2mg Ƈ teget D, Vo regit A 24 frontis N 26 zetus N, D2mg zethus A, P zecus F rethes D, Vo 27 corpore N, corr. N Ƈ plantis V2mg 29 subcluditur P2mg Ƈ ali A, F, corr. F4 31 cessit c, Turnèbe cesset W cessat V2 Ƈ orithyae V2 orithye V orithi(a)e N, F4mg, D orinthie Vo oriothie A, Pcorr orionthie F 32 a N ha A, F, Vo Ƈ Hamadryasin Turnèbe hamadrias hinc V, D amadrias hinc N, A, F, P amandrias hinc Vo 33 Pege Turnèbe Pegae Scaliger pheg(a)e W Ƈ subuertite N 35 nulli c, Beroaldo mille A, F 36 rosida D 37 ilia A, F 39 descerpens A, F, corr. F3
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[11–12] die Räubereien der stets lüsternen Nymphen ab – keine weniger leidenschaftliche Liebe als die griechischen empfinden die ausonischen Hadryaden! [13–14] Sonst hast du zu befürchten, dass es dein Los ist, Gallus, ständig raue Berge, eiskalte Felsen und unvertraute Seen aufzusuchen. [15–16] Ein solches Los hatte durchlitten der liebeskranke Herakles, als er an fremden Ufern umhergeirrt war und sein Leid geklagt hatte dem unbezähmbaren Askanios. [17–18] Denn einst sei, erzählt man sich, aus den Werften von Pagasai die Argo ausgelaufen und weithin den Weg des Phasis gegangen, [19–20] und habe ruhig dahingleitend, da es schon hinter sich gelassen hatte die Wogen von Athamas’ Tochter, an den Klippen der Myser angelegt das Schiff. [21–22] Hier bedeckt die Schar der Helden, sobald an Land gegangen sie ist an stillen Ufern, den weichen Sandstrand mit zum Nachtlager gesammeltem Laub. [23–24] Doch war der Begleiter des unbesiegbaren Jünglings weitergegangen ins Landesinnere, das köstliche Wasser einer abgelegenen Quelle zu suchen. [25–26] Ihn verfolgten beharrlich zwei Brüder, des Nordwinds Nachkommen, über ihn bald Zetes, über ihn bald Kalaïs gebeugt: [27–28] Um ihm Küsse zu stehlen mit ihren in der Schwebe gehaltenen Schwingen, drängten sie sich an ihn heran, und um ihm Küsse im Wechsel rücklings zu geben auf der Flucht. [29–30] Er aber schirmt sich unter dem Ende eines Flügels hängend und wehrt mit einem Stecken die geflügelten Nachstellungen ab. [31–32] Nun wich die Brut Oreithyias vom Stamme Pandions. Doch o weh! Es zog Hylas weiter, zog weiter zu den Hamadryaden. [33–34] Hier lag unter dem Gipfel des Berges Arganthos die Quelle Pege, den Nymphen von Thynia ein angenehm nasses Zuhause. [35–36] Über ihr hingen tauige Obstfrüchte, die keinem Gartenbau zu verdanken waren, an menschenverlassenen Bäumen, [37–38] und ringsum sprossen aus gut gewässertem Wiesengrund schneeweiße Lilien gepaart mit purpurnen Mohnblumen. [39–40] Bald zog er aus dem kindlichen Trieb, sie mit zartem Fingernagel abzurupfen, die Blume der vor Augen liegenden Aufgabe vor, [41–42] und bald zögert er, sich arglos über die schönen Wellen beugend, die Selbsttäuschung mit den reizvollen Spiegelbildern hinaus.
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[43–44] tandem haurire parat demissis flumina palmis innixus dextro plena trahens umero. [45–46] cuius ut accensae Dryades candore puellae miratae solitos destituere choros, [47–48] prolapsum leviter facili traxere liquore, tum sonitum rapto corpore fecit Hylas. [49–50] cui procul Alcides iterat responsa, sed illi nomen ab extremis fontibus aura refert. [51–52] his, o Galle, tuos monitus servabis amores, formosum Nymphis credere visus Hylan.
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XXI [1–2] ‘Tu, qui consortem properas evadere casum, miles ab Etruscis saucius aggeribus, [3–4] quid nostro gemitu turgentia lumina torques? pars ego sum vestrae proxima militiae. [5–6] sic te servato, ut possint gaudere parentes, haec soror acta tuis sentiat e lacrimis: [7–8] Gallum per medios ereptum Caesaris enses effugere ignotas non potuisse manus, [9–10] et quaecumque super dispersa invenerit ossa montibus Etruscis, haec sciat esse mea.’
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XXII [1–2] Qualis et unde genus, qui sint mihi, Tulle, Penates, quaeris pro nostra semper amicitia. [3–4] si Perusina tibi patriae sunt nota sepulcra, Italiae duris funera temporibus, [5–6] cum Romana suos egit discordia cives (sic mihi praecipue, pulvis Etrusca, dolor: [7–8] tu proiecta mei perpessa es membra propinqui, tu nullo miseri contegis ossa solo):
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43 flumine A, F, P, in marg. corr. F4 45 quoius D, V quouis Vo Ƈ in pro ut F 50 fontibus W montibus Heins, Enk 1911, sed cf. Theocr. idyll. 13,58–60 51 monitis D 52 uisus W rursus V2 Ƈ ilam F, P XXI 3 torquens D, corr. V2 4 par Vo Ƈ maxima V2mg 5 si D sit P Ƈ possin F, corr. F4 6 h(a)ec c, Pucci, Beroaldo nec c ne W Ƈ ruis A, F, in marg. corr. F2 7 per cesaris F2mg per ceseris F 8 minas V2mg 9 quicumque D 10 mea W tua s. l. N2 XXII 1 domus V2 6 sic c, Lachmann sit W 7 tu N, F4, P2, V et A, F, P, D, Vo Ƈ est D 8 tum D
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[43–44] Schließlich schickt er sich an, mit den Händen, die er eintauchte, Wasser der sprudelnden Quelle zu schöpfen, um es, den Oberkörper auf den rechten Arm aufgestützt, randvoll herauszuziehen. [45–46] Kaum hatten die Dryadenmädchen, von seinem blütenweißen Antlitz entflammt, staunend abgebrochen den üblichen Reigen, [47–48] zogen sie, als vornüber gefallen er war, mit leichter Hand ihn hinab, da bereitwillig sich teilte das Wasser. Dann schlug mit seinem geraubten Körper Hylas laut auf. [49–50] Darauf gibt der Alkide von fern zum wiederholten Male Antwort, doch bringt ihm der Wind von den weit abgelegenen Quellen den Namen Hylas nur als Echo zurück. [51–52] Dadurch gewarnt, wirst, o Gallus, du aufpassen auf deinen Liebling, sah man dich doch den Nymphen auf Treu und Glauben anvertrauen den schönen Hylas. 21 [1–2] »Du, der du der Niederlage, die uns als gemeinsames Los verbindet, zu entrinnen eilst, vom Kampf an den etruskischen Wällen verwundeter Soldat, [3–4] weshalb wendest du, hörst du mich stöhnen, die von Tränen geschwollenen Augen ab? Ich verkörpere doch das engste Nahverhältnis deines Soldatenlebens. [5–6] Dafür rette dich, dass die Eltern sich zwar freuen können, die Schwester aber die folgende Nachricht herausspürt aus deinen Tränen: [7–8] Gallus habe, inmitten von Caesars Schwertern aus dem Kampfgetümmel gerissen, nicht entrinnen können unbekannten Banditen, [9–10] und dass sie, welche Gebeine auch immer sie oben verstreut findet auf den etruskischen Bergen, jedenfalls weiß, dass die hier meine sind.« 22 [1–2] Was für ein Mensch ich bin, woher ich meiner Herkunft nach stamme und wo ich Haus und Hof habe, fragst du, Tullus, im Namen unserer unverbrüchlichen Freundschaft. [3–4] Wenn du die Gräber meiner Vaterstadt Perugia kennst, die Leichenfelder aus Italiens schweren Zeiten, [5–6] als Roms Zwietracht trieb seine eigenen Bürger – davon mir vornehmlich, Staub des etruskischen Kriegsschauplatzes, in schmerzlicher Erinnerung: [7–8] Du hast es geschehen lassen, dass achtlos liegen blieb die Leiche eines nahen Verwandten von mir, du deckst die Gebeine des armen Toten mit keinem bisschen Erde zu –,
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Liber I
[9–10] proxima supposito contingens Umbria campo me genuit terris fertilis uberibus.
10 ferulis A, F, in marg. corr. F3
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[9–10] in nächster Nähe davon hat mich, mit seiner darunter liegenden Ebene unmittelbar anstoßend, Umbrien geboren, eine ertragreiche Landschaft durch seine fruchtbaren Böden.
LIBER SECVNDVS I [1–2] Quaeritis, unde mihi totiens scribantur amores, unde meus veniat mollis in ora liber. [3–4] non haec Calliope, non haec mihi cantat Apollo. ingenium nobis ipsa puella facit. [5–6] sive illam Cois fulgentem incedere cogis, hoc totum e Coa veste volumen erit; [7–8] seu vidi ad frontem sparsos errare capillos, gaudet laudatis ire superba comis; [9–10] sive lyrae carmen digitis percussit eburnis, miramur, faciles ut premat arte manus; [11–12] seu compescentes somnum declinat ocellos, invenio causas mille poeta novas; [13–14] seu nuda erepto mecum luctatur amictu, tum vero longas condimus Iliadas; [15–16] seu quidquid fecit sive est quodcumque locuta, maxima de nihilo nascitur historia. [17–18] quod mihi si tantum, Maecenas, fata dedissent, ut possem heroas ducere in arma manus, [19–20] non ego Titanas canerem, non Ossan Olympo impositam, ut caeli Pelion esset iter, [21–22] nec veteres Thebas nec Pergama, nomen Homeri, Xersis et imperio bina coisse vada, [23–24] regnave prima Remi aut animos Carthaginis altae, Cimbrorumque minas et bene facta Mari: [25–26] bellaque resque tui memorarem Caesaris, et tu Caesare sub magno cura secunda fores. [27–28] nam quotiens Mutinam aut, civilia busta, Philippos aut canerem Siculae classica bella fugae, [29–30] eversosque focos antiquae gentis Etruscae, et Ptolemaeei litora capta Phari,
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I 2 ore N, s. l. corr. N bora F, corr. F 3 haec1 om. F, in marg. add. F4 michi s. l. add. F2 5 togis D, V, corr. D2 uidi c 7 seu m(ihi) N, s. l. corr. N 10 facilles Vo 11 compescentes Leo 1880 cum poscentis W 14 tunc A, F, P 19 ossan N, F4mg, in ras. Prec, D tytan A thitan F 20 impositum D 21 non … nec A, F, P Ƈ pergam N 22 xerxis D 24 cimborumque F, corr. F4 cymborumque A 25 memorare Vo 30 ptolemaeei c ptholomeae D, Vo ptolomenei N phtolomenei P2, V tholomenei A, F, P
Zweites Buch 1 [1–2] Ihr fragt, wovon es herrührt, dass ich so oft Liebesgedichte verfasse, wovon es herrührt, dass als zartfühlend von Mund zu Mund geht mein Buch. [3–4] Nicht singt Kalliope, nicht Apollon diese Lieder mir vor. Die Dichtergabe verleiht mir unmittelbar die Geliebte. [5–6] Sei es, du bewegst sie dazu, in koischen Seidenstoffen schimmernd einherzuschreiten, wird dies eine ganze Buchrolle aus koischer Kleidung hergeben. [7–8] Sei es, ich sah Löckchen sich verstreut verirren auf ihre Stirn, freut sie sich daran, stolz auf das Lob ihrer Haare einherzugehen. [9–10] Sei es, sie schlug auf der Leier mit elfenbeinern schimmernden Fingern ein Lied an, bewundert unsereins, wie sie ihre flinken Hände mit Geschick auf die Saiten drückt. [11–12] Sei es, sie senkt ihre den Schlaf unterdrückenden Äuglein, finde ich als Dichter tausend neue Motive. [13–14] Sei es, nackt ringt sie mit mir, ist das Gewand ihr entrissen, dann dichte ich gar Werke so lang wie die Ilias. [15–16] Sei es, was immer sie tat, sei es, was sie auch sprach, die eindrucksvollste Geschichte erwächst mir aus nichts. [17–18] Wenn mir aber die Schicksalsmächte, Maecenas, so viel mitgegeben hätten, dass ich Heldenscharen in Waffengänge könnte führen, [19–20] würde ich nicht von den Titanen singen und von der Ossa, die von den Giganten dem Olymp aufgesetzt wurde, damit ihnen das Pelion als Weg zum Himmel diene, [21–22] und weder vom alten Theben noch von der Feste Troia, dem Grund für Homers Ruhm, und davon, dass auf Xerxes’ Befehl sich zwei Meeresgewässer hatten vereint, [23–24] oder von den Anfängen der mit Remus [sprich: Romulus] beginnenden Königsherrschaft oder vom Hochmut des stolzen Karthago und von den Bedrohungen durch die Kimbern und den Erfolgen des Marius. [25–26] Nein, die Kriege und Leistungen deines Freundes Caesar würde ich würdigen, und gleich nach dem großen Caesar wärest du mein zweites Anliegen. [27–28] Denn sooft ich von Mutina oder von Philippoi, dem Friedhof römischer Bürger, oder von den Flottenkriegen um die Fluchtburg Sizilien sänge [29–30] und davon, dass zerstört wurden Haus und Herd des alten etruskischen Volkes und eingenommen wurden die Gestade des ptolemaiischen Leuchtturms von Pharos,
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[31–32] aut canerem Aegyptum et Nilum, cum attractus in urbem septem captivis debilis ibat aquis, [33–34] aut regum auratis circumdata colla catenis, Actiaque in Sacra currere rostra Via, [35–36] te mea Musa illis semper contexeret armis, et sumpta et posita pace fidele caput: [37–38] Theseus infernis, superis testatur Achilles, hic Ixioniden, ille Menoetiaden. [39–40] sed neque Phlegraeos Iovis Enceladique tumultus intonet angusto pectore Callimachus, [41–42] nec mea conveniunt duro praecordia versu Caesaris in Phrygios condere nomen avos. [43–44] navita de ventis, de tauris narrat arator, enumerat miles vulnera, pastor oves, [45–46] nos contra angusto versantes proelia lecto: qua pote quisque, in ea conterat arte diem. [47–48] laus in amore mori, laus altera, si datur uno posse frui: fruar o solus amore meo! [49–50] si memini, solet illa leves culpare puellas et totam ex Helena non probat Iliada. [51–52] seu mihi sunt tangenda novercae pocula Phaedrae, pocula privigno non nocitura suo, [53–54] seu mihi Circaeo pereundum est gramine, sive Colchis Iolciacis urat aëna focis, [55–56] una meos quoniam praedata est femina sensus, ex hac ducentur funera nostra domo. [57–58] omnes humanos sanat medicina dolores: solus Amor morbi non amat artificem. [59–60] tarda Philoctetae sanavit crura Machaon, Phoenicis Chiron lumina Phillyrides, [61–62] et deus exstinctum Cressis Epidaurius herbis restituit patriis Androgeona focis,
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31 egyptum in ras. Prec cyptum N, A giptum F4 ciptum F cyprum P, D Ƈ cum atractactus F4 cum tractus P2ras, D, V contractus Vo conatractactus F 33 aurat F, corr. F2 35 contexerit N, A, F, D 37 inferius A, F, corr. A2 38 hixionidem F2 hyxionidem A isionidem P exionidem F Ƈ meneciadem vel meneciaden N, F2mg, A, P, V meneaciden F, D, Vo 40 intonet W intonat c Ƈ augusto Vo 41 praeueniunt A, F, P, corr. A2, P2 44 et numerat N 45 augusto Pcorr, Vo Ƈ uersantes W uersamus c, Volsco, Beroaldo 46 quam P Ƈ in eo F4 mea F, P, Vo 47 uno N, A2, F, P, D una c, Heins uni A 48 o om. Vo 49 ille D 51 sint D 53 cureo F, corr. F4 Ƈ sanguine D2mg, Vo 54 cholchis N, A, D Ƈ Iolciacis Scaliger c(h)olc(h)iacis W Ƈ ahena D, V habena Vo 56 ducetur D 57 sonat Vo 58 amat W habet c, Schrader 59 philotetae D philotete F3, P philotece A, F Ƈ crura s. l. Ncorr, F, P, D, V cura N, Vo 60 phi(y)lli(y)ri(y)des N, P, D philli(y)ridos A, F 61 cressis c cra(e)sis W
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[31–32] oder sänge von Ägypten und dem Nil, als er, herbeigeschleppt nach Rom, mit seinen sieben in Gefangenschaft geratenen Armen kraftlos im Siegesfestzug mitlief, [33–34] oder davon, dass Könige mit vergoldeten Ketten um den Hals und Schiffsschnäbel aus der Seeschlacht von Aktion auf der Heiligen Straße rollten, [35–36] es würde dich meine Dichtung immer mit jenen Waffengängen verflechten, du treue Menschenseele, ob zur Hand genommen oder niedergelegt wurde die Waffe des Friedens. [37–38] Theseus in der Unterwelt, in der Oberwelt Achilleus nimmt dafür zum Zeugen: dieser Ixions, jener Menoitios’ Sohn. [39–40] Doch weder könnte mit seiner schmalen Brust das Schlachtgetöse des Zeus und Enkelados auf den Phlegraiischen Feldern ein Kallimachos erdonnern lassen, [41–42] noch passt es zu meinem Brustkorb, im harten epischen Versmaß Caesars klangvollen Namen zu gründen auf phrygische Ahnen. [43–44] Der Seemann erzählt von den Stürmen, von den Stieren der Pflüger. Es zählt der Soldat die Wunden, der Hirte die Schafe, [45–46] ich dagegen, auf engem Bett mich wälzend, die Liebeskämpfe: Ein jeder verbringe den Tag auf dem Tätigkeitsfeld, auf dem befähigt er ist. [47–48] Lob findet, in der Liebe zu sterben, weiteres Lob, wenn es vergönnt ist, eine allein genießen zu können. Oh, genösse ich doch allein meine Liebe! [49–50] Wenn ich mich recht entsinne, pflegt jene, die ich liebe, leichtlebige Mädchen zu tadeln und schätzt wegen Helena sie die ganze Ilias nicht. [51–52] Sei es, anrühren müsste ich den Becher mit dem Liebestrank der Stiefmutter Phaidra, den Becher, der nicht schaden sollte ihrem Stiefsohn, [53–54] sei es, zugrunde müsste ich gehen an Kirkes Hexenkraut oder es heizte mir die Kolcherin ihren Bronzekessel auf iolkischem Herd – [55–56] da ja ganz allein eine Frau erbeutet hat meine Gefühle, wird mein Leichenzug zum Grab geführt werden hier von diesem Haus. [57–58] Alle Leiden von Menschen heilt die ärztliche Kunst, allein der Liebesgott liebt nicht den Krankheitsheilkünstler. [59–60] Philoktets lahmes Bein heilte Machaon, Phoinix’ Augen Chiron, Phillyras Sohn, [61–62] der Gott von Epidauros gab Androgeos, als ausgelöscht war sein Leben, mit kretischen Zauberkräutern wieder dem heimischen Herd,
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[63–64] Mysus et Haemonia iuvenis qua cuspide vulnus senserat, hac ipsa cuspide sensit opem. [65–66] hoc si quis vitium poterit mihi demere, solus Tantaleae poterit tradere poma manu; [67–68] dolia virgineis idem ille repleverit urnis, ne tenera assidua colla graventur aqua; [69–70] idem Caucasia solvet de rupe Promethei bracchia et a medio pectore pellet avem. [71–72] quandocumque igitur vitam me fata reposcent et breve in exiguo marmore nomen ero, [73–74] Maecenas, nostrae spes invidiosa iuventae et vitae et morti gloria iusta meae, [75–76] si te forte meo ducet via proxima busto, esseda caelatis siste Britanna iugis, [77–78] taliaque illacrimans mutae iace verba favillae: ‘huic misero fatum dura puella fuit.’
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II [1–2] Liber eram et vacuo meditabar vivere lecto, at me composita pace fefellit Amor. [3–4] cur haec in terris facies humana moratur? Iuppiter, ignosco pristina furta tua. [5–6] fulva coma est longaeque manus, et maxima toto corpore, et incedit vel Iove digna soror, [7–8] aut cum Dulichias Pallas spatiatur ad aras, Gorgonis anguiferae pectus operta comis, [9–10] qualis et Ischomache Lapithae genus heroine, Centauris medio grata rapina mero, [11–12] Mercurio qualis fertur Boebeidos undis virgineum Brimo composuisse latus. [13–14] cedite iam, divae, quas pastor viderat olim Idaeis tunicas ponere verticibus!
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63 mysus A, D, V2 misus F, P, V, Vo missus N, F3, P2mg Ƈ iuuenis N, F4, P, D uiuens A, F 66 tantaleae c, Beroaldo tantalea F, P, D tantelea N 69 ide F Ƈ caucasea P, D 70 brachide F Ƈ pelles F 71 me Vo, Lievens, Heins mea N, F4, P, D, V meam F 75 ducit D, Vo Ƈ uia om. F, in marg. add. F4 76 britauria nigris F 77 lacrimans F 78 hinc F, corr. F3 II 4 ignosco s. l. N, in marg. P2 et V2 ignoro N, F, P, D, V ingnoro Vo Ƈ fata N 6 corporeque pro corpore et F, P, corr. F4 7 dulichias W Munychias Pucci, Heins 9 hischomache P istomace F 11 mercurio N, F, P mercurio et Scaliger mercurio aut Carrutti mercurioque D Ƈ qualis P satis N, F, D sais s. l. Prec sacris c, Passerat Ƈ boebeidos N3 bobeidos N, s. l. F4, D bobei(y)das F, P 12 Brimo Turnèbe, Scaliger primo W 13 iam c etiam W uos in marg. Prec 14 lideis F, corr. F4 ydeis P
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[63–64] und der mysische Jüngling verspürte von eben der haimonischen Lanzenspitze Hilfe, von der er die Stichwunde hatte verspürt. [65–66] Wenn jemand dieses Leiden von mir wird nehmen können, wird er allein der Hand des Tantalos überreichen können das Obst. [67–68] Jener selbe müsste die löchrigen Fässer vollfüllen können mit den Schöpfkrügen der jungfräulichen Danaiden, damit ihr zarter Hals nicht ständig würde gebeugt von der Wasserlast. [69–70] Derselbe verspricht von der kaukasischen Felswand zu erlösen des Prometheus Arme und von der Mitte seiner Brust zu vertreiben den Raubvogel. [71–72] Wann immer also die Schicksalsmächte von mir das Leben zurückfordern werden und ich nur ein kurzer Name auf einem kleinen Marmorbruchstück werde sein, [73–74] halte, Maecenas, du neidvoll gehegte Hoffnung meiner Jugend und mir im Leben wie im Tod gebührender Ruhm, [75–76] wenn dein Reiseweg dich zufällig dicht vorbeiführen sollte an meiner Grabstätte, deinen zweirädrigen Einspänner, das britannische Gig mit dem gedrechselten Kummet, an [77–78] und lasse, während du auf meine stumme Asche Tränen vergießt, solche Worte fallen wie: »Diesem Armen ist ein hartherziges Mädchen zum Verhängnis gewesen.« 2 [1–2] Frei war ich und erwog, in verwaistem Bett zu leben. Doch täuschte mich Amor mit dem Frieden, den vereinbart er hatte mit mir. [3–4] Warum verweilt dieses schöne Menschenkind noch auf Erden? Iuppiter, ich verzeihe dir deine einstigen Entführungen! [5–6] Rotblond ist sein Haar und langfingrig sind seine Hände, höchst ansehnlich ist es vom Scheitel bis zur Sohle und tritt auf als eine selbst eines Iuppiter würdige Schwester [7–8] oder eine Pallas Athene, wenn sie schreitet zu den dulichischen Altären, die Brust bedeckt mit den Haaren der schlangentragenden Gorgo, [9–10] und gleicht der Heldin Ischomache, dem Spross des Lapithen, den Kentauren mitten im Trinkgelage eine verlockende Beute, [11–12] gleicht einer Brimo, von der man sich erzählt, sie habe in den Wogen des Boibeïssees an Merkur geschmiegt ihre jungfräuliche Hüfte. [13–14] Räumt nun das Feld, ihr Göttinnen, die der Hirte auf dem Gipfel des Idagebirges einst ihre Unterkleider hatte ablegen sehen!
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[15–16] hanc utinam faciem nolit mutare senectus, etsi Cumaeae saecula vatis aget!
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III [1–2] ‘Qui nullum tibi dicebas iam posse nocere, haesisti: cecidit spiritus ille tuus. [3–4] vix unum potes, infelix, requiescere mensem, et turpis de te iam liber alter erit.’ [5–6] quaerebam, sicca si posset piscis harena nec solitus ponto vivere torvus aper; [7–8] aut ego si possem studiis vigilare severis: differtur, numquam tollitur ullus amor. [9–10] nec me tam facies, quamvis sit candida, cepit (lilia non domina sint magis alba mea, [11–12] ut Maeotica nix minio si certet Hibero, utque rosae puro lacte natant folia), [13–14] nec de more comae per levia colla fluentes, non oculi, geminae, sidera nostra, faces, [15–16] nec si qua Arabio lucet bombyce puella (non sum de nihilo blandus amator ego): [17–18] quantum quod posito formose saltat Iaccho, egit ut euhantes dux Ariagna choros, [19–20] et quantum, Aeolio cum temptat carmina plectro, par Aganippaeae ludere docta lyrae; [21–22] et sua cum antiquae committit scripta Corinnae, carmina, quae quivis non putet aequa suis. [23–24] non tibi nascenti primis, mea vita, diebus candidus argutum sternuit omen Amor? [25–26] haec tibi contulerunt caelestia munera divi, haec tibi ne matrem forte dedisse putes. [27–28] non, non humani partus sunt talia dona: ista decem menses non peperere bona.
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15 uolit F, s. l. corr. F4 nollit P 16 natis F Ƈ agat V2 III 1 nullum W nullam Heins 3 cognoscere F, P, in marg. corr. F4 7 serenis F, D2mg, Vo, s. l. corr. F4 9 quauis N Ƈ sis F, s. l. corr. F4 10 sunt D 11 et F, P 12 lacta F, s. l. corr. F4 Ƈ natent N, P, Vo, s. l. corr. N 15 qua Arabio W qua Arabo Garrod 17 iactat F, P, in marg. corr. F4 Ƈ iac(c)ho N3, F4mg, D, V iacheo N racheo F acheo P iatocho Vocorr 18 egit ut N, F4, P, D egitur F Ƈ eufautes F eufantes P Ƈ Ariagna Flach ex 3,17,8 adriagna N ariadna s. l. N2 adriana D adrianna F, P 22 putet Postgate putat W 23 num F, P nunc D nun V2 24 candidus Macrob. gramm. V 626,17 ardidus N, F, P adridus F4mg ar(r)idus D Ƈ augustae pro argutum Macrob. gramm. V 626,17 Ƈ sternuit N, F4, P sternnit F stertuit D 25 tibi om. N Ƈ contulerunt c contulerint N, F, P, in ras. V2 cum tul(l)erint D, Vo 26 h(a)ec N, F4, V nec F, P, D, Vo Ƈ me F, P, D, Vo Ƈ uirem F, in marg. corr. F4 Ƈ putet F 27 partus sunt N, F4, Vo sunt partus F, P, D, V
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[15–16] Hoffentlich will diese Schönheit nicht verändern das Greisenalter, selbst wenn sie wie die Seherin von Cumae Jahrhunderte leben sollte. 3 [1–2] »Du, der du ständig sagtest, nichts könne dir mehr etwas anhaben, hast dich in der Schlinge verfangen; in sich zusammengefallen ist dieser dein trotziger Stolz. [3–4] Kaum kannst du, Unglückseliger, auch nur einen Monat Ruhe finden, und schon wird zu deiner Schande ein weiteres Buch von dir handeln.« [5–6] Ständig fragte ich mich, ob auf trockenem Sand ein Fisch könnte leben oder gegen seine Gewohnheit im Meer ein wildblickender Eber [7–8] oder ob ich mit ernsthafter Geistesarbeit die Nacht durchwachen könnte – aufgeschoben, niemals aufgehoben wird jegliche Liebe. [9–10] Nicht so sehr hat mich ihr Antlitz, obschon es strahlend weiß ist, gefangengenommen – Lilien könnten nicht weißer sein als die Gesichtsfarbe meiner Herrin, [11–12] sticht sie doch ab wie maiotischer Schnee, wenn er wetteiferte mit iberischem Zinnober, und wie Rosenblätter, die schwimmen auf reiner Milch – [13–14] auch nicht ihre nach der Mode über den glatten Nacken herabwallenden Haare, nicht ihre Augen, die Zwillingsfackeln, meine Leitsterne, [15–16] und nicht, wenn etwa in arabischer Seide sie gleißt als Geliebte – kein grundlos schmeichelnder Liebhaber bin ich. [17–18] Nicht so sehr, wie es mich in seinen Bann schlägt, dass sie, hat man ihr die Gabe des Iakchos [sprich: Bacchus] hingestellt, so anmutig tanzt, wie Ariagna, die »hochheilige« Ariadne der Kreter, als Vortänzerin anführte jauchzende Reigen, [19–20] und nicht so sehr, wie es mich in seinen Bann zieht, wenn sie Lieder probt mit aiolischen Plektron, in der Kunst unterwiesen, sie der aganippaiischen Leier gewachsen zu spielen, [21–22] und wenn sie ihre selbstverfassten mit denen der alten Corinna in Wettbewerb treten lässt, Lieder, die kein Mensch seinen eigenen könnte gleichstellen. [23–24] Hat dir etwa zu deiner Geburt schon in den ersten Tagen, mein Leben, ein gnädiger Amor ein klares Vorzeichen geniest? [25–26] Diese himmlischen Gaben haben auf dich gehäuft die Götter – nur, damit du nicht glaubst, deine Mutter habe sie dir vielleicht verliehen. [27–28] Nein, menschlicher Herkunft sind solche Geschenke nicht zu verdanken; diese deine Vorzüge brachten nicht zehn Monate zur Welt.
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[29–30] gloria Romanis una es tu nata puellis, Romana accumbes prima puella Iovi, [31–32] nec semper nobiscum humana cubilia vises; post Helenam haec terris forma secunda redit. [33–34] hac ego nunc mirer si flagret nostra iuventus? pulchrius hac fuerat, Troia, perire tibi. [35–36] olim mirabar, quod tanti ad Pergama belli Europae atque Asiae causa puella fuit: [37–38] nunc, Pari, tu sapiens et tu, Menelae, fuisti, tu, quia poscebas, tu, quia lentus eras. [39–40] digna quidem facies, pro qua vel obiret Achilles; vel Priamo belli causa probanda fuit. [41–42] si quis vult fama tabulas anteire vetustas, hic dominam exemplo ponat in arte meam: [43–44] sive illam Hesperiis, sive illam ostendet Eois, uret et Eoos, uret et Hesperios. [45–46] his saltem ut tenear iam finibus aut mihi si quis acrius ut moriar venerit alter amor! [47–48] ac veluti primo taurus detractat aratra, post venit assueto mollis ad arva iugo, [49–50] sic primo iuvenes trepidant in amore feroces, dehinc domiti post haec aequa et iniqua ferunt. [51–52] turpia perpessus vates est vincla Melampus, cognitus Iphicli surripuisse boves; [53–54] quem non lucra, magis Pero formosa coegit, mox Amythaonia nupta futura domo.
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IV [1–2] Multa prius dominae delicta queraris oportet, saepe roges aliquid, saepe repulsus eas, [3–4] et saepe immeritos corrumpas dentibus ungues, et crepitum dubio suscitet ira pede! [5–6] nequiquam perfusa meis unguenta capillis, ibat et expenso planta morata gradu.
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29 est Vo Ƈ tu nata N, F4mg, D limata F, P 30 accumbes c, Burman accumbens N, F, P, D, Vo acumbens V 33 hac N, F4, P, V ac Vo at F, D Ƈ flagret W flagrat c, Fontein 40 priamo N priamus s. l. N, F, P, D 42 dominum N, corr. N Ƈ ponet D, Vo Ƈ in ante N, F, P inante Vo 43 experiis F, V, Vo Ƈ ostendis P 45 an F, in marg. corr. F4 46 acrius W acrior c, Scaliger, Baehrens 47 at F, P Ƈ detractet F Ƈ aratrum s. l. F4 51 et F Ƈ melampus s. l. F4, Pras, D, Vo uilampus F nylampus N, V 53 non N, P, D2mg, V nunc F, D tunc Vo Ƈ pero c phero N, F, D ferro P 54 amychaonia D, V, corr. V2 IV 1 domina F, corr. F4 3 dentebus F, s. l. corr. F4 et in marg. F2 4 crepitum N, F4, D2, V strepitum P, D, Vo crepitura F Ƈ ora F, s. l. corr. F4 ire Vocorr 5 nequicquam F, P, D 6 expenso W extenso c, Heins
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[29–30] Den römischen Mädchen zum Ruhm wurdest wie keine zweite du geboren, wirst als erstes römisches Mädchen mit einem Iuppiter schlafen. [31–32] Nicht immer wirst du mit mir irdische Schlafstätten aufsuchen; nach Helena kehrt diese Schönheit ein zweites Mal auf Erden wieder. [33–34] Soll ich mich jetzt wundern, wenn ich jung, wie ich bin, von ihr entflammt würde? Herrlicher gewesen wäre es für dich, Troia, durch sie unterzugehen. [35–36] Einst wunderte ich mich, dass den Anlass zu dem so großen Krieg vor der Feste Troia den Ländern Europa und Asien eine junge Frau hat gegeben. [37–38] Jetzt sehe ich, dass du, Paris, aber auch du, Menelaos, vernünftig gewesen bist, du, weil du sie verlangtest, du, weil du dich beharrlich weigertest. [39–40] Wert war es gewiss eine Schönheit wie sie, dass ihretwegen umkam selbst ein Achilleus; selbst ein Priamos hatte sie als Kriegsgrund anerkennen müssen. [41–42] Wenn aber jemand an Berühmtheit die Gemälde alter Meister will übertreffen, lasse er Modell stehen bei seiner Kunst meine Herrin. [43–44] Sei es, dass er sie dem Abendland, sei es, dass er sie dem Morgenland zeigt – entflammen wird sie das Morgenland, wie sie auch entflammen wird das Abendland. [45–46] Könnte ich mich doch nun wenigstens in diesen Grenzen behaupten, oder stürbe ich doch, wenn heftiger mich überkäme eine andere Liebe! [47–48] Und wie ein Stier zuerst verweigert die Pflüge, später aber, hat er sich gewöhnt an das Joch, fügsam kommt zu den Feldern, [49–50] so scheuen zuerst, in der Liebe ungebärdig, die jungen Leute, nehmen danach aber, hinfort gezähmt, alles, ob billig oder unbillig, hin. [51–52] Schmachvolle Fesseln hat aushalten müssen der Seher Melampus, weil er überführt wurde, Iphiklos’ Rinder gestohlen zu haben. [53–54] Dazu hat ihn nicht Gewinnsucht, vielmehr die schöne Pero getrieben, die bald, hoffte er, in Amynthaons Haus mit ihm vermählt würde sein. 4 [1–2] Viele Fehltritte deiner Herrin musst zuvor du beklagen, oft sie um etwas bitten, oft abgewiesen davongehen [3–4] und oft, ohne dass sie es verdienten, mit den Zähnen deine Fingernägel verschandeln und vor Zorn aufstampfen mit zögerndem Fuß. [5–6] Vergeblich hatte ich mir mit Salböl übergossen die Haare und ging ich gemessenen Schrittes gemächlich einher.
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[7–8] non hic herba valet, non hic nocturna Cytaeis, non Perimedaeae gramina cocta manus; [9–10] quippe ubi nec causas nec apertos cernimus ictus, unde tamen veniant tot mala, caeca via est; [11–12] non eget hic medicis, non lectis mollibus aeger, huic nullum caeli tempus et aura nocet; [13–14] ambulat – et subito mirantur funus amici! sic est incautum, quidquid habetur amor. [15–16] nam cui non ego sum fallaci praemia vati? quae mea non decies somnia versat anus? [17–18] hostis si quis erit nobis, amet ille puellas; gaudeat in puero, si quis amicus erit! [19–20] tranquillo tuta descendis flumine cumba: quid tibi tam parvi litoris unda nocet? [21–22] alter saepe uno mutat praecordia verbo, altera vix ipso sanguine mollis erit.
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V [1–2] Hoc verum est tota te ferri, Cynthia, Roma et non ignota vivere nequitia? [3–4] haec merui sperare? dabis mihi, perfida, poenas; et nobis aliquo, Cynthia, ventus erit. [5–6] inveniam tamen e multis fallacibus unam, quae fieri nostro carmine nota velit, [7–8] nec mihi tam duris insultet moribus et te vellicet: heu sero flebis amata diu. [9–10] nunc est ira recens, nunc est discedere tempus: si dolor afuerit, crede, redibit amor. [11–12] non ita Carpathiae variant Aquilonibus undae, nec dubio nubes vertitur atra Noto, [13–14] quam facile irati verbo mutantur amantes: dum licet, iniusto subtrahe colla iugo. [15–16] nec tu non aliquid, sed prima nocte, dolebis; omne in amore malum, si patiare, leve est.
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7 nocturna N, s. l. F2, P, V nociturna D2mg noctua F nocitura D, Vo Ƈ cytheis N, P, D, V citheis F, Vo 8 perimedeae c per mede(a)e W Perimedea cod. Neap. IV F 21 (269)2, Muret Ƈ manus W manu Muret 9 tibi D, Vcorr 13 mirantur N, F4, P, D murantur F monstratur F2mg 15 praeuia D, V, corr. Dmg, V2 17 ipse F, D, Vo 19 descendit F, P, corr. F3 20 litoris W limitis Palmer gurgitis Giardina 1977 V 3 hoc F, P, corr. F Ƈ seperare F, corr. F4 spectare Heyworth Ƈ mihi P2, D mi N, F, s. l. Prec 4 aliquo Bosscha aquilo W alio Burman 5 est N, corr. N2 7 haec F, in marg. corr. F4 8 uellicet N, F, P2, V2mg uel licet P uendicet D 10 afuerit CIL IV 4491 = CLE 1785 Buecheler abfuerit s. l. F3, D affuerit N, F, P 13 facili P
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[7–8] Nicht wirkt hier ein Heilkraut, nicht hier die nächtliche Hexerei der Kytaierin, nicht ein Zaubertrank, gebraut aus Gräsern von Perimedes Hand; [9–10] liegt doch, wo wir weder die Krankheitsursachen noch offene Hieb- und Stichwunden können erkennen, der Weg, woher dennoch kommen so viele Leiden, im Dunkel. [11–12] Es braucht ein solcher Kranker keine Ärzte, keine weichen Betten; ihm schadet kein Jahreszeitwetter und Wind. [13–14] Er geht spazieren – und plötzlich wundern über seinen Tod sich die Freunde! So unvorhersehbar ist, was immer als Liebe gilt. [15–16] Denn welchem trügerischen Wahrsager diene ich nicht als Beute? Welches alte Weib dreht und wendet nicht zehn Mal meine Träume? [17–18] Wenn jemand mein Feind sein will, möge er lieben die Mädchen. Freude an einem Knaben möge er finden, wenn jemand mein Freund will sein. [19–20] Auf einem ruhigen Fluss fährst du in sicherem Kahn stromabwärts. Wie könnte dir der Wellengang eines Wasserlaufs schaden, dessen Ufer so schmal ist? [20–21] Der eine, der Knabe, wechselt die Regungen seines Herzens oft schon durch ein einziges Wort. Die andere, das Mädchen, wird kaum selbst mit Blut sich erweichen lassen. 5 [1–2] Ist’s wahr, dass im Gerede du bist [oder: dich herumtreibst], Cynthia, in ganz Rom und in stadtbekannter Liederlichkeit lebst? [3–4] Habe ich derlei zu gewärtigen verdient? Du wirst es mir, Treulose, büßen, und es wird mich irgendwohin, Cynthia, verschlagen der Wind. [5–6] Finden werde ich unter so vielen Verlogenen doch noch eine, die durch meine Dichtung berühmt werden möchte [7–8] und nicht mit so gefühllosen Launen auf mir herumtanzt, sondern kein gutes Haar an dir lässt; wehe dir, zu spät wirst du weinen, die du von mir wardst lange geliebt. [9–10] Jetzt ist der Groll noch frisch, jetzt ist es Zeit auseinanderzugehen. Wenn der Schmerz erst vorüber ist, wird, glaube mir, wiederkehren die Liebe. [11–12] Nicht so rasch verändern sich durch die Nordwinde die Wogen des Karpathischen Meeres und dreht sich die schwarze Gewitterwolke durch den unbeständigen Südwind, [13–14] wie durch ein Wort bloß leicht sich umstimmen lassen wutentbrannte Liebende. Solange es geht, entziehe deinen Hals dem ungerechtfertigten Joch! [15–16] Zwar wird es dir schon etwas wehtun, aber nur in der ersten Nacht. Alles Leid in der Liebe wiegt leicht, wenn man geduldig es hinnimmt.
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[17–18] at tu per dominae Iunonis dulcia iura parce tuis animis, vita, nocere tibi! [19–20] non solum taurus ferit uncis cornibus hostem, verum etiam instanti laesa repugnat ovis. [21–22] nec tibi periuro scindam de corpore vestes, nec mea praeclusas fregerit ira fores, [23–24] nec tibi conexos iratus carpere crines, nec duris ausim laedere pollicibus: [25–26] rusticus haec aliquis tam turpia proelia quaerat, cuius non hederae circuiere caput. [27–28] scribam igitur quod non umquam tua deleat aetas: ‘Cynthia forma potens; Cynthia verba levis.’ [29–30] crede mihi, quamvis contemnas murmura famae, hic tibi pallori, Cynthia, versus erit.
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VI [1–2] Non ita complebant Ephyraeae Laidos aedes, ad cuius iacuit Graecia tota fores; [3–4] turba Menandreae fuerat nec Thaidos olim tanta, in qua populus lusit Ericthonius; [5–6] nec quae deletas potuit componere Thebas, Phryne tam multis facta beata viris. [7–8] quin etiam falsos fingis tibi saepe propinquos, oscula nec desunt qui tibi iure ferant. [9–10] me iuvenum pictae facies, me nomina laedunt, me tener in cunis et sine voce puer; [11–12] me laedet, si multa tibi dabit oscula, mater, me soror et cum quae dormit amica simul. [13–14] omnia me laedent: timidus sum – ignosce timori! – et miser in tunica suspicor esse virum. [15–16] his olim, ut fama est, vitiis ad proelia ventum est, his Troiana vides funera principiis; [17–18] aspera Centauros eadem dementia iussit frangere in adversum pocula Pirithoum.
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18 uita N, in marg. Prec, D ita F, P 21 periuro N, F, V2 periur(a)e P, D 25 aliquid F 26 circuiere F, P2, D, V, circumiere N, s. l. Pcorr, Vo 27 numquam pro non umquam N, corr. N umquam Vo Ƈ doleat N, corr. N VI 1 complebam D, Vo Ƈ ephere(a)e N, F, P, V, corr. P2 epherae V2mg 2 pedes D 3 achaydos P 4 turba D, Vo, corr. D2mg 5 deletas Nrec, F4, P, V2 delectas N, F, D 6 Phryne tam c, Volsco phy(i)rn(a)e tam N, D phirneram F4mg phy(i)meram F, P 8 nec desunt N, s. l. F4, D ne desint P, F3mg ue desunt F Ƈ iura F, V2, corr. F3mg 9 facies pict(a)e F, P 11 l(a)edes F, D, s. l. corr. F4 Ƈ dedit V2 12 cum quae c, Does iunior, Giardina si quae Heins cum qua W quando Alton 1935 Ƈ dormis F, P2 13 l(a)edunt P Ƈ timenti P 18 pyrithoum F perithoum, D perythoum P
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[17–18] Doch du, beschwöre ich dich bei den holden Gesetzen der Gebieterin Iuno, hüte dich, mein Leben, dir mit deinen Launen zu schaden! [19–20] Nicht nur stößt ein Stier mit seinen krummen Hörnern den Feind, sondern es setzt sich auch, greift einer es an, ein verletztes Schaf zur Wehr. [21–22] Doch weder könnte ich dir von deinem treulosen Leib reißen die Kleider oder in meinem Zorn zertrümmern die vor mir zugeschlagene Tür, [23–24] noch könnte ich es wagen, dir wutentbrannt zu zerzausen die zu Zöpfen geflochtenen Haare oder dich zu verletzen mit hart zupackenden Daumen. [25–26] Ein bäurischer Grobian suche diese so garstigen Kämpfe, dessen Kopf noch nie Efeu umkränzte. [27–28] Schreiben werde ich denn, was du zeit deines Lebens nicht kannst tilgen: »Cynthia eine eindrucksvolle Schönheit, Cynthia in ihren Äußerungen leichtfertig.« [29–30] Glaube mir, magst du auch das Geraune über deinen Ruf noch so gleichmütig abtun, dieser Vers wird, Cynthia, zu erbleichen Anlass dir geben. 6 [1–2] Nicht so bevölkerten Liebhaber das Haus der Ephyraierin [Korintherin] Laïs, vor deren Tür ganz Griechenland lag, [3–4] noch war so groß einst gewesen die Verehrerschar von Menanders Thaïs, bei der sich vergnügte das Volk des Erechtheus, [5–6] noch Phryne, die das zerstörte Theben hätte wiederaufbauen können, durch so viele Männer wohlhabend geworden. [7–8] Nicht genug damit, denkst du dir oft falsche männliche Verwandte aus, und dabei fehlen dir doch nicht welche, die dir mit Fug und Recht Küsse geben könnten. [9–10] Mich verletzen die Bildnisse von Jünglingen, mich ihre Namen, mich das zarte Kind in der Wiege, das noch nicht spricht. [11–12] Mich verletzen wird, wenn viele Küsse sie dir gibt, deine Mutter, mich deine Schwester oder eine Freundin, sooft sie übernachtet bei dir. [13–14] Alles wird mich verletzen. Ängstlich bin ich – verzeih mir meine Angst! – und argwöhne liebeskrank, wie ich bin, in der Tunika stecke ein Mann. [15–16] Durch diese Fehler ist es einst, wie die Sage geht, zu Kämpfen gekommen; aus diesen Anfängen ersiehst du den Ursprung von Troias Untergang. [17–18] Dieselbe Liebestollheit hat den Kentauren geboten, getriebene Kelche zerschellen zu lassen an Peirithoos’ Stirn.
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[19–20] cur exempla petam Graium? tu criminis auctor, nutritus duro, Romule, lacte lupae: [21–22] tu rapere intactas docuisti impune Sabinas: per te nunc Romae quidlibet audet Amor. [23–24] felix Admeti coniunx et lectus Ulixis, et quaecumque viri femina limen amat! [25–26] templa Pudicitiae quid opus statuisse puellis, si cuivis nuptae quidlibet esse licet? [27–28] quae manus obscenas depinxit prima tabellas et posuit casta turpia visa domo, [29–30] illa puellarum ingenuos corrupit ocellos nequitiaeque suae noluit esse rudes. [31–32] ah gemat in tenebris, ista qui protulit arte iurgia sub tacita condita laetitia! [33–34] non istis olim variabant tecta figuris: tum paries nullo crimine pictus erat. [35–36] sed non immerito velavit aranea fanum et mala desertos occupat herba deos. [37–38] quos igitur tibi custodes, quae limina ponam, quae numquam supra pes inimicus eat? [39–40] nam nihil invitae tristis custodia prodest; quam peccare pudet, Cynthia, tuta sat est. [41–42] nos uxor numquam, numquam deducet amica: semper amica mihi, semper et uxor eris.
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VII [1–2] Gavisa es certe sublatam, Cynthia, legem, qua quondam edicta flemus uterque diu, [3–4] ni nos divideret, quamvis diducere amantes non queat invitos Iuppiter ipse duos. [5–6] ‘at magnus Caesar!’ sed magnus Caesar in armis: devictae gentes nil in amore valent. [7–8] nam citius paterer caput hoc discedere collo, quam possem nuptae perdere more faces
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20 duro W durae c 21 capere F, s. l. corr. F4 Ƈ intactas N, F4mg, P, D ractas F raptas F3 22 per te N, F4, P, D parce F Ƈ quilibet P quodlibet P2mg 23 ameti N, F, D 24 uiri s. l. F3, P feri N, F, D 26 cuius F quoius vel quo ius vel quo uis D Ƈ quoilibet D, V quolibet Schrader cuilibet F, P, Vo Ƈ esse W ire Schrader Ƈ lites F, s. l. corr. F4 28 uisa N, F, P, V2 iussa D 31 tenebris Fontein terris W Ƈ iste N 32 iurgia W orgia Ruhnken, Palmer Ƈ sub N, P2mg, D sed F, P 34 tectus F 37 lumina F, P, in marg. corr. P2 Ƈ quod F, in marg. corr. F4 41 deducet cod. Vat. Chig. H IV 1231, Volsco seducet Birt, Rothstein me ducet W VII 1 es c, Schrader, Burman est W 2 flemus c, Beroaldo stemus W 3 ni N, Pmg qui P quis F, D 5 at N, D an s. l. N2, F, P Ƈ sed N, s. l. F4, Prec, D an F, P 8 more N, F, P, V2 amore D in ore P2
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[19–20] Doch warum soll auf Beispiele aus der Welt der Griechen ich zurückgreifen? Du Unheilstifter Romulus, der du genährt wurdest von der herben Milch einer Wölfin, [21–22] du hast unberührte Sabinerinnen ungestraft zu rauben gelehrt. Durch dein Verschulden wagt jetzt in Rom, was ihm behagt, der Liebesgott. [23–24] Glücklich heiße ich Admets Gattin und die Ehe des Odysseus und eine jegliche Frau, die ihres Mannes Türschwelle liebt und ehrt! [25–26] Wozu musste man Tempel der Keuschheit für junge Frauen erbauen, wenn eine jede, die sich vermählt hat, sein darf, was ihr beliebt? [27–28] Die Hand, die als erste anstößige Bilder gemalt und Malereien mit scheußlichen Szenen angebracht hat in einem anständigen Haus, [29–30] sie hat verdorben die unschuldigen Augen der Mädchen und nicht gewollt, dass in der ihr eigenen Lüsternheit unerfahren sie seien. [31–32] Ach, möchte doch in der Finsternis des Schattenreichs stöhnen, wer mit dieser fragwürdigen Kunst unter stiller Liebeswonne begrabene Wortwechsel holte hervor! [33–34] Nicht schillerten einst von derlei Darstellungen die Decken. Damals war die Wand mit keinerlei Vergehen bemalt. [35–36] Doch nicht unverschuldet verhüllte Spinnengewebe das Heiligtum und ergreift Unkraut Besitz von den menschenverlassenen Standorten der Götter. [37–38] Welche Wächter soll ich dir denn hinstellen, welche Schwellen dir hinsetzen, dass niemals ein feindlicher Fuß darüber geht? [39–40] Denn sträubt sich eine gegen Vorkehrungen zum Schutz ihrer Tugend, nützt eine griesgrämige Wache nichts. Die aber zu sündigen sich schämt, ist, Cynthia, gegen Versuchungen hinlänglich gefeit. [41–42] Einen wie mich aber wird niemals eine Ehefrau, niemals eine Freundin davon abbringen: Immer wirst für mich du die Freundin, immer du auch die Ehefrau sein! 7 [1–2] Gefreut hast du dich gewiss, Cynthia, dass aufgehoben wurde das Gesetz, über das wir, als unlängst es erlassen wurde, beide lange weinten; [3–4[ fürchteten wir doch, es würde uns trennen, obschon gegen ihren Willen selbst ein Iuppiter zwei Liebende nicht auseinanderzureißen vermöchte. [5–6] »Aber groß ist Caesar!« Doch groß ist Caesar im Kriege – Völker niedergezwungen zu haben gilt nichts in der Liebe. [7–8] Denn eher ließe ich den Kopf mir abtrennen von diesem meinem Hals, als dass ich heiraten und durch den Eigensinn der Braut Fackeln vergeuden könnte
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[9–10] aut ego transirem tua limina clausa maritus, respiciens udis prodita luminibus. [11–12] ah mea tum quales caneret tibi tibia somnos, tibia, funesta tristior illa tuba! [13–14] unde mihi patriis gnatos praebere triumphis? nullus de nostro sanguine miles erit. [15–16] quod si vera meae comitarem castra puellae, non mihi sat magnus Castoris iret equus. [17–18] hinc etenim tantum meruit mea gloria nomen, gloria ad hibernos lata Borysthenidas. [19–20] tu mihi sola places; placeam tibi, Cynthia, solus: hic erit et patrio sanguine pluris amor.
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VIII [1–2] Eripitur nobis iam pridem cara puella, et tu me lacrimas fundere, amice, vetas? [3–4] nullae sunt inimicitiae nisi amoris acerbae: ipsum me iugula, lenior hostis ero. [5–6] possum ego in alterius positam spectare lacerto? nec mea dicetur, quae modo dicta mea est? [7–8] omnia vertuntur, certe vertuntur amores: vinceris aut vincis – haec in amore rota est. [9–10] magni saepe duces, magni cecidere tyranni, et Thebae steterant altaque Troia fuit. [11–12] munera quanta dedi vel qualia carmina feci! illa tamen numquam ferrea dixit: ‘amo’. [13–14] ergo iam multos nimium temerarius annos, improba, qui tulerim teque tuamque domum? [15–16] ecquandone tibi liber sum visus? an usque in nostrum iacies verba superba caput? [17–18] sic igitur prima moriere aetate, Properti? sed morere; interitu gaudeat illa tuo! [19–20] exagitet nostros Manes, sectetur et umbras, insultetque rogis, calcet et ossa mea!
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9 lumina F 10 undis F, corr. F4 uelis D Ƈ perdita F, P2mg, s. l. corr. F3 11 dum F, P, s. l. corr. F4 Ƈ tibi om. F, in marg. add. F4 Ƈ cynthia pro tibia Pras 13 patriis W Parthis Ruhnken Ƈ natos F gnaros vel gnarus P 15 et pro quod F, in marg. corr. F4 Ƈ comitarem c, Beroaldo comitarer c, Pucci, Scheidweiler comitarent W 18 buresteuindas F, in marg. corr. F4 20 hinc F, corr. F4 Ƈ patriae D, corr. V2 Ƈ sanguine W nomine Postgate 1880 VIII 4 lenior N, s. l. F4, V2 leuior F, P segnior D 6 quomodo P 8 aut uincis W aut uinces c a uictis Barber 1953 10 steterant W steterunt c, Scaliger 12 dicit F, P 13 iam N, F, Pmg, D tam P 15 et quando ne P, V, D ec quando ue F4 et quando ue F et quoniam ne Vo
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[9–10] oder dass ich als Ehemann vorbeiginge an deiner verschlossenen Tür und auf sie, weil verraten ich sie hätte, zurückblickte mit feuchten Augen. [11–12] Ach, von welch einem Schlaf würde dir dann meine Rohrpfeife künden, jene Rohrpfeife, die auf der Hochzeit trauriger klänge als eine Tuba beim Leichenbegängnis! [13–14] Wie könnte ich darauf verfallen, Söhne für Triumphe des Vaterlands zu stellen! Kein Soldat wird meinem Blut entspringen. [15–16] Wenn ich aber meine Geliebte auf den wahren Feldzügen begleitete, liefe mir nicht schnell genug Kastors stattliches Ross. [17–18] Hiervon nämlich hat mein Ruhm einen so großen Namen errungen, ein Ruhm, der bis zu den Anwohnern des Borysthenes im winterlichen Norden drang. [19–20] Du allein gefällst mir; dir gefallen, Cynthia, möchte ich allein. Diese Liebe wird mir mehr wert sein als die Blutsbande einer Vaterschaft. 8 [1–2] Entrissen wird mir das Mädchen, das schon seit langem ich liebe, und da verbietest du mir, Freund, Tränen darüber zu vergießen? [3–4] Keine Feindschaften bis auf die, die mit Liebe zu tun haben, empfinde ich als bitter. Selbst wenn du mir die Kehle zudrückst, werde ein friedfertigerer Feind ich dir sein! [5–6] Kann ich zusehen, wie sie in den Armen eines anderen liegt, und wird nicht mehr die Meine genannt werden, die eben noch genannt wurde die Meine? [7–8] Alles wandelt sich. Jedenfalls wandeln sich die Liebesbeziehungen. Besiegt wirst du oder du siegst – darum dreht sich in der Liebe das Glücksrad. [9–10] Große Heerführer, große Tyrannen sind oft gefallen. Auch Theben hatte auf festen Füßen gestanden, und eine hochragende Festung ist Troia gewesen. [11–12] Welch große Geschenke habe ich ihr überreicht oder was für Lieder auf sie gedichtet! Sie aber blieb dennoch eisern, sagte niemals: »Ich liebe dich.« [13–14] Also war ich schon viele Jahre allzu verblendet, Unverfrorene, dass ich aushielt dich und dein Haus? [15–16] Hast du denn jemals einen freien Mann in mir gesehen? Willst du mir etwa in einem fort hochmütige Worte an den Kopf werfen? [17–18] So wirst du also in frühester Jugend sterben, Properz? Aber stirb nur! Soll sie sich doch freuen über deinen Tod! [19–20] Mag sie nur stören meine Manen, jagen meinen Schatten, tanzen auf meinem Grab und herumtrampeln auf meinen Gebeinen!
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[21–22] quid? non Antigonae tumulo Boeotius Haemon corruit, ipse suo saucius ense latus, [23–24] et sua cum miserae permiscuit ossa puellae, qua sine Thebanam noluit ire domum? [25–26] sed non effugies, mecum moriaris oportet; hoc eodem ferro stillet uterque cruor. [27–28] quamvis ista mihi mors est inhonesta futura: mors inhonesta quidem, tu moriere tamen. [29–30] ille etiam abrepta desertus coniuge Achilles cessare in tectis pertulit arma sua. [31–32] viderat ille fuga stratos in litore Achivos, fervere et Hectorea Dorica castra face; [33–34] viderat informem multa Patroclon harena porrectum et sparsas caede iacere comas, [35–36] omnia formosam propter Briseida passus: tantus in erepto saevit amore dolor. [37–38] at postquam sera captiva est reddita poena, fortem illum Haemoniis Hectora traxit equis. [39–40] inferior multo cum sim vel matre vel armis, mirum, si de me iure triumphat Amor?
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IX [1–2] Iste quod est, ego saepe fui; sed fors et in hora hoc ipso eiecto carior alter erit. [3–4] Penelope poterat bis denos salva per annos vivere, tam multis femina digna procis; [5–6] coniugium falsa poterat differre Minerva, nocturno solvens texta diurna dolo; [7–8] visura et quamvis numquam speraret Vlixem, illum exspectando facta remansit anus. [9–10] nec non exanimem amplectens Briseis Achillem candida vesana verberat ora manu; [11–12] et dominum lavit maerens captiva cruentum, propositum flavis in Simoënte vadis,
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21 antigones P2 Ƈ boeotius c boetius F, P, D boecius N 23 cura pro cum in marg. F2 25 non om. N, s. l. add. N Ƈ effugies s. l. N effigies N efficies F, P, D 26 ferro eodem N 31 fuga stratos Passerat fuga, stratos Burman fugas tractos N, F, D fuga tractos P frigis pro fuga in marg. add. P 36 scaeuit D 37 sera N, P, V2, om. F., in marg. add. F4 sacra D 38 forte D 39 matre cod. Vat. Barber. VIII 23 marte N, F, P, V2, Vo in arte D, V IX 2 eiecto D, V2, Vo electo N, F, V e lecto P 3 penelope N, F4mg, P, D penolope F, P2mg 6 tecta F, corr. F3 7 uisuram Prec 8 ulixen N 11 uirens F, in marg. corr. F4 12 appositum D Ƈ flauis c, Guyet, Heins fuluis cod. Oxon. bibl. Bodl. Holkh. Add. B 55 (28995), Ellis, Postgate 1880 fluuiis W Ƈ Simoente Guyet, Housman simoenta N, D simeonta F symounta P
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[21–22] Wie? Ist nicht in Antigones Felsengrab der Boioter Haimon zusammengebrochen, vom eigenen Schwert todwund, das er selbst sich stieß in die Seite, [23–24] und vereinigte er nicht seine Gebeine mit denen der beklagenswerten Geliebten, ohne die er nicht ziehen wollte in seinen thebanischen Palast? [25–26] Doch wirst du mir nicht entrinnen; mit mir sterben musst du. Von eben demselben Stahl tropfe unser beider Blut. [27–28] Obschon dieser dein Tod für mich unrühmlich sein wird, ist’s ein unrühmlicher Tod zwar, aber sterben wirst du gleichwohl. [29–30] Der Achilleus von einst hat sogar, als vereinsamt er war, da ihm entrissen man hatte die Lebensgefährtin, es ausgehalten, im Zelt ruhen zu lassen seine Waffen. [31–32] Mitangesehen hatte er, dass auf der Flucht niedergehauen wurden am Strand die Achaier und das dorische Schiffslager loderte von Hektors Brandfackel. [33–34] Mitangesehen hatte er, dass Patroklos, entstellt vom vielen Sand und die Haare bespritzt vom Blutbad, niedergestreckt lag am Boden. [35–36] Alles hat er wegen der schönen Briseïs geschehen lassen: So groß war der Schmerz, der in ihm tobte, als man ihm entriss die Geliebte. [37–38] Doch nachdem ihm in einem Akt später Wiedergutmachung zurückgegeben worden war die Gefangene, hat er den heldenhaften Hektor von einst hinter sich her geschleift mit seinen haimonischen Pferden. [39–40] Da ich viel niedriger stehe, einerlei, ob der Mutter oder den Waffentaten nach, ist es da verwunderlich, wenn über mich mit dem Recht des Siegers triumphiert Amor, der Gott der Liebe? 9 [1–2] Was der da ist, bin oft ich gewesen. Aber vielleicht wird auch schon in einer Stunde, kaum, dass er selbst hinausgeworfen wurde, genehmer ein anderer ihr sein. [3–4] Penelope konnte zweimal zehn Jahre lang unbescholten leben – eine Frau, die so viele Freier verdiente. [5–6] Die Heirat konnte sie hinauszögern mit vorgetäuschter Handarbeit, trennte sie doch, was bei Tag sie gewebt hatte, bei Nacht listig auf. [7–8] Obschon sie Odysseus wiederzusehen niemals hoffen konnte, harrte sie, durch das Warten auf ihn zur alten Frau geworden, in ihrem Hause aus. [9–10] Ja, Briseïs umarmte den entseelten Achilleus, schlug sich mit rasender Hand ins strahlend weiße Gesicht, [11–12] wusch als trauernde Kriegsgefangene ihren blutüberströmten Herrn, als ausgestreckt am Simoeis er lag auf goldgelben Sandbänken,
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[13–14] foedavitque comas, et tanti corpus Achilli maximaque in parva sustulit ossa manu, [15–16] cum tibi nec Peleus aderat nec caerula mater, Scyria nec viduo Deidamia viro. [17–18] tunc igitur veris gaudebat Graecia natis, tunc etiam felix inter et arma pudor. [19–20] at tu non una potuisti nocte vacare, impia, non unum sola manere diem! [21–22] quin etiam multo duxistis pocula risu; forsitan et de me verba fuere mala. [23–24] hic etiam petitur, qui te prius ipse reliquit. di faciant, isto capta fruare viro! [25–26] haec mihi vota tuam propter suscepta salutem, cum capite hoc Stygiae iam poterentur aquae, [27–28] et lectum flentes circumstaremus amici? hic ubi tum, pro di, perfida, quisve fuit? [29–30] quid, si longinquos retinerer miles ad Indos, aut mea si staret navis in Oceano? [31–32] sed vobis facile est verba et componere fraudes: hoc unum didicit femina semper opus. [33–34] non sic incerto mutantur flamine Syrtes, nec folia hiberno tam tremefacta Noto, [35–36] quam cito feminea non constat foedus in ira, sive ea causa gravis, sive ea causa levis. [37–38] nunc, quoniam ista tibi placuit sententia, cedam: tela, precor, pueri, promite acuta magis, [39–40] figite certantes atque hanc mihi solvite vitam! sanguis erit vobis maxima palma meus. [41–42] sidera sunt testes et matutina pruina et furtim misero ianua aperta mihi, [43–44] te nihil in vita nobis acceptius umquam; nunc quoque eris, quamvis sis inimica mihi. [45–46] nec domina ulla meo ponet vestigia lecto; solus ero, quoniam non licet esse tuum.
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13 hachilli P achillis F, D hachillis P2 15 tunc tibi P cui tum Housman 16 scy(i)ria N, F4, P, D, V scina F stita Vo Ƈ uiro W toro c, Scaliger 17 ueris P2mg uiris N, F2, P iuris F castis D Ƈ natis W nuptis Baehrens 1878, Sandström 1878 21 duxisti F, P, D 26 capit F caput F2 capute F4 Ƈ potarentur F peterentur D 28 quisne F 33 incerto W incertae c 34 in hiberno P, corr. P2ras in yberno F 38 precor N, F4mg, D quidem F, P, V2mg Ƈ puer hic pro pueri P Ƈ promite F4, D, V promitte N, Vo promit P pincte F 43–44 om. P, in marg. add. P 43 nobis acceptius N, Pmg nobis est acceptius D, V2mg uobis aceptius F magis est acceptius V, Vo 44 sis in marg. P, s. l. F4, D sit F3 sic N, F
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[13–14] zerraufte [oder: verschmutzte] sich ihre Haare und hob [nach der Einäscherung] den Körper des so stattlichen Achilleus und seine riesigen Gebeine in ihrer kleinen Hand vom Boden auf, [15–16] als dir, Achilleus, weder Peleus beistand noch die meerblaue Mutter noch die Skyrerin Deïdameia als ledigem Mann [oder: Frau eines ledigen Manns]. [17–18] Damals also erfreute sich Griechenland wahrhafter Töchter, damals gedieh sogar noch mitten im Krieg der Anstand. [19–20] Doch du, Ruchlose, konntest nicht in einer einzigen Nacht ohne Mann sein, nicht allein bleiben einen einzigen Tag. [21–22] Ja, ihr schlürftet sogar Becher Wein unter viel Gelächter, und vielleicht sind dabei über mich böse Worte gefallen. [23–24] Um den bemühst du dich gar, der dich vorher von sich aus verließ. Die Götter mögen es fügen, dass du in den Genuss kommst, eingenommen zu sein von diesem Kerl. [25–26] Habe ich dazu Gelübde geleistet für deine Gesundheit, als von diesem deinem Haupt schon Besitz ergriffen des Styxes Fluten [27–28] und wir Freunde weinend umstanden dein Bett? Wo bei den Göttern ist damals er gewesen, Treulose, oder vielmehr, wer war dieser Er? [29–30] Wie, wenn ich verpflichtet würde, als Soldat Kriegsdienst zu leisten bei den fernen Indern, oder wenn mein Schiff stillstände im Ozean! [31–32] Doch euch fällt es leicht, euch Ausreden und Lügen zurechtzulegen. Dies ist das einzige Handwerk, das eine Frau immer erlernt hat. [33–34] Nicht so schnell verändern sich vom unberechenbaren Wehen der Winde die Syrten und nicht so rasch sich die vom winterlichen Südwind durchwirbelten Blätter, [35–36] wie der Liebesbund ins Wanken gerät bei weiblichem Zorn, sei es, der Anlass ist schwerwiegend, sei es, der Anlass ist geringfügig. [37–38] Nun, da du ja diesen Beschluss gefasst hast, werde ich mich in mein Schicksal fügen. Holt, bitte ich euch, ihr Knaben, aus dem Köcher spitzere Pfeile hervor, [39–40] durchbohrt mich damit um die Wette, und erlöst mich von diesem Leben! Mein Blut wird für euch der höchste Siegeslohn sein. [41–42] Die Sterne sind meine Zeugen und der frühmorgendliche Raureif und die Tür, die heimlich mir Armem sich öffnete, [43–44] dass nichts in meinem Leben mir jemals angenehmer war als du. Auch jetzt wirst du es sein, so unfreundlich du auch zu mir bist. [45–46] Keine Herrin wird mehr Spuren hinterlassen in meinem Bett; ledig will ich sein, da es mir ja nicht vergönnt ist, dir zu gehören.
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[47–48] atque utinam, si forte pios eduximus annos, ille vir in medio fiat amore lapis! [49–50] non ob regna magis diris cecidere sub armis Thebani media non sine matre duces, [51–52] quam, mihi si media liceat pugnare puella, mortem ego non fugiam morte subire tua.
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X [1–2] Sed tempus lustrare aliis Helicona choreis, et campum Haemonio iam dare tempus equo. [3–4] iam libet et fortes memorare ad proelia turmas et Romana mei dicere castra ducis. [5–6] quod si deficiant vires, audacia certe laus erit: in magnis et voluisse sat est. [7–8] aetas prima canat Veneres, extrema tumultus: bella canam, quando scripta puella mea est. [9–10] nunc volo subducto gravior procedere vultu, nunc aliam citharam me mea Musa docet. [11–12] surge, anime, ex humili! iam, carmina, sumite vires! Pierides, magni nunc erit oris opus. [13–14] iam negat Euphrates equitem post terga tueri Parthorum et Crassos se tenuisse dolet. [15–16] India quin, Auguste, tuo dat colla triumpho, et domus intactae te tremit Arabiae; [17–18] et si qua extremis tellus se subtrahit oris, sentiat illa tuas postmodo capta manus! [19–20] haec ego castra sequar; vates tua castra canendo magnus ero: servent hunc mihi fata diem! [21–22] ut, caput in magnis ubi non est tangere signis, ponitur hic imos ante corona pedes, [23–24] sic nos nunc, inopes laudis conscendere culmen, pauperibus sacris vilia tura damus. [25–26] nondum etiam Ascraeos norunt mea carmina fontes, sed modo Permessi flumine lavit Amor.
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49 uiris F, corr. F4 X 1 est D, corr. D2mg 7 ueneros F, corr. F4 ueteres P, corr. P2mg 8 cana F, corr. F2 9 succedere F 10 nam P namque F, P2, D, Vo 11 anime cod. Salmant. bibl. Univ. 86, Heins anima W Ƈ carmine N, P, D 14 timuisse V2mg metuisse D2mg, V, Vo 15 quin c, Beroaldo quis W Ƈ anguste F, Vo Ƈ collo N 16 tremuit F 17 horis N, F, corr. F2 20 facta Vo 21 ut W at Fontein Ƈ non est N, s. l. F4, P, D et non et F 22 hac N, F, P 23 culmen Passerat ex codice quodam Memmii hodie amisso currum Markland, Faltin carmen W 24 iulia F 25 ascreos etiam N 26 permessi W termessi s. l. N2
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[47–48] Und möchte doch, sollte in Ehrfurcht vor den Göttern ich zugebracht haben die Jahre, jener Kerl zu Stein werden mitten im Liebesakt! [49–50] Nicht fielen wegen des Bruderstreits um die Königsherrschaft, in dem die Mutter als Vermittlerin dazwischenzutreten nicht versäumte, die thebanischen Heerführer unter den Hieben entsetzlicherer Waffen [51–52] als den Schwertstreichen, unter denen ich, wenn ich vor dir, der Geliebten, kämpfen dürfte und du als Vermittlerin dazwischenträtest, mich nicht versagen würde, den Tod zu erleiden um den Preis deines Todes. 10 [1–2] Doch ist’s Zeit, mit anderen Reigentänzen zu umkreisen den Helikon, und ist’s nunmehr Zeit, freie Bahn zu geben dem haimonischen Ross. [3–4] Nunmehr reizt es mich, kampfesmutige Schwadronen zu würdigen wie auch die römischen Feldzüge meines Kriegsherrn zu preisen. [5–6] Wenn aber die Kräfte versagen sollten, wird zumindest die Kühnheit Lob finden; bei Großem genügt auch schon, es gewollt zu haben. [7–8] Das erste Lebensalter singe von Liebeswonnen, das letzte von Schlachtgetümmeln. Von Kriegen singen werde ich, wenn erst die Geschichte meiner Geliebten zu Ende geschrieben ist. [9–10] Jetzt will ich mit hochgezogenen Brauen würdevoller auftreten, jetzt unterweist in anderem Saitenspiel mich die Muse. [11–12] Erhebe dich, Mut, von der Niederung! Nun, Lieder, schöpft daraus Kraft! Pieriden, einer mächtigen Stimme wird es jetzt bedürfen. [13–14] Schon weigert sich der Euphrat, die Reiterei der Parther auf dem Rückzug zu decken, und bedauert er es, Vater und Sohn Crassus behalten zu haben. [15–16] Ja, selbst Indien bietet dir, Augustus, seinen Nacken zum Triumph dar, und es zittert vor dir das Königshaus des unbehelligten Arabien. [17–18] Und wenn deinem Einfluss irgendein Land am Ende der Welt sich entzieht, soll es, kurze Zeit später erobert, zu spüren bekommen deine Hand. [19–20] Diesem Kriegszug will ich mich anschließen. Durch die Verherrlichung deines Kriegszugs werde ein großer Dichter und Seher ich sein. Das Schicksal vergönne es mir, diesen Tag noch zu erleben! [21–22] Wie aber, wenn bei großen Standbildern das Haupt zu berühren nicht möglich ist, der Kranz in diesem Fall zuunterst vor die Füße gelegt wird, [23–24] so spende ich jetzt aus Unvermögen, des Lobpreises Gipfel zu erklimmen, zu ärmlichen Opfern wohlfeilen Weihrauch. [25–26] Noch nicht kennen meine Gedichte gar Askras Quellen, sondern nur in des Permessos Flusswasser badete sie Amor.
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XI [1–2] Scribant de te alii vel sis ignota licebit; laudet, qui sterili semina ponit humo. [3–4] omnia, crede mihi, tecum uno munera lecto auferet extremi funeris atra dies; [5–6] et tua transibit contemnens ossa viator, nec dicet: ‘cinis hic docta puella fuit.’
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XII [1–2] Quicumque ille fuit, puerum qui pinxit Amorem, nonne putas miras hunc habuisse manus? [3–4] is primum vidit sine sensu vivere amantes et levibus curis magna perire bona. [5–6] idem non frustra ventosas addidit alas, fecit et humano corde volare deum: [7–8] scilicet alterna quoniam iactamur in unda nostraque non ullis permanet aura locis. [9–10] et merito hamatis manus est armata sagittis, et pharetra ex umero Cnosia utroque iacet, [11–12] ante ferit quoniam, tuti quam cernimus hostem, nec quisquam ex illo vulnere sanus abit. [13–14] in me tela manent, manet et puerilis imago, sed certe pennas perdidit ille suas, [15–16] evolat et nostro quoniam de pectore nusquam assiduusque meo sanguine bella gerit. [17–18] quid tibi iucundum est siccis habitare medullis? si pudor est, alio traice duella tua! [19–20] intactos isto satius temptare veneno: non ego, sed tenuis vapulat umbra mea. [21–22] quam si perdideris, quis erit, qui talia cantet (haec mea Musa levis gloria magna tua est), [23–24] qui caput et digitos et lumina nigra puellae et canat, ut soleant molliter ire pedes?
