Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen [1 ed.] 9783428559183, 9783428159185

Bei Aktienemissionen sind Emittenten und transaktionsbegleitende Konsortialbanken mit der Herausforderung konfrontiert,

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Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen [1 ed.]
 9783428559183, 9783428159185

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 153

Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen Von

Carlos Philipp Landschein

Duncker & Humblot · Berlin

CARLOS PHILIPP LANDSCHEIN

Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 153

Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen Von

Carlos Philipp Landschein

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-15918-5 (Print) ISBN 978-3-428-55918-3 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Familie Maria & Paul, Paula & Oskar, meine Großeltern und meine Freundin Johanna

Vorwort Diese Arbeit aus dem Rechtsgebiet des Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrechts wurde im Zeitraum von Juni 2016 bis Mai 2019 verfasst und im Sommersemester 2019 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Den Anlass für die Anfertigung meiner Dissertation gab mein Schwerpunktstudium an der Universität zu Köln, durch das mein besonderes Interesse am Kapitalmarktrecht und den dahinterstehenden wirtschaftlichen Zusammenhängen geweckt wurde. In diesem Sinne möchte ich zunächst Frau Professorin Dr. Barbara Grunewald herzlich dafür danken, dass sie mich als Doktoranden angenommen und mir die Anfertigung dieser Arbeit ermöglicht hat. Mein Dank gebührt außerdem Herrn Professor Dr. Michael Schlitt, der die Arbeit in praktischer Hinsicht betreut hat. Ihm möchte ich nicht nur für die anfängliche Unterstützung bei der Themenfindung danken, sondern auch für die zahlreichen wertvollen Anregungen aus der Sicht eines Praktikers. Bei sämtlichen Fragestellungen war er ein verlässlicher Ansprechpartner. Der Austausch mit ihm hat mir dabei geholfen, manches Problem aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und es auf diese Art und Weise zu lösen. Den Herren Professoren Dr. Holger Fleischer, LL.M., Dr. Hanno Merkt, LL.M. und Dr. Gerald Spindler danke ich schließlich für die Aufnahme meiner Arbeit in ihre Schriftenreihe. In meiner Promotionsphase war ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Frankfurter Kapitalmarktrechtsteam von Professor Dr. Michael Schlitt tätig. In juristischer Hinsicht durfte ich wertvolle Erfahrungen sammeln, die mir bei der Anfertigung dieser Arbeit enorm geholfen haben. Auch in zwischenmenschlicher Hinsicht war meine Zeit in Frankfurt ein großer Gewinn. Einige meiner Arbeitskollegen darf ich heute zu meinen Freunden zählen. Ich danke Euch sowohl für den fachlichen Austausch als auch für das kollegiale Miteinander und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu unterstützen, wo es nur geht. Bei meiner Freundin Johanna möchte ich mich besonders herzlich dafür bedanken, dass sie mich zum Abschluss meiner Promotionsphase so unterstützt hat. Danke, dass Du über 400 Kilometer und fünf Stunden Fahrt auf Dich genommen hast, um bei meiner Disputation dabei zu sein! Du hast diesen Tag für mich zu einem noch schöneren gemacht und ich bin sehr froh, Dich an meiner Seite zu haben! Mein ganz besonderer Dank gebührt schließlich meiner Familie, die für mich zu jeder Zeit der größte Rückhalt war: Meinem Vater Paul, der mich nach dem Abitur erst auf die Idee brachte, Jura zu studieren, und meiner Mutter Maria, die mich nach

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Vorwort

dem Studium darin bekräftigte, den Schritt nach Frankfurt am Main zu gehen. Euch beiden danke ich für all eure Ratschläge, die mich auf den richtigen Weg geführt haben. Auch bei meinen Geschwistern Oskar und Paula möchte ich mich dafür bedanken, dass wir uns immer gegenseitig helfen und füreinander da sind! Ihr alle habt meinen Weg bis an diesen Punkt erst ermöglicht, mich in allem bestärkt, was ich getan habe und mir den Mut und die Entschlossenheit vermittelt, um jede sich stellende Aufgabe zu bewältigen. Danke für Eure großartige Unterstützung! Düsseldorf, im November 2019

Carlos Philipp Landschein

Inhaltsverzeichnis A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung . . . . . . . . . . . . 25 I. Einführung in die Thematik der Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Überblick zur Marktsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Grundsätzlicher Verfahrensablauf und Gefahr von Insiderverstößen bei der Informationsübermittlung an Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Grundsätzlicher Verfahrensablauf und Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Gefahr von Insiderverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Art der übermittelten Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 a) Übermittlung transaktionsbezogener (Insider-)Informationen . . . . . . . . . . 31 aa) Transaktionsbezogene Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bb) Einordnung transaktionsbezogener Informationen in Bezug auf die bevorstehende Aktienemission als Insiderinformation (Art. 7 MAR) 32 b) Vorhandensein weiterer Insiderinformationen in der Sphäre des Emittenten und Möglichkeit der Weitergabe im Zuge der Marktsondierung . . . . . . . . 35 4. Wesentliche Verfahrens- und Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Pflichten des offenlegenden Marktteilnehmers vor der Offenlegung von Informationen im Zuge einer Marktsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 aa) Berücksichtigung potenzieller Offenlegung von Insiderinformationen 37 bb) Einholung der Zustimmung des Sondierungsempfängers und Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (1) Einholung der Zustimmung des Sondierungsempfängers . . . . . . . . 38 (2) Aufklärung des Sondierungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Pflichten des Marktsondierungsempfängers (der Investoren) . . . . . . . . . . . 39 aa) Einschätzung potenzieller Insiderqualität von Informationen . . . . . . . 40 bb) Folgepflichten bei Vorliegen von Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . 40 5. Rechtsfolgen für die Offenlegung von Insiderinformationen im Rahmen einer Marktsondierung (Art. 11 Abs. 4 MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Geltung der Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung (Rs. Grøngaard & Bang) auch im Rahmen von Marktsondierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Art. 11 Abs. 4 MAR als Safe-Harbour-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 6. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 45

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Inhaltsverzeichnis 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

B. Einbindung von Investoren beim Börsengang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Grundzüge des Börsengangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Wesentliche Vorteile eines Börsengangs und Motive für die Durchführung 48 2. Emissionsprozess beim Börsengang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Regelmäßige Angebotsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Platzierung von Neu- und Altaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 bb) Öffentliches Angebot auf Grundlage eines Emissionsprospekts . . . . . 52 b) Vermarktung der Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 c) Durchführung der Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Übernahme der Platzierungsaktien durch die Konsortialbanken . . . . . 55 bb) Platzierung der Aktien im Bookbuilding-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . 57 d) Zulassung der Aktien zum Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3. Typische Transaktionsrisiken beim Börsengang im Wege eines öffentlichen Angebots von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Festlegung des Emissionspreises, des Emissionsvolumens und des Emissionszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Erforderlichkeit einer Reduktion des Emissionspreises oder Emissionsvolumens oder eines Aufschubs bzw. einer Absage des Börsengangs . . . . . . 61 III. Early Look Meetings und Pilot Fishing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Grundzüge von Early Look Meetings und Pilot Fishing . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2. Konsistenz der übermittelten Informationen mit den Inhalten des Wertpapierprospekts (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Zweck und Anforderungen des Konsistenzgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Anwendbarkeit des Konsistenzgebots auf das Pilot Fishing . . . . . . . . . . . . 66 3. Vereinbarkeit des Pilot Fishing mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) . . . . . . 67 b) Zulässigkeit aufgrund überwiegender Unternehmensinteressen . . . . . . . . . 68 4. Insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe im Rahmen des Pilot Fishing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Grundsätzlicher Anwendungsbereich des Insiderrechts . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Anwendungsbereich der MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Keine Anwendbarkeit bei „Debut Offerings“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Privilegierung der Weitergabe von Information mit Bezug auf bereits gelistete Finanzinstrumente durch Regelungen zur Marktsondierung (Art. 11 MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 aa) Börsengang von Tochtergesellschaften einer bereits börsennotierten Muttergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 bb) Börsengang von Anleiheemittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Inhaltsverzeichnis

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c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Vorteile von Cornerstone-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Garantierter Aktienerwerb des Cornerstone-Investors . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Transaktionssicherheit zugunsten der Gesellschaft und der veräußernden Aktionäre sowie Ermöglichung strategischer Zusammenarbeit . . . . . . . . . 78 c) Positive Signalwirkung für Vermarktung durch die Konsortialbanken . . . . 79 2. Anbahnung des Cornerstone-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Identifikation potenzieller Cornerstone-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Vertrauliche Ansprache unter Vereinbarung von Haftungsausschlüssen . . . 80 aa) Ansprache auf Grundlage von Vertraulichkeitsvereinbarungen (NonDisclosure-Agreements) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Haftungsausschluss für Informationen aus der Angebotsunterlage . . . 81 (1) Einordnung der Angebotsunterlage als Prospekt im Sinne der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Gefahr unbilliger Haftungsfolgen und Erforderlichkeit von Haftungsausschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (a) Gefahr unbilliger Haftungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (b) Ausschluss von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung (Non-Reliance-Agreement) . . . . . 85 (aa) Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (bb) Unangemessene Benachteiligung der Investoren (§ 307 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durch Cornerstone-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Begriff und Funktionen der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Erwerberseitige Due Diligence durch Cornerstone-Investoren . . . . . . 90 (1) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe für die Zwecke der Due Diligence des Cornerstone-Investors . . . . . . . . . . 92 (2) Vereinbarkeit der Informationsübermittlung mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3. Umsetzung des Cornerstone-Investments und Ausgestaltung der Investitionsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Abgrenzung des Erwerbs für eigene Rechnung vom Vertretungs- oder Kommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Verpflichtung zum Erwerb eines Aktienpakets in bestimmtem Umfang zum Angebotspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Vertragliche Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen zugunsten des Cornerstone-Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 aa) Abschluss der Cornerstone-Investitionsvereinbarung vor Prospektveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

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Inhaltsverzeichnis bb) Zulässigkeit der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (1) Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche durch die Gesellschaft als unzulässige Einlagenrückgewähr an den Cornerstone-Investor (§ 57 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (a) Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . 101 (b) Tatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (aa) Übernahme von Platzierungsrisiken bei Schadloshaltung im Fall von Prospektmängeln als marktübliches Drittgeschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (bb) Steigerung der Transaktionssicherheit und Prospekthaftung als „Sowieso-Risiko“ der Gesellschaft . . . . . . . . . . . 103 (2) Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors bei gemischter Aktienplatzierung als unzulässige Einlagenrückgewähr an die Altaktionäre (§ 57 AktG) 104 (a) Das „DT-3-Urteil“ des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (b) Anwendung der Grundsätze des „DT-3-Urteils“ auf die Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 d) Marktschutzvereinbarungen (Lock-up-Agreements) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 4. Publizitätspflichten des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Offenlegung des Cornerstone-Investments im Emissionsprospekt . . . . . . . 107 b) Nachtragspflicht bei Kündigung der Cornerstone-Investitionsvereinbarung 108 5. Stimmrechtsmitteilungen des Cornerstone-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Mitteilungspflicht des Cornerstone-Investors (§ 33 WpHG) . . . . . . . . . . . . 110 b) Veröffentlichungspflicht des Emittenten (§ 40 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . 111 6. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 V. Pre-IPO-Platzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Begriff der Privatplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Abgrenzung vom öffentlichen Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Vertrauliche oder öffentlich angekündigte Privatplatzierung . . . . . . . . . . . 113 2. Wesentliche Vor- und Nachteile von Privatplatzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Wesentliche Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Erhöhte Flexibilität in Bezug auf Emissionszeitpunkt und Emissionsvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Reduzierter Zeit- und Kostenaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Wesentliche Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Vertrauliche Ansprache potenzieller Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Ansprache auf Grundlage von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Inhaltsverzeichnis

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b) Ausschluss von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (Non-Reliance-Agreement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4. Vertragliche Dokumentation der Privatplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Process Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Investitionsvereinbarung (Commitment Letter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 5. Umsetzung des Privatplatzierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Angebot auf Grundlage der Ausnahmetatbestände der ProspektVO im Hinblick auf die Art des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Angebot ausschließlich an qualifizierte Anleger (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Angebot an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger (Art. 1 Abs. 4 lit. b) ProspektVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 cc) Kombination der Ausnahmetatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Möglichkeit eines zusätzlichen öffentlichen Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6. Voraussetzungen der Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Grundsätzliche Voraussetzungen der Börsenzulassung von Aktien . . . . . . 125 b) Mindeststreuung der zuzulassenden Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Fremdemission unter Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts und Übernahme der Bezugsaktien durch die Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Fremdemission unter Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts . . . . . . . 130 b) Übernahme der Bezugsaktien durch die Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . 131 2. Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung und Festsetzung des Kapitalerhöhungsbetrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Transaktionsrisiken bei Durchführung des Bezugsangebots . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Platzierungsrisiko durch ungewisses Bezugsverhalten der Aktionäre und Möglichkeit einer geringen Bezugsquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Marktpreisrisiko während des Laufs der Bezugsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Interessen der Transaktionsbeteiligten an einer Einbindung von Investoren im Vorfeld der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Bedürfnis nach Transaktionssicherheit aus Sicht des Emittenten . . . . . . . . 137 aa) Sanierungssituationen und Refinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Wachstums- und Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Reduktion des Übernahmerisikos der Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Transaktionssicherheit und Gelegenheit der gesteuerten Beteiligungsverwässerung für Altaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 aa) Beitrag zur gesicherten Durchführung der Transaktion . . . . . . . . . . . . 142

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Inhaltsverzeichnis bb) Realisierung eines Erlöses durch Veräußerung von Bezugsrechten oder zusätzliche Aktienveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III. Festbezug und Aktienübernahme durch Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Festbezugserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Aktienübernahmeerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 IV. Einbindung von Backstop-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Vorteile des Backstop-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Anbahnung des Backstop-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 aa) Erfüllung des Tatbestands der Marktsondierung (Art. 11 Abs. 1 MAR)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (1) Informationsübermittlung vor Ankündigung der Transaktion sowie Festlegung des Umfangs und der preislichen Gestaltung . . . . . . . . 148 (2) Keine bloße Abschätzung des Investoreninteresses . . . . . . . . . . . . 149 bb) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Ansprache potenzieller BackstopInvestoren außerhalb des Safe Harbour von Art. 11 MAR . . . . . . . . . . 151 (1) Befugnis zur Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber dem Backstop-Investor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (2) Pflicht zur Gewährleistung von Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durch den Backstop-Investor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Zulässigkeit der Übermittlung potenziell kursbeeinflussender Informationen im Rahmen einer Due Diligence des Backstop-Investors . . . 154 (1) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Übermittlung potenziell kursbeeinflussender Informationen (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 lit. c) MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (2) Zulässigkeit der Informationsübermittlung vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Zulässigkeit des Anteilserwerbs des Backstop-Investors in Kenntnis von im Zuge der Due Diligence erlangten Insiderinformationen (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 lit. a) MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Umsetzung des Backstop-Investments und Ausgestaltung der Backstop-Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Inhalt der Erwerbsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Erwerb nicht bezogener Aktien zum Bezugspreis . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Rechtliche Verpflichtung zur Gleichsetzung des Backstop-Preises mit dem Bezugspreis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 cc) Eingrenzung der Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors . . . . . 162 (1) Maximalbeteiligung (Cap) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (a) Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots . . . . . . . . . . . 163 (b) Befreiung vom Pflichtangebot: Sanierungsbefreiung . . . . . . . . 164

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(2) Mindestbeteiligung (Floor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 dd) Lock-up-Verpflichtung des Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Entgeltregelungen zugunsten des Backstop-Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Provisionszahlungen an den Backstop-Investor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (a) Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . 169 (b) Tatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (aa) Backstop-Provision als marktübliches Geschäft . . . . . . . . 170 (bb) Unüblichkeit der Backstop-Provision im Marktvergleich 171 (cc) Streitentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Verdeckte Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 AktG) oder unzulässiges Hinund Herzahlen (§ 27 Abs. 4 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (a) Verdeckte Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 Satz 1 AktG) . . . . . . . . . . 173 (aa) Begriff der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (bb) Backstop-Provision als Gegenleistung für marktübliche Dienstleistung (§ 27 Abs. 2 HS. 2 AktG)? . . . . . . . . . . . . 175 (b) Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 4 Satz 1 AktG) . . . . . . . . . . . . 176 (aa) Begriff des Hin- und Herzahlens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (bb) Backstop-Provision als Vergütung für nicht sacheinlagefähige Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (3) Financial Assistance (§ 71a Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (a) Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG auf den Aktienerwerb im Rahmen einer Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (b) Einschlägigkeit des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG bei BackstopProvisionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Break-up-fee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (2) Verbotene Financial Assistance (§ 71a Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . . . 182 (a) Nichtzustandekommen der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (b) Nichterreichen der angestrebten Mindestbeteiligung . . . . . . . . 182 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Publizitätspflichten des Emittenten bei Bezugsrechtsemissionen unter Beteiligung von Backstop-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Ad-hoc-Publizität (Art. 17 MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 aa) Backstop-Vereinbarung als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (1) Unmittelbarer Emittentenbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial (Art. 7 Abs. 4 MAR) . . 186 (3) Präzise Information (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR) . . . . . . . . . . . . . . 187 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Möglichkeit der Selbstbefreiung (Art. 17 Abs. 4 MAR) . . . . . . . . . . . 188

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Inhaltsverzeichnis cc) Ergebnis zur Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Offenlegung der Backstop-Vereinbarung im Emissionsprospekt . . . . . . . . 190 5. Stimmrechtsmitteilungen des Backstop-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Mitteilungspflicht des Backstop-Investors (§ 33 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Veröffentlichungspflicht des Emittenten (§ 40 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . 192 6. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 V. Vorabplatzierung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Grundzüge der Vorabplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Vorteile von Vorabplatzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Transaktionssicherheit durch frühzeitige Platzierung neuer Aktien . . . . . . 196 b) Marktnahe Preisfestlegung und relative Steigerung des Emissionserlöses im Vergleich zur gewöhnlichen Festpreisemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Verbreiterung der Investorenbasis und gesteigerte Liquidität . . . . . . . . . . . 198 3. Typischer Ablauf der Bezugsrechtsemission bei Durchführung einer Vorabplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Ansprache von Aktionären und potenziellen Neuinvestoren . . . . . . . . . . . . 200 b) Beschluss über die Durchführung der Kapitalerhöhung: Vorstandsbeschluss über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals . . . . . . . . . . . . . 201 c) Unterzeichnung des Übernahmevertrags sowie Verzichts- oder Abtretungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 d) Vorabplatzierung im beschleunigten Bookbuilding und anschließende Festsetzung von Vorabplatzierungs- und Bezugspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Durchführung eines beschleunigten Bookbuildings . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Festsetzung des Vorabplatzierungs- und Bezugspreises . . . . . . . . . . . . 204 e) Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und (Teil-)Lieferung der Vorabplatzierungsaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 f) Zeichnung der Bezugsaktien und Lieferung nach Ablauf der Bezugsfrist 206 aa) Zeichnung durch übrige Aktionäre und erneute Handelsregistereintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch frühzeitige Lieferung der Vorabplatzierungsaktien (§ 53a AktG)? . . . . . . . . . . . . . 207 (1) Ungleichbehandlung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (2) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . 208 g) Rump Placement nach Vorabplatzierung und Bezugsangebot . . . . . . . . . . 210 4. Vertragliche Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten . . . . . . . . 210 a) Vorabplatzierung unter Vorbehalt: Claw-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Reduzierung des Claw-back . . 213 aa) Bezugsrechtsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (1) Schriftliche Verzichtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

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(2) Rechtsfolgen des Bezugsrechtsverzichts durch einzelne Aktionäre 214 (a) Anwachsung bei übrigen Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (b) Maßgeblichkeit des Parteiwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (c) Erlöschen des Bezugsrechts und freie Platzierbarkeit der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (d) Würdigung des Streitstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (aa) Auslegung der Verzichtserklärung unter Berücksichtigung des Vertragszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (bb) Teleologische Auslegung des § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG 217 (cc) Streitentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (3) Anweisung der Depotbanken zur Nichtausübung der Bezugsrechte 219 bb) Abtretung der Bezugsrechte an die Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . 219 (1) Entgeltlose Abtretung oder Abtretung gegen Zahlung eines Bezugsrechtsentgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (a) Entgeltlose Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (b) Abtretung gegen Zahlung eines Bezugsrechtsentgelts . . . . . . . 220 (2) Form der Bezugsrechtsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (3) Nichtausübung durch die Konsortialbanken und Verfall . . . . . . . . 222 cc) Zusätzliche Lieferung von Aktien aus Wertpapierdarlehen . . . . . . . . . 222 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 5. Publizitätspflichten des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Ad-hoc-Publizität (Art. 17 MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Ad-hoc-Mitteilung zur Ankündigung der Vorabplatzierung . . . . . . . . . 225 (1) Pflicht zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung vor Beginn der Vorabplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (2) Zulässigkeit einer Vorabplatzierung vor Ankündigung der Transaktion im Wege der ersten Ad-hoc-Mitteilung? . . . . . . . . . . . . . . . 226 bb) Ad-hoc-Mitteilung über die Durchführung der Vorabplatzierung . . . . 228 cc) Ad-hoc-Mitteilung nach Durchführung des Bezugsangebots (Abschluss der Kapitalerhöhung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Darstellung der Vorabplatzierung im Emissionsprospekt . . . . . . . . . . . . . . 229 6. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 D. Einbindung von Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 I. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen und potenzielle Transaktionsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . 233 a) Sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit bei der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

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Inhaltsverzeichnis 2. Risiko der gerichtlichen Überprüfung des Direktausschlusses oder Ermächtigungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 II. Grundzüge der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss

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1. Einführung der Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2. Vorteile der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss 239 a) Entbehrlichkeit eines Bezugsangebots und prospektfreie Platzierung im beschleunigten Bookbuilding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 b) Prospektfreie Zulassung der Aktien zum Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3. Voraussetzungen des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses . . . . . . . . . . . . 241 a) Bestimmung der maßgeblichen Grundkapitalziffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Kein wesentliches Unterschreiten des Börsenpreises . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 c) Zeitpunkt der Ermittlung des Börsenpreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4. Typische Transaktionsrisiken bei Durchführung einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Typischer Transaktionsablauf einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . 249 a) Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Abgrenzung des Market Sounding von der Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . 250 aa) Gefahr von Insiderverstößen bei Platzierung vor Ad-hoc-Bekanntgabe der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 bb) Trennlinie: Unverbindliche Preisindikation vs. verbindliche Erwerbsofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Beschlussfassung des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . 251 3. Übernahme der Platzierungsaktien durch eine Emissionsbank . . . . . . . . . . . . 252 a) Best-Efforts-Underwriting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) Backstop-Underwriting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Platzierung im beschleunigten Bookbuilding und Preisfestsetzung . . . . . . . . 254 IV. Einbindung von Backstop-Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Typische Verpflichtungen des Backstop-Investors bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Erwerb anderweitig nicht platzierter Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Zulässigkeit eines Erwerbs des gesamten Emissionsvolumens der Kapitalerhöhung durch den Backstop-Investor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 aa) Erfordernis einer breit gestreuten Platzierung der Aktien . . . . . . . . . . 257 bb) Zulässigkeit einer ausschließlichen Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens bei externen Investoren oder einzelnen Aktionären

259

(1) Pflicht zur ausschließlichen Platzierung bei externen Investoren? 259

Inhaltsverzeichnis

19

(2) Rechtfertigung der Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens an den Backstop-Investor auf Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (a) Das Urteil des BGH vom 10. 07. 2018 (BGH II ZR 120/16) . . 260 (b) Rechtfertigung der Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens an einen oder wenige Backstop-Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (c) Lösungsvorschlag für die Zuteilung der Aktien in der Praxis 263 c) Garantie eines Mindestemissionserlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2. Übertragbarkeit der zur Einbindung von Backstop-Investoren bei Bezugsrechtsemissionen gefundenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 3. Publizitätspflichten des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Backstop-Vereinbarung als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR) 265 b) Möglichkeit der Selbstbefreiung (Art. 17 Abs. 4 MAR) . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Ergebnis zur Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 4. Stimmrechtsmitteilungen des Backstop-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 E. Einbindung von Investoren bei Block Trades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I. Grundzüge des Block Trades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 II. Übernahme der Platzierungsaktien durch eine Emissionsbank . . . . . . . . . . . . . . 271 III. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Insiderrechtliche Zulässigkeit der Offenlegung des geplanten Block Trades gegenüber potenziellen Erwerbern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 a) Block Trade als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 MAR) . . . . . . . . . . . . . 273 b) Privilegierung der Informationsweitergabe im Rahmen von Market Soundings (Art. 11 Abs. 1 lit. d) MAR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 c) Abgrenzung des Market Sounding von der Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Zulässigkeit der Weitergabe sonstiger (Insider-)Informationen aus der Sphäre der Zielgesellschaft an den potenziellen Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber dem potenziellen Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Zulässigkeit der Informationsübermittlung vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) . . . . . . . . 277 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 I. Marktsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 II. Einbindung von Investoren bei Börsengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 III. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 IV. Einbindung von Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

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Inhaltsverzeichnis V. Einbindung von Investoren bei Block Trades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. a.F. AG AktG Art. ARUG Aufl. BaFin BB Bd. Begr. BGB BGH BGHZ BKR BörsG BörsZulV BT-Drucks. bzw. CCZ CFL CRIM-MAD

anderer Ansicht Absatz alte Fassung Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz Artikel Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Band Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Börsenzulassungsverordnung Bundestags-Drucksache beziehungsweise Corporate Compliance Zeitschrift Corporate Finance Law Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie). DB Der Betrieb DelVO 2019/980 Delegierte Verordnung (EU) 2019/980 der Kommission vom 14. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Aufmachung, des Inhalts, der Prüfung und der Billigung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission d. h. das heißt DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift DStR Deutsches Steuerrecht ESMA European Securities and Markets Authority EuGH Europäischer Gerichtshof FS Festschrift ggf. gegebenenfalls Hdb. Handbuch

22 HGB h.M. Hrsg. i. d. R. i.H.v. IPO i.S.v./i.S.d. i.V.m. KapitalRL

Abkürzungsverzeichnis

Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber in der Regel in Höhe von Initial Public Offering im Sinne von/im Sinne des in Verbindung mit Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten lit. Buchstabe MAR Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation) MiFID II Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MS-DVO Durchführungsverordnung (EU) 2016/959 der Kommission vom 17. Mai 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für Marktsondierungen in Bezug auf die von offenlegenden Marktteilnehmern zu nutzenden Systeme und Mitteilungsmuster und das Format der Aufzeichnungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates MS-VO Delegierte Verordnung (EU) 2016/960 der Kommission vom 17. Mai 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für angemessene Regelungen, Systeme und Verfahren für offenlegende Marktteilnehmer bei der Durchführung von Marktsondierungen Neue KapitalRL Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ProspektRL Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG ProspektVO Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG

Abkürzungsverzeichnis

23

ProspektVO (alt) Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung RegE Regierungsentwurf Rn. Randnummer Rs. Rechtssache S. Seite oder siehe SE Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) sog. sogenannte/r/s TransPuG Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) u. a. unter anderem Uabs. Unterabsatz Urt. Urteil u. U. unter Umständen vgl. vergleiche WM Wertpapier-Mitteilungen – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpPG Wertpapierprospektgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-AngebV WpÜG-Angebotsverordnung z. B. zum Beispiel ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZGR Zeitschrift für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung I. Einführung in die Thematik der Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen Diese Arbeit beschäftigt sich mit unterschiedlichen Strukturen der Einbindung von Investoren in verschiedene, am Kapitalmarkt regelmäßig vorkommende Aktienemissionsprozesse. Der Fokus wird dabei auf Maßnahmen der frühzeitigen Einbindung gelegt, die im Stadium vor der eigentlichen Aktienplatzierung initiiert werden. Unter den Begriff der Aktienemission fallen Transaktionen unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Umfangs, insbesondere Börsengänge, (Bar-)Kapitalerhöhungen mit und ohne Bezugsrecht der Aktionäre sowie die Platzierung von bestehenden Aktienpaketen.1 Bei Aktienemissionen sehen sich Emittenten und transaktionsbegleitende Konsortialbanken mit der Herausforderung konfrontiert, Transaktionsrisiken nach Möglichkeit zu reduzieren oder gänzlich auszuschalten. Das Interesse an einer sicheren Platzierung der Aktien (und damit an einer möglichst hohen Transaktionssicherheit) ist sowohl auf Seiten der Emittenten als auch auf Bankenseite groß. Emissionsvorhaben wie Börsengänge oder Kapitalerhöhungen, die einem Unternehmen Eigenkapitalmittel in erheblichem Umfang zuführen sollen, finden regelmäßig erst statt, nachdem die Transaktion zuvor öffentlich angekündigt wurde. Der Erfolg derartiger Emissionen kann abgesichert werden, indem die Abnahme der Platzierungsaktien durch Investoren bereits vor Bekanntgabe der Transaktionspläne in gewissem Umfang gewährleistet wird. Im Interesse der Transaktionssicherheit können Investoren etwa zunächst auf ihr generelles Erwerbsinteresse angesprochen werden. Die Investorenansprache kann auch mit dem konkreten Ziel erfolgen, eine Beteiligung des Investors an der Aktienemission bereits vor ihrer Ankündigung vertraglich zu fixieren. Unabhängig davon, wie eine frühzeitige Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess im Einzelfall erfolgt, ist sie oftmals von erheblicher Bedeutung für das Gelingen der Transaktion. Je nachdem, um welche Transaktionsform es sich handelt, verfolgen Emittenten und Konsortialbanken bei der Investorenansprache unterschiedliche Zielsetzungen. Beim Börsengang, der mit dem Eintritt eines Unternehmens in den Kapitalmarkt verbunden ist, geht es primär darum, die erstmalige Platzierung von Unterneh1 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.1.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

mensaktien in dem beabsichtigten Volumen und zu dem anvisierten Emissionspreis erfolgreich durchführen zu können, ohne dass eine zeitliche Verschiebung des Emissionsprozesses oder eine Reduzierung des Emissionsvolumens bzw. Emissionspreises hingenommen werden müssen. Daneben geht es auch um die Suche nach geeigneten Kerninvestoren. Eine angemessene Zusammensetzung der Investorenbasis ist für die weitere Unternehmensentwicklung und die nachfolgende Finanzierung über den Kapitalmarkt (insbesondere über nachfolgende Kapitalmaßnahmen) unerlässlich. Bei Bezugsrechtsemissionen börsennotierter Gesellschaften kommt der Abstimmung des Bezugsverhaltens von Großaktionären eine besondere Bedeutung zu. Für die Gesellschaft gilt es, frühzeitig in Erfahrung zu bringen, ob Kernaktionäre sich an einer Kapitalerhöhung beteiligen wollen oder im Gegensatz dazu an einer Reduzierung ihrer Beteiligung und somit an einer gesteuerten Verwässerung im Rahmen der Kapitalerhöhung interessiert sind. Geht es um bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen oder um die private Umplatzierung einer größeren Menge bereits existierender Wertpapiere (sog. Block Trades), kann wiederum die Suche nach Erwerbern für größere Aktienpakete im Vordergrund stehen. Beide Emissionsformen zeichnen sich dadurch aus, dass wegen des fehlenden Aktionärsbezugsrechts neben Aktionären insbesondere auch neue Investoren als Erwerber in Betracht kommen. Bereits die grundlegenden Unterschiede zwischen Bezugsrechtsemissionen und solchen Aktienemissionen, die keinem Bezugsrecht unterliegen, machen die Vielgestaltigkeit des Aktienemissionsgeschäfts deutlich. Trotz der zum Teil grundlegenden Unterschiede im Platzierungsverfahren ist allen Emissionsformen gemein, dass die Transaktionssicherheit für Emittenten, veräußernde Aktionäre und insbesondere auch die Emissionsbanken einen gewichtigen Faktor bei der Strukturierung des Emissionsprozesses darstellt. Emissionsbanken haben für die unterschiedlichen Transaktionsformen des Aktienemissionsgeschäfts spezielle Maßnahmen entwickelt, durch die Investoren frühzeitig in den Emissionsprozess eingebunden werden und die meist in einer festen Beteiligung des jeweiligen Investors an der Emission münden.

II. Gang der Untersuchung Die Arbeit unternimmt es, verschiedene Arten der Einbindung von Investoren im Vorfeld von Aktienemissionen darzustellen und auf die sich jeweils ergebenden rechtlichen Fragestellungen einzugehen. Dabei wird zwischen den am Kapitalmarkt regelmäßig vorkommenden Arten von Aktienemissionen differenziert. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Einbindung von Investoren beim Börsengang (B.). Im anschließenden Kapitel wird die Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen behandelt (C.), bevor auf die Einbindung bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts eingegangen wird (D.). Ein weiteres Kapitel untersucht die Einbindung von Investoren bei der Umplatzierung größerer

III. Überblick zur Marktsondierung

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Aktienpakete im Rahmen von Block Trades (E.). Abschließend sollen die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit in Thesenform zusammengefasst werden (F.). Die Marktpraxis der frühzeitigen Ansprache von Investoren im Vorfeld einer Transaktion, um ihr Interesse an einer Beteiligung an der Transaktion zu erforschen (sog. Marktsondierung), ist für unterschiedliche Emissionsformen von Bedeutung. Daher soll der folgende Abschnitt zunächst einen Überblick zu Marktsondierungen vermitteln, indem ihre Grundzüge beschrieben und die wesentlichen, mit der Durchführung von Marktsondierungen verbundenen Rechtsfragen beleuchtet werden.

III. Überblick zur Marktsondierung 1. Einführung Zu Beginn der Darstellung wurde bereits erläutert, dass bei Aktienemissionen meist eine selektive Ansprache von Investoren im Vorfeld der eigentlichen Platzierung erfolgt. Diese Marktpraxis, für die unterschiedliche Begriffe existieren, wird als Wall Crossing oder Market Sounding (deutsch: Marktsondierung) bezeichnet. Der Begriff des Wall Crossing umschreibt in diesem Zusammenhang einen Prozess, durch den Insiderinformationen den für sie grundsätzlich vorgesehenen Vertraulichkeitsbereich verlassen (die Information wird über die aus Compliance-Gründen eingerichteten „Chinese Walls“ hinweg weitergegeben).2 Mit Hilfe des Wall Crossing bzw. Market Sounding versuchen die mit der Umsetzung einer Aktienplatzierung betrauten Emissionsbanken, das Erwerbsinteresse potenzieller Investoren noch vor der eigentlichen Platzierung auszuloten und dabei gleichzeitig das Risiko von Insiderverstößen im Vorfeld einer Transaktion zu minimieren. Für das Wall Crossing bzw. Market Sounding existierte vor Inkrafttreten der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) keine gesetzliche Grundlage. Die Emissionsbanken hatten gleichwohl durch die Festlegung bestimmter Verfahrensabläufe für die Einhaltung der gesetzlichen Insiderhandelsverbote Sorge zu tragen. Die Investorenansprache erfolgte zu diesem Zweck zunächst ohne Offenlegung der Identität des Emittenten und der Einzelheiten der Transaktion.3 Die Investoren hatten ihrerseits eine Vertraulichkeitsvereinbarung in Bezug auf die übermittelten Informationen zu unterzeichnen oder die vertrauliche Behandlung der Informationen zumindest mündlich zuzusichern.4 Neben der Vertraulichkeitsvereinbarung hatten Investoren 2 Vgl. die Verwendung des Begriffs bei Seibt/Wollenschläger, AG 2014, 593, 599; Brandt, in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.590; Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 19. 3 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 14 Rn. 12; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2199. 4 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 14 Rn. 12; Seibt/Wollenschläger, AG 2014, 593, 599; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2199.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

zusätzlich eine Nichthandels- bzw. Stillhaltevereinbarung zu unterzeichnen5, wodurch die Einhaltung der gesetzlichen Insiderhandelsverbote gewährleistet werden sollte.6 Erst im Anschluss an dieses förmliche, von den Emissionsbanken dokumentierte Verfahren der Kontaktaufnahme wurde den Investoren nach Übermittlung ihres Einverständnisses das sog. Wall-Crossing-Script zugeleitet, das die wesentlichen Eckdaten der bevorstehenden Transaktion zusammenfasst.7 Mit Inkrafttreten der MAR hat der europäische Gesetzgeber nunmehr einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Durchführung von Marktsondierungen geschaffen. Nach der gesetzlichen Definition besteht eine Marktsondierung in der Übermittlung von Informationen vor Ankündigung eines Geschäfts an einen oder mehrere potenzielle Anleger, um das Interesse potenzieller Anleger an einem möglichen Geschäft und dessen Bedingungen, wie seinem Umfang und seiner preislichen Gestaltung, abschätzen zu können (Art. 11 Abs. 1 MAR). Der folgende Abschnitt unternimmt es, die nunmehr ausdrücklich geregelte Praxis des Market Sounding bei Aktienemissionen zu beleuchten. Zu diesem Zweck geht der erste Unterabschnitt auf den grundsätzlichen Verfahrensablauf eines Market Sounding ein und zeigt die bei der Informationsübermittlung an potenzielle Investoren grundsätzlich bestehenden Restriktionen in Bezug auf die Offenlegung potenziell kursrelevanter Informationen auf (dazu unter 2.). Der anschließende Unterabschnitt behandelt die Art der Informationen, die im Zuge eines Market Sounding im Vorfeld einer Aktienplatzierung regelmäßig an potenzielle Investoren übermittelt werden, und nimmt dabei eine Unterscheidung zwischen transaktionsbezogenen Informationen und solchen Informationen vor, die keinen Bezug zur konkreten Transaktion aufweisen (dazu unter 3.). Sodann werden die wesentlichen Verfahrensund Dokumentationsvorgaben für Marktsondierungen betrachtet (4.), bevor die Frage untersucht wird, welche Rechtsfolgen mit der Einhaltung dieser Verfahrensvorgaben verbunden sind, wenn es um die Offenlegung von Insiderinformationen im Rahmen von Marktsondierungen geht (5.). Abschließend wird dargestellt, welche Rechtsfolgen einen offenlegenden Marktteilnehmer erwarten, der die Verfahrensund Dokumentationspflichten der Marktsondierung nicht einhält (6.).

5 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 14 Rn. 12; Seibt/Wollenschläger, AG 2014, 593, 599; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2199. 6 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 14 Rn. 12. 7 Zu den im Zuge einer typischen Marktsondierung im Vorfeld einer Aktienemission regelmäßig übermittelten Informationen, die im Wall-Crossing-Script zusammengefasst sind, noch unter A. III. 3. a) aa).

III. Überblick zur Marktsondierung

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2. Grundsätzlicher Verfahrensablauf und Gefahr von Insiderverstößen bei der Informationsübermittlung an Investoren a) Grundsätzlicher Verfahrensablauf und Beteiligte In der Emissionspraxis werden bei Marktsondierungen ausgewählte Investoren bereits im Vorfeld einer Transaktion, d. h. vor ihrer öffentlichen Bekanntmachung, durch das Management des Emittenten oder die Emissionsbank mit Informationen zu der geplanten Transaktion versorgt, um eine Einschätzung relevanter Marktteilnehmer über die Vermarktbarkeit der Aktienemission zu erhalten.8 Marktsondierungen können sowohl vom Emittenten als auch von einem Dritten ausgehen, der im Auftrag oder für Rechnung eines Emittenten oder eines Veräußerers von Aktien handelt (Art. 11 Abs. 1 lit. a) und d) MAR). In Person des im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnden Dritten bezieht sich die Regelung auf emissionsbegleitende Banken, die eine Aktienemission im Auftrag des Emittenten strukturieren und mit der Platzierung der Aktien betraut sind. In der Emissionspraxis werden Marktsondierungen in nahezu allen Fällen von den Emissionsbanken durchgeführt, da nur sie über die notwendigen Investorenkontakte verfügen.9 Während das Merkmal „für Rechnung des Emittenten“ auf eine wirtschaftliche Verknüpfung hindeutet, handelt eine Emissionsbank „im Auftrag“ des Emittenten, soweit eine rechtliche Beziehung besteht.10 Wenngleich nach Auffassung der ESMA eine zumindest mündliche Beauftragung der Emissionsbank ausreichend ist11, wird in den meisten Fällen eine schriftliche Mandatierung der Emissionsbank bereits stattgefunden haben. Die Sondierung muss dabei im Mandatsvertrag nicht eigens erwähnt werden.12 In der Praxis wählen die Emissionsbanken unterschiedliche institutionelle Investoren aus, die für eine Zeichnung im Rahmen der Aktienemission in Betracht kommen und die nach Abstimmung mit dem Emittenten für die Zwecke der Marktsondierung angesprochen werden. In die Auswahlentscheidung der Emissionsbanken fließen regelmäßig unterschiedliche Gesichtspunkte ein. Berücksichtigung finden insbesondere der Wirtschaftssektor, in dem der Emittent angesiedelt ist, die Marktkapitalisierung des Unternehmens sowie auch das zu platzierende Emissionsvolumen. b) Gefahr von Insiderverstößen Die Durchführung von Marktsondierungen ist stets mit einer Weitergabe von Informationen an ausgewählte Investoren in einem noch frühen Stadium verbunden, in welchem die Transaktion dem breiten Anlegerpublikum noch nicht offengelegt 8

Seibt/Wollenschläger, AG 2014, 593, 599. Singhof, ZBB 2017, 193, 198. 10 Zetzsche, AG 2016, 610, 612. 11 ESMA/2015/1455, Rn. 66; vgl. auch Singhof, ZBB 2017, 193, 198. 12 ESMA/2015/1455, Rn. 66; vgl. auch Zetzsche, AG 2016, 610, 612. 9

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

und folglich noch keine Publizität hergestellt ist. Ist der Emittent bereits börsennotiert, kann es sich bei den an die Investoren übermittelten Informationen um potenzielle Insiderinformationen handeln.13 Der Begriff der Insiderinformation umfasst u. a. nicht öffentlich bekannte, präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR). Insiderinformationen dürfen grundsätzlich nicht in unrechtmäßiger Weise offengelegt werden (Art. 14 lit. c) MAR), da die Gefahr verbotener Insidergeschäfte durch die Verbreitung von Insiderinformationen steigt.14 Der Emittent und die Emissionsbanken befinden sich bei der Durchführung von Marktsondierungen folglich in einem Spannungsverhältnis. Sie legen in Bezug auf die bevorstehende Transaktion potenziell kursrelevante Informationen gegenüber ausgewählten Investoren offen, wodurch sie grundsätzlich dem Risiko einer unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen ausgesetzt sind. Die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen ist bei Vorsatz strafbewehrt (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 WpHG) und stellt im Falle leichtfertigen Handelns eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 120 Abs. 14 WpHG i.V.m. § 119 Abs. 3 Nr. 3 WpHG). Als Ordnungswidrigkeit kann eine unrechtmäßige Offenlegung mit empfindlichen Geldbußen sanktioniert werden. Die maximale Geldbuße beläuft sich im Falle einer juristischen Person grundsätzlich auf den höheren der Beträge von 15 Millionen Euro bzw. 15 % des Gesamtumsatzes, den die juristische Person in dem der Behördenentscheidung vorangegangenen Jahr erzielt hat (§ 120 Abs. 18 Satz 2 Nr. 1 WpHG), kann jedoch auch einen Betrag in Höhe des Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils erreichen (§ 120 Abs. 18 Satz 3 WpHG). Vor dem Hintergrund der Gefahr behördlicher Sanktionen in beträchtlicher Höhe besteht für Emittenten und Emissionsbanken ein erhebliches Bedürfnis, die Offenlegung von potenziell preissensitiven Informationen bei der Vorbereitung einer Aktienemission rechtssicher zu handhaben. Dieses Bedürfnis erkennt die MAR an, indem sie bei Einhaltung bestimmter Verhaltenspflichten die Offenlegung von Insiderinformationen so betrachtet, dass sie im Zuge der normalen Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs oder der normalen Erfüllung der Aufgaben einer Person vorgenommen wurde (Art. 11 Abs. 4 MAR). Dies hat zur Folge, dass es sich bei der Übermittlung der Informationen um keine unrechtmäßige Offenlegung handelt (vgl. Art. 10 Abs. 1 Uabs. 1 MAR).15

13 14 15

S. dazu sogleich unter A. III. 3. a) bb). Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 1. Dazu noch ausführlich unter A. III. 5.

III. Überblick zur Marktsondierung

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3. Art der übermittelten Informationen Vor dem Hintergrund der insiderrechtlichen Beschränkungen bei der Informationsweitergabe im Vorfeld einer Aktienemission ist die Art der Informationen, die im Rahmen einer Marktsondierung an Investoren übermittelt werden, von nicht unerheblicher Bedeutung. Eine Unterscheidung kann in diesem Zusammenhang insbesondere erfolgen zwischen Informationen mit unmittelbarem Bezug zu der bevorstehenden Aktienemission („transaktionsbezogenen Informationen“, dazu unter a)) und solchen Informationen, die keinen Transaktionsbezug aufweisen (dazu unter b)). a) Übermittlung transaktionsbezogener (Insider-)Informationen In der Praxis haben Marktsondierungen nahezu ausschließlich die Übermittlung transaktionsbezogener Informationen zum Gegenstand. Daher wird nachfolgend ein Überblick über die im Rahmen der Sondierung für gewöhnlich übermittelten „transaktionsbezogenen Informationen“ gegeben (dazu unter aa)). Im Anschluss wird der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen es sich bei diesen Informationen zum Zeitpunkt der Sondierung bereits um Insiderinformationen handeln kann (dazu unter bb)). aa) Transaktionsbezogene Informationen Bei den im Rahmen der Sondierung übermittelten Informationen handelt es sich in erster Linie um transaktionsbezogene Informationen.16 Dies bestätigen auch die Äußerungen der ESMA dahingehend, dass die offengelegten Informationen sich in der Regel auf die potenzielle Transaktion beziehen, auf Grund derer die Sondierung durchgeführt wird.17 Zu den transaktionsbezogenen Informationen wird man zunächst die konkrete Transaktionsform und, damit verbunden, die Herkunft der zu platzierenden Aktien zählen können. Den Investoren wird offenbart, ob es sich um neue Aktien aus einer (ggf. bezugsrechtsfreien) Kapitalerhöhung oder um eine Umplatzierung bestehender Aktien aus Aktionärsbeständen handelt. Darüber hinaus wird das geplante Emissionsvolumen offengelegt, anhand dessen die Investoren sich erst ein genaues Bild über den Umfang des möglicherweise von ihnen zu erwerbenden Aktienpaketes machen können. Auch die Platzierungsmodalitäten werden übermittelt, insbesondere die Art des Angebots (meist eine Privatplatzierung) und dessen Reichweite (Angebot an institutionelle Investoren in Europa oder zusätzliches Angebot an US-Investoren). Schließlich werden die Investoren im Hinblick auf ihre mögliche Teilnahme an der Aktienplatzierung auch über den geplanten Ausführungszeitpunkt der Transaktion (Launch) und den voraussichtlichen Zeitpunkt der Zuteilung der Platzierungsaktien (Settlement) informiert. 16 17

Poelzig, NZG 2016, 528, 535. ESMA/2015/1455, Rn. 76.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

bb) Einordnung transaktionsbezogener Informationen in Bezug auf die bevorstehende Aktienemission als Insiderinformation (Art. 7 MAR) Für die Einordnung als Insiderinformation maßgebend ist zunächst die Frage, ob der Information ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial innewohnt. Davon ist auszugehen, wenn ein verständiger Anleger die Information wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde (Art. 7 Abs. 4 MAR). Bereits vor dem Inkrafttreten der MAR ging man bei Kapitalmaßnahmen im Allgemeinen von einem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial aus, so dass diese als in der Regel veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen angesehen wurden.18 Die gesetzliche Definition des Begriffs der Insiderinformation ist nach dem Inkrafttreten der MAR in ihrem Kern gleichgeblieben19, so dass sich die grundsätzliche Beurteilung der Kursrelevanz von Aktienemissionen nicht geändert hat.20 Ob es sich bei den gegenüber Investoren offengelegten, transaktionsbezogenen Informationen bereits um Insiderinformationen handelt, so dass Restriktionen in Bezug auf die Weitergabe bestehen, hängt maßgeblich von den Platzierungsmodalitäten und vom Grad der Wahrscheinlichkeit der Transaktionsdurchführung ab. Die Insiderqualität einer Information setzt voraus, dass der Informationsgehalt bereits einen hinreichenden Präzisierungsgrad aufweist. Für die Zwecke der Einordnung als Insiderinformation sind Informationen dann als präzise anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von dem man vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der betroffenen Finanzinstrumente zuzulassen (Art. 7 Abs. 2 lit. b) MAR). Bei zukunftsbezogenen Informationen im Hinblick auf ein künftiges Ereignis wie eine bevorstehende Transaktion ist grundsätzlich erst dann von einer hinreichend präzisen Information auszugehen, wenn ihr Eintritt als überwiegend wahrscheinlich im Sinne einer mehr als 50 %igen Wahrscheinlichkeit anzusehen ist.21 Im Schrifttum wird – in Bezug auf Aktienemissionen im Rahmen eines Börsengangs oder im Rahmen von Kapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften – bisweilen argumentiert, dass die bevorstehende 18 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 53 zur früheren Regelung der Ad-hoc-Publizität in § 15 WpHG a.F. 19 Krause, CCZ 2014, 248, 250; Giering, CCZ 2016, 214, 215; Poelzig, NZG 2016, 528, 531; von der Linden, DStR 2016, 1036, 1037. 20 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 7 MAR Rn. 95; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 7 Rn. 390; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rn. 143. 21 Vgl. BGH WM 2013, 1171, 1176 („Geltl/Daimler“); Klöhn, AG 2016, 423, 428; Kumpan, DB 2016, 2039, 2041; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.59.

III. Überblick zur Marktsondierung

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Aktienemission nach diesen Maßstäben im Zeitpunkt der Durchführung einer Marktsondierung meist noch nicht als hinreichend wahrscheinlich einzustufen ist, da anhand der Marktsondierung erst die Möglichkeit der Emissionsdurchführung ermittelt werden soll.22 Die Schwelle der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Transaktion ist nach bisher herrschender Auffassung regelmäßig erst dann überschritten, wenn der Vorstand einen Beschluss über die Kapitalerhöhung gefasst hat.23 Im Hinblick auf Kapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften erscheint es jedoch angezeigt, zwischen den sich zum Teil grundlegend unterscheidenden Platzierungsformen zu differenzieren. Die Vorbereitungszeit für eine Aktienemission, die mit der Ausgabe von Bezugsrechten an die Aktionäre verbunden ist, nimmt typischerweise mehrere Wochen oder gar Monate in Anspruch. Zwar findet bei Bezugsrechtsemissionen eine Ansprache von Investoren bzw. eine Information von Aktionären über die Kapitalerhöhungspläne regelmäßig zu einem früheren Zeitpunkt des Emissionsprozesses statt, so dass man in diesen Fällen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Kapitalerhöhung zum Zeitpunkt der Investorenansprache regelmäßig noch wird verneinen können. Jedenfalls zum Ende des Emissionsprozesses, beispielsweise kurz vor Beginn der Bezugsfrist, können jedoch weitere Abstimmungsmaßnahmen mit Großaktionären oder Investoren erforderlich werden. Zu diesem Zeitpunkt wird man die Emission regelmäßig als überwiegend wahrscheinlich ansehen können, da die Vorbereitung bereits weit fortgeschritten ist. Bezugsrechtsfreie Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen (gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) werden meist innerhalb eines relativ kurz bemessenen Zeitraums von wenigen Wochen vorbereitet und können mangels Erforderlichkeit eines Bezugsangebots zeitnah durchgeführt werden. Gleiches gilt für die Umplatzierung bereits ausgegebener Aktien aus Aktionärsbeständen im Rahmen von sog. Block Trades. Sowohl bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen als auch bei Block Trades beträgt der Zeitraum zwischen der Investorenansprache in Gestalt des Market Sounding und der Durchführung der Transaktion meist nur wenige Stunden. Das Erwerbsinteresse der Investoren und die von ihnen abgegebene Preisindikation sollen nach Möglichkeit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum geplanten Launch ermittelt werden, um das Risiko von Marktschwankungen und, damit verbunden, die Notwendigkeit einer abermaligen Veränderung der mit Hilfe des Market Sounding ermittelten Transaktionsparameter auszuschließen. In Fall von Privatplatzierungen neuer Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung bzw. bestehender Aktien weisen die gegenüber den Investoren offengelegten, transaktionsbezogenen Informationen insgesamt einen hohen Detail22

Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 7 Rn. 393; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rn. 141; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.58a; Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 11. 23 Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 7 Rn. 393; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rn. 141; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 232.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

grad auf. Die genauen Transaktionsparameter (Emissionsvolumen, Platzierungsstruktur, Zeitpunkt der Durchführung) stehen bereits fest. Aus diesem Grund kann es sich bei den Investoren gegenüber offengelegten transaktionsbezogenen Informationen frühzeitig um Insiderinformationen handeln. Bereits vor Inkrafttreten der MAR hatte der EuGH in seinem Urteil in der Rs. Geltl/Daimler entschieden, dass Art. 1 Nr. 1 der InsiderRL zum Begriff der Insiderinformation dahin auszulegen sei, dass bei einem zeitlich gestreckten Vorgang, bei dem ein bestimmter Umstand verwirklicht oder ein bestimmtes Ereignis herbeigeführt werden soll, nicht nur dieser Umstand oder dieses Ereignis präzise Informationen im Sinne der genannten Bestimmungen sein können, sondern auch die mit der Verwirklichung des Umstands oder Ereignisses verknüpften Zwischenschritte dieses Vorgangs.24 Diese Präzisierung des Begriffs der Insiderinformation hat der Europäische Gesetzgeber in die MAR übernommen, indem nunmehr bei zeitlichen gestreckten Vorgängen auch Zwischenschritte für sich genommen den Begriff der Insiderinformation erfüllen können (Art. 7 Abs. 3 MAR). Als zeitlich gestreckte Vorgänge im Sinne der EuGH-Rechtsprechung und des Art. 7 Abs. 3 MAR lassen sich auch Kapitalerhöhungen einordnen, die über einen längeren Zeitraum vorbereitet werden deren Realisierung von mehreren Entscheidungen über den weiteren Projektablauf abhängen.25 Bei bezugsrechtsfreien ZehnProzent-Kapitalerhöhungen und Umplatzierungen bestehender Aktienpakete im Rahmen von Block Trades kann vor diesem Hintergrund bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Emissionsprozesses der für die Einordnung eines bereits kursbeeinflussenden Zwischenschritts erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht sein. Dies kann beispielsweise bereits in dem Zeitpunkt der Fall sein, in dem die Mandatierung der Emissionsbanken erfolgt. Eine eher frühzeitige, vorsorgliche Selbstbefreiung der Gesellschaft von der Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung der Transaktionspläne (vgl. Art. 17 Abs. 4 MAR) wird im neueren Schrifttum für ratsam gehalten.26 Daher werden Emittenten insbesondere bei Kapitalerhöhungen frühzeitig vom Vorliegen einer Insiderinformation in Gestalt der Transaktionspläne ausgehen und eine Selbstbefreiung beschließen, um die Transaktion nicht vorzeitig ankündigen zu müssen und gleichzeitig den Anforderungen der Ad-hoc-Publizität zu genügen. Das Market Sounding unmittelbar vor der Platzierung dient in diesen Fällen nur noch einer genauen Festlegung der Transaktionsparameter.27 Die Durchführung der Transaktion hängt lediglich von dem im Zuge des Market Sounding erlangten Investorenfeedback und insbesondere den Indikationen in Bezug auf den Emissionspreis ab. Dies hat zur Folge, dass die für die Einordnung als Insiderinformation erforderliche Wahrscheinlichkeitsschwelle meist überschritten sein wird. 24

EuGH, Urt. vom 28. 6. 2012 – Rs. C-19/11, Rn. 40 = NJW 2012, 2787 („Geltl/Daimler“). Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.59a. 26 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.59a. 27 Singhof, ZBB 2017, 193, 199, spricht in diesem Zusammenhang von einer „Feinjustierung“ des Wertpapierangebots. 25

III. Überblick zur Marktsondierung

35

Im Ergebnis handelt es sich bei der Offenlegung von transaktionsbezogenen Informationen, insbesondere im Fall von Aktienemissionen im Rahmen von bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen von bis zu zehn Prozent des vorhandenen Grundkapitals oder im Rahmen von Umplatzierungen bestehender Aktien, die im Wege einer Privatplatzierung bei institutionellen Investoren platziert werden, regelmäßig um eine Offenlegung von Insiderinformationen. Dies verdeutlicht das Bedürfnis nach einer rechtssicheren Handhabung dieser Marktpraxis, dem in Gestalt der Privilegierung des Art. 11 Abs. 4 MAR Rechnung getragen wird.28 b) Vorhandensein weiterer Insiderinformationen in der Sphäre des Emittenten und Möglichkeit der Weitergabe im Zuge der Marktsondierung Ungeachtet der durch den Emittenten ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt öffentlich bekannt gegebenen Transaktionsparameter (z. B. Emissionsvolumen und Ausgabepreis der Aktien) besteht die Möglichkeit, dass im Vorfeld der Emission weitere Insiderinformationen in der Sphäre des Emittenten vorhanden sind, die bislang auf Grund einer Selbstbefreiung des Emittenten von der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung von Insiderinformationen noch nicht publik gemacht worden sind. Die ESMA weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass etwa Insiderinformationen zur finanziellen Situation des Emittenten grundsätzlich zu veröffentlichen sind (im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung, vgl. Art. 17 Abs. 1 MAR), soweit nicht ein Aufschub der Veröffentlichung gerechtfertigt ist.29 Gleichwohl weist die ESMA auf die Möglichkeit hin, dass im Zuge einer Marktsondierung etwa auch sensible Informationen zur finanziellen Situation des Emittenten an die Investoren übermittelt werden können, soweit diese Informationen für ihre Anlageentscheidung maßgebend sind.30 Sie betont jedoch zugleich, dass offenlegende Marktteilnehmer eine unnötige Offenlegung zusätzlicher Insiderinformationen gegenüber dem Marktsondierungsempfänger zu vermeiden haben.31 Wenngleich die ESMA eine Weitergabe kursrelevanter Informationen ohne konkreten Transaktionsbezug an den Adressaten einer Marktsondierung somit für möglich hält, dürften diese Erwägungen lediglich theoretischer Natur sein. Insiderinformationen, die keinen unmittelbaren Bezug zu der bevorstehenden Aktienemission aufweisen, werden in der Emissionspraxis bei Marktsondierungen im Vorfeld der Transaktion grundsätzlich nicht an potenzielle Investoren übermittelt. Vielmehr lassen sich Emissionsbanken, die Aktien für die Zwecke der Platzierung übernehmen, in dem mit der Gesellschaft abgeschlossenen Übernahmevertrag re28 29 30 31

Dazu noch ausführlich unter A. III. 5. ESMA/2015/1455, Rn. 76. ESMA/2015/1455, Rn. 76. ESMA/2015/1455, Rn. 76.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

gelmäßig garantieren, dass der Gesellschaft mit Ausnahme der bevorstehenden Aktienemission keine unveröffentlichten Tatsachen bekannt sind, die im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung (Art. 17 Abs. 1 MAR) zu veröffentlichen wären. Zugleich gibt die Gesellschaft im Übernahmevertrag regelmäßig die Garantie ab, dass sie zu dem gegebenen Zeitpunkt (außer im Hinblick auf die bevorstehende Aktienemission) nicht von einer Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht (Art. 17 Abs. 4 MAR) Gebrauch macht.32 Da die Emissionsbanken das Nichtvorliegen von Insiderinformationen und das Nichtgebrauchmachen von einer Selbstbefreiung zur Kondition für die Übernahme der Platzierungsaktien machen, kommt folglich auch eine Weitergabe derartiger Informationen in der Praxis regelmäßig nicht in Betracht. 4. Wesentliche Verfahrens- und Dokumentationspflichten Mit der Marktsondierung gemäß Art. 11 MAR hat der europäische Gesetzgeber ein besonderes Verfahren für die Informationsübermittlung im Vorfeld von Kapitalmarkttransaktionen normiert. Die Neuregelung schafft für den im Rahmen der Emissionsvermarktung etablierten Prozess des Wall Crossing eine Privilegierung: Im Hinblick darauf, dass die Weitergabe von Insiderinformationen grundsätzlich untersagt ist, wird eine Übermittlung im Rahmen von Marktsondierungen so betrachtet, dass sie im Zuge der normalen Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs oder der normalen Erfüllung der Aufgaben einer Person vorgenommen wurde, wenn der offenlegende Marktteilnehmer die Verpflichtungen gemäß Art. 11 Abs. 3 und Abs. 5 MAR einhält (Art. 11 Abs. 4 MAR).33 Diese Privilegierung einer Offenlegung von Insiderinformationen im Zuge von Marktsondierungen hat in der MAR erstmals eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren. Soweit der Anwendungsbereich der Marktsondierungsregeln eröffnet ist, statuiert Art. 11 MAR einen umfangreichen Pflichtenkatalog für die Beteiligten. Für das Verfahren sind nicht nur die Bestimmungen der MAR maßgebend, sondern auch die Vorgaben der Marktsondierungsverordnung (MS-VO), mit der die Kommission technische Regulierungsstandards für angemessene Regelungen, Systeme und Verfahren für offenlegende Marktteilnehmer bei der Durchführung von Marktsondierungen erlassen hat. Ergänzt werden die Regulierungsstandards durch die MS-DVO, die technische Durchführungsstandards in Bezug auf die von offenlegenden Marktteilnehmern zu nutzenden Systeme und Mitteilungsmuster und das Format der nach Art. 11 MAR erforderlichen Aufzeichnungen enthält.

32 Vgl. Schlitt/Gei, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 30.15, in Bezug auf Übernahmeverträge bei der prospektfeien Emission von Wandelanleihen; vgl. auch Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 V. 1. c) in Bezug auf prospektfreie Aktienplatzierungen. 33 Vgl. hierzu auch Erwägungsgrund Nr. 35 MAR.

III. Überblick zur Marktsondierung

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a) Pflichten des offenlegenden Marktteilnehmers vor der Offenlegung von Informationen im Zuge einer Marktsondierung Die Pflichten des offenlegenden Marktteilnehmers bestehen insbesondere in der Einschätzung, ob es sich bei übermittelten Informationen um Insiderinformationen handelt (dazu unter aa)). Soweit diese Frage bejaht wird, ist im Vorfeld der Marktsondierung einerseits die Zustimmung des Sondierungsempfängers einzuholen und dieser andererseits über insiderrechtliche Restriktionen im Umgang mit den von der Information betroffenen Finanzinstrumenten aufzuklären (dazu unter bb)). aa) Berücksichtigung potenzieller Offenlegung von Insiderinformationen In einem ersten Schritt hat der offenlegende Marktteilnehmer vor der Durchführung einer Marktsondierung zu berücksichtigen, ob die Marktsondierung die Übermittlung von Insiderinformationen umfassen wird (Art. 11 Abs. 3 Satz 1 MAR). Die Emissionsbank muss vorab in Abstimmung mit dem Emittenten die Erwägung anstellen, ob die übermittelten Informationen den Emittenten oder ein bzw. mehrere Finanzinstrumente direkt oder indirekt betreffen und ein entsprechendes Kursbeeinflussungspotenzial aufweisen. Werden mehrere Emissionsbanken innerhalb eines Konsortiums mit der Marktsondierung betraut, bedarf es einer einheitlichen Einschätzung aller Banken.34 Ein Potenzial zur Kursbeeinflussung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein verständiger Anleger die Information wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde (Art. 7 Abs. 4 Uabs. 1 MAR). Der offenlegende Marktteilnehmer wird folglich angehalten, von der Sichtweise eines verständigen Anlegers ausgehend das Kursbeeinflussungspotenzial abzuschätzen. Er hat seine Beurteilung zu dokumentieren, indem er schriftliche Aufzeichnungen über seine Schlussfolgerungen und Gründe führt (Art. 11 Abs. 3 Satz 2 MAR). Die Verpflichtung, eine potenzielle Offenlegung von Insiderinformationen im Zuge der Marktsondierung zuvor abzuschätzen und die dabei maßgeblichen Erwägungen schriftlich zu dokumentieren, gilt ausdrücklich für jede Offenlegung von Informationen im Verlauf der Marktsondierung (Art. 11 Abs. 3 Satz 4 MAR). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Einordnung einer Information als Insiderinformation als schwierig erweisen kann.35 Muss der offenlegende Marktteilnehmer gegenüber der zuständigen Behörde den Nachweis eines ordnungsgemäßen Verfahrens bei der Marktsondierung führen, können die Aufzeichnungen ihm hierbei behilflich sein.36 Der offenlegende Marktteilnehmer hat die Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren (Art. 11 Abs. 3 Satz 5 MAR). Daraus ergibt sich, dass ein offen-

34 35 36

Zetzsche, AG 2016, 610, 614. Vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 MS-VO. Vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 MS-VO.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

legender Marktteilnehmer im Falle einer erneuten Kontaktaufnahme die Insiderrelevanz einer bereits zuvor mitgeteilten Information erneut zu überprüfen hat.37 bb) Einholung der Zustimmung des Sondierungsempfängers und Aufklärung Gelangt der offenlegende Marktteilnehmer im Rahmen seiner Beurteilung zu der Einschätzung, dass die Marktsondierung mit der Offenlegung von Insiderinformationen einhergehen wird, so muss er für die Zwecke der Privilegierung in Art. 11 Abs. 4 MAR zusätzlich die Anforderungen des Art. 11 Abs. 5 MAR beachten. Die Umsetzung der darin normierten Pflichten (insbesondere zur Einholung der Zustimmung zum Erhalt der Marktsondierung sowie zur Aufklärung des Sondierungsempfängers) erfolgt, indem zwischen dem offenlegenden Marktteilnehmer und den Sondierungsempfängern ein Standardsatz von Informationen ausgetauscht wird (vgl. Art. 3 MS-VO). Der Umfang dieses Standardsatzes fällt unterschiedlich aus, abhängig davon, ob der offenlegende Marktteilnehmer zu der Einschätzung gelangt, dass im Zuge der Marktsondierung Insiderinformationen offengelegt werden. (1) Einholung der Zustimmung des Sondierungsempfängers Beabsichtigt der offenlegende Marktteilnehmer, dem Empfänger der Marktsondierung gegenüber Insiderinformationen offenzulegen, hat er zunächst dessen Zustimmung einzuholen (Art. 11 Abs. 5 Uabs. 1 lit. a) MAR). Der offenlegende Marktteilnehmer setzt den (zu diesem Zeitpunkt noch potenziellen) Marktsondierungsempfänger folglich auf zunächst anonymer Basis über die bevorstehende Aktienemission in Kenntnis. Die Informationen über die betreffende Gesellschaft sind in diesem Stadium noch allgemein gehalten. Es werden regelmäßig nur der Wirtschaftssektor, in dem die Gesellschaft agiert, die Marktkapitalisierungsgröße (z. B. Small- oder Mid Cap), die geografische Verortung des Unternehmens (z. B. Kontinentaleuropa) sowie das Datum der voraussichtlichen Transaktionsankündigung angegeben. Auf dieser allgemein gehaltenen Informationsbasis kann der potenzielle Marktsondierungsempfänger die Entscheidung treffen, ob er potenzielle Insiderinformationen in Bezug auf die betroffene Gesellschaft und die bevorstehende Transaktion erhalten möchte. Das Zustimmungserfordernis besteht vor dem Hintergrund, dass der Empfänger mit dem Erhalt der Insiderinformationen zum Insider wird und in der Folge insbesondere einem Handelsverbot in den Wertpapieren des Emittenten sowie dem Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung der betreffenden Information unterliegt.38 Angesichts der Gefahr potenzieller Insiderverstöße und deren Sanktionierung muss der Empfänger einer Übermittlung von Insiderinformationen zunächst zustimmen. Entsprechend enthält der Standardsatz von Informationen ein Ersuchen um Zustimmung der Person, die die Marktsondierung erhält, dass sie Insiderinforma37 38

Singhof, ZBB 2017, 193, 199. Zetzsche, AG 2016, 610, 614.

III. Überblick zur Marktsondierung

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tionen erhält, sowie die Antwort auf dieses Ersuchen (Art. 3 Abs. 3 lit. g) MS-VO). Der Umstand, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der öffentlichen Ankündigung der Transaktion oder bis zur Mitteilung über den Wegfall der Insiderqualität der jeweiligen Informationen durch ein sog. Cleansing (vgl. Art. 11 Abs. 6 MAR) am Handel von Wertpapieren des betreffenden Emittenten gehindert („restricted“) zu sein, kann den Investor dazu bewegen, die Zustimmung zum Erhalt vertraulicher, transaktionsbezogener Informationen zu verwehren. Der Grund hierfür kann etwa darin bestehen, dass Handelsrestriktionen in den betroffenen Finanzinstrumenten u. a. die Fähigkeit des jeweiligen Marktteilnehmers beschränken, auf Marktschwankungen kurzfristig durch Verkäufe in den betreffenden Finanzinstrumenten zu reagieren. (2) Aufklärung des Sondierungsempfängers Aus den gleichen Erwägungen (Handelsrestriktionen; Gefahr der Sanktionierung von Verstößen) trifft den offenlegenden Marktteilnehmer eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Sondierungsempfänger. Dieser ist zum einen davon in Kenntnis zu setzen, dass die Nutzung und der Versuch der Nutzung der Insiderinformation in Form von Erwerb oder Veräußerung von Finanzinstrumenten, auf die sich die Information bezieht, untersagt sind (Art. 11 Abs. 5 Uabs. 1 lit. b) MAR). Zum anderen ist er darüber aufzuklären, dass die Nutzung und der Versuch der Nutzung der Insiderinformation auch in Form der Stornierung oder Änderung eines bereits erteilten Auftrags in Bezug auf ein Finanzinstrument, auf das sich die Information bezieht, untersagt ist (Art. 11 Abs. 5 Uabs. 1 lit. c) MAR). Dem offenlegenden Marktteilnehmer wird in Gestalt dieser Aufklärungspflichten eine partielle Verantwortung übertragen, für die Einhaltung der Insiderhandelsverbote durch den Marktsondierungsempfänger Sorge zu tragen. Schließlich ist der Empfänger auch darüber zu unterrichten, dass er sich mit der Zustimmung zum Erhalt auch dazu verpflichtet, die Vertraulichkeit der Insiderinformation zu wahren (Art. 11 Abs. 5 Uabs. 1, lit. d) MAR). Der Sinn und Zweck sämtlicher Aufklärungspflichten besteht darin, jeglichem Risiko eines unsachgemäßen Umgangs mit den übermittelten Insiderinformationen von vorneherein entgegenzuwirken. b) Pflichten des Marktsondierungsempfängers (der Investoren) Der Pflichtenkatalog des Art. 11 MAR normiert nicht nur Verhaltenspflichten in Person des offenlegenden Marktteilnehmers, sondern richtet sich auch an die Empfänger von Marktsondierungen und folglich an die angesprochenen Investoren. Diese haben die potenzielle Insiderqualität der übermittelten Informationen selbst zu beurteilen (dazu unter aa)), wobei sich aus dem Ergebnis dieser Einschätzung sodann Restriktionen im Umgang mit betroffenen Finanzinstrumenten ergeben können (dazu unter bb)).

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

aa) Einschätzung potenzieller Insiderqualität von Informationen Personen, die Marktsondierungen erhalten, haben unbeschadet der sonstigen Bestimmungen des Art. 11 MAR selbst die Einschätzung vorzunehmen, ob sie im Besitz von Insiderinformationen sind und zu welchem Zeitpunkt sie nicht mehr im Besitz von Insiderinformationen sind (Art. 11 Abs. 7 MAR). Dem Sondierungsempfänger wird ausdrücklich die Verantwortung übertragen, die Insiderqualität der Information (und ggf. ihren Wegfall) selbst zu beurteilen. Dadurch wird möglichen Irrtümern auf Seiten des Sondierungsempfängers dahingehend begegnet, die Einschätzung der Insiderqualität einer Information sei allein Sache des Emittenten und der Emissionsbanken.39 Die ESMA hat im Rahmen ihres Mandats (vgl. Art. 11 Abs. 11 MAR) Leitlinien für die Empfänger von Marktsondierungen veröffentlicht.40 Die BaFin wiederum hat mitgeteilt, diese Leitlinien im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis heranzuziehen um zu beurteilen, ob die Insiderhandelsverbote und insbesondere das insiderrechtliche Weitergabeverbot beachtet worden sind.41 Die Leitlinien äußern sich insbesondere zu den Faktoren, die Marktsondierungsempfänger bei der Beurteilung der Insiderqualität der ihnen im Rahmen der Marktsondierung übermittelten Informationen berücksichtigen müssen (Art. 11 Abs. 11 lit. a) MAR). Empfänger einer Marktsondierung sollen ausweislich der Leitlinien einerseits die Beurteilung des offenlegenden Marktteilnehmers, andererseits aber auch alle Informationen berücksichtigen, die der oder den Person(en) oder dem Organ zur Verfügung stehen, die im Umfeld des Sondierungsempfängers mit der Einschätzung betraut sind, einschließlich solcher Informationen, die von anderen Quellen als dem offenlegenden Marktteilnehmer stammen.42 Auf der gleichen Informationsbasis soll auch die Einschätzung des möglichen Verlusts der Insiderqualität nach dem Erhalt einer Cleansing-Mitteilung erfolgen.43 bb) Folgepflichten bei Vorliegen von Insiderinformationen Gelangt die bei dem Marktsondierungsempfänger zuständige Person zu der Einschätzung, dass sich der Empfänger infolge der Marktsondierung im Besitz von Insiderinformationen befindet, hat sie zwecks der Vermeidung von Insidergeschäften (vgl. Art. 8 MAR) alle Emittenten und Finanzinstrumente zu ermitteln, auf die sich die Insiderinformationen ihrer Meinung nach beziehen.44 Der Handel in sämtlichen betroffenen Finanzinstrumenten ist dann im Hinblick auf Art. 8 MAR auszusetzen.45 39 40 41 42 43 44

Zetzsche, AG 2016, 610, 618. ESMA/2016/1477 DE – MAR Leitlinien – Personen, die Marktsondierungen erhalten. BaFin-Schreiben vom 08. 12. 2016, geändert am 31. 05. 2017. ESMA/2016/1477 DE, Rn. 12. ESMA/2016/1477 DE, Rn. 13. ESMA/2016/1477 DE, Rn. 14.

III. Überblick zur Marktsondierung

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5. Rechtsfolgen für die Offenlegung von Insiderinformationen im Rahmen einer Marktsondierung (Art. 11 Abs. 4 MAR) Nach den Erwägungsgründen zur MAR kann die Durchführung von Marktsondierungen es erforderlich machen, potenziellen Anlegern gegenüber Insiderinformationen offenzulegen.46 Damit deutet auch der Verordnungsgeber die regelmäßige Übermittlung transaktionsbezogener Insiderinformationen an. Das Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit der Offenlegung an sich vertraulicher Transaktionsparameter und dem grundsätzlichen Verbot der Offenlegung von Insiderinformationen hat der Verordnungsgeber erkannt und einen Privilegierungstatbestand geschaffen. Eine Übermittlung von Insiderinformationen an Investoren im Verlauf einer Marktsondierung wird danach so betrachtet, dass sie im Zuge der normalen Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben vorgenommen wurde (Art. 11 Abs. 4 MAR i.V.m. Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR). Bei der Anwendung der Marktsondierungsvorschriften stellt sich für den offenlegenden Marktteilnehmer die Frage, ob es sich bei der Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR um eine Safe-Harbour-Regelung handelt. Unter einem Safe Harbour versteht man die Spezifizierung von Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Erfüllung für den Normadressaten keine Rechtsnachteile eintreten.47 Ordnet man den Verweis in Art. 11 Abs. 4 MAR als eine solche Regelung ein, kann der offenlegende Marktteilnehmer bei Einhaltung der Vorgaben aus Art. 11 Abs. 3 und 5 MAR wegen einer Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen des Market Sounding nicht belangt werden. Versteht man die Regelung hingegen nicht als Safe Harbour, hat der offenlegende Marktteilnehmer gegebenenfalls weitere, über die ausdrücklichen Verfahrensvorgaben für Marktsondierungen hinausgehende Anforderungen zu beachten, um Verstöße gegen das insiderrechtliche Weitergabeverbot zu unterbinden. In der Folge könnte er sich selbst bei Einhaltung der durch Art. 11 MAR neu geregelten Vorgaben nicht auf der sicheren Seite wähnen. In Anbetracht des Sanktionsregimes, das an eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen geknüpft ist48, hat der offenlegende Marktteilnehmer in dieser Frage ein erhebliches Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Die Frage, ob die Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR als SafeHarbour-Regelung einzuordnen ist, wird im Schrifttum bisher nicht einheitlich beantwortet.

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Zetzsche, AG 2016, 610, 618. Erwägungsgrund Nr. 34 MAR. 47 Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 700. 48 Zur Strafbarkeit einer unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen sowie zum Ordnungswidrigkeitentatbestand bereits unter A. III. 2. b). 46

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

a) Geltung der Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung (Rs. Grøngaard & Bang) auch im Rahmen von Marktsondierungen Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass unter Geltung der MAR bei der Durchführung von Marktsondierungen die vom EuGH in der Rs. Grøngaard & Bang entwickelten Auslegungsgrundsätze betreffend die Offenlegung von Insiderinformationen weiterhin maßgebend seien.49 Zur Auslegung von Art. 3 lit. a) der EWGInsiderrichtlinie50, der Vorgängervorschrift zu der nunmehr geltenden Norm des Art. 10 Abs. 1 MAR, hatte der EuGH in der Rs. Grøngaard & Bang entschieden, dass die Weitergabe von Insiderinformationen an Dritte nur dann gerechtfertigt sei, wenn sie für die Ausübung einer Arbeit oder eines Berufes oder für die Erfüllung einer Aufgabe unerlässlich sei und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachte.51 Nach einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung hat dies zur Folge, dass zu den formalen Anforderungen des Art. 11 Abs. 3 und 5 MAR in materieller Hinsicht die Unerlässlichkeit der Informationsweitergabe hinzutreten muss.52 Für eine einschränkende Auslegung der Ausnahmeregelung in Art. 11 Abs. 4 MAR spreche der Umstand, dass Art. 11 Abs. 4 MAR wie auch Art. 10 Abs. 1 MAR eine im Lichte des Regelungszwecks eng auszulegende Ausnahmeregelung darstelle.53 Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Erwägungen des EuGH aus dem Urteil in der Rs. Grøngaard & Bang bei Marktsondierungen nicht gültig sein sollten.54 Zur Begründung wird auch auf den finalen ESMA-Entwurf technischer Standards zur MAR verwiesen, demzufolge die Offenlegung von Informationen erforderlich und geeignet sein soll, um das Interesse des Marktes an dem konkreten Geschäft und seinen Bedingungen, wie etwa Preis oder Umfang, bewerten zu können.55 Ausweislich des ESMA-Entwurfs sollten offenlegende Marktteilnehmer zudem die Offenlegung von Insiderinformationen vermeiden, die nicht zur Marktsondierung erforderlich seien.56 b) Art. 11 Abs. 4 MAR als Safe-Harbour-Regelung Die im Schrifttum wohl herrschende Auffassung hingegen sieht in Art. 11 Abs. 4 MAR eine Safe-Harbour-Regelung, mit der Konsequenz, dass die Auslegungsgrundsätze der Grøngaard & Bang-Rechtsprechung im Anwendungsbereich des 49

Poelzig, NZG 2016, 528, 535; Renz/Leibold, CCZ 2016, 157, 164; Veil, ZBB 2014, 85, 92; Teigelack, BB 2012, 1361, 1364; Veil/Koch, WM 2011, 2297, 2300. 50 Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte. 51 EuGH, Urt. vom 22. 11. 2005 – Rs. C-384/02 = NJW 2006, 133 („Grøngaard/Bang“). 52 Poelzig, NZG 2016, 528, 535; Renz/Leibold, CCZ 2016, 157, 164; Veil, ZBB 2014, 85, 92; Teigelack, BB 2012, 1361, 1364. 53 Poelzig, NZG 2016, 528, 535. 54 Veil, ZBB 2014, 85, 92. 55 Poelzig, NZG 2016, 528, 535 mit Verweis auf ESMA/2014/1455, Rn. 76. 56 Poelzig, NZG 2016, 528, 535 mit Verweis auf ESMA/2014/1455, Rn. 76.

III. Überblick zur Marktsondierung

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Art. 11 MAR nicht zu beachten sind.57 Die Vertreter dieser Auffassung verweisen zunächst auf den Wortlaut des Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR, der auf das Kriterium einer Unerlässlichkeit der Weitergabe von Insiderinformationen verzichtet.58 Das Festhalten am Wortlaut des Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR wird auch aus dem Grund für zwingend erachtet, dass die Mitgliedstaaten mit Inkrafttreten der CRIM-MAD verpflichtet werden, eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen strafrechtlich zu sanktionieren. Mit Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot sei am Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 MAR unbedingt festzuhalten.59 Zur Begründung der Abkehr von den Grundsätzen der Grøngaard & Bang-Rechtsprechung im Anwendungsbereich von Marktsondierungen wird zudem ein systematischer Vergleich zwischen Art. 11 Abs. 1 MAR und Art. 11 Abs. 2 MAR angestellt. So sehe der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 MAR, der die Sondierung von der Erwerberseite betrifft, ein Erforderlichkeitskriterium für die zulässige Weitergabe von Insiderinformationen vor, Art. 11 Abs. 1 MAR hingegen nicht.60 Insofern würde der Wortlautunterschied eingeebnet, hielte man weiter an der Voraussetzung der Unerlässlichkeit einer Informationsweitergabe fest.61 Daneben werden auch praktische Erwägungen als Argumentationsgegenstand herangezogen und gegen das Erfordernis einer „unerlässlichen“ Weitergabe von Insiderinformationen fruchtbar gemacht. So könne die Weitergabe von Insiderinformationen im Zuge einer Marktsondierung nicht an den Kriterien der Grøngaard & Bang-Rechtsprechung gemessen werden, da Marktsondierungen niemals unerlässlich seien.62 Die Durchführung von Marktsondierungen sei faktisch unmöglich, würde man die Unerlässlichkeit der Informationsweitergabe weiterhin für erforderlich halten.63 Da Marktsondierungen eben nicht unerlässlich seien, käme es nicht zu Sondierungen und die Vorschrift des Art. 11 MAR hätte keinen Anwendungsbereich.64 Dies könne letztlich nicht der Wille des europäischen Gesetzgebers gewesen sein.65 57

Brellochs, in: Klöhn, MAR, Art. 11 Rn. 17; Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 113; Kiesewetter/Parmentier, BB 2013, 2371, 2374; Krause, CCZ 2014, 248, 254; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 15; Seibt, in: Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht, Kap. 2 Rn. 2.25; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 50a; Thissen, NZG 2015, 1254, 1255 f.; Zetzsche, AG 2016, 610, 613; Zetzsche, NZG 2015, 817. 58 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 113; Zetzsche, AG 2016, 610, 613; Zetzsche, NZG 2015, 820. 59 Zetzsche, AG 2016, 610, 613. 60 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 113; Zetzsche, AG 2016, 610, 613. 61 Zetzsche, AG 2016, 610, 613. 62 Zetzsche, AG 2016, 610, 613. 63 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 113; Thissen, NZG 2015, 1254, 1255. 64 Zetzsche, AG 2016, 610, 614; Krause, CCZ 2014, 248, 254. 65 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 113; Krause, CCZ 2014, 248, 254; Thissen, NZG 2015, 1254, 1255.

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

Schließlich wird die Geltung der Grøngaard & Bang-Rechtsprechung im Anwendungsbereich von Marktsondierungen auch unter teleologischen Gesichtspunkten abgelehnt. Art. 11 MAR solle nicht durch die Prüfung zusätzlicher Kriterien oder durch eine ergänzende Interessenabwägung entwertet werden.66 Bei Anwendung des Unerlässlichkeitskriteriums entfiele der Zweck des Art. 11 MAR, in kritischen Marktsituationen Rechtssicherheit in Bezug auf das gebotene Verfahren zu gewähren.67 Auch sei es insbesondere ein Ziel der MAR-Neuregelung gewesen, die in der Praxis gebräuchliche Marktsondierung im Vorfeld von Kapitalmarkttransaktionen zu erleichtern, nicht aber zu erschweren.68 c) Stellungnahme Während die genannten Argumente die Frage, ob die Regelung in Art. 11 Abs. 4 MAR ihrer Rechtsnatur nach einen Safe Harbour für Emittenten und Emissionsbanken bietet, nicht abschließend beantworten können, lässt sich insbesondere ein bisher nur vereinzelt69 angestellter Vergleich für die Einordnung des Art. 11 Abs. 4 MAR als Safe Harbour ins Feld führen. In der MAR hat der europäische Gesetzgeber an anderer Stelle bestimmte Grundsätze aus der Rechtsprechung des EuGH kodifiziert. Der EuGH hatte etwa in der Rs. Geltl/Daimler zur Auslegung des Begriffs der Insiderinformation unter Geltung der Marktmissbrauchsrichtlinie entschieden, dass bei einem zeitlich gestreckten Vorgang, bei dem ein bestimmter Umstand verwirklicht oder ein bestimmtes Ereignis herbeigeführt werden soll, nicht nur dieser Umstand oder dieses Ereignis präzise Informationen sein könnten, sondern auch die mit der Verwirklichung des Umstands oder Ereignisses verknüpften Zwischenschritte dieses Vorgangs.70 Im Rahmen der Neuregelungen innerhalb der MAR hat der europäische Gesetzgeber den Umstand, dass Zwischenschritte eines zeitlich gestreckten Vorgangs eine Insiderinformation darstellen können, ausdrücklich normiert (Art. 7 Abs. 3 MAR). Eine Kodifizierung der Rechtsprechungsgrundsätze aus der Entscheidung Grøngaard & Bang71 ist demgegenüber nicht erfolgt.72 Insofern ist davon auszugehen, dass der europäische Gesetzgeber die Geltung des Kriteriums der Unerlässlichkeit einer Weitergabe von Insiderinformationen für Marktsondierungen ausdrücklich angeordnet hätte, soweit die Geltung beabsichtigt gewesen wäre. Dass eine Kodifizierung im Rahmen der Neuregelung der MAR unterblieben ist, spricht 66

Brellochs, in: Klöhn, MAR, Art. 11 Rn. 17. Brellochs, in: Klöhn, MAR, Art. 11 Rn. 17; Zetzsche, AG 2016, 610, 614. 68 Seibt, in: Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht, Kap. 2 Rn. 2.25. 69 Vgl. Seibt, in: Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht, Kap. 2 Rn. 2.25; Singhof, ZBB 2017, 193, 202 f. 70 EuGH, Urt. v. 28. 07. 2012 – Rs. C-19/11, Rn. 57 = NJW 2012, 2787 („Geltl/Daimler“), s. dazu bereits unter A. III. 3. a) bb). 71 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – Rs. C-384/02 = NJW 2006, 133 („Grøngaard/Bang“). 72 So auch Seibt, in: Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht, Kap. 2 Rn. 2.25; Singhof, ZBB 2017, 193, 202 f. 67

III. Überblick zur Marktsondierung

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letzten Endes – zumindest im Anwendungsbereich der Regelungen über die Marktsondierung – gegen die weitere Geltung des Unerlässlichkeitskriteriums. Im Ergebnis ist Art. 11 Abs. 4 MAR als Safe-Harbour-Regelung einzuordnen, so dass dem offenlegenden Marktteilnehmer bei Einhaltung des für die Durchführung von Marktsondierungen vorgeschriebenen Pflichtenkatalogs aus Art. 11 Abs. 3 und Abs. 5 MAR keine Rechtsnachteile drohen. 6. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Verhaltenspflichten Beachtet der offenlegende Marktteilnehmer die Verfahrenspflichten (Art. 11 Abs. 3 und Abs. 5 MAR) im Rahmen der Marktsondierung nicht oder nicht in ausreichendem Maße, so stellt sich die Anschlussfrage, welche Konsequenzen diese Missachtung der Vorgaben nach sich zieht. Ausweislich der Erwägungsgründe soll von Marktteilnehmern, die bei der Durchführung von Marktsondierungen die Vorgaben der MAR nicht beachten, nicht angenommen werden, dass Insiderinformationen unrechtmäßig offengelegt haben.73 Die Marktteilnehmer können in diesem Fall allerdings nicht in den Genuss der Ausnahmeregelung kommen.74 Ob ein Verstoß gegen das Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen vorliegt, soll in diesen Fällen unter Berücksichtigung sämtlicher einschlägiger MAR-Bestimmungen untersucht werden.75 Die Aussagen der Erwägungsgründe bestätigen die Eigenschaft von Art. 11 Abs. 4 MAR als charakteristischer Safe Harbour. Denn Safe Harbour-Regelungen zeichnen sich dadurch aus, dass bei Einhaltung der für sie geltenden Vorgaben zwar verbindlich der Tatbestand einer Verbotsnorm ausgeschlossen ist, andererseits ein nicht diesen Vorgaben genügendes Handeln aber auch nicht von vorneherein als unrechtmäßiges bzw. verbotenes Handeln einzustufen ist.76 Ein möglicher Verstoß gegen das Offenlegungsverbot ist bei Nichteinhaltung der Verfahrensvorgaben für die Marktsondierung folglich stets gesondert zu prüfen. 7. Fazit Der Vergleich der bereits von dem Inkrafttreten der MAR verbreiteten Marktpraxis des Wall Crossing mit den in Art. 11 MAR statuierten Pflichten im Rahmen der Durchführung von Marktsondierungen (Ansprache auf anonymer Basis, Einholung der Zustimmung zum Erhalt von Insiderinformationen und Aufklärung über Insidertatbestände, Unterzeichnung von Vertraulichkeitsvereinbarungen, erst im 73 74 75 76

203.

Erwägungsgrund Nr. 35 MAR. Erwägungsgrund Nr. 35 MAR. Erwägungsgrund Nr. 35 MAR. Apfelbacher/Müller, Börsen-Zeitung vom 03. 11. 2012, S. 13; Singhof, ZBB 2017, 193,

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A. Einführung in die Thematik und Überblick zur Marktsondierung

Anschluss erfolgende Übermittlung transaktionsbezogener Insiderinformationen) zeigt, dass der europäische Gesetzgeber weitestgehend eine Kodifizierung der Marktpraxis des Wall Crossing vorgenommen hat. Diese bietet nunmehr durch die Privilegierung des Art. 11 Abs. 4 MAR einen „sicheren Hafen“ für die Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber potenziellen Investoren im Vorfeld einer Aktienplatzierung. Wenngleich das Risiko von Insiderverstößen bereits durch die im Rahmen des Wall Crossing praktizierten Verfahrensabläufe verringert werden konnte, ist die Neuregelung zu begrüßen, da sie bei Einhaltung der in der MAR, MSVO und MS-DVO geregelten Verfahrensschritte und Formvorgaben eine rechtssichere Handhabung der Offenlegung potenziell kursbeeinflussender Informationen gegenüber Investoren im Vorfeld einer Aktienplatzierung ermöglicht.

B. Einbindung von Investoren beim Börsengang I. Einführung Der Börsengang markiert in den meisten Fällen den erstmaligen Gang eines Unternehmens an den Kapitalmarkt.1 Das Unternehmen, das an die Börse gebracht werden soll, hat zuvor meist noch keine Kontakte mit einer breiten Investorenbasis, sondern wird sich regelmäßig durch Investitionen der Gesellschafter und durch Fremdkapital, typischerweise in Form von Bankkrediten, finanziert haben. Anlässlich des Börsengangs werden mit Hilfe des Emissionskonsortiums folglich erstmals Kontakte zu einer Reihe von ausgewählten Investoren aufgebaut, um eine nach Möglichkeit umfangreiche Teilnahme an der Aktienplatzierung im Börsengang zu erreichen. Die frühzeitige Fixierung einer Beteiligung von Investoren an der Emission ist jedoch nicht nur mit Blick auf die nachfolgenden Investorenbeziehungen (Investor Relations) von einiger Wichtigkeit, sondern insbesondere aus Gesichtspunkten der Transaktionssicherheit. So besteht, speziell in Zeiten eines unsicheren Marktumfelds für Börsengänge, die sich durch eine vergleichsweise hohe Volatilität auszeichnen, ein erhebliches Bedürfnis dahingehend, den Weg an die Börse auf sicherem Terrain zu beschreiten. Die folgende Darstellung geht auf unterschiedliche Möglichkeiten der Einbindung von Investoren im Vorfeld eines geplanten Börsengangs ein. Um die Besonderheiten einzelner Maßnahmen im Emissionsprozess herauszuarbeiten, sollen zunächst die Grundzüge eines Börsengangs einschließlich der regelmäßigen Angebotsstruktur dargestellt werden (dazu unter II.). Anschließend soll der für Börsengänge typische Weg einer frühen Kontaktaufnahme mit Investoren skizziert werden, die in erster Linie im Zuge sogenannter Early Look Meetings bzw. im Pilot Fishing erfolgt (dazu unter III.). Eine weitere Variante der frühzeitigen Einbindung von Investoren besteht in der Einholung fester Zeichnungen durch sog. CornerstoneInvestoren (dazu unter IV.). Abschließend soll mit der Pre-IPO-Privatplatzierung eine relativ neue Transaktionsstruktur dargestellt werden, durch die eine Börsenzulassung von Aktien ohne die Durchführung eines öffentlichen Angebots herbeigeführt werden kann (dazu unter V.).

1 In einigen Fällen erfolgt eine (partielle) Finanzierung des Unternehmens am Kapitalmarkt bereits vor dem erstmaligen Angebot von Aktien, z. B. durch die Ausgabe von Unternehmensanleihen (Corporate Bonds).

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

II. Grundzüge des Börsengangs Der folgende Abschnitt beschäftigt sich zunächst mit den Grundzügen eines Börsengangs und beleuchtet in diesem Zusammenhang dessen wesentliche Vorteile für die Unternehmensfinanzierung und, damit verbunden, auch die grundlegenden Motive für die Durchführung eines Börsengangs (dazu unter 1.). Anschließend wird der für Börsengänge im Wege eines öffentlichen Angebots von Aktien typische Emissionsprozess dargestellt, wobei sowohl die regelmäßige Angebotsstruktur, der Vermarktungs- und Platzierungsprozess als auch die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel betrachtet werden (dazu unter 2.). Im Anschluss an die Darstellung des Emissionsprozesses beim öffentlichen Angebot von Aktien werden schließlich die damit typischerweise einhergehenden Transaktionsrisiken dargestellt (dazu unter 3.), die eine frühzeitige Einbindung von Investoren im Vorfeld des Börsengangs erforderlich machen können. 1. Wesentliche Vorteile eines Börsengangs und Motive für die Durchführung Unter einem Börsengang versteht man typischerweise das erstmalige öffentliche Angebot (Initial Public Offering, „IPO“) von Aktien einer Gesellschaft, das mit einer erstmaligen Zulassung der Aktien zum Börsenhandel verbunden ist.2 Der Börsengang ermöglicht dem Unternehmen eine Zufuhr finanzieller Mittel durch die Ausgabe von Aktien an Investoren.3 Die Verbreiterung der Eigenkapital- und Liquiditätsbasis der Gesellschaft ist folglich eines der Hauptmotive für die Durchführung eines Börsengangs.4 Die Erlöse aus der Veräußerung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung fließen an die Gesellschaft und verbessern ihre Eigenkapitalbilanz.5 Häufig werden die Erlöse von der Gesellschaft zunächst zur Schuldentilgung verwendet, können jedoch auch für konkrete Investitionen, z. B. im Rahmen geplanter Akquisitionsvorhaben verwendet werden. Der Börsengang eröffnet der Gesellschaft zum einen die Möglichkeit einer weitergehenden Eigenkapitalaufnahme durch nachfolgende Kapitalerhöhungen.6 Zum anderen kann die verbesserte Eigenkapitalausstattung im Rahmen der Anschlussfinanzierung auch die Voraussetzung dafür sein, dass die Gesellschaft zusätzliches Fremdkapital – beispielsweise in Form von Krediten oder Anleiheemissionen – aufnehmen kann.7 Ein zentraler Vorteil auf 2 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.1; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 8 Rn. 5. 3 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 8 Rn. 5. 4 Schanz, Börseneinführung, § 2 Rn. 3. 5 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 161. 6 Schanz, Börseneinführung, § 2 Rn. 5. 7 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.5; Schanz, Börseneinführung, § 2 Rn. 5; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, Vor § 182 Rn. 52.

II. Grundzüge des Börsengangs

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Seiten der Gesellschaft besteht daneben in einem erheblich gesteigerten Bekanntheitsgrad infolge des Börsenganges.8 Dieser erhöht regelmäßig die Attraktivität des Unternehmens für Investoren, indem gegebenenfalls ihr Interesse an einem späteren Erwerb von Aktien oder anderen Wertpapieren des Emittenten, wie z. B. Anleihen, geweckt werden kann.9 Für die Anteilseigner der Gesellschaft bietet der Börsengang eine „Exit-Möglichkeit“, indem sie durch den Verkauf ihrer Aktien im Rahmen des Börsengangs ihre Beteiligung an dem Unternehmen (teilweise) veräußern können.10 Infolge der Zulassung der Aktien zum Börsenhandel erhalten Aktionäre und neue Investoren die Gelegenheit, auch zu einem späteren Zeitpunkt Aktien über die Börse zu veräußern.11 2. Emissionsprozess beim Börsengang Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit dem bei Börsengängen im Wege eines öffentlichen Angebots typischen Ablauf des Emissionsprozesses, um Unterschiede zu den im weiteren Verlauf dieses Kapitels dargestellten Strukturen der Einbindung von Investoren beim Börsengang (der Einbindung von Cornerstone-Investoren und der Pre-IPO-Privatplatzierung) aufzuzeigen. Der Fokus wird zunächst auf die regelmäßige Angebotsstruktur gelegt, die aus einem öffentlichen Angebot von Neuund Altaktien auf Grundlage eines Wertpapierprospekts besteht (dazu unter a)). Im Anschluss werden grundlegende Maßnahmen im Rahmen der Emissionsvermarktung dargestellt (dazu unter b)), bevor die Darstellung sich der Durchführung der Aktienemission im Rahmen des Börsengangs widmet (dazu unter c)). Abschließend werden die Voraussetzungen der Börsenzulassung von Aktien betrachtet (dazu unter d)). a) Regelmäßige Angebotsstruktur Die Börsennotierung eines Unternehmens setzt stets voraus, dass eine ausreichende Anzahl von Platzierungsaktien zur Verfügung steht. In den meisten Fällen erfolgt der Börsengang daher durch ein kombiniertes öffentliches Angebot von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen („Neuaktien“) sowie alten Aktien aus Aktionärsbeständen („Altaktien“; dazu unter aa)). Diese werden dem Investorenpublikum auf der Grundlage eines Emissionsprospekts öffentlich angeboten (dazu unter bb)).

