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German Pages [241] Year 2005
Gebhardt HANDBUCH DER DEUTSCHEN GESCHICHTE
Die Zeit des karolingischen Großreichs 714-887 RUDOLF SCHIEFFER
KLETT-COTTA
Gebhardt HANDBUCH DER DEUTSCHEN GESCHICHTE
BAND 1-8
Spätantike bis zum Ende des Mittelalters Herausgeber Alfred Haverkamp
BAND 9-12
Frühe Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches (1495-1806) Herausgeber Wolfgang Reinhard
BAND 13-17
19. Jahrhundert (1806-1918) Herausgeber Jürgen Kocka
BAND 18-23
20. Jahrhundert (1918-2000) Herausgeber Wolfgang Benz
BAND 24
Gesamtregister Band 1-23 Namen, Orte Anhang: Karten, Stammtafeln, Ergänzungen Herausgegeben von Alfred Haverkamp, Wolfgang Reinhard Jürgen Kocka, Wolfgang Benz
WISSENSCHAFTLICHE REDAKTION
Rolf Häfele
Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887) RUDOLF SCHIEFFER
Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte
Zehnte, völlig neu bearbeitete Auflage BAND 2
Klett-Cotta
INHALT
Zur 10. Auflage des Gebhardt........................................................ IX Verzeichnis der Abkürzungen........................................................... XVII Allgemeine Quellen und Literatur zu den Bänden 1-8 XXIII
Abschnitt III Die Zeit des karolingischen Großreichs (714—887) RudolfSchieffer Quellen und Literatur.......................................................................
3
Einleitung..............................................................................................
9
§ 1
a) Quellenlage.......................................................................... b) Schwerpunkte der Forschung.................................................
9 16
A. Der erneute Ausgriff der fränkischen Reichsgewalt nach Osten im 8. Jahrhundert § 2 Die inneren Voraussetzungen
............................................................
a) Die Konzentration der Herrschaft durch Karl Martell ... b) Der Aufstieg Pippins des Jüngeren zum Königtum .... c) Austrien als Zentrum der karolingischen Macht................ §3
§4
Friesland
..............................................................................................
29
....................................................
31 31 34
Hessen, Mainfranken, Thüringen
a) Die politischen Ordnungen................................................. b) Der kirchliche Aufbau ........................................................ § 5
§6
18 18 22 27
a) Die Zeit der letzten Herzöge .............................................. b) Die karolingische Umformung...........................................
38 38 42
Bayern.....................................................................................................
45
a) Agilolfinger und Karolinger in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts..............................................................
45
Alemannien
..........................................................................................
VI
§7
§8
Inhalt
b) Tassilo III. und sein Herzogtum........................................ c) Die Überwindung der Herzogsgewalt...............................
48 53
Sachsen
...............................................................................................
55
a) Die Altsachsen im 8. Jahrhundert..................................... b) Die Eroberung durch Karl den Großen ............................ c) Die kirchlichen Anfänge.....................................................
55 58 61
Die neuen Nachbarn im Osten und Norden...................................
63
a) Awaren................................................................................ b) Westslawen ....................................................................... c) Dänen ...................................................................
63 65 67
B. Das Frankenreich unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen §9
Siedlung und ethnisch-sprachliche Gliederung
. . .
..............
69
..............................................
73
a) Die Produktion von Nahrungsmitteln und natürlichen Rohstoffen.......................................................................... b) Die fränkische Grundherrschaft........................................ c) familia und Dorf.................................................................
73 76 80
§ 10 Landwirtschaft und Agrarverfassung
§ 11 Städte, Märkte, Handel, Geld...........................................................
81
Die Konsolidierung auf römischem Boden...................... Die neuen Ansätze rechts des Rheins ............................... Binnen- und Außenhandel, Kaufleute............................... Karolingische Wirtschafts-und Geldpolitik......................
81 83 85 87
§12 Gruppen und Schichten der Gesellschaft.......................................
89
Die Grundformen sozialer Bindung.................................. Die geburtsständische Ordnung........................................ Die Abstufung von Macht und Ohnmacht......................... Juden...................................................................................
89 93 96 99
a) b) c) d) a) b) c) d)
§ 13 Fränkisches Königtum und römisches Kaisertum............................ 100
a) Die Anfänge der karolingischen Italienpolitik......................100 b) Karl der Große, Rom und Byzanz........................................ 104 c) Kaisertum und Reichseinheit ...............................................110
VII
Inhalt
............................................................ 114 Das Königtum und seine Grundlagen.................................. 114 Die Regierung des Gesamtreiches........................................ 117 Regionale Instanzen und Sondergewalten............................ 120 Das Gerichtswesen ..............................................................123
§ 14 Träger der öffentlichen Gewalt
a) b) c) d)
§15 Kirche und geistiges Leben...................................................................125
a) Ausbau und Reform der karolingischen Reichskirche . . 125 b) Die Erneuerung von Bildung, Literatur und Kunst .... 132 C.
Der Zerfall des Karolingerreiches im 9. Jahrhundert
§ 16 Der Verlust der Reichseinheit............................................................... 136
a) Die Wende der karolingischen Geschichte .........................136 b) Die Kämpfe der Söhne Ludwigs des Frommen.................. 139 ........................................................ 142 a) Die Brüdergemeinschaft bis 855 ..................................... 142 b) Die Auseinandersetzungen um das Erbe Lothars 1................. 144
§ 17 Die Auflösung des Mittelreiches
§ 18 Das östliche Teilreich unter Ludwig dem Deutschen
und seinen Söhnen................................................................................. 147
a) Die Herrschaft Ludwigs des Deutschen............................... 147 b) Die Lage an den nördlichen und östlichen Grenzen .... 149 c) Die Söhne Ludwigs des Deutschen ..................................... 152 § 19 Adel, Kirche und Kultur der späten Karolingerzeit
......................... 155
a) Das wachsende Gewicht der Großen .................................. 155 b) Die geteilte Reichskirche .................................................... 157 c) Entfaltung und Ausklang der Bildungsemeuerung .... 160 § 20 Zusammenfassung und Ausblick........................................................ 162
Anhang
Stammbäume ............................................................................. 166 Orts-und Sachregister................................................................. 173 Personenregister.......................................................................... 183
ZUR 10. AUFLAGE DES GEBHARDT
Im Laufe eines Jahrhunderts ist der Gebhardt zum bedeutendsten Hand buch der deutschen Geschichte geworden. In ihm resümiert und reflektiert jede Historikergeneration seit dem ersten Erscheinen den Stand der deut schen Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung. Bruno Gebhardt, Gymnasiallehrer in Breslau, veröffentlichte 1891/92 ein zweibändiges Handbuch der deutschen Geschichte, das eigentlich für den Gebrauch in Schulen bestimmt war. Das Werk sollte, wie es im Vorwort der ersten Auf lage hieß, mehr die Teilnahme der Gebildeten als die der Fachgelehrten gewinnen. Zwar änderte sich das, als Aloys Meister zum Herausgeber wurde und 1922 die sechste Auflage mit dem Versprechen einleitete, »nur ausgezeichnete Forscher als Mitarbeiter heranzuziehen« und dabei im Interesse des hohen wissenschaftlichen Standards mehr Hochschullehrer als bisher zu beschäftigen. Der übersichtliche, sachliche und damit auch pädagogische Charakter des Werkes wurde indessen erhalten. Seit seinen Anfängen gilt der Gebhardt als Standardwerk, als wichtige Referenz der deutschen Geschichtsschreibung. In seinen Wandlungen von der ersten bis zur zehnten Auflage ist er dem Anspruch treu geblieben, den sein ursprünglicher Herausgeber formuliert hatte: »eine vollständige, dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft entsprechende deutsche Ge schichte« zu sein. Blickt man auf die Geschichte des Handbuches zurück, so entstanden dabei Ausgaben, die jeweils ein Höchstmaß dessen reprä sentierten, was fachlich möglich war. Mehr noch: in ihrer Folge betrach tet, bilden die Handbücher eine zuverlässige Dokumentation deutscher Historiographie, eine eigene Geschichte dessen, was jeweils Geschichts schreibung hat sein können. Die zehnte Auflage trägt den traditionell hohen Maßstäben Rechnung. Wie stets werden die knappen, konzentrierten Darstellungen der Epochen oder Teilepochen ergänzt durch detaillierte Angaben zu Hilfsmitteln, Quellen und zur weiterführenden Literatur. Neu ist die Konzeption: Sie folgt einem integrierenden Verständnis von Geschichte und überwindet die Trennung der Teildisziplinen durch eine umfassende Darstellung je des Zeitabschnittes in seinen wichtigsten Aspekten. Das Bild der Historiker von der deutschen Geschichte hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal gewandelt. Für die Zeiträume von ihrem Beginn im frühen Mittelalter bis zur Geschichte unserer unmittelbaren
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Zur 10. Auflage des Gebhardt
Gegenwart gilt: Die Forschung hat neue Einsichten ergeben und alte »Wahrheiten« obsolet gemacht. Ganze Lebensbereiche wurden neu er schlossen und dem historischen Gesamtbild einverleibt, nach der Sozial geschichte die Geschlechter- und die Geschichte des privaten Lebens, zuletzt die Geschichte kultureller Praktiken und kollektiver Erinnerun gen. Vor allem aber haben sich als Folge der tiefen Umbrüche der Gegen wart, zuletzt in der Zäsur von 1989/90, die Gesichtspunkte verändert, mit denen wir unsere Geschichte befragen, kategorisieren und deuten. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Verständnis deutscher Ge schichte weder von nationalistischem Hochgefühl und nationaler Hybris geprägt - wie so oft im 19. und 20. Jahrhundert - noch von Desorientie rung und Katastrophenangst zerklüftet, die nach dem Bruch von 1933-45 nahelagen. Das Bild von der deutschen Geschichte ist europäischer geworden, zugleich differenzierter, vielseitiger und pluralistischer. Es ist auf dem Weg, im globalen Zusammenhang neu konturiert zu werden.
In bisher neun Auflagen - seit 1891 - hat der Gebhardt das Grundwissen über deutsche Geschichte versammelt, nach dem jeweiligen Stand der Forschung geordnet und im Lichte der sich wandelnden Gegenwarts fragen interpretiert. Dies tut auch der neue Gebhardt, der in 10. Auflage ab 2001 erscheint: völlig neu konzipiert und gegliedert, von ausgewiese nen Fachkennem verfaßt und für ein breites Publikum geschrieben. Er fußt auf dem modernen Forschungsstand; er führt in die Forschungs literatur ein, die er ausführlich zitiert; er wählt das Wesentliche aus und bietet Gesichtspunkte zu vielfältiger Interpretation: deutsche Geschichte über anderthalb Jahrtausende aus einer Perspektive des 21. Jahrhunderts. Anders als frühere Auflagen integriert der neue Gebhardt Politik-, So zial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte gleichgewichtig, statt die Ge schichte der Politik erdrückend in den Mittelpunkt zu rücken. Der neue Gebhardt unterscheidet sich klarer als frühere Auflagen von einer bloßen Chronik deutscher Geschichte. Er ist analytischen Ansätzen verpflichtet, stellt explizit Fragen, macht Angebote für weiterführende Interpretation. Er versammelt das gesicherte Wissen und berichtet über gültige Interpre tationen. Er bezeichnet aber auch Lücken im Forschungsstand, identifi ziert das Fragwürdige, stellt sich Kontroversen und weist auf offene Pro bleme hin. Anders als andere Synthesen zur deutschen Geschichte ist der Geb hardt ein Handbuch, an dem zahlreiche Autoren zusammen gearbeitet
Zur 10. Auflage des Gebhardt
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haben. Das Werk ist deshalb nicht durch das individuelle Urteil einer Per son geprägt, es ist vielmehr nuancenreicher und vielfältiger, distanzierter und »objektiver«. Anders als andere Serien zur deutschen Geschichte löst der Gebhardt seinen Gegenstand nicht in einzelne Probleme und Themen auf. Vielmehr besteht er auf der Notwendigkeit, den historischen Zusam menhang zu rekonstruieren und diesen chronologisch, mit dem vorwie genden Interesse am Wandel in der Zeit, darzustellen. In den letzten Jahrzehnten haben die Landes-, Regional- und die Mikrogeschichte an Bedeutung gewonnen. In den letzten Jahren ist klar geworden, daß die Internationalisierung der historischen Arbeit neu auf der Tagesordnung steht und transnationale Zugriffe gesucht werden. Doch bleibt der nationalgeschichtliche Zugang zur eigenen Geschichte überall wichtig. Es kommt darauf an, ihn nicht zu verabsolutieren, sondern mit der Geschichte kleinerer Einheiten wie mit der Geschichte transnationa ler Zusammenhänge zu vereinbaren. Diesem Ziel dient der neue Geb hardt, der ein Handbuch deutscher Geschichte ist, aber die deutsche Geschichte in ihrer regionalen Vielfalt und in ihren europäischen Zusam menhängen vorstellt. Der neue Gebhardt erscheint in 24 Bänden unterschiedlichen Umfangs: Die Bände 1-8 setzen bei der Spätantike ein und führen bis zum Ende des Mittelalters; diese Bände werden von Alfred Haverkamp herausgegeben. Die Bände 9-12 sind der Frühen Neuzeit bis zum Beginn des 19. Jahr hunderts gewidmet, die Wolfgang Reinhard als Herausgeber betreut. Die Bände 13-17 beschäftigen sich mit dem »langen 19. Jahrhundert« bis zum Ersten Weltkrieg, unter der Herausgeberschaft von Jürgen Kocka. Dem 20. Jahrhundert sind die Bände 18-23 gewidmet und werden von Wolfgang Benz herausgegeben. Das Gesamtwerk mit 24 Bänden soll im Jahr 2007 vorliegen.
Üblicherweise wird dem »Mittelalter« die Zeitspanne von etwa einem Jahrtausend zwischen dem 4. und 16. Jahrhundert zugerechnet, wobei sich die mehr oder weniger weit gefaßten Ränder mit der »Antike« und der »Neuzeit« überlappen. In diesen Jahrhunderten erhielt der lateinische Westen, der Okzident, neue und bis heute stark nachwirkende Konturen. Zugleich wurden in diesem weiten Kontext wie im engen Verbund mit dem ostfränkischen und dem römisch-deutschen Reich die Grundlagen und Grundzüge der deutschen Geschichte geschaffen. Dazu gehören das
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Zur 10. Auflage des Gebhardt
föderale Gefüge und die Gemeinde. Die großen historischen Zusammen hänge offenbaren sich ebenfalls in den unterschiedlichen, wiederum bis in die Gegenwart nachwirkenden Gestaltungen der erst spät als »Deutsch land« verstandenen deutschen Lande. Diese landschaftliche Vielfalt bie tet tragfähige Brücken zur europäischen Geschichte. Es bestanden viel fältige Verflechtungen zwischen römisch-antiken, germanischen und slawischen Traditionssträngen bei unterschiedlichen Prägungen von Hei dentum, Christentum und Judentum. Um anachronistische Betrachtungs weisen zu vermeiden, ist die »deutsche Geschichte« des Mittelalters in ihren engen Verknüpfungen mit der Geschichte des Römischen Reichs, der lateinischen Christenheit, des Mittelmeerraumes und des Okzidents zu konzipieren. Die damit zusammenhängenden Fragen über die Grund lagen, die Grundzüge, die Einflüsse und Auswirkungen, die Reichweiten und die räumliche Gliederung, die Phasen der deutschen Geschichte und die leitenden Aspekte stehen im Zentrum der Einleitung des Herausgebers im ersten Band. Band 1 behandelt die vielschichtigen, mediterran und kontinental geprägten Grundlagen von der Spätantike bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung jener mitteleuropäi schen Räume, in denen das römisch-ostffänkische-deutsche Reich seine diversen Ausformungen erhielt. Im Zentrum des zweiten Bandes steht das Karolingerreich, jedoch mit einem Schwerpunkt auf dem in den Reichs teilungen fixierten Ostfrankenreich (714/715-887/888). Band 3 schil dert die Vorgänge und Zusammenhänge, die bis zum ersten Viertel des 11. Jahrhunderts (1024) zu einer stärkeren Verankerung der Reichsherr schaft in den erst spät christianisierten Gebieten östlich des Rheins fuh ren. Wie sich auf dieser veränderten Basis anschließend in der Zeit der Salier (1024-1125) die Konturen einer »deutschen« Geschichte innerhalb der Reichsherrschaft und der nunmehr von kräftigeren amtskirchlichen Impulsen geprägten römisch-lateinischen Christenheit im Kontext wei terer tiefgreifender Veränderungen deutlicher abzeichnen, steht im Mit telpunkt des vierten Bandes. Dem folgen im fünften Band Darlegungen über die von neuen Anstößen und Verquickungen mit der europäischen und mediterranen Geschichte bestimmten Jahrzehnte bis zum endenden 12. Jahrhundert. Band 6 umfaßt die Zeitspanne von der keineswegs nur negativ zu beurteilenden Krise der Reichsherrschaft im staufisch-welfischen Thronstreit über die Regierungszeit Friedrichs II., in der der Schwerpunkt der Reichsherrschaft wie nie zuvor seit der Spätantike im mediterranen Süden lag und zugleich im kontinentalen römisch-deut-
Zur 10. Auflage des Gebhardt
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sehen Reich lokale - gemeindliche und regionale - Kräfte größeres Gewicht gewannen, bis zum Auseinanderbrechen der imperialen Klam mer im sogenannten Interregnum (1198-1273). Daran fugt sich die Darstellung der Zeitspanne zwischen der Reichsherrschaft Rudolfs von Habsburg und der Katastrophe des Schwarzen Todes um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Band 7 analysiert die Schwerpunktverlagerung der Reichspolitik und die damit zusammenhängenden Faktoren, die die deut sche Geschichte in der Zeit zwischen 1346/47 und 1410 neu gestalten. Dafür bietet der achte Band für die Zeitspanne bis zum ersten selbständi gen Reichstag von Worms (1495) weitere Einsichten wiederum aus größerem Blickwinkel.
Deutschland in der Frühen Neuzeit, die hier zum ersten Mal im Gebhardt als eigene Epoche begriffen wird, war die Zeit des Alten Reiches, das 1495 Gestalt annahm und 1806 unterging. Die Krisen der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges haben die Struktur dieser einzigartigen politischen Lebensform, die erst heute angemessen gewürdigt werden kann, entscheidend geprägt. Deutschland hat seine große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung, die es zu Beginn besaß, zwar nicht halten kön nen. Die Führung ging auf andere Länder über. Aber die Deutschen bil deten innerhalb der allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Europas konfessionelle Varianten einer nationalen Kultur aus, die ebenso wie die deutsche Wirtschaft trotz Krisen und Kriegen ein bleibendes Erbe hinterlassen hat. In diesem Zusammenhang behandelt Band 9 die Problematik der deut schen Geschichte des 16.-18. Jahrhunderts als eigener Epoche und stellt die Grundlagen im Zeitalter von Reichsreform und Reformation dar. Band 10 handelt vom konfessionellen Zeitalter und vom Dreißigjährigen Krieg. Band 11 schildert die Vollendung und Neuorientierung des Alten Reiches, Band 12 den beschleunigten Wandel von Reichsstruktur und Gesellschaft seit 1763. Es ist üblich geworden, vom »langen 19. Jahrhundert« in Deutschland und Europa zu sprechen, das von dem Epocheneinschnitt der Französi schen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg reichte. Die neue Auflage des Gebhardt nähert sich dieser Sichtweise an, jedoch nicht zur Gänze. Band 13 stellt das 19. Jahrhundert als Epoche der entstehenden klassischen Moderne vor. Es folgt ein Band über Deutschland im Zeitalter der Napo
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Zur 10. Auflage des Gebhardt
leonischen Kriege, im Vormärz und in der Revolution von 1848/49. Der häufig zu wenig in seinem Eigengewicht gewürdigte Zeitabschnitt zwi schen Revolution und Reichsgründung ist das Thema von Band 15. Das Bild des Kaiserreichs hat sich seit den 1970er Jahren erheblich geändert; Band 16 bietet eine Synthese auf dem neuesten Forschungsstand. Das 19. Jahrhundert wird als Epoche der Industrialisierung, des rasanten Be völkerungswachstums und der großen Wanderungen begriffen, als Jahr hundert der Nationalstaaten und der Nationenbildung, der bürgerlichen Gesellschaft, ihrer Kultur und ihrer Konflikte, und schließlich auch als bürgerliches Jahrhundert im Sinne zunehmend verwirklichter Zivilge sellschaft. Es endete in der Katastrophe des Ersten Weltkriegs, der in Band 17 behandelt wird. Der Erste Weltkrieg bezeichnet eine Zäsur, die das 20. Jahrhundert mit dramatischen Entwicklungen in Technik und Wissenschaft und mit Brüchen in den politischen und sozialen Konstellationen, im Welt- und Menschenbild der früheren Geschichte unterscheidet. Das Ende der Hegemonie Europas stand am Anfang, die Globalisierung am Ende des Jahrhunderts. Die ökonomischen und politischen Folgen der gegenwärti gen Revolution aller Informations- und Kommunikationssysteme sind noch ebensowenig abzusehen wie die ethischen Probleme einer Entwick lung, die mit der Gentechnologie in die Baupläne des Lebens eingreift. Dies sind transnationale Probleme. Nationalgeschichtliche Zusammen hänge waren gleichwohl prägend, und sie zu beschreiben bleibt für das Verständnis der Triebkräfte und Wirkungen politischen und sozialen Han delns unerläßlich; sie müssen auch im Zeitalter internationaler Krisen und Konflikte und der supranationalen Konkurrenz politischer Systeme und Ideologien im Blick behalten werden.
Die Weimarer Republik hat doppelte Bedeutung als Formierungsphase der Ideologie des Nationalsozialismus und als gescheiterter Versuch, deutsche Sonderwege zu beenden. Die nationalsozialistische Diktatur als Realisierung der aggressivsten Version aller faschistischen Bewegungen in Europa war mehr als der Kulminationspunkt des deutschen Natio nalismus, der mit rassenideologischer Dominanz und unbeschränktem Vemichtungswillen in Konkurrenz zum Kommunismus als Idee und Herrschaftssystem trat. Nationalsozialismus verstand sich ebenso als Ge genentwurf zur westlichen Demokratie und entfesselte mörderische Ener
Zur 10. Auflage des Gebhardt
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gien gegen Minderheiten wie gegen Nationen, die im Zweiten Welt krieg, im Völkermord an den Juden, im Weltanschauungskampfgegen die Sowjetunion und nach der Okkupation weiter Teile Europas im Zusam menbruch endeten. Der Verlust von Staatlichkeit und Territorium, Leben unter Besatzungsherrschaft, Vertreibung und Kontrolle kennzeichnen die deutsche Geschichte nach 1945, die in zwei Staaten in gegensätzlichen Weltsystemen eingebunden als Teil des Kalten Krieges und der Kon kurrenz der Supermächte verläuft. Die Wende 1989/90 als Folge des Untergangs des kommunistischen Systems wurde zur Herausforderung unverhoffter Einheit der beiden deutschen Staaten, deren antagonistische Entwicklung zwangsläufig eine soziale und kulturelle Vereinigungskrise zur Folge hatte. Die Brüche und Verwerfungen Deutschlands nach 1990 sind trotzdem nicht als Erschei nungen der Rückkehr zum Nationalstaat zu begreifen, sondern als sozial geschichtliche und gesellschaftliche Probleme vor dem Hintergrund neuer europäischer und globaler Strukturen. Alfred Haverkamp ■ Wolfgang Reinhard • Jürgen Kocka ■ Wolfgang Benz Januar 2001
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
AASS ADB AESC AfD
AGN AHC AHP AHVN AKG AmrhKG AQMA
ArchM AUF BDLG BEC Ber. RGK BGDSL BIHR BJ BRG BZ CC CEHE CICan CPL CSEL
DA DKPf DLMVerf
Acta Sanctorum (wie I, 14d) Allgemeine Deutsche Biographie (wie I, 5b) Annales. Economies-Sociétés-Civilisations Archiv fur Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde Algemene geschiedenis der Nederlanden (wie I, 9) Annuarium Historiae Conciliorum Archivum Historiae Pontificiae Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein Archiv für Kulturgeschichte Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters (wie I, 14a) Archéologie médiévale Archiv für Urkundenforschung Blätter für deutsche Landesgeschichte Bibliothèque de F Ecole des Chartes Berichte der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts Frankfurt a. M. Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Bulletin of the Institute of Historical Research Bonner Jahrbücher Bibliotheca rerum Germanicarum (wie I, 14a) Byzantinische Zeitschrift Corpus Christianorum (wie I, 14d) The Cambridge Economie History of Europe (wie 1,10d) Corpus Iuris Canonici (wie I, 14d) Clavis Patrum Latinorum (wie I, 13a) Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum (wie I, 14d) Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Die deutschen Königspfalzen (wie I, 5a) Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasser lexikon (wie I, 5a)
XVIII
DOP DW EHR FMASt GdV GHDG GGr GJ GP GWU HBG HDWSG
HEG HEWSG HGB11 HHS HJb HJLG HKG HPB HRG
HSW HWDA HWP HZ IP JAC JbGF JbKGV JBLG JbNum JEcH JFL
Verzeichnis der Abkürzungen
Dumbarton Oaks Papers Dahlmann-Waitz (wie I, lb) English Historical Review Frühmittelalterliche Studien Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit (wie I, 14a) Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte (wie I, 8) Geschichtliche Grundbegriffe (wie I, 5a) Germania Judaica (wie I, 5a) Germania Pontificia (wie I, 15d) Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Handbuch der Bayerischen Geschichte (wie I, 9) Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte (wie 1,10d) Handbuch der Europäischen Geschichte (wie I, 7) Handbuch der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte (wie I, 10d) Hansische Geschichtsblätter Handbuch der historischen Stätten (wie I, 5a) Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte Handbuch der Kirchengeschichte (wie I, 10b) Das Historisch-Politische Buch Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie I, 5a) Handwörterbuch der Sozialwissenschaften (wie I, 5a) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (wie I, 5a) Historisches Wörterbuch der Philosophie (wie I, 5a) Historische Zeitschrift Italia Pontificia (wie 1,15d) Jahrbuch für Antike und Christentum Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte Journal of Ecclesiastical History Jahrbuch für Fränkische Landesforschung
Verzeichnis der Abkürzungen
JGMO
JKG JMH JRGZ JWG JWLG KiG KJ LexMA LThK MA MARHP MGH MGHAA MGH Capit. MGH Capit. episc. MGH Cone. MGHDD MGHDD Karol. MGH DD Karol, dt. MGH DD RIG MGH Dt. Chron. MGH DMA MGH Epp. MGH Epp. sei. MGH Fontes MGH Formulae MGH LL MGH LM MGH LMN MGH LNG MGH NG
XIX
Jahrbuch fur die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands Jahrbuch für Kunstgeschichte Journal of Medieval History Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte Die Kirche in ihrer Geschichte (wie I, 10b) Kurtrierisches Jahrbuch Lexikon des Mittelalters (wie I, 5 a) Lexikon für Theologie und Kirche (wie I, 5a) Le Moyen Age Moyen-Age. Revue d’histoire et de philologie Monumenta Germaniae Histórica (wie I, 14a) MGH Auctores antiquissimi MGH Capitularía regum Francorum MGH Capitula episcoporum
MGH Concilia MGH Diplomata (in Folio) MGH Diplomata. Die Urkunden der Karolinger MGH Diplomata. Die Urkunden der deutschen Karolinger MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae MGH Deutsche Chroniken MGH Deutsches Mittelalter. Kritische Studientexte MGH Epistolae MGH Epistolae selectae MGH Fontes iuris Germanici antiqui MGH Formulae Merowingici et Karolini Aevi MGH Leges (in Folio) MGH Libri memoriales MGH Libri memoriales et necrologia, Nova series MGH Leges nationum Germanicarum MGH Necrologia Germaniae
XX
Verzeichnis der Abkürzungen
MGH Poetae latini medii aevi MGH PP MGH Schriften Schriften der MGH MGH Scriptores rerum Germanicarum in usum MGH SRG scholarum MGHSRGNS MGH Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Nova Series MGH Scriptores rerum Langobardicarum et MGHSRL Italicarum Saec. VI-IX MGH Scriptores rerum Merovingicarum MGHSRM MGH Scriptores (in Folio bzw. in Quart) MGH SS MGH ST MGH Sudien und Texte MGH Staatsschriften des späteren Mittelalters MGH Staatsschriften Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger MGSL Landeskunde Migne, PL Migne, Patrología (wie I, 14d) Mitteilungen des Instituts für Österreichische MIÖG Geschichtsforschung Mittellateinisches Jahrbuch MJb Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs MÖSTA Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt MVGN Nürnberg Nachrichten der Akademie der Wissenschaften NAG in Göttingen The New Cambridge Medieval History (wie I, 7) NCMH Neue Deutsche Biographie (wie I, 5b) NDB Neues Handbuch der Literaturwissenschaft (wie I, 10h) NHLW Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte NJLG PP Past and Present Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven QFIAB und Bibliotheken Reallexikon für Antike und Christentum (wie I, 5a) RAC Revue Beige de Philologie et d’Histoire RBPH Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte (wie I, 5a) RDK Reallexikon der Deutschen Literaturgeschichte RDL (wie I, 5a) Paulys Realencyclopädie der classischen Altertums RE wissenschaften (wie I, 5a)
Verzeichnis der Abkürzungen RevBén RGA
RGG RH RHE RhV RI RNum RömHM Rpf RQ RTA SAGG
Sett.Cent.it. SMBO
StAns StGreg StM SZG TAJb TechG TRE TRG TRHS TS
VSWG WestfZ ZA ZAA ZAGV ZAK
XXI
Revue Bénédictine Reallexikon der germanischen Altertumskunde (wie I, 5a) Die Religion in Geschichte und Gegenwart (wie I, 5a) Revue historique Revue d’Histoire Ecclésiastique Rheinische Vierteljahrsblätter Regesta Imperii (wie I, 15a) Revue Numismatique Römische Historische Mitteilungen Repertorium fontium historiae medii aevi (wie I, 13a) Römische Quartalschrift für christliche Altertums kunde und Kirchengeschichte Deutsche Reichstagsakten (wie I, 14a) Siedlungsforschung. Archäologie, Geographie, Geschichte Settimane di studio del Centro italiano di studi sull’alto medioevo Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige Studia Anselmiana. Philosophica et theologica Studi Gregoriani Studi Medievali Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte Technik-Geschichte Theologische Realenzyklopädie (wie I, 5 a) Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis Transactions of the Royal Historical Society Typologie des sources du moyen âge occidental (wie I, 13b) Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Westfalische Zeitschrift Zeitschrift für Archäologie Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte
XXII
ZAM ZBLG ZfG ZGO ZGS ZHF ZK ZKG ZRG ZRGGA ZRGKA ZRG RA ZSHG ZWLG
Verzeichnis der Abkürzungen
Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters Zeitschrift für Bayerische,Landesgeschichte Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend Zeitschrift für historische Forschung Zeitschrift für Kunstgeschichte Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für Rechtsgeschichte ZRG Germanistische Abteilung ZRG Kanonistische Abteilung ZRG Romanistische Abteilung Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte
ALLGEMEINE QUELLEN UND LITERATUR
Alfred Heit (t)’ Vorbemerkungen: Die folgende Titelauflistung bietet innerhalb eines eher knapp bemessenen Rahmens ein bibliographisches Grundgerüst zur mittelalterlichen deutschen Geschichte bis ca. 1495. In 15 Sach bereichen wird eine Auswahl von bibliographischen Hilfsmitteln, Ein führungen, Handbüchern, Handwörterbüchem/Lexika, Monographien, Sammelwerken, hilfswissenschaftlichen Instrumentarien, Kartenwer ken, Quellensammlungen und Regestenwerken zusammengestellt. Dabei gebot einerseits die Vielfalt der Betrachtungsaspekte moderner Mediävistik eine thematische und räumliche Differenzierung in die geläufigen Teilbereiche, andererseits galt es, den Charakter eines sachlich breiten Überblicks zu wahren. In zeitlicher Hinsicht war das Prinzip maßgebend, nur Werke/Arbeiten mit gesamthafter Darbietung des Mittelalters aufzunehmen. Jüngeres Schrifttum - mit Nachweis des älteren - hat den Vorzug. Das heißt nicht, daß der nichtgenannte ältere Grundbestand überholt sei. An Einteilungskriterien wurden formal-bibliothekarische und fach lich-thematische, daneben zeitliche und räumliche kombiniert. Wo immer möglich, ist den »Zunftgebräuchen« gefolgt, auch dort, wo dies einer bibliothekarischen Systematik widerstrebt. Der bibliogra phische Vorspann und das Abkürzungsverzeichnis (AKV) ergänzen sich inhaltlich. Die Abteilungen der Monumenta Germaniae Histórica (MGH) sind über das AKV zu erfassen. Es bleibt eine Lücke im Bereich der geschichtswissenschaftlichen Reihen und der Festschrif ten, für die jedoch unter lf und lg weiterführende bibliographische Hinweise geboten werden. Die Notwendigkeit, äußerst raumsparend zu zitieren, ist kennzeich nend für das gesamte Handbuch. Besonderheiten der Zitierweise, die nicht ohne weiteres ersichtlich sind, seien hier kurz erläutert: Unter titel und Reihentitel entfallen in der Regel. Bei Werken, die (noch) im Erscheinen begriffen sind, wird der Fortsetzungsstrich angewendet Cí ete.). Die vor dem Erscheinungsjahr hochgestellte Auflagenziffer be* Anmerkung des Herausgebers: Die Vorarbeiten von Herrn Dr. Heit (t 2000) wur den von Herrn Richtscheid MA zusammen mit mir fortgeführt.
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Allgemeine Quellen und Literatur
zeichnet in der Regel die letzte veränderte Auflage. Ein Nachdruck wird nur angeführt, wenn er Korrekturen, Ergänzungen oder Erwei terungen enthält. Beim wiederholten bibliographischen Nachweis wird das formali sierte Kurzzitat gebraucht. Die Ordnung der Titel erfolgt in der Regel alphabetisch nach Titel oder Verfasser (mit Ausnahme von li, 2, 5a) oder nach Städten und Ländern (9, 12c, 14b, 15b, c, d). Für die Informationsmöglichkeiten in den neuen Medien sei nur allgemein auf: Internet-Handbuch Geschichte, Hg. S. Jenks u. a., 2001, verwiesen.
1 Bibliographien a Leitfäden, b Abgeschlossene Bibliographien, c Periodische Bibliographien, d Prospektive Bibliographien, e Hochschulschriften, f Personal-Bibliographien, Festschriften, g Fachzeitschriften, Reihen, h Auswahl bibliographisch ergiebiger Periodika, i Spezial-Bibliographien - 2 Einführungen - 3 Zur Me thodik, Theorie, Geschichtswissenschaft und Geschichtsphilosophie a Methodik/Methodologie, b Theorie, c Geschichtswissenschaft/Geschichtsschreibung, d Geschichtsphilosophie - 4 Institutionen der Quellenüberlieferung a Archive, b Bibliotheken, c Museen 5 Lexika und Biographien a Lexika, Hand- und Sachwörterbücher, b Biographische Nachschlagewerke - 6 Wörterbücher, Glossare 7 Handbücher und allgemeine Darstellungen zur Weltgeschichte und europäischen Geschichte - 8 Handbücher und allgemeine Darstellun gen zur deutschen Geschichte - 9 Handbücher und allgemeine Dar stellungen zur Geschichte von Landschaften und Ländern innerhalb des Deutschen Reiches - 10 Handbücher und allgemeine Darstellun gen historischer Teildisziplinen und Teilgebiete a Rechts- und Ver fassungsgeschichte, Verwaltungsgeschichte, b Kirchengeschichte, c Geschichte der Juden, d Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bevöl kerungsgeschichte, Verkehrsgeschichte, Technikgeschichte, Umwelt geschichte, e Agrargeschichte/Grundherrschaft, f Stadtgeschichte, g Wissenschafts- und Bildungsgeschichte, h Sprach- und Literatur geschichte, i Philosophiegeschichte, j Kunstgeschichte, k Geschich te der Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin l Byzantinische Geschichte, m Geschichte des Islams - 11 Historische Hilfswissen schaften a Allgemein, b Chronologie, c Diplomatik, d Epigraphik, e Paläographie/Kodikologie, f Sphragistik, g Heraldik, h Genealo
Allgemeine Quellen und Literatur (I, lc)
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gie, i Historische Geographie/Kartographie, j Metrologie, k Namen kunde, / Numismatik und Geldgeschichte, m Mittellateinische Phi lologie, n Germanische Philologie, o Romanische Philologie, p Sla wische Philologie, q Mittelalter-Archäologie, r Realienkunde, Volkskunde - 12 Geschichtsatlanten/-karten a Allgemein, b Kir chengeschichte, c Länder, d Städte, e Spezialthemen - 13 Zur Quellenerschließung a Quellenbibliographie, b Quellenkunde/mittelalterliche Historiographie 14 Quellensammlungen a Deutsches Reich, b Länder, c Städte, d Kirchengeschichte - 15 Regestenwer ke a Reichsregesten, b Erzbischöfe/Bischöfe/Orden, c Sonstige wichtigere Herrschaftsträger, d Papstregesten.