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XI 1 scribebant F, P Ƈ alii de te F, P alii F3, P2 Ƈ ue F ne F3, P2mg Ƈ ignora N, s. l. corr. N2 2 ludet N, F, P, V2 4 aufert F 6 cuius F Ƈ hic N, P, D h(a)ec N2, F XII 1 fuit ille D Ƈ puerum N, s. l. F4, P, D primus F Ƈ depinxit pro qui pinxit Vo 3 hic pro is F, P 8 non nullis F, D 9 hamantis N Ƈ est N, F3, P, D et F 10 uterque N 12 quisquam N, F4mg, P, D quiquma F quicquam F2 Ƈ abit N, D2, V erit F, P, D, Vo 15 et Flach e(st) N e F, P, D heu Muret, Palmer en Passerat Ƈ numquam P 17 et N, s. l. corr. N2 18 puer W, corr. V2 Ƈ duella Lips bella c tela V2 puella W Ƈ tua c tuo W loco in marg. Nrec puer V2 19 istos potius D, Vo isto pocius V Ƈ temperare F, corr. F3 20 uapulet F, s. l. corr. F4
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11 [1–2] Schreiben mögen über dich meinetwegen andere oder du unberühmt sein! Es preise dich getrost, wer Sämlinge setzt in unfruchtbares Erdreich! [3–4] Alle deine Gaben wird, glaube mir, mit dir zusammen auf ein und derselben Bahre wegtragen der düstere Tag des Letzten Geleits, [5–6] und an deinen Gebeinen wird achtlos vorbeigehen der Wanderer und wird nicht sagen: »Die Asche hier ist einmal eine kunstsinnige Geliebte gewesen.« 12 [1–2] Wer auch immer jener ist gewesen, der als einen Knaben malte den Liebesgott, meinst du nicht, dass wunderbare Hände er hatte? [3–4] Er hat zuerst erkannt, dass ohne Sinn und Verstand leben die Liebenden und durch belanglose Beschäftigungen verlorengehen große Vermögen. [5–6] Auch hat er nicht umsonst ihm windschnelle Flügel verliehen, sondern im Menschenherzen herumflattern lassen den Gott – [7–8] verständlicher Weise, da wir ja doch umhergeworfen werden im Wechselspiel des Wellengangs und in keinen Gegenden uns ständig hold bleibt der Wind. [9–10] Auch ist aus gutem Grund seine Hand mit widerhakenbestückten Pfeilen bewaffnet und hängt von beiden Schultern ein kretischer Köcher herab, [11–12] da er ja trifft, bevor wir gewappnet sichten den Feind, und niemand von jener Art Verwundung unbeschadet davonkommt. [13–14] Bei mir bleiben die Pfeile haften, bleibt haften auch das Bildnis des Knaben, aber gewiss hat verloren er seine Flügel; [15–16] fliegt er doch auch von meinem Herzen unter keinen Umständen fort, sondern führt beharrlich Krieg um mein Blut. [17–18] Welches Vergnügen findest du daran, zu hausen in ausgetrocknetem Mark? Wenn du Anstand hast, verlege anderswohin deine Fehden [oder, sollte tela statt duella oder bella zu lesen sein: schieße anderswohin ab deine Pfeile]! [19–20] Von dir Unbehelligte suchst du besser mit diesem deinem Gift heim. Nicht ich, sondern mein schwächlicher Schatten leidet Pein. [21–22] Wenn i h n du vernichtest, wer in aller Welt soll dann solche Lieder singen – diese meine leichte Muse macht doch deinen großen Ruhm aus –, [23–24] wer dann von Kopf, Fingern und dunklen Augen der Geliebten und davon singen, wie ihre Füße geschmeidig pflegen zu gehn?
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XIII [1–2] Non tot Achaemeniis armatur Etrusca sagittis, spicula quot nostro pectore fixit Amor. [3–4] hic me tam graciles vetuit contemnere Musas, iussit et Ascraeum sic habitare nemus, [5–6] non ut Pieriae quercus mea verba sequantur aut possim Ismaria ducere valle feras, [7–8] sed magis ut nostro stupefiat Cynthia versu: tunc ego sim Inachio notior arte Lino. [9–10] non ego sum formae tantum mirator honestae, nec si qua illustres femina iactat avos: [11–12] me iuvet in gremio doctae legisse puellae auribus et puris scripta probasse mea. [13–14] haec ubi contigerint, populi confusa valeto fabula: nam domina iudice tutus ero. [15–16] quae si forte bonas ad pacem verterit aures, possum inimicitias tunc ego ferre Iovis. [17–18] quandocumque igitur nostros mors claudet ocellos, accipe quae serves funeris acta mei. [19–20] nec mea tunc longa spatietur imagine pompa, nec tuba sit fati vana querela mei; [21–22] nec mihi tunc fulcro sternatur lectus eburno, nec sit in Attalico mors mea nixa toro. [23–24] desit odoriferis ordo mihi lancibus, adsint plebei parvae funeris exsequiae. [25–26] sat mea, sat magna est, si tres sint pompa libelli, quos ego Persephonae maxima dona feram. [27–28] tu vero nudum pectus lacerata sequeris, nec fueris nomen lassa vocare meum, [29–30] osculaque in gelidis pones suprema labellis, cum dabitur Syrio munere plenus onyx. [31–32] deinde, ubi suppositus cinerem me fecerit ardor, accipiat Manes parvula testa meos, [33–34] et sit in exiguo laurus super addita busto, quae tegat exstincti funeris umbra locum,
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XIII 1 tota V2 Ƈ achimeniis W, corr. c Ƈ armatur N, F, P, V armantur F3, D, Vo Ƈ Etrusca W susa c, Beroaldo; alii alia 5 ne pro ut D 6 ismaria c hi(y)smaria N2, F, P, D hismarias N 11 non pro me V2 Ƈ iuuat P 12 pueris N, F, D2mg, V 13 contigerint N, s. l. F4mg contigerit D confugerint F, P, V2 cum fuerint P2mg 15 quod F, D2mg 21 tum Vo 22 iuxta F, in marg. corr. F4 23 dixit F, in marg. corr. F4 24 obsequi(a)e N, F, s. l. corr. N exequie D 25 sat mea sat magna est c, Enk, Barber sat mea sit magna W 27 tum D 29 oscula quae N Ƈ libellis N, corr. N 30 scyrio V, Vo 31 ubi om. F, s. l. add. F3 ut P Ƈ ardor N, F, P2mg, D ignis P 32 tecta F, corr. F4 34 regat F, corr. F4 tetigit N, corr. N
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13 [1–2] Nicht bewaffnet sich die Etruskerin Diana mit so vielen achaimenidischen Pfeilen, wie Amor Widerhaken bohrte in meine Brust. [3–4] Dieser hat mir verboten, die so zarten Musen zu missachten, und befohlen, mithin zu wohnen in ihrem, dem askraiischen Hain, [5–6] nicht damit Pieriens Eichen meinen Worten Folge leisten oder ich in des Berges Ismaros Tal wie ein Magnet anziehen kann die Tiere der Wildnis, [7–8] sondern vielmehr, damit Cynthia wird in Bann geschlagen von meinen Versen – dann würde berühmter ich sein als durch seine Liedkunst Linos vom Stamme des Inachos. [9–10] Nicht bin ich so sehr ein Bewunderer von vornehmer Schönheit oder davon, wenn etwa eine Frau mit erlauchten Ahnen sich brüstet: [11–12] Mich würde es freuen, auf meinem Schoß einer kunstsinnigen Geliebten vorzulesen und die Gedichte, die ich schrieb, unverbildeten Ohren schmackhaft zu machen. [13–14] Wenn dies mir gelingt, soll gestohlen mir bleiben das Stimmengewirr der breiten Masse! Denn habe ich meine Herrin zur Richterin, bin vor einer Verurteilung ich sicher. [15–16] Wenn sie mir zum Frieden geneigt ihre Ohren zuwenden sollte, könnte zum Feind dann einen Iuppiter zu haben ich ertragen. [17–18] Ganz gleich also, wann der Tod mir die Augen wird schließen, vernimm, welche Letztwilligen Verfügungen für mein Begräbnis beachten du sollst: [19–20] Weder schreite dann das Trauergefolge mit einer langen Reihe von Ahnenwachsmasken zu meinem Grab, noch bestreite eine Tuba die belanglose Wehklage über mein Geschick. [21–22] Weder werde mir dann bezogen eine Bahre mit Elfenbeinfüßen, noch sei mein Leichnam gebettet auf golddurchwirktem Polsterstoff, dem attalischem Plüsch. [23–24] Weghaben möchte ich die wohlgeordnete Reihe von duftspendenden Schalen, dahaben den kleinen Trauerzug des Armeleutebegräbnisses. [25–26] Sattsam groß genug ist mein Trauergefolge, wenn es aus drei Büchlein bestehen sollte, die ich Persephone als mein größtes Geschenk brächte dar. [27–28] Du aber wirst, hast du die nackte Brust dir wundgeschlagen, hinterhergehen und nicht müde werden, laut meinen Namen zu rufen, [29–30] sowie letzte Küsse auf meine eiskalten Lippen drücken, wenn mir als Totenopfer wird dargereicht werden eine Onyxschale voll syrischer Narde. [31–32] Ferner nehme, sobald, unter mir entfacht, mich in Asche verwandelt hat das Feuer, ein winzig kleiner Tonkrug meine Überreste, die Manen, auf [33–34] und stehe auf dem knapp bemessenen Urnengrab ein oben auf dem Hügel dazugesetzter Lorbeerbaum, dass er mit seinem Schatten vor der Sonne schütze des eingeäscherten Leichnams Stätte,
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[35–36] et duo sint versus: QVI NVNC IACET HORRIDA PVLVIS, VNIVS HIC QVONDAM SERVVS AMORIS ERAT. [37–38] nec minus haec nostri notescet fama sepulcri, quam fuerant Pthii busta cruenta viri. [39–40] tu quoque si quando venies ad fata, memento hoc iter: ad lapides cana veni memores. [41–42] interea cave sis nos aspernata sepultos: non nihil ad verum conscia terra sapit. [43–44] atque utinam primis animam me ponere cunis iussisset quaevis de Tribus una Soror! [45–46] nam quo tam dubiae servetur spiritus horae? Nestoris est visus post tria saecla cinis: [47–48] cui si longaevae minuisset fata senectae Gallicus Iliacis miles in aggeribus, [49–50] non ille Antilochi vidisset corpus humari diceret aut: ‘o mors, cur mihi sera venis?’ [51–52] tu tamen amisso non numquam flebis amico: fas est praeteritos semper amare viros. [53–54] testis, cui niveum quondam percussit Adonem venantem Idalio vertice durus aper; [55–56] illis formosum iacuisse paludibus, illuc diceris effusa tu, Venus, isse coma. [57–58] sed frustra mutos revocabis, Cynthia, Manes: nam mea quid poterunt ossa minuta loqui?
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XIV [1–2] Non ita Dardanio gavisus Atrida triumpho est, cum caderent magnae Laomedontis opes; [3–4] nec sic errore exacto laetatus Vlixes, cum tetigit carae litora Dulichiae; [5–6] nec sic Electra, salvum cum aspexit Oresten, cuius falsa tenens fleverat ossa soror;
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36 unus N Ƈ etiam pro quondam D 37 non D 38 pthii c, Birt phthii D phtyi V pythii N phitii F4mg phithii P, Vo fitii F Ƈ busta N, F4mg, D fama F, P, V2mg 40 haec F 43 cunis s. l. N, in marg. F4, P, D curis N cauis F 44 quamuis F, Prec, corr. F4 45 seruetur W seruetur c, Pucci 46 iussus D Ƈ tua V2mg 47 cui si c, Lievens, Heins qui si Markland quis W qui F4 Ƈ longaeuae c, Volsco, Beroaldo tam longaeuae W tam longae c, Burman, Santen Ƈ minuisset N, F4mg, P, V2 meminisset D iurauisset F iurasset D2mg 49 ille om. N aut L. Müller 53 cui Huschke, Ast quoi Baehrens qui W Ƈ niueum N, F4, P, D, V iuuenem F, D2mg, Vo 55 formosum W formosus Postgate, fortasse recte 58 quid N, F, P, D qui F4 Ƈ poterit F, in marg. corr. F4 XIV 1 est om. Char. gramm. I 67,14 Keil = Char. gramm. p. 85,10 Barwick, c, Volsco 2 cum – opes om. F, in marg. suppl. F3 Ƈ laumedontis F3, P, D 5 suum saluum D Ƈ orestem F horestem F3, P, D
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[35–36] und finde man vor die zwei Verse: DER HIER JETZT RUHT ALS SCHAURIGE ASCHE, ER WAR EINSTMALS SKLAVE EINER EINZIGEN LIEBE. [37–38] Und nicht weniger bekannt werden wird dieser Ruf meines Grabes, als gewesen es war die blutüberströmte Feuerbestattungsstätte des Helden aus Phthia. [39–40] Wenn auch du irgendwann der Todesstunde nahe kommst, denke an diesen Gang: Komme ergraut zum Gedenkstein! [41–42] In der Zwischenzeit aber hüte dich, mich, bin ich erst bestattet, zu verleugnen. Es hat für die Wahrheit die Mitwisserin Erde durchaus ein Gespür. [43–44] Ja, hätte doch nur im frühesten Wiegenalter den Geist aufzugeben eine von den Drei Schwestern – ganz gleich, welche – mir beschieden! [45–46] Denn wozu soll man für eine so heikle Stunde sich Lebenswillen aufsparen? Von Nestor sah man nach drei Menschenaltern die Asche. [47–48] Wenn ihm ein Krieger aus Galatien das Schicksal eines langjährigen Greisentums verkürzt hätte auf Ilions Wällen, [49–50] hätte er nicht mitansehen müssen, dass Antilochos’ Leichnam beerdigt wurde, oder ständig zu klagen brauchen: »O Tod, warum kommst du verspätet zu mir?« [51–52] Du jedoch wirst noch manches Mal nachweinen dem Freund, den du mit mir hast verloren. Es gehört sich, dahingegangene Männer noch immer zu lieben. [53–54] Zeugin ist die Göttin, der einst ein erbarmungsloser Eber durchbohrte den schneeweiß schimmernden Adonis, als er jagte auf des Vorgebirges Idalion Gipfel. [55–56] In den dortigen Sümpfen habe der Schöne gelegen, dorthin, erzählt man sich von dir, seist du, Venus, gegangen mit über Schulter und Nacken verströmtem Haar. [57–58] Doch vergeblich wirst du, Cynthia, ins Leben zurückrufen meine stummen Überreste. Denn wie werden reden können meine zu Staub zerpulverten Gebeine? 14 [1–2] Nicht hat dermaßen über seinen Dardanertriumph Atreus’ Sohn sich gefreut, als zusammenbrach Laomedons große Macht, [3–4] und nicht so Odysseus über das Ende seiner Irrfahrt gejubelt, als er das Gestade seines geliebten Dulichien [sprich: Ithaka] erreichte. [5–6] und nicht so Elektra über das Wiedersehen, als sie Orestes wohlbehalten erblickte, dessen vermeintlichen Gebeine sie, die Schwester, unter Tränen hatte gehalten in Händen,
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[7–8] nec sic incolumem Minois Thesea vidit, Daedalium lino cum duce rexit iter, [9–10] quanta ego praeterita collegi gaudia nocte: immortalis ero, si altera talis erit. [11–12] at dum demissis supplex cervicibus ibam, dicebar sicco vilior esse lacu. [13–14] nec mihi iam fastus opponere quaerit iniquos, nec mihi ploranti lenta sedere potest. [15–16] atque utinam non tam sero mihi nota fuisset condicio! cineri nunc medicina datur. [17–18] ante pedes caecis lucebat semita nobis: scilicet insano nemo in amore videt. [19–20] hoc sensi prodesse magis: contemnite, amantes! sic hodie veniet, si qua negavit heri. [21–22] pulsabant alii frustra dominamque vocabant: mecum habuit positum lenta puella caput. [23–24] haec mihi devictis potior victoria Parthis, haec spolia, haec reges, haec mihi currus erunt. [25–26] magna ego dona tua figam, Cytherea, columna, taleque sub nostro nomine carmen erit: [27–28] HAS PONO ANTE TVAS TIBI, DIVA, PROPERTIVS AEDES EXVVIAS, TOTA NOCTE RECEPTVS AMANS. [29–30] nunc ad te, mea lux, veniet mea litore navis servata, an mediis sidat onusta vadis? [31–32] quod si forte aliqua nobis mutabere culpa, vestibulum iaceam mortuus ante tuum!
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XV [1–2] O me felicem! o nox mihi candida! et o tu lectule deliciis facte beate meis! [3–4] quam multa apposita narramus verba lucerna, quantaque sublato lumine rixa fuit! [5–6] nam modo nudatis mecum est luctata papillis, interdum tunica duxit operta moram. [7–8] illa meos somno lapsos patefecit ocellos ore suo et dixit; ‘sicine, lente, iaces?’
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7 non D 11 aut N, corr. N Ƈ dum N, F2, V, Vo cum P, D tum F 16 condito N, F, P 24 erit P 29 ueniat Vo Ƈ litora F, corr. F4 30 in pro an D 31 que si F XV 1 o N, F, P, V2 a D, V h Vo Ƈ et om. F 3 adposita N opposita P 5 uiclatis F, in marg. corr. F2 Ƈ lustrata F2, in marg. corr. F4 lustata F 7 lapsos c lassos W 8 siccine F, V, Vo Ƈ lecte N, F, V2mg Ƈ taces P
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[7–8] und nicht so froh Minos’ Tochter unversehrt Theseus gesehen, als er mit einem Faden als Wegweiser meisterte Daidalos’ Irrgang, [9–10] wie große Liebesfreuden ich einheimste in der vergangenen Nacht. Unsterblich werde ich sein, wenn noch so eine mir vergönnt sein wird! [11–12] Doch solange ich mit gebeugtem Nacken als unterwürfiger Bittsteller daherkam, wurde mir nachgesagt, weniger wert zu sein als ein ausgetrockneter Teich. [13–14] Weder sucht sie mir länger entgegenzusetzen ungnädige Unnahbarkeit, noch kann sie, wenn ich heule, unbeeindruckt dasitzen. [15–16] Ja, wenn ich doch nur nicht so spät die Vorbedingung dafür erkannt hätte! Der Asche wird jetzt die Arznei gereicht. [17–18] Vor den Füßen leuchtete mir Blindem der Pfad. Freilich ist bei rasender Liebe niemand sehend. [19–20] Dies, merkte ich, nützt eher: Gebärdet euch kühl, ihr Liebenden! So wird heute eine dir entgegenkommen, wenn sie gestern dir noch nein hat gesagt. [21–22] Es klopften andere vergeblich an und riefen sie »Herrin«. An mich geschmiegt hielt unbeeindruckt meine Geliebte den Kopf. [23–24] Dieser Sieg ist mir wichtiger, als wenn ich die Parther vernichtend geschlagen hätte. Er wird die Beutestücke, er die Könige, er die Streitwagen eines Siegesfestzugs mir bedeuten. [25–26] Große Geschenke werde ich anbringen an deiner Bildsäule, Göttin von Kythera, und so wird, mit meinem Namen darüber, das Widmungsgedicht lauten: [27–28] DIESE TROPHÄEN LEGE DIR, GÖTTIN, ICH, PROPERZ, VOR DEINEN TEMPEL, WEIL ICH EINE GANZE NACHT LANG ALS LIEBENDER AUFNAHME FAND. [29–30] Wird nun zu dir, mein Augenstern, kommen vom Strand gerettet mein Schiff, oder sollte es etwa schwerbeladen mitten auf einer Sandbank aufsitzen? [31–32] Wenn du aber mir etwa entfremdet werden solltest durch irgendein Verschulden von mir, möchte ich tot daliegen vor deinem Eingangsflur. 15 [1–2] O ich Glücklicher, o mir holde strahlende Nacht, o du mit meinen Wonnen gesegnetes Liebeslager! [3–4] Wie viele Worte sagten wir uns, solange die Lampe am Bett stand, und welch großer Liebeskampf hat stattgefunden, als entfernt war das Licht! [5–6] Denn bald hat mit mir sie gerungen mit entblößten Brüsten, bisweilen aber, in ihre Tunika gehüllt, in die Länge gezogen die Pause. [7–8] Dann wieder öffnete sie, waren vom Schlaf sie zugefallen, meine Augen mit ihrem Mund und sagte: »In einem solchen Augenblick, Schlafmütze, dämmerst du vor dich hin?«
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[9–10] quam vario amplexu mutamus bracchia! quantum oscula sunt labris nostra morata tuis! [11–12] non iuvat in caeco Venerem corrumpere motu: si nescis, oculi sunt in amore duces. [13–14] ipse Paris nuda fertur periisse Lacaena, cum Menelaëo surgeret e thalamo; [15–16] nudus et Endymion Phoebi cepisse sororem dicitur et nudae concubuisse deae. [17–18] quod si pertendens animo vestita cubaris, scissa veste meas experiere manus: [19–20] quin etiam, si me ulterius provexerit ira, ostendes matri bracchia laesa tuae. [21–22] necdum inclinatae prohibent te ludere mammae: viderit haec, si quam iam peperisse pudet. [23–24] dum nos fata sinunt, oculos satiemus amore: nox tibi longa venit nec reditura dies. [25–26] atque utinam haerentes sic nos vincire catena velles, ut numquam solveret ulla dies! [27–28] exemplo iunctae tibi sint in amore columbae, masculus et totum femina coniugium. [29–30] errat, qui finem vesani quaerit amoris: verus amor nullum novit habere modum. [31–32] terra prius falso partu deludet arantes, et citius nigros Sol agitabit equos, [33–34] fluminaque ad caput incipient revocare liquores, aridus et sicco gurgite piscis erit, [35–36] quam possim nostros alio transferre dolores: huius ero vivus, mortuus huius ero. [37–38] quod mihi si interdum tales concedere noctes illa velit, vitae longus et annus erit. [39–40] si dabit haec multas, fiam immortalis in illis: nocte una quivis vel deus esse potest. [41–42] qualem si cuncti cuperent decurrere vitam et pressi multo membra iacerc mero,
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10 labiis F Ƈ suis P 14 menelaeo c menelao N, F, D melenaneo P 15 endimion N, P, Vo eudimion F Ƈ recepisse Vo 16 nud(a)e W nudus Rossberg 1883 17 cubaris c cubares W 19 quin etiam N, F4, P, D quod uis F 20 ostendens N, corr. N 22 hoc P, D 23 faciemus Vo 26 uellet F, corr. F4 Ƈ illa F, corr. F4 27 iunct(a)e F4, P, D, V uinct(a)e N, F, Vo Ƈ sunt F, D, Vo 29 erat N, s. l. corr. N2 31 arantes N, F2mg, P, D, V amantes F, Vo 33 incipiant Vo Ƈ ligures V 35 possit N 36 minis F, in marg. corr. F4 37 interdum Housman tecum N, F, P, D secum P2ras 39 h(a)ec W et Bailey Ƈ mortalis V, Vo 41 cuperent N, F4mg, D uellent D2mg uellem F, P
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[9–10] In welch abwechslungsreichem Ringkampf verschlangen wir die Arme! Wie ausgiebig haben meine Küsse auf deinen Lippen verweilt! [11–12] Es macht keine Freude, sich in blinder Erregung den Spaß an der Liebe zu verderben. Falls du es nicht weißt: die Augen sind in der Liebe die Wegweiser. [13–14] Selbst ein Paris habe, wird erzählt, beim Anblick der nackten Lakonierin den Kopf verloren, als sie sich erhob von Menelaos’ Ehebett. [15–16] Nackt habe auch, wird gesagt, Endymedion Phoibos’ Schwester erobert und mit ihr, einer Göttin, nackt, wie sie war, geschlafen. [17–18] Wenn du aber, auf deinem Willen bestehend, angekleidet schlafen solltest, wirst am zerrissenen Kleid meine Hände du kennenlernen. [19–20] Ja, wenn mich noch weiter fortreißen sollte mein Zorn, wirst du gar Armverletzungen zeigen können deiner Mutter. [21–22] Noch hindern dich nicht hängende Brüste, dich zu vergnügen. Darauf achte eine, die bereits Kinder geboren zu haben sich schämt. [23–24] Solange das Schicksal es uns erlaubt, lasst uns den Hunger der Augen mit Liebe stillen! Es kommt eine lange Nacht auf dich zu – und ein nicht mehr wiederkehrender Tag. [25–26] Ja, wenn du uns doch, die wir aneinander kleben, mit einer Kette fesseln wolltest, dass niemals löse die Bande irgendein Tag! [27–28] Zum Vorbild nimm dir die in Liebe vereinten Tauben, Männchen und Weibchen der Inbegriff einer vollkommenen Ehe! [29–30] Es irrt, wer das Ende rasender Liebe sucht. Wahre Liebe kennt keinerlei Maß und Ziel. [31–32] Die Erde wird eher mit verkehrtem Bodenertrag zum Narren halten die pflügenden Bauern, und eher wird Rappen antreiben der Sonnengott [33–34] oder werden die Flüsse zur Wasserkuppe ihre Fluten zurückzubeordern beginnen und wird nach Wasser lechzen auf trockenem Meeresgrund ein Fisch, [35–36] als dass ich anderswohin übertragen könnte meine Liebesqualen. Ihr gehören will ich im Leben, wie im Tod ich gehören ihr will. [37–38] Wenn sie mir denn hin und wieder solche Nächte zugestehen wollte, wird ein Jahr meines Lebens lang für mich sein. [39–40] Wenn sie mir aber davon viele gewähren wird, werde unsterblich ich werden in ihrem Verlauf. Durch nur eine Liebesnacht kann jedermann leicht ein Gott sein. [41–42] Wenn alle ihr Leben so ablaufen und, vom vielen Wein zu Boden gedrückt, ihre Gliedmaßen ausgestreckt liegen zu sehen wünschten,
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[43–44] non ferrum crudele neque esset bellica navis, nec nostra Actiacum verteret ossa mare, [45–46] nec totiens propriis circum oppugnata triumphis lassa foret crines solvere Roma suos. [47–48] haec certe merito poterunt laudare minores: laeserunt nullos pocula nostra deos. [49–50] tu modo, dum lucet, fructum ne desere vitae! omnia si dederis oscula, pauca dabis. [51–52] ac veluti folia arentes liquere corollas, quae passim calathis strata natare vides, [53–54] sic nobis, qui nunc magnum spiramus amantes, forsitan includet crastina fata dies.
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XVI [1–2] Praetor ab Illyricis venit modo, Cynthia, terris, maxima praeda tibi, maxima cura mihi. [3–4] non potuit saxo vitam posuisse Cerauno? a, Neptune, tibi qualia dona darem! [5–6] nunc sine me plena fiunt convivia mensa, nunc sine me tota ianua nocte patet. [7–8] quare, si sapis, oblatas ne desere messes et stolidum pleno vellere carpe pecus; [9–10] deinde, ubi consumpto restabit munere pauper, dic alias iterum naviget Illyrias! [11–12] Cynthia non sequitur fasces nec curat honores, semper amatorum ponderat una sinus. [13–14] at tu nunc nostro, Venus, o succurre dolori, rumpat ut assiduis membra libidinibus! [15–16] ergo muneribus quivis mercatur amorem? Iuppiter, indigna merce puella perit. [17–18] semper in Oceanum mittit me quaerere gemmas, et iubet ex ipsa tollere dona Tyro. [19–20] atque utinam Romae nemo esset dives, et ipse straminea posset dux habitare casa! [21–22] numquam venales essent ad munus amicae, atque una fieret cana puella domo;
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43 esset neque D, V 47 haec N2, s. l. F4 nec W me V2 48 pocula N, F, P, D, V proelia Fontein, Tremenheere lumina Vo 49 lucet N, s. l. F4 licet F, D licet hunc P2mg licitum est Pras 51 ac N, P at F, D 53 sic magnum nobis nunc qui N Ƈ spiramus Turnèbe, Scaliger speramus W XVI 1 precor F 4 ha F, Vo 9 cui F, s. l. corr. F4 11 non pro nec P 12 illa D, V2, Vo illea V 15 amicam F, P, D2mg 17 me mittit P 18 ipsa c ipso W 21 minus F, in marg. corr. F4 22 domo W uiro F3
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[43–44] gäbe es kein grausames Schwert und kein Kriegsschiff, würde weder das zu Aktion gehörige Meer herumwirbeln unsere Gebeine [45–46] noch, so oft von seinen eigenen Triumphen umlagert, Rom es müde sein, vor Trauer zu lösen sein Haar. [47–48] Dies jedenfalls werden mit Fug und Recht loben können die Nachfahren: Verletzt haben unsere Waffen, die Becher, noch keine Götter! [49–50] Du nur schlage nicht, solange es tagt, den Genuss des Lebens aus! Wenn alle Küsse du gibst, wirst noch immer zu wenige du geben. [51–52] Und wie von welkenden Kränzen schon immer Blumenblätter herabgefallen sind, die du überall in Weinkelchen verstreut schwimmen siehst, [53–54] so wird für uns, die wir im Augenblick, verliebt, wie wir sind, beschwingt uns fühlen, vielleicht schon das Verhängnis in sich schließen der morgige Tag. 16 [1–2] Der Praetor kam soeben, Cynthia, von den illyrischen Landen, der größte Fang für dich, der größte Kummer für mich. [3–4] Hätte nicht sein Leben er lassen können an einer Klippe des Blitz- und Donnerkaps? Ach Neptun, was für Gaben brächte ich dir zum Dank dafür dar! [5–6] Jetzt werden ohne Zutritt für mich Festessen veranstaltet an voller Tafel, jetzt steht ohne Zutritt für mich die Tür in der ganzen Nacht offen. [7–8] Drum schlage, wenn du vernünftig bist, den Erntesegen, der angeboten dir wurde, nicht aus, sondern rupfe das dumme Stück Vieh, solange dicht ist sein Fell! [9–10] Dann aber, wenn von ihm, ist aufgebraucht alles Geld für Geschenke, ein armer Mann nur verbleibt, sag ihm, beim zweiten Mal solle zu Schiff andere illyrische Straßen er fahren! [11–12] Cynthia richtet sich nicht nach Rutenbündeln und kümmert sich nicht um Würden. Stets wiegt sie einzig und allein ihrer Liebhaber Geldbeutel ab. [13–14] Doch eile du jetzt, o Venus, mir zu Hilfe in meinem Herzeleid, dass er sich breche die Glieder von seinen ständigen Lüsten! [15–16] Also erkauft sich mit Geschenken der erstbeste die Liebe? Iuppiter, für schnöden Lohn richtet sich das Mädchen zugrunde. [17–18] Immerfort schickt aufs Meer es mich, Perlen zu suchen, und fordert mich auf, Geschenke aufzuladen unmittelbar von Tyros. [19–20] Ja, wenn doch in Rom niemand reich wäre und selbst der Staatslenker könnte wohnen in einer strohgedeckten Hütte! [21–22] Niemals wären dann käuflich gegen ein Geschenk die Freundinnen, und ergrauen würde die Geliebte in ein und demselben Haus.
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[23–24] numquam septenas noctes seiuncta cubares, candida tam foedo bracchia fusa viro, [25–26] non quia peccarim (testor te), sed quia vulgo formosis levitas semper amica fuit. [27–28] barbarus exclusis agitat vestigia lumbis, et subito felix, nunc mea regna tenet! [29–30] aspice quid donis Eriphyla invenit amaris, arserit et quantis nupta Crëusa malis. [31–32] nullane sedabit nostros iniuria fletus? an dolor hic vitiis nescit abesse tuis? [33–34] tot iam abiere dies, cum me nec cura theatri nec tetigit Campi nec mea mensa iuvat. [35–36] at pudeat certe, pudeat – nisi forte, quod aiunt, turpis amor surdis auribus esse solet. [37–38] cerne ducem, modo qui fremitu complevit inani Actia damnatis aequora militibus! [39–40] hunc infamis amor versis dare terga carinis iussit et extremo quaerere in orbe fugam. [41–42] Caesaris haec virtus et gloria Caesaris haec est: illa, qua vicit, condidit arma manu. [43–44] sed quascumque tibi vestes, quoscumque smaragdos, quosve dedit flavo lumine chrysolithos, [45–46] haec videam rapidas in vanum ferre procellas: quae tibi terra, velim, quae tibi fiat aqua. [47–48] non semper placidus periuros ridet amantes Iuppiter et surda neglegit aure preces. [49–50] vidistis toto sonitus percurrere caelo, fulminaque Aetherea desiluisse domo: [51–52] non haec Pleïades faciunt neque aquosus Orion, nec sic de nihilo fulminis ira cadit; [53–54] periuras tunc ille solet punire puellas, deceptus quoniam flevit et ipse deus. [55–56] quare ne tibi sit tanti Sidonia vestis, ut timeas, quotiens nubilus Auster erit.
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23 numquam Palmer non quia W Ƈ seiuncta F2mg, P, D, V se iuncta Vo seuincta N semucta F Ƈ cubares c cubaris N, s. l. F4, P, D curabis F 24 fero F fedo s. l. F4 27 exclusit N excussis c 29 eriphyll(a)e D, V eriphyle cod. Leid. Voss. Lat. O 822 eriphila N, F, P Ƈ amaris W amari Rossberg 1877 30 cinusa F, corr. F4mg 32 abesse W abire V2mg Ƈ tuis c, Heins suis W 34 musa P, Volsco 35 ac P ah D, V ha Vo Ƈ ament F, corr. F4mg 39 nunc Vo Ƈ infamis N, F4, V, Vo insanus F, P infans D 44 quosue W quasue Morgan apud Goold 1989 Ƈ flauo N, F2, V2 flauos F, P, D 49 uidistis W uidisti c, Barber dubitanter uidistin cod. Lond. Brit. Mus. Burn. 242, Beroaldo, Broekhuyzen Ƈ sonitus W tonitrus Fransz 50 aetherea W aetheria c 53 ille N, F4mg, D ipse P, V2mg esse F
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[23–24] Niemals würdest du dann sieben Nächte getrennt von mir schlafen, die strahlend weißen Arme vergeudet an einen so widerlichen Kerl, [25–26] dazu nicht etwa imstande, weil ich einen Fehltritt begangen hätte – zum Zeugen meiner Treue nehme ich dich –, sondern weil gemeinhin den Schönen die Flatterhaftigkeit stets gewogen ist gewesen. [27–28] Der grobschlächtige Barbar trabt mit abgewiesenen Lenden davon und hält, plötzlich erfolgreich, jetzt mein Königreich in Besitz! [29–30] Schau, was für ein Ende Eriphyle fand durch bitterböse Geschenke und unter welch großen Qualen in Flammen aufging die frischvermählte Krëusa! [31–32] Wird denn keinerlei Demütigung Einhalt tun meinen Tränen? Kennt es dieser mein Liebesschmerz etwa nicht, durch deine Verfehlungen zu verfliegen? [33–34] So viele Tage sind schon herumgegangen, seit weder Lust aufs Theater noch aufs Marsfeld mich gepackt hat noch meine Tafel mich reizt. [35–36] Doch schäme dich wenigstens, schäme dich – wenn nicht etwa, wie der Volksmund sagt, schändliche Liebe auf beiden Ohren taub zu sein pflegt. [37–38] Halte dir den Heerführer vor Augen, der mit nichtigem Kriegsgetöse kürzlich erfüllte Aktions Meer, als dem Tod geweiht er hatte seine Soldaten! [39–40] Ihm gebot eine schmachvolle Liebschaft, dem Feind auf Schiffen, die er hatte wenden lassen, den Rücken zu kehren und am Ende der Welt sein Heil zu suchen in der Flucht. [41–42] Caesar gehört dieses Verdienst und dieser Ruhm Caesar: Mit jener Hand, mit der er siegte, steckte er in die Scheide die Waffen. [43–44] Doch ganz gleich, welche Kleider, welche Smaragde oder welche goldgelb schimmernden Topase er dir schenkte, [45–46] all dies möchte ich raffgierige Stürme zur Wertlosigkeit verwehen sehen, dass dir, wünschte ich mir, zu Erde, dass dir zu Wasser es werde. [47–48] Nicht immer lacht über meineidige Liebende ein nachsichtiger Iuppiter und missachtet, auf diesem Ohr taub, die Verwünschungen. [49–50] Erlebt habt ihr doch schon, dass Donnergrollen am ganzen Himmel vorbeizog und Blitze herabzuckten von Aithers Schloss: [51–52] Nicht veranlassen dies die Pleiaden und nicht der regnerische Orion, und genauso wenig wie ein Wolkenbruch geht von nichts des Blitzes Zorn nieder. [53–54] Meineidige Mädchen pflegt dann Er zu strafen, da ja doch, wurde er betrogen, auch er selbst, der Gott, schon geweint hat. [55–56] Drum lege nicht so viel Wert auf Kleidung aus Sidon, dass du jedesmal Angst haben müsstest, wenn bewölkt der Südwind heraufzieht!
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XVII [1–2] Mentiri noctem, promissis ducere amantem, hoc erit infectas sanguine habere manus! [3–4] horum ego sum vates: quotiens desertus amaras explevi noctes fractus utroque toro! [5–6] vel tu Tantalea moveare ad flumina sorte, ut liquor arenti fallat ab ore sitim; [7–8] vel tu Sisyphios licet admirere labores, difficile ut toto monte volutet onus: [9–10] durius in terris nihil est quod vivat amante nec, modo si sapias, quod minus esse velis. [11–12] quem modo felicem invidia admirante ferebant, nunc decimo admittor vix ego quoque die. [13–14] nunc iacere e duro corpus iuvat, impia, saxo sumere et in nostras trita venena manus [15–16] nec licet in triviis sicca requiescere luna aut per rimosas mittere verba fores. [17–18] quod quamvis ita sit, dominam mutare cavebo. tum flebit, cum in me senserit esse fidem.
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XVIII [1–2] Assiduae multis odium peperere querelae: frangitur in tacito femina saepe viro. [3–4] si quid vidisti, semper vidisse negato! aut si quid doluit forte, dolere nega! [5–6] quid mea si canis aetas candesceret annis et faceret scissas languida ruga genas? [7–8] at non Tithoni spernens Aurora senectam desertum Eoa passa iacere domo est: [9–10] illum saepe suis decedens fovit in ulnis quam prius adiunctos sedula lavit equos;
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XVII 1 mentiris D, Vo Ƈ ducere N, F, P, Dmg, V, Vo fallere D, V2mg 5 moneare P 6 uel pro ut D 8 tuto F, corr. F4 9 uiat F, in marg. corr. F2 12 admiror P 14 tetra P 15 nec W nunc c, Beroaldo, Guyet Ƈ licet W libet Guyet 16 imosas N XVIII 1 perere N, s. l. corr. N2 3 quod F, P Ƈ uidistis N 5 mea si N si iam F, P, D Ƈ candesceret Heins canesceret N mea caneret F, P, D mea caneat V2mg 7 at V2 an W 8 coa F, P, corr. F4 9 decedens W descendens c, Markland Ƈ ulnis c, Beroaldo undis N, F2mg, P, D budis F 10 adiunctos F4mg, P, D, om. F aduinctos N abiunctos Scaliger
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17 [1–2] Zu lügen mit der Verabredung einer Nacht, mit Versprechungen an der Nase herumzuführen einen Liebenden, dies wird darauf hinauslaufen, befleckt von Blut zu haben die Hände. [3–4] Davon rede ich als Seher: Wie oft brachte ich, wurde ich verlassen, bittere Nächte als gebrochener Mann auf beiden Polstern meines Bettes zu Ende! [5–6] Magst du auch angerührt werden von des Tantalos Los am vorbeifließenden Strom, wie das Wasser durch den Abstand von seinem ausgedörrten Mund zum Narren hält seinen Durst, [7–8] magst du auch staunen über des Sisyphos Kraftanstrengungen, wie er den ganzen Berg hinaufwälzt die mühselige Last: [9–10] kein härteres Los gibt es auf Erden als das Leben, das der Liebende führt, und keines, das du dir, wenn du nur bei Verstand bist, weniger wünschen könntest. [11–12] Erklärte man mich eben noch mit staunendem Neid zum Glückskind, so werde jetzt ich kaum eingelassen an jedem zehnten Tag. [13–14] Jetzt bin ich versucht, Ruchlose, von einem schroffen Fels herab mich zu stürzen oder zerstoßene Giftkräuter in meine Hände zu nehmen, [15–16] und steht es nicht einmal frei, mich auf Straßenplätzen bei wolkenlosem Mond schlafen zu legen oder Worte zu senden durch die Ritzen von Türflügeln. [17–18] Doch obschon es so sich verhält, werde ich mich hüten, die Herrin zu wechseln. Dann wird sie weinen, wenn sie erst gemerkt hat, dass ein treues Herz schlägt in mir. 18 [1–2] Ständige Klagen haben schon vielen Menschen Verdruss beschert. Erweichen lässt sich eine Frau oft nur bei einem schweigenden Mann. [3–4] Wenn du irgendetwas gesehen hast, leugne stets, es gesehen zu haben, oder wenn dich zufällig irgendetwas geschmerzt hat, leugne, dass es dich schmerzt! [5–6] Was wäre erst, wenn ich im Alter weißhaarig würde von den Jahren, in denen wir ergrauen, oder Runzeln einer schlaffen Haut die Wangen zerfurchten! [7–8] Doch nahm Aurora keinen Anstoß an des Tithonos Greisenalter, sondern ließ nicht zu, dass er einsam und allein in ihrem, dem Morgenrötepalast, lag. [9–10] Ihn hat oft sie beim Abschied lieber in ihren Armen warmgehalten, als zuvor die angeschirrten Rosse emsig gestriegelt.
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[11–12] illum ad vicinos cum amplexa quiesceret Indos, maturos iterum est questa redire dies; [13–14] illa deos currum conscendens dixit iniquos, invitum et terris praestitit officium. [15–16] cui maiora senis Tithoni gaudia vivi, quam gravis amisso Memnone luctus erat. [17–18] cum sene non puduit talem dormire puellam et canae totiens oscula ferre comae. [19–20] at tu etiam iuvenem odisti me, perfida, cum sis ipsa anus haud longa curva futura die. [21–22] quin ego deminuo curam, quod saepe Cupido huic malus esse solet, cui bonus ante fuit? [23–24] nunc etiam infectos demens imitare Britannos, ludis et externo tincta nitore caput? [25–26] ut natura dedit, sic omnis recta figura est: turpis Romano Belgicus ore color. [27–28] illi sub terris fiant mala multa puellae, quae mentita suas vertit inepta comas! [29–30] de me, mi certe poteris formosa videri, mi formosa satis, si modo saepe venis. [31–32] an si caeruleo quaedam sua tempora fuco tinxerit, idcirco caerula forma bona est? [33–34] cum tibi nec frater nec sit tibi filius ullus, frater ego et tibi sim filius unus ego. [35–36] ipse tuus semper tibi sit custodia lectus, nec nimis ornata fronte sedere velis. [37–38] credam ego narranti – noli committere! – famae: et terram rumor transilit et maria.
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XIX [1–2] Etsi me invito discedis, Cynthia, Roma, laetor quod sine me devia rura coles. [3–4] nullus erit castis iuvenis corruptor in agris, qui te blanditiis non sinat esse probam;
11 illum N, F, P, V2 illa D 12 uerum pro iterum P 13 in equos N, s. l. corr. N 15 qu(a)e pro cui D quoi V2mg Ƈ uini F, corr. F4 16 mennone F, D, V menone P 20 haud F3 aut W 21 diminuo F, D 22 huic N, s. l. F3, V2 nunc F, P, D Ƈ cui N, F, P, V2 qui D 23 mutare F, Vo 24 hesterno V2mg 25 tecta V2 Ƈ est om. F, P, suppl. F4 29 de me F, D, V, Vo2 deme N, P, Vo desine Baehrens 1878 Ƈ mihi F, P michi N Ƈ certe W per te Bosscha 30 satis W sat est Heins 31 at V2mg Ƈ fucco Pras suc(c)o D 35 iste V2mg Ƈ custoda D, V XIX 1 et sine pro etsi D 2 coles c, Heins colis W 4 sinet D Ƈ probam N, F, P, D2, V2 meam D
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[11–12] Ihn hielt sie umschlungen, wenn sie sich schlafen legte, wo zu Nachbarn sie hatte die Inder, und beklagte sich, zu zeitig kehrten wieder die Tage zurück. [13–14] Bestieg sie den Wagen, schalt sie die Götter ungerecht und leistete nur ungern den Ländern der Erde den schuldigen Dienst. [15–16] Ihr waren wichtiger die Wonnen des lebenden Greises Tithonos, als ins Gewicht fiel ihre Trauer über den Verlust ihres Memnon. [17–18] Mit einem Greis zu schlafen und so oft Küsse zu geben seinem grauen Haar, schämte sich nicht eine solch junge Frau. [19–20] Doch du, Treulose, lehnst sogar als jungen Mann mich ab, obgleich du umgekehrt an einem nicht fernen Tag eine bucklige Alte wirst sein. [21–22] Warum nur lindere ich nicht meinen Liebeskummer mit dem Trost, dass Cupido oft dazu neigt, zu dem böse zu sein, zu dem gut er ist vorher gewesen! [23–24] Jetzt nimmst du dir auch noch ohne Sinn und Verstand die Kriegsbemalung der Britannier zum Vorbild und schäkerst, hast mit fremdländischer Schminke du gefärbt dir den Kopf. [25–26] Wie die Natur es verlieh, so ist allemal richtig das Aussehen. Abstoßend wirkt auf einem römischen Gesicht die belgische Farbe. [27–28] Jenem Mädchen widerfahre in der Unterwelt viel Böses, das mit der Farbe, die es vortäuscht, albern verändert ihr Haar! [29–30] Was mich angeht, wirst du mir jedenfalls schön vorkommen können, für mich schön genug, wenn du nur oft zu mir kommst. [31–32] Oder ist etwa, wenn eine ihr Antlitz mit himmelblauer Schminke tüncht, deswegen ein himmelblaues Äußeres gut anzusehen? [33–34] Da du weder einen Bruder noch du irgendeinen Sohn hast, lass dir Bruder und Sohn in einem mich sein. [35–36] Selbst schon dein Bett diene dir immer als Tugendwächter, und nicht mit allzu geschmückter Stirn wollest im Theater du sitzen. [37–38] Glauben werde ich, was der Stadtklatsch – lasse es nicht zum Skandal kommen! – über dich erzählt: Auch Land und Meere überspringt das Gerücht. 19 [1–2] Wenngleich du gegen meinen Willen, Cynthia, abreist von Rom, freue ich mich doch, dass du – ohne mich zwar – abgeschiedene Gefilde willst beehren. [3–4] Kein jugendlicher Verführer wird sich finden auf dem unschuldigen Land, der dir mit seinen Schmeicheleien tugendhaft zu sein verwehrte.
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[5–6] nulla neque ante tuas orietur rixa fenestras, nec tibi clamatae somnus amarus erit. [7–8] sola eris et solos spectabis, Cynthia, montes et pecus et fines pauperis agricolae. [9–10] illic te nulli poterunt corrumpere ludi fanaque, peccatis plurima causa tuis. [11–12] illic assidue tauros spectabis arantes, et vitem docta ponere falce comas; [13–14] atque ibi rara feres inculto tura sacello, haedus ubi agrestes corruet ante focos; [15–16] protinus et nuda choreas imitabere sura, omnia ab externo sint modo tuta viro. [17–18] ipse ego venabor: iam nunc me sacra Dianae suscipere et Veneri ponere vota iuvat. [19–20] incipiam captare feras et reddere pinu cornua et audaces ipse monere canes, [21–22] non tamen ut vastos ausim temptare leones aut celer agrestes comminus ire sues. [23–24] haec igitur mihi sit lepores audacia molles excipere et stricto figere avem calamo, [25–26] qua formosa suo Clitumnus flumina luco integit et niveos abluit unda boves. [27–28] tu quotiens aliquid conabere, vita, memento venturum paucis me tibi Luciferis. [29–30] sic me nec solae poterunt avertere silvae nec vaga muscosis flumina fusa iugis, [31–32] quin ego in assidua mutem tua nomina lingua: absenti nemo non nocuisse velit.
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XX [1–2] Quid fles abducta gravius Briseide? quid fles anxia captiva tristius Andromacha? [3–4] quidve mea de fraude deos, insana, fatigas? quid quereris nostram sic cecidisse fidem?
5 nulla W ulla c, Gebhard, Guyet 7 expectabis N 9 nulli N, s. l. F3, D nudi F, P quod non in marg. F4 13 rara pro tura N, s. l. corr. N 14 ibi D Ƈ agrestos F, corr. F4 15 mutabere A, F, corr. F3 18 ueneri W ueneris cod. Leid. Voss. Lat. O 81, Housman 19 pinnu D pinni P pumi F, Vo 20 mouere F, P, D 23 nec P Ƈ stricto W structo cod. Neap. IV F 22 in marg., Passerat, Saumaise 25 clitumnus F3, D clituntus N, P clitunus F Ƈ boco F, P, corr. F4mg, Pras 26 albuit F, in marg. corr. F4 Ƈ boues N, F, V2 pedes D 28 uehuntur F, in marg. corr. F2 29 sic W hic Passerat Ƈ me nec N, D nec F, sed me s. l. suppl. F3 ne P 30 haec D Ƈ muscosis N, s. l. F3, P2, D fuscosis F, P XX 1 quod F Ƈ grauis N, corr. Nras 4 queris F, corr. F3
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[5–6] Keinerlei Streit wird ausbrechen vor deinen Fenstern, noch wird dir von dem Lärm, dass man laut nach dir ruft, der Schlaf verleidet sein. [7–8] Einsam wirst du sein und, Cynthia, auf einsame Berge und das Vieh und Land eines armen Bauern blicken. [9–10] Dort werden dich keine Schauspiele verderben können und keine Tempelbesuche, der häufigste Vorwand für deine Fehltritte. [11–12] Dort wirst du ständig blicken auf pflügende Stiere und den Rebstock, vom Winzermesser fachmännisch ausgeputzt, Blätter seines Haarkleids ablegen sehen. [13–14] Ebenso wirst da kostbaren Weihrauch du darbringen in einem schmucklosen Kapellchen, wo das Böcklein zusammensinkt vor einem ländlichen Brandaltar. [15–16] Hinfort tanze auch getrost die Reigen mit nackter Wade nach, wenn alles nur sicher ist vor einem auswärtigen Mann. [17–18] Für mein Teil werde ich jagen. Schon jetzt reizt es mich, den Weihen Dianas mich zu unterziehen und fahren zu lassen die Venus geleisteten Gelübde. [19–20] Beginnen will ich, in freier Wildbahn Tiere einzufangen, Geweihe zum Dank für die Jagdbeute an einer Föhre anzubringen und draufgängerische Hunde selbst abzurichten, [21–22] ohne es freilich zu wagen, riesige Löwen auf die Probe zu stellen oder flugs auf Wildschweine loszugehen. [23–24] Dies also heiße für mich Wagemut, sanftmütige Hasen zu erhaschen und einen Vogel zu durchbohren mit gezücktem Schilfrohr, [25–26] wo der Clitumnus seine schönen Fluten mit seinem eigenen Hain überschattet und schneeweiß die Rinder sein Wellengang spült. [27–28] Du aber bedenke, sooft du irgendetwas unternimmst, mein Leben, dass ich kommen werde in wenigen Tagen! [29–30] So sehr werden mich weder einsame Wälder noch streunende, von moosigen Bergeshöhen verströmte Flüsse ablenken können, [31–32] dass ich nicht ständig die wechselnden Namen, mit denen ich dich anrede, auf der Zunge trüge. In eines Abwesenden Revier gewildert zu haben, möchte niemand gerne versäumen. 20 [1–2] Warum weinst du heftiger als weggeführt eine Briseïs, warum weinst du vor Angst trauriger als kriegsgefangen eine Andromache? [3–4] Warum ermüdest du die Götter, Närrin, mit Klagen über meinen Seitensprung? Warum beschwerst du dich, dass so tief gesunken sei meine Treue?
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[5–6] non tam nocturna volucris funesta querela Attica Cecropiis obstrepit in foliis, [7–8] nec tantum Niobe, bis sex ad busta superba, sollicito lacrimas defluit a Sipylo. [9–10] mi licet aeratis astringant bracchia nodis, sint mea vel Danaës condita membra domo, [11–12] in te ego et aeratas rumpam, mea vita, catenas ferratam Danaës transiliamque domum. [13–14] de te quodcumque, ad surdas mihi dicitur aures: tu modo ne dubita de gravitate mea. [15–16] ossa tibi iuro per matris et ossa parentis (si fallo, cinis heu sit mihi uterque gravis!) [17–18] me tibi ad extremas mansurum, vita, tenebras: ambos una fides auferet, una dies. [19–20] quod si nec nomen nec me tua forma teneret, posset servitium mite tenere tuum. [21–22] septima iam plenae deducitur orbita lunae, cum de me et de te compita nulla tacent: [23–24] interea nobis non numquam ianua mollis, non numquam lecti copia facta tui. [25–26] nec mihi muneribus nox ulla est empta beatis: quidquid eram, hoc animi gratia magna tui. [27–28] cum te tam multi peterent, tu me una petisti: possum ego naturae non meminisse tuae? [29–30] tum me vel tragicae vexetis Erinyes et me inferno damnes, Aeace, iudicio [31–32] atque inter Tityi volucres mea poena vagetur, tumque ego Sisyphio saxa labore geram! [33–34] nec tu supplicibus me sis venerata tabellis: ultima talis erit, quae mea prima fides. [35–36] hoc mihi perpetuo ius est, quod solus amator nec cito desisto nec temere incipio.
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6 actica D Ƈ cicropiis F 7 niole F, P, corr. F3, P2 Ƈ superba c, Beroaldo superb(a)e W 8 lacrimans F, P, D Ƈ depluit Scaliger defuit Vo 9 mi cod. Leid. Voss. Lat. 0 132 in marg., Burman me W Ƈ astringat D 10 mea W tua Santen Ƈ uel N, s. l. F4, P, D2mg, V, Vo nec F, D Ƈ danaes c danes N, s. l. F4, V dannes P2 damnes P, D, Vo demes F Ƈ domo F, P, D, V modo D2, V2, Vo 11 ego ferratas Pras, D 12 dannes P Ƈ transiliamque V2 stasiliamque N, P2, D, Vo stas iliamque F, P, V 16 falso N, corr. N 19 quid si D 20 possem D, corr. V2 23 non numquam F, P, V2 non um(n)quam N, D 25–26 om. P, suppl. Pmg 29 uexeris P Ƈ erinies N, F4, P erimens F erynides V herynides D, Vo 31 poena om. F, in marg. add. F4 32 sysipheo N, F4 ysipheo F 33 nec W ne Camps 1967
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[5–6] Nicht so laut hat der Unheilsvogel von Attika mit seinem nächtlichen Klagegesang alles übertönt im Blattwerk von Kekrops’ Wäldern. [7–8] Nicht so reichlich hat Niobe, die bis zum Grab ihrer zweimal sechs Kinder überhebliche Mutter, Tränen hinabfließen lassen von einem bekümmerten Sipylos. [9–10] Mögen sie mir auch die Arme festschnüren mit ehernen Knoten oder eingesperrt sein meine Glieder in Danaës Haus, [11–12] bei dir werde ich, mein Leben, sogar eherne Ketten sprengen und die eisenbewehrte Mauer von Danaës Haus überspringen. [13–14] Was auch immer man über dich sagt, stößt bei mir auf taube Ohren. Zweifle du nur nicht an meiner Ernsthaftigkeit! [15–16] Bei den Gebeinen meiner Mutter und den Gebeinen meines Vaters schwöre ich dir (wenn ich lüge, laste, weh mir, beider Asche schwer auf mir!), [17–18] dass ich dir, mein Leben, treu bleiben werde bis zur Finsternis der letzten Stunde: beide wird uns zu Grabe tragen e i n e Treue, e i n Tag. [19–20] Denn wenn mich weder dein Ruf noch dein Aussehen in Bann hielten, könnte mich in Bann halten deine sanfte Fron. [21–22] Der siebte Umlauf des Vollmonds neigt schon seinem Ende sich zu, seit über mich und über dich kein Straßenplatz schweigt. [23–24] Mittlerweile zeigte sich mir so manches Mal deine Tür entgegenkommend, wurde mir so manches Mal Zutritt gewährt zu deinem Bett. [25–26] Dabei brauchte ich mir keine Nacht mit kostbaren Geschenken zu erkaufen. Was ich auch war, zu verdanken war dies der großen Zuneigung deines Herzens. [27–28] Wenngleich so viele dich begehrten, hast du einzig und allein mich begehrt. Könnte ich da vergessen dein Wesen? [29–30] Dann möget ihr mich meinetwegen quälen, ihr Erinnyen aus der Tragödie, und magst du mich verurteilen, Aiakos, durch dein Unterweltsgericht, [31–32] und mag ich inmitten der Vögel des Tityos als Strafe umherstreifen oder ich dann mit der Ausdauer eines Sisyphos Felsbrocken schultern. [33–34] Doch beehre du mich nicht mit flehentlichen Briefchen! Zuletzt wird meine Treue noch so sein, wie sie zuerst ist gewesen. [35–36] Dies ist für mich durchgängig Gesetz, dass ich allein als Liebhaber weder jäh aufhöre noch unbedacht anfange.
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XXI [1–2] Ah, quantum de me Panthi tibi pagina finxit, tantum illi Pantho ne sit amica Venus! [3–4] sed tibi iam videor Dodona verior augur: uxorem ille tuus pulcher amator habet! [5–6] tot noctes periere: nihil pudet? aspice, cantat liber; tu, nimium credula, sola iaces. [7–8] et nunc inter eos tu sermo es, te ille superbus dicit se invito saepe fuisse domi. [9–10] dispeream, si quicquam aliud quam gloria de te quaeritur: has laudes ille maritus habet. [11–12] Colchida sic hospes quondam decepit Iason: eiecta est (tenuit namque Crëusa) domo. [13–14] sic a Dulichio iuvene est elusa Calypso: vidit amatorem pandere vela suum. [15–16] a nimium faciles aurem praebere puellae, discite desertae non temere esse bonae! [17–18] huic quoque qui restet, iam pridem quaeritur alter: experta in primo, stulta, cavere potes. [19–20] nos quocumque loco, nos omni tempore tecum sive aegra pariter sive valente sumus.
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XXII [1–2] Scis here mi multas pariter placuisse puellas; scis mihi, Demophoon, multa venire mala. [3–4] nulla meis frustra lustrantur compita plantis, o nimis exitio nata theatra meo! [5–6] sive aliquis molli diducit candida gestu bracchia, seu varios incinit ore modos: [7–8] interea nostri quaerunt sibi vulnus ocelli, candida non tecto pectore si qua sedet, [9–10] sive vagi crines puris in frontibus errant, Indica quos medio vertice gemma tenet. [11–12] quae si forte aliquid vultu mihi dura negarat, frigida de tota fronte cadebat aqua.
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XXI 5 mihi pro nihil P Ƈ pudet om. F, L, P, in marg. add. F4, suppl. P 6 turba pro sola Dmg, V2mg 7 te om. F, L, P 8 dicet D 11 quando N, in marg. corr. N condam F 12 tenuit c, Rossberg 1877 tenuis W 13 duluchio L Ƈ iuene F, s. l. corr. F4 Ƈ delusa D, corr. V2 14 prodit F, corr. F4mg 15 ha F, L 17 qui W si V2 Ƈ restet c, Broekhuyzen restat W XXII 1 here mi c heremi N, F, D heremy L hereni P 3 mihi pro meis F, L, P 4 omnis in pro o nimis L 5 diducit Passerat deducit W 6 uanos L Ƈ inicit D iucunt F incipit et concinit F3mg 7 nostri N, s. l. F4, D quoniam F, L, P, D2 11 aliquis L, P Ƈ negarat N, s. l. F4, D negaret F2, P negarent F, L
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21 [1–2] Ach, wollte doch im gleichen Maße, wie das Blatt Papier des Panthus dir Lügen über mich erzählte, eben diesem Panthus Venus gram sein! [3–4] Doch komme ich dir nun schon wie ein Wahrsager vor, der glaubwürdiger ist als das Orakel von Dodona: Eine Ehefrau hat dieser dein feiner Liebhaber! [5–6] So viele Nächte sind vertan. Schämst du dich kein bisschen? Schau nur, er singt, deiner ledig, ein Freudenlied. Du aber, allzu Gutgläubige, schläfst allein. [7–8] Und jetzt gibst du ihnen auch noch Stoff für einen Wortwechsel! Du seist, sagt er, überheblich, wie er ist, gegen seinen Willen oft bei ihm zu Hause gewesen. [9–10] Der Teufel soll mich holen, wenn er irgendetwas anderes als Gelegenheiten sucht, sich mit dir brüsten zu können. Diese löblichen Eigenschaften besitzt er, der Ehemann! [11–12] Die Kolcherin hat so einst Iason, ihr Gast, enttäuscht: Hinausgeworfen wurde sie – in Bann hielt ihn nämlich Krëusa – aus dem Haus. [13–14] So wurde Kalypso von dem Helden aus Ithaka zum Narren gehalten: Es sah sie ihren Liebhaber die Segel ausrollen. [15–16] Ach, lernt doch, ihr Mädchen, die ihr allzu leicht Männern euer Ohr zu leihen geneigt seid, wurdet ihr verlassen, nicht blindlings gutmütig zu sein! [17–18] Auch dieses sucht sich in dem Wunsch, dass er ihm treu bleibe, schon längst einen anderen. Hast beim ersten du schlechte Erfahrungen gemacht, Törin, kannst auf einmal du aufpassen. [19–20] Ich stehe an jedwedem Ort, ich zu jeder Zeit dir zur Seite, ganz gleich, ob es dir schlecht oder gut geht. 22 [1–2]] Du weißt, dass gestern mir gleich gut gefielen die vielen Mädchen. Du weißt, dass auf mich, Demophoon, zukommt viel Leid. [3–4] Kein Straßenplatz wird folgenlos überquert von meinen Sohlen, o ihr Theater, nur zu sehr zu meinem Verhängnis geschaffen! [5–6] Sei es, dass jemand mit geschmeidiger Gebärde seine weißschimmernden Arme ausbreitet, sei es, dass er mit seiner Kehle bunte Weisen anstimmt, [7–8] derweil suchen sich Herzeleid meine Augen, wenn etwa eine strahlende Schönheit mit nicht bedeckter Brust dasitzt [9–10] oder wenn sich streunende Haare auf makellosen Stirnen verirren, die in der Mitte des Scheitels ein indischer Edelstein hält zusammen. [11–12] Wenn eine mir etwa schon durch ihren Gesichtsausdruck irgendetwas unerbittlich ausgeschlagen hatte, perlte mir überall eiskalter Schweiß von der Stirn.
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[13–14] quaeris, Demophoon, cur sim tam mollis in omnes. quod quaeris, ‘quare’, non habet ullus amor. [15–16] cur aliquis sacris laniat sua bracchia cultris et Phrygis insanos caeditur ad numeros? [17–18] unicuique dedit vitium natura creato: mi fortuna aliquid semper amare dedit. [19–20] me licet et Thamyrae cantoris fata sequantur, numquam ad formosas, invide, caecus ero. [21–22] sed tibi si exiles videor tenuatus in artus, falleris: haud umquam est culta labore Venus. [23–24] percontere licet: saepe est experta puella officium tota nocte valere meum. [25–26] Iuppiter Alcmenae geminas requieverat Arctos, et caelum noctu bis sine rege fuit; [27–28] nec tamen idcirco languens ad fulmina venit: nullus amor vires eripit ipse suas. [29–30] quid? cum e complexu Briseidos iret Achilles, num fugere minus Thessala tela Phryges? [31–32] quid? ferus Andromachae lecto cum surgeret Hector, bella Mycenaeae non timuere rates? [33–34] ille vel hic classes poterant vel perdere muros. hic ego Pelides, hic ferus Hector ego: [35–36] aspice, uti caelo modo sol modo luna ministret: sic etiam nobis una puella parum est. [37–38] altera me cupidis teneat foveatque lacertis, altera si quando non sinit esse locum [39–40] aut si forte irata meo sit facta ministro, ut sciat esse aliam, quae velit esse mea. [41–42] nam melius duo defendunt retinacula navim, tutius et geminos anxia mater alit. [43–44] aut, si es dura, nega! sin es non dura, venito! quid iuvat et nullo ponere verba loco? [45–46] hic unus dolor est ex omnibus acer amanti speranti, subito si qua venire negat.
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16 c(a)editur N, s. l. F3, L, P2mg, D2, V, Vo quaeritur F, D frangitur P 17 fortuna V2mg 19 sequentur D, corr. V2 21 arcus F, L, corr. F3 22 hoc numquam F, s. l. corr. F4 haud nunquam D 23 percuntere V2 percuntare F percunctere N percunctare L, P 24 hospitium F, L, P, in marg. corr. F4 25 almene F, s. l. corr. F4 alcimene L alcumene P Ƈ requieuerit D Ƈ art(h)os F, L, P 29 e om. F, L, P 30 non N, D 31 cum surgeret F, L, P, D consurgeret N 33 calces F, L, in marg. corr. F4 casces P Ƈ poterat F, L, P, D 35 ministros L 38 sinat D 41 duo defendunt melius P Ƈ nauem F 42 gemos F, in marg. corr. F2 gemmos F3 44 quod F, L, P
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[13–14] Du fragst, Demophoon, warum ich so empfänglich bin für alle. Wonach du fragst, das Warum, darauf weiß keine Liebe eine Antwort. [15–16] Warum zerfleischt jemand sich die Arme mit geweihten Messern und lässt sich auspeitschen zu des Phrygers Dionysos [oder: der Phrygerin Kybele] hemmungslosen Rhythmen? [17–18] Einem jedem Geschöpf hat die Natur seine Mängel mitgegeben. Mir hat das Schicksal mitgegeben, stets irgendetwas zu lieben. [19–20] Mag mich auch des Sängers Thamyras Los treffen, so werde ich doch niemals, du Neider, bei schönen Frauen blind sein. [21–22] Doch wenn ich dir wie ein Hänfling vorkomme, der abgemagert ist bis auf die Knochen, täuschst du dich: Noch nie wurde mit körperlicher Anstrengung Venus verehrt. [23–24] Du kannst dich erkundigen: Schon oft hat ein Mädchen die Erfahrung gemacht, dass ich stark genug war, es in der ganzen Nacht zu bedienen. [25–26] Iuppiter hatte Alkmene zuliebe die Zwillinge Großer und Kleiner Bär sich ausruhen lassen, und der Himmel ist des Nachts zwei Mal ohne Lenker gewesen. [27–28] Und doch ist nicht deshalb erschöpft zu seiner Waffe, den Blitzen, er hingekommen: Keine Liebe entreißt sich die eigenen Kräfte. [29–30] Wie? Sind, als von Brisëis’ Umarmung in den Kampf zog Achilleus, etwa weniger eilig vor seinen thessalischen Geschossen geflohn die Phryger? [31–32] Wie? Hat sich denn, als von Andromaches Bett sich erhob der grimmige Hektor, vor dem Krieg nicht gefürchtet die mykenische Flotte? [33–34] Einerlei, wer, ob jener oder dieser, es konnten sie Flotten oder Festungsmauern zerstören. Hierin aber bin ich der Peleusspross, hierin der grimmige Hektor ich: [35–36] Schau, wie dem Himmel sich bald die Sonne, bald der Mond zur Verfügung stellt – so ist auch mir eine Geliebte allein zu wenig. [37–38] Eine zweite halte mich warm mit begehrlichen Armen, damit die erste, wenn sie hin und wieder nicht zulässt, dass bei ihr Platz für mich ist, [39–40] oder sie etwa in Zorn geraten sein sollte über meinen Diener, davon weiß, dass es eine andere gibt, die gern wäre mein. [41–42] Denn besser sichern zwei Trossen ein Schiff und beruhigter zieht eine ängstliche Mutter Zwillinge auf. [43–44] Oder sage, wenn du unerbittlich bist, wenigstens nein! Wenn du aber nicht unerbittlich bist, komme zu mir! Was hilft es, noch Worte von keinerlei Belang zu verlieren? [45–46] Dieses eine Leid empfindet ein hoffender Liebender vor allem als bitter: zu erleben, wenn plötzlich eine zu kommen sich weigert.
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[47–48] quanta illum toto versant suspiria lecto! cur recipi, quae non noverit, ille vetat [49–50] et rursus puerum quaerendo audita fatigat, quem, quae scire timet, quaerere fata iubet?
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XXIII [1–2] Cui fuit indocti fugienda et semita vulgi, ipsa petita lacu nunc mihi dulcis aqua est. [3–4] ingenuus quisquam alterius dat munera servo, ut promissa suae verba ferat dominae? [5–6] et quaerit totiens ‘quaenam nunc porticus illam integit?’ et ‘campo quo movet illa pedes?’ [7–8] deinde, ubi pertuleris, quos dicit fama, labores Herculis, ut scribat ‘muneris ecquid habes?’ [9–10] cernere uti possis vultum custodis amari, captus et immunda saepe latere casa? [11–12] quam care semel in toto nox vertitur anno! ah pereant, si quos ianua clausa iuvat! [13–14] contra, reiecto quae libera vadit amictu, custodum et nullo saepta timore, placet; [15–16] cui saepe immundo Sacra conteritur Via socco, nec sinit esse moram, si quis adire velit; [17–18] differet haec numquam, nec poscet garrula, quod te astrictus ploret saepe dedisse pater, [19–20] nec dicet ‘timeo, propera iam surgere, quaeso, infelix! hodie vir mihi rure venit.’ [21–22] et quas Euphrates et quas mihi misit Orontes, me iuerint: nolim furta pudica tori; [23–24] libertas quoniam nulli iam restat amanti, nullus liber erit, si quis amare volet.
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XXIV [1–2] ‘Tu loqueris, cum sis iam noto fabula libro et tua sit toto Cynthia lecta foro!’ 47 illi F, in marg. corr. F4 Ƈ tanto F, s. l, corr. F4 48 cum V2mg Ƈ illa D 49 rursum F 50 om. N Ƈ quem qu(a)e F, V2 qu(a)e quoque L, P, D Ƈ fata F, L plura s. l. F4, Pras, D Ƈ iubet W iuuat s. l. F4 XXIII 1 qui N, D, V quoi V2mg ui Vo Ƈ fuit N, F, P, D sit V2mg sic L Ƈ et om. D 3 quamquam D, corr. V2mg Ƈ aterius F, s. l. corr. F3 Ƈ suo L 4 promissa W commissa c, Beroaldo 5 ut Vo Ƈ quae iam F Ƈ idem pro illam N, corr. N 8 scribas F, D Ƈ et quid F, L, s. l. corr. F4 h(a)ec quid D 9 uultu L Ƈ custodit F, s. l. corr. F4 10 in munda L, V2mg in nuda D 12 ha pereant L ha pereat Vo Ƈ iuvant N, corr. N 13 quia lecto pro reiecto F 17 hoc F Ƈ qu(a)e pro quod F, L, P 22 iuerint Hertzberg, Carutti iurint Heins iuuerint N capiant F, L, P, D XXIV 1 sis c, Beroaldo sit W sic P2ras 2 sic L
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[47–48] Mit wie tiefen Seufzern wälzt er sich auf dem ganzen Bett hin und her! Warum nur verbietet er, feststellen zu lassen, was er nicht weiß, [49–50] und ermüdet er seinen Laufburschen damit, ihn abermals nach Dingen zu fragen, die er sich schon angehört hat – ihn, dem er Orakel nach Dingen zu fragen befiehlt, die zu wissen er fürchtet. 23 [1–2] Mir, der ich schon hätte meiden müssen den Trampelpfad des ungebildeten Pöbels, schmeckt selbst Wasser, das aus dem Trog eines Brunnens geholt wurde, jetzt köstlich. [3–4] Gibt etwa irgendein wohlgeborener Herr dem Sklaven eines anderen Geschenke, damit er wie versprochen eine Nachricht überbringt seiner Herrin, [5–6] und fragt er etwa so und so oft: »Welche Wandelhalle schirmt sie denn jetzt?« und: »Auf welchem Tummelplatz bewegt sie ihre Füße?«, [7–8] nur damit sie, wenn du die Mühen des Herkules überstanden hast, von denen die Sage erzählt, dir dann schreibt: »Hast zum Geschenk du überhaupt irgendetwas?«, [9–10] oder nur damit du die Miene eines mürrischen Wächters sehen und dich gefangen in einer schmutzigen Hütte oft versteckt halten kannst? [11–12] Wie teuer kommt es zu stehen, wenn nur einmal im ganzen Jahr eine Liebesnacht sich dreht um ihre Achse! Ach, hole sie doch der Teufel, wenn welchen eine verschlossene Tür Spaß macht! [13–14] Dagegen findet eine Gefallen, die zwanglos mit zurückgeschlagenem Überwurf geht einher, ohne von einer Furcht erregenden Leibgarde eingehegt zu sein. [15–16] Sie tritt oft mit schmutzigem Halbschuh das Pflaster der Heiligen Straße ab und macht keine Umschweife, wenn jemand sich ihr nähern will. [17–18] Vertrösten wird sie dich niemals noch dir abschwatzen, was dir gegeben zu haben ein knausriger Vater oft beklagen würde, [19–20] noch sagen: »Ich habe Angst. Beeile dich bitte schon aufzustehen, du Unglücksrabe! Heute kommt zu mir vom Lande mein Mann!« [21–22] Mit Mädchen, die der Euphrat oder die der Orontes mir schickte, will ich mich vergnügen. Bettgeheimnisse mit schamhaften möchte ich nicht. [23–24] Da die Freiheit ja keinem Liebenden mehr verbleibt, wird schon kein freier Mann mehr jemand sein, wenn er lieben wird wollen. 24 [1–2] Ausgerechnet du führst Reden, wo du doch schon Stadtgespräch bist mit deinem berüchtigten Buch und deine ›Cynthia‹ Lesestoff ist auf dem ganzen Forum!