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Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.7. Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.7. 10 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 I.; Meyer, in: MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.8. 11 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 I.; Meyer, in: MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.1. 9

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

aa) Platzierung von Neu- und Altaktien Die Angebotsstruktur bei Börsengängen besteht regelmäßig aus einem kombinierten Angebot neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen, die von der Gesellschaft zum Zwecke der Durchführung des Börsengangs beschlossen wird, sowie bereits bestehender Aktien aus dem Bestand von Altaktionären.12 Alternativ zu einem kombinierten Angebot ist zwar auch ein ausschließliches Angebot von Altaktien möglich. Diese Variante scheidet jedoch aus, wenn der Börsengang – wie häufig der Fall – in erster Linie zu Zwecken der Unternehmensfinanzierung durchgeführt wird, da die Erlöse aus der Veräußerung von Altaktien allein den Aktionären zugutekommen.13 Ein ausschließliches Angebot von Altaktien wird zudem allgemein als ungünstig für die Vermarktung des Angebots angesehen.14 Die Erwartung der Investoren geht bei Börsengängen regelmäßig dahin, dass ein Teil des Emissionserlöses dem Unternehmen selbst zufließt.15 Daher wird im Markt meist eine Angebotsstruktur bevorzugt, bei der ein möglichst hoher Anteil der Platzierungsaktien aus einer Kapitalerhöhung stammt, damit die Erlöse dauerhaft im Unternehmen verbleiben und zum Wachstum der Gesellschaft beitragen.16 Entgegen dieser Erwartung kann eine reine Umplatzierung von Altaktien den Eindruck hervorrufen, die Gesellschaft benötige kein neues Eigenkapital, verfüge über keine ausreichenden Wachstumsperspektiven und stelle demzufolge kein lohnendes Investitionsobjekt dar.17 In der Praxis werden bei der überwiegenden Zahl der Börsengänge sowohl neue als auch alte Aktien platziert, wobei die neuen Aktien regelmäßig den Hauptanteil des Emissionsvolumens ausmachen. Für die Schaffung der neuen Aktien kommen grundsätzlich sowohl eine ordentliche Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG) durch einen Beschluss der Hauptversammlung als auch eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital (§§ 203 ff. AktG) in Betracht.18 Soweit zuvor eine entsprechende Satzungsermächtigung durch die Hauptversammlung geschaffen wurde, kann die Ausnutzung eines genehmigten 12 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.32; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 107. 13 Arnold/Aubel, ZGR 2012, 113, 142; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 II. 5. c); König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 161; Schlitt, in: Semler/Volhard, Arbeits-Hdb. Unternehmensübernahmen, § 23 Rn. 21. 14 Vgl. Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.32; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 107. 15 Schlitt, in: Semler/Volhard, Arbeits-Hdb. Unternehmensübernahmen, § 23 Rn. 21. 16 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.27. 17 Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.4. 18 Schlitt, in: Semler/Volhard, Arbeits-Hdb. Unternehmensübernahmen, § 23 Rn. 128; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.59; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 II. 5. c).

II. Grundzüge des Börsengangs

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Kapitals durch den Vorstand beschlossen werden (§ 202 Abs. 1 AktG). Sie geht dadurch zwar mit organisatorischen Vorteilen einher, etwa in Form einer erhöhten Flexibilität.19 Ist der Kapitalbedarf der Gesellschaft aber verhältnismäßig groß, bietet sich eher eine ordentliche Kapitalerhöhung an, da beim genehmigten Kapital dessen Nennbetrag die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen darf (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG). Die ordentliche Kapitalerhöhung bietet darüber hinaus den Vorteil, dass ein vorhandenes genehmigtes Kapital nicht bereits im Rahmen des Börsengangs aufgezehrt wird, sondern für die Anschlussfinanzierung verfügbar bleibt.20 Entsprechend wird bei der überwiegenden Anzahl der Börsengänge eine ordentliche Kapitalerhöhung durchgeführt.21 Den Aktionären steht bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen allerdings stets ein Recht zum Bezug neuer Aktien zu (vgl. § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG).22 Bei der Durchführung einer IPO-Kapitalerhöhung müsste das Aktionärsbezugsrecht daher grundsätzlich ausgeschlossen werden, da die neuen Aktien andernfalls nicht für eine Platzierung beim breiten Anlegerpublikum zur Verfügung stünden.23 Die regelmäßige Vorgehensweise in der Praxis besteht jedoch darin, dass sämtliche Altaktionäre zusätzlich auf ihr gesetzliches Bezugsrecht verzichten24, was nach einhelliger Auffassung im Schrifttum eine freie Platzierbarkeit der neuen Aktien bewirkt.25 Bei der Implementierung der IPO-Kapitalerhöhung wird zusätzlich zum Bezugsrechtsverzicht regelmäßig noch ein formaler Ausschluss des Bezugsrechts beschlossen, der nach der Rechtsprechung des BGH einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf.26 Diese setzt voraus, dass der Bezugsrechtsausschluss aus der Sicht im Zeitpunkt der Beschlussfassung auch bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist.27 Zwar erkennt die herrschende Auffassung im 19 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.59. 20 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 II. 5. c); Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.60. 21 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.60. 22 Zu den Grundzügen der Bezugsrechtsemission noch ausführlich unter C. II. 23 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 II. 5. c). 24 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 25; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 II. 5. c). 25 H.M., vgl. etwa Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.50; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 53; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63. Zu den Rechtsfolgen eines Bezugsrechtsverzichts von lediglich einzelnen Aktionären noch ausführlich im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission unter Vorabplatzierung neuer Aktien unter C. V. 4. b) aa) (2). 26 Ständige Rspr., vgl. BGHZ 71, 40, 43 ff. („Kali + Salz“); BGHZ 83, 319, 325 f. („Holzmann“); BGHZ 120, 141, 145 f.; BGHZ 125, 239, 241 („Deutsche Bank“). 27 BGHZ 71, 40, 46 („Kali + Salz“).

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Schrifttum die beabsichtigte Aktienplatzierung im Rahmen eines Börsengangs als überwiegendes Gesellschaftsinteresse an, das einen Bezugsrechtsausschluss rechtfertigen kann.28 Dies wird insbesondere mit dem Argument begründet, dass die mit dem Börsengang verbundene, langfristige Erschließung des Kapitalmarkts im Interesse der Gesellschaft liegt und nur durch den Bezugsrechtsausschluss eine Anzahl von Aktien geschaffen werden kann, die benötigt wird, um der Gesellschaft ausreichende Eigenkapitalmittel zuzuführen und den für die Börsenzulassung erforderlichen Streubesitz zu erreichen (vgl. § 9 BörsZulV).29 Trotz dieser sachlichen Gründe für einen Bezugsrechtsausschluss erfolgt in der Praxis neben dem formalen Bezugsrechtsausschluss aus Gründen der Rechtssicherheit der bereits erwähnte, ausdrückliche Verzicht auf das Bezugsrecht durch sämtliche Aktionäre. Dadurch können die Restrisiken einer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses auf Grund des damit verbundenen Bezugsrechtsausschlusses ausgeschlossen werden. bb) Öffentliches Angebot auf Grundlage eines Emissionsprospekts Der Börsengang eines Unternehmens erfolgt regelmäßig im Wege der Durchführung eines öffentlichen Angebots von Aktien. Unter einem öffentlichen Angebot ist die Aufnahme von Eigenkapital durch ein Angebot von Aktien an jedermann, also ein breites Anlegerpublikum bzw. einen unbestimmten Personenkreis zu verstehen (vgl. Art. 2 lit. d) ProspektVO).30 Das öffentliche Angebot erweist sich vor allem aus dem Grund als vorteilhaft, dass mit der Platzierung ein breites Anlegerpublikum erreicht werden kann, wodurch eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit (Publizität) gewährleistet ist.31 Gleichwohl löst die Durchführung eines öffentlichen Angebots von Aktien für den Emittenten die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts aus (vgl. Art. 3 Abs. 1 ProspektVO). Die Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren verfolgt den Zweck, Anleger vor ihrer Anlageentscheidung in hinreichendem Maße über den Emittenten, die angebotenen Wertpapiere und die Anlagerisiken zu informieren.32 Die Offenlegung von Informationen ist bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren von zentraler Bedeutung für den Anlegerschutz, da Informationsasymmetrien zwischen Anlegern und 28 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 31; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.84; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 119 f.; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 118; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.59. 29 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.59; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 31; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 119 f.; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 118. 30 Schlitt/Wilczek, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rn. 32; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.78; König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 161. 31 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.79. 32 von Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 11.

II. Grundzüge des Börsengangs

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Emittenten auf diese Art beseitigt werden.33 Durch die Bereitstellung von Informationen, die je nach Art des Emittenten und der Wertpapiere für eine fundierte Anlageentscheidung erforderlich sind, stellt die Prospektpflicht zusammen mit den kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltensregeln den Anlegerschutz sicher.34 Die im Prospekt offengelegten Informationen erhöhen zudem das Vertrauen in Wertpapiere und tragen dadurch zu einer reibungslosen Funktionsweise sowie zur Entwicklung der Wertpapiermärkte bei.35 Der Prospekt muss grundsätzlich sämtliche Angaben enthalten, die für Anleger wesentlich sind, um sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Gewinne und Verluste, die Finanzlage und die Aussichten des Emittenten, die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte sowie über die Gründe für die Emission und ihre Auswirkungen auf den Emittenten bilden zu können (Art. 6 Abs. 1 Uabs. 1 ProspektVO). Die Vorschrift statuiert den Grundsatz der Prospektvollständigkeit.36 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Möglichkeit, bestimmte Angaben in Bezug auf den Emissionspreis und das Emissionsvolumen nicht final in den Prospekt aufzunehmen. So ist es möglich, dass der endgültige Emissionskurs, d. h. der Ausgabepreis der Aktien, und das endgültige Emissionsvolumen zunächst nicht genannt werden. Der Prospekt muss in diesem Fall die Bewertungsmethoden und -kriterien und die Bedingungen angeben, nach denen der endgültige Emissionskurs festgelegt wird (Art. 17 Abs. 1 lit. b) ii) ProspektVO). Der Vorschrift kommt eine ganz erhebliche praktische Bedeutung für die Durchführung von Börsengängen zu, indem sie es dem Emittenten und den Konsortialbanken ermöglicht, den Emissionspreis im Wege des sog. Bookbuilding zu ermitteln.37 Dabei werden Erwerbsorder der Investoren unter Berücksichtigung der konkreten Mengenund Preisvorstellungen in einem elektronischen Orderbuch gesammelt und der finale Emissionspreis auf Grundlage dieser Angebote festgelegt.38 Mittlerweile hat sich das Bookbuilding bei Börsengängen als Standardmethode der Preisfestlegung etabliert. Der Prospekt enthält zunächst lediglich eine Preisspanne, innerhalb derer der endgültige Emissionspreis auf der Grundlage der in das Orderbuch eingestellten Erwerbsangebote festgelegt wird, sowie eine Beschreibung des Bookbuilding-Verfahrens.39 Die Preisspanne bildet den Rahmen für das öffentliche Angebot ab. Die 33

Vgl. Erwägungsgrund Nr. 3 ProspektVO. Vgl. Erwägungsgrund Nr. 7 ProspektVO. 35 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 7 ProspektVO. 36 Vgl. Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 5 WpPG Rn. 11 zur Vorgängernorm des § 5 WpPG a.F. 37 Vgl. Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 8 WpPG Rn. 18; Schlitt/Wilczek, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 5 Rn. 99 zur Vorgängernorm des § 8 WpPG a.F. 38 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.52. 39 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 8 WpPG Rn. 22; Schlitt/Wilczek, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 5 Rn. 99. 34

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Platzierung der Aktien zu einem innerhalb der Preisspanne liegenden Preis ist grundlegende Voraussetzung für das Gelingen des Börsengangs.40 Der endgültige Emissionspreis und das endgültige Emissionsvolumen müssen nach der Festlegung bei der zuständigen Behörde hinterlegt werden und nach Maßgabe von Art. 21 Abs. 2 ProspektVO, der die Art und Weise der Prospektveröffentlichung regelt, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden (Art. 17 Abs. 2 ProspektVO). Danach ist u. a. eine Veröffentlichung auf der Website des Emittenten vorgesehen (Art. 21 Abs. 2 Uabs. 1 lit. a) ProspektVO). In der Praxis wird der Emissionspreis durch eine entsprechende Ad-hoc-Veröffentlichung des Emittenten bekannt gegeben (Art. 17 Abs. 4 MAR).41 b) Vermarktung der Emission Auf Grund des zum Teil noch geringen Bekanntheitsgrades des jeweiligen Unternehmens erfordert ein Börsengang in Form eines öffentlichen Angebots umfangreiche Vermarktungsmaßnahmen, die von den emissionsbegleitenden Banken übernommen werden. Die Emissionsvermarktung beginnt grundsätzlich mit der frühzeitigen Investorenansprache im Rahmen von Early Look Meetings bzw. dem Pilot Fishing, die auf Grund ihrer besonderen Bedeutung für die Einbindung von Investoren im Vorfeld der Aktienplatzierung im Verlauf dieser Arbeit noch an gesonderter Stelle behandelt werden.42 Noch vor der ersten konkreteren Investorenansprache im Pilot Fishing, zu einem Zeitpunkt von ca. zwei Monaten vor der geplanten Börseneinführung, hält der Vorstand des Unternehmens vor den Finanzanalysten der Emissionsbanken die sog. Analystenpräsentation ab. Die Präsentation dient der Vorstellung des Unternehmens, auf deren Basis sodann erste Finanzanalysen (Research Reports) zur Weiterleitung an institutionelle Investoren erstellt werden.43 Die Research Reports bilden die Grundlage für einen weiteren wesentlichen Schritt in der Vermarktung der Emission, die sog. Investor Education. In der Sache handelt es sich dabei um eine Vorstellung des Börsenkandidaten bei institutionellen Investoren durch die Finanzanalysten der Konsortialbanken.44 Nach der Vorstellung 40

Zu dem Risiko, die Aktien nicht zu einem innerhalb der Preisspanne liegenden Preis veräußern zu können, noch unter B. II. 3. a). 41 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.90; vgl. beispielhaft die Ad-hoc-Mitteilung über die Festlegung des Emissionspreises beim Börsengang der AKASOL AG vom 27. 06. 2018. 42 Zum Pilot Fishing als richtungsweisende Maßnahme zur Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess noch ausführlich unter B. III. 43 Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2475; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.42. 44 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.48; Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 24.

II. Grundzüge des Börsengangs

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der Finanzanalysen geben die Investoren gegenüber der Sales Force der Emissionsbanken erste Preisindikationen für die Aktie ab.45 Auf diese Weise kann einerseits die Aufnahmebereitschaft des Marktes für die Aktienemission getestet und das potenzielle Nachfragevolumen ermittelt werden.46 Darüber hinaus liefern die Preisindikationen der Investor Education die Grundlage für die Festlegung der Preisspanne des späteren Bookbuildings, die für die Zwecke des öffentlichen Angebots im Emissionsprospekt veröffentlicht wird.47 Den Übergang von der vertraulichen Vermarktungsphase zur öffentlichen Vermarktung des Börsengangs markiert schließlich die „Intention-to-Float“-Pressemitteilung des Emittenten, durch die der Öffentlichkeit mitgeteilt wird, dass ein Börsengang vorbereitet wird und dieser – vorbehaltlich günstiger Marktbedingungen – in näherer Zukunft durchgeführt werden soll.48 c) Durchführung der Emission Im Rahmen der eigentlichen Durchführung der Aktienplatzierung sind zwei wesentliche Schritte zu unterscheiden: die Übernahme der Platzierungsaktien durch die Konsortialbanken auf der Grundlage eines Aktienübernahmevertrags (dazu unter aa)) und das eigentliche Platzierungsverfahren, das im Wege eines BookbuildingVerfahrens durchgeführt wird (dazu unter bb)). aa) Übernahme der Platzierungsaktien durch die Konsortialbanken Die Durchführung eines Börsengangs erfolgt in der Praxis ausschließlich unter Einschaltung einer oder mehrerer Emissionsbanken.49 Ihnen kommt bei Aktienemissionen eine Mittlerfunktion zu, indem sie den Emittenten als Veräußerer und potenzielle Investoren als Erwerbsinteressenten zusammenführen.50 Sie verfügen über die notwendigen Kontakte zu institutionellen Investoren, die eine erfolgreiche Platzierung der Aktien erst ermöglichen.51 Da bei Börsengängen das zu platzierende 45 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 24; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.42. 46 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.42. 47 Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 24. 48 Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2477. 49 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.24; allgemein zur nahezu ausschließlichen Aktienplatzierung unter Einschaltung einer Emissionsbank Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.1. 50 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.2. 51 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.24.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Emissionsvolumen die finanziellen Ressourcen und die Risikobereitschaft einer einzelnen Emissionsbank meist übersteigt, schließen sich in der Regel mehrere Banken zu einem Emissionskonsortium zusammen.52 Zum Zwecke der Aktienplatzierung wird unmittelbar im Vorfeld des öffentlichen Angebots zwischen der Gesellschaft, den veräußernden Aktionären und den Konsortialbanken ein Übernahmevertrag (Underwriting Agreement) abgeschlossen. Im Übernahmevertrag verpflichten sich die Konsortialbanken zum Kauf bestehender Aktien der veräußernden Aktionäre und zur Zeichnung neuer Aktien, die aus der IPO-Kapitalerhöhung stammen, sowie dazu, die übernommenen Aktien im Rahmen des Börsengangs bei Investoren zu platzieren.53 In Bezug auf die Platzierung der Aktien wird im Übernahmevertrag in aller Regel eine bloße Absatzvermittlung vereinbart, durch welche die Banken sich zu nachhaltigen Unterbringungsbemühungen verpflichten (Best-Efforts-Underwriting). Das Risiko der Banken, die Aktien erfolgreich am Markt platzieren zu können (Platzierungsrisiko), wird bei Börsengängen dadurch in gewissem Maße begrenzt.54 Das Gegenstück zur Absatzvermittlung bildet die Festübernahme von Platzierungsaktien (Hard Underwriting), die insbesondere bei Bezugsrechtsemissionen anzutreffen ist. Bei dieser Struktur verpflichten sich die Konsortialbanken zu einer Festübernahme sämtlicher Aktien, unabhängig von deren Platzierbarkeit.55 Die in der Praxis nahezu ausschließliche Vereinbarung von Best-Efforts-Underwritings bei Börsengängen erfolgt aus dem Grund, dass sich die Platzierungschancen bei Börsengängen wesentlich weniger genau beurteilen lassen als bei Bezugsrechtsemissionen, bei denen Rückschlüsse auf das Bezugsverhalten der Aktionäre leichter gezogen werden können. Daher besteht bei Börsengängen ein gesteigertes Interesse der Konsortialbanken an der Reduktion von Platzierungsrisiken, dem durch die Vereinbarung eines Best-Efforts-Underwriting Rechnung getragen wird. Als Gegenleistung zu der Verpflichtung zur Übernahme und Platzierung der Aktien erhalten die Konsortialbanken eine Übernahme- und Verkaufsprovision, die der Höhe nach als Prozentsatz in Abhängigkeit vom jeweiligen Bruttoemissionserlös ausgestaltet ist.56 Üblich sind hierbei Provisionssätze von einem bis drei Prozent oder weniger.57 Auch soweit die Übernahmeverpflichtung der Konsortialbanken auf 52 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.18; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.25. 53 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 III. 2. 54 C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 471; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.25. 55 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.12; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 182 Rn. 7; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410. 56 Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.30; König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 240; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.102. 57 Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.30.

II. Grundzüge des Börsengangs

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nachhaltige Unterbringungsbemühungen (Best Efforts) begrenzt ist, sind sie regelmäßig an einer vollständigen Platzierung der Aktien im Börsengang zu einem möglichst hohen Emissionspreis interessiert, da sich durch die Abhängigkeit der Provision vom Bruttoemissionserlös infolge einer erfolgreichen Platzierung auch die von den Banken vereinnahmten Provisionszahlungen erhöhen. bb) Platzierung der Aktien im Bookbuilding-Verfahren Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Prospekts einschließlich der Preisspanne für das öffentliche Angebot beginnt dessen Durchführung im Wege eines Bookbuilding-Prozesses.58 Beim Bookbuilding werden zunächst die Kauforder der Investoren unter Berücksichtigung der konkreten Mengen- und Preisvorstellungen in einem (elektronischen) Orderbuch gesammelt und abschließend zu einem einheitlichen Preis zugeteilt.59 Die konsortialführende Bank übernimmt dabei die Erfassung und Auswertung der Kaufaufträge und fungiert als sog. Bookrunner.60 Die angesprochenen Investoren werden im Bookbuilding folglich in die Preisfindung einbezogen, wodurch sich der Emissionspreis und das Emissionsvolumen marktgerecht optimieren lassen.61 Im Vergleich zu einer fixen Festlegung des Emissionspreises lassen sich Prognose- und Bewertungsrisiken reduzieren.62 Das Bookbuilding bietet darüber hinaus den Vorteil einer hohen Flexibilität, indem nach der Durchführung bei der Festlegung des Emissionspreises innerhalb der im Prospekt angegebenen Preisspanne auf kurzfristige Marktentwicklungen reagiert werden kann.63 Der endgültige Emissionspreis wird von der Gesellschaft in Abstimmung mit den Konsortialbanken verbindlich festgelegt, nachdem über eine Angebotsphase von ca. acht bis zehn Tagen Erwerbsangebote eingesammelt worden sind.64 Anschließend werden die Aktien an die Investoren zugeteilt.65 Das Bookbuilding ermöglicht dem Emittenten folglich nicht nur eine marktnahe Preisfestlegung, sondern auch eine gesteuerte Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nach 58 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.76. 59 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.52; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 81, vgl. zum Bookbuilding Groß, ZHR 162 (1998), 318 ff. 60 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.26. 61 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.52. 62 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.32. 63 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.32. 64 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 188, dazu bereits unter B. II. 2. a) bb). 65 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 188.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Durchführung des Börsengangs.66 Dabei werden die Konsortialbanken regelmäßig darauf hinwirken, mit der Zuteilung ein angemessenes Verhältnis von sowohl kurzals auch und langfristig orientierten Investoren zu herzustellen.67 Die Zusammensetzung des Investorenkreises ist insbesondere für die Etablierung eines liquiden Sekundärhandels sowie für die Gewährleistung von Preisstabilität von Bedeutung.68 d) Zulassung der Aktien zum Börsenhandel Für Aktien, die im regulierten Markt an einer Börse gehandelt werden sollen, besteht grundsätzlich eine Zulassungspflicht (vgl. § 32 Abs. 1 BörsG). Vor der Börsennotierung in einem organisierten Marktsegment bedarf es einer Zulassung der betreffenden Wertpapiere durch die Geschäftsführung der jeweiligen Wertpapierbörse.69 Daher erfolgt nach der Zuteilung der Platzierungsaktien ein Antrag auf Zulassung der Aktien zum Börsenhandel. Unter der Zulassung wird allgemein die öffentlich-rechtliche Erlaubnis verstanden, für den Handel in den betreffenden Wertpapieren in dem jeweiligen Marktsegment die Börseneinrichtungen zu nutzen.70 Sie ist Voraussetzung für die Aufnahme der Notierung in einer oder mehreren Handelsplattformen (Einführung, vgl. § 38 Abs. 1 BörsG).71 Der Zweck des Zulassungs- und Einbeziehungsverfahrens der öffentlich-rechtlich strukturierten Börsensegmente besteht darin, dass Anlegerpublikum vor Übervorteilung zu schützen, einen ordnungsgemäßen Börsenhandel zu gewährleisten sowie Interessen der Allgemeinheit in kapitalmarktpolitischer wie volkswirtschaftlicher Hinsicht zu wahren.72 Grundsätzlich ist die Zulassung vom Emittenten zusammen mit einem Kreditinstitut zu beantragen (§ 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG), das an einer inländischen Wertpapierbörse zur Teilnahme am Handel zugelassen ist und ein haftendes Eigenkapital im Gegenwert von mindestens 730.000 Euro vorweisen kann (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BörsG, § 45 BörsO). Der Antrag muss Firma und Sitz der Antragsteller sowie die Art und den Betrag der zuzulassenden Aktien angeben (§ 48 Abs. 1 Satz 4 BörsZulV). Dem Antrag ist der für die Zwecke des öffentlichen Angebots bereits von der BaFin gebilligte Emissionsprospekt beizufügen (§ 48 Abs. 2 BörsZulV). In der Praxis wird 66

König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 188. 67 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.43. 68 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.32. 69 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 1. 70 Groß, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 5; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rn. 1 und 17; König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 219; Trapp, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 37.6. 71 Groß, Kapitalmarktrecht, § 38 BörsG Rn. 4; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 9.1; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rn. 18. 72 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 3.

II. Grundzüge des Börsengangs

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der Zulassungsantrag von der konsortialführenden Bank im eigenen Namen sowie im Namen der übrigen Konsortialmitglieder gestellt.73 Der Zeitpunkt der Antragstellung ist regelmäßig der Tag der Prospektveröffentlichung, so dass der Antrag letztlich bereits einen Tag vor Beginn des Bookbuildings gestellt wird.74 Bei Börsengängen in Deutschland wird die Börsenzulassung nahezu immer bei der Frankfurter Wertpapierbörse erwirkt, der auf Grund ihrer hohen Handelsvolumina eine besondere Bedeutung zukommt.75 Die Zulassungsentscheidung der Börse erfolgt durch die jeweilige Geschäftsführung in Form eines Verwaltungsakts76, regelmäßig am Tag des Abschlusses des öffentlichen Angebots (und folglich am letzten Tag des Bookbuildings). Die Zulassung hat grundsätzlich zu erfolgen, soweit die Zulassungsvoraussetzungen der BörsZulV erfüllt sind und ein gebilligter Wertpapierprospekt veröffentlicht wurde (§ 32 Abs. 3 BörsG). Eine weitergehende Prüfung des Prospekts durch die Geschäftsführung der Börse erfolgt nicht.77 3. Typische Transaktionsrisiken beim Börsengang im Wege eines öffentlichen Angebots von Aktien Die Durchführung des beschriebenen Emissionsprozesses im Falle eines öffentlichen Angebots von Aktien ist für den Emittenten mit einigen Unwägbarkeiten verbunden. Schwierigkeiten bereitet insbesondere die Einschätzung der konkreten Nachfrage der Investoren. Auf Grund der ungewissen Nachfrage, insbesondere seitens der für das Gelingen des Börsengangs entscheidenden institutionellen Investoren, stellt auch die Festlegung eines angemessenen Emissionspreises sowie eines zu angemessenen Konditionen platzierbaren Emissionsvolumens eine Herausforderung für den Emittenten und die Emissionsbanken dar (dazu unter a)). Fehleinschätzungen können für den Emittenten mit erheblichen negativen Folgen verbunden sein. Zu diesen zählen insbesondere die Notwendigkeit einer Reduktion des Emissionspreises oder Emissionsvolumens sowie im schlimmsten Fall ein Aufschub oder eine vollständige Absage der Emission (dazu unter b)).

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Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 5. Vgl. den Zeitplan bei Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.108. 75 Vgl. hierzu Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.28; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 10 I. 76 Groß, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 5; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rn. 17. 77 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 255; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 2 III. 4. 74

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

a) Festlegung des Emissionspreises, des Emissionsvolumens und des Emissionszeitpunkts Auf Grund des Umstands, dass die im Börsengang zu platzierenden Aktien zunächst noch nicht börsennotiert sind und folglich kein Marktpreis für sie existiert, ist die Durchführung des Angebots für den Emittenten mit besonderen Risiken verbunden, die insbesondere die Bestimmung eines angemessenen Emissionspreises sowie Emissionsvolumens betreffen.78 Besonders die bei Börsengängen erhöhte Marktvolatilität und die fehlenden Erfahrungen der Investoren mit dem Unternehmen, das an die Börse gebracht werden soll, erhöhen das Risiko, dass sich die Preisvorstellungen des Unternehmens und der Anteilseigner nicht realisieren lassen.79 Bei der Preisfestlegung ist ein aussagekräftiges Feedback der potenziellen Investoren entscheidend, das dem Emittenten eine realistische Einschätzung darüber vermittelt, wie das Unternehmen von den Investoren bewertet wird. Auch im Hinblick auf das platzierbare Emissionsvolumen müssen die Gesellschaft und die Emissionsbanken die Nachfrage der Investoren im Markt so präzise wie möglich einschätzen. In jedem Fall muss vermieden werden, dass zum Ende des öffentlichen Angebots Aktien nicht zu einem angemessenen Preis platziert werden können. Im Hinblick auf die Festlegung des Emissionspreises besteht eine weitere Herausforderung darin, einen angemessenen Ausgleich gegenläufiger Interessen der Beteiligten zu schaffen. Die Gesellschaft sowie veräußernde Altaktionäre haben grundsätzlich ein Interesse daran, dass der Emissionspreis möglichst hoch angesetzt wird.80 Für die im Börsengang angesprochenen Investoren hingegen ist ein niedrigerer Emissionspreis attraktiv, um eine Beteiligung verhältnismäßig günstig erwerben und leichter Kursgewinne realisieren zu können.81 Sowohl die nur schwer prognostizierbare Nachfrage der Investoren, als auch gegenläufige Interessen der an der Emission beteiligten Parteien machen die Ermittlung des angemessenen Emissionspreises zu einer der Kernaufgaben, die es bei der Durchführung eines Börsengangs zu bewältigen gilt. Schließlich stellt auch die Festlegung des „richtigen“ Emissionszeitpunkts eine weitere Herausforderung bei der Strukturierung eines Emissionsprozesses dar. Emittent und Konsortialbanken legen zu Beginn des Emissionsprozesses einen genauen Zeitplan für die Umsetzung fest, dessen Einhaltung von essentieller Bedeutung für den Erfolg der Transaktion ist. Die Vorbereitung und Durchführung eines 78

Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 107. Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14. 80 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 185; vgl. hierzu auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.24. 81 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 185; vgl. hierzu auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.24. 79

II. Grundzüge des Börsengangs

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Börsengangs nimmt vom Beginn der Prospekterstellung und der Due-DiligenceMaßnahmen bis hin zur Notierungsaufnahme einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten in Anspruch.82 Daher lässt sich bei der Zeitplanung der Emission zunächst nicht sicher prognostizieren, ob in dem für die Platzierung anvisierten Zeitfenster tatsächlich günstige Konditionen im Markt herrschen. Die verhältnismäßig geringe zeitliche Flexibilität eines öffentlichen Angebotsverfahrens zählt mithin ebenso zu den Hauptrisiken des Emissionsprozesses. b) Erforderlichkeit einer Reduktion des Emissionspreises oder Emissionsvolumens oder eines Aufschubs bzw. einer Absage des Börsengangs Eine fehlerhafte Einschätzung des erzielbaren Emissionspreises und des platzierbaren Emissionsvolumens kann für ein an die Börse strebendes Unternehmen erhebliche negative Folgen nach sich ziehen. Negative Auswirkungen können insbesondere ein drohender Reputationsverlust und eine sinkende Nachfrage der Investoren sein, wodurch die weiteren Pläne für den Gang an die Börse gefährdet werden können. Wenn im Hinblick auf die Transaktionssicherheit und den erzielbaren Emissionserlös Unsicherheit herrscht, kann es erforderlich werden, den Emissionspreis oder das Emissionsvolumen nachträglich zu reduzieren, wodurch der erzielbare Erlös gemindert wird.83 Noch schwerer wiegen ein Aufschub oder eine vollständige Absage des Börsengangs. Soweit die Nachfrage der Investoren so gering ausfällt, dass die Aktien nicht zu einem innerhalb der im Prospekt ausgewiesenen Preisspanne liegenden Preis platziert werden können, macht dies einen Aufschub bzw. einen Abbruch der Transaktion erforderlich. Die Fehleinschätzung des Emissionspreises stellt sich folglich als eines der Hauptrisiken im IPO-Emissionsprozess dar. Dass die Szenarien des Aufschubs oder des Abbruchs von IPO-Prozessen nicht bloß theoretischer Natur sind, zeigen einige prominente Beispiele aus der Emissionspraxis, etwa der zweimalige Aufschub des Börsengangs der Evonik Industries AG im September 2011 und im Juni 2012.84 Auch jünst musste der Börsengang der Springer Nature AG & Co. KGaA im Mai 2018 zunächst verschoben werden.85 Bisweilen kommt es auch zu gänzlichen Absagen von Börsengängen, wie das Beispiel des Unternehmens OfficeFirst aus dem Oktober 2016 verdeutlicht.86 Im Fall eines Aufschubs oder einer Absage der Emission wird zum einen die Finanzplanung des Unternehmens durchkreuzt, wenn der Börsengang durch den Verkauf neuer 82 Vgl. den Zeitplan bei Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.108. 83 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13. 84 S. Börsen-Zeitung vom 24. 09. 2011, S. 9 und vom 12. 06. 2012, S. 11. 85 S. FAZ vom 09. 05. 2018, S. 27. 86 S. FAZ vom 11. 10. 2016.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Aktien zur Unternehmensfinanzierung durchgeführt werden soll.87 Zum anderen wird ein erneuter Anlauf, das Unternehmen an die Börse zu bringen, erst nach einiger Zeit wieder möglich sein.88 Die Abhängigkeit des Unternehmens von der Nachfrage der Investoren wird in besonderem Maße deutlich.89 Der Erforderlichkeit einer nachträglichen Reduzierung des Emissionsvolumens bzw. Emissionspreises und dem „Worst-Case-Szenario“ eines zeitlichen Aufschubs oder einer Absage des bereits angekündigten Börsengangs kann auf unterschiedliche Art und Weise begegnet werden. Während das im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch im Detail behandelte Cornerstone-Investment oder die Privatplatzierung mit anschließender Börsenzulassung spezielle Transaktionsstrukturen darstellen, die sich von einem gewöhnlichen IPO-Emissionsprozess unterscheiden, erfolgt bei nahezu allen Börsengängen eine frühzeitigen Investorenansprache im Zuge von Early Look Meetings oder einem Pilot Fishing, das im folgenden Abschnitt ausführlich behandelt wird (C. III.).

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing Bei der Begrenzung der soeben beschriebenen Transaktionsrisiken kommt einer frühzeitigen Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess eine entscheidende Bedeutung zu. Den Beginn der Investoreneinbindung markieren zumeist sog. Early Look Meetings bzw. das Pilot Fishing, in deren Rahmen es zu einem ersten Kontakt zwischen dem Management der Gesellschaft und den transaktionsbegleitenden Konsortialbanken sowie potenziellen Investoren kommt.90 Der folgende Abschnitt widmet sich den rechtlichen Rahmenbedingungen, denen ein frühzeitiger Investorendialog unterliegt und untersucht in diesem Zusammenhang mögliche Schranken der Informationsweitergabe. Insbesondere das kurz vor der Transaktionsdurchführung initiierte Pilot Fishing soll dabei im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Zunächst werden die Grundzüge von Early Look Meetings und Pilot Fishing dargestellt, wodurch Ablauf und Inhalt dieser frühzeitigen Investorenkommunikation verdeutlicht werden sollen (dazu unter 1.). Sodann geht die Darstellung auf die rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelnen ein. Zunächst werden die Auswirkungen des prospektrechtlichen Konsistenzgebots auf das Pilot Fishing untersucht (dazu unter 2.), bevor im Anschluss die Frage nach der Vereinbarkeit des Pilot Fishing mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des 87 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13; vgl. zu den Zwecken der Unternehmensfinanzierung als Hauptmotiv für die Durchführung eines Börsengangs unter Ausgabe neuer Aktien bereits unter B. II. 1. 88 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13. 89 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13. 90 Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 81; Fleischer/ Bedkowski, DB 2009, 2195.

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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Vorstands aufgeworfen wird (dazu unter 3.). Schließlich wird auch die insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe im Rahmen des Pilot Fishing und in diesem Zusammenhang auch die Frage untersucht, ob die Regelungen zur Marktsondierung auf das Pilot Fishing im Vorfeld von Börsengängen generell oder gegebenenfalls nur in bestimmten Fällen Anwendung finden (dazu unter 4.). 1. Grundzüge von Early Look Meetings und Pilot Fishing Im Schrifttum finden sich für die Frühphase der Investorenkommunikation unterschiedliche Begriffsbildungen. Abhängig vom Realisierungsgrad des Börsengangs werden die Begriffe des Early Look Meetings oder des Pilot Fishing verwendet.91 Early Look Meetings finden typischerweise in einem noch frühen Stadium des Emissionsprozesses statt. Sie können je nach Größe und Art des Unternehmens bereits einige Monate vor der geplanten Börseneinführung beginnen und werden typischerweise in mehreren Runden durchgeführt.92 Der Investorendialog ist in diesem sehr frühen Stadium inhaltlich weniger von Preis- und Bewertungsfragen geprägt als davon, den Investoren ein unmittelbares Verständnis des Markt- und Wettbewerbsumfelds des Emittenten, des Geschäftsmodells und der Unternehmensstrategie sowie des verantwortlichen Managements zu vermitteln.93 Ein Pilot Fishing findet hingegen in einem späteren Stadium und meist rund fünf bis sechs Wochen vor der geplanten Börseneinführung statt.94 Dabei handelt es sich um die Ansprache einer geringen Zahl ausgewählter, institutioneller Investoren, um ein Gefühl für die Vermarktbarkeit der Aktien und die Attraktivität des Geschäftsmodells aus Investorensicht zu bekommen sowie erste Indizien für die Unternehmensbewertung zu gewinnen.95 Das Pilot Fishing wird entweder von den emissionsbegleitenden Banken oder durch den Vorstand des Unternehmens mit den ausgewählten Investoren durchgeführt96, wobei – wie auch bei der Marktsondierung – die Initiierung durch die konsortialführenden Banken, ggf. unter Beteiligung des 91

Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 81. Vgl. dazu Stäcker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 1.35, Fn. 27. 93 Stäcker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 1.35. 94 Stäcker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 1.35. 95 Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196; Fleischer, ZGR 2009, 505, 522; Schäfer/ Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 17; Schäcker/ Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.49; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 17; Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 15 WpPG Rn. 34. 96 Rudolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 1 Rn. 30; Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.49. 92

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Managements, den praktischen Regelfall darstellt.97 Hinsichtlich des Adressatenkreises wird eine Begrenzung auf 10 – 15 Kerninvestoren empfohlen.98 Daher werden auch lediglich ausgewählte institutionelle Investoren angesprochen. Als institutionelle Investoren gelten solche Marktteilnehmer, die als Institutionen Gelder verwalten und infolge dessen über vergleichsweise hohe Anlagemittel verfügen.99 Zu ihnen zählen insbesondere Banken, Versicherungen, Investmentfonds sowie private Träger der Altersversorgung.100 Durch den frühzeitigen Austausch mit potenziellen Investoren erhält das Unternehmen auch die Gelegenheit, Schwächen im Emissionskonzept ohne großes Aufsehen zu korrigieren.101 Alternativ kann in diesem Stadium sogar noch die „Notbremse“ gezogen werden, indem eine Restrukturierung initiiert oder der gesamte Emissionsprozess zeitlich verschoben wird.102 Das Pilot Fishing wird im Schrifttum daher auch als „Schnelltest“ für die Akzeptanz geplanter Kapitalmaßnahmen im Vorfeld des eigentlichen Marketings bezeichnet, dessen Bedeutung insbesondere in Krisenzeiten erhöht ist103, wenn etwa das Marktumfeld für Börsengänge erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Handelte es sich beim Pilot Fishing anfangs noch um eine Maßnahme, die in Folge der schwierigen Börsenjahre 2001 bis 2003 entwickelt wurde, hat es sich mittlerweile als fester Bestandteil von Börsengängen etabliert.104 Die Durchführung eines Pilot Fishing kann die Erfolgswahrscheinlichkeit des Börsengangs insbesondere bei schwierigen Geschäftsmodellen erhöhen, da die Erwartungen der Investoren deutlich gemacht werden und anschließend bei der Bewertung berücksichtigt werden können.105 Das Ergebnis des Pilot Fishing ist regelmäßig ein aussagekräftiges Feedback hinsichtlich der Positionierung des Unternehmens und der Aufnahmebereitschaft des Marktes.106 Aus diesem Grund kann es mittlerweile als fester Bestandteil von IPOEmissionsprozessen bezeichnet werden. In Bezug auf die Weitergabe von Informationen aus der Sphäre des Unternehmens, das an die Börse gebracht werden soll,

97

Dazu bereits in Bezug auf die Marktsondierung allgemein unter A. III. 2. a). Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.41. 99 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 17 Rn. 3. 100 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 17 Rn. 3. 101 Rudolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 1 Rn. 30; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196; Fleischer, ZGR 2009, 505, 522. 102 Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196. 103 Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195. 104 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.41. 105 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.41. 106 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.49. 98

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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unterliegt das Pilot Fishing jedoch gewissen Schranken, weshalb die Zulässigkeit dieser Art der Investorenansprache stets einer gesonderten Prüfung bedarf. 2. Konsistenz der übermittelten Informationen mit den Inhalten des Wertpapierprospekts (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO) Bei den Investorengesprächen im Rahmen des Pilot Fishing werden die Investoren zunächst darüber unterrichtet, dass eine Transaktion bevorsteht.107 Anschließend werden Einblicke in das Geschäftsmodell des Emittenten gegeben sowie die Eckpfeiler der Equity Story präsentiert.108 Die Informationsbasis, auf deren Grundlage mit den Investoren kommuniziert wird, ist zu diesem frühen Zeitpunkt noch wenig detailliert, da das Unternehmen und die zu begebenden Aktien noch nicht Gegenstand einer eingehenden Bewertung waren.109 Inhaltlich kann die Reichweite der Informationen, die im Zuge des Pilot Fishing weitergegeben werden, insbesondere am wertpapierprospektrechtlichen Konsistenzgebot des Art. 22 Abs. 4 ProspektVO zu messen sein. a) Zweck und Anforderungen des Konsistenzgebots Grundsätzlich müssen alle über ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt verbreiteten Informationen, selbst wenn sie nicht zu Werbezwecken dienen, mit den später im Prospekt enthaltenen Informationen übereinstimmen (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO, sog. Konsistenzgebot). Die Regelungen des Art. 22 ProspektVO betreffend Werbung in Bezug auf ein öffentliches Angebot bzw. eine Börsenzulassung von Wertpapieren bezwecken allgemein eine informationelle Gleichbehandlung von Anlegern.110 Durch das Konsistenzgebot soll insbesondere verhindert werden, dass im Rahmen von Vermarktungsmaßnahmen des Emittenten positivere Informationen und weitergehende zukunftsgerichtete Aussagen verbreitet werden als solche, die Eingang in den Prospekt finden.111 Es soll sicherstellen, dass Anleger nicht bereits aufgrund des Angebots lediglich vorbereitender Veröffentlichungen, die in der Sache reine Werbematerialien darstellen, Anlageentscheidungen auf unzureichender Informationsbasis treffen bzw. diese nach Eröffnung einer Erwerbs- oder Zeichnungsmöglichkeit unreflektiert umsetzen.112

107

Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2475. Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2475. 109 Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 17. 110 Vgl. Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 9 zur Vorgängernorm des § 15 WpPG a.F. 111 Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2471. 112 Voß, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 15 Rn. 8. 108

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

b) Anwendbarkeit des Konsistenzgebots auf das Pilot Fishing Auf Grund des Umstands, dass das Pilot Fishing zu einem Zeitpunkt erfolgt, welcher der öffentlichen Ankündigung des Börsengangs zeitlich deutlich vorgelagert ist, stellt sich die Frage, ob das prospektrechtliche Konsistenzgebot zu dem frühen Zeitpunkt des Pilot Fishing bereits Anwendung finden kann. Bis zum Zeitpunkt der öffentlichen Ankündigung vergehen meist noch einige Wochen und die Informationsbasis, auf der Investoren angesprochen werden, weist nicht den gleichen Detailgrad auf wie der später veröffentlichte Prospekt. Daher kann es sich als unsachgemäß erweisen, die Investorengespräche inhaltlich bereits Restriktionen dahingehend zu unterwerfen, dass lediglich die später in den Prospekt aufgenommenen Informationen weitergegeben werden dürfen. Der zeitliche Anwendungsbereich des Konsistenzgebots ist im Schrifttum nicht abschließend geklärt. Einigkeit besteht darin, dass der zeitliche Anwendungsbereich der Norm jedenfalls weiter gefasst ist als derjenige der Vorgängervorschriften (§ 12 VerkProspG, § 68 BörsZulV), deren Anwendungsbereich mit der Ankündigung eines öffentlichen Angebots bzw. einer Börsenzulassung wenigstens angedeutet wurde.113 Nach der im Schrifttum herrschenden Auffassung greift das Konsistenzgebot in zeitlicher Hinsicht bereits im Vorfeld der Prospektveröffentlichung ein.114 Begründet wird dies insbesondere mit dem relativ offen gefassten Wortlaut der Vorschrift, die sich auf Informationen „über“ das öffentliche Angebot bzw. die Börsenzulassung bezieht.115 Demzufolge müssen auch diejenigen wesentlichen Informationen, die Gegenstand des Pilot Fishing sind, zwingend mit den später im Prospekt offengelegten Informationen konsistent sein.116 Auf Grund der unterschiedlichen Zielrichtung von Prospekt und Vermarktung ist gleichwohl keine wörtliche Identität der Informationen erforderlich.117 Es wird als ausreichend angesehen, dass kein Widerspruch besteht und sich die wesentlichen Inhalte der übermittelten Informationen jedenfalls auch im Prospekt wiederspiegeln.118 Um dem Konsistenzgebot zu entsprechen, wird das Pilot Fishing in der Praxis ausschließlich auf der Grundlage der später im Prospekt veröffentlichten Informationen durchgeführt.119 Gegebenenfalls erfolgt später aber noch eine Aktualisierung der Informa-

113

Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 15 WpPG Rn. 1b. Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 15 WpPG Rn. 20; Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 10; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196. 115 Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2196. 116 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 15 WpPG Rn. 34. 117 Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2471. 118 Schlitt/Schäfer, FS Hopt (2010), 2469, 2471 f.; Schäfer/Ernst, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 8. 119 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.49. 114

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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tionen, die im Pilot Fishing verwendet wurden, um die Aktualität des Prospektinhalts zu gewährleisten. Im Ergebnis ist die Weitergabe von Informationen, die nicht Gegenstand des Prospekts sind, auf Grund des prospektrechtlichen Konsistenzgebots für unzulässig zu erachten. Für die Praxis ist davon auszugehen, dass die Anwendbarkeit des Konsistenzgebots die Informationsweitergabe im Pilot Fishing jedoch nicht übermäßig einschränkt, da der Prospekt ohnehin alle für die Beurteilung der Anlage wesentlichen Informationen enthalten muss (vgl. Art. 6 ProspektVO). 3. Vereinbarkeit des Pilot Fishing mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) In personeller Hinsicht wird das Pilot Fishing regelmäßig durch die konsortialführenden Banken unter Beteiligung des Vorstands der Gesellschaft durchgeführt. Der Vorstand legt folglich den angesprochenen Investoren gegenüber die Börsenpläne der Gesellschaft offen. Dies wirft die Frage auf, ob eine solche Offenlegung durch den Vorstand gegenüber ausgewählten Investoren mit dessen aktienrechtlicher Verschwiegenheitspflicht vereinbar ist. Die Vorstandsmitglieder trifft grundsätzlich die Pflicht, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG). a) Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) Nach herrschender Auffassung handelt es sich bei der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder um eine Präzisierung der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands.120 Der Zweck der Verschwiegenheitspflicht besteht im Schutz von Unternehmensinteressen.121 Die Norm des § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG ist grundsätzlich zwingendes Recht und kann daher durch Satzung oder Geschäftsordnung weder abgeschwächt noch verschärft werden.122 Ihrem Wortlaut nach erfasst die Norm sowohl vertrauliche Angaben als auch Geheimnisse der Gesellschaft. Unter Geheimnissen der Gesellschaft sind solche Tatsachen zu verstehen, die nicht offenkundig sind, nach dem geäußerten oder mutmaßlichen Willen der Gesellschaft auch nicht offenkundig werden sollen und hinsichtlich derer ein berech120 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 160; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 279; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 133; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 29; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 113. 121 Vgl. BGHZ 64, 325, 329; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 280; a.A. Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 116, begrifflich auf den Schutz von Gesellschaftsinteressen abstellend. 122 BGHZ 64, 325, 327; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 280.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

tigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung besteht.123 Als vertrauliche Angaben werden solche Umstände definiert, deren Bekanntwerden sich für die Gesellschaft nachteilig auswirken kann, auch wenn es sich dabei um kein Geheimnis (mehr) handelt.124 Unter den Begriff der Gesellschaftsgeheimnisse werden u. a. auch die Einzelheiten der Finanzplanung der Gesellschaft subsumiert.125 Zur Finanzplanung der Gesellschaft wird man ohne Weiteres auch die Pläne für einen bevorstehenden Börsengang zählen müssen, die im Rahmen des Pilot Fishing gegenüber den Investoren offengelegt werden sollen. Folglich berührt die Offenlegung der Börsenpläne grundsätzlich den Wirkbereich der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder.126 b) Zulässigkeit aufgrund überwiegender Unternehmensinteressen Es gilt jedoch zu beachten, dass die Verschwiegenheitspflicht des Vorstands dem Gesellschaftsinteresse dient und im Einzelfall zurücktreten kann, soweit dem Gesellschaftsinteresse mit einer Offenbarung einzelner Geheimnisse besser gedient ist.127 Von der herrschenden Auffassung im Schrifttum wird es etwa für zulässig erachtet, dass der Vorstand sachverständige Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Investmentbanken) in die Transaktionspläne einweiht oder sich mit einem Großaktionär über eine beabsichtigte Kapitalerhöhung austauscht.128 Mag es sich bei den im Rahmen des Pilot Fishing angesprochenen Investoren zwar regelmäßig nicht um bestehende Anteilseigner, sondern um externe Investoren handeln, ist doch die Interessenlage im Vorfeld des Börsengangs ganz ähnlich gelagert wie diejenige vor Durchführung einer Kapitalerhöhung. Die Erhöhung der Transaktionssicherheit durch eine möglichst frühzeitige Kontaktaufnahme mit potenziellen Investoren sowie die Optimierung des Ausgabepreises für die neuen Aktien 123 BGHZ 64, 325, 329; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 164; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 30; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 23; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 117; vgl. auch Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 283, das Erfordernis des berechtigten wirtschaftlichen Interesses an der Geheimhaltung ablehnend. 124 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 166; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 286; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 24; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 120. 125 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 164; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 30; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 117. 126 So auch Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197. 127 Vgl. BGHZ 64, 325, 331; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 169; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 31; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 27; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 133. 128 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 169; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 303.

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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liegen im Interesse der Gesellschaft, die einen Börsengang plant.129 Insbesondere die Festlegung eines angemessenen Ausgabepreises für die Emission erweist sich als eine der zentralen Herausforderungen in der Steuerung des Emissionsprozesses, da gegenläufige Interessen der Beteiligten die Preisfestlegung erschweren können: während Gesellschaft und veräußernde Aktionäre den Emissionspreis nach Möglichkeit hoch ansetzen und die Platzierungsaktien „teuer verkaufen“ wollen, ist auf Seiten der Investoren das Interesse an einem günstigen Beteiligungserwerb und die Ermöglichung von Kursgewinnen im Nachgang zur Börsennotierung handlungsleitend.130 In jedem Fall muss vermieden werden, dass auf Grund divergierender Preisvorstellungen ein bereits angekündigter Börsengang abgesagt werden muss. Das Pilot Fishing kann sich für die Zwecke der Festlegung eines angemessenen Emissionspreises und zum Ausgleich widerstreitender Interessen bei der Preisfestlegung als geeignetes Mittel erweisen. Aus den vorstehend benannten Gründen ist die Offenlegung der Börsenpläne des Unternehmens gegenüber Investoren dahingehend zu werten, dass in Bezug auf das Pilot Fishing die grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht des Vorstands aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG hinter das Gesellschaftsinteresse an einer gesicherten Durchführung des Börsengangs zurücktritt. Die Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber potenziellen Investoren ist vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder für zulässig zu erachten. 4. Insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe im Rahmen des Pilot Fishing Die Weitergabe von potenziell kursbeeinflussenden Informationen im Zuge eines Pilot Fishing wirft die Frage auf, ob diese vor dem Hintergrund des insiderrechtlichen Weitergabeverbots als zulässig einzustufen ist. Den Investoren gegenüber dürfen Insiderinformationen (vgl. Art. 7 Abs. 1 MAR) nicht unrechtmäßig offengelegt werden (Art. 10 Abs. 1, 14 lit. c) MAR). Für die Beurteilung, ob das Insiderrecht auf die Informationsweitergabe im Pilot Fishing bereits Anwendung finden kann, ist in erster Linie der zeitliche Anwendungsbereich der MAR maßgeblich (dazu unter a)). Soweit das Insiderrecht in zeitlicher Hinsicht anzuwenden ist, kann die Informationsweitergabe im Zuge des Pilot Fishing durch die Regelungen zur Marktsondierung privilegiert sein (dazu unter b)).

129

So auch Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197. Zur Preisfestlegung als einer der Hauptaufgaben des Emissionsprozesses bereits unter B. II. 3. a). 130

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

a) Grundsätzlicher Anwendungsbereich des Insiderrechts aa) Anwendungsbereich der MAR Die MAR beansprucht Geltung für Finanzinstrumente, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind oder für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gestellt wurde (Art. 2 Abs. 1 lit. a) MAR). Damit sind die Regelungen der MAR von einer Gesellschaft grundsätzlich dann zu beachten, wenn die von ihr begebenen Finanzinstrumente am Kapitalmarkt gehandelt werden. Zusätzlich gelten die Regelungen der MAR auch für Finanzinstrumente, die in einem multilateralen Handelssystem gehandelt werden, die zum Handel in einem multilateralen Handelssystem zugelassen sind oder für die ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt wurde (Art. 2 Abs. 1 lit. b) MAR) sowie für Finanzinstrumente, die in einem organisierten Handelssystem gehandelt werden (Art. 2 Abs. 1 lit. c) MAR). Dadurch erweitert die MAR den Anwendungsbereich des gesamten, vormals im nationalen Wertpapierhandelsrecht verorteten und nunmehr durch die MAR geregelten, materiellen Marktmissbrauchsrechts auf Emittenten, deren Finanzinstrumente bereits zum Handel im Freiverkehr zugelassen sind oder für die ein Zulassungsantrag gestellt ist.131 Demzufolge sind auch die Regelungen zu verbotenen Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 8, 10 und 14 MAR) ausschließlich für solche Emittenten relevant, deren Finanzinstrumente entweder bereits an einem geregelten Markt oder im Freiverkehr gehandelt werden oder für deren Finanzinstrumente ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt ist. Die Regelungen der MAR finden somit in zeitlicher Hinsicht frühestens ab der Stellung eines Antrags auf Zulassung von Aktien zum Handel Anwendung. bb) Keine Anwendbarkeit bei „Debut Offerings“ Geht man von diesem in zeitlicher Hinsicht begrenzten Anwendungsbereich der MAR aus, so kann das Insiderrecht auf das Pilot Fishing im Vorfeld eines erstmaligen öffentlichen Angebots von Aktien konsequenterweise nicht in jedem Falle Anwendung findet. Ist die Gesellschaft, die einen Börsengang plant, zuvor noch nicht als Emittent am Kapitalmarkt in Erscheinung getreten (sog. „Debut Offering“132), so ist sie von den Regelungen des Marktmissbrauchsrechts in der MAR nicht betroffen, womit auch eine Anwendbarkeit der Insiderhandelsverbote (Art. 14 MAR) und der Regelungen zur Marktsondierung (Art. 11 MAR) auf das erstmalige öffentliche Angebot von Aktien derartiger Gesellschaften ausscheidet.133 Diese Sichtweise lässt sich durch Normzweckerwägungen untermauern. Handelt es sich bei einer Investorenansprache im Vorfeld der Transaktion um eine Markt131 132 133

Krause, CCZ 2014, 248, 249 f.; Giering, CCZ 2016, 214 f. Vgl. Singhof, ZBB 2017, 193, 196. So auch Sauer, Börsen-Zeitung vom 01. 12. 2016, S. B 4; Singhof, ZBB 2017, 193, 196.

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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sondierung, so ist die grundsätzlich untersagte Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 14 lit. c) MAR) im Zuge dieses Investorenkontaktes bei Einhaltung der einschlägigen Voraussetzungen privilegiert, indem sie nicht als unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen betrachtet wird (Art. 11 Abs. 4 MAR).134 Diese mit der MAR neu eingeführte Privilegierung ist für die Durchführung einer Transaktion nicht von Belang, soweit noch kein börsennotiertes Finanzinstrument existiert, bezüglich dessen ein etwaiges Sonderwissen des Marktsondierungsempfängers einen Insiderhandel zur Folge haben kann. Existiert kein entsprechendes, börsennotiertes Finanzinstrument, so besteht keine Gelegenheit auf Seiten des Marktsondierungsempfängers, von diesem Sonderwissen auf unlautere Weise durch den Erwerb oder Verkauf von Finanzinstrumenten zu profitieren.135 Diese grundsätzliche Interessenlage kommt auch in den Erwägungsgründen zur MAR zum Ausdruck. So ist die Möglichkeit, finanziell vom Handel mit Informationen zu profitieren, die im Rahmen einer Marktsondierung weitergegeben wurden, grundsätzlich nur dann gegeben, wenn ein Markt für das Finanzinstrument, das Gegenstand der Marktsondierung ist, oder für ein verbundenes Finanzinstrument existiert.136 Dementsprechend besteht bei Gesellschaften, die noch keine börsennotierten Finanzinstrumente begeben haben, nicht die Gefahr, dass ein Marktteilnehmer potenziell kursrelevante Informationen erlangt und auf diesem Wege eine Informationsasymmetrie unter den Anlegern geschaffen wird. Zugleich besteht kein Schutzbedürfnis dahingehend, von der Privilegierung des Art. 11 Abs. 4 MAR zu profitieren. Der Normzweck des Insiderrechts sowie der neu geschaffenen Regelung über Marktsondierungen greift in Bezug auf solche Emittenten noch nicht ein. Folglich sind weder das Insiderrecht noch das Marktsondierungsregime auf Debut Offerings anwendbar. b) Privilegierung der Weitergabe von Information mit Bezug auf bereits gelistete Finanzinstrumente durch Regelungen zur Marktsondierung (Art. 11 MAR) Anders kann sich die Rechtslage darstellen, soweit bereits börsennotierte Finanzinstrumente existieren, auf deren Kurs der geplante Börsengang potenzielle Auswirkungen haben kann. Dies kann insbesondere in zwei Konstellationen der Fall sein, namentlich beim Börsengang von Tochtergesellschaften einer bereits börsennotierten Muttergesellschaft (dazu unter aa)) sowie beim Börsengang von Anleiheemittenten (dazu unter bb)). In diesen Konstellationen wären Emittent und Konsortialbanken grundsätzlich daran gehindert, die Börsenpläne zu offenbaren, da ein Kursbeeinflussungspotenzial im Hinblick auf bereits gelistete Finanzinstrumente mit Bezug zum Emittenten regelmäßig nicht ausgeschlossen werden kann. In diesen 134

Dazu bereits ausführlich unter A. III. 5. Ähnlich Sauer, Börsen-Zeitung vom 01. 12. 2016, S. B 4, der darauf hinweist, wo noch kein Markt bestehe, sei auch kein Marktmissbrauch zu besorgen. 136 Erwägungsgrund Nr. 34 MAR. 135

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Fällen können die Initiatoren des Pilot Fishing jedoch gegebenenfalls von der Privilegierung für Marktsondierungen (Art. 11 Abs. 4 MAR) profitieren. Ein Vergleich mit den Erwägungsgründen zur MAR verdeutlicht, dass das Pilot Fishing zahlreiche Merkmale erfüllt, die als charakteristisch für Marktsondierungen betrachtet werden. So stellt sich das Pilot Fishing als Instrument zur Beurteilung der Meinung potenzieller Anleger und zur Sicherstellung eines nach Möglichkeit reibungslosen Ablaufs einer Transaktion dar.137 Auch kann es eine Intensivierung des Dialogs zwischen der Gesellschaft und ihren (zukünftigen) Anteilseignern bewirken und dient von seiner Zweckbestimmung her insbesondere einer Abstimmung der Ansichten der Gesellschaft mit denjenigen von vorhandenen Anteilseignern und potenziellen neuen Anteilseignern.138 Nimmt man die in den Erwägungsgründen zur MAR angeführten charakteristischen Merkmale der Marktsondierung zum Maßstab, so lässt sich das Pilot Fishing im Vorfeld eines Börsengangs im Ergebnis als Marktsondierung einordnen. Für den Fall, dass das Pilot Fishing unter die Marktsondierungsvorschriften der MAR zu subsumieren ist, sind Emittenten und Emissionsbanken zwar einerseits an die umfangreichen Dokumentationspflichten der Marktsondierung gebunden, können aber gleichzeitig von der Privilegierung in Bezug auf die Weitergabe kurserheblicher Informationen im Rahmen einer Marktsondierung profitieren, soweit das Insiderrecht auch im Fall des erstmaligen öffentlichen Angebots von Aktien Anwendung findet. aa) Börsengang von Tochtergesellschaften einer bereits börsennotierten Muttergesellschaft Ein Bedürfnis nach der Anwendbarkeit der Marktsondierungsregelungen im Vorfeld eines IPO kann beispielsweise im Vorfeld eines Börsengangs von Tochtergesellschaften bestehen, deren Muttergesellschaften ihrerseits börsennotiert sind.139 Im Vergleich zum gewöhnlichen IPO einer vormals noch nicht börsennotierten Gesellschaft stellt sich die Interessenlage beim Börsengang einer Tochtergesellschaft anders dar. Hinsichtlich der bereits börsennotierten Muttergesellschaft ist der Anwendungsbereich der MAR eröffnet, da ihre Aktien bereits zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind (Art. 2 Abs. 1 lit. a) MAR). Wird potenziellen Investoren gegenüber der Börsengang eines Tochterunternehmens angekündigt, so kann sich die Information über den Börsengang des Tochterunternehmens als Insiderinformation auf der Ebene der Muttergesellschaft darstellen.140 Dies ist dann der 137

Vgl. Erwägungsgrund Nr. 32 MAR. Vgl. Erwägungsgrund Nr. 32 MAR. 139 Sauer, Börsen-Zeitung vom 01. 12. 2016, S. B 4. 140 Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 84; Fleischer/ Bedkowski, DB 2009, 2195, 2198; Schäfer/Ernst in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 7 Rn. 18. 138

III. Early Look Meetings und Pilot Fishing

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Fall, wenn der Information ein entsprechendes Kursbeeinflussungspotenzial zukommt, wobei darauf abzustellen ist, ob ein verständiger Anleger die Information über den Börsengang der Tochtergesellschaft als Grundlage einer Anlageentscheidung nutzen würde.141 Der Emittentenleitfaden der BaFin enthält einen Katalog von Fallkonstellationen, in denen regelmäßg ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial anzunehmen ist. Zu diesen zählen u. a. die Veräußerung von Kerngeschäftsfeldern sowie wesentliche Strukturmaßnahmen wie Ausgliederungen, Umwandlungen oder Spaltungen.142 Handelt es sich bei dem Börsengang der Tochtergesellschaft dementsprechend um eine aus Sicht potenzieller Anleger wesentliche Information, so wird man ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial und folglich eine Insidertatsache auf Ebene der Muttergesellschaft annehmen können. Die Emissionspraxis börsennotierter Gesellschaften belegt, dass bei einigen öffentlichkeitswirksamen Börsengängen von Konzernunternehmen die Information über den Börsengang als Insiderinformation eingestuft und folglich per Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben wurde. Beispiele sind der Börsengang der Innogy SE, dessen Planung von der RWE AG im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung publiziert worden war, sowie der Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA, den die Deutsche Bank AG ebenfalls per Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben hatte.143 Auf Grund der potenziellen Insiderrelevanz ist die Anwendbarkeit der Marktsondierungsregeln auf die Konstellation des Börsenganges einer Tochtergesellschaft im Falle einer bereits börsennotierten Muttergesellschaft somit grundsätzlich zu bejahen. Die Betrachtung der Ad-hoc-Veröffentlichungen der betreffenden Mutterunternehmen macht aber deutlich, dass in den meisten Fällen eine frühzeitige Bekanntgabe der Börsenpläne bezüglich der Tochtergesellschaft erfolgte. So hatte beispielsweise die RWE AG den geplanten Börsengang der späteren Innogy SE bereits rund zehn Monate vor dem Börsengang bekannt gegeben.144 Die Deutsche Bank AG hatte den Börsengang der späteren DWS Group GmbH & Co. KGaA, der im März 2018 erfolgte, bereits ein Jahr zuvor mit dem Hinweis angekündigt, dass der Börsengang in den nächsten 24 Monaten erfolgen würde.145 Eine derartig frühzeitige 141

Vgl. dazu bereits unter A. III. 4. a) aa). BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 53. 143 Die von der RWE AG im Wege der Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegebenene Bündelung der Geschäftsfelder Erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb in einer neuen Tochtergesellschaft und die Platzierung von rund 10 % der Anteile der neuen Gesellschaft im Wege eines Börsengangs betraf den Börsengang der Innogy SE, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der RWE AG vom 1. 12. 2015. Der Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA wurde von der Deutschen Bank AG ebenfalls vorab bekannt gegeben, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung vom 5. 03. 2017. 144 S. Fn. 219. Die Bekanntgabe der Börsenpläne erfolgte am 1. 12. 2015, wobei der Börsengang der Innogy SE im September 2016 eingeleitet wurde, vgl. den Wertpapierprospekt der Innogy SE vom 23. 09. 2016, S. 197. 145 S. Fn. 219. Die Bekanntgabe der Börsenpläne für die Deutsche Asset Management erfolgte am 5. 03. 2017, wobei der Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA im März 2018 eingeleitet wurde, vgl. den Wertpapierprospekt der DWS Group GmbH & Co. KGaA vom 13. 03. 2018, S. 65. 142

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Bekanntgabe der Börsenpläne von Tochtergesellschaften ermöglicht es den Emittenten, die Insiderrelevanz der Information über den Börsengang einzelner Unternehmensbereiche oder Tochterunternehmen zu beseitigen. Der Investorendialog im Pilot Fishing, der rund sechs Wochen vor der geplanten Börseneinführung stattfindet, erfolgt dann nicht mehr „vor Ankündigung“ der Transaktion, wie es der Tatbestand der Marktsondierung erfordert (vgl. Art. 11 Abs. 1 MAR). Dies hat zur Folge, dass im Zeitpunkt des in zeitlicher Nähe zum Börsengang initiierten Pilot Fishing die Regelungen zur Marktsondierung nicht beachtet werden müssen. Durch die frühzeitige Bekanntgabe der Börsenpläne in Bezug auf die Tochtergesellschaft kann die jeweilige Muttergesellschaft es somit vermeiden, dass sie und die transaktionsbegleitenden Konsortialbanken bei der Investorenansprache im Pilot Fishing an die strengen Dokumentationspflichten zur Marktsondierung gebunden sind, was einen höheren Grad an Flexibilität bei der Investorenansprache bedeutet.146 bb) Börsengang von Anleiheemittenten Die Anwendung der Regelungen zum Market Sounding kommt auch in dem Fall in Betracht, in dem die an die Börse strebende Gesellschaft selbst bereits Finanzinstrumente begeben hat, die entweder an einem geregelten Markt oder im Freiverkehr zum Handel zugelassen sind. Hat die Gesellschaft etwa bereits Unternehmensanleihen begeben, für die ein Börsenhandel oder ein Handel über den Freiverkehr eröffnet ist, kommt es grundsätzlich in Frage, dass Informationen über ein bevorstehendes IPO ein Kursbeeinflussungspotenzial in Bezug auf den Kurs der bereits emittierten Unternehmensanleihen aufweisen. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Insiderrelevanz von Informationen in Bezug auf ausstehende Anleihen nicht so deutlich beurteilt werden kann wie im Fall von Aktienemittenten. So wird vorgebracht, dass beispielsweise beim Börsengang von Anleiheemittenten, deren Anleiherating mit einem „Investment Grade“ bewertet ist, sich regelmäßig bloß Zinsänderungen, nicht jedoch die Börsenpläne des Unternehmens auf den Anleihekurs auswirken würden.147 Handelt es sich hingegen um Emittenten, deren Anleihekurse beispielsweise einen Risikoabschlag aufweisen, kann die Beurteilung anders ausfallen. Es wurde bereits eingangs dargestellt, dass die bei Börsengängen regelmäßig gewählte Angebotsstruktur in einem kombinierten Angebot von Neu- und Altaktien besteht.148 Soweit zur Vorbereitung des IPO also eine Kapitalerhöhung geplant und diese Finanzierungsmaßnahme potenziellen Investoren gegenüber offengelegt wird, kann sich daraus ein Kursbeeinflussungspotenzial hinsichtlich der börsennotierten Anleihen ergeben, da die mit der Kapitalerhöhung einhergehende Liquiditätszufuhr die

146 147 148

In diesem Sinne auch Singhof, ZBB 2017, 193, 198 f. Singhof, ZBB 2017, 193, 196. Dazu bereits unter B. II. 2. a) aa).

IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren

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Bonität des Emittenten maßgeblich verbessern kann.149 Weist der Anleihekurs bis dato einen Risikoabschlag auf, kann die Bonitätsverbesserung diesen Abschlag verringern, woraus sich eine grundsätzliche Eignung zur Beeinflussung des Anleihekurses ergibt.150 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sich das Potenzial der Information über einen bevorstehenden Börsengang zur Beeinflussung von Anleihekursen desselben Emittenten nicht pauschal beurteilen lässt. Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre es daher angezeigt, beim Börsengang von Anleiheemittenten die Vorschriften der Marktsondierung einzuhalten, um das Risiko von Insiderverstößen auszuschließen. Eine alternative Vorgehensweise für Emittenten kann, wie bereits in Bezug auf die geplante Börsennotierung von Tochtergesellschaften erläutert, darin bestehen, dass die Pläne für ein IPO durch den Anleiheemittenten frühzeitig durch eine Ad-hocMitteilung bekannt gemacht werden. Dies nimmt der Information über den bevorstehenden Börsengang die Insiderrelevanz, so dass bei der Investorenansprache im Vorfeld der Aktienemission im Börsengang die Regelungen zur Marktsondierung nicht zwingend eingehalten werden müssen. c) Zwischenergebnis Das Insiderrecht einschließlich des Verbots der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen ist bei Debut Offerings regelmäßig nicht anwendbar. Die Regelungen zur Marktsondierung in Art. 11 MAR können bei Börsengängen regelmäßig nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die Gesellschaft bereits börsennotierte Finanzinstrumente (insbesondere Anleihen) begeben hat oder wenn es sich um den Börsengang einer Tochtergesellschaft handelt, deren Muttergesellschaft bereits börsennotiert ist. In diesen Fällen sind die Gesellschaft sowie die transaktionsbegleitenden Konsortialbanken bei der frühzeitigen Ansprache von Investoren im Zuge des Pilot Fishing dazu angehalten, die Verfahrenspflichten der Marktsondierung einzuhalten. Alternativ können der betreffende Anleiheemittent bzw. die Muttergesellschaft die Börsenpläne frühzeitig ad-hoc publizieren, was die Insiderrelevanz der Informationen über den geplanten Börsengang aufhebt. Die Einhaltung des Marktsondierungsregimes ist in diesen Fällen nicht erforderlich.

IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren Durch eine frühe Kontaktaufnahme zu institutionellen Investoren im Rahmen des Pilot Fishing erhalten die Gesellschaft sowie die Konsortialbanken die Gelegenheit, bereits frühzeitig potenzielle Kerninvestoren zu identifizieren und sie in den Emissionsprozess einzubinden. Die Einbindung von Investoren kann jedoch in un149 150

Kocher, WM 2013, 1305, 1307. Kocher, WM 2013, 1305, 1307.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

terschiedlichen Stadien des Emissionsprozesses erfolgen und bisweilen über die Einholung unverbindlicher Indizien für die Unternehmensbewertung hinausgehen. Soweit Investoren bereits im Vorfeld der öffentlichen Vermarktung des Börsengangs eine feste Zeichnungszusage abgeben, spricht man in der Emissionspraxis von Cornerstone-Investoren.151 Bei einigen prominenten Börsengängen in der jüngeren Vergangenheit wurden solche Cornerstone-Investments vereinbart. Beispiele sind insbesondere die Börsengänge der Zalando SE152, der Rocket Internet AG153, der Hapag-Lloyd AG154 sowie der Innogy SE155. Auch jüngst wurde beim Börsengang der Deutsche-Bank-Tochter DWS Group GmbH & Co. KGaA auf die Struktur eines Cornerstone-Investments zurückgegriffen.156 Die wiederkehrende Beteiligung von Cornerstone-Investoren in IPO-Prozessen unterstreicht die wachsende praktische Relevanz dieser relativ neuen Transaktionsstruktur. Zu unterscheiden ist die Einbindung von Cornerstone-Investoren von der Beteiligung sog. Anchor-Investoren, die sich zu einer signifikanten Zeichnung in einer frühen Phase des Bookbuildings verpflichten.157 Diese Investoren geben eine „Lead Order“ ab und bringen sich auf diese Weise in die Position, im Rahmen der Zuteilung nach Abschluss des Bookbuildings in erheblichem Umfang berücksichtigt zu werden.158 Auch das Engagement von Anchor-Investoren war bei Börsengängen in der jüngeren Emissionspraxis zu beobachten, wie der Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA unter Beteiligung der Tikehau Capital zeigt.159 Im Gegensatz zu Cornerstone-Investoren besteht zugunsten von AnchorInvestoren zwar keine Zuteilungssicherheit, jedoch müssen diese sich im Gegenzug auch keiner Lock-up-Verpflichtung im Hinblick auf die im Börsengang erworbenen Aktien unterwerfen.160

151

Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14. 152 Vgl. den Wertpapierprospekt der Zalando SE vom 17. 09. 2014, S. 105 f. 153 Vgl. den Wertpapierprospekt der Rocket Internet AG vom 23. 09. 2014, S. 42 f. 154 Vgl. den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG vom 14. 10. 2015, S. 116 f. 155 Vgl. den Wertpapierprospekt der Innogy SE vom 23. 09. 2016, S. 196 f. 156 Vgl. den Wertpapierprospekt der DWS Group GmbH & Co. KGaA vom 13. 03. 2018, S. 71 f. 157 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14. 158 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14. 159 Vgl. die Pressemitteilung der Tikehau Capital vom 14. 03. 2018, in der eine Beteiligung am Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA mit einem Ordervolumen von 250 Mio. Euro bekannt gegeben wurde. 160 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14; zur Lock-up-Verpflichtung des Cornerstone-Investors noch unter B. IV. 3. d).

IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren

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Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Grundzügen von CornerstoneInvestments und unternimmt es, zunächst die zentralen Vorteile dieser Form der Investorenbeteiligung aus der Sicht der jeweils am Börsengang beteiligten Parteien darzustellen (dazu unter 1.). Der anschließende Unterabschnitt beschäftigt sich mit den Vorbereitungshandlungen, die eine Beteiligung von Cornerstone-Investoren erforderlich macht und nimmt in diesem Zusammenhang neben der Ansprache potenzieller Cornerstone-Investoren auch die Möglichkeit einer Prüfung des Investitionsobjekts in Gestalt einer erwerberseitigen Due Diligence in den Blick (zu beiden Aspekten unter 2.). Sodann geht die Darstellung auf die zur Umsetzung von Cornerstone-Investments erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft, Investoren und Konsortialbanken ein und beschäftigt sich mit der zentralen vertraglichen Dokumentation in Form der Cornerstone-Investitionsvereinbarung (dazu unter 3). Im folgenden Unterabschnitt wird die Offenlegung des Cornerstone-Investments im Emissionsprospekt behandelt (dazu unter 4.), bevor auf die Einhaltung einschlägiger Regelungen zur Beteiligungstransparenz eingegangen wird (dazu unter 5.). 1. Vorteile von Cornerstone-Investments Die Einbindung von Cornerstone-Investoren in den Emissionsprozess eines Börsengangs kann sich sowohl aus der Perspektive des jeweiligen Investors (dazu unter a)) als auch aus der Sicht des Emittenten als vorteilhaft erweisen (dazu unter b)). Zugleich kann das Engagement des Cornerstone-Investors für die Vermarktung des Börsengangs förderlich sein und folglich auch im Interesse der Konsortialbanken liegen (dazu unter c)). a) Garantierter Aktienerwerb des Cornerstone-Investors Der maßgebliche Vorteil des jeweiligen Cornerstone-Investors besteht in einem garantierten Aktienerwerb im Rahmen des öffentlichen Angebots. Im Gegenzug für die Eingehung der bindenden Erwerbsverpflichtung für eine bestimmte Anzahl von Aktien wird dem Investor Zuteilungssicherheit gewährt.161 Der Aktienerwerb ist frühzeitig fixiert und nicht mehr von einer (unsicheren) Zuteilung nach Abschluss des Bookbuildings abhängig. Auf diesem Weg entfällt für Cornerstone-Investoren das Risiko, im Falle einer Überzeichnung des Angebotsvolumens nur anteilig oder gar nicht berücksichtigt zu werden.162 Der Investor setzt sich durch seine frühzeitige Zeichnung zwar für einen verhältnismäßig langen Zeitraum dem Risiko von Preisschwankungen im Markt aus. Im Vergleich zu den Investoren, die im Bookbuilding Erwerbsorder abgeben, steht ihm jedoch auch mehr Zeit zur Verfügung, um das 161 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.14. 162 von Oppen, Börsen-Zeitung vom 12. 12. 2015, S. 9.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Unternehmen als Investitionsobjekt einer detaillierten Bewertung zu unterziehen.163 Das Volatilitätsrisiko für die Dauer des öffentlichen Angebots lässt sich durch unterschiedliche Strukturen begrenzen, auf die im Rahmen der Darstellung einzelner Regelungsgegenstände der Investitionsvereinbarung noch näher eingegangen wird. b) Transaktionssicherheit zugunsten der Gesellschaft und der veräußernden Aktionäre sowie Ermöglichung strategischer Zusammenarbeit Aus der Perspektive des Emittenten sowie der verkaufenden Altaktionäre bietet die Beteiligung des Cornerstone-Investors einen hohen Grad an Transaktionssicherheit. Diese kann durch die feste Übernahme von Aktien in Person des Cornerstone-Investors erheblich erhöht werden, da die betroffenen Aktien nicht mehr im Rahmen eines Bookbuildings platziert werden müssen. Der Emissionserlös für diese Aktien ist dem Emittenten und den verkaufenden Altaktionären vielmehr bereits zu einem frühen Zeitpunkt gesichert. In der Transaktionspraxis wird dementsprechend versucht, der Gesellschaft bzw., im Falle des Börsengangs von Tochtergesellschaften, auch einer Muttergesellschaft durch die Einbindung von Cornerstone-Investoren fixe Investitionssummen zuzuführen.164 Ein weiterer Vorteil der Beteiligung eines Cornerstone-Investors hängt weniger mit der Steigerung der Transaktionssicherheit als vielmehr mit der Ermöglichung strategischer Allianzen zwischen der Gesellschaft und dem neuen Kerninvestor zusammen. So bestand das erklärte Ziel von Cornerstone-Investitionsstrukturen bisweilen darin, durch den signifikanten Beteiligungserwerb im Börsengang eine strategische Partnerschaft zu ermöglichen.165 Das Cornerstone-Investment ist folglich nicht nur zur Generierung eines sicheren Mittelzuflusses im Börsengang geeignet, sondern kann im Einzelfall auch den Weg für eine Neujustierung der Unternehmensstrategie durch die Kooperation mit dem Investor ebnen. Der Investor

163

Zu der für die Zwecke der Unternehmensbewertung bisweilen durchgeführten DueDiligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durch den Cornerstone-Investor noch ausführlich unter B. IV. 2. c). 164 Beim IPO der Hapag-Lloyd AG sollten durch die Beteiligung der Cornerstone-Investoren Compañía Sud Americana de Vapores (CSAV) und Kühne Maritime GmbH insgesamt 59,2 Mio. Euro investiert werden, vgl. den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG vom 14. 10. 2015, S. 116. Beim IPO der Innogy SE sollte eine Investitionssumme von 940 Mio. Euro durch die Cornerstone-Investoren aufgebracht werden, die zum Erwerb von Aktien im Rahmen einer Privatplatzierung an den verkaufenden Aktionär (RWE Downstream Beteiligungs GmbH) fließen sollten, vgl. den Wertpapierprospekt der Innogy SE vom 23. 09. 2016, S. 196 f. 165 Ein Beispiel ist die Beteiligung des japanischen Lebensversicherers Nippon Life Insurance Company am Börsengang der DWS Group GmbH & Co. KGaA im März 2018. Die strategische Partnerschaft sah zum einen die Einbringung zusätzlichen verwalteten Vermögens in die DWS und zum anderen Vertriebsmöglichkeiten und gemeinsame Produktentwicklungen vor, vgl. die Pressemitteilung der DWS Group GmbH & Co. KGaA vom 11. 03. 2018.

IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren

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kann sich im Zuge dessen auch durch die feste Beteiligung an nachfolgenden Kapitalmaßnahmen des Unternehmens engagieren.166 c) Positive Signalwirkung für Vermarktung durch die Konsortialbanken Die Beteiligung des Cornerstone-Investors kann sich darüber hinaus positiv auf die Vermarktung des Börsengangs auswirken, wovon auch die mit der Vermarktung der Emission betrauten Konsortialbanken profitieren können. Von der Beteiligung kann eine positive Signalwirkung ausgehen, so dass für andere institutionelle Investoren wie auch für Privatanleger ein zusätzlicher Zeichnungsanreiz geschaffen wird. Das Cornerstone-Investment kann sich somit auch als förderlich für den Platzierungsprozess insgesamt erweisen. 2. Anbahnung des Cornerstone-Investments Die Phase der Kontaktaufnahme zu potenziellen Cornerstone-Investoren und der Zeitraum der Vorbereitung des Investments lässt sich als Anbahnungsphase umschreiben, die durch einige maßgebliche Schritte gekennzeichnet ist: Für die Gesellschaft und die Emissionsbanken stellt sich zunächst die Aufgabe, die für eine Investition in Frage kommenden Investoren frühzeitig zu identifizieren (dazu unter a)). Nach der Identifikation potenzieller Cornerstone-Investoren werden diese von den Emissionsbanken auf vertraulicher Basis angesprochen und erhalten Informationsmaterial über den bevorstehenden Börsengang und den Emittenten. Unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten geht es im Rahmen dieser Vermarktungsaktivitäten insbesondere darum, ungewünschte Haftungsfolgen zu vermeiden, die sich etwa daraus ergeben können, dass der Investor als Grundlage seiner Investitionsentscheidung eine bestimmte Angebotsdokumentation übermittelt bekommt (dazu unter b)). Aus Sicht der Investoren ist es von grundlegender Bedeutung, Informationen über das bisher noch nicht börsennotierte Unternehmen des Emittenten zu erlangen. Zur Vorbereitung der Investitionsentscheidung erfolgt daher zum Teil eine eingehende Prüfung des Unternehmens des Emittenten im Wege einer Due Diligence durch den Cornerstone-Investor (dazu unter c)). Soweit die Investitionsentscheidung hin zu einem Cornerstone-Investment getroffen ist, beginnt die Umsetzungsphase in Gestalt der Vorbereitung der Cornerstone-Investitionsvereinbarung.167 a) Identifikation potenzieller Cornerstone-Investoren Im IPO-Emissionsprozess bilden in aller Regel Early Look Meetings bzw. das Pilot Fishing die erste, durch die Konsortialbanken organisierte Kontaktaufnahme 166 Vgl. zu der Beteiligung von Cornerstone-Investoren als Backstop-Investoren an nachfolgenden Kapitalerhöhungen auch einleitend unter C. IV. 167 Dazu noch ausführlich unter B. IV. 3.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

zwischen der Gesellschaft und institutionellen Investoren.168 Im Falle einer geplanten Einbindung von Cornerstone-Investoren beginnt der Cornerstone-Investor-Prozess bereits einige Zeit vor dem Pilot Fishing, das insbesondere der Suche nach Investoren dient, die für signifikante Erwerbsorder im Zuge des öffentlichen Angebots in Betracht kommen. Während das Pilot Fishing rund fünf bis sechs Wochen vor der geplanten Börseneinführung durchgeführt wird, wird der Cornerstone-InvestorProzess regelmäßig bereits drei bis vier Monate vor der Börseneinführung eingeleitet, indem die emissionsbegleitenden Konsortialbanken mit potenziellen Investoren in Kontakt treten. Vor allem internationale institutionelle Investoren, wie etwa Investmentfondgesellschaften, haben sich in der jüngeren Vergangenheit als Cornerstone-Investoren an Börsengängen in Deutschland beteiligt.169 Daneben traten auch internationale Investmentbanken bisweilen als Cornerstone-Investoren in Erscheinung.170 b) Vertrauliche Ansprache unter Vereinbarung von Haftungsausschlüssen Die Einleitung des Cornerstone-Investor-Prozesses markiert eine Ansprache potenzieller Investoren auf vertraulicher Basis, wobei die angesprochenen Investoren die vertrauliche Behandlung der ihnen übermittelten Informationen zusichern (dazu unter aa)). Darüber hinaus werden zwischen der Gesellschaft, den Konsortialbanken und den angesprochenen Investoren regelmäßig Haftungsausschlüsse vereinbart, um die Entstehung etwaiger Prospekthaftungsansprüche auszuschließen, die sich daraus ergeben können, dass Informationen über die bevorstehende Transaktion noch vor Beginn des Angebotsverfahrens an Investoren übermittelt werden (dazu unter bb)). aa) Ansprache auf Grundlage von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) Nach der Identifikation potenzieller Investoren durch die Emissionsbanken erfolgt eine Ansprache dieser Investoren auf vertraulicher Basis durch das Management des Emittenten unter Beteiligung der Banken, wodurch ein mögliches Interesse an einer Rolle als Cornerstone-Investor im IPO-Prozess eruiert werden kann. Die Ansprache des jeweiligen Investors erfolgt nach dem bei Marktsondierungen einschlägigen Muster: die Information über ein bevorstehendes IPO kann sich als Insiderinformation in Bezug auf bereits gelistete Finanzinstrumente (insbesondere 168

Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195; dazu bereits ausführlich unter B. III. Beispiele sind die Beteiligung der Scottish Mortgage Investment Trust Plc an den Börsengängen der Rocket Internet AG (Wertpapierprospekt vom 23. 09. 2014, S. 40) und der Zalando SE (Wertpapierprospekt vom 17. 09. 2014, S. 101) sowie die Beteiligung von BlackRock Inc. am Börsengang der Innogy SE (Wertpapierprospekt vom 23. 09. 2016, S. 196 f.). 170 Beispiele sind die Beteiligung der J.P. Morgan Securities LLC und der Credit Suisse AG am Börsengang der Rocket Internet AG (Wertpapierprospekt vom 23. 09. 2014, S. 40). 169

IV. Einbindung von Cornerstone-Investoren

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Anleihen) des Unternehmens oder in Bezug auf die Aktie eines verbundenen Unternehmens (insbesondere eines Mutterunternehmens) erweisen.171 Eine Übermittlung der Information über die Börsenpläne ohne jedwede Rücksprache mit dem Investor kann Handelsrestriktionen zur Folge haben. Daher entspricht es der Praxis, dass das Interesse des Investors an der Information zunächst anhand einer generischen Beschreibung des Unternehmens und der bevorstehenden Transaktion abgefragt wird. Im Zuge der Investorenansprache muss sichergestellt werden, dass die gegenüber den Investoren offengelegten, zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Börsenpläne nicht vorzeitig publik werden. Zu diesem Zweck werden die Investoren in einer Vertraulichkeitsvereinbarung (Non-Disclosure-Agreement) dazu verpflichtet, über ihre Rolle im bevorstehenden IPO zunächst Stillschweigen zu bewahren. Soweit der Cornerstone-Investor die Aktien für Rechnung eigener Kunden erwirbt172, muss auch deren Erwerbsinteresse frühzeitig festgestellt werden. Aus diesem Grund sind auch die Kunden des Investors vertraglich zur Geheimhaltung der bevorstehenden Transaktion zu verpflichten. bb) Haftungsausschluss für Informationen aus der Angebotsunterlage Im Nachgang zur ersten Ansprache des potenziellen Investors muss dieser sich zunächst zum Erhalt weiterführender Informationen über den bevorstehenden Börsengang bereit erklären, damit der Prozess weiter vorangetrieben werden kann. Erst durch die Bereitschaft zum Erhalt weiterer Unterlagen in Bezug auf das Angebot und eine darauffolgende eingehende Prüfung des Börsenkandidaten als Investitionsobjekt wird die Rolle als Cornerstone-Investor im IPO-Prozess „manifestiert“. Der Investor ist daran interessiert, möglichst weitreichende Informationen über das bisweilen noch relativ unbekannte Unternehmen zu erhalten. In Ermangelung entsprechender Publizitätspflichten für den Zeitraum vor der Börsennotierung stehen in aller Regel nur wenige Informationen öffentlich zur Verfügung. So greift die Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung von Insiderinformationen (Art. 17 MAR) erst ab dem Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrags ein (Art. 2 Abs. 1 lit. a) MAR). Im Zeitpunkt der Investorenansprache im Cornerstone-Investor-Prozess ist die Börsenzulassung noch nicht beantragt173, so dass insoweit nicht auf veröffentlichte Insiderinformationen zurückgegriffen werden kann. Die Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten (§ 114 WpHG) sowie von Halbjahresfinanzberichten (§ 115 WpHG) betrifft nur Inlandsemittenten von Aktien bzw. Schuldtiteln, wobei der Begriff des Inlandsemittenten wiederum nur solche Emittenten erfasst, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen 171 Zu diesen Aspekten im Zusammenhang mit der insiderrechtlichen Zulässigkeit des Pilot Fishing bereits unter B. III. 4. b). 172 Dazu sogleich unter B. IV. 3. a). 173 Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 83.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

sind (§ 2 Abs. 14 WpHG). Im Zeitraum vor der Börsenzulassung der Aktien ist der Zugang zu öffentlich verfügbaren Informationen über das Unternehmen folglich begrenzt, so dass Investoren auf die Übermittlung von Informationen von Unternehmensseite angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund werden potenzielle Cornerstone-Investoren von den Konsortialbanken mit einem Satz von Informationen und Materialien versorgt, die eine fundierte Investitionsentscheidung ermöglichen sollen. Die zur Verfügung gestellten Materialien umfassen in erster Linie eine eigene Unternehmenspräsentation, (wenigstens) den aktuellsten Satz verfügbarer Finanzinformationen in Gestalt von Jahresabschlüssen sowie einen Entwurf des Emissionsprospekts.174 Zu dem frühen Zeitpunkt der Einbindung des Cornerstone-Investors in den Emissionsprozess sind die Informationen, die der Investor als Grundlage seiner Investitionsentscheidung erhält, meist noch nicht „finalisiert“: Sie weisen noch nicht den für die endgültige Prospektveröffentlichung erforderlichen Detailgrad auf und bedürfen regelmäßig noch umfangreicher Ergänzungen. Der Emittent und die Konsortialbanken müssen im Verhältnis zu dem Investor daher sicherstellen, dass sie keine Haftung für die übermittelten vertraulichen Informationen trifft. Als Grundlage einer Haftung kommt insbesondere die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung in Betracht, was freilich die Qualifikation der an den Cornerstone-Investor übermittelten Angebotsunterlage als Prospekt im Sinne der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung voraussetzen würde. (1) Einordnung der Angebotsunterlage als Prospekt im Sinne der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung Die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung wurde von der Rechtsprechung ursprünglich im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anlageformen am „Grauen Kapitalmarkt“ entwickelt, die keine wertpapiermäßig verbriefte oder dem Investmentrecht unterfallende Anlage darstellten.175 Die Grundlage der Haftung bildete seinerzeit eine richterliche Fortbildung der Grundsätze zum Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo), die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung eine positivrechtliche Ausformung in § 311 Abs. 2 BGB fand. Die Rechtsprechung des BGH ließ sich zur Begründung von Prospekthaftungsansprüchen von der Erwägung leiten, Grundlage einer Vertrauenshaftung – etwa in Gestalt der Haftung von Vertretern oder Sachwaltern aus culpa in contrahendo – könne nicht nur das von einem bestimmten Menschen ausgehende persönliche, sondern auch ein typisiertes Vertrauen sein, das sich aus einer Garantenstellung der für die Geschicke der kapitalsuchenden Gesellschaft und damit gegebenenfalls auch für die Heraus-

174

McNaughton/Cole/Gossen, PLC Magazine September 2015, 39, 41. Assmann, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, Vor §§ 21 – 25 WpPG Rn. 2; Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 7. 175

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gabe eines Anlageprospekts verantwortlichen Personen herleite.176 Der originäre Anwendungsbereich der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung wurde in der Folgezeit durch die Normierung spezialgesetzlicher Haftungstatbestände immer weiter eingegrenzt, so dass die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung lediglich dann anwendbar ist, wenn keine spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände eingreifen. Als Prospekt im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung gilt eine marktbezogene schriftliche Erklärung, welche die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erheblichen Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt und dabei tatsächlich oder zumindest dem von ihr vermittelten Eindruck nach den Anspruch erhebt, eine das Publikum umfassend informierende Beschreibung der Anlage zu sein.177 Ob die jeweilige Angebotsdokumentation den Prospektbegriff im Sinne der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung erfüllt, hängt maßgeblich vom Umfang und vom Detailgrad der Angaben ab und ist eine Frage des Einzelfalls.178 Die Rechtsprechung stellt im Rahmen der Beurteilung maßgeblich auf eine mögliche Verwechslungsgefahr mit einem vollständigen Angebotsprospekt ab.179 Die an den Cornerstone-Investor ausgehändigten Prospektentwürfe dürften auf Grund ihres erheblichen Umfangs und der darin bereits reflektierten detaillierten Informationen über das Unternehmen und das Angebot unzweifelhaft eine so große Ähnlichkeit mit dem vollständigen Anlageprospekt aufweisen, dass es sich dabei um Prospekte im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung handelt. Ohne weitere Vereinbarungen über die Haftungsfolgen – insbesondere ohne Vereinbarung eines Haftungsausschlusses – würde der Emittent für Prospektentwürfe, die einem Cornerstone-Investor zu Informationszwecken ausgehändigt werden, mit großer Wahrscheinlichkeit nach den Grundsätzen der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung haften. (2) Gefahr unbilliger Haftungsfolgen und Erforderlichkeit von Haftungsausschlüssen Die unbesehene Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf die Angebotsdokumente, welche der Cornerstone-Investor als Grundlage seiner Investitionsentscheidung zur Verfügung erhält, kann mit unbilligen Haftungsfolgen verbunden sein (dazu unter (a)). Diese Haftungsfolgen können eine 176 BGHZ 71, 284, 287 ff.; BGHZ 72, 284, 287; BGHZ 79, 337, 341 f.; BGHZ 83, 222, 223 f.; BGHZ 123, 106, 109 f.; BGH NZG 2008, 661, 662; BGH NZG 2010, 188, 189; BGH NJW 2010, 1077, 1079. 177 BGH NJW 2012, 758, 759 („Rupert Scholz“); Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rn. 135; Groß, Kapitalmarktrecht, § 25 WpPG Rn. 5; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 73; Meyer, in: MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.87; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 41.160 f. 178 Vgl. auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.87. 179 BGH NJW 2012, 758, 760 („Rupert Scholz“).

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Vereinbarung von Haftungsausschlüssen im Verhältnis zum Investor erforderlich machen, wobei sich die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Haftungsausschlüsse stellt, wenn diese durch den Emittenten und die mit der Investorenansprache betraute Emissionsbank vorformuliert und dem Investor vorgelegt werden (dazu unter (b)). (a) Gefahr unbilliger Haftungsfolgen Bei öffentlichen Angeboten und bei der Zulassung von Aktien zum Börsenhandel auf der Grundlage eines Prospekts greift im Fall von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten der Prospektinhalte grundsätzlich die spezialgesetzliche Prospekthaftung ein, wodurch der Erwerber bei Prospektfehlern von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben (sog. Prospektverantwortliche) und von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (sog. Prospektveranlasser), die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises verlangen kann (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Im Rahmen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ist dem Haftungsadressaten die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eröffnet. So kann nach §§ 9, 10 WpPG nicht in Anspruch genommen werden, wer nachweist, dass er eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von Prospektangaben nicht gekannt hat und dass diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 12 Abs. 1 WpPG). Im Anwendungsbereich der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung gilt bezüglich des Verschuldensmaßstabs hingegen, dass bereits einfache Fahrlässigkeit genügt, um eine Haftung zu begründen (§ 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).180 Bereits diese unterschiedlichen Verschuldensmaßstäbe lassen eine Haftung von Emittenten für die Angebotsdokumentation bereits bei einfacher Fahrlässigkeit als eine unbillige Härte erscheinen. Hinzu tritt der Umstand, dass bei der Zulassung von Aktien zum Handel an einem geregelten Markt auch die Konsortialbanken, die gemeinsam mit dem Emittenten die Zulassung beantragen, die Prospektverantwortung übernehmen müssen (vgl. § 8 Satz 3 WpPG). Aus diesem Grund sind auch sie als Prospektverantwortliche im Verhältnis zu den Investoren Adressaten der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpPG). Im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ist über den Entlastungsbeweis im Rahmen von § 12 Abs. 1 WpPG jedoch eine Abwehr von Prospekthaftungsansprüchen durch die Dokumentation einer ordnungsgemäßen Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten für die Zwecke der Prospekterstellung möglich. Im Schrifttum ist anerkannt, dass der Entlastungsbeweis dahingehend, die Emissionsbank habe keine grob fahrlässige Unkenntnis von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten des Prospekts gehabt, in der Praxis durch angemessene Untersuchungshandlungen im Rahmen einer DueDiligence-Prüfung nachhaltig gestützt werden kann (sog. Due-Diligence-De180 Vgl. BGHZ 139, 225, 230; BGH NJW 2002, 1711, 1712; a.A. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 41.172, die eine Angleichung des Haftungsmaßstabs mit demjenigen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 12 Abs. 1 WpPG und § 20 Abs. 3 VermAnlG fordern.