1 Bibliographien a Leitfäden: H. Allischewski, Bibliographienkunde, 21986; F. Domay, Bibliographie der nationalen Bibliographien, 1987; R. Feld mann u. a., Wie finde ich Literatur zur Geschichte, 31995; H.-J. KopPITZ, Grundzüge der Bibliographie, 1977; W. Totok u. a., Handbuch der bibliographischen Nachschlagewerke, Bd. 1—2, 61984f. b Abgeschlossene Bibliographien: W. Baumgart, Bücherverzeich nis zur deutschen Geschichte, l42001; Dahlmann-Waitz (DW), Quellenkunde der deutschen Geschichte, Hg. H. Heimpel u. a., 1-, l01969-; A. Heit u. a., Bibliographie zur Geschichte des Mittelalters, 1997; P.-J. Schuler, Grundbibliographie Mittelalterliche Geschichte, 1990; vgl. erg.: Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 1700-1910, Bd. 1-160, 1979-1986; 1911-1965, Bd. 1-150, 19761981.
c Periodische Bibliographien: Die deutsche Geschichtswissenschaft im Zweiten Weltkrieg (1939-1945), Hg. W. Holtzmann u. a., TI. 1-2, 1951; Historische Bibliographie, 1-, 1986(1987)-; International Bibliography of Historical Sciences, Bd. 1-14, 1926(1930)1939(1942), 16-, 1947-; International Medieval Bibliography, 1-, 1967(1968)-; Jahresberichte der Geschichtswissenschaft, Bd. 1-26, 1878(1880)—1913(1916); Jahresberichte der deutschen Geschichts wissenschaft, Bd. 1-7, 1918(1920)-1924(1926); Jahresberichte für deutsche Geschichte, Bd. 1-15/16, 1925(1927)-1939/40(1942); Jah-
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Allgemeine Quellen und Literatur
resberichte für deutsche Geschichte, NF 1-, 1949(1952)-; Medioevo Latino, 1-, 1978(1980)-; Revue d’Histoire Ecclésiastique (RHE). Bi bliographie 1-, 1900-; vgl. erg. Internationale Bibliographie der Zeit schriftenliteratur, 1-, 1963/64(1965)-; Deutsche Bibliographie, Reihe A-D, 1947-, 1965-, 1965-, 1951-; Internationale Bibliographie der Rezensionen, 1-, 1969/70(1971)-; Verzeichnis lieferbarer Bücher (erscheint jährlich). Die für das mittelalterliche Deutsche Reich un mittelbar relevanten ausländischen Fachbibliographien der Geschichte verzeichnen Koppitz, Grundzüge (wie I, la), 167ff. und Baumgart, Bücherverzeichnis (wie I, lb), 32ff. d Prospektive Bibliographien: Jahrbuch für Historische Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, 1-, 1974—; vgl. erg. Deutsche Bibliographie, Reihe N.
e Hochschulschriften: Hochschulschriften zur Geschichte und Kul tur des Mittelalters 1939 bis 1972/74 (Deutschland, Österreich, Schweiz), TI. 1-3, 1975; vgl. ergänzend Deutsche Bibliographie, Rei he H, 1-, 1971(1972)-; Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Hoch schulschriften, 1966-1980, Hg. W. Gorzny, Bd. 1-40, 1984-1991; Jahresverzeichnis der deutschen Hochschulschriften, 1-, 1885/86 (1887)-. f Personal-Bibliographien, Festschriften: Bibliographie Internatio nale des Travaux Historiques publiés dans les volumes de »Mé langes«, Tl. 1, 1880-1939, Hg. H. Nabholz, 1955; Tl. 2, 1940-1950, Hg. G. Ritter u. a., 1965; A. Heit, Bibliographie deutschsprachiger persönlicher Festschriften, Gedenkschriften und Sammelschriften aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft, 1950-1990, 1991; 1991-1997, 1999; Répertoire international des médiévistes, 91999; vgl. ergänzend Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender, Bd. 1-3, 182001; vgl. ergänzend Internationale Jahresbibliographie der Fest schriften, 1-, 1980(1982)-; O. Leistner, Internationale Bibliographie der Festschriften von den Anfängen bis 1979, Bd. 1-3, 21984—1989. g Fachzeitschriften, Reihen: A. Heit u. a., Bibliographie deutsch sprachiger geschichtswissenschaftlicher Reihen nach Stücktiteln, TI. 1-3, 21992-1994; Historical periodicals directory, Hg. E. H. Boehm
Allgemeine Quellen und Literatur (I, li)
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u. a., Bd. 1-5, 1981-1986; Verzeichnis deutscher wissenschaftlicher Zeitschriften, 81975. h Auswahl bibliographisch ergiebiger Periodika: Der Archivar, 1-, 1947/48-; Blätter für deutsche Landesgeschichte (BDLG), 1-, 1853-; Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters (1937-1944: für Geschichte des Mittelalters) (DA), 1-, 1937-; Francia, 1-, 1973-; Geschichte in Wissenschaft und Unterricht (GWU), 1-, 1950-; Han sische Geschichtsblätter (HGB11), 1-, 1871—; Das Historisch-Politi sche Buch (HPB), 1-, 1953-; Historische Zeitschrift (HZ) (Sonder hefte mit Forschungsberichten), 1-, 1962-; Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte (JbNum), 1-, 1949-; Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung (MIÖG), 1-, 188O-; Mittei lungen des Mediävistenverbandes, 1-, 1984—; Quellen und Forschun gen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB), 1-, 1897/98-; Revue d’Histoire Ecclésiastique (RHE), 1-, 1900—; Rhei nische Vierteljahrsblätter (RhV), 1-, 1931-; Siedlungsforschung. Ar chäologie, Geographie, Geschichte (SAGG), 1-, 1983-; Schweizeri sche Zeitschrift für Geschichte (SZG), 1-, 1951-; Technik-Geschichte (TechG), 1-, 1909-; Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschafts geschichte (VSWG), 1-, 1903-; Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie (ZAA), 1-, 1953-; Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters (ZAM), 1-, 1973-; Zeitschrift für bayerische Landesge schichte (ZBLG), 1-, 1928-; Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG), 1-, 1953-; Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO), 1-, 1850-; Zeitschrift für Historische Forschung (ZHF), 1-, 1974—; Zeitschrift für Rechtsgeschichte (ZRG). Germanistische Ab teilung (ZRG GA), 1-, 188O-; Romanistische Abteilung (ZRG RA), 1-, 188O-; Kanonistische Abteilung (ZRG KA), 1-, 1911-,
i Spezial-Bibliographien: (ergänzend vor allem zu den periodischen Spezial-Bibliographien s. Koppitz, Grundzüge (wie I, la), 141 ff. u. a. oben genannte Leitfäden). Zu 3: H. Berding, Bibliographie zur Geschichtstheorie, 1977. Zu 4: Basic International Bibliography of Archive Administration, Hg. M. Duchein, 1978; F. Heidtmann, Wie finde ich bibliothekarische Literatur, i21986. Zu 5: G. A. ZISCHKA, Index lexicorum, 1959. Zu 6: P. Kühn, Deutsche Wörterbücher, 1978; W. Zaunmüller, Bibliographisches Handbuch der Sprach-
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Allgemeine Quellen und Literatur
Wörterbücher, 1958. Zu 9: R. Oberschelp, Die Bibliographien zur deutschen Landesgeschichte und Landeskunde, 31997. Zu 10a: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Pri vatrechtsgeschichte, Hg. H. Coing, Bd. 1, 1973; G. Köbler u. a., Bibliographie der deutschen Hochschulschriften zur Rechtsgeschichte (1885-1945), 1975; Ders., Einfache Bibliographie europäisch-deut scher Rechtsgeschichte, 1990; H. Planitz u. a., Bibliographie zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 1—2, 1952. Zu 10b: C. T. Berkhout u. a., Médiéval Heresies. A Bibliography 1960-1979, 1981; M. von Fürstenberg u. a., Bücherverzeichnis zur Kirchengeschichte, 1999; H. Grundmann, Bibliographie zur Ketzergeschichte des Mit telalters (1900-1966), 1967; G. J. Lewis, Bibliographie zur deutschen Frauenmystik des Mittelalters, 1989; G. Schwinge, Wie finde ich theologische Literatur, 31994; A. Vernet u. a., La Bible au moyen âge, 1989. Zu 10c: Index of articles on Jewish studies, 1-, 1966(1969)-; International bibliography of jewish history and thought, Hg. J. Kaplan, 1984; G. Kisch u. a., Schriften zur Ge schichte der Juden. Eine Bibliographie der in Deutschland und der Schweiz 1922-1955 erschienenen Dissertationen, 1959; G. Kisch, Judaistische Bibliographie. Ein Verzeichnis der in Deutschland und der Schweiz von 1956 bis 1970 erschienenen Dissertationen und Ha bilitationsschriften, 1972. Zu 10d: I. Matschinegg, Migration Wanderung - Mobilität, 1990; J. E. Salisbury, Médiéval sexuality, 1990; A. Simon, Bibliographie zur Verkehrsgeschichte Deutschlands im Mittelalter, 21984; Women in Western European history, Hg. L. Frey u. a., 1982. Zu 10e: Bibliographia historiae rerum rusticarum intemationalis, Red. P. Gunst, 1-, 1960/61(1964)-; C. Reinicke, Bibliographie zur rheinischen Agrargeschichte 500-1800, 21986. Zu 10f: Bibliographie zur deutschen historischen Städteforschung, Hg. H. Stoob u. a., 2 Bde., Indexbd., 1986-1996; Guide international d’histoire urbaine, Hg. P. Wolff, Bd. 1, 1977; Österreichische Städ tebibliographie, 1-, 1976/77-, Zu 10g: Bibliographie internationale de l’histoire des universités, Bd. 1-2, 1973-1976; T. Pester, Ge schichte der Universitäten und Hochschulen im deutschsprachigen Raum von den Anfängen bis 1945. Auswahlbibliographie der Lite ratur der Jahre 1945-1986, 1990. Zu 10h: Bibliographisches Hand buch der deutschen Literaturwissenschaft (1945-1969/72), Hg. C. Köttelwesch, 2 Bde., Reg.bd., Bd. 1, 1973; J. Hansel, Bücherkun
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 2)
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de für Germanisten, 91991. Zu 10i: W. Totok, Bibliographischer Wegweiser der philosophischen Literatur, 21985; Ders., Handbuch der Geschichte der Philosophie, Bd. 1-6, 21997Zu 10j: K. G. Kaster, Kunstgeschichtliche Terminologie (mit kommentierter Bi bliographie), 41981; E. Rothe u. a., Die Kunst. Bibliographie zur Geschichte der bildenden Kunst, der Musik, der Literatur und des Theaters, 1964. Zu 10k: G. Baader u. a., Medizinhistorische Mittelalterforschung (1950-1980), 1982; Bibliography of the history of medicine, Bd. 1-28, 1965(1966)-1990/1993(1994); B. Weiss, Wie finde ich Literatur zur Geschichte der Naturwissenschaften und Tech nik, 21990. Zu 11c: W. Koch, Literaturbericht zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Epigraphik (1992-1997), 2000. Zu Ile: Biblio graphie Sphragistik, Hg. E. Henning u. a., 1995. Zu llf: Biblio graphie zur Heraldik. Schrifttum Deutschlands und Österreichs bis 1980, Bearb. H. Henning u. a., 1984. Zu 11g: Familiengeschicht liche Bibliographie, Bd. 1-6, 1928-1938. Zu 11h: G. Franz u. a., Historische Kartographie. Forschung und Bibliographie, 3198O. Zu lli: A. Heit u. a., Bibliographie zur Historischen Metrologie, Bd. 1-2, 1992, 1995. Zu llj: Bibliographie der Ortsnamenbücher des deutschen Sprachgebietes in Mitteleuropa, Hg. R. Schützeichel, 1988; G. Kempf, Bibliographie der deutsch-slawischen Namenkunde, Lfg. 1-3, 1976-1978. Zu 11k: Bibliographie der bayerischen Münzund Geldgeschichte 1750-1964, Bearb. B. Overbeck, 1968. Zu llo: U. Bamborschke u. a., Bibliographie slavistischer Arbeiten (1922-1976), 1981; Ders. u. a., Bibliographie slavistischer Arbeiten aus deutschsprachigen Fachzeitschriften, 1964-1973, Bd. 1-2, 1976; 1974-1983, 1989; Materialien zu einer slawistischen Bibliographie, 1-, 1963—; G. Wytrzens, Bibliographie der literarwissenschaftlichen Slawistik, 1970-1980, 1982. Zu 11p: Bibliographie zur archäolo gischen Germanenforschung (1941-1955), 1966; R.-D. Bleck, Bi bliographie der archäologisch-chemischen Literatur, TI. 1-3, 1967-1971. Zu llq: Rheinische volkskundliche Bibliographie, Hg. H.L. Cox, 1950-1975, 1987; 1976-1980, 1991.
2 Einführungen Allgemeine Einführungen: H. BOOCKMANN, Einführung in die Ge schichte des Mittelalters, 61996; E. Boshof u. a., Grundlagen des Stu diums der Geschichte, 51997; Einführung in das Studium der Ge-
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Allgemeine Quellen und Literatur
schichte, Hg. W. Eckermann u. a., 41986; H.-W. Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, 22000. Zu 3b: T. SCHIEDER, Geschichte als Wissenschaft, 21968. Zu 3d: R. Schaeffler, Einführung in die Geschichtsphilosophie, 41991. Zu 4: E. G. Franz, Einführung in die Archivkunde, 51999. Zu 10a: H. Coing, Epochen der Rechts geschichte in Deutschland, 41981; K. Kroeschell, Deutsche Rechts geschichte, Bd. 1, “1999, Bd. 2,81992; E. J. H. Schrage, Utrumque ius: Eine Einführung in das Studium der Quellen des mittelalterlichen Rechts, 1992 (ndl. 1987). Zu 10b: D. de Chapeaurouge, Einfüh rung in die Geschichte der christlichen Symbole, 31991; J. Overath, Einführung in das Studium der mittleren und neueren Kirchenge schichte, 1979; K.-V. Selge, Einführung in das Studium der Kir chengeschichte, 1982. Zu 10c: H. H. BEN Sasson, Geschichte des jüdischen Volkes, Bd. 1-3, Bd. 2, 1979. Zu 10d: A. E. Imhof, Einführung in die historische Demographie, 1977; H. Kellenbenz u. a., Grundlagen des Studiums der Wirtschaftsgeschichte, 1973; B. KlRCHGÄSSNER, Einführung in die Wirtschaftsgeschichte, 1979; A. Timm, Einführung in die Technikgeschichte, 1972; W. Zorn, Ein führung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 21974. Zu 10e: W. Rösener, Einführung in die Agrargeschichte, 1997. Zu 10g: A. Timm, Einführung in die Wis senschaftsgeschichte, 1973. Zu 10h: S. A. Birnbaum, Die jiddi sche Sprache, 31997; J. Bumke u. a., Geschichte der deutschen Lite ratur im Mittelalter, Bd. 1-3, Bd. 1 u. 3, 32000, Bd. 2, 42000; W. Haug, Literaturtheorie im deutschen Mittelalter, 21992; J. KÜHNEL, Grundkurs: Historische Linguistik, 21978; K. LANGOSCH, Lateini sches Mittelalter, 51988; M. Weinrich, History of the Yiddish Language, 1980. Zu 10i: K. Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter, 22000. Zu 10j: H. Bauer, Kunsthistorik, 31989; A guide to the culture of science, technology, and medicine, Hg. P. T. Durbin, 1980; Kunstgeschichte, Hg. H. Belting u. a.,51996. Zu 11a: A.-D. VON DEN Brincken, Historische Chronologie des Abend landes, 2000. Zu 1 Id: K. LÖFFLER, Einführung in die Handschrif tenkunde, Neubearb. W. Milde, 1997. Zu llf: V. V. Filip, Ein führung in die Heraldik, 2000. Zu 11m: K. Strecker, Einführung in das Mittellatein, 31939 (engl. 61971). Zu 11p: G. P. Fehring, Einführung in die Archäologie des Mittelalters, 32000.
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 3c)
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3 Zur Methodik, Theorie, Geschichtswissenschaft und Geschichts philosophie a Methodik/Methodologie: K. Acham u. a., Methoden der Ge schichtswissenschaft und Archäologie, 1974; Geschichtswissenschaft und elektronische Datenverarbeitung, Hg. K. H. Kaufhold u. a., 1988; L.-E. Halkin, Initiation à la critique historique, 51992; C. Har vey, Databases in historical research, 1996; J. Heffer u. a., Outils statistiques pour les historiens, 1981; L’histoire et ses méthodes, Hg. C. Samaran, 1961; K. H. Jarausch u. a., Quantitative Methoden in der Geschichtswissenschaft, 1985; New methods for social history, Hg. L. J. Griffin, 1998; N. Ohler, Quantitative Methoden für Hi storiker, 1980; Vergleichende Geschichtswissenschaft, Hg. F. Hampl u. a., 1978. b Theorie: J. G. Droysen, Historik, Bd. 1-3, 81977; K.-G. Faber, Theorie der Geschichtswissenschaft,51982; C. Lorenz, Konstruktion der Vergangenheit, 1997 (ndl. 1987); J. RÜSEN, Grundzüge einer Hi storik, Bd. 1-3, 1983-1989; Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 1-6, 1977-1990 (dtv Wissenschaft 4281, 4304, 4342, 4389, 4390, 4544).
c Geschichtswissenschaft/Geschichtsschreibung: E.-W. BÖCKENFÖRDE, Die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung im 19. Jahrhundert, 21995; Deutsche Historiker, Hg. H.-U. Wehler, Bd. 1-9, 1971-1982; M. Erbe, Zur neueren französischen Sozialgeschichts forschung, 1979; A. Gerlich, Geschichtliche Landeskunde des Mit telalters, 1986; H.-W. Goetz, Moderne Mediävistik. Stand und Per spektiven der Mittelalterforschung, 1999; G. G. IGGERS, Geschichts wissenschaft im 20. Jahrhundert, 1993; Landesgeschichte heute, Hg. C.-H. Hauptmeyer, 1987; Mittelalterforschung, 1981 (Forschung und Information 29); Mittelalterforschung nach der Wende 1989, Hg. M. Borgolte, 1995; Probleme und Methoden der Landesgeschichte, Hg. P. Fried, 1978; W. Weber, Biographisches Lexikon der Ge schichtswissenschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 21987; H. Winkel, Die deutsche Nationalökonomie im 19. Jahrhun dert, 1977.
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Allgemeine Quellen und Literatur
d Geschichtsphilosophie: J. Burckhardt, Weltgeschichtliche Be trachtungen, l21978; K. Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Ge schichte, 91983; R. Koselleck, Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, 1978; K. Löwith, Weltgeschichte und Heils geschehen, 5 *81990. 4 Institutionen der Quellenüberlieferung a Archive: Archive in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz, 151995; H. Romeyk, EDV und Archive, 21981; A. Tausendpfund, Die Archivorganisation in den Ländern der Bundes republik Deutschland, 1977. b Bibliotheken: L. BuzÄS, Deutsche Bibliotheksgeschichte des Mit telalters, 1975; Handbuch der Bibliotheken. Bundesrepublik Deutsch land, Österreich, Schweiz, 51998; U. JOCHUM, Kleine Bibliotheksge schichte, 21999; Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, 1-, 1918-; Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, 1-, 1915-.
c Museen: Handbuch der Museen. Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, Österreich, Schweiz, Liechten stein, Hg. H. Gläser, 21981; R. van Luttervelt, Holländische Museen, 1975. 5 Lexika und Biographien a Lexika, Hand- und Sachwörterbücher: Dictionary of the middle ages, Bd. 1-13, Hg. J. R. Strayer, 1982-1989; Geschichtliche Grundbegriffe (GGr), Hg. O. Brunner u. a„ Bd. 1-8, 1972-1997; Hilfswörterbuch für Historiker, Hg. E. Haberkern u. a., Bd. 1-2, 81995; Lexikon der deutschen Geschichte, Hg. G. Taddey, ’1998; Lexikon des Mittelalters (LexMA), Bd. 1-9, Reg.bd., 1980-1999; Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften (RE), Reihe 1, Bd. 1-24, 1893-1963; Reihe 2, Bd. 1-10, 1914-1972; Suppl. Bd. 1-15, 1903-1978; Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike, Bd. 1-5, 1964-1975; Der Neue Pauly, Hg. H. Caucik, 1-, 1996-; Reallexikon der germanischen Altertumskunde (RGA), Bd. 1-4, 1911-1919; Neubearb. 1-, 1973-. Zu 9: Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 1-, 1983-; Führer zu vor- und frühge-
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 5a)
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schichtlichen Denkmälern, Bd. 1-50, 1964—1982; Handbuch der hi storischen Stätten (HHS) Deutschlands, Bd. 1-11, 1958-1977 (verseh. Neuaufl.); ergänzend: HHS Böhmen und Mähren, 1998; HHS Dänemark, 1982; HHS Österreich, Bd. 1-2, 1970, 21985; HHS Ostund Westpreußen, 1981; HHS Schlesien, 1977; HHS Schweiz, 1996; G. Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, 61999; Territorien-Ploetz. Geschichte der deutschen Länder, Hg. G.-W. SANTE, Bd. 1-2, 1964, 1971. Zu 10a: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Bd. 1-5, 1963-2001; Die deutschen Königspfalzen (DKPf). Repertorium der Pfalzen, Königshöfe und übrigen Aufenthaltsorte der Könige im deut schen Reich des Mittelalters, 1-, 1983-; Handwörterbuch zur deut schen Rechtsgeschichte (HRG), Bd. 1-5, 1971-1998; lus Romanum Medii Aevi, 1-, 1961—. Zu 10b: Dictionnaire de droit canonique, Hg. R. Naz, Bd. 1-7, 1935-1967; Dictionnaire d’histoire et de géo graphie ecclésiastiques, Hg. R. Aubert u. a., 1-, 1912—; P. Gams, Sériés episcoporum ecclesiae catholicae, 1873-1886; Neubearb. Sé riés episcoporum ecclesiae catholica occidentalis ab initio usque annum 1198, 1-, 1982-; Germania Benedictina, 1-, 1970-; Germania Sacra, 1-, 1929-; NF 1-, 1962-; Helvetia Sacra, 1-, 1972-; Hierarchia catholica medii aevi, Hg. K. Eubel u. a., Bd. 1-8, 1898-1978, Bd. 1-3, 21913—1923; Lexikon der christlichen Ikonographie, Hg. E. Kirschbaum, Bd. 1-8, 1968-1990; Lexikon für Theologie und Kir che (LThK), Bd. 1-10,31993—2001 ; Reallexikon für Antike und Chri stentum (RAC), 1-, 1950-; Die Religion in Geschichte und Gegen wart (RGG), 1-, 41998-; Theologische Realenzyklopädie (TRE), 1-, 1977-, Zu 10c: Germania Judaica (GJ), Bd. 1-3, 1963-2002. Zu 10d: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften (HSW), Bd. 1-12, Reg.bd., 1956-1968; Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfs wissenschaften, Hg. O. Lueger, Bd. 1-9, Reg.bd., ’1926-1931; Ploetz - Wirtschaftsgeschichte der deutschsprachigen Länder vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, Hg. H. Schäfer, 1989; Raum und Bevölkerung in der Weltgeschichte. Bevölkerungs-Ploetz, Bd. 1^4, Bd. 1-2, ’1965, 1968; R. Reith, Lexikon des alten Handwerks, 21991. Zu 10f: Deutsches Städtebuch, Hg. E. Keyser, Bd. 1-5, 1939-1974; Neubearb. H. Stoob, 1-, 1995-; Österreichisches Städ tebuch, Bd. 1-5, 1968-1985. Zu 10g: Lexikon der Pädagogik, Neue Ausg., Hg. H. Rombach, Bd. 1-4, 1970L; Neues pädagogisches Le-
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Allgemeine Quellen und Literatur
xikon, 51971. Zu 10h: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon (DLMVerf), Hg. K. Ruh u. a., Bd. 1-11, 21978-2000; Enzyklopädie des Märchens, 1-, 1977-; Handwörter buch des deutschen Aberglaubens (HWDA), Bd. 1-9, Reg.bd., 1927-1942; Lexikon der Germanistischen Linguistik, Bd. 1-4,21980; Lexikon der Romanistischen Linguistik, 1-, 1988-; Literatur-Lexi kon, Hg. W. Killy, Bd. 1-12, 1988-1992; Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte (RDL), Bd. 1-4, 1958-1984; Tusculum-Lexikon griechischer und lateinischer Autoren des Altertums und des Mittel alters, 31982. Zu 10i: Dictionnaire des philosophes, Hg. D. HuisMAN, Bd. 1-2, 21993; Historisches Wörterbuch der Philosophie (HWP), Hg. J. Ritter, 1-, 1971—; Lexikon der philosophischen Wer ke, Hg. F. Volpi u. a., 1988; Philosophisches Wörterbuch, Hg. W. BRÜGGER, 141976. Zu 10j: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd. 1-37, 1907-1950; G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Neubearb. 1-, 1971—; Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 1-22, 2 Regbde.,21994-2004; Reallexikon zur Deut schen Kunstgeschichte (RDK), 1-, 1937-. Zu 10k: Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete, Bd. 1-5, 1977. Zu 101: Realle xikon zur byzantinischen Kunst, 1-, 1966-, Zu 10m: Lexikon der islamischen Welt, Hg. K. Kreiser, 21992. b Biographische Nachschlagewerke Allgemeine Deutsche Biogra phie (ADB), Bd. 1-56, 1875-1912; Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte, Bearb. K. Bosl, Bd. 1-3, 21973-1975; Die großen Deutschen, Hg. H. Heimpel, Bd. 1-5, 1956L; Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, 1-, 1979-; Dicti onnaire de biographie française, 1-, 1933-; Dizionario biográfico degli Italiani, 1-, I960-; Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz (dt. Ausg.), Bd. 1-7, Supplbd., 1921-1934; Nationaal bio grafisch woordenboek, 1-, 1964-; Neue Deutsche Biographie (NDB), 1-, 1953-; Nieuw Nederlandsch biografisch Woordenboek, Bd. 1-10, 1911-1937.6
6 Wörterbücher, Glossare G. F. Benecke u. a., Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Bd. 1-4, 1854-1866; Bd. 5, E. Koller u. a., Neuhochdeutscher Index zum mittelhochdeutschen Wortschatz, 1990; A. BLAISE, Dictionnaire la-
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 7)
XXXV
tin-français des auteurs du moyen-âge, 1975; E. Brinckmeier, Glos sarium diplomaticum, Bd. 1—2, 1856, 1863; K. E. Demandt, Laterculus notarum, 61994; Deutsches Rechtswörterbuch, 1-, 1914—; L. Diefenbach, Glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis, 1857; C. du Fresne Sieur du Cange, Glossarium mediae et infimae latinitatis, Bd. 1-3, 1678; Bd. 1-10, Bearb. L. Favre, 51883—1887; Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, Hg. U. GOEBEL u. a., 1-, 1989-; H. u. K. E. Georges, Ausführliches lateinisch-deut sches Handwörterbuch, Bd. 1-2, 81912f.; A. Götze, Frühneuhoch deutsches Glossar, 71967; J. G. T. Graesse u. a., Orbis latinus. Le xikon lateinischer, geographischer Namen des Mittelalters und der Neuzeit, Bd. 1-3,41972; A. Haemmerle, Alphabetisches Verzeichnis der Berufs- und Standesbezeichnungen, 1933; C. G. Haltaus, Glos sarium germanicum medii aevi, TI. 1-2, 1758; H. G. Heumann u. a., Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 91907; Kirchen lateinisches Wörterbuch, Hg. A. Sleumer u. a., 1926; M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 1872-1878; A. Lübben u. a., Mittelniederdeutsches Handwörterbuch, 1888; Mittellateinisches Wörterbuch bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert, 1-, 1959-; J. F. Niermeyer, Mediae latinitatis lexicon minus, 1976; H. Oesterley, Historisch-geographisches Wörterbuch des deutschen Mittelalters, 1883; Thesaurus linguae latinae, 1-, 1900-; A. Tobler u. a., Altfran zösisches Wörterbuch, 1-, 1925-; J. Verdam u. a., Middelnederlandsch handwoordenboek, 1932; Wörterbuch der mittelhochdeut schen Urkundensprache, Hg. B. Kirchstein u. a., 1-, 1986-.
7 Handbücher und allgemeine Darstellungen zur Weltgeschichte und europäischen Geschichte K. Bosl, Die Grundlagen der modernen Gesellschaft im Mittelalter, TI. 1-2, 1972; Fischer Weltgeschichte, Bd. 1-36, Bd. 9-12, 1982; Handbuch der europäischen Geschichte (HEG), Hg. T. SCHWER, Bd. 1-7, Bd. 1-3, 1971-1987; Histoire générale de l’Europe, Hg. G. LlVET u. a., Bd. 1-3, 1980; Histoire générale des civilisations, Hg. M. Grouzet, 1-, Bd. 3,41965; Historia Mundi. Ein Handbuch der Welt geschichte in 10 Bänden, Hg. F. Kern, Bd. 5-6, 1956, 1958; The New Cambridge Médiéval History (NCMH), Hg. D. Abulafia u. a., Bd. 1-7, 1995-2002; Oldenbourg. Grundriß der Geschichte, Hg. J. Bleicken, 1-, 4-, 1982-; Propyläen Geschichte Europas, Hg. W.
XXXVI
Allgemeine Quellen und Literatur
Mitte, Bd. 1-6, Bd. 1, 31979; Propyläen-Weltgeschichte. Eine Uni versalgeschichte, Hg. G. Mann u. a., Bd. 1-10, 1 Erg.bd., 1 Bd. Bil der und Dokumente, Bd. 5-6, 1963f.; Saeculum Weltgeschichte, Hg. H. Franke, Bd. 1-7, Bd. 4-5, 1967, 1970. Handbücher und allgemeine Darstellungen zur deutschen Ge schichte Deutsche Geschichte, Begr. P. Rassow, Neubearb. M. Vogt, 41997; Deutsche Geschichte, Hg. J. Leuschner, Bd. 1-10, Bd. 1-3, 1974—1976 (verseh. Neuaufl.); Deutsche Geschichte in 3 Bänden, Hg. H.-J. Bartmuss, Bd. 1,31974f.; Deutsche Geschichte in 12 Bänden, Hg. H. Bartel u. a., Bd. 1-3, 1982-1985; Deutschlands Grenzen in der Geschichte, Hg. A. Demandt, 31993; Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte (GHDG), Hg. H. Grundmann, Bd. 1—4, Bd. 1-2, 91970; Handbuch der deutschen Geschichte, Hg. L. JUST, Bd. 1—4, Bildbd., Reg.bd., Bd. 1, 1957; Jahrbücher der deutschen Ge schichte, 1-, 1866- (Einzelaufstellung bei Heit [wie I, lb], 150f.); Neue deutsche Geschichte, Hg. P. Moraw u. a., 1-, 1984-, Bd. 1-2, 1985, 21993; Propyläen Geschichte Deutschlands, Hg. D. Groh, Bd. 1-9, Bd. 1-3, 1985-1994; Das Reich und die Deutschen, 1-, 1987(Siedler Deutsche Geschichte).
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Handbücher und allgemeine Darstellungen zur Geschichte von Landschaften und Ländern innerhalb des Deutschen Reiches Allgemein: Wissenschaftliche Länderkunden, Hg. W. Storkebaum, Bd. 8, TI. 1-, 1975-; Deutsche Geschichte im Osten Europas, Hg. H. Boockmann u. a., 1-, 1993-. Einzelne Länder: F. L. Baumann u. a., Geschichte des Allgäus, 4 Bde., Bd. 1-2, 1883, 1884; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Hg. H. Schwarzmaier, 5 Bde., Bd. 1, TI. 1-2, 2000f.; A. Schmidt, Geschichte des Baltikums, 1992; K. Bosl, Bayerische Geschichte, 71990; Handbuch der Baye rischen Geschichte (HBG), Hg. M. Spindler, 1-, Bd. 1,21981, Bd. 2, 21988, Bd. 3, TI. 1-3, 31995-2001; A. KRAUS, Geschichte Bayerns, 21988; F. Prinz, Die Geschichte Bayerns, 21999; H. Pirenne, Histoire de Belgique, 5 Bde., Bd. 1, 51929, Bd. 2, 31922 (s. auch Nie derlande); Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, Hg. K. Bosl, 4 Bde., Bd. 1-2, 1967, 1974; F. Prinz, Böhmen im mittelal terlichen Europa, 1984; J. Schultze, Die Mark Brandenburg, 5 Bde.,
9
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 9)
XXXVII
Bd. 1-3, 1961-1963; Die Braunschweigische Landesgeschichte, Hg. H.-R. Jarck u. a., 2000; W. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, 1853-1857; L. Boehm, Geschichte Burgunds, 21979; Histoire de l’Alsace, Hg. P. Dollinger, 1970; Das Reichsland Elsaß-Lothringen, Bd. 1-3, 1898-1901; Franken, Hg. C. Scherzer, Bd. 1, 21962, Bd. 2, 1959; K. E. Demandt, Geschichte des Landes Hessen, 21972; Lothringen, Hg. H.-W. Herrmann, 1984 (frz. 1978); M. Parisse, Austrasie, Lotharingie, Lorraine, 1990; W. Mohr, Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1-4, 1974-1986 (s. auch Elsaß); J. Goedert, La formation territoriale du pays de Luxembourg depuis les origines jusqu’au milieu du quinzième siècle, 1963; M. Hamann, Mecklenburgische Geschichte, 1968; Algemene geschiedenis der Nederlanden (AGN), Hg. J. A. VAN Houtte u. a., 12 Bde., Bd. 1-4, 2198O-1982 (s. auch Belgien); R. Lehmann, Ge schichte der Niederlausitz, 1963; Geschichte Niedersachsens, Hg. H. Patze, 4 Bde., Bd. 1-2,21985-1997; Geschichte des Landes Olden burg, Hg. A. Eckhardt u. a., 1987; H. Lübbing, Oldenburgische Landesgeschichte, 1953; J. KÖNIG, Verwaltungsgeschichte Ostfries lands, 1955; K. Uhlirz, Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn, Bearb. M. Uhlirz, 4 Bde., Bd. 1, 1927; Ders. u. a., Handbuch der Geschichte ÖsterreichUngams, Bd. 1, 21963; E. Zöllner, Geschichte Österreichs, 81990; Österreichische Geschichte, Hg. H. Wolfram, 1-, 1995-; M. Schaab, Geschichte der Kurpfalz, 2 Bde., Bd. 1,21999; O. Eggert, Geschichte Pommerns, 1-, 1974-; Pommern im Wandel der Zeiten, Hg. J. M. Piskorski, 1999; B. Schumacher, Geschichte Ost- und Westpreußens, 61977; Rheinische Geschichte in drei Bänden, Hg. F. Petri u. a., Bd. 1, TI. 1-3, 1978-1983; Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes, Hg. K. Hoppstädter, 3 Bde., Bd. 2, 1977; K. Blaschke, Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990; H. Helbig, Der Wettinische Ständestaat, 21980; W. SCHLESINGER, Kirchenge schichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1-2, 1962; Geschichte Salz burgs, Hg. H. Dopsch, 2 Bde., Bd. 1, TI. 1-3, 1981-1984; Geschichte Schlesiens, Hg. L. Petry, 2 Bde., Bd. 1, 51988; O. Brandt, Ge schichte Schleswig-Holsteins, 81981; Geschichte Schleswig-Hol steins, Begr. V. Pauls, Hg. O. Klose, 8 Bde., Bd. 3-4, 1957-1982; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1-2, 21980; H. C. Peyer, Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, 1978; Geschichte Thürin-
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Allgemeine Quellen und Literatur
gens, Hg. H. Patze u. a., 6 Bde., Bd. 1-2, 1968, 1974; J. Fontana u. a., Geschichte des Landes Tirol, 4 Bde., Bd. 1, 1985; J. Marx, Geschichte des Erzstifts Trier, Abt. 1-3, 1858-1864; F. PAULY, Sied lung und Pfarrorganisation im alten Erzbistum Trier, Bd. 1-10, 1957-1976; Westfälische Geschichte, Hg. W. Kohl, 3 Bde., Reg.- u. Dok.bd., Bd. 1, 1983; K. WELLER u. a., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, l01989 (s. auch Baden). 10 Handbücher und allgemeine Darstellungen historischer Teildis ziplinen und Teilgebiete a Rechts- und Verfassungsgeschichte, Verwaltungsgeschichte: K. S. Bader u. a., Deutsche Rechtsgeschichte, 1999; O. Brunner, Land und Herrschaft, 51965; Deutsche Verwaltungsgeschichte, Hg. K. G. Jeserich u. a., 6 Bde., 1983-1988; J. Ficker, Vom Reichsfürsten stande, Hg. P. Puntschart, Bd. 1-2, 1861, 1923; H. Mitteis, Deut sche Rechtsgeschichte, Bearb. H. Lieberich, ”1992; H. K. Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, Bd. 1-2, ’1995-2000, Bd. 3, 1998; R. Sprandel, Verfassung und Gesellschaft im Mittelal ter, 51994; G. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1-8, 1844-1878, Bd. 1-2, ’1880-1882, Bd. 3-6, 21883-1896; D. WlLLOWEIT, Deutsche Verfassungsgeschichte, 42001. b Kirchengeschichte: A. Angenendt, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 22OOO; Die Entwicklung des Konziliarismus, Hg. R. Bäumer, 1976; H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte,51972; Ge schichte der ökumenischen Konzilien, Hg. G. Dumeige, 13 Bde., Bd. 1-9, 1963-1990; Die Geschichte des Christentums, Hg. N. BROX u. a., 1-, Bd. 3-7, 1991-2001 (frz. 1990-1998); H. Grundmann, Religiöse Bewegungen im Mittelalter, 41977; J. Haller, Das Papst tum, Bd. 1-5,21962; Handbuch der Kirchengeschichte (HKG), Hg. H. Jedin u. a., Bd. 1-7, 1962-1979; Handbuch der Religionsgeschichte im deutschsprachigen Raum, Hg. P. DlNZELBACHER, 6 Bde., Bd. 1-2, 2000t ; M. Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katho lischen Kirche, Bd. 1-2,51987; Die Kirche in ihrer Geschichte (KiG), Hg. K. D. Schmidt u. a., 1-, 1962-; M. D. Lambert, Ketzerei im Mittelalter, 1991 (vgl. dessen neue Bearb. Häresie im Mittelalter, 2001); B. Schimmelpfennig, Das Papsttum, 41996; F. X. Seppelt, Geschichte des Papsttums, Bd. 1-5, 1931-1936; Neubearb. (Bd. 4
Allgemeine Quellen und Literatur (1,10d)
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und 5 von G. Schwaiger), Bd. 1-5, 1954-1959; A. Werminghoff, Verfassungsgeschichte der deutschen Kirche im Mittelalter, 21913.
c Geschichte der Juden: M. TOCH, Die Juden im mittelalterlichen Reich, 1998. d Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bevölkerungsgeschichte, Ver kehrsgeschichte, Technikgeschichte, Umweltgeschichte: Alpenüber gänge vor 1850. Landkarten - Straßen - Verkehr, Hg. U. Lindgren, 1987; Auf den Römerstraßen ins Mittelalter, Hg. F. BURGARD u. a., 1997; Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft und Gesell schaft, Hg. H. Pohl, 1989; Die Bevölkerungsentwicklung des euro päischen Mittelalters, Hg. B. Herrmann u. a., 1988; M. Bloch, La société féodale, Bd. 1—2, 1939f. (dt. 21999); A. Borst, Barbaren, Ketzer und Artisten,21990; The Cambridge Economie History of Eu rope (CEHE), 8 Bde., Bd. 1-3, 21966-1987; F. CuRSCHMANN, Hun gersnöte im Mittelalter, 1900; E. Ennen, Frauen im Mittelalter, 61999; Europäische Technik im Mittelalter 800 bis 1200, Hg. U. Lindgren, 1996; R. Fossier, L’histoire économique et sociale du Moyen Age occidental, 1999; Geschichte des Wohnens, 5 Bde., Bd. 2, Hg. U. Dirlmeier, 1998; Handbuch der deutschen Wirtschafts und Sozialgeschichte (HDWSG), Hg. H. Aubin u. a., 2 Bde., Bd. 1, 1971; Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte (HEWSG), 6 Bde., Bd. 2, Hg. J. A. VAN Houtte, 1980; Bd. 3, Hg. H. Kellenbenz, 1986; F.-W. Henning, Deutsche Wirtschafts- und So zialgeschichte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, 1990; Hoch finanz im Westen des Reiches 1150-1500, Hg. F. Burgard u. a., 1996; H. Kellenbenz, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, 2 Bde., Bd. 1, 1977; Kulturgeschichte des Wassers, Hg. H. Böhme, 1988; J. Le Göff, La civilisation de l’Occident médiéval, 1964 (dt. 1970); Men schen, Dinge und Umwelt in der Geschichte, Hg. U. Dirlmeier u. a., 1989; M. Mollat, Les pauvres au moyen âge, 1978 (dt. 1984); Pro pyläen-Technikgeschichte, Hg. W. König, Bd. 1-5, 1990-1992; Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege (Fs. H. Kellenbenz), Bd. 1-5, 1978-1981; R. Wissel, Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit, Bd. 1-6, 21971—1988.
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Allgemeine Quellen und Literatur
e Agrargeschichte/Grundherrschaft: Deutsche Agrargeschichte, Hg. G. Franz, Bd. 1, 1969, Bd. 2,31978, Bd. 3, 1967, Bd. 4,21976, Bd. 6, 1984; F.-W. Henning, Deutsche Agrargeschichte des Mittel alters, 1994; W. RÖSENER, Agrarwirtschaft, Agrarverfassung und ländliche Gesellschaft im Mittelalter, 1992.
f Stadtgeschichte: E. Ennen, Die europäische Stadt des Mittelal ters, 41987; E. Isenmann, Die deutsche Stadt im Spätmittelalter, 1988; E. Maschke, Städte und Menschen, 1980; H. Planitz, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954; Die Stadt des Mittelalters, Hg. C. Haase, Bd. 1-3, 31978-1987; Städteforschung, Reihe A, 1-, 1976—; Städtelandschaften in Altbayem, Franken und Schwaben, Hg. H. Fla chenecker u. a., 1999; H. Stoob, Forschungen zum Städtewesen in Europa, 1970; Untersuchungen zur gesellschaftlichen Struktur der mittelalterlichen Städte in Europa, 1966 (Vorträge und Forschungen 11); Die urbanen Zentren des hohen und späteren Mittelalters, Hg. M. Escher u. a., 2002. g Wissenschafts- und Bildungsgeschichte: L. BOEHM u. a., Univer sitäten und Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1983; P. Classen, Studium und Gesellschaft im Mittelalter, Hg. J. Fried, 1983; M. Grabmann, Mittelalterliches Geistesleben, Bd. 1-3, 1926-1956; H. Grundmann, Vom Ursprung der Universität im Mit telalter, 21964; G. Kaufmann, Die Geschichte der deutschen Univer sitäten, Bd. 1-2, 1888, 1896; Schulen und Studium im sozialen Wan del des hohen und späten Mittelalters, Hg. J. Fried, 1986; Stadt und Universität im Mittelalter und in der früheren Neuzeit, Hg. E. Maschke, 1977. h Sprach- und Literaturgeschichte: F. BRUNHÖLZL, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Bd. 1,21996, Bd. 2, 1992; E. R. Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, "1993; H. DE BOOR u. a., Geschichte der deutschen Literatur von den Anfän gen bis zur Gegenwart, 12 Bde., Bd. 1,91979, Bd. 2, 111991, Bd. 3, TI. I, 51997, TI. 2, 1987; Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte, Hg. H. A. Glaser, 9 Bde., Bd. 1-2, 1988, 1991; H. Friedrich, Roma nische Literaturen, Bd. 1-2, 1972; Germanische Literaturgeschichte, Hg. H. Paul, Bd. 1-2, 1984; Geschichte der deutschen Literatur von
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 10k)
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den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, Hg. J. Heinzle, Bd. 1-3, 1984-2001; Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittel alterlichen Literatur, Bd. 1-2, 1961-1964; Grundriß der romanischen Literaturen des Mittelalters, Begr. H. R. Jauss, 1-, 1972-; Kurzer Grundriß der germanischen Philologie bis 1500, Hg. L. E. SCHMITT, Bd. 1-2, 1970t; K. Langosch, Mittellatein und Europa, 1990; M. Manitius u. a., Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Bd. 1-3, 1911-1931; H. MOSER, Deutsche Sprachgeschichte, 61969; Neues Handbuch der Literaturwissenschaft (NHLW), Hg. K. v. See, 25 Bde., Bd. 6-8, 1978-1986; P. v. Polenz, Geschichte der deut schen Sprache, 91978; R. Sprandel, Gesellschaft und Literatur im Mittelalter, 1982; P. STOTZ, Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters, Bd. 1—4, 1996-2002; D. Tschizewskij, Vergleichende Geschichte der slawischen Literaturen, Bd. 1-2, 1968. i Philosophiegeschichte: G. FL0ISTAD, Philosophy and science in the Middle Ages, Bd. 1-2, 1990; R. IMBACH u. a., Die Philosophie im lateinischen Mittelalter, 1996; L. Sturlese, Die deutsche Philosophie im Mittelalter, 1993 (ital. 1990).
j Kunstgeschichte: G. Bandmann, Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger, "1998; G. Binding u. a., Kleine Kunstgeschichte der mittelalterlichen Ordensbaukunst in Deutschland, 32001; W. Braunfels, Abendländische Klosterbaukunst, 51985; Ders., Die Kunst im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, Bd. 1-6, 1979-1989; Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Hg. H. Fillitz, 1-, 1998-; Geschichte der deutschen Kunst, Hg. H. Klotz, 3 Bde., Bd. 1-2, 1998t; W. Hotz, Kleine Kunstgeschichte der deut schen Burg,51991; Die Kunst der Romanik. Architektur - Skulptur Malerei, Hg. R. Toman, 1996; Propyläen-Kunstgeschichte, 18 Bde., Bd. 3-7, 1968-1972; Universum der Kunst, 1-, 1960-. k Geschichte der Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin: O. Becker, Die Grundlagen der Mathematik in geschichtlicher Entwick lung, 41990; M. Folkerts, Maß, Zahl und Gewicht, 1989; H. Gericke, Mathematik im Abendland, 1990; Medizin im mittelalterlichen Abendland, Hg. G. Baader u. a., 1982; Science in the Middle Ages, Hg. D. C. Lindberg, 1978; D. J. Struik, Abriß der Geschichte der
XLII
Allgemeine Quellen und Literatur
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m Geschichte des Islams: Geschichte der arabischen Welt, Hg. U. Haarmann, 42001; Der Islam, Bd. 1, "1995, Bd. 2, l21995 (Fischer Weltgeschichte 14f.). II Historische Hilfswissenschaften a Allgemein: J. Berlioz, Identifier sources et citations, 1994; A. von Brandt, Werkzeug des Historikers, 151998; J. Burkardt, Die Historischen Hilfswissenschaften in Marburg (17.-19. Jahrhundert), 1997; Clavis mediaevalis. Kleines Wörterbuch der Mittelalterfor schung, Hg. O. Meyer, 1962; Neubearb. R. Neumüllers-Clauser, Res medii aevi. Kleines Lexikon der Mittelalterkunde, 1999.