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[3–4] cui non his verbis aspergat tempora sudor: aut pudor ingenuis aut reticendus amor? [5–6] quod si tam facilis spiraret Cynthia nobis, non ego nequitiae dicerer esse caput, [7–8] nec sic per totam infamis traducerer urbem, urerer et quamvis, nomine verba darem. [9–10] quare ne tibi sit mirum me quaerere viles: parcius infamant: num tibi causa levis? [11–12] et modo pavonis caudae flabella superbae et manibus dura frigus habere pila, [13–14] et cupit iratum talos me poscere eburnos, quaeque nitent Sacra vilia dona Via. [15–16] ah peream, si me ista movent dispendia, sed me fallaci dominae iam pudet esse iocum! [17–18] hoc erat in primis quod me gaudere iubebas? tam te formosam non pudet esse levem? [19–20] una aut altera nox nondum est in amore peracta, et dicor lecto iam gravis esse tuo. [21–22] me modo laudabas et carmina nostra legebas: ille tuus pennas tam cito vertit Amor? [23–24] contendat mecum ingenio, contendat et arte, in primis una discat amare domo: [25–26] si libitum tibi erit, Lernaeas pugnet ad hydras et tibi ab Hesperio mala dracone ferat, [27–28] taetra venena libens et naufragus ebibat undas, et numquam pro te deneget esse miser [29–30] (quos utinam in nobis, vita, experiare labores!): iam tibi de timidis iste protervus erit, [31–32] qui nunc se in tumidum iactando venit honorem. discidium vobis proximus annus erit. [33–34] at me non aetas mutabit tota Sibyllae, non labor Alcidae, non niger ille dies. [35–36] tu mea compones et dices: ‘ossa, Properti, haec tua sunt? eheu tu mihi certus eras,
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3 quoi D, V Ƈ nos D 4 ingenuis c, Haupt, Paley ingenuus W 5 tam W iam c, Pucci, Beroaldo 7 traduceret V2mg 8 urerer c ureret W 10 infamat P Ƈ nunc D, corr. V2 mira F, s. l. corr. F4 11 et W haec cod. Mediol. bibl. Ambros. I 67 sup.2 in marg., Lachmann Ƈ flabella s. l. N, F, L, P, D fabella N, D2mg 13 capit L Ƈ tales N 15 ha F, L Ƈ sed me c si me W 16 locum F, corr. F4 17 erit N Ƈ uidebas V2mg 18 formosa L, Pras 19 nundum D, V dura V2mg 23 medium Vo 25 pugnat F 27 terra F, L, P, corr. F4 Ƈ edibat D, corr. V2 31 in tumide F tumide Pras 32 nobis F, L, P, s. l. corr. F4 35 mea W me Porson 36 heu heu D
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[3–4] Wem tritt bei diesen Worten nicht der Schweiß auf die Stirn: »Entweder haben Wohlgeborene Schamgefühl oder ihre Liebe zu verschweigen.« [5–6] Wenn aber Cynthia so zugänglich mir klänge, würde mir nicht nachgesagt, der Nichtsnutzigkeit Speerspitze zu sein, [7–8] und würde ich nicht so in der ganzen Stadt verfemt Spießruten laufen, sondern, obschon ich in Liebe entbrannt wäre, mit einem Decknamen schwindeln. [9–10] Drum wundere dich nicht, dass wohlfeile Dirnen ich suche! Kostensparender bringen sie in Verruf! Wiegt dir der Grund etwa zu leicht? [11–12] Bald gelüstet es sie, Fächer vom prächtigen Schwanz eines Pfauen und Eiseskälte von einer kristallenen Kugel in Händen zu halten, [13–14] bald, mich wutentbrannt elfenbeinerne Würfel verlangen zu sehen, und was sonst noch für wertlose Geschenkartikel auf den Verkaufstischen der Heiligen Straße glitzern. [15–16] Ach, hole mich doch der Teufel, wenn mich diese überflüssigen Ausgaben aufregen! Doch schäme ich mich, einer doppelzüngigen Herrin bereits als Zielscheibe des Spotts zu dienen. [17–18] War es dies, worüber vor allem zu freuen du ständig mich auffordertest? Schämst du Schöne dich nicht, so flatterhaft zu sein? [19–20] Die eine oder andere Nacht ist noch nicht im Rausch der Liebe durchgebracht, und schon wird mir nachgesagt, dir lästig zu sein im Bett! [21–22] Eben lobtest du mich noch und lasest meine Gedichte. Hat jener dein Liebesgott seine Flügel so rasch umgeschwenkt? [23–24] Der andere messe sich mit mir an Begabung, messe sich auch an Dichtkunst; vor allem aber lerne er, der Liebe in nur einem Haus zu leben. [25–26] Wenn es dir gefällt, kämpfe er gegen lernaeische Wasserschlangen und bringe er dir Äpfel vom Drachen der Hesperiden, [27–28] schlucke scheußliche Gifte er freudig und als Schiffbrüchiger Wellen, und weigere er sich niemals, deinetwegen Kummer zu leiden [29–30] (wolltest du doch an mir, mein Leben, diese Mühsale erproben!): Schon wirst du diesen deinen Maulhelden zu den Ängstlichen zählen, [31–32] der jetzt mit seinem Geprahle stolzgeschwellt zu der Ehre deiner Gunst ist gekommen. Geschieden sehen wird euch das nächste Jahr! [33–34] Doch mich wird nicht das volle Lebensalter einer Sibylle verändern, nicht die Mühsal des Sprosses vom Stamme des Alkeus, nicht jener düstere, vom Tod überschattete Tag. [35–36] Du aber wirst meine Habseligkeiten ordnen und fragen: »Die Gebeine hier, Properz, sind es deine? Ach, du warst mir ein fester Halt,
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[37–38] certus eras eheu, quamvis nec sanguine avito nobilis nec quamvis navita dives eras.’ [39–40] nil ego non patiar, numquam me iniuria mutat: ferre ego formosam nullum onus esse puto. [41–42] credo ego non paucos ista periisse figura, credo ego sed multos non habuisse fidem. [43–44] parvo dilexit spatio Minoida Theseus, Phyllida Demophoon, hospes uterque malus. [45–46] iam tibi Iasonia nota est Medea carina et modo servato sola relicta viro. [47–48] dura est quae multis simulatum fingit amorem, et se plus uni si qua parare potest. [49–50] noli nobilibus, noli conferre beatis: vix venit, extremo qui legat ossa die. [51–52] hi tibi nos erimus, sed tu potius precor ut me demissis plangas pectora nuda comis.
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XXV [1–2] Unica nata meo pulcherrima cura dolori, excludit quoniam sors mea ‘saepe veni!’: [3–4] ista meis fiet notissima forma libellis, Calve, tua venia, pace, Catulle, tua. [5–6] miles depositis annosus secubat armis, grandaevique negant ducere aratra boves, [7–8] putris et in vacua requiescit navis harena, et vetus in templo bellica parma vacat: [9–10] at me ab amore tuo deducet nulla senectus, sive ego Tithonus sive ego Nestor ero. [11–12] nonne fuit satius duro servire tyranno et gemere in tauro, saeve Perille, tuo, [13–14] Gorgonis et satius fuit obdurescere vultu, Caucasias etiam si pateremur aves? [15–16] sed tamen obsistam. teritur robigine mucro ferreus et parvo saepe liquore silex:
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37 heu heu D 38 nec Flach et W Ƈ nauita W non ita c, Pontano, Sannazaro haud ita Heins 39 patior D, corr. V2 41 perisse N, s. l. corr. N peperisse F, L 44 demophon F, L 46 seruato N, F4mg, V2, om. F, L ab infido P, D, V fallaci F3mg, D2mg, Vo 51 hii F ii P, D, Vo XXV 2 uenit N, corr. N 5 annosis N, Vo, corr. N 8 palma F, D3mg, Vo 9 meo pro tuo P 11 saeuire V2mg 12 genere Vo Ƈ saeue c s(a)epe W 14 caucaseas P, D caukaseas N cancaseas L 15 non pro sed V2mg Ƈ obsita P2mg, V2mg 16 licore F, L, Vcorr, Vo, in marg. corr. F2
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[37–38] warst, ach, ein fester Halt, obschon du kein Adliger von uraltem Geblüt und obschon du kein reicher Reeder warst.« [39–40] Nichts gibt es, das ich nicht geduldig hinnähme. Niemals verändert mich eine Demütigung. Dass eine Schöne zu ertragen keine Bürde ist, meine ich vielmehr. [41–42] Überzeugt bin ich, dass nicht wenige den Verstand verloren durch ein Äußeres wie deines; überzeugt bin ich, dass aber viele nicht Wort haben gehalten. [43–44] Kurze Zeit nur in Ehren hielt die Tochter des Minos ein Theseus, Phyllis ein Demophoon, beide schlechte Gastfreunde. [45–46] Bereits dir vertraut ist ja Medeia durch ihre Fahrt auf Iasons Schiff und als vom eben erst geretteten Mann einsam zurückgelassene Frau. [47–48] Herzlos ist eine, die vielen eine geheuchelte Liebe vorgaukelt, oder auch, wenn sie es fertig bringt, sich für mehr als einen zurechtzumachen. [49–50] Ziehe keine Vergleiche mit vornehmen, ziehe keine mit begüterten Herren! Kaum kommt so einer, um am letzten Tag vom Boden aufzulesen die Gebeine. [51–52] Der werde ich für dich sein. Doch bete ich lieber zum Himmel, vor Trauer um mich ließest du dir in Strähnen herunterhängen das Haar und schlügest du die nackten Brüste dir wund. 25 [1–2] Einzigartige, wunderschöne Liebste, die du geboren wurdest zu meinem Schmerz, versagt mir ja doch mein Los dein »Komme oft!« – [3–4] dieses dein Aussehen wird am bekanntesten werden durch meine Gedichtbändchen, mit deiner gütigen Erlaubnis, Calvus, mit deinem freundlichen Einverständnis, Catull. [5–6] Ist der Soldat bejahrt, schläft er abseits von zur Nachtruhe abgelegten Waffen, sind hochbetagt die Ochsen, weigern sie sich, Pflüge zu ziehen, [7–8] ist morsch das Schiff, ruht es auf dem Sand eines menschenleeren Strands, und ist alt der Kriegsschild, hängt er ausgemustert im Tempel. [9–10] Doch wird mich von der Liebe zu dir kein noch so hohes Greisenalter abbringen, sei es, ein Tithonos, sei es, ein Nestor werde einmal ich sein. [11–12] Wäre es nicht besser gewesen, als Sklave zu dienen einem gnadenlosen Tyrannen und in deinem Stier zu stöhnen, grausamer Perillos, [13–14] und besser gewesen, zu Stein zu erstarren von Gorgos Blick oder immer noch besser, wenn ich über mich ergehen lassen müsste kaukasische Raubvögel? [15–16] Doch werde ich dennoch der Versuchung widerstehen. Es verwittert vom Rost die stählerne Klinge und von einem Rinnsal oft hartes Gestein.
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[17–18] at nullo dominae teritur sub lumine amor, qui restat et immerita sustinet aure minas. [19–20] ultro contemptus rogat et peccasse fatetur laesus, et invitis ipse redit pedibus. [21–22] tu quoque, qui pleno fastus assumis amore, credule, nulla diu femina pondus habet. [23–24] an quisquam in mediis persolvit vota procellis. cum saepe in portu fracta carina natet, [25–26] aut prius infecto deposcit praemia cursu, septima quam metam triverit ante rota? [27–28] mendaces ludunt flatus in amore secundi: si qua venit sero, magna ruina venit. [29–30] tu tamen interea, quamvis te diligat illa, in tacito cohibe gaudia clausa sinu. [31–32] namque in armore suo semper sua maxima cuique nescio quo pacto verba nocere solent. [33–34] quamvis te persaepe vocet, semel ire memento: invidiam quod habet, non solet esse diu. [35–36] at si saecla forent antiquis grata puellis, essem ego quod nunc tu: tempore vincor ego. [37–38] non tamen ista meos mutabunt saecula mores: unus quisque sua noverit ire via. [39–40] at vos, qui officia in multos revocatis amores, quantum sic cruciat lumina vestra dolor! [41–42] vidistis pleno teneram candore puellam, vidistis fuscam, ducit uterque color; [43–44] vidistis quandam Argiva prodire figura, vidistis nostras, utraque forma rapit; [45–46] illaque plebeio vel sit sandycis amictu: haec atque illa mali vulneris una via est, [47–48] cum satis una tuis insomnia portet ocellis una sit et cuivis femina multa mala.
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17 de me pro dominae D, V2mg, Vo, corr. D2 Ƈ sublumine Vo sub limine L, P sublimine N, P2 18 immerita W immeritas c 20 inuictis F, corr. F3 21 plenos N, corr. N Ƈ absumis N, corr. N 22 credula F, L, P 25 an V2 26 terruerit L Ƈ ante W arte c axe Burman 27 saltus D 33 nocet F, L, D, Vo, s. l. corr. F4 35 et F, s. l. corr. F4 37 mutabant N Ƈ amores V2 38–39 om. L 39 in om. F, P, D, s. l. add. F4, V2 40 quantum W quantus c, Pucci, Heins Ƈ sic c si W Ƈ nostra N, F, L, P 42 fuscam L. Müller fusco W Ƈ ducit N, D2mg dulcis F, D lucet P lucus L 43 quamdam F, L, P quadam N Ƈ prodire N, s. l. F4, V2 prodente F, L, P, D 44 ueraque V2mg 45 sic F, D, corr. F4 Ƈ sandycis D, Vo sandicis N, P, L sandyris V saudicis F4 caudicis F 48 sit et W sat est c, Scaliger, Carutti
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[17–18] Doch unter keinem noch so grellem Sonnenlicht verwittert eine Liebe zur Herrin, die widerstandsfähig ist und Drohungen sich anzuhören aushält, ohne dass verdient sie hätte das Ohr. [19–20] Von sich aus bittet die Liebe, wurde sie verschmäht, um Vergebung und gesteht sie, wurde sie verletzt, den Fehltritt ein, und gegen den Willen ihrer Füße kehrt von alleine sie zurück. [21–22] Du auch, der du dir im Vollbesitz der Liebe ein hochmütiges Gebaren anmaßt, merke dir, Leichtgläubiger: Keine Frau wahrt lange Standhaftigkeit. [23–24] Löst etwa jemand Gelübde mitten im Sturm ein, wo doch oft im Hafen Schiffstrümmer schwimmen, [25–26] oder fordert er, ohne das Rennen beendet zu haben, den Siegespreis, ehe zum siebten Mal den Wendekegel zuvor gestreift hat das Rad? [27–28] Ein trügerisches Spiel treiben mit uns in der Liebe günstige Winde. Wenn ein Unglück spät kommt, kommt es mit Macht. [29–30] Du jedoch halte unterdessen, obschon dich sie liebt, im verschwiegenen Herzen verwahrt, im Zaum deine Freude! [31–32] Denn bei seiner eigenen Liebe pflegen irgendwie immer einem jeden zu schaden seine eigenen großspurigen Worte. [33–34] Obschon sie dich sehr oft zu sich lädt, denke daran, nur einmal hinzugehen! Was Neid erregt, pflegt nicht lange zu währen. [35–36] Doch wenn die Zeiten hold wären Mädchen vom alten Schlag, wäre ich, was du jetzt bist. Vom Zeitgeist überwunden werde ich! [37–38] Nicht jedoch werden diese verrufenen Zeiten meine Haltung verändern. Ein jeder verstehe es, seinen eigenen Weg zu gehen. [39–40] Doch ihr, die ihr euch auf eure Dienstpflicht zu vielen Liebschaften besinnt – wie sehr peinigt so eure Augen der Schmerz! [41–42] Ihr saht ein zartes Mädchen mit makellos weißschimmernder Haut, ihr saht eine dunkelhäutige – es zieht die eine wie die andere Farbe euch an. [43–44] Ihr saht eine Ausländerin von griechischem Äußeren, saht Einheimische ausgehen – das eine wie das andere Aussehen findet ihr hinreißend. [45–46] Und mag jene einen alltäglichen oder einen scharlachroten Umhang tragen – diese wie jene ist nichts anderes als der sichere Weg zu argem Herzeleid, [47–48] da zur Genüge eine allein schlaflose Nächte beschert deinen Augen und eine Frau allein einem jedem gibt Anlass zu vielen Nöten.
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XXVI [1–2] Vidi te in somnis fracta, mea vita, carina Ionio lassas ducere rore manus [3–4] et, quaecumque in me fueras mentita, fateri nec iam umore graves tollere posse comas, [5–6] qualem purpureis agitatam fluctibus Hellen, aurea quam molli tergore vexit ovis. [7–8] quam timui, ne forte tuum mare nomen haberet atque tua labens navita fleret aqua! [9–10] quem tum ego Neptuno, quem tum cum Castore fratri, quemque tibi excepi, iam dea, Leucothoë! [11–12] at tu vix primas extollens gurgite palmas saepe meum nomen iam peritura vocas. [13–14] quod si forte tuos vidisset Glaucus ocellos, esses Ionii facta puella maris, [15–16] et tibi ob invidiam Nereides increpitarent, candida Nesaee, caerula Cymothoë. [17–18] sed tibi subsidio delphinum currere vidi, qui, puto, Arioniam vexerat ante lyram. [19–20] iamque ego conabar summo me mittere saxo, cum mihi discussit talia visa metus. [21–22] nunc admirentur, quod tam mihi pulchra puella serviat et tota dicar in urbe potens. [23–24] non, si Cambysae redeant et flumina Croesi, dicat: ‘de nostro surge, poeta, toro!’ [25–26] nam mea cum recitat, dicit se odisse beatos: carmina tam sancte nulla puella colit. [27–28] multum in amore fides, multum constantia prodest (qui dare multa potest, multa et amare potest); [29–30] seu mare per longum mea cogitet ire puella, hanc sequar et fidos una aget aura duos. [31–32] unum litus erit sopitis unaque tecto arbor, et ex una saepe bibemus aqua; [33–34] et tabula una duos poterit componere amantes, prora cubile mihi seu mihi puppis erit.
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XXVI 1 uidi ego te F4, V2mg 2 lapsas V2 3 fueris F, L, Vo, s. l. corr. F4 5 agitatam N, F4mg, D, V agitaram Vo agitaui F agitauit L, P 6 uellere P, corr. Pmg Ƈ quam timui in marg. F4 quam tuum F quamque tuum F3 8 atque W teque Heins, Hertzberg 9 quem tum F, P, D qu(a)e tum N, F4, V2 quem cum L Ƈ quem tum cum P, D quae tum cum N, V2 quam tum F quantum cum L Ƈ ferri pro fratri F, L 10 quaeque N, F, L, V2 15 prae inuidia F, D, corr. V2 Ƈ increparent F 16 nise(a)e W, corr. V2 Ƈ timochoe P 18 qui F3, P, D quam N quod F, L 19 summo me om. L 23 si D nisi V2 Ƈ redeat Vo Ƈ flumina F, in marg. corr. F2 Ƈ chroesi N, V2mg creosi D, V 25 audisse F, in marg. corr. F2 29 cogitat P
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26 [1–2] Ich sah in Traumbildern, wie du, mein Leben, nach einem Schiffbruch von des ionischen Meeres Gischt müde Hände bekamst, [3–4] alles, was du mir vorgelogen hattest, gestandst und nicht mehr heben konntest den vor Nässe schweren Schopf, [5–6] von funkelnden Fluten umhergetrieben wie Helle, die auf seinem weichen Fell trug der goldschimmernde Widder. [7–8] Wie sehr fürchtete ich, es könnte vielleicht das Meer deinen Namen erhalten und um dich der Seemann weinen, wenn über dein Gewässer gleitet sein Schiff! [9–10] Wen habe ich da für Neptun, wen da mitsamt Kastor für seinen Bruder und wen für dich vorgesehen, die du nunmehr eine Göttin – Leukotheia – bist! [11–12] Doch rufst du, als du kaum noch die Fingerspitzen herausstrecken kannst aus der gurgelnden Flut, den Tod vor Augen oft meinen Namen. [13–14] Wenn aber zufällig Glaukos hätte gesehn deine Äuglein, wärest eine Seejungfrau des Ionischen Meeres du geworden [15–16] und würden dich aus Eifersucht die Nereustöchter anschreien, die helle Nesaië oder die tiefblaue Kymothoë. [17–18] Doch sah ich einen Delphin dir zu Hilfe eilen, derselbe, glaube ich, der zuvor Arions Leier hatte getragen. [19–20] Und schon setzte ich dazu an, mich von einer Felsspitze zu stürzen, da verscheuchte mir solche Traumgesichte die Angst. [21–22] Jetzt staune man, dass sich mir ein so schönes Mädchen unterwirft und man mich in der ganzen Stadt seinen Herrn und Gebieter nennt! [23–24] Nicht einmal, wenn zum Lohn ihm die Goldströme eines Kambyses und eines Kroisos zuflössen, würde es sagen: »Erhebe dich, Dichter, von unserer Lagerstatt!« [25–26] Denn sooft sie mein Hab und Gut vorträgt, erklärt sie, nichts wissen zu wollen von vermögenden Männern. Gedichte ehrt kein Mädchen so andächtig wie sie. [27–28] Viel nützt in der Liebe die Treue, viel die Beständigkeit – wer vielerlei zu geben imstande ist, ist auch vielerlei zu lieben imstande; [29–30] oder sollte über das weite Meer zu reisen gedenken mein Mädchen, werde ich es begleiten und wird e i n e Brise forttreiben zwei Treue. [31–32] E i n Gestade wird uns beiden als Schlafgelegenheit und e i n Baum als Dach dienen, und aus e i n e m Quell werden häufig wir trinken, [33–34] und e i n e Planke wird zur Nachtruhe vereinen können zwei Liebende – als Schlafstatt wird mir der Bug oder wird mir das Hinterdeck dienen.
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[35–36] omnia perpetiar, saevus licet urgeat Eurus velaque in incertum frigidus Auster agat: [37–38] quicumque et venti miserum vexastis Ulixen et Danaum Euboico litore mille rates, [39–40] et qui movistis duo litora, cum ratis Argo dux erat ignoto missa columba mari. [41–42] illa meis tantum non umquam desit ocellis, incendat navem Iuppiter ipse licet. [43–44] certe isdem nudi pariter iactabimur oris: me licet unda ferat, te modo terra tegat. [45–46] sed non Neptunus tanto crudelis amori, Neptunus fratri par in amore Iovi: [47–48] testis Amymone, latices dum ferret, in arvis compressa et Lernae pulsa tridente palus. [49–50] iam deus amplexu votum persolvit, at illi aurea divinas urna profudit aquas. [51–52] crudelem et Borean rapta Orithyia negavit: hic deus et terras et maria alta domat. [53–54] crede mihi, nobis mitescet Scylla nec umquam alternante morans vasta Charybdis aqua; [55–56] ipsaque sidera erunt nullis obscura tenebris; purus et Orion, purus et Haedus erit. [57–58] quod mihi si ponenda tuo sit corpore vita, exitus hic nobis non inhonestus erit.
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XXVII [1–2] At vos incertam, mortales, funeris horam quaeritis, et qua sit mors aditura via, [3–4] quaeritis et caelo Phoenicum inventa sereno, quae sit stella homini commoda quaeque mala: [5–6] seu pedibus Parthos sequimur seu classe Britannos, et maris et terrae caeca pericla viae. [7–8] rursus et obiectum fletus caput esse tumultu, cum Mavors dubias miscet utrimque manus;
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36 uela quod L, P Ƈ in incertum s. l. F4, D incertum N, F, L, P 37 ulixem F, L, P, D 39 nouistis L Ƈ ratis W rudis F2mg, Pmg, Volsco, Beroaldo Ƈ argo N, F2mg, P2, D ergo F, L, P argus c, Beroaldo 41 non num(n)quam F, P, corr. P2 Ƈ desit N, F4mg, Pmg, D spectat F, L, P 43 iisdem V hisdem F3mg, P, D, Vo2 hicdem Vo his’am F hys’am L Ƈ horis N, F, corr. F3 44 modo N, F4mg, Pmg, V2 quoque F, L, P, D 46 ferri pro fratri L 47 amymone V2 amimone L, P, D ammimone N a minione F Ƈ cum F, L, P, D Ƈ aruis W argis c agris cod. Patav. bibl. capit. c 77 50 refudit F4, D2mg 53 mutescet F, L, D Ƈ cilla L 54 alternate L Ƈ morans c, B. A. Müller uacans Ayrmann uorans W Ƈ caribris N 57 quid N, D XXVII 3 iuuenta F, s. l. corr. F4 7 fletus N flemus F, L, P, D fletis c fles tu Housman Ƈ caput N, F capiti F3mg, L, P, D Ƈ tumultu c, L. Müller tumultum W 8 uterque D
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[35–36] Alles will ich über mich ergehen lassen, mag mir auch zusetzen der grimmige Ost und die Segel ins Ungewisse lenken der eiskalte Süd: [37–38] euch Winde alle, die ihr den armen Odysseus ebenso heimsuchtet wie an Euboias Gestade der Danaer tausend Schiffe, [39–40] und euch, die ihr zwei Gestade bewegtet, als des Schiffes Argo Lotse eine zum unbekannten Meer geschickte Taube war. [41–42] Wenn sie nur niemals meinen Augen entschwindet, zünde unser Schiff meinethalben Iuppiter persönlich an. [43–44] Sicherlich werden nackt wir verschlagen an ein und dieselbe Küste. Mich mag die Brandung forttragen, wenn dich nur die Erde bedeckt. [45–46] Doch wäre Neptun nicht gefühllos gegenüber einer so großen Liebe, Neptun, der ebenbürtig in der Liebe seinem Bruder Iuppiter ist. [47–48] Davon zeugt, dass Amymone, wenn nur Wasser sie brächte, auf Saatfeldern sich ihm hingab und er mit dem Dreizack die Quelle zum Sumpf von Lerna schlug. [49–50] Schon mit der körperlichen Vereinigung hat der Gott sein Gelübde eingelöst. Doch nicht genug damit, goss ihr ein goldener Krug nur für Götter bestimmtes Wasser aus. [51–52] Gefühllos hat Boreas, den Nord, wurde sie auch entführt, nicht einmal Oreithyia gescholten. Dieser Windgott zwingt Länder wie auch tiefe Meere nieder. [53–54] Glaube mir, uns zuliebe wird sich die Skylla ebenso besänftigen wie das durch die wechselnde Strömung nie rastende Ungeheuer Charybdis. [55–56] Und selbst die Sterne werden von keinerlei Finsternis verdunkelt sein. Wolkenlos wird auch der Orion, wolkenlos auch das Böcklein sein. [57–58] Wenn ich aber auf deinem Körper aushauchen müsste mein Leben, würde dies für mich kein unrühmliches Ende sein. 27 [1–2] Doch erkundigt ihr Sterblichen euch nach der ungewissen Stunde eures Ablebens und nach dem Weg, auf dem der Tod sich wird nähern, [3–4] und erkundigt ihr euch bei heiterem Himmel nach der Phoiniker Erkenntnissen, welches Gestirn günstig ist für den Menschen und welches für ihn unheilvoll. [5–6] Ob wir mit dem Fußvolk die Parther verfolgen oder mit der Flotte die Britannier, auf dem See- wie auf dem Landweg lauern unsichtbare Gefahren. [7–8] Auf der anderen Seite das Wehklagen, selbst die Hauptstadt sei schon dem Kriegsgetümmel ausgesetzt, wenn Mars hüben wie drüben schwankende Streitkräfte in Kämpfe verstrickt;
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[9–10] praeterea domibus flammam domibusque ruinas neu subeant labris pocula nigra tuis. [11–12] solus amans novit, quando periturus et a qua morte; neque hic Boreae flabra neque arma timet. [13–14] iam licet et Stygia sedeat sub harundine remex, cernat et infernae tristia vela ratis, [15–16] si modo clamantis revocaverit aura puellae, concessum nulla lege redibit iter.
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XXVIII [1–2] Iuppiter, affectae tandem miserere puellae: tam formosa tuum mortua crimen erit. [3–4] venit enim tempus, quo torridus aestuat aër, incipit et sicco fervere terra Cane. [5–6] sed non tam ardoris culpa est neque crimina caeli quam totiens sanctos non habuisse deos. [7–8] hoc perdit miseras, hoc perdidit ante puellas: quidquid iurarunt, ventus et unda rapit. [9–10] num sibi collatam doluit Venus? illa peraeque prae se formosis invidiosa dea est. [11–12] an contempta tibi Iunonis templa Pelasgae, Palladis aut oculos ausa negare bonos? [13–14] semper, formosae, non nostis parcere verbis. hoc tibi lingua nocens, hoc tibi forma dedit. [15–16] sed tibi vexatae per multa pericula vitae extremo veniet mollior hora die. [17–18] Io versa caput primos mugiverat annos: nunc dea, quae Nili flumina vacca bibit. [19–20] Ino etiam prima terris aetate vagata est: hanc miser implorat navita Leucothoën. [21–22] Andromede monstris fuerat devota marinis: haec eadem Persei nobilis uxor erat. [23–24] Callisto Arcadios erraverat ursa per agros: haec nocturna suo sidere vela regit.
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9 domibusque W metuisque L. Müller Ƈ ruinas N, L2, P, D, V, Vo2 ruinam F, L, V2, Vo 10 ne V2 11 peritururus N 12 nec hic P Ƈ nec arma F, P, D, corr. V2 13 liquet F, s. l. corr. F4 14 seruat D, V, corr. D2, V2 15 damnatis V2mg XXVIII 2 iam N 3 extuat F 5 nec V2 8 iurarem N iuratur V2 9 non N nun V nunc Vo Ƈ pareque D, corr. V2 paremque F 11 at contenta V2mg 12 pallidis N 15 mihi V2mg 16 ueniet V2 uenit W 19 ino N, Fras, D imo F iuno L inno P 21 deuota N, F4mg, Pmg, V2mg monstrata F, L, P, D 24 sidera F
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[9–10] darüber hinaus das Gejammer, zu den Häusern dringe die Brand- und zu den Häusern die Einsturzgefahr vor, oder die Angst, kommen könnten aus Bechern tödliche Gifte über deine Lippen. [11–12] Allein der Liebende weiß, wann und welchen Tod er sterben wird. Weder hat er vor Böen des Nordwinds noch vor Kriegswaffen Angst. [13–14] Mag er auch schon in des stygischen Schilfes Schatten als Ruderer sitzen und auf die düsteren Segel der Unterweltsbarke blicken, [15–16] so wird doch, wenn nur zur Erde ihn zurückruft wenigstens ein Hauch der wehklagenden Stimme seiner Geliebten, den von keinerlei Gesetz genehmigten Rückweg er antreten. 28 [1–2] Iuppiter, erbarme dich endlich des erkrankten Mädchens! Wenn ein so schönes stirbt, wird dich der Vorwurf treffen. [3–4] Gekommen ist nämlich die Jahreszeit, in der sengend heiß wabert die Luft und die Erde zu glühen beginnt vom trockenen Wetter des Hundssterns. [5–6] Doch trifft nicht so sehr die Hitze die Schuld oder den Himmel der Vorwurf wie vielmehr die Meineide, so und so oft nicht heiliggehalten zu haben die Götter. [7–8] Dies richtet, dies richtete schon früher in Nöte geratene Mädchen zugrunde: Was sie auch schworen, Wind und Wellen reißen es mit sich fort. [9–10] Hat etwa, dass mit ihr du wurdest verglichen, Venus gegrämt? Sie ist eine auf Schöne, die ihr den Rang ablaufen, ohne Unterschied eifersüchtige Göttin. [11–12] Oder hast du etwa die Tempel der pelasgischen Iuno gemieden oder Pallas Athene wohlgeratene Augen abzusprechen gewagt? [13–14] Nie versteht es ihr Schönen, euch zurückzuhalten mit vorlauten Äußerungen. Dies hat dir deine ätzende Zunge, dies dir deine Schönheit beschert. [15–16] Doch wird dir am letzten Tag deines durch viele Gefahren durchrüttelten Lebens eine angenehmere Stunde beschieden sein. [17–18] Io hatte, als ihr Haupt sich in einen Tierkopf verwandelt hatte, die ersten Jahre gemuht – jetzt eine Göttin, die doch Nilwasser als Kuh hat getrunken. [19–20] Ino streifte noch in frühester Jugend auf Erden umher. Sie ruft, ist er in Not, der Seemann als Leukotheia an. [21–22] Andromeda war schon dafür ausersehen gewesen, Meerungeheuern zum Fraß vorgeworfen zu werden. Diese selbe war des Perseus erlauchte Gemahlin. [23–24] Kallisto war als Bärin durch Arkadiens Fluren geirrt. Sie leitet bei Nacht mit ihrem Sternbild die Segel von Schiffen.
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[25–26] quod si forte tibi properarint fata quietem, illa sepulturae fata beata tuae, [27–28] narrabis Semelae, quo sit formosa periclo, credet et illa suo docta puella malo; [29–30] et tibi Maeonias omnes heroidas inter primus erit nulla non tribuente locus. [31–32] nunc, utcumque potes, fato gere saucia morem: et deus et durus vertitur ipse dies. [33–34] hoc tibi vel poterit coniunx ignoscere Iuno: frangitur et Iuno, si qua puella perit. [35–36] deficiunt magico torti sub carmine rhombi, et iacet exstincto laurus adusta foco; [37–38] et iam Luna negat totiens descendere caelo, nigraque funestum concinit omen avis. [39–40] una ratis fati nostros portabit amores caerula ad infernos velificata lacus. [41–42] si non unius, quaeso, miserere duorum! vivam, si vivet; si cadet illa, cadam. [43–44] pro quibus optatis sacro me carmine damno: scribam ego: PER MAGNVM EST SALVA PVELLA IOVEM; [45–46] ante tuosque pedes illa ipsa operata sedebit, narrabitque sedens longa pericla sua. [47–48] haec tua, Persephone, maneat clementia, nec tu, Persephonae coniunx, saevior esse velis. [49–50] sunt apud infernos tot milia formosarum: pulchra sit in superis, si licet, una locis! [51–52] vobiscum est Iope, vobiscum candida Tyro, vobiscum Europe nec proba Pasiphaë. [53–54] et quot Troia tulit vetus et quot Achaia formas et Phoebi et Priami diruta regna senis! [55–56] et quaecumque erat in numero Romana puella, occidit: has omnes ignis avarus habet. [57–58] nec forma aeternum aut cuiquam est fortuna perennis: longius aut propius mors sua quemque manet.
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27 narrabit s. l. F4 Ƈ sit N, s. l. F4, D sis c fit F, L, P 28 sua D 29 meonidas F, L, P Ƈ inter heroidas omnis N, F, L, P 31 utrumque D 33 poterat F, L, D 35 i(y)magine F, L, P, Vo, corr. Vo2 Ƈ rhombi V2mg rombi F2, L, P rumbi D bombi N nimbi F 38 concinit V2mg condidit W 40 gar(r)ula F, L, P 41 set N Ƈ misere F, P, corr. F2 45 operta N, F, L, D adoperta V3 47 nec pro haec F, P, D Ƈ maneat N, F, L, P, V2 moueat D, V mouet Vo 50 sic L Ƈ scilicet F3mg, L, P, D, V2 scl’et F 51 est niobe V antiope cod. Mediol. bibl. Ambros. I 67 sup. 522 in marg., Pucci Ƈ nobiscum L, Vo 52 pasiph(a)e N, F, P phasiphae s. l. F, L pasiphea N2 pasiphone D 53 troia W creta Rossberg 1877, Housman 54 ph(o)ebi W Thebae Scaliger; alii alia 58 proprius N, F, Vo, corr. F2
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[25–26] Sollten dir aber die Schicksalsgöttinnen den Eintritt der ewigen Ruhe beschleunigen – jene Schicksalsgöttinnen, die sich freudig um dein Begräbnis kümmern würden –, [27–28] wirst du Semele erzählen, in welcher Gefahr eine Schöne schwebt, und wird jenes Mädchen es glauben, hat es doch aus seinem eigenen Ungemach gelernt. [29–30] Und es wird dir unter allen homerischen Heldinnen, ohne dass eine ihn streitig dir macht, der erste Platz zufallen. [31–32] Jetzt aber füge dich, angegriffen, wie du bist, so gut du kannst, in dein Schicksal! Der Gott kann sich ebenso verändern wie selbst seine gnadenlose Frist. [33–34] Diese Schwenkung wird dir, Iuppiter, sogar Iuno, deine Gemahlin, verzeihen können. Das Herz bricht es auch einer Iuno, wenn ein Mädchen stirbt. [35–36] Es versagen die unter den Klängen eines Zauberlieds gedrehten Rautenkreisel, und umher liegt angesengter Lorbeer auf erloschenem Herd. [37–38] Auch weigert Luna sich schon, so oft hinabzusteigen vom Himmel, und krächzt Unheil verkündende Rufe der schwarzgefiederte Vogel. [39–40] E i n e Schicksalsbarke wird, hat sie die nachtblauen Segel gesetzt, unser beider Liebe befördern zu der Unterwelt Seen. [41–42] Wenn nicht e i n e s, erbarme dich bitte zweier Menschen! Leben will ich, wenn auch sie lebt; wenn sie tot umfällt, will auch ich tot umfallen. [43–44] Dieser sehnlichen Wünsche wegen verpflichte ich mich zu einem Weihgedicht. Schreiben will ich: DURCH DEN MÄCHTIGEN IUPPITER GENESEN IST MEINE GELIEBTE. [45–46] Und zu deinen Füßen wird, mit der Darbringung von Opfern beschäftigt, sie selbst sitzen und im Sitzen erzählen die lange Geschichte ihrer Lebensgefahr. [47–48] Möge, Persephone, diese deine Milde uns erhalten bleiben und du, Persephones Gatte, nicht grausamer sein wollen als sie. [49–50] Es gibt bei den Bewohnern der Unterwelt so viele Tausend Schöne. Gebe es doch mit Verlaub wenigstens e i n e Bildhübsche auf der Oberwelt! [51–52] Mit euch zusammen lebt Iope, mit euch zusammen die weißschimmernde Tyro, mit euch Europe und die sittenlose Pasiphaë. [53–54] Und wie viele Schönheiten hat das alte Troia hervorgebracht, und wie viele Achaia und des Sonnengotts Phoibos und des greisen Priamos zertrümmertes Reich! [55–56] Und einerlei, welche römischen Mädchen dazu zählten, es sanken sie durchweg ins Grab; sie alle behält des Scheiterhaufens habgieriges Feuer. [57–58] Weder währt die Schönheit ewig, noch hat jemand ständig Glück. Später oder früher wartet auf jeden der ihm bestimmte Tod.
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[59–60] tu quoniam es, mea lux, magno dimissa periclo, munera Dianae debita redde choros! [61–62] redde etiam excubias divae nunc, ante iuvencae, votivas noctes et mihi solve decem!
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XXIX [1–2] Hesterna, mea lux, cum potus nocte vagarer nec me servorum duceret ulla manus, [3–4] obvia nescio quot pueri mihi turba minuta venerat (hos vetuit me numerare timor), [5–6] quorum alii faculas, alii retinere sagittas, pars etiam visa est vincla parare mihi. [7–8] sed nudi fuerant. quorum lascivior unus ‘arripite hunc!’ inquit, ‘nam bene nostis eum. [9–10] hic erat, hunc mulier nobis irata locavit.’ dixit, et in collo iam mihi nodus erat. [11–12] hic alter iubet in medium propellere, at alter: ‘intereat, qui nos non putat esse deos! [13–14] haec te non meritum totas exspectat in horas; at tu nescio quas quaeris, inepte, fores. [15–16] quae cum Sidoniae nocturna ligamina mitrae solverit atque oculos moverit illa graves, [17–18] afflabunt tibi non Arabum de gramine odores, sed quos ipse suis fecit Amor manibus. [19–20] parcite iam, fratres! iam certos spondet amores, et iam ad mandatam venimus ecce domum.’ [21–22] atque ita me iniecto duxerunt rursus amictu: ‘i nunc et noctes disce manere domi.’ [23–24] mane erat, et volui, si sola quiesceret illa, visere; at in lecto Cynthia sola fuit. [25–26] obstipui: non illa mihi formosior umquam visa, neque ostrina cum fuit in tunica, [27–28] ibat et hinc castae narratum somnia Vestae, neu sibi neve mihi quae nocitura forent:
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59 dimissa c demissa N, F, L, P, D, V demisso Vo 61 iuuent(a)e F, D, corr. V2 XXIX 1 mea N, s. l. F2, Pras, V2 modo F, L, P, D Ƈ uagaret F, P, s. l. corr. F3 4 hos s. l. F3, P2, D hoc N, F, L, P 8 iam N 10 dixit et N, F, L, P, V2 dixerat D Ƈ nudus L, P 11 et pro at F, D 13 hoc D, V2mg, Vo 14 nescio quas W nescioquam Paley Ƈ fores W foris Does senior 18 quod F 21 me W mi c, Canter Ƈ iniecto c in lecto W Ƈ duxerunt N, s. l. F4mg, L, P, D dixerunt F 24 aut L et c 25 mihi est P 26 nec V2 27 huic L, P, Vo Ƈ narrabat F, L, P narrabant V2mg 28 neu N, F, L, P, V2 non D
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[59–60] Du aber gelte, da du ja, mein Augenstern, entronnen bist einer großen Gefahr, die Gaben, die du Diana schuldest, mit Tänzen ab, [61–62] gelte mit Tempelwachen auch die Gaben ab, die du der schuldest, die jetzt eine Göttin ist, früher aber eine Färse war! Doch löse auch das Gelübde ein, zehn Nächte m i r zu weihen! 29 [1–2] Als ich, mein Augenstern, in der gestrigen Nacht betrunken umherzog, ohne dass mich eine Dienerschar geleitete, [3–4] war mir ein kleines Häuflein von ich weiß nicht wie vielen jungen Burschen entgegen gekommen – sie zu zählen verbot mir die Angst –, [5–6] von denen, schien mir, einige Fackelchen, andere Pfeile mitführten und ein Teil sogar Fesseln bereithielt. [7–8] Doch waren nackt sie gewesen. Von ihnen rief einer, der hemmungslosere: »Nehmt ihn fest! Denn genau wiedererkannt habt ihr ihn ja. [9–10] Er war’s. Ihn zu ergreifen, hat uns die Frau wutentbrannt beauftragt.« Sprach’s, und schon hatte um meinen Hals sich die Schlinge gelegt. [11–12] Dieser eine von beiden befiehlt, mich in die Mitte zu stoßen. Doch entgegnet der andere von beiden: »Zum Teufel schere sich, wer nicht meint, dass wir Götter sind! [13–14] Sie wartet, ohne dass du es verdientest, schon ganze Stunden auf dich. Doch suchst du, Dummkopf, ich weiß nicht welche Tür. [15–16] Wenn sie die Bänder ihrer Nachthaube aus Sidon löst und ihre vom Schlaf schweren Augen bewegt, [17–18] werden dir entgegenwehen nicht Düfte von Spezerei der Araber, sondern Düfte, die Amor persönlich herstellte mit seinen eigenen Händen. [19–20] Lasst ihn schon in Ruhe, Mitbrüder! Schon gelobt er ja, einen verlässlichen Liebhaber abzugeben, und schon sind wir doch, seht her, an dem Haus angekommen, zu dem ihn zu bringen beauftragt wir wurden.« [21–22] Und mit dieser Weisung geleiteten sie mich, nachdem sie mir wieder übergeworfen hatten den Mantel, zur Tür: »Geh’ nun, und lerne, die Nächte über zu Hause zu bleiben!« [23–24] Früher Morgen war’s, und ich wollte nachsehen, ob sie allein schlafe. Doch im Bett lag Cynthia wirklich allein. [25–26] Verblüfft starrte ich sie an: Noch nie war sie mir schöner vorgekommen, auch nicht, als ich in einer scharlachroten Tunika sie antraf [27–28] und sie von hier fortging, um der keuschen Vesta von ihren Träumen zu erzählen, da sie befürchtete, ihr oder mir könnten sie Unheil verheißen.
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[29–30] talis visa mihi somno dimissa recenti. heu, quantum per se candida forma valet! [31–32] ‘quid tu matutinus’, ait ‘speculator amicae? me similem vestris moribus esse putas? [33–34] non ego tam facilis: sat erit mihi cognitus unus, vel tu vel si quis verior esse potest. [35–36] apparent non ulla toro vestigia presso, signa volutantes nec iacuisse duos. [37–38] aspice, ut in toto nullus mihi corpore surgat spiritus admisso notus adulterio.’ [39–40] dixit, et opposita propellens savia dextra prosilit in laxa nixa pedem solea. [41–42] sic ego tam sancti custos recludor amoris. ex illo felix non mihi nulla fuit.
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XXX [1–2] Quo fugis, ah demens? nulla est fuga: tu licet usque ad Tanain fugias, usque sequetur Amor. [3–4] non si Pegaseo vecteris in aere dorso, nec tibi si Persei moverit ala pedes; [5–6] vel si te sectae rapiant talaribus aurae, nil tibi Mercurii proderit alta via. [7–8] instat semper Amor supra caput, instat amanti et gravis ipse super libera colla sedet. [9–10] excubat ille acer custos et tollere numquam te patietur humo lumina capta semel. [11–12] etiam si pecces, deus exorabilis ille est, si modo praesentes viderit esse preces. [13–14] ista senes licet accusent convivia duri: nos modo propositum, vita, teramus iter! [15–16] illorum antiquis onerentur legibus aures: hic locus est in quo, tibia docta, sones, [17–18] quae non iure vado Maeandri iacta natasti, turpia cum faceret Palladis ora tumor.
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29 dimissa c, Guyet, Hemsterhuys demissa W 31 quod N, F, L, P, V2 Ƈ matutinis P, D, Vo matutimis L 35 pressa F 36 uoluntantis s. l. F3 uoluntatis N, F uoluptatis D Ƈ non D, corr. V2 38 notus W motus Marcilius, Heins 39 suauia D Ƈ dextra c nostra N, F, L, P, D, Vo, om. V ueste V2 40 laxa F3mg, P2, V2 saxa N, F, L, P, D, V saxi Vo 41 custode N, L, P custodis F Ƈ recludor D reludor ex recudor N rector F, L, P 42 non W nox c XXX 1 ha F, L, Vo 2 tanain N, P, V2 tantam F, L, D 3 necteris L, P 6 mercuri N 7 amor semper P Ƈ sedet libera colla super P 10 homo D 12 esse N, F, L, P, V ille Dmg, V2mg, Vo 15 onerentur P2, Vo onerantur N, F, L, P, D, V ornentur V2mg 16 tibi iam pro tibia L Ƈ sones N, s. l. F4, P2 sonet D senes Fcorr, L, P 17 m(a)eandri N2, F2, Vo menandri N, F, L, P, D, V 18 palladis N, Pras pallidus F, L, P, D Ƈ timor F, D, corr. V2mg
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[29–30] So kam sie mir vor, vom Schlaf frisch entlassen, die sie war. Ach, wie stark wirkt schon von allein ein blendendes Aussehen! [31–32] »Wozu spielst du dich«, fragte sie, »als frühmorgendlichen Bespitzeler deiner Freundin auf? Glaubst du etwa, ich führte einen ähnlichen Lebenswandel wie euresgleichen? [33–34] Ich bin so leichtlebig nicht. Genügen wird mir, bewährt er sich als Liebhaber, einer, entweder du oder sonst einer, wenn jemand es ehrlicher meinen kann als du. [35–36] Zu sehen sind keinerlei Spuren, die von einem zerdrückten Kopfkissen hinterlassen wären, und auch keine Anzeichen dafür, dass zwei hier gelegen und sich herumgewälzt hätten. [37–38] Schau, wie mir im ganzen Körper unhörbar hochsteigt der Atem, der mich doch verraten hätte, hätte mit einem anderen Mann ich mich eingelassen.« [39–40] Sprach’s, wehrte ab mit vorgehaltener Rechten meine Küsse und sprang, ohne die Sandalen zu schnüren, in die sie geschlüpft war, vom Bett. [41–42] So werde ich bloßgestellt als Wächter über eine so unantastbare Liebe. Seitdem aber hat nicht ungnädig sie mir sich gezeigt. 30 [1–2] Wohin fliehst du, ach du Wahnsinnige? Kein Entrinnen gibt es. Magst du auch bis zum Tanaïs, dem Don, fliehen, immerfort wird dich Amor verfolgen. [3–4] Nicht, wenn in der Luft du rittest auf des Pegasos Rücken, und nicht, wenn dir des Perseus Flügel fortbewegten die Füße [5–6] oder wenn dich, von Flügelschuhen durchschnitten, die Lüfte fortrissen, wird Merkurs hochgelegene Straße dir das geringste nützen können. [7–8] Es schwebt immer Amor über deinem Kopf, schwebt über dem, der liebt, und sitzt lästig ebenso dem im Nacken, der frei und ungebunden ist. [9–10] Wache hält er als scharfer Aufseher und wird niemals dulden, dass du vom Boden erhebst deine Augen, wurden sie einmal gefesselt. [11–12] Selbst wenn du einen Fehltritt begehen solltest, ist er aber kein unerbittlicher Gott, wenn er nur sieht, dass du ihn augenblicklich um Verzeihung bittest. [13–14] Mögen auch unnachsichtige Greise Anstoß nehmen an diesen unseren Gelagen, so wollen wir doch, mein Leben, den Weg einschlagen, den soeben wir uns vorgenommen haben. [15–16] Sollen sie sich doch mit altertümlichen Gesetzen überfrachten die Ohren! Dies hier ist der Ort, an dem du, kunstsinnige Rohrpfeife, ertöne, [17–18] die du, zu Unrecht ins Wasser geworfen, im Flussbett des Maiander schwammst, weil Pallas Athenes Antlitz die aufgeblasenen Backen entstellten.
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[19–20] non tamen immerito! Phrygias nunc ire per undas et petere Hyrcani litora nota maris, [21–22] spargere et alterna communes caede Penates et ferre ad patrios praemia dira Lares! [23–24] una contentum pudeat me vivere amica? hoc si crimen erit, crimen Amoris erit: [25–26] mi nemo obiciat. libeat tibi, Cynthia, mecum rorida muscosis antra tenere iugis. [27–28] illic aspicies scopulis haerere Sorores et canere antiqui dulcia furta Iovis, [29–30] ut Semela est combustus, ut est deperditus Io, denique ut ad Troiae tecta volarit avis. [31–32] quod si nemo exstat, qui vicerit Alitis arma, communis culpae cur reus unus agor? [33–34] nec tu Virginibus reverentia moveris ora: hic quoque non nescit quid sit amare chorus, [35–36] si tamen Oeagri quaedam compressa figura Bistoniis olim rupibus accubuit. [37–38] hic ubi te prima statuent in parte choreae et medius docta cuspide Bacchus erit, [39–40] tum capiti sacros patiar pendere corymbos; nam sine te nostrum non valet ingenium.
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XXXI [1–2] Quaeris, cur veniam tibi tardior: aurea Phoebi porticus a magno Caesare aperta fuit! [3–4] tanta erat in speciem Poenis digesta columnis, inter quas Danai femina turba senis. [5–6] hic equidem Phoebo visus mihi pulchrior ipso marmoreus tacita carmen hiare lyra, [7–8] atque aram circum steterant armenta Myronis, quattuor artificis vivida signa boves.
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19 non N nunc in marg. Nrec, F, L, P, D Ƈ tamen immerito N tu dura paras s. l. F3, L, P, D, V iam dura paras V2mg, Vo dura paras F 21 spargereque F, L, P, D, V 22 digna V2mg, Vo 25 liceat modo … tecum pro libeat tibi … mecum V2mg 26 lorida L Ƈ detenere N, corr. N tedere L, P, corr. Pras 29 ut semela N, Vo ut semele Pras, D, V ut semel F3, L et semel F 30 uolarit s. l. N2, Pras, V2, Vo uolaret F, P, D, V uolares L uolari N 31 obstat Vo 34 noscit L, V2, Vo Ƈ scit pro sit F, P 35 set pro si N Ƈ oeagrii V oeagi L 36 accubuit N, F, L, P, Dmg, V ingemuit D, V2mg 37 te c, Guyet, Heins me W 39 tunc P Ƈ campi F, L, P, s. l. corr. F4 XXXI 2 e N, corr. N 3 poenis F3mg, Vo, om. F, L, D penis N, P, V2 pennis V Ƈ columnis s. l. F4, V2mg, Vo columbis N, F, L, P, D, V 4 aquas … nurus pro quas … senis V2mg 5 hic equidem N, F, L, P, V2, Vo hic eadem D, V 6 habere D, V2mg 7 steterunt F steterantque s. l. F4 steteruntque s. l. F3 8 artificis W artifices Broekhuyzen Ƈ inuida s. l. F4, D, V
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[19–20] Nicht, dass du es nicht dennoch verdient hättest! Wie käme ich dazu, jetzt durch phrygische Wogen zu fahren und Kurs zu nehmen auf die berüchtigten Gestade des Hyrkanischen Meeres [21–22] oder mit beidseits vergossenem Blut zu bespritzen die gemeinsamen Penaten und abscheuliche Belohnungen zu bringen zu unserer Väter Laren! [23–24] Soll ich etwa mich schämen, mit nur einer Freundin zufrieden zu leben? Wenn dies ein Vergehen sein sollte, wird es Amors Vergehen sein. [25–26] Mir werfe es niemand vor! Dir, Cynthia, stehe der Sinn danach, mit mir in tropfenden Grotten auf moosigen Bergeshöhen zu hausen. [27–28] Dort wirst du auf Klippen wie angewachsen sitzen sehen die Schwestern und im Chor besingen hören die süßen Geheimnisse des altehrwürdigen Zeus, [29–30] wie von Semele er wurde entflammt, wie um den Verstand er gebracht wurde von Io, wie schließlich zu Troias Dächern er flog in Gestalt eines Adlers. [31–32] Wenn aber weit und breit niemand zu sehen ist, der die Waffen des geflügelten Gottes überwinden könnte, warum werde ich da vor Gericht gestellt und eines Verbrechens, das doch allen gemeinsam ist, als alleiniger Beklagter beschuldigt? [33–34] Nicht einmal den Jungfrauen könntest du die Schamröte in ihre andächtigen Gesichter treiben. Auch dieser Chor weiß sehr wohl, was lieben heißt, [35–36] vorausgesetzt freilich, dass eine von ihnen, überwältigt von des Oiagros Äußerem, in Bistoniens Felsschluchten ihm einst beilag. [37–38] Wenn sie hier dich im vordersten Glied ihres Reigens aufstellen und in der Mitte mit seinem kunstsinnigen Taktstock Bakchos steht, [39–40] dann will ich es gern hinnehmen, dass von meinem Haupt Blütentrauben von Dolden des heiligen Efeus herabhängen. Denn ohne dich wirkt meine Dichtergabe nicht. 31 [1–2] Du fragst, warum ich später als sonst zu dir komme: Die goldene Wandelhalle zu Ehren des Phoibos ward vom großen Caesar eröffnet. [3–4] So ausgiebig zu betrachten war sie, wohlgegliedert durch punische Säulen, zwischen denen die weibliche Schar des greisen Danaos Platz fand. [5–6] Schöner als der echte Phoibos, öffnete dieser marmorne, so kam er mir jedenfalls vor, den Mund, um zur stummen Leier zu singen, [7–8] und um den Altar herum gestanden hatten Rinder des Bildhauers Myron, vier wie des Künstlers lebensechte Standbilder gestaltete Kühe.
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[9–10] tum medium claro surgebat marmore templum, et patria Phoebo carius Ortygia; [11–12] et quo Solis erat supra fastigia currus, et valvae, Libyci nobile dentis opus: [13–14] altera deiectos Parnasi vertice Gallos, altera maerebat funera Tantalidos. [15–16] deinde inter matrem deus ipse interque sororem Pythius in longa carmina veste sonat.
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XXXII [1–2] Qui videt, is peccat! qui te non viderit, ergo non cupiet: facti lumina crimen habent. [3–4] nam quid Praenestis dubias, o Cynthia, sortes, quid petis Aeaei moenia Telegoni? [5–6] cur tua te Herculeum deportant esseda Tibur? Appia cur totiens te Via ducit anus? [7–8] hoc utinam spatiere loco, quodcumque vacabis, Cynthia! sed tibi me credere turba vetat, [9–10] cum videt accensis devotam currere taedis in nemus et Triviae lumina ferre deae. [11–12] scilicet umbrosis sordet Pompeia columnis porticus, aulaeis nobilis Attalicis, [13–14] et platanis creber pariter surgentibus ordo, flumina sopito quaeque Marone cadunt [15–16] et leviter nymphis tota crepitantibus urbe, cum subito Triton ore recondit aquam. [17–18] falleris! ista tui furtum via monstrat amoris: non urbem, demens, lumina nostra fugis! [19–20] nil agis! insidias in me componis inanes, tendis iners docto retia nota mihi. [21–22] sed de me minus est: famae iactura pudicae tanta tibi miserae, quanta meretur, erit.
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9 dum D, V, corr. V2 Ƈ medio L 10 carius N, Pmg, V2mg, Vo clarior F, L, P, D, V 11 et quo N, F, L, P, D, V e quo cod. Berol. Lat. fol. 500 in quo c et auro quo Vo Ƈ erant Vo 13 pernasi L 16 phi(y)tius F, L, P XXXII 1 his F Ƈ non te F, D, V 2 lumina crimen c, Heins crimina lumen W 3 qui F, in marg. corr. F2 Ƈ pr(a)enesti N, F, L, P, D, V 4 eoi P Ƈ thelegoni V3 telagoni P lethogoni N, F, D lothogoni L 5 cur tua te Baehrens cur ita te Richmond curua te N cur uatem F, L, P, D Ƈ deportantes set abitur N 6 ducit anus V2, Vo ducit anum F, L, P, D, V dicit anum N, s. l. F4 Lanuvium Jortin 7 quocumque F Ƈ uagabis Fcorr uagaris F 8 tibi me Pcorr, D timeo F, L, P time N Ƈ uocat N 12 attaylicis F attaicis N attaycis P accaycis L 13 creber platanis pariter F, L, P cr(a)eber pariter platanis D creber platanis pariterque F2 Ƈ urgentibus N, F, L, P, D, V 15 nymphas D Ƈ tota … urbe W toto … orbe Heins 20 tota F 21 fama N 22 mereris F, L, P, D Ƈ eris F, s. l. corr. F4
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[9–10] Dann erhob sich in der Mitte des Innenhofs der Tempel aus hellem Marmor, Phoibos teurer noch als seine Heimatinsel Ortygia, [11–12] und woraus über dem Giebel der Wagen des Sonnengottes war, waren auch die Türflügel, das edle Kunstwerk aus libyschem Elfenbein, dem Stoßzahn des Elefanten: [13–14] Der eine von beiden zeigt das traurige Ende der vom Gipfel des Parnass hinuntergestoßenen Gallier, der andere die Trauer der Tochter des Tantalos um den Tod ihrer Kinder. [15–16] Danach lässt zwischen der Mutter und zwischen der Schwester der pythische Gott höchstselbst in wallendem Gewand Lieder erklingen. 32 [1–2] Wer Augen hat, der sündigt. Wer kein Auge auf dich wirft, wird also gegen Versuchungen gefeit sein. An deinem Verhalten tragen die Augen die Schuld. [3–4] Denn warum zieht es dich, Cynthia, zu den doppeldeutigen Losorakeln von Praeneste, warum zu den Mauern der Stadt des Telegonos von Aiaia? [5–6] Weshalb befördert dein Gig, der zweirädrige Einspänner, dich zu Herkules nach Tibur? Weshalb zieht dich des Appius Straße, das alte Weib, so oft magisch an? [7–8] Wenn du doch wenigstens, soweit es deine Zeit erlaubt, an deinem Wohnort spazieren gingest, Cynthia! Doch dir zu trauen verbietet mir das Heer von Menschen, das zusammenströmt, [9–10] wenn es dich dazu auserkoren sieht, mit brennender Fackel in den heiligen Hain zu laufen, um der Göttin der Straßenplätze Lichter darzubringen. [11–12] Natürlich widert dich mit ihren schattenspendenden Säulen die Wandelhalle des Pompeius an, vornehm, wie sie durch ihre golddurchwirkten Vorhänge ist, [13–14] oder auch die dichte Reihe von ebenmäßig hochwachsenden Platanen und die Ströme, die von dem ›Eingeschlafenen Maron‹ [15–16] und den in der ganzen Stadt leise plätschernden Quellen herabfallen, während Triton mit dem Mund daruntergeht und das Wasser hinunterschluckt. [17–18] Du täuschst dich! Dieser dein Kurs weist auf das Geheimnis hin, das du aus deiner Liebe machst. Nicht der Stadt, Närrin, meinen Blicken weichst du aus! [19–20] Nichts richtest du aus! Fallen legst du, die bei mir ihre Wirkung verfehlen, spannst ungeschickt Netze aus, die mir, geschult, wie ich bin, wohlbekannt sind. [21–22] Doch geht es mir weniger um mich. Der Schaden, den der Ruf, ehrbar zu sein, leidet, wird für dich Arme so groß sein, wie er es verdient.
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[23–24] nuper enim de te nostras mi laedit ad aures rumor, et in tota non bonus urbe fuit. [25–26] sed tu non debes inimicae credere linguae: semper formosis fabula poena fuit. [27–28] non tua deprenso damnata est fama veneno: testis eris puras, Phoebe, videre manus. [29–30] sin autem longo nox una aut altera lusu consumpta est: non me crimina parva movent. [31–32] Tyndaris externo patriam mutavit amore et sine decreto viva reducta domum est. [33–34] ipsa Venus fertur corrupta libidine Martis, nec minus in caelo semper honesta fuit, [35–36] quamvis Ida Parim pastorem dicat amasse atque inter pecudes accubuisse deam. [37–38] hoc et Hamadryadum spectavit turba sororum Silenique senes et pater ipse chori; [39–40] cum quibus Idaeo legisti poma sub antro, supposita excipiens Naica dona manu. [41–42] an quisquam in tanto stuprorum examine quaerit ‘cur haec tam dives? quis dedit? unde dedit?’ [43–44] o nimium nostro felicem tempore Romam, si contra mores una puella facit! [45–46] haec eadem ante illam impune et Lesbia fecit; quae sequitur, certe est invidiosa minus. [47–48] qui quaerit Tatios veteres durosque Sabinos, hic posuit nostra nuper in urbe pedem. [49–50] tu prius et fluctus poteris siccare marinos altaque mortali deligere astra manu, [51–52] quam facere, ut nostrae nolint peccare puellae: hic mos Saturno regna tenente fuit. [53–54] et cum Deucalionis aquae fluxere per orbem et post antiquas Deucalionis aquas, [55–56] dic mihi, quis potuit lectum servare pudicum, quae dea cum solo vivere sola deo?
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23 nostras F, s. l. P, Vo nostra N, L, P, D, V Ƈ mi laedit Flach me l(a)edit N, F, L, P, V2, Vo me laedet D, V Ƈ aure F, corr. F4 25–26 om. P, in marg. add. P 25 credere W cedere Wakker 26 tuis pro fuit N 28 pura N, corr. N2 29 uel pro aut L Ƈ luxu D 30 crimina s. l. N2, L, P, D carmina F scrinia N 31 motauit N 33 fertur N quamvis ceteri codices Ƈ vixit pro Martis L, P 37 hoc N, F4, D non F, L, P Ƈ etiam N, F, L, P 38 senis N, F, L, P, D, V 40 nai(y)ca dona W Nai, caduca Scaliger 45 impune L, P, D, V inpune N, F iam impune Vo 47 que P Ƈ tacios F, L, P tacitos N 48 hec L, P hac Vo 51 nolint F3, P, V, Vo uolint D noluit N, L uoluit F 52 hic N, V2, Vo his F, L is F3, P, D, V 53 et W at c, Beroaldo Ƈ urbem N, corr. N
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[23–24] Neulich nämlich kam über dich mir Gerede zu Ohren, und noch dazu übles, das in der ganzen Stadt umlief. [25–26] Doch brauchst du den bösen Zungen nicht zu glauben. Schon immer waren die Schönen mit Klatsch gestraft. [27–28] Nicht des erwiesenen Giftmords wurde dein Leumund schuldig gesprochen; Zeuge wirst du sein, Phoibos, dass rein seine, deines Rufes, Hände du siehst. [29–30] Wenn aber die eine oder andere Nacht mit ausgedehntem Liebesspiel verbracht wurde – geringfügige Vergehen regen mich nicht auf. [31–32] Tyndareos’ Tochter wechselte die Heimat aus Liebe zu einem Ausländer und wurde doch, ohne dass ein Gerichtsbeschluss gefasst wurde, lebend nach Hause zurückgeleitet. [33–34] Selbst Venus, wird erzählt, ließ sich verführen von der Lüsternheit des Mars und ist nichtsdestoweniger im Himmel stets angesehen gewesen, [35–36] obschon der Ida ihr, der Göttin, nachsagt, Paris, den Hirten, geliebt und sich inmitten seiner Viehherde zu ihm gelegt zu haben. [37–38] Dies beobachteten auch die Schwesternschar der Hamadryaden, die greisen Silene und das Väterchen des Chores höchstselbst. [39–40] Mit ihnen gemeinsam sammeltest du Äpfel am Fuße der Grotte des Ida, fingst mit der Hand, die darunter du hieltst, die Naiadengaben auf. [41–42] Fragt etwa jemand bei einem so großen Haufen von Verfehlungen: »Weshalb ist sie so reich? Wer hat es geschenkt? Wovon hat er es geschenkt?« [43–44] O, wie glücklich könnte sich in unserer Zeit Rom schätzen, wenn bloß e i n Mädchen gegen die Sitten verstieße! [45–46] Genau dasselbe hat vor der, von der ich rede, auch schon Lesbia ungestraft getan. Die ihr nachfolgt, ist wenigstens weniger verhasst. [47–48] Wer Leute vom Schlage des alten Tatius und der unnachsichtigen Sabiner sucht, der hat erst vor kurzem in unsere Stadt gesetzt seinen Fuß. [49–50] Du wirst eher noch wogende Meere trockenlegen und vom hohen Himmel Sterne mit Menschenhand pflücken können, [51–52] als zu erreichen, dass keine Fehltritte begehen wollen unsere Mädchen. Diese Gesittung hat es einmal gegeben, als Saturn noch die Herrschaft ausübte. [53–54] Wer aber hat, seit Deukalions Sintflut den Erdkreis überschwemmte, und vollends seit dem Ende von Deukalions einstiger Sintflut, [55–56] sag’ mir, sein Bett noch keusch halten, welche Göttin mit nur einem Gott zusammenleben können?
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[57–58] uxorem quondam magni Minois, ut aiunt, corrupit torvi candida forma bovis; [59–60] nec minus aerato Danaë circumdata muro non potuit magno casta negare Iovi. [61–62] quod si tu Graias es tuque imitata Latinas, semper vive meo libera iudicio!
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XXXIII [1–2] Tristia iam redeunt iterum sollemnia nobis: Cynthia iam noctes est operata decem. [3–4] atque utinam pereant, Nilo quae sacra tepente misit matronis Inachis Ausoniis! [5–6] quae dea tam cupidos totiens divisit amantes, quaecumque illa fuit, semper amara fuit. [7–8] tu certe Iovis occultis in amoribus, Io, sensisti multas quid sit inire vias, [9–10] cum te iussit habere puellam cornua Iuno et pecoris duro perdere verba sono. [11–12] ah quotiens quernis laesisti frondibus ora, mandisti stabulis abdita pasta tuis! [13–14] an, quoniam agrestem detraxit ab ore figuram Iuppiter, idcirco facta superba dea es? [15–16] an tibi non satis est fuscis Aegyptus alumnis? cur tibi tam longa Roma petita via? [17–18] quidve tibi prodest viduas dormire puellas? sed tibi, crede mihi, cornua rursus erunt, [19–20] aut nos e nostra te, saeva, fugabimus urbe: cum Tiberi Nilo gratia nulla fuit. [21–22] at tu, quae nostro nimium placata dolori es: noctibus his vacui ter faciamus iter. [23–24] non audis et verba sinis mea ludere, cum iam flectant Icarii sidera tarda boves. [25–26] lenta bibis: mediae nequeunt te frangere noctes. an nondum est talos mittere lassa manus?
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59 errato L, P Ƈ dane N danne P, D, V damne L 61 es tuque cod. Mediol. bibl. Ambros. D 2672, Baehrens tuque es F, L, P, Vo tu que es N sive es D, V Ƈ mutata L mirata Vo Ƈ latinos N XXXIII 3 pereat F, L, D 4 inachis V2, Vo ynachis s. l. F3 inacis N inachus D ynachus F, L, P inacus V 9 habere iussit D Ƈ puellam habere F Ƈ cornua cum iuno te iussit habere puellam P Ƈ humo N 11 ha F, L 12 mandisti Palmer 1874 mansisti W Ƈ stabulis W et stabulis cod. Rom. bibl. Casanat. 3227, Heins Ƈ abdita W arbuta Palmer 1876 16 uia est P, D 19 fugabimus N, s. l. F2, P, V2, Vo fugauimus F, L, D, V 21 dolori Scaliger, Heins dolore W, sed cf. v. 2,25,1 26 non dum L nundum F, P, D
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[57–58] Die Gemahlin des mächtigen Minos hat einst, wie die Sage geht, verführt eines wildblickenden Stieres strahlende Schönheit, [59–60] und Danaë brachte, obgleich von einer ehernen Mauer umgeben, es nichtsdestoweniger nicht fertig, sich züchtig zu verweigern dem mächtigen Zeus. [61–62] Einerlei also, ob du Griechinnen oder du Römerinnen zum Vorbild dir nahmst: Stets lebe unabhängig von meinem Urteil! 33 [1–2] Betrüblich kehren die Feierlichkeiten nun schon ein weiteres Mal mir wieder: Cynthia hat nun schon zehn Nächte Tempeldienst geleistet. [3–4] Ja, wenn doch nur die Opferbräuche zum Teufel gingen, die vom warmen Nil die Tochter des Inachos schickte den Damen Ausoniens! [5–6] Die Göttin, die so viele Male trennte so leidenschaftlich sich liebende Paare, ist, ganz gleich, wer sie einmal gewesen ist, immer gallig gewesen. [7–8] Du jedenfalls, Io, hast bei der Geheimhaltung deines Liebeslebens mit Iuppiter gemerkt, was es heißt, viele Wege einzuschlagen, [9–10] als Iuno dir in jungen Jahren Hörner zu tragen und dem schroffen Tierlaut von Herdenvieh die Sprache zu opfern gebot. [11–12] Ach, wie oft hast du dir am Reisig von Eichen das Maul verletzt oder wiedergekäut, womit du, in deinem Stall versteckt, wurdest gefüttert! [13–14] Bist du etwa deshalb, weil Iuppiter dir die Tiermaske vom Gesicht riss, eine überhebliche Göttin geworden? [15–16] Reicht dir etwa Ägypten mit seinen dunkelhäutigen Sprösslingen nicht aus? Warum hast du dir trotz der so langen Reise Rom zum Ziel gesetzt, [17–18] beziehungsweise was nützt es dir, dass einsam schlafen die Mädchen? Ganz im Gegenteil wirst du, glaube es mir, wieder Hörner tragen [19–20] oder werden wir dich, Grausame, aus unserer Stadt vertreiben: Mit dem Tiber hat den Nil von jeher keine Freundschaft verbunden. [21–22] Doch du, die du zu meinem Schmerz allzu sehr versöhnt wurdest, lass dir gesagt sein: Sind wir von diesen Nächten befreit, wollen wir drei Mal in den Liebeskampf ziehen. [23–24] Es hörst du nicht zu, sondern lässt meine Worte Schabernack mit mir treiben [sprich: verpuffen], wo doch schon des Ikarios Ochsen um die Kurve lenken die langsamen Gestirne. [25–26] Ungerührt trinkst du. Mitternacht kann dich nicht umstimmen. Ist etwa deine Hand es noch nicht müde, die Würfel zu werfen?
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[27–28] ah pereat, quicumque meracas repperit uvas corrupitque bonas nectare primus aquas! [29–30] Icare, Cecropiis merito iugulate colonis, pampineus nosti quam sit amarus odor! [31–32] tuque o Eurytion vino Centaure peristi, nec non Ismario tu, Polypheme, mero. [33–34] vino forma perit, vino corrumpitur aetas, vino saepe suum nescit amica virum. [35–36] me miserum, ut multo nihil est mutata Lyaeo! iam bibe: formosa es: nil tibi vina nocent, [37–38] cum tua praependent demissae in pocula sertae, et mea deducta carmina voce legis. [39–40] largius effuso madeat tibi mensa Falerno, spumet et aurato mollius in calice. [41–42] nulla tamen lecto recipit se sola libenter: est quiddam, quod vos quaerere cogat Amor. [43–44] semper in absentes felicior aestus amantes: elevat assiduos copia longa viros.
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XXXIV [1–2] Cur quisquam faciem dominae iam credat Amori? sic erepta mihi paene puella mea est. [3–4] expertus dico: nemo est in amore fidelis; formosam raro non sibi quisque petit. [5–6] polluit ille deus cognatos, solvit amicos, et bene concordes tristia ad arma vocat. [7–8] hospes in hospitium Menelao venit adulter, Colchis et ignotum nonne secuta virum est? [9–10] Lynceu, tune meam potuisti, perfide, curam tangere? nonne tuae tum cecidere manus? [11–12] quid, si non constans illa et tam certa fuisset? posses in tanto vivere flagitio?
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27 ha F, L Ƈ merachas F meratas P Ƈ reperit N, L, P 29 cicropiis N, F, L, P Ƈ iugulate N, F3, D iugulare F uigilate L, P 31 tuque o N, F3, D tu quoque L, P tu F Ƈ euritio F euricio N, L, P ericio P2 euriti Fcorr 35 non pro nihil V2mg, Vo Ƈ es F 37 praependent N, F, Pcorr, Char. gramm. I 107,28 Keil = Char. gramm. p. 137,26 Barwick perpendent L, P, D Ƈ demiss(a)e … sertae N, Char. gramm. V 590,24–25 Keil = Char. gramm. p. 137,26 Barwick demissa … serta F, L, P, D 39 madet F, P madent L 42 uos N, s. l. F4, V2, Vo nos F, L, P, D, V XXXIV 1 quiquam F, in marg. corr. F4 Ƈ iam credat N, s. l. F4, V2mg, Vo non credit F, L, P, D, V Ƈ amori W amari V2 amico c, Pucci, Volsco 4 formosam N, Pras, V2mg, Vo et formam F, D, V formam L, P Ƈ rato L, P 7 menelaos V menelao si D 9 linceu F4mg lincen L tiucen F Ƈ curam N, F4mg, P, D cura L, F 9–10 perfide … tangere N, V2, Vo tangere … perfide F, L, P, D, V 10 non et ue N 12 posset F Ƈ in N, V2, Vo et in F, L, P, D, V
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[27–28] Ach, schere sich doch zum Teufel, einerlei, wer es war, der reinen Rebensaft entdeckte und als erster mit dem süßen Most vergorener Trauben wohlschmeckendes Wasser verdarb! [29–30] Ikarios, du, der du zu Recht gemeuchelt wurdest von Bauern kekropischer Herkunft, hast am eigenen Leib erfahren, wie bitter sich auswirkt des Rankengewächses Duft. [31–32] Auch du, Kentaur Eurytion, wurdest vom Wein zugrunde gerichtet, genauso wie du, Polyphem, vom unverdünnten des Thrakers aus Ismaros. [33–34] Vom Wein geht die Schönheit verloren, vom Wein verblüht die Jugend, vom Wein kommt es, dass oft ihren Liebhaber die Freundin nicht kennt. [35–36] Ich Armer, dass sie sich vom vielen Genuss des Sorgenlösers so gar nicht verändert! Nun trinke schon! Schön bist du. Nichts kann dir der Wein anhaben, [37–38] während, von der Stirn herabgeglitten, bis in deinen Becher vornüber hängt der Kranz und du mit gedämpfter Stimme meine Gedichte liest, [39–40] mag auch noch reichlicher dir triefen der Tisch von verschüttetem Falerner und noch lieblicher er perlen im vergoldeten Kelch. [41–42] Keine jedoch zieht sich gern allein in ihr Schlafgemach zurück. Es gibt etwas, das zu suchen Amor euch zwingt. [43–44] Immer ist ergiebiger eine glühende Leidenschaft für abwesende Liebhaber. Lang anhaltende Verfügbarkeit mindert den Wert sesshafter Männer. 34 [1–2] Warum sollte jemand eine Schönheit wie meine Herrin noch auf Treu und Glauben anvertrauen dem Liebesgott? So wäre fast mir entrissen worden meine Geliebte. [3–4] Aus Erfahrung spreche ich: Niemand ist auf dem Feld der Liebe verlässlich. Um eine Schöne bemüht sich nur selten jemand nicht. [5–6] Es befleckt jener Gott Blutsverwandte, es entzweit er Freunde, und Menschen, die gut sich vertragen, beruft zu unheilvollen Waffengängen er ein. [7–8] Als Gast kam, um seine Gastfreundschaft zu genießen, zu Menelaos ein Ehebrecher, und ist die Kolcherin nicht gefolgt einem wildfremden Mann? [9–10] Lynkeus, hast du es, du Treuloser, fertig gebracht, meine Liebste anzurühren? Fielen dir da nicht die Hände herab? [11–12] Was wäre gewesen, wenn sie nicht standhaft und so fest geblieben wäre? Könntest du in so großer Schande leben?