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fense).181 Diese Möglichkeit ist im Anwendungsbereich der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung nicht in gleichem Maße gegeben, so dass auch dadurch ein haftungsmäßiger Gleichlauf beider Prospekthaftungsregime ausscheidet und der Emittent und die zulassungsantragstellende Konsortialbank bei Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt wären. (b) Ausschluss von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (Non-Reliance-Agreement) Die beschriebenen, unbilligen Haftungsfolgen bei unbesehener Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im Verhältnis zwischen dem Emittenten, den Konsortialbanken und dem jeweiligen Cornerstone-Investor werden in der Praxis durch die Vereinbarung eines Ausschlusses von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung vermieden. Die für die Zwecke der Ansprache des Cornerstone-Investors abgeschlossene Vertraulichkeitsvereinbarung enthält dementsprechend eine zusätzliche Haftungsfreistellungskomponente (Non-Reliance-Agreement). Die Investoren erkennen mit der Unterzeichnung der Vertraulichkeitsvereinbarung an, dass der Emittent sowie die veräußernden Aktionäre keine Gewährleistungen im Hinblick auf die Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Eignung der zur Verfügung gestellten Informationen abgeben und dass sie sich im Zuge ihrer Investitionsentscheidung nicht vollends auf diese Informationen verlassen können. Um einen gebotenen haftungsmäßigen Gleichlauf der Prospekthaftung gegenüber solchen Investoren herzustellen, die im Rahmen des öffentlichen Angebots nach der Prospektveröffentlichung Erwerbsorder abgeben, kann es angezeigt sein, zugunsten des Cornerstone-Investors die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) durch vertragliche Vereinbarungen entsprechend zur Anwendung zu bringen.182 Im Ausgangspunkt stellt sich jedoch zunächst die Frage, ob ein Ausschluss von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung unter Gesichtspunkten des AGB-Rechts wirksam vereinbart werden kann. Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für die Wirksamkeit der Haftungsfreizeichnung kommt es zunächst darauf an, ob derartige Klauseln, die gegenüber institutionellen Investoren verwendet werden, als AGB der Inhaltskontrolle unterliegen (dazu unter (aa)). Ist dies der Fall, stellt sich die Frage, ob Investoren durch die Haftungsfreizeichnung unangemessen benachteiligt werden (dazu unter (bb)).

181

Nägele, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 33.47; Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 23 Rn. 15; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 294. 182 Dazu und zur Zulässigkeit dieses Vorgehens unter B. IV. 3. c).

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(aa) Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 BGB) Um der Klauselkontrolle der §§ 307 ff. BGB zu unterliegen, müsste es sich bei dem Haftungsausschluss gegenüber potenziellen Investoren um eine allgemeine Geschäftsbedingung handeln, folglich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, welche die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bezüglich der Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen genügt bereits die Absicht, die betreffende Klausel für eine Vielzahl von Verträgen zu verwenden.183 Das Merkmal wird bei Haftungsfreizeichnungsklauseln im Rahmen von Non-Reliance-Agreements regelmäßig erfüllt sein, da derartige Klauseln häufig auf der Grundlage von Vertragsmustern erstellt werden und meist aus einem Fundus von Mustern in deutscher oder anderer Sprache stammen.184 Fraglich ist hingegen, ob die Klausel über den Haftungsausschluss tatsächlich vom Emittenten „gestellt“ wird, wovon nur dann auszugehen ist, wenn die Klausel auf Initiative einer Partei oder ihres Abschlussgehilfen in die Verhandlungen eingebracht und ihre Verwendung zum Vertragsabschluss verlangt werden.185 Dagegen fehlt es an einem Stellen vorformulierter Vertragsbedingungen, wenn deren Einbeziehung sich als Ergebnis einer freien Entscheidung desjenigen darstellt, der mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird.186 Erforderlich hierfür ist, dass diese Vertragspartei in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen.187 Unter diesen Voraussetzungen wird es an einem „Stellen“ der Haftungsfreizeichnungsklausel nur dann fehlen, wenn sie von der Gesellschaft gegenüber dem Investor ernsthaft zur Disposition gestellt wird. Ist dies nicht der Fall, so ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich um eine vorformulierte Vertragsbedingung handelt, die von der Gesellschaft gestellt wird. (bb) Unangemessene Benachteiligung der Investoren (§ 307 BGB) Geht man von einem Vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen aus, stellt sich die Frage, ob diese wirksam in die Vertraulichkeitsvereinbarung mit dem Investor einbezogen werden können. Während eine Haftung für vorsätzliches Handeln ohnehin im Voraus nicht ausgeschlossen werden kann (§ 276 Abs. 3 BGB), ist insbesondere fraglich, ob ein genereller Haftungsausschluss zulässig ist, der nicht zwischen verschiedenen Formen der Fahrlässigkeit differenziert, oder ob lediglich die Haftung für einfache Fahrlässigkeit, nicht hingegen für grobe Fahrlässigkeit wirksam ausgeschlossen werden kann. Maßstab ist eine mögliche unangemessene Benach183 184 185 186 187

BGH, NJW 1997, 135; BGH, NJW 2002, 138, 139; BGH, NJW 2004, 1454. Beisel, in: Beisel/Andreas, Beck’sches Mandats-Hdb. Due Diligence, § 6 Rn. 43. BGHZ 200, 326; BGH, NJW-RR 2014, 937; BGH, NJW 2016, 1230, 1231. BGHZ 184, 259; BGH, NJW 2016, 1230, 1231. BGHZ 184, 259; BGH, NJW 2016, 1230, 1231.

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teiligung angesprochener Investoren durch die Haftungsfreizeichnung. Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders, in diesem Fall folglich den angesprochenen Investor, unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Spezielle Klauselverbote enthalten darüber hinaus die §§ 308, 309 BGB. Bei der Haftungsfreizeichnung könnte es sich um einen unzulässigen Haftungsausschluss handeln mit der Folge, dass sie als unwirksam zu qualifizieren ist. In allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für grobes Verschulden, d. h. für solche Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen (§ 309 Nr. 7 lit. b) BGB). Die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB finden zwar auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die Unternehmern gegenüber verwendet werden keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine unmittelbare Geltung gegenüber institutionellen Investoren, die unzweifelhaft als Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB einzuordnen sind, muss daher verneint werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt den strikten Klauselverboten im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu.188 Der Rechtsprechung zufolge fehlt es an einer sachlichen Rechtfertigung dafür, hinsichtlich der Haftungsfolgen für grobes Verschulden danach zu differenzieren, ob von dem Verschulden des Vertragspartners ein Unternehmer oder ein Verbraucher betroffen ist, weshalb auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern ein Verbot der umfassenden Freizeichnung von der Haftung für grobes Verschulden bestehe.189 Unter Verweis auf diese Rechtsprechung werden von einer im Schrifttum vertretenen Auffassung in Bezug auf Non-Reliance-Agreements lediglich solche Haftungsfreizeichnungsklauseln für zulässig erachtet, durch die eine Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird; eine Haftungsfreizeichnung auch für Schäden auf Grund von grobem Verschulden wird demgegenüber als unwirksam angesehen.190 Die Gegenauffassung verneint hingegen ein rechtspolitisches Bedürfnis, die Regelungen eines Non-Reliance-Agreements einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 308 ff. BGB zu unterziehen.191 Aus der Tatsache, dass der NonReliance-Letter international als marktübliches Instrument anerkannt sei, ließe sich erkennen, dass die Parteien dessen Inhalt im Allgemeinen als interessengerecht und angemessen anerkennen würden, weshalb eine unangemessene Benachteiligung nur in krassen Ausnahmefällen anzunehmen sei.192 188

St. Rspr., vgl. BGHZ 90, 273, 278; BGHZ 103, 316, 328; BGHZ 174, 1. BGHZ 174, 1. 190 In Bezug auf Non-Reliance-Agreements im Rahmen der Weitergabe von Due-DiligenceBerichten an Dritte Beisel, in: Beisel/Andreas, Beck’sches Mandats-Hdb. Due Diligence, § 6 Rn. 44. 191 In Bezug auf Non-Reliance-Agreements im Rahmen der Weitergabe von Due-DiligenceBerichten an Dritte: Cannivé, ZIP 2009, 254, 260; Krebs/Kemmerer, NZG 2012, 847, 851. 192 Krebs/Kemmerer, NZG 2012, 847, 851. 189

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In Anbetracht der divergierenden Auffassungen in Bezug auf die Reichweite von Haftungsausschlüssen, die im Rahmen von Non-Reliance-Agreements zwischen Unternehmern vereinbart werden, bedarf die Frage einer Entscheidung. Für die Auffassung, die eine generelle Haftungsfreizeichnung ablehnt und lediglich einen Ausschluss für Schäden infolge von einfacher Fahrlässigkeit für zulässig hält, lässt sich zwar ins Feld führen, dass Investoren nicht völlig schutzlos gestellt werden sollten. Bei Cornerstone-Investments wird ein Schutz gegen unrichtige und unvollständige Informationen über die Gesellschaft jedoch auf andere Weise bewirkt, indem Cornerstone-Investoren denjenigen Investoren, die erst im öffentlichen Angebot Aktien zeichnen, durch Regelungen in der später abgeschlossenen Investitionsvereinbarung haftungstechnisch gleichgestellt werden.193 Für die Auffassung, die eine generelle Haftungsfreizeichnung, unabhängig vom Verschuldensgrad, für zulässig erachtet, lässt sich anführen, dass Non-RelianceAgreements als „Marktstandard“ bei Unternehmenstransaktionen betrachtet werden können.194 Bei der Beurteilung, ob es sich bei der Non-Reliance-Klausel um eine unangemessene Benachteiligung von Investoren handelt, muss beachtet werden, dass derartige Klauseln ausschließlich gegenüber institutionellen Anlegern verwendet werden. Nach der Rechtsprechung sind die Klauselverbote des § 309 BGB lediglich ein Indiz dafür, dass auch bei Verwendung gegenüber Unternehmern eine unangemessene Benachteiligung vorliegen kann. Klauseln, die bei Verwendung gegenüber Verbrauchern unwirksam wären, können gegenüber Unternehmern wirksam sein, wenn sie wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden.195 Unter den vorstehend skizzierten Maßstäben der Rechtsprechung erscheint es gerechtfertigt, dass in Bezug auf Informationen, die einem potenziellen Cornerstone-Investor in der Phase der Vertragsanbahnung übermittelt werden, eine generelle Haftungsfreizeichnung vereinbart werden kann. Die Verwendung von Haftungsausschlüssen gegenüber institutionellen Anlegern ist mit einer Verwendung gegenüber RetailAnlegern, die als Vergleichspersonen auf der Verbraucherebene herangezogen werden können, kaum vergleichbar. Cornerstone-Investoren werden in aller Regel ihre Investitionsentscheidung nur unter Einbeziehung eigener Berater treffen196 und verfügen über eine Anlageerfahrung, die diejenige von Retail-Anlegern weit übersteigt. Die Investoren haben Kenntnis davon, dass die ihnen übermittelten Informationen nicht mit einem vollständigen Wertpapierprospekt identisch sind und dass die Veröffentlichung des Emissionsprospekts erst später erfolgt. Im Rahmen der Übermittlung vorläufiger Angebotsdokumente, wie z. B. Unternehmenspräsentationen, sind sie nicht in demselben Maße schutzbedürftig wie Retail-Anleger bzw. Verbraucher. Im Ergebnis ist es daher gerechtfertigt, in der Verwendung auch ge193

S. dazu unter B. IV. 3. c). Krebs/Kemmerer, NZG 2012, 847, 851. 195 BGHZ 174, 1. 196 Cannivé, ZIP 2009, 254, 260, in Bezug auf die Weitergabe von Due-Diligence-Berichten an Bieter in M&A-Auktionsprozessen. 194

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nereller Haftungsfreizeichnungen im Rahmen des Non-Reliance-Agreements keine unangemessene Benachteiligung potenzieller Cornerstone-Investoren zu sehen mit der Folge, dass derartige Haftungsfreizeichnungen auch unter Gesichtspunkten des AGB-Rechts wirksam vereinbart werden können. c) Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durch Cornerstone-Investoren Die Ansprache potenzieller Cornerstone-Investoren und die erstmalige Abstimmung über einen möglichen Aktienerwerb im Börsengang ebnen den Weg für eigene Vorbereitungsmaßnahmen des Investors. Zu diesen zählt insbesondere eine vor Abschluss der Investitionsvereinbarung durchzuführende Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten. Die Beteiligung in Form des Cornerstone-Investments bedeutet eine Investitionsentscheidung von erheblichem Ausmaß und geht mit der Aufwendung enormer Investitionssummen einher.197 Das Interesse von Cornerstone-Investoren geht folglich dahin, ihre Investitionsentscheidung nicht allein auf Grund der erst rudimentären Vorstellung des Unternehmens im Rahmen von Early-Look-Meetings zu treffen. Sie sind vielmehr daran interessiert, das Unternehmen des Emittenten einer genaueren Prüfung zu unterziehen, um ihre Investitionsentscheidung letztlich auf fundierter Grundlage treffen zu können. Diese Prüfung erfolgt im Rahmen einer für die Zwecke des Anteilserwerbs im Börsengang durchgeführten Due Diligence. Nachfolgend werden zunächst Begriff und Funktionen der Due Diligence im Allgemeinen behandelt (dazu unter aa)), bevor die Darstellung sich mit der erwerberseitigen Due Diligence eines Cornerstone-Investors im Speziellen auseinandersetzt (dazu unter bb)). In diesem Zusammenhang bedürfen insbesondere Fragen der insiderrechtlichen wie auch der aktienrechtlichen Zulässigkeit einer Informationsübermittlung aus der Sphäre des Unternehmens einer genaueren Betrachtung.

197 Die Investitionssummen bei Cornerstone-Investments sind vom jeweiligen Einzelfall und insbesondere vom Gesamtemissionsvolumen abhängig. Dennoch seien an dieser Stelle beispielhaft einzelne Investitionsbeträge im Rahmen von Cornerstone-Investments genannt: (1) 940 Mio. Euro durch Blackrock, Inc. beim IPO der Innogy SE, vgl. den Wertpapierprospekt vom 23. 09. 2016, S. 196 f.; (2) 582,5 Mio. Euro durch Scottish Mortgage Investment Trust Plc, J.P. Morgan Securities LLC, FAR Global Private Markets Ltd., Discovery Global Opportunity Master Fund, Ltd., Makshaff Trading Investments Company Limited und Credit Suisse AG beim IPO der Rocket Internet AG, vgl. den Wertpapierprospekt vom 23. 09. 2014, S. 42; (3) 126,5 Mio. Euro durch Al Huda Holdings Ltd., Artar International, FAR Global Private Markets Ltd., Makshaff Trading Investments Company Limited, Pentland Group plc, Scottish Mortgage Investment Trust plc, Verlinvest SA und Wharton Asset Management Bermuda Limited beim IPO der Zalando SE, vgl. den Wertpapierprospekt vom 17. 09. 2014, S. 105; (4) 59,2 Mio. Euro durch Compañía Sud Americana de Vapores (CSAV) und Kühne Maritime GmbH beim IPO der Hapag-Lloyd AG, vgl. den Wertpapierprospekt vom 14. 10. 2015, S. 116.

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aa) Begriff und Funktionen der Due Diligence Allgemein formuliert handelt es sich bei der Due Diligence um die Untersuchung eines Unternehmens, bei der sowohl die Geschäftsführung als auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft genau untersucht werden.198 Die Due Diligence dient der Beschaffung, Überprüfung und Auswertung von Informationen über ein Unternehmen und hat eine umfassende vergangenheits-, gegenwarts- und zukunftsbezogene Analyse des Unternehmens in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand.199 Im Zusammenhang mit der Emissionsvorbereitung im Vorfeld einer prospektpflichtigen Aktienplatzierung und insbesondere bei Börsengängen verfolgt die Due Diligence den Zweck, dem Emittenten die Erstellung eines Emissionsprospekts zu ermöglichen, der den Anforderungen des Prospektrechts entspricht, indem die hierfür notwendigen Informationen über den Emittenten gesammelt und ausgewertet werden.200 Due-Diligence-Prüfungen werden jedoch auch im Rahmen von M&A-Prozessen von den Erwerbern größerer Aktienpakete initiiert, um eine ausreichende Informationsgrundlage für die Investitionsentscheidung zu schaffen.201 bb) Erwerberseitige Due Diligence durch Cornerstone-Investoren Auch auf Seiten eines Cornerstone-Investors besteht in aller Regel das Bedürfnis, sich vor der Eingehung einer bindenden Zeichnungsverpflichtung im Vorfeld des öffentlichen Angebots (und damit folglich auch vor der Prospektveröffentlichung) ein möglichst genaues Bild von dem Unternehmen des Emittenten zu verschaffen. Aus diesem Grund kann der Cornerstone-Investor (meist unter Inanspruchnahme externer Berater) eine eigene Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durchführen.202 Diese trägt – im Gegensatz zu der Due Diligence im Hinblick auf eine Prospekterstellung – eher die Züge einer klassischen M&A-Due Diligence, die bei Unternehmenskäufen von einem Käufer und dessen Beratern durchgeführt wird und der die wesentliche Funktion zukommt, eine Entscheidungsgrundlage für den Käufer zu liefern.203 Wie auch Erwerber größerer Aktienpakete, die eine M&ADue Diligence durchführen, ist der Cornerstone-Investor daran interessiert, möglichst genaue Informationen über die wirtschaftlich bedeutsamen Risiken und Schwachstellen des Investitionsobjekts (in Gestalt des Unternehmens des Emitten198 Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.1; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 12 III. 1. 199 Nägele, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 33.2. 200 Nägele, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 33.13; Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.2. 201 Vgl. nur Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.52. 202 McNaughton/Cole/Gossen, PLC Magazine September 2015, 39, 41. 203 Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.52.

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ten) einzuholen, bevor er eine unternehmerische Entscheidung für das Investment trifft.204 Für die Zwecke der Due Diligence wird er vom Emittenten mit einem Paket von Informationen (Unternehmenspräsentation, wenigstens der aktuellste Satz verfügbarer Finanzinformationen in Gestalt von Jahresabschlüssen, Entwurf des Emissionsprospekts) versorgt, die eine Investitionsentscheidung bereits vor Veröffentlichung des Emissionsprospekts ermöglichen sollen. Diese Informationsgrundlage bildet das Fundament der finalen Investitionsentscheidung des Cornerstone-Investors. Bei der Zurverfügungstellung der Materialien für die Due Diligence gilt, dass den Investoren im Hinblick auf das Konsistenzgebot (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO) keine Informationen zugänglich gemacht werden dürfen, die über die im Prospekt enthaltenen Angaben hinausgehen.205 Ein wesentlicher Unterschied zur Due Diligence bei M&A-Prozessen besteht darin, dass grundsätzlich keine Planzahlen, Planrechnungen oder Gewinnprognosen an den Cornerstone-Investor weitergegeben werden dürfen. Das Prospektrecht verlangt eine informationelle Gleichbehandlung verschiedener Anlegergruppen, indem wesentliche Informationen über den Emittenten, die an einen oder mehrere ausgewählte Anleger gerichtet werden, stets auch in den Prospekt oder einen Nachtrag aufzunehmen sind (Art. 22 Abs. 5 lit. b) ProspektVO). Daraus folgt, dass eine selektive Weitergabe wesentlicher Informationen nicht zulässig ist.206 Die Publizitätsrichtlinien für den Emissionsprozess (Publicity Guidelines) sehen dementsprechend oftmals vor, dass während der Vorbereitung eines Angebots keine zukunftsgerichteten Aussagen mehr getätigt werden dürfen.207 Um zu verhindern, dass eine unter Umständen haftungsträchtige Gewinnprognose in den Prospekt aufgenommen werden muss208, werden CornerstoneInvestoren daher grundsätzlich keine Planzahlen zur Verfügung gestellt bekommen. Bei Due-Diligence-Maßnahmen im Zuge des Erwerbs größerer Aktienpakete an börsennotierten Gesellschaften stellt sich wiederum die Frage, ob die Weitergabe sensibler Informationen aus vertraulichen Bereichen des Unternehmens für zulässig zu erachten ist. Wenngleich die Informationsübermittlung an den Cornerstone-Investor bereits im Vorfeld der Börsennotierung erfolgt, stellt sich die grundsätzliche Frage nach der insiderrechtlichen (dazu unter (1)) sowie der aktienrechtlichen Zu-

204 Vgl. Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.52, zu den maßgeblichen Interessen des Käufers bei der M&A-Due Diligence. 205 McNaughton/Cole/Gossen, PLC Magazine September 2015, 39, 41; vgl. zu den Anforderungen des prospektrechtlichen Konsistenzgebots bereits unter B. III. 2. a) im Zusammenhang mit den für die Zwecke eines IPO-Pilot-Fishing zur Verfügung gestellten Unterlagen. 206 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 15 WpPG Rn. 25. 207 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 15 WpPG Rn. 25; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.46. 208 Zu diesem Aspekt auch Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.46.

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lässigkeit der Informationsweitergabe (dazu unter (2)) für die Zwecke einer Due Diligence des Investors. (1) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Informationsweitergabe für die Zwecke der Due Diligence des Cornerstone-Investors Im Falle des Erwerbs von Aktienpaketen einer börsennotierten Gesellschaft wird die Zulässigkeit der Weitergabe von Informationen mit einem möglicherweise erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial vor dem Hintergrund des Verbots der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 10 Abs. 1, 14 lit. c) MAR) zwar diskutiert, jedoch weitestgehend für zulässig erachtet.209 Begründet wird dies mit dem Umstand, dass die Informationsweitergabe an den potenziellen Erwerber im Rahmen der Due Diligence im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft erfolgt.210 Soweit der Cornerstone-Investor Due-Diligence-Maßnahmen für die Zwecke des geplanten Aktienerwerbs im Börsengang durchführt, gilt es zu bedenken, dass die Insidertatbestände der MAR einschließlich des Verbots der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen erst ab dem Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrags eingreifen (Art. 2 Abs. 1 lit. a) MAR).211 In Bezug auf die an die Börse strebende Gesellschaft können folglich zu dem frühen Zeitpunkt der Due-Diligence-Maßnahmen des Cornerstone-Investors noch keine Insiderinformationen vorhanden sein. Aus diesem Grund begegnet die Übermittlung von Informationen aus der vertraulichen Sphäre der Gesellschaft zum Zwecke einer DueDiligence-Prüfung des Cornerstone-Investors keinen insiderrechtlichen Bedenken. (2) Vereinbarkeit der Informationsübermittlung mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) Die Übermittlung von Informationen für die Zwecke der Due-Diligence-Prüfung des Cornerstone-Investors ist, wie auch die Informationsübermittlung im Pilot Fishing, an der grundsätzlich geltenden Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder zu messen (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG). Im Vergleich zur (mangels Anwendbarkeit des Insiderrechts) eindeutigen insiderrechtlichen Zulässigkeit der Due Diligence stellt sich die Rechtslage diesbezüglich weniger deutlich dar. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Weitergabe vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft durch den Vorstand an den Cornerstone-Investor gelten jedenfalls dieselben Maßstäbe, die für die Beurteilung der Informationsübermittlung im Pilot Fishing fruchtbar gemacht werden können. Es gilt wiederum, dass die 209 S. etwa Nägele, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 33.56; Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, § 35 WpÜG Rn. 248. 210 Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.30; Nägele, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 33.56; Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 56. 211 Vgl. dazu bereits unter B. III. 4. a) aa) im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des Insiderrechts auf das IPO-Pilot-Fishing.

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Verschwiegenheitspflicht des Vorstands dem Gesellschaftsinteresse dient und im Einzelfall zurücktreten kann, soweit dem Gesellschaftsinteresse mit einer Offenbarung einzelner Geheimnisse besser gedient ist.212 In Bezug auf die erwerberseitige M&A-Due Diligence handelt es sich bei der Vorstandsentscheidung über die Zulassung der Due Diligence nach herrschender Auffassung im Schrifttum um eine Entscheidung, die der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat, ohne dass Aufsichtsrat oder Hauptversammlung konsultiert werden müssten.213 Als Maßstab für die Entscheidung wird auf das objektive Gesellschaftsinteresse abgestellt.214 Bei M&A-Transaktionen werden beispielsweise die Verbesserung der Kapitalausstattung, der Zufluss neuen Knowhows, die Erschließung neuer Märkte sowie eine allgemein verbesserte Position gegenüber Wettbewerbern als überwiegende Gesellschaftsinteressen angeführt, welche für die Zulässigkeit der Informationsübermittlung durch den Vorstand im Rahmen einer erwerberseitigen Due Diligence sprechen.215 Diese grundlegenden Interessen im Falle einer M&A-Transaktion lassen sich auf das bevorstehende Investment eines Cornerstone-Investors übertragen. Die Kapitalausstattung der Gesellschaft wird durch den Börsengang auf der Eigenkapitalseite erheblich verbessert.216 Hierdurch wird sich in aller Regel auch die Wettbewerbsposition im Vergleich zu (nicht börsennotierten) Wettbewerbern verbessern. Auch eine Erschließung neuer Märkte infolge des Börsengangs ist oftmals das erklärte Ziel von Gesellschaften, die einen Börsengang durchführen. All diese positiven Effekte der Eigenkapitalaufnahme im Zuge eines Börsengangs werden durch die bindende Beteiligung des CornerstoneInvestors und seinen Aktienerwerb in erheblichem Umfang unterstützt. Die Transaktionssicherheit und damit auch die Erfolgswahrscheinlichkeit eines öffentlichen Angebots lassen sich durch die Beteiligung von Cornerstone-Investoren erfahrungsgemäß erhöhen. Aus diesen Gründen erscheint es gerechtfertigt, dass die Übermittlung vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft an den Cornerstone-Investor für die Zwecke einer eigenen Due-Diligence-Prüfung vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder 212

Vgl. BGHZ 64, 325, 331; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 169; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 31; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 27; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 133; vgl. dazu bereits unter B. III. 3. b). 213 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 170; Fleischer/Körber, in: Berens/Brauner/ Strauch, Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, S. 295, 309; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 213; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 183; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 32; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 22; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 120. 214 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 170; Fleischer, ZIP 2002, 651, 652; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 22. 215 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 184; W. Hölters/T. Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, Rn. 12.32. 216 Vgl. dazu bereits unter B. II. 1. zu den Grundzügen und den wesentlichen Vorteilen des Börsengangs.

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als zulässig anzusehen ist. Für die Zulässigkeit spricht überdies, dass der Vorstand des Emittenten die Gefahr der Weitergabe vertraulicher Informationen durch den Cornerstone-Investor an Dritte in zumutbarer Weise begrenzen kann, indem eine entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarung abgeschlossen wird.217 3. Umsetzung des Cornerstone-Investments und Ausgestaltung der Investitionsvereinbarung Soweit die Gesellschaft mit Hilfe der Konsortialbanken potenzielle CornerstoneInvestoren identifiziert hat, kann das Cornerstone-Investment in die Umsetzungsphase übergehen. Eine beabsichtigte Einbindung von Cornerstone-Investoren in den Emissionsprozess macht unterschiedliche vertragliche Vereinbarungen erforderlich, die primär das Verhältnis der unmittelbar Transaktionsbeteiligten betreffen, namentlich das Verhältnis zwischen der Gesellschaft, gegebenenfalls den veräußernden Altaktionären, den Konsortialbanken und dem Cornerstone-Investor. Hierzu zählt einerseits die aus Zwecken der Geheimhaltung der Transaktionspläne und der Gewährleistung einer vertraulichen Behandlung von Informationen abgeschlossene Vertraulichkeitsvereinbarung.218 Das zentrale Vertragsdokument bildet die Cornerstone-Investitionsvereinbarung, in der die Beteiligung des Investors an der Aktienplatzierung im Börsengang vertraglich fixiert wird. Parteien der Investitionsvereinbarung sind regelmäßig die Gesellschaft, die Konsortialbanken sowie der jeweilige Investor. Die Vereinbarung wird während der vertraulichen Vorbereitungsphase des IPO ausgehandelt und meist unmittelbar vor Beginn des öffentlichen Angebots unterzeichnet, kurz bevor der Börsengang und mit ihm auch der Emissionsprospekt sowie die Preisspanne für das öffentliche Angebot veröffentlicht werden.219 Die Erwerbsverpflichtung kann unterschiedlich ausgestaltet werden, indem ein Erwerb für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter erfolgt (dazu unter a)). Inhaltlich bedürfen primär das Investitionsvolumen sowie der Erwerbspreis für die Aktien einer genauen Regelung, wobei in diesem Zusammenhang auch Strukturen etabliert werden, mit denen das vom Cornerstone-Investor für die Dauer des öffentlichen Angebots übernommene Risiko von Marktschwankungen begrenzt wird (zu alledem unter b)). Auf Grund des Umstands, dass die Investitionsvereinbarung noch vor der Bekanntgabe des Börsengangs und vor der Prospektveröffentlichung abgeschlossen wird, kann auch eine vertragliche Regelung von Prospekthaftungsansprüchen des Cornerstone-Investors erforderlich werden (dazu unter c)). Darüber hinaus unterwirft sich der Cornerstone-Investor in der Investitionsvereinbarung regelmäßig einer Haltefrist für die im Börsengang er217

Zu diesem Aspekt in Bezug auf M&A-Transaktionen Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 171; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93 Rn. 186; W. Hölters/T. Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, Rn. 12.38; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 32. 218 Vgl. dazu bereits unter B. IV. 2. b) aa). 219 McNaughton/Cole/Gossen, PLC Magazine September 2015, 39, 42.

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worbenen Aktien (sog. Lock-up, dazu unter d)). Zudem können über die Investitionsvereinbarung hinaus noch weitere Dokumentationsschritte erforderlich werden, insbesondere, wenn der Cornerstone-Investor die Aktien nicht für eigene Rechnung erwirbt, sondern für Rechnung seiner Endkunden. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich eine Bank als Cornerstone-Investor an einem Börsengang beteiligt und die Aktien für Rechnung von Personen erwirbt, die zum eigenen Kundenkreis gehören. a) Abgrenzung des Erwerbs für eigene Rechnung vom Vertretungsoder Kommissionsgeschäft Die Investitionsvereinbarung kann unterschiedlich ausgestaltet werden, je nachdem, ob der Cornerstone-Investor einen Aktienerwerb für eigene Rechnung beabsichtigt oder ob ein Erwerb für Dritte geplant ist. Zum einen kann der Investor Aktien im eigenen Namen und für eigene Rechnung erwerben. Diese Grundstruktur des Cornerstone-Investments führt dazu, dass der Investor sich als Kernaktionär des Emittenten positioniert. Der garantierte Aktienerwerb versetzt ihn in die Lage, die Geschicke des Unternehmens in Abhängigkeit vom Grad seiner Beteiligung mitzubestimmen, bis er möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt an einer Deinvestition in Form der Veräußerung seiner Anteile oder an einer Teilverwässerung seiner Beteiligung im Zuge weiterer Kapitalerhöhungen interessiert ist. Andererseits können Cornerstone-Investmentstrukturen auch vorsehen, dass der Investor die Aktien im Börsengang nicht für eigene Zwecke, sondern für einen Dritten erwirbt. Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn sich Banken als Cornerstone-Investoren an der Emission beteiligen, deren Kunden ihrerseits im Rahmen des Börsengangs größere Aktienpakete unter Gewährleistung von Zuteilungssicherheit erwerben wollen. Die Investitionsvereinbarung kann in diesem Fall als Stellvertretung (§ 164 BGB) oder als Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB) ausgestaltet werden. b) Verpflichtung zum Erwerb eines Aktienpakets in bestimmtem Umfang zum Angebotspreis In der Investitionsvereinbarung verpflichtet sich der Cornerstone-Investor zum Erwerb einer bestimmten Anzahl von Aktien, die im Rahmen des Börsengangs veräußert werden sollen. Die Erwerbsverpflichtung wird meist auf ein bestimmtes Investitionsvolumen in Form einer maximalen Anzahl von Aktien bzw. auf einen fixen Investitionsbetrag begrenzt (sog. Cap). Der Umfang des Investitionsvolumens orientiert sich in erster Linie am Gesamtemissionsvolumen und ist vom konkreten Erwerbsinteresse des Investors abhängig. Durch die Vereinbarung des Investitionsvolumens begegnet der Investor dem Risiko, im Falle eines hohen Angebotspreises mehr Mittel zum Erwerb aufwenden zu müssen als ursprünglich vorgesehen.

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Im Hinblick auf den Erwerbspreis wird regelmäßig vereinbart, dass dieser dem auf der Grundlage der Ergebnisse des Bookbuildings ermittelten Angebotspreis für das öffentliche Angebot entsprechen soll.220 Damit wird eine Gleichbehandlung von Cornerstone-Investoren und den übrigen Investoren erreicht, die erst im Rahmen des öffentlichen Angebots Aktien erwerben. Durch die Eingehung der Erwerbsverpflichtung noch vor Beginn des öffentlichen Angebots steht der Angebotspreis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Investitionsvereinbarung noch nicht fest, da er erst zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage der Ergebnisse des Bookbuildings festgelegt wird.221 Der Cornerstone-Investor geht die bindende Erwerbsverpflichtung folglich nur auf Grundlage der im Prospekt ausgewiesenen Preisspanne ein und kann infolgedessen nicht sicher prognostizieren, in welchem finalen Umfang er Aktien erwirbt. Wird der Angebotspreis am unteren Ende der Preisspanne festgesetzt, ist dies aus Sicht des Cornerstone-Investors günstig, da er durch Aufwendung der zuvor festgelegten Investitionssumme eine verhältnismäßig größere Beteiligung erwerben kann. Erfolgt die Festsetzung des Angebotspreises am oberen Ende der Preisspanne, erwirbt der Investor hingegen eine in Relation zum Emissionsvolumen geringere Beteiligung. Durch seine Zeichnungszusage bereits vor der endgültigen Preisfestlegung ist der Cornerstone-Investor den Marktrisiken während der Angebotsphase in ähnlichem Maße wie der Emittent ausgesetzt. Insbesondere in einem volatilen Marktumfeld kann sich die Preisfestsetzung für ihn ungünstig entwickeln. Vor diesem Hintergrund ist der Cornerstone-Investor regelmäßig daran interessiert, das Risiko einer ungünstigen Entwicklung bei der Preisfestlegung von vorneherein auf ein gewisses Maß zu reduzieren. Dazu bieten sich zwei Wege an. Zum einen kann die Erwerbsverpflichtung des Investors von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass die Festsetzung des Emissionspreises sich tatsächlich innerhalb der Preisspanne bewegt.222 Diese Bedingung kann als aufschiebende Bedingung ausgestaltet werden, indem die Erwerbsverpflichtung erst eingreift, wenn der Angebotspreis innerhalb der Preisspanne festgelegt wird (vgl. § 158 Abs. 1 BGB). Alternativ kann sie auch als auflösende Bedingung gestaltet werden, indem die Erwerbsverpflichtung unwirksam wird, soweit der Preis nicht innerhalb der Preisspanne festgesetzt wird (vgl. § 158 Abs. 2 BGB). Neben der Bedingung, dass der Erwerbspreis sich innerhalb der Preisspanne bewegt, geht der Cornerstone-Investor die Erwerbsverpflichtung in aller Regel unter der aufschiebenden Bedingung der Durchführung sowie des Abschlusses des öf220 Vgl. den Wertpapierprospekt der Zalando SE (17. 09. 2014), S. 105, den Wertpapierprospekt der Rocket Internet AG (23. 09. 2014), S. 42, den Wertpapierprospekt der HapagLloyd AG (14. 10. 2015), S. 116 und den Wertpapierprospekt der Innogy SE (23. 09. 2016), S. 196 f. 221 Zu dem für die Zwecke der Festlegung des Emissionspreises bei Börsengängen regelmäßig durchgeführten Bookbuilding bereits unter B. II. 2. c) bb). 222 McNaughton/Cole/Gossen, PLC Magazine September 2015, 39, 43.

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fentlichen Angebots (Closing) ein.223 Dadurch wird gewährleistet, dass es nach Abschluss der bindenden Vereinbarung nur im Fall der erfolgreichen Durchführung des Börsengangs zum Aktienerwerb kommt. Auch werden dem Investor bestimmte Kündigungsrechte eingeräumt. So wird regelmäßig ein Kündigungsrecht des Investors für den Fall vereinbart, dass nach Abschluss der Investitionsvereinbarung wesentliche Änderungen in Bezug auf im Prospekt offengelegte Umstände eintreten, die das Angebot oder den Emittenten betreffen. Dieses Kündigungsrecht korrespondiert mit dem Widerrufsrecht des Anlegers im Fall von Nachträgen zum Prospekt (vgl. Art. 23 Abs. 2 ProspektVO). c) Vertragliche Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen zugunsten des Cornerstone-Investors Investoren sind für den Fall, dass sie auf Grundlage eines fehlerhaften Emissionsprospekts Aktien im Börsengang erworben haben, durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung geschützt (§§ 9 ff. WpPG). Grundsätzlich kann ein Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlichen Angaben unrichtig oder unvollständig sind, von den Prospektverantwortlichen bzw. den Prospektveranlassern als Gesamtschuldnern die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises (soweit dieser den ersten Ausgabepreis der Wertpapiere nicht überschreitet) und die Übernahme der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Einführung der Wertpapiere abgeschlossen wurde (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Die spezialgesetzliche Prospekthaftung dient der Durchsetzung der Informationspflichten, die dem Emittenten bei der Durchführung eines öffentlichen Angebots oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt obliegen.224 Die Prospekthaftung hat folglich einerseits individualschützenden Charakter, indem sie Anlegern im Falle von fehlerhaften oder unvollständigen Prospektinhalten eine Kompensation gewährt.225 In Gestalt des Individualschutzes der Anleger gewährleistet die Prospekthaftung andererseits auch ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Kapitalmarkts, indem das Vertrauen der Anleger gestärkt wird.226

223

Vgl. den Wertpapierprospekt der der Rocket Internet AG (23. 09. 2014), S. 42, den Wertpapierprospekt der Zalando SE (17. 09. 2014), S. 106, den Wertpapierprospekt der HapagLloyd AG (14. 10. 2015), S. 117 sowie den Wertpapierprospekt der Innogy SE (23. 09. 2016), S. 197. 224 Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 1; Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, Vor §§ 21 ff. Rn. 1. 225 Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, Vor §§ 21 ff. Rn. 1. 226 Vgl. Hopt, WM 2013, 101, 102; Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ ProspektVO, Vor §§ 21 ff. Rn. 1.

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Auf Grund des Erwerbs von Aktien in meist erheblichem Umfang sind Cornerstone-Investoren den Risiken im Hinblick auf fehlerhafte oder unvollständige Informationen in besonderem Maße ausgesetzt. Aus diesem Grund erscheint eine klare Festlegung des Haftungsregimes in Bezug auf einen möglicherweise fehlerhaften oder unvollständigen Wertpapierprospekt aus der Sicht der Investoren unabdingbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Investitionsvereinbarung bereits vor der Prospektveröffentlichung abgeschlossen wird (dazu unter aa)), wodurch eine Aufnahme ausdrücklicher Regelungen zu Prospekthaftungsansprüchen in die Investitionsvereinbarung erforderlich werden kann (dazu unter bb)). aa) Abschluss der Cornerstone-Investitionsvereinbarung vor Prospektveröffentlichung Die Investitionsvereinbarung zwischen Emittent und Cornerstone-Investor wird noch vor der Veröffentlichung des Emissionsprospekts abgeschlossen.227 Aus diesem Grund stellt sich bei Cornerstone-Investments die Frage, ob die maßgebliche Investitionsentscheidung zu einem Zeitpunkt getroffen wird, in dem Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung noch nicht begründet werden können. Ein Prospekthaftungsanspruch setzt in zeitlicher Hinsicht voraus, dass ein Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere in den Handel abgeschlossen wurde.228 Auf Grund der Voraussetzung eines Erwerbs nach der Prospektveröffentlichung können Investoren, die Aktien bereits vor der Prospektveröffentlichung erworben haben, grundsätzlich keine Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung herleiten.229 In Bezug auf Cornerstone-Investoren stellt sich die Frage, ob der Aktienerwerb in ihrer Person bereits vor oder erst nach der Prospektveröffentlichung erfolgt. Zum Teil wird vertreten, dass es zur Bestimmung des Zeitpunkts des Aktienerwerbs auf die konkrete Möglichkeit zum Erwerb der Wertpapiere ankomme.230 Diese sei erst mit dem ersten Tag der Zeichnungsfrist im Rahmen des öffentlichen Angebots gegeben, weshalb ein Kaufvertrag mit dem Cornerstone-Investor erst nach Beginn des öffentlichen Angebots zustande komme.231 Entsprechend seien Cornerstone-Investoren unter diesen Bedingungen auch von den Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung geschützt.232 Nach der im Schrifttum herrschenden Auffassung kommt es bei der Bestimmung des Zeitpunkts, in welchem der Anleger die Wertpapiere erwirbt, auf den Abschluss 227

S. dazu bereits einleitend unter B. IV. 3. S. dazu schon oben unter B. IV. 3. c). 229 Groß, Kapitalmarktrecht, § 21 WpPG Rn. 70; Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 21 Rn. 33. 230 Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 21 Rn. 33. 231 Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 21 Rn. 33. 232 Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 21 Rn. 33. 228

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des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts an.233 Kaufverträge, die vor der Veröffentlichung des Prospekts abgeschlossen werden, sind dem Schutzbereich der Prospekthaftung entzogen, auch wenn die Erfüllung erst nach der Prospektveröffentlichung erfolgt.234 Entsprechend ist auch im Fall von vorgelagerten Erwerbsverpflichtungen auf den Zeitpunkt der Eingehung der vorgelagerten Verpflichtung abzustellen, da bereits zu diesem Zeitpunkt die Erwerbsentscheidung getroffen wird und diese nicht mehr von Kenntnissen abhängig ist, die bis zur Umsetzung der Erwerbsverpflichtung erlangt werden.235 Demzufolge scheiden im Falle des Cornerstone-Investments wegen des bereits vor der Prospektveröffentlichung abgeschlossenen Erwerbsgeschäfts in Gestalt der Investitionsvereinbarung Ansprüche des Investors aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) regelmäßig aus. Die erstgenannte Auffassung, nach der es auf die konkrete Erwerbsmöglichkeit nach Beginn des öffentlichen Angebots ankommen soll, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. bb) Zulässigkeit der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors? Die Frage, ob Cornerstone-Investoren Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung zustehen können, ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt worden. Auf Grund des umfangreichen Aktienerwerbs sind Cornerstone-Investoren den Risiken im Hinblick auf unrichtige oder unvollständige Informationen in Bezug auf die angebotenen Wertpapiere in besonderem Maße ausgesetzt. Soweit es infolge von Prospektfehlern zum Streit über mögliche Prospekthaftungsansprüche von Cornerstone-Investoren kommt, besteht die Möglichkeit, dass ihnen auf Grund der Investitionsentscheidung im Vorfeld der Prospektveröffentlichung Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verwehrt werden. Die Folge bestünde darin, dass sich die betreffenden Investoren (im Gegensatz zu Investoren, die im Rahmen des Bookbuildings Aktien erwerben) trotz eines Prospektmangels nicht beim Emittenten schadlos halten könnten. Die wirtschaftlichen Folgen von Prospektfehlern (z. B. in Form von Kursverlusten) müsste der Investor selbst tragen. Diesem besonderen Schutzbedürfnis des Cornerstone-Investors kann durch eine gesonderte Haftungsvereinbarung Rechnung getragen werden. Angesichts der ver233

Assmann, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, §§ 21 – 23 WpPG Rn. 92; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 41; Groß, Kapitalmarktrecht, § 21 WpPG Rn. 71; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 36; Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.340; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 41.100; Oulds, in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.811; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK §§ 44, 45 BörsG Rn. 38; Wackerbarth, in: Holzborn, WpPG, §§ 21 – 23, Rn. 58. 234 Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 36. 235 Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.340.

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bleibenden Unwägbarkeiten und des uneinheitlichen Meinungsbildes im Schrifttum erscheint es aus Gründen der Rechtssicherheit angezeigt, ausdrückliche Regelungen zu Prospekthaftungsansprüchen des Cornerstone-Investors in die Investitionsvereinbarung aufzunehmen.236 Beispielsweise kann vereinbart werden, dass die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) zugunsten des Cornerstone-Investors Anwendung finden sollen, wodurch der Investor so gestellt wird, als hätte er die Aktien im öffentlichen Angebotsprozess erworben. Auf diesem Wege wird ihm ein vertraglicher Prospekthaftungsanspruch eingeräumt. Die vertragliche Einräumung von (Prospekt-)Haftungsansprüchen durch die Gesellschaft ist allerdings an den Vorschriften der Kapitalerhaltung zu messen. Grundsätzlich kommt in Gestalt des vertraglichen Prospekthaftungsanspruchs eine unzulässige Rückgewähr von Einlagen (§ 57 AktG) an den Cornerstone-Investor in Betracht (dazu unter (1)). Darüber hinaus kann die alleinige Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen zugunsten des Cornerstone-Investors durch die Gesellschaft eine unzulässige Einlagenrückgewähr an die Altaktionäre darstellen, soweit im Rahmen des Börsengangs (wie in der Praxis üblich) nicht nur neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung, sondern auch Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre veräußert werden (dazu unter (2)). Dieser Umstand kann gegebenenfalls eine Einräumung von vertraglichen Prospekthaftungsansprüchen auch durch die veräußernden Aktionäre bzw. eine (partielle) Freistellung der Gesellschaft durch die Aktionäre erforderlich machen. (1) Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche durch die Gesellschaft als unzulässige Einlagenrückgewähr an den Cornerstone-Investor (§ 57 AktG) Aktionären dürfen Einlagen grundsätzlich nicht zurückgewährt werden (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG). Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst jede von der Gesellschaft an den Aktionär erbrachte, auf seiner Gesellschafterstellung beruhende Leistung, auf die ihm das AktG keinen Anspruch gewährt und die auch nicht auf Grund einer speziellen gesetzlichen Regelung zugelassen ist.237 Grundsätzlich kommt in Betracht, dass der Cornerstone-Investor in Gestalt der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche durch die Gesellschaft eine Leistung erhält, die er ansonsten weder auf Grund des AktG, noch auf Grund sonstiger spezieller gesetzlicher Regelungen beanspruchen könnte. Vorab stellt sich die Frage, ob das Verbot der Einlagenrückgewähr Leistungen an den Cornerstone-Investor in zeitlicher Hinsicht überhaupt untersagen kann. Denn der Cornerstone-Investor ist zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Investitionsvereinbarung, die ihm die fraglichen Ansprüche gewährt, noch kein Aktionär der Gesellschaft. Vielmehr wird er erst auf Grund des Aktienerwerbs im Börsengang zum Aktionär. Damit stellt sich die Frage, ob das Verbot der Einlagenrückgewähr etwaige Leistungen an einen erst zukünftigen Aktionär erfasst. 236 237

So auch von Oppen, Börsen-Zeitung vom 12. 12. 2015, S. 9. BGHZ 190, 7 („Telekom-III“); BGH, NJW-RR 2008, 421, 422; BGH, NJW 1992, 2821.

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(a) Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG Geht man vom Wortlaut des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG aus, so sind vom Verbot der Einlagenrückgewähr lediglich Leistungen erfasst, die unmittelbar an die Aktionäre der Gesellschaft erbracht werden. Da Cornerstone-Investoren in aller Regel noch keine Aktionäre der Gesellschaft sind, ist zunächst zu klären, ob Leistungsgewährungen an externe Investoren ebenfalls vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst sein können. Greift die Investitionsvereinbarung ein, wird der Investor im Zuge der Durchführung des Börsengangs durch die Zeichnung neuer Aktien zum Aktionär. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Investitionsvereinbarung ist dies noch nicht der Fall, so dass es sich bei der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche letztlich um Zuwendungen an einen künftigen Aktionär handelt. Bei Zuwendungen an einen künftigen Aktionär greift das Verbot der Rückgewähr von Einlagen nur unter der einschränkenden Voraussetzung ein, dass zwischen einer verbotswidrigen Leistung und dem Erwerb von Aktien ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Leistung mit Rücksicht auf die künftige Aktionärseigenschaft erfolgt.238 Verpflichtet sich ein Cornerstone-Investor zur Zeichnung von Aktien in bestimmtem Umfang und zur Investition einer festen Summe im Börsengang, so wird die Gesellschaft ihm die im Gegenzug eingeräumten, vertraglichen Prospekthaftungsansprüche gerade im Hinblick auf seine künftige Aktionärseigenschaft zugestehen. Durch das verbesserte Haftungsregime wird regelmäßig erst die Bereitschaft des Investors erzeugt werden, sich in erheblichem Umfang an der Aktienemission zu beteiligen. Die Einräumung der Prospekthaftungsansprüche steht auch im unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem im Rahmen des Börsengangs stattfindenden Aktienerwerb, da sie meist unmittelbar vorgelagert erfolgt.239 Aus diesen Gründen ist der Anwendungsbereich des Einlagenrückgewährverbots auch dann eröffnet, wenn dem Cornerstone-Investor als künftigem Aktionär in der Investitionsvereinbarung vertragliche Prospekthaftungsansprüche eingeräumt werden. (b) Tatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG Infolge der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Einlagenrückgewährverbots auf Leistungen an künftige Aktionäre muss die Frage eröffnet werden, ob dem Cornerstone-Investor in Gestalt der vertraglichen Prospekthaftungsansprüche eine Leistung gewährt wird, die er auf Grund des AktG oder spezieller gesetzlicher Vorschriften nicht beanspruchen könnte. Als spezialgesetzliche Regelung, auf Grund derer dem Cornerstone-Investor Prospekthaftungsansprüche zustehen könnten, kommen allenfalls die Regelungen der §§ 9 ff. WpPG in Betracht. Diese sind auf Grund des Abschlusses der Investitionsvereinbarung bereits vor Prospektveröf238 BGH, NJW-RR 2008, 421, 422; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 113; Cahn/ von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 54; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 119; Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 18; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275 f. 239 Zum Abschluss der Cornerstone-Investitionsvereinbarung unmittelbar vor Beginn des öffentlichen Angebots bereits unter B. IV. 3.

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fentlichung jedoch nicht anwendbar240, so dass der Investor in Gestalt des vertraglichen Prospekthaftungsanspruchs eine Leistung erhält, die er auf Grund gesetzlicher Regelungen nicht beanspruchen könnte. (aa) Übernahme von Platzierungsrisiken bei Schadloshaltung im Fall von Prospektmängeln als marktübliches Drittgeschäft? Gleichwohl ist fraglich, ob die Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen unter Geltung des Einlagenrückgewährverbots für zulässig zu erachten ist. Vom Verbot der Einlagenrückgewähr ausgenommen ist der Abschluss von Geschäften zu marktüblichen Konditionen mit Aktionären, der nach allgemeiner Auffassung zulässig ist.241 Eine verbotene Zuwendung liegt folglich immer dann nicht vor, wenn die Leistung der Gesellschaft an den Aktionär durch eine gleichwertige Gegenleistung des Aktionärs ausgeglichen wird.242 Somit stellt sich die Frage, ob die Eingehung einer Erwerbsverpflichtung in Bezug auf Aktien, die Gegenstand des öffentlichen Angebots sind, unter gleichzeitiger Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen als marktübliches Geschäft zu qualifizieren ist, das dem Verbot der Einlagenrückgewähr nicht unterfällt. Es gilt zu bedenken, dass die Gesellschaft als Gegenleistung für die Einräumung der Ansprüche durch die bindende Erwerbsverpflichtung des Investors von einer in erheblichem Maße gesteigerten Transaktionssicherheit profitiert. Die Anzahl von Aktien, deren Platzierung durch den Cornerstone-Investor gesichert ist, unterliegt nicht mehr dem Platzierungsrisiko im Rahmen des öffentlichen Angebots. Vielmehr ist der Gesellschaft in Bezug auf diese Aktien der Platzierungserlös bereits frühzeitig gesichert. Die Erwerbsverpflichtung des Cornerstone-Investors in Bezug auf einen Teil des Emissionsvolumens findet eine wirtschaftliche Entsprechung in der bei Aktienemissionen (vor allem bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften) üblichen Festübernahme von Aktien durch die Konsortialbanken (Hard Underwriting).243 Die Konsortialbanken sind als Prospektverantwortliche (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpPG) grundsätzlich neben dem Emittenten Adressaten der spezialgesetzlichen Prospekthaftung.244 Im Innenverhältnis jedoch werden sie durch den Emittenten von Prospekthaftungsansprüchen der Investoren freigestellt.245 Der 240

Dazu bereits unter B. IV. 3. c) aa). Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 48; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 15; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 41 ff.; Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 7. 242 BGHZ 190, 7 („Telekom-III“); BGHZ 179, 71. 243 Die Festübernahme von Aktien durch die Konsortialbanken bildet das Gegenstück zu dem bei Börsengängen für gewöhnlich praktizierten Best-Efforts-Underwriting (dazu bereits unter B. II. 2. c) aa). 244 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.17. 245 Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.58; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 IV. 1. f); Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.147; C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 483. 241

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Grund für diese Risikoverteilung liegt darin, dass der Emittent sein Unternehmen am besten kennt und folglich die Darstellungen im Prospekt besser überprüfen kann als die Emissionsbank.246 Werden Prospekthaftungsansprüche geltend gemacht, können sich die Konsortialbanken folglich aufgrund der internen Haftungsfreistellung beim Emittenten schadlos halten. Indem der Cornerstone-Investor im Vorfeld des öffentlichen Angebots eine bindende Erwerbsverpflichtung eingeht, mindert er zum Teil die Platzierungsrisiken des öffentlichen Angebots. Betrachtet man die Erwerbsverpflichtung des Cornerstone-Investors aus der Perspektive des Emittenten, so bewirkt diese in demselben Maße wie das Hard Underwriting eine Steigerung der Transaktionssicherheit, indem das Platzierungsrisiko vollends auf einen Dritten übergeht. Zuzugeben ist, dass die Haftungsfreistellung der Konsortialbanken durch den Emittenten lediglich das Innenverhältnis betrifft, während eine unmittelbare Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen im Außenverhältnis zum Investor erfolgt. Dennoch rechtfertigt es die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Übernahme von Platzierungsrisiken durch den Cornerstone-Investor mit derjenigen beim Hard Underwriting, dass auch der Cornerstone-Investor sich im Falle von Prospektmängeln im Verhältnis zum Emittenten schadlos halten kann. Auch wenn die Vereinbarung eines Hard Underwriting in der Praxis bei Börsengängen nicht üblich ist247, lässt der Vergleich mit dem Hard Underwriting die Erwerbsverpflichtung des Cornerstone-Investors als ein bei Aktienemissionen jedenfalls im Allgemeinen geläufiges und folglich marktübliches Drittgeschäft erscheinen, was dafür spricht, dass die Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors nicht als unzulässige Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. (bb) Steigerung der Transaktionssicherheit und Prospekthaftung als „Sowieso-Risiko“ der Gesellschaft Darüber hinaus sprechen weitere Gründe für die Zulässigkeit der Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen zugunsten des Cornerstone-Investors. So kann die Gesellschaft von positiven Vermarktungseffekten durch das Engagement des Cornerstone-Investors profitieren. Dem Nachteil, dass ein im Verhältnis zum Investor ansonsten nicht bestehendes Prospekthaftungsrisiko in Gestalt der Anwendbarkeit der §§ 9 ff. WpPG künstlich geschaffen wird, stehen gewichtige Vorteile in Form der gesteigerten Transaktionssicherheit gegenüber. Auch gilt es zu bedenken, dass die dem Cornerstone-Investment unterliegenden Aktien ansonsten im Rahmen des öffentlichen Angebots platziert werden müssten, in dessen Rahmen die Investoren unstreitig von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung geschützt sind. Die Gesellschaft setzt sich folglich keinem Haftungsrisiko aus, das ansonsten nicht bestünde. Aus der Perspektive der Gesellschaft lässt sich das Haftungsrisiko gegenüber dem 246

Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 IV. 1. b). Zu der bei Börsengängen regelmäßig vereinbarten Best-Efforts-Struktur bereits unter B. II. 2. c) aa). 247

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Cornerstone-Investor als „Sowieso-Risiko“ einordnen. Es wird lediglich ein Gleichlauf des Haftungsregimes im Verhältnis zum Cornerstone-Investor mit demjenigen hergestellt, das im Verhältnis zu den Investoren des öffentlichen Angebots Anwendung findet. Im Ergebnis sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des CornerstoneInvestors keine unzulässige Rückgewähr von Einlagen darstellt, sondern für zulässig zu erachten ist. (2) Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors bei gemischter Aktienplatzierung als unzulässige Einlagenrückgewähr an die Altaktionäre (§ 57 AktG) Soweit es sich um eine gemischte Platzierung von Altaktien aus dem Bestand der Aktionäre sowie neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung handelt und allein die Gesellschaft dem Cornerstone-Investor vertragliche Prospekthaftungsansprüche einräumt, kann dies im Verhältnis zu den Aktionären eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellen. Die Maßstäbe für eine Einlagenrückgewähr in Form der Übernahme von Prospekthaftungsrisiken durch die Gesellschaft ergeben sich aus dem Urteil des BGH zum dritten Börsengang der Deutschen Telekom, das eine reine Umplatzierung von Altaktien betraf (dazu unter (a)). Die Frage, wie sich die zur reinen Umplatzierung von Aktien entwickelten Grundsätze auf eine gemischte Aktienplatzierung übertragen lassen, wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Daher stellt sich auch die Folgefrage, wie sich diese Grundsätze auf die Einräumung von Prospekthaftungsansprüchen zugunsten eines Cornerstone-Investors auswirken (dazu unter (b)). (a) Das „DT-3-Urteil“ des BGH In der Entscheidung zum dritten Börsengang der Deutschen Telekom stellte der BGH den Grundsatz auf, dass in Gestalt der Übernahme von Prospekthaftungsrisiken durch die Gesellschaft bei der Platzierung von Altaktien an der Börse entgegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG Einlagen an den Altaktionär zurückgewährt werden, wenn dieser die Gesellschaft nicht von der Prospekthaftung freistellt.248 Das Gericht hielt in dem Grundsatzurteil zunächst fest, dass bei der öffentlichen Platzierung des Aktienbestandes eines Aktionärs eine Leistung der Aktiengesellschaft an den Aktionär darin liege, dass die Aktiengesellschaft sich verpflichte, den Verkaufsprospekt zu erstellen und für diesen im Außenverhältnis gegenüber den Anlegern die Haftung zu tragen.249 Zwar könne auch die Gesellschaft selbst ein Interesse an der Umplatzierung haben,

248

BGHZ 190, 7 („Telekom-III“). BGHZ 190, 7 („Telekom-III“); zuvor bereits Fleischer, ZIP 2007, 1969, 1973; C. Schäfer, ZIP 2010, 1877, 1880 f.; Technau, AG 1998, 445, 457; Hirte, in: Lutter/Scheffler/ Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rn. 35.37. 249

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ein solches Eigeninteresse genüge jedoch nicht zur Kompensation, zumal es sich um keine bilanziell messbaren Vorteile handele.250 (b) Anwendung der Grundsätze des „DT-3-Urteils“ auf die Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors Nach den vorstehenden Grundsätzen liegt bei der Einbindung eines CornerstoneInvestors, der Aktien aus Aktionärsbeständen erwirbt, eine verbotene Rückgewähr von Einlagen an die Altaktionäre vor, soweit die Gesellschaft dem CornerstoneInvestor vertragliche Prospekthaftungsansprüche einräumt, ohne dass zugleich auch die Altaktionäre eine entsprechende Haftungsfreistellung abgeben. In diesem Fall würde die Gesellschaft das vertragliche Prospekthaftungsrisiko zugleich in Bezug auf die Altaktien übernehmen und insoweit den Aktionären, die im Zuge des Börsengangs Aktien veräußern, in unzulässiger Weise Einlagen zurück gewähren. Die Haftungsfreistellung kann erfolgen, indem die Altaktionäre die Gesellschaft ihrerseits von etwaigen Prospekthaftungsansprüchen der Cornerstone-Investoren freistellen. Dies kann etwa in der bei Börsengängen mittlerweile üblichen Kostenteilungs- und Haftungsfreistellungsvereinbarung (Cost-sharing and Indemnification Agreement251) erfolgen, in dem das aus dem Telekom-Urteil abgeleitete Erfordernis einer Haftungsfreistellung der Gesellschaft durch die Aktionäre praktisch umgesetzt wird. Alternativ könnten die Altaktionäre den Cornerstone-Investoren auch auf direktem Weg Prospekthaftungsansprüche einräumen, indem sie als Parteien unmittelbar in die Cornerstone-Investitionsvereinbarung einbezogen werden. Im Falle der Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen käme dann ein Gesamtschuldnerregress in Betracht (§ 426 BGB), der in Abhängigkeit davon erfolgt, wer im Zuge der Prospekthaftung von den Cornerstone-Investoren in Anspruch genommen wird. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, in welchem Umfang eine Haftungsfreistellung (bzw. eine direkte Einräumung von Ansprüchen) zu erfolgen hat. Im Schrifttum ist umstritten, nach welchen Kriterien die Prospekthaftungsrisiken bei einem Börsengang aufzuteilen sind, bei dem eine gemischte Platzierung von Altund Neuaktien erfolgt. Nach einer teilweise vertretenen Auffassung hat derjenige, von dem die Veranlassung des Börsengangs ausgeht, das Prospekthaftungsrisiko in vollem Umfang zu tragen (sog. „Veranlasserprinzip“), wobei bei der Bestimmung des Veranlassers weitgehend auf den Anteil der neuen und alten Aktien am Emissionsvolumen abgestellt wird.252 Die wohl herrschende Gegenauffassung befürwortet eine Aufteilung des Prospekthaftungsrisikos im Verhältnis der angebotenen

250

BGHZ 190, 7 („Telekom-III“). Vgl. dazu Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.101. 252 Arbeitskreis zum „Deutsche Telekom III-Urteil“ des BGH, CFL 2011, 377, 378 f.; Mülbert/Wilhelm, FS Hommelhoff (2012), 747, 769; Rieckers, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 16 Rn. 66; C. Schäfer, FS Hoffmann-Becking (2013), 997, 1005. 251

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Alt- zu den angebotenen Neuaktien (sog. „Pro-rata-Haftung“).253 Für diese Auffassung spricht insbesondere das bereits vom BGH für den Fall der reinen Umplatzierung herangezogene Argument, dass die Altaktionäre (wenigstens zum Teil) den unmittelbaren Vorteil aus der Transaktion, namentlich den Erlös erzielen. Dies trifft – in abgewandelter Form – auch auf den Fall einer gemischten Platzierung zu und rechtfertigt eine anteilige Heranziehung der Altaktionäre im Innenverhältnis.254 Im Ergebnis ist daher eine anteilige Aufteilung des Prospekthaftungsrisikos zwischen der Gesellschaft und den Altaktionären zu befürworten. Um eine unzulässige Einlagenrückgewähr an die Aktionäre zu verhindern, haben die Altaktionäre die Gesellschaft bei der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten von Cornerstone-Investoren folglich in dem Umfang, in dem Altaktien im Rahmen des Börsengangs platziert werden, von der Prospekthaftung freizustellen. Alternativ haben sie den Cornerstone-Investoren eigens vertragliche Prospekthaftungsansprüche in dem genannten Umfang einzuräumen. d) Marktschutzvereinbarungen (Lock-up-Agreements) Der Erwerb eines signifikanten Aktienpakets im Zuge des Börsengangs macht den Cornerstone-Investor regelmäßig zu einem der Hauptaktionäre des Unternehmens. Infolge dessen wird er in die Lage versetzt, das Angebot von Aktien des Emittenten im Markt durch eine Veräußerung größerer Aktienbestände in zeitlicher Nähe zum Börsengang potenziell zu beeinflussen. Ein Angebotsüberhang von Aktien weist das Potenzial auf, den Börsenkurs der Aktie des Emittenten zu belasten.255 Dies kann sowohl die Position des Emittenten als auch die Reputation der begleitenden Konsortialbanken schwächen.256 Aus diesem Grund ist es regelmäßig erforderlich, dass sich Cornerstone-Investoren zum Abschluss einer Marktschutzvereinbarung bereit erklären. Allgemein lassen sich Marktschutzvereinbarungen als Abreden zum rücksichtsvollen Umgang mit Aktien des Emittenten im zeitlichen Umfeld des Börsengangs verstehen.257 Unterwirft sich der Cornerstone-Investor einem Lock-up, so ist er für den betreffenden Zeitraum vertraglich an einer Veräußerung von Aktien des Emittenten gehindert. Der von der Lock-up-Vereinbarung betroffene Zeitraum kann dabei unterschiedlich lang bemessen sein. Üblich sind 253 Hüffer/Koch, § 57 AktG, Rn. 16; Fleischer/Thaten, NZG 2011, 1081, 1084; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 26a; Wink, AG 2011, 569, 578; Ziemons, GWR 2011, 404, 405 f.; Arnold/Aubel, ZGR 2012, 131, 144 f.; Nodoushani, ZIP 2012, 97, 101; Habersack, FS Hommelhoff (2012), 303, 311 f. 254 Fleischer/Thaten, NZG 2011, 1081, 1084; Wink, AG 2011, 569, 578; Nodoushani, ZIP 2012, 97, 101. 255 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.36. 256 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.36. 257 Fleischer, WM 2002, 2305.

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Lock-up-Perioden von wenigstens 180 Tagen258 bis zu 12 Monaten259 ab Handelsaufnahme. Durch den Abschluss solcher Lock-up-Vereinbarungen wird eine Schonung des Börsenkurses für den Zeitraum unmittelbar nach der Börseneinführung erreicht. 4. Publizitätspflichten des Emittenten Bei Börsengängen im Wege eines öffentlichen Angebots von Aktien mit anschließender Zulassung der Aktien zum Börsenhandel besteht die Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts (Art. 3 Abs. 1 und 3 ProspektVO). Vor diesem Hintergrund kann die Einbindung von Cornerstone-Investoren in den Börsengang eine Offenlegung der Erwerbsverpflichtung des Cornerstone-Investors im Emissionsprospekt erforderlich machen (dazu unter a)). Im Nachgang zum Börsengang kann eine Nachtragspflicht entstehen, soweit die Investitionsvereinbarung aufgekündigt wird (dazu unter b)). a) Offenlegung des Cornerstone-Investments im Emissionsprospekt Für den Inhalt des beim Börsengang zu veröffentlichenden Emissionsprospekts sind die Vorgaben der ProspektVO und der DelVO 2019/980 maßgeblich. Ein Prospekt für die erstmalige Emission von Aktien muss danach die in den Anhängen 1 und 11 zur DelVO 2019/980 genannten Informationsbestandteile enthalten (Art. 2 und 12 DelVO 2019/980). Anhang 11 zur DelVO 2019/980 enthält die für die Wertpapierbeschreibung von Aktien erforderlichen Angaben, wobei Abschnitt 5 genaue Angaben zur Beschreibung der Konditionen des öffentlichen Angebots macht. Soweit es dem Emittenten bekannt ist, muss der Prospekt danach auch die Angabe enthalten, ob Hauptaktionäre oder Mitglieder des Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgans des Emittenten an der Zeichnung teilnehmen wollen oder ob Personen mehr als 5 % des Angebots zeichnen wollen (Punkt 5.2.2. Anhang 11 DelVO 2019/980). Soweit der Umfang der Erwerbsverpflichtung des CornerstoneInvestors also fünf Prozent des Angebotsvolumens übersteigt, ist die Beteiligung des Cornerstone-Investors in den Wertpapierprospekt aufzunehmen. Die Aufnahme der Erwerbsverpflichtung des Cornerstone-Investors in den für die Zwecke des öffentlichen Angebots und der Börsenzulassung der Platzierungsaktien veröffentlichten Wertpapierprospekt entspricht auch dem gängigen Vorgehen der Emittenten in der Praxis.260 258 Vgl. den Wertpapierprospekt der Zalando SE (17. 09. 2014), S. 106 und den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG (14. 10. 2015), S. 116 u. 120. 259 Vgl. den Wertpapierprospekt der Rocket Internet AG (23. 09. 2014), S. 42. 260 Vgl. den Wertpapierprospekt der Zalando SE (17. 09. 2014), S. 105 f., den Wertpapierprospekt der Rocket Internet AG (23. 09. 2014), S. 42 f., den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG (14. 10. 2015), S. 116 f. und den Wertpapierprospekt der Innogy SE (23. 09. 2016), S. 196 f.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

b) Nachtragspflicht bei Kündigung der Cornerstone-Investitionsvereinbarung Sämtliche wichtigen neuen Umstände und sämtliche wesentlichen Unrichtigkeiten oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben, die die Bewertung der Aktie des Emittenten beeinflussen können und die zwischen der Billigung des Prospekts und dem Auslaufen der Angebotsfrist oder, falls diese später erfolgt, der Eröffnung des Handels an einem geregelten Markt auftreten oder festgestellt werden, müssen in einem Nachtrag zum Prospekt genannt werden (Art. 23 Abs. 1 Uabs. 1 ProspektVO). Durch die Nachtragspflicht sollen Investoren in die Lage versetzt werden, jeden neuen Umstand, der die Anlageentscheidung beeinflussen könnte und im Zeitraum nach Veröffentlichung des Prospekts, aber vor dem Schluss des öffentlichen Angebots oder der Aufnahme des Handels an einem geregelten Markt eintritt, angemessen zu bewerten.261 Dem Schutz der Anleger, die ihre Anlageentscheidung in Unkenntnis der wichtigen neuen Umstände oder wesentlichen Unrichtigkeiten in Bezug auf die Prospektinhalte treffen, wird durch ein Widerrufsrecht zugunsten des Anlegers Rechnung getragen. Betrifft der Nachtrag einen Angebotsprospekt, steht den Anlegern ein Widerrufsrecht zu, soweit sie den Erwerb oder die Zeichnung der Aktien vor der Veröffentlichung des Nachtrags zugesagt haben und der neue Umstand oder die Unrichtigkeit bzw. Ungenauigkeit vor dem Auslaufen der Angebotsfrist und vor der Lieferung der Wertpapiere eingetreten ist oder festgestellt wurde (Art. 23 Abs. 2 Uabs. 1 ProspektVO). Die Beteiligung des Cornerstone-Investors am Börsengang und dessen Erwerbsverpflichtung sind in den Emissionsprospekt aufzunehmen.262 Wird die Cornerstone-Investitionsvereinbarung gegenstandslos, etwa auf Grund einer Kündigung des Investors wegen Veränderung wesentlicher Umstände in Bezug auf das Angebot oder den Emittenten, wird dies in der Regel einen wichtigen neuen Umstand darstellen bzw. eine wesentliche Unrichtigkeit derjenigen Prospektinhalte zur Folge haben, welche die Beteiligung des Cornerstone-Investors und dessen Erwerbsverpflichtung darstellen. Infolgedessen kann die Beendigung der Investitionsvereinbarung eine Nachtragspflicht des Emittenten in Bezug auf die betreffenden Prospektinhalte auslösen. Dies birgt aus der Perspektive des Emittenten zum einen den Nachteil eines erhöhten Dokumentationsaufwands für die Erstellung des Nachtrags. Zum anderen birgt die Veröffentlichung eines Nachtrags das Risiko des Entstehens zahlreicher Widerrufsrechte bei Investoren: nach dem gesetzlichen Wortlaut gilt die Nachtragspflicht bis zum Auslaufen der Angebotsfrist oder, falls diese später erfolgt, bis zur Eröffnung des Handels (Art. 23 Abs. 1 Uabs. 1 ProspektVO). Bei Aktienemissionen liegt das Ende des öffentlichen Angebots regelmäßig vor der Einführung

261

Berrar, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 16 Rn. 2 u. Seitz/Scholl, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 16 WpPG Rn. 5, jeweils mit Verweis auf Erwägungsgrund Nr. 34 ProspektRL; vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 65 ProspektVO. 262 S. dazu oben unter B. IV. 4. a).

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in den Handel (der Notierungsaufnahme, vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 BörsG).263 Da das öffentliche Angebot beim Börsengang mit einem Bookbuilding einhergeht, sind im Falle eines zu veröffentlichen Nachtrags die Investoren, die im Bookbuilding Zeichnungsangebote für die Platzierungsaktien vor der Nachtragsveröffentlichung abgegeben haben, zum Widerruf ihrer auf Erwerb bzw. Zeichnung der Wertpapiere gerichteten Willenserklärung berechtigt (Art. 23 Abs. 2 Uabs. 1 ProspektVO). Im Falle der Kündigung der Cornerstone-Investitionsvereinbarung ist der Emittent folglich gehalten, alsbald einen Nachtrag zu veröffentlichen, um die Entstehung von Widerrufsrechten der Investoren aus dem Bookbuilding zu verhindern.

5. Stimmrechtsmitteilungen des Cornerstone-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten Bei der Einbindung von Investoren in der Form von Cornerstone-Investments sind auch die Vorschriften des WpHG zur Beteiligungstransparenz zu beachten (§§ 33 ff. WpHG). Diese gehen zurück auf Transparenzrichtlinien der EU in unterschiedlichen Fassungen. Sie verfolgen den Zweck, die Öffentlichkeit über die Änderung bedeutender Beteiligungen an Emittenten zu unterrichten, deren Aktien an einem in der EU gelegenen oder betriebenen geregelten Markt gehandelt werden.264 Die in Umsetzung der Vorgaben der TransparenzRL ergangenen Regelungen des WpHG zur Abgabe und Veröffentlichung von Stimmrechtsmitteilungen sollen ein hohes Maß an Transparenz in Bezug auf die Veränderungen von Aktienbeteiligungen gewährleisten.265 Die Zusammensetzung des Aktionärskreises und Beteiligungsveränderungen können insbesondere aus der Sicht von institutionellen Investoren wichtige Kriterien für eine Anlageentscheidung darstellen.266 Sowohl der Auf- und Abbau maßgeblicher Beteiligungen als auch die Menge der Aktien, die sich nicht in festen Händen befinden (Free float) können zudem wesentlichen Einfluss auf die Aktienkursentwicklung haben.267 Die Regelungen zur Beteiligungstransparenz beugen somit auch einem Missbrauch von Insiderinformationen vor.268 Auch sollen sie 263 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 16 WpPG Rn. 117. 264 Vgl. bereits Erwägungsgrund Nr. 18 zur RL 2004/109/EG sowie die Erwägungsgründe zur RL 88/627/EWG. 265 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 33 WpHG Rn. 1; Hirte, in: Köln.Komm. WpHG, § 21 Rn. 3; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 – 30 Rn. 16. 266 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 15 VI. 1; Hirte, in: Köln. Komm. WpHG, § 21 Rn. 3; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf Zweites Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/6679, S. 52 zu § 21 zu Abs. 1. 267 Uwe H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Vor §§ 33 – 47 WpHG, Rn. 22; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf Zweites Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/6679, S. 52 zu § 21 zu Abs. 1. 268 Hirte, in: Köln.Komm. WpHG, § 21 Rn. 3; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 – 30 Rn. 16; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf Zweites Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 12/6679, S. 52 zu § 21 zu Abs. 1.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

insbesondere die Bereitschaft ausländischer Investoren zu Investitionen in deutsche börsennotierte Gesellschaften fördern, die Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland erhöhen und das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Aktienmarktes stärken.269 Der Aktienerwerb des Cornerstone-Investors kann die Pflicht zur Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen gegenüber dem Emittenten auslösen, soweit im Hinblick auf den Stimmrechtsanteil des Investors bestimmte Schwellenwerte überschritten werden (dazu unter a)). Nach Erfüllung der Mitteilungspflichten durch den Investor ist der Emittent zur Veröffentlichung verpflichtet (dazu unter b)). a) Mitteilungspflicht des Cornerstone-Investors (§ 33 WpHG) Das WpHG statuiert Mitteilungspflichten für Investoren deutscher börsennotierter Unternehmen. Wer durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % der Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien an einem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet (sog. Meldepflichtiger), hat dies unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der BaFin, spätestens innerhalb von vier Handelstagen unter Beachtung einer potenziellen Zurechnung von Stimmrechten nach § 34 Abs. 1 und 2 WpHG mitzuteilen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Im Falle der erstmaligen Zulassung von Aktien zum Handel an einem organisierten Markt hat derjenige, dem im Zeitpunkt der Zulassung 3 % oder mehr der Stimmrechte an einem Emittenten zustehen, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, diesem Emittenten und der BaFin eine entsprechende Mitteilung zu machen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 WpHG). Cornerstone-Investoren erwerben oftmals eine erhebliche Beteiligung am Kapital des Emittenten, wodurch sich ihr Stimmrechtsanteil nach Durchführung des öffentlichen Angebots in aller Regel auf mehr als drei Prozent beläuft. In der jüngeren Vergangenheit waren Erwerbsverpflichtungen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent des emittierten Grundkapitals zu beobachten.270 Ab einem Beteiligungserwerb in der Größenordnung von wenigstens drei Prozent der Stimmrechte am Emittenten unterliegt der jeweilige Cornerstone-Investor folglich den Meldepflichten in Bezug auf die Beteiligung (gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 WpHG). Stehen dem Cornerstone-Investor zum Zeitpunkt der Börsenzulassung mehr als drei Prozent der

269

Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 33 WpHG Rn. 1. Beim Cornerstone-Investment der Nippon Life im Rahmen des IPO der DWS Group GmbH & Co. KGaA belief sich die Erwerbsverpflichtung des Investors auf 5 % des Grundkapitals, vgl. den Wertpapierprospekt der DWS Group GmbH & Co. KGaA vom 13. 03. 2018, S. 71. Im Falle des Cornerstone-Investments von Blackrock, Inc. beim IPO der Innogy SE belief sich der Gesamtanteil am Grundkapital nach der im Prospekt ausgewiesenen Prognose, basierend auf einem Angebotspreis in der Mitte der Preisspanne, auf 4,98 %, vgl. den Wertpapierprospekt der Innogy SE vom 23. 09. 2016, S. 197. 270

V. Pre-IPO-Platzierungen

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Stimmrechte am Emittenten zu, hat er dies dem Emittenten sowie der BaFin entsprechend mitzuteilen. b) Veröffentlichungspflicht des Emittenten (§ 40 WpHG) Inlandsemittenten haben Informationen, die ihnen von Aktionären nach § 33 Abs. 1, 2 WpHG mitgeteilt worden sind, unverzüglich sowie spätestens drei Handelstage nach Zugang der Mitteilung zu veröffentlichen und sie außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung dem Unternehmensregister zur Speicherung zu übermitteln (§ 40 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Durch die Veröffentlichungspflicht des Emittenten bezüglich der Informationen aus den übermittelten Stimmrechtsmitteilungen wird die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz verwirklicht.271 Die Veröffentlichung soll eine größtmögliche Informationsöffentlichkeit schaffen272, denn erst infolge der Veröffentlichung wird das breite Anlegerpublikum in die Lage versetzt, von der Konzentration des Stimmrechtsanteils von mehr als drei Prozent in Person eines Cornerstone-Investors Kenntnis zu nehmen. Soweit dem Emittenten eine Mitteilung des Cornerstone-Investors zugeht, durch die ihm das Innehaben von mehr als drei Prozent der Stimmrechte angezeigt wird, hat der Emittent diese Information unverzüglich zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist wiederum der BaFin mitzuteilen (§ 40 Abs. 2 WpHG). 6. Zwischenfazit Die Einbindung von Cornerstone-Investoren sichert die Aktienemission bei Börsengängen in einem bestimmten Umfang ab, indem das Emissionsvolumen partiell bereits vor Ankündigung der Transaktion platziert ist. Insbesondere für öffentlichkeitswirksame Emissionen, bei denen Aktien im Wege eines öffentlichen Angebots platziert werden und bei denen eine umfangreiche Vermarktung stattfindet, ist das Cornerstone-Investment ein geeignetes Mittel zur Herstellung von Transaktionssicherheit und zur Erzielung positiver Vermarktungseffekte.

V. Pre-IPO-Platzierungen Die Gesellschaft und die Emissionsbanken sind im Vorfeld eines Börsengangs grundsätzlichen Risiken bei der Festlegung des Emissionspreises und der Bestimmung des platzierbaren Emissionsvolumens ausgesetzt.273 In der jüngeren Emissionspraxis haben Emittenten und Emissionsbanken neue Transaktionsstrukturen 271

Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 26 Rn. 2. Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 40 WpHG Rn. 1, Uwe H. Schneider, in: Assmann/ Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, § 40 WpHG, Rn. 2. 273 Zu den typischen Transaktionsrisiken bereits unter B. II. 3. 272

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

entwickelt, mit deren Hilfe die genannten Risiken ausgeschaltet werden sollen. Eine dieser Transaktionsstrukturen besteht darin, dass Aktien bereits vor der erstmaligen Zulassung zum Börsenhandel im Wege einer Privatplatzierung an institutionelle Investoren veräußert werden, ohne dass ein öffentliches Angebot erfolgt (sog. „PreIPO-Platzierung“).274 Privatplatzierungen von Aktien kommen in der Emissionspraxis insbesondere bei Aktienplatzierungen im Rahmen von Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen sowie bei der privaten Umplatzierung von bereits börsennotierten Aktien im Wege von Block Trades vor. Während die reine Privatplatzierung von Aktien bei Börsengängen im Vergleich zu öffentlichen Angeboten eine zunächst eher unbedeutende Rolle in der Emissionspraxis spielte275, erfreuen sich Privatplatzierungen im Vorfeld der erstmaligen Börsennotierung von Aktien eines Unternehmens in der jüngeren Vergangenheit wachsender Beliebtheit. Bekanntheit erlangt hat die Transaktionsstruktur der Pre-IPO-Privatplatzierung insbesondere durch den Börsengang der Evonik Industries AG im Jahr 2013, der durch eine Privatplatzierung von Aktien aus dem Bestand der Aktionäre RAG-Stiftung und CVC eingeleitet wurde.276 In der Folge fanden weitere Börsengänge statt, bei denen eine Börsenzulassung nach Durchführung einer Privatplatzierung erreicht wurde, so die Börsengänge der Hella KGaA Hueck & Co. im November 2014277, der Schaeffler AG im Oktober 2015278, der Senvion S.A. im März 2016279 und der Jost Werke AG im Juli 2017.280 Auch jüngst wurde beim Börsengang der Instone Real Estate Group B.V. im Februar 2018 auf eine Privatplatzierungsstruktur zurückgegriffen281, was die anhaltende Beliebtheit dieses Transaktionsmodells für Börsengänge belegt. Vor diesem Hintergrund widmet sich der folgende Abschnitt den Grundzügen solcher Privatplatzierungsstrukturen, wobei auch die rechtlichen Anforderungen an einen derartig strukturierten Börsengang dargestellt werden. 1. Begriff der Privatplatzierung Privatplatzierungen unterscheiden sich grundlegend von öffentlichen Angeboten, indem der Adressatenkreis nicht unbegrenzt, sondern limitiert ist (dazu unter a)). Im 274 Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49; Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.29a ff. 275 Vgl. Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 16. 276 S. Börsen-Zeitung vom 22. 02. 2013, S. 9 („Evonik platziert überraschend 10 Prozent privat“); zu dem zweimaligen Aufschub des Börsengangs der Evonik Industries AG bereits unter B. II. 3. b). 277 S. Börsen-Zeitung vom 01. 11. 2014, S. 9 („Hella fährt ganz privat aufs Parkett“). 278 S. Börsen-Zeitung vom 09. 10. 2015, S. 9 („Schaeffler kommt zu 12,50 Euro je Aktie an die Börse“). 279 S. Börsen-Zeitung vom 24. 03. 2016, S. 14 („Senvion im zweiten Anlauf an die Börse“). 280 S. Börsen-Zeitung vom 13. 07. 2017, S. 7 („Jost drückt auf die Tube“). 281 Vgl. den Wertpapierprospekt der Instone Real Estate Group B.V. vom 13. 02. 2018.

V. Pre-IPO-Platzierungen

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Hinblick auf die Publizität kann zwischen vertraulichen und öffentlich angekündigten Privatplatzierungen unterschieden werden (dazu unter b)). a) Abgrenzung vom öffentlichen Angebot Privatplatzierungen sind dadurch gekennzeichnet, dass Aktienpakete ohne öffentliches Angebot282 an lediglich eine begrenzte Zahl primär institutioneller Investoren platziert werden.283 Zwischen dem Emittenten bzw. den mit der Platzierung der Aktien beauftragten Konsortialbanken und den Investoren besteht bereits vor dem Angebot eine persönliche Verbindung.284 In Abgrenzung von der regelmäßigen Angebotsstruktur bei Börsengängen, bei der ein öffentliches Angebot von Aktien erfolgt, kommt es bei der Pre-IPO-Platzierung (jedenfalls zunächst) nicht zur Durchführung eines öffentlichen Angebots. Vielmehr werden, zum Teil sogar bereits vor der Veröffentlichung der Börsenpläne, die zum Verkauf stehenden Aktien privat bei institutionellen Investoren platziert.285 Ein öffentliches Angebot kann gegebenenfalls noch im Nachgang zur Privatplatzierung erfolgen, sobald die Börsenzulassung der Aktien herbeigeführt worden ist.286 Durch den zunächst vollständigen Verzicht auf die Durchführung eines öffentlichen Angebots unterscheiden sich Privatplatzierungsstrukturen auch von dem bereits dargestellten Cornerstone-Investor-Prozess, bei dem institutionelle Investoren eine Erwerbsverpflichtung in Bezug auf Aktien aus dem öffentlichen Angebot eingehen. Auch ist die Beteiligung eines Cornerstone-Investors stets öffentlich bekannt, was sich positiv auf die Emissionsvermarktung auswirken kann.287 b) Vertrauliche oder öffentlich angekündigte Privatplatzierung Bei Börsengängen im Wege reiner Privatplatzierungen ist im Hinblick auf die Publizität der Emission zu unterscheiden. Bisweilen wurden Privatplatzierungen gänzlich ohne eine vorherige öffentliche Ankündigung durchgeführt, wie das Beispiel des Börsengangs der Hella KGaA Hueck & Co. zeigt. Der Börsengang wurde im Zuge der Intention-to-float-Mitteilung bekannt gegeben und gleichzeitig bereits die abgeschlossene Privatplatzierung von 11,1 Mio. Aktien vermeldet.288 Im Rahmen des Börsengangs der Evonik Industries AG wurden zwar die Börsenpläne bereits vor der Privatplatzierung bekannt gemacht. Dabei war zunächst allerdings ein öffentli282

Zum Begriff des öffentlichen Angebots bereits unter B. II. 2. a) bb). Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.84. 284 Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 17; Harrer, in: Drinhausen/Eckstein, Beck’sches Hdb. AG, § 20 Rn. 107. 285 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13. 286 Dazu noch unter B. V. 5. b). 287 Dazu bereits unter B. IV. 1. c). 288 Vgl. die Pressemitteilung der Hella KGaA Hueck & Co. vom 31. 10. 2014. 283

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

ches Angebot von Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre geplant.289 Nachdem die Börsenpläne in der Folge verschoben worden waren, wurde im Februar 2013 sodann eine abgeschlossene erste Privatplatzierung von Aktien aus dem Bestand der Aktionäre bei institutionellen Investoren vermeldet.290 Auch in diesem Fall wurde die eigentliche Privatplatzierung bereits abgeschlossen, bevor sie bekannt gemacht wurde. Bei der überwiegenden Anzahl der Privatplatzierungstransaktionen wurde die Platzierung dagegen erst nach vorheriger öffentlicher Ankündigung durchgeführt.291 Die Emission ist dann zwar öffentlich bekannt. Dennoch richtet sich die Möglichkeit der Zeichnung neuer Aktien nicht an das breite Anlegerpublikum, sondern lediglich an die von den Emissionsbanken im Rahmen der Privatplatzierung angesprochenen institutionellen Anleger. 2. Wesentliche Vor- und Nachteile von Privatplatzierungen Vergleicht man Privatplatzierungsstrukturen mit der Durchführung von öffentlichen Wertpapierangeboten, so lassen sich einige charakteristische Vorteile ausmachen, welche die Privatplatzierung auch für Börsengänge als Alternative neben die für gewöhnlich gewählte Struktur des öffentlichen Angebots der Platzierungsaktien treten lassen (dazu unter a)). Den wesentlichen Vorteilen der Privatplatzierung stehen jedoch auch einige Nachteile gegenüber, die wiederum bei öffentlichen Angeboten nicht gegeben sind (dazu unter b)). a) Wesentliche Vorteile Privatplatzierungen bieten im Vergleich zu öffentlichen Angeboten insbesondere den Vorteil einer erhöhten Flexibilität, sowohl in Bezug auf den Emissionszeitpunkt als auch in Bezug auf das Emissionsvolumen (dazu unter aa)). Darüber hinaus besteht ein weiterer maßgeblicher Vorteil in einem vergleichsweise reduzierten Zeit- und Kostenaufwand im Vergleich zur Durchführung eines öffentlichen Angebots sowie einem – jedenfalls de facto – geringeren Haftungsrisiko (dazu unter bb)).

289

Vgl. die Pressemitteilung vom 25. 05. 2012. Vgl. die gemeinsame Pressemitteilung der Evonik Industries, RAG-Stiftung und CVC Capital Partners vom 22. 02. 2013: „Die Evonik Industries AG nimmt ihre Vorbereitungen für eine geplante Notierungsaufnahme im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse wieder auf. […] Im Zuge dieser Vorbereitungen haben die Eigentümer von Evonik, die RAG-Stiftung und von CVC Capital Partners beratene Fonds, einen Teil ihrer Aktien vorab an institutionelle Investoren abgegeben.“ 291 Vgl. die Pressemitteilung der Schaeffler AG vom 21. 09. 2015, die Pressemitteilung der Senvion S.A. vom 22. 02. 2016, die Pressemitteilung der Jost Werke AG vom 26. 06. 2017 sowie die Pressemitteilung der Instone Real Estate Group B.V. vom 22. 01. 2018. 290

V. Pre-IPO-Platzierungen

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aa) Erhöhte Flexibilität in Bezug auf Emissionszeitpunkt und Emissionsvolumen Der Vorteil einer erhöhten Flexibilität erschließt sich insbesondere vor dem Hintergrund der bereits beschriebenen Transaktionsrisiken, welchen der Emittent bei der Durchführung eines Börsengangs regelmäßig ausgesetzt ist, wenn dieser im Wege eines öffentlichen Angebots von Aktien erfolgt. Regelmäßig lassen sich Unwägbarkeiten im Hinblick auf die konkrete Nachfrage der Investoren sowie in Bezug auf den erzielbaren Emissionspreis nicht vollends ausschließen. Die Schwierigkeit einer genauen Prognose ist in einem volatilen Marktumfeld, in welchem die Marktpreise großen Schwankungen unterliegen, noch erhöht. Es besteht das Risiko, dass sich vom Zeitpunkt der Ankündigung des Börsengangs durch die ITF-Pressemitteilung bis zur konkreten Angebotsphase ein zuvor günstig erscheinendes „Marktfenster“ wieder geschlossen hat.292 Möglicherweise werden im Bookbuilding die Erwartungen an den Emissionspreis nicht erfüllt, so dass Aktien aus Sicht der Gesellschaft und der Anteilseigner „unter Wert“ veräußert werden müssen.293 Es besteht gar die Gefahr, dass die Aktien innerhalb der im Prospekt ausgewiesenen Preisspanne nicht platziert werden können, was regelmäßig einen Transaktionsabbruch zur Folge hat.294 Diese Unwägbarkeiten aus Sicht des Emittenten verdeutlichen das hohe Bedürfnis nach Transaktionssicherheit bei der Durchführung eines Börsengangs. Einerseits haben die Anteilseigner ein erhebliches Interesse an der Realisierung des realen Wertes ihrer Unternehmensbeteiligung. Andererseits sind an die Börse strebende Gesellschaften oftmals auf den Kapitalzufluss aus dem Börsengang angewiesen, z. B. für die Zwecke des Abbaus von Verbindlichkeiten. Den Unwägbarkeiten, die mit einem öffentlichen Angebot verbunden sind, können der Emittent und die Anteilseigner mittels einer Privatplatzierung vor der erstmaligen Zulassung der Aktien zum Börsenhandel begegnen. So kann die Platzierung etwa zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem sich die Nachfragesituation im Markt als besonders günstig erweist. Im Vergleich zur herkömmlichen Struktur eines Börsengangs, bei der ein öffentliches Angebot durchgeführt wird, kann dadurch vermieden werden, dass der Börsengang nach der öffentlichen Ankündigung infolge ungünstiger Marktentwicklungen abgesagt oder verschoben werden muss oder dass die Aktien nur zu einem vergleichsweise ungünstigen Preis veräußert werden. Für den Emittenten birgt die prospektfreie Platzierung folglich insbesondere den Vorteil einer hohen Flexibilität295, da auf die konkrete Investorennachfrage reagiert werden kann und die Aktien zu einem günstig erscheinenden Zeitpunkt platziert werden können. Die hohe Flexibilität der Privatplatzierung gewährleistet zugleich ein hohes 292

Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49. Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49. 294 S. die Beispiele Evonik Industries AG und Springer Nature AG & Co. KGaA, dazu bereits unter B. II. 3. b). 295 Vgl. auch Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 14. 293

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Maß an Transaktionssicherheit, indem die Börsenzulassung nicht von den Unwägbarkeiten etwaiger unvorhergesehener Marktreaktionen während des Angebotszeitraums abhängt. bb) Reduzierter Zeit- und Kostenaufwand Als weiterer Vorteil von Privatplatzierungen lässt sich insbesondere der geringere Zeit- und Kostenaufwand bei der Durchführung der Transaktion anführen.296 Auf Grund des Umstands, dass die Aktien in aller Regel prospektfrei angeboten werden können297, ist das Risiko einer Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) ausgeschlossen. Gleichwohl ist es – wie auch bei Cornerstone-Investments – sehr wahrscheinlich, dass in Bezug auf die bei der Platzierung verwendeten Angebotsunterlagen andere Haftungstatbestände eingreifen, insbesondere die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung.298 Die Entstehung von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung dürfte sich jedoch dadurch vermeiden lassen, dass bei der Ausgestaltung der Angebotsdokumentation und der Informationsübermittlung an die Investoren ein Haftungsausschluss vereinbart wird.299 Der Umstand, dass sich bei Privatplatzierungen auf Grund der Entbehrlichkeit eines Angebotsprospekts auf Seiten der Gesellschaft insbesondere der Aufwand bei der Erstellung eines Wertpapierprospekts einsparen lässt300, trifft im Hinblick auf die Gesamttransaktion bei Pre-IPO-Privatplatzierungen nicht vollends zu, da für die Zwecke der Börsenzulassung der Aktien stets ein Börsenzulassungsprospekt zu erstellen ist (Art. 3 Abs. 3 ProspektVO). Der Umfang eines solchen Börsenzulassungsprospekts fällt im Vergleich zu einem Emissionsprospekt für die Zwecke eines öffentlichen Angebots in der Regel jedoch geringer aus. Bei öffentlichen Angeboten verlangt das Prospektrecht die Offenlegung der Angebotskonditionen (Abschnitt 5 Anhang 11 DelVO 2019/980). Diese werden in Emissionsprospekten in einem eigenen Prospektabschnitt unter dem Titel „Angebot“ bzw. „Offering“ beschrieben. In diesem Abschnitt werden detaillierte Angaben gemacht, beispielsweise zur Zusammensetzung des Emissionsvolumens (Verhältnis Neu-/Altaktien), zur Beschlussfassung über eine etwaige Kapitalerhöhung oder zu Art und Ausstattung der angebotenen Aktien. Die umfangreichen Angaben dieses Prospektabschnitts können bei Börsenzulassungsprospekten ausgespart werden, da Abschnitt 5 Anhang 11 296 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 169; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.85; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 14. 297 Vgl. dazu noch unter B. V. 5. a). 298 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.29b; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.87. 299 Dazu noch unter B. V. 3. b). 300 Zu diesem Aspekt in Bezug auf Privatplatzierungen von Aktien allgemein Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.85.