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c Diplomatik: H. Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, Bd. 1, 21912, Bd. 2, 1915-1931, Reg.bd. 1960; W. Erben, Die Kaiser- und Königsurkunden des Mittelalters, 21907; J. Ficker, Beiträge zur Urkundenlehre, Bd. 1-2, 1877f.; T. Frenz, Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit, 22000; O. Guyotjeannin, Diplomatique médiévale, 1993; O. Redlich, Die Privaturkunden des Mittelalters, 1911; L. SANTIFALLER, Urkunden forschung, 31968. d Epigraphik: Fachtagung für lateinische Epigraphik des Mittelal ters und der Neuzeit, Hg. R. M. Kloos, 1982; Epigraphik 1982. Fach tagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik, Hg. W. Koch, 1983; Deutsche Inschriften. Fachtagung für mittelalterliche
Allgemeine Quellen und Literatur (I, lli)
und neuzeitliche Epigraphik, Hg. K. Stackmann, Favreau, Epigraphie médiévale, 1997.
XLIII 1986; R.
e Paläographie/Kodikologie: B. BISCHOFF, Paläographie des römi schen Altertums und des abendländischen Mittelalters, i23 *1986; A. Cappelli, Dizionario di abbreviature latine ed italiane, 61973; Suppl. A. Pelzer, Abréviations latines médiévales, 21966; H. Foerster, Abriß der lateinischen Paläographie,21963; P. A. Grün, Schlüssel zu alten und neuen Abkürzungen, 1966; O. Mazal, Lehrbuch der Hand schriftenkunde, 1986; J. Stiennon u. a., Paléographie du Moyen Age, 1973; Ders., L’Ecriture, 1995. f Sphragistik: T. Diederich, Rheinische Städtesiegel, 1984; W. Ewald, Siegelkunde, 1914; E. Kittel, Siegel, 1970; O. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige, Bd. 1-5, 1909-1913; P.-J. Schuler, Südwestdeutsche Notarszeichen, 1976. g Heraldik: D. L. Galbreath u. a., Handbuch der Heraldik, 1990; J. Siebmacher, Großes und allgemeines Wappenbuch, Neubearb. O. T. von Hefner, Einl.-Bd. A-, 1-, 1854—; General-Index (1605-1961), 1964.
h Genealogie: Europäische Stammtafeln, Hg. W. K. Prinz von Isenburg, Bd. 1-3, 1936L; Neubearb., F. Baron Freytag v. Lo ringhoven, Bd. 1-6, 21953—1978; NF, Hg. D. SCHWENNICKE, Bd. 1-15, 1979-1993; E. Henning u. a., Taschenbuch der Familienge schichtsforschung, 122001.
i Historische Geographie/Kartographie: Genetische Siedlungsfor schung in Mitteleuropa und seinen Nachbarräumen, Hg. K. Fehn u. a., TI. 1-2, 1988; Historische Geographie der Deutschen Demo kratischen Republik, TI. 1-3, Hg. W. Strenz, 1976-1979; A. HÜTTERMANN, Karteninterpretation in Stichworten, Bd. 1-2, Bd. 1, 31993; H. JÄGER, Historische Geographie, 21973; R. OGRISSEK, Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, 1968; W. Witt, Lexikon der Kartographie, Hg. E. Arnberger, 1979.
XLIV
Allgemeine Quellen und Literatur
j Metrologie: H. J. Alberti, Maß und Gewicht, 1957; Die histori sche Metrologie in den Wissenschaften, Hg. H. WlTTHÖFT u. a., 1986; Ders., Umrisse einer historischen Metrologie, Bd. 1-2, 1979; F. VerDENHALVEN, Alte Meß- und Währungssysteme aus dem deutschen Sprachgebiet, 21993. k Namenkunde: A. Bach, Deutsche Namenkunde, Bd. 1-3, 21952-1956; Probleme der Namenforschung im deutschsprachigen Raum, Hg. H. Steger, 1977; E. Schwarz, Deutsche Namenfor schung, Bd. 1-2, 1949f.
I Numismatik und Geldgeschichte: M. Bompaire, Numismatique médiévale, 2000; F. Friedensburg, Münzkunde und Geldgeschichte der Einzelstaaten des Mittelalters und der neueren Zeit, 1926; P. Grierson, Münzen des Mittelalters, 1976; A. Luschin v. Eben greuth, Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit, 21926; A. SUHLE, Deutsche Münz- und Geld geschichte, 61973; Wörterbuch der Münzkunde, Hg. F. Frh. v. Schrötter, 21970.
m Mittellateinische Philologie: B. Bischoff, Mittelalterliche Stu dien, 3 Bde., 1966-1981; Probleme der Edition mittel- und neulatei nischer Texte, Hg. L. Hödl, 1978; P. Lehmann, Erforschung des Mittelalters, Bd. 1-5, 1941-1962; Mittellateinische Philologie, Hg. A. ÖNNERFORS, 1975; Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Phi lologie des Mittelalters, Hg. L. Traube, 1-, 1906-, n Germanische Philologie: W. Braune, Althochdeutsche Gram matik, 141987; H. DE Boor u. a., Mittelhochdeutsche Grammatik, l01998; O. Ehrismann, Mittelhochdeutsch, 1976; C. Lecouteux, L’allemand du Moyen Age, 1996; R. SCHÜTZEICHEL, Mundart, Ur kundensprache, Schriftsprache, 21974; S. SONDEREGGER, Althoch deutsche Sprache und Literatur, 21987.
o Romanische Philologie: Grundriß der romanischen Philologie, Hg. G. Gröber, Bd. 1-2, 1897,1906; W. Meyer-Lübke, Grammatik der romanischen Sprachen, Bd. 1—4, 1890-1902; B. E. Vidos, Hand buch der romanischen Sprachwissenschaft, 1968.
Allgemeine Quellen und Literatur (1,12c)
XLV
p Slawische Philologie: Einführung in die slavischen Sprachen, Hg. P. Rehder, 31998; N. Franz, Einführung in die slavische Philologie, 1994; B. Panzer, Die slavischen Sprachen in Gegenwart und Ge schichte, 31999. q Mittelalter-Archäologie: S. Felgenhauer-Schmiedt, Die Sach kultur des Mittelalters im Lichte der archäologischen Funde, 1993.
r Realienkunde, Volkskunde: A. Bach, Deutsche Volkskunde, 31960; Europäische Sachkultur des Mittelalters, Hg. H. KÜHNEL, 1980; Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realien kunde Österreichs, 1-, 1976-; Wörterbuch der deutschen Volkskunde, Begr. O. A. Erich u. a., Neubearb. R. Beitl, 31974. 72 Geschichtsatlanten/-karten a Allgemein: Atlas zur Geschichte, Bearb. L. Berthold u. a., 2 Bde., Bd. 1, 41989, Bd. 2, 31982; dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Bd. 1-2, Bd. 1, 201985; G. Duby, Atlas historique, 1978; Großer Histo rischer Weltatlas, Hg. Bayerischer Schulbuch-Verlag, TI. 1-3, TI. 2, 21979; Erläuterungen, Hg. E. W. Zeeden, 41983; Historischer Welt atlas, Begr. F. W. PUTZGER, l032001; Westermanns Großer Atlas zur Weltgeschichte, 1997. b Kirchengeschichte: Atlas zur Kirchengeschichte, Hg. H. Jedin u. a., Bearb. J. Martin, 31988.
c Länder: Historischer Atlas von Baden-Württemberg, 1988; Baye rischer Geschichtsatlas, Hg. M. Spindler, 1969; Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, 1-, 21982—; Historischer Atlas von Bayern, Hg. M. Spindler u. a., 1-, 1950-; Historischer Atlas von Branden burg, NF 1-, 1962-; Historischer Handatlas von Brandenburg und Berlin, Bd. 1-60, 1962-1978; Nachträge 1980; Elsaß-Lothringischer Atlas, Hg. G. K. Wolfram, Bd. 1-2, 1931; Geschichtlicher Atlas von Hessen, Bearb. F. UHLHORN u. a., Bd. 1-2, 1978, 1984; Historischer Atlas von Mecklenburg, Hg. R. Schmidt, Karte 1-6, 1960-1974; Geschichtlicher Handatlas von Niedersachsen, Bearb. G. PlSCHKE, 1989; Historisch-landeskundliche Exkursionskarte von Niedersach sen, Hg. H. JÄGER u. a., 1-, 1964—; Atlas von Niederösterreich und
XLVI
Allgemeine Quellen und Literatur
Wien, 1951-1958; Atlas von Oberösterreich, 1958-1971; E. Lendl, Salzburg-Atlas, TI. 1-2, 1955; Historischer Atlas der Steiermark, 1-, 1978-; Tirol-Atlas, 1-, 1969-; Pfalzatlas, Hg. W. Alter, Bd. 1-6, 1963-1994; Historischer Atlas von Pommern, 1-, 1959-; Atlas der ost- und westpreußischen Landesgeschichte, Hg. E. Keyser, 1-, 1936-; Historisch-geographischer Atlas des Preußenlandes, 1-, 1968—; Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, Hg. F. IRSIGLER, 1-, 1982-; H. Aubin u. a., Geschichtlicher Handatlas der Rheinprovinz, 1926; Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz, Abt. 1-2, 1894-; J. NlESSEN, Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein. Mittel- und Niederrhein, 1950; Geschichtlicher Atlas für das Land an der Saar, Hg. H. Ammann, 1-, 1965—; Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes, Hg. O. SCHLÜTER u. a„ TI. 1-3, 1959-1961 (Sachsen, Sachsen-Anhalt); Atlas östliches Mitteleuropa, Hg. T. Kraus u. a., 1959 (Schlesien); W. Geisler, Oberschlesien-Atlas, 1938; Histori scher Atlas der Schweiz, Hg. H. Ammann, 21958; Sudetendeutscher Atlas, Hg. E. Meynen, 21955; Thüringen-Atlas, Hg. J. Müller, 1939-1942; Geschichtlicher Handatlas von Westfalen, 1-, 1975-.
d Städte: Deutscher Städteatlas, Hg. H. Stoob, 1-, 1973—; F.-J. Himly, Atlas des villes médiévales d’Alsace, 1970; W. Klaus, Die Städte der DDR im Kartenbild, TI. 1-2, 1972, 1976; Niederrheini scher Städteatlas, Hg. G. Kallen, Reihe 1-2, 1952-; Niedersächsi scher Städteatlas, Abt. 1-3, 1922-1977; Österreichischer Städteatlas, Hg. F. Czeike u. a., 1-, 1982-; Rheinischer Städteatlas, 1-, 1972-; Westfälischer Städteatlas, Hg. H. Stoob u. a., 1-, 1975-.
e Spezialthemen: Atlas der deutschen Agrarlandschaft, Hg. E. Otremba, 1962-1971; Atlas zur Geschichte der deutschen Ostsied lung, Bearb. W. Krallert u. a., 1958; Hansische Handelsstraßen, Bearb. F. Bruns u. a., Bd. 1-3, 1962-1968; Österreichischer Volks kunde-Atlas, Hg. E. Burgstaller u. a„ 1-, 1959-; K. Tackenberg, Fundkarten zur Vorgeschichte der Rheinprovinz, 1954. 13 Zur Quellenerschließung a Quellenbibliographie: J. M. Bak, Mittelalterliche Geschichtsquel len in chronologischer Übersicht, 1987; U. Chevalier, Répertoire des sources historiques du moyen âge, Tl. 1, Bd. 1-2,21905-1907, Tl.
Allgemeine Quellen und Literatur (1,13b)
XLVII
2, Bd. 1-2, 1894-1903; Clavis Patrum Latinorum (CPL), Hg. E. Dekkers u. a., 31995; H. van Hoof, Internationale Bibliographie der Übersetzung, 1973; MGH, Gesamtverzeichnis (jährl. neue Ausg.); Mittellateinisches Wörterbuch bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert, Abkürzungs- und Quellenverzeichnisse, 21996; F. J. NlERMEYER, Mediae Latinitatis Lexicon Minus, Abbreviationes et Index Fontium, 31993; N. Ohler, Bibliographie ins Neuhochdeutsche übersetzter mittelalterlicher Quellen, 1991; A. Potthast, Bibliotheca histórica medii aevi, Bd. 1-2, 21896; wird ersetzt durch: Ders., Repertorium fontium historiae medii aevi (Rpf), Series collectionum, Bd. 1, 1962; Fontes, Bd. 2-, 1967-; Add. 1 zu Bd. 1 (1962-1972), 1977; L. San tifaller, Neuere Editionen mittelalterlicher Königs- und Papstur kunden, 1958; F. J. WORSTBROCK, Deutsche Antikerezeption, TI. 1, 1976. b Quellenkunde/mittelalterliche Historiographie T. BÜHLER, Rechtsquellenlehre, Bd. 1-3, 1977-1985; R. C. VAN CAENEGEM u. a., Kurze Quellenkunde des westeuropäischen Mittelalters, 1964 (engl. 1978); H. Grundmann, Geschichtsschreibung im Mittelalter, 41987; Historiographia mediaevalis. Studien zur Geschichtsschreibung und Quellenkunde des Mittelalters, Hg. D. Berg, 1988; K. JACOB, Quel lenkunde der deutschen Geschichte im Mittelalter, Bd. 1, Bearb. H. Hohenleutner, 61959; Bd. 2, Bearb. H. Hohenleutner, 61968; Bd. 3, Bearb. F. Weden, 1952; M. Jansen u. a., Historiographie und Quellen der deutschen Geschichte bis 1500, 21914; J. KARAYANNOpulos u. a., Quellenkunde zur Geschichte von Byzanz (324-1453), TI. 1-2, 1982; A. Lhotsky, Quellenkunde zur mittelalterlichen Ge schichte Österreichs, 1963; O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquel len im Mittelalter, Bd. 1-2, 31886f.; G. Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre, 1979; Typologie des sources du moyen âge occidental (TS), Hg. L. Genicot, 1-, 1972-; H. VlLDHAUT, Handbuch der Quel lenkunde zur deutschen Geschichte, 21909; W. Wattenbach u. a., Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter: Vorzeit und Karolin ger, Bearb. W. Levison u. a., 1991; weitere Bände dieses Editions vorhabens: Die Zeit der Sachsen und Salier, Neubearb. F.-J. Schma le, TI. 1-3, 1967-1971; Vom Tode Kaiser Heinrichs V. bis zum Ende des Interregnum, Neubearb. F.-J. SCHMALE, Tl. 1-, 1976-.
XLVIII
Allgemeine Quellen und Literatur
14 Quellensammlungen a Deutsches Reich: Acta Imperii selecta. Urkunden deutscher Kö nige und Kaiser, Hg. J. F. Böhmer, 1870; W. Altmann u. a., Aus gewählte Urkunden zur Erläuterung der Verfassungsgeschichte Deutschlands im Mittelalter, 51920; Ausgewählte Quellen zur deut schen Geschichte des Mittelalters (Freiherr vom Stein-Gedächtnisaus gabe) (AQMA), 1-, 1955-; Bibliotheca rerum Germanicarum (BRG), Hg. P. Jaffe u. a., Bd. 1-6, 1864-1873; Deutsche Reichstagsakten (RTA). Ältere Reihe, 1-, 1867-; Mittlere Reihe, 1-, 1972-; Fontes rerum Germanicarum, Hg. J. F. Böhmer u. a., Bd. 1-4, 1843-1868; Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit (GdV), 1-, 31943—; Historische Texte. Mittelalter, 1-, 1965-; Monumenta Germaniae Hi stórica (MGH), 1826- (s. dazu das jeweils neueste Gesamtverzeichnis der MGH; zu einzelnen Abteilungen s. im Abkürzungsverzeichnis unter MGH). b Länder: Monumenta Boica, 1-, 1764-; NF 1-, 1902-; Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern, Abt. 1-3, 1974-; Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, 1856-1864; NF 1-, 1903—; Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mit telrheinischen Territorien, Hg. H. Beyer u. a., Bd. 1-3, 1860-1874; Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Hg. T. J. LacomBLET, Bd. 1-4, 1840-1858; Fontes rerum Austriacarum. Österreichi sche Geschichtsquellen, Abt. 1-3, 1855-, 1849-, 1953-; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, Hg. H. Ermisch u. a., Reihe 1-2, 1864-1941; Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 1-25, 1877-1906; NF Abt. 1-3, 1908-, 1911-, 1927-; Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Abt. 1-3, 1933-, 1941-, 1947-; Sammlung schweizerischer Rechtsquellen, 1898-; (zu Belgien, den Niederlanden, Italien u. a. s. van Caenegem u. a., Quellenkunde (wie I, 13b), 225-232).
c Städte: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bd. 1-37, 1862-1931; Elenchus fontium historiae urbanae, Hg. C. van de Kieft u. a., Bd. 1-3, 1967-1996; Hanserezesse, Abt. 1-4, 1870-1897, 1876-1892, 1881-1913, 1941-1970; Hansi sches Urkundenbuch, Bd. 1-11, 1876-1939; F. Keutgen, Urkunden
Allgemeine Quellen und Literatur (I, 15b)
XLIX
zur städtischen Verfassungsgeschichte, 1901; Quellen und Darstellun gen zur Hansischen Geschichte, 1875-1894; NF 1-, 1900—; Urkunden zur Geschichte des Städtewesens in Mittel- und Niederdeutschland, Hg. H. Stoob, Bd. 1-2, 1985, 1992. d Kirchengeschichte: Acta Sanctorum (AASS), 1-, 1643-; Corpus Christianorum (CC), Series latina, 1-, 1954—; Corpus Iuris Canonici (CICan), Hg. E. Friedberg, Bd. 1-2, 1879, 1881; Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum (CSEL), 1-, 1866-; Le Liber Pontificalis, Hg. L. Duchesne u. a., Bd. 1-2, 1886, 1892; Add. 1, 1957; J. D. Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, Bd. 1-31, 1759-1798; erg. Neuaufl. 1901-1927; J. P. Migne, Patrologia, Series latina (Migne, PL), Bd. 1-221, 1844-1864; Supplbd. 1-5, Hg. A. Hamman, 1958-1974.
75 Regestenwerke a Reichsregesten: J. F. BÖHMER, Regesta imperii inde ab anno 1246 usque ad annum 1313, 1844; Add. 1-2, 1849, 1857; Ders., Regesta imperii inde ab anno 1314 usque ad annum 1347, 1839; Add. 1-3, 1841-1865; Neubearb. Regesta Imperii (RI), Begr. J. F. BÖHMER, 1881- (Gesamtaufstellung s. Heit [wie I, lb], 286-289); K. F. Stumpf-Brentano, Die Reichskanzler, vornehmlich des X., XL und XII. Jahrhunderts, Bd. 1-3, 1865-1883; Urkundenregesten zur Tätig keit des deutschen Königs- und Hofgerichts bis 1451, Hg. B. Die stelkamp, 1-, 1986-. b Erzbischöfe/Bischöfe/Orden: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, Bd. 1, Hg. W. Volkert, 1985; Die Re gesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg, Hg. E. Frh. v. Guttenberg, 1963; Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. 1-2, 1937, 1971; Urkunden und Regesten zur Geschichte des Temp lerordens im Bereich des Bistums Cammin und der Kirchenprovinz Gnesen, Bearb. W. Irgang, 1987; Die Regesten der Bischöfe von Eichstätt, Abt. 1-3, 1871-1882; Neubearb. F. Heidingsfelder, Bd. 1, 31938; Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. 1-14, 1901-2001; Regesta Episcoporum Constantiensium, Bd. 1-5, 1895-1941; Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis, Hg. G. A. v. Muelverstedt, TI. 1-3, Reg.bd., 1876-1899; J. F. BÖHMER, Rege
L
Allgemeine Quellen und Literatur
sta archiepiscoporum Maguntinensium, Bd. 1-2, 1877, 1886; Forts.: Die Regesten der Erzbischöfe von Mainz, Abt. 1-2, 1913-1932; Namenverz., 1958; Regesta historico-diplomatica Ordinis S. Mariae Theutonicorum 1198-1525, TI. 1-2, Reg.bd., 1948-1973; Die Rege sten der Bischöfe von Passau, Hg. E. Boshof, 2 Bde., 1992, 1999; Die Regesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg, Hg. F. Martin, Bd. 1-3, 1928-1934; Regesten zur Geschichte der Slaven an Elbe und Oder, Hg. C. LÜBKE, 4 Bde., Reg.bd., 1984-1988; Re gesten der Bischöfe von Straßburg, Bd. 1-2, 1908, 1928; Regesten der Erzbischöfe zu Trier, Hg. A. Goerz, 1861; Regesten van oorkonden betreffende de bisschoppen van Utrecht, Hg. J. W. Berkelbach van der Sprenkel, 1937.
c Sonstige wichtigere Herrschaftsträger: Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg, Hg. R. Fester, Bd. 1-4, 1900-1915; Re gesten der Markgrafen von Brandenburg aus dem askanischen Hause, 1955; Regesta Habsburgica, Bd. 1-3, 1905-1934; Regesten der Land grafen von Hessen, Bd. 1-2, 1929-1990; Regesten der Pfalzgrafen am Rhein, Bd. 1-2, 1894, 1939; J. F. Böhmer, Wittelsbachische Rege sten, 1854. d Papstregesten: A. Brackmann u. a., Germania pontificia (GP), 1-, 1911-; W. Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen zur Italia pontificia, 1959; P. Jaffe u. a., Regesta pontificum Romanorum, Bd. 1-2, 21885—1888; P. F. Kehr u. a., Italia pontificia (IP), Bd. 1—10, 1906-1975; A. Potthast, Regesta pontificum Romanorum, Bd. 1-2, 1874f.; O. Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476, 1919.
Abschnitt III
Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
Rudolf Schieffer
Quellen und Literatur 1 Quellenkunde - 2 Urkunden und Regesten a Zur Geschichte der Hausmeier, Könige, Kaiser und Päpste, b Traditionen, Polyptychen u. ä. - 3 Briefe und Briefsammlungen - 4 Rechtsquellen a Weltli ches Recht, b Kirchliches Recht - 5 Geschichtsschreibung a Anna len und Chroniken, b Biographische und hagiographische Quellen 6 Memorialquellen - 7 Dichtung - 8 Literatur.
7 Quellenkunde Bresslau, Handbuch (wie I, 1 lc); Brunhölzl, Geschichte (wie I, 10h), Bd. 1, 21996; DLMVerf (wie I, 5a); Manitius u. a., Ge schichte (wie I, 10h), Bd. 1, 1911; Repertorium fontium historiae medii aevi (wie I, 13a); Typologie des sources du moyen âge occidental (wie I, 13b); Wattenbach u. a., Vorzeit und Karolinger (wie I, 13b), H. 2-6, Beih.
2 Urkunden und Regesten a Zur Geschichte der Hausmeier, Könige, Kaiser und Päpste: Die Urkunden der Amulfinger, Hg. I. Heidrich, 2001; Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen, Hg. E. Mühlbacher u. a., 1906 (MGH DD Karol. 1); Die Urkunden Lothars I. und Lothars IL, Hg. T. Schieffer, 1966 (MGH DD Karol. 3); Die Urkunden Ludwigs IL, Hg. K. Wanner, 1994 (MGH DD Karol. 4); Die Urkunden Lud wigs des Deutschen, Karlmanns und Ludwigs des Jüngeren, Hg. P. Kehr, 1932-1934 (MGH DD Karol, dt. 1); Die Urkunden Karls III., Hg. P. Kehr, 1937 (MGH DD Karol, dt. 2); Chartes et Diplomes relatifs à l’histoire de France: Recueil des actes de Pépin Ier et de Pépin II rois d’Aquitaine (814—848), Hg. M. Prou u. a., 1926; Re cueil des actes de Charles II le Chauve roi de France, Bd. 1-3, Hg. G. Tessier, 1943-1955; Recueil des actes des rois de Provence (855-928), Hg. R. Poupardin, 1920; Recueil des actes de Louis II le Bègue, Louis III et Carloman II rois de France (877-884), Hg. R.-H. Bautier, 1978; Diplomata Karolinorum. Recueil de Réproductions en facsimilé des actes originaux des souverains Carolingiens conser vés dans les archives et bibliothèques de France, Bd. 1-9, Hg. F. Lot u. a., 1936-1949; Diplomata Karolinorum. Faksimile-Ausgabe der in
4
III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
der Schweiz liegenden originalen Karolinger und Rudolfinger Di plome, Bd. 1-5, Hg. A. Bruckner, 1969-1974; Chartae Latinae Antiquiores. Facsimile-Edition of the Latin Charters prior to the ninth century, Tl. 1-^19, Hg. A. Bruckner u. a., 1954-1998; Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751-918, Neubearb. E. Mühlbacher, 1908, verb. Ndr. 1966 (RI 1); Die Regesten des Reg num Italiae und der burgundischen Régna, Tl. 1: Die Karolinger im Regnum Italiae 840-887 (888), Bearb. H. Zielinski, 1991 (RI 1, 3, 1); Papstregesten 800-911, Tl. 2, 1: 844-858, Bearb. K. Herbers, 1999 (RI 1, 4, 2, 1). b Traditionen, Polyptychen u. ä.: Traditiones Wizenburgenses, Hg. A. Doll, 1979; Die Traditionen des Hochstifts Freising, Bd. 1, Hg. T. Bitterauf, 1905; Salzburger Urkundenbuch, Bd. 1-2, Bearb. W. Hauthaler u. a., 1910-1916; C. Wampach, Urkunden- und Quel lenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien ..., Bd. 1, 1935; D. P. Blök, De oudste particulière oorkonden van het Klooster Werden, 1960; Urkundenbuch des Klosters Fulda, Bd. 1, Hg. E. E. Stengel, 1958; Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1/1, Bearb. H. Weirich, 1936; Urkundenbuch der Abtei Sanct Gallen, Bd. 1-2, Bearb. H. Wartmann, 1863-1866; Le Polyptyque de l’abbaye de Saint-Bertin (844-859), Hg. F. L. Ganshof, 1975; Das Prümer Urbar, Hg. I. Schwab, 1983; Le Polyptyque et les listes de cens de l’abbaye de Saint-Remi de Reims, Hg. J.-P. Devroey, 1984; Liber Possessionum Wizenburgensis, Hg. C. Dette, 1987 (dazu A. Doll, in: AmrhKG 41, 1989, 437^463); C.-D. Droste, Das Polyptichon von Montierender, 1988; Das Polyptychon von Saint-Germain-des Prés, Hg. D. Hägermann u. a., 1993.
3 Briefe und Briefsammlungen
Epistolae Merowingici et Karolini Aevi, Bd. 1, Hg. W. Gundlach u. a., 1892 (MGH Epp. 3); Epistolae Karolini Aevi, Bd. 2, Hg. E. Dümmler u. a., 1895 (MGH Epp. 4), dass., Bd. 3, Hg. E. DÜmmler u. a., 1899 (MGH Epp. 5), dass., Bd. 4, Hg. E. DÜMMLER u. a., 1925 (MGH Epp. 6), dass., Bd. 5, Hg. E. Caspar u. a., 1928 (MGH Epp. 7); Die Briefe des Erzbischofs Hinkmar von Reims, Tl. 1, Hg. E. Perels, 1939 (MGH Epp. 8/1); Die Briefe des heiligen Bonifatius
Quellen und Literatur (III, 5a)
5
und Lullus, Hg. M. TANGL, 1916 (MGH Epp. sel. 1), lat. Text m. dt. Übers.: Briefe des Bonifatius, Willibalds Leben des Bonifatius, Hg. R. Rau, 21988 (AQMA 4b).
4 Rechtsquellen a Weltliches Recht: Lex Ribvaria, Hg. F. Beyerle u. a., 1954 (MGH LNG 3/2); Lex Salica, Hg. K. A. Eckhardt, 1969 (MGH LNG 4/2); Leges Alamannorum, 2. Ausg., Hg. K. A. Eckhardt, 21966 (MGH LNG 5/1); Lex Baiwariorum, Hg. E. v. Schwind, 1926 (MGH LNG 5/2); Leges Saxonum et Lex Thuringorum, Hg. C. v. Schwerin, 1918 (MGH Fontes 4); Lex Frisionum, Hg. K. A. Eck hardt u. a., 1982 (MGH Fontes 12); MGH Capit. 1-2, Hg. A. BoRETius u. a., 1883-1897; MGH Formulae, Hg. K. Zeumer, 1886; Das Constitutum Constantini, Hg. H. Fuhrmann, 1968 (MGH Fontes 10); Hinkmar von Reims, De ordine palatii, Hg. T. GROSS u. a., 1980 (MGH Fontes 3). b Kirchliches Recht: Concilia aevi Karolini [742-842], Hg. A. Werminghoff, 1906-1908 (MGH Conc. 2/1-2); Opus Caroli régis contra synodum (Libri Carolini), Hg. A. Freeman, 1998 (MGH Conc. 2 Suppl. 1); Die Konzilien der karolingischen Teilreiche 843-859, Hg. W. Hartmann, 1984 (MGH Conc. 3); Die Konzilien der karolingischen Teilreiche 860-874, Hg. W. Hartmann, 1998 (MGH Conc. 4); MGH Capit. episc., TI. 1—4, Hg. P. Brommer u. a., 1984-2004; Corpus consuetudinum monasticarum 1: Initia consuetudinis benedictinae. Consuetudines saeculi octavi et noni, Hg. K. Hallinger, 1963; Hinkmar von Reims, Collectio de ecclesiis et capellis, Hg. M. Stratmann, 1990 (MGH Fontes 14).
5 Geschichtsschreibung a Annalen und Chroniken: Liber historiae Francorum, Hg. B. Krusch, in: MGH SRM 2, 1888, 238-328; Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici continuationes, Hg. B. Krusch, in: ebd., 168-193; Annales Mettenses priores, Hg. B. v. SlMSON, 1905 (MGH SRG [10]); Annales regni Francorum ..., Hg. F. Kurze, 1895 (MGH SRG [6]); Annales Laureshamenses, Hg. G. H. Pertz, in: MGH SS 1, 1826, 22-39; Annales Fuldenses sive Annales regni Francorum orientalis, Hg. F. Kurze, 1891 (MGH SRG [7]); Annales de Saint-Ber-
6
III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
tin, Hg. F. Grat u. a., 1964; Nithard, Histoire des fils de Louis le Pieux, Hg. P. LAUER, 1926; Annales Xantenses et Annales Vedastini, Hg. B. v. Simson, 1909 (MGH SRG [12]); Ado von Vienne, Chronicon, Hg. G. H. Pertz, in: MGH SS 2, 1829, 317-326; Reginonis abbatis Prumiensis Chronicon cum continuatione Treverensi, Hg. F. KURZE, 1890 (MGH SRG [50]). Quellensammlungen mit lat. Text und dt. Übers.: Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, Hg. H. Wolfram, 1982 (AQMA 4a) (darin: Liber historiae Francorum, Chronicarum ... Fredegarii ... continuationes); Quellen zur karolin gischen Reichsgeschichte, TI. 1-3, Hg. R. Rau, 1955-1960 (darin: Annales regni Francorum, Nithard, Annales Bertiniani, Annales Xan tenses et Vedastini, Annales Fuldenses, Regino) (AQMA 5-7). b Biographische und hagiographische Quellen: Vitae sancti Bonifatii archiepiscopi Moguntini, Hg. W. Levison, 1905 (MGH SRG [57]); Arbeonis episcopi Frisingensis Vitae sanctorum Haimhrammi et Corbiniani, Hg. B. Krusch, 1920 (MGH SRG [13]); Vita Hrodberti episcopi Salisburgensis, Hg. W. Levison, in: MGH SRM 6, 1913, 157-162; Hugeburc von Heidenheim, Vita Willibaldi, Hg. O. Holder-Egger, in: MGH SS 15/1, 1887, 86-106; Die Vita Sturmi des Eigil von Fulda, Hg. P. Engelbert, 1968; Altfrid, Vita s. Liudgeri, Hg. W. Diekamp, in: Die Geschichtsquellen des Bisthums Mün ster, Bd. 4, 1881, 3—53; Einhardi Vita Karoli Magni, Hg. O. Hol der-Egger, 1911 (MGH SRG [25]); Notker der Stammler, Taten Kaiser Karls des Großen, Hg. H. F. Haefele, verb. Ndr. 1980 (MGH SRG NS 12); Thegan, Die Taten Kaiser Ludwigs, und Astronomus, Das Leben Kaiser Ludwigs, Hg. E. Tremp, 1995 (MGH SRG 64); Radbert’s Epitaphium Arsenii, Hg. E. DUmmler, 1900; Vita Anskarii auctore Rimberto, Hg. G. Waitz, 1884 (MGH SRG [55]); Das Leben der Liutbirg, Hg. O. Menzel, 1937 (MGH DMA 3); Rudolf von Fulda, Translatio s. Alexandri, Hg. B. Krusch, in: NAG 4, 1933, 405-436; Le Liber Pontificalis, Bd. 1-2, Hg. L. Duchesne, 1886-1892, Bd. 3, Hg. C. Vogel, 1957; Paulus Diaconus, Gesta episcoporum Mettensium, Hg. G. H. Pertz, in: MGH SS 2, 1829, 261-270. Quellensammlung mit lat. Text und dt. Übers.: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte (wie 5a), TI. 1 (darin: Einhard, The gan, »Astronomus«), TI. 3 (darin: Notker).
Quellen und Literatur (III, 8)
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6 Memorialquellen Das Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg, Faks.-Ausg., Hg. K. Forstner, 1974; Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, Bd. 1-3, Hg. K. Schmid, 1978; Liber memorialis von Remiremont, Hg. E. Hlawitschka u. a„ 1970 (MGH LM 1); Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, Hg. J. Autenrieth u. a., 1979 (MGH LMN 1); Liber viventium Fabariensis. Faks.-Edition, Hg. A. Bruckner u. a., 1973; K. Schmid, Versuch einer Rekonstruktion der St. Galier Verbrüderungsbücher des 9. Jahrhunderts, in: Subsidia Sangallensia, Bd. 1, Hg. M. BORGOLTE u. a., 1986, 81-283; Der ka rolingische Reichskalender und seine Überlieferung bis ins 12. Jahr hundert, Hg. A. Borst, TI. 1-3, 2001 (MGH LM 2).
7 Dichtung MGH PP 1-4: Poetae Latini aevi Carolini, Bd. 1-2, Hg. E. DÜMMLER, 1881-1884, Bd. 3, Hg. L. Traube, 1886-1896, Bd.4/1, Hg. P. v. Winterfeld, 1899, Bd. 4/2-3, Hg. K. Strecker, 1914-1923; MGH PP 6: Nachträge zu den Poetae aevi Carolini, Tl. 1, Hg. K. Strecker u. a., 1951; Die Gedichte des Paulus Diaconus, Hg. K. Neff, 1908; Ermold le Noir, Poème sur Louis le Pieux et épitres au roi Pépin, Hg. E. Faral, 1932; Walahfrid Strabo, Visio Wettini, Hg. H. Knittel, 1986. 8 Literatur S. Abel u. a., Jahrbücher des Fränkischen Reiches unter Karl dem Großen, Bd. 1, 21888, Bd. 2, 1883; A. Angenendt, Kaiserherrschaft und Königstaufe, 1984; Ders., Das Frühmittelalter, 32001; H. E. Bonnell, Die Anfänge des karolingischen Hauses, 1866; E. Boshof, Ludwig der Fromme, 1996; T. Breysig, Jahrbücher des fränkischen Reiches 714-741, 1869; C. Brühl, Deutschland - Frankreich, 21995; D. Bullough, The âge of Charlemagne, 1965, dt.: Karl der Große und seine Zeit, 1966; P. Classen, Karl der Große, das Papsttum und Byzanz, Hg. H. Fuhrmann u. a., 1985; C. de Clercq, La législation religieuse franque, Bd. 1-2, 1936-1958; E. DÜmmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches, Bd. 1-3, 21887-1888; H. Fichtenau, Das Karolingische Imperium, 1949; J. Fleckenstein, Karl der Gro ße, 21967; Ders., Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte, 31988; P. Fouracre, The Age of Charles Martel, 2000; J. Fried, Die
8
III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714—887)
Formierung Europas 840-1046, 21993; Ders., Der Weg in die Ge schichte, 1994; H.-W. Goetz, Europa im frühen Mittelalter 500-1050, 2003; D. Hägermann, Karl der Große, 32001; H. Hahn, Jahrbücher des fränkischen Reiches 741-752, 1863; L. Halphen, Charlemagne et l’empire carolingien, 1947; W. Hartmann, Die Synoden der Ka rolingerzeit im Frankenreich und in Italien, 1989; Ders., Ludwig der Deutsche, 2002; E. Hlawitschka, Vom Frankenreich zur Formie rung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, 1986; Die Iren und Europa im früheren Mittelalter, Bd. 1-2, Hg. H. Löwe, 1982; Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben, Bd. 1-^4, Registerbd., Hg. W. Braunfels, 1965-1968; Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher, 1935; B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, 1997; F. Kern, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter,21954; S. Könecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, 1976; W. Levison, England and the Continent in the Eighth Century, 1946; R. McKitterick, The Frankish Kingdoms under the Carolingians, 751-987,31993; Dies. (Hg.), The New Cambridge Medieval History, Bd. 2: c. 700-c. 900, 1995; L. Oelsner, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin, 1871; T. Offergeld, Reges pueri, 2001; R. Parisöt, Le royaume de Lorraine sous les carolingiens 843-923, 1898; E. Pitz, Die griechisch-römische Ökumene und die drei Kul turen des Mittelalters, 2001; F. PRINZ, Grundlagen und Anfänge. Deutschland bis 1056, 21993; Ders., Von Konstantin zu Karl dem Großen, 2000; P. Riche, La vie quotidienne dans l’empire carolin gien, 1973, dt.: Die Welt der Karolinger, 1981; Ders., Les Carolin giens. Une famille qui fit l’Europe, 1983, dt.: Die Karolinger, 1987; R. Schieffer, Die Karolinger, ’2000; R. Schneider, Das Franken reich, 42001; H. K. Schulze, Vom Reich der Franken zum Land der Deutschen. Merowinger und Karolinger, 21994; B. Simson, Jahrbü cher des Fränkischen Reiches unter Ludwig dem Frommen, Bd. 1-2, 1874-1876; Der Vertrag von Verdun, Hg. T. Mayer, 1943; J. M. Wallace-Hadrill, The Frankish Church, 1983; E. Zöllner, Die politische Stellung der Völker im Frankenreich, 1950.