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[13–14] tu mihi vel ferro pectus vel perde veneno: a domina tantum te modo tolle mea! [15–16] te socium vitae, te corporis esse licebit, te dominum admitto rebus, amice, meis: [17–18] lecto te solum, lecto te deprecor uno: rivalem possum non ego ferre Iovem. [19–20] ipse meas solus, quod nil est, aemulor umbras, stultus quod stulto saepe timore tremo. [21–22] una tamen causa est, cur crimina tanta remitto, errabant multo quod tua verba mero. [23–24] sed numquam vitae fallet me ruga severae: omnes iam norunt quam sit amare bonum. [25–26] Lynceus ipse meus seros insanit amores! solum te nostros laetor adire deos. [27–28] quid tua Socraticis tibi nunc sapientia libris proderit aut rerum dicere posse vias? [29–30] aut quid Erechthi tibi prosunt carmina lecta? nil iuvat in magno vester amore senex. [31–32] tu satius memorem Musis imitere Philitan et non inflati somnia Callimachi. [33–34] nam rursus licet Aetoli referas Acheloi fluxerit ut magno factus amore liquor, [35–36] atque etiam ut Phrygio fallax Maeandria campo errat et ipsa suas decipit unda vias, [37–38] qualis et Adrasti fuerit vocalis Arion tristis ad Archemori funera victor equus: [39–40] non Amphiarëae prosint tibi fata quadrigae aut Capanei magno grata ruina Iovi. [41–42] desine et Aeschyleo componere verba coturno, desine, et ad molles membra resolve choros!
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15 libebit L, P, s. l. corr. P 16 amitto F, L 17 lecte L, P, corr. P2 18 possum W possem c 19 uile P uille L Ƈ est aemulor N, L, P, D est F emulor F4 20 quid D, V, corr. V2 21 tanta remitto crimina causa cur N, sed ordinem correctam per litteras superscriptas restituit N Ƈ cur N qua F, L, P, D 23 in te pro uite L Ƈ me fallet F, L, P, D, V 25 seros N, s. l. F4, V2mg, Vo sacros F, L, P, D, V 26 lector F, corr. F4 28 ducere V2mg 29 erechti N erec(h)th(a)ei V2mg, Vo crethei F, L, P, D, V aratei Nairn 30 noster F, D 31 memorem musis N, P2 musis memorem F, L, P, D Ƈ imittere L inmittere F4 mittere F mirere Vo 32 inflati somnia F4, Prec inflatis omnia N, F, L, P, D, V inflantis omnia V2, Vo 33 rur L cursus c, Reitzenstein 1896 34 factus W fractus c, Pucci, Volsco 1482 tactus Heins, Ayrmann 35 in pro ut V Ƈ menandria P 36 ipse L 37 ad rastri D, V adastri F, P Ƈ orion N, F, L, P 38 tristis W tristia Heins Ƈ equos N, F, L, P, D, V 39 amphiare(a)e N2, F, D, V amphiariae Vo amphiare L amphiarae P amphierae F4 amphiarere N Ƈ prosunt F 40 magno N, Vo, om. F, L, P, D, V 42 t(h)oros F, V toro D
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[13–14] Bringe mich entweder mit dem Schwert oder mit Gift ums Leben, nur hebe dich hinweg von meiner Herrin! [15–16] Du wirst die Seele, du wirst den Leib mit mir teilen dürfen, dir gewähre ich mit den Rechten eines Eigentümers, mein Freund, Zutritt zu meinem Hab und Gut. [17–18] Vom Bett halte dich nur, vom Bett allein, flehe ich dich an, halte dich fern! Als Nebenbuhler könnte ich nicht einmal einen Iuppiter ertragen. [19–20] Bin ich einsam und allein, bin ich selbst auf etwas, das nichts zu bedeuten hat, bin selbst auf meinen Schatten ich eifersüchtig, töricht, der ich bin, weil oft aus törichter Angst ich zittre. [21–22] E i n e n Grund gibt es allerdings, warum ich dir dein so schweres Vergehen nachsehe: dass vom vielen Wein mit dir durchgingen die Worte. [23–24] Doch niemals wird mich mehr täuschen das Stirnrunzeln strenger Lebensführung. Alle wissen bereits, wie gut es sich lieben lässt. [25–26] Selbst mein Freund Lynkeus rast vor späten Liebesgefühlen. Gerade bei dir freue wie bei keinem zweiten ich mich, dass du dich unseren Göttern näherst. [27–28] Was nützt dir jetzt die aus sokratischen Büchern geschöpfte Weisheit oder das Wissen, vom Lauf der Dinge reden zu können? [29–30] Oder was nützt es dir, die Dichtungen des Mannes vom Volk des Erechtheus gelesen zu haben? Nichts hilft bei großer Liebe euer Greis. [31–32] Du nimm dir besser den sich den Musen erkenntlich zeigenden Philetas und den ›Traum‹ des nicht schwülstigen Kallimachos zum Vorbild! [33–34] Denn magst du auch zum wiederholten Male erzählen, wie in Aitolien, von großer Liebe verursacht, floss des Acheloos Tränenstrom, [35–36] und auch, wie in phrygischem Flachland der tückische Wellengang des Maiander sich verläuft und sich selbst über seine Wege täuscht, [37–38] und wie Areion, das sprachfähige Streitross des Adrastos, beim Begräbnis des Archimoros ein trauriger Sieger war, [39–40] nicht nützen könnte dir das mit dem Vierspänner erlittene Schicksal des Amphiareos oder der dem mächtigen Iuppiter willkommene Todessturz des Kapaneus. [41–42] Lass davon ab, auf Höhe des aischyleischen Kothurns zu dichten, lass davon ab, und lockere die Glieder zu geschmeidigen Tanzschritten!
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Liber II
[43–44] incipe iam angusto versus includere torno, inque tuos ignes, dure poeta, veni! [45–46] tu non Antimacho, non tutior ibis Homero: despicit et magnos recta puella deos. [47–48] sed non ante gravi taurus succumbit aratro, cornua quam validis haeserit in laqueis, [49–50] nec tu tam duros per te patieris amores: trux tamen, a nobis ante domandus eris. [51–52] harum nulla solet rationem quaerere mundi, nec cur fraternis Luna laboret equis, [53–54] nec si post Stygias aliquid restabit aerumnas, nec si consulto fulmina missa tonent. [55–56] aspice me, cui parva domi fortuna relicta est nullus et antiquo Marte triumphus avi, [57–58] ut regnem mixtas inter conviva puellas, hoc ego, quo tibi nunc elevor, ingenio! [59–60] me iuvet hesternis positum languere corollis, quem tetigit iactu certus ad ossa deus, [61–62] Actia Vergilio custodis litora Phoebi Caesaris et fortes dicere posse rates, [63–64] qui nunc Aeneae Troiani suscitat arma iactaque Lavinis moenia litoribus. [65–66] cedite, Romani scriptorcs, cedite, Grai! nescio quid maius nascitur Iliade. [67–68] tu canis umbrosi subter pineta Galaesi Thyrsin et attritis Daphnin harundinibus, [69–70] utque decem possint corrumpere mala puellas missus et impressis haedus ab uberibus. [71–72] felix, qui viles pomis mercaris amores! huic licet ingratae Tityrus ipse canat. [73–74] felix intactum Corydon qui temptat Alexin agricolae domini carpere delicias! [75–76] quamvis ille sua lassus requiescat avena, laudatur facilis inter Hamadryadas.
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43 augusto F, L, D Ƈ componere pro includere F, D, V, corr. V2 Ƈ turno D trino F, L, in marg. corr. F4 47 sed N, F4, Pcorr, Vo si F, L, P, D, V Ƈ gravis W, corr. F4 48 laqueis N, F4mg, Pras, D lacrimis F, L, P 49 iam N 50 dominandus N 53 restabit (a)erum(p)nas F, L, P restabit N restauerit undas D restabimus undas Wassenbergh 54 flumina N Ƈ tenent Vo 55 est N, P, D, D, om. F, L 58 quo N, F4, L, P, V2, Vo quod F, D, V 59 iuuat P Ƈ hesternis V2mg histernis Vo ecternis F externis N, F4 eternis F3, L, P aeternum D, V 61 uergilio W uergilium cod. Groning. bibl. Univ. 159, ed. Junt. 1503, Broekhuyzen 66 nescio quod N, L 67 umbrosis N, corr. N 69 puellas W puellam cod. Lond. Brit. Mus. Add. 10387 70 inpraesis N 72 huic N, Pcorr, V, Vo hinc F, L, P, D Ƈ ipse F4, P, V2 ipsa N, F, L, D 73 in tantum P Ƈ alexim F, P, D 74 dominum F
Buch 2
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[43–44] Beginne nun, in einer eng eingestellten Drehbank die Verse einzuzwängen, und komme, spröder Dichter, auf deine Liebesgluten zu sprechen! [45–46] Du wirst nicht sicherer als Antimachos, nicht sicherer als Homer gehen. Herab sieht ein wohlgeratenes Mädchen selbst auf die mächtigen Götter. [47–48] Doch beugt sich nicht eher der Stier dem lästigen Pflug, als bis er mit seinen Hörnern in starken Stricken festhängt. [49–50] Nicht einmal du wirst aus eigener Kraft die so hartnäckigen Liebesqualen aushalten. Störrisch gleichwohl, wirst du von mir zuvor gezähmt werden müssen. [51–52] Von denen, an die ich denke, pflegt keine sich nach der Weltordnung zu erkundigen, fragt keine, warum Luna unter ihres Bruders Rossen leidet, [53–54] und keine, ob nach des Styxes Drangsal irgendetwas vom Menschen übrig bleibt oder ob nach Plan vom Himmel gesandt die Gewitter donnern. [55–56] Schau mich an, dem daheim nur ein kleines Vermögen hinterlassen wurde und kein Triumph eines Ahns aus einem weit zurückliegenden Krieg, [57–58] wie ich König bin als Gast inmitten einer bunten Schar von Mädchen, durch die Begabung ich es bin, derentwegen ich von dir jetzt noch geringgeschätzt werde. [59–60] Mir, den mit einem Pfeilschuss zielsicher bis ins Mark traf der Gott, verschaffe es Befriedigung, mich auf Kränzen von gestern ermattet niederzulegen, [61–62] Aktions Gestaden des Beschützers Phoibos Apollon und Caesars tapferen Kriegsschiffen aber, durch Vergil sprechen zu können, [63–64] der im Augenblick wiedererweckt die Waffengänge des Trojaners Aineias und die Errichtung von Stadtmauern an Laviniums Küste. [65–66] Macht Platz, ihr römischen Verseschreiber, macht Platz, ihr griechischen! Etwas entsteht, ich weiß nicht was, das bedeutender ist als die Ilias. [67–68] Du singst unter dem Dach der Fichtenwälder des schattigen Galaesus von Thyrsis und von Daphnis mit der abgegriffenen Rohrflöte [69–70] und davon, wie zehn Äpfel schon Mädchen betören können oder auch ein Böckchen, das gerade erst fortgeschickt wurde von des Muttertieres eingedrücktem Euter. [71–72] Glücklich schätzen kann sich, wer wohlfeil mit Äpfeln sich die Liebe erkauft. Dem Mädchen, das sich ihm undankbar erweist, mag Tityros persönlich seine Meinung singen. [73–74] Glücklich schätzen kann sich Korydon, der Alexis, ist er auch der Augapfel seines Herrn, eines Bauern, noch unberührt ihm zu klauben versucht. [75–76] Obschon er sich, von seinem Flötenspiel erschöpft, ausruht, wird er gepriesen im Kreis der ihm gewogenen Baumnymphen, der Hamadryaden.
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Liber II
[77–78] tu canis Ascraei veteris praecepta poetae, quo seges in campo, quo viret uva iugo. [79–80] tale facis carmen, docta testudine quale Cynthius impositis temperat articulis. [81–82] non tamen haec ulli venient ingrata legenti, sive in amore rudis sive peritus erit. [83–84] nec minor his animis aut sim minor ore: canorus anseris indocto carmine cessit olor. [85–86] haec quoque perfecto ludebat ›Iasone‹ Varro, Varro Leucadiae maxima flamma suae; [87–88] haec quoque lascivi cantarunt scripta Catulli, Lesbia quis ipsa notior est Helena; [89–90] haec etiam docti confessa est pagina Calvi, cum caneret miserae funera Quintiliae. [91–92] et modo formosa quam multa Lycoride Gallus mortuus inferna vulnera lavit aqua! [93–94] Cynthia quin etiam versu laudata Properti, hos inter si me ponere Fama volet?
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78 herba pro uua D, Vo Ƈ teperat N 81 uiuenti pro legenti N, s. l. corr. N 82 periturus N paruus Vo 83 nec memor D Ƈ hiis F Ƈ animis N, Pcorr, D animi F, L, P Ƈ aut sim W aut si c, Haupt ut sit Korsch, Housman Ƈ minor ore canorus F, L, P, D, om. N 84 auseris N 85 laudabat D 86 leucadiae V2 lauchadiae Vo laochadi(a)e L, P, D laochodie F locadie N Ƈ cura pro flamma V2mg, Vo 87 cantaret D cantarem L 88 quin V, Vo 90 misera Vo 91 lycoride c licoride P, Vo lichoride D, V liq(u)oride s. l. N, F, L licride N 93 qn pro quin etiam L
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[77–78] Du verkündest im Lied die Lehren des alten Dichters von Askra: auf welchem Flachland die Saat, auf welcher Bergeshöhe die Rebe grünt. [79–80] Solche Dichtung bringst du zuwege, wie sie auf seiner kunstsinnigen Leier der Gott vom Berg Kynthos mit den Fingern, die er auf ihre Saiten setzt, im Versmaß vertont. [81–82] Nicht jedoch wird dies hier irgendeinem Leser reizlos daherkommen, einerlei, ob er in der Liebe unerfahren oder bewandert ist. [83–84] Nicht zurückbleiben möchte ich hinter diesem Anspruch oder zurückbleiben hinter dem Wort, das ihn ausspricht: Der wohltönende Schwan ist vor dem kunstlosen Gesang der Gans zurückgewichen! [85–86] Damit begann sich, nachdem er seinen ›Iason‹ vollendet hatte, auch Varro zu vergnügen, Varro, die so heiße Liebe seiner Leukadia. [87–88] Davon sangen auch die Dichtungen des schlüpfrigen Catull, durch die Lesbia noch bekannter ist als selbst eine Helena. [89–90] Dazu bekannte sich auch das Gedichtblatt des kunstsinnigen Calvus, als er das Klagelied auf den Tod seiner armen Quintilia sang. [91–92] Und wie viele Wunden, von der schönen Lykoris ihm geschlagen, spülte kürzlich erst der verstorbene Gallus mit Wasser des Unterweltsflusses aus! [93–94] Warum sollte da nicht auch eine Cynthia, durch die Verskunst eines Properz verherrlicht, in diese Reihe gestellt werden, wenn Fama, die Göttin des Ruhms, mich unter diese Dichter wird einreihen wollen?
LIBER TERTIVS I [1–2] Callimachi Manes et Coi sacra Philitae, in vestrum, quaeso, me sinite ire nemus! [3–4] primus ego ingredior puro de fonte sacerdos Itala per Graios orgia ferre choros. [5–6] dicite, quo pariter carmen tenuastis in antro? quove pede ingressi? quamve bibistis aquam? [7–8] ah valeat, Phoebum quicumque moratur in armis! exactus tenui pumice versus eat, [9–10] quo me Fama levat terra sublimis, et a me nata coronatis Musa triumphat equis, [11–12] et mecum in curru parvi vectantur Amores, scriptorumque meas turba secuta rotas. [13–14] quid frustra missis in me certatis habenis? non datur ad Musas currere lata via. [15–16] multi, Roma, tuas laudes annalibus addent, qui finem imperii Bactra futura canent. [17–18] sed, quod pace legas, opus hoc de monte Sororum detulit intacta pagina nostra via. [19–20] mollia, Pegasides, date vestro serta poetae! non faciet capiti dura corona meo. [21–22] at mihi quod vivo detraxerit invida turba, post obitum duplici faenore reddet Honos; [23–24] omnia post obitum fingit maiora vetustas: maius ab exsequiis nomen in ora venit. [25–26] nam quis equo pulsas abiegno nosceret arces fluminaque Haemonio comminus isse viro, [27–28] Idaeum Simoënta Iovis cunabula parvi, Hectora per campos ter maculasse rotas?
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I 1 coi L, P, V2 choi F, D eoi N Ƈ philete N 3 puto F, s. l. corr. F4 5 quo om. F, s. l. add. F4 Ƈ tenuastis N, s. l. F4 tenuistis F, L, P, D 6 quaue pro quamve L, Vo 7 ha F, L 11 currum N, L Ƈ nectantur s. l. F4, L, P 18 vestro date V2 date nostro F, L 21 detraxerat V2, Vo 22 duplicei N Ƈ reddet s. l. F4, V2, Vo reddit N, F, L, P, D, V Ƈ honos c, Beroaldo, Passerat onus W 23 fame pro omnia N Ƈ uetustae N 24 hora F, corr. F4 Ƈ meum pro venit F, L, P 25 abiegno N, F, L. P, D, V2mg ab regno Vo ob regno V Ƈ arces Ncorr artes W 26 flumineaque F, L Ƈ isse F4mg, L, P, V, Vo esse N, D ille F Ƈ raro F, in marg. corr. F4 27 symoenta L simeonta Vo simeunta in marg. F2 simounta P Ƈ cunabula parui F, P, D, om. N canabula parui L cum prole Scamandro G. Wolff
Drittes Buch 1 [1–2] Kallimachos’ Schutzgeister und Weihen des Koers Philetas, lasst, bitte, mich treten in eueren Hain! [3–4] Als erster gehe ich Priester vom reinen Quell es an, italische Mysterien darzubieten durch griechische Tänze. [5–6] Sagt, in welcher Grotte habt ihr im gleichen Grad die Dichtung verfeinert [oder: verschlankt]? Oder mit welchem Fuß seid ihr hineingegangen? Oder welches Wasser habt ihr getrunken? [7–8] Ach, verabschiede sich doch, wer immer Phoibos hält in Waffengänge verstrickt! Geglättet mit feinem Bimsstein gehe der Vers den Weg, [9–10] auf dem mich die Göttin Fama hoch über die Erde erhebt, die von mir geschaffene Dichtung Triumphe feiert mit blumenbekränzten Pferden, [11–12] mit mir im Wagen kleine Liebesgottheiten fahren und eine Schar von Schreiberlingen, die sich an meine Räder heftete, hinter mir herläuft. [13–14] Weshalb tretet ihr vergeblich mit verhängten Zügeln zum Wettkampf gegen mich an? Es wird keine breite Bahn dafür bereitgestellt, um die Wette zu den Musen zu rennen. [15–16] Viele werden deinen Ruhm, Rom, mit Annalen mehren, die davon künden, dass Grenze des Reichs werde Baktrien sein. [17–18] Doch dazu, dass man es im Frieden lese, brachte dieses mein Werk vom Berg der Schwestern auf unberührtem Weg mein Liedblatt herab. [19–20] Reicht, Nymphen der von Pegasos geschlagenen Quelle, weiche Girlanden eurem Dichter! Nicht passen will ein harter Kranz zu meinem Kopf. [21–22] Doch was mir zu meinen Lebzeiten abzog die Schar meiner Neider, wird nach dem Tod mit doppeltem Zins mir erstatten der Gott des Ruhms und der Ehre. [23–24] Alles stellt nach dem Hingang größer der Zeitabstand hin. Größer kommt vom Grabgeleit an der Name des Toten über die Lippen der Menschen. [25–26] Denn wer erführe, dass von einem Fichtenholzpferd Burgmauern eingerammt wurden und strömende Fluten von Angesicht zu Angesicht kämpften mit dem haimonischen Helden – [27–28] der Simoeis vom Berg Ida als Laufstall des kleinen Zeus – oder dass Hektor, drei Mal über die Walstatt geschleift, die Wagenräder besudelte mit seinem Blut?
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Liber III
[29–30] Deiphobumque Helenumque et Pulydamanta et in armis qualemcumque Parim vix sua nosset humus. [31–32] exiguo sermone fores nunc, Ilion, et tu, Troia, bis Oetaei numine capta dei. [33–34] nec non ille tui casus memorator Homerus posteritate suum crescere sensit opus; [35–36] meque inter seros laudabit Roma nepotes: illum post cineres auguror ipse diem. [37–38] ne mea contempto lapis indicet ossa sepulcro, provisum est Lycio vota probante deo.
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II [1–2] Carminis interea nostri redeamus in orbem: gaudeat in solito tacta puella sono. [3–4] Orphea detinuisse feras et concita dicunt flumina Threicia sustinuisse lyra; [5–6] saxa Cithaeronis Thebas agitata per artem sponte sua in muri membra coisse ferunt; [7–8] quin etiam, Polypheme, fera Galatea sub Aetna ad tua rorantes carmina flexit equos: [9–10] miremur, nobis et Baccho et Apolline dextro, turba puellarum si mea verba colit? [11–12] quod non Taenariis domus est mihi fulta columnis nec camera auratas inter eburna trabes, [13–14] nec mea Phaeacas aequant pomaria silvas, non operosa rigat Marcius antra liquor, [15–16] at Musae comites et carmina cara legenti et defessa choris Calliopea meis. [17–18] fortunata, meo si qua est celebrata libello! carmina erunt formae tot monumenta tuae.
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29 deiphobumque D, V2 deiphebumque N, F, L, P, V, Vo Ƈ Polydamanta et Lachmann pol ydamantas V polidamantes F4 pul ydamantes Vcorr poli ydamantes D poli ledamantes N puli(y)l(a)edamantes F, L, P, Vo 30 qualemcum N, corr. N Ƈ noscet L, P, D 31 non cilion pro nunc Ilion N 32 oet(a)ei F4, D, V oete F, L, P, Vo oete in N Ƈ numine N, s. l. F2, L, P, D numina F 33 memorator F, L, Pras, D memoratur N 36 augur … ipse deae N 37 lapsis N, corr. N 38 promissum V2, Vo Ƈ est om. F, L, P II 2 in N, F, L, P, D, V ut V2, Vo, Volsco, Beroaldo 3 detinuisse N, L, P, V2, Vo detenuisse F, V te tenuisse F3, D delenisse L. Müller delinisse Ayrmann 4 treicia L, Vo Ƈ detinuisse D 5 citeronis Ncorr, F4, L, D, V ciceronis N, F 6 innumeri N, P in numeri L, Vo imineri F inmineri F2 7 ethna s. l. F4 etha N, F 8 sua Vo 9 nostro pro nobis F, L, P Ƈ uel apolline P 11 tenareis F ternareis s. l. F4 13 phaeacas c, Scaliger, Passerat ph(a)eacias N, L, P, D, V feacias F phoeacaidas Vo 14 ligat P Ƈ marcius c martius W Ƈ ante pro antra N 15 ac L ut D, Vcorr Ƈ comites s. l. F4, V2 comitis N, D comiti F, L, P Ƈ uel pro et Pcorr 16 et F, L, P, D, om. N nec Baehrens 17 fortuna F Ƈ est om. V, add. V2 es c Ƈ cantata D2, V2mg, Vo 18 numerata V2mg, Vo
Buch 3
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[29–30] Von Deïphobos, Helenos, Pulydamas und dem im bewaffneten Kampf fragwürdigen Helden Paris wüsste kaum ihr Heimatboden. [31–32] Spärlich nur wäre heute die Rede von dir, Burg Ilion, und von dir, Troia, du zwei Mal durch das Wirken und Walten des Gottes vom Oitagebirge eingenommene Stadt. [33–34] Durchaus spürte auch Homer, jener Schilderer deines Untergangs, durch seinen Nachruhm an Ansehen wachsen sein Werk, [35–36] und ebenso wird mich später einmal Rom in Gesprächen der Enkel preisen. Jenen Tag, den ich nach meiner Einäscherung kommen sehe, sage ich selbst schon voraus. [37–38] Dass der Grabstein nicht auf einer missachteten Ruhestätte anzeigt, wo meine Gebeine liegen, dafür ist vorgesorgt, erhört meine Gebete der lykische Gott. 2 [1–2] Kehren wir unterdessen in den Kreis unserer Dichtung zurück! Freude habe an dem vertrauten Klang entzückt die Geliebte! [3–4] Orpheus habe, geht die Sage, wilde Tiere gebannt und aufgewühlte Ströme gebändigt mit seiner thrakischen Leier. [5–6] Felsblöcke vom Kithairon, heißt es, hätten sich nach Theben gewälzt durch die Macht der Liedkunst und ohne fremdes Zutun als Bausteine zu einer Mauer zusammengefügt. [7–8] Ja, es schwenkte sogar eine Galateia am Fuße des wilden Aetna in die Richtung deiner Gesänge, Polyphemos, ihre schaumigen Rosse. [9–10] Soll ich mich da wundern, wenn, sind nur Bakchos und Apollon mir gewogen, eine Mädchenschar meinen Worten andächtig lauscht? [11–12] Zwar gehört mir kein Haus, das gestützt ist auf Säulen vom Tanairon, und kein elfenbeingetäfeltes Deckengewölbe zwischen vergoldeten Balken, [13–14] und kommen meine Obstgärten nicht den Wäldern der Phaiaken gleich und berieselt mir kein Wasser aus Marcius’ Leitung künstliche Grotten; [15–16] doch habe ich Musen, die mich geleiten, Gedichte, die dem Leser gefallen, und eine Kalliope, die erschöpft ist von meinen Reigen. [17–18] Glücklich preise sich eine, wenn sie gefeiert wurde in meinem Gedichtbändchen! So viele Denkmäler deiner Schönheit wie Lieder werden das Ergebnis sein.
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Liber III
[19–20] nam neque pyramidum sumptus ad sidera ducti nec Iovis Elei caelum imitata domus [21–22] nec Mausolei dives fortuna sepulcri mortis ab extrema condicione vacant. [23–24] aut illis flamma aut imber subducet honores, annorum aut ictu pondere victa ruent. [25–26] at non ingenio quaesitum nomen ab aevo excidet: ingenio stat sine morte decus.
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III [1–2] Visus eram molli recubans Heliconis in umbra, Bellerophontei qua fluit umor equi, [3–4] reges, Alba, tuos et regum facta tuorum, tantum operis, nervis hiscere posse meis, [5–6] parvaque tam magnis admoram fontibus ora, unde pater sitiens Ennius ante bibit [7–8] et cecinit Curios fratres et Horatia pila regiaque Aemilia vecta tropaea rate [9–10] victricesque moras Fabii pugnamque sinistram Cannensem et versos ad pia vota deos [11–12] Hannibalemque Lares Romana sede fugantes anseris et tutum voce fuisse Iovem, [13–14] cum me Castalia speculans ex arbore Phoebus sic ait aurata nixus ad antra lyra: [15–16] ‘quid tibi cum tali, demens, est flumine? quis te carminis heroi tangere iussit opus? [17–18] non hic ulla tibi speranda est fama, Properti: mollia sunt parvis prata terenda rotis, [19–20] ut tuus in scamno iactetur saepe libellus, quem legat exspectans sola puella virum. [21–22] cur tua praescripto sevecta est pagina gyro? non est ingenii cumba gravanda tui. [23–24] alter remus aquas, alter tibi radat harenas, tutus eris: medio maxima turba mari est.’
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20 olei F, s. l. corr. F4 elaei D Ƈ mutata F, L, corr. F4 22 uacat L, P, D 23 illi D, V, corr. V2 Ƈ subducit N 24 amorum F armorum F4 Ƈ aut W haud s. l. F3 Ƈ ictus D, V Ƈ pondera F 26 excitet F, corr. F III 2 bellerofontaei V belloroph(f)ont(a)ei F, L, P, D, Vo elloforontei N 5 tam W iam Guyet, Heins 6 siciens L sciens N Ƈ emnius F, s. l. corr. F4 Ƈ ibit N 7 corios N Ƈ horatia cod. Paris. Lat. 7990 oratia W 8 milia N Ƈ tropaea cod. Parm. bibl. Palat. 140 (H. H. IX 9) trophaea W 9 uictrices F, L, P uictoresque Vo 10 apia pro ad pia N 11 lacres L, P, V lacies N alacres D, V2, Vo 17 hic W hinc c, Volsco 1488, Fruter Ƈ illa N, s. l. corr. N 21 pr(a)escripto seuecta F, L, P, D perscripto seuecta N praescriptos evecta Lips Ƈ est om. F, L Ƈ giro s. l. N gyros Lips uiro N 22 cu(y)mba N, F, L2mg, D cimba F4 turba L, P, V2mg 24 est om. F
Buch 3
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[19–20] Denn weder die mit großem Aufwand zu den Sternen hochgezogenen Pyramiden noch das dem Himmelsgewölbe nachgebildete Haus des Zeus von Elis [21–22] noch die reiche Pracht des für Maussollos erbauten Grabmals sind von dem schließlichen Los des Untergangs ausgenommen. [23–24] Ihnen werden Feuersbrünste oder Regengüsse ihr ehrwürdiges Aussehen stehlen, oder sie werden, von der Bürde der Jahre bezwungen, durch einen Blitzschlag einstürzen. [25–26] Doch der durch die Dichtergabe erworbene Name wird nicht vor Alter in Vergessenheit geraten. Der Dichtergabe bleibt unvergänglich erhalten ihr Glanz. 3 [1–2] Geträumt hatte ich, zurückgelehnt in des Helikons behaglichem Schatten könnte ich, wo die von Bellerophons Pferd stammende Quelle sprudelt, [3–4] für deine Könige, Alba, und die Taten deiner Könige – eine so große Aufgabe – zu den Klängen meiner Saiten weit öffnen die Lippen, [5–6] und hatte meinen kleinen Mund der so großen Quelle genähert, aus der, um seinen Durst zu stillen, Vater Ennius trank, [7–8] ehe er sang von den Gebrüdern Curatius, ihren an die Horatier gefallenen Speeren, den Siegestrophäen vom Königskrieg, die mitgeführt wurden auf des Aemiliers Schiff, [9–10] den siegbringenden Kriegspausen des Fabiers und der unheilvollen Schlacht von Cannae wie auch davon, dass sich auf ehrfürchtige Gebete hin hatten umstimmen lassen die Götter, [11–12] Hannibal die Laren von ihrem römischen Wohnsitz vertrieben und durch das Geschnatter einer Gans Iuppiter gewappnet gewesen ist. [13–14] Da äußerte, als er mich vom kastalischen Wäldchen aus beobachtete, so sich Phoibos Apollon, auf seine vergoldete Leier gestützt, vor einer Grotte: [15–16] »Was hast du, Wahnsinniger, zu tun mit solch einem Strom? Wer hat dich geheißen, die Aufgabe der Heldendichtung anzupacken? [17–18] Nicht auf diesem Feld kannst du irgendwelchen Ruhm dir erhoffen, Properz! Über weiche Wiesen müssen kleine Räder rollen, [19–20] soll sich dein Gedichtbändchen auf der Parkbank oft damit brüsten, dass das Mädchen, das auf ihr sitzt, es liest, wenn es allein auf den Liebhaber wartet. [21–22] Warum ist dein Liedblatt von dem vorgezeichneten Rund der Reitbahn abgedriftet? Nicht überladen werden darf die Barke deiner Dichtergabe. [23–24] Das eine Ruder streiche bei dir über das Wasser, das andere über den Sand, dann wirst vor Gefahren sicher du sein. Mitten auf See tobt am heftigsten das Meer.«
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[25–26] dixerat, et plectro sedem mihi monstrat eburno, qua nova muscoso semita facta solo est. [27–28] hic erat affixis viridis spelunca lapillis pendebantque cavis tympana pumicibus, [29–30] orgia Musarum, et Sileni patris imago fictilis et calami, Pan Tegeaee, tui; [31–32] et Veneris dominae volucres, mea turba, columbae tingunt Gorgoneo punica rostra lacu; [33–34] diversaeque novem sortitae rura Puellae exercent teneras in sua dona manus: [35–36] haec hederas legit in thyrsos, haec carmina nervis aptat, at illa manu texit utraque rosam. [37–38] e quarum numero me contigit una dearum (ut reor a facie, Calliopea fuit): [39–40] ‘contentus niveis semper vectabere cycnis nec te fortis equi ducet ad arma sonus. [41–42] nil tibi sit rauco praeconia classica cornu flare, nec Aonium tingere Marte nemus, [43–44] aut quibus in campis Mariano proelia signo stent et Teutonicas Roma refringat opes, [45–46] barbarus aut Suevo perfusus sanguine Rhenus saucia maerenti corpora vectet aqua. [47–48] quippe coronatos alienum ad limen amantes nocturnaeque canes ebria signa fugae, [49–50] ut per te clausas sciat excantare puellas, qui volet austeros arte ferire viros.’ [51–52] talia Calliope, Lymphisque a fonte petitis ora Philitea nostra rigavit aqua.
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IV [1–2] Arma deus Caesar dites meditatur ad Indos et freta gemmiferi findere classe maris.
26 quo N 28 timpana in marg. F4 timpera F tempora D2 29 orgia Heins ergo W Ƈ si(y)leri L, P cileni V cylleni V2, Vo Ƈ origo D2mg, V2mg, Vo 30 pane tege(a)e D, V, corr. V2 panetegee F patege(a)e N, L, P, Vo 31 uentris F, L, corr. F4 ueteres P 32 gorgoneo N, F4, P, V2, Vo gorgonio L gorgonico F, D, V Ƈ pumica N, L, V Ƈ rostra F4mg, P2, V2, Vo nostra N, F, L, P, D, V 33 diuorsaeque D, V Ƈ iouem F, corr. F4 Ƈ rura W iura c, Scaliger, Heins 35 et pro in D Ƈ urnis F, L, in marg. corr. F4 36 apta N, corr. N2 Ƈ et pro at F Ƈ utramque Vo 39 nectabere F, corr. F4 41 pr(a)econica F, D 42 flare Fruter, Scaliger flere W Ƈ tingere F, L, P, D, V tinguere N cingere V2, Vo 44 refringat N, F4mg, Lcorr, D refringet P restigat F 45 sueuo c, Pucci, Volsco s(a)euo W Ƈ rhoenus D, V 46 nectet L nectat P 47 coronatas F, L, P, s. l. corr. F2 49 ut W et Liberman Ƈ causas L Ƈ sciat W sciet Viarre Ƈ extaurare F, s. l. corr. F4 52 philetea L, Vo Ƈ uestra F, corr. F4
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[25–26] Sprach’s, und zeigt mir mit seinem elfenbeinernen Plektron die Stätte, zu der auf moosigem Grund ein neuer Pfad wurde gebahnt. [27–28] Hier befand sich eine von ihrer Wandverkleidung aus Steinchen grünlich schimmernde Höhle und hingen Handpauken von ihrem Tuffsteingewölbe herab, [29–30] die Geheimwaffen der Musen, sowie ein tönernes Abbild des Vaters Seilenos und Rohrpfeifen wie deine, Pan von Tegea. [31–32] Auch tauchen Aphrodites, ihrer Herrin, flatternde Tauben, eine Vogelschar nach meinem Herzen, ihre purpurnen Schnäbel in Gorgos Quelltopf ein [33–34] und betätigen die neun verschiedenen Mädchen, nachdem sie ihre Gefilde ausgelost haben, ihre zarten Hände für ihre Geschenke: [35–36] Eine von ihnen sammelt Efeu für Thyrsosstäbe, eine zweite stimmt Lieder auf die Saiten ihrer Leier ab, während eine dritte mit beiden Händen Rosen flicht zum Kranz. [37–38] Aus deren Kreis fasste mich nur eine der Gottheiten an – wie ich nach dem Äußeren glaube, ist Kalliope es gewesen. [39–40] »Gibst du dich«, wandte sie sich an mich, »mit schneeweißen Schwänen zufrieden, wirst immer du gefahren werden und wird dich nicht das Wiehern eines feurigen Schlachtrosses zu Waffengängen verleiten. [41–42] Nichts bedeute es dir, auf heiseren Hörnern Heroldssignale zur Einberufung der Heeresversammlung zu blasen und mit Mars im Bunde blutrot zu färben den aonischen Hain. [43–44] oder zu schildern, auf welchen Schlachtfeldern mit der Standarte des Marius Gefechte bestanden werden und Rom die Streitmacht der Teutonen zerschlägt [45–46] oder der barbarische Rhein, von Suebenblut überströmt, die Körper von Verwundeten in der trauernden Strömung mitführt. [47–48] Natürlich wirst du vielmehr von Liebenden, die bekränzt vor fremder Türschwelle stehen, und von den Trunkenheitsspuren ihrer nächtlichen Flucht singen, [49–50] damit in ihren vier Wänden eingeschlossene Mädchen mit deiner Hilfe herauszuzaubern versteht, wer strenge Ehemänner mit Geschick will überlisten.« [51–52] So sprach Kalliope, holte die Nymphen von der Quelle ab und berieselte meinen Mund mit Wasser vom Born des Philetas. 4 [1–2] Einen Feldzug plant der Gott Caesar zu den reichen Indern und trachtet die Fluten ihres perlenträchtigen Meeres mit seiner Flotte zu spalten.
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[3–4] magna, viri, merces: parat ultima terra triumphos; Tigris et Euphrates sub tua iura fluent; [5–6] sera, sed Ausoniis veniet provincia virgis; assuescent Latio Partha tropaea Iovi. [7–8] ite agite, expertae bello, date lintea, prorae, et solitum, armigeri, ducite munus, equi! [9–10] omina fausta cano: Crassos clademque piate! ite et Romanae consulite historiae! [11–12] Mars pater et sacrae fatalia lumina Vestae, ante meos obitus sit, precor, illa dies, [13–14] qua videam spoliis oneratos Caesaris axes, ad vulgi plausus saepe resistere equos [15–16] inque sinu carae nixus spectare puellae incipiam et titulis oppida capta legam, [17–18] tela fugacis equi et bracati militis arcus et subter captos arma sedere duces. [19–20] ipsa tuam serva prolem, Venus: hoc sit in aevum, cernis ab Aenea quod superesse caput. [21–22] praeda sit haec illis quorum meruere labores; mi sat erit Sacra plaudere posse Via.
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V [1–2] Pacis Amor deus est, pacem veneramur amantes: stant mihi cum domina proelia dura mea. [3–4] nec tamen inviso pectus mihi carpitur auro, nec bibit e gemma divite nostra sitis, [5–6] nec mihi mille iugis Campania pinguis aratur, nec miser aera paro clade, Corinthe, tua. [7–8] o prima infelix fingenti terra Prometheo! ille parum caute pectoris egit opus. [9–10] corpora disponens mentem non vidit in arte: recta animi primum debuit esse via. [11–12] nunc maris in tantum vento iactamur, et hostem quaerimus, atque armis nectimus arma nova.
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IV 4 tua W sua in marg. P2 noua Heins 5 uenient Vo Ƈ nugis F, in marg. corr. F4 6 trophea F, L, P, V, Vo 7 date bello F 9 omnia N, F, L, D, Vo Ƈ classes pro crassos Vo 13 quam D Ƈ oneratos W onerato Muret, Scaliger honeratos V2 Ƈ axes W axe Muret, Scaliger 14 resisteret Vo 16 titulus F, L, s. l, corr. F4 19 serva prolem N, V2, Vo prolem serva F, L, P, D, V 22 mi c me W Ƈ sacra N, Vras, Vo, om. L media F, P, D V 1 est om. F, s. l. add. F3 2 stat Vo sat Lievens 4 gemina N, L 5 aratra L 6 aera s. l. F4 aere N ire F, L, P, D Ƈ clade N, s. l. F4, s. l. L2 classe L, P, D pace F 7 frangenti N 8 caute W cauti P2mg 9 corpore F, corr. F4 11 iactatur F, in marg. corr. F4 12 nectimus N, F4mg, P2, V, Vo qu(a)erimus F, L, P, D Ƈ arma N, F4mg, P2, D ora F, L, P
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[3–4] Hoch ist, Männer, der Siegeslohn! Es hält das fernste Land der Welt Triumphe bereit. Tigris und Euphrat werden unter das Dach deiner Gesetze fließen. [5–6] Spät, aber unweigerlich wird mit ausonischen Rutenbündeln einher die Provinz kommen, werden Siegestrophäen vom Partherkrieg sich gewöhnen an Latiums Iuppiter. [7–8] Los, vorwärts, setzt Segel, kriegserprobte Schiffe, und erledigt, waffentragende Pferde, wie gewohnt eure Aufgabe! [9–10] Günstige Vorzeichen verkünde ich. Sühnt den Tod der Crassi und ihre Niederlage! Zieht los und macht es zu eurem Anliegen, römische Geschichte zu schreiben! [11–12] Vater Mars und schicksalhafter Feuerschein der heiligen Vesta, vor meinem Hingang, bete ich zu euch, sei vergönnt mir der denkwürdige Tag, [13–14] an dem ich sähe, dass mit Beute schwerbeladen ist Caesars Wagen, auf den Beifall der Zuschauermenge hin oft sich bäumen die Pferde [15–16] und ich, an den Busen meiner teuren Geliebten geschmiegt, allen voran Eroberungen von Fluchtburgen betrachtete und auf Schildern ihre Namen läse, [17–18] Speere vom flüchtigen Lanzenreiter und Bogen vom behosten Soldaten mir ebenso anschaute wie die Szene, am Fuße eines Waffenbergs kriegsgefangene Heerführer sitzen zu sehen. [19–20] Persönlich gib acht auf deinen Nachfahren, Venus! Es lebe bis in alle Ewigkeit das Oberhaupt, in dem du Aineias fortleben siehst. [21–22] Die Beute falle jenen zu, deren Strapazen damit vergolten zu werden verdienen. Mir wird es genügen, Beifall klatschen zu können an der Heiligen Straße. 5 [1–2] Des Friedens Gott ist Amor, dem Frieden huldigen wir Liebenden: Bestanden werden von mir die harten Kämpfe mit meiner Herrin. [3–4] Weder jedoch wird das Herz mir zermartert von dem verfluchten Gold, noch stille ich meinen Durst aus kostbarem Kristall, [5–6] noch wird mir von tausend Ochsengespannen Kampaniens fetter Boden gepflügt, noch verschaffe ich mir verabscheuenswürdig Bronzen von deiner Verheerung, Korinth. [7–8] O Urschlamm, der missglückt du gerietest dem Menschenbildner Prometheus: Er ging nicht bedacht genug beim Menschenverstand zu Werke. [9–10] Als er den Körper entwarf, achtete er nicht auf den Geist bei seiner Kunst. Richtig hätte zuallererst die Denkweise sein müssen. [11–12] So aber lassen wir uns vom Wind auf das so weite Meer hinaustreiben und halten wir Ausschau nach einem Feind, ja verknüpfen mit Kriegen wir neue Kriege.
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[13–14] haud ullas portabis opes Acherontis ad undas: nudus at inferna, stulte, vehere rate. [15–16] victor cum victis pariter miscebitur umbris: consule cum Mario, capte Iugurtha, sedes. [17–18] Lydus Dulichio non distat Croesus ab Iro: optima mors, Parcae quae venit acta die. [19–20] me iuvat in prima coluisse Helicona iuventa Musarumque choris implicuisse manus; [21–22] me iuvet et multo mentem vincire Lyaeo, et caput in verna semper habere rosa. [23–24] atque ubi iam Venerem gravis interceperit aetas, sparserit et nigras alba senecta comas, [25–26] tum mihi naturae libeat perdiscere mores, quis deus hanc mundi temperet arte domum, [27–28] qua venit exoriens, qua deficit, unde coactis cornibus in plenum menstrua luna redit, [29–30] unde salo superant venti, quid flamine captet Eurus, et in nubes unde perennis aqua; [31–32] sit ventura dies, mundi quae subruat arces, purpureus pluvias cur bibit arcus aquas, [33–34] aut cur Perrhaebi tremuere cacumina Pindi, solis et atratis luxerit orbis equis, [35–36] cur serus versare boves et plaustra Bootes, Pleiadum spisso cur coit igne chorus, [37–38] curve suos fines altum non exeat aequor, plenus et in partes quattuor annus eat, [39–40] sub terris sint iura deum et tormenta Gigantum, Tisiphones atro si furit angue caput, [41–42] aut Alcmaeoniae furiae aut ieiunia Phinei, num rota, num scopuli, num sitis inter aquas,
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13 aut F, corr. F2 14 at Schrader, Hertzberg ad W ab cod. Vat. Lat. 5177 Ƈ inferna c, Pucci, Beroaldo infernas W Ƈ rate c, Pucci, Beroaldo rates W 17 discat V2mg, Vo Ƈ abire pro ab Iro V, Vo 18 parcae cod. Dublin. bibl. colleg. S. Trinitat. K 2,37, Lachmann parca N, s. l. F4, L, P, D parta Fcorr parte F Ƈ apta F, P2ras, D 19 iuuat W iuuet c, Volsco, Guyet 21 iuuat P, D Ƈ uincere N, s. l. corr. N 24 sparserit et N sparserit P2mg, D sparsit et F, L, P Ƈ et nigras c et integras N, F, L, P integras P2, D 25 tu D 28 plena pro luna N 29 cuncti pro venti Vo 31 sit W si c, Volsco 1482, Guyet Ƈ arces N, P2mg arcem F4, D artes L, P arem F 33 cum F 34 atratis N, F4, L, Vo attratis F2, L, P2, V2 attractis F, L2, P, D, V auratis in marg. F4 35 cur serus F, P2, D, V cur seros N cur ferus L cur ue ferus P cur senis Vo Ƈ plaustra bootes D, V palustra boothes F4 plaustra boet(h)es Pras, Vo flamma palustra F, L flamma boon N 36 palliadum F, in marg. corr. F4 39 sunt V2, Vo Ƈ gigantum F, L, P, D, om. N nocentum Lobeck, Haupt 41 alcionie P, corr. Pras almeonie F, D, V alcineonie L 42–43 num … non … non … non L non … non … non … non N, L2
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[13–14] Keinerlei Schätze wirst du befördern zu des Acheron wogenden Fluten. Nackt wirst vielmehr vom Unterweltsfloß, Narr, du gefahren werden. [15–16] Der Sieger wird sich auf gleicher Stufe unter die Schatten der Besiegten mischen. Mit dem Konsul Marius zusammen, gefangengesetzter Iugurtha, sitzt du. [17–18] Der Lyder Kroisos hebt sich nicht ab vom Dulichier Iros. Der beste Tod ist, der herbeigeführt kommt von der Parze Tag. [19–20] Mich freut es, in frühester Jugend dem Helikon meine Aufwartung gemacht und in der Musen Reigen eingeflochten zu haben die Hände. [21–22] Mich freue es, Sinn und Verstand durch reichlichen Genuss des Sorgenlösers zu lähmen und den Kopf immer auf Frühlingsrosen ruhen zu haben. [23–24] Doch wenn bereits den Liebesrausch unterbindet das beschwerliche Alter und weiß sprenkelt das Greisentum die schwarzen Haare, [25–26] dann möchte ich gerne die ungeschriebenen Gesetze der Natur erlernen, um zu wissen, was für ein Gott über dieses Weltgebäude mit Geschick waltet, [27–28] auf welchem Weg der Mond kommt, wenn er aufgeht, auf welchem er schwindet, weshalb er durch den Zusammenschluss seiner Sicheln allmonatlich zu seinem vollen Umfang zurückkehrt, [29–30] weshalb auf hoher See die Oberhand haben die Stürme, wonach der Südostwind mit seinen Böen greift und woher in die Wolken ständig Wasser dringt, [31–32] ob der Tag kommen wird, der niederreißt die Grundfesten der Welt, warum ein purpurner Bogen Regenwasser trinkt [33–34] oder warum der Gipfel des perrhibaischen Pindos erbebte und des Sonnengottes Scheibe trauerte mit Schwarz tragenden Rossen, [35–36] warum spät erst die Ochsen und den Karren zu wenden sich bequemt der Bootes, warum sich im Feuerschein eines dichten Sternhaufens zusammendrängt der Pleiaden Schwarm [37–38] oder warum über seine Grenzen das tiefe Meer nicht hinausgeht und ein volles Jahr in vier Teile zerfällt, [39–40] ob unter der Erde Götter Gericht halten und Giganten Martern erleiden, ob rasende Wut speit Teisiphones von nachtschwarzer Schlangenbrut starrendes Haupt [41–42] oder Alkmaions Furien drohen oder die Hungersqualen eines Phineus, oder etwa ein Rad, oder etwa Felsblöcke, oder etwa Durst inmitten von Wassern,
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[43–44] num tribus infernum custodit faucibus antrum Cerberus, et Tityo iugera pauca novem, [45–46] an ficta in miseras descendit fabula gentes, et timor haud ultra quam rogus esse potest. [47–48] exitus hic vitae superest mihi: vos, quibus arma grata magis, Crassi signa referte domum!
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VI [1–2] Dic mihi de nostra quae sentis vera puella: sic tibi sint dominae, Lygdame, dempta iuga. [3–4] num me laetitia tumefactum fallis inani, haec referens, quae me credere velle putas? [5–6] omnis enim debet sine vano nuntius esse, maioremque timens servus habere fidem. [7–8] nunc mihi, si qua tenes, ab origine dicere prima incipe: suspensis auribus ista bibam. [9–10] sicin eram incomptis vidisti flere capillis? illius ex oculis multa cadebat aqua? [11–12] nec speculum strato vidisti, Lygdame, lecto, ornabat niveas nullane gemma manus? [13–14] ac maestam teneris vestem pendere lacertis scriniaque ad lecti clausa iacere pedes? [15–16] tristis erat domus, et tristes sua pensa ministrae carpebant, medio nebat et ipsa loco, [17–18] umidaque impressa siccabat lumina lana, rettulit et querulo iurgia nostra sono? [19–20] ‘haec te teste mihi promissa est, Lygdame, merces? est poenae servo rumpere teste fidem. [21–22] ille potest nullo miseram me linquere facto et qualem nolo dicere habere domi? [23–24] gaudet me vacuo solam tabescere lecto? si placet, insultet, Lygdame, morte mea. [25–26] non me moribus illa, sed herbis improba vicit: staminea rhombi ducitur ille rota.
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44 titio F2mg ticio P tyto L tinto F 45 gentis F2mg, Vo 46 haud c haut N aut F, L, P, D VI 2 si L2, P, D, V 3 num c dum F, L, P, D non N 5 sine uano N, s. l. F4, D, V2, Vo sine uanis L2, P, D2, V sine uanus L sine uanus F Ƈ nuntius esse F4mg, D, V2, Vo nuncius esse N esse relator L2, P, D2, V esse F, L 6 serus N 7 non pro nunc N 9 sicine c, eram codd. Vat. Palat. 910 et Vat. Barb. Lat VIII 23 sicin eram Barber 1933 siccine eram Damsté 1924 sicine eam c sicin eam Baehrens siccine eam ed. Aldina si eam N sicut eam F, L, P, D 11 strato W in strato Heins, Goold 12 nullaue V, Vo 13 uestam N 20 est poenae W est poenae et Hanslik est poena et Bailey 21 illa … miserum Vo, Volsco, Burman 22 et qualem N (a)equalem F, L, P, D Ƈ nolo Palmer nullo N nulla F, L, P, D Ƈ domi cod. Vat. Palat. 910, Heins domo W 26 rhombi V2, Vo rumbi F, L, P, D, V bombi N
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[43–44] oder etwa als Höllenhund mit drei Rachen den Höhlengang zur Unterwelt ein Kerberos bewacht und für einen Riesen wie Tityos neun Morgen Land zu wenig sind [45–46] oder vielmehr, zum Leid ihrer Völker erdichtet, nur Fabelei herniedergegangen ist auf die Menschheit und die Angst nicht weiter als der Scheiterhaufen herrschen kann. [47–48] Dieser Ausklang des Lebens verbleibt mir. Ihr aber, denen Waffengänge lieber sind, bringt des Crassus Standarten nach Hause zurück! 6 [1–2] Sag mir, was du über meine Geliebte wirklich denkst, so wahr ich wünsche, es sei dir, Lygdamos, herabgenommen deiner Herrin Joch. [3–4] Führst du etwa mit mir einen, der stolzgeschwellt ist aus grundloser Freude, hinters Licht, indem du mir genau das berichtest, wovon du meinst, ich wolle es glauben? [5–6] Jeder Bote muss ja doch ohne Falsch sein und noch größere Treu und Redlichkeit aus Angst vor Strafe ein Sklave üben. [7–8] Nun beginne, wenn du dich woran erinnern kannst, es mir ganz von Anfang an zu erzählen! Mit gespitzten Ohren werde ich es verschlingen. [9–10] War es so? Sahst die Herrin des Hauses du weinen mit ungekämmtem Haar? Stürzte ihr aus den Augen eine Tränenflut? [11–12] Und sahst du, Lygdamos, keinen Spiegel auf der Bettdecke? Schmückte kein Juwel ihre schneeweißen Hände? [13–14] Ja, sahst traurig du das Kleid herabhängen von ihren zarten Schultern und Schönheitspflegekästchen verschlossen umherliegen an ihres Bettes Füßen? [15–16] War freudlos das Haus, kämmten freudlos ihre Wolle die Dienerinnen und spann in ihrer Mitte sie selbst? [17–18] Presste, um sie zu trocknen, auf ihre feuchten Augen sie Wolle? Erinnerte sie an unsere Streitigkeiten in klagendem Ton? [19–20] »Ist dies der Lohn, der mir vor dir als Zeugen, Lygdamos, versprochen wurde? Es gehört bestraft, vor einem Sklaven als Zeugen sein Wort zu brechen. [21–22] Bringt er es fertig, mich Arme, ohne dass ich etwas getan habe, zu verlassen und eine von der Sorte, über die ich nicht reden will, daheim sich zu halten? [23–24] Findet er Vergnügen daran, dass ich einsam verhärme im verwaisten Bett? – Wenn es ihm Spaß macht, tanze er doch, Lygdamos, vor Freude über meinen Tod! [25–26] Nicht mit ihren Wesenszügen, sondern mit Hexenkräutern hat mich dieses schamlose Weib ausgestochen. Verführt wird er von der Bindfadenspule eines Rautenkreisels.
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[27–28] illum turgentis ranae portenta rubetae et lecta exectis anguibus ossa trahunt, [29–30] et strigis inventae per busta iacentia plumae, cinctaque funesto lanea vitta viro. [31–32] si non vana canunt mea somnia, Lygdame, testor, poena erit ante meos sera, sed ampla, pedes, [33–34] putris et in vacuo texetur aranea lecto: noctibus illorum dormiet ipsa Venus.’ [35–36] quae tibi si veris animis est questa puella, hac eadem rursus, Lygdame, curre via, [37–38] et mea cum multis lacrimis mandata reporta: iram, non fraudes, esse in amore meo, [39–40] me quoque consimili impositum torquerier igni; iurabo bis sex integer esse dies. [41–42] quod mihi si e tanto felix concordia bello exstiterit, per me, Lygdame, liber eris.
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VII [1–2] Ergo sollicitae tu causa, Pecunia, vitae! per te immaturum mortis adimus iter; [3–4] tu vitiis hominum crudelia pabula praebes; semina curarum de capite orta tuo. [5–6] tu Paetum ad Pharios tendentem lintea portus obruis insano terque quaterque mari. [7–8] nam dum te sequitur, primo miser excidit aevo et nova longinquis piscibus esca natat. [9–10] et mater non iusta piae dare debita terrae nec pote cognatos inter humare rogos, [11–12] sed tua nunc volucres astant super ossa marinae, nunc tibi pro tumulo Carpathium omne mare est. [13–14] infelix Aquilo, raptae timor Orithyiae, quae spolia ex illo tanta fuere tibi? [15–16] aut quidnam fracta gaudes, Neptune, carina? portabat sanctos alveus ille viros.
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28 exectis N, L, D exsectis s. l. F4 e sectis Delvio ex sectis P, Otto exuctis Housman exsuctis Burman exactis F 29 stygis D, V 30 cinctaque Ncorr, F, L, P, D cincta N Ƈ uita N, L uicta F, Vo 31 cadunt D, V2mg, Vo 36 haec pro hac D, V, corr. V2 Ƈ cursu pro rursus D, V, corr. V2 Ƈ uiam N 39 consimili F, L, P, Vo cum simili D, V consuli N 41 quod N, s. l. F4, P2, V2, Vo quid F, L, P, D, V Ƈ nisi pro mihi si N Ƈ e Lachmann, Palmer, om. F, L, P, D et N VII 1 tua D Ƈ uit(a)e N, F, L uit(a)e es F4, P, D 6 maiy F, in marg. corr. F4 7 exidit F, s. l. corr. F4 12 est om. F, P, add. F4, P2 13 orithie F
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[27–28] Ihn ziehen die Wunderwirkungen einer aufgequollenen Kröte und die aufgesammelten Rippen vom Kadaver zerlegter Schlangen ebenso in Bann [29–30] wie die Federn eines Käuzchens, die über verwahrloste Gräber verstreut gefunden wurden, und die wollene Binde, die um den Kopf geschlungen war einem todgeweihten Mann. [31–32] Wenn mir nicht Inhaltsloses meine Träume verkünden, wird – dafür nehme ich dich, Lygdamos, zum Zeugen – Sühne er spät, aber reichlich leisten vor meinen Füßen [33–34] und ein modriges Spinnennetz gewebt werden auf dem verwaisten Bett. In den Nächten jener beiden wird einschlafen selbst eine Venus.« [35–36] Wenn dies dir meine Geliebte ehrlichen Herzens geklagt hat, laufe auf eben demselben Weg, Lygdamos, wieder zurück [37–38] und überbringe ihr mitsamt vielen Tränen meine Antwort: Zorn, nicht Lug und Trug komme bei meiner Liebe vor; [39–40] auch ich litte, einer ganz ähnlichen Feuersglut ausgesetzt, Folterqualen. Schwören will ich, schon zweimal zwölf Tage enthaltsam zu leben. [41–42] Sollte mir aber aus einem so schweren Krieg glückhafte Eintracht erwachsen, wirst von mir aus, Lygdamos, du ein freier Mann sein. 7 [1–2] Also bist du, Geld, die Ursache des rastlosen Lebens, treten durch deine Schuld vorzeitig des Todes Weg wir an, [3–4] reichst du den Fehlern der Menschen ein grausames Futter, sind die Keime der Sorgen gesprossen aus deinem Haupt. [5–6] Du versenkst Paetus, als er mit Kurs auf den Hafen von Pharos spannt die Segel, drei-, viermal im tobenden Meer. [7–8] Denn während er dir nachjagt, fällt der Arme ihm in frühester Jugend zum Opfer und treibt, fernen Fischen ein neuartiger Fraß, auf ihm umher. [9–10] Und die Mutter kann dir nicht, wie es sich gebührt, die Letzte Ehre einer liebevollen Beerdigung erweisen und dich nicht bestatten in deiner Verwandten Urnengräberreihe, [11–12] sondern es schweben jetzt Meeresvögel über deinen Gebeinen, ersetzt jetzt den Grabhügel dir das ganze Karpathische Meer. [13–14] Unseliger Nord, du Schrecken der entführten Windsbraut Oreithyia, welche Beute, die dir von ihm zufiele, ist so erheblich gewesen für dich? [15–16] Oder was freust du dich denn über den Schiffbruch, Neptun? Es beförderte jener Rumpf doch unschuldige Männer.
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[17–18] Paete, quid aetatem numeras? quid cara natanti mater in ore tibi est? non habet unda deos. [19–20] nam tibi nocturnis ad saxa ligata procellis omnia detrito vincula fune cadunt. [21–22] sunt Agamemnonias testantia litora curas, qua notat Argynni poena minantis aquae. [23–24] hoc iuvene amisso classem non solvit Atrides, pro qua mactata est Iphigenia mora. [25–26] reddite corpus humo! posita est in gurgite vita. Paetum sponte tua, vilis harena, tegas, [27–28] et quotiens Paeti transibit nauta sepulcrum, dicat: ‘et audaci tu timor esse potes.’ [29–30] ite, rates curvas et leti texite causas! ista per humanas mors venit acta manus. [31–32] terra parum fuerat, fatis adiecimus undas; Fortunae miseras auximus arte vias. [33–34] ancora te teneat, quem non tenuere Penates? quid meritum dicas, cui sua terra parum est? [35–36] ventorum est, quodcumque paras: haud ulla carina consenuit, fallit portus et ipse fidem. [37–38] natura insidians pontum substravit avaris: ut tibi succedat, vix semel esse potest. [39–40] saxa triumphales fregere Capharea puppes, naufraga cum vasto Graecia tracta salo est. [41–42] paulatim socium iacturam flevit Ulixes, in mare cui soli non valuere doli. [43–44] quod si contentus patrio bove verteret agros verbaque duxisset pondus habere mea, [45–46] viveret ante suos dulcis conviva Penates, pauper, at in terra, nil ubi flere potest. [47–48] non tulit hunc Paetus stridorem audire procellae et duro teneras laedere fune manus,
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18 tibi in ore N 20 detricto P deterto F, L Ƈ luncula F, L, P, in marg. corr. F4 22 qu(a)e F, V Ƈ natat s. l. F4 Ƈ argynni V2mg, Vo arginni L, P agynni N argiuni F agiuum D, Vcorr Ƈ minantis N, F, L, P, D, V natantis V2mg, Vo 23 hoc N, s. l. F4, V2, Vo nec F, L, P, D, V 24 hypigenea F, L ephigenia P 25 posita est N positaque F, L, P, D 26 tegat s. l. F4 29 ire N Ƈ curvas Passerat, Guyet curu(a)e W curvate Peskett Ƈ et nunc leti P Ƈ contexite V3 terite N 33 quem N, F, D quam F2, L, P 39 capharea F capharia L, V2 chapharea P carpharea N 40 tracta W tacta cod. Scor. G III 12, ed. Gryphiana Ƈ solo F 42 soli W soliti c, Lips, Passerat 43 contentos F, L, D Ƈ patrio W patrios Heins Ƈ bene F, in marg. corr. F4 44 duxisset N, s. l. F4, D dixisset F, L, P 46 et P, D Ƈ interea F, in marg. corr. F2 Ƈ nil W res Hanslik Ƈ ubi N, F, L, P, Vo nisi F3, D, V, Baehrens, Housman Ƈ potest W opes Baehrens, Foster 47 non tulit W noluit Skutsch Ƈ haec N hoc F
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[17–18] Paetus, was rechnest du die Lebensjahre vor? Was führst du, während du schwimmst, die teure Mutter im Munde? Es kennen die Meereswogen keine Götter. [19–20] Denn bei den nächtlichen Stürmen versagen dir die an Felsen gebundenen Trosse, da das Tauwerk sich abscheuerte, alle den Dienst. [21–22] Es handelt sich um Gestade, die von Agamemnons Liebeskummer zeugen, wo sie brandmarkt die Strafe, die über Argynnos verhängte ihr dräuendes Gewässer. [23–24] Als er diesen Jüngling verlor, ließ der Atride die Flotte nicht auslaufen, eine Verzögerung, für die geopfert wurde Iphigeneia. [25–26] Gebt, ihr Naturgewalten, den Körper der Erde zurück! Gelassen wurde doch schon im strudelnden Meer die Seele. Decke Paetus aus freien Stücken, wertloser Sand, mit dir zu! [27–28] Und sooft ein Seemann vorbeifährt an des Paetus Grab, sage er: »Selbst einem Wagemutigen kannst Furcht du einflößen.« [29–30] Wohlan, zimmert bauchige Schiffe und Todesfallen! Dieser Tod kommt herbeigeführt durch Menschenhand. [31–32] Das Festland hatte uns nicht genügt; den Schicksalsmächten fügten wir hinzu die Meereswellen. Fortunas klägliche Wege vermehrten wir künstlich. [33–34] Ein Anker soll dich halten, den nicht einmal hielten die Penaten? Was, würdest du sagen, hat verdient, wem seine Heimaterde nicht genügt? [35–36] Den Winden gehört, was auch immer du dir anschaffst. Kein Schiff ist jemals alt geworden. Ja, es enttäuscht der Hafen gar selbst das in ihn gesetzte Vertrauen. [37–38] Die Natur breitete arglistig das Meer den Habgierigen vor ihren Füßen aus. Der Fall, dass du Glück hast, kann kaum einmal eintreten. [39–40] An den Klippen des Kaps Kephareus zerschellten siegreiche Hinterdecks, als Griechenland schiffbrüchig von dem gähnenden Meer wurde in die Tiefe gezogen. [41–42] Hintereinander den Verlust von Gefährten zu beklagen hatte Odysseus, dem gegen das Meer Listen allein nicht halfen. [43–44] Wenn er, Paetus, nun aber sich damit zufriedengegeben hätte, mit Ochsen des väterlichen Bauernhofs umzupflügen die Felder, und meinen Worten Gewicht beigemessen hätte, [45–46] lebte er als liebenswürdiger Zechgenosse mit seinen Penaten im Rücken arm zwar, aber auf einem Stück Land, wo über nichts er klagen kann. [47–48] Nicht hat Paetus es ertragen, dieses Heulen des Sturmes sich anzuhören und am harten Tauwerk sich wundzureiben die zarten Hände,
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[49–50] sed Chio thalamo aut Oricia terebintho et fultum pluma versicolore caput, [51–52] huic fluctus vivo radicitus abstulit ungues, et miser invisam traxit hiatus aquam, [53–54] hunc parvo ferri vidit nox improba ligno: Paetus ut occideret, tot coiere mala. [55–56] flens tamen extremis dedit haec mandata querelis cum moribunda niger clauderet ora liquor: [57–58] ‘di, maris Aegaei quos sunt penes aequora, venti, et quaecumque meum degravat unda caput, [59–60] quo rapitis miseros primae lanuginis annos? attulimus longas in freta vestra manus. [61–62] ah miser alcyonum scopulis affligar acutis! in me caeruleo fuscina sumpta deo est. [63–64] at saltem Italiae regionibus evehat aestus: hoc de me sat erit, si modo matris erit.’ [65–66] subtrahit haec fantem torta vertigine fluctus; ultima quae Paeto voxque diesque fuit. [67–68] o centum aequoreae Nereo genitore puellae, et tu, materno tracta dolore, Theti, [69–70] vos decuit lasso supponere bracchia mento: non poterat vestras ille gravare manus. [71–72] at tu, saeve Aquilo, numquam mea vela videbis: ante fores dominae condar oportet iners.
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VIII [1–2] Dulcis ad hesternas fuerat mihi rixa lucernas vocis et insanae tot maledicta tuae, [3–4] cum furibunda mero mensam propellis et in me proicis insana cymbia plena manu. [5–6] tu vero nostros audax invade capillos et mea formosis unguibus ora nota!
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49 chi(y)o W thyio Santen Ƈ calamo F, L, P, V, Vo ad calamum s. l. F4 Ƈ oricia cod. Leid. Voss. Lat. O 81 orythia N cori(y)t(h)i(y)a L, P, D, V corytia V2 erythia Vo corinthia F 50 et fultum N, s. l. F4, L, P, D effultum c, Beroaldo furtum F Ƈ prima F, s. l. corr. F4 51 hinc F, s. l. corr. F4 Ƈ radiatus F, Vo, s. l. corr. F4 52 inuisam N, s. l. F4, L, P, V2, Vo invitam F, D, V 55 tamen N, F2, L, P, D tum F 57 dii F, L, P, D 60 longa pro vestra D, V2mg 61 alcinoum F, L, V2mg Ƈ affligor D, V 63 euehat F4, P eueat N, F, L, D 65 hoc Vo 66 uoxque N, V2, Vo noxque F, L, P, D, V 68 tracta N, F, L, P, D, V tacta V2, Vo fracta Heins Ƈ Theti Pucci, Heins thetis N, s. l. F4, P2, V2ras thethis Vo petis L, P pedis F, D 69 lapso V2, Vo VIII 1 dulcis W iugis V2, Heins Ƈ hexternas L externas D, V extremas V2mg, Vo 3 cum c, Beroaldo cur W
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[49–50] sondern in einer Kajüte aus Chios oder vielmehr Terebinthenholz von Orikos lag, noch dazu gebettet auf ein regenbogenfarbiges Daunenkissen, sein Kopf, [51–52] da zog ihm die Flut bei lebendigem Leibe mit den Wurzeln die Nägel aus und schluckte der Arme mit weit aufgerissenem Mund das verhasste Wasser hinunter, [53–54] sah ihn die verruchte Nacht treiben auf einem kleinen Stück Holz: Zu dem Ausgang, dass Paetus starb, kamen so viele unglückliche Umstände zusammen. [55–56] Weinend jedoch gab er seinen letzten Klagen die folgenden Botschaften mit, als seinen Mund, dem Tode schon nah, das nachtschwarze Gewässer zu verschließen begann: [57–58] »Ihr Windgötter, in deren Macht die Wasserspiegel des Aigaiischen Meeres und all die Wogen stehen, die niederdrücken meinen Kopf, [59–60] wohin reißt ihr mich Armen in den Jahren des ersten Bartflaums? Mitgebracht habe ich für eure Brandungen doch nur schlanke Hände! [61–62] Ach, ich Armer soll geschleudert werden an der Eisvögel scharfkantige Klippen. Gegen mich griff zum Dreizack der meerblaue Gott. [63–64] Wenn doch wenigstens zu Italiens Küstengegenden mich hinaustrüge die Strömung! Der Rest von mir wird genügen, wenn er nur meiner Mutter gehören wird.« [65–66] Hinab zieht ihn, während er dies sagt, mit dem sich drehenden Strudel die Flut. Das letzte Wort wie auch der letzte Tag ist dies für Paetus gewesen. [67–68] O, ihr hundert Meerjungfrauen, die ihr von Nereus gezeugt wart, und du, Thetis, die du von Mutterschmerz zerrissen warst, [69–70] euch hätte es gut zu Gesicht gestanden, eure Arme unter sein müde herabsinkendes Kinn zu legen; nicht hätte er überanstrengen können eure Hände. [71–72] Doch du, grimmiger Nord, wirst niemals meine Segel zu Gesicht bekommen. Vor der Tür meiner Herrin muss kauern ich unnütz. 8 [1–2] Köstlich fand ich den Streit beim gestrigen Lampenschein und deine so vielen mit zornbebender Stimme ausgestoßenen Verwünschungen, [3–4] als du, berauscht vom Wein, den Tisch fortstießest und volle Kümpfe auf mich warfst mit wuttobender Hand. [5–6] Fahre doch beherzt mir ins Haar und zeichne mit deinen schönen Fingernägeln mein Gesicht!
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[7–8] tu minitare oculos subiecta exurere flamma, fac mea rescisso pectora nuda sinu! [9–10] nimirum veri dantur mihi signa caloris; nam sine amore gravi femina nulla dolet. [11–12] quae mulier gravida iactat convicia lingua et Veneris magnae volvitur ante pedes, [13–14] custodum gregibus circa se stipat euntem, seu sequitur medias, maenas ut icta, vias, [15–16] seu timidam crebro dementia somnia terrent, seu miseram in tabula picta puella movet, [17–18] his ego tormentis animi sum verus haruspex, has didici certo saepe in amore notas. [19–20] non est certa fides, quae non in iurgia vertat. hostibus eveniat lenta puella meis! [21–22] in morso aequales videant mea vulnera collo, me doceat livor mecum habuisse meam. [23–24] aut in amore dolere volo aut audire dolentem, sive meas lacrimas sive videre tuas, [25–26] tecta superciliis si quando verba remittis, aut tua cum digitis scripta silenda notas. [27–28] odi ego quos numquam pungunt suspiria somnos; semper in irata pallidus esse velim. [29–30] dulcior ignis erat Paridi, cum Graia per arma Tyndaridis poterat gaudia ferre suae: [31–32] dum vincunt Danai, dum restat barbarus Hector, ille Helenae in gremio maxima bella gerit. [33–34] aut tecum aut pro te mihi cum rivalibus arma semper erunt: in te pax mihi nulla placet. [35–36] gaude, quod nulla est aeque formosa! doleres, si qua foret. nunc sis iure superba licet. [37–38] at tibi, qui nostro tendisti retia lecto, sit socer aeternum nec sine matre domus! [39–40] cui nunc si qua data est furandae copia noctis, offensa illa mihi, non tibi amica, dedit.