V. Pre-IPO-Platzierungen

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DelVO 2019/980 grundsätzlich keine Anwendung findet.301 Auch die Angaben zu den Gründen für das Angebot und zur Verwendung der Erträge (Punkt 3.4 Anhang 11 DelVO 2019/980) werden bei einer bloßen Börsenzulassung nicht in den Prospekt aufgenommen.302 Der Aufwand bei der Prospekterstellung verringert sich dadurch im Vergleich zu einem Angebotsprospekt in gewissem Maße. b) Wesentliche Nachteile Als Nachteil von Privatplatzierungen wird insbesondere die im Vergleich zu Börsengängen mittels eines öffentlichen Angebots geringere Publizitätswirkung angeführt.303 Eine geringere Publizität kann sich beispielsweise für solche Gesellschaften als nachteilig erweisen, die im Vorfeld der Börsennotierung über einen lediglich geringen Bekanntheitsgrad verfügen und infolgedessen für die Zwecke der nachfolgenden Kapitalmarktfinanzierung (insbesondere in Form von Kapitalerhöhungen nach §§ 182 ff. AktG) auf die Öffentlichkeitswirkung eines IPO im Wege eines öffentlichen Angebots angewiesen sind.304 Derartige Nachteile werden jedoch vermieden, sofern die Privatplatzierung öffentlich angekündigt wird, da sich in diesen Fällen eine ähnliche Publizitätswirkung erzielen lässt wie bei einem öffentlichen Angebot. Auch birgt die Privatplatzierung grundsätzlich den Nachteil, dass Privatanleger (Retail-Investoren) nicht berücksichtigt werden können. Da sich bei Börsengängen die Zuteilungen an Privatanleger jedoch generell in einem sehr geringen Bereich von lediglich ca. 1 % des Emissionsvolumens bewegen, dürfte die Nichtberücksichtigung von Privatanlegern der Platzierung des Emissionsvolumens insgesamt regelmäßig nicht abträglich sein.305 Der Nachteil einer Nichtberücksichtigung von Retail-Investoren ist im Hinblick auf den Erfolg der Platzierung daher eher zu vernachlässigen. 3. Vertrauliche Ansprache potenzieller Investoren Im Hinblick auf die Ansprache potenzieller Investoren gleicht die Phase der Anbahnung der eigentlichen Pre-IPO-Platzierung derjenigen bei der Vorbereitung des Cornerstone-Investments. Zunächst erfolgt ebenfalls eine Ansprache auf vertraulicher Basis, wobei die Investoren die Gewährleistung von Vertraulichkeit ver301 Vgl. Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, ProspektVO Anhang III Rn. 41 zur Vorgängervorschrift Ziff. 5 Anhang III ProspektVO (alt). 302 Vgl. Schlitt/Kunold, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, ProspektVO Anhang III Rn. 23 zur Vorgängervorschrift Ziff. 3.4 Anhang III ProspektVO (alt). 303 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 170; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 15. 304 König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 170. 305 Vgl. Börsen-Zeitung vom 21. 07. 2017, S. 11.

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

traglich zuzusichern haben (dazu unter a)). Überdies werden auch bei Privatplatzierungen mit anschließender Börsenzulassung zwischen den beteiligten Parteien regelmäßig Haftungsausschlüsse in Bezug auf die verwendete Angebotsdokumentation vereinbart (dazu unter b)). a) Ansprache auf Grundlage von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) Bei Privatplatzierungen erfolgt die Ansprache potenzieller Investoren nicht (wie beim Bookbuilding für die Zwecke des öffentlichen Angebots) in öffentlicher Art und Weise und auf anonymer Basis, sondern zielgerichtet und direkt bei einem begrenzten Kreis von Investoren, die dem Emittenten sowie den beauftragten Konsortialbanken bekannt sind.306 Um geeignete Investoren für die Privatplatzierung zu gewinnen, wird im Vorfeld der Platzierung zunächst eine Zielgruppe von potenziellen Investoren ausgemacht, die anschließend den Adressatenkreis für entsprechende Sondierungsgespräche bilden.307 Grundsätzlich muss im Vorfeld der Privatplatzierung sichergestellt werden, dass die Transaktion nicht durch Diskussionen in der Öffentlichkeit gefährdet wird.308 Dies wird – wie auch im Fall der Ansprache potenzieller Cornerstone-Investoren – durch den Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) erreicht, in denen sich die Investoren verpflichten, die Durchführung der Transaktion vertraulich zu behandeln sowie etwaige vertrauliche Informationen, die ihnen gegenüber im Rahmen der Transaktion offengelegt werden, nicht ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Emittenten und der Konsortialbanken offenzulegen.309 Da auf eine breit angelegte, öffentliche Vermarktung der Transaktion verzichtet wird, ist das Market Sounding im Vorfeld einer Pre-IPO-Privatplatzierung von erheblicher Bedeutung, um eine ausreichende Anzahl von Investoren für einen Aktienerwerb zu gewinnen und eine angemessene Preisindikation für die Emission zu erlangen. In der Praxis wird es für erforderlich gehalten, dass die potenzielle Nachfrage der Investorenzielgruppe einen wesentlichen Teil des Emissionsvolumens abdeckt, der sich auf ca. 30 – 50 % beziffern lässt.310 Aus Sicht der Investoren ist dabei ein ausreichender Bekanntheitsgrad des Unternehmens, seiner Equity-Story, seiner Strategie und des Managements von zentraler Bedeutung311, weshalb Pre-IPOPlatzierungen insbesondere für solche Emittenten geeignet sind, die bereits bör-

306

Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 14. Herfs/Schwander, Börsen-Zeitung vom 19. 11. 2016, S. B 4. 308 Ernst/Groß, Börsen-Zeitung vom 26. 10. 2013, S. 13. 309 Zur gleich gelagerten Interessenlage im Zusammenhang mit der Ansprache potenzieller Cornerstone-Investoren bereits unter B. IV. 2. b). 310 Herfs/Schwander, Börsen-Zeitung vom 19. 11. 2016, S. B 4. 311 Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 50. 307

V. Pre-IPO-Platzierungen

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sennotierte Anleihen begeben haben.312 Im Vergleich zu einem Unternehmen, das noch keine börsennotierten Finanzinstrumente begeben hat, können sich für Anleiheemittenten auch negative Implikationen ergeben. Das Insiderrecht ist in diesem Fall auf Grund der notierten Anleihen bereits vor der Stellung des Zulassungsantrags für die Aktien auf den Emittenten anwendbar, so dass bei der frühzeitigen Investorenansprache unter Offenlegung der Transaktionspläne grundsätzlich die Restriktionen des Weitergabeverbots zu beachten sind (Art. 10 MAR). Eine Ansprache von Investoren zur Ermittlung ihres Erwerbsinteresses im Rahmen eines Market Sounding ist dabei gleichwohl durch die Regelung über die Weitergabe von Insiderinformationen im Zuge von Marktsondierungen privilegiert (Art. 11 Abs. 4 MAR), sofern die Verfahrensvorgaben für Marktsondierungen beachtet werden.313 b) Ausschluss von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (Non-Reliance-Agreement) Auch wenn die spezialgesetzliche Prospekthaftung bei Privatplatzierungen mit anschließender Börsenzulassung in Ermangelung eines Angebotsprospekts nicht eingreift, muss aus Sicht der Gesellschaft sichergestellt werden, dass keine sonstigen Prospekthaftungsansprüche entstehen können. Im Rahmen der Emissionsvermarktung kommt – wie auch im Falle von Cornerstone-Investments – insbesondere eine Haftung für die Inhalte des Offering Memorandums nach den Grundsätzen der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung in Betracht.314 Bei der Privatplatzierung mit anschließender Börsenzulassung entspricht es wiederum dem Interesse des Emittenten und der Konsortialbanken, die Entstehung und Geltendmachung von Ansprüchen aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung unbedingt zu vermeiden. Auch wenn bei Privatplatzierungen im Vergleich zum Cornerstone-Investor-Prozess die Investorenansprache in zeitlich geringerem Abstand zur Prospektveröffentlichung erfolgt, sind es im Ergebnis dieselben Interessen, die einen Haftungsausschluss für solche Informationen erforderlich machen, die im Rahmen der Vermarktung an Investoren weitergegeben werden. Insbesondere der im Rahmen der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung strengere Verschuldensmaßstab (einfache Fahrlässigkeit) und die fehlende Möglichkeit der Konsortialbanken, sich bei der Abwehr von Ansprüchen auf eine ordnungsgemäße Due Diligence zu berufen (Due-Diligence-Defense), würden zu übermäßigen Haftungsrisiken für den Emittenten und die den Zulassungsantrag stellenden Konsortialbanken führen.

312

Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 50. Zur insiderrechtlichen Zulässigkeit des Pilot Fishing im Falle von Gesellschaften, die bereits börsennotierte Anleihen begeben haben, bereits ausführlich unter B. III. 4. b) bb); vgl. auch Herfs/Schwander, Börsen-Zeitung vom 19. 11. 2016, S. B 4. 314 Seiler/Singhof, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 25 Rn. 14; dazu bereits im Zusammenhang mit Cornerstone-Investments unter B. IV. 2. b) bb). 313

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Daher entspricht es auch bei Privatplatzierungen mit anschließender Börsenzulassung von Aktien dem Vorgehen von Emittenten und Konsortialbanken, Haftungsausschlüsse für die verwendete Angebotsdokumentation (insbesondere das Offering Memorandum) zu vereinbaren. Die Vertraulichkeitsvereinbarung enthält daher zusätzlich eine Non-Reliance-Komponente, durch die von Seiten der Investoren anerkannt wird, dass sie sich im Zuge ihrer Investitionsentscheidung nicht vollends auf die von Emittent und veräußernden Aktionären zur Verfügung gestellten Informationen verlassen und dass Emittent und veräußernde Aktionäre keine Gewährleistungen im Hinblick auf die Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Eignung der zur Verfügung gestellten Informationen abgeben.315 Wie auch im Fall der Investorenansprache in Vorbereitung eines CornerstoneInvestments stellt sich bei der Anbahnung von Privatplatzierungen die Frage, ob die Haftung für solche Informationen, die Investoren übermittelt bekommen, in zulässiger Weise ausgeschlossen werden kann. Die Grenze bilden wiederum die Vorschriften des AGB-Rechts. Ein Ausschluss der Haftung für Schäden, die aus grob fahrlässigen Pflichtverletzungen resultieren, kann in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden.316 Die Interessenlage bei der Ansprache institutioneller Investoren im Vorfeld einer Privatplatzierung gleicht derjenigen bei der Ansprache eines potenziellen Cornerstone-Investors. In beiden Fällen erhält der Investor einen Satz von Informationen, die in ihrem Detailgrad hinter einem vollständigen Wertpapierprospekt zurückbleiben und für deren Inhalt der Emittent und die Emissionsbanken keine uneingeschränkte Haftung übernehmen wollen. Auf Grund dieser im Wesentlichen gleichen Interessenlage sind die bereits im Zusammenhang mit Haftungsausschlüssen gegenüber potenziellen Cornerstone-Investoren gefundenen Wertungen auf die Ansprache institutioneller Investoren im Vorfeld einer Privatplatzierung entsprechend zu übertragen. Im Ergebnis gilt daher, dass die Haftung in Bezug auf Informationen, die der jeweilige Investor im Vorfeld der Platzierung, etwa in Form eines Offering Memorandums übermittelt bekommt, für jede Form von Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden kann.317 Die bereits im Zusammenhang mit Cornerstone-Investments diskutierte vertragliche Einräumung von Ansprüchen aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) kann insbesondere in solchen Fällen angebracht sein, in denen im Nachgang zu der Privatplatzierung ein gesondertes öffentliches Angebot von Aktien auf der Grundlage eines Angebotsprospekts erfolgt.

315 Dazu bereits im Zusammenhang mit der Ansprache potenzieller Cornerstone-Investoren unter B. IV. 2. b) bb). 316 § 309 Nr. 7 lit. b) BGB; dazu bereits unter B. IV. 2. b) bb) (2) (b) (bb). 317 S. unter B. IV. 2. b) bb) (2) (b) (bb).

V. Pre-IPO-Platzierungen

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4. Vertragliche Dokumentation der Privatplatzierung Die Durchführung der Privatplatzierung macht den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten erforderlich. Insbesondere die Rechtsbeziehung zu den Investoren ist im Vorfeld der Platzierung regelungsbedürftig, weshalb es (wie auch im Falle des Cornerstone-Investments) regelmäßig des Abschlusses von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) bedarf.318 Dem Bedürfnis der Investoren, über den Ablauf des Platzierungsverfahrens im Detail unterrichtet zu werden, wird in Gestalt des sogenannten Process Letter Rechnung getragen (dazu unter a)). Die bindende Teilnahme der Investoren an der Pre-IPO-Privatplatzierung wird schließlich in einem sogenannten Commitment Letter vertraglich fixiert, der im Wesentlichen einer Investitionsvereinbarung entspricht (dazu unter b)). a) Process Letter Soweit die im Vorfeld der Privatplatzierung angesprochenen Investoren sich durch die Unterzeichnung des Non-Disclosure-Agreements zur Vertraulichkeit in Bezug auf die Transaktion verpflichtet haben, können ihnen weitere Dokumente zur Verfügung gestellt werden. Zu diesen zählt in erster Linie ein sog. Process Letter, dem die Funktion zukommt, den Investoren den geplanten Ablauf der bevorstehenden Transaktion in ihren Grundzügen zu beschreiben. Den Investoren wird die Transaktionsstruktur eröffnet, indem etwa die Herkunft der Aktien (z. B. aus einer Kapitalerhöhung oder aus dem Bestand von Altaktionären) sowie das beabsichtigte Platzierungsverfahren (z. B. eine Privatplatzierung bei ausgewählten Investoren oder ein beschleunigtes Bookbuilding unter Ansprache eines größeren Investorenkreises) offengelegt werden. Die Investoren werden zudem darüber informiert, dass im Vorfeld der Platzierung ein Market Sounding durchgeführt wird, da dieses sie (vorübergehend) am Handel in bereits gelisteten Finanzinstrumenten des Emittenten hindert. Zentraler Bestandteil des Process Letter ist darüber hinaus ein indikatives Term Sheet, in welchem die Eckdaten der Transaktion festgehalten werden sowie der erwartete Zeitplan. Auch werden die Investoren über die Dokumente informiert, die ihnen für die Zwecke der Teilnahme an der Privatplatzierung zur Verfügung gestellt werden. Schließlich enthält der Process Letter die aus Sicht der Investoren wichtigsten Verfahrensschritte, die für die Teilnahme an der Privatplatzierung erforderlich werden. Der Process Letter bereitet damit die Privatplatzierung grundlegend vor. b) Investitionsvereinbarung (Commitment Letter) Um die bindende Teilnahme an der Privatplatzierung vertraglich zu dokumentieren, wird zwischen den begleitenden Konsortialbanken und den Investoren eine Investitionsvereinbarung in Gestalt eines sog. Commitment Letter abgeschlossen. 318

Dazu bereits unter B. IV. 2. b).

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

Darin wird der Erwerb einer bestimmten Anzahl von Aktien, die der jeweilige Investor zu übernehmen bereit ist, zum jeweiligen Platzierungspreis vertraglich fixiert. Im Gegensatz zum Erwerb von Aktien durch einen Cornerstone-Investor im Vorfeld eines öffentlichen Angebots kann der Platzierungspreis für die Privatplatzierung nicht in Abhängigkeit von einem nachfolgenden Platzierungsverfahren (wie dem Bookbuilding zur Durchführung eines öffentlichen Angebots) festgelegt werden.319 Da auf Grund des noch ausstehenden erstmaligen Listings der Aktie des Emittenten auch sonst kein Referenzpreis existiert, der als Orientierung bei der Festlegung des Platzierungspreises dienen kann, muss der Platzierungspreis für die Privatplatzierung im Rahmen der im Vorfeld der Platzierung stattfindenden Marktsondierung ermittelt werden.320 Die Investoren der Privatplatzierung treffen ihre Investitionsentscheidung in der berechtigten Erwartung, die Aktien nach einem bestimmten Zeitraum über die Börse wieder veräußern zu können.321 Die Erwirkung der Börsenzulassung der Aktien im Anschluss an die Privatplatzierung ist für sie daher von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund wird die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel als aufschiebende Bedingung (Condition Precedent) in den Commitment Letter aufgenommen. Kommt es in der Folge nicht zu einer Börsenzulassung, tritt auch die Erwerbsverpflichtung der Investoren nicht in Kraft, sondern wird gegenstandslos (vgl. § 158 Abs. 1 BGB). 5. Umsetzung des Privatplatzierungsverfahrens Privatplatzierungen im Vorfeld der Börsenzulassung von Aktien erfolgen grundsätzlich vor der Veröffentlichung des Börsenzulassungsprospekts. Um in den Genuss einer Befreiung von der grundsätzlichen Prospektpflicht bei Angeboten von Aktien zu kommen, können unterschiedliche Strukturen gewählt werden. Die ProspektVO enthält in Bezug auf die Angebotsstruktur Ausnahmetatbestände in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht.322 Der folgende Abschnitt stellt die maßgeblichen Ausnahmetatbestände des Prospektrechts zunächst der Übersicht halber dar und geht auf deren wesentliche Voraussetzungen ein (dazu unter a)). Im Anschluss geht die Darstellung auf die Möglichkeit eines nachgeschalteten öffentlichen Angebots ein (dazu unter b)).

319

Zur gleich gelagerten Thematik in Bezug auf die Bestimmung des Preises, zu dem der Cornerstone-Investor Aktien im Rahmen eines Börsengangs erwirbt, bereits unter B. IV. 3. b). 320 Dazu bereits unter B. V. 3. a). 321 Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 50. 322 von Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 24.

V. Pre-IPO-Platzierungen

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a) Angebot auf Grundlage der Ausnahmetatbestände der ProspektVO im Hinblick auf die Art des Angebots Im Falle der Pre-IPO-Privatplatzierung kommen insbesondere zwei Ausnahmetatbestände in Betracht, namentlich ein Angebot, welches sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO, dazu unter aa)) sowie ein Angebot an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger (Art. 1 Abs. 4 lit. b) ProspektVO, dazu unter bb)). Möglich ist schließlich auch eine Kombination der Ausnahmetatbestände (dazu unter cc)). aa) Angebot ausschließlich an qualifizierte Anleger (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO) Die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts findet keine Anwendung auf ein Angebot von Aktien, das sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO). Der Begriff des qualifizierten Anlegers ist für die Zwecke des Prospektrechts noch näher definiert (vgl. Art. 2 lit. e) ProspektVO i.V.m. Anhang II Abschnitt I Nr. 1 bis 4 MiFID II). Zu den qualifizierten Anlegern im Sinne der ProspektVO zählen insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Großunternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH sowie professionelle Anleger, die den Voraussetzungen des § 67 WpHG genügen.323 Allgemein werden institutionelle Investoren324 in der Regel als qualifizierte Anleger im Sinne des Prospektrechts einzustufen sein.325 Bezüglich dieser Anleger ist nach allgemeiner Meinung die Ausnahmeregelung von der Prospektpflicht dadurch gerechtfertigt, dass ihnen ausreichend anderweitige Informationsquellen zur Verfügung stehen, um sich die für den Kauf von Wertpapieren notwendige Erkenntnisgrundlage zu verschaffen326, sowie dadurch, dass bei ihnen auf Grund der Erfahrung im Wertpapiergeschäft ein erhöhtes Risikobewusstsein vorhanden ist.327 Der Ausnahmetatbestand von der Prospektpflicht kann bei der Pre-IPO-Platzierung zugunsten des Emittenten genutzt werden, soweit das Angebot ausschließlich an institutionelle Investoren adressiert wird. 323

Schnorbus, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 3 Rn. 20. Zum Begriff der institutionellen Investoren bereits unter B. III. 1. im Zusammenhang mit dem Adressatenkreis des Pilot Fishing. 325 Vgl. Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.7; vgl. unter synonymer Verwendung der Begriffe des „qualifizierten“ und „institutionellen“ Anlegers auch Seibt, CFL 2011, 74, 75. 326 Schnorbus, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 3 Rn. 20; von KoppColomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 27; Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rn. 6; vgl. bereits Begr. RegE zu § 3 WpPG, BTDrucks. 15/4999, S. 29. 327 von Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 27; vgl. zum Kriterium des Sachverstands verschiedener Anlegergruppen bereits Erwägungsgrund Nr. 16 ProspektRL. 324

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

bb) Angebot an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger (Art. 1 Abs. 4 lit. b) ProspektVO) Die Verpflichtung zur Prospektveröffentlichung gilt überdies nicht für ein Angebot, das sich an weniger als 150 natürliche oder juristische Personen pro Mitgliedsstaat richtet, bei denen es sich nicht um qualifizierte Anleger handelt (Art. 1 Abs. 4 lit. b) ProspektVO). Die Ausnahmeregelung wird durch die Annahme gerechtfertigt, dass der Kreis potenziell geschädigter Anleger gering ist und infolgedessen Aufwand und Kosten der Prospekterstellung außer Verhältnis zu potenziellen Schäden stehen würden.328 Die Grenze von weniger als 150 Anlegern ist dabei für jeden Mitgliedsstaat, indem das öffentliche Angebot erfolgen soll, gesondert zu bestimmen.329 Der Ausnahmetatbestand eröffnet dem Emittenten die Möglichkeit, im Rahmen der Privatplatzierung Aktien auch bei solchen Anlegern zu platzieren, bei denen es sich nicht um institutionelle Investoren handelt und die daher nicht dem Begriff des qualifizierten Anlegers im Sinne des Prospektrechts unterfallen. Auch ermöglicht der Ausnahmetatbestand die Durchführung einer sog. „Friends & FamilyPlatzierung“, in deren Rahmen Personen aus dem unmittelbaren Umfeld des Unternehmens weitere Aktien erwerben können. cc) Kombination der Ausnahmetatbestände Nach herrschender Auffassung ist auch eine Kombination der Ausnahmetatbestände des Art. 1 Abs. 4 ProspektVO zulässig.330 Durch eine entsprechende Kombination können im Zuge der Privatplatzierung neben institutionellen Anlegern auch bestimmte Privatanleger berücksichtigt werden (vgl. dazu soeben unter bb)331, was den Vorteil mit sich bringt, dass letztere nicht vollständig von der Erwerbsmöglichkeit im Vorfeld der Börsenzulassung ausgeschlossen bleiben.

328

von Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 30. 329 Schnorbus, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 3 Rn. 25; Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rn. 7; vgl. bereits Begr. RegE zu § 3 WpPG, BT-Drucks. 15/4999, S. 29. 330 Vgl. zur früheren Rechtslage unter Geltung von § 3 Abs. 2 WpPG a.F. Schnorbus, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, § 3 Rn. 15; Schnorbus, AG 2008, 389, 402; Schulz/Hartig, WM 2014, 1567, 1568; von Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 3 WpPG Rn. 25; Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rn. 5. 331 Ein Beispiel ist der Börsengang der Hella KGaA Hueck & Co., in dessen Rahmen eine Privatplatzierung an qualifizierte Anleger sowie an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger je EWR-Mitgliedsstaat erfolgte, vgl. den Börsenzulassungsprospekt der Hella KGaA Hueck & Co. vom 3. 11. 2014, S. 95.

V. Pre-IPO-Platzierungen

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b) Möglichkeit eines zusätzlichen öffentlichen Angebots Soweit die Privatplatzierung erfolgreich durchgeführt worden ist, kann nach Veröffentlichung des Börsenzulassungsprospekts ein zusätzliches öffentliches Angebot durchgeführt werden. Dadurch kann insbesondere der Kreis der Investoren erweitert und das Emissionsvolumen erhöht werden.332 Ein öffentliches Angebot setzt gleichwohl voraus, dass eine ausreichende Anzahl von Aktien für eine freie Veräußerung zur Verfügung steht. Zu diesem Zweck kann entweder eine zusätzliche Kapitalerhöhung durchgeführt werden oder es können weitere Aktien aus dem Bestand von Aktionären angeboten werden, die über die Privatplatzierung hinaus an einer Veräußerung ihrer Anteile interessiert sind. 6. Voraussetzungen der Börsenzulassung Soweit die Börsenzulassung von Aktien im Wege einer Pre-IPO-Privatplatzierung herbeigeführt werden soll, wird zunächst auf ein öffentliches Angebot und die damit verbundene Möglichkeit einer breiten Streuung der Aktien im Anlegerpublikum verzichtet. Eine gewisse Mindeststreuung ist jedoch die Voraussetzung eines liquiden Börsenhandels und daher auch die Voraussetzung für die erstmalige Zulassung von Aktien zum Börsenhandel. Die Erfüllung der Anforderungen an die Mindeststreuung muss durch die Privatplatzierung im Vorfeld der Börsenzulassung zwingend gewährleistet sein. Vor diesem Hintergrund behandelt der folgende Unterabschnitt zunächst in Kürze die grundsätzlichen Zulassungsvoraussetzungen für neue Aktien (dazu unter a)), bevor im Anschluss auf die Anforderungen der Mindeststreuung eingegangen wird, die es im Rahmen der Privatplatzierung durch eine Platzierung in einer gewissen Breite zu erfüllen gilt (dazu unter b)). a) Grundsätzliche Voraussetzungen der Börsenzulassung von Aktien Die Voraussetzungen der Börsenzulassung von Wertpapieren im Einzelnen enthält die auf Grundlage von § 34 BörsG erlassene BörsZulV. Neben einigen grundlegenden Voraussetzungen, wie einem voraussichtlichen Mindestkurswert bzw. Eigenkapital des Emittenten von 1,25 Mio. Euro (§ 2 BörsZulV) sowie einem grundsätzlich dreijährigen Bestehen des Emittenten als Unternehmen (§ 3 BörsZulV) bestehen besondere Anforderungen an die Mindeststreuung der zuzulassenden Aktien des Emittenten (§ 9 BörsZulV), die ähnlich wie der Mindestkurswert nach der Zulassung einen liquiden Börsenhandel gewährleisten soll.333 Die Erfüllung dieser Anforderungen kann insbesondere dann Schwierigkeiten bereiten, wenn – wie im Falle der Pre-IPO-Privatplatzierung – auf ein öffentliches Angebot der zuzulassenden Aktien verzichtet wird. 332

Herfs/Schwander, Börsen-Zeitung vom 19. 11. 2016, S. B 4. König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 222. 333

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B. Einbindung von Investoren beim Börsengang

b) Mindeststreuung der zuzulassenden Aktien Die Börsenzulassung setzt eine ausreichende Streuung der zuzulassenden Aktien im Publikum eines oder mehrerer EU-Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten des EWR voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BörsZulV). In diesem Zusammenhang gelten die Aktien grundsätzlich als ausreichend gestreut, wenn mindestens 25 % des Gesamtnennbetrages oder, bei nennwertlosen Aktien der Stückzahl, der zuzulassenden Aktien vom Publikum erworben worden sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BörsZulV). Ist wegen der großen Anzahl von Aktien derselben Gattung ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auch mit einem geringen Prozentsatz gewährleistet, geltend die Aktien ebenfalls aus ausreichend gestreut (§ 9 Abs. 1 Satz 2, Alt. 2 BörsZulV). Der Wortlaut der Vorschrift geht offenbar davon aus, dass die Aktien bereits im Zeitpunkt der Börsenzulassung ausreichend gestreut bzw. die Aktien erworben worden sein müssen, während im Falle eines Börsengangs die Zuteilung an das Anlegerpublikum erst nach der Zulassung erfolgt und folglich auch die Streuung der Aktien erst zu diesem Zeitpunkt erreicht wird.334 Die Vorschrift ist nach herrschender Auffassung jedoch dahingehend auszulegen, dass es ausreicht, wenn die Geschäftsführung bei Zulassung davon ausgehen kann, dass die Streuung bei Einführung gegeben ist.335 Bei Privatplatzierungen im Vorfeld der Börsenzulassung stellt sich die Erfüllung der Mindestanforderungen an den Streubesitz regelmäßig als Herausforderung dar, da in Ermangelung eines öffentlichen Angebots die Platzierung lediglich an einen begrenzten Kreis potenzieller Investoren adressiert werden kann (auch, um die mit der Durchführung eines öffentlichen Angebots einhergehende Prospektpflicht auszuschließen336). In der Praxis wird, abweichend von dem grundsätzlichen Erfordernis eines Streubesitzes von wenigstens 25 %, eine Platzierung der zuzulassenden Aktien bei mindestens 100 Investoren in der Regel als ausreichende Streuung angesehen.337 Insbesondere bei großen Emissionsvolumina von mehr als 100 Mio. Euro ist ein Free Float von 10 % für ausreichend erachtet worden.338 Der Emittent ist zur Erfüllung der Mindestanforderungen an die Streuung der zuzulassenden Aktien gehalten, im Rahmen der Privatplatzierung wenigstens 100 Investoren anzusprechen und die Aktien bei diesen zu platzieren.

334 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1 – 12 BörsZulV Rn. 19; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 9.35. 335 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1 – 12 BörsZulV Rn. 19; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 9.35. 336 Zu den Möglichkeiten der Platzierung im Hinblick auf den in Frage kommenden Investorenkreis bereits unter B. V. 5. a). 337 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1 – 12 BörsZulV Rn. 19; Herfs/Schwander, Börsen-Zeitung vom 19. 11. 2016, S. B 4. 338 Schlitt, in: Semler/Volhard, Arbeits-Hdb. Unternehmensübernahmen, § 23 Rn. 35.

VI. Fazit

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VI. Fazit Die Investorenansprache im Rahmen von Early Look Meetings und Pilot Fishing ebnet als erste Maßnahme der Investorenkommunikation im Emissionsprozess des Börsengangs den Weg für eine gesicherte Platzierung der Aktien im Zuge eines öffentlichen Angebots oder einer Privatplatzierung bei institutionellen Investoren. Die Einbindung eines Cornerstone-Investors in den Emissionsprozess beginnt auf Grund des für die Vorbereitung des Investments erforderlichen zeitlichen Vorlaufs bereits früher als das Pilot Fishing. Das Cornerstone-Investment kann die Transaktionssicherheit erhöhen, indem eine bestimmte Anzahl von Aktien nicht mehr im öffentlichen Angebot platziert werden muss. Pre-IPO-Platzierungen ermöglichen es, dass die Börsenzulassung von Aktien gar unabhängig von der Durchführung eines öffentlichen Angebots bewirkt werden kann. Nachdem der Börsengang erfolgreich absolviert ist, bilden nachfolgende Kapitalerhöhungen das Kernstück der Eigenkapitalfinanzierung der Gesellschaft über die Börse. Im Zuge einer Bezugsrechtsemission (§ 186 AktG) sind Emittenten und Emissionsbanken, wie auch bereits im Vorfeld des Börsengangs, an einer möglichst großen Transaktionssicherheit interessiert. Die Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen ist daher Gegenstand des nachfolgenden Kapitels C.

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen I. Einführung Hat ein Unternehmen den Gang an den Kapitalmarkt über einen Börsengang erfolgreich absolviert, bildet die Bezugsrechtsemission die gängigste Form der weiteren Eigenkapitalfinanzierung über die Börse.1 Nach der Systematik der §§ 182 ff. AktG bildet sie den Grundfall der Kapitalerhöhung, da bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen grundsätzlich jedem Aktionär auf Verlangen ein seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden muss (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Regelung des § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG gewährt den Aktionären ein gesetzliches Bezugsrecht auf einen Anteil neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung, der seinem bisherigen Anteil am Grundkapital entspricht.2 Das Bezugsrecht bezweckt den Schutz der Aktionäre vor einer mit der Kapitalerhöhung einhergehenden Beteiligungs- und Stimmrechtsverwässerung, da der Anteil des einzelnen Aktionärs am Grundkapital ohne Bezugsrecht prozentual sinken und seine Stimmkraft sich entsprechend reduzieren würde.3 Die Bezugsrechtsemission richtet sich nach dem gesetzlichen Leitbild folglich ausschließlich an die Aktionäre der Gesellschaft. Bei Bezugsrechtsemissionen können insbesondere Großaktionäre, deren Aktienbestand einen erheblichen Anteil des Grundkapitals ausmacht, bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Emissionsprozesses in die Durchführung der Transaktion eingebunden werden. Neben Aktionären können jedoch auch außenstehende Investoren an der Transaktion beteiligt werden, indem ihnen durch spezielle Transaktionsstrukturen ein Aktienerwerb ermöglicht wird. Die Spielräume bei der Strukturierung der Transaktion reichen von einer frühzeitigen Platzierung neuer Aktien noch vor Beginn des eigentlichen Bezugsangebots bis zu einer Einholung fester Zeichnungszusagen durch Aktionäre oder externe Investoren unter Garantie eines bestimmten Mindestpreises. Um die Besonderheiten dieser Transaktionsstrukturen zu verdeutlichen, widmet sich der folgende Abschnitt der Bezugs1 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.1. 2 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 1; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 94; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 1; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 1; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 4. 3 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 2; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 2.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

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rechtsemission zunächst in ihren Grundzügen (dazu unter II.). Mit den Transaktionsstrukturen des Festbezugs und der Übernahme zusätzlicher Bezugsaktien durch Aktionäre werden sodann zwei Varianten dargestellt, durch die eine Platzierung von Aktien aus einer Bezugsrechtsemission abgesichert werden kann (dazu unter III.). Einen ersten Schwerpunkt des Kapitels bildet die Einbindung von Backstop-Investoren, die sich vertraglich zum Erwerb nicht bezogener Aktien verpflichten (dazu unter IV.). Den zweiten Schwerpunkt bildet die Behandlung von Vorabplatzierungen, bei denen Aktien noch vor Beginn des Bezugsangebots platziert werden (dazu unter V.). Die Darstellung geht dabei stets auf die rechtlichen Fragestellungen ein, die aus der frühzeitigen Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess resultieren und die sich insbesondere aus dem Aktienrecht sowie aus dem Marktmissbrauchsrecht ergeben.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission Nachfolgend sollen zunächst die Grundzüge der Bezugsrechtsemission dargestellt werden, um die Besonderheiten der im späteren Verlauf des Kapitels behandelten Strukturen der Einbindung von Investoren verdeutlichen zu können. Daher geht die Darstellung zunächst auf die in der Emissionspraxis börsennotierter Gesellschaften übliche Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts im Wege der Fremdemission ein, die mit einer Übernahme von Platzierungsrisiken durch die Emissionsbanken einhergeht (dazu unter 1.). Die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung kann entweder durch die Hauptversammlung oder durch den Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgen (dazu unter 2.) Mit der Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Bezugsangebots gehen Transaktionsrisiken einher, die eine frühzeitige Einbindung von Investoren erforderlich machen können (dazu unter 3.). Sämtliche Transaktionsbeteiligten (der Emittent, die beteiligten Konsortialbanken und die Aktionäre) können vor diesem Hintergrund an einer Beteiligung von Investoren im Vorfeld der Aktienemission interessiert sein (dazu unter 4.). 1. Fremdemission unter Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts und Übernahme der Bezugsaktien durch die Konsortialbanken Bei Bezugsrechtsemissionen börsennotierter Gesellschaften wird den Aktionären regelmäßig ein sog. mittelbares Bezugsrecht gewährt (dazu unter a)). Zu diesem Zweck werden die Bezugsaktien von transaktionsbegleitenden Konsortialbanken übernommen, wobei die Übernahme des Platzierungsrisikos unterschiedlich ausgestaltet werden kann (dazu unter b)).

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

a) Fremdemission unter Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts Die Regelung des § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG geht von einer unmittelbaren Gewährung von Bezugsrechten durch die Gesellschaft an die Aktionäre aus. In der Praxis werden Bezugsrechtsemissionen börsennotierter Gesellschaften jedoch fast ausnahmslos unter Einbeziehung einer Emissionsbank oder eines Emissionskonsortiums durchgeführt, welches die Bezugsrechtsemission für die Gesellschaft abwickelt (sog. Fremdemission).4 Die Aktien aus der Kapitalerhöhung werden den Aktionären dann nicht unmittelbar von der Gesellschaft zugeteilt. Das Emissionskonsortium zeichnet den gesamten Kapitalerhöhungsbetrag und geht zugleich die Verpflichtung ein, die neuen Aktien den Aktionären entsprechend § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG zum Bezug anzubieten (mittelbares Bezugsrecht).5 Wenngleich die Aktionäre bei der Zeichnung der neuen Aktien somit nicht unmittelbar zum Zuge kommen, ist die Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts unter Einschaltung einer oder mehrerer Emissionsbanken kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht als Ausschluss des Bezugsrechts anzusehen (vgl. § 186 Abs. 5 Satz 1 AktG). Für die Durchführung des Bezugsangebots sieht das Gesetz eine Bezugsfrist von mindestens zwei Wochen vor (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die Frist kann entweder in der Satzung festgeschrieben sein, im Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung oder hilfsweise durch den Vorstand bestimmt werden6 und wird durch den Vorstand im Bezugsangebot bekanntgemacht, das im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlich wird (§§ 186 Abs. 5 Satz 2, 1. HS AktG, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 25 AktG). Bei Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts handelt es sich nicht um ein Bezugsangebot des Emittenten, sondern um ein Angebot der Emissionsbank, welches vom Vorstand veröffentlicht wird.7 Das Angebot enthält die Bedingungen, unter denen die Aktionäre neue Aktien von der Emissionsbank erwerben können.8 Aus4 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 89; C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 470; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 190; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.12; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 44; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2178; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 146; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 149; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG § 182 Rn. 5; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 45. 5 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 89; Herfs, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.12; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 44; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 149; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 67; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 45. 6 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 15; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rn. 15; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 56; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 14; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 11. 7 OLG Düsseldorf, ZIP 2000, 2025, 2027; OLG Karlsruhe, NZG 2001, 899, 900; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 102; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.95; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 152. 8 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.96.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

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geübt werden die Bezugsrechte durch die wirksame Annahme des Bezugsangebots gegenüber der Emissionsbank, wodurch ein Kaufvertrag über die auf die Bezugsrechte entfallende Anzahl neuer Aktien zustande kommt.9 b) Übernahme der Bezugsaktien durch die Konsortialbanken Für die Zwecke der Durchführung des Bezugsangebots verpflichten sich die Emissionsbanken in dem mit der Gesellschaft abgeschlossenen Übernahmevertrag zur Zeichnung sämtlicher, neu ausgegebener Aktien.10 Zugleich wird von den Banken die Verpflichtung übernommen, den Aktionären die neuen Aktien im Wege eines öffentlichen Angebots zum Bezug anzubieten.11 Die Konsortialbanken übernehmen die Aktien also lediglich zum Zwecke der Weiterplatzierung und fungieren insofern als Abwicklungsstelle, der die Funktion eines fremdnützigen Treuhänders zukommt.12 Die Durchführung und Abwicklung der Kapitalerhöhung wird aus Sicht der Gesellschaft erheblich erleichtert, da das gesamte Kapitalerhöhungsvolumen lediglich von den Konsortialbanken gezeichnet wird, ohne dass die Gesellschaft einer Vielzahl von (unbekannten) Aktionären gegenübertreten muss.13 Mit Abschluss des Übernahmevertrags und der Übernahme der Platzierungsaktien übernehmen die Konsortialbanken in bestimmtem Maße das Platzierungsrisiko für die neuen Aktien, wobei die Risikoübernahme unterschiedlich ausgestaltet sein kann. Zum Teil verpflichten sich die Banken zur Festübernahme der Bezugsaktien in Form eines Hard Underwriting.14 In diesem Fall sind die Banken verpflichtet, den Bezugspreis für sämtliche Aktien an dem Emittenten unabhängig von der tatsächlichen Bezugsrechtsausübung durch die Aktionäre zu zahlen.15 Das Platzierungsrisiko für die neuen Aktien wird dadurch vollends von der Gesellschaft auf die Konsortialbanken verlagert. Die harte Form der Risikoübernahme ist bei Bezugsrechtsemissionen für die Banken auf Grund der traditionell hohen Bezugsquoten im Vergleich zu anderen Aktienemissionsformen überschaubar. Die Alternative besteht in einer Übernahme der Bezugsaktien im Wege eines Best-Efforts-Underwriting, bei 9

Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 51; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 167. Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.15; König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 181; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410. 11 Haag, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 29.5; König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 181. 12 Vgl. BGHZ 118, 83, 97; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 161. 13 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 90; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 146. 14 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.12; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 182 Rn. 7; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410. 15 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.12. 10

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

dem die Konsortialbanken lediglich dazu verpflichtet sind, die Aktien nach besten Bemühungen zu platzieren.16 Während das Hard Underwriting mit einer fixen Festsetzung des Kapitalerhöhungsbetrags im Kapitalerhöhungsbeschluss einhergeht, korrespondiert das Best-Efforts-Underwriting mit einer variablen Festsetzung des Kapitalerhöhungsbetrags in Form eines „Bis-zu“-Kapitalerhöhungsbeschlusses. 2. Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung und Festsetzung des Kapitalerhöhungsbetrags Zur Durchführung einer Bezugsrechtsemission bedarf es zunächst eines Kapitalerhöhungsbeschlusses. Den gesetzlichen Grundfall bildet die Beschlussfassung der Hauptversammlung über eine ordentliche Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen, die mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erfolgen muss (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG).17 Die Alternative bildet die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durch den Vorstand. So kann die Satzung den Vorstand für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren nach der Eintragung der Satzungsänderung ermächtigen, das Grundkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen (genehmigtes Kapital, § 202 Abs. 1, 2 Satz 1 AktG). Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf wiederum einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 202 Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Aktienausgabe durch den Vorstand in Ausnutzung eines genehmigten Kapitals bedarf der Zustimmung durch den Aufsichtsrat (§ 202 Abs. 3 Satz 2 AktG). Zwar ist das genehmigte Kapital volumenmäßig begrenzt, da es einen Erhöhungsbetrag von 50 % des Grundkapitals nicht übersteigen darf (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG). Jedoch eröffnet es dem Vorstand die Möglichkeit, die Kapitalerhöhung zu einem günstig erscheinenden Zeitpunkt durchzuführen, wenn z. B. auf Grund eines vergleichsweise hohen Aktienkurses und einer insoweit günstigen Anlagestimmung für die neuen Aktien ein relativ hoher Eigenkapitalzuwachs erzielt werden kann.18 Auch in Situationen, die eine rasche Eigenkapitalaufnahme erforderlich machen, bietet sich die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals an, wie z. B. im Fall einer bevorstehenden Akquisition, bei der neue Aktien als Akquisitionswährung einge-

16 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 411; vgl. zum Best-Efforts-Underwriting beim Börsengang bereits unter B. II. 2. c) aa). 17 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.1; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.25; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 182 Rn. 1. 18 Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 202 Rn. 3; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.9.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

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setzt werden können.19 Die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals bietet neben der größeren Flexibilität den weiteren Vorteil, dass im Gegensatz zu einer von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalerhöhung nicht die Gefahr einer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch Aktionäre (§§ 243 ff. AktG) besteht.20 Im Hinblick auf den Kapitalerhöhungsbetrag sind der Gesellschaft zwei Alternativen eröffnet. Die Hauptversammlung oder, im Falle der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, der Vorstand, können einerseits den Kapitalerhöhungsbetrag bereits in der originären Beschlussfassung über die Erhöhung des Grundkapitals fixieren (sog. Festbetragskapitalerhöhung). Dies bietet aus Sicht der Gesellschaft den Vorteil, dass der gesamte Kapitalerhöhungsbetrag und damit der Mittelzufluss bei der Gesellschaft schon vor der Durchführung des Bezugsangebots feststehen. Soweit aber nicht jede Aktie innerhalb der Bezugsfrist gezeichnet wird, scheitert die Kapitalerhöhung.21 Eine Festbetragskapitalerhöhung bedarf daher grundsätzlich der Absicherung durch ein Hard Underwriting der Konsortialbanken, da für jede Bezugsaktie der auf sie entfallende Bezugspreis eingezahlt werden muss.22 Anders gestaltet sich die Situation bei der „Bis-zu“-Kapitalerhöhung. In diesem Fall legt der Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung oder des Vorstands zunächst lediglich einen Höchstbetrag fest, bis zu dem das Grundkapital maximal erhöht wird.23 Bei dieser Struktur wird das endgültige Kapitalerhöhungsvolumen erst nach Ablauf der Bezugsfrist und nach einer etwaigen Platzierung nicht bezogener Aktien durch eine weitere Beschlussfassung festgelegt.24 Zwar besteht in diesem Fall nicht das Risiko, dass Bezugsaktien nicht platziert werden können. Jedoch ist im Gegenzug das Kapitalerhöhungsvolumen von der Nachfrage der Investoren abhängig, so dass die Gesellschaft möglicherweise nicht den erforderlichen Mittelzufluss generieren kann.

19 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 202 Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, § 202 Rn. 2; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 202 Rn. 3. 20 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.9; vgl. auch Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 202 Rn. 26. 21 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 135; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 182 Rn. 55. 22 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.11; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 182 Rn. 55. 23 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11. 24 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11.

134

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

3. Transaktionsrisiken bei Durchführung des Bezugsangebots Die auf Grund der gesetzlichen Vorgaben des § 186 AktG grundsätzlich erforderliche Gewährung von Bezugsrechten und der Lauf der mindestens zweiwöchigen Bezugsfrist sind für den Emittenten mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Das erste Risiko besteht im ungewissen Bezugsverhalten der Aktionäre und einer möglicherweise geringen Bezugsquote (Platzierungsrisiko, dazu unter a)). Ein weiteres Risiko resultiert aus dem Mindestlauf der Bezugsfrist und dem Erfordernis einer Festsetzung des Ausgabepreises der neuen Aktien zu möglichst günstigen Konditionen für die Gesellschaft (Marktpreisrisiko, dazu unter b)). Beide Risiken, denen Emittenten bei der Durchführung von Bezugsrechtsemissionen nach dem gesetzlichen Leitbild stets ausgesetzt sind und die, je nach Ausgestaltung des Übernahmevertrags, auch die Konsortialbanken treffen, sollen im Folgenden beschrieben werden. a) Platzierungsrisiko durch ungewisses Bezugsverhalten der Aktionäre und Möglichkeit einer geringen Bezugsquote Die Struktur des Bezugsangebots (Angebot durch die Emissionsbank und spätere Annahme durch die bezugsberechtigten Aktionäre) hat zur Folge, dass der Emittent während der Angebotsphase grundsätzlich das Risiko trägt, die neuen Aktien bei den Aktionären platzieren zu können (Platzierungsrisiko). Die Gesellschaft ist dem Risiko ausgesetzt, dass die Bezugsquote unter den Aktionären gering ausfällt und ein Teil der neuen Aktien nicht bezogen wird. Soweit nicht im Vorfeld der Kapitalerhöhung ein Austausch über das Bezugsverhalten von Großaktionären stattgefunden hat, ist das Bezugsverhalten der Aktionäre für den Emittenten nicht vorhersehbar. Die Erhöhung des Grundkapitals um einen bereits vor Beginn der Bezugsfrist festgelegten Betrag bildet den gesetzlichen Regelfall. Diese Festbetragskapitalerhöhung geht stets mit der Vereinbarung eines Hard Underwriting durch die Konsortialbanken einher, wodurch die Platzierung der Kapitalerhöhung und der Mittelzufluss zwar bereits zu Beginn des Bezugsangebots abgesichert sind. Emittent und Konsortialbanken sind bei dieser Struktur jedoch vollständig dem Platzierungsrisiko ausgesetzt. Verbleiben nach der Durchführung des Bezugsangebots noch Aktien, für die kein Bezugsrecht ausgeübt wurde, müssen diese anderweitig platziert werden. Der zwischen Emittent und Konsortialbanken geschlossene Übernahmevertrag sieht für diesen Fall meist die Verpflichtung der Konsortialbanken vor, die nicht bezogenen Aktien bestmöglich zu verwerten und den Verwertungserlös nach Abzug der Kosten an die Gesellschaft abzuführen.25 Die Verwertung erfolgt in der Regel in einem Rump Placement, bei dem übrig gebliebene Aktien im Rahmen einer Pri-

25 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.111.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

135

vatplatzierung an institutionelle Anleger veräußert werden.26 Die Aktien können dabei sowohl Aktionären, als auch außenstehenden Investoren angeboten werden.27 Gleichwohl sind der Emittent und die Konsortialbanken regelmäßig daran interessiert, die Notwendigkeit eines Rump Placement auszuschließen, da auch die Durchführung dieser weiteren Platzierung keine Gewähr dafür bietet, dass sämtliche Aktien zu einem angemessenen Preis bei Investoren platziert werden können. Soweit Abstriche beim Platzierungspreis erforderlich werden, verringern sich der Emissionserlös und der Mittelzufluss bei der Gesellschaft. Das Platzierungsrisiko lässt sich zwar durch einen „Bis-zu“-Kapitalerhöhungsbeschluss unter Vereinbarung eines Best-Efforts-Underwriting reduzieren, wodurch die Beschlussfassung über das finale Volumen der Kapitalerhöhung flexibel auf das Bezugsverhalten abgestimmt werden kann. Dieses Vorgehen birgt jedoch den Nachteil, dass der benötigte Eigenkapitalzufluss möglicherweise nicht generiert werden kann. Letztlich gehen sowohl Festbetrags- als auch „Bis-zu“-Kapitalerhöhungen mit dem Risiko einher, dass zu wenige Aktien bezogen werden. b) Marktpreisrisiko während des Laufs der Bezugsfrist Bei der Durchführung einer Bezugsrechtsemission ist der Emittent durch die gesetzlich vorgeschriebene, mindestens zweiwöchige Bezugsfrist neben dem Platzierungsrisiko auch einem nicht unerheblichen Marktpreisrisiko ausgesetzt.28 Sinkt der Börsenkurs der Aktie während des Laufs der Bezugsfrist unter den Bezugspreis, wird die Ausübung von Bezugsrechten für die Aktionäre wirtschaftlich sinnlos und die Bezugsrechte verlieren ihren Wert, da die Aktionäre neue Aktien günstiger am Markt erwerben können als durch die Ausübung ihrer Bezugsrechte. Infolgedessen werden Emittenten, jedenfalls im Falle einer Festlegung des Bezugspreises schon zu Beginn der Bezugsfrist, zur Gewährung nicht unerheblicher Abschläge im Vergleich zum sog. TERP (theoretical „ex-rights“ price) veranlasst.29 Der TERP bezeichnet den theoretischen Börsenpreis nach Ausgabe der Bezugsrechte, der sich aus dem tatsächlichen Börsenpreis unter Abzug des Bezugsrechtswerts ergibt.30 Die Abschläge beliefen sich in der Vergangenheit häufig auf bis zu 25 % oder mehr.31 Das 26 Brandt, in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.485; Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.77; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 109. 27 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.112. 28 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410. 29 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.2. 30 Brandt, in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.515; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410. 31 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177; Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.71.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Erfordernis der Gewährung von Abschlägen wurde durch die mit dem TransPuG im Jahr 2002 eingeführte Möglichkeit entschärft, im Bezugsangebot zunächst lediglich die Grundlagen für die Festlegung des Bezugspreises anzugeben und den Bezugspreis selbst erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist endgültig festzulegen (§ 186 Abs. 2 Satz 2 AktG, sog. TransPuG-Verfahren). Dieses Vorgehen ermöglicht dem Emittenten die Durchführung eines Bookbuildings, an dessen Ende der Bezugspreis festgelegt wird.32 Trotz der durch das TransPuG eingeführten Möglichkeit, den Bezugspreis im Wege eines Bookbuilding-Verfahrens festzulegen, wurde in der jüngeren Vergangenheit bei einem Großteil der Bezugsrechtskapitalerhöhungen weiterhin das Festpreisverfahren angewandt.33 Die weiterhin überwiegende Anwendung einer fixen Preisfestlegung bereits vor Beginn der Bezugsfrist erschließt sich vor dem Hintergrund, dass der erzielbare Platzierungserlös im Vergleich zum TransPuGVerfahren bereits zu einem frühen Zeitpunkt feststeht, da die Transaktion nur noch durch ein immenses Absinken des Börsenkurses gefährdet werden kann.34 Kann der Emittent im Rahmen der Ankündigung der Transaktion auf ein Hard Underwriting der Konsortialbanken verweisen, erhöht dies zusätzlich die Transaktionssicherheit.35 Im Falle eines Bookbuildings und einer Risikoübernahme in Form des Best-Efforts-Underwriting ist der genaue Transaktionserlös hingegen bis zum Abschluss des Bookbuildings und Ablauf der Bezugsfrist unklar, da der Emissionspreis anhand der konkreten Nachfrage der Aktionäre ermittelt wird.36 Die Durchführung einer flexiblen Preisfestsetzung wird überdies häufig als ein defensives Signal an den Markt verstanden, da der Emittent mit der flexiblen Preisfestsetzung zu erkennen gibt, dass bezüglich der Beteiligung an der Kapitalerhöhung und des erzielbaren Emissionspreises keine gesicherten Prognosen angestellt werden können, die eine fixe Preisfestlegung erlauben würden (sog. negative signalling effect).37 Die flexible Preisfestlegung bringt eher zum Ausdruck, dass die Nachfrage seitens der Investoren ungewiss ist und die Gefahr einer Wertverwässerung der Aktie verhältnismäßig groß ist.

32 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.16; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 261. 33 Groß, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB Rn. VII 49; Groß, in Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 40 Rn. 49; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 76; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 182 Rn. 8. 34 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.72; in diese Richtung auch Herfs, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Rn. 5.17, der darauf verweist, den Emittenten sei ein fester Erlös wichtiger als eine marktnahe Preisfestsetzung. 35 Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 76. 36 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.32. 37 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.11; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 145; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 412.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

137

4. Interessen der Transaktionsbeteiligten an einer Einbindung von Investoren im Vorfeld der Transaktion Auf Grund der mit der Durchführung einer Bezugsrechtsemission einhergehenden Transaktionsrisiken kann sich eine frühzeitige Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess als sinnvoll oder gar erforderlich erweisen. Aus Sicht des Emittenten steht die Gewährleistung einer maximalen Transaktionssicherheit im Vordergrund, die in bestimmten Situationen, z. B. im Vorfeld von Akquisitionsmaßnamen oder im Rahmen einer finanziellen Sanierung von besonderer Bedeutung ist (dazu unter a)). Daneben sind auch die Interessen der Konsortialbanken in den Blick zu nehmen, die durch die Übernahme der Platzierungsaktien maßgeblichen Anteil an der Durchführung der Kapitalerhöhung haben. Sie können durch die Einbindung von Investoren vor der Durchführung des Bezugsangebots das ihnen ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Übernahmevertrags obliegende Übernahmerisiko für die neuen Aktien reduzieren (dazu unter b)). Die Interessen der Altaktionäre können wiederum in unterschiedliche Richtungen gehen: Bestimmte Aktionäre sind möglicherweise nicht in der Lage, sich in ausreichendem Umfang an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen38 oder sind gegebenenfalls daran interessiert, durch eine Veräußerung ihrer Bezugsrechte und deren Abtretung an die Konsortialbanken einen Bezugsrechtswert zu realisieren. Darüber hinaus kann die aus Emittentensicht maßgebliche Steigerung der Transaktionssicherheit auch aus Sicht der Altaktionäre ein Beweggrund für eine aktive Steuerung ihres Bezugsverhaltens sein (dazu unter c)). a) Bedürfnis nach Transaktionssicherheit aus Sicht des Emittenten Aus der Sicht des Emittenten erfolgt eine Einbindung von Investoren in den Transaktionsablauf einer Bezugsrechtsemission in aller Regel zu dem Zweck, eine maximale Transaktionssicherheit zu gewährleisten. In bestimmten Situationen ist es für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung, dass die Kapitalerhöhung erfolgreich abgeschlossen wird und dass der benötigte Zufluss von Eigenkapital ungeschmälert erzielt werden kann. Beispiele sind insbesondere Sanierungssituationen, in denen eine Kapitalerhöhung zur Refinanzierung sonstiger Verbindlichkeiten erforderlich wird (dazu unter aa)), sowie Situationen, in denen mit den Mitteln aus der Kapitalerhöhung Wachstum und Akquisitionen finanziert werden sollen (dazu unter bb)). aa) Sanierungssituationen und Refinanzierungen Die Transaktionssicherheit ist insbesondere dann der bestimmende Faktor bei der Durchführung von Kapitalmaßnahmen, wenn die Gesellschaft sich in einer Sanie38 Vgl. zu diesem Aspekt als Grund für die Übertragung von Bezugsrechten für die Zwecke der anderweitigen Platzierung der auf diese Bezugsrechte entfallenden Aktien Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1266 und Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173.

138

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

rungssituation befindet. Von sog. „Sanierungskapitalerhöhungen“ ist etwa dann die Rede, wenn auf Seiten der Gesellschaft eine akute Änderung der bisherigen Finanzierungsstruktur erforderlich und beispielsweise eine Refinanzierung von Kreditverbindlichkeiten angestrebt wird.39 Der Refinanzierungsbedarf kann verschiedene Ursachen haben. Denkbar ist zum einen, dass die Finanzierung der Gesellschaft bis dato zu einem Großteil über die Aufnahme von Fremdkapital erfolgt ist. So können über mehrere Jahre laufende oder kurzfristig aufgenommene Kredite zur Rückzahlung endfällig werden.40 Auch können die Erlöse aus der Kapitalerhöhung zur Rückzahlung von Anleiheverbindlichkeiten genutzt werden.41 Die Aufnahme von Eigenkapital durch eine Bezugsrechtskapitalerhöhung kann sich in derartig gelagerten Fällen als probates Mittel erweisen, um die zeitnahe Rückführung von Kredit- oder Anleiheverbindlichkeiten zu ermöglichen. Im Falle einer umfangreichen Kredit- bzw. Anleihefinanzierung ist darüber hinaus denkbar, dass die Gesellschaft sich durch den Bruch von sog. Financial Covenants einer sofortigen Fälligkeit von Kreditverbindlichkeiten ausgesetzt sieht.42 Diese werden in der Praxis insbesondere bei der Begebung von hochverzinslichen Anleihen (High-Yield-Bonds) in die Anleihebedingungen aufgenommen, werden jedoch auch Darlehensnehmern bei der Vergabe von Krediten auferlegt.43 In der Sache handelt es sich bei Financial Covenants um finanzielle Zusicherungen, durch die sich der Emittent bzw. Darlehensnehmer zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Zustands oder zur Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen verpflichtet.44 Typische Financial Covenants verpflichten den Emittenten bzw. Darlehensnehmer etwa zur Einhaltung einer bestimmten Kapitalstruktur oder bestimmter Finanzkennzah-

39

Zur Thematik der Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken eingehend Seibt/Voigt, AG 2009, 133 f. 40 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Continental AG im Januar 2010. Der Erlös aus der Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung diente der Rückführung von Kreditverbindlichkeiten aus einem syndizierten Kredit, der zur Finanzierung des Erwerbs von Siemens VDO aufgenommen wurde, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Continental AG vom 06. 01. 2010. Ein weiteres Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der HeidelbergCement AG im September 2009. Die Kapitalerhöhung mit Vorabplatzierung diente der Umsetzung einer Refinanzierung, die mit den kreditgebenden Banken der Gesellschaft im Juni 2009 vereinbart wurde. Der Emissionserlös sollte zur Rückzahlung bestehender Verbindlichkeiten eingesetzt werden, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der HeidelbergCement AG vom 13. 09. 2009. 41 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Juli 2010. Die Erlöse aus der Kapitalerhöhung sollten u. a. dazu genutzt werden, um Verbindlichkeiten aus einer Wandelanleihe im Nominalwert von 522 Mio. Euro sowie aus einer Umtauschanleihe im Nominalwert von 48 Mio. Euro zurück zu zahlen, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 10. 07. 2009. 42 Vaupel/Reers, AG 2010, 93. 43 Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 523. 44 Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 16.51; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 Rn. 67.

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

139

len.45 Für den Fall der Nichteinhaltung der Vorgaben aus dem jeweiligen Covenant sehen die Vertragsbedingungen regelmäßig ein abgestuftes Sanktionssystem vor.46 Die höchste Sanktionsstufe bildet in aller Regel ein außerordentliches Kündigungsrecht des Anleihegläubigers bzw. Darlehensgebers47, so dass es etwa im Falle der Kündigung von Kreditverträgen zu einer unmittelbaren Fälligkeit großvolumiger Kreditverbindlichkeiten kommen kann. Die finanzielle Zusicherung des Emittenten bzw. Darlehensnehmers innerhalb eines Covenants kann sich etwa auch auf das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapitalmitteln beziehen (Debt to Equity Ratio).48 Daher kann eine beabsichtigte Aufnahme von Fremdkapital eine zusätzliche Eigenkapitalaufnahme durch eine Kapitalerhöhung erforderlich machen, um der Gefahr eines Bruchs von Financial Covenants vorzubeugen. In derartig gelagerten Fällen muss die Gesellschaft sichergehen, dass eine Kapitalerhöhung erfolgreich abgeschlossen wird und es zeitnah zu dem benötigten Eigenkapitalzufluss kommt. Die Gesellschaft hat sowohl in Fällen, in denen bereits gegen Financial Covenants verstoßen wurde und Anleihen oder Kredite vorzeitig zur Rückzahlung fällig werden, als auch in Situationen, in denen durch die Aufnahme weiteren Eigenkapitals ein Bruch von Financial Covenants vermieden werden soll, ein immenses Bedürfnis nach Transaktionssicherheit. Unter Umständen besteht für die Gesellschaft sogar ein unmittelbarer Liquiditätsengpass, den es zu überwinden gilt, da ansonsten eine Insolvenz und damit einhergehend ein immenser wirtschaftlicher Schaden droht, der regelmäßig mit einem Totalverlust der Investitionen auf Seiten der Aktionäre einhergeht. Um den gesicherten Kapitalzufluss zu gewährleisten, bietet sich etwa die Etablierung einer Backstop-Struktur an.49 bb) Wachstums- und Akquisitionsfinanzierung Die Gesellschaft kann gleichwohl auch in Fällen, in denen es sich nicht um eine Sanierungskapitalerhöhung handelt, ein erhebliches Interesse an der gesicherten Platzierung des gesamten Kapitalerhöhungsvolumens haben. So wurden etwa Bezugsrechtsemissionen mit einer Vorabplatzierung von Aktien in der Vergangenheit

45 Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 526; Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 16.59. 46 Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 527. 47 Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 16.51; Merkel/Tetzlaff, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 98 Rn. 175; Kilgus, in: Schüppen/Schaub, MAH AktR, § 49 Rn. 21; Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 528. 48 Zülch/Kretzmann/Böhm/Holzamer, DB 2015, 689, 693; Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 16.59. 49 Vgl. Meyer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.185a; zur Einbindung von Backstop-Investoren noch ausführlich unter C. IV.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

vermehrt zum Zwecke der Akquisition von Unternehmensanteilen eingesetzt.50 Darüber hinaus wurden Vorabplatzierungen von Aktien bisweilen von Unternehmen eingesetzt, deren Geschäftsfelder primär im Real-Estate-Sektor angesiedelt sind und die über Bezugsrechtsemissionen bestimmte Immobilienerwerbe finanziert haben.51 Der Grund hierfür ist wohl darin zu sehen, dass durch die Vorabplatzierung neuer Aktien im Rahmen eines beschleunigten Bookbuildings eine vergleichsweise schnelle Eigenkapitalaufnahme ermöglicht wird, die im Gegensatz zur bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung nicht auf einen Umfang von zehn Prozent des vorhandenen Grundkapitals begrenzt ist (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). Zu einer frühzeitigen Einbindung von Investoren kommt es folglich auch in Konstellationen, in denen die Gesellschaft eine Wachstumsstrategie durch Akquisitionen von Unternehmensanteilen, einzelnen Geschäftsbereichen oder Immobilien verfolgt. Das Interesse an einer gesicherten Platzierung der neuen Aktien und einer gesicherten Liquiditätszufuhr ist in diesen Fällen ähnlich groß wie in den vorstehend beschriebenen Sanierungssituationen. b) Reduktion des Übernahmerisikos der Konsortialbanken Die Vorteile einer Einbindung von Investoren in den Transaktionsprozess von Bezugsrechtsemissionen erschließen sich nur dann vollständig, wenn auch die Interessen der Banken in den Blick genommen werden, die eine entsprechende Bezugsrechtsemission begleiten. Durch den Abschluss des Übernahmevertrags und die darin geregelte Übernahme- und Platzierungsverpflichtung tragen die Konsortialbanken das Risiko, die Aktien zu einem dem Emittenten zugesagten Preis am Markt platzieren zu können (sog. Übernahmerisiko).52 Insbesondere beim Hard Underwriting besteht das Risiko, dass Bezugsrechte nicht in ausreichendem Umfang ausgeübt werden, so dass die Aktien zunächst bei den Konsortialbanken verbleiben und letztlich auf anderem Wege platziert werden müssen.53 Zusätzlich sind die Banken dem Risiko ausgesetzt, dass der vom Emittenten avisierte Ausgabepreis nicht erreicht wird. 50 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der SURTECO SE im November 2013, deren Erlöse der Akquisition der Süddekor Gruppe dienen sollten, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der SURTECO SE vom 30. 10. 2013. Ein weiteres Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der Medios AG im November 2016, deren Erlöse u. a. der Akquisition von Anteilen an der Medios Manufaktur GmbH dienen sollten, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Medios AG vom 16. 11. 2016. 51 Zu nennen ist hier die Bezugsrechtsemission der Hamborner REIT AG im Oktober 2010, deren Emissionserlös primär die Finanzierung zum Erwerb weiterer Immobilien ermöglichen sollte, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Hamborner REIT AG vom 23. 09. 2010. Zu nennen ist darüber hinaus die Bezugsrechtsemission der InCity Immobilien AG im Mai/Juni 2016, deren Emissionserlös zur Finanzierung eines zuvor abgeschlossenen Immobilienerwerbs benötigt wurde, vgl. die Pressemitteilung der InCity Immobilien AG vom 26. 04. 2016. 52 Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 14; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 145. 53 Dazu bereits unter C. II. 3. a).

II. Grundzüge der Bezugsrechtsemission

141

Die Konsortialbanken sind folglich daran interessiert, das Übernahmerisiko auf ein möglichst geringes Maß zu reduzieren. Zu diesem Zweck bieten sich Strukturen wie die Einbindung eines Backstop-Investors oder die Durchführung einer Vorabplatzierung an. Können die neuen Aktien bereits vor Beginn der Bezugsfrist in größerem Umfang platziert werden oder verpflichtet sich ein Investor vertraglich zur Übernahme nicht platzierter Aktien, kann das Übernahmerisiko auf Seiten der Banken in erheblichem Umfang reduziert werden. Kann etwa das gesamte Volumen der Kapitalerhöhung vorab platziert werden, indem sämtliche Altaktionäre ihre Bezugsrechte nicht ausüben oder per Abtretung auf die Konsortialbanken übertragen, ist das Übernahmerisiko gar auf null reduziert.54 Zu einer vollständigen Reduzierung des Übernahmerisikos kam es bei einigen Bezugsrechtsemissionen, bei denen die Emittenten eine Vorabplatzierung des gesamten Kapitalerhöhungsvolumens vermelden konnten.55 In anderen Fällen reduzierte sich das Übernahmerisiko jedenfalls in dem Umfang, in dem neue Aktien bereits vorab platziert werden konnten und keiner Bezugsrechtsausübung mehr unterlagen. Eine Reduktion des Übernahmerisikos der Konsortialbanken kann in gleichem Maße dadurch erreicht werden, dass ein Backstop-Investor die Übernahme sämtlicher, nicht bezogener Aktien vertraglich zusagt. Feste Übernahmeverpflichtungen durch Investoren und Vorabplatzierungen erweisen sich daher auch aus dem Blickwinkel der transaktionsbegleitenden Konsortialbanken als wirkungsvolle Instrumente zur Reduzierung von Platzierungs- und Preisrisiken. c) Transaktionssicherheit und Gelegenheit der gesteuerten Beteiligungsverwässerung für Altaktionäre Eine frühzeitige Einbindung von Investoren kann sich auch aus der Perspektive der Aktionäre als sinnvoll erweisen. Rechte zum Bezug neuer Aktien stehen kraft Gesetzes nur ihnen zu (§ 182 Abs. 1 AktG). Daher ermöglichen Aktionäre durch die aktive Steuerung ihres Bezugsverhaltens überhaupt erst die Platzierung von Aktien außerhalb der aktienrechtlich vorgesehenen Bezugsquoten. Der Gedanke, dass Aktionäre an einer Reduktion ihrer Bezugsquote interessiert sein können, mag zunächst kontraintuitiv erscheinen. Infolge einer Platzierung neuer Aktien bei externen (Backstop-)Investoren verringert sich die wirtschaftliche Beteiligungsquote und der Stimmrechtsanteil der Aktionäre sowie, damit verbunden, ihre Einflussmöglichkeiten auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Gleichwohl sind i. d. R. auch die Altaktionäre maßgeblich an der gesicherten Durchführung der Bezugsrechtskapitalerhöhung interessiert (dazu unter aa)). Von dem Faktor Transaktionssicherheit abgesehen können auch wirtschaftliche Erwägungen die Aktionäre zu einer Steuerung ihres Bezugsverhaltens bewegen, so z. B. die Möglichkeit der Erzielung von Erlösen aus der Veräußerung von Bezugsrechten (dazu unter bb)). 54

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. Zu diesen zählen die Bezugsrechtsemissionen der HeidelbergCement AG (2009), der Volkswagen AG (2010) sowie der Raiffeisenbank International AG (2014). 55

142

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

aa) Beitrag zur gesicherten Durchführung der Transaktion Bei Bezugsrechtsemissionen kommt es grundsätzlich in Betracht, dass Altaktionäre zu einer Beteiligung an der Kapitalerhöhung durch neue Investitionen nicht in der Lage sind (z. B. auf Grund mangelnder Liquidität). Die Aktionäre werden jedoch gleichermaßen wie der Emittent an einer gesicherten Durchführung der Bezugsrechtsemission interessiert sein.56 Dies gilt insbesondere in dem bereits angesprochenen Fall einer Sanierungskapitalerhöhung. Denkbar sind Situationen, in denen die Gesellschaft bildlich gesprochen bereits „mit dem Rücken zur Wand“ steht und dringend neues Kapital benötigt, um eine bevorstehende Insolvenz abzuwenden. Im Insolvenzfall wird die Gesellschaft aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) und lediglich ein gegebenenfalls noch bestehender Liquidationsüberschuss an die Aktionäre verteilt (§ 199 S. 2 InsO). Allein das nach der Berichtigung der Verbindlichkeiten noch verbleibende Gesellschaftsvermögen wird unter den Aktionären verteilt (vgl. § 271 Abs. 1 AktG), so dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger grundsätzlich vorrangig befriedigt werden.57 Die Aktionäre können im Insolvenzfall folglich keine Leistungen der Gesellschaft mehr erwarten. Selbst wenn der Gesellschaft weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung drohen und damit auch keine Insolvenz unmittelbar bevorsteht, sind die Aktionäre regelmäßig an der gesicherten Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens interessiert. Eine Kapitalerhöhung unter geringer Investorennachfrage wird den Aktienkurs der Gesellschaft in aller Regel belasten. Dies kann zu einem unmittelbaren Vermögensverlust bei den Aktionären führen, weshalb sie auch unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens an einer erfolgreichen Transaktionsdurchführung (unter Platzierung sämtlicher Aktien zu einem angemessenen Emissionspreis) interessiert sind. Die Durchführung einer Bezugsrechtsemission unter Beteiligung neuer, institutioneller Investoren kann sich als ein probates Mittel erweisen. Zu diesem Zweck erklären sich Altaktionäre bisweilen zu einem Verzicht auf ihre Bezugsrechte bzw. auf die Ausübung ihrer Bezugsrechte bereit. Der Erlös aus der Platzierung der Aktien fließt in diesem Fall ausschließlich der Gesellschaft zu.58 bb) Realisierung eines Erlöses durch Veräußerung von Bezugsrechten oder zusätzliche Aktienveräußerung Auch wirtschaftliche Erwägungen können dafür sprechen, dass Aktionäre die auf sie entfallenden Bezugsrechte nicht selbst ausüben, sondern sie stattdessen an externe Investoren veräußern, wodurch sich letzteren die Gelegenheit zum Aktiener56

Vgl. zu diesem Aspekt Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1263. Riesenhuber, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 272 Rn. 1; Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 271 Rn. 1. 58 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14, für den Fall der Vorabplatzierung von Aktien; dazu noch ausführlich unter C. V. 57

III. Festbezug und Aktienübernahme durch Aktionäre

143

werb im Rahmen der Bezugsrechtsemission bietet. Im Falle einer Festpreisemission, bei der die Preisfestlegung mit einem Abschlag zum TERP erfolgt, weist das Bezugsrecht einen bestimmten Wert auf. Der Inhaber des Bezugsrechts kann die Aktien des Emittenten zu einem günstigeren Preis erwerben als im Falle eines gewöhnlichen Erwerbs über die Börse. Dem Interesse der Altaktionäre kann es daher entsprechen, an Stelle einer Ausübung von Bezugsrechten deren Wert zu realisieren, indem Bezugsrechte an die emissionsbegleitenden Konsortialbanken veräußert werden. Die Übertragung findet im Wege einer Abtretung der Bezugsrechte statt (§§ 413, 398 BGB). Der den Altaktionären zufließende Erlös besteht in diesem Fall in dem Platzierungspreis abzüglich des Bezugspreises.59 Ihnen ist folglich daran gelegen, dass die Konsortialbanken im Platzierungsverfahren einen den Bezugspreis übersteigenden Platzierungspreis erzielen, um den Erlös aus der Veräußerung der Bezugsrechte zu maximieren.60 Die Altaktionäre können die Bezugsrechtsemission darüber hinaus zu einer zusätzlichen Umplatzierung von Aktien aus ihrem Bestand nutzen. So wurde die Platzierung von Bezugsaktien im Rahmen einer Vorabplatzierung bisweilen mit einer Umplatzierung von Aktien aus dem Bestand eines oder mehrerer Altaktionäre kombiniert.61 Aus der Sicht potenzieller Investoren erweist sich ein solch kombiniertes Angebot als attraktiv, da sich das Emissionsvolumen signifikant erhöht und sich den Investoren die Gelegenheit zum Erwerb einer größeren Unternehmensbeteiligung bietet.

III. Festbezug und Aktienübernahme durch Aktionäre Die vorstehend beschriebenen Interessen der Transaktionsbeteiligten an der gesicherten Platzierung neuer Aktien aus einer Bezugsrechtsemission machen zum Teil die Etablierung besonderer Transaktionsstrukturen erforderlich, die eine Aktienemission absichern. Zur Reduktion des Risikos, dass nach Durchführung des Bezugsangebots nicht bezogene Aktien verbleiben, haben sich unterschiedliche Varianten der Einbindung von Investoren im Vorfeld des Bezugsangebots etabliert. Zwei Grundstrukturen, die das Vorbild für die im Folgenden untersuchte Einbindung von Backstop-Investoren (IV.) bilden, sollen im folgenden Abschnitt dargestellt werden: der Festbezug (dazu unter 1.) sowie die Übernahme nicht platzierter Aktien („Aktienübernahme“, dazu unter 2.) durch Kernaktionäre der Gesellschaft.

59

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. 61 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der österreichischen AGRANA BeteiligungsAG im Februar 2017. Neben neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung wurden im Rahmen der Vorabplatzierung auch 500.000 Aktien aus dem Bestand der Südzucker AG bei institutionellen Investoren platziert, die dadurch einen Emissionserlös von 50 Mio. Euro verzeichnen konnte, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der AGRANA Beteiligungs-AG vom 01. 02. 2017. 60

144

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

1. Festbezugserklärung Soll eine feste Beteiligung von Aktionären bereits in einem frühen Stadium des Emissionsprozesses geregelt werden, kann der Aktionär gegenüber der Gesellschaft eine Festbezugserklärung abgeben.62 Durch die Festbezugserklärung verpflichtet sich ein Aktionär, die auf ihn entfallenden Bezugsrechte vollständig auszuüben und neue Aktien zum Bezugspreis zu beziehen.63 Die Einholung einer festen Bezugsverpflichtung kann insbesondere dann hilfreich sein, wenn die Chancen einer Platzierung des Emissionsvolumens bei sonstigen Anlegern (z. B. im Rahmen einer Vorabplatzierung) kritisch eingeschätzt werden.64 Durch die feste Teilnahme eines Aktionärs an der Kapitalerhöhung kann das Platzierungsrisiko für einen bestimmten Anteil des Emissionsvolumens ausgeschaltet werden. Die Bekanntgabe der Beteiligung eines Großaktionärs an der Kapitalerhöhung kann darüber hinaus das Vertrauen der übrigen Aktionäre stärken und sie ebenfalls zu einer Zeichnung neuer Aktien bewegen.65 2. Aktienübernahmeerklärung Noch weiter als die Festbezugserklärung reicht eine Übernahmeerklärung durch einen Aktionär. Durch sie verpflichtet sich der Aktionär, über die vollständige Ausübung seiner Bezugsrechte hinaus weitere, nicht bezogene Aktien zum Bezugspreis zu erwerben.66 Für den Aktionär bietet diese Vorgehensweise den Vorteil, dass dessen bestehende Beteiligung weiter ausgebaut werden kann, indem zusätzlich zu den ohnehin auf ihn entfallenden Bezugsaktien weitere Aktien hinzuerworben werden können. Aus Sicht der Gesellschaft ist das Platzierungsrisiko im Vergleich zu einer bloßen Festbezugserklärung in noch weitergehendem Umfang gemindert, da die von dem betreffenden Aktionär übernommenen Aktien nicht mehr auf andere Weise (etwa im Wege eines Rump Placement) veräußert werden müssen.

62 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40. Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Juni 2017, bei welcher die Gesellschaft eine Festbezugserklärung durch den Aktionär Fosun International Ltd. erhielt, der erst im Dezember 2016 als Folge einer Backstop-Verpflichtung erstmals neue Aktien gezeichnet hatte. In der Festbezugserklärung verpflichtete sich Fosun, alle auf die direkt und indirekt gehaltenen 8.436.290 Aktien entfallenden Bezugsrechte (entsprechend 29,47 % der Stimmrechte) auszuüben, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 06. 06. 2017. 63 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1264. 64 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40. 65 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40; zu der ähnlichen Signalwirkung durch die Beteiligung von Cornerstone-Investoren an einem Börsengang bereits unter B. IV. 1. c). 66 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1264.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

145

IV. Einbindung von Backstop-Investoren Ungeachtet der Möglichkeiten des Festbezugs und der Aktienübernahme durch Aktionäre können der Emittent und die Konsortialbanken auch durch den Abschluss von Backstop-Vereinbarungen bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Emissionsprozesses auf den Ausgang der Platzierung neuer Aktien Einfluss nehmen. Bei Bezugsrechtsemissionen verpflichtet sich der Backstop-Investor dazu, neue Aktien, die im Rahmen des Bezugsangebots nicht bezogen worden sind, mindestens zum Bezugspreis zu übernehmen.67 Bekanntheit erlangt hat diese Transaktionsstruktur insbesondere durch den beabsichtigten Einstieg des Investment- und Beteiligungsunternehmens Apollo Global Management bei der Kapitalerhöhung der Infineon Technologies AG 2009, der mittels einer Backstop-Vereinbarung ermöglicht werden sollte.68 In der jüngeren Vergangenheit wurde durch den Abschluss von BackstopVereinbarungen teilweise eine Beteiligung chinesischer Investoren im Rahmen der Sanierung einzelner europäischer Unternehmen ermöglicht69, wodurch die nach wie vor bestehende Aktualität derartiger Investorenvereinbarungen belegt wird. Bisweilen haben sich auch solche Investoren, die im Börsengang als Cornerstone-Investoren beteiligt waren, an folgenden Bezugsrechtskapitalerhöhungen der betreffenden Gesellschaften als Backstop-Investor engagiert, wie das Beispiel der Bezugsrechtsemission der Hapag-Lloyd AG im September 2017 zeigt.70 Die folgende Darstellung fasst zunächst die wesentlichen Vorteile von BackstopInvestments zusammen (dazu unter 1.). Anschließend nimmt sie die Anbahnung eines Backstop-Investsments in den Blick und thematisiert neben der insiderrechtlichen Zulässigkeit der Investorenansprache auch die Zulässigkeit von Due-Diligence-Maßnahmen des Investors (dazu unter 2.). Sodann werden einige typische Regelungsinhalte von Backstop-Vereinbarungen behandelt, die insbesondere den Umfang eines potenziell von dem Investor zu erwerbenden Aktienpakets sowie Entgeltregelungen zugunsten des Investors betreffen (dazu unter 3.). Die Darstellung geht auch auf die Publizitätspflichten des Emittenten bei Bezugsrechtsemissionen unter Beteiligung von Backstop-Investoren ein, namentlich auf Fragen der Ad-hoc67

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415. Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 10. 07. 2009 sowie den Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 76. 69 Beispiele sind die Bezugsrechtsemission der Manz AG im April 2016, die den Einstieg der Shanghai Electric Group Co., Ltd. als Backstop-Investor ermöglichte, sowie die bezugsrechtsfreie 10 %-Kapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Dezember 2016, die den Einstieg der Fosun International Limited als Backstop-Investor zur Folge hatte. 70 Bei der Bezugsrechtsemission der Hapag-Lloyd AG im September 2017 beteiligten sich die Kernaktionäre CSAV Germany Container Holding GmbH, Kühne Maritime GmbH, Qatar Holding Germany GmbH und The Public Investment Fund of the Kingdom of Saudi Arabia als Backstop-Investoren, vgl. den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG vom 28. 09. 2017, S. 123. Die CSAV (Compañía Sud Americana de Vapores) sowie die Kühne Maritime GmbH waren bereits am Börsengang der Hapag-Lloyd AG im Oktober 2015 als Cornerstone Investoren beteiligt, vgl. den Wertpapierprospekt der Hapag-Lloyd AG vom 14. 10. 2015, S. 114 ff. 68

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Publizitätspflicht sowie Fragen der Darstellung der Backstop-Vereinbarung in einem Emissionsprospekt (dazu unter 4.). Auch die Einschlägigkeit der WpHG-Regelungen zur Beteiligungstransparenz bei der Einbindung von Backstop-Investoren wird behandelt (dazu unter 5.), bevor die Ergebnisse abschließend zusammengefasst werden (dazu unter 6.). 1. Vorteile des Backstop-Investments Die Erwerbsverpflichtung eines Backstop-Investors gleicht dem Risikotransfer zwischen Emittent und Konsortialbanken in Form des insbesondere bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen und Blocktrades geläufigen Backstop Underwriting, bei dem die Konsortialbanken die Platzierungsaktien übernehmen und gleichzeitig einen Mindestpreis garantieren.71 Der Erhalt einer Backstop-Garantie durch den Investor erhöht aus der Sicht des Emittenten die Transaktionssicherheit in erheblichem Maße.72 Infolge der Übernahmeverpflichtung des Investors kann oftmals das gesamte Volumen der Kapitalerhöhung sicher platziert werden, selbst wenn die Bezugsquote gering ausfällt. Die Platzierungsgarantie verringert zudem den normalerweise erforderlichen Abschlag auf den Börsenkurs.73 Der bei Bezugsrechtsemissionen ansonsten regelmäßig erforderliche Abschlag, der einen Zeichnungsanreiz auch für den Fall sinkender Börsenkurse schaffen soll, wird entbehrlich, soweit eine Übernahmeverpflichtung für nicht bezogene Aktien besteht. Indem die Zahlung des Bezugspreises für sämtliche Aktien sichergestellt ist, wird dem Emittenten folglich ein bestimmter Mindestemissionserlös garantiert. Dies führt seitens des Emittenten zu einer erhöhten Planungssicherheit im Hinblick auf die durch die Kapitalerhöhung zu erzielenden Erlöse. Für den Investor bietet die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung den Vorteil, dass im Zuge einer Kapitalerhöhung erstmalig eine größere Beteiligung erworben werden oder eine bestehende Beteiligung ausgebaut werden kann. Andererseits besteht für die Investoren auch stets die Gefahr, dass infolge einer hohen Bezugsquote das zu erwerbende Aktienpaket verhältnismäßig gering ausfällt.74 Dieser Gefahr kann etwa durch die Vereinbarung eines Mindestübernahmevolumens begegnet werden.75

71

Zum Backstop Underwriting im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss noch unter D. III. 3. b). 72 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 73 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.118; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 141. 74 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 75 Dazu noch ausführlich unter C. IV. 3. a) cc) (2).

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

147

2. Anbahnung des Backstop-Investments Die Einbindung eines Backstop-Investors ist, wie auch die Einbindung von Cornerstone-Investoren in den IPO-Emissionsprozess, durch eine erste Phase der Vertragsanbahnung gekennzeichnet. Der erste Schritt innerhalb dieser Anbahnungsphase besteht darin, die für die Rolle des Backstop-Investors in Betracht kommenden Investoren zu identifizieren. Potenzielle Investoren können entweder aus dem Aktionärskreis stammen oder „von außen“ kommen und sich folglich erstmals als Investor an dem Unternehmen des Emittenten beteiligen. In der Phase der Anbahnung der Backstop-Vereinbarung stellt sich insbesondere die Frage, ob der Emittent und die Emissionsbanken bei der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren wegen der potenziellen Insiderrelevanz der bevorstehenden Bezugsrechtsemission an die Regelungen zur Marktsondierung in Art. 11 MAR gebunden sind. Die Einhaltung der Marktsondierungsvorschriften kann erforderlich sein, da die bevorstehende Transaktion bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Emissionsprozesses gegenüber in Frage kommenden Investoren offengelegt wird. Soweit die Ansprache von Backstop-Investoren nicht als Marktsondierung zu qualifizieren ist, stellt sich gleichwohl die Frage nach der insiderrechtlichen Zulässigkeit der Investorenansprache außerhalb des Safe Harbour von Art. 11 Abs. 4 MAR. Unabhängig von der Frage der insiderrechtlichen Zulässigkeit der Investorenansprache stellt sich die Folgefrage, ob eine für die Zwecke der Investitionsentscheidung des BackstopInvestors durchgeführte Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten zulässig ist. Soweit dies zu bejahen ist, muss auch die Zulässigkeit des Beteiligungserwerbs durch den Backstop-Investor in Kenntnis von Insiderinformationen beurteilt werden, die im Zuge der Due Diligence möglicherweise erlangt wurden. a) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren Zuerst muss die Frage beantwortet werden, unter welchen Voraussetzungen die Ansprache eines potenziellen Backstop-Investors zulässig ist. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob es sich bei der Anbahnung des Backstop-Investments tatbestandlich um eine Marktsondierung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 MAR handelt. Die Ansprache potenzieller Backstop-Investoren wäre dann durch die Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR insiderrechtlich privilegiert. Soweit es sich jedoch nicht um eine Marktsondierung handelt, ist die insiderrechtliche Zulässigkeit am allgemeinen Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 10 Abs. 1 MAR) zu messen. aa) Erfüllung des Tatbestands der Marktsondierung (Art. 11 Abs. 1 MAR)? Um die gesetzliche Definition der Marktsondierung zu erfüllen, müsste es sich bei der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren um eine Übermittlung von Informationen vor der Ankündigung eines Geschäfts an einen oder mehrere potenzielle

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Anleger handeln, die zu dem Zweck erfolgt, das Interesse der potenziellen Anleger an einem möglichen Geschäft und dessen Bedingungen, wie seinem Umfang oder seiner preislichen Gestaltung, abzuschätzen (Art. 11 Abs. 1 MAR). Die Frage, ob es sich bei der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren für die Zwecke der Einholung einer festen Erwerbsverpflichtung für nicht bezogene Aktien um eine Marktsondierung handelt, lässt sich verallgemeinert formulieren: Entscheidend kommt es darauf an, ob die Vorschriften zur Marktsondierung lediglich die typische Situation des Wall Crossing unmittelbar vor Ankündigung und Durchführung einer Aktienplatzierung erfassen sollen76 oder darüber hinaus auch die Einholung vertraglicher Erwerbsverpflichtungen im Vorfeld einer Aktienplatzierung. (1) Informationsübermittlung vor Ankündigung der Transaktion sowie Festlegung des Umfangs und der preislichen Gestaltung Die Definition der Marktsondierung lässt sich dem ersten Anschein nach unschwer auf die Situation einer Ansprache potenzieller Backstop-Investoren im Vorfeld einer Kapitalerhöhung übertragen. In zeitlicher Hinsicht ist die Ansprache der für das Backstop-Investment in Betracht kommenden Investoren jedenfalls der Ankündigung der Transaktion vorgelagert. Die an den Investor übermittelte Information ist zunächst die geplante Aktienplatzierung an sich. Indem der BackstopInvestor die Übernahme von Bezugsaktien in einem bestimmten Volumen garantiert, deren Rahmen meist durch die Vereinbarung einer Mindestbeteiligung sowie einer Maximalbeteiligung genau abgesteckt ist77, wird der Umfang der möglichen Beteiligung an der Transaktion bereits frühzeitig festgelegt. Auch erfolgt – jedenfalls im Verhältnis zu dem jeweiligen Investor – frühzeitig eine Festlegung der preislichen Gestaltung, indem der Investor die Zeichnung der Backstop-Aktien zu einem garantierten Mindestpreis zusichert. So wird regelmäßig festgelegt, dass der BackstopInvestor neue Aktien entweder zum Bezugspreis (im Falle einer Bezugsrechtskapitalerhöhung) oder zum Platzierungspreis der neuen Aktien (im Falle einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung) erwirbt.78 Diese typischen Inhalte einer Backstop-Vereinbarung lassen sich folglich unter die gesetzliche Definition der Marktsondierung subsumieren.

76 Zu der typischen Situation von Marktsondierungen, die eine Ansprache einer begrenzten Zahl von Investoren unmittelbar vor dem geplanten Ausführungszeitpunkt der Transaktion beinhaltet, bereits unter A. III. 2. a). 77 Zu der bei Backstop-Vereinbarungen üblichen Regelung von maximalen (Cap) sowie minimalen (Floor) Übernahmevolumina noch unter C. IV. 3. a) cc). 78 Dazu bereits einleitend unter C. IV. sowie noch ausführlich unter C. IV. 3. a) bb). Zu der Verpflichtung eines Backstop-Investors im Zuge einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung noch unter D. IV. 1. a).

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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(2) Keine bloße Abschätzung des Investoreninteresses Trotz inhaltlicher Überschneidungen mit der Definition der Marktsondierung lässt sich die Anwendung des Marktsondierungsregimes auf die Anbahnung eines Backstop-Investments nicht ohne Weiteres bejahen. Nach der gesetzlichen Definition erfolgen Marktsondierungen zunächst lediglich zu dem Zweck, ein potenzielles Investoreninteresse abzuschätzen (vgl. Art. 11 Abs. 1 MAR a.E.). Für die mit der Marktsondierung regelmäßig betrauten Emissionsbanken geht es primär darum, eine zunächst unverbindliche Preisindikation zu erlangen sowie den Umfang einer möglichen Beteiligung einzelner Investoren an der Transaktion zu eruieren.79 Bei der Verhandlung einer Backstop-Garantie durch einen bestimmten Investor wird hingegen versucht, in einem frühen Stadium bereits eine feste Zusage für die Beteiligung an der Transaktion zu erreichen. Es handelt sich folglich um keine bloße Einholung unverbindlicher Transaktionsparameter, die von den Investoren für realistisch gehalten werden. In Gestalt der Backstop-Garantie wird ein grundsätzlich bindender Vertrag mit dem Investor abgeschlossen. Zwar nehmen die Erwägungsgründe zur MAR bei der Beschreibung typischer Marktsondierungen Bezug auf die Situation, in der ein Emittent die Begebung eines Schuldtitels oder eine Kapitalerhöhung anzukündigen beabsichtigt und sich ein Unternehmen auf der Verkäuferseite (in der Praxis die Emissionsbank) zuvor an wichtige Investoren wendet, um eine finanzielle Zusage für die Beteiligung an dem Geschäft zu erhalten.80 Indem der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass im Rahmen der Marktsondierung i. d. R. mehrere Investoren angesprochen werden, bezieht er sich augenscheinlich auf das bereits vor Inkrafttreten der MAR praktizierte Wall Crossing unmittelbar vor Transaktionsankündigung.81 Die Erfassung der Anbahnung von Verträgen, die eine bindende Erwerbsverpflichtung eines einzelnen Investors zum Gegenstand haben, war dagegen offenbar nicht beabsichtigt. Die Erwägungsgründe sprechen zudem davon, dass den Investoren bereits die vollständigen Geschäftsbedingungen mitgeteilt werden.82 Mit den „vollständigen Geschäftsbedingungen“ sind die im Zuge des Market Sounding regelmäßig übermittelten Transaktionsparameter angesprochen.83 Im Zeitpunkt der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren im Vorfeld einer Kapitalerhöhung wird dies jedoch regelmäßig nicht möglich sein, da die Bedingungen der Transaktion, wie das Emissionsvolumen und der Platzierungspreis, erst in einem nachfolgenden Plat-

79

Singhof, ZBB 2017, 193, 197. Erwägungsgrund Nr. 33 MAR; darauf verweist auch Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 74. 81 Zur Kodifikation der Marktpraxis des Wall Crossing in Art. 11 MAR bereits unter A. III. 1. 82 Erwägungsgrund Nr. 33 MAR. 83 Zu den an den Empfänger einer Marktsondierung typischerweise übermittelten, transaktionsbezogenen Informationen bereits unter A. III. 3. a). 80

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

zierungsverfahren festgelegt werden. Dies spricht bereits gegen eine Subsumption der Ansprache von Backstop-Investoren unter die Definition der Marktsondierung. Die für die Implementierung der MAR-Vorschriften zuständige ESMA hat für die Durchführung von Block Trades klargestellt, dass die Regelungen des Art. 11 MAR keine Anwendung finden, wenn ein Marktteilnehmer keine Einschätzung des Investoreninteresses und der möglichen Transaktionsparameter einholt, sondern bereits versucht, eine Transaktion abzuschließen.84 In der Literatur wird dieser Rechtsauffassung der ESMA, bezogen auf die Anbahnung eines Backstop-Investments, eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Während Singhof die Anwendbarkeit des Market Sounding-Regimes auf die Ansprache potenzieller Backstop-Investoren unter Verweis auf ESMAverneint85, hält Meyer es für zu weitgehend, die Anwendbarkeit unter Verweis auf das Wortlaut-Argument der ESMA zu verneinen.86 Verpflichtungserklärungen wie eine Backstop-Garantie dienten zwar zur Absicherung der nachfolgenden Platzierung, stellten aber nicht die „Transaktion“ selbst dar.87 Zur Beantwortung der Frage, ob es sich bei der Ansprache von Backstop-Investoren um Marktsondierungen im Sinne der MAR handelt, kann darauf abgestellt werden, dass der Abschluss einer Backstop-Vereinbarung mit dem von der ESMA in Bezug genommenen Block Trade zwar nicht identisch, aber dennoch vergleichbar ist. Während beim Block Trade ein größeres Aktienpaket bereits endgültig veräußert wird, handelt es sich bei der Backstop-Garantie zwar noch nicht um eine endgültige Platzierung von Aktien. Es handelt sich jedoch um einen bereits grundsätzlich bindenden Vertrag. Der Erwerb neuer Aktien durch den Investor wird bereits fest zugesagt und lediglich der Umfang des zu erwerbenden Aktienpakets hängt noch von einer vorhergehenden anderweitigen Platzierung (im Rahmen des Bezugsangebots oder eines beschleunigten Bookbuildings88) ab. Da bei der Backstop-Garantie keine bloße Abschätzung des Investoreninteresses erfolgt, sondern bereits eine bindende Zusage für die Beteiligung an der Kapitalerhöhung eingeholt wird, erscheint es gerechtfertigt, die Regelungen über die Marktsondierung auf die Situation der Ansprache eines potenziellen Backstop-Investors nicht anzuwenden.89

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ESMA 2015/1455 Rn. 70. Singhof, ZBB 2017, 193, 197. 86 Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 74. 87 Meyer, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 74. 88 Von einer vorherigen Platzierung im beschleunigten Bookbuilding kann die BackstopVerpflichtung dann abhängen, wenn bei einer Bezugsrechtsemission eine Vorabplatzierung erfolgt oder wenn es sich um eine bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung handelt; zum Bookbuilding bei Vorabplatzierungen noch unter C. V. 3. d); zur Platzierung von Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung noch unter D. II. 2. a). 89 So auch Singhof, ZBB 2017, 193, 197. 85

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bb) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren außerhalb des Safe Harbour von Art. 11 MAR Da es sich bei der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren nicht um eine Marktsondierung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 MAR handelt, kann der Emittent bei der Investorenansprache in der Konsequenz nicht von der Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR profitieren, die eine Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen von Marktsondierungen erlaubt. Damit stellt sich die Frage, ob die Ansprache potenzieller Backstop-Investoren unter Offenlegung der bevorstehenden, jedoch noch nicht öffentlich angekündigten Transaktion gegenüber dem Investor insiderrechtlich zulässig ist. (1) Befugnis zur Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber dem Backstop-Investor Selbst wenn die Investorenansprache zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Emissionsprozesses erfolgt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Gesellschaft in Bezug auf die Transaktionspläne bereits eine Selbstbefreiung beschlossen hat, um – insbesondere im Hinblick auf die potenzielle Insidereigenschaft von Zwischenschritten des Emissionsprozesses – den Anforderungen der grundsätzlich bestehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht bezüglich der Transaktionspläne zu genügen.90 Die Annahme des Vorliegens einer Insiderinformation ist damit schriftlich dokumentiert. Damit stellt sich die grundlegende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft zur Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber ausgewählten Investoren abseits von Art. 11 MAR berechtigt ist. Den rechtlichen Rahmen bildet Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR: die Offenlegung von Insiderinformationen ist danach nur insoweit zulässig, als sie im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben erfolgt. In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine selektive Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber einzelnen Aktionären oder Investoren grundsätzlich unzulässig ist.91 In Abwägung der Interessen des Kapitalmarkts und der Marktteilnehmer einerseits und der Interessen des Unternehmens andererseits macht die in der Literatur herrschende Auffassung jedoch Ausnahmen vom insiderrechtlichen Weitergabeverbot, wenn das Interesse der Gesellschaft an der Weitergabe von Insiderinformationen überwiegt.92 Als berechtigtes Interesse des Unternehmens anerkannt ist auch der Fall, dass mit einem Großaktionär vorab über

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Zu diesem Aspekt bereits unter A. III. 3. a) bb). Vgl. etwa Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 41; Mennicke, in Fuchs, § 14 WpHG Rn. 285. 92 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 41; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 10 Rn. 43 ff.; Mennicke, in Fuchs, § 14 WpHG Rn. 293. 91

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

eine geplante Kapitalerhöhung gesprochen wird.93 Die Zulässigkeit der selektiven Informationsweitergabe gegenüber den Hauptaktionären der Gesellschaft wird in diesem Zusammenhang damit begründet, dass der Erfolg der Kapitalerhöhung insbesondere auf Grund der erforderlichen Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung ansonsten nicht gesichert sei.94 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber einem potenziellen Backstop-Investor ist die Interessenlage leicht abgewandelt. So kann es sich auch um einen externen Investor handeln, der durch das Backstop-Investment erstmals Aktien der Gesellschaft erwerben soll. Die Beschlussfassung erfolgt dann nicht unter Beteiligung des angesprochenen Investors. Die Erwägungen im Schrifttum dahingehend, die Offenlegung der Transaktionspläne sei eben durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Transaktion von der Zustimmung eines Großaktionärs abhänge, greifen in dieser Konstellation nicht. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass die Beteiligung des Backstop-Investors für die erfolgreiche Platzierung der Bezugsaktien und damit auch für die Generierung eines ausreichenden Mittelzuflusses entscheidend sein kann. Wenngleich die Information des Investors über die Transaktionspläne also nicht durch die Gegebenheiten der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung gerechtfertigt ist, fällt doch der wesentliche Beitrag des Investors zur Transaktionssicherheit entscheidend ins Gewicht. Der Umstand, dass infolge des Backstop-Investments das gesamte Volumen der Kapitalerhöhung sicher platziert werden kann, stellt ein überwiegendes Interesse der Gesellschaft dar, das eine selektive Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber einem potenziellen Backstop-Investor rechtfertigen kann. (2) Pflicht zur Gewährleistung von Vertraulichkeit Bei der Ansprache potenzieller Backstop-Investoren kann der Emittent gleichwohl zur Gewährleistung einer vertraulichen Behandlung der Information über die bevorstehende Kapitalerhöhung verpflichtet sein. Rechtliche Vorgaben in Bezug auf die Gewährleistung von Vertraulichkeit ergeben sich insbesondere, wenn in Bezug auf die Transaktionspläne bereits eine Selbstbefreiung von der grundsätzlich bestehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht beschlossen worden ist. Die Befugnis zum Aufschub der Ad-hoc-Veröffentlichung setzt voraus, dass die Geheimhaltung der Information sichergestellt werden kann (Art. 17 Abs. 4, Uabs. 1 lit. c) MAR). Bereits auf Grund dieser grundlegenden Aufschubvoraussetzung ist der Emittent dazu angehalten, im Vorfeld einer selektiven Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber potenziellen Backstop-Investoren auf den Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen hinzuwirken.