§ 1
Einleitung
a) Quellenlage Die Geschichte des 8. und des 9. Jh. wird von den fränkischen Ka rolingern beherrscht. Nach dem Zerfall der antiken Kulturwelt rund um das Mittelmeer verlagerten sie die Vormacht der lateinischen Christenheit in die Francia zwischen Loire und Rhein und bezogen von dort aus weite Teile sowohl Italiens als auch Mitteleuropas in ihr Großreich ein. Gewiß blieb die Karolingerzeit ganz überwiegend den Bedingungen oraler Kultur, also der Wandelbarkeit mündlich weiter gegebener Vorstellungen von Geschichte, Recht und Religion verhaf tet,1 doch schufen die Karolinger immerhin den umfassenden Rah men, in dem sich Schulen, Schriftlichkeit und literarische Produktion erneuern und über die Grenzen des einstigen Imperium Romanum nach Norden und Osten ausbreiten konnten. Das Zeitalter bringt daher für den Bereich des nachmaligen Deutschland nicht nur eine Ver mehrung der Quellen nach Anzahl und Gattungen mit sich, sondern überhaupt den Beginn einer einheimischen Schriftkultur und Text überlieferung. Zu den Ausdrucksformen mit älterer Tradition, die weiter gepflegt und zeitgerecht abgewandelt wurden, gehört zumal das hagiographische Schrifttum (Heiligenviten, Miracula, Translationsberichte), das elementaren Bedürfnissen der Frömmigkeit entsprach, durch viele Gründergestalten und Reliquienübertragungen während der kirchli chen Expansion reichlich Nahrung fand und in vielfältiger Weise ge sellschaftliche Leitbilder und Wertmaßstäbe spiegelt.1 2 Viel seltener und dementsprechend berühmt ist die Anknüpfung an die profane 1 H. Vollrath, Das Mittelalter in der Typik oraler Gesellschaften, in: HZ 233, 1981, 571-594; M. RICHTER, The Oral Tradition in the Early Middle Ages, 1994; A. Angenendt, Verschriftlichte Mündlichkeit - vermündlichte Schriftlichkeit, in: Im Spannungsfeld von Recht und Ritual, Hg. H. Duchhardt u. a., 1997, 3-25; W. Raible u. a., Mündlichkeit und Schriftlichkeit, in: RGA 20, 2002, 308-314. 2 F. Graus, Hagiographische Schriften als Quellen der »profanen« Geschichte (1976), zuletzt in: DERS., Ausgewählte Aufsätze, 2002, 29-47; F. LOTTER, Me thodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse aus hagiographischen Quel len, in: HZ 229, 1979, 298-356; M. VAN UYTFANGHE, Die Vita im Spannungsfeld von Legende, Biographik und Geschichte, in: Historiographie im frühen Mittelal ter, Hg. A. Scharer u. a., 1994, 194-221; T. Klüppel, Die Germania (750-950), in: Hagiographies, Hg. G. Phillipart, Bd. 2, 1996, 161-209.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
Biographie des Altertums, die in Einhards Vita Karoli (um 828) vor liegt.3 Kaum kräftiger entwickelte sich von den frühchristlichen Grundlagen her und unter dem maßgeblichen Einfluß des Angelsach sen Beda (f 735) die heilsgeschichtlich orientierte Weltchronistik, die im 9. Jh. allenfalls einzelne gelehrte Repräsentanten fand.4 Dagegen nahm die nie völlig untergegangene Briefliteratur zur Übermittlung politischer, religiöser, wissenschaftlicher und auch ganz persönlicher Inhalte einen beträchtlichen Aufschwung, der sich vor allem an der gesteigerten Zahl von Briefsammlungen ablesen läßt.5 Erst recht aber wurde eine erstaunliche Verschriftlichung des Rechtslebens zum kennzeichnenden Zug des Zeitalters.6 Aus bescheidenen und spora dischen Vorläufern der Merowingerzeit erwuchsen eine planmäßige Aufzeichnung der Volksrechte (Leges)7 und, theoretisch als deren Ergänzung, eine unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen recht intensive, später auf Westfranken beschränkte königliche Ver ordnungspraxis in Form der Kapitularien, die sogar analog den über kommenen und von Synoden weiter gemehrten kirchlichen Normen in Sammlungen benutzbar gemacht wurden.8 Wie häufig auch die einzelnen Rechtsgeschäfte schriftlichen Niederschlag fanden, zeigt die urkundliche Überlieferung. Königliche Privilegien und Mandate, aus den frühen Hausmeier-Urkunden und den Diplomen der Mero winger zu einem neuen »kanzleigemäßen« Standard entwickelt, wur den ein wesentlicher Ausdruck karolingischer Regierungsführung und 3 W. BERSCHIN, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Bd. 3, 1991; M. M. TISCHLER, Einharts Vita Karoli, 2001. 4 A.-D. VON DEN Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik bis in das Zeitalter Ottos von Freising, 1957, 113ff.; H.-H. Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit: Regino von Prüm, in: Historiographie (wie Anm. 2), 499-513 (deutlich einschränkend); M. I. Allen, Universal History 300-1000: Origins and Western Developments, in: Historiography in the Middle Ages, Hg. D. M. Deliyannis, 2003, 17-42. 5 G. Constable, Letters and Letter-Collections, 1976; M. Mersiowsky, Regie rungspraxis und Schriftlichkeit im Karolingerreich, in: Schriftkultur und Reichs verwaltung unter den Karolingern, Hg. R. Schieffer, 1996, 109-166. 6 R. McKlTTERICK, The Carolingians and the Written Word, 1989; dazu kritisch M. RICHTER, »... quisquis seit scribere, nullam potat abere labore«, in: Karl Martell in seiner Zeit, Hg. J. JarnüT u. a., 1994, 393^404; E. Hellgardt, Zur Mehrspra chigkeit im Karolingerreich, in: BGDSL 118, 1996, 1-48. 7R. Schmidt-Wiegand, Leges, in: RGA 18, 2001, 195-201; vgl. auch § 5, Anm. 5, § 6, Anm. 27. 8R. Schmidt-Wiegand, Kapitularien, in: RGA 16, 2000, 232-236; H. Mörder, Studien zur fränkischen Herrschergesetzgebung, 2000; vgl. auch § 14, Anm. 21.
§ 1 Einleitung
11
beanspruchten unanfechtbare Geltung.9 Oft genug begnügten sich je doch auch andere Aussteller, namentlich im Umgang mit kirchlichen Institutionen, nicht mehr mit symbolischen Handlungen und herbei geholten Zeugen, sondern suchten das Vereinbarte auch auf Perga ment beweisbar festzuhalten, was zur Verbreitung von »Privaturkun den« in eher schlichten Formen und zu den Anfängen ihrer Bünde lung in Traditionsbüchem o. ä. geführt hat. Formularsammlungen der Zeit lassen noch darüber hinaus Anwendungsbereiche von Urkunden erahnen, für die gar kein konkretes Beispiel erhalten ist.1011 Als Neuschöpfung der Karolingerzeit gelten die aus knappen Ein trägen in Ostertafeln abzuleitenden, stets anonymen Annalen, die zu nächst nur als anspruchslose Reihungen örtlich bemerkenswerter Fak ten angelegt und ausgetauscht wurden, sich aber noch im 8. Jh. zur führenden Darstellungsform der Zeitereignisse entfalteten und insbe sondere als Widerspiegelungen des Aufstiegs der Karolinger große Bedeutung gewannen.11 Ihren Höhepunkt erreichte die Gattung mit den um 790 in der Hofkapelle begonnenen, bis 741 zurückblickenden Reichsannalen (Ahn al es regni Francorum), die eine wohlinformierte, offiziöse Sicht von zentraler Stelle bieten12 und, der politischen Ge samtentwicklung gemäß, von 830 an durch regional unterschiedlich 9 R.-H. Bautier, La chancellerie et les actes royaux dans les royaumes carolingiens, in: BEC 142, 1984, 5-80; M. Mersiowsky, Towards a Reappraisal of Carolingian Sovereign Charters, in: Charters and the Use of the Written Word in Medieval Society, Hg. K. Heidecker, 2000, 15-25. 1(1 P. Classen, Fortleben und Wandel spätrömischen Urkundenwesens im frühen Mittelalter, in: Recht und Schrift im Mittelalter, Hg. P. Classen, 1977, 13-54; P. Johanek, Zur rechtlichen Funktion von Traditionsnotiz, Traditionsbuch und früher Siegelurkunde, in: ebd., 131-162; P. Geary, Entre gestion et gesta, in: Les Cartulaires, Hg. O. Guyotjeannin, 1993, 13-26. 11 H. Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, 1958; I. Hasel bach, Aufstieg und Herrschaft der Karlinger in der Darstellung der sogenannten Annales Mettenses priores, 1970; N. Schröer, Die Annales s. Amandi und ihre Verwandten, 1975; E. FREISE, Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria, in: Memoria, Hg. K. Schmid u. a., 1984, 441-577; R. Corradini, Zeit räume - Schrifträume. Überlegungen zur Komputistik und Marginalchronologie am Beispiel der Annales Fuldenses antiquissimi, in: Vom Nutzen des Schreibens, Hg. W. Pohl u. a„ 2002, 113-166. 12 R. "McKitterick, Constructing the Past in the Early Middle Ages: The case of the Royal Frankish Annals, in: TRHS 6th ser. 7, 1997, 101-129; R. COLLINS, The »Reviser« Revisited: Another Look at the Alternative Version of the Annales Regni Francorum, in: After Rome’s Fall (Fs. W. Goffart), Hg. A. C. Murray, 1998, 191-213.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
ausgerichtete, weniger vom Hof geprägte Fortsetzungen abgelöst wur den: die westfränkischen Annales Bertiniani (861-882 von Erzbischof Hinkmar von Reims), die ostfränkischen Annales Fuldenses sowie aus dem Mittelreich die Annales Xantenses und die Annales Vedastini.13 Kennzeichnend für die Überlieferung sind häufige Verknüpfungen solcher Annalen mit Chroniken und Herrscherbiographien zu »Ge schichtsbüchern« mit langfristiger Perspektive.14 Ein zukunftsträchti ger Schritt lag ferner darin, daß der Langobarde Paulus Diaconus 783/91 das Muster des römischen Liber Pontificalis auf die Bischofs reihe der Stadt Metz übertrug, wo Karls heiliger Ahnherr Arnulf am tiert hatte, und damit manche weiteren Werke über die Taten (gesta) der einander folgenden Vorsteher eines Bistums oder Klosters anreg te.15 Die wechselseitigen Gebetszusagen der geistlichen Gemein schaften förderten den Austausch von Konventslisten und alsbald die Anlage neuartiger Gedenk- und Verbrüderungsbücher.16 Aus der Bil dungserneuerung erwuchs der Impuls, die Herrscher und ihre Taten auch in klassischen Versmaßen der Antike zu rühmen.17 Von der ge mehrten Schriftlichkeit zeugen schließlich die Besitz- und Einkünf teverzeichnisse (Polyptychen, Urbare) großer klösterlicher Grundherr schaften, die im Einzelfall einen höchst präzisen, freilich kaum gene ralisierbaren Einblick in die Bedingungen agrarischer Wirtschaft vermitteln.18 Nimmt man noch die vielen durchweg in Briefform ge13 M. Meyer-Gebel, Zur annalistischen Arbeitsweise Hinkmars von Reims, in: Francia 15, 1987, 75-108; The Annals of St-Bertin, Hg. v. J. L. Nelson, 1991; The Annals of Fulda, hg. T. Reuter, 1992. 14 R. McKitterick, L’idéologie politique dans Fhistoriographie carolingienne, in: La royauté et les élites dans l’Europe carolingienne, Hg. R. Le Jan, 1998, 59-70; H. Reimitz, Ein karolingisches Geschichtsbuch aus Saint-Amand, in: Text Schrift - Codex, Hg. C. Egger u. a., 2000, 34-90. 15 R. KAISER, Die Gesta episcoporum als Genus der Geschichtsschreibung, in: Hi storiographie (wie Anm. 2), 459-480; M. Sot, Local and Institutional History (300-1000), in: Historiography (wie Anm. 4), 89-114. 16 K. Schmid u. a., Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, in: Francia 2, 1974, 71-122; O. G. OEXLE, Memoria und Memorialüberlieferung im früheren Mittelalter, in: FMASt 10, 1976, 70-95; J. Autenrieth, Die Ver brüderungsbücher der Bodenseeklöster in paläographisch-kodikologischer Sicht, in: Memoria (wie Anm. 11), 603-612. 17 A. Ebenbauer, Carmen Historicum, Bd. 1, 1978; P. Godman, Poets and Emperors, 1987; D. SCHALLER, Studien zur lateinischen Dichtung des Frühmittelalters, 1995. 18 Y. Morimoto, Etat et perspectives des recherches sur les polyptyques carolingi ens, in: Annales de l’Est 40, 1988, 99-149; D. Hägermann, Quellenkritische
§ 1 Einleitung
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haltenen Traktate zu theologischen Fragen und zu allen Gebieten des Schulwissens hinzu, so entsteht trotz arger Überlieferungsverluste ein bemerkenswert günstiges Bild vom Quellenangebot der beiden karo lingischen Jahrhunderte.19 Im Vergleich zur Merowingerzeit - zumal dem 7. Jh. - ist dieser Eindruck fraglos berechtigt, doch lehrt der Rückgang, der auf den meisten Feldern im ottonischen 10. Jh. noch einmal eintrat, daß Beständigkeit und Breitenwirkung der erneuerten Schriftkultur nicht überschätzt werden dürfen. Unserer Kenntnis des Zeitalters kommt überdies zugute, daß für die Bewahrung des geschriebenen Wortes eben damals institutionelle Be dingungen geschaffen wurden, die sich dauerhaft ausgewirkt haben. Zwar gingen die letzten Ausläufer eines öffentlichen Archivwesens antiken Stils in den gallorömischen Städten unter, und auch die An sätze zu einem »Pfalzarchiv« in Aachen blieben Episode, aber an den größeren Kirchen wurden zunehmend urkundliche Rechtstitel gesam melt und bald schon in Bücher kopiert, die heute, sofern ihnen in späterer Zeit ein günstiges Geschick beschieden war (wie z. B. in St. Gallen, Fulda, Weißenburg, Werden), die ältesten geschlossenen Archivbestände auf deutschem Boden bilden.20 Vergleichbares gilt von den Bibliotheken als den Horten der literarischen Überlieferung. In Karls Aachener Büchersammlung hatten sie ein hervorragendes Bemerkungen zu den karolingischen Urbaren und Güterverzeichnissen, in: Struk turen der Grundherrschaft im frühen Mittelalter, Hg. W. Rösener, 1989,47-73; L. Kuchenbuch, Ordnungsverhalten im grundherrlichen Schriftgut vom 9. zum 12. Jahrhundert, in: Dialektik und Rhetorik im früheren und hohen Mittelalter, Hg. J. Fried, 1997, 175-268. 19 Zur Geschichtsschreibung der Karolingerzeit insgesamt vgl. H.-W. GOETZ, Ver schriftlichung von Geschichtskenntnissen, in: Schriftlichkeit im frühen Mittelalter, Hg. U. Schaefer, 1993, 229-253; M. Innes u. a., The writing of history, in: Carolingian culture: emulation and innovation, Hg. R. McKlTTERICK, 1994, 193-220; H.-W. GOETZ, Vergangenheitswahmehmung, Vergangenheitsgebrauch und Geschichtssymbolismus in der Geschichtsschreibung der Karolingerzeit, in: Ideologie e pratiche del reimpiego nell’alto medioevo, 1999 (Sett.Cent.it. 46), 178-225; The Uses of the Past in the Early Middle Ages, Hg. Y. Hen u. a., 2000. 20 H. Fichtenau, Archive der Karolingerzeit (1972), zuletzt in: Ders., Beiträge zur Mediävistik, Bd. 2, 1977, 115-125; G. DECLERCQ, Originals and Cartularies: The Organization of Archival Memory (Ninth-Eleventh Centuries), in: Charters (wie Anm. 9), 147-170; P. Geary, Auctor et auctoritas dans les cartulaires du haut moyen âge, in: Auctor et auctoritas. Invention et conformisme dans l’écriture médiévale, Hg. M. Zimmermann, 2001, 61-71; W. Brown, When documents are destroyed or lost: lay people and archives in the early Middle Ages, in: Early Medieval Europe 11, 2002, 337-366.
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Muster von jedoch nur begrenzter Dauer; langfristig wirksamer wur den die vom Kaiser geförderte Ausbreitung der geistlichen Schulen und deren wechselseitige Beziehungen, die noch im 9. Jh. an ver schiedenen Dom- und Klosterkirchen stattliche Handschriftenschätze zusammenwachsen ließen.21 Nur noch im Ausnahmefall sind sie an Ort und Stelle zu bewundern (z. B. in St. Gallen), doch helfen ander wärts die aus dieser Zeit erhaltenen ältesten Bibliothekskataloge bei der Rekonstruktion der einstigen Bestände (z. B. in Köln, Würzburg, Reichenau, Lorsch).22 Trotz aller Schriftquellen lägen weite Lebensbereiche des Frühmit telalters für uns überwiegend oder sogar völlig im Dunkeln, wenn nicht das Zeugnis der Bodenfunde und der gegenständlichen Überlie ferung hinzuträte.23 Insbesondere elementare Fragen der historischen Demographie und Anthropologie wie die nach der Lebenserwartung und der Bevölkerungsdichte, nach den Krankheiten und der Ernäh rungsweise sind erst durch die vermehrte Analyse menschlicher Über reste bei Friedhofsgrabungen in die Reichweite der Forschung ge langt.24 Aber auch zur Geschichte von Handwerk und Alltagskultur, von Handel und Verkehr sowie zu den Formen und der Ausbreitung von Siedlung vermag die Archäologie weit über die sporadischen Mitteilungen in Urkunden, Rechtsquellen und Literatur hinaus Auf schluß zu geben.25 Ansätze mit bereits älterer Tradition, die jedoch gerade für die Integrationsprozesse im Karolingerreich von großem 21 K. W. HUMPHREYS, The Early Medieval Library, in: Paläographie 1981, Hg. G. Silagi, 1982, 59-70; exemplarisch: B. Bischoff, Lorsch im Spiegel seiner Hand schriften, 1974; vgl. auch § 15, Anm. 34, 35. 22 A. Derolez, Les catalogues de bibliothèques, 1979; S. KRÄMER, Handschriften erbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1-2, 1989. 23 Fehring, Einführung (wie I, 2); T. Capelle, Karolinger und Karolingerzeit: Ar chäologisches, in: RGA 16, 2000, 299-304. 24 B. Herrmann, Historische Anthropologie als Teilbereich einer umfassenden Me diävistik, in: Zusammenhänge, Einflüsse, Wirkungen, Hg. J. O. Fichte u. a., 1986, 95-105; G. Grupe, Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, in: ebd., 106-116. 25 H. Jankuhn, Siedlungsarchäologie als Forschungsmethode, in: Geschichtswissen schaft und Archäologie, Hg. H. Jankuhn u. a., 1979, 19-43; W. Janssen, Me thoden und Probleme archäologischer Siedlungsforschung, in: ebd., 101-191; H. Roth, Kunst und Handwerk im frühen Mittelalter, 1986; D. Ellmers, Die Ar chäologie der Binnenschiffahrt in Europa nördlich der Alpen, in: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nord europa, TI. 5, Hg. H. Jankuhn u. a„ 1989, 291-350; H. Geisler, Haus und Hof im frühmittelalterlichen Bayern nach den archäologischen Befunden, in: Haus und Hof in ur- und frühgeschichtlicher Zeit, Hg. H. Beck u. a., 1997, 461^183.
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Belang sind, betreffen die Auswertung der Fundmünzen im Hinblick auf Geldverkehr, Wirtschaftspolitik und Herrschaftssymbolik26 sowie die Herleitung ethnischer Zusammenhänge und religiöser Vorstellun gen aus Bestattungsformen und Grabbeigaben. Dagegen ist die Zu lässigkeit einer sozialgeschichtlichen Interpretation von Bewaffnung und Schmuck der Begrabenen gemäß den Kategorien der Schriftquel len (Adel, Freiheit u. ä.) nach wie vor sehr strittig.27 Engere Verknüp fungen mit den geschriebenen Zeugnissen ergaben sich meist bei Bauuntersuchungen und Ausgrabungen in Kirchen, die sich über Vor gängern des 8./9. Jh. erheben und insofern bis zu den Anfängen des Christentums in vielen deutschen Landschaften zurückreichen.28 Be achtlichen Erkenntnisgewinn sogar für die politische Ordnung im en geren Sinne hat die archäologische Erforschung von Königspfalzen und Königshöfen29 sowie der vielfältigen Befestigungsanlagen erbracht, deren Typologie von den großen Höhenburgen des 8. Jh. über frühe Adelssitze bis zu den Wehrbauten der Normannen- und Ungamabwehr reicht.30
26 P. Berghaus, Die frühmittelalterliche Numismatik als Quelle der Wirtschaftsge schichte, in: Geschichtswissenschaft (wie Anm. 25), 411-429. 27 H. Steuer, Archäologie und die Erforschung der germanischen Sozialgeschichte des 5. bis 8. Jahrhunderts, in: Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages 1986, Hg. D. SIMON, 1987, 443^53. 28 G. P. Fehring, Missions- und Kirchenwesen in archäologischer Sicht, in: Ge schichtswissenschaft (wie Anm. 25), 547-591; Vorromanische Kirchenbauten, Bearb. F. Oswald u. a., 1966-1971, Nachtragsband, Bearb. W. Jacobsen u. a., 1991; Wohn- und Wirtschaftsbauten frühmittelalterlicher Klöster, Hg. H. R. SennHAUSER, 1996; B. Scholkmann, Christianisierung und Kirchenbau, in: Mission und Christianisierung am Hoch- und Oberrhein, Hg. W. BERSCHIN u. a., 2000, 111-138. 29 A. Gauert, Zur Struktur und Topographie der Königspfalzen, in: Deutsche Kö nigspfalzen, Bd. 2, 1965 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Ge schichte 11/2), 1-60; G. Binding, Deutsche Königspfalzen. Von Karl dem Großen bis Friedrich II. (765-1240), 1996; Deutsche Königspfalzen, Bd. 5, Hg. L. FENSKE u. a„ 2001; T. Zotz, Pfalz und Pfalzen, in: RGA 22, 2003, 640-645. 30 H. Jankuhn, Die sächsischen Burgen der karolingischen Zeit, in: Die Burgen im deutschen Sprachraum, Hg. H. Patze, Bd. 1, 1976, 359-382; W. Hübener, Die frühmittelalterlichen Wehranlagen in Südwestdeutschland nach archäologischen Quellen, in: ebd., Bd. 2. 47-75; vgl. auch § 11, Anm. 13; H. Brachmann, Der frühmittelalterliche Befestigungsbau in Mitteleuropa, 1993.
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b) Schwerpunkte der Forschung Während noch vor rund 100 Jahren Engelbert Mühlbacher eine um fangreiche »Deutsche Geschichte unter den Karolingern« (1896) vor legte und in den letzten beiden Auflagen des »Gebhardt« der ent sprechende Abschnitt bereits mit »Deutschland im fränkischen Reich« überschrieben war, haben sich inzwischen Periodisierungsmuster durchgesetzt, die die Karolingerzeit nicht mehr der deutschen Ge schichte zurechnen. Gegenüber der mit den Ottonen einsetzenden hi storischen Entwicklung erscheint das Frankenreich der Merowinger und der Karolinger als ein räumlich und ethnisch anders dimensio niertes Gebilde mit eigenem Entwicklungsrhythmus,31 das für die französische und die italienische nicht weniger als für die deutsche Geschichte und darüber hinaus für das gesamte abendländische Mit telalter vorbereitende, grundlegende Bedeutung gehabt hat. Sein hi storisches Profil fand daher im selben Maße gesteigertes Interesse, wie neben die nationalgeschichtliche Perspektive die Suche nach dem gemeinsamen Wurzelgrund der europäischen Völker trat. Unter Stich worten wie »Integration« und »Desintegration« wurden in den letzten Jahrzehnten vergleichende Studien über Entstehung, Ausbreitung und Fortentwicklung von Grundherrschaft, Lehnswesen, Grafschaft, »Reichsaristokratie« und anderen kennzeichnenden Phänomenen der fränkischen Staats- und Gesellschaftsordnung betrieben. Ähnliches gab es im Bereich der Kirche zu beobachten, die im Zeichen der von den Angelsachsen angestoßenen und von den Karolingern durchge setzten »Reform« Niedergang und Auflösung der voraufgegangenen Jahrhunderte überwand und in Liturgie, kanonischem Recht, geistli chem Gemeinschaftsleben, Schulwesen u. ä. zu neuen verbindlichen Maßstäben gelangte. Insgesamt haben sich Umrisse einer Grundstruk tur des mittelalterlichen Europa ergeben, die auf einer von der Francia ausgegangenen Synthese antiker und »barbarischer« Elemente beruh te, auf andere Räume - namentlich das spätere Deutschland - mo dernisierend wirkte und im Zenit karolingischer Macht unter Karl
■'l J. FLECKENSTEIN, Das Großfränkische Reich: Möglichkeiten und Grenzen der Großreichsbildung im Mittelalter (1981), zuletzt in: Ders., Ordnungen und for mende Kräfte des Mittelalters, 1989, 1-27.
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dem Großen und Ludwig dem Frommen ihre reinste Ausprägung er fuhr?2 Aber auch als einmalige und abgeschlossene Erscheinung in der politischen Geschichte des Mittelalters haben Werden und Vergehen des karolingischen Großreiches zu vielfältigen Überlegungen heraus gefordert. Sie beziehen sich auf die Machtbasis für den Aufstieg der Familie und für die zügige Expansion des 8. Jh., jeweils im Wech selspiel mit Adel und Kirche, auf die neuartige Formierung der Mon archie in Rückbindung an das Papsttum, auf die Stellung der gentes im Reichsganzen und die Behandlung ihrer Regna und Dukate als Mittelgewalten wie auch auf das Verhältnis zwischen regionalen Ei genkräften und dynastischer Entwicklung beim Zerfall der Reichsein heit im 9. Jh. Insbesondere die hochkarolingische Zeit mit ihrer rela tiven inneren Stabilität, mit der zeitweiligen festen Residenzbildung in Aachen und mit der Fülle normativer Quellen reizt zu der Frage, inwieweit die Zentralgewalt über die persönliche Autorität und die sakrale Legitimation der Herrscher hinaus auch institutionelle Gestalt annahm und die Fähigkeit entfaltete, ihren Willen reichsweit zur Gel tung zu bringen. Gesucht sind dabei Antworten, die die aristokratische Prägung der Gesellschaft und den geringen Umfang schriftlicher Bil dung in der laikalen Führungsschicht ebenso berücksichtigen wie die beschränkten Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen, die häufig un ter den Ursachen für das militärische und politische Scheitern des fränkischen Imperiums in der zweiten und dritten Generation nach Karl genannt werden. Trotz mancher Abstriche, die bei realistischer Betrachtung gewiß an den Aussagen der Leges, Kapitularien und Konzilsbeschlüsse zu machen sind, bleiben sie ein auf Jahrhunderte einzigartiger Versuch, rechtliche und soziale Gegebenheiten der ver schiedensten Art (von Freiheit und Adel über Königsboten und Do mänenwirtschaft bis zu Zollwesen und Zehnt) begrifflich zu erfassen und allgemeinverbindlich zu regeln. Mit den von ihnen vorgegebenen Kategorien wird sich jede Beschreibung der frühmittelalterlichen Ge sellschaft auseinandersetzen müssen.
” J. Fleckenstein, Die Grundlegung der europäischen Einheit im Mittelalter, in: Ders., Ordnungen (wie Anm. 31), 127-145; R. SCHIEFFER, Konstituierung der fränkischen Zivilisation II: Das Europa der Karolinger, in: Deutschland und der Westen Europas im Mittelalter, Hg. J. Ehlers, 2002, 99-120.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714—887)
Für eine anbahnende Behandlung der deutschen Geschichte, die im Blickfeld des »Gebhardt« liegt, ergibt sich vor solchem Hintergrund, daß zunächst darzustellen ist, unter welchen Umständen die einzelnen Landschaften des späteren Reiches der Deutschen im 8. Jh. in den Bannkreis der wiedererstarkenden fränkischen Königsgewalt traten, soweit sie nicht links des Rheins ohnehin zur angestammten Macht basis der Karolinger gehörten (Abschnitt A). Sodann soll jene über greifende Einheit, deren Erbe nicht allein in die deutsche Geschichte eingegangen ist, auf den verschiedenen Feldern historischer Erkennt nis und mit Einschluß der Italien- und Kaiserpolitik vornehmlich für den Zeitraum der homogensten Quellenlage unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen umrissen werden (Abschnitt B). Schließ lich bleibt die Aufgabe, im Zuge einer chronologisch angelegten Schilderung der Auflösung von Karls Imperium die Verselbständi gung des Mittelreiches nördlich der Alpen und des Ostfrankenreiches sowie deren allmähliches Zusammenwachsen bis zum Zeitpunkt des endgültigen Erlöschens der Reichseinheit zu verfolgen (Abschnitt C).
A.
Der erneute Ausgriff der fränkischen Reichsgewalt nach Osten im 8. Jahrhundert § 2
Die inneren Voraussetzungen
a) Die Konzentration der Herrschaft durch Karl Martell
In der Sukzessionskrise nach dem Tode des Hausmeiers Pippin des Mittleren (16. Dezember 714) stand letztmals für lange Zeit die Vor macht des amulfingisch-pippinidischen Hauses im Frankenreich auf dem Spiel.1 Gegen den Versuch der Witwe Plektrud, für ihre jugend lichen Enkel Theudoald und Arnulf im Namen des merowingischen Königs Dagobert III. (| 715/16) die faktische Regierung zu überneh men, erhoben sich neustrische Große, die einen Hausmeier Raganfrid*
J. Semmler, Zur pippinidisch-karolingischen Sukzessionskrise 714-723, in: DA 33, 1977, 1-36; Kasten, Königssöhne (wie III, 8), 59ff.
§ 2
Die inneren Voraussetzungen
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und bald auch einen König Chilperich II. (716-721) einsetzten.2 Als sie nach einem ersten Sieg über Theudoald bei Compiegne (715) in Abstimmung mit friesischen und sächsischen Vorstößen ungehindert bis in den Kölner Raum vordrangen und Plektrud zur Herausgabe ihrer Schätze nötigten, schlug die Stunde Karls, eines Sohnes aus Pippins weiterer Ehe mit Chalpaida, für den seit dem 9. Jh. der Bei name »der Hammer« (Martellus) bezeugt ist.3 Er beanspruchte nun das politische Erbe des Vaters und sicherte sich trotz einer anfängli chen Schlappe bei der Abwehr der Friesen wachsenden Anhang, in dem er die Neustrier in zwei Gefechten bei Ambleve in den Ardennen (716) und bei Vinchy im Cambrösis (717) aus dem Felde schlug. Das versetzte ihn in die Lage, der Stiefmutter Plektrud endgültig die Füh rung zu entreißen, als Gebieter Austriens einen (Gegen-)König Chlothar IV. zu proklamieren4 und schließlich wohl 718 vor Soissons den entscheidenden Durchbruch ins Pariser Becken und bis zur Loire zu erkämpfen. Der mit den Neustriem verbündete aquitanische dux Eudo unterwarf sich und lieferte Chilperich an Karl aus, der diesen König nach Chlothars raschem Tod anerkannte und sich von ihm zum Haus meier machen ließ, während Raganfrid auf eine lokale Herrschaft im Anjou beschränkt wurde.5 Der »Prinzipat« in der gesamten Francia, den Karl für sein Haus zurückgewann, hatte monarchischen Charakter und blieb auch vom Thronwechsel zu Theuderich IV. (721-737) un berührt.6 Der Machtkampf der Jahre 715 bis 720 ist in seiner historischen Bedeutung nicht geringer einzuschätzen als die Entscheidung von Tertry (687), denn der Aufstieg des dynastischen Außenseiters, durch den »Karl« zum Leitnamen der »Karolinger« wurde, war mit einer 21. HEIDRICH, Les maires du palais neustriens du milieu du VIIe au milieu du VIIIe siècle, in: La Neustrie. Les pays au nord de la Loire de 650 à 850, Bd. 1, Hg. H. Atsma, 1989, 217-229; U. Nonn, Plectrudis, in: RGA 23, 2003, 205f. ’ U. Nonn, Das Bild Karl Martells in den lateinischen Quellen vornehmlich des 8. und 9. Jahrhunderts, in: FMASt 4, 1970, 70-137 (bes. 124ff. zu den Beinamen); W. JOCH, Legitimität und Integration, 1999 (gegen die Vorstellung von einer blo ßen »Friedelehe« Chalpaidas). 4M. Hartmann, Pater incertus?, in: DA 58, 2002, 1-15. 5 R. A. GERBERDING, The Rise of the Carolingians and the Liber Historiae Fran corum, 1987, 139ff.; JOCH, Legitimität (wie Anm. 3), 81 ff. 61. HEIDRICH, Titulatur und Urkunden der amulfingischen Hausmeier, in: AfD 11/12, 1965/66, 71-279; U. Nonn, Vom maior domus zum rex, in: RhV 37, 1973, 107-116.
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tiefgreifenden Umschichtung in der austrischen Anhängerschaft der Familie verbunden und gab zugleich das Signal zu einer intensiven herrschaftlichen Erfassung Neustriens7 wie auch zum resoluten Vor gehen gegen alle auf Eigenständigkeit bedachten Kräfte rechts des Rheins. Der Hausmeier verstand die überlebenden Abkömmlinge der Plektrud in sein Herrschaftsgefüge einzubeziehen, beließ aber die ei genen Söhne Karlmann und Pippin zeitlebens ohne offizielle Funkti on.8 Das energische Bestreben, Männer seines Vertrauens als Bi schöfe, Äbte und Grafen auch außerhalb Austriens zu installieren, ist als bedachtsames politisches Handeln zu erkennen, wohingegen es der neueren Forschung sehr fraglich geworden ist, ob die Formierung eines schlagkräftigen bewaffneten Anhangs, über den Karl verfügte, mit bewußten Schritten zur Entwicklung des Lehnswesens (§ 12) im Sinne der Verbindung von Vasallität und Benefizialleihe verbunden war.9 Jedenfalls enttäuschte Karl Martell die Hoffnungen seiner Anhän ger auf Beteiligung am Machtgewinn nicht, als er - parallel zur Ex pansion der Herrschaft nach Norden und Osten (§§ 3-6) - seine Au torität auch in der stärker romanisierten Südhälfte Galliens zur Gel tung bringen konnte. Die Gelegenheit dazu bot sich, als ihn Eudo von Aquitanien gegen die aus Spanien vordringenden Mauren (islamisier te Berber afrikanischer Herkunft) zu Hilfe rief und Karl deren Vor marsch im Oktober 732 zwischen Tours und Poitiers zum Stehen brachte. Aus diesem von den Zeitgenossen weniger als von der Nach welt beachteten Abwehrerfolg1011 entwickelte sich eine jahrelange Ge genoffensive des Hausmeiers, der nicht nur nach Eudos Tod (735) dessen Sohn und Nachfolger Hunoald zum Treueid zwingen konnte,“ sondern vor allem in Burgund und entlang der Rhône die Vertreibung 7 R. Kaiser, Königtum und Bischofsherrschaft im frühmittelalterlichen Neustrien, in: Herrschaft und Kirche, Hg. F. Prinz, 1988, 83-108, bes. 98ff.; H. Ebling, Die inneraustrasische Opposition, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 295-304. 8 R. SCHIEFFER, Karl Martell und seine Familie, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 305-315; Joch, Legitimität (wie Anm. 3), 102ff. 9 H. WOLFRAM, Karl Martell und das fränkische Lehenswesen, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 61-78. IOJ.-H. Roy u. a., La Bataille de Poitiers, ... octobre 733, 1966; U. Nonn, Die Schlacht bei Poitiers 732, in: Beiträge zur Geschichte des Regnum Francorum, Hg. R. Schieffer, 1990, 37-56. 11 M. ROUCHE, L’Aquitaine des Wisigoths aux Arabes, 418-781, 1979, 111 ff.
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der eingedrungenen Mauren als Hebel benutzte, um viele lokale Machthaber zu verdrängen und durch ergebene Anhänger aus der ei genen Klientel zu ersetzen.12 In schweren Kämpfen, bei denen ein heimische Große das Bündnis mit den Muslimen nicht scheuten, ge lang es bis 739, auch die Provence der fränkischen Zentralgewalt zu öffnen13 und die maurische Hoheit auf das einst gotische Septimanien um Narbonne zu beschränken. Der Drang nach politischer Kontrolle des ganzen Reiches bestimm te Karls Haltung auch gegenüber der Kirche. Rigoros zerschlug er im mittleren und südlichen Gallien die faktisch autonomen Herrschaften hochadliger Bischöfe im Gebiet ihrer civitas und sorgte dafür, daß geistliche Führungsämter und Besitzrechte den eigenen Gefolgsleuten zufielen.14 Von langfristiger Bedeutung war auch die mehr oder min der erzwungene Übereignung bischöflicher Klöster an die Karolinger, weil sie der herrschenden Dynastie weit über Austrien hinaus mate rielles Potential, personellen Spielraum und geistlichen Rückhalt ver schaffte.15 Zur Sicherung seiner Macht war der Hausmeier bereit, ein zelnen Familienmitgliedern oder zuverlässigen Anhängern auch die Vereinigung mehrerer Bischofs- oder Abtswürden in einer Hand zu gestatten,16 in anderen Fällen jahrelange Vakanzen kirchlicher Ämter zur Zweckentfremdung der anfallenden Einkünfte zuzulassen und überhaupt Kirchengut zur Belohnung politisch-militärischer Dienste zu verwenden. Derartige Schritte, die den Niedergang der spätmerowingischen Kirche weiter beschleunigten und Karl Martell im 9. Jh. 12 J. Semmler, Die Aufrichtung der karolingischen Herrschaft im nördlichen Bur gund im VIII. Jahrhundert, in: Aux origines d’une seigneurie ecclésiastique. Langres et ses évêques, VIIF-XF siècles, 1986, 19-41 ; A. Staudte-LaüBER, Carlus princeps regionem Burgundie sagaciter penetravit, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 79-100. ” P. J. Geary, Die Provence zur Zeit Karl Martells, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 381-392. 14 F. Prinz, Der fränkische Episkopat zwischen Merowinger- und Karolingerzeit, in: Nascita dell’Europa ed Europa carolingia, 1981 (Sett.Cent.it. 27), 101-133. 15 J. Semmler, Episcopi potestas und karolingische Klosterpolitik, in: Mönchtum, Episkopat und Adel zur Gründungszeit des Klosters Reichenau, Hg. A. Borst, 1974, 305-395; A. Dierkens, Carolus monasteriorum multorum eversor et ecclesiasticarum pecuniarum in usus proprios commutator?, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 277-294. 16 E. Ewig, Milo et eiusmodi similes, in: Sankt Bonifatius. Gedenkgabe zum zwölf hundertsten Todestag, 1954, 412-440; F. Staab, Rudi populo rudis adhuc presul, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 249-275.