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7 mutare F, s. l. corr. F4 inmutare L 8 recisso F reciso F3, P, Vo Ƈ pectore F 11 gravida W rabida Scaliger 12 et W haec Lievens, Burman 13 custodem L, P, D, V Ƈ se W seu Lachmann 1829 16 miserum D 18 has N, s. l. F4, V2, Vo nam F, L, P, D, V 19 quae Phillimore quam N, F2, L, P, D qua F Ƈ in iurgia N in iuria L, P iniuria s. l. F2, D iuria F Ƈ uertat F uersat N, L, P, D vertas Vahlen 1881 21 uideat D, Vcorr 27 audi F, corr. F4mg Ƈ quos F2mg, Passerat, Schoppe qu(a)e W 28 in iratam F4, L, P, D miratam F 29 cum N, F, L, P, V2mg, D2, Vo quo D, V Ƈ Graia Palmier, Fruter grata W 30 tyndaridis cod. Paris. Lat. 7990, Phillimore 1915, Bailey tyndaridi W 34 in te N, F, L, P, V2, Vo uitae D, V 37 ac L, P, corr. P2 Ƈ tendisti W nexisti P2ras, c, Prisc. gramm. II 536,15 Keil, Diomed. gramm. I 369,22 Keil 39 qui pro cui V2mg 40 offensa c, Pucci offensam W Ƈ mihi om. F, in marg. add. F4
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[7–8] Drohe an, mich, um mir die Augen auszubrennen, Flammen auszusetzen, und zerreiße den Bausch meines Gewandes, um meine Brust zu entblößen! [9–10] Ohne Zweifel werden mir damit Zeichen echter Leidenschaft gegeben; denn ohne ernste Liebe grämt sich keine Frau. [11–12] Was aber ein Weib angeht, das mit wutgeladener Zunge Schimpfwörter an den Kopf wirft und sich zu Füßen der mächtigen Venus wälzt, [13–14] so bin ich, ganz gleich, ob es sich mit Herden von Wächtern umringt, wenn es ausgeht, oder verzückt wie eine Mänade der Straßenmitte folgt, [15–16] ob es aus Angst häufig verrückte Träume erschrecken oder es aus Eifersucht ein auf einem Gemälde abgebildetes Mädchen aufregt, [17–18] für diese Seelenqualen der berufene Zeichendeuter. Diese Merkmale lernte oft ich bei untrüglicher Liebe kennen. [19–20] Es gibt nicht die untrügliche Treue, die nicht in Zank und Streit umschlagen könnte. Meinen Feinden widerfahre, dass gefühlskalt ist die Geliebte! [21–22] Sollen doch an meinem Hals die Altersgenossen Bisswunden sehen! Sollen doch blaue Flecken zeigen, dass ich bei mir hatte meine Geliebte! [23–24] Entweder will in der Liebe ich vor Gram leiden oder dich vor Gram leiden hören, entweder meine oder deine Tränen sehen, [25–26] wenn du einmal, von den Augenbrauen verdeckt, deine Antworten sendest oder wenn du mit den Fingern schriftliche Mitteilungen von Geheimnissen malst. [27–28] Ich mag nicht den Schlaf, den niemals Seufzer durchfahren. Stets möchte ich beim Zornesausbruch des geliebten Mädchens erbleichen. [29–30] Angenehmer fand Paris das Feuer der Leidenschaft, als er mitten im Krieg mit den Griechen die Wonnen seiner Liebe zur Tochter des Tyndareos konnte ernten. [31–32] Während die Danaer siegen, während Widerstand ihnen leistet der Wüterich Hektor, trägt jener in Helenas Schoß heftigste Kämpfe aus. [33–34] Entweder mit dir oder mit Nebenbuhlern um dich wird mir stets Krieg beschieden sein. Bei dir finde ich an keinem Frieden Gefallen. [35–36] Freue dich, dass keine genauso schön ist. Grämen würdest du dich, wenn eine es wäre. So aber darfst du mit Recht stolz sein. [37–38] Doch dir, der du, um sie zu umgarnen, Netze spanntest um unser Bett, wünsche ich auf ewig einen Schwiegervater und nicht ohne Mutter das Haus. [39–40] Wenn jetzt irgendwem die Gelegenheit gegeben wurde, sich eine Liebesnacht zu stehlen, so hat sie aus Verärgerung über mich, nicht aus Zuneigung zu dir sie gewährt.
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IX [1–2] Maecenas, eques Etrusco de sanguine regum, intra fortunam qui cupis esse tuam, [3–4] quid me scribendi tam vastum mittis in aequor? non sunt apta meae grandia vela rati. [5–6] turpe est, quod nequeas, capiti committere pondus et pressum inflexo mox dare terga genu. [7–8] omnia non pariter rerum sunt omnibus apta, fama nec ex aequo ducitur una iugo. [9–10] gloria Lysippo est animosa effingere signa, exactis Calamis se mihi iactat equis; [11–12] in Veneris tabula summam sibi poscit Apelles, Parrhasius parva vindicat arte locum; [13–14] argumenta magis sunt Mentoris addita formae, at Myos exiguum flectit acanthus iter; [15–16] Phidiacus signo se Iuppiter ornat eburno, Praxitelen propria vindicat urbe lapis. [17–18] est quibus Eleae concurrit palma quadrigae, est quibus in celeres gloria nata pedes. [19–20] hic satus ad pacem, hic castrensibus utilis armis: naturae sequitur semina quisque suae. [21–22] at tua, Maecenas, vitae praecepta recepi, cogor et exemplis te superare tuis. [23–24] cum tibi Romano dominas in honore secures et liceat medio ponere iura foro, [25–26] vel tibi Medorum pugnaces ire per hastas atque onerare tuam fixa per arma domum, [27–28] et tibi ad effectum vires det Caesar, et omni tempore tam faciles insinuentur opes, [29–30] parcis et in tenues humilem te colligis umbras: velorum plenos subtrahis ipse sinus. [31–32] crede mihi, magnos aequabunt ista Camillos iudicia, et venies tu quoque in ora virum.
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IX 2 inter F, D, V, s. l. corr. F4 Ƈ tua L, D, V, corr. D2 8 fama c, Beroaldo, Lips flamma N, F, P, V, Vo palma cod. Lond. Brit. Mus. Burn. 241, Heins, Foster 1911 flamina L, D Ƈ una c, Lips ulla W Ƈ rogo F2mg, Pmg, Volsco 1482 9 fingere F, L, P, D Ƈ calamis c calamus W 11 summa F, L, corr. F4 Ƈ ponit F4mg, V2, Vo posita F, L 14 at c ad W Ƈ myos c, Volsco, Beroaldo miros L, P, D2mg, V2 muros N nuros F, D 16 uindicat N, F, L, D uendicat P vendit ab Barber 17 concurrunt V2, Vo 19 satus N, s. l. F2, D satis F, L, P 20 queque N 21 et F, s. l. corr. F2 Ƈ inte F, in marg. corr. F4 23 sequentes F, in marg. corr. F4 25 hastas Pontano, Markland hoste(i)s W 26 onaerare N honerare F, D honorare s. l. F4, L, P 27 dat P, V2 28 insinuetur V2
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9 [1–2] Maecenas, du Ritter von etruskischem Königsgeblüt, der du im Rahmen deines Standes zu leben wünschst, [3–4] warum schickst du mich in der Dichtung auf ein so entsetzlich weites Meer? Nicht geeignet sind große Segel für mein Boot. [5–6] Schmachvoll ist’s, eine Last, die zu tragen man nicht imstande ist, dem Kopf anzuvertrauen und ihr, davon niedergedrückt, alsdann den Rücken zu kehren vor eingeknickten Knien. [7–8] Nichts auf der Welt eignet sich gleichermaßen für alle, und Berühmtheit erlangt wird nicht ausschließlich aus gleicher Bergeshöhe. [9–10] Zu Ruhm verhilft es Lysipp, beseelte Standbilder auszuformen. Durch seine vollkommenen Pferde empfiehlt Kalamis sich mir. [11–12] Bei Gemälden mit dem Bild der Aphrodite fordert den höchsten Rang Apelles für sich. Parrhasios erhebt in der Kleinkunst den Anspruch auf den Spitzenplatz. [13–14] Gruppenszenen sind das hervorstechende Merkmal von Mentors Gussform, während bei Mys der Akanthus sich einen schmalen Schlängelpfad bahnt. [15–16] Der von Pheidias stammende Zeus schmückt sich mit einem Standbild aus Elfenbein, Praxiteles vereinnahmt der Marmor aus seiner eigenen Stadt. [17–18] Mit manchen läuft die Siegespalme des Vierspännerrennens von Elis mit, mit manchen der von Geburt in schnelle Füße gepflanzte Ruhm. [19–20] Der eine ist geschaffen für den Frieden, der andere tauglich zum Waffendienst: Seinen Naturanlagen folgt ein jeder. [21–22] Doch habe ich, Maecenas, deine Lebensgrundsätze übernommen und sehe ich mich gezwungen, mit Beispielen deiner eigenen Verhaltensweise dich schlagend zu widerlegen. [23–24] Denn obwohl es dir freistünde, in Ausübung eines römischen Staatsamtes hoheitliche Beile und mitten auf dem Forum Rechtsregeln aufzustellen, [25–26] oder du durch der Meder kriegerische Lanzen schreiten und mit Waffen, die du als Beute aufhängst, beladen könntest dein Haus [27–28] und dir zum Erfolg Caesar die Streitkräfte gäbe und dir zu jeder Zeit so leicht in die Tasche flössen die Geldmittel, [29–30] verzichtest du und engst dich bescheiden auf ein schlichtes Schattendasein ein. Die prall gebauschten Segel reffst du von dir aus. [31–32] Glaube mir, diese deine Lebensentscheidungen werden den Vergleich mit Männern vom Schlage des großen Camillus aushalten, kommen wirst auch du in der Römer Munde,
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[33–34] Caesaris et famae vestigia iuncta tenebis: Maecenatis erunt vera tropaea fides. [35–36] non ego velifera tumidum mare findo carina: tota sub exiguo flumine nostra mora est. [37–38] non flebo in cineres arcem sedisse paternos Cadmi nec semper proelia clade pari, [39–40] nec referam Scaeas et Pergama, Apollinis arces, et Danaum decimo vere redisse rates, [41–42] moenia cum Graio Neptunia pressit aratro victor Palladiae ligneus artis equus. [43–44] inter Callimachi sat erit placuisse libellos et cecinisse modis, Dore poeta, tuis. [45–46] haec urant pueros, haec urant scripta puellas, meque deum clament et mihi sacra ferant! [47–48] te duce vel Iovis arma canam caeloque minantem Coeum et Phlegraeis Oromedonta iugis, [49–50] celsaque Romanis decerpta Palatia tauris ordiar et caeso moenia firma Remo [51–52] eductosque pares silvestri ex ubere reges, crescet et ingenium sub tua iussa meum; [53–54] prosequar et currus utroque ab litore ovantes, Parthorum astutae tela remissa fugae, [55–56] castraque Pelusi Romano subruta ferro Antonique graves in sua fata manus. [57–58] mollis tu coeptae fautor cape lora iuventae dexteraque immissis da mihi signa rotis! [59–60] hoc mihi, Maecenas, laudis concedis, et a te est quod ferar in partes ipse fuisse tuas.
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33 uicta N 34 trophea F, L, P, V, Vo 35 om. N Ƈ fido Vo 36 tota W tuta c Ƈ flumine N, F2, V2, Vo e flumine F, L, D, V est flumine P Ƈ est post mora om. P 37 phebo N 38 semper W septem Lips 44 Dore Schryver 1619 dure W Coe c, Pucci, Beroaldo care Allen 1995 45 urant … urant c, Volsco 1488 curant … curant W 47 caelique F 48 coeum cod. Berol. Diez B 53 c(a)eum W Ƈ oromedonta c, Volsco, Beroaldo oromodonta L, P, D oromodunta N orodomonta F Eurymedonta Huschke 53 ouante(i)s N, F4mg, L, P, D amantes F 55 castraque W claustraque Palmier, Lips Ƈ pelusi F4mg pelusii N, D pelitii L, P pel’itii F 56 antonique V2 antoniique W 57 mollis W mollia Broekhuyzen Ƈ fautor F2mg, P, D faustor F, L, Pras factor N
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[33–34] und mit Caesars Ruhm wirst auf Schritt und Tritt du verbunden bleiben: Eines Maecenas Siegestrophäen werden in seiner aufrichtigen Freundestreue bestehen. [35–36] Nicht spalte ich das wallende Meer mit eines Segelschiffes Kiel. Zur Gänze finde ich in der Obhut eines kleinen Flusses meine Bleibe. [37–38] Nicht will das Klagelied ich singen, dass auf die Asche der Väter niedersank die Burg des Kadmos, und nicht ständig welche über Kämpfe anstimmen, die mit dem gleichen Ergebnis, der Niederlage, enden, [39–40] noch erzählen vom Skaiischen Tor und von der Feste Troia, Apollons Burg, und dem Kriegsausgang, dass im zehnten Frühling nach Hause fuhren der Danaer Schiffe, [41–42] als die Stadtmauern Poseidons mit einem griechischen Pflug dem Erdboden gleichgemacht hatte der Sieger, das hölzerne Pferd der Schnitzkunst Pallas Athenes. [43–44] In einer Reihe mit den Büchlein des Kallimachos Gefallen gefunden und in deinen Versmaßen, dorischer Dichter, gesungen zu haben wird mir genügen. [45–46] Die Gedichte, die ich schrieb, sie sollen die Jungen, sie sollen die Mädchen glühend begeistern, und meine Leser mich »Gott« rufen und mir Opfer darbringen. [47–48] Weist aber du mir den Weg, werde sogar von Iuppiters Waffengängen ich singen und vom Himmelsstürmer Koios und von Oromedon auf der Hochebene von Phlegrai, [49–50] und werde damit ich beginnen, dass das hochragende Palatium abgegrast wurde von römischen Stieren, die Stadtmauern um den Preis, dass Remus erschlagen wurde, standhielten [51–52] und als Zwillingspaar mit Muttermilch von eines Waldtieres Euter aufgezogen wurden die Königskinder, und wird wachsen bis zur Höhe deiner Anforderungen meine Dichtergabe, [53–54] und werde im Gesang ich fortfahren mit den Triumphwagen, die aus Anlass beider Gestade zur Feier des Sieges einzogen, mit der Parther Pfeilen, die hinterrücks abgeschossen wurden auf der Flucht, ihrer Kriegslist, [55–56] mit dem Lagerwall von Pelusion, der eingerissen wurde von römischem Eisengerät, und mit des Antonius Händen, die sein Schicksal besiegelten. [57–58] Ergreife, feinfühliger Förderer der Anfänge meines Mannesalters, du die Zügel und gib mir günstige Startzeichen für die ins Rennen geschickten Räder! [59–60] So weit Lob dir zu spenden, gestehst, Maecenas, du mir zu, und dir kommt es zugute, dass mir nachgesagt werden wird, von allein auf deiner Seite gestanden zu haben.
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X [1–2] Mirabar, quidnam visissent mane Camenae, ante meum stantes sole rubente torum: [3–4] natalis nostrae signum misere puellae et manibus faustos ter crepuere sonos. [5–6] transeat hic sine nube dies, stent aëre venti, ponat et in sicco molliter unda minax. [7–8] aspiciam nullos hodierna luce dolentes, et Niobae lacrimas supprimat ipse lapis; [9–10] alcyonum positis requiescant ora querelis, increpet absumptum nec sua mater Ityn. [11–12] tuque, o cara mihi, felicibus edita pennis, surge et poscentes iusta precare deos! [13–14] ac primum pura somnum tibi discute lympha, et nitidas presso pollice finge comas! [15–16] dein, qua primum oculos cepisti veste Properti, indue, nec vacuum flore relinque caput, [17–18] et pete, qua polles, ut sit tibi forma perennis, inque meum semper stent tua regna caput! [19–20] inde coronatas ubi ture piaveris aras luxerit et tota flamma secunda domo, [21–22] sit mensae ratio, noxque inter pocula currat, et crocino nares murreus ungat onyx. [23–24] tibia nocturnis succumbat rauca choreis, et sint nequitiae libera verba tuae, [25–26] dulciaque ingratos adimant convivia somnos (publica vicinae perstrepet aura Viae), [27–28] sit sors et nobis talorum interprete iactu, quem gravibus pennis verberet ille puer. [29–30] cum fuerit multis exacta trientibus hora noctis et instituet sacra ministra Venus,
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X 1 uisissent cod. Gotting. bibl. Univ. philol. 111 s. l. b2, Guyet, Pontano risissent Passerat misissent W 3 misere N, P, V2, Vo miserere F, L, D, V 6 ponat s. l. F3, P, D, V ponet N, F, L, Vo Ƈ minax N, F, L, P, D, V minas s. l. F3, V2, Vo 8 niobes P, V, Vo, corr. V2mg Ƈ ipsa suas pro ipse lapis V2mg 13 ac W at c 15 dein qua N, F4mg, V2 de in qua Vo te qua L, P, D, V denique F, D2 Ƈ cepesti N, corr. N 17–18 om. N 17 polles s. l. F4, V2, Vo pelles F, L, P, D, V 19 ubi N, s. l. F4, V2, Vo tibi F, L, D, V ..bi Pras 20 luxerit N, F4, L, P, D, V luserit Vo auserit F Ƈ flamina N 21 sic L, D, V Ƈ uoxque D, V moxque Vo mox et nox V3 Ƈ curat D 23 rauca N, s. l. F4, V2, Vo pauc(h)a F, L, P, D, V 25 dulcia N 26 perstrepet N, F, L, P, D perstrepat s. l. F3 27 uobis F Ƈ tactu F, L 28 grauibus W gravius Beroaldo, Guyet 29 ora N 30 instituit F
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10 [1–2] Verwundert fragte ich mich, warum denn vorbeigeschaut hatten am frühen Morgen die Musen, die im rötlichen Licht der Sonne standen vor meinem Bett. [3–4] Zum Geburtstag meiner Geliebten haben sie das Startzeichen gegeben und zum Glückwunsch dreimal in die Hände geklatscht. [5–6] Vorüber gehe dieser Tag ohne Wolke, still stehe in der Luft der Wind, und sacht lege sich bei trockenem Wetter der bedrohliche Wellengang der Brandung. [7–8] Sehen möchte ich am heutigen Tag keine Menschen, die Kummer leiden, und Niobes Fels unterdrücke von sich aus die Tränen. [9–10] Der Eisvögel Kehle höre auf mit den Klagen und ruhe sich aus, und über die Verspeisung ihres Sohnes Itys jammere nicht laut seine Mutter. [11–12] Und du, mein Schatz, die zur Welt du gebracht wurdest im Zeichen glückhaften Vogelflugs, stehe auf und bete zu den die gebührende Ehrfurcht fordernden Göttern. [13–14] Und zuerst schüttle den Schlaf von dir ab mit reinem Quellwasser und richte dir mit festem Daumendruck die schimmernden Haare; [15–16] dann ziehe das Kleid an, in dem du beim ersten Mal gefangennahmst die Augen deines Properz, und lasse nicht frei von Blumenschmuck deinen Kopf, [17–18] und bitte um die Gnade, dass die Schönheit, durch die du Macht ausübst, dir ewig fortwährt und deine Herrschaft immer den Fuß stehen hat auf meinem Haupt. [19–20] Sobald du dann mit Weihrauch gnädig gestimmt hast die bekränzten Altäre und die glückverheißende Flamme im ganzen Haus ihren Lichtschein wirft, [21–22] soll die Tafel zu ihrem Recht kommen und die Nacht in einer bechernden Runde verfliegen sowie mit ihrem Safranöl die Nasenlöcher einsalben eine Alabasterkapsel, der Myrrhenonyx. [23–24] Die Rohrpfeife erliege, vom Flötenspiel heiser, vor Müdigkeit den nächtlichen Tänzen, und in der Wahl der Worte frei äußere sich deine Schlüpfrigkeit, [25–26] und das vergnügliche Gelage verscheuche den unerwünschten Schlaf – vom Lärm widerhallen wird ja nur die öffentliche Luft der Nachbarin ›Straße‹. [27–28] Und das Los entscheide nach dem Fingerzeig, den uns das Würfelspiel gibt, wen mit dem wuchtigen Flügelschlag seiner Schwingen schlägt jener Bube. [29–30] Wenn aber vorüber ist die mit vielen Schoppen Wein zugebrachte Zeit gemeinsamer Stunden und die Weihen der Nacht anordnet die diensthabende Venus,
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[31–32] annua solvamus thalamo sollemnia nostro, natalisque tui sic peragamus iter! XI [1–2] Quid mirare, meam si versat femina vitam et trahit addictum sub sua iura virum, [3–4] criminaque ignavi capitis mihi turpia fingis, quod nequeam fracto rumpere vincla iugo? [5–6] venturam melius praesagit navita sortem, vulneribus didicit miles habere metum. [7–8] ista ego praeterita iactavi verba iuventa: tu nunc exemplo disce timere meo. [9–10] Colchis flagrantes adamantina sub iuga tauros egit et armigera proelia sevit humo, [11–12] custodisque feros clausit serpentis hiatus, iret ut Aesonias aurea lana domos. [13–14] ausa ferox ab equo quondam oppugnare sagittis Maeotis Danaum Penthesilea rates; [15–16] aurea cui postquam nudavit cassida frontem, vicit victorem candida forma virum. [17–18] Omphale in tantum formae processit honorem, Lydia Gygaeo tincta puella lacu, [19–20] ut, qui pacato statuisset in orbe columnas, tam dura traheret mollia pensa manu. [21–22] Persarum statuit Babylona Semiramis urbem, ut solidum cocto tolleret aggere opus, [23–24] ut duo in adversum missi per moenia currus ne possent tacto stringere ab axe latus; [25–26] duxit et Euphraten medium, qua condidit arces, iussit et imperio subdere Bactra caput. [27–28] nam quid ego heroas, quid raptem in crimina divos? Iuppiter infamat seque suamque domum. [29–30] quid, modo quae nostris opprobria vexerit armis? et famulos inter femina trita suos
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31 thalamo et F, L, P, D, V 32 ter pro sic V2mg, Vo XI 5 sortem Flach mortem N, F, L, D, V noctem F3mg, P2ras, V2, Vo 10 armigera W armifera Lievens 11 custoditque F, corr. F4 Ƈ fexos F, s. l. corr. F4 fessos F2mg 13 ferax F 14 ma(e)otis N, F4mg, P2mg iniectis F, P, D nectis L Ƈ pentesilea N panthe(a)silea L, D pantasilea P 15 cui N, s. l. F4, V2, Vo qui F, L, P, D, V 17 omphaliae D oniphale F 18 lidia F4 idea F Ƈ gigeo s. l. F4 gigea F 20 dira N, s. l. corr. N 22 cotto Vo Ƈ ager Vo 23 ut c, Pucci et W Ƈ missi W mitti Tyrrell 24 nec N, F, L, Vo 25 qua N, F4mg, P2, V2, Vo quam F, L, P, D, V Ƈ artes F, s. l. corr. F2 26 subdere cod. Mutin. bibl. Est. Lat. 6802, Burman, Schrader surgere W 27 crimine W, corr. V2 29 uexerit W nexerit cod. Vat. Barber. VIII 23
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[31–32] lasst uns die Verpflichtung, das Jahresfest feierlich zu begehen, einlösen in unserem Schlafgemach und so abschließen deines Geburtstages Gang. 11 [1–2] Warum wunderst du dich, wenn eine Frau hin und her wendet mein Leben und mit mir hinter sich her zerrt einen ihr als Eigentum zugesprochenen, ihrer Gerichtsbarkeit unterworfenen Mann, [3–4] und dichtest die schändliche Schuld, ein Feigling zu sein, du mir an, weil ich mein Joch nicht entzweibrechen, meine Fesseln nicht sprengen könne? [5–6] Das Los, das auf ihn zukommt, ahnt besser der Seemann voraus. Durch Verwundungen hat Angst zu haben gelernt der Soldat. [7–8] Solche Reden wie deine schwang ich in der zurückliegenden Zeit meiner Jugend. Du aber lerne jetzt durch mein warnendes Beispiel das Fürchten. [9–10] Die Kolcherin hat flammenschnaubende Stiere unter stählerne Joche getrieben und Kämpfe gesät in einem Nährboden für Waffenträger [11–12] sowie geschlossen des Wächters grimmig klaffendes Drachenmaul, damit zu Aison heimkehre des Goldenen Vlieses Wolle. [13–14] Gewagt hat es einst die ungestüme Maioterin Penthesileia, vom Pferd aus mit Pfeilen zu beschießen der Danaer Schiffe. [15–16] Doch als der goldene Helm ihr entblößt hatte die Stirn, siegte ihre strahlende Schönheit über den siegreichen Helden. [17–18] Omphale brachte es als lydisches Mädchen, das im See des Gyges badete, zu einer so hohen Wertschätzung ihrer Schönheit, [19–20] dass der Held, der auf dem befriedeten Erdenrund Säulen errichtet hatte, weiche Wolle zupfte mit seiner von Schwielen so harten Hand. [21–22] Als der Perser Hauptstadt legte Semiramis Babylon auf die Weise an, dass sie massives Mauerwerk aus Backstein mit der Vorgabe hochziehen ließ, [23–24] dass zwei Wagen, in entgegengesetzter Richtung über die Stadtmauer geschickt, sich nicht von der Achsberührung streifen könnten an der Seite. [25–26] Geleitet hat sie den Euphrat mitten durch den Platz, auf dem sie ihre Königsburgen erbaute, sowie Baktra befohlen, sein Haupt ihrer Herrschaft zu unterwerfen. [27–28] Wozu soll ich denn Heroen, wozu Götter, um Klage zu erheben, vor Gericht zerren? Iuppiter bringt doch in Verruf sich und sein Haus. [29–30] Wozu eine verklagen, die unlängst Schimpf und Schande verschiffte mit unserem Takelwerk? Die im Kreis ihrer Diener verschlissene Hure
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[31–32] coniugis obsceni pretium Romana poposcit moenia et addictos in sua regna Patres. [33–34] noxia Alexandria, dolis aptissima tellus, et totiens nostro Memphi cruenta malo, [35–36] tres ubi Pompeio detraxit harena triumphos! tollet nulla dies hanc tibi, Roma, notam. [37–38] issent Phlegraeo melius tibi funera campo, vel tua si socero colla daturus eras. [39–40] scilicet incesti meretrix regina Canopi, una Philippeo sanguine adusta nota, [41–42] ausa Iovi nostro latrantem opponere Anubim, et Tiberim Nili cogere ferre minas, [43–44] Romanamque tubam crepitanti pellere sistro, baridos et contis rostra Liburna sequi, [45–46] foedaque Tarpeio conopia tendere saxo, iura dare et statuas inter et arma Mari! [47–48] quid nunc Tarquinii fractas iuvat esse secures, nomine quem simili vita superba notat, [49–50] si mulier patienda fuit? cape, Roma, triumphum et longum Augusto salva precare diem! [51–52] fugisti tamen in timidi vada flumina Nili, accepere tuae Romula vincla manus. [53–54] bracchia spectavi sacris admorsa colubris et trahere occultum membra soporis iter. [55–56] ‘non hoc, Roma, fui tanto tibi cive verenda’ dixit et assiduo lingua sepulta mero. [57–58] septem urbs alta iugis, toto quae praesidet orbi, femineas timuit territa Marte minas, [59–60] Hannibalis spolia et victi monumenta Syphacis et Pyrrhi ad nostros gloria fracta pedes!
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31 coniugis W coniugii Passerat, Guyet Ƈ obscenis N, corr. N2 32 additos F, s. l. corr. F3 ad dictos P adductos P2mg ordinatos s. l. L2 35 tres N, s. l. F4, P2mg, D res L re P hec F Ƈ ubi N, P2, D tibi F, L, P 40 sanguini V2 41 nostro est P 44 bandos F, s. l. corr. F4 Ƈ contis N, F, L, V2 conchis P cunctis D 45 conopia c, Heins, Bentley canopia V2 canopeia W 46 iure F, s. l. corr. F4 Ƈ dare et c dare W 47 tarquini N torquimini L 48 uocat D, V, corr. V2 49 sed pro si V2mg 51 tumidi s. l. F4, V2, Vo timida F Ƈ uaga D uada N, F, L, P 53 spectaui W spectasti Markland spectavit Havet 55 fui c, Haupt, Housman fuit W 56 dixit et W dixerat Housman 57 toti s. l. F3 58 om. N Ƈ f(a)emineas F, L, P, D femineo Korsch, Postgate Ƈ timuit P, D, om. F, L, in marg. suppl. F4 Ƈ territa s. l. F4, L, Pras, D territe F 60 pirry F4 pirthi F, L
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[31–32] hat doch als ihres Skandalbräutigams Entgelt die römischen Stadtmauern ebenso verlangt, wie sie gar forderte, für ihren Hofstaat Senatoren als Eigentum zugesprochen zu bekommen. [33–34] Teuflisches Alexandreia, zu Ränken hochbefähigter Boden, und so viele Male zu unserem Unheil blutbeflecktes Memphis, [35–36] wo einem Pompeius drei Triumphe der Sandstrand entriss! Tilgen wird kein Tag dir, Rom, jemals diesen Schandfleck. [37–38] Besser wäre es gewesen, dich hätte der Tod in der Ebene von Phlegrai ereilt oder du hättest vor dem Schwiegervater deinen Nacken gebeugt. [39–40] Kaum zu glauben, die Dirnenkönigin des unzüchtigen Kanopos hat sich, unverwechselbares, von der Blutsverwandtschaft mit Philipp eingebranntes Schandmal, [41–42] tatsächlich zugetraut, unserem Iuppiter entgegenzustellen den kläffenden Anubis und den Tiber zu zwingen, des Niles Drohungen zu ertragen, [43–44] die römische Tuba mit dem klappernden Seistron zu vertreiben, mit den Bootshaken einer ägyptischen Barke den Schiffsschnäbeln der Liburnerflotte nachzujagen, [45–46] scheußliche Mückennetze auf dem Tarpeischen Felsen aufzuspannen und Recht zu sprechen zwischen den Standbildern und Beutewaffen eines Marius! [47–48] Was nützt es da, dass entzweigebrochen wurden die Beile der Richtergewalt eines Tarquinius, den seine hoffärtige Lebensart mit dem entsprechenden Beinamen brandmarkt, [49–50] wenn ein Weib hätte erduldet werden müssen? Richte, Rom, den Triumph aus, und wünsche, heil davongekommen, wie du bist, Augustus in deinen Gebeten ein langes Leben! [51–52] Geflüchtet hast du dich gleichwohl zu des ängstlichen Niles seichten [oder, sollte vaga statt vada zu lesen sein: vagabundierenden] Gewässern. Angelegt bekamen deine Hände des Romulus Fesseln. [53–54] Deine Arme sah ich von den dir heiligen Kobras gebissen und schaute mir an, wie deine Gliedmaßen die Todesstarre einsogen auf verborgenem Weg. [55–56] »Mit diesem so großen Bürger als Rückhalt hätte ich dir, Rom, nicht furchterregend vorzukommen brauchen« sprach selbst noch deine lallende, schon vom ständigen Weingenuss zu Grabe getragene Zunge. [57–58] Die mit ihren sieben Bergeshöhen hochragende Stadt, die über dem ganzen Erdkreis wacht, fürchtete sich, von Krieg geschreckt, vor den Drohungen einer Frau, [59–60] ihr Beutestücke vom Krieg mit einem Hannibal, ihr Denkmäler des Sieges über einen Syphax und du vor unseren Füßen zerbrochener Ruhm eines Pyrrhos!
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[61–62] Curtius expletis statuit monumenta lacunis, at Decius misso proelia rupit equo, [63–64] Coclitis abscissos testatur semita pontes, est cui cognomen corvus habere dedit. [65–66] haec di condiderant, haec di quoque moenia servant: vix timeat salvo Caesare Roma Iovem. [67–68] nunc ubi Scipiadae classes, ubi signa Camilli, aut modo Pompeia, Bospore, capta manu? [69–70] Leucadius versas acies memorabit Apollo: tanti operis bellum sustulit una dies. [71–72] at tu, sive petes portus seu, navita, linques, Caesaris in toto sis memor Ionio!
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XII [1–2] Postume, plorantem potuisti linquere Gallam miles et Augusti fortia signa sequi? [3–4] tantine ulla fuit spoliati gloria Parthi, ne faceres, Galla multa rogante tua? [5–6] si fas est, omnes pariter pereatis avari et quisquis fido praetulit arma toro! [7–8] tu tamen iniecta tectus, vesane, lacerna potabis galea fessus Araxis aquam. [9–10] illa quidem interea fama tabescet inani, haec tua ne virtus fiat amara tibi, [11–12] neve tua Medae laetentur caede sagittae, ferreus aurato neu cataphractus equo, [13–14] neve aliquid de te flendum referatur in urna: sic redeunt, illis qui cecidere locis. [15–16] ter quater in casta felix, o Postume, Galla! moribus his alia coniuge dignus eras. [17–18] quid faciet nullo munita puella timore, cum sis luxuriae, Roma, magistra tuae?
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61 curtius V2 curcius F3mg curius N, P2, V, Vo durius F, L, P, D 62 at N, F, V2, Vo ac L, P, D, V 63 coclitis F2mg, P, D colclitis N collitis F colitis L Ƈ abscisos F, P adscisos N abcisos L 64 est Pucci et W 65 di … di c dii … dii W Ƈ condiderant W condiderunt c, Lievens, Scaliger 68 ubi pro modo F Ƈ bosphore in marg. F2 bosphora V, Vo hospore F 70 tantum … belli W tanti … bellum Housman 71 ac pro at P, D Ƈ siue … siue F XII 4 faceres N, s. l. F4, in marg. P2, V2, Vo facias F, L, P, D, V 5 pereantur F perimantur in marg. F3 7 iniecta c, Beroaldo intecta vel in tecta W in texta F4 8 potabis W portabis c 10 fiet F 11 me delectentur F, corr. F4 mede letantur L, P mede latentur D 12 cataphractus s. l. F4, D, V2 catophratus N, F, L, P, V, Vo 14 sic redeunt V2, Vo si credunt N, F4 si credent F, L, P, D, V Ƈ qui N, V2, Vo qu(a)e F, L, P, D, V 18 cum sis Flach cum sit W cui sis Palmer Ƈ tu(a)e W suae c
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[61–62] Curtius hat sich ein Denkmal gesetzt, als er mit seinem Todessturz einen Krater zufüllte, während Decius mit dem Pferd, das er losschickte, die Gefechtsordnung des Feindes durchbrach. [63–64] Des Cocles Pfad zeugt davon, dass abgerissen wurde seine Brücke. Einen aber gibt es, dem ein Rabe seinen Beinamen zu bekommen verhalf. [65–66] Diese Stadtmauern hatten Götter gegründet, diese erhalten auch Götter. Kaum zu fürchten brauchte sich Rom, solange Caesar lebt, vor einem Iuppiter. [67–68] Wo sind jetzt die Flotten, die der Scipionenspross, wo die Standarten, die Camillus erbeutete, oder die Kriegsbeute, die unlängst, Bosporos, Pompeius in die Hände fiel? [69–70] Der Apollon von Leukas wird der Schlachtenwende gedenken: Ein so gewaltiges Unterfangen vereitelte ein einziger Kriegstag! [71–72] Doch denke du, Seemann, ob du nun den Hafen ansteuerst oder verlässt, an Caesar auf dem ganzen Ionischen Meer! 12 [1–2] Postumus, hast du es tatsächlich übers Herz gebracht, eine wehklagende Galla zu verlassen und als Soldat den heldenhaften Standarten des Augustus zu folgen? [3–4] Bedeutete so viel dir der etwaige Ruhm, einem Parther die Rüstung vom Leib zu reißen, wo doch, dass du es nicht wahrmachst, vielfach dich bat deine Galla? [5–6] Mit Verlaub hole euch Habgierigen alle gleichermaßen der Teufel und überhaupt einen jeden, der jemals vorzog die Waffe dem Bett der ehelichen Treue. [7–8] Du wirst gleichwohl, mit dem Soldatenmantel bekleidet, den du, Wahnsinniger, dir überstreifst, aus deinem Helm todmüde trinken des Araxes Wasser. [9–10] Sie aber wird gewiss unterdessen sich abhärmen wegen leeren Geredes, weil sie befürchtet, dieser dein Mannesmut könnte bitter werden für dich, [11–12] über deinen Gefallenentod sich freuen ein Bogenschütze mit medischen Pfeilen oder ein mit eisernem Kettenhemd gepanzerter Reiter auf goldgeharnischtem Hengst, [13–14] oder ein Rest von dir zum Beweinen zurückgebracht werden in einer Urne: So kehren heim, die gefallen sind in jenen Gegenden. [15–16] Drei-, viermal glücklich preise dich, o Postumus, beim Gedanken an deine züchtige Galla! Mit deinem Gebaren hättest du eine andere Gattin verdient. [17–18] Was wird eine junge, von keinerlei Abschreckung abgeschirmte Frau wohl tun, wo du doch, Rom, deiner Vergnügungssucht Lehrmeisterin bist?
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[19–20] sed securus eas: Gallam non munera vincent, duritiaeque tuae non erit illa memor. [21–22] nam quocumque die salvum te fata remittent, pendebit collo Galla pudica tuo. [23–24] Postumus alter erit miranda coniuge Ulixes: non illi longae tot nocuere morae, [25–26] castra decem annorum, et Ciconum mons Ismara, Calpe, exustaeque tuae mox, Polypheme, genae, [27–28] et Circae fraudes lotosque herbaeque tenaces Scyllaque et alternas scissa Charybdis aquas, [29–30] Lampeties Ithacis veribus mugisse iuvencos (paverat hos Phoebo filia Lampetie), [31–32] et thalamum Aeaeae flentis fugisse puellae, totque hiemis noctes totque natasse dies, [33–34] nigrantesque domos animarum intrasse silentum, Sirenum surdo remige adisse lacus, [35–36] et veteres arcus leto renovasse procorum errorisque sui sic statuisse modum – [37–38] nec frustra, quia casta domi persederat uxor. vincit Penelopes Aelia Galla fidem.
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XIII [1–2] Quaeritis, unde avidis nox sit pretiosa puellis et Venere exhaustae damna querantur opes. [3–4] certa quidem tantis causa et manifesta ruinis: luxuriae nimium libera facta via est. [5–6] Inda cavis aurum mittit formica metallis, et venit e Rubro concha Erycina salo, [7–8] et Tyros ostrinos praebet Cadmea colores, cinnamon et multi pastor odoris Arabs. [9–10] haec etiam clausas expugnant arma pudicas: quaeque terunt fastus, Icarioti, tuos.
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21 sanum F, D2 25 calpe N, F, Vo talpe s. l. F4, L, P, D, V 27 circ(a)e N, s. l. F4, D cure F, L, P 29 lampeties c lamp(h)at(h)iae W Ƈ ithacis c sithicis N syticis F siticis L sitticis P scy(i)thicis D 30 lampetie c lamp(h)at(h)i(a)e F, L, P, D lanpathie N 31 aeae N, Vo eae F, L eoe P 32 natasse N, s. l. F2, Vo notasse F, L, Pmg, D, V uacasse P2mg 34 adiise F, L, corr. F2 Ƈ lacus N, F4, D latus F latreus L, P 35 arcus N, F, L, P, V2, Vo artus D, V Ƈ leto F4 lecto W Ƈ reuocasse Vo 37 h(a)ec pro nec V2, Vo 38 uicit P Ƈ penelopes V2 penolopes P, Vo penelope N, D, V penolope F, L Ƈ Aelia Wilhelms, Passerat l(a)el(l)ia W XIII 2 uenere c, Pucci uenerem W ueneris s. l. F4 Ƈ exhausto N 3 quidam F Ƈ et N, L, V2, Vo est F, P, D, V 5 canis F, s. l. corr. F4 Ƈ mittit N, F, L, D nutrit F4mg, P 6 rubico F, s. l. corr. F4 Ƈ conca s. l. F4 comca F Ƈ eritrea D2 7 tires N Ƈ cammea F, s. l. corr. F4 8 pastor W pistor Bury cultor Fontein, Liberman 9 clauias N nifeas s. l. N2 10 terunt W ferunt c gerunt Schoppe, Guyet Ƈ fastos L, D, V Ƈ icarioti V2 i(y)cariote N, s. l. F4, P2, D i(y)cariore F, L, P
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[19–20] Doch magst du unbesorgt ins Feld ziehen: Eine Galla werden Geschenke nicht erobern, und deine Gefühlskälte wird sie dir nicht nachtragen. [21–22] Denn einerlei, an welchem Tag dich die Schicksalsmächte heil zu ihr zurückbringen, hängen wird eine ehrbare Galla an deinem Hals. [23–24] Postumus aber wird durch seine bewundernswerte Gemahlin ein zweiter Odysseus sein. Jenem schadeten zwar nicht die so vielen langen Verzögerungen des Wiedersehens, [25–26] der Kriegsdienst von zehn Jahren, der Kikonen Berg Ismara, Kalpe, und dass bald darauf ausgebrannt wurde deine Augenhöhle, Polyphem, [27–28] Kirkes Listen, der Lotos und die Hexenkräuter von bannender Zauberkraft, der Sund, zu dem Skylla und Charybdis sich spalteten im Wechsel der Strömungen, [29–30] dass Lampatiës Farren brüllten an der Ithaker Spießen – geweidet hatte sie für Phoibos seine Tochter Lampatië –, [31–32] dass er dem Schlafgemach der weinenden Geliebten von Aiaiai entfloh und so viele Nächte und so viele Tage bei stürmischem Wetter schwamm, [33–34] dass er die finsteren Behausungen der schweigenden Seelen betrat, dass er sich mit tauben Ruderern näherte den Seebuchten der Sirenen, [35–36] dass er den alten Bogen erneuerte zum Tod der Freier und so seiner Irrfahrt setzte ein Ende – [37–38] und nicht vergebens, weil züchtig zu Hause ausgeharrt hatte seine Gemahlin. Doch übertrifft Aelia Galla Penelopes Treue. 13 [1–2] Ihr fragt, woher es kommt, dass die Nacht so kostspielig ist mit habgierigen Mädchen und vom Liebesleben ausgeschöpfte Geldquellen Verluste zu beklagen haben. [3–4] Klar ersichtlich und mit Händen zu greifen ist der Grund für so große Pleiten: Der Verschwendungssucht wurde zu freie Bahn geebnet. [5–6] Die indische Ameise fördert Gold aus Bergwerkshöhlen zutage, vom Roten Meer kommt die Perlmuschel der Venus vom Berg Eryx, [7–8] Tyros, die Stadt des Kadmos, liefert die Purpurschneckenfarben und den wohlriechend würzigen Zimt der arabische Wanderhirt. [9–10] Diese Waffen erobern selbst züchtige Hausfrauen; ohne Ausnahme zerreiben sie alle deine Unnahbarkeit, Tochter des Ikarios.
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[11–12] matrona incedit census induta nepotum et spolia opprobrii nostra per ora trahit. [13–14] nulla est poscendi, nulla est reverentia dandi, aut si qua est, pretio tollitur ipsa mora. [15–16] felix Eois lex funeris una maritis, quos Aurora suis rubra colorat equis! [17–18] namque ubi mortifero iacta est fax ultima lecto, uxorum fusis stat pia turba comis, [19–20] et certamen habent leti, quae viva sequatur coniugium: pudor est non licuisse mori. [21–22] ardent victrices et flammae pectora praebent, imponuntque suis ora perusta viris. [23–24] hoc genus infidum nuptarum, hic nulla puella nec fida Euadne nec pia Penelope. [25–26] felix agrestum quondam pacata iuventus, divitiae quorum messis et arbor erant! [27–28] illis munus erant decussa Cydonia ramo, et dare puniceis plena canistra rubis, [29–30] nunc violas tondere manu, nunc mixta referre lilia virgineos lucida per calathos, [31–32] et portare suis vestitas frondibus uvas aut variam plumae vitricoloris avem. [33–34] his tum blanditiis furtiva per antra puellae oscula silvicolis empta dedere viris. [35–36] atque hinuli pellis totos operibat amantes, altaque nativo creverat herba toro, [37–38] pinus et incumbens lentas circumdabat umbras, nec fuerat nudas poena videre deas. [39–40] corniger atque dei vacuam Pastoris in aulam dux aries saturas ipse reduxit oves; [41–42] dique deaeque omnes, quibus est tutela per agros, praebebant vestris verba benigna focis:
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11 motrona F, in marg. corr. F4 Ƈ inducta F, corr. F4 12 hora F, s. l. corr. F4 23 hoc W hic s. l. F4 Ƈ hic nulla N, V2, Vo in nupta vel innupta L, Pras, D, V nupta F, P2 24 ipsa pro pia F 26 quorum N, F4 quarum F, L, P, D 27 munus erant N, V, in lac. om. F munus erat F4mg, P, Voras munus L, D pompa fuit F3mg Ƈ discussa N 30 virgineos W vimineos Fruter, Palmier 31 uetustas F, in marg. corr. F4 32 iricoloris Bonazzi vitricoloris Ellis uersicoloris s. l. F4, P, D, V uiricoloris N, F, L, V2 uaricoloris V2mg, Vo 33 cum L, P, D, V Ƈ rara pro antra N 34 siluiculis F, s. l. corr. F4 35 atque hinuli N, F4mg, D hinulei Scaliger atque humili F, L atque humilis P Ƈ totos W tutos Sterke, Hoeufft stratos Baehrens 37 letas F, s. l. corr. F4 39 atque dei W idaei c, Volsco Arcadii Hertzberg, Garrod 41 dii pro dique Vo 42 uestris … focis W vestri … foci Barber
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[11–12] Ältere Damen schreiten einher, die sich mit Erbstücken ihrer Jüngelchen behängt haben, und schleppen die Beute ihrer Schändlichkeit an unseren Gesichtern vorbei. [13–14] Keine Scheu besteht, Liebesnächte zu fordern, keine besteht, sie zu gewähren, oder wenn irgendeine besteht, wird über den Preis ausgeräumt selbst das Zögern. [15–16] Segensreich ist ein einmaliges Bestattungsgesetz für morgenländische Ehemänner, die Aurora bräunt, wenn glutrot sie aufsteigt mit ihren Rossen; [17–18] denn sobald die letzte Fackel auf das Totenbett wurde geworfen, steht der Gattinnen anhängliche Schar mit aufgelösten Haaren am Start, [19–20] und tragen sie den Todeswettkampf aus, wer bei lebendigem Leib ins Grab folgt dem Gatten. Grund zur Scham ist, nicht sterben gedurft zu haben. [21–22] Es brennen vor Ehrgeiz die Siegerinnen, bieten den Flammen ihre Brüste dar und drücken ihre versengten Lippen auf ihren Ehemann. [23–24] Das hier aber ist ein treuloses Geschlecht verheirateter Frauen. Hier findet sich kein Mädchen vom Schlage der treuen Euadne oder der anhänglichen Penelope. [25–26] Glücklich in Frieden lebte einst die Jugend einer ländlichen Bevölkerung, deren Reichtum das Getreide ihrer Felder und Obst ihrer Bäume ausmachte. [27–28] Ihnen dienten als Geschenk vom Ast heruntergeschüttelte Quitten und Obstkörbe zu übergeben voll purpurner Brombeeren, [29–30] bald Veilchen eigenhändig abzuschneiden, bald mit ihnen vermischt Lilien rückzuerstatten, die durch Jungfrauenkörbchen hindurchschimmern, [31–32] und mit eigenem Laub bekleidete Weintrauben mitzubringen oder einen buntschillernden Vogel mit wie der Regenbogenkristall funkelndem Gefieder. [33–34] Mit diesen Aufmerksamkeiten erkaufte Küsse gaben die Mädchen damals verstohlen von Grotte zu Grotte den in Wäldern hausenden Männern. [35–36] Ja, eines Rehkitzes Fell deckte ganz die Liebenden zu, und hochgewachsen war das Gras zu einem natürlichen Bettpolster, [37–38] eine sich über sie beugende Fichte spendete ringsum langsam wandernde Schatten, und es hatte keine Strafe nach sich gezogen, Göttinnen nackt zu sehen. [39–40] Ja, der Hörner tragende Leithammel führte sogar in den menschenleeren Hofraum des Gottes ›Hirte‹ von sich aus, hatten sie sich sattgefressen, die Schafe zurück, [41–42] und alle die Götter und Göttinnen, denen die Obhut obliegt quer durch die Fluren, liehen eurem Haus und Herd die freundlichen Worte:
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[43–44] ‘et leporem, quicumque venis, venaberis, hospes, et si forte meo tramite quaeris avem; [45–46] et me Pana tibi comitem de rupe vocato, sive petes calamo praemia, sive cane.’ [47–48] at nunc desertis cessant sacraria lucis: aurum omnes victa iam pietate colunt. [49–50] auro pulsa fides, auro venalia iura, aurum lex sequitur, mox sine lege pudor. [51–52] torrida sacrilegum testantur limina Brennum, dum petit intonsi Pythia regna dei; [53–54] at mox laurigero concussus vertice diras Gallica Parnasus sparsit in arma nives. [55–56] te scelus accepto Thracis Polymestoris auro nutrit in hospitio non, Polydore, pio. [57–58] tu quoque ut auratos gereres, Eriphyla, lacertos, delapsis nusquam est Amphiaraus equis. [59–60] proloquar (atque utinam patriae sim verus haruspex!): frangitur ipsa suis Roma superba bonis. [61–62] certa loquor, sed nulla fides; neque enim Ilia quondam verax Pergameis maenas habenda malis. [63–64] sola Parim Phrygiae fatum componere, sola fallacem patriae serpere dixit equum. [65–66] ille furor patriae fuit utilis, ille parenti: experta est veros irrita lingua deos.
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XIV [1–2] Multa tuae, Sparte, miramur iura palaestrae, sed mage virginei tot bona gymnasii, [3–4] quod non infames exercet corpore ludos inter luctantes nuda puella viros,
43 et N, F4, V2, Vo ut F, L, P, D, V Ƈ ueneberis F4 ueneraberis F, L, P2, D, V uenerabilis Pras 45 penna F 47 at N, F4, P, V, Vo et F, L, D 50 mox W mos s. l. F3, D 51 limina N, F4mg, V2, Vo lumina F, L, P, D, V 53 mox F, L, P, D, V mons N, s. l. F4, V2, Vo Ƈ laurigero D, V aurigero N, F, L, P, V2, Vo Ƈ diras N, F4, V2, Vo duras F, L, P, D, V 54 parnassus V2 parnasis L, P parnassi D pernasi F 55 te c, Pucci et W Ƈ polinestoris F 56 pio N, F4mg, Vo tuo F, L, P, D, V 58 delapsis cod. Mediol. bibl. Ambros. I 67 sup., Baehrens dilapsis N, F, V2, Vo dil(l)apsus L, P, D, V Ƈ nusquam N, F2mg, V2, Vo numquam F, L, P, D nunc V Ƈ ab equis L 59 uanus V2mg falsus F2mg 60 sitis pro suis N 63 parum F, s. l. corr, F4 Ƈ factum V2mg, Vo 66 uerax F XIV 1 mirantur F 3 quot P Ƈ ludos Avancius, Daurat laudes W
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[43–44] »Einen Hasen wirst, einerlei, wer du bist, der da kommt, du erjagen, Gastfreund, genauso wie, wenn du zufällig auf meinem Gebirgspass danach Ausschau hältst, einen Vogel, [45–46] und mich Pan rufe an, zu dir als Jagdgeselle vom Felsen herunterzukommen, ganz gleich, ob auf Beute du ausgehst mit dem Rohrpfeil oder dem Hund.« [47–48] Doch jetzt liegen brach die Kapellen in verlassenen Lichtungen. Das Gold beten nun, da besiegt bereits ist die Frömmigkeit, alle nur an. [49–50] Durch das Gold verscheucht ist die Treue, durch das Gold käuflich das Recht. Dem Gold gehorcht das Gesetz, bald darauf ohne den Halt des Gesetzes der Anstand. [51–52] Verkohlte Schwellen zeugen davon, dass Brennus den Tempel entweihte, als er angriff das pythische Reich des ungeschorenen Gottes. [53–54] Doch versprühte alsbald, vom Beben seines lorbeerbedeckten Gipfels erschüttert, der Parnass fürchterliche Schneegestöber auf die gallischen Krieger. [55–56] Dich bewirtete, zu seinem Verbrechen von willkommen geheißenem Gold verleitet, der Thraker Polymestor in nicht gottesfürchtiger Gastfreundschaft, Polydor. [57–58] Dafür, dass auch du, Eriphyla, mit Schmuck vergoldet tragen konntest die Arme, ist Amphiaraos mit seinen Pferden abgestürzt und vom Erdboden verschwunden. [59–60] Offen aussprechen will ich es – und wie sehr wünschte ich, meinem Vaterland als berufener Zeichendeuter zu gelten: Das Rückgrat gebrochen wird dem stolzen Rom gerade von seinem eigenen Wohlstand. [61–62] Sichere Erkenntnisse verkünde ich, doch finden sie keinen Glauben. Nicht einmal der Mänade von Ilion war es ja einst beschieden, als hellseherisch angesehen zu werden in den Nöten der Belagerung seiner Feste Pergamos: [63–64] Nur sie sagte, dass Paris Phrygiens Verhängnis zusammenbraue, nur sie, dass heimtückisch in ihre Vaterstadt sich einschleiche das Pferd. [65–66] Jener wahrsagerische Rausch ihrer Verzückung, er wäre ihrer Vaterstadt, er wäre ihrem Vater von Nutzen gewesen: Durch Bewährungsproben erwies ihre vergeblich warnende Zunge, dass die Wahrheit lieben die Götter. 14 [1–2] Viele Regeln deiner Ringsportschule, Sparta, bewundert unsereiner, aber mehr noch die so vielen Vorzüge der Freikörperleibeserziehung deiner weiblichen Jugend, [3–4] dass ein Mädchen, ohne davon in Verruf zu geraten, nackt Sport treibt inmitten von Ringkämpfern,
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[5–6] cum pila veloces fallit per bracchia iactus, increpat et versi clavis adunca trochi, [7–8] pulverulentaque ad extremas stat femina metas, et patitur duro vulnera pancratio, [9–10] nunc ligat ad caestum gaudentia bracchia loris, missile nunc disci pondus in orbe rotat, [11–12] gyrum pulsat equis, niveum latus ense revincit, virgineumque cavo protegit aere caput, [13–14] qualis Amazonidum nudatis bellica mammis Thermodontiacis turba lavatur aquis, [15–16] et, modo Taygeti crines aspersa pruina, sectatur patrios per iuga longa canes, [17–18] qualis et Eurotae Pollux et Castor harenis, hic victor pugnis, ille futurus equis, [19–20] inter quos Helene nudis capere arma papillis fertur nec fratres erubuisse deos. [21–22] lex igitur Spartana vetat secedere amantes, et licet in triviis ad latus esse suae, [23–24] nec timor aut ulla est clausae tutela puellae, nec gravis austeri poena cavenda viri. [25–26] nullo praemisso de rebus tute loquaris ipse tuis: longae nulla repulsa morae. [27–28] nec Tyriae vestes errantia lumina fallunt, est neque adoratae cura molesta domi. [29–30] at nostra ingenti vadit circumdata turba, nec digitum angusta est inseruisse via. [31–32] nec quae sint facies nec quae sint verba rogandi, invenias: caecum versat amator iter. [33–34] quod si iura fores pugnasque imitata Laconum, carior hoc esses tu mihi, Roma, bono.
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6 uera F, s. l. corr. F4 9 legat F, s. l. corr. F2 Ƈ accestum F, s. l. corr. F2 11 reuicit N 14 thermodoontiacis N termodontiacis F4, V2 termodont(h)eis F, L, P Ƈ lauatur N, F, P, V2, Vo lauantur L, D, V 15 tageti F, L, P 17 harenis c habenis N, F4mg, V2, Vo athenis F, L, P, D, V 18 quis N, s. l. corr. N2 19 capere arma N, F4mg, Vo armata P, D, V est armata F arma L Ƈ papillis N, s. l. F2, Vo capillis F, L, P, D, V 23 non F, L, P Ƈ ad pro aut L 27 non F, L, P, D, V 28 adoratae N odoratae L, P, D oderate F Ƈ domi W comae Canter, Heins 29 ingenii N 30 uia N, F4, P, V2, Vo tria L tua D, V iua F 31 sit … sint P, V2 Ƈ roganda F4 32 tecum pro caecum L 33 feres N Ƈ mutata F, L, corr. F4 inimica Vo Ƈ latonum L leonum N
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[5–6] wenn der Ball den Unterarmen entwischt durch schnelle Würfe, mit Schellen rasselt der hakennasige Treibstock des sich drehenden Spielreifs, [7–8] staubbedeckt an ihrer letzten Wendemarke anhält die Spartanerin, Verletzungen sie in Kauf nimmt vom harten Freistilringen, [9–10] bald zum Faustkampf schnürt ihre – sich über Riemen freuenden! – Unterarme, zum Wurf bald das schwere Gewicht des Diskus im Kreis schwingt, [11–12] Achten stampft mit Pferden, ihre schneeweiße Hüfte mit einem Schwert umgürtet, das jungfräuliche Haupt schützt mit zum Helm gewölbter Bronze, [13–14] mit entblößten Brüsten sich wäscht wie der Amazonen kriegerische Schar in des Thermodons Gewässern [15–16] und, die Haare eben noch überstreut von des Taygetos Schnee, herläuft über lange Gebirgszüge hinter Hunden der heimischen Rasse, [17–18] wie bei Pollux sowohl als auch Kastor die Haare es waren von des Eurotas Flusssand, der erstere mit seinen Fäusten, der letztere mit seinen Pferden der sichere Sieger, [19–20] während in deren Mitte Helena, wird erzählt, Waffen in die Hand nahm mit nackten Brüsten, ohne aus Scham vor ihren Brüdern – Göttern! – errötet zu sein. [21–22] Die spartanische Verfassung verbietet also den Liebenden, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, und gestattet ihnen, auf Straßenplätzen an der Seite ihrer Gefährtin zu finden zu sein. [23–24] Weder gibt es die Einschüchterung von Verehrern oder irgendeine Obhut, die ein Mädchen ins Haus einschlösse, noch die harte Strafe des strengen Ehemanns, vor der es sich in Acht nehmen müsste. [25–26] Ohne einen Mittelsmann vorausgeschickt zu haben, kannst du über deine eigenen Angelegenheiten selbst sprechen: Lang zögert keine Zurückweisung sich hinaus. [27–28] Weder blenden Gewänder aus Tyros auf Abwege geratende Augen, noch gibt es im Hause der Angebeteten die lästige Sorge um ihre Tugend. [29–30] Doch unsre junge Römerin geht von einem so riesigen Menschenschwarm umringt aus, dass es nicht einmal möglich ist, einen Finger in das dichte Gewühl hineinzustecken, wenn eng ist die Straße. [31–32] Weder mit welchem Mienenspiel noch mit welchen Worten sie gebeten sein will, kannst du herausfinden: Im Dunkeln tappt der Liebhaber. [33–34] Wenn aber die Kampfsportregeln der Lakonier du zum Vorbild dir nähmest, wärest lieber du mir, Rom, aus diesem guten Grund.
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XV [1–2] Sic ego non ullos iam norim in amore tumultus nec veniat sine te nox vigilanda mihi: [3–4] ut mihi praetexti pudor est elatus amictus et data libertas noscere amoris iter, [5–6] illa rudes animos per noctes conscia primas imbuit, heu nullis capta Lycinna datis! [7–8] tertius (haud multo minus est) cum ducitur annus, vix memini nobis verba coisse decem. [9–10] cuncta tuus sepelivit amor, nec femina post te ulla dedit collo dulcia vincla meo. [11–12] testis erit Dirce tam vero crimine saeva, Nycteos Antiopen accubuisse Lyco. [13–14] ah quotiens pulchros ussit regina capillos molliaque immites fixit in ora manus! [15–16] ah quotiens famulam pensis oneravit iniquis et caput in dura ponere iussit humo! [17–18] saepe illam immundis passa est habitare tenebris, vilem ieiunae saepe negavit aquam. [19–20] Iuppiter, Antiopae nusquam succurris habenti tot mala? corrumpit dura catena manus. [21–22] si deus es, tibi turpe tuam servire puellam: invocet Antiope quem nisi vincta Iovem? [23–24] sola tamen, quaecumque aderant in corpore vires, regales manicas rupit utraque manu. [25–26] inde Cithaeronis timido pede currit in arces. nox erat, et sparso triste cubile gelu. [27–28] saepe vaga Asopi sonitu permota fluentis credebat dominae pone venire pedes. [29–30] et durum Zethum et lacrimis Amphiona mollem experta est stabulis mater abacta suis.
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XV 1 hic errore rubricatoris N, in marg. corr. N Ƈ ullos N, V2, Vo nullos F, L, P, D, V Ƈ iam om. Vo 3 pr(a)etexta F, L, P, D Ƈ elatus Guyet, Hertzberg uelatus W relevatus Fontein sublatus c, Palmer, Baehrens Ƈ amictus L, P, D, V amictu c, Guyet, Gwynn amicus N, F, V2, Vo 4 dare F, s. l. corr. F4 7 haut V2 aut N, Vo Ƈ ducit F, in marg. corr. F4 dicitur Vo 11 dirce N, s. l. F4, L, P, D dure F, V2mg Ƈ uero W vano Franz sero Phillimore 1901 12 nictios F, s. l. corr. F4 Ƈ loco F, s. l. corr. F4 licho P 13 ussit W vulsit Titi, Heins 14 inmites V immites D inmittens N, L, P, Vo immitens F4 immictens F 15 impensis F, L, D, V, corr. V2 20 tua pro mala L Ƈ dira F 21 est N, F, L, D Ƈ seruare V2 22 inuocet N, F4mg, L, P, D innocet F imictet F2 Ƈ uicta N, F, L, D 25 cytheronis N, V2 citeronis s. l. F4, D ciceronis F, L 27 uago D Ƈ asopi D, V (a)esopi N, F, L, P, V2, Vo 28 pene D, V 29 cethim F 30 stabulis c tabulis W
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15 [1–2] So wahr ich in der Liebe keinerlei Getöse mehr möchte erleben und mir keine Nacht möge widerfahren, die ohne dich durchwachen ich müsste, schwöre ich dir: [3–4] Sowie ich die Schamhaftigkeit zu Grabe trug mit dem purpurverbrämten Knabengewand und die Freiheit erlangte, kennenzulernen der Liebe Lauf, [5–6] da hat sie mich unerfahrenen Neuling, durch die ersten Nächte Mitwisserin von Bettgeheimnissen, in die Anfangsgründe der Liebe eingeweiht, ach die gute, von keinerlei Geschenken eroberte Lykinna! [7–8] Nun, da das dritte Jahr – viel weniger ist es nicht – ins Land geht, kann kaum zehn Worte mit ihr gewechselt zu haben ich mich entsinnen. [9–10] Alles beerdigte meine Liebe zu dir, und keine Frau, die nach dir gekommen wäre, legte wohlige Fesseln um meinen Hals. [11–12] Bezeugen wird es Dirke, die aus dem wahrhaften Klagegrund so grausame, dass Antiope, die Tochter des Nykteus, geschlafen habe mit Lykos. [13–14] Ach, wie oft versengte die Königin ihr die schönen Haare und krallte sie ihr gnadenlos in das zarte Antlitz die Hände! [15–16] Ach, wie viele Male überlastete sie ihre Magd mit unbillig bemessenen Tagesarbeiten und befahl sie ihr, das Haupt zum Schlaf zu legen auf hartem Boden! [17–18] Oft ließ sie in schmutziger Finsternis sie hausen, versagte auf nüchternen Magen ihr oft das wohlfeile Wasser. [19–20] Zeus, eilst du Antiope nirgends zu Hilfe, wo sie doch leidet so viele Qualen? Wund scheuert die harte Kette ihre Hände! [21–22] Wenn du ein Gott bist, ist’s für dich eine Schande, dass als Magd dient deine Geliebte. Sollte Antiope, in Ketten gelegt, etwa jemand anderen anrufen als Zeus? [23–24] Auf sich gestellt, nahm gleichwohl sie all die Körperkräfte zusammen, die zu Gebote ihr standen, und sprengte der Königin Handschellen mit beiden Händen. [25–26] Von dort eilte sie mit schlotternden Knien hinauf zu des Kithairons Zinnen. Nacht war’s und trostlos das Lager auf dem verharschten Schnee. [27–28] Oft begann sie auf ihren Streifzügen, von des vorbeifließenden Asopos Tosen erschreckt, zu glauben, ihre Herrin käme hinter ihr hergelaufen. [29–30] Sowohl einen hartherzigen Zethos als auch einen von Tränen erweichbaren Amphion hat sie erlebt, als sie, ihre Mutter, verjagt wurde vom eigenen Gehöft.
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[31–32] ac veluti, magnos cum ponunt aequora motus, Eurus ubi adversus desinit ire Noto, [33–34] litore sic tacito sonitus rarescit harenae, sic cadit inflexo lapsa puella genu. [35–36] sera, tamen pietas: natis est cognitus error. digne Iovis natos qui tueare senex, [37–38] tu reddis pueris matrem; puerique trahendam vinxerunt Dircen sub trucis ora bovis. [39–40] Antiope, cognosce Iovem: tibi gloria Dirce ducitur in multis mortem habitura locis. [41–42] prata cruentantur Zethi, victorque canebat paeana Amphion rupe, Aracynthe, tua. [43–44] at tu non meritam parcas vexare Lycinnam: nescit vestra ruens ira referre pedem. [45–46] fabula nulla tuas de nobis concitet aures; te solam et lignis funeris ustus amem.
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XVI [1–2] Nox media, et dominae mihi venit epistula nostrae: Tibure me missa iussit adesse mora, [3–4] candida qua geminas ostendunt culmina turres et cadit in patulos nympha Aniena lacus. [5–6] quid faciam? obductis committam mene tenebris ut timeam audaces in mea membra manus? [7–8] at si distulero haec nostro mandata timore, nocturno fletus saevior hoste mihi. [9–10] peccaram semel, et totum sum pulsus in annum: in me mansuetas non habet illa manus. [11–12] nec tamen est quisquam, sacros qui laedat amantes: Scironis media sic licet ire via.
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31 at pro ac F, L 32 ubi Lachmann et Keil, Palmer 1883 sub N in F, L, P, D Ƈ adversus Postgate aduersos F, L, P, D aduerso N Ƈ noto Lachmann, Jacob notho N not(h)os F, L, P, D 33 sic W si c, Scaliger, Hertzberg tum Liberman sub Lievens, Keil 34 sic N, V2, Vo si F, L, P, D, V 35 uatis F, V2mg naris Vo Ƈ ordo pro error D, V2mg 37 puerisque s. l. F4 38 uixerunt N vincerunt F Ƈ dircen N, F4, L, P, Vo dircem D, V duren F 40 habitura W obitura Heins 41 prata c parta N, F, L, P, D, V parca Vo Ƈ laeti Vo 43 lycinnam F4mg, L, P, D, om. N lyennam F 44 ire N 45 concitet N, F3, V2, Vo conscitet F, L, P conciet D, V XVI 2 tibure F2, P2, D ti(y)buri N, F, L, P Ƈ missa N, L, P2, D nulla F, P 4 et om. D Ƈ cadit N, V2, Vo cadet F, L, P, V cadent D Ƈ nympha W lympha s. l. F4 7 si om. F, s. l. add. F4 Ƈ distulero haec N haec distulero F, L, P2, D hoc P 9 portus N 10 ulla Dcorr 11 l(a)edat N, s. l. F4, V2, Vo l(a)edit F, L, P, D, V 12 sic licet cod. Lond. Brit. Mus. Burn. 242, Pucci si licet F, L, P, D, V scilicet N, V2, Vo his licet Heins
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[31–32] Und wie, wenn die Meere ihre großen Wellenbewegungen in dem Augenblick einstellen, wo der Ost dem Süd entgegenzutreten aufhört, [33–34] am dann stillen Gestade abflaut das Rauschen des Sandstrands, so sank die zarte Frau sacht zu Boden mit vor Erschöpfung eingeknickten Knien. [35–36] Spät zwar, kommt aber doch noch die Kindesliebe zu ihrem Recht: Den Söhnen wurde klargemacht ihr Irrtum. Söhne eines Zeus zu behüten würdiger Greis, [37–38] du gibst den Knaben ihre Mutter zurück, und die Knaben, sie banden Dirke mit der Bestimmung, sie fortzuschleifen, unter das Maul eines wilden Stiers. [39–40] Antiope, erkenne dahinter Zeus: Dir zum Ruhm wird Dirke abgeführt, um an vielen Orten den Tod zu erleiden. [41–42] Die Wiesen des Zethos färben sich blutrot, und als Sieger stimmte Amphion einen Päan auf deinem Fels, Arakynthos, an. [43–44] Doch verzichte bitte darauf, ohne dass sie es verdient hätte, Lykinna zu quälen. Reißt euch Frauen der Jähzorn fort, kennen kein Zurück seine Füße. [45–46] Geschwätz rege keines, das über mich umläuft, deine Ohren auf! Dich allein könnte ich, wäre ich auch von den Holzscheiten der Bestattung verbrannt, noch immer lieben. 16 [1–2] Mitternacht war’s, und es traf ein bei mir ein Brief meiner Herrin: In Tibur befahl er mir mich einzufinden ohne Verzug, [3–4] wo weiß schimmernde Bergkuppen Zwillingstürme vorzeigen und die Aniofälle hinabstürzen in weite Becken. [5–6] Was soll ich tun? Soll der Finsternis, die Himmel und Erde überzogen hat, ich mich überlassen, um befürchten zu müssen, dass dreiste Banditen an mir sich vergreifen? [7–8] Doch wenn ich hintanstelle diese Weisungen aus Angst um mich, wird dein Tränenstrom schrecklicher als ein nächtlicher Feind für mich sein. [9–10] Versündigt hatte ich mich einmal an dir und wurde verstoßen auf ein ganzes Jahr. Mit mir geht nicht zahm ihre Hand um. [11–12] Es besteht allerdings nicht die Gefahr, dass jemand behelligte die gottgeweihten Liebenden. Mitten auf Skirons Straße können daher sie gehen.
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[13–14] quisquis amator erit, Scythicis licet ambulet oris, nemo adeo ut feriat barbarus esse volet. [15–16] luna ministrat iter, demonstrant astra salebras, ipse Amor accensas percutit ante faces, [17–18] saeva canum rabies morsus avertit hiantes: huic generi quovis tempore tuta via est. [19–20] sanguine tam parvo quis enim spargatur amantis improbus? exclusis fit comes ipsa Venus. [21–22] quod si certa meos sequerentur funera casus, talis mors pretio vel sit emenda mihi. [23–24] afferet haec unguenta mihi sertisque sepulcrum ornabit custos ad mea busta sedens. [25–26] di faciant, mea ne terra locet ossa frequenti qua facit assiduo tramite vulgus iter! [27–28] post mortem tumuli sic infamantur amantum. me tegat arborea devia terra coma, [29–30] aut humer ignotae cumulis vallatus harenae: non iuvat in media nomen habere via.
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XVII [1–2] Nunc, o Bacche, tuis humiles advolvimur aris: da mihi pacato vela secunda, pater! [3–4] tu potes insanae Veneris compescere fastus, curarumque tuo fit medicina mero. [5–6] per te iunguntur, per te solvuntur amantes: tu vitium ex animo dilue, Bacche, meo! [7–8] te quoque enim non esse rudem testatur in astris lyncibus ad caelum vecta Ariagna tuis. [9–10] hoc mihi, quod veteres custodit in ossibus ignes, funera sanabunt aut tua vina malum.
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13 erit om. F, L, in marg. suppl. F4 Ƈ siticis F, L Scythiae CIL IV 1950 Ƈ ambulet P, V, Vo, CIL IV 1950 ambulat N, F, L, D Ƈ horis N 14 adeo CIL IV 1950, c deo W Ƈ feriat CIL IV 1950 noceat W 15 demonstrat D 16 percutit W praecutit Guyet, Heins 17 auertat D, V advertit F 18 haud pro huic L Ƈ quamuis F, in marg. corr. F4 20 improbis F, s. l. corr. F4 Ƈ exclusis fit W et cuius sit Palmer 1888 ecce suis it Fisher 21 casus W cursus Markland, Housman 22 talis W tali V2mg Ƈ fit F 23 haec c, Guyet, Lachmann huc W Ƈ ungenta F2 ingenta F, L 25 di edd. dii W Ƈ ne D, V nec N, F, L, P, V2, Vo non Pras 27 amantum N, s. l. F4, P2, D amantes F, L, P 29 humer ignotae Vo ignotae humer V2 humeri ignotae N humet ignotae P2 humor ignot(a)e F, L, P ignotae humor D, V Ƈ cumulis N, P2, D tumulis L, P cumulus F, V tumulus V2, Vo 30 non N, s. l. F4, P2, V2, Vo me F, L, P, D, V XVII 2 pacato W bacchato V2mg pacatus Daurat, Guyet placatus Postgate 4 fit N, F2, P, Vo sit F, L, D, V 8 Ariagna Flach adriagna N ariadna D, V adriana F, L, P, Vo 10 ut F
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[13–14] Ganz gleich, wer der Liebhaber ist, es wird, mag er auch an Skythiens Küsten umherlaufen, niemand so barbarisch sein wollen, auf ihn mit Pfeilen zu schießen. [15–16] Der Mond leiht seinen Lichtschein dem Weg, es weisen die Sterne auf holprige Stellen hin, persönlich zündet Amor die Fackeln an und schwenkt sie allen voran, [17–18] die schreckliche Meute tollwütiger Hunde wendet ab ihre weit aufgerissenen Mäuler: Für Menschen unseres Schlags ist zu jeder Zeit sicher der Weg. [19–20] Welcher Unhold könnte sich nämlich mit dem so spärlichen Blut eines Liebenden bespritzen? Abgewiesenen wird zur Wegbegleiterin selbst eine Venus. [21–22] Wenn aber die Gefahren, in die ich mich stürze, den sicheren Untergang nach sich zögen, würde ich einen solchen Tod selbst für teuer Geld kaufen. [23–24] Spenden wird sie mir wohlriechende Öle und mit Girlanden schmücken mein Grab, sitzt als Wächterin sie an der Stätte meiner Einäscherung. [25–26] Die Götter mögen verhüten, dass meine Gebeine sie beisetzt auf einem belebten Stück Erde, wo auf einem ständig bevölkerten Trampelpfad die breite Masse nimmt ihren Weg. [27–28] Nach dem Tod werden so entehrt die Grabhügel von Liebenden. Mich schirme ein abgelegenes Stück Erde mit eines Baumes Haarkleid ab [29–30] oder beerdige man umwallt von den Dünen eines wildfremden Sandstrands. Es macht keine Freude, seinen Namen mitten auf der Straße stehen zu haben. 17 [1–2] Jetzt, o Bakchos, kriecht unsereiner demütig zu deinen Altären. Gib mir zur Fahrt auf friedlicher See günstige Segel, Vater! [3–4] Du kannst bändigen die Hoffart der rasenden Venus, und dem Liebeskummer wird Abhilfe geschaffen mit deinem Wein als Arznei. [5–6] Durch dich werden geknüpft, durch dich gelöst die Bande der Liebenden. Spüle du das Leid aus meinem Herzen, Bakchos! [7–8] Dass auch du nämlich in der Liebe nicht unerfahren bist, bezeugt bei den Gestirnen Ariagna, die »hochheilige« Ariadne der Kreter; ist sie doch zum Himmel aufgefahren mit den Luchsen deines Gespanns. [9–10] Von dem Leiden, das die alten Liebesgluten in meinem Mark und Bein verwahrt, wird mich nur der Tod heilen – oder dein Wein.
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[11–12] semper enim vacuos nox sobria torquet amantes, spesque timorque animos versat utroque modo. [13–14] quod si, Bacche, tuis per fervida tempora donis accersitus erit somnus in ossa mea, [15–16] ipse seram vites pangamque ex ordine colles, quos carpant nullae me vigilante ferae. [17–18] dum modo purpureo spument mihi dolia musto et nova pressantes inquinet uva pedes, [19–20] quod superest vitae, per te et tua cornua vivam, virtutisque tuae, Bacche, poeta ferar. [21–22] dicam ego maternos Aetnaeo fulmine partus, Indica Nysaeis arma fugata choris, [23–24] vesanumque nova nequiquam in vite Lycurgum, Pentheos in triplices funera grata greges, [25–26] curvaque Tyrrhenos delphinum corpora nautas in vada pampinea desiluisse rate, [27–28] et tibi per mediam bene olentia flumina Naxon, unde tuum potant Naxia turba merum. [29–30] candida laxatis onerato colla corymbis cinget Bassaricas Lydia mitra comas, [31–32] levis odorato cervix manabit olivo, et feries nudos veste fluente pedes. [33–34] mollia Dircaeae pulsabunt tympana Thebae, capripedes calamo Panes hiante canent, [35–36] vertice turrigero iuxta dea magna Cybebe tundet ad Idaeos cymbala rauca choros, [37–38] ante fores templi crater antistitis auro libatum fundens in tua sacra merum. [39–40] haec ego non humili referam memoranda coturno, qualis Pindarico spiritus ore tonat. [41–42] tu modo servitio vacuum me siste superbo, atque hoc sollicitum vince sopore caput!