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Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 33; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 10 Rn. 117; Mennicke, in Fuchs, § 14 WpHG Rn. 297. 94 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 41; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 10 Rn. 117; Mennicke in Fuchs, § 14 WpHG Rn. 297.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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Darüber hinaus ergibt sich aus den Regelungen zur Ad-hoc-Publizität auch eine ausdrückliche Verpflichtung des Emittenten, die vertrauliche Behandlung von Insiderinformationen sicherzustellen, sofern sie befugterweise an Dritte weitergegeben werden. Soweit ein Emittent im Zuge der normalen Aufgabenerfüllung in dem von Art. 10 MAR vorgegebenen Rahmen Insiderinformationen offenlegt, sind diese Informationen grundsätzlich vollständig und wirksam und im Falle der absichtlichen Offenlegung sogar zeitgleich mit der Offenlegung gegenüber dem Dritten zu veröffentlichen (Art. 17 Abs. 8 Satz 1 MAR). Diese Veröffentlichungspflicht des Emittenten soll den gleichberechtigen Informationszugang aller Kapitalmarktteilnehmer sicherstellen und gewährleisten, dass Dritte grundsätzlich nicht zu einem früheren Zeitpunkt von Insiderinformationen Kenntnis erlangen als die Öffentlichkeit.95 Sie greift jedoch nicht ein, wenn der Informationsempfänger zur Vertraulichkeit verpflichtet ist, wobei sich die Vertraulichkeitsverpflichtung aus Rechtsoder Verwaltungsvorschriften, einer Satzung oder einem Vertrag ergeben kann (Art. 17 Abs. 8 Satz 2 MAR). Die Vorschrift soll dementsprechend sicherstellen, dass eine berechtigte Weitergabe von Insiderinformationen nur dann erfolgt, wenn die vertrauliche Behandlung der Information gewährleistet ist.96 Die erforderliche Verschwiegenheitspflicht kann sich ausweislich des Wortlauts auch aus einem Vertrag ergeben. Aus diesem Grund ist der Emittent vor der Offenlegung der Transaktionspläne dazu verpflichtet, mit dem angesprochenen Investor die bereits im Zusammenhang mit Cornerstone-Investments und Pre-IPO-Privatplatzierungen behandelten Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure-Agreements) abzuschließen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Emittent nicht zu einer ungewollten, frühzeitigen Veröffentlichung der Transaktionspläne verpflichtet ist, welche die Durchführung der Transaktion gefährden könnte. b) Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten durch den Backstop-Investor Die Interessenlage eines Backstop-Investors, der im Rahmen einer Bezugsrechtskapitalerhöhung durch die Zeichnung nicht bezogener Aktien die Gelegenheit zu einem Aktienerwerb in erheblichem Umfang unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel erhält, gleicht derjenigen eines Cornerstone-Investors im IPOEmissionsprozess. Wie auch der Cornerstone-Investor wird der Backstop-Investor die Investitionsentscheidung meist nicht nur auf der Grundlage öffentlich verfügbarer Informationen treffen. Zwar sind die in Bezug auf den Emittenten öffentlich verfügbaren Informationen regelmäßig umfangreicher als diejenigen im Vorfeld eines Börsengangs, da der Emittent infolge der Börsenzulassung der Pflicht zur Ad95 Veil/Brüggemeier, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 10 Rn. 183; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 17 Rn. 447; Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 17 MAR Rn. 285. 96 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 17 MAR Rn. 293.

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hoc-Publizität unterliegt und daher sämtliche kursrelevanten Informationen grundsätzlich unverzüglich veröffentlichen muss (vgl. Art. 17 Abs. 1 MAR). Gleichwohl sind öffentlich zugängliche Informationen zumeist nicht ausreichend, um eine fundierte Investitionsentscheidung zu treffen.97 Aus diesem Grund werden Backstop-Investoren bisweilen an der Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens des Emittenten interessiert sein, um sich ein möglichst detailliertes Bild von dem Unternehmen zu verschaffen.98 Bezugsrechtskapitalerhöhungen werden in der Praxis zumeist in einem Zeitfenster durchgeführt, das sich unmittelbar an die Veröffentlichung von Finanzberichten in Gestalt von Halbjahresberichten oder Quartalsmitteilungen anschließt. Der Grund hierfür liegt darin, dass zu dem Zeitpunkt unmittelbar nach der Veröffentlichung eine besonders große Publizität hergestellt ist. Im Zuge der Vorbereitung der Bezugsrechtskapitalerhöhung und folglich auch bei der Anbahnung eines Backstop-Investments kann der Investor daran interessiert sein, die aktuellen, jedoch noch nicht veröffentlichten Finanzinformationen über die Gesellschaft zur Verfügung gestellt zu bekommen. Aktuelle, jedoch nicht veröffentlichte Finanzinformationen können vor ihrer Veröffentlichung als Insiderinformationen zu qualifizieren sein. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Finanzzahlen des Unternehmens von den allgemeinen Erwartungen des Marktes oder von zuvor veröffentlichten Prognosen der Gesellschaft abweichen.99 In diesem Zusammenhang stellt sich (wie auch im Falle des Cornerstone-Investments) die Frage nach der Zulässigkeit einer Übermittlung vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft. aa) Zulässigkeit der Übermittlung potenziell kursbeeinflussender Informationen im Rahmen einer Due Diligence des Backstop-Investors Den rechtlichen Maßstab für die Informationsweitergabe bilden wiederum das insiderrechtliche Verbot unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen (dazu unter (1)) sowie die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (dazu unter (2)). (1) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Übermittlung potenziell kursbeeinflussender Informationen (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 lit. c) MAR) Im Falle des mit der Backstop-Garantie vergleichbaren Cornerstone-Investments ist die insiderrechtliche Zulässigkeit der Übermittlung vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft an den Investor wegen des in zeitlicher Hinsicht

97

Vgl. zu der Interessenlage des Erwerbers einer wesentlichen Beteiligung Mertens, AG 1997, 541; Müller, NJW 2000, 3452; Süßmann, AG 1999, 162, 168. 98 Vgl. hierzu die Erwägungen zum Paketerwerb im Emittentenleitfaden der BaFin (2013), S. 38. 99 BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 56.

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begrenzten Anwendungsbereichs des Insiderrechts unstreitig zu bejahen.100 Bei Bezugsrechtsemissionen hingegen handelt es sich um Sekundärmarkttransaktionen, da die Aktien des Emittenten bereits börsennotiert sind. Dies hat die grundsätzliche Anwendbarkeit des Insiderrechts zur Folge (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a) MAR). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der insiderrechtlichen Zulässigkeit der Offenlegung von (potenziellen) Insiderinformationen aus der Sphäre der Gesellschaft gegenüber einem Backstop-Investor. Bereits vor Inkrafttreten der MAR existierte zu der Frage der Zulässigkeit eines Paketerwerbs infolge einer Due-Diligence-Prüfung eine Verwaltungsauffassung der BaFin. Diese erkannte bereits im Emittentenleitfaden 2013 das Interesse eines Paketerwerbers an einer Due-Diligence-Prüfung an, um das Risiko seines Investments abschätzen zu können.101 Im Zuge dieser Prüfung erfahre der Erwerber möglicherweise Insiderinformationen.102 Nach Auffassung der BaFin handelte es sich nicht um eine unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen, soweit im Rahmen einer Due Diligence Insiderinformationen weitergegeben wurden und dies zur Absicherung einer konkreten Erwerbsabsicht bei einem Paket- oder Kontrollerwerb erforderlich war.103 Im Einklang mit der Rechtsauffassung der BaFin hielt auch die herrschende Auffassung im Schrifttum die Weitergabe von Insiderinformationen für die Zwecke einer Due-DiligencePrüfung im Vorfeld eines Paketerwerbs für zulässig, da ansonsten der Paketerwerb meist zu scheitern drohte.104 Unter Geltung der MAR ist die Offenlegung einer Insiderinformation rechtmäßig, wenn sie im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben erfolgt (Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR). Mit der bereits vor Inkrafttreten der MAR herrschenden Verwaltungspraxis der BaFin sowie der herrschenden Auffassung im Schrifttum ist davon auszugehen, dass auch unter Geltung des Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR die Offenlegung von Insiderinformationen durch den Vorstand des Emittenten an einen Investor im Vorfeld eines Paketerwerbs weiterhin als zulässig anzusehen ist.105 Seit jeher war das Interesse des Erwerbers einer bedeutenden Beteiligung anerkannt, ordnungsgemäß über die Lage des Investitionsobjekts informiert zu werden, um etwa Korrekturmaßnahmen infolge enttäuschter Erwartungen (z. B. in Form zeitnaher Beteili-

100

Dazu unter B. IV. 2. c) bb) (1). BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 38. 102 BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 38. 103 BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 41. 104 Vgl. die bereits vor Inkrafttreten der MAR h.M. im Schrifttum: Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 14 Rn. 164; Assmann, AG 1997, 50, 56; Marsch-Barner, in: Semler/ Volhard, Arbeits-Hdb. Unternehmensübernahmen, § 7 Rn. 127; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 303 f.; Süßmann, AG 1999, 162, 169; Widder/Kocher, AG 2009, 654, 658. 105 Vgl. aus dem Schrifttum Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 10 MAR Rn. 56; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 10 Rn. 175 f; Meyer, in: Meyer/ Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rn. 35. 101

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gungsveräußerungen) zu vermeiden.106 Der Käufer eines Pakets oder einer Mehrheitsbeteiligung habe seinerseits ein schützenswertes Interesse daran zu erfahren, was er erwirbt.107 Diese Erwägungen lassen sich auf die Beurteilung der Zulässigkeit einer Übermittlung (potenzieller) Insiderinformationen an einen Backstop-Investor übertragen. Auch die Zulassung der Due-Diligence-Prüfung im Vorfeld der Bezugsrechtsemission durch einen Backstop-Investor dient dazu, die Investitionsentscheidung auf fundierter Informationsgrundlage zu ermöglichen. Durch diese Grundlage wird der Investor in die Lage versetzt, die Erwerbsgarantie für nicht bezogene Aktien abzugeben und somit die Kapitalerhöhung abzusichern. Bei der Übermittlung potenzieller Insiderformationen an den Backstop-Investor handelt es sich mithin nicht um eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen. (2) Zulässigkeit der Informationsübermittlung vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) Parallel zu der Situation in Vorbereitung eines Cornerstone-Investments im Vorfeld eines IPO stellt sich auch bei der Anbahnung eines Backstop-Investments die Frage, ob der Vorstand des Emittenten vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) in zulässiger Weise vertrauliche Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft an den Backstop-Investor weitergeben darf. Bei der Beurteilung gilt – wie auch schon bei der Informationserteilung im Zuge des Pilot Fishing und bei der Vorbereitung des Cornerstone-Investments – die Maßgabe, dass die Verschwiegenheitspflicht des Vorstands dem Gesellschaftsinteresse zu dienen bestimmt ist und im Einzelfall zurücktreten kann, soweit diesem mit einer Offenbarung einzelner Geheimnisse besser gedient ist.108 Für den Fall des Cornerstone-Investments wurde beispielsweise die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft als ein grundlegendes Gesellschaftsinteresse ausgemacht, das eine Weitergabe vertraulicher Informationen rechtfertigen kann.109 Im Fall einer Bezugsrechtsemission, bei der ein Zufluss von Eigenkapitalmitteln in bestimmter Höhe durch die Erwerbsverpflichtung eines Backstop-Investors abgesichert wird, kann die verbesserte Eigenkapitalausstattung ebenfalls als Rechtfertigungsgrund für die Zulässigkeit der Informationsübermittlung angeführt werden. Auch das Interesse der Gesellschaft an der Gewinnung eines neuen Großaktionärs stellt ein im Schrifttum anerkanntes Interesse dar, das für die Zulassung einer Due 106

Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 164. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 164. 108 Vgl. BGHZ 64, 325, 331; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 169; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 31; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 27; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 133; dazu bereits unter B. III. 3. b) im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an Investoren im IPO-Pilot-Fishing sowie unter B. IV. 2. c) bb) (2) im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an einen Cornerstone-Investor. 109 Dazu bereits unter B. IV. 2. c) bb) (2). 107

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Diligence des Investors unter Weitergabe vertraulicher Informationen spricht.110 Dieses legitime Interesse kann auch im Vorfeld eines Aktienerwerbs des BackstopInvestors, der infolge der Kapitalerhöhung insbesondere dann zum (Groß-)Aktionär wird, wenn er von bestehenden Aktionären eigene Bezugsrechte übertragen bekommt, für die Zulässigkeit der Informationsweitergabe angeführt werden. Ebenfalls kann das bereits für die Zulässigkeit der Informationsweitergabe an den CornerstoneInvestor vorgebrachte Argument fruchtbar gemacht werden, dass die Beteiligung des Backstop-Investors die Platzierung nicht bezogener Aktien gewährleistet und dadurch ein hohes Maß an Transaktionssicherheit erzeugt. Diese Erwägungen sprechen im Ergebnis dafür, auch die Due-Diligence-Prüfung eines Backstop-Investors unter Erhalt vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft für zulässig zu erachten. bb) Zulässigkeit des Anteilserwerbs des Backstop-Investors in Kenntnis von im Zuge der Due Diligence erlangten Insiderinformationen (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 lit. a) MAR) Erlangt der Backstop-Investor im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung Insiderinformationen in Bezug auf das Unternehmen des Emittenten, so stellt sich die Anschlussfrage, ob ein Anteilserwerb des Investors in zulässiger Weise erfolgen kann, da ein Aktienerwerb in Kenntnis von Insiderinformationen grundsätzlich ein verbotenes Insidergeschäft darstellt (Art. 8 Abs. 1 Satz 1, 14 lit. a) MAR). Auch zu dieser Frage existierte bereits vor Inkrafttreten der MAR eine entsprechende Verwaltungsauffassung der BaFin. Beim nachfolgenden Erwerb eines Aktienpakets in Kenntnis von Insiderinformationen, die im Rahmen einer Due Diligence erlangt wurden, war nach Auffassung der BaFin die Schutzrichtung des Insiderhandelsverbots zu berücksichtigen: die durch das Insiderhandelsverbot u. a. geschützte Funktionsfähigkeit eines Marktes sei etwa dann gefährdet, wenn einzelne Marktteilnehmer durch exklusive Informationen gegenüber anderen in ungerechtfertigter Weise privilegiert würden.111 Bei außerbörslichen Paketerwerben, bei denen sowohl der Käufer als auch der Verkäufer des Aktienpakets nach der Due-Diligence-Prüfung über den gleichen Kenntnisstand verfügten, sei dieses Schutzgut zumindest dann nicht betroffen, wenn der Erwerber das von ihm bereits vor Durchführung der Due Dilligence geplante Aktienpaket erwerbe.112 Daher falle der Paketerwerb in Kenntnis von Insiderinformationen, die im Zuge einer Due-Diligence-Prüfung erlangt wurden, nicht unter das Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG a.F.113 Die Erwägungen der BaFin, wonach das Insiderhandelsverbot keine Anwendung finden soll, wenn keine der an einem Geschäft beteiligten Parteien einen unge110 111 112 113

Krämer/Gillessen, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.26. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 38. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 38. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 38.

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rechtfertigten Vorteil erlangt, finden sich auch in den Erwägungsgründen zur MAR. Ausweislich der Erwägungsgründe besteht das wesentliche Merkmal von Insidergeschäften in einem ungerechtfertigten Vorteil, der mittels Insiderinformationen zum Nachteil Dritter erzielt wird, die diese Informationen nicht kennen, und infolgedessen in der Untergrabung der Integrität der Finanzmärkte und des Vertrauens der Investoren.114 Dieses charakteristische Merkmal eines Insidergeschäfts entfällt beim Erwerb eines Aktienpakets in Kenntnis von Insiderinformationen, die im Rahmen einer für die Zwecke des Paketerwerbs durchgeführten Due Diligence erlangt worden sind. Denn die Insiderinformationen werden dem Investor eigens von dem Unternehmen zugänglich gemacht, um eine Investitionsentscheidung auf fundierter Grundlage treffen zu können. Dagegen wird der Investor nicht in die Lage versetzt, sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen: die Informationen, die er erhält, stammen gerade aus der Sphäre der Gesellschaft, die eigens neue Aktien ausgibt und an den Backstop-Investor veräußert. Der Aktienerwerb durch den Backstop-Investor in Kenntnis von Insiderinformationen, die im Zuge einer für die Zwecke des Anteilserwerbs durchgeführten Due-Diligence-Prüfung erlangt worden sind, stellt daher kein verbotenes Insidergeschäft dar. 3. Umsetzung des Backstop-Investments und Ausgestaltung der Backstop-Vereinbarung Im Anschluss an die Vorbereitungsphase, welche die Ansprache des BackstopInvestors und gegebenenfalls eine seinerseits durchgeführte Due Diligence beinhaltet und im besten Fall in die Entscheidung für das Backstop-Investment mündet, kann dieses in die Umsetzungsphase gebracht werden. Diese beinhaltet insbesondere die Ausgestaltung der Backstop-Vereinbarung, in der die Einbindung des Investors in den Emissionsprozess der Bezugsrechtsemission vertraglich geregelt wird. Backstop-Vereinbarungen weisen bei Bezugsrechtsemissionen oftmals charakteristische Regelungsinhalte auf. Nachfolgend wird zunächst die grundlegende Struktur der Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors dargestellt (dazu unter a)), wobei in diesem Zusammenhang auch die Festlegung des Backstop-Preises untersucht wird. Wird die Backstop-Vereinbarung mit einem bestehenden Aktionär abgeschlossen, so versucht dieser in der Regel, seine bestehende Beteiligung durch den Erwerb nicht bezogener Aktien auszubauen. Hierbei kann der Aktionär gleichwohl daran interessiert sein, die auf der Grundlage der Backstop-Vereinbarung erworbene Beteiligung der Größe nach zu begrenzen (dazu unter b)). Im Gegensatz dazu kann es, insbesondere im Falle von Backstop-Garantien durch externe Investoren, angezeigt sein, dem Aktienerwerb nach unten hin eine Grenze zu setzen, wenn der Investor am Erwerb einer Mindestbeteiligung interessiert ist und bei Nichterreichen einer bestimmten Beteiligungsschwelle von der Investition Abstand nehmen will (dazu unter c)). 114 Erwägungsgrund Nr. 23 MAR; darauf verweisend auch Krämer/Gillessen, in: MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 10.34.

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a) Inhalt der Erwerbsverpflichtung Der maßgebliche Inhalt der Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors besteht in einem Erwerb nicht bezogener Aktien, wobei der Investor die Zahlung des Bezugspreises je Aktie zusichert (dazu unter aa)). Hinsichtlich der Preisfestlegung stellt sich gleichwohl die Frage, ob eine Gleichsetzung des durch den Backstop-Investor zu zahlenden Erwerbspreises mit dem Bezugspreis zwingend erforderlich ist, oder ob eine Gewährung von Abschlägen zum Bezugspreis zugunsten des Investors zulässig sein kann (dazu unter bb)). Der Investor kann daran interessiert sein, die Erwerbsverpflichtung volumenmäßig einzugrenzen, indem Maximal- bzw. Mindestgrenzen in Bezug auf das zu erwerbende Aktienpaket vereinbart werden können (dazu unter cc)). Schließlich kann es sachgerecht sein, dass der Backstop-Investor sich einer Lock-up-Verpflichtung unterwirft (dazu unter dd)). aa) Erwerb nicht bezogener Aktien zum Bezugspreis Backstop-Vereinbarungen lassen sich als abgewandelte Form von Festbezugserklärungen beschreiben.115 Während Festbezugs- und Übernahmeerklärungen lediglich von Aktionären der Gesellschaft eingeholt werden, sind Backstop-Vereinbarungen nicht auf Investoren aus dem bestehenden Aktionärskreis beschränkt, sondern können ebenso mit externen Investoren abgeschlossen werden, denen sich auf diesem Wege die Gelegenheit zum erstmaligen Erwerb einer Beteiligung bietet.116 So wurden Backstop-Agreements in der jüngeren Emissionspraxis genutzt, um bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen gleichzeitig Platzierungssicherheit zu gewährleisten und Finanzinvestoren oder strategischen Investoren einen Einstieg zu ermöglichen.117 Werden Backstop-Vereinbarungen mit Altaktionären abgeschlossen, stellen sie sich als eine Kombination von Festbezugs- und Übernahmeerklärungen dar. Der Aktionär verpflichtet sich dann zur vollständigen Ausübung der auf ihn entfallenden Bezugsrechte sowie zusätzlich zum Erwerb weiterer, nicht bezogener Aktien zum Bezugspreis.118 Sollen externe Investoren durch eine Backstop-Vereinbarung an 115 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a; zu Festbezugsund Aktienübernahmeerklärungen bereits unter C. III. 116 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.118; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a; Schlitt/ Schäfer, CFL 2011, 410, 415. 117 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Manz AG im April 2016, die den Einstieg der Shanghai Electric Group Co., Ltd. auf der Grundlage einer Backstop- und Investitionsvereinbarung zur Folge hatte, vgl. den Wertpapierprospekt der Manz AG vom 21. 04. 2016, S. 57 ff. 118 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415. Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Hapag-Lloyd AG im September 2017, bei der sich die Kernaktionäre CSAV Germany Container Holding GmbH, Kühne Maritime GmbH, Qatar Holding Germany GmbH und The Public Investment Fund of the Kingdom of Saudi Arabia zur Ausübung ihrer Bezugsrechte

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einer Bezugsrechtskapitalerhöhung beteiligt werden, enthält ihre Verpflichtung meist lediglich die Übernahmekomponente, indem der Investor sich verpflichtet, nicht bezogene Aktien mindestens zum Bezugspreis zu übernehmen.119 Die Erwerbsverpflichtung eines Backstop-Investors gleicht insofern dem Risikotransfer beim Backstop Underwriting durch eine Emissionsbank.120 Auch die Backstop-Verpflichtung eines externen Investors kann als Kombination von Festbezug und zusätzlicher Aktienübernahme ausgestaltet werden. Der externe Investor erhält zu diesem Zweck Bezugsrechte eines Großaktionärs übertragen, deren Ausübung in der Backstop-Vereinbarung verbindlich zugesagt wird, während darüber hinaus eine Zeichnung weiterer, nicht bezogener Aktien vereinbart wird.121 Aus der Perspektive des Aktionärs bietet die Einbindung des Backstop-Investors die Gelegenheit, eine möglicherweise bevorzugte Verwässerung der eigenen Beteiligung im Rahmen der Kapitalerhöhung aktiv zu steuern. Die Zeichnungsverpflichtung des Aktionärs oder neuen Investors gerät nicht in Konflikt mit der Norm des § 187 AktG, die eine Zusicherung von Rechten auf den Bezug neuer Aktien nur unter dem Vorbehalt des Bezugsrechts der Aktionäre zulässt. Unter einer Zusicherung im Sinne der Norm wird jeder rechtsgeschäftliche Tatbestand verstanden, aus dem ein Recht zum Erwerb neuer Aktien aus der Kapitalerhöhung der Gesellschaft folgt.122 Eine Zusicherung auf den Erwerb liegt hingegen nicht vor, wenn sich lediglich der eine Vertragsteil einseitig zum Erwerb neuer Aktien verpflichtet.123 Da sich bei Backstop-Vereinbarungen nur der Investor einseitig zur Übernahme zuvor nicht bezogener Aktien verpflichtet und die Gesellschaft umgekehrt keine Zuteilung neuer Aktien garantiert, da das Backstop-Volumen vom Bezugsverhalten der Aktionäre abhängig ist, liegt in der Einholung der BackstopZusage keine Zusicherung von Aktien im Sinne von § 187 Abs. 1 AktG. bb) Rechtliche Verpflichtung zur Gleichsetzung des Backstop-Preises mit dem Bezugspreis? Betrachtet man einschlägige Backstop-Strukturen aus der Transaktionspraxis, so besteht ein immer wiederkehrendes Muster in der Gleichsetzung des Backstopsowie zum Erwerb weiterer Aktien verpflichteten, die im Rahmen des Bezugsangebots nicht erworben wurden, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Hapag-Lloyd AG vom 28. 09. 2017. 119 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415. 120 Dazu bereits unter C. IV. 1. 121 Bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung der Manz AG im April 2016 erhielt der Investor Shanghai Electric Group Co., Ltd. zunächst Bezugsrechte zum Bezug von 906.662 neuen Aktien übertragen, zu deren Ausübung sich der Investor in der Backstop- und Investitionsvereinbarung verpflichtete, vgl. den Wertpapierprospekt der Manz AG vom 21. 04. 2016, S. 57. 122 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187 Rn. 4; Hüffer/Koch, AktG, § 187 Rn. 2; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187 Rn. 5. 123 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187 Rn. 4; Hüffer/Koch, AktG, § 187 Rn. 2; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187 Rn. 6.

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Preises mit dem Bezugspreis.124 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft zu dieser gleichen Festsetzung von Backstop- und Bezugspreis rechtlich verpflichtet ist oder ob auch die Festlegung eines Backstop-Preises unterhalb des Bezugspreises zulässig ist, indem etwa prozentuale Abschläge auf den Bezugspreis gewährt werden. Hierdurch würde der Backstop-Investor allerdings in die Lage versetzt, die Bezugsaktien günstiger zu erwerben als Aktionäre, die ihre Bezugsrechte ausüben. Im Hinblick auf eine Festlegung des Backstop-Preises unterhalb des Bezugspreises wird im Schrifttum bisweilen die Gefahr eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses diskutiert. Insofern könne in der Zuteilung nicht platzierter Aktien an den Backstop-Investor zu einem den Bezugspreis unterschreitenden Preis ein faktischer Bezugsrechtsausschluss liegen, da die Aktionäre zu einem geringeren Preis möglicherweise ihr Bezugsrecht ausgeübt hätten.125 Unter dem Begriff des faktischen Bezugsrechtsausschlusses werden Maßnahmen zusammengefasst, welche die Ausübung des Bezugsrechts durch faktische Erschwerungen wesentlich behindern und somit die gleiche Wirkung wie ein förmlicher Bezugsrechtsausschluss entfalten.126 Es bedarf hierzu keiner praktischen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit; vielmehr wird es als ausreichend angesehen, wenn die Entscheidungsfreiheit des Bezugsberechtigten durch die Ausgestaltung des Bezugsangebots wesentlich eingeschränkt ist.127 Ein faktischer Bezugsrechtsausschluss ist nach herrschender Auffassung ebenso zu behandeln wie ein förmlich beschlossener Bezugsrechtsausschluss und bedarf daher einer Rechtfertigung durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft.128 Aus der Perspektive des Emittenten gilt es, einen faktischen Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre zu vermeiden, um nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, den hohen Anforderungen an die Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses gerecht werden zu müssen. Die Aktionäre können im Falle der Festsetzung des Backstop-Preises unterhalb des Bezugspreises insoweit faktisch an der Bezugsrechtsausübung gehindert sein, als 124 Beispiele sind etwa die Backstop-Strukturen bei den Bezugsrechtskapitalerhöhungen der Infineon Technologies AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 10. 07. 2009), der Manz AG (Ad-hocMitteilung vom 28. 02. 2016) und der Hapag-Lloyd AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 28. 09. 2017). 125 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 126 LG Düsseldorf, AG 1999, 134; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 39; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.95; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 121; Groß, AG 1993, 449, 454; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 43; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 140; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 100; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 14; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 186 Rn. 176. 127 Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 142; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 186 Rn. 176. 128 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 39; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 121; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 43; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 140; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 142; Veil, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 186 Rn. 14; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 186 Rn. 176.

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der Backstop-Investor die Aktien günstiger erwerben kann als die bezugsberechtigten Aktionäre, bevor diesen erneut die Gelegenheit eingeräumt wird, neue Aktien zu dem entsprechend herabgesetzten Preis zu beziehen. In Bezug auf die Verwertung nicht bezogener Aktien besteht im Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber, dass die Verwertung zu einem unter dem Bezugspreis liegenden Preis erst erfolgen darf, wenn die Aktien zuvor erneut den Aktionären zu dem jeweils niedrigeren Preis angeboten worden sind.129 Unter dieser Voraussetzung kann auch ein Erwerb nicht bezogener Aktien durch einen Backstop-Investor zu einem unterhalb des Bezugspreises festgelegten Backstop-Preis erst dann erfolgen, wenn die nicht bezogenen Aktien zuvor erneut den Aktionären angedient worden sind. Um diese Notwendigkeit eines erneuten Angebots nicht bezogener Aktien an die Aktionäre zu vermeiden, wird die Backstop-Vereinbarung in der Praxis stets so ausgestaltet, dass der Backstop-Investor die nicht bezogenen Aktien immer mindestens zum Bezugspreis erwirbt.130 Einer erneuten Andienung der nicht bezogenen Aktien bei den Aktionären bedarf es dann nicht, da nach im Schrifttum ganz herrschender Auffassung ein Nachbezugsrecht der Aktionäre jedenfalls von Gesetzes wegen nicht besteht.131 cc) Eingrenzung der Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors Aus der Sicht des Backstop-Investors kann es erforderlich werden, die Verpflichtung zum Erwerb nicht bezogener Aktien auf ein bestimmtes Volumen zu begrenzen. Die Erwerbsverpflichtung kann sowohl im Sinne einer Maximalbeteiligung nach oben begrenzt werden (dazu unter (1)) als auch im Sinne einer Mindestbeteiligung erst ab einem bestimmten Prozentsatz des Emissionsvolumens eingreifen (dazu unter (2)). (1) Maximalbeteiligung (Cap) Der Investor kann bei Abschluss der Backstop-Vereinbarung zunächst daran interessiert sein, die Anzahl der potenziell hinzu erworbenen Aktien auf ein bestimmtes maximales Übernahmevolumen (Cap) zu begrenzen. Der Grund für die Vereinbarung eines maximalen Übernahmevolumens kann einerseits in einem lediglich begrenzten Erwerbsinteresse des Backstop-Investors liegen. Ist dieser hin129 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 26; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2183; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 108; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 64; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 137 f.; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 186 Rn. 97. 130 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 10. 07. 2009, wonach der Backstop-Investor bis zu rund 326 Millionen nicht gezeichnete neue Aktien zum Bezugspreis übernehmen sollte. Vgl. auch die Ad-hoc-Mitteilung der Hapag-Lloyd AG vorm 28. 09. 2017, wonach die Backstop-Investoren sich verpflichteten, nicht bezogene Aktien zum Bezugspreis zu kaufen. 131 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.51; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 16; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 108; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 62; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 137.

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gegen am Erwerb einer möglichst großen Beteiligung interessiert, können sich die Grenzen für eine maximal angestrebte Beteiligung insbesondere aus den Vorgaben des Übernahmerechts ergeben132, im Speziellen aus § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG. Auf Grund einschlägiger Vorschriften des Übernahmerechts kann der Backstop-Investor im Falle einer Kontrollerlangung infolge des Anteilserwerbs zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet sein (dazu unter (a)). Von dieser Verpflichtung kann die BaFin wiederum für bestimmte Erwerbssituationen eine Befreiung erteilen, insbesondere dann, wenn die Gesellschaft sich in einer Sanierungssituation befindet (dazu unter (b)). (a) Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots Wer unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt, hat dies unter Angabe der Höhe seines Stimmrechtsanteils unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen, gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 WpÜG zu veröffentlichen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Eine Erlangung der Kontrolle ist beim Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte an einer Zielgesellschaft gegeben (§ 29 Abs. 2 WpÜG). Im Falle einer Kontrollerlangung hat der Bieter diese nicht nur entsprechend zu veröffentlichen, sondern auch innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Angebot zu veröffentlichen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Die Regelung zum Pflichtangebot verfolgt den Zweck, Minderheitsaktionären im Falle einer Unternehmensübernahme, der kein öffentliches Übernahmeangebot vorausgegangen ist, die Möglichkeit zur Veräußerung ihrer Beteiligung zu einem angemessenen Preis einzuräumen.133 Die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots wollen Backstop-Investoren regelmäßig vermeiden. Eine Vermeidung wird in der Regel bereits aus dem Grund erforderlich werden, dass der Investor weder am Erwerb sämtlicher Aktien der Gesellschaft interessiert noch dazu in der Lage ist, die finanziellen Aufwendungen für eine potenzielle Übernahme sämtlicher Aktien zu tragen. Darüber hinaus wollen sich die Investoren nicht dem erheblichen Aufwand bei der Erstellung einer Angebotsunterlage aussetzen. Aus diesem Grund sehen Backstop-Vereinbarungen regelmäßig vor, dass der Investor Aktien nur insoweit erwerben wird, als seine Gesamtbeteiligung unterhalb der Schwelle von 30 % des erhöhten Grundkapitals verbleibt.134 Die Eingehung der Backstop-Verpflichtung ist in diesen Fällen von vorneherein volumenmäßig begrenzt.

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Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1265; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415. BT-Drucks. 14/7034, S. 30. 134 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1265; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415. Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Jahr 2009, bei der die Backstop-Verpflichtung des Investors Admiral Participations S.à r.l. auf einen Anteil von 30 % minus einer Aktie des erhöhten Grundkapitals begrenzt war, vgl. den Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 76. 133

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

(b) Befreiung vom Pflichtangebot: Sanierungsbefreiung Eine Beteiligung von Backstop-Investoren, die eine Zeichnung neuer Aktien zu einem Mindestpreis garantieren, kann sich insbesondere bei Sanierungskapitalerhöhungen als wirkungsvoll erweisen.135 In Sanierungssituationen sind Kapitalerhöhungen meist Teil eines umfassenden Rekapitalisierungs- und Restrukturierungskonzepts, z. B. in dem Fall, dass auslaufende Finanzierungen nicht verlängert werden können oder bereits gegen Financial Covenants verstoßen wurde, wodurch Kreditgeber zur Kündigung berechtigt sind.136 Durch die Teilnahme des BackstopInvestors kann die Kapitalerhöhung mit hoher Wahrscheinlichkeit durchgeführt werden und ist durch den garantierten Backstop-Preis für die neuen Aktien in einem bestimmten Volumen abgesichert. In der Folge ist die Kapitalerhöhung zuweilen mit dem Abschluss neuer Kreditverträge verbunden, die wiederum unter der Bedingung der Durchführung der Kapitalerhöhung stehen können.137 Die Übernahme einer Backstop-Verpflichtung durch einen Investor kann in bestimmten Fällen sogar Voraussetzung für eine Platzierung der Kapitalerhöhung durch die Konsortialbanken sein.138 Für den Fall einer Sanierungssituation sieht das Übernahmerecht eine Privilegierung für eine Kontrollerlangung durch Investoren vor, welche zu einer Befreiung von der Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots führen kann. Die BaFin kann auf schriftlichen Antrag einen Bieter von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreien, sofern dies im Hinblick auf die Art der Erlangung, die mit der Erlangung der Kontrolle beabsichtigte Zielsetzung, ein nach der Erlangung der Kontrolle erfolgendes Unterschreiten der Kontrollschwelle, die Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft oder die tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers und der Inhaber der Aktien der Zielgesellschaft gerechtfertigt erscheint (§ 37 Abs. 1 WpÜG). Spezielle Befreiungstatbestände enthält die WpÜG-AngebV, die das Bundesministerium der Finanzen auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 37 Abs. 2 Satz 1 WpÜG am 27. 12. 2001 erlassen hat.139 Die WpÜG-AngebV konkretisiert u. a. die Voraussetzungen einer Befreiung im Hinblick auf die mit der Kontrollerlangung beabsichtigte Zielsetzung. So kann die BaFin insbesondere im Zusammenhang mit einer Sanierung der Zielgesellschaft eine Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung der Kontrollerlangung und zur Abgabe eines Pflichtangebots erteilen (§ 37 Abs. 1, 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngebV). Der Zweck der Ausnahmeregelung liegt darin begründet, dass der Erhalt eines Unternehmens 135

Zu typischen Sanierungssituationen bereits unter C. II. 4. a) aa). Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.4. 137 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.4. 138 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.118. 139 BGBl. 2001/I 4263. 136

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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nicht aus dem Grund gefährdet werden soll, dass ein sanierungswilliger Investor die mit einem Pflichtangebot verbundenen Lasten nicht tragen kann oder will.140 Nach den Erwägungen des Gesetzgebers könnte eine ausnahmslose Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots unerwünschte Auswirkungen auf die Bereitschaft von Investoren zur Beteiligung an Sanierungsbemühungen haben und somit letztlich den Interessen von Minderheitsaktionären sowie Arbeitnehmern zuwiderlaufen.141 Von diesem Befreiungstatbestand kann auch der jeweilige Backstop-Investor profitieren. Formell hat der potenzielle Backstop-Investor zunächst einen Antrag auf Befreiung von der Veröffentlichungs- und Angebotspflicht bei der BaFin zu stellen (§ 37 Abs. 1, 2 WpÜG i.V.m. § 8 Satz 1 WpÜG-AngebV). Materiell setzt die Befreiung voraus, dass die Gesellschaft sanierungsbedürftig ist.142 Für den Nachweis einer Sanierungsbedürftigkeit wird es teilweise als ausreichend angesehen, dass sich die wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft gegenüber der Vergangenheit nachhaltig verschlechtert hat und die Gesellschaft nicht über die für die Wiederherstellung der Rentabilität erforderlichen Mittel verfügt.143 Eine Gegenauffassung geht erst beim Vorliegen bestandsgefährdender Risiken im Sinne von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB von einer Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft aus.144 Die letztgenannte Auffassung deckt sich mit der wohl herrschenden Verwaltungspraxis der BaFin.145 Der Backstop-Investor hat folglich im Einzelfall eine Sanierungsbedürftigkeit der Gesellschaft infolge bestandsgefährdender Risiken im Sinne des § 321 Abs. 1 Satz 1 HGB darzulegen, um in den Genuss der Sanierungsbefreiung zu kommen. Daneben muss die Gesellschaft auch sanierungsfähig sein.146 Davon ist auszugehen, soweit die BaFin im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung des Sanierungskonzepts des Investors feststellt, dass bei dessen Umsetzung für das Unternehmen der Zielgesellschaft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine positive Fortsetzungsprognose gefällt werden kann.147 Die Eignung des Sanierungskonzepts vermag der 140

Andreas H. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 41. BT-Drucks. 14/7034, S. 81. 142 Andreas H. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 42; Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 18. 143 Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 12; Wiesbrock, NZG 2005, 294, 297 f.; Versteegen, in Köln.Komm. WpÜG Anh. § 37 Rn. 14; Ekkenga, in: Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG § 37 Rn. 24. 144 Andreas H. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 42. 145 Vgl. die veröffentlichte Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung der Kontrollerlangung und Abgabe eines Pflichtangebots für Aktien der Senator Entertainment AG, abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Befreiungsentscheidung/senator.html?nn=7845970. 146 Andreas H. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 44; Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 21. 147 Andreas H. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 37 Rn. 42; Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 21. 141

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Investor etwa durch die Vorlage eines Wirtschaftsprüfergutachtens nachzuweisen.148 Die Erteilung der Sanierungsbefreiung zugunsten des Backstop-Investors setzt schließlich voraus, dass dieser durch seine Beteiligung an der Kapitalerhöhung eine Sanierung tatsächlich bezweckt und einen Sanierungsbeitrag leistet.149 Der Sanierungsbeitrag muss dabei hinreichend konkret und verbindlich ausgestaltet sein und der daraus resultierende Vorteil muss für die Zielgesellschaft messbar sein, so dass sie zur Krisenbeseitigung und mithin zum Fortbestand der Zielgesellschaft maßgeblich beitragen.150 Dieser Beitrag wird durch die im Zuge der Durchführung der Kapitalerhöhung zu erbringenden Bareinlage des Backstop-Investors regelmäßig gewährleistet sein.151 Liegen die Voraussetzungen vor, kann die BaFin eine Sanierungsbefreiung zugunsten des Backstop-Investors erteilen. Die Wirksamkeit der Backstop-Vereinbarung kann auch durch die Erteilung einer Sanierungsbefreiung aufschiebend bedingt werden.152 (2) Mindestbeteiligung (Floor) Im Gegensatz zu der Begrenzung des Aktienerwerbs auf eine Maximalbeteiligung kann dem Backstop-Investor auch an der Vereinbarung einer Mindestbeteiligung (Floor) gelegen sein.153 Der Hauptgrund für eine derartig bedingte Backstop-Vereinbarung wird regelmäßig darin bestehen, dass der Investor eine bestimmte Mindestquote an Stimmrechten erwerben möchte, um seine Ziele innerhalb der Gesellschaft durchsetzen zu können.154 Will man mit der Etablierung eines Cap oftmals das Erreichen der Schwelle von 30 % der Stimmrechte und damit einen Kontrollerwerb im Sinne des WpÜG vermeiden, kann umgekehrt das Erreichen dieser Schwelle gerade das Ziel des Investors sein. Die 30 %-Beteiligungsschwelle ist übernahmerechtlich von Bedeutung, da ein Halten von 30 % der Stimmrechte auf Grund der heute üblichen Hauptversammlungspräsenzen mit einer praktischen Mehrheit in der Hauptversammlung und einer beherrschenden Einflussnahme auf die Gesellschaft einhergeht.155 In bestimmten Fällen wurde die Übernahme der Back148

Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 22. Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 22. 150 Strunk/Linke, in: Reformbedarf und Übernahmerecht, S. 41; Schmiady, in: Steinmeyer, WpÜG, § 37 Rn. 30. 151 Schlitt, in: Münch.Komm. AktG, Anhang zu § 37 WpÜG Rn. 23. 152 Ein Beispiel ist die Kapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Dezember 2016. Die Verpflichtungen des Backstop-Investors Fosun International Ltd. aus der Backstop-Vereinbarung waren u. a. durch die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Übernahmeangebots an alle Aktionäre gem. § 37 WpÜG durch die BaFin bedingt, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 09. 11. 2016. 153 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1265. 154 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1265, mit Verweis auf eine beispielhafte Mindestbeteiligung von 15 % des erhöhten Grundkapitals. 155 Wackerbarth, in: Münch.Komm. AktG, § 29 WpÜG Rn. 9, vgl. auch BT-Drucks. 14/ 7034, S. 53. 149

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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stop-Verpflichtung entsprechend durch das Erreichen einer Mindestbeteiligung von 30 % der Stimmrechte nach Durchführung der Kapitalerhöhung bedingt, um die Kontrolle über die Gesellschaft zu erlangen.156 In diesem Zusammenhang kann sich der Backstop-Investor zugleich gegenüber der Gesellschaft für den Fall des Erreichens der angestrebten Beteiligungsschwelle zur Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots für sämtliche Aktien bereiterklären.157 Der Umfang eines dem Backstop-Investor finalerweise zuteilbaren Aktienpaketes hängt bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen in aller Regel vom ungewissen Bezugsverhalten der Aktionäre ab. Es besteht also die Möglichkeit, dass nach Ablauf der Bezugsfrist bei einer hohen Bezugsquote die vom Backstop-Investor angestrebte Mindestbeteiligung nicht erreicht werden kann. Um den Erwerb des vom Investor angestrebten Mindestvolumens zu gewährleisten, bietet sich – wie im Falle der Vorabplatzierung – ein Verzicht einzelner Großaktionäre auf ihre Bezugsrechte bzw. auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist an.158 Dieser Verzicht bedarf einer frühzeitigen Abstimmung, da sich durch die Nichtausübung der Bezugsrechte und den Erwerb der auf sie entfallenden Aktien durch einen anderen Investor auch die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft entsprechend ändern werden. Kann das Mindestvolumen des Backstop-Investments nicht durch einen Verzicht einzelner Aktionäre auf ihre Bezugsrechte abgedeckt werden, besteht die Möglichkeit, dass das finale Zuteilungspaket des Backstop-Investors hinter dessen angestrebter Beteiligungsgröße zurückbleibt. Für diesen Fall sieht die zugrundeliegende Vereinbarung regelmäßig ein vertragliches Rücktrittsrecht des Investors vor.159 dd) Lock-up-Verpflichtung des Investors Die Ausgestaltung von Backstop-Vereinbarungen, insbesondere in Gestalt der Vereinbarung einer nach Durchführung der Kapitalerhöhung gehaltenen Mindestbeteiligung, ermöglicht es dem Investor, eine Beteiligung in erheblichem Umfang zu 156 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Gigaset AG im September 2013, die mit der gleichzeitigen Begebung einer Wandelschuldverschreibung kombiniert wurde. Die Goldin Fund Pte. Ltd., Singapur verpflichtete sich als Backstop-Investor zum Erwerb sämtlicher neuer Aktien sowie sämtlicher Wandelschuldverschreibungen, die von den Aktionären innerhalb der Bezugsfrist nicht bezogen wurden. Die Verpflichtung war dabei an die Bedingung geknüpft, dass die Goldin Fund Pte. Ltd. in der Lage sein würde, nicht bezogene neue Aktien sowie Wandelschuldverschreibungen in einem Umfang von mindestens 30 % des Grundkapitals (nach Ausgabe aller neuen Aktien und nach Wandlung aller Schuldverschreibungen) zu erwerben, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Gigaset AG vom 27. 09. 2013. 157 So verpflichtete sich die Goldin Funds Pte. Ltd. bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung und der Emission der Wandelschuldverschreibung der Gigaset AG auch zur Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Gigaset AG vom 27. 09. 2013. 158 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416; zu einem Verzicht auf Bezugsrechte bzw. auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist und zur freien Platzierbarkeit der auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien noch ausführlich unter C. V. 4. b) aa) (2). 159 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

erwerben. Der Investor wird infolge der Kapitalerhöhung meist zu einem der Hauptaktionäre der Gesellschaft. Infolgedessen wird er in die Lage versetzt, ein erhebliches Aktienpaket alsbald nach der Kapitalerhöhung weiter veräußern zu können. Die Veräußerung umfangreicher Aktienpakete kann zu einem Angebotsüberhang von Aktien der Gesellschaft am Markt führen und einen erheblichen Verwässerungseffekt nach sich ziehen. Um diese negativen Auswirkungen auf den Aktienkurs der Gesellschaft zu unterbinden, verpflichtet sich der Backstop-Investor regelmäßig zu einem Lock-up, wodurch er daran gehindert wird, über einen bestimmten Zeitraum (von meist 12 Monaten) Aktien des Emittenten am Markt zu veräußern.160 b) Entgeltregelungen zugunsten des Backstop-Investors Backstop-Vereinbarungen enthalten zum Teil bestimmte Entgeltregelungen im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Backstop-Investor. Hierbei sind zwei unterschiedliche Arten von Entgeltregelungen zu unterscheiden. Einerseits kann eine Provisionszahlung an den Backstop-Investor vorgesehen werden. Der Investor erhält in der Investitionsvereinbarung eine Vergütung zugesichert. Diese bildet eine synallagmatische Gegenleistung für die mit der Eingehung der Backstop-Verpflichtung verbundene Übernahme des Platzierungs- und Preisrisikos, die ansonsten regelmäßig der konsortialführenden Bank obliegt. Davon zu unterscheiden ist die Gewährung einer sog. Break-up-fee. Dabei handelt es sich um die Gewährung einer Kompensationszahlung für den Fall, dass es nicht zur Durchführung der Kapitalmaßnahme kommt161 oder dass der Investor die angestrebte Beteiligungsgröße nicht erreicht. Die Break-up-fee steht nicht im synallagmatischen Verhältnis mit der teilweisen Übernahme des Platzierungs- und Preisrisikos, sondern entspricht einem Aufwendungsersatzanspruch (§§ 675 Abs. 1, 670 BGB), der die mangels Durchführung der Kapitalmaßnahme oder mangels Erreichen einer bestimmten Beteiligungsschwelle erfolglosen Aufwendungen des Investors kompensieren soll. Sowohl die Zahlung einer Provision an den Backstop-Investor als auch die Gewährung einer Break-up-fee sind in rechtlicher Hinsicht zum Teil umstritten. Sie unterliegen den Anforderungen des AktG und sind an dessen Vorgaben zu messen. Insbesondere die Regelungen zur Kapitalerhaltung (§§ 57, 71 ff. AktG) bilden mögliche Schranken für Entgeltzahlungen an bestehende oder zukünftige Aktionäre. Im folgenden Abschnitt soll die Vereinbarkeit von Entgeltzahlungen an den Backstop-Investor mit den Vorgaben des AktG untersucht werden. Dabei wird zwischen 160

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416. Ein Beispiel ist die Lock-up-Verpflichtung des Backstop-Investors bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG, vgl. den Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 78. Zu der parallelen Problematik beim Aktienerwerb durch einen Cornerstone-Investor beim Börsengang bereits unter B. IV. 3. d). 161 Fleischer, AG 2009, 345, 346.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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einer Provisionszahlung als Gegenleistung für die Risikoübernahme (dazu unter aa)) sowie der Gewährung einer Break-up-fee unterschieden (dazu unter bb)). aa) Provisionszahlungen an den Backstop-Investor Investoren, die sich zu einem Backstop-Investment bereit erklären, lassen sich von den Emittenten bisweilen eine Provision für die Übernahme des Platzierungs- und Preisrisikos gewähren.162 Diese Art der Vergütung ist in verschiedener Hinsicht an den Vorgaben zu messen, die das AktG für Zahlungen der Gesellschaft an aktuelle oder zukünftige Aktionäre aufstellt. Einerseits hat die Gesellschaft stets das Verbot der Einlagenrückgewähr zu beachten (§ 57 AktG). Andererseits ist sie auf Grund zwingender gesetzlicher Vorgaben daran gehindert, einen Aktienerwerb finanziell zu unterstützen (§ 71a AktG). Beide Regelungsbereiche des AktG sind durch Provisionszahlungen an den Backstop-Investor berührt. Die nachfolgende Darstellung unternimmt es, eine mögliche Kollision der Backstop-Provision mit diesen Normen zu untersuchen. (1) Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) Aktionären dürfen ihre Einlagen grundsätzlich nicht zurückgewährt werden (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Norm enthält die zentrale Bestimmung über die aktienrechtliche Vermögensbindung.163 Sie normiert den Grundsatz der Kapitalerhaltung und soll sicherstellen, dass das im Handelsregister ausgewiesene Kapital aufgebracht wurde und dass dieses nicht willkürlich an die Anteilseigner zurückfließt, sondern zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der AG zur Verfügung steht.164 Bei einer auf Grundlage einer Backstop-Vereinbarung an den Investor gezahlten Provision kommt grundsätzlich in Betracht, dass eine derartige Zahlung gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung verstößt. In diesem Zusammenhang ist zunächst fraglich, ob eine Zahlung an den Backstop-Investor als erst „künftigen“ Aktionär vom Einlagenrückgewährverbot erfasst sein kann. (a) Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG Soweit nicht ein Altaktionär, sondern ein externer Investor eine Backstop-Verpflichtung eingeht, wird der Investor erst im Zuge der Durchführung der Kapitalerhöhung durch die Zeichnung neuer Aktien zum Aktionär. Daher greift auch in dieser Konstellation das Verbot der Rückgewähr von Einlagen nur unter der einschränkenden Voraussetzung ein, dass zwischen einer verbotswidrigen Leistung und dem Erwerb von Aktien ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen und die Leistung mit Rücksicht auf die künftige Aktionärseigenschaft erfolgen 162

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416. Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 1. 164 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 1. 163

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

muss.165 Wie auch bei der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten von Cornerstone-Investoren ist bei Provisionszahlungen an einen Backstop-Investor davon auszugehen, dass die Gesellschaft die Provisionszahlung gerade zu dem Zweck aufwendet, um für den Investor einen Anreiz zur Eingehung der Backstop-Verpflichtung und damit auch einen Anreiz zum Aktienerwerb zu schaffen. Die Provisionszahlung erfolgt damit im Hinblick auf die künftige Aktionärseigenschaft des Backstop-Investors. Auch steht sie im unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung. Die Ausgangslage ist folglich ähnlich gelagert wie im Fall des Cornerstone-Investments, so dass der Verbotstatbestand unabhängig davon eingreift, ob es sich bei dem Backstop-Investor um einen Aktionär oder um einen externen Investor handelt. (b) Tatbestand des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG Es wurde bereits im Zusammenhang mit Cornerstone-Investments dargestellt, dass ein Abschluss von Geschäften zu marktüblichen Konditionen mit Aktionären nach allgemeiner Auffassung zulässig und damit vom Einlagenrückgewährverbot ausgenommen ist.166 Voraussetzung ist stets, dass die jeweilige Leistung der Gesellschaft an den Aktionär durch eine gleichwertige Gegenleistung des Aktionärs ausgeglichen wird.167 Im Hinblick auf die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer Provision stellt sich die Frage, ob diese als ein marktübliches Geschäft anzusehen ist, das vom Verbot der Einlagenrückgewähr nicht erfasst ist. Die Frage ist im Schrifttum umstritten und kann unterschiedlich beurteilt werden. (aa) Backstop-Provision als marktübliches Geschäft Im Schrifttum wird die Zahlung einer Provision als Gegenleistung für die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung im Hinblick auf § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG zum Teil für zulässig gehalten und eine verbotene Einlagenrückgewähr in Form der Provisionszahlung verneint.168 Zur Begründung der Zulässigkeit wird ein Vergleich zwischen der Provisionszahlung an den Backstop-Investor und der Zahlung einer Sub-Underwriting-Fee an eine Bank gezogen. Beim Sub-Underwriting handelt es sich um eine partielle Weitergabe von Übernahmerisiken von Konsortialbanken an

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BGH, NJW-RR 2008, 421, 422; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 113; Cahn/ von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 54; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 119; Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 18; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275 f.; dazu bereits unter B. IV. 3. c) bb) (1) (a). 166 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 48; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 15; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 41 ff.; Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 7; dazu bereits unter B. IV. 3. c) bb) (1) (b) (aa). 167 BGHZ 190, 7 („Telekom-III“); BGHZ 179, 71; dazu bereits unter B. IV. 3. c) bb) (1) (b) (aa). 168 Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 98; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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solche Banken, die keine Mitglieder des Emissionskonsortiums sind.169 Durch diese Form der Übernahme erklären sich die Banken gegenüber der jeweiligen Konsortialbank und gegen Zahlung einer Provision bzw. gegen Weiterleitung eines Teils der Provision zur Übernahme solcher Wertpapiere bereit, die nicht (vollständig) platziert werden konnten.170 In Bezug auf Provisionszahlungen an einen Backstop-Investor wird argumentiert, diese seien zulässig, soweit sie sich bei Betrachtung angemessener Underwriting-Gebühren von Konsortialbanken im Rahmen der Marktüblichkeit hielten.171 Es handele sich dann um ein marktübliches Entgelt für das Eingehen des Übernahmerisikos, nicht hingegen um eine Vorfinanzierung der zu erbringenden Einlage.172 Die Gesellschaft erspare sich durch die Backstop-Provision die Aufwendungen in Form der Gebühren für ein Hard Underwriting durch die Konsortialbanken, so dass die Provision nicht als Einlagenrückgewähr angesehen werden könne.173 Zwar wird auch auf den Umstand verwiesen, dass die Interessenlage des Backstop-Investors typischerweise von derjenigen der Konsortialbanken abweiche, da sich das von der Konsortialbank übernommene Risiko einer erfolglosen Platzierung der Aktien aus deren Sicht gerade nicht realisieren soll, wohingegen der Investor die Übernahme der Aktien garantiere, die er zu übernehmen bereit sei.174 Da die Konsortialbank ihr Risiko jedoch im Rahmen eines Sub-Underwriting gegen Zahlung einer Provision weitergeben könne, spreche letztlich nichts gegen eine unmittelbare Vergütung des Investors durch die Gesellschaft.175 (bb) Unüblichkeit der Backstop-Provision im Marktvergleich Von anderen Literaturstimmen wird die Zahlung einer Backstop-Provision an den Investor vor dem Hintergrund des Einlagenrückgewährverbots kritisch gesehen.176 Die Interessenlagen im Falle eines Hard Underwriting der Konsortialbank und einer Backstop-Verpflichtung durch einen Investor unterschieden sich so stark, dass sie kaum substituierbar seien.177 Der Investor sei als dauerhafter Eigenkapitalgeber in einer Sanierungssituation nicht zuletzt an der Sicherung seines getätigten Invest169 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.19; Schäcker/ Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.11; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 280. 170 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.19; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 280 („Commitment Fee“). 171 Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416; Meyer, in: Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 172 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 173 Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 98. 174 Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 98. 175 Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 98. 176 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275 f. 177 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

ments sowie an der Abwendung eines Totalverlusts interessiert.178 Die Konsortialbanken hingegen gingen ein Hard Underwriting nur nach sorgfältiger Risikoabwägung sowie gerade in der Erwartung ein, die Aktien alsbald weiter zu platzieren.179 Generell sei ein Backstop-Investor eher an einer langfristigen Anlage interessiert, was auch in vertraglichen Lock-up-Vereinbarungen zum Ausdruck komme.180 Für die Bank hingegen stelle sich das Übernahmerisiko bei Aktienemissionen lediglich als eine Dienstleistung dar.181 Die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer Provision gehöre zu denjenigen Geschäften, welche keine Entsprechung auf dem Markt hätten und die von der Gesellschaft auf Grund des Zusammenhangs mit dem Bezug neuer Aktien generell nur im Verhältnis zu einem existierenden oder zukünftigen Aktionär vorgenommen werden könnten, nicht dagegen im Verhältnis zu einem Dritten.182 Aus diesem Grund wird bezüglich der Zahlung einer Backstop-Provision zum Teil ein erhöhter Rechtfertigungsaufwand betrieben, um eine Zulässigkeit der Provisionszahlung bei Geltung des Einlagenrückgewährverbots zu begründen.183 (cc) Streitentscheid Der letztgenannten Ansicht, die eine Marktüblichkeit der Zahlung einer Provision an den Backstop-Anleger bezweifelt, ist zuzugeben, dass sich die Interessenlage des Backstop-Anlegers regelmäßig von derjenigen einer Bank in der Rolle des SubUnderwriters unterscheiden wird. Die bisher genannten Beispiele aus der Emissionspraxis zeigen, dass Backstop-Investoren mit ihrem Engagement im Rahmen der Kapitalerhöhung oftmals eine Mindestbeteiligung erwerben wollen. Zum Teil wollen sie auch eine bereits bestehende Beteiligung weiter ausbauen und sind damit maßgeblich an einem längerfristigen Investment interessiert. Den Banken, die das Übernahmerisiko teilweise im Rahmen eines Sub-Underwriting übernehmen, wird es hingegen gerade um einen Gewinn in Form der gezahlten Provision gehen, wenngleich dieser Schluss nicht zwingend ist und auch die Bank im Einzelfall an einer dauerhaften Anlage in Aktien der Gesellschaft interessiert sein kann. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass die Gesellschaft sich mit der Provision in bestimmtem Maße eine gesicherte Durchführung der Transaktion erkauft. Die Vereinbarung mit dem Backstop-Investor stellt sicher, dass ein bestimmter Anteil des Kapitalerhöhungsvolumens sicher platziert wird. Die Beteiligung des BackstopInvestors kann vor diesem Hintergrund ein positives Signal an den Markt senden und 178

Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275. Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275. 180 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 29; zu vertraglichen Lock-upVerpflichtungen des Backstop-Investors bereits unter C. IV. 3. a) dd). 181 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 29. 182 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1276. 183 Vgl. Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1276 f., unter anderem auf ein überragendes Interesse der Gesellschaft als Rechtfertigungsgrund abstellend. 179

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für Aktionäre einen zusätzlichen Beweggrund für die Teilnahme an der Kapitalerhöhung darstellen.184 Es kann letztlich keinen Unterschied machen, ob die Gesellschaft gegenüber der Konsortialbank direkt den Preis für ein Hard Underwriting in Gestalt einer erhöhten Bankenprovision zahlt, oder ob sie die Provision an einen (künftigen) Investor leistet, dessen langfristiges Engagement sich nachhaltig positiv auf die Entwicklung der Gesellschaft auswirken kann. Denn während der Investor unter Umständen auch daran interessiert sein wird, der Gesellschaft für den Fall weiterer Kapitalmaßnahmen zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, beschränkt sich die Wirkung einer Provisionszahlung an die Banken auf deren Teilnahmebereitschaft an der Transaktion. Die Nachhaltigkeit des Backstop-Investments rechtfertigt es, die Provisionszahlung an den Backstop-Investor als vor dem Hintergrund des Einlagenrückgewährverbots zulässig anzusehen, soweit sie sich der Höhe nach an einer marktüblichen Sub-Underwriting-Provision orientiert. (2) Verdeckte Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 AktG) oder unzulässiges Hinund Herzahlen (§ 27 Abs. 4 AktG) Die in der Backstop-Vereinbarung garantierte Übernahme nicht platzierter Aktien stellt eine Leistungszusage des Backstop-Investors an die Gesellschaft dar. Da diese Zusage im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einlageleistung und der Zeichnung neuer Aktien getätigt wird, kann sich die Eingehung der Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer Provision als verdeckte Sacheinlage oder als ein „Hin- und Herzahlen“ darstellen. Die Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 AktG) sowie zum Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 4 AktG) sind im Recht der Gründung angesiedelt. Der zweite Abschnitt des AktG zu den Maßnahmen der Kapitalbeschaffung verweist auf die Vorschriften, so dass die Problemstellungen auch bei der Kapitalerhöhung virulent werden (vgl. § 183 Abs. 2 Satz 1 AktG). (a) Verdeckte Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 Satz 1 AktG) Die Einlage auf neue Aktien kann nicht nur in Form einer Bareinlage, sondern auch auf andere Weise als durch Einzahlung des Ausgabebetrags geleistet werden (Sacheinlage, § 27 Abs. 1 Satz 1 AktG). Für Sacheinlagen gelten sowohl im Rahmen der Gründung als auch bei nachfolgenden Kapitalerhöhungen besondere Vorgaben. So muss bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen der Gegenstand der Sacheinlage ebenso in der Satzung festgesetzt werden wie die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt und der Nennbetrag bzw., bei Stückaktien, die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AktG). Bei Kapitalerhöhungen ist, wie auch bei der Gründung, mit der Erbringung von Sach184 Vgl. Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40 zur Festbezugserklärung durch einen Aktionär. Ein prominentes Beispiel für die Beteiligung eines Backstop-Investors als vertrauensbildende Maßnahme ist die hohe Bezugsquote von 96,7 % bei der Kapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Jahr 2009, vgl. die Presseinformation zum Ergebnis der Kapitalerhöhung vom 04. 08. 2009. Siehe dazu ausführlich noch unter C. IV. 4. a) aa) (2).

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einlagen ein aufwendiges Kontrollverfahren verbunden: es muss eine Sacheinlageprüfung stattfinden, bei der unter anderem die Werthaltigkeit der Sacheinlage geprüft und festgestellt werden muss, ob der Wert der Sacheinlagen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien erreicht (§ 183 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG). (aa) Begriff der verdeckten Sacheinlage Das Prüfungsverfahren bei Sachgründung und Sachkapitalerhöhungen wurde in der Praxis bisweilen umgangen, indem die Sachgründung bzw. Sachkapitalerhöhung in zwei (oder mehr) Vorgänge aufgeteilt wurde. Der Zeichner kann etwa zunächst eine Bareinlageverpflichtung übernehmen und eine Bareinlage leisten, woraufhin die Gesellschaft sodann im Rahmen eines schuldrechtlichen Erwerbsgeschäftes den tatsächlich zur Einbringung bestimmten Gegenstand erwirbt.185 Im Falle einer umgekehrten Ausgestaltung erwirbt die Gesellschaft zunächst vom Zeichner den tatsächlich zur Einlage bestimmten Gegenstand, woraufhin der Zeichner mit den hierdurch von der Gesellschaft erlangten Mitteln seine Einlage zahlt.186 Diese „verdeckten“ Sacheinlagen haben zur Folge, dass der Gesellschaft weder effektiv noch auf Dauer Barkapital und Neuliquidität zugeführt wird, obwohl eine Barleistung vereinbart, gezeichnet, angemeldet sowie im Handelsregister eingetragen und publiziert wird.187 Eine verdeckte Sacheinlage liegt nach der im Zuge des ARUG eingefügten Definition des Gesetzgebers vor, wenn die Geldeinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist (§ 27 Abs. 3 Satz 1 AktG). Der Inferent wird in diesem Fall von der Verpflichtung zur Einlageleistung zwar nicht befreit, der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft (bzw. des Kapitalerhöhungsbeschlusses) zur Eintragung ins Handelsregister jedoch auf die Bareinlagepflicht des Aktionärs angerechnet (sog. Anrechnungslösung, vgl. § 27 Abs. 3 Satz 3 AktG).188 Trotz der nunmehr existierenden gesetzlichen Begriffsbestimmung stellen Rechtsprechung wie herrschende Literaturauffassung weiterhin auf den bereits vor der Einführung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG herrschenden, durch die Rechtsprechung des BGH ausgeformten Begriff der verdeckten Sacheinlage ab.189 Dies ist 185

Pentz, in: Münch.Komm. AktG, § 27 Rn. 77; Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 23, jeweils für den Fall der Sacheinlagegründung. 186 Pentz, in: Münch.Komm. AktG, § 27 Rn. 77, für den Fall der Sacheinlagegründung. 187 Katzenstein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 27 Rn. 103. 188 Die vormals herrschende Auffassung ging hingegen davon aus, dass die Bareinlagepflicht durch die erbrachte Zahlung des Inferenten nicht erfüllt werden konnte und dieser dazu verpflichtet war, die geschuldete Bareinlage erneut zu erbringen, vgl. BGHZ 113, 335, 347 f.; BGHZ 119, 177, 188. 189 So ausdr. BGHZ 184, 158 („Eurobike“); vgl. aus dem Schrifttum etwa Arnold, in: Köln.Komm. AktG, § 27 Rn. 89; Bayer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG § 27 Rn. 59; Hüffer/Koch,

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darauf zurückzuführen, dass die Lehre von der verdeckten Sacheinlage nicht auf die Bewertung einer Geldeinlage als Sacheinlage zielte, sondern vielmehr der Erfassung von Umgehungsgeschäften diente.190 Bei der Einführung des mit § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG inhaltlich übereinstimmenden § 19 Abs. 4 GmbHG durch das MoMiG ging der Gesetzgeber davon aus, die abstrakte Umschreibung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage setze auf die in der Rechtsprechung übliche Definition auf, so dass eine Kontinuität gewahrt bleibe.191 Da mit der Einführung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG eine einheitliche Rechtslage bei AG und GmbH geschaffen werden sollte192, ist davon auszugehen, dass die auch für das Aktienrecht eingeführte Definition die vormalige Behandlung verdeckter Sacheinlagen durch die Rechtsprechung nicht ändern sollte. Diese Sichtweise hat der BGH im „Eurobike-Urteil“ ausdrücklich bestätigt.193 (bb) Backstop-Provision als Gegenleistung für marktübliche Dienstleistung (§ 27 Abs. 2 HS. 2 AktG)? Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH werden bei der verdeckten Sacheinlage die Regeln über die Kapitalaufbringung durch eine Sacheinlage dergestalt umgangen, dass eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung vom Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll.194 Tatbestandlich kann es sich jedoch nur dann um eine verdeckte Sacheinlage handeln, wenn eine sacheinlagefähige Leistung eingebracht wird.195 Verpflichtungen zu Dienstleistungen können hingegen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung keine Sacheinlagen sein (§ 27 Abs. 2 HS. 2 AktG).196 Auf Dienstleistungen, die der Bezieher neuer Aktien im zeitlichen Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung entgeltlich für die AG erbracht hat oder durch eine von ihm abhängige Gesellschaft hat erbringen lassen, finden die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage nach ständiger AktG, § 27 Rn. 26; Pentz, in: Münch.Komm. AktG, § 27 Rn. 91; Solveen, in: Hölters, AktG, § 27 Rn. 30. Dahin weist auch der Bericht des Rechtsausschusses zur Beschlussempfehlung des ARUG, der ausführt, mit den Tatbestandsmerkmalen „wirtschaftliche Betrachtung“ und „Abrede“ würden lediglich allgemein die Voraussetzungen einer Gesetzesumgehung definiert. Eine Fortentwicklung der Regeln zur verdeckten Sacheinlage bleibe Rechtsprechung und Lehre vorbehalten, vgl. BT-Drucks. 16/13098, S. 37. 190 Arnold, in: Köln.Komm. AktG, § 27 Rn. 89; Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 26; Pentz, in: Münch.Komm. AktG, § 27 Rn. 91. 191 BT-Drucks. 16/6140, S. 40. 192 BT-Drucks. 16/13098, S. 37. 193 BGHZ 184, 158 („Eurobike“). 194 BGHZ 184, 158 („Eurobike“); BGHZ 182, 103; BGHZ 180, 38 („Qivive”); BGHZ 173, 145; BGHZ 170, 47; BGHZ 166, 8; BGHZ 155, 329, 334. 195 BGHZ 165, 113, 116 f.; BGHZ 165, 353, 356; BGHZ 180, 38 („Qivive”); BGHZ 184, 158 („Eurobike“). 196 Vgl. hierzu bereits BGHZ 184, 158; BGHZ 180, 38 („Qivive“); BGHZ 165, 352, 356; BGHZ 165, 113, 116 f.

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Rechtsprechung des BGH keine Anwendung.197 Nach Auffassung des BGH gibt der Zweck der besonderen Vorschriften über die Sacheinlage, Gläubiger und später hinzukommende Aktionäre vor einer Überbewertung der Einlagen zu schützen, keine Veranlassung, die Umgehungsvorschriften auf Dienstleistungen zu erstrecken oder sie auf Dienstleistungen entsprechend anzuwenden.198 Die Rechtsordnung könne dem Einlageschuldner nachteilige Rechtsfolgen nicht an die Nichteinhaltung eines Verfahrens knüpfen, das sie für den betreffenden Vorgang nicht bereitstellt.199 Entgeltliche Dienstverträge mit einem Inferenten seien im Aktienrecht nicht verboten.200 Auch wenn § 27 Abs. 2, 2. HS AktG Dienstleistungen als nicht sacheinlagefähig bezeichne, spreche die Norm damit kein Verbot für Dienstverträge mit Gründern oder – bei der Kapitalerhöhung – mit Alt- oder Neuaktionären aus.201 Die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung aus dem „Eurobike-Urteil“ lassen sich auf die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung durch einen Investor im Vorfeld einer Kapitalerhöhung übertragen. Es wurde bereits im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit von Provisionszahlungen unter dem Einlagenrückgewährverbot festgestellt, dass die Übernahme einer Backstop-Verpflichtung eine wirtschaftliche Entsprechung in der Weitergabe von Platzierungsrisiken im Rahmen eines SubUnderwriting findet.202 Der Investor erbringt folglich eine Leistung, die dem SubUnderwriting als typische Bankendienstleistung bei der Übernahme von Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung gleichgestellt ist. Die Backstop-Verpflichtung des Investors lässt sich als entgeltliche Geschäftsbesorgung einordnen, mit der Konsequenz, dass der Anspruch auf Übernahme der Platzierungsrisiken aus dem BackstopAgreement als Gegenstand einer Sacheinlage ungeeignet ist.203 Im Ergebnis ist daher die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer Provision, die sich an der marktüblichen Höhe einer Sub-Underwriting-Provision orientiert, nicht als verdeckte Sacheinlage einzuordnen. (b) Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 4 Satz 1 AktG) Indem die Gesellschaft durch die Zahlung einer Provision als Gegenleistung für die Eingehung der Backstop-Verpflichtung eine Leistung an den Investor im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zeichnung der neuen Aktien erbringt, kommt ein sog. „Hin- und Herzahlen“ in Gestalt der vorab gezahlten Provision in Betracht (vgl. § 27 Abs. 4 Satz 1 AktG). Die Rechtsfolge eines solchen Hin- und Herzahlens besteht darin, dass der Inferent nur unter bestimmten Voraussetzungen von der Verpflichtung zur Einlageleistung befreit wird. 197 198 199 200 201 202 203

BGHZ 184, 158 („Eurobike“). BGHZ 184, 158 („Eurobike“). BGHZ 184, 158 („Eurobike“). BGHZ 184, 158 („Eurobike“). BGHZ 184, 158 („Eurobike“). Dazu bereits unter C. IV. 3. b) aa) (1) (b) (cc). Vgl. auch Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272.

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(aa) Begriff des Hin- und Herzahlens Ausgehend von der gesetzlichen Definition lieg ein Hin- und Herzahlen vor, wenn vor der Einlage eine Leistung an den Inferenten vereinbart worden ist, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und nicht als verdeckte Sacheinlage i.S.d. § 27 Abs. 3 AktG zu beurteilen ist (§ 27 Abs. 4 Satz 1 AktG). Die gesetzliche Definition wurde, ebenso wie diejenige der verdeckten Sacheinlage, durch das ARUG in das AktG eingefügt. Trotz der tatbestandlichen Nähe zur verdeckten Sacheinlage behandelte die Rechtsprechung das Hin- und Herzahlen bereits vor der Einführung der Neuregelung durch das ARUG als eigenständige Fallgruppe einer scheiternden Einlageleistung.204 Die Rechtsfolge des Hin- und Herzahlens bestand vormals darin, dass die Einlageforderung der Gesellschaft nicht erfüllt werden konnte, da die Einlagemittel wegen der vorherigen Verwendungsabsprache nicht zur freien Verfügung des Vorstands standen.205 Die Rechtsprechung begründete dies mit dem Argument, dass anderenfalls die prinzipiell unverzichtbare Einlageforderung – ohne deren endgültige Erfüllung – durch eine schwächere Darlehensforderung ersetzt werden könnte, was auch dem Sinn und Zweck des § 66 Abs. 1 AktG (keine Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung der Einlage) widerspräche.206 Die Neuregelung durch das ARUG sieht nunmehr vor, dass ein Aktionär auch durch ein Hin- und Herzahlen von seiner Einlageverpflichtung befreit werden kann, jedoch nur insoweit, als die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann (§ 27 Abs. 4 Satz 1 AktG). Diese Voraussetzung des jederzeit fälligen (oder durch Kündigung fällig stellbaren) und vollwertigen Rückgewähranspruchs der Gesellschaft wird man im Hinblick auf die gezahlte Provision als regelmäßig nicht erfüllt ansehen müssen, da die Provision als Gegenleistung für die Übernahme der Platzierungsaktien gerade beim Investor verbleiben soll. Damit kommt es für die Erfüllungswirkung der Einlageleistung des Backstop-Investors entscheidend darauf an, ob es sich tatbestandlich um ein Hin- und Herzahlen im Sinne des § 27 Abs. 4 Satz 1 AktG handelt. (bb) Backstop-Provision als Vergütung für nicht sacheinlagefähige Dienstleistung Die Rechtsprechung des BGH nimmt ein Hin- und Herzahlen an, wenn es an einer Bareinlageleistung zur freien Verfügung des Vorstands fehlt, weil der Einlagebetrag absprachegemäß umgehend wieder an den Einleger zurückfließen soll, beispielsweise als Darlehen oder aufgrund einer Treuhandabrede.207 Dagegen liegt kein Fall des Hin- und Herzahlens vor, wenn die Gesellschaft eine Vergütung auf nicht 204

Vgl. BGHZ 165, 113, 116 f.; BGHZ 165, 352, 355 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 47. So bereits BGHZ 165, 113, 116 f. und BGHZ 165, 352, 355 f.; vgl. auch den der Bericht des Rechtsausschusses zur Beschlussempfehlung des ARUG, BT-Drucks. 16/13098, S. 37. 206 BGHZ 165, 113. 207 BGHZ 184, 158 („Eurobike“); BGHZ 180, 38 („Qivive“). 205

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sacheinlagefähige Gegenstände erbringt, wie etwa auf die Dienstleistung eines Gründers bzw. Inferenten.208 Um eine verdeckte Finanzierung durch die Gesellschaft handelt es sich nicht, wenn eine tatsächlich erbrachte Leistung entgolten wird, die dafür gezahlte Vergütung einem Drittvergleich standhält und die objektiv werthaltige Leistung nicht aus der Sicht der Gesellschaft für sie unbrauchbar und damit wertlos ist.209 Legt man die vorstehend beschriebenen Grundsätze zugrunde, so ist die Eingehung einer Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer Provision nicht als Hin- und Herzahlen zu qualifizieren. Denn mit der Backstop-Garantie zur Sicherung der Kapitalmaßnahme wird eine tatsächlich erbrachte Leistung abgegolten. Orientiert sich die Backstop-Provision der Höhe nach an einer marktüblichen Sub-Underwriting-Fee210, so hält sie auch dem von der Rechtsprechung geforderten Drittvergleich stand. Schließlich kann nicht davon die Rede sein, die Backstop-Zusage sei für die Gesellschaft unbrauchbar oder wertlos, da selbst im Falle eines nur geringen Backstop-Volumens infolge einer hohen Bezugsquote die Platzierung der übrigen, nicht bezogenen Aktien aus der Kapitalerhöhung (Rump Shares) und der Mittelzufluss bei der Gesellschaft gesichert sind. Ein Hin- und Herzahlen in Gestalt der Eingehung der Backstop-Verpflichtung gegen Zahlung einer marktüblichen Provision an den Investor scheidet demnach aus.211 (3) Financial Assistance (§ 71a Abs. 1 AktG) Die Provisionszahlung an den Backstop-Investor wird in zeitlicher Hinsicht vor dem potenziellen Aktienerwerb vereinbart. Daher kommt es grundsätzlich in Betracht, dass durch sie gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs verstoßen wird (sog. Financial Assistance, § 71a Abs. 1 AktG). Die Norm untersagt Ausgestaltungen, durch welche die Normen über die Kapitalerhaltung umgangen werden können. So ist ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, nichtig (§ 71a Abs. 1 AktG). Die Anwendbarkeit der Norm auf den Aktienerwerb im Rahmen einer Kapitalerhöhung ist umstritten (dazu unter (a)). Sofern diese zu bejahen ist, kommt es für die Zulässigkeit der BackstopProvisionszahlung darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm erfüllt sind (dazu unter (b)).

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Pentz, in: Münch.Komm. AktG, § 27 Rn. 219. BGHZ 184, 158, Rn. 24 („Eurobike“). 210 Dazu bereits unter C. IV. 3. b) aa) (1) (b) (cc); eingehend Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1278 f. 211 Im Ergebnis auch Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272. 209

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(a) Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG auf den Aktienerwerb im Rahmen einer Kapitalerhöhung Im aktienrechtlichen Schrifttum ist umstritten, ob das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs auf den originären Erwerb von Aktien im Rahmen der Gründung oder einer Kapitalerhöhung Anwendung findet oder ob die Vorschrift lediglich den derivativen Erwerb bereits bestehender Aktien betrifft. Eine teilweise vertretene Auffassung hält § 71a Abs. 1 AktG im Falle des originären Aktienerwerbs im Rahmen einer Kapitalerhöhung für anwendbar.212 Begründet wird dies mit Verweis auf Art. 25 Abs. 5 KapitalRL (bzw. dem gleichlautenden Art. 64 Abs. 5 der Neuen KapitalRL), der dem Wortlaut nach den originären Aktienerwerb im Zuge einer Kapitalerhöhung erfasse.213 Demgegenüber wird von den Vertretern der Gegenauffassung dahingehend argumentiert, dass sowohl der Wortlaut des § 71a Abs. 1 AktG, der von einem „Erwerb“ und nicht von einer „Zeichnung“ von Aktien spreche als auch die systematische Stellung der Norm im Umfeld der Vorschriften zum derivativen Aktienerwerb gegen eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf den originären Aktienerwerb sprächen.214 Darüber hinaus wird geltend gemacht, dass für den Fall der Anwendbarkeit der Regelungen zur Financial Assistance und der Geltung der von § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG angeordneten Nichtigkeitsfolge für das Finanzierungsgeschäft die Regelung zum Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 4 AktG), die einem Finanzierungsgeschäft unter bestimmten Voraussetzungen Erfüllungswirkung beimisst215, praktisch keinen Anwendungsbereich mehr hätte.216 Jedoch bejaht auch diejenige Auffassung, die § 71a Abs. 1 AktG auf den originären Aktienerwerb grundsätzlich nicht anwenden will, die Anwendbarkeit wiederum bei Kapitalerhöhungen unter Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts: in diesem Fall würden die Aktien nicht mehr originär von der Gesellschaft, sondern derivativ erworben.217 Da Kapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften in der Praxis ausschließlich als Fremdemissionen ausgestaltet sind, kommt es auch in Person des Backstop-Investors zu einem derivativen Aktienerwerb von der konsortialführenden Bank. Der Streitstand bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs somit nach beiden Auffassungen auf die Situation der Beteiligung eines Backstop-Investors an einer Kapitalerhöhung anwendbar ist. 212 Vgl. etwa Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 56 Rn. 13; Habersack, AG 2009, 557, 562; Habersack, FS Hopt (2010), S. 725, 738 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 1. 213 Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 56 Rn. 13; Habersack, AG 2009, 557, 562; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 1. 214 Herrler/Reymann, DNotZ 2009, 914, 929; Laubert, in: Hölters, AktG, § 71a Rn. 2. 215 Dazu bereits unter C. IV. 3. b) aa) (2) (b) (aa). 216 Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG § 71a Rn. 20; Herrler/Reymann, DNotZ 2009, 914, 929; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 21. 217 Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 21; Merkt, in: Großkomm. AktG, § 71a Rn. 43; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 154.

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(b) Einschlägigkeit des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG bei Backstop-Provisionen? Das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs untersagt dem Wortlaut nach die Gewährung von Vorschüssen, Darlehen oder die Leistung von Sicherheiten durch die Gesellschaft zum Zweck des Erwerbs von Aktien. Diese Aufzählung unzulässiger Finanzierungshilfen stellt gleichwohl keinen abschließenden Katalog dar, sondern bildet einen offenen Tatbestand, der lediglich einige Regelbeispiele auflistet.218 Der Verbotstatbestand erfasst sämtliche Unterstützungshandlungen, die einen der Vorschuss- und Darlehensgewährung bzw. Sicherheitsleistung vergleichbaren Finanzierungseffekt haben.219 Der Finanzierungseffekt als entscheidendes Tatbestandsmerkmal setzt voraus, dass die AG Gesellschaftsvermögen zu dem Zweck einsetzt, den Erwerb ihrer Aktien zu ermöglichen, indem sie dem Erwerber Kaufkraft verschafft.220 Bereits im Ausgangspunkt ist zweifelhaft, ob die Zahlung einer Provision an den Backstop-Investor eine nach den Vorgaben des Aktienrechts unzulässige Finanzierungshilfe darstellen kann. Stellt man auf den für die Erfüllung des Tatbestands entscheidenden Finanzierungscharakter der Vermögensverschiebung ab, ist dieser wohl zu verneinen. Begründen lässt sich dieser Standpunkt damit, dass die Provision als synallagmatische Gegenleistung für die partielle Übernahme des Platzierungsrisikos einzuordnen ist.221 Die Zahlung an den Investor wird unabhängig davon bewirkt, ob es tatsächlich zu einem Aktienerwerb kommt. Bleibt die Zeichnung neuer Aktien durch den Backstop-Investor aus (etwa auf Grund der vollständigen Platzierung aller Aktien oder mangels Erreichens einer vereinbarten Mindestbeteiligung), behält der Investor gleichwohl die Provisionszahlung.222 In diesen Fällen fehlt es unzweifelhaft an einem Finanzierungscharakter der Provision.223 Hinzu kommt, dass der Investor zur Finanzierung des Aktienerwerbs nicht auf den Liquiditätszufluss infolge der Provisionszahlung angewiesen ist224, da er das Platzierungsrisiko nach vernünftigem wirtschaftlichen Ermessen nicht übernehmen würde, falls die für den Aktienerwerb notwendigen Barmittel nicht ohnehin zur Verfügung stehen. Somit verstößt eine Provisionszahlung an den Backstop-Investor im Ergebnis 218 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 29; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 2; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 25; Habersack, FS Hopt (2010), S. 725, 743 ff.; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 174, 178 f.; Singhof, NZG 2002, 745, 746. 219 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 29; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 25. 220 Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 25; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 3a. 221 So auch Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a. 222 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.118. 223 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.118; Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272. 224 Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272.

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nicht gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs durch die Gesellschaft. bb) Break-up-fee Eine von der Zahlung einer marktüblichen Provision für die Übernahme von Platzierungsrisiken zu unterscheidende Entgeltregelung zugunsten des BackstopInvestors ist die Zahlung einer Break-up-fee. Zum Abschluss von Break-up-feeVereinbarungen kommt es etwa bei „freundlichen Übernahmen“, bei denen der Vorstand der Zielgesellschaft mit dem Bieter zusammen auf die Übernahme hinwirkt und diesem eine Erstattung der Kosten des Übernahmeversuchs gewährt, falls dieser scheitern sollte.225 Allgemein gesprochen verpflichten Break-up-fee-Vereinbarungen einen oder beide Vertragspartner zur Zahlung einer Geldleistung, falls die betreffende Transaktion nicht zustande kommt.226 Solche Gestaltungen finden sich zum Teil auch im Rahmen von Backstop-Vereinbarungen bei Kapitalerhöhungen.227 Inhaltlich verpflichtet sich die Gesellschaft dazu, dem Backstop-Investor einen Kostenersatz in pauschalierter Form zu zahlen, falls es im Rahmen der Kapitalerhöhung nicht oder jedenfalls nicht in dem geplanten Umfang zu einer Zeichnung neuer Aktien durch den Investor kommt. Da es sich bei der Gewährung einer Break-up-fee wie auch bei der Provisionszahlung um einen Vermögenstransfer von der Gesellschaft an (potenzielle) Aktionäre handelt, sind auch derartige Gestaltungen im Rahmen von Backstop-Vereinbarungen an den Vorschriften der Kapitalerhaltung (§§ 57, 71a AktG) zu messen. (1) Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) Da sich das Verbot der Einlagenrückgewähr auch gegen Zahlungen an künftige Aktionäre richtet228, ist auch die Vereinbarung von Break-up-fees als potenziell verbotene Rückgewähr von Einlagen am Verbotstatbestand zu messen.229 Ein Verstoß durch einen Vermögenstransfer an einen bloß potenziellen (künftigen) Investor setzt jedoch voraus, dass zwischen der verbotswidrigen Leistung und einem Erwerb 225 Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 37; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 43; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625. 226 Fleischer, AG 2009, 345, 346. 227 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Juli/ August 2009. Bei dem in der Backstop-Vereinbarung geregelten, potenziellen Einstieg der Admiral Participations S.à r.l. als Backstop-Investor war eine Zahlung von 21 Mio. Euro vorgesehen, falls es im Zuge des Angebots nicht zu einer Zeichnung von Aktien durch den Backstop-Investor kommen würde, vgl. den Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 82. 228 BGH, BKR 2008, 62, 63; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 113; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 54; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 119; Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 18; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275 f. 229 Fleischer, AG 2009, 345, 350.

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von Aktien ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Leistung mit Rücksicht auf die künftige Aktionärseigenschaft erfolgt.230 Nach den vorstehenden Grundsätzen scheidet eine verbotene Rückgewähr von Einlagen durch die Zahlung einer Break-up-fee bereits grundsätzlich aus, da die Zahlung der Breakup-fee nicht im Hinblick auf eine künftige Aktionärseigenschaft erfolgt. Die Zahlung fällt gerade nur in solchen Fällen an, in denen der Backstop-Investor mangels eines Aktienerwerbs nicht zum Aktionär wird.231 Die Gewährung der Break-up-fee und die Aktionärsstellung schließen sich in diesem Fall gegenseitig aus.232 (2) Verbotene Financial Assistance (§ 71a Abs. 1 AktG) Auch bei Vereinbarung einer Break-up-fee in der Backstop-Vereinbarung kommt grundsätzlich eine unzulässige finanzielle Unterstützung eines Aktienerwerbs in Betracht. Dies erscheint zunächst eher fernliegend, da die Break-up-fee gerade für den Fall vereinbart wird, dass der Investor nicht die Gelegenheit erhält, neue Aktien zu erwerben. Jedoch bedarf es einer genaueren Unterscheidung nach der Konstellation, in der eine Zahlung auf Grund der Vereinbarung einer Break-up-fee geleistet wird. (a) Nichtzustandekommen der Transaktion Der charakteristische Fall, in dem eine Break-up-fee eingreift, ist derjenige, dass die gesamte Transaktion – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Durchführung gelangt. Darin besteht auch der eigentliche Anwendungsbereich derartiger Klauseln, die für die M&A-Praxis entwickelt wurden, da dort charakteristische Risiken bestehen, die eine Transaktion zum Scheitern bringen können.233 Auch der Durchführung von Kapitalerhöhungen sind bestimmte Risiken immanent, die zum Abbruch der Transaktion führen können, so etwa das Risiko einer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses im Falle eines Direktbeschlusses der Hauptversammlung über die Durchführung der Kapitalerhöhung. Kommt es nicht zu einer Durchführung der Kapitalerhöhung, kann der Investor keine neuen Aktien zeichnen. In derartigen Fällen greift das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs unstreitig nicht ein. (b) Nichterreichen der angestrebten Mindestbeteiligung Zu Zahlungen auf Grundlage einer Break-up-fee kann es jedoch nicht nur im Fall eines gänzlichen Abbruchs der Transaktion kommen. Zum Teil wurde eine Break-up230 BGH, BKR 2008, 62, 63; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 57 Rn. 113; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 54; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 57 Rn. 119; Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 18; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1275 f. 231 Fleischer, AG 2009, 345, 350 f. 232 Fleischer, AG 2009, 345, 352. 233 Zur Herkunft der Break-up-fee-Klauseln aus der M&A-Transaktionspraxis vgl. Fleischer, AG 2009, 345 ff. sowie Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625 ff.

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fee zugunsten von Backstop-Investoren auch für solche Fälle vereinbart, in denen es auf Grund einer zuvor vereinbarten Mindestbeteiligung (Floor) nicht zu einem Eingreifen der Backstop-Verpflichtung kommt.234 Dem Investor kann ein Kostenersatz in Form einer Abschlagszahlung gewährt werden, die umso höher ausfällt, je deutlicher die angestrebte Mindestbeteiligung verfehlt wird. Insbesondere eine (entgegen den Erwartungen der Gesellschaft) hohe Bezugsquote kann der Auslöser für das Verfehlen der mit dem Backstop-Investor vereinbarten Mindestbeteiligung sein.235 Erhält der Backstop-Investor einen pauschalierten Kostenersatz auf Grund der verfehlten Mindestbeteiligung und erwirbt er dennoch neue Aktien, kann dies eine unzulässige finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs im Sinne des § 71a Abs. 1 AktG darstellen.236 Dies würde voraussetzen, dass die Gesellschaft Teile ihres Vermögens zu dem Zweck einsetzt, den Erwerb ihrer Aktien zu ermöglichen, indem sie dem Erwerber Kaufkraft verschafft.237 Zur Erfüllung des Tatbestands ist stets ein besonderer Funktionsbezug zwischen dem Finanzierungsgeschäft auf der einen und dem Erwerbsgeschäft auf der anderen Seite erforderlich.238 Nach dem Wortlaut der Norm muss das Rechtsgeschäft gerade zum Zweck des Erwerbs von Aktien abgeschlossen werden, was voraussetzt, dass sich die Parteien beim Vertragsschluss ausdrücklich oder stillschweigend darüber einig sind, dass die Leistung der Gesellschaft für die Zahlung des Erwerbspreises verwendet werden soll.239 Wird das Rechtsgeschäft in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Aktienerwerb ab-

234 Ein Beispiel für eine solche Regelung ist wiederum die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Juli/August 2009. Die Backstop-Vereinbarung mit der Admiral Participations S.à r.l. als Backstop-Investor sah vor, dass dem Backstop-Investor für den Fall eines Unterschreitens der Schwelle von 25 % des Grundkapitals bzw. der Stimmrechte eine Summe von 5,5 Mio. Euro zuzüglich 0,057 E pro Aktie, um welche das Erreichen der Beteiligung von 25 % des Grundkapitals plus eine Aktie verfehlt worden war, zu zahlen ist, vgl. Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 82. 235 Bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG war eine Mindestbeteiligung des Backstop-Investors i.H.v. 15 % des erhöhten Grundkapitals vorgesehen. Unterhalb dieser Beteiligungsschwelle bestand zwar keine Verpflichtung, aber dennoch die Möglichkeit zum Erwerb neuer Aktien, vgl. den Wertpapierprospekt der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009, S. 76. 236 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.40a; Seibt, Der Konzern 2009, 261, 272. 237 Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 25; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 3a. 238 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 35; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 71a Rn. 17; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 3; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 35. 239 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 36; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 71a Rn. 17; Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 3; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 44.

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geschlossen, spricht nach herrschender Auffassung eine widerlegliche Vermutung für ein Einvernehmen der Parteien über den Finanzierungszweck des Geschäfts.240 Den engen Zusammenhang zwischen der Vereinbarung einer Break-up-fee und einem nachgeschalteten Aktienerwerb des Backstop-Investors wird man schwerlich verneinen können, soweit der Investor im Nachgang zur Bezugsfrist nicht bezogene Aktien („Rump Shares“) erwirbt. Hat er den pauschalierten Kostenersatz auf Grund der verfehlten Mindestbeteiligung erhalten, so steht ihm zur Finanzierung des Aktienerwerbs auch eine vergleichsweise erhöhte Liquidität zur Verfügung. Gleichwohl ist fraglich, ob eine solche Gestaltung tatsächlich als unzulässige Finanzierung des Aktienerwerbs angesehen werden kann. So kann der Funktionszusammenhang zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Aktienerwerb entfallen, wenn das Rechtsgeschäft in erster Linie anderen Zwecken als der Unterstützung des Aktienerwerbs dient.241 Die Gewährung einer Break-up-fee für den Fall des Verfehlens einer angestrebten Mindestbeteiligung dient in erster Linie dazu, dem Investor eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung zu erleichtern. Das von ihm garantiert übernommene Volumen von Platzierungsaktien kann höher ausfallen, wenn er durch die Break-upfee abgesichert ist. Ihrem Zweck nach soll die Break-up-fee nur dann eingreifen, wenn die von Gesellschaft und Backstop-Investor im Ausgangspunkt angestrebte Beteiligung, die sich i. d. R. zwischen einer Mindestbeteiligung und der 30 %Schwelle bewegt, nicht erreicht wird. Der Investor wird in aller Regel im Vorfeld bereits liquide Mittel bereithalten, um die gewünschte Mindestbeteiligung zu finanzieren. Daher erscheint der Umkehrschluss, dass eine infolge des Verfehlens einer Mindestbeteiligungsschwelle gezahlte Kostenersatzpauschale im Anschluss für den Erwerb einer geringeren Beteiligung eingesetzt wird, als sie ursprünglich vorgesehen war, eher fernliegend. Aus diesem Grund ist auch die Zahlung einer Break-up-fee für den Fall, dass eine von dem Investor im Backstop-Agreement vorgesehene Mindestbeteiligung nicht erreicht wird, vor dem Hintergrund des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG als unbedenklich einzustufen. Sie stellt keine unzulässige Finanzierungshilfe an den Backstop-Investor dar, auch wenn dieser nach Verfehlen der Mindestbeteiligung neue Aktien zeichnet. cc) Zwischenergebnis Die Zahlung einer Provision an den Backstop-Investor als Gegenleistung für die Übernahme des Platzierungs- und Preisrisikos für die Wertpapiere ist aktienrechtlich zulässig, soweit sie sich der Höhe nach an der marktüblichen Provision für ein SubUnderwriting durch emissionsbegleitende Banken orientiert. Die Gewährung einer Break-up-fee ist zulässig, sowohl im Falle der Nichtdurchführung der Transaktion als 240 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 36; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 71a Rn. 17; Oechsler, in: Münch.Komm. AktG, § 71a Rn. 44; Lutter/Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 71a Rn. 39; Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 88. 241 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 36.