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den schweren Vorwurf des Kirchenraubes eintrugen,17 entsprangen einem handfesten Pragmatismus, den der Hausmeier offenbar genauso im Verhältnis zu den angelsächsischen Missionaren Willibrord und Bonifatius (§§ 3, 4) an den Tag legte. Er förderte und schützte sie in ihrer kirchlichen Aufbauarbeit rechts des Rheins als Wegbereiter der fränkischen Zentralgewalt, versagte sich aber zeitlebens den Wün schen des Bonifatius nach Schaffung einer regulären Bistumsorgani sation und erst recht dessen Vorstellungen von einer durchgreifenden Erneuerung der fränkischen Kirche im ganzen.18 Auch auf einen Hil feruf des Papstes Gregor III., der sich 739 von den Langobarden in Rom bedroht sah, ging Karl Martell nicht ein.19 Den größeren Wert legte er auf gutes Einvernehmen mit deren König Liutprand, dem er um 737 seinen Sohn Pippin zur Adoption überlassen hatte.20
b) Der Aufstieg Pippins des Jüngeren zum Königtum Nach dem Tode Karl Martells (15. oder 22. Oktober 741), der seit 737 ohne König regiert hatte, kam es zunächst wiederum zu einer inner familiären Auseinandersetzung, da der Hausmeier, vielleicht schon 737, das Reich (außer Aquitanien und Bayern) unter seinen beiden ältesten Söhnen Karlmann und Pippin dem Jüngeren aufgeteilt, nach träglich aber auch Grifo, dem Sohn aus seiner zweiten Ehe mit der Agilolfingerin Swanahild, eine Ausstattung, wenn nicht das Gesamt erbe, zugesprochen hatte. Dieser Halbbruder wurde jedoch von den beiden neuen Hausmeiem nicht als legitimer Erbe anerkannt und nach
17 Nonn, Bild (wie Anm. 3). 18 T. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas, 1954 (Ndr. 1972 mit Nachwort); R. McKitterick, Anglo-Saxon Missionaries in Ger many: Personal Connections and Local Influences (1991), zuletzt in: Dies., The Frankish Kings and Culture in the Early Middle Ages, 1995, Nr. I; J. SEMMLER, Bonifatius, die Karolinger und »die Franken«, in: Mönchtum - Kirche - Herr schaft 750-1000, Hg. D. R. Bauer u. a., 1998, 3-49; M. Banniard, Credo et langage: les missions de Saint Boniface, in: Voyages et voyageurs à Byzance et en Occident du VIe au XIe siècle, Hg. A. Dierkens u. a., 2000, 165-187; L. E. VON PADBERG, Bonifatius, Missionar und Reformer, 2003. 19 E. Hlawitschka, Karl Martell, das Römische Konsulat und der Römische Senat (1972), zuletzt in: Ders., Stirps Regia, 1988, 105-121. 20 J. Jarnut, Die Adoption Pippins durch König Liutprand und die Italienpolitik Karl Martells, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 217-226.
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kurzem Kampf Ende 741 gefangengesetzt.21 Wenige Monate später vereinbarten die Sieger in Vieux-Poitiers eine im einzelnen nur schwer bestimmbare Änderung des väterlichen Teilungsplans mit der Folge, daß fortan Karlmann vornehmlich über den Norden der Francia und die rechtsrheinischen Gebiete, Pippin über die südliche Francia, Burgund und die Provence gebot.22 Der formalen Absicherung ihrer Herrschaft diente sichtlich auch die Entscheidung, Anfang 743 noch einmal einen merowingischen König namens Childerich III. einzuset zen, der jedoch nur in den Datierungen von Urkunden faßbar wird.23 Im übrigen waren beide Brüder nach Kräften bestrebt, die vom Vater erkämpfte Suprematie auch gegenüber den Randzonen des Reiches zu wahren; sie schritten nicht nur in Bayern und Alemannien ein (§§ 5, 6), sondern unternahmen auch 742 und 745 (oder 744) gemeinsame Heereszüge nach Aquitanien, die damit endeten, daß der dortige dux Hunoald die Herrschaft an seinen Sohn Waifar abgeben und sich in ein Kloster zurückziehen mußte. Deutliche Unterschiede zu Karl Martell sind dagegen im Umgang der beiden Hausmeier mit kirchlichen Belangen zu bemerken.24 Sie gaben nicht bloß den Weg frei zur Errichtung der mitteldeutschen Bistümer (§ 4), sondern zeigten auch größere Aufgeschlossenheit für die von Bonifatius und den Angelsachsen ausgehenden und im brief lichen Kontakt mit Papst Zacharias abgestimmten Wünsche nach energischer Überwindung allgemeiner kirchlicher Mißstände. Offen bar versprachen sie sich von einer unter ihrer Ägide durchgeführten Reform einen fühlbaren Zugewinn an moralisch fundierter Autorität und waren, wenn auch in unterschiedlichem Maße, bereit, dafür Span nungen mit den aristokratischen Kreisen auf sich zu nehmen, die von einer Durchsetzung kanonischer Normen Nachteile zu befürchten hat ten. Der enge Zusammenhang der Reformentwicklung mit den poli tischen Entschlüssen (und Rücksichten) der Hausmeier zeigt sich 21 Kasten, Königssöhne (wie III, 8), 102ff.; M. Becher, Eine verschleierte Krise, in: Von Fakten und Fiktionen, Hg. J. Laudage, 2003, 95-133. 22 H. J. SchÜSSLER, Die fränkische Reichsteilung von Vieux-Poitiers (742) und die Reform der Kirche in den Teilreichen Karlmanns und Pippins, in: Francia 13, 1985, 47-112. 22 Hartmann, Pater (wie Anm. 4), 7 ff. 24 Einschränkend: T. Reuter, »Kirchenreform« und »Kirchenpolitik« im Zeitalter Karl Martells: Begriffe und Wirklichkeit, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 35-59.
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schon darin, daß die damit befaßten Bischofssynoden durchweg ge trennt nach den beiden Reichsteilen zusammentraten und die ratifi zierende Verkündung ihrer Ergebnisse den Herrschern überließen.25 An ihrer Überlieferung ist daher abzulesen, daß es Karlmann war, der zuerst eine (seit dem 18. Jh. als Concilium Germanicum bezeichnete) Versammlung weniger Bischöfe an unbekanntem Ort zustande brach te und deren programmatische Beschlüsse aufgriff, sich als Metro politanverband unter dem Erzbischof und päpstlichen missus Boni fatius zu formieren und eine generelle Rückerstattung des entfrem deten Kirchenbesitzes anzuordnen. Während dieser Auftakt am ehe sten in den April 743 zu datieren ist,26 kam es ein Jahr danach zu etwa gleichzeitigen Synoden der Bischöfe Karlmanns in Les Estinnes (Hennegau) und der Bischöfe Pippins in Soissons, die mit deutlich einschränkenden Formulierungen zu den gebotenen Restitutionen be reits den politischen Widerständen in der fränkischen Führungsschicht Rechnung trugen. Auch bei der geforderten Einrichtung von Kirchen provinzen stellten sich trotz einer gesamtfränkischen Synode im Jahre 74527 nur spärliche Erfolge ein, so daß selbst Bonifatius nicht den angestrebten Metropolitansitz Köln erhielt, sondern 746/47 mit Mainz als einfachem Bistum vorlieb nehmen mußte. Er hielt 747 noch eine letzte Synode ab,28 sah sich dann aber aus der Kirchenpolitik ver drängt zugunsten einheimischer Kräfte wie des Bischofs Chrodegang von Metz und des Abtes Fulrad von St. Denis, die unter Pippin die Erneuerung der fränkischen Kirche weitertreiben sollten. Die Doppelherrschaft der beiden Brüder ging 747 dadurch zu Ende, daß sich Karlmann zum Klostereintritt in Rom entschloß. Außer der geistlichen Begründung sind als Motiv Spannungen mit Pippin zu vermuten, die sich aber kaum näher präzisieren lassen. Jedenfalls setzte sich der verbliebene Hausmeier über Karlmanns Wunsch hin 25 Hartmann, Synoden (wie III, 8), 47 ff. 26 Grundpositionen in dieser chronologischen Streitfrage: T. Schieffer, Angelsach sen und Franken, 1951, 37ff.; H. Löwe, Bonifatius und die bayerisch-fränkische Spannung, in: JFL 15, 1955, 85-127; K.-U. Jäschke, Die Gründungszeit der mit teldeutschen Bistümer und das Jahr des Concilium Germanicum, in: Fs. W. Schle singer, Hg. H. Beumann, Bd. 2, 1974, 71-136. 27 Dazu kontrovers: J. Jarnut, Bonifatius und die fränkischen Reformkonzilien (743-748) (1979), zuletzt in: Ders., Herrschaft und Ethnogenese im Frühmittelal ter, 2002, 161-186; SCHÜSSLER, Reichsteilung (wie Anm. 2), 95 ff. 281. HEIDRICH, Synode und Hoftag in Düren im August 747, in: DA 50, 1994, 415-440.
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Die inneren Voraussetzungen
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weg, seinen Sohn Drogo an der Macht zu beteiligen,29 und verfocht den Anspruch auf alleinige Herrschaft ebenso wirksam gegen den 747 freigelassenen Halbbruder Grifo, der ihm von Sachsen und dann von Bayern aus entgegentrat, sich auch nicht durch einige neustrische Grafschaften abfmden ließ und nach zeitweiliger Zuflucht in Aqui tanien 753 beim Übergang nach Italien im Kampf umkam. Erst als eindeutiges Familienoberhaupt konnte Pippin daran denken, die po litisch längst wirkungslose, aber traditionsreiche Merowingerdynastie auch förmlich vom fränkischen Königtum zu verdrängen und sein Haus an ihre Stelle treten zu lassen. Als legitimierende Instanz bot sich das Papsttum an, das eben erst durch die bonifatianische Reform in seiner Autorität gestärkt worden war. Gemäß der seither geübten Konsultationspraxis dürfte Pippin 751 mit Zustimmung der Großen in Rom eine Rechtsauskunft eingeholt haben;30 doch wissen erst vierzig Jahre später die Reichsannalen von einer Gesandtschaft zu berichten, deren Frage lautete, ob es gut sei oder nicht, daß bei den Franken Könige ohne königliche Gewalt seien, worauf Papst Zacharias ge antwortet habe, es sei besser, wenn derjenige König heiße, der die Macht habe, als jemand ohne Königsgewalt. Mit der auf Augustin fußenden Begründung »damit die Ordnung nicht gestört werde« sei geboten worden, Pippin zum König zu machen.31 Rechtsbegründend dafür wurden jedenfalls erst die Wahl und die Huldigung durch die Franken Ende 751 in Soissons, während Childerich sich das königli che Haupthaar scheren lassen mußte und samt seinem Sohn in einem Kloster verschwand.32 Ob die an der Königserhebung beteiligten frän kischen Bischöfe über ein Segens- und Fürbittgebet hinaus auch eine 29 K. H. Krüger, Königskonversionen im 8. Jahrhundert, in: FMASt 7, 1973, 169-222, bes. 183 ff.; M. Becher, Drogo und die Königserhebung Pippins, in: FMASt 23, 1989, 131-153; J. Jarnut, Karlmann, in: RGA 16, 2000, 280-282. 3(1 So der einzige zeitgenössische Bericht des Fredegar-Fortsetzers; vgl. J. SEMMLER, Der Dynastiewechsel von 751 und die fränkische Königssalbung, 2003, lff. Ab lehnend auch gegenüber dieser Tradition: R. McKlTTERICK, The Illusion of Royal Power in the Carolingian Annals, in: EHR 115, 2000, 1-20; Dies., Die Anfänge des karolingischen Königtums und die Annales regni Francorum, in: Integration und Herrschaft, Hg. W. POHL u. a., 2002, 151-168. 31 W. Affeldt, Untersuchungen zur Königserhebung Pippins, in: FMASt 14, 1980, 95-187. 32 K. H. Krüger, Sithiu/Saint-Bertin als Grablege Childerichs III. und der Grafen von Flandern, in: FMASt 8, 1974, 71-80; K. Bund, Thronsturz und Herrscherab setzung im Frühmittelalter, 1979, 367 ff.
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Salbung Pippins vollzogen, erscheint fraglich, weil davon ausdrück lich wiederum erst die Reichsannalen sprechen, nachdem seit 754 solche (in der merowingischen Tradition nicht bezeugte) Akte mehr fach von Päpsten vorgenommen worden waren.33 Das neue Königtum von Gottes Gnaden im Bündnis mit dem Papst tum zog bald das fränkische Eingreifen in Italien nach sich (§ 13), verlieh Pippin aber auch bei der Fortführung seiner inneren Politik gesteigerte Autorität. So gewann die Kirchenreform unter der Leitung des 754 zum Erzbischof erhobenen Chrodegang von Metz (f 766) neue Impulse, die sich zumal auf die Einschärfung eines allgemeinen Zehntgebotes, doch auch bereits auf reichsweite Vereinheitlichungen in Gottesdienst und geistlichem Gemeinschaftsleben richteten und von mehreren Synoden bekräftigt wurden.34 Daneben gingen die Be strebungen der Zentralgewalt weiter, durch die Einebnung lokaler Sonderherrschaften, die Ausstattung verläßlicher Anhänger mit Äm tern und Besitz sowie die Vereinnahmung weiterer Klöster den ei genen Aktionsradius auszudehnen.35 Besonders der Süden Galliens trat wieder ins Blickfeld, nachdem es Pippin bis 759 gelungen war, innere Auseinandersetzungen im islamischen Spanien auszunutzen und durch die Einnahme des Küstenlandes Septimanien um Narbonne die Mauren vollends hinter die Pyrenäen zu vertreiben. Das damit umklammerte Aquitanien wurde seit 760 zum Ziel fast jährlicher, zermürbender Feldzüge, die 768 mit der Ermordung des letzten dor tigen dux Waifar und der Einbeziehung des Landes in das Karolin gerreich endeten, kurz bevor Pippin selbst am 24. September 768 in St. Denis starb.
33 Semmler, Dynastiewechsel (wie Anm. 30), 29 ff. Zur älteren Diskussion um Vor bilder einer 751 erteilten Salbung vgl. A. T. Hack, Zur Herkunft der karolingi schen Königssalbung, in: ZKG HO, 1999, 170-190; B. Schneidmüller, Zwi schen Gott und den Getreuen, in: FMASt 36, 2002, 193-224, bes. 200ff. 34 E. Ewig, Beobachtungen zur Entwicklung der fränkischen Reichskirche unter Chrodegang von Metz, in: FMASt 2, 1968, 67-77; Hartmann, Synoden (wie III, 8), 65ff.; U. Nonn, Zur Vorgeschichte der Bildungsreform Karls des Großen, in: Karl der Große und sein Nachwirken, Bd. 1, Hg. P. Butzer u. a., 1997, 63-77. 35 J. Semmler, Pippin III. und die fränkischen Klöster, in: Francia 3, 1975, 88-146; P. Engelbert, Bischöfe und Klöster im Frühmittelalter, in: RQ 97, 2002, 161-193, hier 171 ff.
§ 2
Die inneren Voraussetzungen
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c) Austrien als Zentrum der karolingischen Macht Eine wesentliche Voraussetzung des politischen Erfolgs der frühen Karolinger war ihre feste Verwurzelung im linksrheinischen Austri en.36 Dort lagen um Maas und Mosel ihre angestammten Besitzungen und Hoheitsrechte, die sich im 8. Jh. durch einträgliche Heiraten und zumal durch das Zusammenwachsen mit dem merowingischen Fis kalgut noch weiter vermehrten. Mit den ihnen bald übertragenen Klo stergründungen Echternach (697/98, unter dem angelsächsischen Abt Willibrord) und Prüm (721) kamen zwei neue kirchliche Mittelpunkte hinzu.37 Königshöfe wie Herstal, Zülpich, Düren, Sinzig und - 765 erstmals - Aachen im nördlichen sowie Diedenhofen, Longlier und Worms im südlichen Rheinland sind als Aufenthaltsorte Karl Martells oder Pippins belegt und zeigen, daß die heimatliche Basis genutzt wurde, auch nachdem die merowingischen Königspfalzen in Neus trien zur Verfügung standen.38 Vor allem aber hat sich Austrien in vielen (wenngleich nicht in allen) Fällen als Heimat jener Adelsfamilien erwiesen, die im Bündnis mit den Karolingern zur Teilhabe an dem werdenden Großreich auf stiegen39 und im 8. Jh. allmählich näher zu erfassen sind. So stehen Irmina, um 700 Äbtissin des Trierer Nonnenklosters Oeren und Grün derin von Echternach, sowie Adela, die um 700 in Pfalzel bei Trier ein Nonnenkloster stiftete, im Zentrum mächtiger, zwischen Mosel, Maas und Niederrhein weithin begüterter Sippen, die zweifellos den Karolingern eng verbunden waren, wenn sich auch die genealogi-
36 E. Ewig, Frühes Mittelalter, 1980 (Rheinische Geschichte 1/2), 76ff.; M. Innes, State and Society in the Early Middle Ages. The Middle Rhine Valley, 400-1000, 2000, 180ff.; H. H. Anton, Raumbestimmende politische, verfassungsmäßige und geistige Strukturen im Fränkischen Reich der merowingischen und karolingischen Zeit, in: Geschichte des Bistums Trier, Bd. 1, Hg. H. Heinen u. a., 2003, 160ff. 37 Semmler, Episcopi potestas (wie Anm. 15), 313ff.; Willibrord, Apostel der Nie derlande, Gründer der Abtei Echternach, Hg. G. Kiesel u. a., 1989; E. W1SPLINGHOFF, Untersuchungen zur Gründungsgeschichte des Klosters Prüm, in: JWLG 17, 1991, 1-27; Die Abtei Echternach 698-1998, Hg. M. C. FERRARI u. a., 1999. 38 E. Ewig, Descriptio Franciae (1965), zuletzt in: Ders., Spätantikes und fränki sches Gallien, Bd. 1, 1976, 274-322, bes. 296ff. 39 K. F. Werner, Bedeutende Adelsfamilien im Reich Karls des Großen (1965), zuletzt in: Ders., Vom Frankenreich zur Entfaltung Deutschlands und Frankreichs, 1984, 22-81.
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sehen Zusammenhänge nicht restlos klären lassen.40 Im Trierer Raum dominierte das nach dem Leitnamen Wido bezeichnete Geschlecht der Widonen, das generationenlang den dortigen Bischofsstuhl inne hatte und kurz vor 700 seine Hausabtei in Mettlach einrichtete.41 Die aus dem maasländischen Haspengau stammende Familie des Erzbi schofs Chrodegang von Metz und seines Bruders Gundeland, des je weils ersten Abtes von Gorze und von Lorsch, aus der später Ludwig der Fromme seine erste Gattin Irmingard wählte, war allenfalls weit läufig verwandt mit der mittelrheinischen Adelssippe der Rupertiner, die mit dem (nach Bayern gegangenen) hl. Rupert bereits Ende des 7. Jh. die führende Stellung im Bistum Worms eingenommen haben dürfte42 und später durch die Gründung des Klosters Lorsch (§ 4) hervortrat. Insgesamt erscheinen im frühkarolingischen Rheinland die mäch tigsten Familien stärker auf das Bischofsamt als auf die Grafschaften fixiert, die zunächst nur lückenhaft in Erscheinung treten.43 Offenbar boten sich den vornehmen, bald von den Reformern als »verweltlicht« gescholtenen Inhabern der Bistümer Köln, Trier, Mainz, Worms und Speyer günstige Aussichten der Herrschaftsbildung, die im Zuge fort schreitender ländlicher Kirchenorganisation linksrheinisch zur dauer haften Abgrenzung der mittelalterlichen Diözesansprengel und rechts rheinisch zur Entstehung parallel gelagerter missionarischer Expan sionszonen führte.44 Enger mit den Karolingern selbst waren zwei weiter westlich gelegene Bischofsstädte verbunden: Metz, wo das 40 M. Werner, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger, 1982; dazu E. Hlawitschka, Zu den Grundlagen des Aufstiegs der Karolinger (1985), zuletzt in: Ders., Stirps Regia (wie Anm. 19), 43-103. 41 T. Raach, Kloster Mettlach/Saar und sein Grundbesitz, 1974; H. H. Anton, Trier im frühen Mittelalter, 1987, 155 ff. 42 M. Gockel, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein, 1970, 298 ff. 41 U. Nonn, Pagus und Comitatus in Niederlothringen, 1983; R. W. L. PUHL, Die Gaue und Grafschaften des frühen Mittelalters im Saar-Mosel-Raum, 1999. 44 F. Staab, Speyer im Frankenreich, in: Geschichte der Stadt Speyer, Bd. 1, Red. W. Eger, 1982, 163-248; J. Semmler, Zur frühen Missions- und Kirchenge schichte am Niederrhein, in: Spurenlese, Hg. G. Precht u. a., 1989, 235-248; A. U. Friedmann, Das Bistum von der Römerzeit bis ins hohe Mittelalter, in: Das Bistum Worms, Hg. F. Jurgensmeier, 1997, 13-43, bes. 15ff.; F. Staab, Die Mainzer Kirche im Frühmittelalter, in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 1/1, Hg. F. Jurgensmeier, 2000, 87-194, bes. 87ff.; T. Bauer, Von der (spät)merowingischen zur hochkarolingischen Zeit, in: Geschichte des Bistums Trier (wie Anm. 36), 237 ff.
§ 3 Friesland
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Grab ihres heiligen Ahnherrn Arnulf verehrt wurde, sowie Lüttich, das durch Verlagerung des Sitzes von Tongern über Maastricht dort hin aufstieg.45
§ 3
Friesland
Der Zusammenhang zwischen Karl Martells Erfolg im inneren Machtkampf und dem neuen fränkischen Ausgreifen über den Rhein hinweg zeigt sich ganz unmittelbar in Friesland,1 denn von dort aus war der zweimal von Pippin dem Mittleren bezwungene Stammes führer (dux, in angelsächsischen Quellen: rex) Radbod 715 bis zur unteren Maas vorgerückt, hatte sich zugunsten der Neustrier in das Ringen eingeschaltet und Karl bei einem Abwehrversuch unweit von Köln in die Flucht geschlagen. Der fälligen Rache des Hausmeiers entging Radbod nur durch seinen Tod im Jahre 719. Seither war die Schlagkraft der Friesen deutlich gemindert, so daß Karl Martell bis 722 die fränkische Hoheit im Gebiet der Rheinmündungen mit dem Kastellort Utrecht und dem Handelsplatz Dorestad (Wijk bij Duurstede) zurückgewinnen und vermutlich die schon unter Pippin erreich te Grenze am Vlie wiederherstellen konnte. In einem weiteren Feld zug, bei dem ein gegnerischer dux Bubo getötet wurde, eroberte er 733/34 auch das friesische Kemgebiet zwischen Vlie und Lauwers und beseitigte damit die politische Organisation des Volkes. Die Un terwerfung der weiter östlich bis zur Wesermündung ansässigen Frie sen ergab sich erst im Zuge der Sachsenkriege Karls des Großen, nachdem sich das gesamte Gebiet östlich des Vlie an der großen Erhebung Widukinds 782 beteiligt haben soll. Entsprechend dem engen Wechselverhältnis von Mission und Herr schaft* 12 geriet auch die von Willibrord begonnene Christianisierung 45 O. G. OEXLE, Die Karolinger und die Stadt des heiligen Amulf, in: FMASt 1, 1967, 250-364; M. Werner, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit, 1980. 1 W. H. Fritze, Zur Entstehungsgeschichte des Bistums Utrecht. Franken und Frie sen 690-734, in: RhV 35, 1971, 107-151; S. LEBECQ, Francs contre Frisons (VleVHIe siècles), in: La guerre et la paix. Frontières et violences au moyen âge, 1978, 53-71; D. P. Blok, De Franken in Nederland, 31979, 43ff.; H. Halbertsma, Frieslands Oudheid, 2000; W. KETTEMANN, Radbod, in: RGA 24, 2003, 56f. 2 H. Büttner, Mission und Kirchenorganisation des Frankenreiches bis zum Tode Karls des Großen, in: Karl der Große, Bd. 1 (wie III, 8), 454-487; L. E. VON PADBERG, Mission und Christianisierung, 1995, 95 ff.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
der Friesen nach 714 in eine schwere Krise, wie gerade der junge Angelsachse Winfrid erfahren mußte, der dort 716 vergebens mit sei ner Heidenpredigt auf dem Kontinent zu beginnen suchte. Als er drei Jahre später, ausgestattet mit einem päpstlichen Missionsauftrag und dem römischen Namen Bonifatius, wiederkehrte, hatte sich das Blatt gewendet, so daß er eine Zeitlang an Willibrords Seite beim kirchli chen Aufbau in Friesland mitwirken konnte (bis 721). Unter Aufgabe früherer Pläne für eine ganze Kirchenprovinz wurde im zurückge wonnenen Utrecht ein bischöflicher Mittelpunkt eingerichtet, der 723 seine materielle Ausstattung durch den Hausmeier erhielt. Willibrord blieb ihm zeitlebens verbunden, konzentrierte sich aber wohl stärker auf seine Abtei Echternach3 und mag dadurch in der friesischen Kir che eine gewisse Stagnation bewirkt haben, die nach seinem Tode (739) in einer (nur kurzfristig unterbrochenen) jahrzehntelangen Va kanz des Utrechter Bischofsstuhls sichtbar wurde. Als symptomatisch erscheint, daß der hochbetagte Bonifatius, als er 754 noch einmal sein erstes Missionsfeld aufsuchte, in der Nähe des friesischen Dokkum von heidnischen Plünderern erschlagen wurde. Erst nach 777 zeugt eine kontinuierliche Bischofsreihe in Utrecht von einer stetigeren Ent wicklung, die auch an der führenden Beteiligung von Friesen bei der Sachsenmission erkennbar wird. Innerhalb des karolingischen Großreiches gewann Friesland eine spezifische Bedeutung als Zentrum eines ausgedehnten Femhandels, der sich von küstennahen Händlersiedlungen über See nach England und Skandinavien, aber auch entlang den großen Flüssen weit ins fränkische Binnenland erstreckte. Sein Radius ist an der Verbreitung friesischer Silbermünzen (sceattas) und an den Nachrichten über aus wärtige Niederlassungen friesischer Kaufleute abzulesen.4 Eher einem bäuerlichen Milieu entstammt die unsicher überlieferte Lex Frisionum, die zumeist als unfertiger Entwurf für die Aachener Reichsver 3 A. Angenendt, Willibrord im Dienste der Karolinger, in: AHVN 175, 1973, 63-113; Willibrord, zijn wereld en zijn werk, Red. P. Bange u. a., 1990; M. COSTAMBEYS, An aristocratic community on the northern Frankish frontier 690-726, in: Early Medieval Europe 3, 1994, 39-62; vgl. auch § 2, Anm. 37. 4 S. LEBECQ, Marchands et navigateurs frisons du haut moyen âge, Bd. 1-2, 1983; A. Verhülst, Der frühmittelalterliche Handel der Niederlande und der Friesen handel, in: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtli chen Zeit in Mittel- und Nordeuropa, TI. 3, 1985, Hg. K. Düwel u. a., 381-391; S. Lebecq, Friesenhandel, in: RGA 10, 1998, 69-80.
§ 4 Hessen, Mainfranken, Thüringen
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Sammlung von 802 gedeutet wird. Sie läßt in der sozialen Gliederung eine Hauptgruppe der Freien, aber auch Adel sowie Halbfreie und Unfreie erkennen und differenziert die Höhe der geforderten Bußen überdies nach West-, Mittel und Ostfriesland. Auffällig sind einige rein heidnische Bestimmungen in dem sonst christlich geprägten Ge setz.5
§ 4
Hessen, Mainfranken, Thüringen
a) Die politischen Ordnungen
Anders als Friesland war Hessen schon früh in den Sog der »fränki schen Ostbewegung« geraten.1 Die Lande vom Mittelrhein ostwärts bis zur Werra und zur Rhön gehörten seit dem 6. Jh. zum Merowingerreich und waren, ausgehend von den zum Rhein und zum Unter main führenden Flußtälem, zunehmend fränkisch besiedelt worden, ohne daß von kriegerischen Zusammenstößen mit der ansässigen Be völkerung berichtet würde. Ausgespart blieb offenbar lange der alte chattische Kemraum nördlich von Wetterau und Vogelsberg, auf den sich um 738 die erstmalige Erwähnung von »Hessi« bezieht.*123Diese Gegenden waren seit dem späten 7. Jh. feindlichen Vorstößen der Sachsen ausgesetzt, worauf die Hausmeier mit der Errichtung großer, ständig besetzter Befestigungsanlagen wie der Büraburg bei Fritzlar, dem Christenberg bei Wetter und der Amöneburg bei Marburg re agierten? Sie dienten sowohl der Herrschaftssicherung wie als Zu 5 Lex Frisionum (wie III, 4a); H. S1EMS, Studien zur Lex Frisionum, 1980; R. Schmidt-Wiegand, Lex Frisionum, in: RGA 18, 2001, 318-320. Zum histori schen Hintergrund vgl. H. SCHMIDT u. a„ Friesland im karolingischen Imperium, in: Geschichte Niedersachsens (wie I, 9), Bd. 2/1, 1997, 907-913. 1 W. Schlesinger, Zur politischen Geschichte der fränkischen Ostbewegung vor Karl dem Großen (1975), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze, Hg. H. Patze u. a., 1987, 1-48; K. SlPPEL u. a., Hessen, in: RGA 14, 1999, 497-510. 2 Althessen im Frankenreich, Hg. W. SCHLESINGER, 1975; K. HEINEMEYER, Hessen im Fränkischen Reich, in: Das Werden Hessens, Hg. W. HEINEMEYER, 1986, 125-155; M. Gockel, Die Franken in Althessen, in: HJLG 50, 2000, 57-76. 3 R. GENSEN, Christenberg, Burgwald und Amöneburger Becken in der Merowingerund Karolingerzeit, in: Althessen (wie Anm. 2), 121-172; N. Wand, Die Büraburg und das Fritzlar-Wabemer Becken in der merowingisch-karolingischen Zeit, in: ebd., 173-210.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
fluchtsstätten im Notfall und förderten offenbar eine neue Welle frän kischer Siedlung, die seit Beginn des 8. Jh. auch das nördliche, sog. Alt-Hessen erfaßte.4 Die Erfordernisse der Sachsenabwehr ließen 740/50 zwischen Werra und Unstrut die »Germar-Mark« als hessisch thüringisches Burgensystem zum Schutz der Verkehrswege entste hen,5 doch ist sonst keine umfassende politische Ordnung, insbeson dere keine Spur eines älteren Dukats, in Hessen zu erkennen. Die Grafschaftsverfassung scheint sich im 8. Jh. von Süden nach Norden durchgesetzt zu haben.6 Ähnliche Grundbedingungen wie in Hessen sind als Folge frühen und ganz überwiegend friedlichen fränkischen Vordringens auch im Gebiet des mittleren Mains mit dem Zentrum Würzburg anzutreffen. 7 Das Herzogtum des auf dem dortigen Marienberg ansässigen Heden und seiner Vorgänger, deren Hoheit jedenfalls zuletzt auch über den Thüringer Wald hinweg nach Norden reichte, stellt eine nur zeitwei lige Herrschaftsform dar, die 716/7 letztmals bezeugt ist und danach von Karl Martell beseitigt oder zumindest nicht aufrechterhalten wur de.8 Ihre Machtbasis bildete neben befestigten Plätzen (Hammelburg, Stöckenburg) ein dicht gelagerter Fiskalbesitz, der nach dem Ende des Herzogtums an die fränkische Zentralgewalt fiel und teilweise als Gründungsausstattung des Bistums Würzburg zutage tritt.9 Auch die im selben Zusammenhang verliehenen Einkünfte aus anscheinend 4 M. Hardt, Siedlung als Integrationsfaktor. Zur Veränderung der Kulturlandschaft bei der Eingliederung des nördlichen Hessen in das Frankenreich, in: Nordhessen im Mittelalter, Hg. I. Baumgärtner u. a., 2001, 9-27. 5 K. HEINEMEYER, Der Königshof Eschwege in der Germar-Mark, 1970. 6 H. K. Schulze, Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins, 1973, 173ff.; zur Problematik vgl. § 14, Anm. 31. 7 E. Söder VON GÜLDENSTUBBE, Christliche Mission und kirchliche Organisation, in: Unterfränkische Geschichte, Hg. P. Kolb u. a., Bd. 1, 1989, 108-152; W. Störmer, Im Karolingerreich, in: ebd. 153-204; F.-J. Schmale u. a., Franken im Karolingerreich, in: HBG 33/l, 115-135; D. Rosenstock, Siedlungsgeschichte im Frühmittelalter, in: Geschichte der Stadt Würzburg, Bd. 1, Hg. U. Wagner, 2001, 51-61. 8 W. Störmer, Zu Herkunft und Wirkungskreis der merowingerzeitlichen »main fränkischen« Herzöge, in: Fs. E. Hlawitschka, Hg. K. R. Schnith u. a., 1993, 11-21; H. Mordes, Die Hedenen als politische Kraft im austrasischen Franken reich, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 345-366; H. Reichert u. a., Heden(e), in: RGA 14, 1999, 104-109. 9 K. Lindner, Untersuchungen zur Frühgeschichte des Bistums Würzburg und des Würzburger Raumes, 1972.
§ 4 Hessen, Mainfranken, Thüringen
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»öffentlich-rechtlichen« Naturalabgaben deuten auf planvolle Sied lung hin,1011 die östlich von Würzburg wohl auch der Grenzsicherung gegen die Slawen am Obermain dienen sollte. Die Beteiligung von comités an der Verwaltung dürfte bereits in die herzogliche Zeit zu rückgehen" und breitete sich im Lauf des 8. Jh. parallel zum Aufstieg begüterter Adelsgeschlechter1213 überall in Mainfranken aus. Demgegenüber wirkt Thüringen bis weit ins 8. Jh. hinein stärker in sich abgeschlossen.11 In der Tradition des im 6. Jh. zerschlagenen Thüringerreiches und eines im 7. Jh. bezeugten, recht autonomen Dukats wies das Land eine eigene gentile Prägung auf, die noch unter Karl dem Großen in der Aufzeichnung einer Lex Thuringorum zum Ausdruck kam.14 Repräsentanten des darin stark hervorgehobenen einheimischen Adels dürften die (nach dem Erlöschen des Herzog tums) 722 in einem päpstlichen Empfehlungsbrief für Bonifatius na mentlich angeredeten fünf »viri magnifici« sein.15 Erfurt galt um die Mitte des 8. Jh. als Hauptburg des Landes schon seit heidnischer Zeit.16 Andererseits stand die fränkische Oberhoheit nie in Zweifel, Königsgut war im 8. Jh. sichtlich vorhanden, und fränkische Zuwan derung ist zumindest punktuell faßbar. Die verfügbaren Kräfte reich ten hin, um nördlich der Unstrut 740/50 eine Kette von Befestigungen 10 K. Bosl, Franken um 800, 21969; H. Steidle, Die Entstehung der frühmittelal terlichen Gesellschaft in Ostfranken, 1989. 11 Schulze, Grafschaftsverfassung (wie Anm. 6), 215ff.; W. STORNIER, Bemerkun gen zu Graf und Grafschaft im früh- und hochmittelalterlichen Franken, in: Bei träge zu Kirche, Staat und Geistesleben (Fs. G. Christ), Hg. J. SCHRÖDER, 1994, 81-93. 12 M. Gockel, Zur Verwandtschaft der Äbtissin Emhilt von Milz, in: Fs. W. Schle singer (wie § 2, Anm. 26), 1-70; A. Friese, Studien zur Herrschaftsgeschichte des fränkischen Adels, 1979 (dazu M. Werner, in: DA 36, 1980, 630ff.). 13 W. Schlesinger, Thüringen im Fränkischen Reich, in: Geschichte Thüringens (wie I, 9), Bd. 1, 334-380; M. Gockel, Die Westausdehnung Thüringens im frü hen Mittelalter im Lichte der Schriftquellen, in: Aspekte thüringisch-hessischer Geschichte, Hg. M. Gockel, 1992, 49-66; A. Angenendt, Willibrord und die thüringische Kirchenorganisation, in: Vestigia pietatis (Fs. E. Koch), Hg. G. Graf u. a., 2000, 9-17. 14 Leges Saxonum (wie III, 4a); vgl. P. Landau, Die Lex Thuringorum - Karls des Großen Gesetz für die Thüringer, in: ZRG GA 118, 2001, 23-57. 15 Bonifatius, Brief 19 (wie III, 3), 33. 16 K. Heinemeyer, Erfurt im frühen Mittelalter, in: Erfurt. Geschichte und Gegen wart, Hg. U. Weiss, 1995, 45-66; M. GOCKEL, Erfurts zentralörtliche Funktionen im frühen und hohen Mittelalter, in: ebd. 81-94; Ders., Erfurt, in: DKPf, Bd. 2: Thüringen, 2000, 103-148, 678-683.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
gegen die Sachsen anzulegen und sich entlang der Saale in ähnlicher Weise vor den Slawen zu schützen.17 Grafen und Grafschaften begeg nen im karolingischen Thüringen nur sporadisch und lassen kaum auf ein geschlossenes Verwaltungsnetz schließen.18
b) Der kirchliche Aufbau
Die Gegenden östlich des Mittelrheins, denen sich Bonifatius, gemäß seinem Auftrag für »Germanien«, erstmals 719 und endgültig 721 zuwandte, waren nach generationenlanger Zugehörigkeit zum Fran kenreich kein elementares Missionsgebiet19 mehr wie Friesland, wo der Angelsachse die ersten Erfahrungen auf dem Kontinent gemacht hatte. Das Christentum war hier, ausgehend von den linksrheinischen Bischofssitzen und primär getragen von der austrischen Herren schicht, schon längst eingedrungen, hatte sich aber bei der breiten Masse der Bevölkerung noch kaum gegen heidnische Überlieferungen und Kultpraktiken durchgesetzt und bedurfte in jeder Hinsicht der Vertiefung und organisatorischen Festigung. Indem sich Bonifatius dies zur Aufgabe machte, beförderte er zugleich die Integration dieser peripheren Räume in das karolingische Großreich und sicherte sich insoweit das Wohlwollen Karl Martells. Es ist daher schwerlich Zu fall, daß sich die lokalisierbaren Spuren seines Wirkens meist in enger Nachbarschaft zu den Stützpunkten fränkischer Macht finden. Das gilt schon 721, als er in der den hessischen Lahngau beherrschenden Amöneburg eine erste geistliche Niederlassung einrichtete, erst recht aber für seine berühmteste Einzeltat, die er nach seiner römischen Bischofsweihe (722) und der Erteilung eines Schutzbriefes durch den Hausmeier vollbrachte: die demonstrative Fällung der dem Donar hei ligen Eiche von Geismar und die Errichtung einer ersten Kirche in 17 R. Wenskus, Zur fränkischen Siedlungspolitik im Saalegebiet (1977), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze zum frühen und preußischen Mittelalter, 1986, 201-212. 18 Schlesinger, Thüringen (wie Anm. 13), 350ff.; Schulze, Grafschaftsverfassung (wie Anm. 6), 258 ff. 19 M. Werner, Iren und Angelsachsen in Mitteldeutschland, in: Die Iren (wie III, 8), Bd. 1, 239-318; A. Hampel, Der Kaiserdom zu Frankfurt am Main. Ausgrabungen 1991-93, 1994; W. StöRMER, Frühes Christentum in Altbayem, Schwaben und Franken, in: Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, Bd. 1, Hg. W. BrandMÜLLER, 1998, 1-93, bes. 73 ff.; vgl. auch § 2, Anm. 18.