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12 animos c, Beroaldo, Heins animum V2 animo W 16 mille pro nullae F, L, P 17 spument c, Volsco, Beroaldo numen N, D numem P numine F numerem L 18 inquiet F Ƈ una F, V urna D 19 quo Vo Ƈ inte F 21 heterneo F Ƈ fulmine N, L2, V2, Vo flumine F, L, P, D, V 23 nequicquam L, D Ƈ ly(i)gurgum N, F, L 24 grata W rapta Scaliger, Passerat carpta Heins 27 uaron F, in marg. corr. F4 diam Pontano, Palmer 1880 28 naxia N, L, P, D uaxia F maxima in marg. F4 30 cinget V2, c, Beroaldo cingit W Ƈ bassaracas N, L 35 Cybebe Itali cybele F cibele N, L, P, V, Vo cibelle D 36 tundet Canter, Scaliger fundet W 37 foros L 38 libatum W libabit Foster 1911 Ƈ fundens W fundet Burman 41 om. F, in marg. suppl. F4
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[11–12] Immer nämlich foltert die nüchtern verbrachte Nacht, sind einsam sie und allein, die Liebenden, geben Hoffnung und Furcht ihren Stimmungen die Richtung auf beiderlei Weise. [13–14] Wenn aber, Bakchos, dank deiner Gaben durch glühende Schläfen eindringt der Schlaf in mein Mark und Bein, [15–16] will ich persönlich Reben pflanzen und in Reihe einklopfen auf Hügeln, nicht ohne zu überwachen, dass keine wildlebenden Tiere sie abfressen. [17–18] Solange nur mir schäumen die Fässer von purpurrotem Most und die frisch gelesene Traube besudelt die sie pressenden Füße, [19–20] will ich den Rest meines Lebens nur noch für dich und deine Hörner leben und als Dichter deiner Wirkkraft, Bakchos, in aller Munde sein. [21–22] Erzählen will ich, wie deine Mutter durch den Einschlag eines im Aetna geschmiedeten Blitzes dich gebar, Indiens Krieger in die Flucht geschlagen wurden von Nysas Heerscharen, [23–24] Lykurgos erfolglos wütete beim Anblick der für ihn neuen Weinrebe, Pentheus’ Leichnam eine willkommene Jagdbeute war für die dreifältigen Mainadenhorden, [25–26] tyrrhenische Seeleute als geschwungene Leiber von Delphinen ins Meer hinabsprangen vom weinlaubumrankten Schiff [27–28] und dir ein würzig duftender Strom fließt mitten durch Naxos, woraus die naxische Anhängerschar schlürft deinen Wein. [29–30] Das weiß schimmernde Genick überladen von lose herabhängenden Efeudolden, wird dir umschlingen ein lydisches Stirnband die bassareushaften Haare, [31–32] wird der glatte Nacken dir triefen von duftendem Olivenöl, und wirst du streifen mit deinem wallenden Gewand die nackten Füße. [33–34] Weich tönend wird schlagen die Handpauken das dirketreue Theben, bocksfüßige Pane werden auf ihrem zur Flöte eingekerbten Rohr spielen, [35–36] mit turmgekröntem Scheitel wird daneben die Große Göttin Kybele zu idaiischen Reigen die dröhnenden Zimbeln schlagen, [37–38] vor der Flügeltür deines Tempels ein Mischkessel stehen, der den mit der Goldkelle seines Vorstehers gekosteten Wein auf die für dich bestimmten Opfergaben gießt. [39–40] Diese denkwürdigen Szenen schildern will ich auf der Stilhöhe eines nicht niedrigen Kothurns mit der gleichen Begeisterung, wie sie aus Pindars Mund ertönt. [41–42] Du nur stelle frei mich von überheblicher Knechtung und betäube mit dem Mittel des Schlummers diesen meinen kummergeplagten Kopf!
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XVIII [1–2] Clausus ab umbroso qua ludit pontus Averno, fumida Baiarum stagna tepentis aquae, [3–4] qua iacet et Troiae tubicen Misenus harena et sonat Herculeo structa labore via, [5–6] hic, ubi, mortalis dexter cum quaereret urbes, cymbala Thebano concrepuere deo, [7–8] at nunc, invisae magno cum crimine Baiae: ‘quis deus in vestra constitit hostis aqua?’ – [9–10] his pressus, Stygias vultum demisit in undas, errat et in vestro spiritus ille lacu. [11–12] quid genus aut virtus aut optima profuit illi mater, et amplexum Caesaris esse focos, [13–14] aut modo tam pleno fluitantia vela theatro et per maternas omnia gesta manus? [15–16] occidit, et misero steterat vicesimus annus: tot bona tam parvo clausit in orbe dies. [17–18] i nunc, tolle animos et tecum finge triumphos, stantiaque in plausum tota theatra iuvent, [19–20] Attalicas supera vestes, atque omnia magnis gemmea sint ludis: ignibus ista dabis. [21–22] sed tamen hoc omnes, huc primus et ultimus ordo: est mala, sed cunctis ista terenda via est. [23–24] exoranda canis tria sunt latrantia colla, scandenda est torvi publica cumba senis. [25–26] ille licet ferro cautus se condat et aere, mors tamen inclusum protrahit inde caput. [27–28] Nirea non facies, non vis exemit Achillem, Croesum aut, Pactoli quas parit umor, opes. [29–30] hic olim ignaros luctus populavit Achivos, Atridae magno cum stetit alter amor. [31–32] at tibi, nauta, pias hominum qui traicis umbras, hac animae portent corpus inane tuae,
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XVIII 1 imbroso F, s. l. corr. F4 2 fumida Scaliger humida W 3 latet pro iacet L, P 5 mortales N, Vo Ƈ dextra L, P2ras, D, V 7 ac D, V Ƈ bacae N, s. l. corr. N bate F, s. l. corr. F4 8 nostra F, P 9 hi(i)s N, F, L, D, V hic Guyet bis P, V2, Vo Ƈ multum F, in marg. corr. F4 10 in nostro F, P inferno Housman 11 illa N, s. l. corr. N 13 fluctuancia F 15 vigesimus F, L, P, D 18 plausu V2 20 gemina Lras semina D, V Ƈ sint N, V2, Vo sunt F, L, P, D, V Ƈ nudis Vo Ƈ dabit F, s. l. corr. F4 21 hoc omnes W huc omnes F4, P2 22 teneda F, Dmg, s. l. corr. F4 24 torui F2mg, Vo torci F4 torti F, L, P, D, V troci N curui P2 Ƈ c(i)ymba F, L, V, Vo 27 nirea c nerea W Ƈ ius Vo 28 haud Vo Ƈ premit pro parit F, D2 29 hic W sic Heins, Havet 31 trahitis L traicit Paley 1853, Kraffert 1865 32 hac Guyet, Housman huc W hoc c Ƈ portent W portet c Ƈ tuae W suae Heins, Lachmann
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18 [1–2] Wo abgeschlossen vom schattigen Averner See tänzelt das Meer, ihr dampfenden Buchten mit Baiaes lauwarmem Wasser, [3–4] und wo ruht Troias Trompeter Misenos am Sandstrand und rauscht die von Herkules in mühsamer Arbeit gebaute Straße, [5–6] hier, wo, als in Menschengestalt zu ihrem Heil Städte er aufsuchte, Zimbeln erschallten zum Gruß dem thebanischen Gott, [7–8] jetzt aber, mit einer schweren Schuld einher verhasstes Baiae, ich dich frage: »Welcher Gott ließ als Landesfeind sich nieder in deinem Gewässer?« – [9–10] von diesem Baiae überwältigt, tauchte er das Antlitz hinab in des Styxes Wellen und irrt als Geist er umher in eurem See. [11–12] Was hat die Abkunft oder die Tüchtigkeit oder die allerbeste Mutter ihm genützt und was ihm genützt, dass er eingeheiratet hat in Caesars Haus [13–14] oder jüngst Sonnensegel flatterten in dem so vollbesetzten Theater und alles ausgerichtet wurde von seiner Mutter Hand? [15–16] Gestorben ist er, und dem Armen war noch dazu stehen geblieben sein zwanzigstes Lebensjahr. So viel Löbliches beendete in dem so kurzen Bogen seiner Laufbahn ein Tag. [17–18] Nur zu, erhebe stolz das Haupt, male dir Triumphe aus und schwelge darin, dass stehend Beifall dir klatschen ganze Theater, [19–20] übertriff eines Attalos golddurchwirkte Gewänder und lass an den Großen Spielen alles aus Edelstein sein – den Flammen wirst derlei du übergeben. [21–22] Doch sind hierzu freilich alle, hierzu der erste und der letzte Stand verurteilt. Er ist schlimm, aber samt und sonders müssen alle ablaufen diesen Weg. [23–34] Angefleht werden müssen des Höllenhundes drei bellenden Rachen, bestiegen werden muss der allen gemeinsame Nachen des finster blickenden Greises. [25–26] Mag auch der Mensch sich zur Vorsicht verbergen hinter Eisen und Bronze, der Tod zieht dennoch aus der Schutzkappe hervor den darin eingeschlossenen Kopf. [27–28] Nireus nahm nicht sein Aussehen, seine Körperkraft nicht Achilleus davon aus oder Kroisos der Reichtum, den verschafft des Paktolos goldhaltiges Wasser. [29–30] Dieser Grund zur Trauer entvölkerte einst die nichtsahnenden Achiver, als teuer ihnen zu stehen kam des Atreussprosses zweite Liebe. [31–32] Doch dir, Fährmann, der du übersetzt die seligen Schatten von Menschen, bringe man auf d e m Weg den deiner Seele, Marcellus, ledigen Körper,
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[33–34] qua Siculae victor telluris Claudius et qua Caesar ab humana cessit in astra via. XIX [1–2] Obicitur totiens a te mihi nostra libido: crede mihi, vobis imperat ista magis. [3–4] vos ubi contempti rupistis frena pudoris, nescitis captae mentis habere modum. [5–6] flamma per incensas citius sedetur aristas fluminaque ad fontis sint reditura caput [7–8] et placidum Syrtes portum et bona litora nautis praebeat hospitio saeva Malea suo, [9–10] quam possit vestros quisquam reprehendere cursus et rabidae stimulos frangere nequitiae. [11–12] testis, Cretaei fastus quae passa iuvenci induit abiegnae cornua falsa bovis; [13–14] testis Thessalico flagrans Salmonis Enipeo, quae voluit liquido tota subire deo. [15–16] crimen et illa fuit patria succensa senecta, arboris in frondes condita Myrrha novae. [17–18] nam quid Medeae referam, quo tempore matris iram natorum caede piavit amor? [19–20] quidve Clytaemestrae, propter quam tota Mycenis infamis stupro stat Pelopea domus? [21–22] tuque, o Minoa venumdata Scylla figura, tondens purpurea regna paterna coma: [23–24] hanc igitur dotem virgo desponderat hosti! Nise, tuas portas fraude reclusit amor. [25–26] at vos, innuptae, felicius urite taedas: pendet Cretaea tracta puella rate. [27–28] non tamen immerito Minos sedet arbiter Orci: victor erat quamvis, aequus in hoste fuit.
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XIX 2 nobis F, Vo, corr. F2 Ƈ illa D2, V, Vo 4 liber(a)e pro captae F, L, P 5 flama F 6 fontes L, P montes F 8 maleua Vo 10 rabidae cod. Flor. bibl. Laur. plut. 91 sup. 24 rapid(a)e W 12 abi(y)egn(a)e F, L, Pras, D abiegno V2ras, Vo aiegno N Ƈ bouis c boui W 13 salmonis N, F4 salomonis F, L, P, V2 salononis D, V Ƈ erapro F, s. l. corr. F4 16 nouem N 19 clitemestre Fcorr clymt(a)emnestrae N, L, P, D 20 infamis N, s. l. F2, D infantis F, L, P Ƈ sta N 22 tondens W tondes c, Dawes, Keil 1850 25 at N, P, D et F ut L 26 prendet V2, Vo
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[33–34] auf dem der über Siziliens Erde siegreiche Claudier und auf dem Caesar von der Menschen Erde entschwunden ist zu den Gestirnen. 19 [1–2] Zum Vorwurf wird so oft von dir mir gemacht die Sinnlichkeit von uns Männern: Glaube mir, euch Frauen beherrscht sie noch mehr. [3–4] Sobald ihr aus Geringschätzung habt gesprengt die zügelnden Fesseln der Scham, wisst ihr in eurer Besessenheit zu halten nicht Maß. [5–6] Eher legte sich die Feuersbrunst auf in Brand geratenen Ährenfeldern und kehrten Flüsse einmal zur Wasserkuppe ihrer Quelle zurück [7–8] oder böten einen friedlichen Hafen die Syrten und freundliche Gestade den Seeleuten das zu seinen Gästen grausame Kap Malea, [9–10] als dass irgendjemand euren Lauf anhalten und den Stachel liebestoller Hemmungslosigkeit knicken könnte. [11–12] Davon zeugt eine, die, als zu spüren sie bekam den Dünkel des kretischen Farrens, sich die falschen Hörner einer Tannenholzkuh aufsetzte, [13–14] davon zeugt die vor leidenschaftlicher Liebe zu dem thessalischen Enipeus glühende Tochter des Salmoneus, die sich ganz hat hingeben wollen dem Stromgott. [15–16] Für schuldbeladene Schande gestanden hat auch jene von ihres Vaters Greisenalter entflammte, als Blattwerk eines neuartigen Laubbaums getarnte Myrrha. [17–18] Denn wozu soll ich die einer Medeia aus der Zeit anführen, in der einer Mutter Zorn mit ihrer Kinder Blut gestillt hat ihre nach Rache dürstende Liebe, [19–20] oder wozu die einer Klytaimestra, wegen der in Mykene zur Gänze durch Unzucht in Verruf geriet des Pelops Haus? [21–22] Und was dich, Skylla, angeht, die du dich an Minos verkauftest seines Äußeren wegen, als du abschnittest deines Vaters Herrschaft mit seiner purpurnen Locke: [23–24] Dies war also die Mitgift, die sie, eine Jungfrau, hatte versprochen dem Feind! Nisos, deine Pforten hat mit List und Tücke entriegelt der Liebesgott Amor! [25–26] Doch lasst, ihr Unverheirateten, unter einem glücklicheren Stern abbrennen die Hochzeitsfackeln! Aufgeknüpft hängt, an seinem Heck durch das Meer geschleift, das Mädchen am kretischen Schiff. [27–28] Nicht jedoch unverdient sitzt Minos zu Gericht als Schiedsmann des Orkus. Obschon siegreich er war, ist gerecht beim Feind er gewesen.
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XX [1–2] Credis eum iam posse tuae meminisse figurae, vidisti a lecto quem dare vela tuo? [3–4] durus, qui lucro potuit mutare puellam! tantine, ut lacrimes, Africa tota fuit? [5–6] at tu, stulta, deos, tu fingis inania verba: forsitan ille alio pectus amore terat. [7–8] est tibi forma potens, sunt castae Palladis artes, splendidaque a docto fama refulget avo, [9–10] fortunata domus, modo sit tibi fidus amicus! fidus ero: in nostros curre, puella, toros! [11–12] tu quoque, qui aestivos spatiosius exigis ignes, Phoebe, moraturae contrahe lucis iter! [13–14] nox mihi prima venit. primae date tempora nocti! longius in primo, Luna, morare toro. [15–16] foedera sunt ponenda prius signandaque iura et scribenda mihi lex in amore novo. [17–18] haec Amor ipse suo constringit pignora signo: testis sidereae torta corona deae. [19–20] quam multae ante meis cedent sermonibus horae dulcia quam nobis concitet arma Venus! [21–22] namque ubi non certo vincitur foedere lectus, non habet ultores nox vigilanda deos, [23–24] et quibus imposuit, solvit mox vincla libido: contineant nobis omina prima fidem. [25–26] ergo, qui pactas in foedera ruperit aras pollueritque novo sacra marita toro, [27–28] illi sint quicumque solent in amore dolores, et caput argutae praebeat historiae, [29–30] nec flenti dominae patefiant nocte fenestrae: semper amet, fructu semper amoris egens.
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XX 1 eum N, F2, L, P, V, Vo enim F, D 4 tantine cod. Berol. Lat. fol. 500, Heins, Pucci tantisne N, V2 tantis ne Vo tantis F, L, P, D, V Ƈ ut lacrimes Heins, Markland in lacrimis W 6 pectuus N Ƈ terat N, F, P, V2, Vo terit s. l. F4, D, V creat L 7 ast N 11 spat(c)iosius N, V2 spatiosus F, L, P, D 13 date W da Palmer, Garrod data c 14 morate N, s. l. corr. N 17 constringit N, s. l. F4, V2mg, Vo constringet cod. Berol. Diez B 57, Beroaldo, Lievens constringat cod. Oxon. bibl. Bodl. Holkh. Add. B 55 (28995), Bonazzi confringit F, L, P, D, V Ƈ pignera N, F2mg, L pignita F 18 torta W tota cod. Vat. Barber. VIII 23, Passerat, Guyet 19 cedent s. l. F4, V2, Vo caedent N cedant F, L, P, D, V 20 conscitet L, P Ƈ alma F2, D 21 namque N, F3, P, D nam quod F, L Ƈ vincetur N 22 uigila N uigilata Palmer 23 mox c nox N, F, L, D modo P 24 omnia N, F, L, D 27 sint N, P2, D sunt F, L, P 30 agens F, corr. F3
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20 [1–2] Du glaubst, der könne sich noch an dein Aussehen erinnern, den du von deinem Bett aus hast absegeln sehen? [3–4] Gefühllos ist, wer es übers Herz brachte, gegen Handelsgewinn einzutauschen die Geliebte. Ist ihm der hohe Preis, dass du weinst, ganz Afrika wert gewesen? [5–6] Doch du, Törin, denkst als höhere Gewalt Götter, denkst leere Redereien zu seiner Entschuldigung dir aus. Vielleicht reibt er Brust an Brust mit einer anderen Liebe. [7–8] Du verfügst über ein wirkungsvolles Äußeres, verfügst über Künste der züchtigen Pallas Athene, und es strahlt ein blendender Ruf auf dich zurück von einem hochgebildeten Vorfahr. [9–10] Gesegnet ist dein Haus, hast du nur einen treuen Freund. Treu werde ich sein. Eile, Mädchen, in mein Polsterbett! [11–12] Du, der du den Feuerschein deiner Sommersglut zu weit ausdehnst, Phoibos, verkürze aber auch die Bahn deines so gerne verweilenden Sonnenlichts! [13–14] Meine erste Liebesnacht naht. Gewährt, Sonne und Mond, die nötige Zeit für die erste Liebesnacht! Länger verweile bitte, Luna, beim ersten Liebeslager! [15–16] Bündnisabmachungen gilt vorher es aufzusetzen und Rechtsvereinbarungen zu besiegeln, und einen Vertrag habe ich abzufassen bei einer neuen Liebe. [17–18] Diese Sicherheiten verzurrt Amor persönlich mit seinem Siegel. Zeugin ist die aus Weinlaub gewundene Brautkrone der Sternengöttin. [19–20] Wie viele Stunden werden weggehen für meine Einschmeichelungen, ehe Venus uns zu zärtlichen Liebeskämpfen anstachelt! [21–22] Denn wo nicht durch ein festes Bündnis in Fesseln gelegt ist das Bettleben, findet eine Nacht, die zu durchwachen es gilt, keine Rächer in den Göttern. [23–24] Und die, denen ein festes welche auferlegt hat, bindet bald von seinen Fesseln die Sinnenlust los. Halten sollen uns die Vorzeichen, unter denen die Anfänge stehen, ständig die Treue. [25–26] Wer also in Altäre gemeißelte Bündnisse bricht und mit einer neuen Liebschaft besudelt die ehelichen Weihen, [27–28] der erleide alle erdenklichen Seelenqualen, wie sie in der Liebe üblich sind, und halte seinen Kopf dem Gerede scharfer Zungen als Zielscheibe hin. [29–30] Auch nicht, wenn er weint, öffne sich ihm in der Nacht das Fenster seiner Herrin. Immer liebe er, doch immer den Genuss der Liebe missend.
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XXI [1–2] Magnum iter ad doctas proficisci cogor Athenas, ut me longa gravi solvat amore via. [3–4] crescit enim assidue spectando cura puellae: ipse alimenta sibi maxima praebet amor. [5–6] omnia sunt temptata mihi, quacumque fugari possit; at ex omni me premit ipse deus. [7–8] vix tamen aut semel admittit, cum saepe negarit; seu venit, extremo dormit amicta toro. [9–10] unum erit auxilium: mutatis Cynthia terris quantum oculis, animo tam procul ibit amor. [11–12] nunc agite, o socii, propellite in aequora navem, remorumque pares ducite sorte vices, [13–14] iungiteque extremo felicia lintea malo: iam liquidum nautis aura secundat iter. [15–16] Romanae turres et vos valeatis, amici, qualiscumque mihi tuque, puella, vale! [17–18] ergo ego nunc rudis Hadriaci vehar aequoris hospes, cogar et undisonos nunc prece adire deos. [19–20] deinde per Ionium vectus cum fessa Lechaeo sedarit placida vela phaselus aqua, [21–22] quod superest, sufferre, pedes, properate laborem, Isthmos qua terris arcet utrumque mare. [23–24] inde ubi Piraei capient me litora portus, scandam ego Theseae bracchia longa viae. [25–26] illic vel stadiis animum emendare Platonis incipiam aut hortis, docte Epicure, tuis, [27–28] persequar aut studium linguae Demosthenis arma librorumque tuos, docte Menandre, sales, [29–30] aut certe tabulae capient mea lumina pictae, sive ebore exactae, seu magis aere, manus.
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XXI 1 proficissci N 3 assiduae N, D, V Ƈ spectandi N spectanti L. Müller 5 tentata s. l. F3 temtanda P tenta F 6 possit W posset Richards Ƈ at N, F4, L, P et D, V ad F, Vo Ƈ ille D, V, in marg. corr. V2 7 uix W bis Cornelissen Ƈ admittit s. l. F4, D ammittit P amittit N, L amittat F3 amictat F Ƈ negarit N, F, L, P, V2, Vo negauit D, V 8 amicta Scaliger amica W 11 a(e)quore N, L, P, D 12 forte F, L, P 13 extremos L exermo F4 exermos F 14 nam F Ƈ nantis F, corr. F2 19 cum fessa N, s. l. F4, P, D confessa F, L Ƈ lecheo c li(y)cheo N, L, P lyceo D liteo F 21 properare Vo 22 ismos F, L, P ionios F2mg 25 stadiis Broekhuyzen, Toup studiis W spatiis Broekhuyzen, Fontein 26 ortis F, L, P, D 28 docte W culte Heins, Dorville 29 me V, Vo
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21 [1–2] Die große Reise zur Bildungsstadt Athen anzutreten sehe ich mich gezwungen, soll mich doch von schwer auf mir lastender Liebe erlösen der weite Weg. [3–4] Es wächst nämlich, betrachtet man es ständig, der Kummer mit dem geliebten Mädchen. Selbst liefert die reichste Nahrung sich das Feuer der Liebe. [5–6] Alles habe ich versucht, um sie auf jede erdenkliche Weise verscheuchen zu können. Doch jedesmal drückt aus diesem Anlass höchstselbst mich nieder ihr Gott. [7–8] Kaum jedoch oder einmal nur lässt es mich zu sich, während oft es nein gesagt hat. Oder wenn es mich besuchen kommt, schläft es angekleidet am Bettrand. [9–10] Nur eines verspricht Abhilfe: Habe ich die Länder getauscht, wird so weit, wie Cynthia aus den Augen, aus dem Sinn mir entschwinden die Liebe. [11–12] Jetzt aber vorwärts, Kameraden, treibt auf das Meer hinaus das Schiff, lost aus die Wechsel, in denen ihr euch in regelmäßigen Abständen an den Rudern ablöst, [13–14] und verknüpft glückverheißende Segel mit der Spitze des Mastes! Schon kommt euch Schiffsleuten zustatten, dass die Brise begünstigt den Seeweg. [15–16] Turmbauten von Rom und ihr, meine Freunde, lebet wohl, und einerlei, wie du zu mir warst, lebe auch du, mein Kind, wohl! [17–18] Also werde zur See ich nun fahren als mit dem Adriatischen Meer unvertrauter Gast und gezwungen mich sehen, nun mit einem Stoßgebet mich zu wenden an wogentosende Götter. [19–20] Wenn dann die Brigg durchfahren hat das Ionische Meer und in dem von Lechaion ihre müden Segel schlafen gelegt hat bei ruhiger See, [21–22] beeilt euch, Füße, auf euch zu nehmen die Mühe, wo der Isthmus mit dem Land seiner Küsten abwehrt die beiden Meere, den Rest des Weges zu wandern. [23–24] Wenn dann empfangen mich werden die Gestade des Hafens Peiraieus, werde ich hinaufsteigen die langen Arme der Theseusstraße. [25–26] Dort werde entweder in dem Stadion eines Platon oder in deinem Garten, gelehrter Epikur, die Denkweise zu verbessern ich beginnen [27–28] oder das Ziel verfolgen, mich mit der Sprache des Demosthenes als Waffe zu beschäftigen, und mit deinem aus Bühnenwerken sprechenden Witz, geistreicher Menander, [29–30] oder werden wenigstens Gemälde auf Holz meine Augen fesseln oder in Elfenbein oder mehr noch in Bronze ausgeführte Meisterwerke.
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[31–32] aut spatia annorum aut longa intervalla profundi lenibunt tacito vulnera nostra sinu: [33–34] seu moriar, fato, non turpi fractus amore; atque erit illa mihi mortis honesta dies. XXII [1–2] Frigida tam multos placuit tibi Cyzicus annos, Tulle, Propontiaca qua fluit isthmos aqua, [3–4] Dindymis et sacrae fabricata iuvenca Cybebe, raptorisque tulit quae via Ditis equos? [5–6] si te forte iuvant Helles Athamantidos urbes nec desiderio, Tulle, movere meo: [7–8] tu licet aspicias caelum omne Atlanta gerentem sectaque Persea Phorcidos ora manu, [9–10] Geryonis stabula et luctantum in pulvere signa Herculis Antaeique, Hesperidumque choros; [11–12] tuque tuo Colchum propellas remige Phasim, Peliacaeque trabis totum iter ipse legas, [13–14] qua rudis Argoa natat inter saxa columba in faciem prorae pinus adacta novae, [15–16] et sis, qua Ortygie visenda est ora Caystri et qua septenas temperat unda vias, [17–18] omnia Romanae cedent miracula terrae; natura hic posuit, quidquid ubique fuit. [19–20] armis apta magis tellus quam commoda noxae: Famam, Roma, tuae non pudet historiae. [21–22] nam quantum ferro tantum pietate potentes stamus: victrices temperat Ira manus. [23–24] hic, Anio Tiburne, flues, Clitumnus ab Umbro tramite, et aeternum Marcius umor opus,
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31 aut W et c Ƈ armorum s. l. F4 domorum F Ƈ aut W et Baehrens XXII 1 cyzicus D, non legitur Pras cizzicus N, F cirzicus V, Vo circitus L Ƈ annos Fcorr, L2, P annus N, F, L, V, Vo amnis D 2 qua D qu(a)e N, F, L, P Ƈ ismos N ysmos F, L, P ysmus F4 3 dindymis Unger, Palmer dindy(i)mus W Ƈ sacrae Volsco, Beroaldo sacra W Ƈ iuvenca Is. Voss 1684, Lachmann iuuenta F, D inuenta N, s. l. F4, L, P, V, Vo e vite Haupt, Palmer Ƈ Cybebe Haupt, Housman cy(i)bel(l)e N, L, P, D cybile Fcorr cybille F 4 quae c, Guyet qua W 5 iuuat N, F, L, P, Vo Ƈ belles F, L 6 nec c, Guyet, Broekhuyzen et W at Phillimore 1901 9 gerionis F3 girionis N, F, L, P 10 hexperidumque F4 experidumque F 11 cholcum F, L, P, D 12 pelliaceque F pelliacisque F4 Ƈ turbis F, s. l. corr. F4 13 argoa N, s. l. F4, L, P, V2, Vo argea F, D, V 14 ad ossa pro adacta F 15 et N, Vo ac s. l. F4 at F, L, D, V aut P Ƈ sis c, Haupt 1848, Keil 1850 si W Ƈ ortygie cod. Vat. Barber. VIII 23 orig(a)e W olorigeri c, Beroaldo 16 septenas W serpentes Hubbard 1968 23 anio N, F4, L, V, Vo amo F almo P, D Ƈ tiburue s. l. F4 tirburne N Ƈ flues W fluis c Ƈ clitumnus om. F, in lac. suppl. F4 clitunnus P litumnus N liciminus D, V liturnus Vo licinnus L 24 marcius c martius W
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[31–32] Entweder wird die Spanne der Jahre oder die weite Entfernung des tiefen Meeres lindern den Schmerz meines still an seinen Wunden leidenden Herzens, [33–34] oder sollte ich sterben, würde ich es wie vom Schicksal gefügt, nicht gebrochen von schmählicher Liebe; ja, es wird sogar für mich ehrenvoll sein jener Tag meines Todes. 22 [1–2] Gefiel dir, Tullus, so viele Jahre das kalte Kyzikos, wo rauscht ein Isthmus von propontischem Wasser, [3–4] sagte dir zu die der heiligen Kybele zu Ehren gefertigte Färse auf dem Didymon, und tat es an dir die Straße, die ausgehalten hat des Menschenräubers Dis Pferde? [5–6] Wenn dich etwa reizen Helles, der Tochter des Athamas, Städte und du dich, Tullus, nicht umstimmen lässt von der Sehnsucht nach mir, so sei dir gesagt: [7–8] Magst du auch blicken auf Atlas, der den ganzen Himmel trägt, und auf das Haupt der Tochter des Phorkys, das abgeschlagen ward von des Perseus Hand, [9–10] auf Geryons Ställe, auf die Spuren des Ringkampfs, die im Staub hinterließen Herakles und Antaios, und auf der Hesperiden Reigen, [11–12] und magst du auch mit deinem Ruderertrupp vorwärtstreiben den kolchischen Phasis und den ganzen Weg des dem Pelion entstammenden Schiffes selbst zurücklegen, [13–14] wo, obwohl seeunerfahren, mit einer Taube an Bord der Argo zwischen Klippen hindurchschwimmt die zu der Form eines neuartigen Bugs zugehauene Fichte, [15–16] und magst du dich auch aufhalten, wo Ortygie zu besichtigen ist als Mündung des Kaystros und wo im Zaum hält der Strom sieben Arme, [17–18] so werden sich doch alle Wunder geschlagen geben müssen dem römischen Erdboden. Die Natur hat hierhin gesetzt, was auch nur irgendwo dagewesen ist. [19–20] Zu Waffentaten eignet sich eher das Land, als Verbrechen zu begehen ihm entspricht. Die Göttin des Ruhms braucht, Rom, sich nicht zu schämen deiner Geschichte. [21–22] Denn durch Ehrfurcht vor den Göttern so mächtig wie durchs Schwert stehen wir auf festen Füßen. Maß und Ziel setzt die Göttin der Rache siegreichen Streitkräften. [23–24] Hier wirst du, Anio von Tibur, fließen, werden es der Clitumnus von einem umbrischen Gebirgspass herab und als ewiger Dienst Wasser aus Marcius’ Leitung,
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[25–26] Albanus lacus et socii Nemorensis ab una, potaque Pollucis nympha salubris equo. [27–28] at non squamoso labuntur ventre cerastae, Itala portentis nec furit unda novis; [29–30] non hic Andromedae resonant pro matre catenae, nec tremis Ausonias, Phoebe fugate, dapes, [37–38] arboreasque cruces Sinis, et non hospita Grais saxa, et curvatas in sua fata trabes, [31–32] nec cuiquam absentes arserunt in caput ignes exitium nato matre movente suo, [33–34] Penthea non saevae venantur in arbore Bacchae, nec solvit Danaas subdita cerva rates; [35–36] cornua nec valuit curvare in paelice Iuno aut faciem turpi dedecorare bove. [39–40] haec tibi, Tulle, parens, haec est pulcherrima sedes, hic tibi pro digna gente petendus honos, [41–42] hic tibi ad eloquium cives, hic ampla nepotum spes et venturae coniugis aptus amor.
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XXIII [1–2] Ergo tam doctae nobis periere tabellae, scripta quibus pariter tot periere bona! [3–4] has quondam nostris manibus detriverat usus, qui non signatas iussit habere fidem. [5–6] illae iam sine me norant placare puellas, et quaedam sine me verba diserta loqui. [7–8] non illas fixum caras effecerat aurum: vulgari buxo sordida cera fuit. [9–10] qualescumque mihi semper mansere fideles, semper et effectus promeruere bonos. [11–12] forsitan haec illis fuerant mandata tabellis: ‘irascor, quoniam es, lente, moratus heri.
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25 locus N Ƈ sotii F sotiis D, V socia c, Pucci foliis Housman Ƈ memorensis L, P, D Ƈ ab una Flach ab unda W abundans Housman 26 lympha P2 27 ac D, V Ƈ lambuntur F, L, D lanibuntur F3 28 furit cod. Lond. Brit. Mus. Egert. 3027, Scaliger fuit W Ƈ unda cod. Paris. Lat. 8236, Pucci, Canter una W 29 andromad(a)e F3, L, D andomace F 37–38 post v. 30 transt. Hertzberg, Postgate 37 Sinis Volsco 1482, Canter, Unger 1868 senis W cinis s. l. N2 Ƈ et om. F, Vo Ƈ non om. F, in marg. suppl. F4 38 curuatas W curtatas Pucci, Perreius Ƈ fatta F, corr. F4 31 quicquam F 34 non D, V 35 pellice F, D, Vo 36 boue F3, D boui N, F, L, P, V, Vo 40 h(a)ec F, L, P, corr. P2 XXIII 1 uobis F, s. l. corr. F4 2 tot N, P2, D non F, L, P 3 nostris s. l. N, L, P, D nostras N uestris F Ƈ defuerit F 4 modo pro non V2mg 5 ille F, L, P 11 fuerint N fuerunt c 12 eri F, s. l. corr. F4
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[25–26] werden es der Albaner- und der Nemisee brüderlich aus einer Quelle und das heilkräftige Wasser, von dem hat getrunken des Pollux Ross. [27–28] Dagegen kriechen hier nicht auf schuppigem Bauch Hörner tragende Lindwürmer, und tobt hier nicht ein italisches Gewässer vor sonderbaren Ungeheuern, [29–30] hallen hier nicht einer Andromeda statt ihrer Mutter wider die Ketten, und brauchst nicht du zu zittern, vor Entsetzen zur Flucht getriebener Phoibos, vor ausonischen Mahlzeiten [37–38] oder vor den aus Bäumen bestehenden Kreuzen eines Sinis, den zu den Griechen nicht gastfreundlichen Klippen und den zum eigenen Verhängnis gebogenen Stämmen. [31–32] Auch haben hier keine Herdflammen darauf gebrannt, fernab einem Menschen nach dem Leben zu trachten, weil das Ende eine Mutter in die Wege leitete ihrem eigenen Sohn. [33–34] Auf Pentheus machen hier nicht grimmig Jagd in einem Baum die Bacchantinnen, auch erlöste hier nicht eine untergeschobene Hindin die Schiffe der Danaerflotte, [35–36] und vermochte Iuno auch nicht, Hörner zu biegen bei einer Nebenbuhlerin oder das Äußere zu entstellen durch die Verwandlung in eine hässliche Kuh. [39–40] Dies ist für dich, Tullus, der elterliche, dies der schönste Wohnsitz. Hier hast du, wie es deiner Herkunft gebührt, anzustreben ein Staatsamt. [41–42] Hier findest du zur Aussprache die Mitbürger, hier die reichliche Hoffnung auf Enkel und die zu einer künftigen Ehefrau passende Liebe. 23 [1–2] Also sind mir verlorengegangen die so pfiffigen Schreibtäfelchen, mit denen zugleich verlorengegangen sind so viele köstliche Mitteilungen unsres Schriftwechsels! [3–4] Diese Täfelchen hatte vormals mit den Händen von uns beiden abgenutzt ein Schriftverkehr, der, ohne dass sie versiegelt gewesen wären, zu ihnen Vertrauen zu haben gebot. [5–6] Sie wussten schon ohne mein Beisein zu beschwichtigen die Mädchen und so manches beredte Wort ohne mein Beisein zu sprechen. [7–8] Nicht hatte sie verteuert eine Einfassung aus Gold. Mit ihrem alltäglichen Buchsbaumholz schäbig ist die Wachstafel gewesen. [9–10] Doch einerlei, wie unansehnlich sie waren, sie blieben mir immer treu und erzielten immer gute Erfolge. [11–12] Vielleicht waren die folgenden Worte jenen Schreibtäfelchen anvertraut gewesen: »Wütend bin ich, da du doch, gefühlskalter Kerl, mich gestern vergeblich hast warten lassen.
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[13–14] an tibi nescio quae visa est formosior? an tu non bona de nobis crimina ficta iacis?’, [15–16] aut dixit: ‘venies hodie? cessabimus una: hospitium tota nocte paravit Amor,’ [17–18] et quaecumque volens reperit non stulta puella, garrula cum blandis dicitur hora dolis. [19–20] me miserum, his aliquis rationem scribit avarus et ponit duras inter ephemeridas! [21–22] quas si quis mihi rettulerit, donabitur auro: quis pro divitiis ligna retenta velit? [23–24] i puer, et citus haec aliqua propone columna, et dominum Esquiliis scribe habitare tuum!
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XXIV [1–2] Falsa est ista tuae, mulier, fiducia formae, olim oculis nimium facta superba meis. [3–4] noster amor tales tribuit tibi, Cynthia, laudes: versibus insignem te pudet esse meis. [5–6] mixtam te varia laudavi saepe figura, ut, quod non esses, esse putaret amor; [7–8] et color est totiens roseo collatus Eoo, cum tibi quaesitus candor in ore foret. [9–10] quod mihi non patrii poterant avertere amici eluere aut vasto Thessala saga mari, [11–12] haec ego non ferro, non igne coactus et ipsa naufragus Aegaea (vera fatebor) aqua. [13–14] correptus saevo Veneris torrebar aëno, vinctus eram versas in mea terga manus: [15–16] ecce coronatae portum tetigere carinae, traiectae Syrtes, ancora iacta mihi est. [17–18] nunc demum vasto fessi resipiscimus aestu, vulneraque ad sanum nunc coiere mea.
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13 an tibi W at tibi V2, Vo, Guyet 14 bona W bene cod. Leid. bibl. Univ. Lips. 43, Guyet, Heins Ƈ nobis N, s. l. F4, D bonis F, L, P 15 dixi N, F, L, D dixti c Ƈ cessabimus c, Heins cessauimus W 16 parauit W parabit cod. Lond. Brit. Mus. Add. 237662, Heins 17 volens Pucci, Housman dolens W 18 dicitur c, Schrader, Housman ducitur W 19 hic Vo Ƈ auarus c auari W 20 duras F, L, P, D, V diras N, s. l. F4, Vo 22 ligna cod. Lond. Mus. Brit. Burn. 242, Pucci, Beroaldo signa W 24 exquiliis F, L, Vo XXIV 1 est om. F, s. l. suppl. F4 6 esses N, s. l. F4, L, P, Vo esset F2mg, D, V essem F Ƈ esse N, P2ras, V2 s(a)epe F, L, P, D 9 poterat F4mg potuerunt F 10 eluere F4, P2, D fluere N, F, L fleuere P 11 ha(e)c W hoc Foster 12 uera c, Lievens, Passerat uerba W 13 torrebor D, V terrebar Vo 14 uictus N, F, Vo 15 refige F, in marg corr. F4 18 uulnera et pro vulneraque F
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[13–14] Ist dir etwa eine hergelaufene Ichweißnichtwer schöner vorgekommen? Hältst du etwa böswillige Anschuldigungen, die über eine wie mich erfunden wurden, mir vor?«, [15–16] oder hat sie vielmehr gesagt: »Wirst heute du kommen? Die Zeit mit süßem Nichtstun vertreiben werden wir uns dann gemeinsam. Zur Gastfreundschaft einer ganzen Nacht hat sich gerüstet der Liebesgott«, [17–18] und was sonst noch alles, ist es willens, sich ausdenkt ein nicht unkluges Mädchen, wenn eine Plauderstunde anberaumt wird mit einschmeichelnden Listen. [19–20] Ich Armer, auf diesen Wachstäfelchen schreibt seine Rechnung irgendein Raffzahn und reiht sie in unerbittliche Schuldbücher ein. [21–22] Wenn sie jemand mir zurückbringt, wird beschenkt er werden mit Gold. Wer könnte, statt reich belohnt zu werden, Holztäfelchen behalten zu haben sich wünschen! [23–24] Geh, Bursche, schlage geschwind dies an irgendeiner Säule an und schreibe noch, auf dem Esquilin wohne dein Herr! 24 [1–2] Falsch ist dieses Vertrauen da auf deine Schönheit, Weib, seit langem allzu stolz geworden durch meine bewundernden Blicke. [3–4] Nur meine Liebe zollte dir, Cynthia, so hohes Lob. Nun schäme ich mich, dass angesehen du bist durch meine Verse. [5–6] Als wandlungsfähig pries ich dich oft von einem so schillernden Erscheinungsbild her, dass, was du nicht warst, vorzufinden glaubte die Liebe, [7–8] und deine Farbe sah sich so viele Male verglichen mit der rosigen Morgenröte, während du doch künstliches Weiß auf dem Gesicht trugst. [9–10] Was nicht heimische Freunde mir hätten vom Leib halten oder eine thessalische Zauberin mir hätte ausspülen können im weiten Meer, [11–12] dies beides habe ich, ohne auf Eisenbesteck, ohne auf Feuersglut zurückgreifen zu müssen, noch dazu, um die Wahrheit zu gestehen, als Schiffbrüchiger zuwege gebracht auf hoher Aigaiischer See. [13–14] Vom Feuer der Liebe gepackt, schmorte ich in Venus’ grausamem Kupferkessel; gefesselt war ich dabei, die Hände auf meinen Rücken gedreht. [15–16] Seht, ihr durchschifften Syrten, blumenbekränzt den Hafen erreicht hat der Kiel, den Anker geworfen hat mir man zum Heil! [17–18] Jetzt endlich komme ich, von der gewaltigen Brandung erschöpft, wieder zur Besinnung und haben sich, um zu verheilen, jetzt zusammengezogen meine Wunden.
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[19–20] Mens Bona, si qua dea es, tua me in sacraria dono! exciderant surdo tot mea vota Iovi. [21–22] risus eram positis inter convivia mensis, et de me poterat quilibet esse loquax. [23–24] quinque tibi potui servire fideliter annos: ungue meam morso saepe querere fidem. [25–26] nil moveor lacrimis: ista sum captus ab arte: semper ab insidiis, Cynthia, flere soles. [27–28] flebo ego discedens, sed fletum iniuria vincit: tu bene conveniens non sinis ire iugum. [29–30] limina iam nostris valeant lacrimantia verbis, nec tamen irata ianua fracta manu. [31–32] at te celatis aetas gravis urgeat annis, et veniat formae ruga sinistra tuae! [33–34] vellere tum cupias albos a stirpe capillos, a! speculo rugas increpitante tibi, [35–36] exclusa inque vicem fastus patiare superbos, et quae fecisti facta queraris anus! [37–38] has tibi fatales cecinit mea pagina diras: eventum formae disce timere tuae!
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19 dea c, Beroaldo deo W Ƈ es cod. Lond. Mus. Brit. Burn. 242, Beroaldo est W Ƈ domo V2mg 21 uisus V, corr. V2 isus Vo 25 morior F, s. l. corr. F4 Ƈ ista W ita F2mg 26 ferre F, in marg. corr. F4 Ƈ solet s. l. F4 solem F 28 ire N, V2mg, Vo esse F, L, P, D, V 29 limina N, s. l. F4, P2, Vo lumina F, L, P, D, V 33 tum N, s. l. F4, Vo cum F, L, P, D, V Ƈ cupies V, Vo capias N, F 34 ah D iam Bailey 35 uices F4, Vo Ƈ patiere D, V 36 ut pro et D Ƈ quereris V 37 dira F, s. l. corr. F4 38 formae N, F4mg, V2, Vo domin(a)e F, L, P, D, V
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[19–20] Gesunder Menschenverstand, wenn überhaupt du ein Gott bist, opfere für deinen Tempeldienst ich mich auf! Entgangen waren meine so vielen Gebete einem dafür tauben Iuppiter. [21–22] Zielscheibe des Spotts war ich an den bei Gastmählern aufgestellten Tischen, und über mich konnte der erstbeste lästern. [23–24] Fünf Jahre lang vermochte ich dir treu zu dienen. Mit abgekauten Fingernägeln wirst oft meiner Treue du nachtrauern. [25–26] Kein bisschen rühren lasse ich mich von deinen Tränen. Von dieser deiner Verstellungskunst habe ich mich in der Vergangenheit einfangen lassen. Stets pflegst aus hinterhältiger Berechnung, Cynthia, du zu weinen. [27–28] Weinen werde ich zwar, nehme ich Abschied, aber über das Weinen siegt der Verdruss über das Unrecht: Du bist es, die nicht zulässt, dass weitertrabt ein gut zusammenpassendes Gespann. [29–30] Lebt nun wohl, von meinen Worten zu Tränen gerührte Schwelle und dennoch nicht von wutgeballter Faust zertrümmerte Tür! [31–32] Doch dir setze das Alter hart zu mit geheim gehaltenen Jahren und widerfahre, dass Runzeln abträglich sind deiner Schönheit. [33–34] Am liebsten ausreißen wollen mögest du dir dann mit der Wurzel die weißen Haare, wenn – ach! – der Spiegel die Runzeln höhnend dir vorhält, [35–36] und, an der Tür abgewiesen, umgekehrt du zu spüren bekommen die hochmütige Unnahbarkeit von Männern, und was du getan hast, beklagen, bist erst du geworden ein altes Weib. [37–38] Mit diesen hier verkündete dir mein Gedichtblatt verhängnisvolle Verwünschungen: Das Ende lerne zu fürchten, das deiner Schönheit droht!
LIBER QVARTVS I [1–2] ‘Hoc quodcumque vides, hospes, qua maxima Roma est, ante Phrygem Aenean collis et herba fuit; [3–4] atque ubi Navali stant sacra Palatia Phoebo, Euandri profugae concubuere boves. [5–6] fictilibus crevere deis haec aurea templa, nec fuit opprobrio facta sine arte casa; [7–8] Tarpeiusque Pater nuda de rupe tonabat, et Tiberis nostris advena bubus erat. [9–10] qua gradibus domus ista Remi se sustulit, olim unus erat fratrum maxima regna focus. [11–12] curia, praetexto quae nunc nitet alta senatu, pellitos habuit, rustica corda, Patres. [13–14] bucina cogebat priscos ad verba Quirites: centum illi in prato saepe senatus erat. [15–16] nec sinuosa cavo pendebant vela theatro, pulpita sollemnes non oluere crocos. [17–18] nulli cura fuit externos quaerere divos, cum tremeret patrio pendula turba sacro, [19–20] annuaque accenso celebrare Parilia faeno, qualia nunc curto lustra novantur equo. [21–22] Vesta coronatis pauper gaudebat asellis, ducebant macrae vilia sacra boves. [23–24] parva saginati lustrabant compita porci, pastor et ad calamos exta litabat ovis. [25–26] verbera pellitus saetosa movebat arator, unde licens Fabius sacra Lupercus habet. [27–28] nec rudis infestis miles radiabat in armis: miscebant usta proelia nuda sude. [29–30] prima galeritus posuit praetoria Lycmon, magnaque pars Tatio rerum erat inter oves.
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I 1 qua c, Carrion, Schoppe quam W Ƈ est om. F 2 phryge N 3 phebe F, s. l. corr. F3 4 procubuere V, Vo 6 nec N, V2, Vo non F, L, P, D, V 7 tarpetiusque N tarpeusque F Ƈ fouebat F, in marg. corr. F4 8 bubus N, F4mg, V2, Vo bobus P2 tutus F, L, P, D, V 9 qua c, Heins quo F, L, P, D quod N 13 buccina F Ƈ bella pro verba P 14 prato W, Lact. inst. 2,6,14 prati Heins 15 cauo N, Vo, om. F, L cano s. l. F4 suo P, D, V 19 annuaque W annua at Lachmann Ƈ acoruso F, in marg. corr. F4 Ƈ celebrate D celebrante Housman celebrata Phillimore Ƈ palilia D 20 curuo V2mg, Vo 21 uesta F4, P2, D uestra N, F, L, P 22 iulia N 23 sagina F, s. l. corr. F4 24 exta libabat F3 excalitabat F, L, D 26 liceus F lyceus F4 28 nuda N, P2mg, V2 facta F, L, P, D 29 lycmon c lygmon N, Vo ligmon F, L, P, D, V lucmo Scaliger, Turnèbe 30 tacio P tacito N ratio Vo
Viertes Buch 1 [1–2] »All das, was du siehst, Fremder, ist, wo das riesige Rom steht, vor dem Phryger Aineias Hügel- und Grasland gewesen, [3–4] und wo Phoibos, der Schutzherr der Schifffahrt, seinen Palatinstempel stehen hat, legten als Flüchtlinge sich gemeinsam schlafen Euanders Kühe. [5–6] Irdenen Göttern erstanden die goldenen Tempel von heute, und es schadete nicht ihrem Ansehen eine kunstlos gefertigte Hütte. [7–8] Der Tarpeische Göttervater donnerte von einem kahlen Felsen herab, und der Tiber galt als Zuwanderer unseren Rindern. [9–10] Wo auf Stufen das ›Haus‹ da des Remus sich erhob, war einst der Brüder wichtigstes Krongut ihr einer Herd. [11–12] Die Kurie, die heute hochherrschaftlich glänzt mit einem Senat in purpurverbrämter Toga, beherbergte fellbekleidete Väter, in denen ein bäuerliches Herz schlug. [13–14] Ein Hirtenhorn trieb zu ihren Besprechungen zusammen die einstigen Bürger. Hundert galten auf einer Wiese ihm oft als Senat. [15–16] Weder hingen bauschige Sonnensegel über dem Rund eines Theaters, noch roch eine Bühne zur Feier des Tages nach Safran. [17–18] Keinem Menschen lag am Herzen, sich umzutun nach ausländischen Göttern, als noch zitterte eine baumelnde Puppenschar aus Ehrfurcht vor dem den Vätern heiligen Glauben. [19–20] sondern jedem daran, jährlich zu begehen die Parilien mit zu Freudenfeuern angezündetem Heu, ein Sühnefest, wie es heutzutage in neuer Form gefeiert wird mit verstümmeltem Pferd. [21–22] Vesta freute, noch arm, sich über bekränzte Eselchen; ihr zogen die wohlfeilen Weihgaben magere Kühe. [23–24] Kleine Wegkreuzungen entsühnten gemästete Ferkel, und der Hirt opferte zum Klang der Rohrflöte die Eingeweide eines Schafes. [25–26] Borstige Peitschen schwang fellbekleidet der Pflüger, wovon der hemmungslose Lupercus der Fabiusbruderschaft seine Festbräuche erhalten hat. [27–28] Mit dem Kriegshandwerk unvertraut, erstrahlte das Fußvolk noch nicht in feindseligen Rüstungen; sie trugen ihre Kämpfe bloß mit feuergehärteter Pfahlspitze aus. [29–30] Das erste Feldherrnzelt schlug, mit einer Pelzkappe behelmt, Lykmon auf, und einen großen Teil seiner Aufgaben fand Tatius inmitten von Schafen.
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[31–32] hinc Tities Ramnesque viri Luceresque Soloni; quattuor hinc albos Romulus egit equos. [33–34] quippe suburbanae parva minus Urbe Bouillae et, qui nunc nulli, maxima turba Gabi. [35–36] et stetit Alba potens, albae suis omine nata, ac tibi Fidenas longe erat isse vias. [37–38] nil patrium nisi nomen habet Romanus alumnus: sanguinis altricem non pudet esse lupam. [39–40] huc melius profugos misisti, Troia, Penates: heu, quali vecta est Dardana puppis ave! [41–42] iam bene spondebant tunc omina, quod nihil illam laeserat abiegni venter apertus equi, [43–44] cum pater in nati trepidus cervice pependit et verita est umeros urere flamma pios. [45–46] tunc animi venere Deci Brutique secures vexit et ipsa sui Caesaris arma Venus, [47–48] arma resurgentis portans victricia Troiae. felix terra tuos cepit, Iule, deos, [49–50] si modo Avernalis tremulae cortina Sibyllae dixit Aventino rura pianda Remo, [51–52] aut si Pergameae sero rata carmina vatis longaevum ad Priami vera fuere caput: [53–54] ‘vertite equum, Danai! male vincitis. Ilia tellus vivet, et huic cineri Iuppiter arma dabit.’ [55–56] optima nutricum nostris lupa Martia rebus, qualia creverunt moenia lacte tuo! [57–58] moenia namque pio coner disponere versu: ei mihi, quod nostro est parvus in ore sonus! [59–60] sed tamen exiguo quodcumque e pectore rivi fluxerit, hoc patriae serviet omne meae. [61–62] Ennius hirsuta cingat sua dicta corona: mi folia ex hedera porrige, Bacche, tua, [63–64] ut nostris tumefacta superbiat Umbria libris, Umbria Romani patria Callimachi!
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31 tities c titiens N, Vo ticiens L, P, V ticeus F ticieus s. l. F4 taciens D Ƈ soloni N, P2mg, Vo coloni F, L, P, D, V 32 alios P allos F, L, corr. F 33 bouillae c uiol(a)e W 36 ac c hac W Ƈ tibi cod. Lond. Brit. Mus. Burn. 241, Palmer 1874 ubi W Ƈ ire F, L, P, D, V ipse V2mg, Vo Ƈ longe … uias W longae … viae Daurat, Heins longa … via c, Pocchus 37 patruum F, L Ƈ uerum pro nomen F, in marg. corr. F2 38 putet N, F, L, D 40 heu W oh P2ras 41 omina N, V2 omnia F, L, P, D Ƈ illam W illos Schrader, Hetzel 42 ambiegui F ambigui F4, D Ƈ uentus F uentre s. l. F3 43 tum Vo Ƈ tremidus F 45 decii N, F, L, P 51 aut si N, F4mg, L, P, D seu F Ƈ nata s. l. F4, Vo 53 uertice Vo 55 nutritum L, D, V, corr. V2 57 coner W conor c 58 ey F hei D, Vo hey L, P 59 exigui F
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[31–32] Unter diesen Voraussetzungen gediehen Männer vom Schlage der Titier und Ramner und die Luzerer aus Solonium! Unter diesen Voraussetzungen lenkte Romulus ein Gespann mit vier Schimmeln! [33–34] Denn als Rom noch klein war, war weniger vorstädtisch Bovillae, bedeutete Gabii, das heute ein Nichts ist, größtes Menschengewühl. [35–36] stand Alba mächtig da, unter dem guten Stern einer weißen Sau geboren, das es war, und warst du weit davon entfernt, nach Fidenae Straßen gegangen zu sein. [37–38] Nichts außer dem Vaternamen besitzt der römische Zögling. Dessen schämt er sich nicht, dass seines Stammvaters Amme ist eine Wölfin! [39–40] Hierher hast besser als Flüchtlinge, Troia, du geschickt die Penaten. Oh, von welch vielversprechendem Vogelgesang begleitet fuhr das dardanische Schiff! [41–42] Schon gut verbürgten damals die Vorzeichen, dass kein bisschen es in Mitleidenschaft gezogen hatte die Öffnung des Bauches eines fichtenen Pferdes, [43–44] als der Vater vor Angst zitternd an des Sohnes Hals hing und die Flammen des brennenden Troia sich scheuten, zu versengen die pflichtbewussten Schultern. [45–46] Dann kamen der Heldenmut eines Decius und eines Brutus Richtbeile und verfrachtete die Waffen ihres Schützlings Caesar Venus persönlich, [47–48] als sie beförderte die siegreichen Waffen des wiedererstehenden Troia. Ein vom Glück begünstigtes Land empfing, Iulus, deine Götter, [49–50] wenn tatsächlich der Averner Dreifuß aus dem Mund einer vor Ergriffenheit bebenden Sibylle verkündet hat, die Fluren zu entsühnen obliege dem Aventiner Remus, [51–52] oder wenn spät in Erfüllung gehende Weissagungen der troischen Seherin einem Priamos die Wahrheit sagten ins hochbetagte Gesicht: [53–54] »Wendet das Pferd, Danaer! Zu eurem Unheil siegt ihr! Ilions Mutter Erde wird leben und dieser Asche hier Iuppiter Waffen verleihen.« [55–56] Wölfin des Mars, du beste aller Ammen zum Wohl unseres Staates, welch prächtige Stadtmauern wuchsen mit deiner Muttermilch auf! [57–58] Von den Stadtmauern möchte ich ja auch wohlgegliedert zu erzählen versuchen in andächtigen Versen. Bitter für mich ist nur, dass dünn bei einem Mund wie meinem ist der Ton. [59–60] Doch mag auch aus meiner schmalen Brust ein noch so kleines Rinnsal fließen, wird es sich gleichwohl ganz in den Dienst meines Vaterlandes stellen. [61–62] Ennius umwinde seine Worte getrost mit einem stacheligen Kranz. Mir aber reiche, Bacchus, Blätter von deinem Efeu dar, [63–64] dass Umbrien sich stolzgeschwellt brüste mit meinen Gedichtbüchern – Umbrien, die Heimat des römischen Kallimachos!
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[65–66] scandentes quisquis cernit de vallibus arces, ingenio muros aestimet ille meo! [67–68] Roma, fave, tibi surgit opus, date candida, cives, omina, et inceptis dextera cantet avis! [69–70] sacra diesque canam et cognomina prisca locorum: has meus ad metas sudet oportet equus.’ [71–72] ‘Quo ruis imprudens, vage, dicere fata, Properti? non sunt a dextro condita fila colo. [73–74] accersis lacrimas cantans, aversus Apollo: poscis ab invita verba pigenda lyra. [75–76] certa feram certis auctoribus, aut ego vates nescius aerata signa movere pila. [77–78] me creat Archytae suboles Babylonius Orops Horon, et a proavo ducta Conone domus. [79–80] di mihi sunt testes non degenerasse propinquos, inque meis libris nil prius esse fide. [81–82] nunc pretium fecere deos (et fallitur auro Iuppiter) obliquae signa iterata rotae [83–84] felicesque Iovis stellas Martisque rapaces et grave Saturni sidus in omne caput. [85–86] quid moveant Pisces animosaque signa Leonis, lotus et Hesperia quid Capricornus aqua, [87–88] dicam: ‘Troia, cades, et Troica Roma resurges’, et maris et terrae longa sepulcra canam. [89–90] dixi ego, cum geminos produceret Arria natos (illa dabat natis arma vetante deo), [91–92] non posse ad patrios sua pila referre Penates: nempe meam firmant nunc duo busta fidem. [93–94] quippe Lupercus, equi dum saucia protegit ora, heu, sibi prolapso non bene cavit equo;
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65 quasuis F, L si quis Pras, V2, Vo asis in marg. F4 Ƈ cernet F 66 extimet F, P, D, Vo 68 omnia L, D, V Ƈ inceptis N, F4mg, Pras, Vo incertis F intectis L, D, V 73 lacrimis Vo Ƈ cantans cod. Leid. Voss. Lat. O 822, Baehrens cantas W Ƈ aduersus F, D, V, corr. V2 Ƈ apollo est P 74 postis F, in marg. corr. F4 76 errata F, L, Pras, corr. F4, P2 77 orops W horops c horos N3mg 78 horon W orops F4mg Ƈ a om. N, s. l. add. N Ƈ canone D, Vo 79 di c dii F, L, P, D dic N Ƈ sint Vo 81 nunc N, F4mg, V, Vo in F, L, P, D, V2 83 felicesque W felicisque Kidd 1979 Ƈ rapaces c, Lievens rapacis N, L, P, D capacis F 85 moneant L, D, V, corr. V2 86 qui N 89 arria N, F, P, V2, Vo accia s. l. F3, D, V arua L 90 dabit D 91 fila Vo 93 equi W eques Heins, Markland 94 canit F, s. l. corr. F3
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[65–66] Ganz gleich, wer von den Tälern blickt auf die ansteigenden Burgberge, ihre Mauern schätze er ein nach dem Grad meiner Dichtergabe. [67–68] Rom, sei mir gewogen! Dir zu Ehren ersteht das Werk. Gebt, Mitbürger, mit weißer Flagge den Start frei, und dem Vorhaben Glück verheißend singe ein Vogel. [69–70] Von Opferbräuchen und Festtagen will ich singen und den alten Namen von Orten. Für diese Ziele hat abzuschwitzen sich mein Pferd.« [71–72] »Wohin verrennst du dich, ohne dich vorzusehen, von Lebenszielen zu reden, unsteter Properz? Nicht ist gesponnen dein Garn von einem erfolgversprechenden Rocken. [73–74] Du lockst Tränen hervor mit deinem Gesang. Schon abgewandt hat sich Apollon – du forderst Worte, die verdrießen müssen, von einer widerwilligen Leier. [75–76] Zuverlässige Auskünfte werde ich geben mit zuverlässigen Gewährsleuten als Quelle, oder ich bin ein Wahrsager, der sich nicht auf das Handwerk versteht, Wandelsterne wandern zu lassen auf einer aus Bronze gegossenen Himmelskugel. [77–78] Mich zeugte ein Spross des Archytas, der Babylonier Horops, als Horos, und vom Urahn Konon leitet sich her mein Haus. [79–80] Die Götter habe ich zu Zeugen, dass ich nicht aus der Art meiner Verwandten geschlagen bin, sondern in meinen Handbüchern nichts Vorrang hat vor der Glaubwürdigkeit. [81–82] Nun schlugen aber Gewinn aus den Göttern – überlisten lässt sich gegen Gold auch ein Iuppiter – die Wahrsager kreisender Wiederholungen von Sternbildern in der schiefen Ebene der Sonnenumlaufbahn, [83–84] aus Iuppiter als glücksbringendem und Mars als beutehungrigem Stern ebenso wie aus Saturn als bedrückendem Gestirn, das er für jedes Menschenhaupt ist. [85–86] Doch was in die Wege leiten die Fische und das beherzte Sternbild des Löwen und was der Steinbock, wenn er gebadet sich hat in Hesperiens Meeresflut, [87–88] will ich vorhersagen: »Troia, du wirst fallen und als troisches Rom wiedererstehen«, sowie Bestattungen zur See und zu Lande in weit entfernten Gräbern verkünden. [89–90] Vorhergesagt habe ich, als Arria vor das Tor geleitete ihre Zwillingssöhne – sie gab ihren Söhnen Waffen, obwohl es verbot ihr Hausgott –, [91–92] sie könnten ihre Speere nicht zurückbringen zu den heimischen Penaten – in der Tat bestätigen jetzt zwei Gräber meine Glaubwürdigkeit. [93–94] Denn Lupercus hat, während er abschirmte seines verwundeten Pferdes Gesicht, o weh! sich nicht selbst gut in Acht genommen vor dem Straucheln des Pferdes,
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[95–96] Gallus at, in castris dum credita signa tuetur, concidit ante aquilae rostra cruenta suae: [97–98] fatales pueri, duo funera matris avarae! vera, sed invito, contigit ista fides. [99–100] idem ego, cum Cinarae traheret Lucina dolores, et facerent uteri pondera lenta moram, [101–102] ‘Iunonis facito votum impetrabile’ dixi: illa parit; libris est data palma meis. [103–104] hoc neque harenosum Libyae Iovis explicat antrum, aut sibi commissos fibra locuta deos, [105–106] aut si quis motas cornicis senserit alas, umbrave quae magicis mortua prodit aquis. [107–108] aspicienda via est caeli verusque per astra trames, et ab zonis quinque petenda fides. [109–110] exemplum grave erit Calchas: namque Aulide solvit ille bene haerentes ad pia saxa rates; [111–112] idem Agamemnoniae ferrum cervice puellae tinxit, et Atrides vela cruenta dedit; [113–114] nec rediere tamen Danai; tu diruta fletum supprime et Euboicos respice, Troia, sinus! [115–116] Nauplius ultores sub noctem porrigit ignes, et natat exuviis Graecia pressa suis. [117–118] victor Oiliade, rape nunc et dilige vatem, quam vetat avelli veste Minerva sua! [119–120] hactenus historiae; nunc ad tua devehar astra: incipe tu lacrimis aequus adesse novis! [121–122] Umbria te notis antiqua Penatibus edit (mentior? an patriae tangitur ora tuae?), [123–124] qua nebulosa cavo rorat Mevania campo et lacus aestivis intepet Umber aquis [125–126] scandentisque Asis consurgit vertice murus, murus ab ingenio notior ille tuo;
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95 at N, F, L, P, V2, Vo et D, V 96 signa pro rostra V2mg, Vo Ƈ cruencta F 98 inuito N, F4, V2, Vo in uno F, L, P, D, V Ƈ contingit Vo 99 eniare pro cum Cinarae L 101 iunonis W iunoni c, Burman Ƈ facito Burman, Lachmann facite W Ƈ imperabile Vo impenetrabile P 103 hoc W haec c Ƈ libiae s. l. F4 libio F libyci c 104 aut N, V2, Vo at F, L, P, D, V ad P2mg 105 senserat V2, Vo 106 umbraue quae c, Turnèbe, Lievens umbrane quae N umbraque ne F, L, P, D, V umbra neque Vo 108 petunda F2, D, V petuda F 111 agamen(n)onie s. l. F4, D agamenon F2, L, P agameno F 113 redire L, Vo Ƈ diruta N, D, V dirruta F, L, P, Vo 117 oiliade c o iliade W Ƈ dilige W delige Bailey Ƈ ratem Vo 119 deuear N, F, s. l. corr. F3 devehor c, ed. Aldina 121 uotis F, s. l. corr. F4 122 hora F, L, P, corr. F 123 qua c quam W 124 imber F, corr. F4 125 scandentis et F, s. l. corr. F4 Ƈ Asis N, F, L, P asisi Lachmann axis P2mg, D
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[95–96] Gallus aber ist, während er im Lager die Feldzeichen hütete, gefallen vor seines Legionsadlers blutbespritztem Schnabel. [97–98] Ihr unglückseligen Burschen, ihr zwei Todesopfer einer habgierigen Mutter, geglückt zwar, aber gegen meinen Willen ist mir dieser traurige Wahrheitsbeweis. [99–100] In derselben Eigenschaft habe ich, als Lucina, die Kinder ans Licht der Welt bringende Göttin, lange hinzog Cinaras Wehen und ihres Mutterleibs schwerfälliges Gewicht sie in Verzug brachte, [101–102] ihr gesagt: »Leiste Iuno ein den gewünschten Erfolg erzielendes Gelübde!« Sie gebiert, meinen Handbüchern aber verlieh man als Siegespreis die Palme. [103–104] Derlei enthüllt weder Libyens sandige Iuppitersgrotte noch ein Leberlappen, hat er auch ausgesprochen die Meinung von Göttern, die sich ihm anvertrauten, [105–106] noch ein Vogelzeichendeuter, wenn beobachtet er hat den Flügelschlag einer Krähe, oder der Schatten eines Toten, der aufsteigt aus geheimnisvollen Wassern. [107–108] Anzuschauen gilt es die Bahn des Himmels und den untrüglichen Wanderweg von Sternzeichen zu Sternzeichen und von den fünf Himmelszonen sich zu holen die sichere Gewähr. [109–110] Als warnendes Beispiel schwer ins Gewicht fallen wird Kalchas: Denn von Aulis ließ er ablegen an pflichtbewussten Felsen sicher festsitzende Schiffe. [111–112] Er war es auch, der die Klinge seines Messers mit dem Blut des Nackens von Agamemnons junger Tochter färbte, und schon hat der Atreusspross die blutbefleckten Segel gehisst! [113–114] Nicht heimgekehrt sind gleichwohl die Danaer. Du aber, zerstörtes Troia, unterdrücke dein Weinen und achte auf Euboias Buchten! [115–116] Nauplios streckt als seine Rächer zum Nachthimmel Leuchtfackeln empor, und schon treibt Griechenland, von der Last seiner eigenen Kriegsbeute erdrückt, schiffbrüchig auf dem Meer. [117–118] Siegreicher Sohn des Oileus, raube, nur zu! und liebe eine Seherin, die Minerva wegzureißen verbietet von ihrem eigenen Gewand! [119–120] Doch genug der Geschichten! Jetzt will ich überschwenken zu deinen Sternen. Beginne du, gefasst dich bereitzuhalten für neue Tränen! [121–122] Dich brachte das alte Umbrien in einem bekannten Elternhaus zur Welt, wo – lüge ich, oder streife ich die Grenze deiner Heimat? – [123–124] das neblige Mevania in einer Talsohle nieselt, ein umbrischer See sich von Sommerregenfällen erwärmt [125–126] und sich auf einem Berggipfel erhebt vom ansteigenden Assisi die Festungsmauer, jene Festungsmauer, die nun berühmter noch ist dank deiner Dichtergabe.
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[127–128] ossaque legisti non illa aetate legenda patris et in tenues cogeris ipse lares: [129–130] nam tua cum multi versarent rura iuvenci, abstulit excultas pertica tristis opes. [131–132] mox ubi bulla rudi dimissa est aurea collo matris et ante deos libera sumpta toga, [133–134] tum tibi pauca suo de carmine dictat Apollo et vetat insano verba tonare Foro. [135–136] at tu finge elegos (fallax opus, haec tua castra), scribat ut exemplo cetera turba tuo. [137–138] militiam Veneris blandis patiere sub armis, et Veneris pueris utilis hostis eris. [139–140] nam tibi victrices quascumque labore parasti, eludit palmas una puella tuas; [141–142] et bene confixum mento discusseris uncum, nil erit hoc: rostro te premat ansa tuo. [143–144] illius arbitrio noctem lucemque videbis: gutta quoque ex oculis non nisi iussa cadet. [145–146] nec mille excubiae nec te signata iuvabunt limina: persuasae fallere rima sat est. [147–148] nunc tua vel mediis puppis luctetur in undis, vel licet armatis hostis inermis eas, [149–150] vel tremefacta cavo tellus diducat hiatum: octipedis Cancri terga sinistra time!’
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II [1–2] Quid mirare meas tot in uno corpore formas? accipe Vertumni signa paterna dei!
128 ipse W isse s. l. F4 inde P2mg 129 cum N, F, L, P quom V2, Vo non D, V Ƈ seruarent F 130 parthica D, V2 partita L 131 demissa Fcorr demisso F 133 tum N, P2, V2, Vo cum F, L, P, D, V Ƈ tibi om. N 135 ac D, V et F 137 patiare P 139 parasti W pararis Murgia 140 eludit N, F, P2, D eludet c, Beroaldo, Lievens eludat Pcorr et ludit L, P 141 confixum W cum fixum c, Beroaldo, sed cf. 4,5,9 et 4,6,80 Ƈ mento N, s. l. F4, V2mg merito F, L, P, D Ƈ discusseris c, Calderini decusseris c, Broekhuyzen discusserit W 142 nil erit Pras, V2 ni(c)hil erit N, Vo nil premit F, L, P, D, V Ƈ rostro c, Calderini, Beroaldo nostro W Ƈ premat N, L, P, D premet c, Pocchus, Beroaldo premit F Ƈ ansa c, Calderini, Beroaldo ausa W Ƈ suo F, L, P, D 143 uidebit F, s. l. corr. F4 144 quoque N, P2mg, V2, Vo quidem F, L, P, V Ƈ oculis om. F, L, in marg. suppl. F4 Ƈ nunc pro non N 145 nullae D, V, cor. V2 146 limina P2, V2, Vo lumina N, F, L, P, D. V Ƈ rima c, Beroaldo, om. F prima N, F4mg, L, P, D 149 cauo W cauum F4 cavos Heins Ƈ deducat F, L, P, D, V Ƈ hiatum W hiatu c, Havekenthal hiatus Heins 150 contra pro Cancri D Ƈ signa P, corr. P2 Ƈ caue pro time L, P, D, V II 1 quid W qui c, Guyet, Heins 2 paterna N, s. l. F4, V2, Vo petenda F, L, P, D, V Ƈ dei N, F, V2, Vo deo L, P, D, V
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[127–128] Die Gebeine deines Vaters sammeltest du in einem jugendlichen Alter, in dem sie nicht zu sammeln sein sollten, und siehst dich selbst dazu genötigt, mit einem schlichten Haus dich zu bescheiden. [129–130] Denn da viele Farren deine Ländereien pflügten, entriss dir die schmerzliche Messstange einen wohlbestellten Besitz. [131–132] Kaum aber wurde von deinem kindlichen Hals weggelassen das Amulett in der goldenen Kapsel und vor deiner Mutter Hausgöttern dir angelegt die Toga des Mannes von freier Geburt, [133–134] da schärft einiges Wenige von seiner Liedkunst Apollon dir ein und verbietet dir, donnernde Reden zu halten auf dem verrückten Forum. [135–136] Doch dichte du Elegien – eine heikle Aufgabe, aber dies ist dein Feldlager –, auf dass nach deinem Vorbild schreibe die übrige Dichterschar. [137–138] Kriegsdienst wirst du aushalten müssen unter den verführerischen Waffen der Venus und den Knaben der Venus, den Eroten, ein als Zielscheibe brauchbarer Gegner sein. [139–140] Denn all deine Siegespalmen, die du mit Mühe dir verschafft hast, entwindet ein einziges Mädchen dir spielend. [141–142] Rüttelst du auch einen fest im Kinn steckenden Angelhaken tüchtig hin und her, wird es nichts fruchten – nach wie vor zusetzen würde dir der Widerhaken in deinem Schnabel. [143–144] Nach ihrem Gutdünken wirst Nacht und Tag du erleben. Nicht auch nur ein Tropfen wird dir, wenn sie ihn dir nicht genehmigt hat, aus den Augen rinnen. [145–146] Weder tausend Wachposten noch Versiegelungen von Türen werden dir helfen – hat sie sich dazu überreden lassen, dich zu betrügen, genügt ihr dafür eine Ritze. [147–148] Ob jetzt dein Schiff auf hoher See mit den Wellen kämpft oder du Bewaffneten als unbewaffneter Feind entgegentrittst [149–150] oder, von einem Höhlenbeben erschüttert, die Erde einen Spalt aufreißt – vor des achtfüßigen Krebses unheilvollem Rücken nimm dich in Acht!« 2 [1–2] Was wunderst du dich über meine – bei nur einem Körper – so vielen Gestalten? Nimm zur Kenntnis die Herkunftsmerkmale des Gottes Vertumnus!