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auch in dem Fall, dass der Investor nicht die in der Backstop-Vereinbarung angestrebte Beteiligungsgröße erreicht. Im letzteren Fall handelt es sich auch dann nicht um eine unzulässige Finanzierungshilfe, wenn der Investor trotz Verfehlens einer Mindestbeteiligung Aktien zeichnet, da die Break-up-fee nicht der Unterstützung des Aktienerwerbs dient, sondern vielmehr den Investor absichern soll. 4. Publizitätspflichten des Emittenten bei Bezugsrechtsemissionen unter Beteiligung von Backstop-Investoren In der jüngeren Emissionspraxis wurden einige Bezugsrechtsemissionen unter der Beteiligung von Backstop-Investoren durchgeführt.242 Gleichwohl ist diese Transaktionsstruktur nicht der Regelfall. Daher kann der Emittent besonderen Publizitätspflichten ausgesetzt sein, die ihn im Falle einer regulären Bezugsrechtskapitalerhöhung nicht in gleichem Maße treffen. Der Abschluss einer Backstop-Vereinbarung mit einem Investor kann zum einen eine Insiderinformation darstellen, die den Emittenten unmittelbar betrifft und in diesem Falle der Ad-hoc-Publizitätspflicht unterliegt (dazu unter a)). Zum anderen kann der Erhalt der Backstop-Zusage eine Offenlegung im Emissionsprospekt erforderlich machen, soweit der Emittent zur Veröffentlichung eines Prospekts verpflichtet ist (dazu unter b)). a) Ad-hoc-Publizität (Art. 17 MAR) Für die Zwecke einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Zulassungsfolgepflichten der Gesellschaft, die sich zur Durchführung einer Bezugsrechtsemission unter Beteiligung eines Backstop-Investors entschließt, ist es von erheblicher Bedeutung, ob die Beteiligung des Backstop-Investors eine Insiderinformation darstellt, die von der Gesellschaft grundsätzlich im Wege der Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen ist (Art. 17 Abs. 1 MAR). Soweit es sich um eine Insiderinformation handelt, ist darüber hinaus die Möglichkeit einer vorübergehenden Selbstbefreiung der Gesellschaft von der Ad-hoc-Publizitätspflicht zu bedenken (Art. 17 Abs. 4 MAR). aa) Backstop-Vereinbarung als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR) Um eine Insiderinformation handelt es sich, wenn die Einholung der BackstopGarantie durch einen Investor im Vorfeld der Kapitalerhöhung eine nicht öffentlich bekannte, präzise Information darstellt, welche die Gesellschaft bzw. die Aktie der Gesellschaft direkt betrifft und die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet wäre, den Kurs der Aktie erheblich zu beeinflussen (Art. 7 Abs. 1 lit. a) 242 Beispiele aus der jüngeren Emissionspraxis sind die Bezugsrechtsemission der Manz AG im April 2016, die Bezugsrechtsemission der Hapag-Lloyd AG im September 2017 und die Bezugsrechtsemission der DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG im Oktober 2018.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

MAR). Erforderlich ist zunächst ein unmittelbarer Bezug der Information zum Emittenten (vgl. Art. 17 Abs. 1 MAR, dazu unter (1)). Die zentrale Voraussetzung für die Einordnung einer Information als Insiderinformation besteht in einem ihr innewohnenden, erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial (dazu unter (2)). Darüber hinaus muss es sich um eine präzise Information handeln (dazu unter (3)). (1) Unmittelbarer Emittentenbezug Um der Ad-hoc-Publizitätspflicht zu unterliegen, muss eine Information den Emittenten unmittelbar betreffen (Art. 17 Abs. 1 MAR). Unmittelbar betroffen ist der Emittent insbesondere von solchen Informationen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind, also von allen unternehmensinternen Entwicklungen.243 Dazu zählen insbesondere auch Beschlüsse des Vorstands oder Vertragsabschlüsse durch Vorstandsmitglieder.244 Die im Wege einer Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands abgeschlossene Backstop-Vereinbarung mit einem Investor ist als unternehmensinterner Umstand einzuordnen und weist daher ohne weiteres einen unmittelbaren Bezug zum Emittenten auf. (2) Erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial (Art. 7 Abs. 4 MAR) Die zentrale Voraussetzung für die Einordnung einer Information als Insiderinformation besteht in einem ihr innewohnenden, erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial.245 Für die Zwecke des Art. 7 Abs. 1 MAR sind unter Informationen mit einem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial solche Informationen zu verstehen, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde (Art. 7 Abs. 4 MAR). Die Prüfung, ob ein verständiger Anleger einen bestimmten Sachverhalt im Rahmen seiner Investitionsentscheidung berücksichtigen würde, hat stets aus der Ex-ante-Perspektive zu erfolgen.246 Von einer Nutzung der Information als Grundlage der Investitionsentscheidung ist auszugehen, wenn ein Kauf- oder Verkaufsanreiz für das Finanzinstrument besteht und das Geschäft dem verständigen Anleger lohnend erscheint.247 Entscheidend für die Beurteilung des Kursbeeinflussungspotenzials der Information über die BackstopVereinbarung im Vorfeld der Kapitalerhöhung ist also, ob ein verständiger Anleger diese Information bei einer Investitionsentscheidung berücksichtigen würde. 243

Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 17 MAR Rn. 36; Kumpan, DB 2016, 2039, 2041; Veil/Brüggemeier, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 10 Rn. 49. 244 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 17 MAR Rn. 36. 245 Kumpan, DB 2016, 2039, 2042. 246 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 14 MAR. 247 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 54; Kumpan, DB 2016, 2039, 2042; so bereits die Auffassung der BaFin zur alten Rechtslage unter Geltung von § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG a.F., vgl. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 35.

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Die Ergebnisse von Bezugsrechtskapitalerhöhungen aus der Vergangenheit, bei denen Backstop-Investoren beteiligt wurden, erlauben in gewissem Maße Rückschlüsse auf das Investitionsverhalten der Anleger im Rahmen der Durchführung der Kapitalerhöhung. Ein prominentes Beispiel für die Beteiligung eines BackstopInvestors ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Infineon Technologies AG im Jahr 2009. Die Infineon Technologies AG hatte mit der Admiral Participations S.à r.l., einer Tochtergesellschaft des Investment- und Beteiligungsunternehmens Apollo Global Management, eine Backstop-Vereinbarung abgeschlossen, nach der die Admiral Participations S.à r.l. berechtigt sein sollte, im Rahmen der Kapitalerhöhung neue Aktien in einem Umfang von bis zu 30 % minus einer Aktie des erhöhten Grundkapitals zu zeichnen, die nicht zuvor von den Aktionären der Gesellschaft bezogen worden waren.248 Die Bezugsverpflichtung stand unter dem Vorbehalt, dass der Backstop-Investor nach Durchführung der Kapitalerhöhung mindestens 15 % des erhöhten Grundkapitals halten würde; unterhalb dieser Schwelle war der Investor zur Zeichnung nicht bezogener Aktien zwar berechtigt, jedoch nicht verpflichtet.249 Nach Durchführung des Bezugsangebots konnte die Infineon Technologies AG eine Bezugsquote von ca. 96 % vermelden, so dass lediglich ein geringer Restanteil der neuen Aktien durch den Backstop-Investor erworben werden konnte.250 Die Bekanntgabe der Backstop-Zusage durch Admiral Participations hatte zur Folge, dass Aktionäre sich in höherem Maße an der Kapitalerhöhung beteiligten, als dies zuvor prognostiziert worden war. Auch die Kapitalerhöhung der Hapag-Lloyd AG im September 2017, bei der eine Bezugsquote von 96,5 % verzeichnet wurde, liefert ein Indiz für die rege Beteiligung von Aktionären an Kapitalerhöhungen, die durch Backstop-Investoren abgesichert werden. Die Ergebnisse der Infineon-Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2009 und der HapagLloyd-Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2017 sind zumindest ein Indiz für den Umstand, dass der Erhalt einer Backstop-Zusage von Anlegern durchaus als positives Signal verstanden wird und dass die Beteiligung eines Backstop-Investors die Anlageentscheidung der Aktionäre beeinflussen kann. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Information über die Beteiligung eines Backstop-Investors an einer Kapitalerhöhung ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial innewohnen kann. (3) Präzise Information (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR) Darüber hinaus ist es für die Einordnung als Insiderinformation maßgeblich, ob die Beteiligung des Backstop-Investors frühzeitig eine „präzise Information“ darstellt. Für die Zwecke der Bestimmung, ob eine Insiderinformation vorliegt, sind Informationen dann als präzise anzusehen, wenn sie Umstände oder Ereignisse betreffen, die bereits gegeben bzw. eingetreten sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein bzw. eintreten werden, und 248 249 250

Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 10. 07. 2009. Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 16. 07. 2009. Vgl. die Presseinformation zum Ergebnis der Kapitalerhöhung vom 04. 08. 2009.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

wenn sie darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die möglichen Auswirkungen der Umstände bzw. Ereignisse auf die Kurse der betroffenen Finanzinstrumente zu erlauben.251 Die Information muss hinreichende Grundlage für eine Einschätzung des künftigen Verlaufs des Börsen- oder Marktpreises der Aktie des Emittenten sein.252 Da zu dem für die Bekanntgabe der Backstop-Vereinbarung in Frage kommenden Zeitpunkt die Vereinbarung regelmäßig bereits abgeschlossen ist, handelt es sich um einen bereits eingetretenen Umstand. Infolge der Ergebnisse früherer Bezugsrechtskapitalerhöhungen unter Beteiligung von Backstop-Investoren können aus dem Umstand, dass eine Backstop-Vereinbarung abgeschlossen wurde, auch Rückschlüsse auf eine künftige Kursentwicklung der Aktie des Emittenten gezogen werden.253 Somit wird die Information über den Abschluss einer BackstopVereinbarung regelmäßig auch als „präzise Information“ im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR einzuordnen sein. (4) Zwischenergebnis Die Information über den Abschluss einer Backstop-Vereinbarung und die Beteiligung eines Backstop-Investors an einer Kapitalerhöhung werden die Merkmale einer Insiderinformation im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR im Regelfall erfüllen. bb) Möglichkeit der Selbstbefreiung (Art. 17 Abs. 4 MAR) Im Ausgangspunkt kommt ein Aufschub der öffentlichen Bekanntgabe des Abschlusses einer Backstop-Vereinbarung in Betracht. Für den Aufschub wäre es allerdings erforderlich, dass der Gesellschaft die Möglichkeit einer Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht eröffnet ist. Eine Selbstbefreiung von der Pflicht zur unverzüglichen Bekanntgabe von Insiderinformationen setzt primär voraus, dass eine unverzügliche Offenlegung geeignet wäre, berechtigte Interessen des Emittenten zu beeinträchtigen (Art. 17 Abs. 4 Uabs. 1 lit. a) MAR). In Umsetzung der MAR-Vorgaben (vgl. Art. 17 Abs. 11 MAR) hat die ESMA Leitlinien zu den berechtigten Interessen des Emittenten für den Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen herausgegeben.254 Die von der ESMA veröffentlichte, nicht abschließende Liste nennt als Beispiel für eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen des Emittenten u. a. die Situation, in der sich die Insiderinformation auf vom Geschäftsführungsorgan des Emittenten geschlossene Verträge bezieht, die nach 251 Vgl. bereits EuGH, Urt. vom 23. 12. 2009 – Rs. C-45/08, Rn. 51 = NZG 2010, 107, 110 („Spector Photo Group“); Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 43; Kumpan, DB 2016, 2039, 2041. 252 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 107 Rn. 43; Kumpan, DB 2016, 2039, 2041. 253 Dazu oben unter C. IV. 4. a) aa) (2) zum erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial der Information über den Abschluss einer Backstop-Vereinbarung. 254 ESMA 2016/1478 vom 20. 10. 2016.

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innerstaatlichem Recht oder nach den Statuten des Emittenten der Zustimmung durch ein anderes Organ (abgesehen von der Hauptversammlung) bedürfen.255 In diesem Fall sind berechtigte Interessen des Emittenten jedoch nur dann beeinträchtigt, wenn eine unverzügliche Offenlegung der Information vor der endgültigen Entscheidung die korrekte Bewertung dieser Information durch das Publikum gefährden würde.256 Dass für den Abschluss von Investitionsvereinbarungen, wie sie mit Backstop-Investoren abgeschlossen werden, in der Satzung des Emittenten eine Zustimmung durch den Aufsichtsrat vorgesehen ist, ist zwar grundsätzlich möglich. Gleichwohl würde die unverzügliche Offenlegung des Abschlusses der BackstopVereinbarung wohl einer korrekten Bewertung der Information durch das Anlegerpublikum nicht entgegenstehen, so dass eine Selbstbefreiung bis zum Zeitpunkt einer Aufsichtsratsentscheidung nicht gerechtfertigt sein dürfte. Die indikative Liste der ESMA nimmt jedoch auch Bezug auf Situationen, in denen der Emittent laufende Verhandlungen führt, deren Ausgang durch die unverzügliche öffentliche Bekanntgabe wahrscheinlich gefährdet wäre.257 Im Rahmen der laufenden Verhandlungen über die Backstop-Vereinbarung ist auch die Information über die bevorstehende Kapitalerhöhung noch nicht veröffentlicht. Die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung steht noch aus und kann vom erfolgreichen Abschluss der Backstop-Vereinbarung abhängig sein. Mit der Bekanntgabe der Verhandlungen über das Backstop-Investment müsste der Emittent auch die Kapitalerhöhungspläne bekanntgeben, bezüglich derer er in der Regel bereits eine Selbstbefreiung beschlossen haben wird. Eine frühzeitige Publikation der Kapitalerhöhungspläne einschließlich des geplanten Einstiegs eines Backstop-Investors würde jedoch berechtigte Interessen des Emittenten beeinträchtigen. Die laufenden Verhandlungen des Emittenten mit einem potenziellen Backstop-Investor dürften es daher rechtfertigen, jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eine Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht zu beschließen. cc) Ergebnis zur Ad-hoc-Publizität Auf Grund des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials der Information über den Abschluss einer Backstop-Vereinbarung mit einem Investor hat der Emittent die Information in der Regel gemäß Art. 17 Abs. 1 MAR unverzüglich öffentlich bekannt zu machen. Die Möglichkeit einer Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht ist bis zum Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses der Vereinbarung gegeben. Die Ad-hoc-Mitteilung des Emittenten hat somit regelmäßig am Tag des Abschlusses der Backstop-Vereinbarung zu erfolgen. Diese Sichtweise wird durch die Handhabung in der Emissionspraxis bestätigt, da der Abschluss von BackstopVereinbarungen zumeist bereits im Vorfeld der Beschlussfassung über die Kapital255 256 257

ESMA 2016/1478 vom 20. 10. 2016, Rn. 8c. ESMA 2016/1478 vom 20. 10. 2016, Rn. 8c. ESMA 2016/1478 vom 20. 10. 2016, Rn. 8a.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

erhöhung durch eine entsprechende Ad-hoc-Mitteilung des Emittenten bekanntgegeben wurde.258 b) Offenlegung der Backstop-Vereinbarung im Emissionsprospekt Soweit für die betreffende Transaktion ein Emissionsprospekt zu veröffentlichen ist, kann der Emittent zur Offenlegung der Backstop-Vereinbarung im Emissionsprospekt verpflichtet sein. Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts besteht grundsätzlich für öffentliche Angebote von Wertpapieren (Art. 3 Abs. 1 ProspektVO). Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der Prospektrichtlinie259 und der damit verbundenen Änderungen des WpPG am 01. 07. 2012 wurden Bezugsrechtsemissionen grundsätzlich als ein öffentliches Angebot angesehen, selbst wenn sich das Bezugsangebot lediglich an bestehende Aktionäre und damit an einen bestimmten Personenkreis richtet.260 Diese Einordnung hat sich auch unter Geltung der ProspektVO nicht geändert. Bezugsrechtsemissionen unterliegen damit der Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts. Für den Inhalt des Emissionsprospekts sind die Vorgaben der ProspektVO und der DelVO 2019/980 maßgeblich. Der Prospekt muss die in den Anhängen zur DelVO 2019/980 genannten Informationsbestandteile enthalten. Bei der Emission von Dividendenwerten, zu denen in erster Linie Aktien zählen, muss der Prospekt die Angabe enthalten, ob Hauptaktionäre oder Mitglieder des Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgans des Emittenten an der Zeichnung teilnehmen wollen oder ob Personen mehr als 5 % des Angebots zeichnen wollen, soweit dies dem Emittenten bekannt ist (Punkt 5.2.2. Anhang 11 DelVO 2019/980).261 Bei Sekundäremissionen von Dividendenwerten haben Emittenten die Möglichkeit, einen Prospekt nach vereinfachten Offenlegungsregeln zu erstellen. Dies setzt voraus, dass die Aktien des Emittenten mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel 258 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 09. 11. 2016, in der noch vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung und noch vor der Erteilung einer Sanierungsbefreiung zugunsten des Backstop-Investors Fosun der Abschluss der Backstop-Vereinbarung mit Fosun öffentlich bekanntgegeben wurde. Vgl. zudem die Ad-hoc-Mitteilung der Manz AG vom 28. 02. 2016, in welcher der Abschluss der Investment- und Backstop-Vereinbarung mit dem Investor Shanghai Electric vom selben Tag bekannt gegeben wurde. Vgl. zudem die Ad-hoc-Mitteilung der InCity Immobilien AG vom 19. 05. 2017, in welcher der Abschluss der Backstop-Vereinbarung mit dem Investor Haron Holding AG vom selben Tag bekannt gegeben wurde. 259 Gesetz zur Umsetzung der Richtline 2010/73/EU und zur Änderung des Börsengesetzes, BGBl. I 2012, 1375. 260 Vgl. BaFinJournal 09/2012, S. 7; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.119; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 18a; von Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 2 WpPG Rn. 50; Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, ProspektVO Anhang XXIII Rn. 5. 261 In Bezug auf die Offenlegung von Cornerstone-Investments bereits unter B. IV. 4. a).

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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an einem geregelten Markt oder einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren und dass die ausgegebenen Aktien mit den zuvor begebenen Aktien fungibel sind (Art. 14 Abs. 1 Uabs. 1 lit. a) ProspektVO). Für den vereinfachten Prospekt bei Sekundäremissionen ergeben sich die erforderlichen Angaben aus Anhang 12 der DelVO 2019/980 (Art. 13 DelVO 2019/980). Auch insofern müssen Angaben dazu gemacht werden, ob Hauptaktionäre an der Zeichnung teilnehmen oder Personen mehr als 5 % des Angebots zeichnen wollen (Punkt 5.2.2. Anhang 12 DelVO 2019/ 980). Soweit Hauptaktionäre sich als Backstop-Investor an der Kapitalerhöhung beteiligen und infolgedessen an der Zeichnung neuer Aktien teilnehmen, ist dies daher auch nach Punkt 5.2.2. Anhang 12 DelVO 2019/980 im Emissionsprospekt darzulegen.262 Darüber hinaus ist auch eine Backstop-Vereinbarung mit einem externen Investor im Prospekt darzustellen, da die Backstop-Zeichnungsverpflichtung des Investors die Schwelle von 5 % des Angebotsvolumens nahezu immer übersteigen wird.263 Im Ergebnis ist der Abschluss einer Backstop-Vereinbarung im Vorfeld der Bezugsrechtsemission auf Grund der relativ niedrigen Schwelle von 5 % des Angebotsvolumens in Punkt 5.2.2. Anhang 11 bzw., soweit ein vereinfachter Prospekt erstellt wird, nach Punkt 5.2.2. Anhang 12 DelVO 2019/980 in nahezu allen Fällen in den Emissionsprospekt aufzunehmen. 5. Stimmrechtsmitteilungen des Backstop-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten Wie auch im Falle des Cornerstone-Investments im Rahmen eines Börsengangs können bei der Einbindung eines Backstop-Investors in den Transaktionsprozess einer Bezugsrechtsemission die Regelungen zur Beteiligungstransparenz zu beachten sein.264 a) Mitteilungspflicht des Backstop-Investors (§ 33 WpHG) Soweit der Backstop-Investor durch den Aktienerwerb einen im Rahmen der Beteiligungstransparenz relevanten Schwellenwert (3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 %) bezogen auf die Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien des Emittenten erreicht oder überschreitet, hat er dies als Meldepflichtiger unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der BaFin, spätestens innerhalb von vier Handelstagen unter Beachtung einer potenziellen Zurechnung von Stimmrechten nach § 34 Abs. 1 und 2 WpHG mitzuteilen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG).

262

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416; Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, ProspektVO Anhang III Rn. 53. 263 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 416. 264 Zur Beteiligungstransparenz im Falle der Einbindung von Cornerstone-Investoren beim Börsengang bereits unter B. IV. 5.

192

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Die Verpflichtung zur Mitteilung eines Beteiligungserwerbs wird den BackstopInvestor nicht in jedem Fall treffen. Das Erreichen bzw. Überschreiten eines relevanten Schwellenwerts ist grundsätzlich von der Bezugsquote abhängig, da diese für die Anzahl der Backstop-Aktien maßgeblich ist. Werden dem Backstop-Investor jedoch eigens Bezugsrechte von Großaktionären übertragen, um einen größeren Beteiligungserwerb zu ermöglichen, werden die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten in Bezug auf den Stimmrechtsanteil des Investors regelmäßig eingreifen. Bei näherer Betrachtung der Beteiligungserwerbe von Backstop-Investoren im Rahmen der maßgeblichen Bezugsrechtsemissionen der jüngeren Emissionspraxis lassen sich Erwerbe in der Größenordnung von bis zu 20 % ausmachen.265 Dies verdeutlicht die praktische Relevanz der Verpflichtung zur Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen bei Backstop-Investments. Soweit die Regelung des § 33 WpHG eingreift, hat der Backstop-Investor die erforderliche Mitteilung an den Emittenten sowie an die BaFin zu übermitteln. b) Veröffentlichungspflicht des Emittenten (§ 40 WpHG) Der Emittent hat ihm übermittelte Informationen über relevante Beteiligungsveränderungen unverzüglich, spätestens drei Handelstage nach Zugang der Mitteilung zu veröffentlichen und sie außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung dem Unternehmensregister im Sinne des § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln (§ 40 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Auf Seiten des Emittenten besteht folglich (wie auch im Falle des Beteiligungserwerbs durch einen Cornerstone-Investor) die Pflicht zur Veröffentlichung einer von Seiten des Backstop-Investors erhaltenen Stimmrechtsmitteilung.266 Die Pflicht zur Veröffentlichung von Stimmrechtsmitteilungen besteht als eigenständiger Regelungskomplex unabhängig vom Eingreifen anderer Publizitätspflichten, wie etwa der Ad-hoc-Publizität.267 Weder besteht ein Vorrangverhältnis zwischen den Normenkomplexen, noch lässt eine Adhoc-Mitteilung die Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit der Beteiligungstransparenz entfallen.268 Begründet wird dies mit den unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen sowie der unterschiedlichen Zielrichtung der beiden Normenkomplexe. So muss die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse nicht 265 Vgl. die Veröffentlichung einer Stimmrechtsmitteilung gem. § 26 Abs. 1 WpHG a.F. der Manz AG vom 24. 05. 2016, durch die ein Beteiligungserwerb des Backstop-Investors Shanghai Electric Group Co., Ltd. in einem Umfang von 19,67 % der Stimmrechte veröffentlicht wurde. 266 Vgl. die Veröffentlichung einer Stimmrechtsmitteilung gem. § 26 Abs. 1 WpHG a.F. der Manz AG vom 24. 05. 2016. 267 Hirte, in: Köln.Komm. WpHG, § 21 Rn. 56; Uwe H. Schneider, in: Assmann/Schneider/ Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Vor §§ 33 WpHG, Rn. 63; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 – 30 Rn. 32. 268 Hirte, in: Köln.Komm. WpHG, § 21 Rn. 56; Uwe H. Schneider, in: Assmann/Schneider/ Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Vor §§ 33 WpHG, Rn. 63; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 – 30 Rn. 32.

V. Vorabplatzierung von Aktien

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zwingend kursrelevant sein und kann andererseits auch die Berührung anderer Beteiligungsquoten als derjenigen des § 33 WpHG eine Ad-hoc-Pflicht auslösen.269 Auch soweit die Gesellschaft die Beteiligung des Backstop-Investors an der Kapitalerhöhung im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben hat270, unterliegt sie gleichwohl der Pflicht zur Veröffentlichung entsprechender Stimmrechtsmitteilungen des Backstop-Investors. Die Veröffentlichung ist zudem der BaFin mitzuteilen (§ 40 Abs. 2 WpHG). 6. Zwischenfazit Der Abschluss von Backstop-Vereinbarungen mit Aktionären oder Neuinvestoren ermöglicht es dem Emittenten, bei Bezugsrechtsemissionen das Platzierungs- und Preisrisiko für neue Aktien partiell auszuschalten. Der Mittelzufluss seitens der Gesellschaft ist in bestimmter Höhe bereits zu einem frühen Zeitpunkt gesichert, was zu einer erhöhten Planungssicherheit für den Emittenten führt. Für den BackstopInvestor bietet sich in Gestalt der Abgabe seiner Zeichnungsverpflichtung die Gelegenheit, eine größere Unternehmensbeteiligung zu erwerben und gleichzeitig zur gesicherten Durchführung der Transaktion beizutragen. Befindet sich die Gesellschaft in einer Sanierungssituation, kann der Investor zudem auf eine Befreiung vom Pflichtangebot durch die BaFin hinwirken.

V. Vorabplatzierung von Aktien Bei Bezugsrechtsemissionen wurde in den letzten Jahren zum Teil auf eine Transaktionsstruktur zurückgegriffen, die auf eine umfangreiche und teilweise sogar vollständige Platzierung neu ausgegebener Aktien noch vor Beginn der Bezugsfrist abzielt. Die Durchführung einer Vorabplatzierung271 kann dem Emittenten und den begleitenden Emissionsbanken eine Platzierung umfangreicher Aktienpakete oder gar die Platzierung des gesamten Emissionsvolumens bei institutionellen Investoren ermöglichen. In den Jahren 2009 und 2010 wurden im Rahmen von Bezugsrechtsemissionen einiger namhafter Unternehmen jeweils umfangreiche Vorabplatzierungen durchgeführt, etwa bei den Kapitalerhöhungen der HeidelbergCement AG, der Continental

269 Hirte, in: Köln.Komm. WpHG, § 21 Rn. 56; Uwe H. Schneider, in: Assmann/Schneider/ Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Vor §§ 33 WpHG, Rn. 64 f.; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 – 30 Rn. 32. 270 Dazu bereits unter C. IV. 4. a). 271 In der Literatur werden zum Teil auch die Bezeichnungen „Vorwegplatzierung“ sowie „Vorabzuteilung“ verwendet, vgl. Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410 f. und Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

AG sowie der Volkswagen AG.272 Bei den Emittenten handelte es folglich um Unternehmen mit einer tendenziell hohen Marktkapitalisierung.273 Die von ihrem Umfang her größte Transaktion war die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Volkswagen AG, die durch eine Vorabplatzierung von rund 65 Mio. neuen Vorzugsaktien im Jahr 2010 einen Transaktionserlös von 4,1 Mrd. Euro verzeichnen konnte.274 Eine ebenfalls bedeutsame Transaktion war die Bezugsrechtskapitalerhöhung der österreichischen Raiffeisen Bank International AG im Jahr 2014, bei der durch eine Vorabplatzierung von über 97,4 Mio. neuen Aktien ein Transaktionserlös von 2,78 Mrd. Euro erzielt werden konnte.275 Auch in der jüngeren Emissionspraxis finden sich, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, vermehrt Emissionen, die entsprechende Vorabplatzierungsstrukturen aufweisen. In den Jahren 2016 und 2017 fanden in Deutschland und Österreich zusammen genommen vier Bezugsrechtsemissionen statt, bei denen es zu einer Vorabplatzierung neuer Aktien kam.276 Diese Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit verdeutlichen eine gesteigerte Relevanz von Vorabplatzierungen in der Emissionspraxis. Die durch eine Vorabplatzierung erreichbare Platzierung des Emissionsvolumens unabhängig vom Bezugsverhalten der Aktionäre ist der Hauptbeweggrund für die Etablierung dieser besonderen Transaktionsstruktur. Sämtliche mit der Vorabplatzierung einhergehenden Vorteile, die notwendigen Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten und die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen sowie der zeitliche Ablauf derartiger Transaktionen wurden im Schrifttum bislang nur partiell diskutiert.277 Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Transaktionsstruktur für Bezugsrechtsemissionen widmet sich die folgende Darstellung der Vorabplatzierung zunächst in ihren Grundzügen (dazu unter 1.), bevor die maßgeblichen Vorteile von Vorabplatzierungen aus dem Blickwinkel des 272 Das früheste Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der HeidelbergCement AG im September 2009. Es folgten die Bezugsrechtsemissionen der Continental AG im Januar 2010 sowie der Volkswagen AG im März 2010. 273 Die Marktkapitalisierung der HeidelbergCement AG betrug vor Durchführung der Kapitalerhöhung 3,962 Mrd. Euro (Quelle: http://www.boerse.de/fundamental-analyse/HeidelbergCement-Aktie/DE0006047004), während die Marktkapitalisierung der Continental AG vor Durchführung der Kapitalerhöhung 6,366 Mrd. Euro betrug (Quelle: http://www.boerse.de/ fundamental-analyse/Continental-Aktie/DE0005439004). Die Marktkapitalisierung der Volkswagen AG belief sich vor der Kapitalerhöhung auf 26,309 Mrd. Euro (Quelle: http:// www.boerse.de/fundamental-analyse/Volkswagen-Vz-Aktie/DE0007664039). 274 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG vom 25. 03. 2010. 275 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Raiffeisen Bank International AG vom 22. 01. 2014. 276 Zu nennen sind die folgenden Bezugsrechtsemissionen: InCity Immobilien AG (Mai/ Juni 2016), MPC Münchmeyer Petersen Capital AG (September 2016), Medios AG (November 2016), AGRANA Beteiligungs-AG (Februar 2017). 277 Ausführlichere Darstellungen finden sich etwa bei Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410 f.; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1266 f.; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173 f.; vgl. zudem die übersichtliche Darstellung bei Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14, bei Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38a sowie bei Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257.

V. Vorabplatzierung von Aktien

195

Emittenten betrachtet werden (dazu unter 2.). Im Anschluss geht die Darstellung auf den typischen Ablauf einer Bezugsrechtsemission ein, bei der Aktien vorab platziert werden (dazu unter 3.) Der sich anschließende Unterabschnitt zeigt auf, welche Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten notwendigerweise zu treffen sind, um eine Vorabplatzierung unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen der Transaktionsbeteiligten durchführen zu können (dazu unter 4). Im Anschluss werden die Publizitätspflichten des Emittenten bei Bezugsrechtsemissionen mit Vorabplatzierung erörtert, wobei es einerseits um Fragestellungen im Zusammenhang mit der Ad-hoc-Publizität und der insiderrechtlichen Zulässigkeit von Vorabplatzierungen sowie andererseits um die Darstellung der Vorabplatzierungsstruktur in einem Emissionsprospekt geht (zu alledem unter 5.). 1. Grundzüge der Vorabplatzierung Vorabplatzierungen bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen zeichnen sich dadurch aus, dass bereits vor Beginn des eigentlichen Bezugsangebots Aktien im Wege einer Privatplatzierung bei institutionellen Investoren platziert werden.278 Da im Falle von Bezugsrechtskapitalerhöhungen die bestehenden Aktionäre grundsätzlich zum Bezug neuer Aktien berechtigt sind (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG), werden bei einer geplanten Vorabplatzierung vertragliche Vereinbarungen mit bestehenden (Groß-) Aktionären der Gesellschaft erforderlich, um eine Privatplatzierung der neuen Aktien zu ermöglichen. De facto geht es um die Schaffung von Aktientranchen, die keiner Bezugsrechtsausübung durch bestehende Aktionäre unterliegen und in der Folge außerhalb des regulären Bezugsangebots platziert werden können. Eine freie Platzierbarkeit der Aktien vor Beginn der Bezugsfrist kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden. Eine Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, dass Aktionäre gegenüber der Gesellschaft und den Emissionsbanken einen Verzicht auf ihre Bezugsrechte oder auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist erklären.279 Alternativ können die Aktionäre ihre Bezugsrechte auch per Abtretung auf die Konsortialbanken übertragen (§§ 413, 398 BGB).280 Zusätzlich können den im Rahmen der 278 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38a; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14; Schlitt/ Schäfer, CFL 2011, 410, 413; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173. 279 In diesem Sinne haben bei der Bezugsrechtsemission der Continental AG im Januar 2010 die Großaktionäre Schaeffler KG, M.M. Warburg & Co KGaA und B. Metzler seel. Sohn & Co. gegenüber dem Bankenkonsortium unwiderruflich erklärt, ihre Bezugsrechte nicht auszuüben und nicht an Dritte zu übertragen, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Continental AG vom 6. 01. 2010. 280 So haben sich bei der Bezugsrechtsemission der Volkswagen AG im März 2010 die Großaktionäre die Porsche Automobil Holding SE und die Porsche Gesellschaft m.b.H., Hannoversche Beteiligungsgesellschaft mit beschränkter Haftung sowie die Qatar Holding Germany GmbH dazu verpflichtet, ihre Bezugsansprüche auf die neuen Aktien mit Wirkung zum Zeitpunkt der Festlegung des Bezugspreises an die Konsortialbanken abzutreten, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG vom 23. 03. 2010.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Vorabplatzierung zeichnenden Investoren Aktien geliefert werden, die aus einem von einzelnen Aktionären gewährten Wertpapierdarlehen stammen. Bevor auf diese Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten eingegangen wird, sollen zunächst die wesentlichen Vorteile von Vorabplatzierungen betrachtet werden. 2. Vorteile von Vorabplatzierungen Die Ergebnisse der in den letzten Jahren durchgeführten Vorabplatzierungen veranschaulichen die wesentlichen Vorteile der Transaktionsstruktur. So erzeugen Vorabplatzierungen insbesondere eine im Vergleich zur gewöhnlichen Bezugsrechtsemission erhöhte Transaktionssicherheit (dazu unter a)). Vorabplatzierungsstrukturen zeichnen sich des Weiteren dadurch aus, dass sie eine anhand der konkreten Nachfrage institutioneller Investoren ermittelte und folglich marktpreisnahe Bezugspreisfestlegung ermöglichen sowie – im Vergleich zur gewöhnlichen Preisfestsetzung bei Bezugsrechtsemissionen unter Gewährung von Abschlägen auf den TERP281 – eine relative Steigerung des Transaktionserlöses bewirken können, indem Abschläge beim Emissionspreis vermieden werden (dazu unter b)). Darüber bieten Vorabplatzierungen gegenüber gewöhnlichen Bezugsrechtsemissionen den Vorteil, dass sie den Investorenkreis erweitern können, was sich positiv auf die Liquidität der Unternehmensaktie auswirken und ihre Attraktivität für Investoren erhöhen kann (dazu unter c)). a) Transaktionssicherheit durch frühzeitige Platzierung neuer Aktien Vorabplatzierungen werden insbesondere aus dem Grund durchgeführt, dass sie Transaktionssicherheit zugunsten des Emittenten und der Konsortialbanken gewährleisten. Die Betrachtung der Ergebnisse unterschiedlicher Vorabplatzierungen aus den letzten zehn Jahren bestätigt die Auswirkungen auf die Transaktionssicherheit. Bei insgesamt drei Transaktionen konnte bereits vor Beginn der Bezugsfrist die Platzierung des gesamten Emissionsvolumens bei institutionellen Investoren vermeldet werden, wobei jeweils ein Teil der Zuteilungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgte (sog. Claw-back).282 Darüber hinaus konnte bei bestimmten Emissionen eine Vorabplatzierung des nahezu gesamten Kapitalerhöhungsvolumens 281

Dazu bereits unter C. II. 3. b). Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der HeidelbergCement AG vom 22. 09. 2009, wonach sämtliche neuen Aktien vorab platziert werden konnten, wobei ein Anteil von 12,5 % unter Rücktrittsvorbehalt bei Ausübung von Bezugsrechten durch Aktionäre stand. Vgl. zudem die Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG vom 25. 03. 2010, wonach sämtliche neuen Vorzugsaktien vorab platziert werden konnten, wobei ein Anteil von 27,7 % der Zuteilung an institutionelle Investoren unter Rücktrittsvorbehalt im Falle einer Ausübung von Bezugsrechten durch Aktionäre stand. Bei der Bezugsrechtsemission der Raiffeisen Bank International AG konnten ebenfalls alle neuen Aktien vorab platziert werden, wobei ein Anteil von 21,3 % unter Rücktrittsvorbehalt stand, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Raiffeisen Bank International AG vom 22. 01. 2014. 282

V. Vorabplatzierung von Aktien

197

vermeldet werden.283 In anderen Fällen konnte jedenfalls ein signifikanter Anteil von über 50 % des Emissionsvolumens vorab bei institutionellen Investoren platziert werden.284 Diese Ergebnisse belegen, dass die Vorabplatzierung bei den jeweiligen Transaktionen erheblich zur gesicherten Platzierung des Emissionsvolumens beitragen konnte. Infolge der Vorabplatzierung ist die Platzierung des Emissionsvolumens in dem Umfang, in dem Aktien bereits platziert wurden, nicht mehr von einem zunächst ungewissen Bezugsverhalten der Aktionäre abhängig. Die Vorabplatzierung verringert insofern das Platzierungsrisiko bezüglich der neuen Aktien.285 Fällt die Bezugsquote unter den Aktionären gering aus, kann ein gewisser Anteil neuer Aktien zunächst nicht platziert werden. Bezüglich dieser Aktien erfolgt im Anschluss an die Bezugsfrist sodann in aller Regel ein Rump Placement.286 Ist die Nachfrage der Investoren gering, besteht jedoch noch immer die Möglichkeit, dass auch durch ein Rump Placement eine Veräußerung sämtlicher neuer Aktien nicht erreicht werden kann. Im Vergleich zu einer reinen Platzierung im Rahmen des regulären Bezugsangebots mit einem sich anschließenden Rump Placement bietet eine Vorabplatzierung den Vorteil, dass sich die Anzahl etwaig nicht bezogener Aktien bereits vor Durchführung des Bezugsangebots reduzieren lässt. Nach Ablauf der Bezugsfrist nicht bezogene Aktien müssen sodann nicht mehr erneut angeboten werden und werden stattdessen den Zeichnern der Vorabplatzierung geliefert. Die Transaktionssicherheit kann durch diese frühzeitige Platzierung von Aktien bei institutionellen Anlegern regelmäßig in erheblichem Maße gesteigert werden. b) Marktnahe Preisfestlegung und relative Steigerung des Emissionserlöses im Vergleich zur gewöhnlichen Festpreisemission Der zweite aus Sicht des Emittenten maßgebliche Beweggrund für die Durchführung einer Vorabplatzierung besteht in der damit einhergehenden Möglichkeit 283 Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Bezugsrechtsemission der AGRANA Beteiligungs-AG im Februar 2017, bei der 1.316.720 von insgesamt 1.420.204 neuen Aktien im Rahmen der institutionellen Vorabplatzierung platziert werden konnten, was einem Anteil am Emissionsvolumen von ca. 92,7 % entspricht, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der AGRANA Beteiligungs-AG vom 01. 02. 2017. 284 So konnten im Rahmen der Bezugsrechtsemission der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG im September 2016 3.560.229 von insgesamt 6.085.583 neuen Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung zugeteilt werden, was einem Anteil am Emissionsvolumen von ca. 58,5 % entspricht, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG vom 13. 09. 2016. Bei der Bezugsrechtsemission der Medios AG im November 2016 konnten 1.587.100 von insgesamt 2.760.408 neuen Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung zugeteilt werden, was einem Anteil am Emissionsvolumen von ca. 57,5 % entspricht, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Medios AG vom 05. 12. 2016. 285 Zum Platzierungsrisiko des Emittenten und der Konsortialbanken im Falle des Hard Underwritings bereits unter C. II. 3. a). 286 Zum Erfordernis eines Rump Placement im Falle einer geringen Bezugsquote bereits unter C. II. 3. a).

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

einer marktnahen Bezugspreisfestlegung und einer (relativen) Steigerung des Emissionserlöses. Die Gesellschaft hat bei Bezugsrechtsemissionen stets ein Interesse daran, dass der ihr zufließende Platzierungserlös möglichst hoch ausfällt.287 Es wurde bereits dargestellt, dass der Emittent bei Bezugsrechtsemissionen infolge der zweiwöchigen Bezugsfrist grundsätzlich das Marktpreisrisiko trägt.288 Die ansonsten bei der Festpreisemission regelmäßig erforderlichen Abschläge auf den TERP können durch die infolge der Vorabplatzierung marktnahe Bezugspreisfestlegung vermieden werden. Die neuen Aktien werden bei der Vorabplatzierung noch vor Beginn der Bezugsfrist in einem beschleunigten Bookbuilding bei institutionellen Investoren platziert. Die Erwerbsorder der Investoren werden sodann bei der Festlegung des Vorabplatzierungs- und Bezugspreises herangezogen. Dieses Vorgehen ermöglicht dem Emittenten eine marktnahe Preisfestlegung anhand der konkreten Investorennachfrage. Sicherheitsabschläge auf den TERP müssen dann regelmäßig nicht mehr bzw. in lediglich geringem Maße in den Bezugspreis eingepreist werden. Der Emissionserlös kann folglich in Relation zu einer gewöhnlichen Bezugsrechtsemission (unter Gewährung von Abschlägen) höher ausfallen. Von praktischer Bedeutung ist dies insbesondere für Gesellschaften, die eine Bezugsrechtskapitalerhöhung aus konkretem Anlass durchführen, etwa zu Zwecken der Refinanzierung und zur Finanzierung von Akquisitionen. Denn in diesen Fällen existiert ein konkreter Kapitalbedarf, der durch die Kapitalerhöhung abgedeckt werden soll und dessen Erzielung nach Möglichkeit nicht durch die bei der Festpreisemission ansonsten erforderlichen Abschläge im Vergleich zum TERP oder durch eine geringe Nachfrage unter den Aktionären gefährdet werden soll. c) Verbreiterung der Investorenbasis und gesteigerte Liquidität Die Vorabplatzierung von Aktien führt zu einer Verbreiterung der Investorenbasis des jeweiligen Unternehmens, da die Bezugsaktien regelmäßig nicht nur von Aktionären, sondern zusätzlich von externen Investoren gezeichnet werden. Zwar lässt sich der Aktionärskreis grundsätzlich auch durch ein Rump Placement erweitern, welches nach Ablauf der Bezugsfrist erfolgt und, wie auch die Vorabplatzierung, vom Bezugsverhalten der Aktionäre abhängig ist.289 Gegenüber der „Rumpfplatzierung“ übrig gebliebener Bezugsaktien bieten Vorabplatzierungen aber den Vorteil, dass sich die Erweiterung des Aktionärskreises mit dem Vorteil der marktpreisnahen Bezugspreisfestlegung kombinieren lässt. Die Vorabplatzierungen der jüngeren Vergangenheit bestätigen die Auswirkungen auf die Investorenbasis und den Free float: So führte die Vorabplatzierung neuer Aktien bei außenstehenden Investoren in einigen Fällen zu einer Verbreiterung der Investorenbasis und hatte zur 287 288 289

Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.24. Dazu bereits unter C. II. 3. b). Brandt, in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.485.

V. Vorabplatzierung von Aktien

199

Folge, dass sich der Streubesitz der Aktien der jeweiligen Gesellschaft entsprechend erhöhte.290 Mit der Verbreiterung der Aktionärsbasis geht auch die Möglichkeit einher, infolge der Vorabplatzierung die Liquidität der Unternehmensaktie zu fördern. Vorabplatzierungen wurden in der jüngeren Vergangenheit in besonderem Maße von Small- und Mid-Cap-Emittenten durchgeführt, die eine vergleichsweise geringe Marktkapitalisierung aufweisen.291 Diese Unternehmen zeichnen sich i. d. R. dadurch aus, dass sich nur ein geringer Anteil der ausgegebenen Aktien im Streubesitz (Free float) befindet. Ein Großteil der Aktien wird oftmals von nur wenigen Hauptaktionären gehalten, wodurch auch das Handelsvolumen der Aktie, die Liquidität, verhältnismäßig gering ausfällt. Die mit einer Vorabplatzierung bisweilen erreichte Erhöhung des Streubesitzes292 geht mit einer Verbreiterung der Investorenbasis einher und kann infolgedessen eine entsprechende Steigerung der Liquidität der Aktie bewirken. So war die Erhöhung des Streubesitzes in einigen Fällen erklärtes Ziel der Vorabplatzierung.293 Dies lässt sich vor dem Hintergrund erklären, dass die Höhe des Streubesitzes ein gewichtiger Faktor bei der Bewertung einer Aktie sein kann, da sich regelmäßig eine positive Korrelation zwischen Streubesitz und Liquidität der Aktie feststellen lässt.294 Ein erhöhter Streubesitz sowie eine erhöhte Liquidität der Aktie des Emittenten können auch für die zukünftige Vermarktung der Aktie bei externen Investoren (etwa im Rahmen einer weiteren Kapitalerhöhung) förderlich sein, da institutionelle Investoren sich bei der Entscheidung für eine Investition in Aktien eines Unternehmens auch von der Erwägung leiten lassen, ob die Aktie eine ausreichende Liquidität sowie eine hinreichende Marktkapitalisierung des Streubesitzes aufweist.295

290 So erhöhte sich der Streubesitz der AGRANA Beteiligungs-AG auf 18,9 %, vgl. die Adhoc-Mitteilung vom 17. 02. 2017. Im Fall der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG war eine Erhöhung des Streubesitzes auf rund 36 % zu verzeichnen, vgl. die Pressemitteilung vom 28. 09. 2016. 291 Zu diesen zählen beispielsweise die InCity Immobilien AG mit einer Marktkapitalisierung von 82,54 Mio. Euro (Quelle: http://www.boerse-frankfurt.de/aktie/InCity_Immobilien-Aktie), die MPC Münchmeyer Petersen Capital AG mit einer Marktkapitalisierung von 181,56 Mio. Euro (Quelle: http://www.boerse.de/fundamental-analyse/MPC-Capital-Aktie/ DE000 A1TNWJ4) sowie die Medios AG mit einer Marktkapitalisierung von 124,59 Mio. Euro (Quelle: http://www.boerse-frankfurt.de/aktie/Medios-Aktie), die alle im Jahr 2016 Bezugsrechtsemissionen mit Vorabplatzierungen durchgeführt haben. 292 Der Streubesitz der AGRANA Beteiligungs-AG erhöhte sich infolge der Vorabplatzierung auf 18,9 %, im Fall der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG war eine Erhöhung des Streubesitzes auf rund 36 % zu verzeichnen (Fn. 290). 293 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der AGRANA Beteiligungs-AG vom 31. 01. 2017, wonach durch das Angebot der Streubesitz der AGRANA erhöht werden sollte. 294 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.30. 295 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.30.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

3. Typischer Ablauf der Bezugsrechtsemission bei Durchführung einer Vorabplatzierung Vergleicht man den Ablauf bei der Durchführung einer gewöhnlichen Bezugsrechtsemission mit dem Ablauf einer Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung von Aktien, lassen sich gewisse Unterschiede in der Strukturierung ausmachen. Die Besonderheiten im Ablauf der Kapitalerhöhung, die mit der Durchführung einer Vorabplatzierung verbunden sind, sollen daher nachfolgend dargestellt werden. Dabei soll auch auf die rechtlichen Problemstellungen eingegangen werden, die sich aus dem besonderen Ablauf ergeben. a) Ansprache von Aktionären und potenziellen Neuinvestoren Sollen bei einer Bezugsrechtsemission Aktien vorab bei institutionellen Investoren platziert werden, wird vor der eigentlichen Platzierung im beschleunigten Bookbuilding von den Konsortialbanken in Abstimmung mit dem Emittenten regelmäßig ein Market Sounding durchgeführt.296 Bei der Vorabplatzierung dient es dem Zweck, einerseits Informationen über das Bezugsverhalten von Großaktionären zu erhalten und andererseits ein mögliches Erwerbsinteresse potenzieller Neuinvestoren auszuloten. Der Emittent kann durch eine frühe Sondierung in Erfahrung bringen, inwieweit sich bestehende Aktionäre zu einer Teilnahme an der Kapitalerhöhung bereit zeigen. Fehlt es ihrerseits an der Bereitschaft, neue Aktien in nennenswertem Umfang zu zeichnen, können die Emissionsbanken ihre Sondierungsaktivitäten umso mehr auf die Gewinnung neuer Investoren ausrichten, um die mit einer Vorabplatzierung bezweckte Transaktionssicherheit erzielen zu können. Das Market Sounding ermöglicht den Emissionsbanken und dem Emittenten die Prognose, ob die Vorabplatzierung des Emissionsvolumens bei institutionellen Investoren realistisch ist. Nach Durchführung dieser ersten Investorenansprache lassen sich die Chancen einer Vorabplatzierung der neuen Aktien genauer bewerten. Es wurde bereits eingangs dargestellt, dass auch Zwischenschritte eines zeitlich gestreckten Vorgangs für sich genommen bereits eine Insiderinformation darstellen können (vgl. Art. 7 Abs. 3 MAR) und dass vor diesem Hintergrund etwa bereits durch die Mandatierung der Emissionsbanken die Kapitalerhöhung einen Wahrscheinlichkeitsgrad aufweisen kann, der die Information über die bevorstehende Kapitalerhöhung hinreichend präzise erscheinen lässt, um das erforderliche Kursbeeinflussungspotenzial zu entfalten.297 Die Offenlegung der Transaktionsparameter gegenüber potenziellen Investoren kann insoweit eine Weitergabe von Insiderinformationen darstellen. Die Investorenansprache im Vorfeld der Platzierung zu Sondierungszwecken ist durch die Neuregelung der Marktsondierung in Art. 11 Abs. 4 MAR allerdings privilegiert, so dass die Gefahr einer unbefugten Weitergabe 296 297

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 415, unter Verwendung des Begriffs „Pre-Sounding“. Dazu bereits unter A. III. 3. a) bb).

V. Vorabplatzierung von Aktien

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von Insiderinformationen nicht besteht. Vielmehr dürfen die Konsortialbanken die Einzelheiten der geplanten Transaktion, einschließlich des Umstands, dass eine Vorabplatzierung geplant ist, gegenüber potenziellen Investoren offenlegen. b) Beschluss über die Durchführung der Kapitalerhöhung: Vorstandsbeschluss über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals Erweist sich nach den Ergebnissen des Market Sounding eine Vorabplatzierung neuer Aktien als praktikabel, erfolgt seitens der Gesellschaft die Beschlussfassung über die generelle Durchführung der Kapitalerhöhung, wobei der Gesellschaft – jedenfalls grundsätzlich – zwei Vorgehensweisen eröffnet sind: in Betracht kommen ein Direktbeschluss der Hauptversammlung über die Durchführung einer ordentlichen Kapitalerhöhung und die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durch einen entsprechenden Beschluss des Vorstands.298 Im Zusammenhang mit den Beschlussfassungsmodalitäten sind gleichwohl die Besonderheiten der Vorabplatzierung und die ihr immanenten Vorteile zu berücksichtigen. So bieten Vorabplatzierungen unter anderem den Vorteil, dass eine für die Gesellschaft günstig erscheinende Marktsituation ausgenutzt werden kann.299 Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Aktie des Emittenten zu einem bestimmten Zeitpunkt stärker nachgefragt wird und der Aktienkurs sich auf einem verhältnismäßig hohen Niveau befindet. Dieser Vorteil ist auf Grund des bei der Durchführung von Hauptversammlungen notwendigen, langen zeitlichen Vorlaufs nicht zu realisieren.300 Hinzu tritt der Umstand, dass bei direkt von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalerhöhungen stets ein gewisses Anfechtungsrisiko besteht, selbst wenn das Bezugsrecht der Aktionäre nicht ausgeschlossen wird.301 Die Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Durchführung einer ordentlichen Kapitalerhöhung erweist sich für die Zwecke einer Bezugsrechtsemission, bei der neue Aktien vorab platziert werden sollen, im Vergleich zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals als weniger praktikabel: Auf Grund der Kosten der Durchführung einer Hauptversammlung werden Direktbeschlüsse über eine Kapitalerhöhung in aller Regel nur in der jährlichen ordentlichen Hauptversammlung (§ 175 AktG)

298

Zu den beiden Alternativen der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung bereits unter C. II. 2. 299 Durch die Vorabplatzierung des Emissionsvolumens einer Bezugsrechtsemission können günstige Marktsituationen in noch größerem Umfang ausgenutzt werden als durch die Platzierung einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). 300 Zur erhöhten Flexibilität der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals im Vergleich zu einer von der Hauptversammlung zu beschließenden, ordentlichen Kapitalerhöhung bereits unter C. II. 2. 301 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.9; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2176.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

gefasst.302 Hinzu kommt, dass für die Durchführung einer Hauptversammlung ein erheblicher zeitlicher Vorlauf benötigt wird.303 Allein die Einberufungsfrist beläuft sich auf einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen (§ 123 Abs. 1 Satz 1 AktG). Eine flexible Eigenkapitalaufnahme und kurzfristige Entscheidungsprozesse über die Durchführung von Kapitalmaßnahmen werden hierdurch erheblich erschwert. Vor diesem Hintergrund stellt die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen mit einer entsprechenden Vorabplatzierung von Aktien den praktischen Regelfall dar.304 c) Unterzeichnung des Übernahmevertrags sowie Verzichtsoder Abtretungsvereinbarung Ist die Durchführung der Kapitalerhöhung wirksam beschlossen worden, so sind in einem nächsten Schritt die für die Zwecke der Platzierung erforderlichen Vereinbarungen zu unterzeichnen. Zu ihnen zählt in erster Linie die Unterzeichnung des Übernahmevertrags, in dem die Konsortialbanken sich dazu verpflichten, eine bestimmte Anzahl von Bezugsaktien vorab bei institutionellen Investoren zu platzieren. Dazu tritt die in Übernahmeverträgen bei Bezugsrechtsemissionen stets enthaltene Verpflichtung der Konsortialbanken zur Durchführung des Bezugsangebots.305 Bei Bezugsrechtsemissionen mit Vorabplatzierung bedarf es zusätzlich der Unterzeichnung einer Bezugsrechtsverzichts- bzw. Nichtausübungserklärung durch einen oder mehrere Großaktionäre gegenüber der Gesellschaft und den Konsortialbanken oder einer Abtretung der Bezugsrechte an die Konsortialbanken (§§ 413, 398 BGB). Um das Emissionsvolumen der Vorabplatzierung zusätzlich zu erhöhen, kann die Gesellschaft auch im Wege eines von einem oder mehreren Aktionären gewährten Wertpapierdarlehens Aktien beschaffen. Die vertraglichen Vereinbarungen sind notwendigerweise zu unterzeichnen, damit die aus der Kapitalerhöhung erwachsenden neuen Aktien frei platziert werden können.

302

Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.25. Vgl. Kubis, in: Münch.Komm. AktG, § 123 Rn. 2. 304 Vgl. etwa die Ad-hoc-Mitteilung der HeidelbergCement AG (13. 09. 2009), die Ad-hocMitteilung der Continental AG (6. 01. 2010), die Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG (23. 03. 2010), die Ad-hoc-Mitteilung der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG (12. 09. 2016) sowie die Ad-hoc-Mitteilung der Medios AG (16. 11. 2016): bei sämtlichen der aufgeführten Bezugsrechtsemissionen, bei denen Aktien vorab platziert wurden, wurden genehmigte Kapitalien ausgenutzt. 305 Dazu bereits unter C. II. 1. b). 303

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d) Vorabplatzierung im beschleunigten Bookbuilding und anschließende Festsetzung von Vorabplatzierungsund Bezugspreis Für die Zwecke der Durchführung einer Vorabplatzierung wird von den Konsortialbanken regelmäßig ein beschleunigtes Bookbuilding durchgeführt (dazu unter aa)). Die Erwerbsofferten aus dem Bookbuilding bilden den Maßstab für die nachfolgende Festlegung des Vorabplatzierungs- und Bezugspreises (dazu unter bb)). aa) Durchführung eines beschleunigten Bookbuildings Im Falle einer regulären Bezugsrechtsemission ohne Vorabplatzierung schließt sich an die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung und die Bekanntmachung des Bezugsangebots unmittelbar der Beginn der mindestens zweiwöchigen Bezugsfrist an, die abhängig davon, ob es sich um die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals oder um eine ordentliche Kapitalerhöhung handelt, in dem jeweiligen Vorstandsoder Hauptversammlungsbeschluss festgelegt wird.306 Bei einer Kapitalerhöhung mit Vorabplatzierung findet die Aktienplatzierung jedoch bereits vor Beginn dieser Bezugsfrist statt.307 Sie erfolgt in aller Regel im Wege eines beschleunigten Bookbuildings (Accelerated Bookbuilding), in dessen Rahmen qualifizierte (institutionelle) Investoren Zeichnungsangebote für die Vorabplatzierungsaktien abgeben können.308 Beim Accelerated Bookbuilding handelt es sich um ein Schnellverfahren zur Aktienplatzierung, bei welchem die Zeitspanne, innerhalb derer Angebote zur Zeichnung abgegeben werden können, auf einen relativ kurzen Zeitraum begrenzt ist.309 Auch ein größeres Emissionsvolumen kann auf diesem Weg binnen weniger Stunden platziert werden.310 Die Frist zur Abgabe von Zeichnungsangeboten beträgt dabei üblicherweise nur wenige Stunden.311 Der Vorteil einer solch schnellen Durchführung des Platzierungsverfahrens besteht darin, dass eine sich für die Gesellschaft günstig gestaltende Marktsituation ausgenutzt werden kann. Die führende Konsortialbank (Bookrunner) nimmt die Zeichnungsangebote der Investoren entgegen. Die Auswahl der einzelnen Investoren und die Zuteilung erfolgen durch die 306

Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 15; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 56; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 14; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 11; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 18. 307 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1267; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414. 308 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1267; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414. 309 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.36; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 261; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.30 (Fn. 8). 310 Meyer; in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.28. 311 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.91.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

konsortialführende Bank in Abstimmung mit der Gesellschaft.312 Auf der Grundlage der im Bookbuilding abgegebenen Zeichnungsangebote bestimmt die konsortialführende Bank sodann den Platzierungspreis der Vorabplatzierungsaktien. bb) Festsetzung des Vorabplatzierungs- und Bezugspreises Innerhalb des Aktienübernahmevertrages wird im Vorfeld der Vorabplatzierung regelmäßig festgelegt, dass der im Rahmen des beschleunigten Bookbuildings ermittelte Platzierungspreis für die Vorabplatzierung dem Bezugspreis für das Bezugsangebot entsprechen soll.313 Dadurch wird eine der wesentlichen Zielsetzungen des Vorabplatzierungsverfahrens, die marktnahe Bezugspreisfestlegung, erreicht.314 Durch die identische Festlegung des Angebotspreises der Vorabplatzierung und des Bezugspreises wird zudem sichergestellt, dass das Bezugsrecht aus Sicht des Aktionärs keinen gesonderten Wert aufweist. Statt eines Aktienerwerbs durch Ausübung seiner Bezugsrechte kann der Aktionär neue Aktien zu einem identischen Preis am Markt erwerben. Ein zum Zwecke der Vorabplatzierung erklärter Verzicht auf die Ausübung der Bezugsrechte oder eine entgeltlose Abtretung der Bezugsrechte an die Konsortialbanken wird durch die fehlende Werthaltigkeit der Bezugsrechte für die Aktionäre möglich, ohne dass wirtschaftliche Einbußen entstehen. Entsprechend wird durch die Identität von Vorabplatzierungspreis und Bezugspreis eine erhöhte Bereitschaft der Aktionäre erzeugt, auf die Bezugsrechtsausübung zu verzichten oder Bezugsrechte entgeltlos zu übertragen.315 Der Vorstand hat einen entsprechenden Beschluss über die Festsetzung des Bezugspreises zu fassen. Die Festsetzung durch den Vorstand bedarf sodann der Zustimmung durch den Aufsichtsrat. Der im Rahmen des beschleunigten Bookbuildings ermittelte Platzierungspreis sowie der dementsprechende Bezugspreis werden meist in einem separaten Preisfestsetzungsvertrag zwischen der Gesellschaft und den Konsortialbanken festgehalten.316 Abseits der wirtschaftlichen Erwägungen (marktnahe Preisfestlegung und Ermöglichung eines Bezugsrechtsverzichts) stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft rechtlich dazu verpflichtet ist, den Bezugspreis mit dem Vorabplatzierungspreis 312

König/van Aerssen, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. B 191; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 85. 313 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173; vgl. aus der Emissionspraxis das Bezugsangebot der HeidelbergCement AG (2009), die Ad-hoc-Mitteilung der Hamborner REIT AG (23. 09. 2010), die Bezugsaufforderung der österreichischen Erste Group Bank AG (2013), die Ad-hoc-Mitteilung der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG (12. 09. 2016) sowie die Adhoc-Mitteilung der Medios AG (16. 11. 2016). 314 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173; vgl. hierzu bereits unter C. V. 2. b). 315 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2179; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1266 f. 316 Zur Preisfestsetzung im Rahmen des separaten Preisfestsetzungsvertrags vgl. etwa Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 245.

V. Vorabplatzierung von Aktien

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gleichzusetzen. Es gilt zu berücksichtigen, dass durch die Vorabplatzierung neben der Platzierung umfassender, bezugsrechtsfreier Tranchen auch eine Verwertung nicht bezogener Aktien erfolgt. Insofern kommt der Vorabplatzierung die gleiche Funktion zu wie dem Aktienerwerb eines Backstop-Investors. Im Zusammenhang mit der Festsetzung des Backstop-Preises wurde bereits festgestellt, dass dieser stets mit dem Bezugspreis gleichzusetzen ist, da nicht bezogene Aktien, die zu einem unterhalb des Bezugspreises liegenden Preis verwertet werden sollen, zu diesem Preis grundsätzlich zunächst erneut den Aktionären anzubieten sind.317 In Bezug auf die „antizipierte“ Verwertung nicht bezogener Aktien im Rahmen einer Vorabplatzierung müssen die gleichen Maßstäbe gelten. Eine Festsetzung des Vorabplatzierungspreises unterhalb des Bezugspreises würde dazu führen, dass die Investoren Aktien zu einem günstigeren Preis erwerben könnten als die von Gesetz wegen zum Bezug neuer Aktien berechtigten Aktionäre. Um die Notwendigkeit eines „vergünstigten“ Bezugsangebots zu vermeiden, sind der Platzierungspreis der Vorabplatzierung und der Bezugspreis stets gleichzusetzen. e) Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und (Teil-)Lieferung der Vorabplatzierungsaktien Die Durchführung der Kapitalerhöhung ist durch den Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 188 Abs. 1 AktG). Erst wenn die Eintragung erfolgt ist, ist die Kapitalerhöhung wirksam (§ 189 AktG). Die Anmeldung zur Eintragung darf dabei erst dann erfolgen, wenn die Einlagen auf die Aktien ordnungsgemäß geleistet worden sind, der auf sie entfallende Betrag also eingezahlt worden ist (§§ 188 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 2 AktG). Im Falle einer regulären Kapitalerhöhung ohne Vorabplatzierung kommt es vor diesem Hintergrund erst nach Ablauf der Bezugsfrist zur Anmeldung sowie zur Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister. Erst zu diesem Zeitpunkt sind die Aktien an die beziehenden Aktionäre zugeteilt und die Einlagen auf die neuen Aktien an die Gesellschaft geleistet. Die Lieferung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung an die Aktionäre kann erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister erfolgen, wobei die Lieferung an den Erwerber üblicherweise innerhalb von zwei Handelstagen zu erfolgen hat („t+2“).318 Die Erwartung der institutionellen Investoren, die im Rahmen der Vorabplatzierung Zeichnungsangebote abgegeben haben, geht folglich dahin, die Aktien aus der Kapitalerhöhung in eben dieser Frist von zwei Handelstagen geliefert zu erhalten. Nur dadurch werden sie in die Lage versetzt, die Aktien zeitnah über die Börse weiter zu veräußern. Werden den Investoren die Aktien erst nach einer Ein317

Dazu bereits unter C. IV. 3. a) bb). Die Üblichkeit der Lieferung neuer Aktien innerhalb von zwei Handelstagen ergibt sich aus § 4 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse, wonach Börsengeschäfte am zweiten Erfüllungstag nach dem Tag des Geschäftsabschlusses zu erfüllen sind; vgl. auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.108. 318

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

tragung der Kapitalerhöhung geliefert, die sich an das Ende der Bezugsfrist anschließt, so tragen sie bis zu diesem Zeitpunkt ein erhebliches Markt- und Preisänderungsrisiko.319 Da dies den Interessen der Investoren grundsätzlich zuwiderläuft, hat sich bei Vorabplatzierungen die Praxis etabliert, dass die Kapitalerhöhung im Fall eines Best-Effort-Underwriting durch die Konsortialbanken in dem Umfang, in dem auf Grund von Bezugsrechtsverzichts- bzw. Abtretungsvereinbarungen mit Großaktionären eine endgültige Lieferung von Aktien möglich ist, bereits zu Beginn der Bezugsfrist zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und entsprechend eingetragen wird.320 Dadurch kann eine frühzeitige Belieferung der Zeichner der Vorabplatzierung erfolgen, ohne dass das Ende der Bezugsfrist abgewartet werden muss. In Bezug auf diejenigen Vorabplatzierungsaktien, die lediglich unter Vorbehalt (subject to claw-back) platziert werden, erfolgt hingegen keine direkte Lieferung an Investoren. Dieser Anteil der Vorabplatzierungsaktien unterliegt vielmehr einer aufgeschobenen Abwicklung (sog. deferred settlement). So zeigen die Beispiele der Vorabplatzierungen bei den Kapitalerhöhungen der Continental AG und der Raiffeisenbank International AG, dass das Volumen der jeweiligen Vorabplatzierung in Bezug auf diejenigen Aktien, für die noch Bezugsrechte ausgeübt werden konnten, einer aufgeschobenen Abwicklung unterlag.321 Die Aktien werden folglich erst nach Ablauf der Bezugsfrist an die an der Vorabplatzierung beteiligten Investoren geliefert, da erst zu diesem Zeitpunkt final feststeht, in welchem Umfang Bezugsrechte für diese Aktien ausgeübt wurden. f) Zeichnung der Bezugsaktien und Lieferung nach Ablauf der Bezugsfrist Nach Abschluss der Vorabplatzierung durch die (partielle) Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und Lieferung der Vorabplatzierungsaktien an die Investoren beginnt der Lauf der mindestens zweiwöchigen Bezugsfrist, in der die Zeichnung durch die übrigen Aktionäre erfolgt und nach deren Abschluss die Kapitalerhöhung in dem Umfang, in dem Aktien noch nicht vorab platziert worden sind, in das Handelsregister eingetragen wird (dazu unter aa)). Der Umstand, dass die Lieferung der Aktien an die Zeichner der Vorabplatzierung insofern früher erfolgt als an die beziehenden Aktionäre, wirft Fragen im Hinblick auf eine mögliche Ungleichbehandlung auf (dazu unter bb)).

319 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14. 320 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1267; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14. 321 Vgl. den Wertpapierprospekt der Continental AG vom 11. 01. 2010, S. 69 f. sowie den Wertpapierprospekt der Raiffeisenbank International AG vom 21. 01. 2014, S. 56 f.

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aa) Zeichnung durch übrige Aktionäre und erneute Handelsregistereintragung Die übrigen Aktionäre haben während der Bezugsfrist die Gelegenheit, ihre Bezugsrechte auszuüben und nach ihrem Ablauf neue Aktien zu zeichnen. Ist schließlich die Zeichnung des gesamten Kapitalerhöhungsvolumens vollständig abgeschlossen, so ist wiederum die Durchführung der Kapitalerhöhung zu dem nunmehr endgültig feststehenden Erhöhungsbetrag zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 188 Abs. 1 AktG). Die Eintragung der Kapitalerhöhung erfolgt also im Fall eines Best-Effort-Underwriting durch die Konsortialbanken in zwei Schritten.322 Dagegen werden im Falle eines Hard Underwriting durch die Konsortialbanken diejenigen Aktien, die im Rahmen der Vorabplatzierung noch nicht platziert worden sind, bis zur vollständigen Veräußerung von den Konsortialbanken gehalten.323 In diesem Fall bedarf es folglich keiner zweistufigen Zeichnung und Eintragung. bb) Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch frühzeitige Lieferung der Vorabplatzierungsaktien (§ 53a AktG)? Der besondere Ablauf einer Kapitalerhöhung mit Vorabplatzierung hat zur Folge, dass die Zeichner der Vorabplatzierung, institutionelle Investoren sowie bisherige Großaktionäre, die Aktien aus der Kapitalerhöhung früher geliefert bekommen als die übrigen, zum Bezug der Aktien berechtigten Aktionäre, die im Rahmen der Vorabplatzierung nicht angesprochen werden. Während letztere die Aktien erst nach Ablauf der Bezugsfrist und der zweiten Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister geliefert bekommen, erhalten die im Rahmen der Vorabplatzierung angesprochenen institutionellen Investoren die Aktien zum Teil bereits nach der ersten Eintragung, die vor dem Beginn der Bezugsfrist erfolgt. Diese unterschiedliche Behandlung bei der Lieferung der Aktien kann einen Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG bedeuten. (1) Ungleichbehandlung der Aktionäre Die Gesellschaft trifft grundsätzlich die Pflicht, alle Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (§ 53a AktG). Zur Gleichbehandlung der Aktionäre verpflichtet ist die Gesellschaft an sich, aber auch die in ihrem Namen handelnden Organe, insbesondere der Vorstand324, der in Abstimmung mit den Konsortialbanken für die Aktienzuteilung im Rahmen der Vorabplatzierungskapitalerhöhung verantwortlich ist. Zweifel an der Anwendbarkeit des Gleichbehand322

Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414. Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414. 324 Hüffer/Koch, AktG, § 53a Rn. 4; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 4; Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 5; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 5; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 1. 323

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

lungsgrundsatzes im Verhältnis der bezugsberechtigten Aktionäre zu den institutionellen Investoren, welche die Vorabplatzierungsaktien erhalten, können insofern bestehen, als die institutionellen Investoren zunächst keine Aktionäre der Gesellschaft sind. Vielmehr werden sie erst durch die Zeichnung der Vorabplatzierungsaktien nach der ersten Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister zu Aktionären. In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich nur im Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären, nicht aber zu außenstehenden Dritten Wirkung entfaltet.325 Der Gedanke, dass der Vorstand bei der Aktienzuteilung im Rahmen der Kapitalerhöhung mit Vorabplatzierung erst gar nicht an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden sein soll, erscheint gleichwohl nicht haltbar. Können die bestehenden Aktionäre eine Gleichbehandlung im Verhältnis zu den übrigen Aktionären verlangen, so müssen sie diese Gleichbehandlung erst recht im Verhältnis zu außenstehenden Investoren beanspruchen können. Der Anwendungsbereich des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist grundsätzlich eröffnet. Das Erfordernis einer Gleichbehandlung besteht unabhängig davon in den Fällen, in denen bei Vorabplatzierungen auch Aktionäre als Zeichner zum Zuge kommen. Auch diese Vorgehensweise war bei Vorabplatzierungen in der Vergangenheit bereits anzutreffen.326 In dieser Konstellation kommt es bezüglich des Zeitpunktes der Aktienlieferung zu einer unmittelbaren Differenzierung zwischen verschiedenen Aktionären. Die relevante Ungleichbehandlung ist, wie bereits angedeutet, darin zu sehen, dass die Zeichner der Vorabplatzierungsaktien die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung schon vor Beginn der Bezugsfrist geliefert bekommen, während die übrigen Aktionäre die neuen Aktien erst nach Ausübung ihrer Bezugsrechte und somit nach Ablauf der Bezugsfrist erhalten. Infolgedessen besteht auf Seiten der Aktionäre insbesondere der Nachteil, dass die Zeichner der Vorabplatzierung die Aktien bereits zu einem früheren Zeitpunkt weiterveräußern können und eine möglicherweise während des Laufs der Bezugsfrist eintretende Wertsteigerung realisieren können. (2) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz untersagt gleichwohl nicht jede Ungleichbehandlung, sondern verbietet lediglich sachwidrige Differenzierun325

Hüffer/Koch, AktG, § 53a Rn. 4; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 5; Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 6; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 5. 326 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der InCity Immobilien AG im Mai/Juni 2016. Bei dieser Transaktion hatte sich die Hauptaktionärin Haron Holding AG zu einer Zeichnung neuer Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung verpflichtet, vgl. die Pressemitteilung der InCity Immobilien AG vom 26. 04. 2016. Auch bei der Bezugsrechtsemission der Raiffeisenbank International AG im Januar 2014 nahm mit der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG ein Aktionär an der Vorabplatzierung teil, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Raiffeisenbank International AG vom 21. 01. 2014.

V. Vorabplatzierung von Aktien

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gen.327 Das Gleichbehandlungsgebot lässt eine Ungleichbehandlung der Aktionäre dann zu, wenn sie sachlich berechtigt ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt.328 Die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung setzt ein Interesse der Gesellschaft voraus, das im konkreten Fall das Interesse des betroffenen Aktionärs an der Gleichbehandlung überwiegt.329 Bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung mit Vorabplatzierung neuer Aktien bei institutionellen Investoren kann die Ungleichbehandlung der übrigen Aktionäre in Form der späteren Lieferung der neuen Aktien durch ein solch überwiegendes Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein. Dieses Gesellschaftsinteresse ist zum einen in der durch die Vorabplatzierung erreichten, maßgeblichen Steigerung der Transaktionssicherheit zu sehen. Der Umstand, dass ein Großteil des Kapitalerhöhungsvolumens sicher platziert werden kann, kommt nicht nur der Gesellschaft, sondern auch den Aktionären zugute.330 Die gesicherte Platzierung wirkt sich i. d. R. stabilisierend auf den Aktienkurs aus331, so dass die mit der Bezugsrechtsemission regelmäßig einhergehende Wertverwässerung ausgeglichen wird. Hinzu kommt, dass mit Hilfe der Vorabplatzierung ein ansonsten erforderlich werdender Abschlag auf den Börsenkurs vermieden werden kann.332 Im Gegensatz hierzu wiegt die Ungleichbehandlung der übrigen Aktionäre in Form der späteren Aktienlieferung nicht so schwer. Die ihrerseits fehlende Möglichkeit, die Aktien bereits parallel zum Lauf der Bezugsfrist weiter zu veräußern, wird dadurch ausgeglichen, dass die Aktionäre ihre Bezugsrechte im Rahmen eines regelmäßig eingerichteten Bezugsrechtshandels veräußern können.333 Das Interesse der Gesellschaft an einer maximalen Transaktionssicherheit, an der Vermeidung von Abschlägen auf den Börsenkurs und einer damit verbundenen Steigerung des Transaktionserlöses überwiegt letzten Endes das Interesse der bestehenden Aktionäre an einer Gleichbehandlung hinsichtlich des Zeitpunkts der Aktienlieferung. Die mit der frühzeitigen Lieferung an die institutionellen Investoren verbundene Ungleichbehandlung der übrigen Aktionäre ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

327

BGHZ 33, 175, 186; BGHZ 71, 40, 44 („Kali + Salz“); BGHZ 120, 141, 150; zuletzt OLG Köln, ZIP 2014, 263, 268; Drygala, in: Köln.Komm. AktG, § 53a Rn. 9; Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 14; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 18; Hüffer/Koch, AktG, § 53a Rn. 10; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 11. 328 BGHZ 33, 175, 186; BGHZ 71, 40, 44 („Kali + Salz“); BGHZ 120, 141, 150. 329 Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 15; Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 53a Rn. 19; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 35; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 11. 330 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1285. 331 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1285. 332 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1284 f. 333 Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1285.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

g) Rump Placement nach Vorabplatzierung und Bezugsangebot Soweit vor Beginn der Vorabplatzierung nicht sämtliche Aktionäre auf die Ausübung ihrer Bezugsrechte verzichtet oder ihre Bezugsrechte auf die Konsortialbanken übertragen haben und in der Folge eine Vorabplatzierung sämtlicher Aktien erfolgt ist, unterliegt ein bestimmter Anteil der neuen Aktien dem regulären Bezugsangebot. Die Platzierbarkeit dieser Aktientranche ist wiederum vom Bezugsverhalten der Aktionäre abhängig. Es besteht die Möglichkeit, dass nicht sämtliche Aktien bezogen werden, wenngleich die Anzahl nicht bezogener Aktien bei erfolgter Vorabplatzierung in Verbindung mit einer zusätzlich hohen Bezugsquote regelmäßig eher gering ausfallen wird. Um dennoch sicherzustellen, dass die im Rahmen des Bezugsangebots nicht bezogenen Aktien bestmöglich verwertet werden können, kann die Vorabplatzierung mit einer sich an das Ende der Bezugsfrist anschließenden Platzierung nicht bezogener Aktien kombiniert werden (Rump Placement). Eine Alternative besteht in einer sukzessiven Veräußerung der nicht bezogenen Aktien über die Börse (sog. dribble out334). Beide Varianten ermöglichen die Platzierung eines nach Ablauf der Bezugsfrist noch vorhandenen Restbestandes nicht bezogener Aktien und gewährleisten eine vollständige Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens.

4. Vertragliche Vereinbarungen zwischen den Transaktionsbeteiligten Bei der Bezugsrechtskapitalerhöhung erlangt der Bezugsberechtigte mit der Eintragung der Kapitalerhöhung einen Anspruch auf Erwerb der neuen Aktien.335 Eine Vorabplatzierung neu geschaffener Aktien aus einer Kapitalerhöhung ohne jedwede Absprache mit bestehenden Aktionären hätte zur Folge, dass die Gesellschaft im Falle einer entsprechend hohen Bezugsquote zum Teil nicht in der Lage wäre, die Erwerbsansprüche der bezugsberechtigten Aktionäre zu erfüllen. Die Gesellschaft kann in diesem Fall Schadensersatzforderungen der Aktionäre ausgesetzt sein. Ist ein Aktionär bei der Zuteilung der neuen Aktien nicht berücksichtigt worden und kommt es zur Eintragung der Kapitalerhöhung, so können ihm keine neuen Aktien mehr geliefert werden und die Erfüllung des Bezugsanspruchs wird unmöglich. Der Aktionär kann die Gesellschaft auf Gewährung eines Schadensersatzes statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB) in Anspruch nehmen.336 Möglich ist auch eine deliktische Haftung der Gesellschaft wegen der 334

Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft Rn. 37. Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.16; Hüffer/Koch, AktG § 186 Rn. 51; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 150. 336 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 47; Hüffer/Koch, AktG § 186 Rn. 18; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rn. 18; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 59. 335

V. Vorabplatzierung von Aktien

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Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 Abs. 1 AktG).337 Werden externe Investoren hingegen mit Aktien beliefert, bezüglich derer Bezugsrechte nicht ausgeübt wurden, wird das gesetzliche Bezugsrecht nicht verletzt.338 Die Gesellschaft hat im Vorfeld einer Vorabplatzierung nach Möglichkeit bezugsrechtsfreie Aktientranchen zu schaffen. Andererseits muss sichergestellt werden, dass sämtliche Aktionäre, die ihr Bezugsrecht ausüben, mit neuen Aktien beliefert werden können. Vor diesem Hintergrund macht die geplante Vorabplatzierung von Aktien sowohl Absprachen mit den für eine Zeichnung in Betracht kommenden institutionellen Investoren als auch mit bestehenden (Groß-)Aktionären erforderlich. Die institutionellen Investoren tragen im Falle der regelmäßig erfolgenden Vorabplatzierung unter Vorbehalt (Claw-back, dazu sogleich unter a)) das Risiko, dass die ihnen zugeteilten Aktien noch einer Bezugsrechtsausübung durch Aktionäre unterliegen. Dieses Risiko gilt es zu reduzieren. Insbesondere Großaktionäre, die in erheblichem Umfang zum Bezug neuer Aktien berechtigt sind, können durch den Abschluss von Verzichts- oder Abtretungsvereinbarungen zur Reduzierung des Risikos beitragen (vgl. hierzu unter b)). a) Vorabplatzierung unter Vorbehalt: Claw-back Um der Gesellschaft eine Belieferung der Aktionäre in ausreichendem Umfang zu ermöglichen, erfolgen Vorabplatzierungen in der Praxis nahezu ausschließlich unter dem Vorbehalt, dass Bezugsrechte von den bestehenden Aktionären nicht ausgeübt werden.339 Im Übernahmevertrag wird zwischen den Emissionsbanken und der Gesellschaft ein sog. Claw-back vereinbart.340 Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung dahingehend, dass solche Aktien, für die bis zum Ende der Bezugsfrist Bezugsrechte ausgeübt werden können, lediglich unter dem Vorbehalt einer späteren Bezugsrechtsausübung durch Aktionäre zugeteilt werden.341 Die Aktien werden im Falle einer späteren Ausübung des Claw-back wiederum vom Volumen der Vorabplatzierung ausgenommen. In Anlehnung an den Lauf der Bezugsfrist kann der Claw-back als zweiwöchige Put-Option bezeichnet werden, die von den institutionellen Investoren bei Abgabe ihrer Zeichnungsangebote im Bookbuilding gewährt

337

Hüffer/Koch, AktG § 186 Rn. 18; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rn. 18; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 47; a.A. Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 59. 338 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 46. 339 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 413; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG § 186 Rn. 21; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173. 340 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 413; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38a. 341 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 413; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

wird.342 Aus Sicht der Konsortialbanken stellt sich der Claw-back als Rücktrittsvorbehalt dar, kraft dessen sie im Falle einer Ausübung von Bezugsrechten von der Zuteilung im Rahmen der Vorabplatzierung zurücktreten können.343 Im Schrifttum wird bisweilen die Erwägung angestellt, dass es infolge des Rücktritts der Konsortialbanken von der Zuteilung im Rahmen der Vorabplatzierung zu einem unzulässigen Rückerwerb eigener Aktien des Emittenten durch die Banken kommen könne (vgl. § 71a Abs. 2 AktG).344 Die praktische Vorgehensweise der Emissionsbanken verdeutlicht hingegen, dass es auch bei Ausübung des Claw-backs zu keinem Rückerwerb von Aktien kommt. Der einer etwaigen Bezugsrechtsausübung unterliegende Anteil des Platzierungsvolumens wird insofern von der Lieferung an die Vorabplatzierungsinvestoren ausgenommen, als die Abwicklung aufgeschoben wird und die Lieferung erst nach Ablauf der Bezugsfrist erfolgt (deferred settlement).345 Folglich schließt bereits die Abwicklungstechnik der Vorabplatzierung aus, dass es zu einem möglicherweise unzulässigen Rückerwerb von Aktien durch die Konsortialbank kommt. Unabhängig davon, wie die Vereinbarung eines Claw-backs rechtlich einzuordnen ist, können die neuen Aktien nur in dem Umfang final bei institutionellen Investoren platziert werden, in dem die Aktionäre von der Ausübung ihrer Bezugsrechte absehen. Für die im Rahmen der Vorabplatzierung angesprochenen Investoren bedeutet dies eine nicht unerhebliche Unsicherheit. Die Konsequenz aus der Vereinbarung des Claw-back besteht darin, dass Investoren bis zum Ablauf der Bezugsfrist über den Umfang des ihnen finalerweise zugeteilten Aktienpaketes im Unklaren bleiben.346 Aus Sicht der Investoren gestaltet sich eine Vorabplatzierung, bei der sich die Vereinbarungen im Vorfeld der Transaktion auf einen Claw-back beschränken, als wirtschaftlich risikobehaftet.347 In der Praxis wird es für möglich gehalten, eine Kapitalerhöhung mit einem Claw-back-Volumen von ca. 25 % bis maximal 50 % des Gesamtemissionsvolumens zu platzieren.348 Ein darüberhinausgehendes Claw-back-Volumen führt dazu, dass die Transaktion durch die begleitenden Konsortialbanken kaum noch wirkungsvoll vermarktet werden kann. Den Interessen der Investoren (und damit auch den Vermarktungsinteressen der Kon342 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.12. 343 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1284. 344 So etwa Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257, der die Beschränkungen des § 71a Abs. 2 AktG gleichwohl für nicht einschlägig hält. 345 Dazu bereits unter C. V. 3. e). 346 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173. 347 In diese Richtung auch Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 257, der darauf hinweist, die Vorabplatzierung mit Claw-back sei für kaufbereite Drittinvestoren wenig attraktiv. 348 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14, Fn. 49.

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sortialbanken) entspricht es, das aus dem Claw-back resultierende Risiko einer Nichtzuteilung möglichst weitgehend zu reduzieren. Entsprechend wurden bisher lediglich in Einzelfällen Vorabplatzierungen durchgeführt, bei denen tatsächlich das gesamte Emissionsvolumen unter dem Vorbehalt der Rückforderung stand.349 In aller Regel wird das Claw-back Volumen durch Absprachen mit Altaktionären im Vorfeld der Platzierung reduziert. b) Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Reduzierung des Claw-back Institutionelle Investoren werden regelmäßig nur dann zur Zeichnung neuer Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung bereit sein, wenn sichergestellt werden kann, dass die von ihnen im Rahmen des beschleunigten Bookbuildings abgegebenen Zeichnungsangebote in ausreichendem Umfang erfüllt werden und sie in dem angestrebten Umfang mit Aktien beliefert werden können. Im Falle einer Vorabplatzierung unter Rücktrittsvorbehalt (subject to claw-back) bleiben die Zeichner der Vorabplatzierungsaktien bis zum Ablauf der Bezugsfrist über die von ihnen erworbene Aktienanzahl im Unklaren.350 Eine Zeichnung von Aktien im Rahmen einer Vorabplatzierung würde sich für Investoren entsprechend als unattraktiv erweisen, da sie keine genauen Prognosen über den Umfang ihres Beteiligungserwerbs anstellen könnten. Für Emittenten wäre es unter diesen Voraussetzungen ungleich schwieriger, externe Investoren für eine Zeichnung zu gewinnen. Dieser Interessenlage der Investoren wird in der Praxis durch unterschiedliche Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und bestimmten Aktionären im Vorfeld der Vorabplatzierung Rechnung getragen, die eine freie Platzierbarkeit von Aktientranchen ermöglichen. Sämtliche Gestaltungsvarianten haben gemein, dass die betreffenden Aktien keinem Claw-back mehr unterliegen. Sie können vielmehr im Zuge der Vorabplatzierung bereits endgültig an Investoren zugeteilt werden. Im Ausgangspunkt lassen sich zwei unterschiedliche Gestaltungsvarianten unterscheiden. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass bestehende Aktionäre auf ihre Bezugsrechte selbst oder zumindest auf deren Ausübung während der Bezugsfrist verzichten (dazu unter aa)). Eine alternative Gestaltungsvariante ist eine Abtretung der Bezugsrechte durch bestehende Aktionäre an die Konsortialbanken (§§ 413, 398 BGB; dazu unter bb)). Eine zusätzliche Erhöhung des Vorabplatzierungsvolumens kann erfolgen, indem den Zeichnern Aktien aus einem Wertpapierdarlehen geliefert werden, das der Gesellschaft zuvor von einem Aktionär gewährt wurde (dazu unter

349 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der TAG Immobilien AG im Dezember 2012, bei der das gesamte Emissionsvolumen institutionellen Investoren unter dem Vorbehalt einer späteren Bezugsrechtsausübung durch die Aktionäre angeboten wurde, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der TAG Immobilien AG vom 19. 11. 2012. Der Claw-back belief sich nach Durchführung des Bezugsangebots auf 64 %, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der TAG Immobilien AG vom 10. 12. 2012. 350 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 173.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

cc)). Die folgende Darstellung soll insbesondere die mit den jeweiligen Strukturierungsformen verbundenen rechtlichen Fragestellungen beleuchten. aa) Bezugsrechtsverzicht Eine in der Vergangenheit häufig gewählte Vorgehensweise im Rahmen der Strukturierung von Vorabplatzierungen besteht darin, dass ein oder mehrere Großaktionäre im Vorfeld der Kapitalerhöhung gegenüber der Gesellschaft sowie den Konsortialbanken einen Verzicht auf ihre Bezugsrechte oder auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist erklären.351 (1) Schriftliche Verzichtsvereinbarung Der Verzicht wird in aller Regel in einer schriftlichen Verzichtsvereinbarung dokumentiert. Diese wird regelmäßig so formuliert, dass die betreffenden Aktionäre auf die Ausübung ihrer Bezugsrechte innerhalb der Bezugsfrist sowie auf eine Veräußerung ihrer Bezugsrechte verzichten. Im Fall eines Bezugsrechtsverzichts einzelner Aktionäre gegenüber Emittent und Platzierungskonsortium stellt sich dennoch die Frage, ob dieser Verzicht unmittelbar eine freie Platzierbarkeit der Aktien bewirkt, die auf die von dem Verzicht betroffenen Bezugsrechte entfallen. (2) Rechtsfolgen des Bezugsrechtsverzichts durch einzelne Aktionäre Die Rechtsfolgen eines von einzelnen Aktionären erklärten Bezugsrechtsverzichts sind umstritten und bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Im Schrifttum existiere zu der Frage unterschiedliche Ansichten: Der Auffassung, dass die neuen Aktien nach einem Bezugsrechtsverzicht frei bei institutionellen Investoren platziert werden können352, steht eine Ansicht gegenüber, die für eine Anwachsung der Be-

351 Ein Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Continental AG im Januar 2010. Im Rahmen der Kapitalerhöhung verpflichteten sich die größten Continental-Aktionäre, namentlich die Schaeffler KG, die M.M. Warburg & Co KGaA sowie B. Metzler seel. Sohn & Co., die insgesamt einen Anteil von 88,9 % des Grundkapitals repräsentierten, ihre Bezugsrechte auf die neuen Aktien nicht auszuüben und nicht an Dritte zu übertragen, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Continental AG vom 06. 01. 2010. Ein weiteres Beispiel ist die Bezugsrechtskapitalerhöhung der Raiffeisenbank International AG im Januar 2014, in deren Rahmen sich die Raiffeisen Zentralbank Österreich AG zu einem Verzicht auf sämtliche ihrer Bezugsrechte bereiterklärte, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Raiffeisenbank International AG vom 21. 01. 2014. Auch im Rahmen der Bezugsrechtsemission der AGRANA Beteiligungs-AG hatten die Hauptaktionäre Z&S Zucker, Stärke Holding AG und Südzucker AG auf ihre Bezugsrechte verzichtet, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der AGRANA Beteiligungs-AG vom 31. 01. 2017. 352 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.50; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 53; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27 f.; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174.

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zugsrechte bei den übrigen Aktionären eintritt.353 Eine vermittelnde Auffassung macht die Rechtsfolgen des Bezugsrechtsverzichts vom Willen der Vertragsparteien abhängig.354 (a) Anwachsung bei übrigen Aktionären Im Schrifttum wurde vereinzelt die Ansicht vertreten, ein Verzicht einzelner Aktionäre auf ihre Bezugsrechte führe automatisch zu einer Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären.355 Verzichteten sämtliche Aktionäre auf ihr Bezugsrecht, so führe dies im Ergebnis zu einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung.356 Ein Verzicht lediglich einzelner Aktionäre habe jedoch zur Folge, dass ihre Bezugsrechte den übrigen Aktionären anwüchsen.357 Träfe diese Sichtweise zu, würde die Anwachsung einer freien Platzierbarkeit der neuen Aktien jedenfalls in dem (praktisch allein relevanten) Fall entgegenstehen, dass lediglich einzelne Aktionäre sich zu einem Verzicht bereit erklären. In diesem Fall könnte das Claw-backRisiko durch den bei der Vorabplatzierung üblichen Verzicht bestimmter Großaktionäre nicht wirksam reduziert werden. Um eine freie Platzierbarkeit der aus der Kapitalerhöhung erwachsenden Aktien zu erreichen, müssten vielmehr alle Aktionäre auf ihr Bezugsrecht verzichten. Bei börsennotierten Gesellschaften mit einem breiten Aktionärskreis wäre ein solch umfassender Verzicht sämtlicher Aktionäre praktisch nicht zu erreichen. (b) Maßgeblichkeit des Parteiwillens Nach einer vermittelnden Auffassung sollen die Rechtsfolgen eines Bezugsrechtsverzichts der Aktionäre vom Willen der Beteiligten abhängig sein.358 Demnach soll es je nach Zweck des Bezugsrechtsverzichts zu einer Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären oder zu einer freien Platzierbarkeit der auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien kommen. Eine Anwachsung soll etwa dann die Folge des Verzichts sein, wenn ein Aktionär lediglich zur Herstellung eines glatten Bezugsverhältnisses auf ein Bezugsrecht verzichtet.359 Erfolge der Verzicht hingegen zu dem Zweck, eine breite Platzierung der neuen Aktien zu ermöglichen, entspreche die Anwachsung nicht dem Willen der Beteiligten und insbesondere des dispositionsbefugten Aktionärs und sei demzufolge nicht gerechtfertigt.360 Im Falle einer 353

Groß, ZHR 162 (1998), 318, 333. Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 102. 355 Groß, ZHR 162 (1998), 318, 333. 356 Groß, ZHR 162 (1998), 318, 333. 357 Groß, ZHR 162 (1998), 318, 333. 358 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 102. 359 Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 102. 360 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49. 354

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Bezugsrechtskapitalerhöhung mit Vorabplatzierung erfolgt der Bezugsrechtsverzicht zu dem Zweck, eine freie Platzierbarkeit der neuen Aktien zu ermöglichen. Folgt man dieser Auffassung, die den Parteiwillen für maßgeblich erachtet, wäre ein Verzicht auf die Bezugsrechte durch einzelne Aktionäre dazu geeignet, eine Vorabplatzierung der neuen Aktien in dem gewollten Umfang zu ermöglichen. (c) Erlöschen des Bezugsrechts und freie Platzierbarkeit der Aktien Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur geht dahin, dass die Rechtsfolge eines Bezugsrechtsverzichts in einem Erlöschen des Bezugsrechts besteht, mit der Folge, dass die auf das jeweilige Bezugsrecht entfallende Aktienanzahl frei platziert werden kann.361 Zur Begründung dieser Auffassung wird insbesondere darauf verwiesen, dass es für eine Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären an einer gesetzlichen Grundlage fehle.362 Dementsprechend sollen die von dem Verzicht betroffenen Bezugsrechte erlöschen, wie auch im Falle eines bloßen Verstreichenlassens der Bezugsfrist.363 Werden Bezugsrechte innerhalb der Bezugsfrist schlichtweg nicht ausgeübt, führt dies nach allgemeiner Auffassung zum Erlöschen des Bezugsanspruchs, nicht jedoch zu einer Anwachsung bei den übrigen Aktionären.364 Im Falle eines Verzichts soll daher nichts anderes gelten.365 (d) Würdigung des Streitstands Die divergierenden Auffassungen zu den Rechtsfolgen des Bezugsrechtsverzichts einzelner Aktionäre machen eine Entscheidung des Streitstands erforderlich. In diesem Zusammenhang können zum einen die Auslegung der Verzichtserklärung unter Berücksichtigung des Vertragszwecks (dazu unter (aa)) und zum anderen eine teleologische Auslegung des § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG (dazu unter (bb)) für die abschließende Beurteilung der Rechtsfrage entscheidend sein.

361 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.50; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 53; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27 f.; Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 362 Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27. 363 Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63; Herfs, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.50; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 24. 364 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 45; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 16; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG § 186 Rn. 21; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 108; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 62; Busch, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.57; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2183; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 137; Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1283; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 96. 365 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27.