§ 4 Hessen, Mainfranken, Thüringen
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Fritzlar aus ihrem Holze, denn dies spielte sich 723/24 zu Füßen der fränkischen Büraburg ab.20 Auch in Thüringen, wohin er 725 weiter zog, suchte Bonifatius den Rückhalt mächtiger Grundherren und ver band die Heidenbekehrung mit der Schaffung fester kirchlicher Mit telpunkte sowie dem Einschreiten gegen unkanonische Mißstände, wodurch er bald schon in Konflikt mit widerstrebenden einheimi schen Geistlichen geriet. Seine Urteilsmaßstäbe schärfte er durch be ständige Korrespondenz mit Rom, und von dort wurde er auch 732 durch Erhebung zum Erzbischof beauftragt, weitere Bischöfe zu wei hen und offenbar einen ganzen rechtsrheinischen Metropolitanver band zu schaffen. Dazu kam es jedoch vorerst nicht, anscheinend wegen Einsprüchen des austrischen Episkopats und verwandter Adelskreise, die Rückwirkungen auch auf die linksrheinischen Kir chen befürchteten. Bonifatius verlagerte indessen seine Tätigkeit nach Mainfranken, wo um 735 mehrere Frauenklöster entstanden,21 begab sich auf eine dritte Romreise (737/38) und konzentrierte sich dann auf die bayerische Kirche (§ 6). Erst der politische Wandel nach dem Tode Karl Martells erlaubte es Bonifatius, mit Billigung des zuständigen Hausmeiers Karlmann von seiner Weihevollmacht Gebrauch zu machen und wohl 7422223 drei Angelsachsen als Bischöfe in neu geschaffene Sprengel einzuweisen: Witta für das hessische Büraburg, Burchard für das mainfränkische Würzburg sowie für das thüringische Erfurt wahrscheinlich Willibald, der sich jedoch in seiner Klostergründung Eichstätt niederließ und dort im fränkisch-bayerischen Grenzraum mit der Zeit einen weiteren Bischofssitz ins Leben rief.21 Die Festlegung der diözesanen Mittel 20 F. Schwind, Fritzlar zur Zeit des Bonifatius und seiner Schüler, in: Fritzlar im Mittelalter. Fs. zur 1250-Jahrfeier, 1974, 69—88; L. E. VON Padberg, Die Insze nierung religiöser Konfrontationen, 2003, 249f. 21 A. Wendehorst, Das benediktinische Mönchtum im mittelalterlichen Franken, in: Untersuchungen zu Kloster und Stift, 1980 (Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte 68), 38-60, bes. 40ff.; Y. Hen, Milites Christi utriusque sexus. Gender and the Politics of Conversion in the Circle of Boniface, in: RevBen 109, 1999, 17-31; H. Wagner, Die Äbtissinnen des Klosters Kitzingen, in: Würz burger Diözesangeschichtsblätter 64, 2002, 9-75, bes. 13ff. 22 Zu dem Datierungsproblem vgl. § 2, Anm. 26. 23 G. Pfeiffer, Erfurt oder Eichstätt?, in: Fs. W. Schlesinger (wie § 2, Anm. 26), 137-161; R. Schieffer, Über Bischofssitz und Fiskalgut im 8. Jahrhundert, in: HJb 95, 1975, 18-32; Der hl. Willibald - Klosterbischof oder Bistumsgründer?, Hg. H. Dickerhof u. a., 1990; D. Parsons, Some churches of the Anglo-Saxon
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714—887)
punkte in fränkischen Kastellorten sollte nicht bloß einen gewissen Ersatz für die nicht vorhandenen, aber vom Kirchenrecht geforderten Städte bieten, sondern unterstrich auch den engen Zusammenhang von politischer und kirchlicher Ordnung. Allerdings reichte die Un terstützung Karlmanns nicht hin, um die Neugründungen mit alten, am Rhein gelegenen Bistümern nach englischem Vorbild zu einer festen Kirchenprovinz unter dem Metropoliten Bonifatius zusammen fassen zu können, weshalb dieser bald nach der Übernahme von Mainz (§ 2) Büraburg und Erfurt als gesonderte Bischofssitze wieder aufgab und in seinen eigenen, fortan weit nach Norden und Osten ausgreifenden Sprengel einbezog.24 Dauerhaften Bestand hatten allein Würzburg und Eichstätt, die nach dem Tod ihrer ersten Hirten an fränkische Geistliche übergingen, während Bonifatius die Nachfolge in Mainz seinem Landsmann Lui sichern konnte.25 Neben der Diözesanorganisation entwickelte sich auch eine neue Klosterlandschaft,26 für die bald wohlsituierte Großabteien mit erheb lichem ökonomischen und kulturellen Eigengewicht charakteristisch wurden. 744 gründete Bonifatius im Waldgebiet Buchonia an dem von Karlmann überlassenen Platz eines früheren pfalzähnlichen Her renhofes das Kloster Fulda, für das er sogleich die Benediktregel vor schrieb und 751 bei Papst Zacharias die Exemtion von der Gerichts gewalt des Bischofs von Würzburg erwirkte.27 Nachdem Bonifatius dort 754 seinem Wunsch gemäß bestattet worden war, kam es zwimissionaries in southern Germany: a review of the evidence, in: Early Medieval Europe 8, 1999, 31-67; A. WENDEHORST, Bischofssitz und königliche Stadt, in: Geschichte Würzburg (wie Anm. 7), 62-73; vgl. auch Anm. 16. 24 W. Fritze, Bonifatius und die Einbeziehung von Hessen und Thüringen in die Mainzer Diözese, in: HJLG 4, 1954, 37-63; F. STAAB, Die Gründung der Bistümer Erfurt, Büraburg und Würzburg durch Bonifatius im Rahmen der fränkischen und päpstlichen Politik, in: AmrhKG 40, 1988, 13-41, hier 39ff. (für noch früheres Ende des Bischofssitzes Erfurt). 25 Staab, Mainzer Kirche (wie § 2, Anm. 44), 136ff. 26 W. Stürmer, Entwicklungstendenzen in der ostfränkischen Klosterlandschaft der Karolingerzeit, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 77-97. 27 K. Schmid, Die Frage nach den Anfängen der Mönchsgemeinschaft in Fulda, in: Die Klostergemeinschaft (wie III, 6), Bd. 1, 108-135; K. Heinemeyer, Die Grün dung des Klosters Fulda im Rahmen der bonifatianischen Kirchenorganisation, in: HJLG 30, 1980, 1-45; U. Hussong, Studien zur Geschichte der Reichsabtei Fulda bis zur Jahrtausendwende, in: AfD 31, 1985, 1-225 u. ebd. 32, 1986, 129-304; Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen, Hg. G. Schrimpf, 1996; F. Staab, Fulda, in: DKPf, Bd. 1: Hessen, 5. Lieferung 2001, 511-611.
§ 4 Hessen, Mainfranken, Thüringen
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sehen Lui von Mainz und dem Vorsteher des fuldischen Konvents, dem Bayern Sturmi, zu einem zähen Rangstreit, der damit endete, daß Sturmi sich als Abt behauptete und König Pippin das Kloster 765 in seinen Schutz (und seine Herrschaft) übernahm. Lui reagierte, indem er weiter nördlich an der Stätte einer 736 entstandenen Einsiedelei Sturmis die Abtei Hersfeld unter seiner Leitung einrichtete, die er 775 dann der Hoheit Karls des Großen unterstellte.28 Aus Kreisen des fränkischen Grundherrenadels, der auch Fulda und Hersfeld mit man chen Schenkungen bedachte, ging dagegen 764 das Kloster Lorsch unweit der hessischen Bergstraße hervor, dessen Hauptstifter der Graf Cancor aus der Sippe der Rupertiner war; hier folgte ebenfalls bald (772) die Übereignung an Karl.29 Der auffällige Zug zur Konzentra tion der Klosterherrschaft beim Königtum ergab sich in Lorsch wie anderwärts aus dem Bedürfnis, die neuen Konvente über den Tod des Gründers hinaus gegen Ansprüche aus dessen Familie und sozialem Umfeld abzuschirmen und ihnen ein Höchstmaß an Ansehen und in nerer Autonomie zu sichern. Dafür freilich traten sie in den Dienst der Karolinger, die geistliche, wirtschaftliche und politische Unterstüt zung erwarteten.30
28 Schieffer, Angelsachsen (wie § 2, Anm. 26), 79ff.; K.-U. JÄSCHKE, Zu schrift lichen Zeugnissen für die Anfänge der Reichsabtei Hersfeld, in: BDLG 107, 1971, 94-135; K. Heinemeyer, Hersfeld im frühen Mittelalter, in: Zeitschrift des Ver eins für hessische Geschichte und Landeskunde 96, 1991, 17-33. 29 H.-P. Wehlt, Reichsabtei und König, dargestellt am Beispiel der Abtei Lorsch mit Ausblicken auf Hersfeld, Stablo und Fulda, 1970; M. INNES, Kings, Monks and Patrons: Political Identities and the Abbey of Lorsch, in: La royaute (wie § 1, Anm. 14), 301-324; J. Semmler, Lorsch in der politischen und kirchlichen Welt der Karolinger, in: Das Lorscher Evangeliar. Kommentar, Hg. H. SCHEFERS, 2000, 11-22; F. J. Felten, Das Kloster Lorsch in der Karolingerzeit, in: AmrhKG 55, 2003, 9-30. ,() J. Semmler, Traditio und Königsschutz. Studien zur Geschichte der königlichen monasteria, in: ZRG KA 45, 1959, 1-33; F. J. Felten, Äbte und Laienäbte im Frankenreich, 1980, 174 ff.
§ 5
Alemannien
a) Die Zeit der letzten Herzöge Zu einem festumrissenen räumlichen Gebilde ist Alemannien - dieser Name dominiert im 8./9. Jh. gegenüber Suevia - erst in spätmerowingischer Zeit geworden.1 Nach der Einrichtung eines gesonderten Dukats im Elsaß in Händen des Hauses der Etichonen12 und ohne das romanische Reliktgebiet in Churrätien, das unter der Herrschaft ein heimischer Präsiden stand,3 erstreckte sich der Autoritätsanspruch der alemannischen Herzöge etwa vom Oberrhein bis zum Lech und vom Zürichsee bis zum mittleren Neckar.4 Von den übrigen rechtsrheini schen Herzogtümern unterschied sich Alemannien auch im frühen 8. Jh. noch durch ein bereits kodifiziertes Volksrecht5 und durch eine Diözesanverfassung mit den Bischofssitzen Konstanz6 und Augs burg.7 Die Herzogsgewalt konkurrierte mit herrschaftsbildenden Kräf 1 D. Geuenich, Geschichte der Alemannen, 1997, 92-115; Ders., Alemannien im 6.-8. Jh., in: Mission (wie § 1, Anm. 28), 23-34; T. Zotz, Ethnogenese und Herzogtum in Alemannien, in: MIÖG 108, 2000, 48-66; A. Zettler, Karolin gerzeit, in: Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte 1/1, 2001, 299-308. 2 F. Vollmer, Die Etichonen, in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des groß fränkischen und frühdeutschen Adels, Hg. G. Tellenbach, 1957, 137-184; A. M. Burg, Das elsässische Herzogtum, in: ZGO 117, 1969, 83-95; M. Borgolte, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß von Dagobert I. bis Otto dem Großen, in: ZGO 131, 1983, 3-54; K. Weber, Zwischen Austrien und Burgund - Die For mierung des Elsaß im Reich der Merowinger, in: Freiburger Universitätsblätter 159, 2003, 143-164, bes. 159ff. 10. P. Clavadetscher, Zur Führungsschicht im frühmittelalterlichen Rätien (1990), zuletzt in: Ders, Rätien im Mittelalter, 1994, 21-31; R. Kaiser, Churrä tien im frühen Mittelalter, 1998, 33—45. 4 H. Maurer, Confmium Alamannorum, in: Historische Forschungen für W. Schle singer, Hg. H. Beumann, 1974, 150-161; zur fränkischen Prägung des unteren Neckarraums vgl. Region und Reich. Zur Einbeziehung des Neckar-Raumes in das Karolinger-Reich, 1992 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heil bronn 1). 5 C. SCHOTT, Lex Alamannorum. Das Gesetz der Alemannen, 1993; R. SchmidtWiegand, Leges Alamannorum, in: RGA 18, 2001, 201-205. 6C. Brühl, Palatium und Civitas, Bd. 2, 1990, 183 f.; H. Maurer, Das Bistum Konstanz und die Christianisierung der Alemannen, in: Mission (wie § 1, Anm. 28), 139-163; Ders., Die Konstanzer Bischöfe vom Ende des 6. Jahrhunderts bis 1206, 2003 (Germania Sacra N. F. 42,1). 7 Brühl, Palatium (wie Anm. 6), 206ff.; E. Dassmann, Augsburg, in: RAC Suppl.bd. 1, 2001, 693-718.
§ 5 Alemannien
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ten des einheimischen Adels8 und tritt in den spärlichen Quellen we der kontinuierlich noch im verwandtschaftlichen Zusammenhang in Erscheinung.9 Ihren Höhepunkt dürfte sie mit dem dux Gottfried (t 709) erreicht haben, der unter legitimistischer Berufung auf die merowingisehen Könige den austrischen Hausmeiem den Gehorsam versagt haben soll.1011 Diese selbstbewußte Haltung, die den folgenden Kampf der Karolinger um die Ausdehnung ihrer Autorität bis an die äußeren Grenzen des Merowingerreiches zugleich als ihren Aufstieg über »ältere« Adelssippen erscheinen läßt,11 wäre um so verständli cher, wenn die Kombination zutrifft, daß Gottfried einer Seitenlinie des bayerischen Herzogshauses der Agilolfinger entstammte.12 Der Konflikt brach unmittelbar nach seinem Tode mit den Vorstößen Pip pins des Mittleren gegen den dux Willehari (709-712) aus, wodurch anscheinend Gottfrieds Sohn Lantfrid zur Herzogswürde gelangte.13 Eine mit seinem Namen verbundene Neufassung des Alemannen rechts (Recensio Lantfridana), die die Stellung des Herzogs bei grundsätzlicher Anerkennung der Oberhoheit des fränkischen Königs betont,14 deutet auf einen zeitweiligen Modus vivendi hin, doch mußte Lantfrid 725 und (vermutlich) 728 den militärischen Durchzug Karl Martells nach Bayern dulden und wurde 730 selbst von dem Haus meier in einen Kampf verwickelt, bei dem er offenbar umkam.
8 M. Borgolte, Die Alaholfingerurkunden, in: Subsidia Sangallensia (wie III, 6), 287-322; W. HARTUNG, Bertolde in Baiern, in: Früh- und hochmittelalterlicher Adel in Schwaben und Bayern, Hg. I. Eberl u. a., 1988, 115-160. 9 B. Behr, Das alemannische Herzogtum bis 750, 1975. 10 Erchanberti Breviarium regum Francorum, Hg. G. H. Pertz, in: MGH SS 2, 1829, 328; vgl. D. GEUENICH, Gotefrid, in: RGA 12, 1998, 401 f. 11 K. F. Werner, Les principautés périphériques dans le monde franc du VIIIe siècle (1973), zuletzt in: Ders., Structures politiques du monde franc (VIe-XIIe siècles), 1979, Nr. II. 12 E. Zöllner, Das Geschlecht der Agilolfinger (1978), zuletzt in: DERS., Probleme und Aufgaben der österreichischen Geschichtsforschung, 1984, 192-220; J. Jarnut, Genealogie und politische Bedeutung der agilolfingischen Herzöge (1991), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 139-160. 13 J. Jarnut, Untersuchungen zu den fränkisch-alemannischen Beziehungen in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts (1980), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 107-128; D. Geuenich, Lantfrid, in: RGA 18, 2001, 103f.; Zettler, Karolingerzeit (wie Anm. 1 ), 308-326. 14 Leges Alamannorum (wie III, 4a), speziell: Leges Alamannorum, Hg. K. A. Eck hardt, 2: Recensio Lantfridana, 1962 (Germanenrechte N. F.).
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
Vor diesem Hintergrund sind die Anfänge des Inselklosters Rei chenau im Bodensee zu sehen. Sein Gründer, der aus dem Mönchtum des inneren Gallien hervorgegangene Abtbischof Pirmin,15 stützte sich 724 auf einen Schutzbrief Karl Martells, der zugleich Herzog Lantfrid zu seiner Einweisung auf der Insel und zur Ausstattung mit Fiskalgut anhielt.16 Indem der dux dies ausführte, schuf er selbst ein gewisses Gegengewicht zum Kloster St. Gallen, das gleichzeitig (seit etwa 719) unter Abt Otmar dank der Förderung des alemannischen Herzogshau ses, der churrätischen Präsiden und weiterer regionaler Großer von der kleinen Zelle des hl. Gallus zur mächtigen Großabtei aufzusteigen begann.17 Pirmin übergab die Insel nach drei Jahren seinem Schüler Heddo und wandte sich getreu seinem Ideal der bewußten Heimat losigkeit (peregrinatio) dem Elsaß zu, wo er 728 mit Graf Eberhard, dem Bruder des dortigen Herzogs Liutfrid, bei der Gründung der Ab tei Murbach zusammenwirkte.18 Er schaltete sich damit in eine aktive Klosterpolitik der Etichonen ein, die damals ferner Honau und Maursmünster hervorbrachte und auch dem älteren Weißenburg zugute kam.19 Fühlbare politische Verwicklungen zeichnen sich erst 732 ab, 15 A. Angenendt, Monachi peregrini, 1972; L. E. von Padberg, Pirmin, in: RGA 23, 2003, 200-202. 16 Heidrich, Urkunden (wie III, 2a), 138ff., Nr. 33, 34; vgl. Dies., Die urkundliche Grundausstattung der elsässischen Klöster, St. Gallens und der Reichenau in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, in: Die Gründungsurkunden der Reichenau, Hg. P. Classen, 1977, 31—62; abweichend: F. Prinz, Frühes Mönchtum in Südwest deutschland und die Anfänge der Reichenau, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 15), 37-76; M. Richter, Neues zu den Anfängen des Klosters Reichenau, in: ZGO 144, 1996, 1-18; zuletzt A. Zettler, Reichenau, in: RGA 24, 2003, 333-338; H. Maurer, Reichenau, in: DKPf, Bd. 3: Baden-Württemberg, 4. Lieferung 2003, 493-571. 17 A. Borst, Mönche am Bodensee 610-1525, 1978, 32-48; J. Duft u. a., St. Gal len, in: Helvetia Sacra 111/1,2, 1986, 1180-1369; Das Kloster St. Gallen im Mit telalter, Hg. P. Ochsenbein, 1999; A. Zettler, St. Gallen als Bischofs- und als Königskloster, in: Alemannisches Jahrbuch 2001/02, 23-38; R. Schaab, Mönch in Sankt Gallen, 2003. 18 A. Heitzler u. a., Murbach, in: Helvetia Sacra 111/1,2, 1986, 872-895; U. Lud wig, Murbacher Gedenkaufzeichnungen der Karolingerzeit, in: Alemannisches Jahrbuch 1991/92, 221-298. 19 C. Wilsdorf, Le monasterium Scottorum de Honau et la famille des ducs d’Alsa ce au VIIIe siècle, in: Francia 3, 1975, 1-87; I. Eberl, Das Iren-Kloster Honau und seine Regel, in: Die Iren (wie III, 8), Bd. 1, 219-238; F. Staab, Episkopat und Kloster, in: AmrhKG 42, 1990, 13-56; D. Geuenich, Elsaßbeziehungen in den St. Galier Verbrüderungsbüchem, in: Codices Sangallenses (Fs. J. Duft), Hg. P. OchSENBEIN u. a., 1995, 105-116.
§ 5 Alemannien
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als der Reichenauer Abt Heddo von Theudebald, dem Bruder des umgekommenen alemannischen dux Lantfrid, »aus Haß gegen Karl« verbannt und umgehend durch den Hausmeier wiedereingesetzt wur de; dahinter verbergen sich anscheinend das Bestreben Theudebalds, einen Erbanspruch auf das Herzogtum durchzusetzen, und der erste Versuch Karl Martells, den Dukat überhaupt zu unterdrücken.20 Hed do konnte sich noch zwei Jahre als Vorsteher des Klosters halten, das anschließend mit der Konstanzer Bischofskirche in engste Verbin dung trat, und wurde 734 von Karl als Bischof in Straßburg einge setzt. Als solcher beteiligte er sich später an den Reformsynoden des Bonifatius, während sein Lehrer Pirmin zeitlebens allein der monastischen Sphäre verhaftet blieb21 und um 742 noch einmal einen Kon vent in Hombach (Pfalz), einer Stiftung des Widonenhauses, ins Le ben rief, wo er vielleicht 753 starb.22 Der elsässische Dukat ist 739 oder wenig später offenbar kampflos erloschen, als der letzte Herzog Liutfrid ohne Nachkommen starb.23 Dagegen wurde Alemannien, das 741/42 nach dem Tode Karl Mar tells ausdrücklich unter den verfügbaren Teilungsobjekten genannt wird und dem Hausmeier Karlmann zufiel, noch einmal zum Schau platz eines blutigen Ringens, da Theudebald als verbliebener Erbe der (wahrscheinlich agilolfmgischen) Herzogsdynastie Gottfrieds nun sei ne Machtansprüche durchzusetzen suchte, die bei Karl gescheitert waren. Noch während sich Karlmann und Pippin mit ihrem Halb bruder Grifo auseinandersetzten, drang er ins Elsaß ein, was die Haus meier 742 mit einem Plünderungszug nach Alemannien beantworte ten. Obgleich diesem Rückschlag 743 die schwere Niederlage seines Verbündeten (und mutmaßlichen) Bruders Odilo von Bayern folgte, gab Theudebald nicht auf, sondern suchte 744 (oder 745) eine neue Konfrontation, bei der ihn Pippin vom Elsaß her bis in die Alpen hinein verjagte und Alemannien an sich brachte. Sofern damit die Absicht verbunden war, den eigenen Reichsteil auf Kosten des gleich
20 Jarnut, Untersuchungen (wie Anm. 13), 120ff. 21 A. Angenendt, Pirmin und Bonifatius, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 15), 251-304. 22 H. FELL, Hombach, in: Germania Benedictina, Bd. 9, 1999, 177-229. 23 Borgolte, Grafengewalt (wie Anm. 2), 15 f.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
zeitig gegen die Sachsen beschäftigten Bruders auszuweiten,24 hätte Karlmann erst recht Grund gehabt, seinerseits 746 im Lande zu erscheinen und seine Autorität zu demonstrieren. Berichte über be sonders verlustreiche Kämpfe und über ein in Cannstatt gehaltenes Strafgericht über alemannische Große, die mit Theudebald und Odilo gemeinsame Sache gemacht hatten, scheinen nicht denselben Sach verhalt zu betreffen, so daß die Zahl der Verurteilten und Getöteten ungewiß bleibt.25 Jedenfalls war seitdem der antikarolingische Wider stand erloschen.
b) Die karolingische Umformung Das Verschwinden der Mittelgewalten hatte tiefgreifende Machtver schiebungen zur Folge. Im Elsaß trat neben Straßburg als zweites kirchliches Zentrum der wiedererstandene Bischofssitz Basel mit Ausstrahlung auf den (späteren) Sundgau, und auch politisch bahnte sich dort bald eine Differenzierung zwischen Nord und Süd an.26 Während im Unterelsaß als Pippins Vertrauter Graf Ruthard auftrat, der sich sogleich auch Herrschaftsrechte in der Ortenau sicherte und zusammen mit Bischof Heddo die rechtsrheinische Expansion der Straßburger Diözese betrieb, scheint im Oberelsaß der karolingische Einfluß durch Graf Warin erst später und schwächer zur Geltung ge kommen zu sein.27 Im eigentlichen Alemannien dürften nach 746 um fangreiche Ländereien zumal der Herzöge konfisziert worden sein und die Basis für die Ausstattung zuwandemder fränkischer und loy aler einheimischer Adelsfamilien abgegeben haben, zwischen denen auch manche Eheverbindungen geschlossen wurden. Unter den aus wärtigen Kirchen, die ebenfalls als Grundbesitzer Fuß faßten, ragt das Kloster St. Denis hervor, dessen Abt Fulrad, Pippins oberster Kapel lan, von den Vogesen bis zum mittleren Neckar und zur oberen Do
24 So J. JARNUT, Alemannien zur Zeit der Doppelherrschaft der Hausmeier Karlmann und Pippin (1990), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 129-138. 25 SCHLESINGER, Geschichte (wie §4, Anm. 1), 40f.; BEHR, Herzogtum (wie Anm. 9), 197ff.; G. G. Wolf, Das sogenannte »Blutgericht« von Cannstatt, in: AfD 44, 1998, 1-5. 26 A. Bruckner u. a., Das alte Bistum Basel, in: Helvetia Sacra 1/1,1, 1972, 127-362, hier 128f. 27 Borgolte, Grafengewalt (wie Anm. 2), 16 ff.
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nau verteilte Stützpunkte erwarb und ausbaute.2*28 Ein durchgreifender administrativer Umbau setzte in Alemannien erst um 760 ein und war weitgehend das Werk der genannten Grafen Ruthard und Warin, die in den Verwandtenkreis der Welfen bzw. der Widonen gehören.29 Durch resolute Eingriffe in den verschiedenen Landschaften erreich ten sie, daß südlich des Bodensees und im westlichen Vorfeld des Schwarzwaldes zwei große Comitate neben grafschaftsfreien Fiskal bezirken um Zürich und im Breisgau entstanden, wohingegen im ale mannischen Kemraum gegen die angestammte Adelsmacht nur ver streute Grafschaften auf Königsgut durchzusetzen waren. Eine gewis se Entschärfung der aufgestauten Gegensätze wurde 772 durch die Heirat Karls des Großen mit Hildegard, der Tochter des fränkischen Grafen Gerold und der alemannischen Herzogsenkelin Imma, einge leitet, deren Verwandte rasch in wichtige Stellungen aufrückten. Erst unter Ludwig dem Frommen gelang es um 817, überall in Aleman nien Grafschaften einzurichten.30 Bis dahin war die karolingische Herrschaft schrittweise auch im südlich angrenzenden Churrätien durchgedrungen, wo bei der Familie der Viktoriden generationenlang sowohl die politische Führungsrolle als Präsiden wie auch das Churer Bischofsamt gelegen hatten. Ihre Vormacht, die noch um die Mitte des 8. Jh. in einer speziellen Ko difizierung spätrömischen Vulgarrechts als Lex Romana Curiensis ih ren Ausdruck fand,31 ging mit Bischof Tello bald nach 765 zu Ende. Seine doppelte Würde fiel an Constantius, der sich etwa 773 gegen ein Treueversprechen des rätischen Volkes dem Schutz Karls des Großen unterstellte. Ihm folgte bereits ein landfremder Geistlicher aus der Umgebung des Königshofes, und um ‘806 wurde vollends eine personelle Scheidung von Episkopat und Grafschaft eingeleitet, die 2S J. Fleckenstein, Fulrad von Saint-Denis und der fränkische Ausgriff in den süd deutschen Raum, in: Studien (wie Anm. 2), 9-39; A. Stoclet, Autour de Fulrad de Saint-Denis (v. 710-784), 1993, 109ff., 169ff., 205ff. 29 J. Fleckenstein, Über die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in Süddeutsch land, in: Studien (wie Anm. 2), 71-136; W. Hartung, Die Herkunft der Welfen aus Alamannien, in: Die Welfen, Hg. K.-L. Ay u. a„ 1998, 23-55. 30 M. Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit, 1984; Ders., Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit, 1986; Actes du Colloque »Autour d’Hildegarde«, Hg. P. R1CHE, 1987. 31 E. Meyer-Marthaler, Römisches Recht in Rätien im frühen und hohen Mittelalter, 1968; C. Soli VA, Die Lex Romana Curiensis und die Stammesrechte, in: Beiträge zum frühalemannischen Recht, Hg. C. SCHOTT, 1978, 73-84.
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mit einer konfliktträchtigen Trennung auch der jeweiligen Güter ver bunden war.32 Spätestens 843 ging das Bistum Chur von der Mailän der Kirchenprovinz in die Mainzer über.33 Augsburg, die andere Metropole Rätiens zur Römerzeit, spielt im 8. Jh. nur eine schattenhafte Rolle, die durch seine Grenzlage zwi schen Alemannen und Bayern bedingt zu sein scheint.34 Nicht in der offenbar zerstörten Stadt, sondern außerhalb davon - in Epfach und Neuburg (an der Donau eher als im Staffelsee) - wirkten die Bischöfe des im 7. Jh. wiederbegründeten Sprengeis,35 während das Gebiet um Füssen vom Bodensee, zumal vom alemannisch-rätischen St. Gallen aus missioniert worden ist.36 Nördlich der Alb entstand um 764 als weiterer geistlicher Schwerpunkt die Abtei Ellwangen, eine Adels gründung, die schon bald den Karolingern zufiel.37 Erst nach der Be seitigung auch des bayerischen Dukats (788) konnte sich Bischof Sintpert dauerhaft in der Stadt der hl. Afra niederlassen und die Augs burger Diözese aus Regionen beiderseits des Lechs zusammenfas sen.38 Sie wurde, da der Bischofssitz auf alemannischem Boden lag, dem Mainzer Metropolitanverband angeschlossen. Auch Belege für Grafen und Grafschaften setzen in diesem Raum nur allmählich im 9. Jh. ein.
32 Borgolte, Grafschaften (wie Anm. 30), 219ff.; K. Schmid, Von Hunfrid zu Bur kard, in: Geschichte und Kultur Churrätiens (Fs. I. Müller), Hg. U. Brunold u. a., 1986, 181-209; Kaiser, Churrätien (wie Anm. 3), 30ff. 33 O. P. Clavadetscher, Mainz und Chur im Mittelalter (1968), zuletzt in: Ders., Rätien (wie Anm. 3), 307-325. 34 P. Fried, Zur Entstehung und frühen Geschichte der alamannisch-baierischen Stammesgrenze am Lech, in: Bayerisch-schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg 1975-1977, Hg. P. Fried, 1979, 47-67. 35 K. Schmid, Bischof Wikterp in Epfach (1964), zuletzt in: Ders., Gebetsgedenken und adliges SelbstVerständnis im Mittelalter, 1983, 18-58; W. Stürmer, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 49, 66f. 36 H. SCHWARZMAIER, Königtum, Adel und Klöster im Gebiet zwischen oberer Iller und Lech, 1961, 7 ff. 371. Eberl, Kloster Ellwangen im Umkreis seiner Gründer, in: Aus südwestdeut scher Geschichte (Fs. H.-M. Maurer), Hg. W. Schmierer u. a„ 1994, 73-80. 38 St Simpert, Bischof von Augsburg 778-807, 1978 (Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 12).
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Bayern
a) Agilolfinger und Karolinger in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts
Bayerns Sonderstellung am Ostrand des Merowingerreiches1 beruhte auf dem altadligen Rang seiner agilolfingischen Herzöge und deren grenzüberschreitenden dynastischen Verbindungen.1 23 In Regensburg besaßen sie eine schon im 8. Jh. als »metropolis« bezeichnete Resi denz.’ Während über direkte Beziehungen des Herzogs Theodo (vor 696-717/18) zu den fränkischen Hausmeiem nichts Sicheres bekannt ist, tritt deutlich sein Interesse an Italien zutage, wo er 712 durch seinen wohl in Salzburg residierenden ältesten Sohn Theodpert den Versuch des Langobarden Ansprand militärisch unterstützte, nach neunjährigem Exil in Bayern die Führung seines Volkes an sich zu reißen. Der Sturz des bisherigen Königs Aripert II., der auf der Flucht zu den Franken umkam, war ein Rückschlag für den gleichzeitig in Alemannien intervenierenden Pippin den Mittleren und erneuerte südlich der Alpen den agilolfingischen Einfluß, der durch die Heirat von Ansprands Sohn und Nachfolger Liutprand (712-744) mit einer bayerischen Prinzessin sichtbaren Ausdruck fand.4 Ins Bild bewußter Distanz zu den Amulfmgem passen auch Theodos Bemühungen um eine organisatorische Festigung des rudimentären Christentum in seinem Dukat5, wobei er sich mit den Bischöfen Rupert (in Salz1 K. Reindel, Das Zeitalter der Agilolfinger (bis 788), in: HBG zl, 156ff., 204ff., 234ff.; J. Jahn, Ducatus Baiuvariorum, 1991; H. Wolfram, Grenzen und Räume, 1995, 81 ff.; W. Störmer, Die Baiuwaren, 2002, 78ff.; M. Hardt, The Bavarians, in: Regna and Gentes, Hg. H.-W. Goetz u. a., 2003, 429-461. 2 Zöllner, Geschlecht (wie § 5, Anm. 12); J. Jarnut, Agilolfingerstudien, 1986. 3 Brühl, Palatium (wie § 5, Anm. 6), 223; P. Schmid, Ratispona metropolis Baioariae. Die bayerischen Herzöge und Regensburg, in: Geschichte der Stadt Regens burg, Bd. 1, Hg. P. Schmid, 2000, 51-101, bes. 51 ff. 4 J. Jarnut, Beiträge zu den fränkisch-bayerisch-langobardischen Beziehungen im 7. und 8. Jahrhundert (656-728), in: ZBLG 39, 1976, 331—352; A. SCHMID, Bay ern und Italien vom 7. bis zum 10. Jahrhundert, in: Die transalpinen Verbindungen der Bayern, Alemannen und Franken bis zum 10. Jahrhundert, Hg. H. Beumann u. a., 1987, 51-91, bes. 66f.; W. POHL, Liutprand, in: RGA 18, 2001, 530-533. 5 H. Berg, Christentum im bayerischen Raum um 700, in: Der hl. Willibald (wie § 4, Anm. 23), 69—113; H. Koller, Die bairische Kirchenorganisation des 8. Jahr hunderts, in: Das Christentum im bairischen Raum, Hg. E. Boshof, 1994, 273-289; Störmer, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 36ff.
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bürg),6 Erhard und Emmeram (in Regensburg)7 sowie Korbinian (in Freising)8 auf Kirchenmänner gallofränkischer Herkunft stützte, die zu den Hausmeiem eine zumindest unterschiedliche Haltung einnah men.9 Jedenfalls steht fest, daß sich der Herzog 715/16, also während der Krise nach Pippins Tod, »als erster seines Stammes« nach Rom begab, wo ihm Papst Gregor II. die Schaffung einer bayerischen Di özesanverfassung mit eigenem Erzbischof zusagte.1011Der zunächst nicht ausgeführte Plan knüpfte offenbar bei der Anzahl von vier Herz ogsresidenzen an, die entstanden waren, weil Theodo bei Lebzeiten die Herrschaft »zwischen sich und seinen Söhnen« aufgeteilt hatte. Tatsächlich beerbten ihn jedoch nur sein Sohn Grimoald und dessen Neffe Hukbert, die rasch miteinander in Streit gerieten.11 Die dadurch bedingte Schwächung und zeitweilige Spaltung des Herzogtums verleitete bald nach 720 den Langobardenkönig Liutprand zur Annexion von zuvor bayerischem Gebiet südlich des Bren ners und gab vor allem 725 Karl Martell Gelegenheit, nach Durch querung Alemanniens auch in Bayern seine bewaffnete Übermacht zur Geltung zu bringen. Entweder damals oder bei einem weiteren 6 H. WOLFRAM, Die Zeit der Agilolfinger - Rupert und Virgil, in: Geschichte Salz burgs, Bd. 1/1, Hg. H. DOPSCH, 21983, 121-156; H. DOPSCH, Rupert, Virgil und die Salzburger Slawenmission, in: 1000 Jahre Ostarrichi. Seine christliche Vorge schichte, 1997, 88-139; J. SEMMLER, Per Iussorium Gloriosi Principis Childerici Regis, in: MIÖG 107, 1999, 12—49, bes. 41 ff. 7 Die Reihenfolge ist strittig; vgl. L. Kolmer, Die Hinrichtung des hl. Emmeram, in: Regensburg und Bayern im Mittelalter, 1987 (Studien und Quellen zur Ge schichte Regensburgs 4), 9-31; anders G. Mayr, Neuerliche Anmerkungen zur Todeszeit des heiligen Emmeram und zur Kirchenpolitik Herzog Theodos, in: Typen der Ethnogenese unter besonderer Berücksichtigung der Bayern, Bd. 1, Hg. H. Wolfram u.a., 1990, 199-215. 8 JAHN, Ducatus (wie Anm. 1), 69ff.. 98ff., 117f.; radikal skeptisch: L. Vogel, Vom Werden eines Heiligen, 2000; dazu ablehnend G. Diepolder, Vom »histo rischen Quellenwert« der Vita Corbiniani, in: ZBLG 64, 2001, 3—38; S. Haar länder, Von der »Destruktion« eines Heiligen, in: ebd. 39-57. 9 H. WOLFRAM, Der heilige Rupert und die antikarolingische Adelsopposition, in: MIÖG 80, 1972, 4-34; einschränkend SCHLESINGER, Geschichte (wie § 4, Anm. 1), 30f. 10 R. Kaiser, Bistumsgründung und Kirchenorganisation im 8. Jahrhundert, in: Der hl. Willibald (wie § 4, Anm. 23), 29-67, bes. 53ff.; STÖRMER, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 36ff.; ablehnend L. Vogel, Bayern und Rom im frühen 8. Jahrhundert, in: ZBLG 63, 2000, 357-414; dagegen K. Reindel, Die bayerische Kirche und Rom am Anfang des 8. Jahrhunderts, in: Bayerische Vorgeschichts blätter 65, 2000, 219-226. 11 Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 98 ff.
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fränkischen Vorstoß 728 fiel Herzog Grimoald einem Mordanschlag anheim, während seine Gattin Pilitrud und deren Verwandte Swana hild12 bereits 725 in die Francia verbracht wurden. Daß Karl bald danach Swanahild heiratete, deutet sein Streben nach Gleichrangigkeit mit den Agilolfmgem ebenso wie nach dynastischer Absicherung der Oberhoheit über Bayern an, wo Hukbert nun bis zu seinem Tode 736 als alleiniger dux amtierte. Ihm folgte Herzog Odilo, der nicht sein Nachkomme war, aber gemäß begründeter Vermutung einem ale mannischen Zweig der Agilolfinger entstammte und anscheinend sei ne bayerische Würde der Gunst des Hausmeiers verdankte.13 Den Umfang seiner Handlungsfreiheit mag es kennzeichnen, daß er 739 im Bunde mit dem Erzbischof Bonifatius eine (von Papst Gregor III. autorisierte) Diözesangliederung mit den Bischofssitzen Regensburg, Freising, Salzburg und Passau durchführte, aber dem früheren Plan Theodos die antifränkische Spitze nahm, indem er von der Einrich tung einer kirchlichen Metropole Bayerns absah.14 Nur in Passau wur de der früher vom Papst geweihte Bischof Vivilo belassen, während an den drei anderen Orten einheimische Bischöfe neu installiert wur den.15 Schon bald danach sah sich Odilo veranlaßt, vor inneren »Wider sachern« in die Nähe Karl Martells zu fliehen, wo er 740/41 eine (nachträglich durch Heirat legitimierte) Beziehung zu Karls Tochter Hiltrud einging, aus der noch 741 der Sohn Tassilo (III.) erwuchs.16 Beim Tode des Hausmeiers befand er sich wieder in Bayern und ergriff in der Auseinandersetzung um die Nachfolge (§ 2) die Partei Grifos und dessen agilolfingischer Mutter Swanahild. Dadurch geriet er in scharfen Gegensatz zu Karlmann und Pippin und rückte nach 12 J. Jarnut, Untersuchungen zur Herkunft Swanahilds, der Gattin Karl Martells, in: ZBLG 40, 1977, 245-249. ” J. Jarnut, Studien über Herzog Odilo (736-748), in: MIÖG 85, 1977, 273-284; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 123ff.; H. Wolfram, Odilo, in: RGA 21, 2002, 559-561; vgl. auch § 5, Anm. 12. 14 E. Boshof, Agilolfingisches Herzogtum und angelsächsische Mission: Bonifatius und die bayerische Bistumsorganisation von 739, in: Ostbairische Grenzmarken 31, 1989, 11-26; Kaiser, Bistumsgründung (wie Anm. 10), 60ff.; J. JARNUT, Bonifatius und Bayern, in: Der weite Blick des Historikers (Fs. P. Johanek), Hg. W. Ehbrecht u. a., 2002, 269-281. 15 StÖrmer, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 42ff. "’M. Becher, Zum Geburtsjahr Tassilos III., in: ZBLG 52, 1989, 3-12; Jahn, Du catus (wie Anm. 1), 172 ff., 248 ff.
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deren raschem Erfolg gegen Grifo unversehens ins Zentrum einer Koalition aller antikarolingischen Kräfte. 743 stand er im Bunde mit Hunoald von Aquitanien und konnte neben den eigenen auch säch sische, alemannische und slawische Kontingente aufbieten, als es zum Krieg der Schwäger wider Willen kam. Am Lech gewannen die Fran ken die Oberhand, indem sie den Flußübergang erzwangen und Odilo bis hinter den Inn zurückdrängten. Beim Friedensschluß (allein mit Karlmann) vermochte der Herzog seine Stellung zwar zu behaupten, verlor aber doch soviel an politischem Gewicht, daß er in den folgen den Jahren die völlige Beseitigung des alemannischen Dukats seines (mutmaßlichen) Bruders Theudebald (§ 5) und ebenso kirchliche Ein griffe Pippins wie die Entsendung des Iren Virgil nach Salzburg (745/46)17 hinzunehmen hatte. Nicht mehr von Odilo, der Anfang 748 starb, ging der agilolfingische Widerstand aus, sondern von dem kurz zuvor freigekommenen Grifo, der sich als letzter dem Aufstieg seines Halbbruders Pippin in den Weg stellte. In Bayern, der Heimat seiner Mutter Swanahild, fand er nach Odilos Tod genug Resonanz, um dessen Witwe Hiltrud samt dem kleinen Tassilo in seine Gewalt brin gen und den Hausmeier 749 zu einem neuen Feldzug bis an den Inn zwingen zu können. Erst dort gab er sich geschlagen und überließ es Pippin, Tassilo unter der Obhut Hiltruds wieder als dux einzusetzen.18
b) Tassilo III. und sein Herzogtum In der Person des letzten bayerischen Stammesherzogs19 schien an fangs der alte dynastische Widerstreit zwischen Agilolfmgem und Karolingern aufgehoben zu sein. Als Neffe Pippins gehörte Tassi lo III. seit 751 der neuen fränkischen Königssippe an und ging nach dem Tod seiner Mutter Hiltrud (754) in die unmittelbare Vormund schaft seines Oheims über. Nachdem er ihm 755 erstmals auf der fränkischen Heeresversammlung gegenübergestanden hatte, beteiligte 17 H. WOLFRAM, Salzburg, Bayern, Österreich, 1995, 252ff. 18 Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 277ff. 19 H. Wolfram, Das Fürstentum Tassilos III., Herzogs der Bayern, in: MGSL 108, 1968, 157-179; P. Classen, Bayern und die politischen Mächte im Zeitalter Karls des Großen und Tassilos III. (1978), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze, 1983, 231-248; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 335ff.; G. Wolf, Bemerkungen zur Geschichte Herzog Tassilos III. von Bayern, in: ZRG GA 109, 1992, 353-373.