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[3–4] Tuscus ego, Tuscis orior, nec paenitet inter proelia Volsinios deseruisse focos. [5–6] haec mea turba iuvat, nec templo laetor eburno: Romanum satis est posse videre Forum. [7–8] hac quondam Tiberinus iter faciebat, et aiunt remorum auditos per vada pulsa sonos: [9–10] at postquam ille suis tantum concessit alumnis, Vertumnus verso dicor ab amne deus, [11–12] seu, quia vertentis fructum praecepimus anni, Vertumni rursus credidit esse sacrum. [13–14] prima mihi variat liventibus uva racemis, et coma lactenti spicea fruge tumet; [15–16] hic dulces cerasos, hic autumnalia pruna cernis et aestivo mora rubere die; [17–18] insitor hic solvit pomosa vota corona, cum pirus invito stipite mala tulit. [19–20] mendax Fama, noces, alius mihi nominis index: de se narranti tu modo crede deo! [21–22] opportuna mea est cunctis natura figuris: in quamcumque voles, verte, decorus ero. [23–24] indue me Cois, fiam non dura puella, meque virum sumpta quis neget esse toga? [25–26] da falcem et torto frontem mihi comprime faeno: iurabis nostra gramina secta manu. [27–28] arma tuli quondam et, memini, laudabar in illis, corbis in imposito pondere messor eram. [29–30] sobrius ad lites; at cum est imposta corona, clamabis capiti vina subisse meo. [31–32] cinge caput mitra, speciem furabor Iacchi; furabor Phoebi, si modo plectra dabis. [33–34] cassibus impositis venor; sed harundine sumpta fautor plumoso sum deus aucupio.
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3 ego W ego et c, Heins, Markland 4 uolsinios c, Beroaldo uolsanios N, L, D, V uolsanos F, P, Vo uolscenos Pcorr 5 nec pro haec D Ƈ mea N, F, L me P, D 7 ut pro et L, P 11 uertentes N Ƈ percepimus F, L, P praecerpimus Fea praecerpsimus Heins, Burman 12 uertumni W Vertumno Ayrmann, sed cf. Krebs / Schmalz, Antibarbarus 2, 525, s. v. sacer Ƈ credidit sc. vertens annus W credis id Postgate 1880, Housman creditis cod. Lond. Brit. Mus. Harl. 25502, Guyet creditur c 13 racenus F, corr. F3 14 lactenti W latenti Fcorr 15 poma V2mg, Vo 18 prius V, Vo 19 noces N, s. l. F4, V2 uoces F, L, P, Vo uaces D, V 22 quacumque F, L, P, D, V quaecumque V2, Vo 24 negat L, P 26 facta F, L, P, D, V 28 in im(n)posito N, V2, Vo et imposito c ab imposito D, V imposito F, L, P 29 uitis mihi pone coronam pro at cum est imposita corona P Ƈ ac pro at F, L, D, V Ƈ est om. F, L 30 uiua F, corr. F4 iura D Ƈ subesse P 31 iacci c achei(y) W 34 fautor Rossberg 1877 fauor N fauuor F faunor s. l. F2, L faunus s. l. F4, D fauon Pras
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[3–4] Etrusker, der ich bin, stamme von Etruskern ich ab, und bereue doch nicht, mitten im Krieg verlassen zu haben Volsiniis Herdstätten. [5–6] Dieses mein Völkchen behagt mir, und ich finde keine Freude an einem Elfenbeintempel – Roms Forum sehen zu können genügt mir. [7–8] Hier nahm einst der Tiber seinen Weg und habe man, erzählt man sich, über seine Furten hinaus den Klang von Ruderschlägen gehört. [9–10] Doch nachdem er so viel Land abgetreten hat seinen Zöglingen, werde nach der Veränderung seines Flusslaufs mit Vertumnus ich angeredet als Gott, [11–12] oder aber, weil ich die Erstlinge empfing vom Ertrag des in seinem Verlauf sich wandelnden Jahres, hat es, das Jahr, wiederum geglaubt, es sei Vertumnus geweiht. [13–14] Vornehmlich mir zu Ehren verfärbt sich die Traube mit den bläulichen Beeren und strotzt die Ähre mit dem Barthaar, den Grannen, vor nahrhaft milchigem Korn. [15–16] Hier siehst du süße Kirschen, hier herbstliche Pflaumen und Brombeeren rot schimmern von sommerlichem Wetter. [17–18] Der Pfropfer löst hier seine Gelübde mit einem Obstkranz ein, wenn der Birnbaum gegen den Willen seines Stammes hat Äpfel getragen. [19–20] Unwahrer Volksmund, du schadest meinem Ruf: Zu meinem Namen habe ich eine andere Auskunft zu bieten. Glaube nur dem von sich selbst erzählenden Gott! [21–22] Es kommt meinem Wesen entgegen, sämtliche Gestalten anzunehmen. Verwandle mich, in welche auch immer du willst, stets werde hübsch anzuschauen ich sein. [23–24] Kleide mich in Seide von Kos – entpuppen werde ich mich als nicht sprödes Mädchen. Und wer könnte mir absprechen, ein Mann zu sein, würde mir angelegt eine Toga? [25–26] Gib mir eine Sichel und drücke auf die Stirn mir zum Kranz gewundenes Heu – schwören wirst du, das Gras sei gemäht von meiner Hand. [27–28] Eine Rüstung trug ich und wurde, erinnere ich mich, gepriesen in ihr. Wurde aber eines Korbes Last mir aufgebürdet, war ich ein Schnitter. [29–30] Nüchtern trete ich vor Gericht. Doch wenn mir aufgesetzt wurde ein Kranz, wirst du ausrufen, Wein sei in den Kopf mir gestiegen. [31–32] Winde mir ums Haupt einen Turban – zulegen werde ich mir das Aussehen des Iakchos. Zulegen werde ich mir das des Phoibos Apollon, wenn nur ein Plektron du mir gibst. [33–34] Mit übergeworfenem Netz gehe ich zur Jagd. Habe ich aber einen Rohrpfeil zur Hand genommen, bin ich der Schutzgott der Federwildjagd.
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[35–36] est etiam aurigae species Vertumnus et eius, traicit alterno qui leve pondus equo. [37–38] sub petaso pisces calamo praedabor, et ibo mundus demissis institor in tunicis. [39–40] pastor me ad baculum possum curvare vel idem sirpiculis medio pulvere ferre rosam. [41–42] nam quid ego adiciam, de quo mihi maxima fama est, hortorum in manibus dona probata meis? [43–44] caeruleus cucumis tumidoque cucurbita ventre me notat et iunco brassica vincta levi; [45–46] nec flos ullus hiat pratis, quin ille decenter impositus fronti langueat ante meae. [47–48] at mihi, quod formas unus vertebar in omnes, nomen ab eventu patria lingua dedit; [49–50] et tu, Roma, meis tribuisti praemia Tuscis (unde hodie Vicus nomina Tuscus habet) [51–52] tempore, quo sociis venit Lycomedius armis atque Sabina feri contudit arma Tati. [53–54] vidi ego labentes acies et tela caduca, atque hostes turpi terga dedisse fugae. [55–56] sed facias, divum Sator, ut Romana per aevum transeat ante meos turba togata pedes! [57–58] sex superant versus – te, qui ad vadimonia curris, non moror; haec spatiis ultima creta meis: [59–60] STIPES ACERNVS ERAM, PROPERANTI FALCE DOLATVS, ANTE NVMAM GRATA PAVPER IN VRBE DEVS. [61–62] AT TIBI, MAMVRRI, FORMAE CAELATOR AËNAE, TELLVS ARTIFICES NE TERAT OSCA MANVS, [63–64] QVI ME TAM DOCILES POTVISTI FVNDERE IN VSVS. VNVM OPVS EST, OPERI NON DATVR VNVS HONOS.
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35 eius c elus N, L, P, D zelus Fcorr zebas F 37 sub petaso Alton 1935, Smyth 1948 suppeta hoc F suppetat hoc s. l. F3, L, P, D suppetat hic Heins supperat hoc N 39 pastor me Ayrmann, Lennep pastorem W Ƈ curvare c, Passerat, Guyet curare W 40 sirpiculis c, Burman serpiculis s. l. N, F, L, P, D, V sepiculis N serpiculus V2, Vo 41 fama pro cura V2mg, Vo 44 notat N, s. l. F4, V2, Vo necat F, L, P, D, V Ƈ uinco N, s. l. F4 uinci F Ƈ iuncta F, L, P, Vo 47 qui V, corr. V2 49 et N, V2 at F, L, P, D 50 uitiis pro vicus L Ƈ tuscus … uicus Vo 52 contulit F, L, P, D Ƈ taci D, Vo tacii N, F, L, P 59 stipes P2, D, V stipis N, F, L, P, V2, Vo Ƈ aceruus F, L, s. l. corr. F4 61 mamuri D maumuri P mamurti L 62 ne N, s. l. F4, V2, Vo me F, L, P, D, V 63 quod pro qui L, P, D Ƈ tam docilis W tot docilem Hertzberg 64 opus N, s. l. F4, V, Vo usus F, L, P, D
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[35–36] Es nimmt aber auch eines Wagenlenkers Gestalt Vertumnus an und die des Kunstreiters, der sein Körpergewicht behend schwingt von Pferd zu Pferd. [37–38] Unter einem breitkrempigen Sonnenhut werde Fische ich mit einer Angelrute erbeuten und adrett als fliegender Tuchhändler umherziehen in einer lang herabfallenden Tunika. [39–40] Als Hirte kann zum Wanderstab ich mich beugen oder genauso gut als Blumenverkäufer in Binsenkörbchen mitten im Straßenstaub Rosen anbieten. [41–42] Denn wozu soll ich noch anführen, woraus mir mein größter Ruhm erwächst, dass der Gärten Gaben Wertschätzung genießen in meinen Händen? [43–44] Die dunkelgrüne Gurke und der Kürbis mit seinem geschwollenen Bauch kennzeichnen mich ebenso wie der mit Binsen locker geschnürte Kohl. [45–46] Auch öffnet sich keine Blume auf den Wiesen, ohne, kleidsam meiner Stirn aufgesetzt, vorher zu verwelken. [47–48] Doch hat mir nach dem Erfolg, dass ich Einer mich verwandelte in alle erdenklichen Gestalten, den Namen die Muttersprache verliehen, [49–50] und hast du, Rom, Dank und Anerkennung gezollt meinen etruskischen Landsleuten – wovon bis heute die Etruskerviertelstraße ihren Namen hat – [51–52] in einer Zeit, in der der Lykumedier anrückte mit seiner verbündeten Streitmacht und zermalmte die sabinische Streitmacht des grimmigen Tatius. [53–54] Gesehen habe ich, wie Fronten wankten, Waffen zu Boden fielen und die Feinde den Rücken kehrten zu schimpflicher Flucht. [55–56] Doch gib, Stammvater der Götter, dass auf ewig eine römische Menschenmenge in der Toga vorüberziehe vor meinen Füßen! [57–58] Sechs Verse verbleiben – dich, der du zur anberaumten Gerichtsverhandlung als Gestellungsbürge zu erscheinen eilst, halte ich nicht auf; dieser Kreidestrich markiert das Ziel meiner Bahn: [59–60] EIN KLOTZ AUS AHORNHOLZ WAR ICH, MIT DER HIPPE FLINK GESCHNITZT, UND VOR NUMA EIN ARMER GOTT IN EINER LIEBENSWERTEN STADT. [61–62] DOCH DIR, MAMURIUS, BILDNER [TOREUT] DER BRONZENEN FORM, SCHEUERE NICHT DIE OSKISCHE ERDE DEINE KÜNSTLERHÄNDE, [63–64] DER DU ZU GIESSEN MICH VERSTANDST ZU SO ANSTELLIG MICH ZEIGENDEN VERWENDUNGEN. E I N KUNSTWERK IST ES NUR, DOCH WIRD DEM KUNSTWERK NICHT NUR E I N E EHRE ERWIESEN.
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III [1–2] Haec Arethusa suo mittit mandata Lycotae, cum totiens absis, si potes esse meus. [3–4] si qua tamen tibi lecturo pars oblita derit, haec erit e lacrimis facta litura meis; [5–6] aut si qua incerto fallet te littera tractu, signa meae dextrae iam morientis erunt. [7–8] te modo viderunt iteratos Bactra per ortus, te modo munito Sericus hostis equo, [9–10] hibernique Getae pictoque Britannia curru ustus et Eoa decolor Indus aqua. [11–12] haecne marita fides et pactae sunt mihi noctes, cum rudis urgenti bracchia victa dedi? [13–14] quae mihi deductae fax omen praetulit, illa traxit ab everso lumina nigra rogo; [15–16] et Stygio sum sparsa lacu, nec recta capillis vitta data est: nupsi non comitante deo. [17–18] omnibus, heu, portis pendent mea noxia vota: texitur haec castris quarta lacerna tuis. [19–20] occidat, immerita qui carpsit ab arbore vallum et struxit querulas rauca per ossa tubas, [21–22] dignior obliquo funem qui torqueat Ocno, aeternusque tuam pascat, aselle, famem! [23–24] dic mihi, num teneros urit lorica lacertos? num gravis imbelles atterit hasta manus? [25–26] haec noceant potius, quam dentibus ulla puella det mihi plorandas per tua colla notas! [27–28] diceris et macie vultum tenuasse, sed opto, e desiderio sit color iste meo. [29–30] at mihi cum noctes induxit vesper amaras, si qua relicta iacent, osculor arma tua.
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III 1 haec P, D, V, om. N, L, Vo H F Ƈ aret(h)usa F, P, D, V haret(h)usa N, L rethusa Vo Ƈ licore N licori P 2 cum W ne V2mg 3 oblitura Vo Ƈ derit P deerit N, F, L, s. l. P2, D 4 licteia F, in marg. corr. F2 5 aut N, V2, Vo at F, L, P ac D, V 7 Bactra per ortus om. N bactra F2, Pras, V, Vo blactra F, L, P, D 8 munito c, Beroaldo munitus N, F4, L, P, D minutus F Ƈ Sericus Beroaldo Neuricus Jacob Persicus Does iunior hericus N, F, L, P, V2, Vo horicos s. l. F4 hernicus D henricus V 9 pictoque N, s. l. F4, D picto F, L, P 10 uestus Vo fuscus Richardson tusus vel tunsus Housman Ƈ decolor c, Passerat, Palmer discolor W 11 et pactae sunt mihi Richardson et sunt pactae mihi V2 et pact(a)e iam mihi P, Vo hae sunt pact(a)e mihi D, V et pacat(a)e mihi F, L et parce auia N 12 ingenti V2mg, Vo 13 omen N, F4mg, D omni F, L, P Ƈ protulit Vo 15 recta N, F4mg, L, P, D rectis s. l. F2 ructis F 16 uitta N, V2 uita F, L, P, D, V uicta P2, Vo 18 texerit Vo 19 quae N 21 finem F, s. l. corr. F4 Ƈ torquet P torquat L Ƈ oeno F, L, D, V aeno P, V2mg, Vo 23 num P2, V2 dum N, F, L, P, D 27 collum V2mg, Vo 28 et pro e s. l. F2, V2, Vo Ƈ ille V2mg, Vo 29 inducit F
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3 [1–2] Diese Botschaften übersendet Arethusa ihrem Lykotas, wenn du, wo du doch so oft fort bist, überhaupt mein kannst sein. [3–4] Wenn du indessen, willst du sie lesen, irgendeinen Teil davon, weil er verwischt ist, nicht entziffern kannst – es ist ein Fleck, verursacht von meinen Tränen, [5–6] oder wenn irgendein Buchstabe dich irreführt durch den unsicheren Schriftzug – es sind Merkmale meiner schon absterbenden Rechten. [7–8] Dich sahen bald Baktra durch seinen Wiederaufstieg, dich bald der serische Feind auf gepanzertem Ross [9–10] sowie die in winterlicher Kälte hausenden Geten, Britannien mit kriegsbemaltem Streitwagen und der sonnengebräunte Inder auf dem Morgenrotmeer. [11–12] Habe ich diese Gattentreue und Nächte vereinbart mit dir, als ich, im Liebeskampf unerfahren, wie ich war, deinem Drängen besiegt die Arme reichte? [13–14] Die Fackel, die mir, als ich heimgeführt wurde, ein Vorzeichen vorantrug, sie bezog ihr düsteres Licht von einem umgestürzten Scheiterhaufen. [15–16] Auch wurde von des Styxes Flusswasser ich besprengt und nicht die richtige Kopfbinde mir für meine Haare gegeben; geheiratet habe ich, ohne dass der Hochzeitsgott Hymenaios mich begleitete. [17–18] An allen Türen hängen, ach!, meine kostspieligen Weihgaben; gewebt wird mit diesem schon der vierte Kapuzenmantel für deinen Kriegsdienst. [19–20] Verflucht sei, wer von einem schuldlosen Baum geerntet hat einen Schanzpfahl und hergestellt hat aus dumpf tönendem Bein weinerlich klingende Tuben, [21–22] verdiente er es doch eher als der nicht geradlinige Oknos, zur Strafe Seile zu drehen und deinen Hunger, Eselchen, auf ewig zu stillen. [23–24] Sag’ mir, reibt etwa der Brustpanzer deine zarten Schultern wund, schürft etwa die schwere Lanze deine kriegsuntauglichen Hände ab? [25–26] Dies setze, wünsche ich mir, dir eher zu, als dass mir irgendein Mädchen verräterische Bissmale, über die ich wehklagen müsste, über deinen Hals verstreut liefert. [27–28] Gesagt wird von dir, du seist auch so abgemagert, dass dein Gesicht schmal geworden sei. Doch wünsche ich mir, diese deine Blässe rührte her von der Sehnsucht nach mir. [29–30] Wenn hinwiederum mir der Abendstern heraufführt bittere Nächte, küsse ich, sofern welche, die du zurückließest, umherliegen, deine Waffen.
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[31–32] tum queror in toto non sidere pallia lecto lucis et auctores non dare carmen aves, [33–34] noctibus hibernis castrensia pensa laboro et Tyria in gladios vellera secta suo, [35–36] et disco, qua parte fluat vincendus Araxes, quot sine aqua Parthus milia currat equus, [37–38] cogor et e tabula pictos ediscere mundos, qualis et haec docti sit positura dei, [39–40] quae tellus sit lenta gelu, quae putris ab aestu, ventus in Italiam qui bene vela ferat. [41–42] assidet una soror, curis et pallida nutrix peierat hiberni temporis esse moras. [43–44] felix Hippolyte! nuda tulit arma papilla et texit galea barbara molle caput. [45–46] Romanis utinam patuissent castra puellis! essem militiae sarcina fida tuae, [47–48] nec me tardarent Scythiae iuga, cum Pater altas Africus in glaciem frigore nectit aquas. [49–50] omnis amor magnus, sed aperto in coniuge maior: hanc Venus, ut vivat, ventilat ipsa facem. [51–52] nam mihi quo Poenis tibi purpura fulgeat ostris crystallusque meas ornet aquosa manus? [53–54] omnia surda tacent, rarisque assueta kalendis vix aperit clausos una puella Lares, [55–56] Craugidos et catulae vox est mihi grata querentis: illa tui partem vindicat una toro. [57–58] flore sacella tego, verbenis compita velo, et crepat ad veteres herba Sabina focos. [59–60] sive in finitimo gemuit stans noctua tigno, seu voluit tangi parca lucerna mero, [61–62] illa dies hornis caedem denuntiat agnis, succinctique calent ad nova lucra popae.
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31 scindere D 32 luces F, s. l. corr. F4 34 suo Rossberg 1877 suos W 36 quod N Ƈ aqua Ncorr, F, L, P, D, V2, Vo qua N, V Ƈ errat D Ƈ equs N 37 cogor W conor Broekhuyzen 38 ponitura Vo 39 pueris Vo 40 italia P 43 hippolyte D hippolite V hyppolite V2 ipolite P ypolite N, F, L Ƈ mamilla V2mg 46 esse F, corr. F3 issem Heins 48 africus D, V affricus N, F, L, P aphricus Vo Arcticus Burman astricto Eldik acrius Postgate artius Bonazzi 51 te pro tibi N 52 tuas F, L, P, D 53 rarisque N, s. l. F4, Vo raris F, L, P, D, V 54 laros N 55 Craugidos Bergk 1873, Bücheler 1888 craucidos V2 graucidos N, L, P, V, Vo grancidos F, D 56 uendicat s. l. F2, P Ƈ toro W tori V2 59 finitimo N, F4mg, L, P, V2, Vo furtiuo s. l. F3, D, V funtiuo F Ƈ gemuit N, s. l. F4, P2mg, D, V genuit F, L, P, Vo 60 tangi W tingi c, Pontano Ƈ pauca s. l. F4 parua P2mg 61 ornis N, F, L, P omnis Vo Ƈ agnis Ncorr, F, L, D anguis F2mg, Pras annis N 62 succinctique cod. Groning. bibl. Univ. 1592, Pontano, Muret succin(c)t(a)eque W
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[31–32] Dann beklage ich mich, dass die Decken nicht, ohne zu verrutschen, liegen bleiben auf dem ganzen Bett und die Vorboten des Tageslichts, die Vögel, kein Lied anstimmen, [33–34] mühe in Winternächten mit Wollarbeiten für den Kriegsdienst ich mich ab und nähe tyrische Vliese zu Gürteln für Schwerter, [35–36] und erkundige ich mich, in welcher Gegend fließt, den zu besiegen es gilt, der Araxes oder wie viele Meilen ohne Wasser laufen kann ein parthisches Pferd, [37–38] fühle ich mich gedrängt, mir nach Karte gemalte Welten einzuprägen und mir zu merken, wie dieser Kosmos eines weisen Gottes ist beschaffen, [39–40] welche Erde starr ist vom Frost, welche bröcklig von der Hitze, welcher Wind nach Italien glücklich die Segel treibt. [41–42] Es sitzt bei mir meine einzige Schwester, und von Sorgen bleich schwört die Amme den Meineid, die Jahreszeit der Winterstürme sei schuld an den Verzögerungen deiner Rückkehr. [43–44] Glückliche Hippolyte! Mit nackter Brust trug sie Waffen und bedeckte nach Barbarinnenart ihr wallendes Haupthaar mit einem Helm. [45–46] Hätten doch römischen Mädchen offengestanden die Heerlager! Ich wäre auf deinem Feldzug ein dir treu ergebenes Marschgepäck. [47–48] Nicht einmal Skythiens Bergketten würden mich hemmen, wenn Väterchen Südwest durch die Kälte zu Eis gefrieren lässt ihre tiefen Gewässer. [49–50] Jede Liebe ist mächtig, aber bei einem Gatten, der sie nicht verhehlt, noch mächtiger. Diese Fackel schwenkt, damit sie leben bleibt, Venus persönlich. [51–52] Denn wozu soll mir für dich Purpur erstrahlen von punischen Schnecken und wasserklarer Kristall meine Hände schmücken? [53–54] Alles ist stumm und schweigt, und an selten begangene Monatserste nur mehr gewöhnt, öffnet die eine Dienerin meines Haushalts kaum noch den Schrein, in dem verschlossen sind unsere Hausgötter. [55–56] Des winselnden Hündchens Kraugis Stimme ist mir lieb und wert; es nimmt die dir gehörige Hälfte allein in Beschlag auf dem Bett. [57–58] Mit Blumen überdecke ich die Altäre von Kapellchen, mit Zweigen kleide ich Straßenplätze ein, und es knistert sabinischer Weihrauch an alten Herden. [59–60] Sei es, es heult eine im Dachgebälk des Nachbarn sitzende Schleiereule, sei es, es will eine spärlich flackernde Lampe besprengt werden mit Wein, [61–62] so oder so kündigt der fragliche Tag heurigen Lämmern den Schlachtopfertod an und brennen geschürzte Opferdiener auf neuen Gewinn.
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[63–64] ne, precor, ascensis tanti sit gloria Bactris raptave odorato carbasa lina duci, [65–66] plumbea cum tortae sparguntur pondera fundae subdolus et versis increpat arcus equis; [67–68] sed tua sic domitis Parthae telluris alumnis pura triumphantis hasta sequatur equos: [69–70] incorrupta mei conserva foedera lecti! hac ego te sola lege redisse velim; [71–72] armaque cum tulero portae votiva Capenae, subscribam: SALVO GRATA PVELLA VIRO.
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IV [1–2] Tarpeium nemus et Tarpeiae turpe sepulcrum fabor et antiqui limina capta Iovis. [3–4] lucus erat felix, hederoso conditus antro, multaque nativis obstrepit arbor aquis, [5–6] Silvani ramosa domus, quo dulcis ab aestu fistula poturas ire iubebat oves. [7–8] hunc Tatius fontem vallo praecingit acerno, fidaque suggesta castra coronat humo. [9–10] quid tum Roma fuit, tubicen vicina Curetis cum quateret lento murmure saxa Iovis [11–12] atque, ubi nunc terris dicuntur iura subactis, stabant Romano pila Sabina Foro? [13–14] murus erant montes, ubi nunc est Curia, saepta; bellicus ex illo fonte bibebat equus. [15–16] hinc Tarpeia deae fontem libavit; at illi urgebat medium fictilis urna caput. [17–18] et satis una malae potuit mors esse puellae, quae voluit flammas fallere, Vesta, tuas? [19–20] vidit harenosis Tatium proludere campis pictaque per flavas arma levare iubas:
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63 nec L 66 recrepat F, s. l. corr. F4 67 sic N, P, V2, Vo sit L, D, V sint F 71 capin(a)e N, L IV 1 nemus W scelus Kraffert Ƈ tarpei(a)e F4, P, D tarpeye L tarpelae N tarpelle F Ƈ turpe N, s. l. F4, Pras, D pulc(h)re F, L, P 2 limina N, F2, P2, D lumina F, L, P 3 luctus F, corr. F Ƈ oderoso F, P edorso Vo 4 obstrepet F 6 uidebat V2mg, Vo 7 nunc Vo 9 qui P2, Vo quod L, P Ƈ tum N, s. l. F4, V2 cum F, L, P, D 10 tum L, P, D, V Ƈ cateret F, in marg. corr. F4 Ƈ saxa N, F4mg, P2, V2, Vo facta F, L, P, D, V 11 atque N, F, L, P, V2, Vo ac D, V 12 foro s. l. F4, P2mg, V2 foco W 15 tarpela N tarpea F4mg trapeya L carpella F capella Fcorr 19 tacium Fcorr tacitum Vo
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[63–64] Möge dir, bitte ich flehentlich, der Ruhm, die Mauern von Baktra erklommen, oder die Kriegsbeute, einem salbduftenden Heerführer das Linnengewand vom Leib gerissen zu haben, nicht so viel bedeuten, [65–66] wenn die Bleikugeln einer kreisenden Schleuder verstreut werden und heimtückisch der Bogen surrt, haben gewendet die Pferde. [67–68] Doch so wahr ich möchte, dass die Söhne des Partherlandes bezwungen werden und du mit der Kriegsauszeichnung einer Lanze aus reinem Holz den Rossen des als Sieger einziehenden Feldherrn folgst, [69–70] bewahre unversehrt den Bund meiner Ehe mit dir. Unter dieser Bedingung allein könnte ich deine Rückkunft wünschen; [71–72] und wenn ich deine Waffen als Weihgaben hinbringe dem Capenischen Stadttor, werde darunter ich schreiben: ZUM DANK, DASS UNVERLETZT BLIEB IHR MANN, SEINE IHN LIEBENDE FRAU. 4 [1–2] Vom tarpeischen Hain und Tarpeias schändlicher Grabstätte will ich erzählen und davon, dass eingenommen wurde die Schwelle zum Haus des altehrwürdigen Iuppiter. [3–4] Der Wald der Lichtung war üppig, lag versteckt in einer efeuüberwucherten Schlucht, und es rauschten seine vielen Bäume um die Wette mit den ihm entspringenden Bächen, [5–6] war des Waldgottes Silvanus dicht verzweigtes Zuhause, wohin die lieblich klingende Schalmei vor glühender Hitze trinken zu gehen hieß die Schafe. [7–8] Diese Quelle umzäunt Tatius mit Ahornholzpfählen und umkränzt, um es zu sichern, sein Heerlager mit zum Ringwall aufgeworfener Erde. [9–10] Was ist damals Rom gewesen, als der Tubabläser von Cures mit langanhaltendem Gedröhn noch erzittern lassen konnte den nahe gelegenen Fels eines Iuppiter [11–12] und, wo jetzt Recht gesprochen wird den unterworfenen Ländern, sabinische Speere staken im Boden des ›Römischen Markts‹? [13–14] Die Mauer waren Berge; wo jetzt das Senatsgebäude steht, eingezäunte Weiden. Im Krieg trank aus besagter Quelle das Pferd. [15–16] Hiervon hat Tarpeia ihrer Göttin Quellwasser gespendet. Doch lastete ihr schwer der tönerne Krug auf dem Scheitel ihres Kopfes. [17–18] Wie hätte Strafe genug ein einfacher Tod sein können für ein ruchloses Mädchen, das hat hintergehen wollen, Vesta, deine Flammen! [19–20] Sie sah Tatius sich im Reiterkampf üben auf sandigem Gelände und den wappenbemalten Schild hinwegschwingen über seines Pferdes falbe Mähne.
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[21–22] obstupuit regis facie et regalibus armis, interque oblitas excidit urna manus. [23–24] saepe illa immeritae causata est omina Lunae, et sibi tingendas dixit in amne comas; [25–26] saepe tulit blandis argentea lilia Nymphis, Romula ne faciem laederet hasta Tati; [27–28] dumque subit primo Capitolia nubila fumo, rettulit hirsutis bracchia secta rubis, [29–30] et sua Tarpeia residens ita flevit ab arce vulnera, vicino non patienda Iovi: [31–32] ‘ignes castrorum et Tatiae praetoria turmae et formosa oculis arma Sabina meis, [33–34] o utinam ad vestros sedeam captiva Penates, dum captiva mei conspicer esse Tati! [35–36] Romani montes et montibus addita Roma et valeat probro Vesta pudenda meo! [37–38] ille equus, ille meos in castra reponet amores, cui Tatius dextras collocat ipse iubas. [39–40] quid mirum in patrios Scyllam saevisse capillos candidaque in saevos inguina versa canes? [41–42] prodita quid mirum fraterni cornua monstri, cum patuit lecto stamine torta via? [43–44] quantum ego sum Ausoniis crimen factura puellis, improba virgineo lecta ministra foco! [45–46] Pallados exstinctos si quis mirabitur ignes, ignoscat: lacrimis spargitur ara meis. [47–48] cras, ut rumor ait, tota pugnabitur urbe: tu cape spinosi rorida terga iugi! [49–50] lubrica tota via est et perfida: quippe tacentes fallaci celat limite semper aquas. [51–52] o utinam magicae nossem cantamina Musae! haec quoque formoso lingua tulisset opem.
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23 omnia F, D, V, corr. V3 24 tinguendas N tiguendas L 25 lymphis Vo 26 tatii N taci D tacii F, L, P 27 dumque W cumque Heyworth 1999 28 retulit F, P, Vo 30 non patienda N, P2, V2, Vo compatienda F, L, D, V nompatienda P 32 formosa D famosa N, F, L, P, V2 33 o om. F Ƈ nostros F 34 esse N, F, L, P, D, V ora Gronov arma V2mg, Vo 35 abdita V2 38 dextra P2 Ƈ colat F, s. l. corr. F4 Ƈ comas pro iubas P 39 in W, del. c Ƈ saeuisse W secuisse cod. Neap. IV F 21 (269), Phillimore 42 stamine N, Fcorr, L, P, V2 stramine F, D, V stamina Vo 45 pal(l)adis L, P, D, V pallidos Vo 47 pugnabitur W potabitur Palmer (1883), Rossberg (1883) purgabitur Huleatt (1885) pigrabitur Housman (1888) turbabitur Watt (1992) 48 tu W tum Rossberg 1883 Ƈ caue s. l. F4 49 tacentis W latentes Rossberg 1883 51 magine N Ƈ lunae pro Musae Vo
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[21–22] Es erstarrte sie vor Entzücken über das Aussehen des Königs und die königliche Rüstung, und es fiel zu Boden der Krug zwischen ihren pflichtvergessenen Händen. [23–24] Oft schützte sie, ohne dass er es verschuldet hätte, Unheil verkündende Vorzeichen des Mondes vor und behauptete, zur Entsühnung in den Strom tauchen zu müssen ihr Haar, [25–26] oft brachte sie silbrig schimmernde Lilien den reizenden Nymphen, weil sie befürchtete, des Romulus Lanze könnte verletzen das Antlitz des Tatius, [27–28] und während sie hinaufging zu dem vom ersten Herdfeuerrauch umwölkten Kapitol, holte sie sich von dornigem Brombeergestrüpp zerkratzte Hände; [29–30] und ließ sie sich nieder, klagte Tarpeia von ihrer Bergzinne aus wie folgt über die Wunden ihres Herzens, die nicht dulden durfte der benachbarte Iuppiter: [31–32] »Ihr Lagerfeuer und Feldherrnzelte der Tatiusschwadron und ihr sabinischen Waffen, die schön ihr seid in meinen Augen, [33–34] o säße ich doch als Kriegsgefangene bei euren Schutzgottheiten, den Penaten, solange ich mich nur betrachten kann als die Kriegsgefangene meines geliebten Tatius. [35–36] Ihr römischen Berge, du auf Bergen errichtetes Rom und du, Vesta, die du dich zu schämen hast meines schändlichen Gebarens, lebt wohl! [37–38] Das Pferd dort, das dort, dem Tatius persönlich nach rechts striegelt die Mähne, wird mich im Heerlager wieder absetzen mit meinen Liebesgefühlen. [39–40] Was Wunder, dass Skylla gewütet hat gegen ihres Vaters Haar und ihre schimmernden Lenden sich verwandelten in wütige Hunde? [41–42] Was Wunder, dass verraten wurden die Hörner des Scheusals von Bruder, als durch Aufwicklung eines Fadens offen vor Augen lag der Irrgänge verschlungener Weg? [43–44] Wie sehr stehe ich im Begriff, Schande zu machen Ausoniens Töchtern, ich ruchlose Dienerin, die ausgewählt wurde für einen Jungfrauenherd! [45–46] Wenn jemand sich wundern wird, dass erloschen ist Pallas Athenes Herdfeuer, möge er es mir verzeihen – von meinen Tränen besprengt wird der Altar. [47–48] Morgen wird, wie das Gerücht sagt, gekämpft werden in der ganzen Stadt. Du aber nimm zum Aufstieg den taubedeckten Rücken der dornenreichen Bergkuppe! [49–50] Schlüpfrig ist der ganze Weg und tückisch, verbirgt er doch in seinem trügerischen Verlauf immerzu stille Rinnsale. [51–52] O, kennte ich doch die Sprüche der Zauberdichtung! Es hätte auch diese meine Zunge einem schönen Mann Hilfe gebracht!
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[53–54] te toga picta decet, non quem sine matris honore nutrit inhumanae dura papilla lupae. [55–56] sic, hospes, pariamne tua regina sub aula? dos tibi non humilis prodita Roma venit. [57–58] si minus, at raptae ne sint impune Sabinae: me rape et alterna lege repende vices! [59–60] commissas acies ego possum solvere, nuptae: vos medium palla foedus inite mea! [61–62] adde, Hymenaee, modos! tubicen, fera murmura conde! credite, vestra meus molliet arma torus. [63–64] et iam quarta canit venturam bucina lucem, ipsaque in Oceanum sidera lapsa cadunt. [65–66] experiar somnum, de te mihi somnia quaeram: fac venias oculis umbra benigna meis!’ [67–68] dixit, et incerto permisit bracchia somno, nescia, vae, furiis accubuisse novis. [69–70] nam Vesta, Iliacae felix tutela favillae, culpam alit et plures condit in ossa faces. [71–72] illa ruit, qualis celerem prope Thermodonta Strymonis abscisso fertur aperta sinu. [73–74] urbi festus erat (dixere Parilia patres, hic primus coepit moenibus esse dies), [75–76] annua pastorum convivia, lusus in urbe, cum pagana madent fercula divitiis [77–78] cumque super raros faeni flammantis acervos traicit immundas ebria turba dapes. [79–80] Romulus excubias decrevit in otia solvi atque intermissa castra silere tuba. [81–82] hoc Tarpeia suum tempus rata convenit hostem: pacta ligat, pactis ipsa futura comes. [83–84] mons erat ascensu dubius festoque remissus: nec mora, vocales occupat ense canes.
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55 sic W dic Passerat Ƈ pariamne tua N patrianne tua F patria ne tua F4 patriaue tua P patiare tua D, V patrare tua L pariam ne te V2 patriam ne Vo Ƈ regna F, s. l. corr. F4 57 at N2, F, P, Vo2 aut N, Vo ac L, D, V Ƈ ne N, L, P, D, V2, Vo non F, D, V 61 conde N, F4mg, L, D crede F, P 64 lapsa W lassa V2mg, c 66 uenias oculis N, V2, Vo oculis uenias s. l. F4, P, D, V oculis nimias F oculis minias L 68 vae furiis Jacob se furiis Passerat ex ed. Brix. 1486, Lievens nefariis N, F, L, D nephariis P 69 ueste F, L, P, D Ƈ famille F, in marg. corr. F2 71 ruit W furit Baehrens Ƈ thermodonto V2 t(h)ermodoonta W 72 strimonis W Ƈ absciso N, F, L, P Ƈ fertur W pectus Hertzberg, Heimreich 1867 73 palilia P2mg, D, V papilia Vo 74 hi N Ƈ caepi N 75 urbi N 76 madent N, s. l. F4, L, P, D manent F Ƈ diuitiis W deliciis c, Canter delitiis V2mg 77 dumque V2 78 inmundas … dapes N, F, L, P in mundas … dapes D inmundos … pedes cod. Venet. bibl. nat. Marc. Lat. XII 82 sive 4208, Guyet, Heins 81 haec F 83 remissus N, s. l. F4, P, V2, Vo remissis F, L, P2, D, V 84 illa pro ense P
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[53–54] Dir steht eine goldbestickte Toga gut zu Gesicht, nicht dem, den ohne das Ansehen einer Mutter säugte einer lieblosen Wölfin grobe Zitze. [55–56] Werde unter solchen Voraussetzungen, Fremdling, ich als Königin dir Kinder gebären unter dem Dach deines Hofes? Als nicht verächtliche Mitgift fällt durch Verrat Rom dir dann zu. [57–58] Wenn aber nicht, so bleibe doch wenigstens nicht ungesühnt der Raub der Sabinerinnen. Raube mich und zahle nach dem Gesetz der Vergeltung Gleiches mit Gleichem heim! [59–60] Zusammengeprallte Heere, die sich ineinander verkeilt haben, kann ich trennen, ihr Bräute! Geht ihr ein Bündnis ein, das vermittelt ist von meinem Hochzeitsfestkleid! [61–62] Trage du, Hymenaios, dazu bei die Weisen! Du aber, Tubabläser, stelle ein dein wildes Gedröhne! Glaubt mir, eure Waffen entschärfen wird meine Ehe. [63–64] Schon verkündet das zur vierten Wache blasende Horn den heraufziehenden Tag und sinken ihrerseits in den Ozean die niedergeglittenen Sterne. [65–66] Versuchen will ich zu schlafen, von dir aber zu träumen trachten. Tritt doch bitte als gütige Erscheinung vor meine Augen!« [67–68] Sprach’s, und überließ ihre Arme einem unruhigen Schlummer, ohne zu ahnen, sich ach! schlafen gelegt zu haben zu nie gekannten Furien. [69–70] Denn Vesta, die segensreiche Hüterin von Ilions glühender Asche, nährt ihre Schuld und stößt in die Rippen ihr weitere Fackeln. [71–72] Sie verrennt sich, wie nahe am reißenden Thermodon die Strymonländerin losstürmt mit entblößtem Busen, hat sie sich vom Leib gerissen ihr Gewand. [73–74] Für die Stadt war es ein Festtag – Parilien nannten ihn seine Väter, mit ihm begann für die Stadtmauern ihr erster Tag –, [75–76] alljährlich begangen mit der Hirten Gelage, ihren Lustbarkeiten in der Stadt, während derer die ländlichen Platten strotzen von reichlicher Kost [77–78] und während derer die trunkene Schar über weiträumig verteilte Haufen von loderndem Heu schmutzige Opferreste hinüberwirft. [79–80] Romulus entschied, die Wachposten zur Feier des Tages von ihrer Aufgabe zu entbinden und das Heerlager vom Dienst freizustellen durch Aussetzung der Tuba. [81–82] Dies hält Tarpeia für ihre Stunde und trifft sich mit dem Feind. Einen Pakt knüpft sie, um dem Pakt selber als Kampfgefährtin zu dienen. [83–84] Der Berg war bei ihrem Aufstieg unschlüssig und durch den Festtag unachtsam. Ohne zu zögern, kommt sie den Hunden, die anschlagen könnten, mit dem Schwert zuvor.
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[85–86] omnia praebebant somnos: sed Iuppiter unus decrevit poenis invigilare tuis. [87–88] prodiderat portaeque fidem patriamque iacentem, nubendique petit, quem velit ipsa, diem. [89–90] at Tatius (neque enim sceleri dedit hostis honorem) ‘nube’ ait ‘et regni scande cubile mei!’ [91–92] dixit, et ingestis comitum super obruit armis. haec, virgo, officiis dos erat apta tuis. [93–94] a duce Tarpeia mons est cognomen adeptus: o vigil, iniustae praemia sortis habes!
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V [1–2] Terra tuum spinis obducat, lena, sepulcrum, et tua, quod non vis, sentiat umbra: sitim! [3–4] nec sedeant cineri Manes, et Cerberus ultor turpia ieiuno terreat ossa sono! [5–6] docta vel Hippolytum Veneri mollire negantem, concordique toro pessima semper avis, [7–8] Penelopen quoque neglecto rumore mariti nubere lascivo cogeret Antinoo. [9–10] illa velit, poterit magnes non ducere ferrum, et volucris nidis esse noverca suis. [11–12] quippe et, Collinas ad fossam moverit herbas, stantia currenti diluerentur aqua. [13–14] audax cantatae leges imponere Lunae et sua nocturno fallere terga lupo, [15–16] posset ut intentos astu caecare maritos, cornicum immeritas eruit ungue genas; [17–18] consuluitque striges nostro de sanguine, et in me hippomanes fetae semina legit equae. [19–20] exorabat opus, verbis ceu blanda peruret saxosamque forat sedula cura viam: [21–22] ‘si te Eoa Dorozantum iuvat aurea ripa et quae sub Tyria concha superbit aqua,
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86 ut pro in F, s. l. corr. F4 88 ipsa W ipse V2, Heins Ƈ locum pro diem V2mg 91 ingressis V2mg Ƈ horruit Vo 93 tarpeia c tarpe(i)o N, P, D tarpeo Fcorr tarpeyo L carpeo F Tarpeium Palmer 94 iniuste F, L, P, Vo V 2 uis om. N, s. l. add. N 3 et om. F, s. l. suppl. F4 sed c 4 ienuno Vo 5 docta N, F4mg, V2, Vo nocto F nocte L, P, D, V Ƈ ypolitum N, F, L, P 6 anus V2mg, Vo 7 penolopem F 9 non ducere N, s. l. F4, D inducere F, L, P 13 cantare N 15 ut c et W 16 ungue N, L, P, D in igne F 18 hippomanes V2 hi(y)ppomenes N, D yppomenes L, P ipomenes F 19 peruret P, Vo perurat V2 perure N, F, L, D, V perurens P2mg 20 forat Rossberg 1877, Palmer ferat W Ƈ cura Barber 1933 gutta Jacob 1847, Baehrens culpa W talpa V2 21 dorozantum N Domazanum Unger 1849 derorantum L, D, V de rorantum F, P deroratum Vo roratum V2
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[85–86] Alles leistete Vorschub dem Schlaf. Doch hat Iuppiter allein entschieden, wach zu bleiben zu deiner Bestrafung. [87–88] Verraten hatte sie das Vertrauen, das die Pforte ihr schenkte, wie auch die schlafende Vaterstadt und strebt einen Tag, den sie selbst festsetzen möchte, als Heiratstermin an. [89–90] Doch Tatius – nicht einmal als Feind zollte er nämlich einem Verbrechen Achtung – gibt ihr zur Antwort: »Heirate, und steige in das Bett meines Königssitzes!« [91–92] Sprach’s, und begrub sie unter den über ihr aufgetürmten Waffen seines Gefolges. Dies, Jungfrau, war die passende Mitgift für deine Dienste! [93–94] Von der Wegweiserin Tarpeia erhielt der Berg seinen Beinamen. O Wächterin, ein ungerechtfertigtes Amt hast du zum Lohn! 5 [1–2] Hoffentlich überzieht die Erde mit Dornen, Kupplerin, dein Grab und verspürt dein Schatten, was du nicht willst: Durst, [3–4] und bleiben dir, wenn du Asche bist, nicht ruhig sitzen die Manen, sondern schreckt Kerberos, der Rächer, ihr scheußliches Gerippe mit hungrigem Gebell auf. [5–6] Darin geschult, selbst einen Hippolyt zur Liebe umzustimmen, wenn er sich ihr verweigert, und einem einigen Paar stets die unheilvollste Vorbotin, [7–8] würde sie auch eine Penelope dazu bringen, ohne auf das Hörensagen über ihren Gatten zu achten, den lüsternen Antinoos zu heiraten. [9–10] Wollte sie es, könnte ein Magnet kein Eisen anziehen und ein Vogel eine Stiefmutter sein zu seinen eigenen Nestlingen; [11–12] würden doch, ließe sie Hexenkräuter vom Collinischen Stadttor auf einen Abflussgraben einwirken, selbst auf festem Boden Stehendes fortgespült vom reißenden Wasser. [13–14] So dreist, den Mond zu behexen, um ihm ihre Gesetze aufzuerlegen, und nächtens ihren Rücken zu verkleiden mit dem Fell eines Wolfs, [15–16] hat sie, um mit ihrer List wachsame Ehemänner zu blenden, schuldlosen Krähen mit dem Fingernagel ausgekratzt ihre Augen. [17–18] Zu Rate gezogen hat sie Schleiereulen über mein Blut und zur Verwendung gegen mich als ›Pferdegeil‹ gesammelt Samen einer trächtigen [statt: Brunstschleim einer rossigen] Stute. [19–20] Sie sucht den Erfolg herbeizuflehen, gerade so, wie mit Worten eine Schmeichelerin Wunden zu verätzen verspricht und emsiges Bemühen Löcher bohrt in eine felsige Straße: [21–22] »Wenn dich im Osten reizt der Dorozanten goldhaltiges Meeresufer und die Seemuschel, die prangt auf tyrischem Meeresgrund,
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[23–24] Eurypylique placet Coae textura Minervae sectaque ab Attalicis putria signa toris, [25–26] seu quae palmiferae mittunt venalia Thebae, murreaque in Parthis pocula cocta focis: [27–28] sperne fidem, provolve deos, mendacia vincant, frange et damnosae iura pudicitiae! [29–30] et simulare virum pretium facit: utere causis! maior dilata nocte recurret amor. [31–32] si tibi forte comas vexaverit, utilis ira: postmodo mercata pace premendus erit. [33–34] denique ubi amplexu Venerem promiseris empto, fac simules puros Isidis esse dies. [35–36] ingerat Apriles Iole tibi, tundat Omichle natalem Maiis Idibus esse tuum. [37–38] supplex ille sedet: posita tu scribe cathedra quidlibet! has artes si pavet ille, tenes. [39–40] semper habe morsus circa tua colla recentes, litibus alternis quos putet esse datos. [41–42] nec te Medeae delectent probra sequacis (nempe tulit fastus ausa rogare prior), [43–44] sed potius mundi Thais pretiosa Menandri, cum ferit astutos comica moecha Getas. [45–46] in mores te verte viri: si cantica iactat, i comes et voces ebria iunge tuas! [47–48] ianitor ad dantes vigilet: si pulset inanis, surdus in obductam somniet usque seram. [49–50] nec tibi displiceat miles non factus amori, nauta nec attrita si ferat aera manu, [51–52] aut quorum titulus per barbara colla pependit, caelati medio cum saluere foro. [53–54] aurum spectato, non quae manus afferat aurum! versibus auditis quid nisi verba feres?
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23 euripilique F, P, Vo Eurypylisve Heins 24 sectaque N, V2, Vo sextaque F, L, P, D, V 25 seu quae s. l. P2 seuque N seu q L seu quam F, P, D se quam Fcorr 27 micant F 28 frange et c frangent W 29 clausis F, corr. F 30 decurret F 34 simules c, om. F, L, P, D, V similes N, F4mg, P2, V2ras, Vo Ƈ isidis c, Beroaldo, Baehrens Isidos Hertzberg, Havet sideris W Ƈ dies N, F, V2, Vo deos L, P, D, V 35 tibi tundat N, P tibi tondat L, D circumdat Fras Ƈ Omichle Palmer omicle s. l. Ncorr, F, L, P omincle D amicle N amycle V2ras amidae Vo 36 maiis D, Vo mais L. Müller malis N, F, L, P, V 38 quidlibet N, s. l. F4 quodlibet Vo quilibet F, L, P, D, V Ƈ pauet N, F2mg, L, D, V panes F, Vo timet P 39 circum P 40 alternis N, F2mg, V2, Vo alterius F, L, P, D, V Ƈ putet N, F, P, D, V, om. Vo putat L 41 nec N, Vo non F, L, P, D, V 43 speciosa Vo 44 getes N 47 dantes W dantis CIL IV 1894 = CLE 1785 B Ƈ pulset W pulsat CIL IV 1894, c 48 obductam W, CIL IV 1894 abductam Vo 50 a(e)ra F2mg, Pras, D acra N, F, L ora P2 52 c(a)elati N, F, L, P, D, V elati Vo cretati Passerat, Casellio Ƈ saluere N, F4, L, P, V2 saliere F, D, V siluere Vo
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[23–24] dir gefällt des Königs Eurypylos Tuch koischer Webkunst und zusagen die modrigen Bildmotive, die ausgeschnitten wurden aus golddurchwirkten Polsterstoffen, dem attalischem Plüsch, [25–26] oder die Waren, die uns schickt das Palmen tragende Theben, und die Becher aus Flussspat, die gebrannt wurden in parthischen Öfen, [27–28] dann verachte die Treue zum gegebenen Wort, wälze vor dir her die Götter, lass Lügen siegen und brich die Gesetze des so kostspieligen Anstands! [29–30] Auch nur vorzugaukeln, einen Mann zu haben, zahlt sich aus. Ziehe Nutzen aus Vorwänden! Heftiger wird, hast du verschoben die vereinbarte Nacht, eilends zurückkehren die Liebe. [31–32] Wenn er dir etwa die Haare zerzausen sollte, ist dir von Nutzen der Zorn. Hernach wird er, hat erkauft er den Frieden, sich schröpfen lassen. [33–34] Sobald du ihm schließlich, hat er deine Umarmungen vorausbezahlt, Liebe versprochen hast, spiegele tunlichst vor, es seien gerade Keuschheitstage der Isis. [35–36] Es trichtere die Tage des April Iole dir ein, es hämmere Omichle [oder: Amykle] dir ein, am fünfzehnten Mai sei dein Geburtstag. [37–38] Sitzt demütig bittend er da, so schreibe, hast du den Armsessel dir hinstellen lassen, du nur das erstbeste! Wenn vor diesen Kniffen er zittert und bebt, hast du ihn fest in der Hand. [39–40] Immer trage rings um deinen Hals frische Bissmale, dass er glaubt, in Liebeshändeln mit Nebenbuhlern seien sie dir zugefügt worden. [41–42] Ergötze dich nicht an den Vorhaltungen der Medeia, die einem Mann nachlief – erntete sie doch Hochmut, als sie um die Hand anzuhalten wagte vor ihm, [43–44] sondern lieber an der sündhaft teuren Thaïs des weltmännischen Menander, wenn sie in der Lustspielrolle einer Hetäre zum Narren hält Leute vom Schlage des listigen Geta. [45–46] Auf die Unsitten des Mannes gehe ein! Wenn er Lieder schmettert, falle als Begleiterin seines Gesangs mit ein und vereinige mit seiner trunken lallend deine Stimme! [47–48] Der Türhüter halte für solche sich wach, die Geschenke mitbringen. Wenn einer anklopfen sollte, der mit leeren Händen kommt, träume taub für das Ächzen des vorgeschobenen Riegels er fort. [49–50] Weder missfalle dir ein Soldat, der nicht geschaffen ist für die Liebe, noch ein Seemann, wenn er nur Kupfergeld entrichtet mit schwieliger Hand, [51–52] oder einer von denen, denen ein Preisschild um ihren Barbarenhals hing, als tätowiert sie herumhüpften mitten auf dem Marktplatz. [53–54] Schau auf das Gold, nicht auf die Hand, die zu dir mitbringt das Gold! Lauschst du Versen, was außer Geschwätz wird es dir einbringen?
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[55–56] quid iuvat ornato procedere, vita, capillo et tenues Coa veste movere sinus? [57–58] qui versus, Coae dederit nec munera vestis, istius tibi sit surda sine arte lyra. [59–60] dum vernat sanguis, dum rugis integer annus, utere, ne quid cras libet ab ore dies! [61–62] vidi ego odorati victura rosaria Paesti sub matutino cocta iacere Noto.’ [63–64] his animum nostrae dum versat Acanthis amicae, per tenues ossa a! sunt numerata cutes. [65–66] sed cape torquatae, Venus o regina, columbae ob meritum ante tuos guttura secta focos! [67–68] vidi ego rugoso tussim concrescere collo sputaque per dentes ire cruenta cavos [69–70] atque animam in tegetes putrem exspirare paternas; horruit algenti pergula curva foco. [71–72] exsequiae fuerant rari furtiva capilli vincula et immundo pallida mitra situ [73–74] et canis, in nostros nimis experrecta dolores, cum fallenda meo pollice clatra forent. [75–76] sit tumulus lenae curto vetus amphora collo: urgeat hunc supra vis, caprifice, tua. [77–78] quisquis amas, scabris hoc bustum caedito saxis, mixtaque cum saxis addite verba mala!
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VI [1–2] Sacra facit vates: sint ora faventia sacris, et cadat ante meos icta iuvenca focos. [3–4] cera Philiteis certet Romana corymbis, et Cyrenaeas urna ministret aquas.
55 uitta D uincta s. l. F3, P 56 tenere F 57 qui N, P2ras, V2, Vo quid F, L, P, D 58 istius cod. Groning. bibl. Univ. 159 ipsius W Ƈ arte F, L, P, D aere N, V2mg 60 nec V2, Vo 63 animum c animos V2 animus N, L, P, Vo animis F, D, V 64 tenues … cutes W tenuem … cutem Jacob Ƈ ossa a! Postgate 1880 ossa W ossa mihi Jacob ossa a me Barber 67 concrescere W crebrescere Housman 68 canos F, L, P 69 putem V2mg, Vo Ƈ patrinas D, V 70 pergula c percula N, L, P, D peruula F paruula D2 pocula V2 Ƈ curua W curta c 71 fuerant W fuerint Graeve fuerunt Passerat 72 pallia N 73 experrecta F, D, V exporrecta N, L, P, V2, Vo 74 clatra c, Beroaldo caltra N, F, L, D, V claustra c cultra P, V2 cultura Vo 77 c(a)edito W caedite c, Lievens 78 addite N, F2, L, P, D adi(i)ce Vo, c addita F VI 1 facis V2, Vo Ƈ sunt Vo 2 cadat N, V2, Vo cadet F, L, P, D, V Ƈ ista F 3 cera W serta Scaliger Ƈ philiteis c, Beroaldo philippeis W Ƈ certet W certent Scaliger
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[55–56] ›Was hilft es, mein Leben, auszugehen mit zurechtgemachtem Haar und hauchdünne Faltenwürfe aus koischem Kleiderstoff zu bewegen?‹ [57–58] Wer Verse, aber keine Geschenke aus koischem Kleiderstoff überreicht, dessen Leierspiel stoße bei dir auf taube Ohren, die es als kunstlos verwerfen. [59–60] Solange im Lenz steht das Blut, solange von Runzeln unbehelligt ist das Alter, genieße es, hast du doch zu befürchten, ein bisschen könnte morgen schon nippen von deines Antlitzes Liebreiz der Tag. [61–62] Ich sah schon Rosen von Beeten des duftenden Paestum, die leben zu bleiben versprachen, unter morgendlichem Südwind verdorrt am Boden liegen.« [63–64] Solange mit diesen Reden Akanthis meiner Freundin den Kopf verdrehte, ließen ach! meine Knochen sich zählen durch die dünne Haut. [65–66] Doch nimm, o Königin Venus, für dein Verdienst das Dankopfer entgegen, dass einer Ringeltaube die Kehle durchschnitten wurde vor deinem Brandaltar! [67–68] Ich sah Husten sich verkrampfen in ihrem runzligen Hals, blutigen Speichel durch ihre Zahnlücken dringen [69–70] und ihren faulig riechenden Atem sie aushauchen auf Binsenmatten aus ihres Vaters Zeiten; es schauerte ihr windschiefer Schuppen vor der Eiseskälte seines frierenden Herds. [71–72] Das Letzte Geleit ihr gegeben hatten verstohlen ihr spärliches Haar verdeckende Stirnbänder, eine von widerwärtigem Moder verblichene Nachthaube [73–74] und eine Hündin, die, zu meinem Leidwesen allzu hellhörig, aufgewacht wäre, wenn ich hätte überlisten müssen mit meinem Daumen das Fenstergitter. [75–76] Als Urne eines Grabhügels diene der Kupplerin eine alte Amphore mit abgebrochenem Hals; es drücke auf ihn oben mit Macht deine Kraft, Wildfeigenbaum! [77–78] Einerlei, wer du bist, der du liebst, steinige dieses Urnengrab mit scharfkantigen Felsbrocken, und fügt, mit den Felsbrocken zu einem Hagel vermischt, Verwünschungen hinzu! 6 [1–2] Weihehandlungen vollzieht der als Priester waltende Dichter. Mit andächtigem Schweigen verhelfe der Mund zum Erfolg den Weihehandlungen, und zu Boden sinke, vom Hammerschlag getroffen, eine Färse vor meinem Brandaltar. [3–4] Die römische Wachstafel wetteifere mit philitaiischen Efeudolden, und ein Tonkrug warte auf mit kyrenaiischem Wasser.
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[5–6] costum molle date et blandi mihi turis honores, terque focum circa laneus orbis eat. [7–8] spargite me lymphis, carmenque recentibus aris tibia Mygdoniis libet eburna cadis. [9–10] ite procul fraudes, alio sint aëre noxae: pura novum vati laurea mollit iter. [11–12] Musa, Palatini referemus Apollinis aedem: res est, Calliope, digna favore tuo. [13–14] Caesaris in nomen ducuntur carmina; Caesar dum canitur, quaeso, Iuppiter ipse vaces! [15–16] est Phoebi fugiens Athamana ad litora portus, qua sinus Ioniae murmura condit aquae, [17–18] Actia Iuleae pelagûs monumenta carinae, nautarum votis non operosa via. [19–20] huc mundi coiere manus: stetit aequore moles pinea, nec remis aequa favebat avis. [21–22] altera classis erat Teucro damnata Quirino, pilaque feminea turpiter acta manu: [23–24] hinc Augusta ratis plenis Iovis omine velis, signaque iam patriae vincere docta suae. [25–26] tandem aciem geminos Nereus lunarat in arcus, armorum et radiis icta tremebat aqua, [27–28] cum Phoebus linquens stantem se vindice Delon (nam tulit iratos mobilis una Notos) [29–30] astitit Augusti puppim super et nova flamma luxit in obliquam ter sinuata facem. [31–32] non ille attulerat crines in colla solutos aut testudineae carmen inerme lyrae, [33–34] sed quali aspexit Pelopeum Agamemnona vultu egessitque avidis Dorica castra rogis,
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9 sunt Vo Ƈ atre F, corr. F4 11 referamus V, Vo 12 furore V2mg, Vo 17 accia D, V 18 tuto pro uia F, in marg. corr. F4 20 equis pro auis V2mg 21 teucro N, s. l. F2, L, P, D, Vo teutro F tenero D2, V Ƈ dampnata N 22 acta s. l. F2, in marg. P2, D apta N, F, L, P 23 hic F, V2 Ƈ angusta N 25 nereus F4 neruis W Ƈ lunarat F, P2, V limarat N, P, D, Vo liniarat L laniarat L2 26 armorum et W armorumque V2 Ƈ icta Dausqueius, Heins, cf. Tac. ann. 2,61,1 picta W Ƈ tremabat F, s. l. corr. F4 27 liqueus F Ƈ iudice Vras Ƈ dolon L 28 non pro nam s. l. F2 Ƈ una c, Volsco ante Lips unda W 30 simulata D2, V 34 egessitque V2 egissetque W
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[5–6] Lieblich duftenden Lavendel gewährt mir, mit verführerisch riechendem Weihrauch erweist mir die Ehre, und drei Mal laufe rings um den Brandaltar ein wollenes Band. [7–8] Besprengt mich mit klarem Quellwasser, und lasst eine elfenbeinerne Rohrpfeife Lieder dem frisch aufgeschichteten Altar spenden aus mygdonischen [phrygischen] Krügen! [9–10] Geht von hinnen, Lug und Trug! In der Himmelsluft einer anderen Gegend sei Platz für Vergehen! Unentweiht ebnet dem als Priester waltenden Dichter der Lorbeer einen neuen Weg: [11–12] Muse, Apollons Tempel auf dem Palatin will ich preisen. Der Gegenstand verdient, Kalliope, deinen Segen. [13–14] Zu Caesars Ruhm werden Verse zu einem Lied gesponnen. Solange Caesars Lob gesungen wird, nimm selbst du, Iuppiter, dir die Zeit, ihm dein Ohr zu leihen! [15–16] Es ist Phoibos Apollons zu der Athamanen Gestade zurückweichende Reede, wo die Bucht verschluckt das Tosen der Brandung des ionischen Meeres, [17–18] Aktions Denkmal des Seesiegs der julischen Flotte und Seeleuten, die Gelübde ihm leisten, ein nicht mühsamer Zufluchtsweg. [19–20] Hier trafen aufeinander die Streitkräfte der ganzen Welt. Es stand zur Schlacht auf dem Meer aufgestellt ein Massenaufgebot aus Fichtenholz, doch war das Kriegsglück den Ruderern nicht gleich hold. [21–22] Die Flotte der anderen Seite war dazu verdammt, dem teukrischen Quirinus zuzufallen, und die Wurfspieße schimpflich gelenkt von Frauenhand. [23–24] Hier auf unserer stand des Augustus Flaggschiff mit vollen, von Iuppiters günstiger Brise geschwellten Segeln und Banner, die schon darin geschult waren, für ihr Vaterland zu siegen. [25–26] Schließlich hatte Nereus die Front mondförmig zur Doppelsichel gekrümmt und bebte, von den Strahlen der schimmernden Rüstungen getroffen, die See, [27–28] da verlässt Phoibos Apollon Delos, das auf festen Füßen steht mit ihm als seinem Beschützer, denn es trotzte die bewegliche Insel als einzige den erzürnten Winden. [29–30] Geschwebt hat er über des Augustus Schiffsheck, und ein noch nie gesehener flammender Himmelskörper leuchtete, zu einer sich schlängelnden Sternschnuppe drei Mal gekrümmt, hell auf. [31–32] Nicht hatte er sich eingefunden mit bis zum Nacken lose herabfallendem Haar oder mit waffenlosem Gesang zur Leier aus Schildpatt, [33–34] sondern mit einem Gesichtsausdruck wie dem, mit dem er anblickte den Pelopsspross Agamemnon und entvölkerte das dorische Heerlager, gierigen Scheiterhaufen zum Fraß,
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[35–36] aut qualis flexos solvit Pythona per orbes serpentem, imbelles quem timuere lyrae. [37–38] mox ait: ‘o Longa mundi servator ab Alba, Auguste, Hectoreis cognite maior avis, [39–40] vince mari: iam terra tua est. tibi militat arcus et favet ex umeris hoc onus omne meis. [41–42] solve metu patriam, quae nunc te vindice freta imposuit prorae publica vota tuae. [43–44] quam nisi defendes, murorum Romulus augur ire Palatinas non bene vidit aves. [45–46] et nimium remis audent prope: turpe Latinis principe te fluctus regia vela pati. [47–48] nec te, quod classis centenis remiget alis, terreat: invito labitur illa mari; [49–50] quodque vehunt prorae Centaurica saxa minantes: tigna cava et pictos experiere metus. [51–52] frangit et attollit vires in milite causa; quae nisi iusta subest, excutit arma pudor. [53–54] tempus adest, committe rates! ego temporis auctor ducam laurigera Iulia rostra manu.’ [55–56] dixerat, et pharetrae pondus consumit in arcus; proxima post arcus Caesaris hasta fuit. [57–58] vincit Roma fide Phoebi; dat femina poenas: sceptra per Ionias fracta vehuntur aquas. [59–60] at pater Idalio miratur Caesar ab astro: ‘sum deus; est nostri sanguinis ista fides.’ [61–62] prosequitur cantu Triton, omnesque marinae plauserunt circa libera signa deae. [63–64] illa petit Nilum cumba male nixa fugaci: hoc unum, iusso non moritura die.
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35 qualis W quali c, Rossberg 1883 Ƈ phytona P phitona F, L phythona Vo 38 augustae D, V, corr. V2 Ƈ hectoreis N, F4mg, L, P, D hector ait F 39 mihi pro tibi V2mg, Vo 41 iudice N 43 quem F, corr. F4 Ƈ augur W auctor c 45 et W en c, Pucci, Ayrmann ah vel heu Kershaw 1992 Ƈ nimium N, F2mg, V2, Vo numen L, P, D, V lumen F, D2mg Ƈ latinis W Latinos Markland, Burman 46 incipe L, P 47 remiget N, s. l. F4, L, P, D remigat c, Schrader remiges F 48 inuicto F, corr. F4 et multo V2mg 49 quique L, P quotque c, Carutti Ƈ centauria N, s. l. corr. N Ƈ numantis D, V2, corr. D2 50 experiere N, V2 experiare F2mg, L, P, D expirare F 54 uilia N, L, Vo, s. l. corr. N 57 ph(o)ebi N, F2, P, D plebi F, L 59 eat N, corr. N Ƈ ydalio L, P italio N 60 est N, F, L, D, V et D, V2mg, Vo Ƈ uestri L, D, V, corr. V2 63 illa N, s. l. F4, P, V2 ille F, L, D
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[35–36] oder so, wie er durch die Ringe seines Schuppenpanzers hindurch Python, den Drachen, erlegte, vor dem sich fürchteten der Musen unkriegerische Leiern. [37–38] Alsdann sprach er: »O Augustus, du Retter der Welt aus Alba Longa, der du dich als größer erwiesest als deine Ahnen aus Hektors Zeit, [39–40] siege zur See! Das Land ist schon dein. Dir leistet Kriegsdienst mein Bogen und ist gewogen diese ganze Bürde des Köchers mit seinen Pfeilen, die herabhängt von meinen Schultern. [41–42] Erlöse von Furcht das Vaterland, das in dem Vertrauen, das es jetzt in dich als seinen Beschützer setzt, die Wünsche und Gebete seiner Bevölkerung aufgeladen hat deinem Schiff. [43–44] Wenn du es nicht verteidigen wirst, hat Romulus als nach dem Vogelflug Stadtmauern erbauender Augur nicht richtig ziehen gesehen die palatinischen Vögel. [45–46] Schon wagen sich die Feinde mit ihren Rudern allzu nahe heran. Beschämend ist’s für die Lateinisch sprechenden Römer, dass – mit dir als ihrem Staatsoberhaupt! – die Meeresfluten Segel einer Königin zu erdulden haben. [47–48] Lasse dich nicht, wenn ihre Flotte mit Hunderterflügeln rudern sollte, davon einschüchtern – es treibt sie gegen den Willen des Meeres dahin; [49–50] und wenn mitführen die Bugs ihrer Schiffe mit kentaurischen Felsbrocken drohende Riesen – als ausgehöhlte Planken und bemalte Schreckgespenster wirst du sie entlarven. [51–52] Es schwächt oder hebt die Kräfte beim Soldaten die Sache; wenn keine gerechte dahinter steht, schlägt ihm die Waffe aus der Hand die Scham. [53–54] Der richtige Zeitpunkt ist da. Lasse die Schiffe zusammenprallen! Ich, der ich mich für den richtigen Zeitpunkt verbürge, werde die julischen Schiffsschnäbel lenken mit Lorbeer tragender Hand.« [55–56] Sprach’s, und verwendet seines Köchers schwere Last für seinen Bogen. Die nächste Waffe nach seinem Bogen ist Caesars Lanze gewesen. [57–58] Es siegt Rom durch die Bündnistreue Phoibos Apollons, es zahlt die Frau ihre Strafe – ihr Zepter treibt in Stücke zerbrochen auf dem Ionischen Meer umher. [59–60] Doch bekundet Caesar, der Vater, seine Bewunderung von dem über Idalion stehenden Stern aus: »Ich bin ein Gott! Mein eigen Fleisch und Blut erbringt dafür den sicheren Beweis.« [61–62] Es begleitet ihn mit Bläserklang Triton, und Beifall klatschten rings um die Freiheitsbanner alle Meeresgöttinnen. [63–64] Jene aber steuert den Nil mit einer flüchtigen Jolle an, auf die sie sich zu ihrem Unheil verließ. Dieser eine Ausweg verblieb ihr, wollte sie nicht sterben an einem ihr befohlenen Tag.
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[65–66] di melius! quantus mulier foret una triumphus, ductus erat per quas ante Iugurtha vias! [67–68] Actius hinc traxit Phoebus monumenta, quod eius una decem vicit missa sagitta rates. [69–70] bella satis cecini: citharam iam poscit Apollo victor et ad placidos exuit arma choros. [71–72] candida nunc molli subeant convivia luco, blanditiaeque fluant per mea colla rosae, [73–74] vinaque fundantur prelis elisa Falernis, perque lavet nostras spica Cilissa comas. [75–76] ingenium positis irritet Musa poetis: Bacche, soles Phoebo fertilis esse tuo. [77–78] ille paludosos memoret servire Sygambros, Cepheam hic Meroën fuscaque regna canat, [79–80] hic referat sero confessum foedere Parthum. reddat signa Remi, mox dabit ipse sua; [81–82] sive aliquid pharetris Augustus parcet Eois, differat in pueros ista tropaea suos. [83–84] gaude, Crasse, nigras si quid sapis inter harenas: ire per Euphraten ad tua busta licet. [85–86] sic noctem patera, sic ducam carmine, donec iniciat radios in mea vina dies.
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VII [1–2] Sunt aliquid Manes: letum non omnia finit, luridaque evictos effugit umbra rogos. [3–4] Cynthia namque meo visa est incumbere fulcro, murmur ad extremae nuper humata viae, [5–6] cum mihi Somnus ab exsequiis penderet amoris, et quererer lecti frigida regna mei. [7–8] eosdem habuit secum quibus est elata capillos, eosdem oculos, lateri vestis adusta fuit,
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65 tantus F 67 actius hinc traxit N, F4, Pras, D hinc actius intraxit L actius intraxit F Ƈ monimenta N, L, P 70 toros L, Dmg 72 blandicitiae L blanditaeque cod. Paris. Lat. 8458, Scaliger 74 perque lauet W terque lavet V2 perluat et Morgan 1986 75 potis D, V Ƈ irritet W irritat Canter, Lievens 76 solet F, s. l. corr. F4 77 sy(i)cambros F, L, P, D 78 cephean N, F, L, Vo Ƈ meroen V2 meroin N, L, P meroyn F miroin V mereoen D, Vo 79 hic N, V2 haec F, L, P hoc D Ƈ sero N, F4, P, V2, Vo ferro F3, D, V fere F 80 reddat W reddit cod. Groning. bibl. Univ. 159, Ayrmann 81 aliquid c aliquis W 85 noctem N, P2, V2 uoctem s. l. F4, P uocem F, L, D 86 iniciat in marg. F2 iniiciat D iniat F Ƈ carmina N VII 1 l(a)etum non N, F4, L, P, D non letum F 2 euictos F4 euinctos F, L, D eiunctos N, P 4 marmor V2 5 ab exequiis somnus P2, V2, Vo Ƈ amores N 6 quereret F 7 eosdem c hosdem W Ƈ et elapsa F, in marg. corr. F4 Ƈ capillis N, F, L 8 hosdem F, L, P, D
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[65–66] Die Götter haben es besser gefügt. Welch großer Triumph wäre denn ein Weib allein auf Straßen, durch die vormals geführt worden ward ein Iugurtha! [67–68] Der Phoibos Apollon von Aktion aber erlangte hiervon sein Denkmal, dass er nur einen Pfeil abzuschießen brauchte, um über zehn Schiffe zu siegen. [69–70] Von Krieg habe genug ich gesungen. Die Kithara verlangt nunmehr Apollon als der Sieger und legt ab seine Waffen zu friedlichen Tänzen. [71–72] Weißgekleidet gehe jetzt die Festgesellschaft hinauf zum lieblichen Hain, und der betörende Duft der Rose umströme meinen Hals. [73–74] Wein schenke man ein, der ausgestoßen wurde von Falernischen Pressen, und kilikisches Safranöl durchtränke unser Haar. [75–76] Die Begabung rege die Muse an, haben sich zum Gelage niedergelassen die Dichter. Bakchos, du pflegst segensreich zu sein für deinen geliebten Bruder Phoibos Apollon. [77–78] Einer würdige, dass sich unterworfen haben die in Sümpfen hausenden Sugambrer; von Meroë, des Kepheus Stadt, und von dem Königreich mit der dunkelhäutigen Bevölkerung singe ein anderer; [79–80] ein dritter verkünde, spät erst habe seine Niederlage mit einem Friedensvertrag eingestanden der Parther. Gibt er zurück die Standarten des Romulus, wird schon bald er hergeben selbst seine eigenen; [81–82] oder wenn Augustus noch etwas schonen will die Bogenschützen des Morgenlandes, verschiebe er den Triumph mit diesen Trophäen bis zu seinen Enkeln. [83–84] Freue dich, Crassus, sofern du überhaupt etwas verspürst in der Todesfinsternis der Sanddünen! Über den Euphrat überzusetzen zu deiner Grabstätte steht uns frei.« [85–86] So will mit einer Trinkschale in der Hand, so mit Liedern auf den Lippen ich die Nacht zubringen, bis Sonnenstrahlen in meinen Wein hineinwirft der Tag. 7 [1–2] Es haben etwas zu bedeuten die Manen; der Tod setzt nicht allem ein Ende, sondern es entweicht ein leichenblasser Schatten überwundenen Scheiterhaufen. [3–4] Cynthia nämlich sah ich, obwohl sie vor kurzem beerdigt wurde am Rand einer lauten Straße, sich beugen über das Kopfende meines Lagers, [5–6] als über mir der Schlafgott schwebte von der Bestattung meiner Liebe und ich mich beklagte über mein eiskaltes Königreich Bett. [7–8] Mit denselben Haaren wie denen erschien sie mir, mit denen zu Grabe sie wurde getragen, mit denselben Augen. Doch ist an der Seite ihr Kleid angesengt gewesen
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[9–10] et solitum digito beryllon adederat ignis, summaque Lethaeus triverat ora liquor. [11–12] spirantisque animos et vocem misit, at illi pollicibus fragiles increpuere manus: [13–14] ‘perfide nec cuiquam melior sperande puellae, in te iam vires somnus habere potest? [15–16] iamne tibi exciderant vigilacis furta Suburae et mea nocturnis trita fenestra dolis? [17–18] per quam demisso quotiens tibi fune pependi, alterna veniens in tua colla manu! [19–20] saepe Venus trivio commissa est, pectore mixto fecerunt tepidas pallia nostra vias, [21–22] foederis heu taciti, cuius fallacia verba non audituri diripuere Noti! [23–24] at mihi non oculos quisquam inclamavit euntes: unum impetrassem te revocante diem: [25–26] nec crepuit fissa me propter harundine custos, laesit et obiectum tegula curta caput. [27–28] denique quis nostro curvum te funere vidit, atram quis lacrimis incaluisse togam? [29–30] si piguit portas ultra procedere, at illuc iussisses lectum lentius ire meum. [31–32] cur ventos non ipse rogis, ingrate, petisti? cur nardo flammae non oluere meae? [33–34] hoc etiam grave erat, nulla mercede hyacinthos inicere et fracto busta piare cado? [35–36] Lygdamus uratur – candescat lamina uernae; sensi ego, cum insidiis pallida vina bibi – [37–38] aut Nomas – arcanas tollat versuta salivas; dicet damnatas ignea testa manus.