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(aa) Auslegung der Verzichtserklärung unter Berücksichtigung des Vertragszwecks Stellt man zur Klärung der Rechtsfolgen eines Bezugsrechtsverzichts auf den Willen der beteiligten Parteien (Altaktionäre, Gesellschaft und Konsortialbanken) ab366, so lässt sich die Wirkung des Bezugsrechtsverzichts am ehesten durch eine Auslegung der Verzichtserklärung ergründen. Der Bezugsrechtsverzicht durch die Altaktionäre erfolgt durch eine (empfangsbedürftige) Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft. Für die Verzichtserklärung können daher die allgemeinen Auslegungsgrundsätze des BGB fruchtbar gemacht werden (§§ 133, 157 BGB). Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind danach so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste.367 Die Auslegung einer Erklärung muss dabei auch immer den Kontext berücksichtigen, in dem die Erklärung abgegeben wurde. Der Inhalt einer einzelnen Erklärung innerhalb eines Vertrages ist demnach nicht gesondert zu betrachten, sondern stets vor dem Hintergrund des gesamten Vertragswerks und der darin enthaltenen Regelungen auszulegen. Bei der Auslegung von Verträgen gilt das Gebot der Berücksichtigung eines durch die Parteien beabsichtigten Vertragszwecks.368 Legt man die vorstehend beschriebenen Grundsätze bei der Auslegung von Verzichtserklärungen zugrunde, so lassen sich eindeutige Auslegungsergebnisse erzielen. Die Verzichtserklärung durch die Altaktionäre wird typischerweise auf die beabsichtigte Vorabplatzierung der neuen Aktien Bezug nehmen. Die Verzichtserklärung wird i. d. R. dahingehend formuliert werden, dass der Verzicht zum Zwecke der Ermöglichung einer Vorabplatzierung neuer Aktien erfolgt. Vom objektiven Empfängerhorizont ausgehend gelangt man folglich zu dem Schluss, dass nach dem Willen der Vertragsbeteiligten der Bezugsrechtsverzicht zu einer freien Platzierbarkeit der entsprechenden Aktienzahl führen soll. Hält man den Willen der Vertragsparteien für maßgeblich, erweist sich der Bezugsrechtsverzicht als geeignetes Instrument, um eine Vorabplatzierung neuer Aktien zu ermöglichen. (bb) Teleologische Auslegung des § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG Auf den der Verzichtserklärung zugrundeliegenden Parteiwillen muss gleichwohl nicht abgestellt werden, wenn der Bezugsrechtsverzicht in jedem Fall die freie Platzierbarkeit der auf die entsprechenden Bezugsrechte entfallenden Aktien zur Folge hätte und es in keinem Fall zu einer Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären kommt, wie von einigen Vertretern innerhalb des Schrifttums 366 In diesem Sinne Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 102; wohl auch Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1283. 367 St. Rspr., vgl. BGHZ 36, 30, 33; BGHZ 103, 275, 280; BGH NJW 1990, 3206; BGH NJW 1992, 1446. 368 BGHZ 2, 379, 385; BGHZ 20, 109; BGH GRUR 2011, 946, 947; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133 Rn. 18; Wendtland, in: BeckOK BGB, § 157 Rn. 15.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

gefolgert.369 Diese Aussage ließe sich insbesondere durch eine entsprechende Auslegung der gesetzlichen Regelung über die Gewährung von Bezugsrechten (§ 186 AktG) verifizieren. Eine am Wortlaut der Norm orientierte Auslegung führt zu keinem Ergebnis, da ihm keine Aussage über die Rechtsfolgen eines Verzichts auf Bezugsrechte zu entnehmen ist. Vorzugswürdig erscheint eine teleologische Auslegung der Norm, die den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in den Blick nimmt. Die Gewährung von Bezugsrechten von Gesetzes wegen (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG) dient dem Schutz der Aktionäre.370 Durch das Bezugsrecht wird den Aktionären die Gelegenheit eingeräumt, eine Verwässerung ihrer bestehenden Beteiligungs- und Stimmrechtsquote zu vermeiden.371 Erklären bestimmte Aktionäre im Vorfeld einer Kapitalerhöhung einen Verzicht auf ihre Bezugsrechte, so können die übrigen Aktionäre ihren Beteiligungsund Stimmrechtsanteil in jedem Falle wahren, indem sie die eigens auf sie entfallenden Bezugsrechte ausüben. Sie bedürfen hierzu nicht derjenigen Bezugsrechte, auf die sich der Verzicht bezieht.372 Eine Anwachsung der von dem Verzicht betroffenen Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären erscheint aus teleologischen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt. Eine Auslegung orientiert am Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ergibt folglich, dass der Bezugsrechtsverzicht durch bestimmte Aktionäre in jedem Fall zur freien Platzierbarkeit der auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien führt. (cc) Streitentscheid Sowohl der bei der Auslegung der Verzichtsvereinbarung zu berücksichtigende Vertragszweck als auch der Sinn und Zweck des § 186 Abs. 1 AktG sprechen eindeutig für eine freie Platzierbarkeit der von einem Bezugsrechtsverzicht betroffenen neuen Aktien. Der Streit um die Rechtsfolgen des Verzichts ist im Ergebnis dahingehend zu entscheiden, dass der Verzicht auf die Bezugsrechte bzw. auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist eine freie Platzierbarkeit der neuen Aktien zur Folge hat.

369

Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.50; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 24; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 53; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 63; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 262 Fn. 103; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27 f. 370 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 2; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 94; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 2. 371 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.27; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 2. 372 In diesem Sinne auch Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 62; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 27.

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(3) Anweisung der Depotbanken zur Nichtausübung der Bezugsrechte Hat ein Aktionär sich gegenüber dem Emittenten und den Konsortialbanken zu einem Verzicht bzw. zur Nichtausübung seiner Bezugsrechte bereit erklärt, so führt dies nicht ohne Weiteres zu einer freien Verwertbarkeit der auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien durch die Konsortialbanken. Der Aktionär erhält die auf ihn entfallenden Bezugsrechte zunächst von seiner Depotbank in sein Wertpapierdepot eingebucht.373 Das Vertragsverhältnis zwischen Aktionär und Depotbank wird bestimmt durch die „Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte“, besondere allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), die für den Kauf, den Verkauf sowie für die Verwahrung von Wertpapieren gelten. Die Sonderbedingungen regeln auch die Pflichten der Depotbank im Falle einer Nichtausübung von Bezugsrechten. Die Depotbank hat sämtliche zum Depotbestand des Kunden gehörenden Bezugsrechte bestens zu verkaufen, soweit sie bis zum vorletzten Tag eines für die Bezugsrechte eingerichteten Bezugsrechtshandels keine andere Weisung des Kunden erhalten hat (Ziff. 15 Abs. 1 Satz 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte). Die Regelung verfolgt den Zweck, eine bestmögliche Verwertung der von dem jeweiligen Aktionär nicht ausgeübten Bezugsrechte sicherzustellen. Sollen diejenigen Bezugsrechte, auf deren Ausübung der Aktionär zum Zwecke der Vorabplatzierung verzichtet hat, von den Konsortialbanken frei platziert werden können, muss eine Veräußerung der Bezugsrechte durch die Depotbanken unterbunden werden.374 Der Aktionär muss seine Depotbank entsprechend zur Nichtveräußerung der Bezugsrechte anweisen.375 Mit Ablauf der Bezugsfrist kommt es sodann zu dem für die freie Platzierbarkeit der Aktien notwendigen Verfall und zum Erlöschen der Bezugsrechte. bb) Abtretung der Bezugsrechte an die Konsortialbanken Die Alternative zu einem Verzicht auf Bezugsrechte seitens der Altaktionäre besteht in einer Übertragung der Bezugsrechte durch eine Abtretung an die emissionsbegleitenden Konsortialbanken (§§ 413, 398 BGB). Auch diese Gestaltungsvariante war in der Emissionspraxis von Bezugsrechtskapitalerhöhungen mit Vorabplatzierung bereits des Öfteren anzutreffen.376 373

Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH AktR, § 33 Rn. 84. Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 375 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 376 Ein prominentes Beispiel ist die Bezugsrechtsemission der Volkswagen AG im März 2010. Im Vorfeld der Transaktion hatten sich die Großaktionäre der Gesellschaft, die Porsche Automobil Holding SE, die Porsche Gesellschaft m.b.H., die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft mit beschränkter Haftung sowie die Qatar Holding Germany GmbH zu einer Abtretung ihrer Bezugsrechte an die Konsortialbanken verpflichtet, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG vom 23. 03. 2010. Zur Abtretung von Bezugsrechten zum Zwecke der Ermöglichung einer Vorabplatzierung kam es darüber hinaus bei folgenden Bezugsrechtsemissionen: HeidelbergCement AG, (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung vom 13. 09. 2009), Hamborner REIT AG, (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung vom 23. 09. 2010), Westgrund AG (vgl. die Ad-hoc374

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(1) Entgeltlose Abtretung oder Abtretung gegen Zahlung eines Bezugsrechtsentgelts Erfolgt die Vorabplatzierung neuer Aktien infolge einer Abtretung von Bezugsrechten durch die Altaktionäre an die Konsortialbanken, sind zwei unterschiedliche Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen können sich die Altaktionäre der Gesellschaft zu einer entgeltlosen Abtretung ihrer Bezugsrechte an die Konsortialbanken bereit erklären. Weist das Bezugsrecht einen eigenständigen Wert auf, kann dieser durch eine Abtretung gegen Zahlung eines Bezugsrechtsentgelts realisiert werden. (a) Entgeltlose Abtretung Die entgeltlose Übertragung von Bezugsrechten auf die Konsortialbanken dient ausschließlich dem Zweck, einen Beitrag zur gesicherten Durchführung der Transaktion zu leisten, indem eine freie Platzierung der Aktien bei neuen Investoren ermöglicht wird. Den Erlös aus der Platzierung der neuen Aktien erhält in vollem Umfang die Gesellschaft.377 Eine solche entgeltlose Übertragung entspricht dem bereits angesprochenen Verzicht auf die Bezugsrechte oder ihre Ausübung. Da der Bezugsrechtsverzicht zu keiner Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären führt378, besteht in Bezug auf die freie Platzierbarkeit der betroffenen Aktien kein Unterschied zu der entgeltlosen Abtretung. Eine Abtretung ohne Gegenleistung kommt, wie auch der Bezugsrechtsverzicht, für die Aktionäre nur dann in Betracht, wenn eine Bezugspreisfestlegung „at market“ ohne entsprechende Abschläge erfolgt, da das Bezugsrecht dann keinen eigenständigen Wert aufweist.379 Die marktnahe Bezugspreisfestlegung wird bei Vorabplatzierungen durch das beschleunigte Bookbuilding und die damit verbundene Ermittlung der konkreten Investorennachfrage gewährleistet. (b) Abtretung gegen Zahlung eines Bezugsrechtsentgelts Davon zu unterscheiden sind Konstellationen, in denen eine Abtretung der Bezugsrechte gegen Zahlung eines entsprechenden Bezugsrechtsentgelts erfolgt. Die Konsortialbanken werden dann auf Grund eines separaten Platzierungsvertrags mit dem verkaufenden Aktionär tätig.380 Die Vorabplatzierung bringt dem veräußernden Aktionär in diesem Fall einen eigenen Erlös ein, der sich aus dem Bezugsrechts-

Mitteilung vom 09. 09. 2014), MPC Münchmeyer Petersen Capital AG (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung vom 12. 09. 2016), Medios AG (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung vom 16. 11. 2016). 377 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14. 378 S. dazu unter C. V. 4. b) aa) (2). 379 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2179; Busch, AG 2002, 230, 234. 380 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 411, 414.

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entgelt als Gegenleistung für die Abtretung abzüglich des Bezugsrechtswerts ergibt.381 (2) Form der Bezugsrechtsabtretung Soll im Vorfeld der Vorabplatzierung eine Übertragung von Bezugsrechten erfolgen, so stellt sich die Frage, in welcher Form diese erfolgen kann. Zwei Übertragungsformen sind zu unterscheiden, deren Einschlägigkeit davon abhängt, ob die Gesellschaft in ihrer Satzung die Ausgabe von Dividendenscheinen (vgl. § 75 AktG) vorgesehen hat oder ob dies nicht der Fall ist. In seiner ursprünglichen Funktion verbrieft der Dividendenschein einen etwaigen Dividendenanspruch des Aktionärs.382 Gleichzeitig dient er dem bezugsberechtigten Aktionär zur Legitimation bei der Ausübung seiner Bezugsrechte.383 Die Gesellschaft kann im Bezugsangebot die wirksame Ausübung der Bezugsrechte von der Vorlage eines Dividendenscheins abhängig machen.384 In diesem Fall ist dementsprechend zur Übertragung von Bezugsrechten eine Übereignung des Dividendenscheins erforderlich (§§ 929 ff. BGB).385 Neben der formlos möglichen dinglichen Einigung über den Eigentumsübergang ist in dieser Konstellation auch ein Besitzübergang des Dividendenscheins notwendige Voraussetzung einer Übertragung des Bezugsrechts (§ 929 S. 1 BGB). Ist in der Satzung der Gesellschaft eine Ausgabe von Dividendenscheinen nicht vorgesehen, bedarf es zur Ausübung des Bezugsrechts auch keiner Vorlage eines Dividendenscheins. Die Bezugsrechte werden zunächst von der Clearstream Banking AG, die in Deutschland als Girosammelverwahrstelle fungiert, bei den Depotbanken der Aktionäre eingebucht. Die Depotbanken wiederum buchen ihrerseits die Bezugsrechte in die einzelnen Depots der Aktionäre ein.386 Über die Depotbank werden sodann im Namen der Aktionäre die Bezugsrechte ausgeübt. Kann das Bezugsrecht auf diese Weise ausgeübt werden, so ist es durch formlose Abtretung

381 Will ein Aktionär die auf ihn entfallenden Bezugsrechte nicht vollständig ausüben und dennoch neue Aktien erwerben, bietet sich die Durchführung einer sog. „opération blanche“ an. Bei diesem Vorgehen realisiert der Aktionär zunächst den Erlös aus der Veräußerung seiner Bezugsrechte an die Konsortialbanken und setzt diesen Erlös sodann wiederum zum Erwerb neuer Aktien ein. Der Aktionär kann dadurch zumindest eine kleine Zahl neuer Aktien erwerben. Vgl. hierzu auch Herfs, in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.6; Schürnbrand, in Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 30; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. 382 Sailer-Coceani, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 12 Rn. 27; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 58 Rn. 118; Hüffer/Koch, AktG, § 58 Rn. 29. 383 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 20; Sailer-Coceani, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 12 Rn. 27; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 58 Rn. 119. 384 Vgl. etwa das Bezugsangebot der HeidelbergCement AG (2009). 385 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 20; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 100; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 28; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 7; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49. 386 Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH AktR, § 33 Rn. 84.

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übertragbar (§§ 413, 398 BGB).387 Zur Übertragbarkeit ist es nicht erforderlich, dass die Kapitalerhöhung bereits in das Handelsregister eingetragen worden ist. Vielmehr sind Bezugsrechte bereits vor ihrer Ausübung und somit bereits vor dem Beginn des Laufs der Bezugsfrist übertragbar.388 In der Praxis erfolgt eine Abtretung von Bezugsrechten zum Zwecke der Ermöglichung einer Vorabplatzierung in aller Regel durch eine schriftliche Abtretungsvereinbarung zwischen den Altaktionären und den Konsortialbanken.389 Dies ist bereits aus Gründen der Rechtssicherheit und für die Zwecke der zweifelsfreien Feststellung des Bezugsberechtigten geboten. (3) Nichtausübung durch die Konsortialbanken und Verfall Die in der Abtretungsvereinbarung geregelte Übertragung der Bezugsrechte auf die Konsortialbanken bedarf sodann noch einer Abwicklung im Verhältnis zwischen der Depotbank des Aktionärs und der von der Abtretung begünstigten Konsortialbank. Der Aktionär erhält zunächst die auf ihn entfallenden Bezugsrechte in das bei seiner Depotbank geführte Wertpapierdepot eingebucht. Er erteilt der Depotbank die Weisung, die Bezugsrechte unmittelbar nach der Einbuchung an die Konsortialbanken zu liefern.390 Die Konsortialbanken lassen die Bezugsrechte sodann durch Nichtausübung verfallen391, wodurch die vom Emittenten und den Konsortialbanken gewünschte, freie Platzierbarkeit der auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien erreicht wird. cc) Zusätzliche Lieferung von Aktien aus Wertpapierdarlehen Das Volumen der Vorabplatzierung kann neben neuen Aktien, auf deren Bezug einzelne Aktionäre verzichtet haben oder die auf die Konsortialbanken übertragen wurden, durch Aktien ergänzt werden, die bestimmte Aktionäre der Gesellschaft im Wege eines Wertpapierdarlehens zur Verfügung stellen.392 Das Wertpapierdarlehen wird in der Praxis oftmals als „Wertpapierleihe“ bezeichnet, wobei diese Bezeichnung irreführend ist. Nach ganz herrschender Auffassung handelt es sich bei der

387 Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 28; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 7; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 100; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.49. 388 Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG § 186 Rn. 19; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 100. 389 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 390 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 391 Hahne/Seiler/Rath, CFL 2013, 171, 174. 392 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. So wurden bei der Bezugsrechtsemission der 4SC AG im Juni 2012 Aktien eines Großaktionärs im Wege eines Wertpapierdarlehens zur Verfügung gestellt, um die Vorabplatzierung zu unterstützen, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der 4SC AG vom 13. 06. 2012.

V. Vorabplatzierung von Aktien

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Wertpapierleihe um einen Sachdarlehensvertrag (§ 607 BGB).393 Durch Abschluss eines Sachdarlehensvertrags wird der Verleiher verpflichtet wird, dem Entleiher das Eigentum an den Wertpapieren zu übertragen.394 Im Gegenzug wird der Entleiher verpflichtet, nicht dieselben, sondern Papiere gleicher Art und Ausstattung nach Ablauf der Vertragslaufzeit zurück zu übereignen.395 Der Verleiher bzw. Wertpapierdarlehensgeber erhält für die Überlassung der Wertpapiere ein Entgelt, das zu einer Steigerung des Ertrags aus den Wertpapieren führt.396 Im Gegenzug erhält der Entleiher bzw. Wertpapierdarlehensnehmer das Eigentum übertragen und erlangt hierdurch die volle Verfügungsbefugnis über die Wertpapiere.397 Dadurch wird der Entleiher in die Lage versetzt, ohne eigenen Wertpapierbesitz Lieferverpflichtungen zu erfüllen.398 In diesem Sinne kann der Emittent im Rahmen der Vorabplatzierung den institutionellen Investoren Aktien liefern, ohne dass hierzu ein Bezugsrechtsverzicht oder eine Bezugsrechtsabtretung erforderlich wären. Aus der Sicht des Altaktionärs, der als Verleiher in Erscheinung tritt, birgt die Zurverfügungstellung der Aktien den Nachteil, dass er anstelle der Rückübereignung von Aktien gleicher Art und Ausstattung lediglich eine Kompensation in bar erhält.399 Dies wird immer dann erforderlich werden, wenn ein Investor, dem Aktien unter Vorbehalt geliefert wurden, diese Aktien bereits weiterverkauft hat.400 Für den Altaktionär als Verleiher kann dies mit steuerlichen Nachteilen verbunden sein, weil es sich in diesem Fall letztlich um eine Veräußerung der Aktien handelt.401 Im Falle eines Wertpapierdarlehens sind Nutzungsentgelte und Kompensationszahlungen, die der Darlehensgeber erhält, als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) steuerbar.402 Einkünfte aus Kapitalvermögen werden nicht erzielt, so dass grundsätzlich auch keine Kapitalertragsteuer anfällt.403 Handelt es sich hingegen letzten Endes um eine 393 BFH, NJW 2016, 671, 672; BFHE 246, 15, 25 (Rn. 38); BGH NJW 2009, 2379; K. P. Berger, in: MüKoBGB, § 607 Rn. 6; Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHdb., § 105 Rn. 25; Einsele, in: Münch.Komm. HGB, Depotgeschäft Rn. 165; Ekkenga, in: Münch.Komm. HGB, Effektengeschäft Rn. 73; Eilers/Teufel, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. A 108. 394 BFH, NJW 2016, 671, 672 (Rn. 20); BFHE 246, 15, 25 (Rn. 38). 395 BFH, NJW 2016, 671, 672 (Rn. 20); BFHE 246, 15, 25 (Rn. 38). 396 Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 105 Rn. 20; K. P. Berger, in: MüKoBGB, § 607 Rn. 6. 397 K. P. Berger, in: MüKoBGB, § 607 Rn. 6. 398 Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 105 Rn. 21. 399 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14; Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. 400 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.14. 401 Schlitt/Schäfer, CFL 2011, 410, 414. 402 Eilers/Teufel, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. A 108. 403 Eilers/Teufel, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. A 108.

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Wertpapierveräußerung, weil der Altaktionär als Wertpapierdarlehensgeber eine Barkompensation hinnehmen muss, so sind Kompensationszahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen einzustufen (§ 20 Abs. 2 EStG). Sie sind dann mit einem Steuersatz von 25 % zu versteuern (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG). Unabhängig von diesen steuerlichen Besonderheiten stellt auch die Lieferung von Aktien aus einem durch Altaktionäre gewährten Wertpapierdarlehen ein geeignetes Instrument zur Reduzierung des Claw-back-Risikos aus Sicht der Investoren dar. dd) Zwischenergebnis Die Übertragung von Bezugsrechten an die Konsortialbanken ist ebenso wie der Verzicht auf Bezugsrechte bzw. auf deren Ausübung innerhalb der Bezugsfrist ein geeignetes Mittel zur Schaffung von Aktientranchen, die im Rahmen der Bezugsrechtsemission vorab platziert werden können, ohne einer späteren Bezugsrechtsausübung zu unterliegen. Der Bezugsrechtsverzicht erweist sich als ebenso effektiv, da er nicht zu einer Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären führt. Wollen Aktionäre finanziell am Platzierungserlös partizipieren, bietet sich eine entgeltliche Abtretung von Bezugsrechten, gegebenenfalls in Kombination mit einer zusätzlichen Platzierung von Altaktien an. Wollen sie lediglich zum Gelingen der Transaktion durch einen möglichst hoch ausfallenden Platzierungserlös zugunsten der Gesellschaft beitragen, kommen sowohl ein Bezugsrechtsverzicht als auch eine entgeltlose Abtretung von Bezugsrechten in Frage, die von ihrer Wirkung her dem Verzicht gleichkommt. Die Platzierung von Aktien aus einem Wertpapierdarlehen kann zur Transaktionssicherheit beitragen, falls Aktionäre zwar nicht zum Verzicht auf ihre Bezugsrechte bereit sind, jedoch eine mögliche Barkompensation (und somit eine Aktienveräußerung) in Kauf nehmen, soweit die Gesellschaft das Wertpapierdarlehen nicht mit eigenen Aktien zurückführen kann. 5. Publizitätspflichten des Emittenten Als maßgebliche Publizitätspflichten hat der Emittent bei der Durchführung der Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung (wie auch bei der Einbindung eines Backstop-Investors) die Ad-hoc-Publizitätspflicht (Art. 17 MAR, dazu unter a)) sowie die Pflicht zur Offenlegung der Vorabplatzierung in einem Emissionsprospekt zu beachten (dazu unter b)). a) Ad-hoc-Publizität (Art. 17 MAR) Im Rahmen der Durchführung einer Bezugsrechtsemission, bei der Aktien vorab platziert werden, kann der Emittent zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung verpflichtet sein. Zunächst kann eine frühzeitige Ad-hoc-Mitteilung noch vor Durchführung der Vorabplatzierung erforderlich werden (dazu unter aa) (1)). Insbesondere vor dem Hintergrund des Insiderhan-

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delsverbots (Art. 14 MAR) stellt sich die Frage, ob auch eine Vorabplatzierung von Aktien zulässig ist, ohne dass zuvor das Anlegerpublikum durch eine Ad-hoc-Mitteilung über die Platzierung informiert worden ist (dazu unter aa) (2)). Zu einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung kann der Emittent verpflichtet sein, sobald die Vorabplatzierung erfolgt ist und der Vorabplatzierungs- sowie Bezugspreis festgelegt worden sind (dazu unter bb)). Schließlich kommt eine dritte Ad-hoc-Mitteilung nach Durchführung des Bezugsangebots und nach Abschluss der Kapitalerhöhung in Betracht (dazu unter cc)). aa) Ad-hoc-Mitteilung zur Ankündigung der Vorabplatzierung Die Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung von Insiderinformationen kann es erforderlich machen, dass die Gesellschaft die Durchführung der Vorabplatzierung im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt gibt (dazu unter (1)). Soweit dies der Fall ist, stellt sich die Frage, ob im Einzelfall auch eine Zeichnung von Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung noch vor ihrer Ad-hoc-Bekanntgabe insiderrechtlich zulässig ist (dazu unter (2)). (1) Pflicht zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung vor Beginn der Vorabplatzierung Eine Bekanntgabe der bevorstehenden Vorabplatzierung wird erforderlich, wenn es sich bei der Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung um eine Insiderinformation handelt.404 Der Information, dass der Emittent die Durchführung einer Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung beabsichtigt, müsste ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial im Hinblick auf den Aktienkurs des Emittenten innewohnen. Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob ein verständiger Anleger die Information über die Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung wahrscheinlich als Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde (Art. 7 Abs. 4 MAR). Bei Kapitalerhöhungen gehen sowohl die BaFin als auch die herrschende Literaturauffassung allgemein von einem regelmäßig erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial aus.405 Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Vorliegens einer Insiderinformation bei Kapitalerhöhungen besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass spätestens zum Zeitpunkt des Vorstandsbeschlusses über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals von einem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial und somit vom Vorliegen einer Insiderinformation auszugehen ist, mit der Folge, dass grundsätzlich eine Ad-hocPublizitätspflicht besteht.406 Begründen lässt sich diese Sichtweise mit dem Argu404

Vgl. zum Begriff der Insiderinformation bereits unter A. III. 3. a) bb). BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 53; Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 7 MAR Rn. 95; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 7 Rn. 390; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rn. 143. 406 Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 7 Rn. 393; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rn. 141; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 202 Rn. 12, 65; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.59; vgl. noch in Bezug auf 405

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ment, dass nach den Erwartungen des Kapitalmarkts die (durch die entsprechenden Organbeschlüsse) manifestierte Absicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung als kursrelevante Information bewertet wird.407 Es gilt allerdings zu beachten, dass bei Informationen über zukünftige Ereignisse bereits die überwiegende Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts genügt, um eine Insidertatsache zu begründen (Art. 7 Abs. 2 MAR) und dass nach der nunmehr kodifizierten Rechtsprechung des EuGH408 auch Zwischenschritte eines zeitlich gestreckten Vorgangs für sich betrachtet als Insiderinformation zu qualifizieren sein können, wenn ihnen das erforderliche Kursbeeinflussungspotenzial beigemessen werden kann (Art. 7 Abs. 3 MAR). Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Vorgehen der Emittenten, bezüglich der Information über die Kapitalerhöhungspläne vorsorglich bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine Selbstbefreiung von der Ad-hocPublizitätspflicht zu beschließen.409 Auf Grundlage der Selbstbefreiung kann der Emittent die Ad-hoc-Veröffentlichung solange aufschieben, wie seine berechtigten Interessen es erfordern. Damit ist ein Aufschub bis zur Beschlussfassung des Vorstands über die Kapitalerhöhung und zur (unmittelbar nachfolgenden) Unterzeichnung des Übernahmevertrags regelmäßig gerechtfertigt. Im Ergebnis hat die Gesellschaft die Durchführung der Kapitalerhöhung und die noch vor dem Beginn der Bezugsfrist stattfindende Vorabplatzierung der Öffentlichkeit durch eine erste Adhoc-Mitteilung, noch vor Beginn der Vorabplatzierung, bekannt zu geben.410 (2) Zulässigkeit einer Vorabplatzierung vor Ankündigung der Transaktion im Wege der ersten Ad-hoc-Mitteilung? Wenngleich Vorabplatzierungen in den meisten Fällen vor ihrer Durchführung per Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben wurden, fand in vereinzelten Fällen eine Vorabplatzierung bereits vor Ankündigung der Platzierung statt. Die Öffentlichkeit wurde in der ersten Ad-hoc-Mitteilung über den Kapitalerhöhungsbeschluss sowie über die bereits durchgeführte Vorabplatzierung informiert.411 Dieses Vorgehen wirft § 15 WpHG a.F. BaFin, Emittentenleitfaden 2013, S. 54 IV.2.2.7; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 202 Rn. 89; Kallmeier, Ad-hoc-Publizität von Zwischenschritten, S. 212 f.; Parmentier, NZG 2007, 407, 412; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 231 f.; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 74; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH AktR, § 34 Rn. 73; Wamser, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 202 Rn. 87. 407 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 234. 408 EuGH, Urt. vom 28. 6. 2012 – Rs. C-19/11, Rn. 40 = NJW 2012, 2787 („Geltl/Daimler“). 409 Zur frühzeitigen Selbstbefreiung bei Kapitalerhöhungen und M&A-Transaktionen Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.59a; dazu bereits unter A. III. 3. a) bb). 410 Die Information des Kapitalmarkts über den Beginn der Vorabplatzierung im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung entspricht dem gängigen Vorgehen der Emittenten, vgl. etwa die Ad-hocMitteilung der MPC Münchmeyer Petersen Capital AG vom 12. 09. 2016 sowie die Ad-hocMitteilung der AGRANA Beteiligungs-AG vom 31. 01. 2017. 411 Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Continental AG vom 06. 01. 2010.

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die Frage auf, ob eine Platzierung von Aktien bei institutionellen Investoren noch vor der öffentlichen Ankündigung der Transaktion insiderrechtlich zulässig ist. Denn die bevorstehende Bezugsrechtskapitalerhöhung stellt regelmäßig eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar.412 Dennoch muss sie für die Zwecke der Vorabplatzierung den angesprochenen Investoren gegenüber offengelegt werden, soweit eine Platzierung noch vor der Ad-hoc-Veröffentlichung geplant ist.413 Auf Grund des Insiderhandelsverbots wäre es den Investoren grundsätzlich untersagt, im Wissen über die bevorstehende Kapitalerhöhung neue Aktien zu zeichnen (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 MAR i.V.m. Art. 14 lit. a) MAR). Bei der Zeichnung von Aktien durch institutionelle Investoren im Rahmen der Vorabplatzierung kann es sich aber um ein sog. Face-to-face-Geschäft handeln, unter dem allgemein ein außerhalb der Börse erfolgender Erwerb größerer Aktienpakete oder sonstiger Finanzinstrumente auf gleicher Informationsbasis verstanden wird.414 Bei dieser Art von außerbörslichen Geschäften verfügen beide Parteien über dieselben Insiderinformationen, so dass ein Geschäft letztlich keiner Partei zum Nachteil der anderen zugutekommt.415 Solche Face-to-face-Geschäfte waren bereits vor Inkrafttreten der MAR nach dem Sinn und Zweck des Insiderrechts von dessen Anwendungsbereich ausgenommen und wurden von der Rechtsprechung des EuGH und der h.M. im Schrifttum für zulässig erachtet.416 Die Rechtsprechung des EuGH begründete dies anhand des Sinn und Zwecks des Insiderhandelsverbots, der darin bestehe, die Gleichheit der Vertragspartner bei einem Börsengeschäft zu gewährleisten, indem es verhindert, dass einer von ihnen, der über eine Insiderinformation verfügt und deshalb einen Vorteil gegenüber den anderen Anlegern hat, daraus zum Nachteil des anderen, der dies nicht weiß, einen Nutzen zieht.417 Soweit bei einem Geschäft alle Vertragspartner über dieselbe Information verfügten, seien sie somit gleichgestellt, und die Information habe für sie bei der Ausführung des Geschäfts keinen Insidercharakter mehr.418 412

Vgl. auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d. Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d. 414 Assmann, in: Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rn. 28; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 59 ff.; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d und 8.58; Klöhn, WM 2017, 2085, 2090. 415 Assmann, in: Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rn. 28; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 59 ff.; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d und § 8 Rn. 58; Klöhn, WM 2017, 2085, 2090. 416 EuGH, Urt. vom 10. 5. 2007 – C-391/04, Rn. 38 = NZG 2007, 749, 750 („Georgakis“); EuGH, Urt. vom 23. 12. 2009 – C-45/08, Rn. 48 = NZG 2010, 107, 110 („Spector Photo Group“); Assmann, in: Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rn. 28; Klöhn, in: Köln.Komm. WpHG, § 14 Rn. 190 f.; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 59 ff.; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d. 417 EuGH, Urt. vom 10. 5. 2007 – C-391/04, Rn. 38 = NZG 2007, 749, 750 („Georgakis“); EuGH, Urt. vom 23. 12. 2009 – C-45/08, Rn. 48 = NZG 2010, 107, 110 („Spector Photo Group“). 418 EuGH, Urt. vom 10. 5. 2007 – C-391/04, Rn. 39 = NZG 2007, 749, 751 („Georgakis“). 413

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C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

Auch unter Geltung der MAR hat sich an der insiderrechtlichen Einordnung von Face-to-face-Geschäften nichts geändert, da derartige Geschäfte (im Gegensatz zu typischen Insidergeschäften) den Anreiz für Investoren, sich am Kapitalmarkt zu betätigen, nach wie vor nicht schmälern.419 Die Interessenlage bei der Vorabplatzierung entspricht derjenigen bei einem typischen Face-to-face-Geschäft, da die Investoren durch ihr Wissen über die bevorstehende Kapitalerhöhung gegenüber der Gesellschaft, welche die Kapitalerhöhung unlängst selbst beschlossen hat, keine ungerechtfertigten Vorteile erzielen können. Im Ergebnis ist daher eine Vorabplatzierung vor der Ankündigung der Transaktion im Wege der Ad-hoc-Mitteilung insiderrechtlich als zulässig anzusehen.420 bb) Ad-hoc-Mitteilung über die Durchführung der Vorabplatzierung Wird die Vorabplatzierung planmäßig durchgeführt, so kann auch der Durchführung an sich ein Kursbeeinflussungspotenzial in Bezug auf den Börsenkurs der Aktie des Emittenten innewohnen. Generell ist davon auszugehen, dass eine Ad-hocMitteilung über den Beschluss einer Kapitalerhöhung auf Grund des mit der Kapitalerhöhung einhergehenden Verwässerungseffekts den Aktienkurs tendenziell belasten wird. Können im Zuge der Kapitalerhöhung Aktien bereits vorab sicher bei institutionellen Investoren platziert werden, so wird sich die dadurch erzielte Transaktionssicherheit jedoch in aller Regel stabilisierend auf den Börsenkurs auswirken.421 In dieser stabilisierenden Wirkung liegt das für die Einordnung als Insiderinformation maßgebliche Kursbeeinflussungspotenzial. Da ein Aufschub der Ad-hoc-Mitteilung aus berechtigten Interessen der Gesellschaft (Art. 17 Abs. 4 MAR) nicht ersichtlich ist, hat die Gesellschaft die Durchführung der Vorabplatzierung über eine zweite Ad-hoc-Mitteilung öffentlich bekannt zu geben. Im Zuge dessen sind auch der Platzierungspreis der Vorabplatzierung und der übereinstimmend festgesetzte Bezugspreis öffentlich bekannt zu machen. cc) Ad-hoc-Mitteilung nach Durchführung des Bezugsangebots (Abschluss der Kapitalerhöhung) Die Emissionspraxis börsennotierter Gesellschaften geht dahin, auch den endgültigen Abschluss der Bezugsrechtsemission im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung öffentlich bekannt zu machen. Erforderlich wird dies insbesondere im Falle eines 419 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 8 MAR Rn. 40; Klöhn, in: Klöhn, MAR, Art. 8 Rn. 171; Klöhn, WM 2017, 2085, 2090; Poelzig, NZG 2016, 528, 533; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 14.10; Seibt/ Wollenschläger, AG 2014, 593, 598; Veil, in: Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. Marktmissbrauchsrecht, § 7 Rn. 46. 420 So ausdrücklich auch Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.38d. 421 So auch Singhof, FS Uwe H. Schneider (2011), 1261, 1285.

V. Vorabplatzierung von Aktien

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„Bis-zu“-Kapitalerhöhungsbeschlusses, der das endgültige Volumen der Kapitalerhöhung noch nicht festlegt, sondern vom Platzierungsverfahren abhängig macht. Die Information über das endgültige Emissionsvolumen und den finalen Emissionserlös kann wiederum ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial aufweisen (Art. 7 Abs. 4 MAR) und als Insiderinformation i.S.d. Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR einzustufen sein, weshalb sie durch den Emittenten unverzüglich zu veröffentlichen ist (Art. 17 Abs. 1 MAR). b) Darstellung der Vorabplatzierung im Emissionsprospekt Eine Vorabplatzierung von Aktien im Vorfeld des regulären Bezugsangebots kann prospektfrei erfolgen, da die neuen Aktien lediglich bei institutionellen Investoren platziert werden. Aus diesem Grund kann das Angebot der Vorabplatzierungsaktien prospektfrei erfolgen (vgl. Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO).422 Bezugsrechtsemissionen stellen jedoch grundsätzlich ein öffentliches Angebot von Wertpapieren dar und unterliegen damit der Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts423, so dass für die Gesamttransaktion ein Emissionsprospekt zu erstellen ist. Für den Inhalt des Prospekts bei Bezugsrechtsemissionen enthält Anhang 11 DelVO 2019/980 oder, falls ein vereinfachter Prospekt erstellt wird, Anhang 12 DelVO 2019/980 die erforderlichen Mindestangaben. Der Emittent hat vor der Zuteilung verschiedene Aspekte des Angebots im Prospekt abzubilden. So sind u. a. die Bedingungen offenzulegen, zu denen eine Rückforderung verlangt werden kann, sowie die Höchstgrenze einer etwaigen Rückforderung (Punkt 5.2.3. lit. b) Anhang 11 DelVO 2019/980). Soweit ein vereinfachter Prospekt veröffentlicht wird, ist diese Angabe erlassen (vgl. der insofern abweichende Abschnitt 5 Anhang 12 DelVO 2019/980). Die Verpflichtung zur Offenlegung einer möglichen Rückforderung nach Zuteilung der neuen Aktien erlangt vor dem Hintergrund des bei Vorabplatzierungen regelmäßig vereinbarten Claw-back Bedeutung, da der Claw-back die Konsortialbanken dazu berechtigt, von der Zuteilung im Rahmen der Vorabplatzierungen zurückzutreten, soweit im Zuge des Bezugsangebots Bezugsrechte ausgeübt werden und eine Zuteilung der neuen Aktien an die Aktionäre erfolgen muss. Die Eckdaten der Vorabplatzierung und das Zuteilungsvolumen, welches dem Claw-back unterliegt und somit Gegenstand einer möglichen Rückforderung ist, sind daher im Emissionsprospekt offenzulegen424, sofern nicht ein vereinfachter Prospekt für Sekundäremissionen erstellt wird und die Angabe erlassen ist.

422

Seiler, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, Anhang III Rn. 104. Vgl. BaFinJournal 09/2012, S. 7; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 5.119; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 18a; von Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 2 WpPG Rn. 50; Schlitt, in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, ProspektVO Anhang XXIII Rn. 5; dazu bereits unter C. IV. 4. b). 424 Seiler, in: Frankfurter Kommentar WpPG/ProspektVO, Anhang III Rn. 104. 423

230

C. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

6. Zwischenfazit Insbesondere die Ergebnisse der Transaktionen in den Jahren 2016 und 2017 belegen, dass eine Vorabplatzierung von Aktien einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Transaktionssicherheit bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen leisten kann, indem jedenfalls große Anteile des Emissionsvolumens vorab bei institutionellen Investoren platziert werden. Mit der gesicherten Platzierung neuer Aktien korrespondiert eine Reduzierung des Übernahmerisikos auf Seiten der Konsortialbanken. Die Kombination aus einer Aktienlieferung unter Rücktrittsvorbehalt (subject to claw-back) und einer Schaffung von Aktientranchen, die keiner Bezugsrechtsausübung durch Aktionäre unterliegen, machen Vorabplatzierungen für Investoren attraktiv. Umfangreiche Aktientranchen sind auf diese Weise bereits im Vorfeld des eigentlichen Bezugsangebots endgültig frei platzierbar. Die Zeichnung durch externe Investoren erhöht den Streubesitz sowie die Liquidität der Aktie und damit auch ihre Attraktivität im Hinblick auf zukünftige Investitionen. Im Ergebnis erweisen sich Vorabplatzierungen speziell bei solchen Bezugsrechtskapitalerhöhungen als effizient, die sich durch ein hohes Bedürfnis nach Transaktionssicherheit auszeichnen.

D. Einbindung von Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts Für Kapitalerhöhungen gegen Bareinlagen bestimmt das Aktienrecht, dass ein Ausschluss des Bezugsrechts insbesondere dann zulässig ist, wenn die Kapitalerhöhung zehn Prozent des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag der neuen Aktien den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). Kapitalerhöhungen im Umfang von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals werden daher auch als Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss oder als sog. „Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen“ bezeichnet. Sie stellen ein in der Finanzierungspraxis börsennotierter Gesellschaften häufig genutztes Instrument zur Eigenkapitalbeschaffung dar.1 Bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen ist eine frühzeitige Einbindung von Aktionären oder außenstehenden Investoren in den Transaktionsprozess der praktische Regelfall. Der Grund hierfür liegt in der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Märkte, die es im Hinblick auf die Platzierungschancen auch bei kleinvolumigen Aktienemissionen zu berücksichtigen gilt.2 Auch die Besonderheiten bei der Platzierung neuer Aktien aus einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung führen dazu, dass Investoren oftmals schon vor der Platzierung in die Transaktion eingebunden werden. So wird (im Gegensatz zur Bezugsrechtsemission) kein Bezugsangebot durchgeführt, da das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen ist. Die Gewinnung neuer, institutioneller Anleger als Aktionäre und die Platzierung der Aktien bei neuen „Kernaktionären“ werden dadurch im Vergleich zur Bezugsrechtsemission erheblich vereinfacht. Sollen neue Investoren gewonnen werden, birgt dies gleichwohl die Notwendigkeit einer frühzeitigen Abstimmung. Aktionäre oder neue Investoren können durch unterschiedliche Maßnahmen im Vorfeld des Platzierungsverfahrens in die Transaktion eingebunden werden. Die Möglichkeiten auf Seiten des Emittenten und der Emissionsbank reichen von einem frühzeitigen Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes in Form eines Market Sounding bei ausgewählten Investoren bis hin zur Einbindung eines BackstopInvestors, dessen Erwerbsverpflichtung ähnlich, jedoch nicht gänzlich gleich ausgestaltet ist wie im Falle einer Bezugsrechtsemission.

1

Seibt, CFL 2011, 74, 75. Vgl. Singhof, ZBB 2017, 193, 194, der darauf verweist, dass Marktsondierungen aufgrund der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Märkte inzwischen auch bei prospektfreien Aktienemissionen etabliert seien. 2

232

D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Der vereinfachte Bezugsrechtsausschlusses gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bietet börsennotierten Gesellschaften gewisse Vorzüge in der Kapitalbeschaffung, die durch eine anhaltende Beliebtheit von Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen in der Emissionspraxis untermauert werden.3 Um diese Vorzüge zu verdeutlichen, sollen nachfolgend zunächst die grundsätzlichen Anforderungen dargestellt werden, die das AktG an einen Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen stellt und die zur Folge haben, dass ein Bezugsrechtsausschluss in größerem Umfang mit einigen Transaktionsrisiken behaftet ist (dazu unter I.). Im Anschluss werden die Grundzüge der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss behandelt, die sich auch auf die Möglichkeiten der Einbindung von Investoren im Vorfeld der Aktienplatzierung auswirken (dazu unter II). Der dritte Abschnitt des Kapitels behandelt einen für bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen typischen Transaktionsablauf und geht in diesem Zusammenhang auf die Durchführung von Marktsondierungen im Vorfeld der Platzierung ein (dazu unter III.). Im vierten Abschnitt wird schließlich die Einbindung von Backstop-Investoren bei Kapitalerhöhungen mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss untersucht, wodurch auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede einer Beteiligung von Backstop-Investoren bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen im Vergleich zu deren Beteiligung bei Bezugsrechtsemissionen verdeutlicht werden sollen (dazu unter IV.).

I. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen und potenzielle Transaktionsrisiken Bei Kapitalerhöhungen, die in ihrem Volumen zehn Prozent des bei Beschlussfassung vorhandenen Grundkapitals übersteigen, ist ein Bezugsrechtausschluss nur unter erschwerten Voraussetzungen durchführbar. Eine maßgebliche Erschwernis bilden die hohen Anforderungen, welche die Rechtsprechung des BGH an die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses stellt. Darüber hinaus bestehen qualifizierte Mehrheitserfordernisse, die das Aktienrecht an die Beschlussfassung der Hauptversammlung über einen Bezugsrechtsausschluss bzw. über eine entsprechende Satzungsermächtigung, die den Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt, stellt (zu beiden Aspekten unter 1.). Insbesondere die hohen Anforderungen der Rechtsprechung haben zur Folge, dass eine Beschlussfassung über einen Bezugsrechtsausschluss im Umfang von mehr als zehn Prozent des Grundkapitals stets mit Transaktionsrisiken (etwa den Risiken einer Anfechtung und einer folgenden gerichtlichen Überprüfung der Beschlussfassung) einhergeht (dazu unter 2.). 3

In der jüngeren Emissionspraxis haben beispielsweise folgende Unternehmen bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen durchgeführt: Vapiano SE (Ad-hoc-Mitteilung vom 23. 10. 2018), curasan AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 4. 10. 2018), DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 26. 02. 2018), ProCredit Holding AG & Co. KGaA (Adhoc-Mitteilung vom 1. 02. 2018), alstria office REIT-AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 29. 01. 2018).

I. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss

233

1. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss Für einen Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen hat die Rechtsprechung des BGH das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung aufgestellt.4 Darüber hinaus bestehen qualifizierte Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung, sowohl für die von der Hauptversammlung beschlossene ordentliche Kapitalerhöhung, als auch für die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit einer entsprechenden Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss. a) Sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses Die sachliche Rechtfertigung als Voraussetzung eines Bezugsrechtausschlusses ist das Ergebnis einer ständigen Rechtsprechung, deren Anfang das „Kali+Salz“Urteil5 markiert. In diesem grundlegenden Urteil entschied der BGH, dass ein Ausschluss des Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung nur dann zulässig sei, wenn er aus der Sicht im Zeitpunkt der Beschlussfassung auch bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist.6 Die Rechtsprechung betonte die erhebliche Bedeutung des gesetzlichen Bezugsrechts vor dem Hintergrund, dass für den Aktionär der Entzug des Vorrechts, Kapital in „seinem” Unternehmen investieren zu können, im allgemeinen einen schweren Eingriff in seine Mitgliedschaft bedeute.7 Die sachliche Rechtfertigung müsse sich daher darauf erstrecken, dass das mit der Kapitalerhöhung verfolgte Ziel auf dem normalen gesetzlichen Weg, d. h. mit einem Bezugsrecht für alle Aktionäre, nicht zu erreichen ist.8 In Gestalt der sachlichen Rechtfertigung erkannte der BGH eine ungeschriebene sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung, die eine Abwägung der Interessen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck einschließe.9 Die Rechtsprechung stellte im später ergangenen „Holzmann“-Urteil fest, dass die Voraussetzung der sachlichen Rechtfertigung auch für eine Kapitalbeschaffung durch ein genehmigtes Kapital gilt, sofern die dem Vorstand erteilte Ermächtigung zur Ausgabe neuer Aktien, auch einen Ausschluss des Bezugsrechts umfassen soll.10 Für das genehmigte Kapital wurden die Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss durch das „Siemens/Nold“-Urteil noch dahin modifiziert, dass es für die sachliche Rechtfertigung genüge, wenn die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt werden soll, im

4 Ständige Rspr., vgl. BGHZ 71, 40, 43 ff. („Kali + Salz“); BGHZ 83, 319, 325 f. („Holzmann“); BGHZ 120, 141, 145 f.; BGHZ 125, 239, 241 („Deutsche Bank“). 5 BGHZ 71, 40 („Kali + Salz“). 6 BGHZ 71, 40, 46 („Kali + Salz“). 7 BGHZ 71, 40, 46 („Kali + Salz“). 8 BGHZ 71, 40, 46 („Kali + Salz“). 9 BGHZ 71, 40, 46 („Kali + Salz“). 10 BGHZ 83, 319, 321 („Holzmann“).

234

D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liege und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben werde.11 Die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses stellen in der Praxis auf Grund ihrer relativen Unbestimmtheit eine hohe Hürde dar, deren Anwendung nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitet.12 Die Frage, wann eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss im „wohlverstandenen Interesse“ der Gesellschaft liegt, lässt sich in der Emissionspraxis nicht pauschal beantworten. Sie ist vielmehr geprägt von einer umfangreichen Kasuistik in der Rechtsprechung. Einen Bezugsrechtsausschluss zu dem Zweck, die Zulassung von Aktien an einer ausländischen Börse zu erreichen und den Aktionärskreis durch die Gewinnung privater und institutioneller Anleger im Ausland zu erweitern, hat die Rechtsprechung beispielsweise als ein sachliches Interesse der Gesellschaft anerkannt.13 Dagegen besteht im Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber, dass allein ein schwieriges Marktumfeld oder die bloße Aussicht, die Aktien bei einer anderweitigen Platzierung zu einem höheren Ausgabepreis platzieren zu können, einen Bezugsrechtsausschluss regelmäßig nicht rechtfertigen kann.14 Die Beispiele aus Rechtsprechung und Schrifttum verdeutlichen, dass die Frage der sachlichen Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses letztlich nur im Einzelfall anhand einer Abwägung des Gesellschaftsinteresses gegen das Aktionärsinteresse an der Wahrung seiner Beteiligungsquote beantwortet werden kann. Ein Mindestmaß an Rechtsunsicherheit lässt sich nicht gänzlich ausschließen. Diese verbleibende Unsicherheit geht mit einem erhöhten Risiko von Anfechtungsklagen bzw. Feststellungsklagen einher, die einen das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließenden Beschluss der Hauptversammlung zunichte machen oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Vorstandshandelns bei der Ausnutzung einer Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss führen können. b) Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit bei der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung Ein Ausschluss des Aktionärsbezugsrechts kann zum einen durch die Hauptversammlung selbst im Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgen (sog. Direktausschluss, vgl. § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG). Zum anderen kann auch der Vorstand der Gesellschaft den Bezugsrechtsausschluss beschließen, soweit er im Rahmen einer Satzungsermächtigung zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt worden ist. Soweit die Kapitalerhöhung durch den 11

BGHZ 133, 136 („Siemens/Nold“). Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 II. 1; Marsch/Barner, AG 1994, 532, 533; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67. 13 BGHZ 125, 239 („Deutsche Bank“). 14 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 33; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 67; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 77; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 113; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 33 f. 12

I. Grundsätzliche Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss

235

Vorstand im Wege der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals beschlossen wird, tritt an die Stelle des Kapitalerhöhungsbeschlusses die Satzungsermächtigung zur Ausgabe neuer Aktien (§ 203 Abs. 1 Satz 2 AktG). Dabei kann das Bezugsrecht auf unterschiedliche Art ausgeschlossen werden. Wenngleich in der Praxis äußerst selten, ist grundsätzlich bereits ein Ausschluss durch den satzungsändernden Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung möglich (sog. Direktausschluss).15 Weitaus relevanter ist hingegen die sog. Ausschlussermächtigung16, die vorsieht, dass der Vorstand über den Ausschluss des Bezugsrechts entscheidet (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die letztgenannte Ausgestaltung ist bei börsennotierten Gesellschaften die praktisch am häufigsten anzutreffende Variante des genehmigten Kapitals.17 Als grundlegende Voraussetzung eines Bezugsrechtsausschlusses stellt das Aktienrecht ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis auf. Neben den in Gesetz oder Satzung für die Kapitalerhöhung aufgestellten Erfordernissen bedarf ein das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließender Hauptversammlungsbeschluss einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 186 Abs. 3 Satz 2 AktG). Bei der Kapitalerhöhung im Wege der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals gilt es im Hinblick auf die Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung – wenigstens die gesetzliche Grundlage betreffend – zu differenzieren. Wird das Bezugsrecht sogleich per Direktausschluss im satzungsändernden Ermächtigungsbeschluss ausgeschlossen, gilt über die Verweisung des § 203 Abs. 1 Satz 1 AktG das qualifizierte Mehrheitserfordernis von drei Vierteln unmittelbar (§ 203 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 186 Abs. 3 Satz 2 AktG). Soweit dem Vorstand eine Ausschlussermächtigung erteilt wird, fehlt der Verweis auf § 186 Abs. 3 Satz 2 AktG (vgl. § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die erforderliche Beschlussmehrheit ergibt sich dann unmittelbar aus der Regelung zur Beschlussfassung über die Schaffung des genehmigten Kapitals, welche ebenfalls eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erfordert (§ 202 Abs. 2 Satz 2 AktG).18 Die beschriebenen qualifizierten Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung über den Bezugsrechtsausschluss bzw. über eine Ermächtigung, welche den 15 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 10; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 203 Rn. 15; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 83; Busch, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 43.17; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 203 Rn. 21; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203 Rn. 63. 16 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 21; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 203 Rn. 38; Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 84; Busch, in: Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 43.17; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 203 Rn. 21; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203 Rn. 63. 17 Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 21; Niggemann/Wansleben, AG 2013, 267, 268. 18 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 91; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 43.17; Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 23; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 203 Rn. 27; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203 Rn. 73.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Vorstand zur Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss berechtigt, führen dazu, dass das Bezugsrecht der Aktionäre bei Kapitalerhöhungen im Umfang von mehr als zehn Prozent des bestehenden Grundkapitals nur selten ausgeschlossen wird. Dies hat seinen Grund insbesondere in dem Risiko einer gerichtlichen Überprüfung der Beschlussfassung in der Hauptversammlung oder der Entscheidung des Vorstands über einen Bezugsrechtsausschluss. 2. Risiko der gerichtlichen Überprüfung des Direktausschlusses oder Ermächtigungsbeschlusses Im Falle eines Bezugsrechtsausschlusses im Kapitalerhöhungsbeschluss besteht insbesondere die Gefahr von Anfechtungsklagen durch Aktionäre (vgl. § 246 AktG).19 Dies gilt gleichermaßen für einen satzungsändernden Beschluss, der den Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt. Ein das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließender Hauptversammlungsbeschluss bzw. ein Beschluss, welcher den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt, kann wegen Gesetzesverletzung angefochten werden (§ 243 Abs. 1 AktG). Die Rechtsprechung des BGH hat darüber hinaus anerkannt, dass auch ein pflichtwidriges, kompetenzüberschreitendes Organhandeln des Vorstands und des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss durch den in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigten Aktionär zum Gegenstand einer gegen die Gesellschaft zu richtenden allgemeinen Feststellungsklage gemacht werden kann.20 Desweiteren ist es möglich, dass Aktionäre im einstweiligen Rechtsschutz eine Verletzung mitgliedschaftlicher Positionen geltend machen, indem etwa eine einstweilige Verfügung gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erwirkt wird.21 Bei einem Bezugsrechtsausschluss in einem Umfang von mehr als zehn Prozent des vorhandenen Grundkapitals bestehen folglich grundsätzliche Risiken einer gerichtlichen Überprüfung. Insbesondere Anfechtungsklagen, die gegen den Kapitalerhöhungs- oder Ermächtigungsbeschluss gerichtet werden, können der Kapitalerhöhung die rechtliche Grundlage entziehen und die gesamte Transaktion zunichtemachen. Vor diesem Hintergrund spielen großvolumige Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts in der Emissionspraxis keine große Rolle.22 Dem Interesse der Gesellschaft ist vielmehr damit gedient, ein rechtlich abgesichertes, quasi „gerichtsfestes“ Instrument zur bezugsrechtsfreien Platzierung neuer Aktien zur

19

Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.25. BGHZ 164, 249 („Mangusta/Commerzbank II“); zuletzt BGH, NJW 2018, 2796. 21 Vgl. dazu Schlitt/Murr, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 13 Rn. 60 ff. 22 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 II. 1; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67. 20

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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Hand zu haben. Dieses Instrument hat der Gesetzgeber mit der Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) geschaffen.

II. Grundzüge der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Die Bedeutung des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses für Barkapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften erschließt sich insbesondere vor dem Hintergrund der bereits skizzierten hohen Anforderungen, die in der Rechtsprechung des BGH zunächst durch die Entscheidungen „Kali+Salz“ und „Holzmann“ manifestiert wurden und die seither, unter Beachtung der Erleichterungen für das genehmigte Kapital aus dem „Siemens/Nold“-Urteil, den rechtlichen Maßstab für einen Bezugsrechtsausschluss bilden. Die beschriebenen Anfechtungs- und Transaktionsrisiken waren unter anderem der Grund für die Einführung der gesetzlichen Regelung zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Der folgende Abschnitt widmet sich daher zunächst den gesetzgeberischen Motiven bei der Einführung der Regelung zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss (dazu unter 1.), woraufhin die wesentlichen Vorteile einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts im Vergleich zur Bezugsrechtsemission dargestellt werden (dazu unter 2.). Im Anschluss werden die grundlegenden Voraussetzungen für die Ausnutzung der Regelung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG behandelt. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss ist von der Einhaltung einschränkender Voraussetzungen abhängig, deren Zweck darin besteht, die Auswirkungen der mit dem Bezugsrechtsausschluss einhergehenden Beteiligungs- und Wertverwässerung zu begrenzen (dazu unter 3.). Abschließend werden typische Transaktionsrisiken von bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen behandelt, die eine Einbindung von Investoren erforderlich machen können (dazu unter 4.). 1. Einführung der Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) Die bereits skizzierten Risiken einer drohenden gerichtlichen Überprüfung verdeutlichen das Interesse börsennotierter Gesellschaften, Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts in einem bestimmten Rahmen rechtssicher durchführen zu können. Den erheblichen Bedarf nach einer wirkungsvollen Eigenkapitalfinanzierung, auch unter Ausschluss von Bezugsrechten der bisherigen Anteilseigner, erkannte auch der Gesetzgeber.23 Durch das „Gesetz für kleine Aktienge23 Vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/7848, S. 9, in dem auf eine „von der Wirtschaft dringlichst ersehnte Klarstellung zum Bezugsrechtsausschluss“ Bezug genommen wird.

238

D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

sellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ vom 02. 08. 199424 wurde die Vorschrift des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG in das AktG eingefügt. Sie sollte die Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapitalaufnahme erleichtern.25 Die Norm sollte insbesondere Rechtssicherheit in der Frage schaffen, unter welchen Voraussetzungen ein Bezugsrechtsausschluss zulässig ist und gewährleisten, dass deutsche Publikums-Aktiengesellschaften ihre Unternehmen flexibel und ohne Wettbewerbsnachteile bei der Eigenkapitalbeschaffung finanzieren können, ohne schutzwürdige Belange der Aktionäre zu beeinträchtigen.26 Das Schutzbedürfnis der Aktionäre, die mit einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts verbundene Folge einer Beteiligungs- und Wertverwässerung nach Möglichkeit abzuwenden, fand ausdrückliche Berücksichtigung bei der Ausgestaltung der Regelung. Indem die gesetzliche Regelung auf zehn Prozent des vorhandenen Grundkapitals beschränkt wurde, wurde unterstellt, dass bei Kapitalerhöhungen in diesem geringen Umfang stets ein Nachkauf zur Erhaltung der relativen Beteiligung über die Börse möglich sei.27 Die Gefahr eines Kurswertverlustes (Wertverwässerung) bestehe dann nicht, wenn die Ausgabe der neuen Aktien zumindest zum Börsenpreis erfolge, da ein Bezugsrecht der Aktionäre dann wirtschaftlich wertlos und funktionslos sei.28 Auf Grund der auch bei einer Aktienausgabe innerhalb kürzester Zeit bestehenden Gefahr von Kursschwankungen wurde schließlich eine Ausgabe zu einem Preis, der den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet, als zulässig anerkannt.29 Die Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss stellt seither die in der Praxis weitaus am häufigsten genutzte Alternative zur schnellen Eigenkapitalaufnahme dar, wenngleich sie in ihrem Umfang auf zehn Prozent des Grundkapitals begrenzt ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG wird nach herrschender Auffassung in der Literatur die sachliche

24

BGBl. I 1994, S. 1961. Fraktionsbegründung der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39a. 26 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/7848, S. 9; Goette, ZGR 2012, 505, 512; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39a; Seibt, CFL 2011, 74; 75. 27 Fraktionsbegründung der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 28 Fraktionsbegründung der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 29 Fraktionsbegründung der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 25

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss unwiderleglich vermutet.30 Es bedarf weder einer Interessenabwägung, wie die Rechtsprechung sie für die sonstigen Fälle des Bezugsrechtsausschlusses verlangt31, noch weiterer sachlicher Rechtfertigungsgründe.32 Da sich hierdurch das Transaktionsrisiko minimiert, kommt der Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts in der Transaktionspraxis eine große Bedeutung zu.33 2. Vorteile der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Die große Bedeutung von Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen in der Praxis erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund zweier maßgeblicher Vorteile, welche ihre Durchführung im Vergleich zur Bezugsrechtsemission erheblich erleichtern. Ein wesentlicher Vorteil der Transaktionsform besteht darin, dass die neuen Aktien keinem Bezugsrecht der Aktionäre unterliegen, was die Durchführung eines Bezugsangebots an die Aktionäre entbehrlich macht (dazu unter a)). Ein weiterer Vorteil besteht in der erleichterten Dokumentation der Aktienemission. So können die neuen Aktien regelmäßig prospektfrei angeboten sowie zum Handel zugelassen werden (dazu unter b)). Diese Rahmenbedingungen machen den hohen Grad an Flexibilität der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss aus. a) Entbehrlichkeit eines Bezugsangebots und prospektfreie Platzierung im beschleunigten Bookbuilding Ein (evidenter) Vorteil der Eigenkapitalbeschaffung im Wege einer Zehn-ProzentKapitalerhöhung besteht in der Entbehrlichkeit eines Bezugsangebots. Die bei Bezugsrechtsemissionen gesetzlich vorgeschriebene zweiwöchige Bezugsfrist (§ 186 Abs. 2 Satz 1 AktG) gilt nicht, wodurch eine flexiblere Zeitplanung der Platzierung möglich wird.34 Der Zeitraum zwischen der Ankündigung der Transaktion im Wege 30

Ganz h.M., vgl. Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rn. 66; Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 II. 1; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1, 9; Ihrig in: Liber amicorum Happ (2006), 109, 114; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 659; MarschBarner, AG 1994, 532, 533; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 129; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 61; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 44; a.A. Goette, ZGR 2012, 505, 513 f. 31 Zu den in dieser Hinsicht maßgeblichen Anforderungen aus dem „Kali+Salz“-Urteil des BGH bereits unter D. I. 1. a). 32 So ausdrücklich bereits die Fraktionsbegründung der Fraktionen CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 33 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 II. 1; vgl. zu der großen praktischen Bedeutung der Regelung für Unternehmen sämtlicher Marktkapitalisierungsgrößen Seibt, CFL 2011, 74, 75 f. mit Übersicht. 34 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.28.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

der Ad-hoc-Bekanntmachung durch die Gesellschaft35 und der Platzierung kann infolgedessen erheblich verkürzt werden.36 Die neuen Aktien werden in der Praxis regelmäßig im Wege einer Privatplatzierung bei institutionellen Investoren über ein beschleunigtes Bookbuilding (Accelerated Bookbuildung) platziert.37 Eine solche Privatplatzierung auch größerer Aktientranchen an institutionelle Anleger ist praktisch innerhalb weniger Stunden durchführbar.38 Beim beschleunigten Bookbuilding zur Platzierung der Aktien aus einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung wird keine betraglich festgelegte Preisspanne vorgegeben, sondern meist nur eine Preisuntergrenze.39 Dies erschließt sich vor dem Hintergrund, dass der für die Berechnung des zulässigen Preisabschlags maßgebliche Börsenkurs zu Beginn des Bookbuildings noch nicht feststeht.40 Auf der Grundlage der Zeichnungsangebote der Investoren im Bookbuilding wird in einem erneuten Beschluss des Vorstands der endgültige Platzierungspreis für die neuen Aktien festgelegt (in der Praxis als „Pricing“ bezeichnet). Dieser Beschluss wird sodann in einem separaten Preisfestsetzungsvertrag mit der Emissionsbank nochmals fixiert.41 Bei der Strukturierung des Angebots gilt es zu beachten, dass die Prospektbefreiung für das Angebot nur dann eingreift, wenn dieses sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO). Die Vorteile einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss können folglich nur dann realisiert werden, wenn die neuen Aktien ausschließlich bei institutionellen Investoren platziert werden.42 In der Praxis ist dieses Vorgehen der Regelfall. Im Ausnahmefall kann sich dies als schwierig erweisen, wenn die neuen Aktien auch Aktionären angeboten werden sollen, die möglicherweise nicht als qualifizierte Anleger im Sinne des Prospektrechts einzuordnen sind.

35 Zur Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten im Falle einer bezugsrechtsfreien ZehnProzent-Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit der Beteiligung eines Backstop-Investors noch unter D. IV. 3. 36 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.28. 37 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72; Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.81; Seibt, CFL 2011, 74, 83; zum Begriff der institutionellen Investoren bereits unter B. III. 1.; zum beschleunigten Bookbuilding bereits unter C. V. 3. d) im Zusammenhang mit der Vorabplatzierung bei der Bezugsrechtsemission. 38 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 7.28; zu der gleich gelagerten Interessenlage bei der Bezugsrechtsemission mit vorgelagerter Vorabplatzierung von Aktien bereits unter C. V. 3. d) aa). 39 Seibt, CFL 2011, 74, 83. 40 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72; zu der Voraussetzung, dass der Ausgabebetrag der neuen Aktien den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet s. unter D. II. 3. b); zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ermittlung des Börsenpreises s. unter D. II. 3. c). 41 Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 212. 42 Zu der gleich gelagerten Angebotsstruktur im Falle einer Pre-IPO-Privatplatzierung bereits unter B. V. 5. a) aa).

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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b) Prospektfreie Zulassung der Aktien zum Handel Im Hinblick auf die Zulassung der Aktien zum Handel bestand bis zum Inkrafttreten der maßgeblichen Bestimmungen der ProspektVO keine Prospektpflicht, wenn die neu ausgegebenen Aktien innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten weniger als zehn Prozent der Anzahl der Aktien derselben Gattung ausmachten, die bereits zum Handel an demselben regulierten Markt zugelassen waren (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG a.F.). Vor Inkrafttreten der neuen ProspektVO galt es hierbei zu beachten, dass der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss bis zu einer Grenze von exakt zehn Prozent des bei Beschlussfassung vorhandenen Grundkapitals zulässig ist (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG), die Befreiung von der Prospektpflicht nach der maßgeblichen Bestimmung des WpPG jedoch ausdrücklich nur bei einem Emissionsvolumen von weniger als zehn Prozent der bereits zum Handel zugelassenen Aktien eingreifen konnte (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG a.F.). Aus diesem Grund wurde in der Transaktionspraxis das Volumen einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss daher in aller Regel auf zehn Prozent minus einer Aktie derselben zugelassenen Aktiengattung beschränkt.43 Die ProspektVO enthält nunmehr weitergehende Erleichterungen für die prospektfreie Zulassung von Aktien zum Handel an einem geregelten Markt. So findet die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts keine Anwendung auf die Zulassung von Wertpapieren, die mit bereits zum Handel am demselben geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren fungibel sind, sofern sie über einen Zeitraum von 12 Monaten weniger als 20 % der Zahl der Wertpapiere ausmachen, die bereits zum Handel am demselben geregelten Markt zugelassen sind (Art. 1 Abs. 5 Uabs. 1 lit. a) ProspektVO). Emittenten werden durch die Ausweitung des prospektfrei zuzulassenden Emissionsvolumens auf 20 % in die Lage versetzt, bei Kapitelerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss eine prospektfreie Zulassung zum Handel für Aktien in einem Volumen von exakt zehn Prozent des bei der Beschlussfassung vorhandenen Grundkapitals zu erwirken. Einer Reduktion des Volumens um eine Aktie bedarf es nun nicht mehr.44 3. Voraussetzungen des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses Die große praktische Bedeutung von Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen geht mit einem erheblichen Interesse der Emittenten und Emissionsbanken einher, neue Aktien aus einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung sicher platzieren zu können. Dabei 43

Seibt, CFL 2011, 74, 75. Eine Ausnahme besteht dann, wenn innerhalb eines Jahres zwei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen durchgeführt und die daraus entstammenden Aktien zum Handel zugelassen werden sollen. In diesem Fall wird bezüglich der zweiten Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung weiterhin eine Reduktion des Emissionsvolumens um eine Aktie erforderlich werden, da Art. 1 Abs. 5 Uabs. 1 lit. a) ProspektVO von fungiblen Wertpapieren in einem Volumen von „weniger als 20 %“ der bereits an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere spricht. 44

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

stehen unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung, durch die Investoren in den Emissionsprozess eingebunden werden können. Diese Maßnahmen können zwar Platzierungssicherheit gewährleisten. Ihre praktische Umsetzung muss sich jedoch stets an dem rechtlichen Rahmen orientieren, den der Gesetzgeber mit der Regelung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG geschaffen hat. Daher sollen die grundlegenden Voraussetzungen der Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsrechtsausschluss nachfolgend dargestellt werden. Die gesetzgeberische Formulierung mutet denkbar simpel an: Der Bezugsrechtsausschluss ist insbesondere dann zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). Trotz der scheinbar eindeutigen Formulierung sind unterschiedliche Anwendungsfragen noch nicht vollständig geklärt. Insbesondere für den praktisch besonders relevanten Fall der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durch einen Beschluss des Vorstands ist zunächst fraglich, auf welchen Zeitpunkt bei der Bemessung der maßgeblichen Grundkapitalziffer abzustellen ist (dazu unter a)). Darüber hinaus ist bisher nicht abschließend geklärt, in welchen Fällen der Börsenpreis im Sinne der Vorschrift (nicht) wesentlich unterschritten wird (dazu unter b)). Schließlich existieren auch unterschiedliche Auffassungen zu der der Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der Ermittlung des Börsenpreises abzustellen ist (dazu unter c)). Insbesondere die Fragestellungen in Bezug auf die Festlegung des Ausgabepreises und den noch zulässigen Abschlag zum Börsenkurs berühren auch die Einbindung von Investoren im Vorfeld der Transaktion. So dient die Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung insbesondere der angemessenen Preisfindung, wobei sich die Preisfestlegung an dem rechtlichen Rahmen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG orientieren muss. Geht es um die Einbindung eines Backstop-Investors, so wird auch der Backstop-Preis, zu dem der Investor die Aktien erwirbt, vom eigentlichen Platzierungspreis abhängig gemacht. a) Bestimmung der maßgeblichen Grundkapitalziffer Zunächst stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der zur Ermittlung der zulässigen Zehn-Prozent-Grenze maßgeblichen Grundkapitalziffer abzustellen ist. Vergleichsweise unproblematisch lässt sich die Frage beantworten, wenn die Hauptversammlung eine Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung beschließt: in diesem Fall ist die Grundkapitalziffer maßgeblich, die bei der Beschlussfassung über den Bezugsrechtsausschluss in der Satzung ausgewiesen ist.45

45 Groß, DB 1994, 2431, 2432 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39b; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 69; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 131.

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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Beim in der Praxis weitaus häufiger relevanten Vorstandsbeschluss über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals ist die Frage nicht abschließend geklärt. In diesem Fall kann sich die Grundkapitalziffer seit der Eintragung der Ermächtigung verringert haben, wenn in der Zwischenzeit eine Kapitalherabsetzung erfolgt ist. Dagegen kann sich die Grundkapitalziffer in der Zwischenzeit auch erhöhen, etwa durch eine der Eintragung der Satzungsermächtigung nachfolgende Bezugsrechtsemission. Auch ist denkbar, dass die Grundkapitalziffer sich durch die Ausgabe von Bezugsaktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung erhöht.46 Die Grundkapitalziffer im Zeitpunkt der Eintragung der Ermächtigung kann sich folglich von derjenigen im Zeitpunkt der Ausnutzung unterscheiden. Nach der im Schrifttum wohl herrschenden Auffassung soll jedenfalls grundsätzlich diejenige Grundkapitalziffer maßgebend sein, die im Zeitpunkt der Eintragung der Ermächtigung und damit bei Wirksamwerden der Ermächtigung in der Satzung enthalten ist.47 Zur Begründung dieser „formalistischen“ Sichtweise wird insbesondere die Norm des § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG angeführt, nach der beim genehmigten Kapital die Satzungsermächtigung zur Ausgabe der neuen Aktien an die Stelle des Kapitalerhöhungsbeschlusses tritt.48 Auch werde so ein Gleichlauf mit der für die Berechnung des genehmigten Kapitals maßgeblichen Grundkapitalziffer, gemäß § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG derjenigen „zur Zeit der Ermächtigung“, hergestellt.49 Die Voraussetzung einer Erhöhung im Umfang von maximal zehn Prozent muss nach dieser Ansicht kumulativ im Zeitpunkt der Eintragung der Ermächtigung und im Zeitpunkt der Ausnutzungsentscheidung erfüllt sein.50 Daraus folgt, dass bei der Berechnung der Grundkapitalziffer lediglich in der Zwischenzeit erfolgte Kapitalverringerungen zu berücksichtigen sind, nicht jedoch Kapitalerhöhungen.51 Nach der im Schrifttum ebenfalls vertretenen Gegenauffassung soll es hingegen zulässig sein, bei der Berechnung der Zehn-Prozent-Grenze auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Vorstand von der Ermächtigung Gebrauch macht, wodurch eine 46 Gemäß § 200 AktG ist bei der bedingten Kapitalerhöhung das Grundkapital bereits durch die Ausgabe der Bezugsaktien erhöht, dagegen nicht erst durch die Eintragung in das Handelsregister (vgl. § 189 AktG bei der regulären Kapitalerhöhung). 47 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.22; Groß, DB 1994, 2431, 2432; Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.56; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 203 Rn. 10. 48 Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.56. 49 Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660. 50 So ausdr. Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.22; Hüffer/ Koch, AktG, § 203 Rn. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660; Krause, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.56. 51 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.22; Groß, DB 1994, 2431, 2432; Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.56; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 203 Rn. 10.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

„Dynamisierung“ Grenze möglich wird.52 Nach dieser Auffassung könnten bei der Berechnung der Zehn-Prozent-Grenze beispielsweise auch Kapitalerhöhungen im Umfang von über zehn Prozent des Grundkapitals berücksichtigt werden, die nach Eintragung der Ermächtigung erfolgt sind, wodurch im Verhältnis auch die ZehnProzent-Grenze angehoben würde. Die Vertreter dieser Auffassung setzen gleichwohl überwiegend voraus, dass bereits im Rahmen der Satzungsermächtigung als Höchstgrenze kumulativ auf das Grundkapital zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und zum Zeitpunkt der Ausübung der Ermächtigung abgestellt wird.53 Die letztgenannte Sichtweise verdient im Ergebnis den Vorzug vor der formaleren Betrachtung. Dafür lässt sich insbesondere anführen, dass bei Kapitalerhöhungen nach Eintragung der Ermächtigung, auch in teilweiser Ausnutzung eines vorhandenen genehmigten Kapitals, das Bezugsrecht der Aktionäre regelmäßig gewahrt bleibt.54 Es sprechen also keine schutzwürdigen Belange der Aktionäre dagegen, bei der Berechnung der Zehn-Prozent-Grenze die Grundkapitalziffer im Zeitpunkt der Ausnutzung der Ermächtigung zugrunde zu legen. In der Praxis kann das Problem entschärft werden, wenn – wie von den Vertretern der letztgenannten Ansicht gefordert – die Hauptversammlung bereits im Ermächtigungsbeschluss vorsieht, dass die Grundkapitalziffer im Zeitpunkt der Ausnutzungsentscheidung maßgeblich ist. b) Kein wesentliches Unterschreiten des Börsenpreises Bei der Platzierung neuer Aktien aus einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung entspricht es dem Vorgehen der Emittenten und Emissionsbanken, bei der Platzierung einen Abschlag zum Börsenkurs zu gewähren. Regelmäßig sind Zeichnungsanreize notwendig, um Investoren zu einer Beteiligung an der Kapitalerhöhung zu bewegen. Denn ein Erwerb von Aktien zu aktuellen Marktkonditionen ist, wenn auch in begrenztem Umfang, jederzeit möglich. Einer Gewährung von Abschlägen auf den Börsenkurs werden durch die Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss jedoch insofern Grenzen gesetzt, als der Ausgabebetrag der neuen Aktien den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreiten darf. Unter dem Ausgabebetrag der neuen Aktien ist nach allgemeiner Auffassung der am Markt erzielte Platzierungspreis im Sinne des für die Aktie zu leistenden Entgelts zu verstehen.55 In welchen 52

Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 69; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 59 Rn. 34; Trapp, AG 1997, 115, 117; wohl auch Lutter, AG 1994, 429, 444. 53 Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 69; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 59 Rn. 34; Trapp, AG 1997, 115, 117. 54 Vgl. Trapp, AG 1997, 115, 117. 55 Groß, DB 1994, 2431, 2433; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39c; Krause, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.32; Lutter, AG 1994, 429, 442; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 535; von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835, 1837; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 70; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 133; Seibt, CFL 2011, 74, 79; Trapp, AG 1997, 115, 118.

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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Fällen der Börsenpreis der bereits notierten Aktien im Sinne der Vorschrift nur unwesentlich unterschritten wird, ist bisher nicht abschließend geklärt. Der Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzentwurf führt hierzu aus, die zulässige Abweichung sei anhand des minimierten Volatilitätsrisikos und einer sehr geringen Kaufanreizmarge im Einzelfall zu bestimmen, so dass der Abschlag in der Regel bei 3 %, maximal jedoch bei 5 % liegen könne.56 Zu der Frage, wie die zulässige Abweichung vom Börsenkurs zu bestimmen ist, existieren im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen. Nach teilweise vertretener Ansicht lassen sich bei der Festlegung des Preisabschlags auf den Börsenkurs keine starren Grenzen festlegen.57 Danach ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, welche die Volatilität der Aktie und die konkrete Marktsituation in den Blick nimmt.58 Die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum hält im Einklang mit der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses eine Unterschreitung des Börsenkurses von 3 – 5 % für zulässig.59 Dieser Abschlag ist auch in der Transaktionspraxis üblich.60 In Fällen starker Volatilität der betreffenden Aktie kann es gleichwohl angezeigt sein, einen höheren Abschlag anzuwenden, wobei im Schrifttum erhöhte Anforderungen an die Rechtfertigung dieses Vorgehens gestellt werden.61 c) Zeitpunkt der Ermittlung des Börsenpreises Eine weitere, bei der Anwendung der Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss umstrittene Frage betrifft den Zeitpunkt der Ermittlung des relevanten Börsenpreises, der durch den Ausgabebetrag nach dem Wortlaut der Norm nicht wesentlich unterschritten werden darf. Dieser Zeitpunkt ist für die Praxis äußerst wichtig, da er den Ausgangspunkt für die Berechnung des nach herrschender Auffassung noch zulässigen Abschlags auf den Börsenpreis bildet. Für den Fall eines (in der Praxis äußerst seltenen) Direktbeschlusses der Hauptversammlung über die Durchführung der Kapitalerhöhung will eine Minderansicht bei der Ermittlung des

56 Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/7848, S. 9. 57 Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.32; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 70; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 128. 58 Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 6.32; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 70; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 128. 59 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.91; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39d; Ihrig in: Liber amicorum Happ (2006), 109, 121 f.; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 537; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 135; Servatius, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 186 Rn. 59. 60 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39d. 61 Marsch-Barner, AG 1994, 532, 536; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 70.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Börsenpreises auf den Zeitpunkt der Einladung zur Hauptversammlung abstellen.62 Nach anderer Auffassung ist jedenfalls dann, wenn der Ausgabepreis sogleich am Tag der Hauptversammlung festgelegt wird, auf diesen Tag abzustellen, anderenfalls auf den Börsenpreis am Tag der Preisfestlegung.63 Da Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen in der Praxis nahezu ausschließlich im Wege der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durchgeführt werden64, sind diese Überlegungen für den Regelfall unpraktikabel.65 Für den Fall der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals ist im Schrifttum umstritten, nach welchen Kriterien der maßgebliche Börsenkurs zu bestimmen ist. Im Schrifttum wurde bisweilen die Auffassung vertreten, dass bei der Ermittlung des maßgeblichen Börsenpreises auf den Durchschnittskurs innerhalb einer Referenzperiode abzustellen sei.66 Dies wurde primär damit begründet, dass das Gesetz einen bestimmten Stichtag nicht vorsehe.67 Für diese Ansicht lässt sich vorbringen, dass durch eine Durchschnittsbetrachtung eine stärkere Objektivierung des Börsenpreises erreicht und der „wahre Wert“ der Aktie genauer ermittelt werden könnte.68 Entsprechend wurden Referenzperioden von unterschiedlicher Länge vorgeschlagen, so etwa von drei69 bzw. fünf Börsenhandelstagen70. Die wohl herrschende Auffassung hält es dagegen für zulässig, auf einen Börsenkurs am Tag der Preisfestlegung durch den Vorstand als „Stichtag“ abzustellen.71 Dies erscheint sachgerecht, da es bei der Inbezugnahme eines bestimmten Börsenkurses nicht um die zutreffende Erfassung des durchschnittlichen Wertes der Aktie, sondern um die Möglichkeit des Zukaufs über die Börse im Emissionszeitpunkt und somit zu gleichen Konditionen geht.72 Dies spricht dafür, einen Börsenkurs am Tag 62

Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 59. Marsch-Barner, AG 1994, 532, 536 f.; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rn. 35. 64 Vgl. von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835. 65 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39c. 66 Hüffer, AktG (10. Aufl. 2012), § 186 Rn. 39d; Lutter, AG 1994, 429, 442; Peifer, in: Münch.Komm. AktG (3. Aufl. 2011), § 186 Rn. 87; Rebmann, in: Heidel, § 186 AktG Rn. 62; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 73; Wiedemann, in: Großkomm. AktG, § 182 Rn. 153. 67 Hüffer, AktG (10. Aufl. 2012), § 186 Rn. 39d; Peifer, in: Münch.Komm. AktG (3. Aufl. 2011), § 186 Rn. 87. 68 Dies berücksichtigend, wenngleich der Gegenauffassung folgend Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 71. 69 Peifer, in: Münch.Komm. AktG (3. Aufl. 2011), § 186 Rn. 87. 70 Hüffer, AktG (10. Aufl. 2012), § 186 Rn. 39d; Lutter, AG 1994, 429, 442. 71 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.90; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39c; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 537; von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835, 1839; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 71; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 134; Seibt, CFL 2011, 74, 80; Trapp, AG 1997, 115, 119. 72 Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 134. 63

II. Grundzüge der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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der Preisfestlegung zum Maßstab zu nehmen, da die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre in diesem Fall zu nahezu gleichen Konditionen Aktien über die Börse hinzuerwerben und so ihre Beteiligungsquote aufrechterhalten können. Ein Abstellen auf Durchschnittskurse könnte dagegen zur Folge haben, dass bei fallenden Kursen innerhalb der Referenzperiode der Bezugspreis den im Zeitpunkt der Zuteilung aktuellen Börsenpreis überschreitet, was ein wirtschaftliches Scheitern der Emission zur Folge haben kann (weil eine Zeichnung der Emission zu einem Preis oberhalb des Börsenpreises aus Investorensicht sinnlos ist).73 Für eine Heranziehung eines Stichtagskurses am Tag der Preisfestlegung spricht überdies, dass nur dann die Ad-hoc-Bekanntgabe der Kapitalerhöhung in den Börsenkurs „eingepreist“ ist.74 Würde man hingegen auf den Durchschnittskurs einer Referenzperiode abstellen, so würde dies die Auswirkungen der Kapitalerhöhung auf den Aktienkurs möglicherweise gar nicht erfassen. Im Ergebnis scheint es daher sach- und interessengerecht, bei der Ermittlung des zulässigen Abschlags vom Börsenkurs auf einen Stichtagskurs am Tag der Preisfestlegung abzustellen. Im Rahmen der genauen Festlegung des relevanten Börsenkurses kann dann beispielsweise auf den in einer XETRA-Schluss-(Auktion) festgestellten Kurs oder, alternativ, auf den Durchschnittskurs des Zeitraums zwischen der Ankündigung der Emission und der Schließung des Orderbuchs abgestellt werden.75 4. Typische Transaktionsrisiken bei Durchführung einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Bei Aktienemissionen im Rahmen einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss sind Emittent und Emissionsbank wiederum einer für Aktienemissionen typischen Risikolage ausgesetzt. Auf Grund der Entbehrlichkeit eines Bezugsangebots besteht zwar im Gegensatz zur Bezugsrechtsemission nicht das Risiko, dass neue Aktien nicht bezogen werden. Gleichwohl besteht ein generelles Risiko in der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Marktes für neue Aktien. Der Emittent und die mit der Vermarktung und Platzierung der Emission betraute Bank können meist nicht ohne Weiteres prognostizieren, ob sich die Aktienemission in einem Umfang von bis zu zehn Prozent des vorhandenen Grundkapitals bei Investoren platzieren lässt. Zu der unsicheren Nachfragesituation im Markt tritt das Erfordernis, dass die neuen Aktien mit einem lediglich geringen Abschlag zum Börsenkurs platziert werden dürfen.76 Auf Grund dieser zwingenden aktienrechtlichen Vorgabe in Bezug auf die Preisfestlegung kann der Emittent auf eine möglicherweise

73 74 75 76

Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 71; von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835, 1839. Seibt, CFL 2011, 74, 80; von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835, 1839. Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 71; für letztere Variante Seibt, CFL 2011, 74, 80. Dazu bereits unter D. II. 3. b).

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

geringe Nachfrage der Investoren nicht etwa dadurch reagieren, dass ein größerer Abschlag gewährt wird. Die Durchführung einer Kapitalerhöhung ist wegen des bei Kapitalerhöhungen oftmals bestehenden Kursbeeinflussungspotenzials im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung öffentlich bekannt zu machen.77 Soweit die Transaktion öffentlich angekündigt wurde, existiert für den Emittenten faktisch keine Möglichkeit mehr, diese ohne einen gewissen Reputationsverlust abzubrechen oder zu verschieben. Denn ein Abbruch oder Aufschub indiziert, dass seitens der Investoren keine ausreichende Nachfrage in Bezug auf die betreffende Aktie besteht. Dies kann erhebliche negative Auswirkungen auf den Aktienkurs nach sich ziehen. Die beschriebenen Risiken verdeutlichen das Bedürfnis des Emittenten und der Emissionsbanken nach einer sicheren Platzierung des Emissionsvolumens einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung. Die Transaktionssicherheit lässt sich auch bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen durch unterschiedliche Maßnahmen erhöhen. Eine verbreitete Methode ist die Abschätzung des Erwerbsinteresses der Investoren im Vorfeld der Aktienplatzierung anhand von Marktsondierungen. Eine weitere Methode ist die bereits von der Bezugsrechtsemission bekannte Einbindung von Backstop-Investoren.

III. Typischer Transaktionsablauf einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Der folgende Abschnitt widmet sich den zentralen Schritten im Transaktionsablauf einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung und bezieht dabei die typische Form der Investorenansprache im Rahmen eines Market Sounding ein. Die regelmäßig durchgeführte „breite“ Platzierung der neuen Aktien erfolgt im Wege eines beschleunigten Bookbuildings. Zuvor testen die Emissionsbanken regelmäßig im Wege eines Market Sounding die Aufnahmebereitschaft des Marktes für die Aktienemission aus, um den Erfolg der Platzierung sicherzustellen (dazu unter 1.). Die Entscheidung über die Durchführung der Transaktion wird in dem praktischen Regelfall der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durch den Vorstand getroffen, wobei der Aufsichtsrat der Beschlussfassung über die Erhöhung des Grundkapitals aus genehmigtem Kapital zuzustimmen hat (dazu unter 2.). Sowie die Kapitalerhöhung beschlossen worden ist, werden die Platzierungsaktien für die Platzierung im Bookbuilding in einem vorgelagerten Schritt von einer Emissionsbank übernommen (dazu unter 3.). Daran schließt sich meist unmittelbar die Platzierung im beschleunigten Bookbuilding an (4.). 77 Zu der grundsätzlichen Insiderrelevanz der Information über eine bevorstehende Kapitalerhöhung bereits unter A. III. 3. a) bb), zum Erfordernis einer Ad-hoc-Mitteilung über die Durchführung einer Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit der Vorabplatzierung bereits unter C. V. 5. a) aa).

III. Typischer Transaktionsablauf einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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1. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung Der Umstand, dass die Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss regelmäßig im Rahmen einer Privatplatzierung an institutionelle Investoren veräußert werden, hat eine gesteigerte Relevanz der Marktsondierung für diese Transaktionsform zur Folge. Die Sondierung ermöglicht der Emissionsbank ein Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes für die neuen Aktien (dazu unter a)). Die Durchführung eines Market Sounding ist (auch wegen der damit verbundenen Privilegierung für die Informationsweitergabe) trennscharf von der eigentlichen Platzierung abzugrenzen, die grundsätzlich nicht vor der Bekanntgabe durch eine Ad-hoc-Mitteilung des Emittenten stattfinden darf (dazu unter b)). a) Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes Dem Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes im Rahmen eines Market Sounding kommt bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss eine besondere Bedeutung zu.78 Dies erschließt sich durch einen Vergleich mit den Platzierungsmodalitäten bei großvolumigen Kapitalerhöhungen, die als Bezugsrechtsemission strukturiert sind. Während bei der Bezugsrechtsemission die Platzierung der neuen Aktien im Rahmen eines Bezugsangebots erfolgt, werden neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss meist breit bei einem Kreis institutioneller Anleger platziert. Die Erwerbsbereitschaft außenstehender Investoren lässt sich regelmäßig weniger genau abschätzen als eine Teilnahme bekannter Großaktionäre bei Bezugsrechtsemissionen. Daher können Marktsondierungen für die Abschätzung der Platzierungschancen bezugsrechtsfreier Kapitalerhöhungen in besonderem Maße aufschlussreich sein. Die emissionsbegleitenden Banken versuchen daher im Vorfeld des beschleunigten Bookbuildings regelmäßig im Rahmen eines Market Sounding zu ermitteln, welche Investoren an einer Teilnahme an der Kapitalerhöhung durch Zeichnung neuer Aktien interessiert sind. Angesichts der begrenzen Aufnahmefähigkeit des Marktes kann die Marktsondierung Aufschluss darüber geben, ob die Platzierung einer ZehnProzent-Kapitalerhöhung zu einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt erfolgsversprechend ist.79 Nach den Erwägungsgründen zur MAR kann eine Marktsondierung insbesondere dann hilfreich sein, wenn relevante Marktreferenzwerte fehlen.80 Im Hinblick auf die Festlegung des Emissionspreises besteht bei der Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsauschluss zwar in Gestalt des Aktienkurses bereits ein relevanter Marktreferenzwert. An diesem muss sich der Ausgabepreis der neuen Aktien 78 79 80

Singhof, ZBB 2017, 193, 194. Singhof, ZBB 2017, 193, 194. Erwägungsgrund Nr. 32 MAR.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

orientieren, da der Börsenkurs nicht wesentlich unterschritten werden darf.81 Dennoch kann eine Marktsondierung bei der Preisbestimmung hilfreich sein, indem sie Indikationen für die Festlegung der Preisspanne für das zu Platzierungszwecken durchgeführte beschleunigte Bookbuilding liefern kann. Auch bei Kapitalerhöhungen von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals ohne Bezugsrecht der Aktionäre wird also das Anliegen der Marktsondierung aktuell, eine Abstimmung mit wichtigen Investoren zu ermöglichen und gegebenenfalls eine feste Beteiligung dieser Investoren an der Kapitalerhöhung zu erreichen. b) Abgrenzung des Market Sounding von der Platzierung Bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen kann sich die Abgrenzung eines Market Sounding von der eigentlichen Aktienplatzierung als schwierig erweisen. Die Einhaltung der Vorgaben des Insiderrechts macht es erforderlich, dass neue Aktien grundsätzlich erst nach Bekanntgabe der Transaktion gezeichnet werden. aa) Gefahr von Insiderverstößen bei Platzierung vor Ad-hoc-Bekanntgabe der Transaktion Zu Beginn dieser Arbeit wurde bereits erläutert, dass die Marktsondierung eine privilegierte Form der Informationsweitergabe und eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Übermittlung von Insiderinformationen darstellt.82 Lediglich die Weitergabe transaktionsbezogener Informationen für die Zwecke der besseren Abschätzung der Platzierungschancen wird durch die Vorschriften zur Marktsondierung privilegiert.83 Eine Platzierung von Aktien vor der öffentlichen Bekanntgabe der Transaktion durch eine Ad-hoc-Mitteilung des Emittenten ist auf Grund des Verbots von Insidergeschäften grundsätzlich unzulässig (Art. 8 i.V.m. Art. 14 MAR). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie eine zulässige Marktsondierung von einer grundsätzlich unzulässigen Platzierung vor Veröffentlichung der ersten Ad-hoc-Mitteilung über die Transaktion abzugrenzen ist. Eine genaue Abgrenzung ist nicht zuletzt aus Gründen der rechtssicheren Handhabung von Marktsondierungsaktivitäten von grundlegender Bedeutung. bb) Trennlinie: Unverbindliche Preisindikation vs. verbindliche Erwerbsofferte Für die Zwecke der Abgrenzung von Marktsondierung und Platzierung können wiederum die Stellungnahmen der ESMA nutzbar gemacht werden. Diese hat in Bezug auf Block Trades klargestellt, dass die Regelungen des Art. 11 MAR keine 81 82 83

Dazu bereits unter D. II. 3. b). Dazu bereits ausführlich unter A. III. 5. c). Dazu bereits unter A. III. 3. a).

III. Typischer Transaktionsablauf einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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Anwendung finden, wenn ein Marktteilnehmer keine Einschätzung des Investoreninteresses einholt, sondern bereits versucht, eine Transaktion abzuschließen.84 Die Unterscheidung zwischen Marktsondierung und Platzierung ist damit wie folgt umschrieben: Soweit die Emissionsbank lediglich eine unverbindliche Investorenansprache auf vertraulicher Basis durchführt (entsprechend dem bereits vor Inkrafttreten der MAR geläufigen Wall Crossing), um Preisindikationen für das noch bevorstehende Bookbuilding-Verfahren einzuholen, handelt es sich um ein zulässiges Market Sounding. Sobald verbindliche Erwerbsangebote für die neuen Aktien eingeholt werden, wie dies im Bookbuilding üblich ist, handelt es sich nicht mehr um eine Marktsondierung. Vielmehr wird bereits die Grenze zum eigentlichen Platzierungsverfahren überschritten. Dies hat zur Konsequenz, dass die Kapitalmaßnahme vor Platzierungsstart grundsätzlich im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung des Emittenten öffentlich bekannt gegeben werden muss, da ansonsten die Gefahr von Insiderverstößen besteht.85 Lediglich die Einholung unverbindlicher Preisindikationen für die Platzierungsaktie ist bei Einhaltung der Verfahrens- und Dokumentationspflichten durch Art. 11 MAR privilegiert. Die Grenze zwischen Preisindikation und Erwerbsangebot mag im Einzelfall schwierig zu ziehen sein. Verfahrensverstöße können jedoch vermieden werden, indem die beiden Verfahren (Marktsondierung und Platzierung im Bookbuilding) zeitlich nacheinander geschaltet erfolgen und damit eindeutig voneinander separiert werden. 2. Beschlussfassung des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats Bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen sind, wie auch für die Bezugsrechtsemission, grundsätzlich zwei Wege der Beschlussfassung eröffnet: Es kann ein Direktbeschluss der Hauptversammlung erfolgen oder die Kapitalerhöhung kann durch den Vorstand im Wege der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals beschlossen werden.86 In der Praxis wird von der Möglichkeit des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses insbesondere durch die Ausnutzung genehmigter Kapitalien Gebrauch

84 ESMA 2015/1455 Rn. 70; vgl. dazu bereits unter C. IV. 2. a) aa) im Zusammenhang mit der Frage, ob bei der Einholung einer Platzierungsgarantie durch den Backstop-Investor im Vorfeld der Transaktion die Vorschriften zur Marktsondierung (Art. 11 MAR) anzuwenden sind. 85 Zur Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten bei der bezugsrechtsfreien Zehn-ProzentKapitalerhöhung allgemein und im speziellen Fall der Einbindung eines Backstop-Investors noch unter D. IV. 3. 86 Zu diesen beiden alternativen Wegen der Beschlussfassung über die Durchführung einer Bezugsrechtsemission bereits unter C. II. 2.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

gemacht.87 Dagegen kommt dem alternativen Vorgehen in Gestalt eines Direktbeschlusses der Hauptversammlung über eine ordentliche Kapitalerhöhung unter erleichtertem Bezugsrechtsausschluss in der Praxis keine große Bedeutung zu.88 Der Grund hierfür besteht insbesondere in dem mit der Durchführung einer Hauptversammlung notwendigerweise verbundenen Zeit- und Kostenaufwand, der einen wesentlichen Vorteil der bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung, ihren hohen Grad an Flexibilität, wieder zunichtemacht.89 Ein notwendiger Beschluss der Hauptversammlung macht es in der Praxis nahezu unmöglich, flexibel auf sich als günstig erweisende Marktsituationen zu reagieren und das Volumen einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung zu günstigen Konditionen zu platzieren. Obwohl § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG dies nicht ausdrücklich vorsieht, gelten bei der Ausschlussermächtigung des Vorstands die Vorgaben des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG zum erleichterten Bezugsrechtsausschluss sinngemäß.90 Sämtliche Anforderungen an die Aktienausgabe und insbesondere an die Festlegung des Ausgabebetrags sind also auch bei der Beschlussfassung durch den Vorstand zu beachten. 3. Übernahme der Platzierungsaktien durch eine Emissionsbank Im Unterschied zu Börsengängen, bei denen sich regelmäßig zahlreiche Banken zu einem Emissionskonsortium zusammenschließen und zur Bezugsrechtsemission, bei der i. d. R. ebenfalls mehrere Banken ein Konsortium bilden, werden die Aktien bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen bisweilen auch von nur einer Emissionsbank übernommen, die sich vertraglich zur Platzierung der Aktien verpflichtet.91 Für Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen haben sich unterschiedliche Strukturen des Risikotransfers bei der Aktienplatzierung etabliert. Die Ausgestaltung des Übernahmevertrags als Best-Efforts-Underwriting kommt ebenso in Betracht wie ein Backstop-Underwriting, welches das Vorbild für die bereits im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission behandelte Einbindung von BackstopInvestoren darstellt.

87

Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 161; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.88; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 39a; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 128. 88 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 II. 1; Ihrig in: Liber amicorum Happ (2006), 109, 110; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67. 89 Zu den vergleichbaren Erwägungen in Bezug auf die Beschlussfassung bei einer Bezugsrechtsemission, die mit einer Vorabplatzierung von Aktien verbunden werden soll, bereits unter C. V. 3. b). 90 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 161; Hüffer/Koch, AktG, § 203 Rn. 27. 91 von Oppen/Menhart/Holst, WM 2011, 1835.