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er sich im folgenden Jahr an Pippins zweitem Kriegszug gegen die Langobarden. Über die weitere Entwicklung seines Verhältnisses zur karolingischen Zentralgewalt erfahren wir so gut wie ausschließlich durch die Reichsannalen, die nach 788 in der deutlichen Absicht for muliert wurden, Tassilos Amtsenthebung mit Vergehen in der Ver gangenheit juristisch zu begründen.20 Es ist daher ziemlich fraglich, ob der Bayemherzog tatsächlich bei Erreichen der Mündigkeit 757 in Compiegne einen feierlichen Treueid oder gar einen Vasalleneid ge genüber Pippin geleistet und diesen dann 763 gebrochen hat, indem er mit seinem Aufgebot beim Feldzug des Frankenkönigs nach Aquita nien Fahnenflucht (»harisliz«)21 beging, ohne sogleich dafür belangt zu werden. Gewiß ein Ausdruck von Selbstbewußtsein war Tassilos etwa 763 geschlossene Ehe mit Liutbirg, der Tochter des Langobar denkönigs Desiderius. Dies machte ihn nach Pippins Tod, als sich die Nachfolger Karl und Karlmann bald entzweiten (§ 13), zu einer Schlüsselfigur für die auf fränkisch-langobardischen Ausgleich be dachten Kräfte. Kurz nachdem Tassilo 769 seinen Schwiegervater südlich der Alpen aufgesucht hatte, empfing er die Königinmutter Bertrada auf deren Reise nach Italien, wo sie die Heirat Karls mit einer Tochter des Desiderius verabredete und so ihren älteren Sohn zum Schwager seines Vetters Tassilo machte22. Auch wenn diese Konstellation nur von kurzer Dauer war und Karl spätestens nach Karlmanns frühem Tod (771) als Alleinherrscher die Langobardin verstieß, um an ihre Stelle die Alemannin Hildegard - vielleicht mit Rücksicht auf ihre Abkunft von dem mutmaßlich agilolfingischen Herzog Gottfried (f 709)23 - treten zu lassen, stand Tassilo damals auf dem Höhepunkt seiner eigenständigen Geltung. Er urkundete 769 mit einem Herzogstitel, der den karolingischen Königstitel imitierte,24 und erreichte 772 die Taufe und Salbung seines Sohnes Theodo durch 20 M. Becher, Eid und Herrschaft, 1993; P. Depreux, Tassilon III et le roi des Francs: examen d’une vassalité controversée, in: RH 293, 1995, 23-73; Wolf ram, Salzburg (wie Anm. 17), 338ff.; R. SCHIEFFER, Ein politischer Prozeß des 8. Jahrhunderts im Vexierspiegel der Quellen, in: Das Frankfurter Konzil (wie § 13, Anm. 20), 167-182. 21 R. Schmidt-Wiegand, Harisliz, in: RGA 14, 1999, 12-14. 22 J. L. Nelson, Making a Difference in Eighth-Century Politics: The Daughters of Desiderius, in: After Rome’s Fall (wie § 1, Anm. 12), 171-190. 22 Jarnut, Genealogie (wie § 5, Anm. 12), 157. 24 H. Wolfram, Intitulado, Bd. 1, 1967, 181 f.
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Papst Hadrian I. in Rom.25 Im selben Jahr bezwang er endgültig die slawischen Karantanen, die sich, von den Awaren bedrängt (§ 8), schon zur Zeit Herzog Odilos unter bayerische Oberhoheit begeben hatten und hauptsächlich von Salzburg aus christianisiert wurden.26 Aus der Lex Baiuvariorum, die in ihrer vorliegenden Gestalt erst kurz vor der Mitte des 8. Jh. redigiert sein dürfte (unter Berufung auf wesentlich ältere Grundlagen),27 sowie aus der allmählich einsetzen den Urkundenüberlieferung28 lassen sich manche Einsichten über die politisch-sozialen Grundlagen des spätagilolfingischen Herzogtums ableiten. Demnach war der dux, gestützt auf das Erbrecht seiner Fa milie und die Wahl des Volkes, im Auftrag des fränkischen Königs oberster Repräsentant des Stammes, hatte insbesondere Rechtspre chung und Heerführung inne und bediente sich einer dezentralen Fis kalverwaltung ebenso wie einer Urkundenkanzlei.29 Herzogsgut ist in allen Landesteilen nachzuweisen,30 doch bleibt sein Zusammenhang mit gelegentlich bezeugten Gauen und Grafen zumindest strittig.31 Ein mit der Zeit wachsendes Gewicht kam dem Adel zu, der eine nach Räumen und Machtmitteln durchaus differenzierte Führungsschicht 25 A. ANGENENDT, Das geistliche Bündnis der Päpste mit den Karolingern (754-796), in: HJb 100, 1980, 1-94, bes. 65ff.; SEMMLER, Dynastiewechsel (wie § 2, Anm. 30), 56 f. 26 Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 471 ff.; Dopsch, Rupert (wie Anm. 6), 101 ff.; STÖRMER, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 63L; Hauptquelle; F. LOSEK, Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und der Brief des Erzbischofs Theotmar von Salzburg, 1997; dazu WOLFRAM, Salzburg (wie Anm. 17), 193ff. Vgl. § 8, Anm. 9. 27 R. KOTTJE, Die Lex Baiuvariorum - das Recht der Baiern, in: Überlieferung und Geltung normativer Texte des frühen und hohen Mittelalters, Hg. H. MORDEK, 1986, 9-23; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 221 ff.; H. Siems, Lex Baiuvariorum, in: RGA 18, 2001, 305-315. 28 H. FICHTENAU, Das Urkundenwesen in Österreich vom 8. bis zum frühen 13. Jahrhundert, 1971, 11 ff.; H. Wanderwitz, Quellenkritische Studien zu den bay erischen Besitzlisten des 8. Jahrhunderts, in: DA 39, 1983, 27-84. 29 H. FICHTENAU, Die Urkunden Herzog Tassilos III. und der »Stiftsbrief« von Kremsmünster (1963), zuletzt in: Ders., Beiträge (wie § 1, Anm. 20), 62-99. 10 Zu regionalen Unterschieden kontrovers: A. Kraus, Zweiteilung des Herzogtums der Agilolfinger?, in: BDLG 112, 1976, 16-29; F. PRINZ, Bayerns agilolfmgische Kloster- und Adelsgeschichte und die Gründung Kremsmünsters. in: Die Anfänge des Klosters Kremsmünster, Red. S. Haider, 1978, 25-50. 31 SCHULZE, Grafschaftsverfassung (wie § 4, Anm. 6), 149ff.; L. Holzfurtner, Die Grafschaft der Andechser, 1994, 17—76; Wolfram, Salzburg (wie Anm. 17), 155 ff.; F. Cagol, »Gaue«, pagi e comitati nella Baviera agilolfingia e carolingia, 1997.
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darstellte.32 Rechtlich verankert waren in der Lex allein die fünf an scheinend sehr alten, als »Genealogien« bezeichneten Fürstenge schlechter, von denen lediglich die Huosi und die Fagana auch ur kundlich noch als weithin begüterte Grundherren faßbar sind;33 da neben treten jedoch manche weitere Große in Erscheinung, die ihren Vorrang ebenfalls bereits ererbt hatten und nicht selten dem fränki schen Adel verwandtschaftlich verbunden waren. Auch die große Gruppe der Freien (liberi) erweist sich bei näherem Hinsehen als recht heterogen und kann jedenfalls nicht mehrheitlich auf einem vom Her zog verliehenen Rechtsstatus beruhen. Dagegen scheint es in der Gruppe der »Herzogsknechte« auch den Aufstieg aus der Unfreiheit gegeben zu haben.34 Eine deutlich hervorgehobene Stellung nahmen die Herzöge auch gegenüber der Kirche ein.35 Sowohl 716 wie 739 waren sie an den Bemühungen um eine bayerische Bistumsorganisation maßgeblich beteiligt gewesen, und nach der Bestellung eines regulären Episkopats (ohne metropolitane Spitze) boten dessen Synoden ein Forum der Kirchenregierung, dessen sich Tassilo mehrfach zur Ergänzung der Lex Baiuvariorum bediente.36 Die politische Bedeutung dieser Lan deskirche ist daran abzulesen, daß die Synoden von Dingolfing (770) und Neuching (771) den Herzog als »princeps dominus« bezeichne
32 W. Stürmer, Adelsgruppen im früh- und hochmittelalterlichen Bayern, 1972; DERS., Früher Adel, Bd. 1-2, 1973; G. Mayr, Studien zum Adel im frühmittelal terlichen Bayern, 1974; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 248ff. 33 H. Krähwinkler, Beiträge zu Namen und Geschichte der bayerischen Genealogiae, in: Typen (wie Anm. 7), 217-234; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 232ff.; W. Stürmer, Fagana, in: RGA 8, 1994, 139-141; H. Krähwinkler, Huosi, in: RGA 15, 2000, 272-274. 34 H. Krause, Die liberi der lex Baiuvariorum, in: Fs. M. Spindler, Hg. D. Al brecht u. a., 1969, 41-73; W. Stürmer, Zum Prozeß sozialer Differenzierung bei den Bayern von der Lex Baiuvariorum bis zur Synode von Dingolfing, in: Typen (wie Anm. 7), 155-171; M. Banzhaf, Unterschichten in bayerischen Quellen des 8. bis 11. Jahrhunderts, 1991. 35 W. Stürmer, Die bayerische Herzogskirche, in: Der hl. Willibald (wie § 4, Anm. 23), 115-142. 3,1 Hartmann, Synoden (wie III, 8), 88ff.; K. Reindel, Bayerische Synoden im 8. Jahrhundert, in: Bayern. Vom Stamm zum Staat (Fs. A. Kraus), Hg. K. Acker mann u. a., Bd. 1, 2002, 1-18; zum Umgang mit dem Kirchenrecht ferner Peter Landau, Kanonessammlungen in Bayern in der Zeit Tassilos III. und Karls des Großen, in: Regensburg, Bayern und Europa (Fs. K. Reindel), Hg. L. KOLMER u.a.. 1995, 137-160.
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ten37 und 774 in Salzburg ein Dombau eingeweiht wurde, der als eine der größten Kirchen der Zeit die Ausmaße von St. Denis erreichte.38 Maßgeblich von den letzten Agilolfingem getragen waren ferner die Anfänge des bayerischen Klosterwesens,39 das allenfalls in Salzburg ältere, romanisch geprägte Wurzeln (auch eines weiblichen Konvents) gehabt haben könnte.40 Aus den meist viel später einsetzenden lokalen Gründungsüberlieferungen41 schält sich heraus, daß die bei den Her zogsresidenzen gelegenen und die Bischofssitze anbahnenden Kon vente von St. Peter/Salzburg, St. Emmeram/Regensburg und Weihenstephan/Freising die früheste Stufe der Entwicklung bilden. Aber auch abseits davon, zumal an großen Verkehrswegen und in den Grenzräu men sorgten die Herzöge bald für die Ausstattung neuer Klöster, so Odilo z. B. in Niederaltaich (741) und Mondsee (vor 748), Tassilo vor allem in Innichen (769), Kremsmünster (777) und Mattsee (vor 784), während Abteien wie Benediktbeuern, Tegernsee, Wessobrunn oder Schamitz-Schlehdorf überwiegend auf adlige Initiative zurückgehen dürften. Vielfach wurden diese Klöster zu Zentren für Landesausbau und Mission; ihre geistliche Verbundenheit tritt sichtbar im 784 an gelegten Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg zutage.42
37MGH Conc. 2/1, 93, 99. 38 S. HAIDER, Zur Baugeschichte des Salzburger Virgil-Domes, in: MIÖG 80, 1972, 35-47; H. Sedlmayr, Die politische Bedeutung des Virgildomes, in: MGSL 115, 1975, 145-160. 19 F. Prinz, Frühes Mönchtum im Frankenreich, 21988, 317ff.; J. Semmler, Das Klosterwesen im bayerischen Raum vom 8. bis zum 10. Jahrhundert, in: Das Christentum (wie Anm. 5), 291-324. ““WOLFRAM, Zeit der Agilolfinger (wie Anm. 6), 130ff.; M. Hasdenteufel, Das Salzburger Erendrudis-Kloster und die Agilolfinger, in: MIÖG 93, 1985, 1-29. 41 L. HOLZFURTNER, Gründung und Gründungsüberlieferung. Quellenkritische Stu dien zur Gründungsgeschichte der Bayerischen Klöster der Agilolfingerzeit und ihrer hochmittelalterlichen Überlieferung, 1984; dagegen J. Jahn, Urkunde und Chronik. Ein Beitrag zur literarischen Glaubwürdigkeit der Benediktbeurer Über lieferung und zur Geschichte des agilolfingischen Bayern, in: MIÖG 95, 1987, 1-51. 42 Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 192ff., 408ff.; Stürmer, Frühes Christentum (wie § 4, Anm. 19), 52ff.
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c) Die Überwindung der Herzogsgewalt Tassilos Stern begann zu sinken, als er es 774 tatenlos hinnehmen mußte, daß Karl der Große seinen Schwiegervater, den Langobarden könig Desiderius, besiegte (§ 13) und mit dessen Reich auch die Süd flanke Bayerns in die Hand bekam. Trotz bayerischer Beteiligung am fränkischen Feldzug nach Spanien (778) vermochte Karl 781 bei Papst Hadrian I. eine gemeinsame Gesandtschaft durchzusetzen, die Tassilo an seine Treuepflicht erinnern sollte; demgemäß eilte er nach Worms, um seinen Eid zu erneuern, Geiseln zu stellen und vielleicht den Nordgau als Lehen zu empfangen. Sechs Jahre später fühlte sich der Bayemherzog dann derart bedroht, daß er seinerseits den neuen Rombesuch Karls zum Anlaß nahm, um die Vermittlung des Papstes anzurufen, doch schlug sich Hadrian diesmal noch deutlicher auf die fränkische Seite, indem er Tassilo mit dem Anathem drohte, falls er seine Eide nicht einhalte. Das leitete unmittelbar in die offene Kon frontation über, denn als der Herzog bei Karls Rückkehr einer Vor ladung nach Worms nicht folgte, rückten dessen Heere noch im Spät sommer 787 von drei Seiten nach Bayern ein und erzwangen Tassilos kampflose Unterwerfung, zumal sich zeigte, daß große Teile von Adel und Geistlichkeit eher Karl zuneigten als ihm. Tassilo ergab sich auf dem Lechfeld (bei Augsburg), leistete einen klar bezeugten Vasallen eid und nahm seinen ganzen Dukat von Karl zu Lehen, wobei er 13 Geiseln, darunter seinen Sohn Theodo, stellen mußte. Isoliert und mißachtet, kam er im Juni 788 vollends zu Fall, als auf der Reichs versammlung von Ingelheim bayerische Gegner schwere Anklagen erhoben und ein Gericht der Großen ihn zum Tode verurteilte, wozu als formaler Grund die 25 Jahre zuvor in Aquitanien angeblich be gangene Fahnenflucht (»harisliz«) diente.41 *43 Karl wandelte die Strafe in dauernde Klosterhaft um, dehnte dies aber auch auf die Herzogin und ihre vier Kinder aus mit dem Ziel, die Agilolfinger endgültig von der Macht zu verdrängen.44 Vermutlich um 41 A. Kräh, Absetzungsverfahren als Spiegelbild von Königsmacht, 1987, 23ff.; Jahn, Ducatus (wie Anm. 1), 522ff.; S. Airlie, Narratives of Triumph and Rituals of Submission: Charlemagne’s Mastering of Bavaria, in: TRHS 6lh ser. 9, 1999, 93-119; vgl. auch Anm. 20. 44 B. Bischoff, Salzburger Formelbücher aus Tassilonischer und Karolingischer Zeit, 1973, bes. 22ff.; W. Laske, Die Mönchung Herzog Tassilos III. und das Schicksal seiner Angehörigen, in: Kremsmünster (wie Anm. 30), 189-197.
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Kritik am Verfahren zu begegnen, wurde Tassilo nochmals 794 vor die Synode von Frankfurt geladen, wo er Gnade erbat und einen ur kundlich beglaubigten Verzicht auf Herzogswürde und Familienbesitz leistete.45 Seit dem Sturz Tassilos und seines Hauses unterstand Bayern der unmittelbaren Hoheit des fränkischen Königs,46 der noch 788 in Re gensburg Einzug hielt und 791 bis 793 von dort aus die Operationen gegen die zuletzt mit Tassilo verbündet gewesenen Awaren lenkte (§ 8). Während »wenige« bayerische Große in die Verbannung gingen und andere durch Übereignung der bisherigen Herzogslehen gewon nen oder belohnt wurden, blieb bis etwa 793 der Status der agilolfmgischen Klöster und des Kirchenbesitzes ungewiß, was zur Anlage verschiedener berühmter Güterverzeichnisse Anlaß gab.47 Insgesamt jedoch bestand Bayern nicht bloß dem Namen nach, sondern auch als geschlossener Amtssprengel eines königlichen Beauftragten fort, für den der Titel dux vermieden wurde, und erscheint ab 806 als feste Größe in den wechselnden Reichsteilungsplänen. Auch die Lex Baiuvariorum galt weiter, wahrscheinlich bald nach 788 um eine Klausel ergänzt, die eine Amtsenthebung des Herzogs wegen Rebellion gegen den König legitimierte.48 Als erster Statthalter Karls ist seit 791 sein alemannischer Schwager, Graf Gerold, mit der literarischen Bezeich nung praefectus bezeugt.49 Die Neuordnung fand 798 ihre kirchliche Entsprechung in der Einrichtung eines bayerischen Metrópoli tan Ver bandes unter Erzbischof Am von Salzburg, dem außer den 739 ge schaffenen Diözesen auch das Alpenbistum Säben angeschlossen
45 L. KOLMER, Zur Kommendation und Absetzung Tassilos III., in: ZBLG 43, 1980, 291-327; Becher, Eid (wie Anm. 20), 72f. 46 K. Reindel, Politische Geschichte Bayerns im Karolingerreich, in: HBG 21, 249ff.; Wolfram, Grenzen (wie Anm. 1), 154ff. 47 H. WOLFRAM, Die Notitia Amonis und ähnliche Formen der Rechtssicherung im nachagilolfingischen Bayern, in: Recht (wie § 1, Anm. 10), 115-130; Wanderwitz, Studien (wie Anm. 28), 44 ff. 48 Lex Baiwariorum II 8a (wie III, 4a), 302; vgl. KoLMER, Kommendation (wie Anm. 45), 317. 49 M. Mitterauer, Karolingische Markgrafen im Südosten, 1963, 8ff.; K. Brun ner, Der fränkische Fürstentitel im neunten und zehnten Jahrhundert, in: Intitulatio, Bd. 2, Hg. H. WOLFRAM, 1973, 194ff., 236; Borgolte, Grafen (wie § 5, Anm. 30), 122ff.
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wurde.50 Er bot zugleich die Basis für die weitere Mission bei Awaren und Slawen.
§ 7
Sachsen
a) Die Altsachsen im 8. Jahrhundert Unter den germanischen Völkern rechts des Rheins hat keines so lange seine politische und kulturelle Eigenart wahren können wie die nur locker untereinander verbundenen Sachsen,1 deren Siedlungsge biet erst in der Konfrontation mit den Karolingern eine stabile Kontur gewann.* 12 Die verstreuten und vielerörterten Nachrichten über ihre in nere Ordnung betreffen am ehesten die Spätphase ihrer Selbständig keit im 8. Jh. und deuten auf eine dezentrale Führung durch eine ganze Anzahl von Häuptlingen (»satrapae«) hin, die sich nur im mi litärischen Notfall einem obersten Befehlshaber (»dux«) beugten3. Sie waren offenbar Gauen zugeordnet, deren unterschiedliche Größe sich aus den natürlichen Bedingungen der Siedlungszusammenhänge er 50 H. Dopsch, Die Zeit der Karolinger und Ottonen, in: Geschichte Salzburgs (wie Anm. 6), 157-228, bes. 160f.; B. Wavra, Salzburg und Hamburg, 1991, 35ff.; E. Boshof, Die Kirche in Bayern und Schwaben unter der Herrschaft der Karolinger, in: Handbuch (wie § 4, Anm. 19), 95-132, bes. 98ff.; 1200 Jahre Erzbistum Salz burg, Hg. H. Dopsch u. a., 1999; J. Riedmann, Die Bischöfe von Säben. Zum historisch-politischen Kontext im frühen Mittelalter, in: Stadt und Herrschaft, Hg. H. Flachenecker u. a., 2000, 49-62. 1 M. Lintzel, Ausgewählte Schriften, Bd. 1: Zur altsächsischen Stammesgeschichte, 1961; M. Last, Niedersachsen in der Merowinger- und Karolingerzeit, in: Ge schichte Niedersachsens (wie I, 9), Bd. 1, 543-652; E. Freise, Das Mittelalter bis zum Vertrag von Verdun (843), in: Westfälische Geschichte (wie 1,9), Bd. 1, 275-335; T. Capelle, Die Sachsen des frühen Mittelalters, 1998; C. Märtl, Die ostsächsische Frühzeit und die Ottonen, in: Die Braunschweigische Landesge schichte, Hg. H.-R. Jarck u. a., 2000, 133-160. 2 J. Ehlers, Das früh- und hochmittelalterliche Sachsen als historische Landschaft, in: Papstgeschichte und Landesgeschichte (Fs. H. Jakobs), Hg. J. Dahlhaus u. a., 1995, 17-36; M. Springer, Sage und Geschichte um das alte Sachsen, in: WestfZ 146, 1996, 193-214; Sachsen und Franken in Westfalen, Hg. H.-J. HÄSSLER, 1999. ■’ M. Becher, Non enim habent regem idem Antiqui Saxones, in: Sachsen und Franken (wie Anm. 2), 1-31; I. Wood, Beyond Satraps and Ostriches: Political and Social Structures of the Saxons in the Early Carolingian Period, in: The Con tinental Saxons from the Migration Period to the Tenth Century, Hg. D. H. Green u. a., 2003, 271-297.
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gab.4 Ungewissen Alters sind daneben die drei großen »Heerschaften« der Westfalen, Engem und Ostfalen, die in den Kämpfen mit den Franken häufig getrennt operierten; neben ihnen nahmen kleinere Gruppen beiderseits der Unterelbe, im Harzgebiet und südlich der Lippe eine Sonderstellung ein.5 Besonders auffällig ist das Zeugnis der Vita Lebuini (zwischen 840 und 864) über eine jährliche Stammesversammlung am zentralen Ort Marklo an der Weser, zu der sich die Häuptlinge von je zwölf ausgesuchten - nicht »gewählten« - Ad ligen (»nobiles«), Freien (»liberi«) und Halbfreien (»lati«) aus jedem Gau begleiten ließen.6 Eine Deutung als egalitäres Repräsentativorgan kommt umso weniger in Betracht, als die unter Karl dem Großen aufgezeichneten sächsischen Rechtsquellen eine ungewöhnlich her ausgehobene Position des Adels, aber nur eine geringe Abstufung der Halbfreien gegenüber den Freien erkennen lassen.7 Soziale Spannun gen zwischen den Freien und dem Adel werden daher vielfach als Hemmnis des Widerstands gegen die Franken angesehen. Auch über vorchristliche religiöse Praktiken und Vorstellungen sind trotz aller Mängel der Sach- und Schriftüberlieferung deutlichere Aussagen möglich als im übrigen Deutschland.8 Demnach gab man sich in Sachsen vielerlei Baum- und Quellenkulten hin, darunter der Verehrung der »Weltsäule« Irminsul, hing Orakeln und Zauberei an 4 SCHULZE, Grafschaftsverfassung (wie § 4, Anm. 6), 274 ff. 5A. K. HÖMBERG, Westfalen und das sächsische Herzogtum, 1963, 1-12; P. JoHANEK, Fränkische Eroberung und westfälische Identität (1994), zuletzt in: Ders., Was weiter wirkt..., 1997, 381-398; G. Neumann, Falen, in: RGA 8, 1994, 172f. '’Vita Lebuini antiqua c. 4, Hg. A. Hofmeister, in: MGH SS 30/2, 1926-1934, 793; H. Löwe, Entstehungszeit und Quellenwert der Vita Lebuini, in: DA 21, 1965, 345-370; M. Springer, Was Lebuins Lebensbeschreibung über die Verfas sung Sachsens wirklich sagt, in: Sachsen und Franken (wie Anm. 2), 223-239; M. Becher, Marklohe/Marklo, in: RGA 19, 2001, 289f. 7 G. Landwehr, Die Liten in den altsächsischen Rechtsquellen, in: Studien zu den germanischen Volksrechten, Hg. G. Landwehr, 1982, 117-142; R. WENSKUS, Die ständische Entwicklung in Sachsen im Gefolge der fränkischen Eroberung, in: Angli e sassoni al di qua e al di lä del mare, 1986 (Sett.Cent.it. 32), 587-616; G. von Olberg, Die Bezeichnungen für soziale Stände, Schichten und Gruppen in den Leges barbarorum, 1991. 8 R. Schmidt-Wiegand, Spuren paganer Religiosität in frühmittelalterlichen Rechtsquellen, in: Germanische Religionsgeschichte, Hg. H. Beck u. a., 1992, 575-587; I. Wood, Pagan Religions and Superstitions East of the Rhine from the Fifth to the Ninth Century, in: After Empire, Hg. G. Ausenda, 1995, 253-279; L. E. VON Padberg, Zum Sachsenbild in hagiographischen Quellen, in: Sachsen und Franken (wie Anm. 2), 173-191.
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und pflegte ein rituelles Totengedächtnis. Die christlichen Missionare bekämpften Menschenopfer und Hexenglauben und wandten sich ge gen einen Götterhimmel, den Donar, Wodan und Saxnot beherrsch ten.9 Als Ausdruck eines magischen Verständnisses der Odin-Religion erweisen sich die als Schmuckamulette aus Skandinavien importierten Goldbrakteaten.10* Politisch-militärisch erreichte die expansive Stoßkraft der Sachsen um 700 ihren Höhepunkt, als sie unweit des Niederrheins und südlich der Lippe auf zuvor fränkisches Gebiet vordrangen und auch am Nordrand Hessens und Thüringens vermehrte Befestigungen erfor derlich machten. Grenznahe Bemühungen einzelner angelsächsischer Missionare wie der beiden Ewalde (t um 692) und Suidberts (f 713 in Kaiserswerth) waren zum Scheitern verurteilt." Anders als gegenüber den Friesen (§ 3) verzichtete Karl Martell hier auf jeden Versuch der Annexion und begnügte sich mit wiederholten Strafexpeditionen bis zur Weser, die 718 und 738 besonderen Umfang annahmen und von Überfällen auf Hessen und das Rheinland abschrecken sollten. Dem gemäß bot der Hausmeier den auf Sachsen gerichteten Missionsplä nen des Bonifatius allenfalls punktuellen Rückhalt. Auch die Unter stützung, die nach 741 Karlmanns und Pippins Gegner und zuletzt Grifo in Sachsen fanden (§ 2), führte zu keinem grundsätzlichen Wan del, sondern nur zu weiter bis in den Harz ausgreifenden Vorstößen Karlmanns (743/44) und Pippins (748), die jeweils mit Treueiden und Tributen der betroffenen sächsischen Gruppen endeten. Als König verhielt sich Pippin ebenso, indem er zwar 753 und 758 neuen Schrecken in Westfalen verbreitete, seine eigentlichen militärischen Ziele jedoch in Italien und Aquitanien verfolgte. Noch um 770 blieb die christliche Glaubenspredigt des aus Friesland gekommenen Liafwin/Lebuin bei den Sachsen ohne größere Resonanz. 9 Altsächsisches Taufgelöbnis und Indiculus superstitionum et paganiarum, in: MGH Capit. 1, 1883, 222f.; vgl. H. Homann u. a., Indiculus superstitionum et paganiarum, in: RGA 15, 2000, 369—384; M. SPRINGER u. a., Irminsul, in: ebd. 504-506. 111 K. Hauck, Die kontinentale und insulare Überlieferung der seegermanischen Göt terbildamulette, in: Angli e sassoni (wie Anm. 7), 249-278; vgl. als Dokumenta tion: Die Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit, Hg. K. Hauck, Bd. 1-, 1985-; dazu M. AXBOE, Goldbrakteaten, in: RGA 12, 1998, 323-327. " K. Schäferdiek, Fragen der frühen angelsächsischen Festlandsmission (1994), zuletzt in: Ders. Schwellenzeit, 1996, 487-510.
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b) Die Eroberung durch Karl den Großen12
Ob Karl von vornherein eine völlige Unterwerfung des nördlichen Nachbarvolkes plante, ist fraglich, denn der 772, im ersten Jahr seiner Alleinregierung, unternommene Heereszug durch Engem an die obere Weser, wo man ihm Geiseln stellte, blieb eine ähnlich befristete Ak tion wie die früheren fränkischen Angriffe. Immerhin markierte die Erstürmung der Eresburg über der Diemel (Obermarsberg) sowie die Zerstörung und Plünderung des Irminsul-Heiligtums einen vielbeach teten Höhepunkt, der im Rückblick als Fanal zu dem von Einhard auf 33 Jahre bemessenen Krieg gegen die Sachsen erscheinen konnte13. Ausgelöst wurden dadurch nämlich Gegenattacken auf hessisches Gebiet, die Karl nach seinem Sieg in Italien (§ 13) 775 mit einem großangelegten, nunmehr auch auf Christianisierung abzielenden Feldzug beantwortete. Nach Einnahme der Hohensyburg an der Ruhr und der inzwischen wieder verlorenen Eresburg drang er über die Weser hinweg bis zur Oker vor, um in allen drei Heerschaften Treu eide und Geiseln entgegenzunehmen. Gleich 776 stieß Karl abermals nach und erzwang eine Zusammenkunft an den Lippequellen, bei der Sachsen »aus allen Gegenden« das doppelte Versprechen abgaben, Christen zu werden und die Herrschaft der Franken anzuerkennen. Die Errichtung eines zentralen Stützpunkts mit dem Triumphalnamen »Karlsburg«, wo es zu ersten Massentaufen kam, und die Wahl dieses Platzes, des späteren Paderborn, für eine fränkische Reichsversamm lung im Sommer 777 zur organisatorischen Beratung der angebahnten Sachsenmission lassen Karls (verfrühte) Zuversicht erkennen, seinen Machtanspruch bereits durchgesetzt zu haben.14 12 Die Eingliederung der Sachsen in das Frankenreich, Hg. W. Lammers, 1970; H.-D. Kahl, Karl der Große und die Sachsen. Stufen und Motive einer histori schen »Eskalation«, in: Politik, Gesellschaft, Geschichtsschreibung (Fs. F. Graus), Hg. H. Ludat u. a., 1982, 49-130; R. Langen, Die Bedeutung von Befestigungen in den Sachsenkriegen Karls des Großen, in: WestfZ 139, 1989, 181-211; H. Mayr-Harting, Charlemagne, the Saxons, and the Imperial Coronation of 800, in: EHR 111, 1996, 1113-1133. Einhardi Vita Karoli c. 7 (wie III, 5b), 9f. 14 K. Hauck, Karl als neuer Konstantin 777, in: FMASt 20, 1986, 513-540; D. Schaller, Der Dichter des »Carmen de conversione Saxonum« (1989), in: Ders., Studien (wie § 1, Anm. 17), 313-331; M. Balzer, Paderborn im frühen Mittelalter (776-1050), in: Paderborn. Geschichte der Stadt in ihrer Region, Bd. 1, Hg. J. Jarnut, 1999, 2-118, bes. 13ff.; Deutsche Königspfalzen, Bd. 5 (wie § 1, Anm. 29).
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Tatsächlich zeigte jedoch schon 778 ein ausgedehnter Aufstand, daß sich weite Teile der Sachsen nicht an die Treueschwüre ihrer Anführer gebunden fühlten und mit dem westfälischen Adligen Wi dukind an der Spitze imstande waren, die Karlsburg niederzubrennen, plündernd bis an den Rhein vorzustoßen und Missionare sowie fran kenfreundliche Große aus dem Lande zu jagen. Die Unterwerfung Sachsens, die Karl 779 von neuem begann, entwickelte sich zu einem zähen Ringen mit einem beweglichen, schwer greifbaren Gegner, der von internen Standesgegensätzen ebenso wie von verbreiteter Erbit terung über die Methoden der Christianisierung angetrieben war. Karl beharrte nämlich darauf, seine jährlichen Feldzüge mit weiteren Schritten zur planmäßigen »Einfrankung« zu verbinden; auf Reichs versammlungen an den Lippequellen ließ er 780 die Einteilung der Missionssprengel bekräftigen und 782 die Einsetzung von Grafen be schließen, darunter von vornherein auch sächsischen, bald schon frän kisch versippten Adligen.15 Als er jedoch eine sächsische Streitmacht gemeinsam mit den eigenen Truppen in den Kampf gegen Elbslawen schicken wollte, entluden sich die Spannungen in einem blutigen Ge fecht am Süntel (Weserbergland), bei dem ein ganzes fränkisches Kontingent samt königlichen Hofleuten und vier Grafen vernichtet wurde. Karl stürmte noch im Herbst 782 erneut nach Sachsen und erzwang, nachdem Widukind zu den Dänen entkommen war, bei Verden/Aller die Auslieferung sonstiger Rädelsführer, die er sämtlich, wenn auch wohl kaum in der allein von den Reichsannalen angege benen Anzahl von 4500, hinrichten ließ.16 Wahrscheinlich damals wurde die strenge Capitulatio de partibus Saxoniae erlassen, die selbst geringfügige Verstöße gegen die neue politisch-religiöse Ordnung mit der Todesstrafe bedrohte, in ihrer tatsächlichen Anwendung jedoch nicht zu überprüfen ist.17 Die offenen Kämpfe setzten sich 783 mit 15 Schulze, Grafschaftsverfassung (wie §4, Anm. 6), 278ff.; R. WENSKUS, Säch sischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel, 1976 (dazu H. K. Schulze, in: HZ 227, 1978, 357-362). "’M. Lintzel, Die Vorgänge in Verden im Jahre 782 (1938), zuletzt in: DERS., Ausgewählte Schriften, Bd. 1 (wie Anm. 1), 147-174. 17 Leges Saxonum (wie III, 4a), 37-44; vgl. E. Schubert, Die Capitulatio de parti bus Saxoniae, in: Geschichte in der Region (Fs. H. Schmidt), Hg. D. BROSIUS u. a„ 1993, 3-28; B. EFFROS, De partibus Saxoniae and the Regulation of Mortuary Custom, in: RBPH 75, 1997, 267-286; H. M. Weikmann, Hoheitliche Strafbe stimmungen als Instrument fränkischer Eroberungs- und Missionspolitik, in: Ho
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Schlachten bei Detmold und an der Hase, 784 mit einem Reiterge fecht im westfälischen Dreingau fort, bei denen stets die Franken die Oberhand behielten. Nachdem Karl 784/85 erstmals auch den Winter im Lande verbracht hatte und dann bis in den Bardengau an der Un terelbe vorgedrungen war, gab sich Widukind geschlagen, nahm Ver handlungen auf und willigte in die Taufe ein, die er Ende 785 in Attigny mit Karl als Paten empfing. Seine Nachfahren standen später bei den christlichen Sachsen in hohem Ansehen, doch ist sein persön liches Schicksal ungewiß.18 Der sächsische Widerstand war damit im Grunde gebrochen, aber noch keineswegs erloschen. Er flammte während Karls Awarenkrieg (§ 8) ab 792 erneut auf und hatte nach der kampflosen Überwindung eines Sachsenheeres in der Paderborner Gegend (794) seinen Schwer punkt im Norden beiderseits der Elbe. Dorthin zog Karl von 795 bis 799 in jedem Sommer und nochmals 804, zum Teil im Bunde mit den slawischen Abodriten, um seine Macht auch im Land Wigmodien zwischen Weser- und Elbmündung, im Bardengau und bei den »Nordleuten« jenseits der Elbe zur Geltung zu bringen.1920 Während er hier hart durchgriff und die Deportation von Tausenden ins Reichsin nere anordnete, war er bereit, für die Mehrheit der Sachsen das an fängliche Besatzungsregime durch das mildere Capitulare Saxonicum von 797 zu lockern, und ließ 802 das sächsische Stammesrecht wie das anderer Völker seines Reiches aufzeichnen.21’ Bald darauf scheint die Freilassung der Geiseln in Gang gekommen zu sein, und nach späterer Überlieferung endete der Krieg sogar durch eine 803 in Salz/Saale getroffene förmliche Vereinbarung mit vornehmen Sach
heitliches Strafen in der Spätantike und im frühen Mittelalter, Hg. J. Weitzel, 2002, 153-174. 18 K. Schmid, Die Nachfahren Widukinds (1964), zuletzt in: Ders., Gebetsgedenken (wie § 5, Anm. 35), 1-47; G. ALTHOFF, Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau, in: FMASt 17, 1983, 251-279; E. Freise, Widukind in Attigny, in: 1200 Jahre Widukinds Taufe, Hg. G. Kaldewei, 1985, 12-45. 19 H. JANKUHN, Die Frühgeschichte, 1957, 133ff.; C. Mossig, Das Zeitalter der Christianisierung (8. bis 10. Jahrhundert), in: Geschichte des Landes zwischen Elbe und Weser, Bd. 2, Hg. H.-E. Dannenberg u. a„ 1995, 23-30; J. Fried, Bardowick, Sachsen und Karl der Große, in: Lüneburger Blätter 30, 1998, 61-84. 20 Leges Saxonum (wie III, 4a), 45-49, 17-34; vgl. G. Theuerkauf, Lex, Speculum, Compendium iuris, 1968, 38ff.; H. LÜCK, Lex Saxonum, in: RGA 18, 2001, 332-336.