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9 beryllos N Ƈ ademerat D, corr. V2 13 sperandae D, V speranda V2 15 exciderant W exciderunt c, Lievens, Scaliger Ƈ uigilantis F2 Ƈ furta N, V2 tecta F, L, P, D Ƈ subur(a)e s. l. N, F, P, V2 subire F4, L, D subuae N 16 trista L certa P 19 tremo F, in marg. corr. F4 Ƈ commista F commixta N, L, P, D, V Ƈ est W et Guyet, Heins 20 tepidas N, P2 trepidas F, L, P, D Ƈ pallia N, V2, Vo palia F4mg pectora F, L, P, D, V 23 oculis N, s. l. corr. N Ƈ inclinauit Vo 25 fixa F 30 iussisset N, s. l. corr. N Ƈ letum D, V 33 erit F, L, P, D 35 ligdamus F4 ligdania F Ƈ iuuetur F, s. l. corr. F4 36 pallia N 37 aut W at V2 ut c, Rossberg 1883 Ƈ colat P2mg Ƈ salinas N, F, L, D, V sabinas P
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[9–10] und hatte den an ihren Ringfinger gewöhnten Beryll angefressen das Feuer sowie die Haut ihres Antlitzes abgescheuert Lethes Gewässer. [11–12] Und es ließ den Gefühlen und der Stimme eines noch atmenden Menschen sie freien Lauf, doch haben ihr mit den Daumen geknackt die zerbrechlichen Hände: [13–14] »Treuloser Kerl, von dem kein Mädchen zu erwarten hat, dass besser zu ihm du bist als zu mir, vermag über dich schon Macht zu haben der Schlaf? [15–16] Sind dir schon entfallen die Geheimnisse des Nachtschwärmerviertels Subura, und hast du bereits vergessen das Fenster, das abgewetzt wurde von nächtlichen Tricks? [17–18] Wie viele Male habe an einem durch dieses Fenster zu dir hinabgelassenen Strick ich gehangen, wenn ich auf deinen Nacken hinuntergeklettert kam mit wechselndem Griff meiner Hände! [19–20] Oft haben wir unsere Liebe einem Straßenplatz anvertraut, haben, schmiegte Brust sich an Brust, eine Straße erwärmt unsre Mäntel, [21–22] ach, du geheimer Liebesbund, dessen trügerischen Worte, um sie nicht hören zu müssen, zerstreuten die Winde! [23–24] Doch hat niemand meinen Namen geschrieen, als dahinschieden meine Augen. Einen Tag noch hätte ich gewonnen, hättest du mich zurückgerufen. [25–26] Auch klapperte nicht in meiner Nähe mit gespaltenem Rohr ein Wächter, sondern verletzte, schutzlos ihr preisgegeben, eine Dachziegelscherbe meinen Kopf. [27–28] Kurzum, wer hat dich gramgebeugt auf meinem Begräbnis gesehen, wer, dass in Schwarz sich von Tränen hat erwärmt deine Toga? [29–30] Wenn es dich schon verdross, mir über das Stadttor hinaus das Letzte Geleit zu geben, hättest du wenigstens anordnen sollen, dorthin langsamer zu gehen mit meiner Bahre. [31–32] Warum hast du nicht selber, undankbarer Kerl, um Winde für den Scheiterhaufen gebeten? Warum haben nicht nach Nardenöl geduftet meine Flammen? [33–34] War dies schon dir lästig, Hyazinthen, die dich doch nichts gekostet hätten, darauf zu werfen und mein Urnengrab heiligzuhalten mit der Zertrümmerung eines Weinkrugs? [35–36] Lygdamos foltere man mit glühender Kohle – bis zur Weißglut erhitze man die Klinge eines Dolches für ihn, den im Haus aufgewachsenen Sklaven; gespürt habe ich das Gift, als ich den vom Mordanschlag schreckensbleichen Wein trank – [37–38] oder Nomas – mag sie auch verschlagen, wie sie ist, beiseite schaffen geheimnisvollen Speichel, schuldig sprechen wird feuersglutheißer Backstein ihre Hände.
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[39–40] quae modo per viles inspecta est publica noctes, haec nunc aurata cyclade signat humum; [41–42] et graviora rependit iniquis pensa quasillis, garrula de facie si qua locuta mea est; [43–44] nostraque quod Petale tulit ad monumenta coronas, codicis immundi vincula sentit anus; [45–46] caeditur et Lalage tortis suspensa capillis, per nomen quoniam est ausa rogare meum. [47–48] te patiente meae conflavit imaginis aurum, ardente e nostro dotem habitura rogo. [49–50] non tamen insector, quamvis mereare, Properti: longa mea in libris regna fuere tuis. [51–52] iuro ego Fatorum nulli revolubile carmen, tergeminusque canis sic mihi molle sonet, [53–54] me servasse fidem; si fallo, vipera nostris sibilet in tumulis et super ossa cubet. [55–56] nam gemina est sedes turpem sortita per amnem, turbaque diversa remigat omnis aqua: [57–58] una Clytaemestrae stuprum vehit, altera Cressae portat mentitae lignea monstra bovis. [59–60] ecce coronato pars altera parca phaselo, mulcet ubi Elysias aura beata rosas, [61–62] qua numerosa fides, quaque aera rotunda Cybebes mitratisque sonant Lydia plectra choris. [63–64] Andromedeque et Hypermestre, sine fraude maritae, narrant historiae peiora nota suae: [65–66] haec sua maternis queritur livere catenis bracchia nec meritas frigida saxa manus; [67–68] narrat Hypermestre magnum ausas esse sorores, in scelus hoc animum non valuisse suum. [69–70] sic mortis lacrimis vitae sanamus amores; celo ego perfidiae crimina multa tuae.
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41 et W at Markland Ƈ rependit N, F4mg, V2 fundit F, L, D effundit P 43 monimenta N 44 sensit P 45 lalace N, F, L, P 46 negare V2 48 ardente c ardent W Ƈ e F, L, P, D, V e’ N ex V2, Vo 51 iure L, V2 Ƈ carmen om. L 57 clytaemnestra D, V2, Vo clytemmestrae V 59 parca Damsté 1925 parta W rapta Palmer 60 aelysas N lisas F, L helisias in marg. F4 61 qu(a)e F, L Ƈ quaque aera rotunda P2mg, Turnèbe qua qu(a)erar ut unda N, V2 qua quaerat ut unda L, P, D quae quaerat et unda s. l. F4 quae quaerat nuda F Ƈ Cybebes Itali cybeles N cy(i)belles F, L, P, D 63 andromad(a)eque F, L, P, D 64 peiora nota Flach nota pericla Heimrich 1863, Cranstoun 1875 pectora nota W tempora nota Ayrmann 65 nec F4 Ƈ sua maternis c sum(m)a (a)eternis N, Fcorr, L, P, D summa ecternis F
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[39–40] Sie, die man sich eben noch mit prüfendem Blick als Straßenmädchen angeschaut hat in wohlfeilen Nächten, malt nun mit ihrem goldumsäumten Reifrock Kreise auf den Boden. [41–42] Auch zahlt sie, wenn von meiner Schönheit eine Sklavin ihres Haushalts hat geplappert, es ihr als schwerere Tagesmengen mit unbilligen Wollkörbchen heim; [43–44] und weil Petale zu meinem Grabmal brachte die Kränze, bekommt eines schmutzigen Holzblocks Ketten sie zu spüren bei ihrem hohen Alter. [45–46] Ausgepeitscht gar wird Lalage – aufgehängt an ihren Zöpfen! –, weil sie, auf mich sich berufend, eine Bitte auszusprechen sich getraute. [47–48] Mit deiner stillschweigenden Duldung schmolz sie ein das Gold meiner Büste, um Mitgift zu erlangen von meinem lodernden Scheiterhaufen. [49–50] Nicht schelte gleichwohl ich dich, so sehr du es auch verdientest, Properz. Lange hat meine Herrschaft gewährt in deinen Büchern. [51–52] Schwören kann ich bei dem zu keines Gunsten umkehrbaren Spruch der Parzen, und so wahr mich der dreiköpfige Höllenhund freundlich anbellen möge, [53–54] dass ich dir bewahrte die Treue. Wenn ich lüge, soll eine Viper auf meinem Grabhügel zischen und über meinen Gebeinen sich betten. [55–56] Denn ein Wohnsitz mit zwei Hälften ist vom Los bestimmt durch den schauerlichen Strom, und es rudert ihre [in der Finsternis der beiden Hälften des Tartaros hausende] Bevölkerung allemal auf dem sich gabelndem Gewässer: [57–58] Das eine fährt Klytaimnestras Ehebruch, das andere von beiden befördert der Kreterin hölzernes Ungetüm einer vorgetäuschten Kuh. [59–60] Doch schau nur, der andere von beiden Teilen der Totenschar [die Bevölkerungsgruppe der Seligen] bescheidet sich mit einem bekränzten Nachen, wo ein holdes Lüftchen streichelt Elysions Rosen, [61–62] wo melodisches Saitenspiel und wo die bronzenen Zimbeln der Kybele und lydische Plektren erklingen zu den Reigen mitrahäuptiger Tänzerinnen. [63–64] Andromeda wie auch Hypermestra, beide ohne Fehl und Tadel verheiratet, erzählen von den bekannten schlimmeren Nöten ihrer Lebensgeschichte. [65–66] Diese klagt, durch ihrer Mutter Schuld seien von Ketten blau angelaufen ihre Arme und nicht verdient hätten eiskaltes Felsgestein ihre Hände, [67–68] während Hypermestra erzählt, Ungeheuerliches hätten ihre Schwestern gewagt, sie selbst aber zu diesem Verbrechen nicht den nötigen Mut aufgebracht. [69–70] So heilen wir mit des Todes Tränen des Lebens Liebesgeschichten, verhehle ich aber die vielen Vorhaltungen, zu denen Anlass gäbe deine Treulosigkeit.
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[71–72] sed tibi nunc mandata damus, si forte moveris, si te non totum Chloridos herba tenet: [73–74] nutrix in tremulis ne quid desideret annis: Parthenie potuit, nec tibi avara fuit. [75–76] deliciaeque meae Latris, cui nomen ab usu est, ne speculum dominae porrigat illa novae. [77–78] et quoscumque meo fecisti nomine versus, ure mihi: laudes desine habere meas. [79–80] pelle hederam tumulo, mihi quae pugnante corymbo mollia contortis alligat ossa comis. [81–82] ramosis Anio qua pomifer incubat arvis, et numquam Herculeo numine pallet ebur, [83–84] hic carmen media dignum me scribe columna, sed breve, quod currens vector ab urbe legat: [85–86] HIC TIBVRTINA IACET AVREA CYNTHIA TERRA: ACCESSIT RIPAE LAVS, ANIENE, TVAE. [87–88] nec tu sperne piis venientia somnia portis: cum pia venerunt, somnia pondus habent. [89–90] nocte vagae ferimur, nox clausas liberat umbras, errat et abiecta Cerberus ipse sera. [91–92] luce iubent leges Lethaea ad stagna reverti: nos vehimur, vectum nauta recenset onus. [93–94] nunc te possideant aliae: mox sola tenebo: mecum eris, et mixtis ossibus ossa teram.’ [95–96] haec postquam querula mecum sub lite peregit, inter complexus excidit umbra meos.
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VIII [1–2] Disce, quid Esquilias hac nocte fugarit aquosas, cum vicina novis turba cucurrit agris. [3–4] Lanuvium annosi vetus est tutela draconis, hic, ubi tam rarae non perit hora morae,
72 sed F, L, P, s. l. corr. F2 Ƈ cloridos F, P, D choridos L coridos in marg. F4 doridos V2 73 ut pro in F Ƈ quod F, L, P, s. l. corr. F4 74 phatenie F, L, P Ƈ amara P 75 latrix D, corr. V2 77 om. Vo 79 quemque F, corr. F4 ne Kenney Ƈ pugnante W praegnante Cornelissen 80 mollia c, Volsco, Beroaldo mollis c, Ellis 1886 molli W Ƈ alligat W alliget c, Sandbach 81 anio V2, Vo amo N, F hamo s. l. F2, L, D, V almo P 82 nomine V2 83 hoc F, L, P, D, V 84 uector N, s. l. F4, V2, Vo uictor F, L, P, D, V 85 hic tiburtina iacet P2ras sed tiburtina iacet hic F sed tiburna iacet hic N, D tiburina iacet hic Vras, Vo sed tribuna iacet hic L 86 aniene c aniane N, L, P, D, V auiane F amanae Vo 87 uehementia Vo 92 nauita censet P Ƈ onus om. F, in marg. suppl. F4 93 nunc N, s. l. F4, V2, Vo nec F, L, P, D, V 95 pergit N VIII 1 quod N, F, s. l. corr. F2 2 nobis Vo 3 lanuuium N, F, V2, Vo lami(y)nium L, P, D, V Ƈ annosi om. F, in lac. suppl. F4 Ƈ et L, P 4 rapae N, corr. N Ƈ ora V2
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[71–72] Doch erteile ich dir jetzt meine Weisungen, vorausgesetzt, du wirst vielleicht davon aufgerüttelt, wenn dich nicht vollständig Chloris’ Teufelskraut in Bann hält. [73–74] Meine Amme vermisse nichts in ihren vor Alter zittrigen Jahren: Parthenïe hätte es können, ist dir aber nicht habgierig begegnet. [75–76] Meine Lieblingssklavin Latris, die ihren Namen von ihrer Verwendung in meinem Haushalt hat, reiche nicht den Spiegel in ihrer alten Rolle der neuen Herrin. [77–78] Und all die Verse, die du mir mit Namen gewidmet dichtetest, verbrenne mir gefälligst! Höre das Lob einzuheimsen auf, das mir gebührt! [79–80] Vertreibe Efeu von meinem Grabhügel, der mir, wenn die Beerendolde mit den Blütenblättern ums Sonnenlicht kämpft, meine zarten Gebeine festbindet mit seinem Haarkleid, den sich herumwickelnden Ranken! [81–82] Wo der obstgesegnete Anio sich an Fluren mit üppig verzweigten Bäumen anschmiegt und durch des Herkules segensreiches Walten nie vergilbt das Elfenbein, [83–84] hier schreibe ein meiner würdiges Gedicht mitten auf eine Säule, aber ein kurzes, dass ein galoppierender Gespannfahrer, der von der Hauptstadt kommt, es lese: [85–86] HIER RUHT DIE GÜLDENE CYNTHIA IN TIBURS ERDE. ZUGEWACHSEN IST WEITERER RUHM, ANIO, DEINEM UFER. [87–88] Verwirf nicht die Träume, die kommen von der Seligen Pforte. Wenn als solche von Seligen sie kommen, haben die Träume Gewicht. [89–90] In der Nacht treiben wir uns streunend umher. Die Nacht befreit die tagsüber eingeschlossenen Schatten, und es irrt, hat er sich des Torriegels entledigt, selbst Kerberos frei umher. [91–92] Bei Tageslicht müssen wir, befehlen uns die Gesetze, zu Lethes stehenden Gewässern zurückkehren. Wir werden gefahren; hat er uns gefahren, prüft der Ferge Charon die Ladung. [93–94] Jetzt mögen dich andere besitzen, bald werde ich dich allein in Besitz haben. Mit mir wirst zusammen du sein, und mit dir vereinigt werde Gebein ich an Gebein reiben.« [95–96] Nachdem hiermit, als fechte sie mit mir einen Rechtsstreit aus, geendet sie hatte, entschwand die mir im Traum erschienene Gestalt mitten in meinen Umarmungen. 8 [1–2] Vernimm, was den Esquilin, das mit Wasser wohlversorgte Stadtviertel, in dieser Nacht aufgescheucht hat, als die Anwohner in Scharen gerannt kamen über die Gärten des Neulands! [3–4] Lanuvium ist der alte Hort eines bejahrten Drachens, hier, wo man die Stunde nicht vergeudet, die man zu einem so außergewöhnlichen Halt nutzt,
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[5–6] qua sacer abripitur caeco descensus hiatu, qua penetrat (virgo, tale iter omne cave!) [7–8] ieiuni serpentis honos, cum pabula poscit annua et ex ima sibila torquet humo. [9–10] talia demissae pallent ad sacra puellae, cum temere anguino creditur ore manus. [11–12] ille sibi admotas a virgine corripit escas; virginis in palmis ipsa canistra tremunt. [13–14] si fuerint castae, redeunt in colla parentum clamantque agricolae: ‘fertilis annus erit!’ [15–16] huc mea detonsis avecta est Cynthia mannis: causa fuit Iuno, sed mage causa Venus. [17–18] Appia, dic quaeso, quantum te teste triumphum egerit effusis per tua saxa rotis, [19–20] turpis in arcana sonuit cum rixa taberna; si sine me, famae non sine labe meae! [21–22] spectaclum ipsa sedens primo temone pependit, ausa per impuros frena movere locos. [23–24] serica nam taceo vulsi carpenta nepotis atque armillatos colla Molossa canes, [25–26] qui dabit immundae venalia fata saginae, vincet ubi erasas barba pudenda genas. [27–28] cum fieret nostro totiens iniuria lecto, mulcato volui castra movere toro. [29–30] Phyllis Aventinae quaedam est vicina Dianae, sobria grata parum: cum bibit, omne decet. [31–32] altera Tarpeios est inter Teia lucos, candida, sed potae non satis unus erit. [33–34] his ego constitui noctem lenire vocatis, et Venere ignota furta novare mea. [35–36] unus erat tribus in secreta lectulus herba; quaeris concubitus? inter utramque fui.
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6 inter Vo 7 ienum F, in marg. corr. F4 8 anima F, corr. F4 Ƈ ima F4, P2ras una W 11 colligit F, L, P, D, V, corr. V2 13 fuerunt F 15 aduecta P ad uecta Vo Ƈ mannis c, Beroaldo ab annis W 16 uino N 21 spectaclum F4mg, V2mg spectaculum N, L, P, Vo spectandum F, D, V 22 locos W iocos c 23 seric(g)a nam taceo c, Beroaldo siriga nam tacto D siringa nam tacto V2 si riganam tacto N, F, L, P Ƈ uulsi cod. Vat. Barber. 34 uolsi W Ƈ nepoti N, F, L, P, D, V 24 molosa F, L, P malosa N 25 dabat Vo Ƈ facta F 28 mulcato Flach mul(c)tato N, F, L, P, D, V multa tato Vo mutato c Ƈ uolui c, Beroaldo uoluit N, F, P, D noluit L Ƈ thoro N 31 est om. N, post inter add. N2 32 poti F, L, P, corr. F4 33 uenire N 34 nouare N, s. l. F4, V2 notare F, L, P, D, V 36 utraque N, F, L2 utrasque F3 Ƈ sui F, corr. F2
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[5–6] wo der heilige Bergpfad eines Steilhangs abreißt mit einem finsteren Schlund, wo vordringt – Jungfrau, nimm vor einem solchen Weg dich von Anfang bis Ende in Acht! – [7–8] bis zu der hungrigen Schlange das ihr zu Ehren gestiftete Opfer, wenn sie das Futter fordert für ihren Jahresbedarf und Zischlaute kringelt aus der Tiefe des Erdbodens. [9–10] Zur Darbringung solcher Opfer hinabgelassen, erbleichen vor Angst die Mädchen, wenn blind auf das Schlangenmaul sich verlässt ihre Hand. [11–12] Er schnappt sich von der Jungfrau die ihm hingehaltenen Bissen; in der Jungfrau Handflächen zittert selbst das Körbchen. [13–14] Wenn sie sich als keusch erwiesen haben, kehren sie, um ihnen um den Hals zu fallen, zu ihren Eltern zurück, und rufen die Bauern: »Ein ertragreiches Jahr wird es geben.« [15–16] Hierher fuhr meine Cynthia mit kurzgeschorenen Ponys davon. Ihre Begründung war Iuno, doch ihr Grund eher Venus. [17–18] Appiusstraße, sag’ mir bitte, welch großen Triumph hat mit dir als Augenzeugin sie gehalten, als über dein holpriges Pflaster ratterten die Räder [19–20] und hässlicher Wortstreit erschallte in einer Hinterhofkneipe, zwar ohne mein Beisein, aber nicht ohne Beeinträchtigung meines Rufs. [21–22] Ein Spektakel – selbst auf dem Bock sitzend, hing sie über die Spitze der Deichsel gebeugt, als sie es wagte, die Zügel durch die dreckige Gegend zu lenken. [23–24] Dabei verschweige ich ja noch die seidebeschlagene Kutsche des Jüngelchens mit ausgerupftem Barthaar und seine Molosserhunde mit spangenumhängtem Hals, [25–26] das dreingeben wird seine käuflichen Lebensziele für schmutzigen Gladiatorenfraß, sobald ein Bartwuchs, dessen es sich zu schämen hat, die Oberhand gewinnen wird über seine glattgeschabten Wangen. [27–28] Da so viele Male Unbill widerfuhr meinem Bett, wollte ich mich in Marsch setzen mit meinem übel zugerichteten Lager. [29–30] Die eine, eine gewisse Phyllis, ist Nachbarin der Diana vom Aventin – nüchtern nicht sonderlich anziehend; wenn sie trinkt, gefällt aber alles an ihr. [31–32] Die andere, eine Teia, wohnt in der Senke ›Zwischen den Tarpeischen Waldungen‹ – ein gutherziges Menschenkind, doch wird ihr, ist sie betrunken, ein Mann allein nicht genügen. [33–34] Diese beiden beschloss ich zu mir zu laden, um mit ihnen mir die Nacht zu versüßen und mit bis dahin nicht gekannter Liebeslust um neue zu bereichern meine Bettgeheimnisse. [35–36] Das eine Bettchen für uns Drei fanden wir auf lauschigem Gras. Du fragst nach der Regelung des Beischlafs? Zwischen beiden habe ich gelegen.
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[37–38] Lygdamus ad cyathos, vitrique aestiva supellex et Methymnaei Graia saliva meri. [39–40] Nile, tuus tibicen erat, crotalistria Phyllis et facilis spargi munda sine arte rosa, [41–42] nanus et ipse suos breviter concretus in artus iactabat truncas ad cava buxa manus. [43–44] sed neque suppletis constabat flamma lucernis, reccidit inque suos mensa supina pedes. [45–46] me quoque per talos Venerem quaerente secundos semper damnosi subsiluere Canes. [47–48] cantabant surdo, nudabant pectora caeco: Lanuvii ad portas, ei mihi, solus eram, [49–50] cum subito rauci sonuerunt cardine postes et levia ad primos murmura facta Lares; [51–52] nec mora, cum totas resupinat Cynthia valvas, non operosa comis, sed furibunda decens, [53–54] pocula mi digitos inter cecidere remissos, palluerantque ipso labra soluta mero. [55–56] fulminat illa oculis et quantum femina saevit, spectaclum capta nec minus urbe fuit. [57–58] Phyllidos iratos in vultum conicit ungues; territa vicinas Teïa clamat aquas. [59–60] lumina sopitos turbant elata Quirites, omnis et insana semita nocte sonat. [61–62] illas direptisque comis tunicisque solutis excipit obscurae prima taberna viae. [63–64] Cynthia gaudet in exuviis victrixque recurrit et mea perversa sauciat ora manu, [65–66] imponitque notam collo morsuque cruentat, praecipueque oculos, qui meruere, ferit. [67–68] atque ubi iam nostris lassavit bracchia plagis, Lygdamus ad plutei fulcra sinistra latens
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37 uitrique cod. Lond. Brit. Mus. Egert. 30272mg, Scaliger utrique N, s. l. F4, L2, V2, Vo uterque F, L, P, D, V 38 Graia Palmier, Lievens gr(a)eca N, F, L, P, V2, Vo grata D, V Ƈ salina F, s. l. corr. F4 39 crotalistria Turnèbe, Passerat c(h)oralistria s. l. F4, L, P, D, V eboralistria N choristria V2mg, Vo colistria F Ƈ Phyllis Itali p(h)illis W byblis Palmer 1894 41 nanus c, Beroaldo magnus W mimus c Ƈ arcus F, L, P antro Vo 44 recidit F, L, P decidit D, V recidite Vo 45 secundos D, V secundo N, F, L, P, V2, Vo secundam Palmer 48 lanuuii N, V2, Vo laminii L, D, V laminum P lanium F Ƈ hei F, V2, Vo heu L, P, D, V 51 tum L, D, Vo tam P 53 recidere D, V 54 palluerantque W pallueruntque Lievens 55 oculos F 56 spectaclum s. l. F4, L spectaculum N, P, Vo spectandum F, D, V Ƈ nec N, V2, Vo ne L, P, D, V non F 57 ignes V2mg, Vo 58 clamat N, F, L, P, V uocabat V2mg, Vo petebat D 61 illa F illam F3, V2 65 colla N 67 ibi D 68 putei P Ƈ fulcra c, Beroaldo fusca W
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[37–38] Lygdamos stand zum Einschank bei den Schöpfkellen, aus Glas war das Sommergeschirr, und das griechische Bukett stammte von methymnischem Wein. [39–40] Nil, dein Sohn war der Pfeifer, die Kastagnettentänzerin eine Thrakerin vom Volke der Königin Phyllis und gerne bereit, adrett ohne Schminke sich besprühen zu lassen mit Rosenwasser. [41–42] Ein Zwerg, der auch noch zusammengeschrumpft war bis zu seinen eigenen Rippen, schwang zum Klang des zur Flöte ausgehöhlten Buchsbaumholzes die verkrüppelten Hände. [43–44] Doch flackerte das Flammenlicht, obwohl nachgefüllt worden waren die Öllampen, und fiel auf den Rücken der Tisch mit den Beinen nach oben. [45–46] Als auch ich eine ›Venus‹ zu würfeln versuchte durch einen Glückswurf, sprangen immer hoch die verfluchten [verlustreichen] ›Hunde‹. [47–48] Sie sangen ihre Lieder für einen Tauben, entblößten ihre Brüste für einen Blinden. Bei Lanuviums Toren war ich, weh mir, ausschließlich mit meinen Gedanken, [49–50] als plötzlich heiser klangen vom Quietschen ihres Zapfens die Pfosten und leichtes Murren und Knurren aufkam am Eingang des Hauses. [51–52] Doch als, ohne zu zögern, Cynthia wie eine Freistilringerin voll auf den Rücken legte die Flügel der Tür, nicht sorgsam gekämmt, aber rasend vor Wut hübsch anzuschaun, [53–54] da fiel mir der Becher zwischen den unachtsamen Händen zu Boden und erbleichten meine vom Wein schon erschlafften Lippen. [55–56] Blitze sprüht sie aus funkelnden Augen und tobt, wie eine Frau es nur kann – der Schauplatz sah nicht weniger schlimm aus als eine eroberte Stadt. [57–58] Phyllis fährt sie vor Zorn ins Gesicht mit ihren Fingernägeln; vor Schreck ruft Teia die Nachbarn nach Löschwasser um Hilfe. [59–60] Die Fackeln, die man hinaustrug, stören im Schlaf die Bürger und von Anfang bis Ende hallt die Gasse wider vom Lärm der verrückten Nacht. [61–62] Jene beiden nimmt mit zerzaustem Haar und zerrissener Tunika die erstbeste Kneipe einer dunklen Straße auf. [63–64] Cynthia freut sich beim Anblick der Beute, die sie vom Leib ihnen riss, eilt siegreich zurück und verletzt mein Gesicht mit der flachen Hand. [65–66] Auch prägt ein Mal meinem Hals sie als Denkzettel auf und blutet er von dem Biss, und schlägt vornehmlich auf meine Augen, die es verdienten, sie ein. [67–68] Und in dem Augenblick, wo schon ermüdet sie hat ihre Arme von den Schlägen, die mir sie versetzte, wird Lygdamos, der sich verborgen hält an des Kopfendes linkem Pfosten,
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[69–70] eruitur geniumque meum protractus adorat. Lygdame, nil potui: tecum ego captus eram. [71–72] supplicibus palmis tum demum ad foedera veni, cum vix tangendos praebuit illa pedes, [73–74] atque ait: ‘admissae si vis me ignoscere culpae, accipe, quae nostrae formula legis erit. [75–76] tu neque Pompeia spatiabere cultus in umbra, nec, cum lascivum sternet harena Forum. [77–78] colla cave inflectas ad summum obliqua theatrum, aut lectica tuae sudet aperta morae. [79–80] Lygdamus in primis, omnis mihi causa querelae, veneat et pedibus vincula bina trahat.’ [81–82] indixit legem; respondi ego: ‘legibus utar.’ riserat imperio facta superba dato. [83–84] dein, quemcumque locum externae tetigere puellae, suffiit, at pura limina tergit aqua, [85–86] imperat et totas iterum mutare lacernas, terque meum tetigit sulpuris igne caput. [87–88] atque ita mutato per singula pallia lecto respondi, et toto solvimus arma toro.
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IX [1–2] Amphitryoniades qua tempestate iuvencos egerat a stabulis, o Erythea, tuis, [3–4] venit ad invictos, pecorosa Palatia, montes, et statuit fessos, fessus et ipse, boves, [5–6] qua Velabra suo stagnabant flumine quoque nauta per urbanas velificabat aquas. [7–8] sed non infido manserunt hospite Caco incolumes: furto polluit ille Iovem.
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69 exuitur V2, Vo Ƈ protactus F, V prostratus s. l. F4, Vo 71 ueni c uenit W 72 cur F cui L, P, D 78 sudet W se det Gruter, Heins sidat Palmier, Lievens Ƈ operta V2, Vo 80 uenerat V2, Vo uenerit P, D, V 81 leges pro legem Vo 82 dato W rato Heins 83 dein N, s. l. F4, V2, Vo ue in F, L, P ue D, V Ƈ quecumque Vo 84 suffiit at Hertzberg suffiit ac Baehrens suffiit et Beroaldo suffiit c sufficat N, F, L2, P sufficiat L, P2ras, V2, Vo suffocat et D, V Ƈ lumina F, L, P, Vo 85 lacernas L, P2, D, V laternas F, P lucernas N, Vo 86 sulphuris F2, D suiphuris F IX 2 erithea N erithe(a)e V, Vo erythrae D eritrea F, L, P 3 ad inuictos c, Pucci, Volsco et aduictos N et adiutos F et ad iunctos L, P et adiunctos V et aduinctos D in aductos Vo et adductos V2 Ƈ nemorosa V2mg 5 qua N, F, L, Vo quam D, V quaque P Ƈ ue labra V2, Vo ue libra F, L, D, V Ƈ stagnabat F2mg, D stanuabant F Ƈ flumine F2mg, D flumina N fulmine F, L, P Ƈ quoque W quaque c 8 incolumes c incolumis W
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[69–70] aufgestöbert und fleht, als sie ihn aus seinem Versteck hervorzerrt, meinen Schutzgeist an. Lygdamos, nichts habe ich tun können; mit dir zusammen war ich gefangengesetzt. [71–72] Mit flehentlich erhobenen Handflächen bin ich dann erst zu einem Abkommen gelangt, als sie mir die Gnade gewährte, gerade einmal berühren zu dürfen ihre Füße, [73–74] und sprach: »Wenn du willst, dass ich dir verzeihe die Verfehlung, die du dir zuschulden kommen hast lassen, vernimm, wie der Text meines Gesetzes lauten wird! [75–76] Du wirst weder herausgeputzt lustwandeln in der schattenspendenden Säulenhalle des Pompeius noch dich, wenn Sand seinen Boden überstreut, auf dem lüsternen Forum ergehen. [77–78] Hüte dich, dir den Hals schief zu biegen zu den obersten Rängen des Theaters, oder darauf zu lauern, dass Sänftenträger sich abschwitzen, die offen sind für eine dir gelegen kommende Verschnaufpause! [79–80] Lygdamos vor allem, der mir allen Grund zur Beschwerde gibt, soll verkauft werden und an seinen Füßen jeweils zwei Ketten hinter sich herschleifen.« [81–82] Verkündet hat sie ihr Gesetz. Erwidert habe ich: »Seine Bestimmungen will ich befolgen.« Gelacht hatte sie da vor Stolz über die Verleihung des Oberbefehls. [83–84] Dann räucherte all die Räume sie aus, die betreten haben die auswärtigen Mädchen. Doch nicht genug damit, schrubbt sie die Schwelle zum Schlafgemach mit sauberem Wasser [85–86] und befiehlt mir, von Kopf bis Fuß zwei Mal zu wechseln die Schlafmäntel, und umnebelte drei Mal mit brennendem Schwefel mein Haupt. [87–88] Und nachdem ich so Mantel für Mantel meine Bettkleidung gewechselt hatte, beglich ich meine Schuld und entledigten wir uns der Rüstung übers ganze Lager verstreut. 9 [1–2] Amphitryons Spross ist zu der Zeit, in der die Farren er weggetrieben hatte von deinen Stallungen, o Erytheia, [3–4] angekommen an einem unbezwingbaren Berg, dem viehreichen Palatin, und hat, müde auch selbst, rasten lassen die müden Rinder, [5–6] wo das Velabrum von seinem eigenen Fluss überschwemmt war und wohin der Schiffer segelte den großstädtischen Strom entlang. [7–8] Doch blieben sie, da Cacus ein treuloser Gastfreund war, nicht unbehelligt – mit seinem Diebstahl zog er Iuppiter in den Schmutz.
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[9–10] incola Cacus erat, metuendo raptor ab antro, per tria partitos qui dabat ora sonos. [11–12] hic, ne certa forent manifestae signa rapinae, aversos cauda traxit in antra boves, [13–14] nec sine teste deo: ‘furem!’ sonuere iuvenci, furis et implacidas diruit ira fores. [15–16] Maenalio iacuit pulsus tria tempora ramo Cacus, et Alcides sic ait: ‘ite, boves, [17–18] Herculis ite boves, nostrae labor ultime clavae, bis mihi quaesitae, bis mea praeda, boves, [19–20] arvaque mugitu sancite Bovaria longo: nobile erit Romae pascua vestra forum.’ [21–22] dixerat, et sicco torquet sitis ora palato, terraque non ullas feta ministrat aquas. [23–24] sed procul inclusas audit ridere puellas: lucus ab umbroso fecerat orbe nemus, [25–26] femineae loca clausa Deae fontesque piandos impune et nullis sacra retecta viris. [27–28] devia puniceae velabant limina vittae, putris odorato luxerat igne casa, [29–30] populus et longis ornabat frondibus aedem, multaque cantantes umbra tegebat aves. [31–32] huc ruit in siccam congesta pulvere barbam, et iacit ante fores verba minora deo: [33–34] ‘vos precor, o luci sacro quae luditis antro, pandite defessis hospita fana viris! [35–36] fontis egens erro circaque sonantia lymphis, et cava succepto flumine palma sat est. [37–38] audistisne aliquem, tergo qui sustulit orbem? ille ego sum: Alciden terra recepta vocat. [39–40] quis facta Herculeae non audit fortia clavae et numquam ad vastas irrita tela feras,
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9 incola c, Volsco, Beroaldo insula W 10 focos Vo 11 serta F, in marg. corr. F4 12 aduersos F, P 13 fuerem L furtum Heyworth 14 dirruit F, L, D 18 quaesitae W quaesiti Heyworth 19 bouaria W boaria c 20 erunt P2 Ƈ nostra F, corr. F4 22 ullas V2 nullas W Ƈ ministrat V2 ministret W 24 ab W ubi Heins, Ouwens 27 limina N, V2 lumina F, L, D lumine P Ƈ uitr(a)e F, L, D uite F3 iute P 31 congesto V2 coniesta F congestam P 32 minore N, L 33 luci c lucis W Ƈ qui F, corr. F4 34 de fessis N, L Ƈ fana Scaliger uana W Ƈ uiris c uiis W 35 circque F circaque s. l. F 36 suscepto F, L, P, D 38 alciden N, V2 alcide L, D alcides P Ƈ suscepta N 40 uastas Vo uatas N, L uarias c natas F, L2, P, D2 uacuas D, V
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[9–10] Ein Einheimischer war Cacus zwar, aber seines Zeichens ein Räuber aus furchterregender Höhle, der durch drei Mäuler geteilt von sich gab seine Laute. [11–12] Er hat, um keine sicheren Spuren eines eindeutigen Raubs zu hinterlassen, rückwärts am Schwanz in seine Höhle gezogen die Rinder – [13–14] doch nicht, ohne dass es bemerkte der Gott: »Dieb!« brüllten die Farren, und es zertrümmerte sein Zorn des Diebes ungefällige Tür. [15–16] Vom Hieb eines mainalischen [arkadischen] Astes an seinen drei Schläfen getroffen, lag Cacus tot am Boden, und der Alkide äußerte sich so: »Geht, ihr Rinder! [17–18] Geht, ihr Rinder des Herkules, ihr letzte Aufgabe meiner Keule, zwei Mal von mir gesucht, zwei Mal meine Beute, ihr Rinder, [19–20] und weiht die Rindergefilde mit langanhaltendem Gebrüll! Ein berühmter Marktplatz von Rom wird eure Weide dereinst sein.« [21–22] Sprach’s, und es peinigt Durst seinen Mund vor trockenem Gaumen, ohne dass die Erde, obwohl sie davon strotzt, zur Verfügung ihm stellt auch nur einen Tropfen Wasser. [23–24] Doch von fern hört abgeschirmt Mädchen er lachen – der Wald hatte aus dem Rund seiner schattenspendenden Bäume einen Hain gebildet, [25–26] den geschlossenen Bezirk einer Schutzgöttin der Frauen, mit heiligzuhaltenden Quellen und noch von keinem Mann ungestraft enthüllten Geheimnissen. [27–28] Des abgelegenen Heiligtums Schwelle verdeckten purpurne Wollbänder, vom Flammenschein wohlriechenden Feuers hatte geleuchtet die morsche Hütte. [29–30] Eine Pappel zierte mit dem Laub ihrer länglichen Krone den Tempel, und viel Schatten schützte vor der Sonne die zwitschernden Vögel. [31–32] Hierhin stürmt er mit auf seinen trockenen Bart gehäuftem Staub und lässt vor den Flügeln der Pforte Worte fallen, zu demütig für einen Gott: [33–34] »Euch flehe ich an, die ihr euch vergnügt in des lichten Waldes heiliger Grotte, öffnet gastlich euer Heiligtum einem erschöpften Mann wie mir! [35–36] Nach dem Wasser einer Quelle lechzend, irre ich umher – und noch dazu durch eine ringsum von Bächen rauschende Gegend –, und dabei reicht doch der Schluck Flusswasser, den eine hohle Hand auffängt, mir schon aus. [37–38] Habt ihr jemals von einem gehört, der mit dem Rücken schulterte das Himmelsgewölbe? Jener bin ich. Alkiden ruft mich die Erde zum Dank für ihre Wiedererstarkung. [39–40] Wer hörte nicht von den Heldentaten der Herakleskeule und den niemals vergeblich auf fürchterliche Raubtiere abgeschossenen Pfeilen
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[41–42] atque uni Stygias homini luxisse tenebras? accipite: haec fesso vix mihi terra patet. [43–44] quod si Iunoni sacrum faceretis amarae, non clausisset aquas ipsa noverca suas. [45–46] sin aliquem vultusque meus saetaeque leonis terrent et Libyco sole perusta coma: [47–48] idem ego Sidonia feci servilia palla officia et Lydo pensa diurna colo, [49–50] mollis et hirsutum cepit mihi fascia pectus, et manibus duris apta puella fui.’ [51–52] talibus Alcides; at talibus alma sacerdos, puniceo canas stamine vincta comas: [53–54] ‘parce oculis, hospes, lucoque abscede verendo; cede agedum et tuta limina linque fuga! [55–56] interdicta viris metuenda lege piatur quae se summota vindicat ara casa. [57–58] magno Tiresias aspexit Pallada vates, fortia dum posita Gorgone membra lavat. [59–60] di tibi dent alios fontes: haec lympha puellis avia secreti limitis una fluit.’ [61–62] sic anus; ille umeris postes concussit opacos, nec tulit iratam ianua clausa sitim. [63–64] at postquam exhausto iam flumine vicerat aestum, ponit vix siccis tristia iura labris: [65–66] ‘angulus hic mundi nunc me mea fata trahente accipit: haec fesso vix mihi terra patet. [67–68] Maxima quae gregibus devota est Ara repertis, ara per has inquit maxima facta manus. [69–70] haec nullis umquam pateat veneranda puellis, Herculea exterminium ne sit inulta sitis.’ [71–72] sancte pater, salve, cui iam favet aspera Iuno! Sance, velis libro dexter inesse meo! [73–74] hunc, quoniam manibus purgatum sanxerat orbem, sic Sancum Tatiae composuere Cures.
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42 h(a)ec s. l. F4, L, P, V2, Vo hic F, D, V et N 43 quid si D 45 aliquam P 46 sola L 47 sidonia P2, V, Vo sinonia F, L, P symonia N 48 collo D, V 51 at N, s. l. F4, P, D ad F et L 52 iuncta N, L, D, V 54 limina N, s. l. F4, s. l. P2, V2, Vo lumina F, L, P, D, V Ƈ linque om. F, in marg. suppl. F4 56 qua V2, Vo Ƈ undicat N 57 magno Passerat, Lips magnam W 59 di edd. dii W 60 una W unda Housman Ƈ fluit Fruter, Palmier fuit W 65 facta D, corr. V2 Ƈ trahente Flach trahentem W 66 hic D, V 70 Herculea exterminium Flach hercule exterminium N, F, L, D herculis extremum P herculis eximii V2 Herculis externi Heins Herculea aeternum Phillimore 1906 Herculis aeternum Heins Ƈ ne sit P, V2 nescit N, F, L, D 71 apera N Ƈ uino N 72 Sance Richmond sancte W Ƈ adesse P 73 sanserat F senserat V2 74 hic F, in marg. P2 Ƈ Sancum cod. Vind. bibl. nat. 3153, Heins, Richmond sanctum W
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[41–42] oder davon, dass keinem anderen Menschen hell wie der Tag leuchtete die Finsternis der Welt des Styx? Nehmt zur Kenntnis die Worte: ›Diese meine Erde steht mir, bin ich auch müde, kaum offen!‹ [43–44] Wenn denn ein Opfer ihr darbrächtet der galligen Iuno, hätte selbst sie, meine Stiefmutter, mir nicht verschlossen den Zutritt zu ihren Gewässern. [45–46] Sollten aber irgendwen mein Anblick und die Borsten meines Löwenfells in Schrecken setzen oder auch mein von Libyens Sonne versengtes Haar, so sei ihm gesagt: [47–48] Ohne dass ich mir untreu wurde, leistete ich im sidonischen Frauengewand Sklavendienst und die Tagesarbeit mit dem lydischen Spinnrocken, [49–50] umschnürte mir ein weiches Mieder die struppige Brust und bin ich mit schwieligen Händen eine anstellige Magd gewesen.« [51–52] So sprach der Alkide, doch so die gütige Priesterin mit dem weißen, von einem purpurroten Stirnband umschlungenen Haar: [53–54] »Hüte deine Augen, Fremdling, und ziehe dich von der Ehrfurcht heischenden Lichtung zurück! Ziehe flugs von dannen und verlasse die Schwelle der Pforte bei ungefährdeter Flucht! [55–56] Den Männern verwehrt, wird durch ein zu fürchtendes Gesetz heiliggehalten der Altar, der sich verteidigt mit einer abgeschiedenen Hütte. [57–58] Teuer bezahlt hat Teiresias, dass er, der Seher, Pallas dabei beobachtete, wie sie, nachdem sie abgelegt hatte ihren Brustharnisch mit dem Gorgonenhaupt, ihre heldischen Glieder badete. [59–60] Die Götter mögen dir Zutritt gewähren zu anderen Quellen; dieses Wasser hier fließt abseits des verborgenen Flusslaufs nur für Mädchen. [61–62] So sprach die Greisin; doch rüttelte er mit den Schultern an den schattigen Pfosten und hielt die verriegelte Tür seinem vor Wut rasenden Durst nicht stand. [63–64] Aber nachdem er ausgetrunken schon hatte den Fluss und damit besiegt hatte seinen brennenden Durst, setzte er grimmiges Recht mit kaum erst trockenen Lippen: [65–66] »Dieser Winkel der Welt nimmt jetzt, da ich meine Lebensziele weiter stecke, zur Kenntnis die Worte: ›Diese meine Erde steht mir, bin ich auch müde, kaum offen.‹ [67–68] Der größte Altar der Welt, der gelobt ward zum Dank für die Wiederauffindung der Herden, sagt, zum größten Altar sei er geworden durch diese meine Hände. [69–70] Er stehe keinen Mädchen jemals zur Andacht offen, damit die Ausweisung zu vergelten nicht versäumt hat der herkuleische Durst.« [71–72] Geheiligter Vater, sei du gegrüßt, dem nunmehr gewogen ist die herbe Iuno. Heilbringer Sancus, niste dich bitte huldvoll ein in meinem Buch! [73–74] Ihn hat, da er ja ein von Räubergesindel gesäubertes Erdenrund hatte geheiligt, zum Dank dafür zu Sancus, dem Heilbringer, geformt das von Tatius erbaute Cures.
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X [1–2] Nunc Iovis incipiam causas aperire Feretri armaque de ducibus trina recepta tribus. [3–4] magnum iter ascendo, sed dat mihi gloria vires: non iuvat e facili lecta corona iugo. [5–6] imbuis exemplum primae tu, Romule, palmae huius, et exuvio plenus ab hoste redis [7–8] tempore, quo portas Caeninum Acrona petentem victor in eversum cuspide fundis equum. [9–10] Acron Herculeus Caenina ductor ab arce, Roma, tuis quondam finibus horror erat. [11–12] hic spolia ex umeris ausus sperare Quirini ipse dedit, sed non sanguine sicca suo. [13–14] hunc videt ante cavas librantem spicula turres Romulus et votis occupat ante ratis: [15–16] ‘Iuppiter, haec hodie tibi victima corruet Acron.’ voverat, et spolium corruit ille Iovi. [17–18] Urbis virtutisque parens sic vincere suevit, qui tulit a parco frigida castra lare. [19–20] idem eques et frenis, idem fuit aptus aratris, et galea hirsuta compta lupina iuba. [21–22] picta neque inducto fulgebat parma pyropo: praebebant caesi baltea lenta boves. [23–24] Cossus at insequitur Veientis caede Tolumni, vincere cum Veios posse laboris erat [25–26] necdum ultra Tiberim belli sonus (ultima praeda Nomentum et captae iugera terna Corae). [27–28] et Veii veteres! et vos tum regna fuistis, et vestro posita est aurea sella foro: [29–30] nunc intra muros pastoris bucina lenti cantat, et in vestris ossibus arva metunt.
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X 1 fateri N 2 terna L, P, corr. L2 5 imbuis N, V2 imbius Vo induis F, L, P, D, V Ƈ primo F, corr. F 6 exuiuo N eximio F, V2 7 taeninum N cecinum Vo Ƈ acrona cod. Parm. bibl. Palat. 716 acronta W Ƈ potentem P 8 in euersum V2 nec versum W 9 ceuina F cecina V2mg 13 hunc N, F, P, V2 hinc L nunc D 14 ratis P2 rates N, F, L, D ratas P lates s. l. F4 deos D2 15 hic P 17 uirtutisque N, s. l. F4, s. l. P2, V2 virtutumque D, V uirtutemque F, L, P, Vo Ƈ parens N, s. l, F4, D pares V2mg parem F, L, P Ƈ sit N, corr. N 18 a parco Jacob 1847, Palmer a prisco c, Passerat a porco N, L, P, D aporco F, V aprico s. l. F4, in marg. P2, V2 apto Vo 21 induto F2mg inducio F Ƈ flamma V2mg, Vo Ƈ piroto N, F, L, P 23 veienti D uerentis L, P Ƈ tolumni N, V2 tolumpni F4 colum(p)ni F, L, P, V, Vo calumni D coloni F2mg 26 captae D capta N, F, L, P, V2 Ƈ terna cod. Lond. Brit. Mus. Harl. 5246, Pucci, Scaliger trina Heins terra W parua V2mg 27 et F2, L, P, D e F ae N o P2mg heu Lütjohann Ƈ neii F, in marg. corr. F2 30 arma V2, Vo Ƈ metunt N, F4, D metum L, P metit F2mg
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10 [1–2] Jetzt werde ich dazu anheben, die Gründe für Iuppiters Namen Feretrius und die drei Sätze Kriegswaffen darzulegen, die zum Dank er überreicht bekam von drei Heerführern. [3–4] Einen weiten Weg steige ich hinauf, doch verleiht mir die Aussicht auf Ruhm dazu die Kräfte. Mich reizt nicht ein Siegeskranz, der geerntet wurde von einer leicht erklimmbaren Bergeshöhe. [5–6] Du führst mit dem frühesten Beispiel, Romulus, diesen Siegespreis ein, kehrst mit Beute vollbeladen vom Feind heim [7–8] zu einer Zeit, in der ein Acron von Caenina auf die Tore deiner Stadtmauer losstürmt und du ihn als Sieger mit der Speerspitze aufspießt auf seinen umgestürzten Hengst. [9–10] Acron, ein herakleischer Burgherr der Bergfeste Caenina nach, war für deine Grenzen, Rom, einst ein Schrecken! [11–12] Er musste zur Strafe, dass er als Beute die Rüstung zu erhoffen wagte von den Schultern eines Quirinus, umgekehrt seine als Beute hergeben – doch feucht von seinem Blut. [13–14] Ihn sieht er Wurfspieße schwingen vor den hohlbäuchigen Wehrtürmen, da kommt er ihm zuvor mit dem vorweg erfüllten Gelübde: [15–16] »Iuppiter, dieses mein Schlachtopfer wird heute dir zu Ehren zusammensinken in Gestalt von Acron.« Gelobt hatte er’s, und als Beute sinkt sein Gegner Iuppiter zu Ehren zusammen. [17–18] Der Stadt und ihrer Tapferkeit Stammvater war so zu siegen gewohnt als einer, der aushielt ein eiskaltes Heerlager von seinem kärglichen Haus her. [19–20] Genauso wie als Reiter mit dem Zügel, genauso ging geschickt er auch um mit dem Pflug, und seinen Wolfspelzhelm zierte ein Busch aus dem struppigen Haar einer Mähne. [21–22] Wappenbemalt nur, funkelte sein Schild auch nicht von Goldbronzelack. Zu seinem Wehrgehenk lieferten ihr geschmeidiges Leder geschlachtete Rinder. [23–24] Cossus wiederum tritt in seine Fußstapfen mit der Schlachtung des Vejers Tolumnius, als über Veji siegen zu können Mühe kostete [25–26] und noch nicht jenseits des Tiber Kriegslärm herrschte – den fernsten Beutezügen zum Opfer fielen Nomentum und die drei Morgen pro Kopf erobertes Cora. [27–28] Wohlgemerkt das alte Veji! Du bist damals ein Königtum gewesen, und man stellte einen goldenen Thron auf deinen Marktplatz! [29–30] Jetzt aber ertönt in den Grenzen deiner Mauern das Horn eines gemächlich wandernden Hirten und mäht man über den Gebeinen deiner Toten das Getreide von Saatfeldern ab.
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[31–32] forte super portae dux Veius astitit arcem colloquiumque sua fretus ab urbe dedit; [33–34] dumque aries murum cornu pulsabat aëno, vinea qua ductum longa tegebat opus, [35–36] Cossus ait: ‘forti melius concurrere campo.’ nec mora fit, plano sistit uterque gradum. [37–38] di Latias iuvere manus, desecta Tolumni cervix Romanos sanguine lavit equos. [39–40] Claudius at Rheno traiectos arcuit hostes, Belgica cum vasti parma relata ducis, [41–42] Virdomari; genus hic Rheno iactabat ab ipso, mobilis e rectis fundere gaesa rotis. [43–44] illi virgatis iaculanti ab agmine bracis torquis ab incisa decidit unca gula. [45–46] nunc spolia in templo tria condita; causa Feretri, omine quod certo dux ferit ense ducem, [47–48] seu, quia victa suis umeris haec arma ferebant, hinc Feretri dicta est ara superba Iouis.
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XI [1–2] Desine, Paulle, meum lacrimis urgere sepulcrum! panditur ad nullas ianua nigra preces; [3–4] cum semel infernas intrarunt funera leges, non exorato stant adamante viae. [5–6] te licet orantem fuscae deus audiat aulae, nempe tuas lacrimas litora surda bibent. [7–8] vota movent superos; ubi portitor aera recepit, obserat herbosos lurida porta rogos. [9–10] sic maestae cecinere tubae, cum subdita nostrum detraheret lecto fax inimica caput.
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31 uei(y)us W Veiens Dempster, Eschenburg 34 regebat F, D, corr. V2 36 gradum c, Pucci, Heins gradu W 37 di Latias N, F4mg, L, D dii lacias P romuleas F, D2mg Ƈ uiuere N Ƈ tolumni N, F2mg, V2 columni L, P, D tolinum F 39 at Barber 1953 a W 40 cum W cui Guyet, Heins 41 uirdomari cod. Vind. bibl. nat. 224,32 uirtomani s. l. N uirtomane N uircumani Pras uutomani F uncomani D untoniani L butoniam D2 uir romani V2mg Ƈ Rheno W Brenno Heins 42 nobilis P2 Ƈ e rectis P2mg, Canter, Passerat erectis c evectis Rothstein erecti N, s. l. F4 effecti F, L, P, D erepti V2 Ƈ gesa F4 ca(e)sa W gessa V2 43 iurgatis N, F2mg, in marg. corr. F4 nigratis F Ƈ iaculanti c iaculantis W Ƈ ab agmina N ante agmina Kraffert ab inguine Pras Ƈ bracis N, Fcorr, D brachis Pras pracis F brutis L 44 mica F 45 nunc N hinc V2mg nec F, L h(a)ec F3, P, D, Vo 46 omine N, V2 crimine F, L, P, D Ƈ circo L XI 3 infrenas N Ƈ leges W sedes Heins, Burman 4 exorato W exorando Fruter, sed cf. invictos in v. 4,9,3 7 manent F, in marg. corr. F4 8 herbosos N, s. l. F3, L, P erbosos F umbrosos D
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[31–32] Auf gut Glück stand der vejische Heerführer oben auf des Stadttores Zinne und bot, fest auf den Schutz seiner Stadt bauend, eine Unterredung an; [33–34] doch gab ihm, während der Rammbock mit seinem ehernen Gehörn die Wehrmauer stieß, wo eine lange Sturmleiter mit ihrem Weinlaubendach das mitgeführte Kriegsgerät abschirmte, [35–36] Cossus zur Antwort: »Für einen tapferen Krieger ist’s besser, den Wettstreit auf offenem Feld auszutragen.« Und ohne dass es zu einer Verzögerung kommt, treten auf ebenem Gelände beide zum Zweikampf an. [37–38] Die Götter halfen Latiums Streitkräften. Enthauptet badete des Tolumnius Nacken in seinem Blut die römischen Pferde. [39–40] Claudius wiederum wehrte Feinde, die über den Rhein übergesetzt waren, ab, als es ihm gelang, eines hünenhaften Stammesführers belgischen Rundschild als Siegesbeute nach Hause zu bringen – [41–42] den des Virdomarus; dieser brüstete sich mit der Abkunft, vom Flussgott Rhein höchstselbst abzustammen, behend, wie er darin war, Speere von einem Streitwagen aus zu schleudern, dessen Räder er lenkte. [43–44] Ihm fiel, als auf dem Vormarsch er sie warf in seinen gestreiften Hosen, die Halskette im Bogen von seiner aufgeschlitzten Gurgel herab. [45–46] Nun sind im Tempel drei Rüstungen als Siegesbeute aufbewahrt. Der Grund aber, von einem Feretrius zu reden, ist, dass mit sicherer Vorankündigung ein Heerführer mit dem Schwert einen Heerführer trifft [47–48] oder dass, weil als Siegesbeute auf ihren Schultern diese Rüstungen sie trugen, hiernach gesprochen wurde von einem darauf stolzen Altar des Feretrius Iuppiter. 11 [1–2] Lass davon ab, Paullus, mit Tränen heimzusuchen mein Grab! Es öffnet sich die finstere Pforte auf keine noch so flehentliche Bitten hin. [3–4] Wenn die Toten einmal eingetreten sind in die Welt der unterirdischen Gesetze, starren von unerbittlichem Stahl die Straßen. [5–6] Mag dich auch bitten hören der Gott des dunklen Hofes, so werden doch unweigerlich Ufer, die dafür taub sind, deine Tränen schlucken. [7–8] Gebete rühren die Götter des Himmels. Sobald der Ferge sein Fährgeld in Empfang genommen hat, riegelt eine fahle Pforte grasüberwachsene Gräber ab. [9–10] So kündeten es traurig die Tuben, als mir untergelegt wurde die feindselige Fackel und von der Bahre herunterriss mein Haupt.
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[11–12] quid mihi coniugium Paulli, quid currus avorum profuit aut famae pignora tanta meae? [13–14] non minus immites habuit Cornelia Parcas, et sum, quod digitis quinque legatur, onus. [15–16] damnatae noctes et vos, vada lenta, paludes, et quaecumque meos implicat ulva pedes, [17–18] immatura licet, tamen huc non noxia veni. det Pater hic umbrae mollia iura meae, [19–20] aut si quis posita iudex sedet Aeacus urna, in mea sortita vindicet ossa pila; [21–22] assideant fratres, iuxta et Minoida sellam Eumenidum intento turba severa foro. [23–24] Sisyphe, mole vaces; taceant Ixionis orbes; fallax, Tantale, o corripiare liquor; [25–26] Cerberus et nullas hodie petat improbus umbras, et iaceat tacita laxa catena sera. [27–28] ipsa loquor pro me: si fallo, poena sororum infelix umeros urgeat urna meos. [29–30] si cui fama fuit per avita tropaea decori: Afra Numantinos regna loquuntur avos, [31–32] altera maternos exaequat turba Libones, et domus est titulis utraque fulta suis. [33–34] mox, ubi iam facibus cessit praetexta maritis, vinxit et acceptas altera vitta comas, [35–36] iungor, Paulle, tuo sic discessura cubili: in lapide hoc uni nupta fuisse legar. [37–38] testor maiorum cineres tibi, Roma, colendos, sub quorum titulis, Africa, tunsa iaces, [39–40] et Persen proavi simulantem pectus Achilli, quique tuas proavo fregit Achille domos,
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11 paule D, corr. V2 13 num F, L, P nun V Ƈ parcas s. l. N, s. l. F4, L, P, D paucas N parxas F 15 nos F 16 ulva Schrader, Markland unda W 17–76 vv. desunt in codice N uno folio interciso 18 da V2 Ƈ huic P 20 uindicet F, P iudicet L, P2, D 21 iuxta et c iuxta F, L, P, D Ƈ minoida c minoi(y)a F, L, P, D Ƈ sellam cod. Rom. bibl. Casanat. 3227, Heins, Jacob sella F, L, P, D sella et P2, V, Vo 23 sisiphe F2mg sinciphe F Ƈ molle P, D 24 Tantale o Wittig tantaleo F, L, P, D Tantaleus Rossberg 1877 Ƈ corripiare W corripere ore Daurat, Heins 26 lassa P lapsa F 27 loquor F, L, P, D loquar c, Pucci, Heins Ƈ fallo c, Pucci fallor F, L, P, D 29 trop(h)aea decori c decora trophei F, L, P, D fama decori V2 30 om. F, inser. F4 Ƈ afra cod. Paris. Lat. 8237mg, Scaliger, om. F (a)era F4, V2mg et L, P, D 31 libones c ligones F, L, P, D 34 uinxit s. l. F4, L, Pras, D uiuat F2 umat F Ƈ uitta D uicta F, L, P 35 sic discessura P, D sic disscessura F4 sic dissessura L condissessura F 36 in F, L, P, D ut Graeve, Heins 39 persen F4, L persem D perseu P proseu F Ƈ simulantem c, Beroaldo, Jacob stimulantem F, L, P, D Ƈ hachilli P achillis V2 40 quodque L Ƈ proauus V2 proauos c
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[11–12] Was nützte mir da die Ehe mit Paullus, was der Triumphwagen von Ahnen oder die so hohe, meinen guten Ruf verbürgende Kinderzahl? [13–14] Nicht weniger unbarmherzig erlebte eine Cornelia darum die Parzen. Vielmehr wiege ich nur noch so viel, dass man mich mit den fünf Fingern einer Hand aufsammeln kann. [15–16] Ihr zur Todesfinsternis verdammten Nächte, ihr Sümpfe mit euren langsam wandernden Untiefen und all ihr Riedgras, das ihr umschlingt meine Füße, euch versichere ich: [17–18] Vor der Zeit zwar, aber dennoch schuldlos bin hierher ich gekommen. Es billige Vater Pluton hier mildes Recht meinem Schatten zu [19–20] oder ziehe Aiakos, wenn etwa er zu Gericht sitzt mit aufgestellter Urne, zur Rechenschaft meine Gebeine mit ausgeloster Stimmkugel. [21–22] Dabeisitzen habe er seine Brüder und neben des Minos Richterstuhl der Eumeniden strenge Schar in einem gespannt lauschenden Gerichtshof. [23–24] Sisyphos, deiner Last sei entbunden! Still schweige Ixions Rad! Dich, Tantalos, täuschendes Wasser, ach lasse dich doch erhaschen! [25–26] Und Kerberos jage heute, so boshaft er sonst ist, keine Schatten, sondern schlaff hänge herab seine Kette von einem lautlosen Riegel. [27–28] Selbst spreche ich in eigener Sache: Wenn ich lüge, laste der Schwestern unglückseliger Krug zur Strafe auf meinen Schultern. [29–30] Wenn jemandem Ruhm, durch Trophäen von Ahnen ererbt, jemals zu höherem Glanz hat verholfen, so wisset: Afrikas Königreiche reden noch immer von Ahnen wie dem Sieger über Numantia. [31–32] Die zweite von beiden Bevölkerungen [die spanische oder keltiberische] hebt die Libonen von mütterlicher Seite auf die gleiche Stufe, und beide Häuser stützen sich auf eigene Ruhmestitel. [33–34] Dann aber, als schon wich die purpurverbrämte Mädchentoga den Hochzeitsfackeln und in Banden, die gerne es sich gefallen ließ, die zweite Kopfbinde hielt mein Haar, [35–36] vermähle ich mich mit dir, Paullus, um so von deinem Lager zu scheiden: Auf diesem Stein hier lese man von mir, mit nur einem Mann verheiratet gewesen zu sein. [37–38] Zu Zeugen nehme ich der Ahnen Asche, die du, Rom, hast zu ehren, unter deren Ruhmestiteln du aber, Afrika, zermalmt liegst am Boden, [39–40] und Perseus, der du nur vortäuschtest eines Urahnen Achilleus Heldenmut, oder vielmehr den Mann, der zertrümmert hat deine auf der Mär vom Urahnen Achilleus erbauten Schlösser,
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[41–42] me neque censurae legem mollisse nec ulla labe mea vestros erubuisse focos. [43–44] non fuit exuviis tantis Cornelia damnum; quin et erat magnae pars imitanda domus. [45–46] nec mea mutata est aetas, sine crimine tota est; viximus insignes inter utramque facem. [47–48] mi natura dedit leges a sanguine ductas, nec possis melior iudicis esse metu. [49–50] quamlibet austeras de me ferat urna tabellas, turpior assessu non erit ulla meo, [51–52] vel tu, quae tardam movisti fune Cybeben, Claudia, turritae rara ministra deae, [53–54] vel cuius, raros cum Vesta reposceret ignes, exhibuit vivos carbasus alba focos. [55–56] nec te, dulce caput, mater Scribonia, laesi: in me mutatum quid nisi fata velis? [57–58] maternis laudor lacrimis urbisque querelis, defensa et gemitu Caesaris ossa mea. [59–60] ille sua nata dignam vixisse sororem increpat, et lacrimas vidimus ire deo. [61–62] et tamen emerui generosos vestis honores nec mea de sterili facta rapina domo. [63–64] tu, Lepide, et tu, Paulle, meum post fata levamen: condita sunt vestro lumina nostra sinu. [65–66] vidimus et fratrem sellam geminasse curulem, consule quo facto tempore rapta soror. [67–68] filia, tu specimen censurae nata paternae, fac teneas unum nos imitata virum! [69–70] et serie fulcite genus: mihi cumba volenti solvitur uncturis tot mea fata meis. [71–72] haec est feminei merces extrema triumphi, laudat ubi emeritum libera fama rogum.
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42 uestros F, L, P, D nostros c, Volsco, Beroaldo 43 non fuit s. l. F4, P2, V2 ton fuit F, L, P confuit D Ƈ exuuiis P, V3 exuuii s. l. F4, L, D2, V2, Vo eximii F, D, V Ƈ tantis P, V2 stantis F, L, D Ƈ damnum F, L, P, V2 damni D 46 insignes F4, P2, V2 insignem F, L, P, D 48 nec c, Volsco ne F, L, P, D Ƈ possim V2 possem P2mg 49 quamlibet Pras, c, Lievens, Guyet quaelibet Fcorr, L, P, D quilibet F 50 assessu c, Muret assensu L, P, D asensu F ascensu V2 51 Cybeben Itali cibelen vel cibelem F, L, P cibellem D 52 claudia L2, P, V2 glaudia F2 gaudia F, L, D Ƈ tu rite F, L 53 raros Flach rasos F, L, P, D castos Markland cassos Fedeli, Pasoli stratos Bailey sacros Rothstein sanctos Heyworth seros Clausen iuratos Phillimore; alii alia 54 carbasis F, L, s. l. corr. F2 Ƈ alta F, D2, corr. F4 59 misisse F, in marg. corr F4 62 fata F 63 tu … tu c te … te F, L, P, D Ƈ lapide F, s. l. corr. F4 64 uestro F4mg, D nostra F, L, P 67 specimen P2mg, D2, V, Vo speciem F, L, P, D Ƈ unum om. F, L, P, s. l. suppl. F4, Pcorr 69 fulcita F fulgite V2mg 70 uncturis L, P, D aucturis c nupturis F Ƈ fata F, L, P, D facta c Ƈ meis ed. Brix. (1486), Palmier, Passerat malis F, L, P, D
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[41–42] dass ich weder das Sittenaufsichtsgesetz aufgeweicht habe noch durch einen Fehltritt von mir vor Scham errötet ist dein Haus und Herd. [43–44] Nicht hat Cornelia einer so großen Kriegsbeute Schande gemacht; ja, sie war sogar nachahmenswertes Mitglied eines bedeutenden Hauses. [45–46] Nicht geändert hat sich mein Leben im Laufe der Zeit; ohne Fehl und Tadel ist es von Anfang bis Ende. Gelebt habe ich in hohem Ansehen zwischen den beiden Fackeln am Tag meiner Hochzeit und meines Todes. [47–48] Mir gab die Natur vom Blut hergeleitete Gesetze. Nicht einmal aus Angst vor einem Richter könnte besser man sein. [49–50] Mag auch die Urne mit den Stimmen noch so strenger Richter auf Täfelchen über mich entscheiden [wörtlich: noch so strenge Stimmtäfelchen über mich enthalten], wird doch keine Anwältin davon in Verruf geraten, dass sie sich zu mir setzt, [51–52] einerlei, ob du es bist, die du mit dem Seil fortzogst die schwer bewegliche Kybele, Claudia, du außergewöhnliche Dienerin der turmgekrönten Göttin, [53–54] oder die es ist, deren weißes Linnengewand, als Vesta ihr kostbares Feuer zurückforderte, zum Leben erweckte den Herd. [55–56] Genauso wenig habe ich dich, gütige Seele, meine Mutter Scribonia, jemals verletzt. Kann man bei mir, von meinem vorzeitigen Tod abgesehen, irgendetwas anders haben wollen? [57–58] Von meiner Mutter Tränen wird ebenso zu meinen Gunsten ausgesagt wie von Roms Klagen, und verteidigt finden sich vom Seufzen eines Caesar meine Gebeine. [59–60] Eine seiner Tochter würdige Schwester sei zeit meines Lebens ich gewesen, jammert er, und dabei sahen wir Tränen rinnen einem Gott. [61–62] Und dennoch verdiente ich mir die Ehre, das edle Gewand hochgeborener Mütter tragen zu dürfen; wurde ich doch nicht entführt aus einem unfruchtbaren Haus. [63–64] Du, Lepidus, und du, Paullus, mein Trost nach dem Tod, geschlossen wurden meine Augen an eurer Brust. [65–66] Erlebt habe ich noch, dass mein Bruder die Zahl seiner höheren Staatsämter zu der Zeit verdoppelte auf dem kurulischen Sessel, in der ihm, nachdem Konsul geworden er war, entrissen wurde die Schwester. [67–68] Tochter, die du geboren wurdest als Spiegelbild der Sittenaufsicht deines Vaters, sieh zu, dass du mir darin nacheiferst, in Treue festzuhalten an ein und demselben Mann. [69–70] Und stützt auf eine Reihe von Kindern euer Geschlecht! Gern löse ich den Nachen aus seiner Vertäuung, werden salben meine Grabstätte so viele Lieben. [71–72] Dies ist des Triumphes, den eine Frau erringen kann, höchster Lohn, wenn die vollauf verdiente Grabrede der Ruf ihrer Kinder hält.
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Liber IV
[73–74] nunc tibi commendo communia pignora natos: haec cura et cineri spirat inusta meo. [75–76] fungere maternis vicibus pater: illa meorum omnis erit collo turba ferenda tuo. [77–78] oscula cum dederis tua flentibus, adice matris: tota domus coepit nunc onus esse tuum. [79–80] et si quid doliturus eris, sine testibus illis! cum venient, siccis oscula falle genis! [81–82] sat tibi sint noctes, quas de me, Paulle, fatiges, somniaque in faciem credita saepe meam: [83–84] atque ubi secreto nostra ad simulacra loqueris, ut responsurae singula verba iace! [85–86] seu tamen adversum mutarit ianua lectum, sederit et nostro cauta noverca toro, [87–88] coniugium, pueri, laudate et ferte paternum! capta dabit vestris moribus illa manus; [89–90] nec matrem laudate nimis! collata priori vertet in offensas libera verba suas. [91–92] seu memor ille mea contentus manserit umbra et tanti cineres duxerit esse meos, [93–94] discite venturam iam nunc sentire senectam, caelibis ad curas nec vacet ulla via. [95–96] quod mihi detractum est, vestros accedat ad annos: prole mea Paullum sic iuvet esse senem. [97–98] et bene habet: numquam mater lugubria sumpsi; venit in exsequias tota caterva meas. [99–100] causa perorata est; flentes me, surgite, testes, dum pretium vitae grata rependit humus. [101–102] moribus et caelum patuit: sim digna merendo, cuius honoratis ossa vehantur aquis.
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77 matris c, Pucci, Beroaldo mater W 79 quid … eris V2 quis … erit W 81 sunt F, L, P, D, V Ƈ fatigas D 82 credita W reddita Graeve 84 iace c, Beroaldo tace W 85 matarit F, in marg. corr. F2 88 nostris F 89 minus F, in marg. corr. F4 91 nec F, s. l. corr. F4 92 dixerit L, P, D, corr. D2 94 ualet N Ƈ uias N 95 nostros F, L 97 si pro et V2 Ƈ lugubria c lubrigia N, V2 lubrica F, L, P, D subrigia P2 Ƈ sumpsi c, Pucci, Beroaldo sumptum W 102 uehantur N, V2 uehuntur F, L, P, D Ƈ aquis N, F, L, P, V2 equis P2ras, D avis Heins, Fransz
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[73–74] Nun aber empfehle ich dir als verbürgte Beweise elterlicher Liebe unsere Kinder an. Dieses Anliegen lebt noch in meine Asche eingebrannt fort. [75–76] Verrichte an meiner Statt Mutterpflichten als Vater! Jene Schar meiner Lieben wird gänzlich zu tragen haben dein Hals. [77–78] Sooft du ihnen zum Trost deine Küsse gibst, wenn sie weinen, füge hinzu die der Mutter! Die Verantwortung für das ganze Haus beginnt jetzt auf dir zu lasten. [79–80] Und wenn du dich über irgendetwas grämst, dann, ohne sie zu Zeugen zu haben. Sooft sie zu dir kommen, belüge ihre Küsse mit trockenen Wangen! [81–82] Lass es bewenden bei Nächten, die du, Paullus, mit Wehklagen um mich ermüdest, und bei Träumen, in denen du oft zu erblicken wähnst meine Gestalt! [83–84] Und wenn du dich heimlich an mein Bildnis wendest, sprich, als würde ich antworten, mit Pausen von Wort zu Wort! [85–86] Sollte dennoch wechseln der Eingang das ihm gegenüber stehende Bett und eine Stiefmutter vorsichtig sich setzen auf unser Lager, [87–88] lobt, Kinder, die Ehe und nehmt hin, dass euer Vater sie schloss! Ist eingenommen sie von eurem Benehmen, wird sie geschlagen sich geben. [89–90] Und lobt eure Mutter nicht zu sehr! Sieht die Nachfolgerin sich mit ihrer Vorgängerin verglichen, wird unbefangene Äußerungen sie sonst umdeuten in abfällige Bemerkungen über sich selbst. [91–92] Sollte er aber, meiner eingedenk, zufrieden bleiben mit meinem Schatten und ihm so viel bedeuten meine Asche, [93–94] lernt schon jetzt, zu denken an das nahende Alter, und gebt zu eines Witwers Kummer keinerlei Weg frei! [95–96] Was mir an Lebenszeit abgezogen wurde, trete hinzu zu euren Jahren. Durch meine Nachkommenschaft freue Paullus sich so seines Lebens als Greis. [97–98] Und gut steht es damit: Niemals habe ich als Mutter Trauerkleidung anlegen müssen. Vielmehr kam vollzählig die Kinderschar zu meinem Letzten Geleit. [99–100] Meine Rede in eigener Sache ist damit zu Ende. Ihr, die ihr um mich weint, erhebt euch als Zeugen von euren Plätzen, während den Gegenwert meines Lebens mir dankbar erstattet die Erde. [101–102] Vorbildlichem Lebenswandel hat selbst der Himmel schon offengestanden. Mich aber würdige man als jemand, der es verdient, dass seine Gebeine fahren dürfen auf ehrenvollen Wassern!