III. Typischer Transaktionsablauf einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung

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a) Best-Efforts-Underwriting Die Struktur einer Übernahme der Platzierungsaktien, verbunden mit der Verpflichtung, diese nach besten Bemühungen beim Anlegerpublikum zu platzieren (Best-Efforts-Underwriting), ist vor allem bei Börsengängen anzutreffen.92 Das BestEfforts-Underwriting ist jedoch auch bei der Platzierung neuer Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung weit verbreitet.93 Es handelt sich um eine von der Emissiosbank übernommene Wertpapierverkaufskommission (§ 383 HGB).94 Die vergleichsweise „weiche“ Form der Übernahmeverpflichtung ist darauf zurückzuführen, dass im Gegensatz zur Bezugsrechtsemission kein Bezugsangebot an die Aktionäre erfolgt. Auf Grund der bei Bezugsrechtsemissionen tendenziell hohen Bezugsquoten ist das Übernahmerisiko der Konsortialbanken bereits durch das gesetzlich zwingend vorgesehene Bezugsangebot an die Aktionäre reduziert. Die breite Platzierung von Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung hingegen ist mit erhöhten Platzierungs- und Preisrisiken für die Emissionsbank verbunden, weshalb in diesem Fall durch ein Best-Efforts-Underwriting dem Bedürfnis der Emissionsbank nach einer Risikoreduktion eher Rechnung getragen wird als in Gestalt einer Festübernahme (Hard Underwriting), bei dem die Emissionsbank die Platzierungsaktien fest übernimmt und sie erforderlichenfalls auf eigene Rechnung weiterveräußern muss. b) Backstop-Underwriting Die Alternative zu einer Best-Efforts-Struktur besteht in der Vereinbarung eines Backstop Underwriting. Die Emissionsbank gibt in diesem Fall eine Abnahmegarantie für solche Wertpapiere ab, die sie im Rahmen einer Verkaufskommission nicht zu einem bestimmten Preis veräußern kann.95 Dem Emittenten wird von den Konsortialbanken hierbei ein Mindestpreis für die zu platzierenden Aktien garantiert (sog. Backstop-Preis).96 Dieser wird streng vertraulich behandelt, um eine Vorabbewertung der zu platzierenden Wertpapiere zu vermeiden und gegenüber den Investoren keine Zweifel am Erfolg der Transaktion aufkommen zu lassen97, da die 92

Dazu bereits unter B. II. 2. c) aa). Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.44. 94 Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.189; Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 III. 1. 95 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.42; Singhof, in: Münch.Komm. HGB, Emissionsgeschäft, Rn. 14; C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 471. 96 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.42; C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 471. 97 Schäcker/Wohlgefahrt/Johannson, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 2.42; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 II. 2. 93

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Absicherung der Platzierung der neuen Aktien durch die Emissionsbank die Gefahr birgt, auf Investorenseite als defensives Signal wahrgenommen zu werden. Die Übernahmeverpflichtung der Emissionsbank greift nur ein, soweit nach dem Platzierungsverfahren noch Wertpapiere übrig sind, für die der angestrebte Platzierungspreis nicht erzielt werden konnte.98 Werden hingegen alle Wertpapiere erfolgreich zu dem angestrebten Preis platziert, wird die Backstop-Vereinbarung meist gegenstandslos.99 Alternativ kann ein den Mindestpreis übersteigender Betrag zwischen der Gesellschaft und der Bank als Backstop-Garantin in einem zuvor festgelegten Verhältnis aufgeteilt werden.100 4. Platzierung im beschleunigten Bookbuilding und Preisfestsetzung Unmittelbar an die Beschlussfassung von Vorstand und Aufsichtsrat sowie die darauffolgende Unterzeichnung des Übernahmevertrags schließt sich der Beginn der Platzierung in einem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren an. Die Emissionsbank nimmt Zeichnungsangebote der Investoren entgegen, die in einem Orderbuch gesammelt werden. Nach Abschluss des Bookbuildings wird der endgültige Platzierungspreis für die Aktien durch einen Beschluss des Vorstands festgelegt und in einem separaten Preisfestsetzungsvertrag mit der Emissionsbank (Pricing Agreement) fixiert, wodurch das Platzierungsverfahren abgeschlossen wird.101 Das Risiko, dass neue Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung nicht erfolgreich platziert werden können, wird bisweilen durch den Abschluss von Backstop-Vereinbarungen reduziert, die Gegenstand des nachfolgenden Abschnitts sind.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Eine Einbindung von Backstop-Investoren ist in der Emissionspraxis insbesondere bei Bezugsrechtsemissionen üblich.102 Aus Gründen der Transaktionssicherheit bevorzugen Emittenten und Konsortialbanken jedoch zum Teil auch bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Vereinbarungen mit Altaktionären, wonach diese zur Übernahme eines Teils der neuen Aktien verpflichtet sind.103 Die Möglichkeiten zur Vereinbarung einer festen Aktienübernahme sind 98

C. Schäfer, ZGR 2008, 455, 471. Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 II. 2. 100 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8 II. 2. 101 Zur Platzierung der Aktien im beschleunigten Bookbuilding bereits unter D. II. 2. a). 102 Dazu bereits unter C. IV. 103 Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52. 99

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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jedoch nicht auf Investoren aus dem Aktionärskreis begrenzt. Insbesondere das Fehlen eines gesetzlichen Bezugsrechts auf die neuen Aktien erleichtert Maßnahmen, durch die auch externe Investoren eingebunden werden. In der jüngeren Vergangenheit war dementsprechend auch bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen vermehrt eine Einbindung von Backstop-Investoren in die Transaktion zu beobachten.104 Von dieser Transaktionsstruktur wird insbesondere in solchen Fällen Gebrauch gemacht, in denen der Erfolg der breit gestreuten Platzierung im Wege des normalerweise durchgeführten beschleunigten Bookbuildings aufgrund eines unsicheren Kapitalmarktumfelds nicht gesichert erscheint105, worüber ein Market Sounding Aufschluss geben kann. In einem solchen volatilen Marktumfeld kann sich eine Backstop-Garantie insbesondere als hilfreich erweisen, wenn die Unternehmensführung die Aktie für unterbewertet hält und fürchtet, den der Aktie innewohnenden „wahren Wert“ am Markt nicht erzielen zu können. Auch in Krisensituationen bietet sich eine Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung mit BackstopStruktur an, etwa um mittels der Kapitalerhöhung die Unterschreitung bilanzieller Schwellenwerte in Kreditverträgen und einen drohenden Verstoß gegen Financial Covenants zu vermeiden.106 Vor dem Hintergrund einer auch bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen wachsenden Bedeutung von Backstop-Investments beschäftigt sich die folgende Darstellung mit der Einbindung von Backstop-Investoren speziell in Bezug auf Kapitalerhöhungen mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss. Sie geht dabei zunächst auf die Ausgestaltung derjenigen Verpflichtungen ein, die ein Backstop-Investor bei der Durchführung einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung typischerweise übernimmt. Die Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors kann zu einem Erwerb des gesamten Kapitalerhöhungsvolumens führen. Daher wird in diesem Zusammenhang auch die bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss umstrittene Frage behandelt, ob die Zuteilung des (nahezu) gesamten Kapitalerhöhungsvolumens an lediglich einen Investor aktienrechtlich zulässig ist und ob in diesem Zusammenhang gegebenenfalls erhöhte Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung einer Allokationsentscheidung der Verwaltung zu stellen sind (dazu unter 1.). Im Anschluss nimmt die Darstellung Bezug auf die zur Einbindung von Backstop-Investoren bei Bezugsrechtsemissionen gefundenen Ergebnisse und trifft eine Feststellung, inwiefern diese Ergebnisse auf die Einbindung 104 Ein Beispiel ist die die bezugsrechtsfreie Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Dezember 2016 unter Beteiligung der Fosun International Limited als BackstopInvestor, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 09. 11. 2016. Ein weiteres Beispiel ist die bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung der Vapiano SE im Oktober 2018, an der sich drei Hauptaktionäre als Backstop-Investoren beteiligten, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Vapiano SE vom 23. 10. 2018. 105 Meyer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.185a. 106 Zu vergleichbaren Überlegungen in Bezug auf eine Bezugsrechtsemission, bei der durch eine Einbindung von Investoren in den Emissionsprozess ein drohender Verstoß gegen Financial Covenants in laufenden Kreditverträgen unterbunden werden soll, bereits unter C. II. 4. a) aa).

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

eines Backstop-Investors bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen übertragbar sind (dazu unter 2.). Schließlich beschäftigt sich die Darstellung mit den Publizitätspflichten des Emittenten bei der Einbindung von Backstop-Investoren und geht namentlich der Frage nach, ob die Beteiligung des Backstop-Investors eine im Regelfall ad-hoc zu veröffentliche Information darstellt (dazu unter 3.). 1. Typische Verpflichtungen des Backstop-Investors bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Die typische Verpflichtung des Backstop-Investors besteht bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss in der (gegebenenfalls vollständigen) Übernahme der Platzierungsaktien (dazu unter a)). Die Frage, ob ein solcher Erwerb des gesamten Emissionsvolumens durch nur einen Investor oder wenige Investoren unter Gesichtspunkten des Aktienrechts, insbesondere unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zulässig sein kann, wird bisweilen kontrovers diskutiert. Die Anforderungen an die Allokation neuer Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung waren jüngst Gegenstand einer Entscheidung des BGH. Der zweite Unterabschnitt geht vor diesem Hintergrund auf die erwähnten Anforderungen ein, die im Schrifttum diskutiert werden und sich auch auf die Möglichkeiten der Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens bei einem oder bei wenigen Backstop-Investoren auswirken (dazu unter b)). Die Backstop-Verpflichtung kann schließlich auch dadurch gekennzeichnet sein, dass der Backstop-Investor sich zur Investition eines fixen Betrages verpflichtet, wodurch dem Emittenten ein gewisser Mindestemissionserlös garantiert ist (dazu unter c)). a) Erwerb anderweitig nicht platzierter Aktien Bei der Bezugsrechtsemission übernimmt der Backstop-Investor die Verpflichtung, im Rahmen des Bezugsangebots nicht bezogene Aktien mindestens zum Bezugspreis zu übernehmen.107 Bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen hängt die Übernahmeverpflichtung des Backstop-Investors zwar nicht von der Durchführung eines Bezugsangebots ab, da dieses gerade entbehrlich ist. Gleichwohl ist nicht von vorneherein gewährleistet, dass sämtliche neuen Aktien zu dem vom Emittenten angepeilten Emissionspreis platziert werden können, da die Platzierbarkeit der Aktien im Bookbuilding von der konkreten Nachfrage der Investoren abhängig ist. Wenn die Nachfrage unter institutionellen Investoren gering ist oder wenn auf Grund eines bestimmten Kapitalbedarfs die Preisspanne verhältnismäßig hoch angesetzt wird, lässt sich der gewünschte Platzierungspreis für die neuen Aktien möglicherweise nicht erzielen. In diesem Fall greift die Verpflichtung des Backstop-Investors ein. Er verpflichtet sich in der zugrundeliegenden BackstopVereinbarung zum Erwerb von Aktien, die zuvor im Rahmen des beschleunigten 107

Dazu bereits unter C. IV. 3. a) aa).

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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Bookbuildings nicht oder jedenfalls nicht zu dem vom Emittenten angegebenen Mindestpreis platziert werden können. b) Zulässigkeit eines Erwerbs des gesamten Emissionsvolumens der Kapitalerhöhung durch den Backstop-Investor Bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen geht das Interesse des Emittenten bisweilen dahin, die Kapitalerhöhung ausschließlich unter Einbindung eines Hauptaktionärs bzw. weniger Hauptaktionäre durchzuführen, die sich als Backstop-Investoren an der Kapitalerhöhung beteiligen. Dies macht es erforderlich, dass das gesamte Kapitalerhöhungsvolumen lediglich von dem Backstop-Investor gezeichnet und infolgedessen an ihn zugeteilt wird. Dabei stellt sich im Ausgangspunkt die Frage, ob ein solches Vorgehen zulässig ist und ob der Emittent dabei gegebenenfalls spezielle Vorgaben des Aktienrechts, etwa den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG), zu beachten hat. Die Platzierung des gesamten Emissionsvolumens aus einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss bei einem oder wenigen Investoren erscheint insbesondere vor dem Hintergrund problematisch, dass das gesetzliche Bezugsrecht einen wesentlichen Bestandteil des Aktionärsschutzes ausmacht, indem eine mit der Kapitalerhöhung einhergehende Beteiligungs- und Stimmrechtsverwässerung sowie eine Wertverwässerung der konkreten Beteiligung verhindert werden können.108 Insbesondere die Aufrechterhaltung von Beteiligungs- und Stimmrechtsquoten kann durch die Platzierung des gesamten Kapitalerhöhungsvolumens bei lediglich einem oder wenigen Investoren konterkariert werden. Die Problematik wird zusätzlich verschärft, soweit es sich bei dem jeweiligen Investor um einen Aktionär handelt, der seine Machtposition innerhalb des Unternehmens infolge des Aktienerwerbs möglicherweise auszubauen versucht. Vor diesem Hintergrund kommt es grundsätzlich in Betracht, dass der Emittent zu einer breit gestreuten Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens verpflichtet ist (dazu unter aa)). Im Gegensatz dazu kann sich die Zuteilung an einige wenige Investoren oder sogar an nur einen Investor als zulässig erweisen, wobei gegebenenfalls erhöhte Anforderungen an die Rechtfertigung der Allokationsentscheidung des Vorstands zu stellen sind (dazu unter bb)). aa) Erfordernis einer breit gestreuten Platzierung der Aktien Bereits zur Zeit des Inkrafttretens der Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) wurde im Schrifttum diskutiert, ob die Gesellschaft bei der Durchführung einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts zu einer breit gestreuten Platzierung der neuen Aktien am Markt verpflichtet sei.109 Auch im neueren Schrifttum finden sich vereinzelt 108 109

Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 2; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 2. Diesbezüglich eine Klarstellung des Gesetzgebers fordernd Hirte, ZIP 1994, 356, 358.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Stimmen, die für eine Pflicht zur breit gestreuten Platzierung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss eintreten.110 Argumentiert wird dahingehend, die Regelung über den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss bezwecke, das Kursänderungsrisiko nach Bekanntwerden der Kapitalmaßnahme durch eine Eliminierung der Bezugsfrist zu reduzieren dadurch die Erfolgschancen der Emission zu erhöhen.111 Die Regelung solle die Unterbringung von Aktien im Streubesitz erleichtern und diene nicht dazu, einen Eintritt von Paketaktionären zu vergünstigten Konditionen zu ermöglichen.112 Es bedürfe insoweit einer teleologischen Restriktion des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG dahingehend, dass die Regelung ausschließlich eine breit gestreute Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens zulässt.113 Nach der im Schrifttum ganz herrschenden Auffassung besteht im Falle einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts jedoch keine Pflicht, die neuen Aktien breit gestreut zu platzieren.114 Dem ist zuzustimmen, da sich für eine Pflicht zur breiten Streuung der Aktien im Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte finden.115 Soweit dahin argumentiert wird, der vereinfachte Bezugsrechtausschluss dürfe nicht dazu führen, einzelnen Investoren einen vergünstigten Einstieg zu ermöglichen, so ist dies zwar grundsätzlich zutreffend. Das Risiko, dass ausgewählte Investoren die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung zu vergünstigten Konditionen erwerben können, ist durch die gesetzliche Vorgabe eines börsenkursnahen Ausgabebetrags aber ohnehin faktisch ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist bei Kapitalerhöhungen unter erleichtertem Bezugsrechtsausschluss grundsätzlich auch eine Platzierung der neuen Aktien bei einzelnen Investoren und eine entsprechende Zuteilung an diese zulässig.

110 Bayer, in: Münch.Komm. AktG, § 203 Rn. 79 und § 204 Rn. 18; Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 156. 111 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 156. 112 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 156. 113 Ekkenga, in: Köln.Komm. AktG, § 186 Rn. 156. 114 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 82; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 538; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.185a; Schiessl, AG 2009, 385, 388; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72; Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 129; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 136; Seibt, CFL 2011, 74, 82; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 144; Trapp, AG 1997, 115, 116; zurückhaltend Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.92. 115 So auch Groß, DB 1994, 2431, 2439; Ihrig, Liber amicorum Happ (2006), 109, 124; Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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bb) Zulässigkeit einer ausschließlichen Platzierung des Kapitalerhöhungsvolumens bei externen Investoren oder einzelnen Aktionären Soweit man, im Einklang mit der herrschenden Meinung, von einer Zulässigkeit der Platzierung neuer Aktien auch bei einzelnen Investoren ausgeht, so stellt sich die Folgefrage, ob an den Kreis der Investoren spezielle Anforderungen zu stellen sind. Teile des Schrifttums wollen ausschließlich externe Investoren zur Zeichnung zulassen (dazu unter (1)), während der überwiegende Teil des Schrifttums und die Rechtsprechung auch die Berücksichtigung von Aktionären für zulässig halten. Dabei besteht Einigkeit dahingehend, dass die Allokationsentscheidung der Verwaltung am aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist (dazu unter (2)). (1) Pflicht zur ausschließlichen Platzierung bei externen Investoren? In der Diskussion um die Zuteilung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass ausschließlich neue Investoren zur Zeichnung zuzulassen seien, eine Platzierung bei einzelnen Altaktionären dagegen unzulässig sei.116 Würde man diese Sichtweise für zutreffend halten, so wäre eine Beteiligung von (Haupt-)Aktionären in der Rolle eines Backstop-Investors für unzulässig zu erachten. Begründet wurde die Auffassung von vereinzelten Vertretern des Schrifttums mit Verweis auf den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG). Da die Aktionäre beim Ausschluss des Bezugsrechts gleich zu behandeln seien, verbiete sich eine Differenzierung dahingehend, dass einige Aktionäre neue Aktien zeichnen dürften, andere hingegen nicht.117 Dieser Auffassung ist zuzugeben, dass bei Kapitalerhöhungen die Zuteilung neuer Aktien außerhalb des gesetzlichen Bezugsrechts (§ 186 AktG) nach der im Schrifttum herrschenden Auffassung am aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.118 Innerhalb der Grenzen des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird vom ganz überwiegenden Teil der Literatur jedoch auch eine Platzierung neuer Aktien, die unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegeben werden, bei einzelnen Aktionären für möglich gehalten.119 Diese Auffassung wurde von 116

Ihrig, Liber amicorum Happ (2006), 109, 124 f. Ihrig, Liber amicorum Happ (2006), 109, 124. 118 S. aus dem Schrifttum Goette, ZGR 2012, 505, 517; Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 8; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 139; Servatius, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 186 Rn. 61; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rn. 44. 119 Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, AktG § 186 Rn. 82; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 538; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.185a; Schiessl, AG 2009, 385, 388; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72; Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 129; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 136; Seibt, CFL 2011, 74, 82; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 144; Trapp, AG 1997, 115, 116. 117

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

der Rechtsprechung des BGH nunmehr ausdrücklich bestätigt.120 Für die Literaturauffassung, die für eine Pflicht zur Platzierung bei ausschließlich externen Investoren eintritt, verbleibt daher kein Raum. Die Zuteilung neuer Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung steht gleichwohl nicht im freien Ermessen der Verwaltung. Vielmehr ist nach nunmehr ganz herrschender Auffassung der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. (2) Rechtfertigung der Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens an den Backstop-Investor auf Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes Die Rechtsprechung des BGH hat kürzlich bestätigt, dass das Handeln der Verwaltung bei der Platzierung bzw. Zuteilung von Aktien, die unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegeben werden, am Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist. Der zugrundeliegenden Entscheidung lassen sich gewisse Rechtfertigungsgründe für eine Zuteilung von Aktien an lediglich einen bzw. wenige Aktionäre entnehmen (dazu unter (a)). Diese Rechtfertigungsgründe sind auch zuvor bereits im Schrifttum vorgebracht worden und lassen sich auf die Einbindung von Aktionären als Backstop-Investoren übertragen (dazu unter (b)). Abschließend soll ein Lösungsvorschlag für die Praxis aufgezeigt werden, durch den die Anforderungen an die Gleichbehandlung von Investoren gewahrt werden (dazu unter (c)). (a) Das Urteil des BGH vom 10. 07. 2018 (BGH II ZR 120/16) Werden neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss an einige wenige Aktionäre oder gar nur an einen Aktionär zugeteilt, so liegt darin eine Ungleichbehandlung der übrigen, vom Bezug neuer Aktien ausgeschlossenen Aktionäre. Dies hat der BGH jüngst in einem Fall bestätigt, in dem neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss lediglich an einen mit 32,5 % der Aktien beteiligten Hauptaktionär zugeteilt worden waren, während der im Vorfeld der Kapitalerhöhung mit 42,5 % beteiligte Mehrheitsaktionär hingegen nicht die Gelegenheit erhielt, neue Aktien zu zeichnen.121 Der 2. Zivilsenat betont in diesem Zusammenhang, dass die Verwaltung ohne sachliche Berechtigung weder einzelne Aktionäre bei der Zuteilung vor anderen bevorzugen dürfe noch, wenn sie von vornherein einzelne Aktionäre berücksichtigen wolle, das Bezugsrecht ausschließen noch einen ohne eine solche Absicht vorgenommenen Bezugsrechtsausschluss dazu benutzen dürfe, um die neuen Aktien einzelnen Aktionären zuzuteilen.122 Dies gelte namentlich dann, wenn ein solches Verhalten geeignet erscheint, die Machtverhältnisse in der Gesellschaft oder den Bestand von Minderheitsrechten zu beeinflussen.123 Der Senat stellt in Bezug auf eine Ungleichbehandlung von Aktionären bei der Aktienzuteilung fest, dass diese sich, auch 120 121 122 123

BGH, NJW 2018, 2796. BGH, NJW 2018, 2796. BGH, NJW 2018, 2796, 2800. BGH, NJW 2018, 2796, 2800.

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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wenn das Bezugsrecht formal für alle Aktionäre ausgeschlossen wird, darin manifestieren kann, dass nach Übernahme der Aktien und Eintragung der Kapitalerhöhung lediglich ein Aktionär die Aktien erhält.124 Wenngleich im konkreten Fall das Verwaltungshandeln als rechtswidrig eingestuft wurde, deutet die Entscheidung zumindest an, unter welchen Voraussetzungen eine Bevorzugung einzelner Investoren sachlich gerechtfertigt sein kann, so etwa dann, wenn der Bezugsrechtsausschluss der Gewinnung eines neuen Großaktionärs diene oder ein dringender Liquiditätsbedarf bestehe.125 Allein das Interesse der Gesellschaft an der Erzielung eines möglichst hohen Ausgabepreises rechtfertige die Bevorzugung eines Aktionärs jedenfalls dann nicht, wenn bei Beschlussfassung keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nur dieser bereit ist, den angestrebten Ausgabepreis zu bezahlen, die anderen Aktionäre hingegen nicht.126 (b) Rechtfertigung der Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens an einen oder wenige Backstop-Investoren Auch die Zulassung eines oder weniger Backstop-Investoren begründet im Verhältnis zu den übrigen Aktionären eine Ungleichbehandlung. Diese kann gleichwohl durch ein Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein, das im konkreten Fall das Interesse des betroffenen Aktionärs an der Gleichbehandlung überwiegt.127 Ein solch überwiegendes Gesellschaftsinteresse, das die ausschließliche Zuteilung des Volumens einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung an nur einen Altaktionär oder an bestimmte Altaktionäre zu rechtfertigen vermag, kann beispielsweise in Sanierungssituationen bestehen.128 Lässt sich durch eine feste Zeichnungsvereinbarung mit einem Altaktionär eine erhöhte Transaktionssicherheit erzielen, kann dies ein die Nichtberücksichtigung der übrigen Aktionäre rechtfertigendes, überwiegendes Gesellschaftsinteresse darstellen.129 Auch der BGH hat in der bereits angesprochenen Entscheidung einen „dringenden Liquiditätsbedarf“ als Gesellschaftsinteresse eingestuft, das eine Differenzierung zwischen einzelnen Aktionären bei der Aktienzuteilung rechtfertigen kann. Die Platzierung neuer Aktien aus einer Zehn-ProzentKapitalerhöhung bei einem oder wenigen Investoren wird man vor diesem Hintergrund nicht nur in Fällen eines „dringenden Liquiditätsbedarfs“ für zulässig halten können, sondern allgemein dann, wenn der durch die Kapitalerhöhung angepeilte 124

BGH, NJW 2018, 2796, 2800. BGH, NJW 2018, 2796, 2801. 126 BGH, NJW 2018, 2796, 2801. 127 Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rn. 19; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 35; Götze, in: Münch.Komm. AktG, § 53a Rn. 15; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a Rn. 11. 128 Goette, ZGR 2012, 505, 517. 129 Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52; Seibt, CFL 2011, 74, 82; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 144; Scholz, in: Münch.Hdb. GesR, Bd. 4, § 57 Rn. 129; Schürnbrand, in: Münch.Komm. AktG, § 186 Rn. 139; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 42.92. 125

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Mittelzufluss durch eine „breite“ Platzierung der Aktien am Markt nicht erzielt werden kann. Eine Paketzuteilung anderweitig nicht platzierbarer Aktien an einen Backstop-Investor, die zur Steigerung der Transaktionssicherheit beiträgt, ist daher regelmäßig für zulässig zu erachten. Die Zuteilung der neuen Aktien an bestimmte Altaktionäre darf sich gleichwohl nicht als rechtsmissbräuchlich erweisen. Der BGH bestätigt dies, wenn er feststellt, eine Bevorzugung einzelner Aktionäre bei der Zuteilung dürfe namentlich dann nicht erfolgen, wenn sie dazu geeignet erscheint, „die Machtverhältnisse in der Gesellschaft oder den Bestand von Minderheitsrechten zu beeinflussen“.130 Wird die Platzierung der Aktien dazu genutzt, die Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft zu verändern, stellt sie eine unzulässige Ungleichbehandlung dar und wäre als rechtswidrig einzustufen.131 Eine rechtsmissbräuchliche Anwendung des vereinfachten Bezugsrechtausschlusses kann folglich darin bestehen, dass durch eine Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens an einen bestimmten Aktionär ein Ausoder Abbau aktienrechtlich relevanter Beteiligungsgrenzen unterstützt wird.132 Hinsichtlich der Beteiligungsgrenzen, deren Erreichen infolge der Paketzuteilung sich als besonders rechtfertigungsbedürftig erweist, wird im Schrifttum noch differenziert. So plädieren Marsch-Barner und Trapp dafür, dass der Erwerb einer Sperrminorität von 25 % des Grundkapitals regelmäßig nur schwer zu rechtfertigen ist, da die damit verbundenen Blockademöglichkeiten eine Verschiebung des Machtgefüges zur Folge haben können.133 Dieses Argument wird erst recht greifen, wenn infolge der Paketzuteilung eine Kapitalmehrheit von 50 % erworben wird.134 Umgekehrt dürfte gelten, dass nicht jede Berührung von Beteiligungsschwellen, die beispielsweise die Pflicht zur Veröffentlichung einer Stimmrechtsmitteilung nach §§ 33 WpHG ff. auslösen, mit besonderen Anforderungen an die Rechtfertigung der Allokationsentscheidung einhergeht. Insbesondere in den Fällen, in denen die Beteiligung des Backstop-Investors infolge der Zuteilung des Kapitalerhöhungsvolumens die genannten Schwellen von 25 % oder 50 % erreicht oder überschreitet, bedarf der Erwerb eines BackstopInvestors einer besonderen Rechtfertigung durch überwiegende Gesellschaftsinteressen. Diese können beispielsweise in Form des von der Rechtsprechung angesprochenen Liquiditätsengpasses oder in einem Verstoß gegen Financial Covenants bestehen, der eintritt, soweit die Kapitalerhöhung nicht erfolgreich zu einem bestimmten Preis platziert wird. Damit dürfte man die Paketzuteilung an einen Backstop-Investor insbesondere in den oben beschriebenen Sanierungssituationen 130

BGH, NJW 2018, 2796, 2800. Aubel, Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss, S. 82; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72; Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52 f.; Trapp, AG 1997, 115 f. 132 Groß, DB 1994, 2431, 2439; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 540; Martens, ZIP 1994, 669, 677; Trapp, AG 1997, 115 f.; Schlitt/Schäfer/Basnage, CFL 2013, 49, 52 f. 133 Marsch-Barner, AG 1994, 532, 540; Trapp, AG 1997, 115 f. 134 Marsch-Barner, AG 1994, 532, 540. 131

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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als gerechtfertigt einstufen können. Der Umstand, dass die neuen Aktien zu dem von der Gesellschaft benötigten Mindestausgabepreis nicht breit am Markt platziert werden können, lässt sich beispielsweise dadurch dokumentieren, dass das Erwerbsinteresse institutioneller Anleger in einem der Paketzuteilung an den Investor vorgelagerten Schritt im Zuge eines Market Sounding abgefragt wird. In diesem Rahmen kann der Emittent mit Hilfe einer Emissionsbank in Erfahrung bringen, ob der durch den Backstop-Investor zugesicherte Mittelzufluss auch am Markt erzielt werden kann. Ist dies nicht der Fall, etwa weil nicht genügend Investoren bereit sind, den vom Emittenten angepeilten Platzierungspreis zu zahlen, so kann gegen die spätere Allokationsentscheidung an den Backstop-Investor nicht vorgebracht werden, dass diese ohne Berücksichtigung der konkreten Marktsituation und des potenziellen Erwerbsinteresses im Rahmen einer breiten Platzierung der Aktien erfolgt ist. (c) Lösungsvorschlag für die Zuteilung der Aktien in der Praxis Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird die Gesellschaft am ehesten gerecht werden können, soweit die neuen Aktien den existierenden Großaktionären in einem vorgelagerten Schritt entsprechend ihrer Beteiligungsquote (pro rata) angeboten werden. Der auf den Streubesitz entfallende Teil der neuen Aktien, die unter Bezugsrechtsausschluss ausgegeben werden, kann ebenfalls pro rata unter den Großaktionären aufgeteilt werden. Die Backstop-Verpflichtung eines Investors oder Aktionärs ist dann dadurch bedingt, dass in dem vorgelagerten Angebot an die Großaktionäre nicht sämtliche Aktien zu einem bestimmten Mindestpreis platziert werden können. Etwaigen Bedenken in Bezug auf eine fehlende Gleichbehandlung im Verhältnis der Großaktionäre untereinander lässt sich auf diesem Weg begegnen. Eine sichere, weil umsichtige Vorgehensweise in der Praxis kann also darin bestehen, dass die Emissionsbank in einem ersten Schritt das Erwerbsinteresse institutioneller Anleger und folglich die Chancen einer breiten Platzierung der neuen Aktien im Market Sounding ermittelt. In einem zweiten Schritt wäre das Kapitalerhöhungsvolumen dann bestehenden Großaktionären pro rata ihrer Beteiligung anzubieten, wobei auch der auf den Free Float entfallende Anteil der neuen Aktien pro rata anzubieten ist. Soweit auch dieser Platzierungsschritt keine vollständige Platzierung bringt, kann der Backstop-Investor die übrig gebliebene Anzahl von Aktien zugeteilt bekommen und erwerben. c) Garantie eines Mindestemissionserlöses Es wurde bereits im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission dargestellt, dass Kapitalerhöhungen börsennotierter Gesellschaften zu unterschiedlichsten Zwecken durchgeführt werden können, etwa zur Tilgung von Verbindlichkeiten, zur

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Akquisitionsfinanzierung oder zur Finanzierung des internen Wachstums.135 Soweit die Gesellschaft mit der Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung einen bestimmten Emissionserlös zu erzielen beabsichtigt, kann die Erwerbsverpflichtung des BackstopInvestors auf eine zur Erreichung des angestrebten Bruttoemissionserlöses benötigte, maximale Investitionssumme beschränkt werden.136 Die Begrenzung auf einen fixen Investitionsbetrag bietet dem Backstop-Investor ein Mindestmaß an Sicherheit in Bezug auf die im Rahmen der Kapitalerhöhung aufzuwendenden Mittel, indem grundsätzlich nicht mehr finanzielle Mittel aufgewendet werden müssen als vorgesehen. Die volumenmäßige Eingrenzung der Erwerbspflicht kann auch aufgehoben werden, soweit der Investor trotz des Erreichens des Mindestemissionserlöses am Erwerb eines größeren Beteiligungspakets interessiert ist. Zu diesem Zweck kann dem Investor eine Option eingeräumt werden, die ihn zu einem Mehrerwerb von Aktien zum Platzierungspreis berechtigt, auch wenn dieser Mehrerwerb zur Erreichung des gewünschten Bruttoemissionserlöses nicht notwendig ist.137 Durch diese Mehrerwerbs-Option kann der Investor unabhängig vom Emissionserlös eine größere Beteiligung erwerben. Seitens der Gesellschaft ist eine solche Option vorteilhaft, da sich der Emissionserlös durch den Erwerb zusätzlicher Aktien über den ursprünglich angepeilten Betrag hinaus erhöht. 2. Übertragbarkeit der zur Einbindung von Backstop-Investoren bei Bezugsrechtsemissionen gefundenen Ergebnisse Im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission wurden die rechtlichen Aspekte, die es bei der Einbindung von Backstop-Investoren zu beachten gilt, in verschiedenster Hinsicht untersucht. Es wurde festgestellt, dass es sich bei der Ansprache eines potenziellen Backstop-Investors zwar nicht um eine Marktsondierung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 MAR handelt, die Ansprache unter Offenlegung der geplanten Transaktion aber gleichwohl für zulässig zu erachten ist.138 Da die Ausgangslage bei der Ansprache eines möglichen Backstop-Investors im Vorfeld einer 135

Vgl. zu diesen exemplarischen Zwecken Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 3 I. 2. 136 Ein Beispiel ist die Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Dezember 2016. Die Gesellschaft beabsichtigte, mit der Kapitalerhöhung einen Bruttoemissionserlös von mindestens 10 Mio. Euro zu erzielen, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 09. 11. 2016. Die Verpflichtung des Backstop-Investors Fosun, alle im Rahmen eines beschleunigten Bookbuildings zuvor nicht platzierten neuen Aktien zu erwerben, bestand nur insoweit, als der durch Fosun aufzubringende Gesamtkaufpreis 10 Mio. Euro nicht übersteigen würde. 137 So wurde bei der Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung der Tom Tailor Holding SE im Dezember 2016 dem Investor Fosun die Möglichkeit eingeräumt, nach eigenem Ermessen auch über den Mindestbruttoemissionserlös von 10 Mio. Euro hinaus gegebenenfalls weitere, nicht platzierte Aktien zu erwerben. 138 Dazu bereits unter C. IV. 2. a) u. b).

IV. Einbindung von Backstop-Investoren

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bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung im Wesentlichen gleich gelagert ist, lässt sich dieses Ergebnis auf die Ansprache eines Backstop-Investors vor der Durchführung einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss entsprechend übertragen. Darüber hinaus wurde die aktienrechtliche Zulässigkeit einzelner Maßnahmen vor dem Hintergrund der Kapitalerhaltungsvorschriften des AktG untersucht. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass sowohl die Zahlung einer Provision an den Backstop-Investor als synallagmatische Gegenleistung zur Übernahmeverpflichtung, als auch die Zahlung einer Break-up-fee für den Fall des Nichtzustandekommens der Transaktion oder des Nichterreichens einer in der Backstop-Vereinbarung festgelegten Mindestbeteiligung aktienrechtlich zulässig sind und hierin kein Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften (§§ 57 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 3 und 4, 71a Abs. 1 Satz 1 AktG) liegt. Auch diese Ergebnisse zur aktienrechtlichen Zulässigkeit lassen sich auf die Einbindung eines BackstopInvestors bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss entsprechend übertragen, so dass die genannten Maßnahmen auch in diesem Falle für zulässig zu erachten sind. 3. Publizitätspflichten des Emittenten Auf Grund des regelmäßig ausschließlich stattfindenden Angebots der neuen Aktien aus einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung an qualifizierte Anleger können die Aktien prospektfrei zum Handel zugelassen werden. Der Emittent hat bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss jedoch (wie auch bei der Bezugsrechtsemission) die Ad-hoc-Publizitätspflicht (Art. 17 MAR) zu beachten. Soweit ein Backstop-Investor in die Transaktion eingebunden wird, kann sich dessen Beteiligung an der Kapitalerhöhung frühzeitig als kursrelevante Information erweisen, die grundsätzlich ad-hoc zu veröffentlichen wäre. a) Backstop-Vereinbarung als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR) Der bei Durchführung einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung in der Praxis maßgebliche Vorstandsbeschluss über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals stellt regelmäßig eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar.139 Bei Beteiligung eines Backstop-Investors stellt sich die Frage, ob bereits zu einem früheren Zeitpunkt (dem Abschluss der Backstop-Vereinbarung) vom Vorliegen einer Insiderinformation auszugehen ist. Das Vorliegen einer Insiderinformation setzt voraus, dass dem Abschluss einer Backstop-Vereinbarung im Vorfeld der Durchführung einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial zukommt, wovon grundsätzlich auszugehen ist, wenn ein verständiger Anleger diese Information als 139 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 74; Seibt, CFL 2011, 74, 84; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203 Rn. 95.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde (Art. 7 Abs. 4 MAR). Die zur Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten bei der Bezugsrechtsemission unter Beteiligung eines Backstop-Investors gefundenen Ergebnisse lassen sich auf die Beurteilung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials der Beteiligung eines Backstop-Investors an einer Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung sinngemäß übertragen. Bei Bezugsrechtsemissionen waren infolge der Mitteilung, dass ein Backstop-Investor sich an der Kapitalerhöhung beteilige, zum Teil hohe Bezugsquoten der Aktionäre zu verzeichnen.140 Diese Ergebnisse sind ein Indiz dafür, dass die Beteiligung eines Backstop-Investors zumindest bei Bezugsrechtsemissionen von den Anlegern als vertrauensbildende Maßnahme aufgenommen wird, wodurch das Investitionsverhalten der Anleger möglicherweise beeinflusst werden kann. Wenngleich zur Durchführung von Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen unter Einbindung von Backstop-Investoren keine vergleichbaren statistischen Werte zur Verfügung stehen, ist davon auszugehen, dass auch bei kleinvolumigen Kapitalerhöhungen das Vertrauen der Anleger durch die Absicherung der Kapitalerhöhung in Gestalt einer Backstop-Vereinbarung regelmäßig gestärkt werden wird. Aus diesem Grund liegt spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der Backstop-Vereinbarung, die in der Regel kurz vor der Platzierung und zeitgleich mit dem Übernahmevertrag unterzeichnet wird, eine Insiderinformation vor. b) Möglichkeit der Selbstbefreiung (Art. 17 Abs. 4 MAR) In Bezug auf die Möglichkeit der Selbstbefreiung bis zu einem etwaigen Aufsichtsratsbeschluss, der die Beteiligung des Backstop-Investors betrifft, gelten die gleichen Erwägungen wie zur Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten bei Durchführung einer Bezugsrechtsemission unter Beteiligung eines BackstopInvestors. Es wurde bereits im Zusammenhang mit der Backstop-Verpflichtung im Rahmen der Bezugsrechtsemission festgestellt, dass auf Grund der von der ESMA anerkannten berechtigten Interessen regelmäßig ein Aufschub der Ad-hoc-Veröffentlichung in Betracht kommt, wenn der Emittent laufende Verhandlungen führt, deren Ausgang durch die unverzügliche öffentliche Bekanntgabe wahrscheinlich gefährdet wäre.141 Diesbezüglich wurde auch festgestellt, dass eine vorzeitige Bekanntgabe der Backstop-Vereinbarung auch die Kapitalerhöhungspläne vorzeitig offenlegen würde, was dem Interesse des Emittenten widerspricht. In Bezug auf die Aushandlung der Backstop-Verpflichtung bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen dürften dieselben Erwägungen es rechtfertigen, dass der Emittent bis zum Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses der Vereinbarung (kurz vor der Platzierung und der Bekanntgabe der Transaktion) eine Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht beschließt. 140

Zu der Bezugsrechtsemission der Infineon Technologies AG im Jahr 2009 und der seinerzeit hohen Bezugsquote nach Bekanntgabe der Backstop-Vereinbarung mit dem Investor Admiral Participations S.à r.l. bereits unter C. IV. 4. a) aa) (2). 141 ESMA 2016/1478 vom 20. 10. 2016, Rn. 8a.

V. Fazit

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c) Ergebnis zur Ad-hoc-Publizität Die Ad-hoc-Veröffentlichung des Abschlusses einer Backstop-Vereinbarung zeitgleich mit der Bekanntgabe der geplanten Kapitalerhöhung entspricht dem in der Emissionspraxis zu beobachtenden Vorgehen der Emittenten.142 Bis zum Zeitpunkt der Ad-hoc-Bekanntgabe der Transaktion existieren berechtigte Interessen des Emittenten, die eine Selbstbefreiung rechtfertigen. Im Ergebnis ist der Abschluss einer Backstop-Vereinbarung damit grundsätzlich am Tag der Bekanntgabe der Transaktion, zeitgleich mit der Veröffentlichung der Transaktionspläne, ad-hoc zu veröffentlichen. 4. Stimmrechtsmitteilungen des Backstop-Investors und Veröffentlichung durch den Emittenten Die Beteiligung eines Backstop-Investors an der Aktienemission aus einer ZehnProzent-Kapitalerhöhung kann, ebenso wie die Beteiligung bei der Bezugsrechtsemission, das Erreichen bzw. Überschreiten der kapitalmarktrechtlich relevanten Beteiligungsschwellen zur Folge haben. Der Investor ist dann zur Mitteilung an den Emittenten und die BaFin verpflichtet (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Der Emittent muss den Beteiligungserwerb des Investors in der vorgesehenen Art und Weise veröffentlichen und dem Unternehmensregister zur Speicherung übermitteln (§ 40 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Bezüglich der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission in Kapitel C. verwiesen.143

V. Fazit Die bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen übliche Durchführung von Marktsondierungen unmittelbar vor dem Platzierungsverfahren verschafft der Emissionsbank und dem Emittenten Gewissheit über die Platzierbarkeit des Emissionsvolumens zu dem jeweils geplanten Ausführungszeitpunkt (Launch) und gibt zugleich Aufschluss darüber, ob der anvisierte Emissionspreis zu diesem konkreten Zeitpunkt erzielbar ist. Die Emissionsbank kann sich im Falle einer „harten“ Übernahmeverpflichtung (z. B. beim Backstop-Underwriting) auf diese Art und Weise gegen Platzierungsri142

Vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Tom Tailor Holding SE vom 09. 11. 2016, in der die Gesellschaft die geplante Durchführung einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage von bis zu Zehn-Prozent des Grundkapitals bekanntgab, wobei das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden sollte. Zugleich gab die Gesellschaft bekannt, dass zur Durchführung der Barkapitalerhöhung mit Fosun International Ltd. („Fosun“) eine Backstop-Vereinbarung abgeschlossen worden war, wonach Fosun berechtigt war, sich an der Barkapitalerhöhung im Umfang ihrer seinerzeitigen Beteiligung am Grundkapital der Gesellschaft von ca. 29,47 % zu beteiligen. 143 S. dazu bereits unter C. IV. 5.

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D. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

siken absichern. Der Emittent kann das Risiko eines ansonsten möglicherweise erforderlich werdenden Abbruchs- bzw. Aufschubs der Transaktion nach der öffentlichen Ankündigung signifikant reduzieren. Die Einbindung eines Backstop-Investors sichert die Platzierung des Emissionsvolumens zu einem Mindestpreis ab. Werden Marktsondierung und BackstopInvestment kombiniert, bewirkt dies eine noch größere Transaktionssicherheit.

E. Einbindung von Investoren bei Block Trades Auch bei der Umplatzierung bereits börsennotierter Aktien im Wege sog. Block Trades kommt es regelmäßig bereits im Vorfeld der eigentlichen Aktienplatzierung zur Kontaktaufnahme mit der Erwerberseite. Die Platzierungsusancen bei Block Trades sind ähnlich ausgestaltet wie bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts (dazu bereits in Kapitel D.). Im Folgenden sollen zunächst die Grundzüge eines Block Trades dargestellt werden (dazu unter I.). Anschließend geht die Darstellung auf die typischen Strukturen der Übernahme der Platzierungsaktien durch die Emissionsbank ein (dazu unter II.). Der folgende Abschnitt untersucht schließlich die Besonderheiten bei der Ansprache potenzieller Erwerber und der nachfolgenden Platzierung der Aktien (dazu unter III.).

I. Grundzüge des Block Trades Unter einem Block Trade versteht man die Veräußerung größerer Aktienpakete an einer börsennotierten Gesellschaft durch Altaktionäre im Wege einer Privatplatzierung bei institutionellen Investoren, wobei die Veräußerung meist durch eine oder mehrere begleitende Konsortialbanken strukturiert und abgewickelt wird.1 Wie auch bei der Platzierung von Aktien aus einer bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhung kommt in diesem Fall ein beschleunigtes Bookbuilding zur Anwendung, das eine Veräußerung der Aktien innerhalb weniger Stunden ermöglicht.2 Das Aktienpaket weist dabei regelmäßig eine Größe von ca. zwei bis zehn Prozent des Grundkapitals der betreffenden Gesellschaft auf.3 Das Gegenstück zum Block Trade bildet die öffentliche Umplatzierung von Aktien, unter der man den Verkauf eines Pakets börsennotierter Aktien durch Altaktionäre im Rahmen eines öffentlichen Angebots4 an eine Vielzahl von Privatanlegern und institutionellen Anlegern unter Einschaltung einer oder mehrerer Emissionsbanken versteht.5 Block Trades unterscheiden sich von 1

Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346; Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.2. 2 Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.2; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 I. 2. 3 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346; Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.2, Fn. 2; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 I. 2. 4 Vgl. zum Begriff des öffentlichen Angebots von Aktien bereits unter B. II. 2. a) bb). 5 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 I. 1.

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E. Einbindung von Investoren bei Block Trades

der öffentlichen Umplatzierung insbesondere durch die lediglich bei öffentlich angebotenen Aktien bestehende Prospektpflicht (Art. 3 Abs. 1 ProspektVO)6 sowie durch die Vermarktung, welche im Falle der öffentlichen Umplatzierung wesentlich umfangreicher gestaltet wird, um im Rahmen der Platzierung ein breites Anlegerpublikum ansprechen zu können.7 Auf Grund der bei Block Trades wegen des ausschließlichen Angebots an institutionelle Investoren entfallenden Prospektpflicht8 und der schlankeren Vermarktung der Transaktion, die sich regelmäßig auf ein Market Sounding im Vorfeld der Platzierung beschränkt, wird die Aktienplatzierung im Rahmen eines Block Trades regelmäßig innerhalb weniger Stunden, maximal jedoch innerhalb weniger Tage abgeschlossen.9 Dadurch eröffnet der Block Trade eine erheblich schnellere und kostengünstigere Alternative zur Veräußerung eines größeren Aktienpakets an einer börsennotierten Gesellschaft.10 Insbesondere in Zeiten erhöhter Marktvolatilität ist die schnelle Umsetzbarkeit einer Aktienumplatzierung von besonderer Bedeutung, weshalb der Block Trade sich gerade in diesem Fall als Veräußerungsmethode eignet.11 Der maßgebliche Grund für die Aktienveräußerung im Rahmen eines Block Trades besteht auch in der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Märkte. Eine Veräußerung von Aktienpaketen in einem derartigen Umfang von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals oder mehr ist über die Börse nicht darstellbar, da wegen der begrenzten Liquidität in der Aktie ein Angebotsüberhang entstehen würde.12 Für die Zwecke der Paketveräußerung bieten sich folglich nur die öffentliche Umplatzierung oder der Block Trade an, wobei die bereits erwähnten Vorteile der schnellen Platzierbarkeit sowie der schlanken Vertragsdokumentation meist den Ausschlag für einen Block Trade geben.

6

Vgl. zur grundsätzlichen Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten von Aktien bereits unter B. II. 2. a) bb). 7 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 I. 1; daher wird für öffentliche Umplatzierungen auch der Begriff „Marketed Offering“ verwandt, vgl. Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.3. 8 Zu der Ausnahme von der Prospektpflicht beim Angebot von Aktien an qualifizierte Anleger bereits unter B. V. 5. a) aa). 9 Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.2. 10 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346; 347; Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.7; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 1. 11 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346. 12 Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.6.

II. Übernahme der Platzierungsaktien durch eine Emissionsbank

271

II. Übernahme der Platzierungsaktien durch eine Emissionsbank Wie bereits erwähnt findet auch bei Block Trades keine unmittelbare Platzierung von Aktien durch Aktionäre bei einem bestimmten Erwerber statt. Zwar erfolgt die Lieferung der Aktien in der Praxis direkt an den Erwerber. Für die Zwecke der Platzierung bei Investoren werden die Aktien jedoch zunächst von einer Emissionsbank übernommen.13 Der zugrundeliegende Aktienübernahmevertrag wird bei Block Trades auch als Platzierungsvertrag bzw. Placement Agreement bezeichnet.14 Die Strukturen des Risikotransfers zwischen dem veräußernden Altaktionär, der grundsätzlich das wirtschaftliche Platzierungs- und Preisrisiko trägt, und der Emissionsbank können dabei unterschiedlich ausgestaltet werden. Die Gestaltungsvarianten weisen in diesem Zusammenhang starke Überschneidungen mit Übernahmeverträgen bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss auf: Üblich ist zum einen die Vereinbarung des insbesondere in Übernahmeverträgen bei Börsengängen und bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen geläufigen Best-Efforts-Underwriting.15 Das Best-Efforts-Underwriting zeichnet sich bei Block Trades durch die Verpflichtung der Emissionsbank aus, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl von Aktien der Zielgesellschaft im Wege eines beschleunigten Bookbuildings zu einem noch festzusetzenden Preis an Investoren zu veräußern.16 Auch das bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen ebenfalls übliche Backstop Underwriting unter Garantie eines Mindestpreises ist eine bei Block Trades häufig gewählte Form der Risikoübernahme, da die verkaufenden Aktionäre daran interessiert sind, dass der anvisierte Mindestplatzierungspreis für die zu veräußernden Aktien erzielt werden kann.17 Der Mindestpreis wird dabei stets unter dem Börsenkurs vor Ankündigung des Verkaufs festgesetzt.18 Soweit der betreffende Preis im Bookbuilding durch die Nachfrage institutioneller Investoren nicht realisiert werden kann, erwirbt die Bank die Platzierungsaktien erforderlichenfalls selbst.19 Die Verpflichtung der Emissionsbank zum Erwerb der Platzierungsaktien wird teilweise 13

Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 347. Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.9 Fn. 18. 15 Vgl. zum Best-Efforts-Underwriting beim Börsengang bereits unter B. II. 2. c) aa) und bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen bereits unter D. III. 3. a). 16 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. a); Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.189; Wolf, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.13. 17 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 348; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. b). 18 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 348; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. b). 19 Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.14; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. b). 14

272

E. Einbindung von Investoren bei Block Trades

unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass im Zuge des Bookbuildings der Mindestpreis für wenigstens eine bestimmte Aktienanzahl erreicht wird.20 Eine noch strengere Form der Übernahme von Platzierungsrisiken durch die Emissionsbank ist der sog. Bought Deal. Die Platzierungsaktien werden dabei im Vorfeld der Platzierung direkt von der Emissionsbank erworben, wodurch das Platzierungs- und Preisrisiko vollständig auf diese übergeht.21 Es handelt sich dann um hintereinandergeschaltete Kaufverträge (Altaktionär-Emissionsbank; Emissionsbank-Investor), so dass der veräußernde Aktionär im Ergebnis vollständig aus dem Platzierungsverfahren ausscheidet.22 Die Emissionsbank kann bei der Weiterveräußerung der Aktien Gewinne oder Verluste erzielen, die wegen des vollständigen Risikotransfers jedenfalls nicht mehr den veräußernden Aktionär treffen.23

III. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung Die vorstehend beschriebenen Strukturen des Risikotransfers zwischen veräußernden Aktionären und Emissionsbanken machen es erforderlich, dass sich die Emissionsbank im Vorfeld der Platzierung Gewissheit über die Aufnahmebereitschaft potenzieller Investoren auf der Erwerberseite verschafft. Dies gilt in besonderem Maße für die Übernahmestrukturen des Backstop Underwriting und des Bought Deal, da in diesen Fällen das Risiko einer vollständigen Platzierung des Emissionsvolumens bei der Emissionsbank liegt. Um Gewissheit über die Platzierungschancen zu erlangen, wird oftmals unmittelbar vor der eigentlichen Aktienplatzierung im Bookbuilding eine gezielte Ansprache potenzieller Investoren durchgeführt. Die Anzahl der angesprochenen Investoren ist in diesem Zusammenhang vom Emissionsvolumen abhängig. Dabei stellt sich die Frage, ob diese vorgelagerte Kommunikation im Falle von Block Trades insiderrechtlich für zulässig zu erachten ist, da der auf der Verkäuferseite geplante Block Trade eine Insiderinformation darstellen kann, an deren Weitergabe der Veräußerer sowie die Emissionsbank grundsätzlich gehindert sind. Soweit die Investorenansprache im Vorfeld des Block Trades als Market Sounding 20

Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.14. 21 Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. c); Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 8.187; Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 348; Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.15. 22 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 348; Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.15; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III. 2. c). 23 Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.15.

III. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung

273

i.S.v. Art. 11 Abs. 1 MAR einzustufen ist, kann die Informationsweitergabe gleichwohl nach Art. 11 Abs. 4 MAR insiderrechtlich privilegiert sein (dazu unter 1.). In diesem Zusammenhang ist (wie auch im Falle der Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung) fraglich, wie eine Marktsondierung von der eigentlichen Platzierung von Aktien im Zuge eines Block Trades abzugrenzen ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der veräußernde Aktionär (und die in seinem Auftrag handelnde Emissionsbank) dazu befugt ist, bestimmte, potenziell kursbeeinflussende Informationen aus der Sphäre der Zielgesellschaft an den Erwerber weiterzugeben, um ein Informationsgleichgewicht zwischen Veräußerer und Erwerber herzustellen (dazu unter 2.). 1. Insiderrechtliche Zulässigkeit der Offenlegung des geplanten Block Trades gegenüber potenziellen Erwerbern Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Offenlegung des geplanten Block Trades gegenüber erwerbsbereiten Investoren vor dem Hintergrund des grundsätzlichen Verbots der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 10, 14 lit. c) MAR) insiderrechtlich zulässig ist. Bei dem geplanten Block Trade kann es sich um eine Insiderinformation handeln. a) Block Trade als Insiderinformation (Art. 7 Abs. 1 MAR) Ein geplanter Block Trade kann als Insiderinformation einzustufen sein. Dies würde voraussetzen, dass die Information über den Block Trade im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet wäre, den Kurs der Aktie oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen (Art. 7 Abs. 1 lit. a) MAR). Die Beurteilung, ob ein bevorstehender Block Trade geeignet ist, sich erheblich auf den Aktienkurs des betroffenen Emittenten auszuwirken, muss in jedem Fall unter Berücksichtigung der Marktenge und Volatilität der betreffenden Aktie sowie der zeitliche Nähe der Bekanntmachung der Insiderinformation aus Exante-Perspektive erfolgen.24 Ob ein Kursbeeinflussungspotenzial besteht, wird maßgeblich von der Größe des Aktienpakets und dessen Anteil am Grundkapital abhängen. Entscheidend kommt es darauf an, ob auf Grund der Größe des zum Verkauf stehenden Beteiligungspakets im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens der Transaktion von einem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial auszugehen wäre. Dabei gilt grundsätzlich, dass Transaktionen im Sekundärmarkt die Anlageentscheidungen anderer Investoren regelmäßig nur dann beeinflussen und somit ein Potenzial zur erheblichen Kursbeeinflussung aufweisen, wenn sich die Aktionärsstruktur dadurch soweit verändert, dass mit einer Einflussnahme der neuen Aktionäre auf die Geschäftspolitik des Emittenten zu rechnen ist.25 Ob ein bevorstehender 24 25

Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 353 f. Parmentier, NZG 2007, 407, 409.

274

E. Einbindung von Investoren bei Block Trades

Wechsel in der Aktionärsstruktur als Folge eines Block Trades das für die Einordnung als Insiderinformation erforderliche Kursbeeinflussungspotenzial aufweist, kann letztlich nur im Einzelfall beurteilt werden. Das Vorliegen einer Insiderinformation in Gestalt der Information über den geplanten Block Trade ist jedenfalls ohne Weiteres möglich, sodass grundsätzlich auch insiderrechtliche Restriktionen bei der Ansprache potenzieller Erwerber bestehen können. b) Privilegierung der Informationsweitergabe im Rahmen von Market Soundings (Art. 11 Abs. 1 lit. d) MAR) Soweit die Information über den geplanten Block Trade als potenzielle Insiderinformation einzustufen ist und damit grundsätzlich dem Verbot unrechtmäßiger Offenlegung unterliegt, kann eine Weitergabe der Verkaufspläne an potenzielle Erwerber durch die Safe-Harbour-Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR privilegiert sein. Dies wäre der Fall, soweit die Investorenansprache im Vorfeld eines Block Trades unter den Tatbestand der Marktsondierung gemäß Art. 11 Abs. 1 MAR subsumierbar ist. Die Erwägungsgründe zur MAR führen die Situation, in der die Verkäuferseite anstrebt, eine große Menge an Wertpapieren im Auftrag eines Anlegers zu veräußern und das potenzielle Interesse anderer möglicher Anleger an diesen Wertpapieren abschätzen will, ausdrücklich als Beispiel für eine Marktsondierungssituation an.26 Für die Sekundärplatzierung von Aktien enthält die MAR allerdings eine Klarstellung dahingehend, dass die Vorschriften zur Marktsondierung nur unter bestimmten Voraussetzungen einschlägig sind. Erforderlich ist, dass es sich um einen Zweitanbieter von Finanzinstrumenten handelt, der das betreffende Instrument in einer Menge anbietet, auf Grund derer sich das Geschäft vom üblichen Handel unterscheidet, wobei es außerdem auf einer Verkaufsmethode beruht, die auf einer Vorabbewertung des potenziellen Interesses möglicher Anleger beruht (Art. 11 Abs. 1 lit. d) MAR). Die ESMA bezieht sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf den Fall des Block Trades, der sich nach den Ausführungen der ESMA vom üblichen Handel unterscheidet, wenn das Geschäft im Vergleich zum durchschnittlichen Handelsvolumen oder zur durchschnittlichen Marktkapitalisierung des betreffenden Finanzinstruments so erheblich ist, dass seine Ausführung während eines durchschnittlichen Handelstages beeinträchtigt wäre oder wenn die Bekanntgabe des Geschäfts wahrscheinlich einen erheblichen Einfluss auf den Kurs des Finanzinstruments haben würde.27 Im neueren Schrifttum finden sich Stimmen dahingehend, dass ein Angebot in dieser Größenordnung regelmäßig ab einem Wert von 0,5 % des

26

Erwägungsgrund Nr. 33 MAR. ESMA/2015/1455, Rn. 69; Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHdb., § 107 Rn. 112. 27

III. Durchführung eines Market Sounding vor der Platzierung

275

emittierten Kapitals erreicht wird.28 Daraus folgt, dass der für die Anwendung der Marktsondierungsvorschriften maßgebliche Umfang bei Block Trades in der eingangs erwähnten Größenordnung von bis zu zehn Prozent des emittierten Kapitals29 im Regelfall erreicht wird. Hinzu kommt, dass die Aktien regelmäßig im beschleunigten Bookbuilding platziert werden und die Preisermittlung damit auch auf einer „Vorabbewertung des potenziellen Interesses möglicher Anleger“ beruht.30 Die Analyse der besonderen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Marktsondierungsvorschriften zeigt, dass die Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. d) MAR eben jenen Bedarf nach einer privilegierten Informationsweitergabe abdeckt, der für Blockveräußerungen benötigt wird. Die Vorschrift greift nur dann ein, wenn die Information über den Trade ein potenziell erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial und folglich insiderrechtliche Relevanz aufweist. Werden im Vorfeld eines Block Trades in der entsprechenden Größenordnung von 0,5 % des emittierten Grundkapitals oder mehr ausgewählte Investoren von der Emissionsbank auf ihr Erwerbsinteresse angesprochen, handelt es sich dabei um ein Market Sounding im Sinne der MAR, so dass die Emissionsbank bei der Investorenansprache zwar an die umfangreichen Verfahrens- und Dokumentationspflichten des Art. 11 MAR gebunden ist. Die Weitergabe der Information über den geplanten Block Trade ist in diesem Fall gleichwohl insiderrechtlich zulässig (Art. 11 Abs. 4 MAR). c) Abgrenzung des Market Sounding von der Platzierung Es wurde bereits im Zusammenhang mit dem Market Sounding im Vorfeld einer bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung dargestellt, dass die ESMA sich zur Situation im Vorfeld eines Block Trades im Hinblick auf das von der mit der Platzierung der Aktien betrauten Emissionsbank initiierte Market Sounding eindeutig positioniert hat. Die Regelungen des Art. 11 MAR sollen nach Auffassung der ESMA keine Anwendung finden, wenn ein Marktteilnehmer keine bloße Einschätzung des Investoreninteresses mehr einholt, sondern bereits versucht, eine Transaktion abzuschließen.31 Damit ist für Block Trades klargestellt, dass lediglich die Marktpraxis des Wall Crossing, d. h. die unverbindliche Ansprache von potenziellen Erwerbern unter Offenlegung der geplanten Transaktion im Vorfeld des eigentlichen Platzierungsverfahrens, von Art. 11 MAR privilegiert ist.

28

Zetzsche, AG 2016, 610, 612; Singhof, ZBB 2017, 193, 196. Vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346 und Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.2, Fn. 2; dazu einleitend unter A. I. 30 Zur Platzierung im beschleunigten Bookbuilding bereits einleitend unter A. I. 31 ESMA 2015/1455 Rn. 70; dazu bereits unter C. IV. 2. a) aa) im Zusammenhang mit der Frage, ob bei der Einholung einer Platzierungsgarantie durch den Backstop-Investor im Vorfeld der Transaktion die Vorschriften zur Marktsondierung anzuwenden sind. 29

276

E. Einbindung von Investoren bei Block Trades

2. Zulässigkeit der Weitergabe sonstiger (Insider-)Informationen aus der Sphäre der Zielgesellschaft an den potenziellen Erwerber Bei der Vorbereitung eines Block Trades unter Einbindung potenzieller Erwerber im Vorfeld der Aktienplatzierung stellt sich – wie auch im Falle der Aktienemission im Rahmen von Börsengang und Kapitalerhöhung – die grundsätzliche Frage, ob potenziell kursbeeinflussende Insiderinformationen bzw. vertrauliche Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft an den potenziellen Erwerber des Aktienpaketes weitergegeben werden dürfen. Den Maßstab für die Informationsweitergabe bildet wiederum einerseits das Insiderrecht in Form des Verbots der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1, dazu unter a). Andererseits ist bei der Beurteilung der Frage, ob der Vorstand der Zielgesellschaft den Block Trade durch die Weitergabe vertraulicher Informationen an mögliche Erwerber unterstützen darf, die Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) als Gradmesser anzulegen (dazu unter b). a) Insiderrechtliche Zulässigkeit der Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber dem potenziellen Erwerber Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen einer für die Zwecke des Paketerwerbs durchgeführten Due-DiligencePrüfung wurde bereits festgestellt, dass die Weitergabe derartiger Informationen an einen Backstop-Investor nicht gegen das Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung (Art. 10 Abs. 1, Uabs. 1 MAR) verstößt, da der Anteilserwerb des BackstopInvestors dadurch erst auf fundierter Grundlage ermöglicht und der Investor auf diesem Wege in die Lage versetzt wird, eine Kapitalerhöhung durch die Eingehung einer Erwerbsverpflichtung unter gleichzeitiger Begrenzung der eigenen Erwerbsrisiken abzusichern. Diese Erwägungen lassen sich auf die fragliche Weitergabe von Insiderinformationen aus der Sphäre der Zielgesellschaft an den Erwerbsinteressenten eines Block Trades grundsätzlich nicht übertragen. In Bezug auf die typische Interessenlage der Erwerberseite bei Block Trades ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Aktienerwerb im Zuge des Trades regelmäßig um eine reine Finanzbeteiligung handelt und weniger um eine (wie im Falle der Backstop-Garantie übliche) strategische Beteiligung.32 Die für die Gesellschaft messbaren Vorteile, wie sie im Falle eines Backstop-Investments in Gestalt einer in Aussicht gestellten oder möglicherweise bereits fest zugesagten Teilnahme an weiteren Kapitalmaßnahmen durch Zeichnung neuer Aktien regelmäßig gegeben sind, werden im Falle eines Block Trades nicht ohne Weiteres auch vorliegen. Vor diesem Hintergrund sprechen die

32

Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 355.

IV. Fazit

277

besseren Gründe dafür, die Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber der Erwerberseite eines Block Trades als im Regelfall unzulässig anzusehen.33 b) Zulässigkeit der Informationsübermittlung vor dem Hintergrund der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) Bei der Beurteilung, ob der Vorstand der Zielgesellschaft vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) gegebenenfalls befugt ist, den Block Trade durch die Weitergabe vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft zu fördern, gilt wiederum der Maßstab, dass dies nur der Fall sein kann, soweit dem Gesellschaftsinteresse mit einer Offenbarung einzelner Geheimnisse gegenüber dem Erwerber des Aktienpakets besser gedient ist als mit deren Geheimhaltung.34 Zwar obliegt es grundsätzlich dem Vorstand der Zielgesellschaft, im Einzelfall zu prüfen, ob die durch den Block Trade gegebenenfalls erzielbaren Vorteile durch die Änderungen der Aktionärsstruktur für die Gesellschaft so erheblich sind, dass sie eine Weitergabe vertraulicher Informationen an den potenziellen Erwerber rechtfertigen würden. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass im Falle des bei Block Trades üblichen Erwerbs einer bloßen Finanzbeteiligung regelmäßig kein überwiegendes Gesellschaftsinteresse vorhanden sein wird, das eine Weitergabe vertraulicher Informationen an die Erwerberseite zu rechtfertigen vermag.35

IV. Fazit Die Einbindung von Investoren im Vorfeld eines Block Trades weist deutliche Überschneidungen mit den Emissionsstrukturen bei der Platzierung von Aktien aus Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen auf, da auch bei Block Trades regelmäßig vor der Platzierung im beschleunigten Bookbuilding die Aufnahmefähigkeit des Marktes für die Aktienplatzierung durch ein vorgeschaltetes Market Sounding ausgetestet wird. Zu einer darüberhinausgehenden Investoreneinbindung in den Emissionsprozess kommt es regelmäßig nicht. Die Platzierungsrisiken werden nicht von Investoren, sondern allenfalls von der Emissionsbank übernommen, indem Übernahmeformen wie das Backstop Underwriting oder der Bought Deal gewählt werden. 33

So auch Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 355; a.A. Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.48. 34 Vgl. BGHZ 64, 325, 331; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 169; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Fleischer/Bedkowski, DB 2009, 2195, 2197; Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn. 31; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 27; Spindler, in: Münch.Komm. AktG, § 93 Rn. 133; vgl. dazu bereits unter B. III. 3. b) im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an Investoren im IPO-Pilot-Fishing sowie unter B. IV. 2. c) bb) (2) im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an einen Cornerstone-Investor. 35 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 355; a.A. Wolf, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 7.48.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform Abschließend sollen die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit in Thesenform zusammengefasst werden:

I. Marktsondierung 1. Mit der Regelung der Marktsondierung in Art. 11 MAR hat der europäische Gesetzgeber die bereits vor Inkrafttreten der MAR anerkannte Marktpraxis der Ansprache von Investoren im Vorfeld einer Aktienemission, das Wall Crossing, einer ausdrücklichen Regelung zugeführt. Die nun durch die Vorgaben des Art. 11 MAR statuierten Pflichten zur vorherigen Einholung der Zustimmung des Sondierungsempfängers sowie zu dessen Aufklärung in Bezug auf das Verbot von Insidergeschäften entsprechen dem bereits vor Inkrafttreten der MAR von Emissionsbanken praktizierten Vorgehen bei der Ermittlung des Erwerbsinteresses potenzieller Investoren vor der eigentlichen Aktienplatzierung. 2. Die Regelung des Art. 11 Abs. 4 MAR schafft für die Weitergabe potenzieller Insiderinformationen an den Adressaten der Marktsondierung einen Safe Harbour. Bei Einhaltung der Verfahrens- und Dokumentationspflichten des Art. 11 MAR drohen dem Emittenten und den von ihm beauftragten Emissionsbanken keine Rechtsnachteile. Ob bei Nichteinhaltung der Verfahrens- und Dokumentationspflichten ein Verstoß gegen das Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen vorliegt, muss stets für den Einzelfall beurteilt werden.

II. Einbindung von Investoren bei Börsengängen 1. Bei der Vorbereitung eines Börsengangs bestehen die wesentlichen Transaktionsrisiken in der Gefahr einer Fehleinschätzung des platzierbaren Emissionsvolumens und des erzielbaren Emissionspreises. Eine Fehleinschätzung kann es erforderlich machen, dass die Aktienemission in ihrem Volumen reduziert wird oder das der Emissionsprozess verschoben, wenn nicht sogar abgebrochen werden muss. Diese Risiken gilt es sowohl aus der Sicht des Emittenten als auch aus der Sicht des mit der Platzierung betrauten Emissionskonsortiums zu reduzieren.

II. Einbindung von Investoren bei Börsengängen

279

2. Im Vorfeld des Börsengangs erfolgt die erste Kontaktaufnahme mit Investoren regelmäßig im Zuge von Early Look Meetings oder im Pilot Fishing. Die im Zuge des Investorendialogs übermittelten Informationen müssen auf Grund des prospektrechtlichen Konsistenzgebots im Wesentlichen mit den im Emissionsprospekt enthaltenen Informationen übereinstimmen. Dabei ist keine wörtliche Identität der Informationen erforderlich. Die übermittelten Informationen dürfen jedoch den Prospektinhalten nicht widersprechen und müssen wenigstens in ihren Grundzügen im Prospekt wiedergespiegelt werden. 3. Soweit der Vorstand die Börsenpläne der Gesellschaft gegenüber den angesprochenen Investoren offenlegt und dadurch Einzelheiten der Finanzplanung des Unternehmens weitergibt, verstößt er dabei nicht gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder. Die infolge des frühzeitigen Investorendialogs regelmäßig erhöhte Transaktionssicherheit stellt ein Gesellschaftsinteresse dar, das die Offenlegung der Finanzierungspläne der Gesellschaft durch den Vorstand gegenüber potenziellen Investoren rechtfertigt. 4. Bei Börsengängen von Gesellschaften, die zuvor noch nicht als Emittent von Finanzinstrumenten am Kapitalmarkt in Erscheinung getreten sind (Debut Offerings), begegnet die Zulässigkeit des Pilot Fishing keinen insiderrechtlichen Bedenken, da die Insidertatbestände auf Grund des erst ab dem Zeitpunkt der Stellung eines Zulassungsantrags anwendbaren Marktmissbrauchsrechts noch nicht eingreifen. 5. Bei Börsengängen von Gesellschaften, deren Muttergesellschaft bereits börsennotiert ist und von Gesellschaften, die bereits börsennotierte Anleihen begeben haben, ist das Insiderrecht im Vorfeld der Emission grundsätzlich anwendbar. In beiden Fällen kann in Gestalt der Börsenpläne der betroffenen Gesellschaft bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial in Bezug auf bereits gelistete Finanzinstrumente bestehen. Der Emittent hat in diesen Fällen entweder die Verfahrensvorgaben der Marktsondierung einzuhalten, wodurch die Offenbarung der Börsenpläne gegenüber potenziellen Investoren im Zuge des Pilot Fishing insiderrechtlich privilegiert ist. Alternativ kann der Emittent die Börsenpläne frühzeitig ad-hoc bekanntgeben, wodurch die Insiderrelevanz der Information aufgehoben wird. Die Investorenansprache ist dann auch ohne Einhaltung der Verfahrensvorgaben der Marktsondierung zulässig. 6. Das Cornerstone-Investment schafft zugunsten des Investors die Möglichkeit eines garantierten Aktienerwerbs im Börsengang. Aus der Perspektive der Gesellschaft und der veräußernden Altaktionäre erhöht es die Transaktionssicherheit, da die auf die Erwerbsverpflichtung des Investors entfallende Aktienanzahl nicht mehr im Rahmen eines öffentlichen Angebots platziert werden müssen. Die Platzierung zum Emissionspreis ist für die Gesellschaft gesichert. Das Corner-

280

F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform

stone-Investment kann sich darüber hinaus positiv auf die Vermarktung der Emission auswirken. 7. Die Vereinbarung von Haftungsfreizeichnungen in Bezug auf Informationen über den Emittenten, die einem Cornerstone-Investor übermittelt werden, ist unter Gesichtspunkten des AGB-Rechts zulässig. Die Haftungsfreizeichnung unterliegt zwar als allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle, stellt jedoch keine unangemessene Benachteiligung der betroffenen institutionellen Investoren dar, da diese in Bezug auf den Erhalt vertraulicher Informationen aus der Sphäre des Unternehmens weniger schutzbedürftig sind als Verbraucher, auf deren Schutz die Inhaltskontrolle des AGB-Rechts und die besonderen Klauselverbote in Bezug auf Haftungsfreizeichnungen in erster Linie abzielen. 8. Da Cornerstone-Investoren sich bereits vor der Veröffentlichung des Emissionsprospekts zum Erwerb von Aktien verpflichten, erwerben sie die Aktien nicht auf Grund des Emissionsprospekts. Daher stehen ihnen keine Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§§ 9 ff. WpPG) zu. 9. Cornerstone-Investoren werden regelmäßig vertragliche Prospekthaftungsansprüche eingeräumt, indem die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung für entsprechend anwendbar erklärt werden. Die Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche stellt keine verbotene Rückgewähr von Einlagen an den Cornerstone-Investor dar, da sie als Geschäft eingeordnet werden kann, das wirtschaftlich mit der bei Aktienemissionen üblichen Übernahme von Platzierungsrisiken durch Emissionsbanken unter gleichzeitiger Freistellung von Prospekthaftungsansprüchen durch den Emittenten vergleichbar ist. Die Zulässigkeit der Einräumung vertraglicher Prospekthaftungsansprüche zugunsten des Cornerstone-Investors ergibt sich zudem aus der infolge seiner Beteiligung erhöhten Transaktionssicherheit, aus den positiven Vermarktungseffekten für die Emission sowie daraus, dass es sich bei dem gegenüber dem Cornerstone-Investor bestehenden Prospekthaftungsrisiko um ein „Sowieso-Risiko“ handelt, das die Gesellschaft auch bei anderweitiger Platzierung der auf den Cornerstone-Investor entfallenden Aktien zu tragen hätte. 10. Erwirbt ein Cornerstone-Investor auch Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre, ist es nach der „Telekom-III“-Rechtsprechung des BGH erforderlich, dass auch die veräußernden Altaktionäre dem Cornerstone-Investor vertragliche Prospekthaftungsansprüche einräumen oder die Gesellschaft von dem Prospekthaftungsrisiko gegenüber dem Investor anteilig freistellen. Dabei ist eine Pro-rata-Aufteilung des Prospekthaftungsrisikos zwischen der Gesellschaft und den veräußernden Altaktionären, je nach dem Anteil von neuen und alten Aktien am Emissionsvolumen, vorzugwürdig.

III. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

281

11. Die Beteiligung des Cornerstone-Investors an der Aktienemission ist im Emissionsprospekt auszuweisen, soweit die Erwerbsverpflichtung sich auf mehr als fünf Prozent des Angebotsvolumens bezieht. Im Falle der Beendigung der Cornerstone-Investitionsvereinbarung und einer Gegenstandslosigkeit der Erwerbsverpflichtung wird regelmäßig ein Nachtrag zum Emissionsprospekt zu veröffentlichen sein. 12. Soweit dem Cornerstone-Investor infolge des Aktienerwerbs im Börsengang mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Emittenten zustehen, hat er dies dem Emittenten sowie der BaFin mitzuteilen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 WpHG). Der Emittent wiederum hat die Beteiligung des Cornerstone-Investors zu veröffentlichen und sie der BaFin mitzuteilen (§ 40 Abs. 1 und 2 WpHG). 13. Die Privatplatzierung mit anschließender Börsenzulassung („Pre-IPO-Platzierung“) stellt bei Börsengängen eine erhöhte Transaktionssicherheit her. Diese wird insbesondere dadurch bewirkt, dass die Platzierung nicht von der ungewissen Durchführung eines öffentlichen Angebots abhängig ist. 14. Die Struktur einer Privatplatzierung birgt insbesondere den Vorteil, dass Emittent und Emissionsbanken im Platzierungsverfahren nicht an eine bestimmte Preisuntergrenze gebunden sind, da die Platzierung prospektfrei erfolgt. Eine erhöhte Flexibilität in Bezug auf den Emissionspreis und das Emissionsvolumen sind die Folge. Der Emissionszeitpunkt kann ebenfalls flexibel gewählt werden und ermöglicht die Ausnutzung günstiger Marktkonditionen.

III. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen 1. Die typischen Transaktionsrisiken bei Bezugsrechtsemissionen bestehen in dem Platzierungsrisiko für die Bezugsaktien und in dem Marktpreisrisiko während des Laufs der Bezugsfrist. Soweit mit den Emissionsbanken wie üblich eine Festübernahme (Hard Underwriting) vereinbart wird, obliegen die Risiken durch die Übernahme der Platzierungsaktien den Emissionsbanken. 2. Der Abschluss von Backstop-Vereinbarungen mit Aktionären oder Neuinvestoren ermöglicht es dem Emittenten, bei Bezugsrechtsemissionen das Platzierungsund Preisrisiko für neue Aktien auszuschalten. Der Mittelzufluss seitens der Gesellschaft ist in bestimmter Höhe bereits zu einem frühen Zeitpunkt gesichert, was zu einer erhöhten Planungssicherheit für den Emittenten führt. Für den Backstop-Investor bietet sich durch die Eingehung der Zeichnungsverpflichtung die Gelegenheit, eine größere Unternehmensbeteiligung zu erwerben und gleichzeitig zur gesicherten Durchführung der Transaktion beizutragen.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform

3. In der Phase der Vertragsanbahnung im Rahmen des Backstop-Investments finden die Regelungen zur Marktsondierung aus Art. 11 MAR keine Anwendung, da es sich bei der Backstop-Garantie nicht um die bloße Abschätzung eines Investoreninteresses oder um die Einholung unverbindlicher Transaktionsparameter handelt, sondern um die Eingehung einer bereits bindenden Erwerbsverpflichtung in Bezug auf nicht bezogene Aktien. 4. Die Ansprache potenzieller Backstop-Investoren ist auch außerhalb des Safe Harbour von Art. 11 MAR insiderrechtlich zulässig. Die Gewährleistung der Platzierung neuer Aktien durch die Erwerbsverpflichtung eines BackstopInvestors und das Interesse der Gesellschaft an einer maximalen Transaktionssicherheit lassen sich als überwiegende Interessen einordnen, die eine selektive Offenlegung der Transaktionspläne gegenüber einem potenziellen BackstopInvestor rechtfertigen. 5. Investoren, die im Vorfeld des Backstop-Investments auf eine Rolle als potenzieller Backstop-Investor angesprochen werden, sind durch Non-DisclosureAgreements vertraglich zur Gewährleistung von Vertraulichkeit zu verpflichten, um die Geheimhaltung der Transaktionspläne sicherzustellen und die Entstehung einer vorzeitigen Pflicht zur öffentlichen Bekanntmachung der Transaktionspläne infolge der befugten Weitergabe an Dritte zu vermeiden. 6. Im Falle eines im Vergleich zum Bezugspreis niedrigeren Backstop-Preises besteht die Gefahr eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses der Aktionäre. Die Verwertung nicht bezogener Aktien zu einem unterhalb des Bezugspreises liegenden Preis ist nur zulässig, soweit die Aktien zuvor den Aktionären zu dem niedrigeren Preis angeboten worden sind. Um die Notwendigkeit eines erneuten Angebots nicht bezogener Aktien an die Aktionäre zu vermeiden, ist der Backstop-Preis mit dem Bezugspreis gleichzusetzen. 7. Soll eine Provision an den Backstop-Investor gezahlt werden, hat diese sich der Höhe nach an den marktüblichen Gebühren für ein Sub-Underwriting durch emissionsbegleitende Banken zu orientieren. Dadurch wird die Zulässigkeit der Provisionszahlung im Hinblick auf das Verbot der Einlagenrückgewähr sowie das Verbot der Financial Assistance sichergestellt. 8. Die Eingehung der Erwerbsverpflichtung für nicht bezogene Aktien gegen Zahlung einer Provision an den Investor stellt keine verdeckte Sacheinlage dar. Die Erwerbsverpflichtung des Backstop-Investors findet ihre wirtschaftliche Entsprechung im Sub-Underwriting durch eine Emissionsbank und stellt sich daher als entgeltliche Geschäftsbesorgung dar, die als Gegenstand einer Sacheinlage untauglich ist.

III. Einbindung von Investoren bei Bezugsrechtsemissionen

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9. Soweit die Provision sich der Höhe nach an den marktüblichen Sub-Underwriting-Gebühren orientiert, stellt die Eingehung der Erwerbsverpflichtung gegen Zahlung der Provision auch kein „Hin-und-Her-Zahlen“ dar, da die Gesellschaft eine Vergütung auf eine nicht sacheinlagefähige Leistung des Inferenten erbringt, die einem Drittvergleich standhält. 10. Die Gewährung einer Break-up-fee zugunsten des Investors begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Im Falle des Nichtzustandekommens des Beteiligungserwerbs ergibt sich dies im Hinblick auf das Einlagenrückgewährverbot daraus, dass die Zahlung nicht im Hinblick auf die künftige Aktionärseigenschaft erfolgt. Eine unzulässige Finanzierung des Aktienerwerbs scheidet ebenfalls aus, da es zu diesem gerade nicht kommt. Bei Zahlung der Break-up-fee mangels Erreichens einer vereinbarten Mindestbeteiligung liegt ebenfalls keine unzulässige Finanzierungshilfe durch die Gesellschaft vor, da die Zahlung nur die Teilnahme des Backstop-Investors absichern soll und somit in erste Linie anderen Zwecken als der Finanzierung des Anteilserwerbs dient. 11. Dem Abschluss einer Backstop-Vereinbarung wohnt grundsätzlich ein Potenzial zur erheblichen Kursbeeinflussung inne, so dass es sich dabei um eine Insiderinformation handelt. Der Vertragsabschluss ist daher durch den Emittenten grundsätzlich unverzüglich (am selben Tag) im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. Während laufender Verhandlungen über den Inhalt der Backstop-Vereinbarung kann der Emittent die Ad-hoc-Publizitätspflicht regelmäßig aufschieben, indem eine Selbstbefreiung beschlossen wird. 12. Die Beteiligung des Backstop-Investors an der Bezugsrechtsemission ist im Emissionsprospekt auszuweisen, soweit die Erwerbsverpflichtung sich auf mehr als fünf Prozent des Angebotsvolumens bezieht. 13. Soweit dem Backstop-Investor infolge des Erwerbs nicht bezogener Aktien mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Emittenten zustehen, hat er dies dem Emittenten sowie der BaFin mitzuteilen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Der Emittent wiederum hat die Beteiligung des Backstop-Investors zu veröffentlichen und sie der BaFin mitzuteilen (§ 40 Abs. 1 und 2 WpHG). 14. Vorabplatzierungen können einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Transaktionssicherheit bei Bezugsrechtsemissionen leisten, indem das gesamte Emissionsvolumen oder jedenfalls große Anteile vorab bei institutionellen Investoren platziert werden, wodurch die Aktien nicht mehr im Bezugsangebot platziert werden müssen. Mit der gesicherten Platzierung neuer Aktien korrespondiert eine Reduzierung des Übernahmerisikos der Konsortialbanken. Die Vorabplatzierung ermöglicht darüber hinaus eine marktnahe Festlegung des Bezugspreises anhand der konkreten Investorennachfrage sowie eine Verbreiterung der Investorenbasis.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform

15. Da neue Aktien aus einer Bezugsrechtsemission dem Bezugsrecht der Aktionäre unterliegen, kann eine Vorabplatzierung grundsätzlich nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung der Platzierungsaktien durchgeführt werden (Claw-back). Beim Claw-back handelt es sich um einen vertraglichen Rücktrittsvorbehalt, der die Emissionsbanken zum Rücktritt von der Zuteilung berechtigt. 16. Der einem Claw-back unterliegende Anteil des Emissionsvolumens kann auf verschiedene Art und Weise reduziert werden, so dass die betroffenen Aktien im Rahmen der Vorabplatzierung bereits endgültig platziert werden können. Möglich ist einerseits eine Abtretung von Bezugsrechten durch Großaktionäre an die Emissionsbanken. Andererseits kommt auch ein Bezugsrechtsverzicht durch Großaktionäre zur Schaffung bezugsrechtsfreier Tranchen in Betracht. Der Verzicht führt nicht zu einer Anwachsung der Bezugsrechte bei den übrigen Aktionären, sondern hat die freie Platzierbarkeit der betroffenen Aktien zur Folge. Der Bezugsrechtsverzicht und die Abtretung der Bezugsrechte an die Konsortialbanken sind somit gleichermaßen dazu geeignet, bezugsrechtsfreie Aktientranchen zu schaffen. 17. Bei der Vorabplatzierung erfolgt eine antizipierte Verwertung nicht bezogener Aktien. Der Vorabplatzierungspreis ist daher notwendigerweise mit dem Bezugspreis gleichzusetzen. Die Platzierung zu einem unterhalb des Bezugspreises liegenden Preis würde hingegen die Gefahr eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses der Aktionäre bergen. 18. Die frühzeitige Lieferung von Aktien an die Zeichner der Vorabplatzierung bedeutet eine Ungleichbehandlung der bezugsberechtigten Aktionäre, welche die Bezugsaktien erst nach Ablauf der Bezugsfrist geliefert bekommen. Das Interesse der Gesellschaft an einer Steigerung der Transaktionssicherheit durch die Vorabplatzierung und die durch die Vorabplatzierung mögliche Stabilisierung des Aktienkurses unter Vermeidung einer Wertverwässerung rechtfertigen dieses Vorgehen, so dass es sich um eine unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zulässige, weil sachgerechte Differenzierung handelt. 19. Die Information über die Bezugsrechtsemission mit Vorabplatzierung weist ein Potenzial zur erheblichen Kursbeeinflussung auf, so dass es sich dabei um eine Insiderinformation handelt. Der Emittent hat daher die Information über die Vorabplatzierung vor ihrem Beginn grundsätzlich ad-hoc zu veröffentlichen. 20. Findet eine Vorabplatzierung bereits vor der Ad-hoc-Veröffentlichung der Information über die Kapitalerhöhung statt, stellt der Aktienerwerb im Rahmen der Vorabplatzierung kein verbotenes Insidergeschäft dar. Auch wenn es sich bei der Information über die Kapitalerhöhung um eine Insiderinformation handelt, sind die Investoren nicht an der Zeichnung von Aktien gehindert. Da die Gesellschaft und die Investoren über die gleiche Informationsbasis verfügen,

IV. Einbindung von Investoren bei bezugsrechtsfreien Kapitalerhöhungen

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handelt es sich bei dem Aktienerwerb um ein Face-to-face-Geschäft, das von seinem Sinn und Zweck her von den Insiderverboten ausgenommen ist. 21. Die Vorabplatzierung ist, einschließlich des Umstands, dass auf Grund des Claw-back unter bestimmten Bedingungen eine Rückforderung der Zuteilung erfolgen kann, im Emissionsprospekt offenzulegen.

IV. Einbindung von Investoren bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts 1. Das typische Transaktionsrisiko bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss besteht in der begrenzen Aufnahmefähigkeit der Märkte und der Möglichkeit, dass neue Aktien nicht zu dem anvisierten Preis platziert werden können. Das Risiko wird durch das Erfordernis einer Platzierung zu einem Preis, der den Börsenkurs der Aktien nicht wesentlich unterschreiten darf, noch verschärft. Es besteht die Gefahr, dass eine bereits angekündigte Transaktion verschoben bzw. abgebrochen werden muss. 2. Die Transaktionsrisiken lassen sich durch ein kurzfristig vor der Platzierung durchgeführtes Austesten der Aufnahmebereitschaft des Marktes im Zuge einer Marktsondierung sinnvoll begrenzen. Zu diesem Zweck werden wenige Stunden vor der Platzierung ausgewählte institutionelle Investoren angesprochen und ihr Erwerbsinteresse ermittelt. 3. Die Trennlinie zwischen einer zulässigen Marktsondierung und einer grundsätzlich unzulässigen Platzierung vor Ad-hoc-Veröffentlichung der Transaktion besteht in der Unterscheidung zwischen unverbindlichen Preisindikationen und verbindlichen Erwerbsofferten. Potenzielle Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot lassen sich vermeiden, indem eine klare Grenzziehung zwischen Marktsondierung und eigentlicher Platzierung im Bookbuilding vorgenommen wird. 4. Bei Kapitalerhöhungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss übernimmt ein Backstop-Investor die Verpflichtung, anderweitig nicht platzierte Aktien mindestens zum Platzierungspreis zu erwerben. Gegebenenfalls wird durch den Investor ein bestimmter Mindestemissionserlös garantiert. Die Erwerbsverpflichtung kann in diesem Zusammenhang auf die Investitionssumme beschränkt werden, die zur Erreichung des angestrebten Mindestemissionserlöses benötigt wird. 5. Der Erwerb des (nahezu) gesamten Emissionsvolumens in Person des BackstopInvestors ist am aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen und bedarf grundsätzlich einer Rechtfertigung durch sachliche Gründe. Diese können

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesenform

beispielsweise in Sanierungssituationen bestehen, wenn etwa ein Liquiditätsengpass oder Verstöße gegen Financial Covenants aus Kreditverträgen drohen. 6. Die Gesellschaft kann eine Gleichbehandlung von Großaktionären gewährleisten, indem die neuen Aktien in einem der Zuteilung an den Backstop-Investor vorgelagerten Schritt den Großaktionären entsprechend ihrer Beteiligungsquote (pro rata) angeboten werden. Der auf den Streubesitz entfallende Teil der neuen Aktien, die unter Bezugsrechtsausschluss ausgegeben werden, kann ebenfalls pro rata unter den Großaktionären aufgeteilt und ihnen entsprechend angeboten werden. Etwaigen Bedenken in Bezug auf eine fehlende Gleichbehandlung im Verhältnis der Großaktionäre untereinander lässt sich auf diesem Weg begegnen. 7. Die Information über die Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss unter Beteiligung eines Backstop-Investors weist ein Potenzial zur erheblichen Kursbeeinflussung auf, so dass es sich dabei um eine Insiderinformation handelt. Der Emittent hat die Information grundsätzlich zeitgleich mit der Veröffentlichung der Transaktionspläne ad-hoc zu veröffentlichen. Für den Zeitraum der Verhandlung der Inhalte der Backstop-Vereinbarung kann die Veröffentlichung regelmäßig im Wege einer Selbstbefreiung auf Grund berechtigter Interessen des Emittenten aufgeschoben werden. 8. Soweit dem Backstop-Investor infolge des Aktienerwerbs mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Emittenten zustehen, hat er dies dem Emittenten sowie der BaFin mitzuteilen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Der Emittent wiederum hat die Beteiligung des Backstop-Investors zu veröffentlichen und sie der BaFin mitzuteilen (§ 40 Abs. 1 und 2 WpHG).

V. Einbindung von Investoren bei Block Trades 1. Bei Block Trades besteht ein typisches Transaktionsrisiko, wie auch bei bezugsrechtsfreien Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen, in der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Märkte. 2. Dieses Risiko lässt sich ebenfalls durch ein kurzfristig vor der Platzierung durchgeführtes Austesten der Aufnahmebereitschaft der Märkte im Zuge einer Marktsondierung sinnvoll begrenzen. Das Verfahren gleicht demjenigen bei Zehn-Prozent-Kapitalerhöhungen. 3. Ob der Information über einen bevorstehenden Block Trade ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial innewohnt, muss letztlich im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Bei der Beurteilung sind primär die Volatilität und Marktenge der betreffenden Aktie zu berücksichtigen. Aus der Sicht des verständigen Anlegers kommt es darüber hinaus darauf an, ob infolge des Aktionärswechsels mit einer Einflussnahme auf die Geschäftspolitik des Emittenten zu rechnen ist.

V. Einbindung von Investoren bei Block Trades

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4. Eine Aktienveräußerung im Zuge eines Block Trades unterscheidet sich auf Grund des platzierten Emissionsvolumens regelmäßig vom gewöhnlichen Börsenhandel. Unter dieser Voraussetzung, die regelmäßig ab einer Größenordnung von 0,5 % des emittierten Kapitals erreicht ist, ist die Investorenansprache im Vorfeld des Block Trades tatbestandlich als Marktsondierung privilegiert. 5. Die Offenlegung sonstiger Insiderinformationen ohne Bezug zur konkreten Transaktion gegenüber potenziellen Investoren im Vorfeld des Block Trades ist grundsätzlich unzulässig, da regelmäßig kein Gesellschaftsinteresse existiert, welches eine solche Offenlegung rechtfertigen würde. 6. Der Vorstand der Gesellschaft ist i. d. R. nicht befugt, das Zustandekommen des Block Trades durch eine Weitergabe vertraulicher Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft an potenzielle Erwerber zu fördern. Da es sich bei Block Trades regelmäßig um die Veräußerung bloßer Finanzbeteiligungen handelt, existiert i. d. R. kein überwiegendes Gesellschaftsinteresse, das eine Informationsweitergabe rechtfertigen würde.

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Stichwortverzeichnis Accelerated Bookbuilding 203 f., 239 f., 269 Ad-hoc-Publizität 185 ff., 224 ff., 265 ff. Aktienemission 25 Aktienübernahme 144 Allokation von Aktien 257 ff. Analystenpräsentation 54 Anchor-Investor 76 Anfechtungsklage 236 Backstop-Investor 145 f., 256 f. Backstop-Preis 160 ff., 253 Backstop-Provision 169 ff. Backstop Underwriting 146, 253 f. Backstop-Vereinbarung 158 ff. Beschlussfassung 132 f., 251 f. Best-Efforts-Underwriting 56, 131 f., 253, 271 Bezugsangebot 130 f. Bezugsfrist 130 Bezugsrecht 128 Bezugsrechtsabtretung 219 ff. Bezugsrechtsausschluss 233 ff. Bezugsrechtsemission 129 ff. Bezugsrechtsverzicht 51, 214 ff. Bis-zu-Kapitalerhöhung 133 Block Trade 269 ff. Bookbuilding 57 f. Börsengang 47 ff. – von Anleiheemittenten 74 f. – von Tochtergesellschaften 72 ff. Börsenzulassung 58, 125 ff. Bought Deal 272 Break-up-fee 181 ff. Claw-back 196, 211 f. Cleansing 39 f. Commitment Letter 121 Cornerstone-Investor 76 ff.

Debut Offering 70 Deferred Settlement 206, 212 DT-3-Urteil 104 Due Diligence 89 ff., 153 ff. Early Look Meeting 63 Einlagenrückgewähr 100, 104, 169, 181 Face-to-Face-Geschäft 227 f. Faktischer Bezugsrechtsausschluss 161 f. Festbezugserklärung 144 Feststellungsklage 236 Financial Assistance 178 ff., 182 ff. Financial Covenant 138 f. Free Float siehe Streubesitz Fremdemission 130 Genehmigtes Kapital 132, 251 Gleichbehandlungsgrundsatz 260 ff. Haftungsausschluss 85 ff., 119 Hard Underwriting 56, 131 f. Hin- und Herzahlen 176 ff. Initial Public Offering 48 Insiderinformation 30 – Backstop-Vereinbarung 185 ff., 265 f. – bei Zwischenschritten 34 – Block Trade 273 f. – im Vorfeld des Börsengangs 70 ff. – transaktionsbezogene 32 ff. Institutionelle Investoren 64 Intention-to-Float 55 Investitionsvereinbarung 94 ff. Investor Education 54 Kapitalerhöhung – als Insiderinformation 32 ff., 225 f. – beim Börsengang 50 ff. – mit Bezugsrecht 129 ff. – ordentliche 132

Stichwortverzeichnis – unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss 237 ff. Konsistenzgebot 65 ff. Kursbeeinflussungspotenzial 32, 186 f. Lock-up

106 f., 167 f.

Market Sounding siehe Marktsondierung Marktsondierung 27 ff. – bei Block Trades 274 f. – bei Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss 249 ff. – bei Pre-IPO Platzierung 118 f. – bei Vorabplatzierung 200 f. Marktübliches Drittgeschäft 102 f., 170 ff. Maximalbeteiligung (Cap) 95, 162 f. Mindestbeteiligung (Floor) 166 f. Mindestemissionserlös 263 f. Mittelbares Bezugsrecht 130 Nachtragspflicht 108 Non-Disclosure-Agreement 80 f., 118 f. Non-Reliance-Agreement 85 ff., 119 Öffentliche Umplatzierung 269 f. Öffentliches Angebot 52 f., 125 Offering Memorandum 119 f. Pflichtangebot 163 Pilot Fishing 62 ff. Platzierung – bei institutionellen Investoren 123, 240, 269 – bei nur einem Investor 259 ff. – vor Ad-hoc-Mitteilung 226 ff. Platzierungsrisiko 60 ff., 134 f., 247 f., 271 f. Pre-IPO-Platzierung 111 ff. Preisrisiko 60 f., 135 f. Pricing Agreement 240, 254 Privatplatzierung 112 ff., 195 f., 240, 269 Process Letter 121

297

Prospekthaftung – allgemein bürgerlich-rechtliche 82 ff., 119 – spezialgesetzliche 97 ff. – vertragliche Einräumung 99 ff. Prospektpflicht 52 f., 190 f. Qualifizierte Anleger Rump Placement

123, 240

134, 197, 210

Sachliche Rechtfertigung – der Allokationsentscheidung 261 f. – der Ungleichbehandlung 208 f. – des Bezugsrechtsausschlusses 233 f. Safe Harbour 41 ff. Sanierungsbefreiung 164 ff. Sanierungskapitalerhöhung 138 Selbstbefreiung 34, 188, 266 Stimmrechtsmitteilung 109 ff., 191 ff., 267 Streubesitz 126, 198 f. Sub-Underwriting 170 Transaktionsrisiken – bei Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss 247 f. – beim Bezugsangebot 134 ff. – beim Börsengang 59 ff. Übernahmevertrag

56, 131, 252, 271

Verdeckte Sacheinlage 173 ff. Vermarktung 54, 79 Verschwiegenheitspflicht 67 f., 92 f., 156, 277 Vertraulichkeitsvereinbarung 80 f., 118 f., 153 Vorabplatzierung 193 ff. Wall Crossing 27 Wall-Crossing-Script 28 Wertpapierdarlehen 222 ff. Zehn-Prozent-Kapitalerhöhung

237 ff.