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sen, die sich gegen Zusicherung ihrer »Freiheit« zur Zahlung des Kirchenzehnten verpflichteten.
c) Die kirchlichen Anfänge21
Die Christianisierung der Sachsen, vor Karl dem Großen stets ge scheitert, war die Konsequenz seiner Eroberungen und die notwen dige Bedingung seiner Integrationspolitik. Sie wurde daher seit 775/76 mit allem Nachdruck betrieben und zielte primär auf rasche Tauferfolge ab, denen eine missionarische Unterweisung erst noch folgen mußte. Dazu wurden im ganzen Lande kirchliche Mittelpunkte eingerichtet und der Obhut einzelner fränkischer Bistümer und Klö ster anvertraut, zunächst mit einem gewissen Vorrang Fuldas unter Abt Sturmi (t 779).22 Viele dieser Missionsstationen wurden beim Aufstand Widukinds zerstört, aber dann wiederaufgebaut, und man che entwickelten sich dank jahrzehntelangem Rückhalt an ihren Mut terkirchen zu Keimzellen künftiger Bischofssitze wie zumal Pader born, das schon 799 die Weihe einer Kirche von besonderer Größe erlebte.23 Mit Ausnahme Bremens, wo bereits 787-789 der Angel sachse Willehad als Oberhirt residierte (danach aber auch eine längere Unterbrechung eintrat),24 scheint jedoch eine reguläre Diözesanver fassung mit festen Sitzen erst nach dem Erlöschen der offenen Kämp fe eingeführt worden zu sein.25 Jedenfalls finden sich ziemlich gleich 21 H. Patze, Mission und Kirchenorganisation in karolingischer Zeit, in: Geschichte Niedersachsens (wie 1,9), Bd. 1, 653—712; Freise, Mittelalter (wie Anm. 1), 304ff.; O. Harck, Frühes Christentum zwischen Rhein und Elbe, in: Rom und Byzanz im Norden, Bd. 1, Hg. M. MÜLLER-WtLLE, 1997, 109-124; K. SCHÄFERDIEK, Sachsen I, in: TRE 29, 1998, 551-557; C. Carroll, The bishoprics of Saxony in the first century after Christianization, in: Early Medieval Europe 8, 1999, 219-245; J. Hines, The Conversion of the Old Saxons, in: The Continental Saxons (wie Anm. 3), 299-328. 22 HussONG, Studien (wie §4, Anm. 27), Tl. 2, 129-141; abschwächend K. NASS, Fulda und Brunshausen, in: NJLG 59, 1987, 1-62. 21 U. Lobbedey, Die Ausgrabungen im Dom zu Paderborn 1978/80 und 1983, Bd. 1-4, 1986; Balzer, Paderborn (wie Anm. 14), 30ff.; J. UDOLPH u. a., Pader born, in: RGA 22, 2003, 433-443. 24 D. Hägermann, Mission, Bistumsgründung und fränkischer Staatsaufbau zwi schen Weser und Elbe, in: Bremen. 1200 Jahre Mission, 1989 (Schriften der Wittheit zu Bremen N. F. 12), 9-31. 25 Anders: K. Honselmann, Die Bistumsgründungen in Sachsen unter Karl dem Großen, in: AfD 30, 1984, 1-50 (Nachtrag ebd. 34, 1988, 1 f.); V. de Vry, Die
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zeitig um 805 die ersten gesicherten Zeugnisse für Bischöfe von Mimigemaford/Münster (nach Utrechter Mission), von Osnabrück (nach Lütticher Mission) und von Minden (nach Fuldaer Mission) innerhalb der Kölner Kirchenprovinz26 sowie für Bischöfe von Paderborn (nach Würzburger Mission) innerhalb des Mainzer Metropolitanbereichs. 27 Erst unter Ludwig dem Frommen (814/15) verfestigten sich als wei tere Mainzer Suffragane das vom Kloster Amorbach im Odenwald aus gestützte Bistum Verden, das anfänglich auf Elze/Leine zentrierte ostfälische Bistum Hildesheim (nach Reimser Mission?) sowie Hal berstadt, das auf eine Initiative der Familie des ersten Münsterer Bi schofs Liudger zurückgeht.28 Als rückwärtige Basis der Mission in Skandinavien entstand schließlich 831 der Erzbischofssitz Hamburg.29 Inwieweit andere frühe Missionsstationen als Vorläufer der bald nach 800 zutage tretenden ersten Klöster und Stifte Sachsens zu gel ten haben, bleibt meist ungewiß; deutlicher zeigen sich in Werden/Ruhr (799), Herford (um 800?), Visbek bei Vechta (um 800?) und Corvey (zunächst nach 815 in »Hethis« im Solling, dann ab 821/23 an der Weser als Filiation von Corbie) die Gründungsinitiative einer einheimischen Adelsfamilie bzw. örtliche Besitzrechte älterer fränkischer Klöster als bestimmende Faktoren.30 Erhebliche Breiten Gründung des Bistums Paderborn im Spiegel der Berichte über die Translatio des Bischofs Liborius von Le Mans, in: Quellen, Kritik, Interpretation (Fs. H. Mordek), Hg. T. M. Buck, 1999, 117-126; dagegen R. SCHIEFFER, Papsttum und Bistumsgründung im Frankenreich, in: Fs. A. M. Stickler, Hg. R. I. Castillo Lara, 1992, 517-528; Balzer, Paderborn (wie Anm. 14), 46f. 26 W. SEEGRÜN, Die Anfänge des Bistums Osnabrück im Lichte neuerer Forschun gen, in: Osnabrücker Mitteilungen 85, 1979, 25-48; E. Freise, Die Sachsenmis sion Karls des Großen und die Anfänge des Bistums Minden, in: An Weser und Wiehen (Fs. W. Brepohl), 1983, 57-100; W. Kohl, Das Bistum Münster 7,1: Die Diözese, 1999 (Germania Sacra N.F. 37, 1), 53ff; G. Spreckelmeyer, Minden, in: RGA 20, 2002, 44; G. Isenberg, Münster, in: ebd. 317-322; W. Schlüter, Osnabrück, in: RGA 22, 2003, 314-325. 27 H. J. Brandt u. a., Geschichte des Erzbistums Paderborn, Bd. 1, 2002, 50ff. 28 H. Goetting, Die Hildesheimer Bischöfe von 815 bis 1221 (1227), 1984 (Ger mania Sacra N. F. 20), 35ff; H. Röckelein, Halberstadt, Helmstedt und die Liudgeriden, in: Das Jahrtausend der Mönche, Hg. J. Gerchow, 1999, 65-73; T. VOGTHERR, Das Bistum Verden in der Reichskirchenpolitik der Karolinger und Ottonen, in: Immunität und Landesherrschaft, Hg. B. Kappelhoff u. a., 2002, 1-29. 29Wavra, Salzburg (wie § 6, Anm. 50), 201 ff; R. Busch u. a., Hammaburg, in: RGA 13, 1999, 480-^483. 30 J. Semmler, Corvey und Herford in der benediktinischen Reformbewegung des
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Wirkung und eine gesicherte Zukunft erlangten viele sächsische Kir chen durch die Übertragung der Gebeine gallischer oder römischer Heiliger wie 836 der Reliquien des hl. Liborius von Le Mans nach Paderborn und des hl. Vitus von St. Denis nach Corvey, 851 des hl. Alexander von Rom nach Wildeshausen.31 Die literarischen Wie dergaben solcher Translationen sind zugleich neben Heiligenviten die frühesten Zeugnisse für die Fruchtbarkeit eines kirchlichen Schul wesens und eine dadurch bewirkte geistige Neuorientierung, die schon vor Ende des 9. Jh. Karl den Großen als »Apostel« der Sachsen erscheinen ließ.32
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a) Awaren Durch die Ausschaltung Tassilos III. von Bayern kamen die Franken wieder in unmittelbare Berührung mit den Awaren, die sie gemeinhin für »Hunnen« hielten und seit 774 bereits in Friaul zu Nachbarn hat ten.1 Das einst furchterregende Reich des Kagan hatte viel von seiner 9. Jahrhunderts, in: FMASt 4, 1970, 289-319; W. Stüwer, Die Reichsabtei Wer den an der Ruhr, 1980 (Germania Sacra N. F. 12), 88 ff.; W. Kohl, Bemerkungen zur Typologie sächsischer Frauenklöster in karolingischer Zeit, in: Untersuchun gen (wie § 4, Anm. 21), 112-139; K. Nass, Untersuchungen zur Geschichte des Bonifatiusstifts Hameln, 1986; E. Schubert, Geschichte Niedersachsens vom 9. bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert, in: Geschichte Niedersachsens (wie I, 9), Bd. 2/1, 1997, 3-904, bes. 46ff.; E. Freise, Liudger und das Kloster Werden, in: Jahrtausend (wie Anm. 28), 59-64. 31 K. Herbers, Rom im Frankenreich, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 133-169; V. DE Vry, Liborius, Brückenbauer Europas, 1997; H. RÖCKELEIN, Reliquien translationen nach Sachsen im 9. Jahrhundert, 2002. 32 H. Beumann, Die Hagiographie »bewältigt« Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen (1982), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze, 1987, 289-323; H. Löwe, Lateinisch-christliche Kultur im karolingischen Sachsen (1986), zuletzt in: DERS., Religiosität und Bildung im frühen Mittelalter, 1994, 46-86; J. EHLERS, Die Sachsenmission als heilsgeschichtliches Ereignis, in: Vita Religiosa im Mit telalter (Fs. K. Elm), Hg. F. J. Felten u. a., 1999, 37-53; H. Röckelein, Das Gewebe der Schriften, in: Hagiographie im Kontext, Hg. D. R. Bauer u. a., 2000, 1-25. 1 W. POHL, Die Awaren, 1988, 22002; F. Daim, Avars and Avar Archaeology, in: Regna (wie § 6, Anm. 1), 463-570; W. Pöhl, A Non-Roman Empire in Central Europe: The Avars, in: ebd., 571-595.
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Schlagkraft eingebüßt, gleichwohl aber 788 zur Wahrung des Status quo einen Entlastungsangriff zugunsten Tassilos unternommen. Dies blieb zwar unwirksam, gab Karl jedoch Anlaß, seinerseits mit starker bayerischer Unterstützung in die Offensive zu gehen.2 Nach aufwen diger Vorbereitung, wozu vielleicht auch die Planung des unvollendet gebliebenen Kanalbaus zwischen Main und Donau gehörte3, rückte er 791 von Regensburg aus donauabwärts über den Grenzfluß Enns hin weg bis zur Raab vor, doch wichen die Awaren einem Entscheidungs kampf aus. Erst Rivalitäten, die daraufhin in ihrer Führungsschicht ausbrachen, erlaubten 795 dem dux Erich von Friaul mit slawischer Hilfe einen gezielten Vorstoß in das Zentrum des Reiches, den »Ring«, wo Schätze in üppiger Fülle zu erbeuten waren.4 Auch beim Feldzug von 796, den Karls Sohn Pippin anführte, heben die Quellen neben der recht mühelosen Unterwerfung des Awarenkagans den rei chen Gewinn an Gold und Silber hervor, der offenbar stärker als sonst zum Kampf gereizt hatte.5 Zwar wurde noch im Heerlager an der Donau auch über die Christianisierung der Awaren beraten, doch machte die von Aquileia und Salzburg ausgehende Mission nur mä ßige Fortschritte6, weil sich die Franken jenseits des Wiener Waldes mit einer lockeren Oberhoheit über Pannonien westlich der Donau begnügten und selbst dies zwischen 799 und 803 gegen Aufstände zu sichern hatten, bei denen Erich von Friaul ebenso wie Karls Schwa ger, der bayerische »Präfekt« Gerold, zu Tode kam.7 Seit etwa 805 konsolidierten sich dann südlich und nördlich der Drau eine friulanische Ostmark und eine bayerische, die auch ein »Schutzgebiet« für die inzwischen von slawischen Gruppen sowie von Bulgaren hart be 2 Wolfram, Grenzen (wie § 6, Anm. 1), 233 ff. 3 K. Grewe u. a., Fossa Carolina, in: RGA 9, 1995, 359-362; R. Koch, Fossa Carolina, in: Häfen, Schiffe, Wasserwege, Hg. K. Elmshäuser, 2002, 54-70. 4H. Krähwinkler, Friaul im Frühmittelalter, 1992, 148ff. 5 T. Reuter, Plunder and Tribute in the Carolingian Empire, in: TRHS 5,h ser. 35, 1985, 75-94; D. SCHALLER, Pippins Heimkehr vom Avarensieg (1990), zuletzt in: Ders., Studien (wie § 1, Anm. 17), 332-345. 6 R. Bratoz, Aquileia und der Alpen-Adria-Raum (von der Mitte des 6. Jahrhun derts bis 811), in: Karantanien und der Alpen-Adria-Raum im Frühmittelalter, Hg. G. HÖDL u. a., 1993, 151-208; P. F. Barton, Geschichte des Christentums in Österreich und Südostmitteleuropa, Bd. 3/2, 1997, 11 ff.; L. E. von Padberg, Die Diskussion missionarischer Programme zur Zeit Karls des Großen, in: Am Vor abend der Kaiserkrönung, Hg. P. Godman u. a., 2002, 125-143. 7 Krähwinkler, Friaul (wie Anm. 4), 152 ff.
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drängten Reste der Awaren einschloß.8 Da sie nach 822/26 nicht mehr erwähnt werden, scheinen sie rasch in ihrer ethnischen Umgebung aufgegangen zu sein.
b) Westslawen Außer den Karantanen,9 die schon von den Agilolfmgem unter bay erische Oberhoheit gebracht worden waren (§ 6) und auch nach 788 getaufte einheimische Fürsten behielten, bis sie dann von Ludwig dem Frommen der Grafschaftsverfassung und bayerischem Recht un terworfen wurden,1011sind die slawischen Nachbarn der Bayern und Sachsen nicht in das Karolingerreich einbezogen worden. Karl und seine Nachfolger verzichteten auf planmäßige Mission und beließen es bei einzelnen militärischen Vorstößen, die gegnerische Überfälle beantworten oder verhüten und eine lockere Abhängigkeit sichern sollten." Im Südosten wurde dies seit 819 durch den slawischen (erst nach späterer Deutung kroatischen) Fürsten Liudewit von Siscia/Sisak akut, der aus dem Drau/Save-Gebiet in die Ostalpen und nach Dal matien vordrang und mehrere Jahre von Bayern und Italien aus be kämpft werden mußte, bis er 823 durch Verrat in den eigenen Reihen umkam.12 Zuvor bereits hatten die Franken ihre Macht in Böhmen zur ’WOLFRAM, Grenzen (wie § 6, Anm. 1), 240f. 9 K. Bertels, Carantania. Beobachtungen zur politisch-geographischen Termino logie und zur Geschichte des Landes und seiner Bevölkerung im frühen Mittelal ter, in: Carinthia I, 177, 1987, 87-196; H. Wolfram, Karantanen, in: RGA 16, 2000, 239-242; H.-D. Kahl, Der Staat der Karantanen, 2002. 10 H. WOLFRAM, Der Zeitpunkt der Einführung der Grafschaftsverfassung in Karantanien, in: Siedlung, Macht und Wirtschaft (Fs. F. Posch), Hg. G. Pferschy, 1981, 313-317; zum Problem der Kontinuität vgl. H. Koller, Zur Frühgeschichte po litischer Gemeinschaften bei den Alpenslawen, in: Westmitteleuropa, Ostmitteleu ropa (Fs. F. Seibt), Hg. W. Eberhard u. a., 1992, 275-291; H. Dopsch, ... in sedem Karinthani ducatus intronizavi, in: Regensburg (wie § 6, Anm. 36), 103-136, bes. 123ff. 11 M. Hellmann, Karl und die slawische Welt zwischen Ostsee und Böhmerwald (1965), zuletzt in: Ders., Beiträge zur Geschichte des östlichen Europa im Mit telalter, 1988, 269-279; V. K. RONIN, Die Slavenpolitik Karls des Großen in der deutschen mittelalterlichen Überlieferung, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuro pas N.F. 37, 1989, 481-491. 12 R. Katicic, Die Anfänge des kroatischen Staates, in: Die Bayern und ihre Nach barn, TI. 1, Hg. H. Wolfram u. a., 1985, 299-312; Wolfram, Grenzen (wie § 6, Anm. 1), 242ff., 310ff.; N. Budak, Slavic Ethnogenesies in Modem Northern Croatia, in: Slowenien und die Nachbarländer zwischen Antike und karolingischer Epoche, Hg. R. Bratoz, 2000, 395-402.
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Geltung gebracht, das 791 in die Operationen gegen die Awaren ein bezogen worden war. 805 und erneut 806 schickte Karl dorthin frän kische, bayerische und sächsische Heere, die unter dem Befehl seines gleichnamigen Sohnes das Land verwüsteten und anscheinend Tribute erzwangen. Eine zentrale politische Führung der späteren Tschechen wird dabei ebensowenig erkennbar wie die Reichweite und Dauer ihrer Unterwerfung.13 Seit 822 treten weiter östlich die Mährer in Erscheinung, die ihnen bald schon den Rang ablaufen sollten (§ 18). Kontakte zu den slawischen Stämmen im Bereich von Elbe und Saale14 ergaben sich für Karl den Großen aus seinen Kämpfen in Sachsen sowie aus dem Bestreben, sich deren Feindschaften unterein ander und mit den Sachsen zunutze zu machen. Nachdem bereits Pip pin 748 bei seinem Vorrücken von Thüringen her wohl mit der süd lichen Gruppe der Sorben paktiert hatte, scheint auch Karl 780 auf dem Weg zur Elbe zunächst dort Flankenschutz gesucht zu haben, mußte aber 782 einen sorbischen Einfall in Thüringen hinnehmen,15 dessen Abwehr in der sächsischen »Meuterei« am Süntel scheiterte (§ 7). Sorben und Abodriten beteiligten sich dann jedoch neben frän kischen, sächsischen und friesischen Kräften 789 an Karls einzigem großen Slawenzug, der sich über die Elbe hinweg gegen das Volk der Wilzen unter seinem Anführer Dragowit richtete und in der Erstür mung von dessen Hauptburg (Brandenburg?) gipfelte, wohl mit dem Ziel, dem sächsischen Widerstand jeden Rückhalt im Osten zu neh men.16 Ganz im Dienste der Unterwerfung und Sicherung des nörd13 H. Hoffmann, Böhmen und das deutsche Reich im hohen Mittelalter, in: JGMO 18, 1969, 1-62, bes. 3ff.; F. Graus, Die Nationenbildung der Westslawen im Mittelalter, 1980, 170ff.; DERS., Böhmen im 9. bis 11. Jahrhundert, in: Gli slavi occidentali e meridionali nell’alto medioevo, 1983 (Sett.Cent.it. 30), 169-196. 14 R. Ernst, Die Nordwestslaven und das fränkische Reich, 1976; Die Slawen in Deutschland, Hg. J. Herrmann, Neubearb. 1985; C. LÜbke, Forms of Political Organisation of the Polabian Slavs, in: Origins of Central Europe, Hg. P. UrbanCZYK, 1997, 115-124; M. Schmauder, Überlegungen zur östlichen Grenze des karolingischen Reiches unter Karl dem Großen, in: Grenze und Differenz im frü hen Mittelalter, Hg. W. Pohl u. a., 2000, 57-97; M. Hardt, Hesse, Elbe, Saale and the frontiers of the Carolingian Empire, in: The Transformation of Frontiers, Hg. W. Pohl u. a., 2001, 219-232. 15 W. SCHLESINGER, Die Verfassung der Sorben (1960), zuletzt in: Ders., Mittel deutsche Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters, 1961, 7-47; J. Brankack u. a., Geschichte der Sorben, Bd. 1, 1977, 64ff.; M. Hardt, Limes Sorabicus, in: RGA 18, 2001, 446-448. 16 L. DRALLE, Wilzen, Sachsen und Franken um das Jahr 800, in: Aspekte der Na
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liehen Sachsen stand das enge Zusammenwirken der Franken mit dem Verband der Abodriten, die seit 795 mehrfach in die Kämpfe an der Unterelbe eingriffen.17 Ihre Waffenhilfe honorierte Karl 804 mit einer Rangerhöhung ihres Herrschers Thrasco und der Überlassung der ent völkerten Gegenden nördlich der Elbe, wodurch den Abodriten zu gleich die Grenzverteidigung gegen die Dänen zufiel. Die Sorben und daneben die erstmals genannten Daleminzier wurden 805/06 von den Feldzügen gegen Böhmen in Mitleidenschaft gezogen, verblieben aber außerhalb des Reiches, das sich an Elbe und Saale durch Befe stigungen bei Magdeburg und Halle zu sichern begann.18 Aggressiver zeigten sich die Wilzen, die 808 im Bunde mit den Dänen gegen die Abodriten und das östliche Sachsen losschlugen, bis 812 jedoch er neut bezwungen wurden.19
c)
Dänen
Dänemark trat ins fränkische Blickfeld zunächst als Zuflucht Widu kinds und anderer sächsischer Anführer (seit 777),20 doch griff das nordische Reich, das eben erst dabei war, sich zu einer handlungsfä higen Einheit zu festigen, unter König Sigifrid nicht selbst in die Kämpfe ein. Als jedoch den Abodriten 804 das nordelbische Sachsen überlassen wurde, fühlte sich der neue Dänenkönig Gotfrid heraus gefordert und erschien im Grenzort Sliesthorp/Haithabu an der Schlei; 808 wagte er über die Ostsee hinweg und in Absprache mit den Wil zen einen Angriff auf die abodritischen Verbündeten des Kaisers, die die Zerstörung ihres Handelsplatzes Reric (wohl bei Wismar) und die tionenbildung im Mittelalter, Hg. H. Beümann u. a., 1978, 205-227; G. LABUDA, Civitas Dragaviti. Zu den fränkisch-slavischen Beziehungen am Ende des 8. Jahr hunderts, in: Europa slavica - Europa orientalis (Fs. H. Ludat), Hg. K.-D. Grothusen u. a., 1980, 87-98. 17 B. Friedmann, Untersuchungen zur Geschichte des abodritischen Fürstentums bis zum Ende des 10. Jahrhunderts, 1986, 51 ff. 18 H. Wolfram, The Creation of the Carolingian Frontier-System c. 800, in: The Transformation (wie Anm. 14), 233-245. 19 L. Dralle, Slaven an Havel und Spree, 1981 (mit der sehr fragwürdigen Annahme einer eigenständigen Christianisierung der Herrscherfamilie). 20 H. Jankuhn, Karl der Große und der Norden, in: Karl der Große (wie III, 8), Bd. 1, 699-707; H. ZETTEL, Karl der Große, Siegfried von Dänemark und Gottfried von Dänemark, in: ZSHG HO, 1985, 11-25; B. u. P. Sawyer, Die Welt der Wikinger, 2002, 119 ff.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
Umsiedlung der Kaufleute nach Haithabu hinnehmen mußten.21 In Erwartung fränkischer Gegenwehr erneuerte er die Anlage eines Ver teidigungswalls nördlich der Eider, des sog. Danewerk,22 und sorgte 809 für die Beseitigung des abodritischen Anführers Thrasco. Karl entsandte ein Heer in die Gaue jenseits der Elbe und ließ 810 die Burg Esesfeld (bei Itzehoe) als Stützpunkt gegen die Dänen errichten, doch kam dann die Plünderungsfahrt einer dänischen Flotte an der Küste Frieslands dazwischen, die in Aachen dem Befehl Gotfrids zuge schrieben wurde und großen Schrecken erregte. Der alte Kaiser stieß noch einmal bis zur Aller vor, empfing dort aber die Nachricht von der Ermordung Gotfrids. Damit wurde der Weg frei zum Friedens schluß von 811, der die Eidergrenze bestätigte.23 Thronstreitigkeiten schwächten Dänemark in den folgenden Jahren.24 Die maritime Überlegenheit der Nordgermanen war im übrigen schon 799 durch erste jähe Überfälle auf die atlantische Küste Gal liens zutage getreten, die seetüchtige Gruppen von Wikingern däni scher oder norwegischer Herkunft auf eigene Faust unternahmen. Karl suchte ihnen durch Flottenbau und militärische Vorkehrungen zu be gegnen, konnte aber das langfristige Anwachsen der Gefahr solcher Raubzüge nicht hemmen.25
21 Jankuhn, Haithabu. Ein Handelsplatz der Wikingerzeit, “1986; J. HERRMANN, Zur Struktur von Handel und Handelsplätzen im südwestlichen Ostseegebiet vom 810. Jahrhundert, in: Ber. RGK 69, 1988, 720-739; H. Beck u. a., Godofrid, in: RGA 12, 1998, 266f.; C. LÜBKE, Die Beziehungen zwischen Elb- und Ostsee slawen und Dänen vom 9. bis zum 12. Jahrhundert, in: Zwischen Reric und Born höved, Hg. O. Harck u. a., 2001, 23-36; S. Brather, Rerik, in: RGA 24, 2003, 514f. 22 H. H. Andersen, Danewerk, in: RGA 5, 1984, 236-243. 23 E. Hoffmann u. a., Esesfeld, in: RGA 7, 1989, 566-571; Schmauder, Überle gungen (wie Anm. 15), 58ff.; M. Hardt, Limes Saxoniae, in: RGA 18, 2001, 442^146. 24 E. Hoffmann, Königserhebung und Thronfolgeordnung in Dänemark bis zum Ausgang des Mittelalters, 1976, 16 ff. 25 H. Sproemberg, Die Seepolitik Karls des Großen, in: Ders., Beiträge zur bel gisch-niederländischen Geschichte, 1959, 1-29; J. Haywood, Dark Age Naval Power, 1991, 118ff.; Sawyer, Welt (wie Anm. 20), 133ff.; vgl. auch § 18.
B.
§ 9
Das Frankenreich unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen Siedlung und ethnisch-sprachliche Gliederung
In der Ausdehnung, die um 800 erreicht war und bis 840 unter ein heitlicher Führung verblieb, umfaßte das Frankenreich den größten Teil der lateinischen Christenheit Kontinentaleuropas (mit Ausnahme allein Nordspaniens und Unteritaliens) und zumal alle germanischen Völker, die später das Reich der Ottonen und ihrer Nachfolger bil deten. Wieviele Menschen sich über die Gesamtfläche von annähernd einer Million Quadratkilometern verteilten, ist unbekannt. Da globale Quellenaussagen fehlen, müssen sich moderne Schätzungen1 auf Berechnungen der Bevölkerungsdichte in einzelnen gut dokumentier ten Grundherrschaften, in ummauerten Stadtarealen sowie auf Rück schlüsse aus ergrabenen Friedhöfen stützen, doch stoßen solche Generalisierungen auf gewichtige methodische Bedenken.*2 Vieles deutet darauf hin, daß die Bevölkerung nach dem Ende einer früh mittelalterlichen Pestwelle (um 750) und bis zu den Auswirkungen der Normannen-, Sarazenen- und Ungamstürme am Ende des 9. Jh. stetig anwuchs. Offenbar war jedoch die Siedlungsdichte regional sehr unterschiedlich und nahm nördlich der Alpen, grob gesagt, von Südwesten nach Nordosten hin ab. Besonders rechts des Rheins erstreckten sich große Wald-, Heide- und Moorlandschaften, die zunächst nur am Alpenrand, auf der bayerischen und schwäbischen Hochebene sowie in den Flußtälem von Rhein, Neckar und Main durch größere Kulturzonen aufgelockert wurden. Es gab somit Raum genug für vielfältigen Landesausbau durch Rodung und Kultivierung,
'Übersicht bei R. Doehaerd, Le haut moyen âge occidental, 1971, llOff.; P. Riche, Die Welt der Karolinger, dt. 1981, 67ff.; P. Contamine u. a., L’économie médiévale, 1993, 51 ff.; zuletzt Hägermann, Karl (wie III, 8), 649: »rund acht Millionen«. 21. Schwidetzky u. a., Bevölkerung, in: RGA 2, 1976, 331-361; Schneider, Fran kenreich (wie III, 8), 134ff.; P. Depreux, Les sociétés occidentales du milieu du VIe à la fin du IXe siècle, 2002, 74ff.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
der im 8./9. Jh. vorwiegend von Adel und Kirchen getragen war.3 Inwieweit »gelenkte« fränkische Siedlung im Maingebiet, in Hessen, in Westfalen und weiteren Teilen Sachsens den inneren Zusammen halt des Reiches und überdies den großräumigen Bevölkerungsaus gleich hat fördern sollen, wird heute vorsichtiger beurteilt,4 doch steht jedenfalls fest, daß es in erheblichem Umfang Deportationen aus dem bezwungenen Sachsenland in andere Regionen gegeben hat.5 Trotz aller Binnenwanderung blieb das Karlsreich jedoch ein eth nisch vielschichtiges Gebilde.6 Fränkisch im eigentlichen Sinne war allein der Kemraum zwischen Loire und Rhein, die sog. Francia, und nur allmählich drang im 9. Jh. der Frankenname auch in die Mainlan de vor.7 Daneben bestanden die von der karolingischen Zentralgewalt nach und nach unterworfenen Völkerschaften (»gentes«), wenn auch ohne monarchische Spitze, weiter und traten durch gesonderte Heeresaufgebote, durch eigene Rechtsüberlieferung wie auch als bevor zugte räumliche Einheiten (»regna«) bei Reichsteilungen sichtbar in Erscheinung.8 Während einzig das Langobardenreich mit dem regnum 3 Beispiele: K. Schwarz, Der frühmittelalterliche Landesausbau in Nordost-Bayem archäologisch gesehen, in: Ausgrabungen in Deutschland, TI. 2, 1975, 338-409; M. GOCKEL, Die Träger von Rodung und Siedlung im Hünfelder Raum in karo lingischer Zeit, in: HJLG 26, 1976, 1-24; D. GEUENICH, Der Landesausbau und seine Träger (8.-11. Jahrhundert), in: Archäologie und Geschichte des ersten Jahr tausends in Südwestdeutschland, 1990 (Archäologie und Geschichte 1), 207-218; E. GRINGMUTH-DALLMER, Frühmittelalterlicher Landesausbau in Thüringen und Hessen, in: Aspekte thüringisch-hessischer Geschichte, Hg. M. Gockel, 1992, 67-79; Ders., Landesausbau, in: RGA 17, 2001, 597-601. 4 Gegenüber SCHLESINGER, Geschichte (wie § 4, Anm. 1) vgl. abschwächend: H. K. SCHULZE, Ostffanken und Alemannien in der Politik des fränkischen Reiches, in: Alemannien und Ostfranken im Frühmittelalter, Hg. F. Quarthal, 1984, 13-38, bes. 26ff.; H.-J. Nitz, Settlement Structures and Settlement Systems of the Frankish Central State in Carolingian and Ottonian Times, in: Anglo-Saxon Settle ments, Hg. D. Hooke, 1988, 249-273. 5 Schubert, Capitulatio (wie § 7, Anm. 17), 18f. 6 ZÖLLNER, Stellung (wie III, 8); K. F. WERNER, Volk, Nation, Nationalismus, Mas se IV, in: GGr, Bd. 7, 1992, 186-245, bes. 196ff.; Ders., Völker und Regna, in: Beiträge zur mittelalterlichen Reichs- und Nationsbildung in Deutschland und Frankreich, Hg. C. Brühl u. a., 1997, 15—43; W. Pohl, Zur Bedeutung ethnischer Unterscheidungen in der frühen Karolingerzeit, in: Sachsen und Franken (wie § 7, Anm. 2), 193-208. 7G. Lubich, Auf dem Weg zur »Güldenen Freiheit«, 1996, 16ff.; H.-W. Goetz, Zur Wandlung des Frankennamens im Frühmittelalter, in: Integration (wie § 2, Anm. 30), 133-150. 8 R. Wenskus, Die deutschen Stämme im Reiche Karls des Großen (1965), zuletzt
§ 9 Siedlung und ethnisch-sprachliche Gliederung
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Francorum in Personalunion verbunden war (§ 13), galten Burgunder und aquitanische Romanen, Alemannen und Bayern, Friesen, Sachsen und Thüringer untereinander als gleichrangig. Ihre normativen Ge pflogenheiten blieben nach dem Prinzip der Personalität des Rechts neben Lex Salica und Lex Ribuaria in Kraft und wurden unter Pippin und Karl teils ebenfalls neu formuliert und ergänzt, teils überhaupt erstmals lateinisch kodifiziert, wozu 802/03 das universale Sendungs bewußtsein des neuen Kaisers den Anstoß gab, aber auch das Bedürf nis nach korrigierenden Eingriffen zur Angleichung an fränkische Muster.*9 Wie die handschriftliche Verbreitung der Texte zeigt, dürfte zudem bezweckt worden sein, diese Rechte über das jeweilige Stammesgebiet hinaus vorweisbar zu machen, doch ist andererseits gebüh rend zu beachten, daß gerade für die aufgezeichnete Lex Salica konkrete Zeugnisse ihrer Verwendung im Rechtsleben fehlen.1011 Die karolingische Pflege der Leges mag daher mehr auf Wahrung des gewachsenen ethnischen Gefüges bedacht gewesen sein als auf be wußte Rechtspolitik, die man eher in Kapitularien und Konzilsbe schlüssen zu gestalten suchte. Auf abgestufte Integration zielte auch die Behandlung der gentilen Führungsschichten, die durchweg an der Herrschaft beteiligt blieben, sich mit dem fränkischen Adel ver schwägerten, an den Hof und in den Dienst der Karolinger gezogen werden konnten und in ihren erfolgreichsten Sippen zur stammesübergreifenden »Reichsaristokratie« zusammenwuchsen.11 in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 4, Anm. 17), 96-137; K. F. Werner, La genèse des duchés en France et en Allemagne (1981), zuletzt in: Ders., Vom Frankenreich (wie § 2, Anm. 39), 278-310; H.-W. GOETZ, Gentes. Zur zeitgenös sischen Terminologie und Wahrnehmung ostfränkischer Ethnogenese im 9. Jahr hundert, in: MIÖG 108, 2000, 85-116. 9 G. Dilcher, Gesetzgebung als Rechtsemeuerung, in: Rechtsgeschichte als Kul turgeschichte (Fs. A. Erler), Hg. H.-J. Becker u. a., 1976, 13-35; R. SchmidtWiegand, Stammesrecht und Volkssprache in karolingischer Zeit (1978), zuletzt in: Dies., Stammesrecht und Volkssprache, 1991, 148-180; W. Hartmann, Karl der Große und das Recht, in: Karl der Große (wie § 2, Anm. 34), 173-192, bes. 183f. 1(1 H. Nehlsen, Zur Aktualität und Effektivität germanischer Rechtsaufzeichnungen, in: Recht (wie § 1, Anm. 10), 449-502; R. Kottje, Zum Geltungsbereich der Lex Alamannorum, in: Die transalpinen Verbindungen (wie § 6, Anm. 4), 359-377; H. Siems, Zu Problemen der Bewertung frühmittelalterlicher Rechtstexte, in: ZRG GA 106, 1989, 291-305; W. Sellert, Aufzeichnung des Rechts und Gesetz, in: Das Gesetz in Spätantike und frühem Mittelalter, Hg. W. SELLERT, 1992, 67-102. 11 WERNER, Adelsfamilien (wie § 2, Anm. 39); J. Fleckenstein, Adel und Krieger-
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Zur Vielfalt der Völker gehörten seit jeher auch sprachliche Unter schiede, wenngleich davon das Gemeinschaftsbewußtsein nicht haupt sächlich bestimmt wurde. Immerhin taucht 813 ein erster Beleg für die begriffliche Differenzierung von romanischer und germanischer Volkssprache (»rustica Romana lingua aut Thiotisca«) im Gegenüber zur Kirchen- und Schriftsprache Latein auf.12 Der Terminus theodiscus ist noch eine Generation älter und scheint in den Anfangsjahren Karls des Großen, vielleicht im Zusammenhang der Kontakte zum Papst, geschaffen worden zu sein, um die Sprache der Franken in lateinischem Kontext bezeichnen zu können. Das von germ. theoda abgeleitete Lehnwort bedeutete eigentlich »volkhaft«, wurde lediglich auf die Sprache bezogen und war insofern 786 auch auf das Angel sächsische anwendbar, ist aber bei insgesamt spärlicher Verwendung im 9. Jh. vorwiegend als Äquivalent für »fränkisch« gebraucht wor den, ebenso wie seine um 830 aufgekommene gelehrte Abwandlung zu teutonicus.13 Da beidem wohl die exakte volkssprachige Entspre chung fehlte, darf die Breitenwirkung dieser von jedem Einzelvolk abstrahierenden Begriffsbildung nicht überschätzt werden. Eine be dachtsame Förderung der Volkssprachen, zumal des Fränkischen, ist Karl dem Großen seit Einhards Bericht über seine Sorge um alte germanische Lieder und um einheimische Monats- und Windnamen immer wieder zugeschrieben worden, bleibt jedoch in ihrer Intensität und Wirkung zumindest undeutlich.14 Jedenfalls hatte die philologisch tum und ihre Wandlung im Karolingerreich (1981), zuletzt in: Ders., Ordnungen (wie § 1, Anm. 31), 287-306. I2MGH Conc. 2/1, 288 Z. 29 (Synode von Tours, 813); zu Romanisch und Latei nisch: M. Banniard, Viva voce, 1992; Ders., Seuils et frontières langagières dans la Francia romane du VIIIe siècle, in: Karl Martell (wie § 1, Anm. 6), 171-191. 131. Reiffenstein, Bezeichnungen der deutschen Gesamtsprache, in: Sprachge schichte, Hg. W. Besch u. a., Bd. 2, 1985, 1717-1727; H. Thomas, Der Ursprung des Wortes theodiscus, in: HZ 247, 1988, 295-331 ; Ders., frenkisk. Zur Geschich te von theodiscus und teutonicus im Frankenreich des 9. Jahrhunderts, in: Beiträge (wie § 2, Anm. 10), 67-95; J. Jarnut, Teotischis homines (a. 816) (1996), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 51-65; H. Jakobs, Theodisk im Fran kenreich, 1998. 14 K. Matzel, Karl der Große und die lingua theodisca, in: RhV 34, 1970, 172-189; M. Richter, Die Sprachenpolitik Karls des Großen, in: Sprachwissenschaft 7, 1982, 412-437; D. Geuenich, Die volkssprachige Überlieferung der Karolinger zeit aus der Sicht des Historikers, in: DA 39, 1983, 104-130; W. Haubrichs, Veterum regum actus et bella, in: Aspekte der Germanistik (Fs. H.-F. Rosenfeld), Hg. W. Tauber, 1989, 17^16.
§ 10 Landwirtschaft und Agrarverfassung
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zu erschließende Verfestigung der romanisch-germanischen Sprach grenze,15 u. a. durch allmähliches Erlöschen des sog. Westfränki schen,16 in der Karolingerzeit keine sichtbaren Folgen für die politi sche Geographie des Reiches. Die weitere Entwicklung zur »deut schen« Sprache nahm ihren Ausgang von den althochdeutschen Mundarten, die als Alemannisch und Bayerisch sowie als Fränkisch (Ostfränkisch, Rheinfränkisch, Südrheinfränkisch, Mittelfränkisch) in Erscheinung treten, und vom Altniederdeutschen, das vornehmlich vom Altsächsischen repräsentiert wird.17
§ 10
Landwirtschaft und Agrarverfassung
a) Die Produktion von Nahrungsmitteln und natürlichen Rohstoffen
Ackerbau und Weidewirtschaft prägten das Leben der weitaus mei sten Menschen des Karolingerreiches.1 Dies war wegen der geringen agrarischen Produktivität (mit Erträgen nur vom Doppelten oder Drei fachen der Aussaat) und wegen des mangelnden Potentials zum über regionalen Ausgleich von Emteeinbußen unumgänglich, konnte aber gleichwohl nicht verhindern, daß Versorgungskrisen recht häufig waren und auch schwere Hungersnöte auftraten.2 Der Bedarf der wachsenden Bevölkerung führte zu gesteigertem Getreideanbau, na mentlich von Gerste, Hafer, Roggen, Dinkel und (Nackt-)Weizen mit 15 H. Fehr, Romanisch-Germanische Sprachgrenze, in: RGA 25, 2003, 304-310. 16 R. Schützeichel, Die Grundlagen des westlichen Mitteldeutschen, 21976, 94ff.; A. Quak, Franken § 2, in: RGA 9, 1995, 374-381, bes. 378. 17 D. Geuenich, Soziokulturelle Voraussetzungen, Sprachraum und Diagliederung des Althochdeutschen, in: Sprachgeschichte (wie Anm. 13), 982-993; J. Hartig, Soziokulturelle Voraussetzungen und Sprachraum des Altniederdeutschen (Alt sächsischen), in: ebd., 1069-1074. Vgl. § 18, Anm. 2. 1 E. Ennen u. a., Deutsche Agrargeschichte, 1979, 128ff.; Rösener, Agrarwirt schaft (wie I, 10e), 3ff., 52ff.; Henning, Agrargeschichte (wie 1,10e), 18ff.; W. Schenk u. a., Landwirtschaft, in: RGA 18, 2001, 30-48. 2 M. Rouche, La faim à l’époque carolingienne: Essai sur quelques types de rations alimentaires, in: RH 250, 1973, 295-320, mit recht anfechtbaren Schlußfolgerun gen (vgl. G. Schmitz, Wucher in Laon, in: DA 37, 1981, 529-558); D. Lohr mann, La croissance agricole en Allemagne au Haut Moyen Age, in: La crois sance agricole au Haut Moyen Age, 1990, 103-115; M. Montanari, Der Hunger und der Überfluß, dt. 1993; M. N. Haidle, Hungersnöte, in: RGA 15, 2000, 243f.
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HI. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten.1 Dies machte, von We sten nach Osten voranschreitend, den Übergang zu geregelter Frucht folge in mehrjährigem Rhythmus erforderlich. Die spärlichen Früh belege für Dreifelderwirtschaft betreffen allerdings nur Alemannien, Bayern und Rheinfranken, so daß offen bleibt, ob sich der Wandel auch bereits auf die weiter nördlich und östlich gelegenen Land schaften erstreckte.* 4 Technische Verbesserungen, die sich allmählich ausbreiteten, waren der schwere Räderpflug, der Dreschflegel, der Einsatz von Pferden als Zugtieren und der Betrieb von Wassermüh len.5 Als besonders arbeitsintensive Sonderkulturen wurden vermehrt Gemüse- und Obstanbau betrieben mit der Folge, daß auch rechts rheinisch zuvor unbekannte Sorten wie Sauerkirsche, Pflaume, Pfir sich oder Aprikose seither nachzuweisen sind.6 Erst recht gilt das vom Weinbau, der sich schon wegen der kirchlichen Nachfrage nach Nor den und Osten auszudehnen begann.7 Große Bedeutung kam der Viehhaltung zu, die nicht nur den Fleisch- und Milchbedarf decken ’ M. Montanari, L’alimentazione contadina nell’ alto Medioevo, 1979; J.-P. DevR0EY, La céréaliculture dans le monde franc, in: L'ambiente vegetale nell’alto medioevo, 1990 (Sett.Cent.it. 37), 221-253; M. RÖSCH, Getreide, in: RGA 12, 1998, 4-11; M. Mitterauer, Roggen, Reis und Zuckerrohr, in: Saeculum 52, 2001, 245-265. 4 H. JÄGER, Bodennutzungssysteme (Feldsysteme) der Frühzeit, in: Untersuchungen zur eisenzeitlichen und frühmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nut zung, Hg. H. Beck u. a., Bd. 2, 1980, 197-228; H. Hildebrandt, Historische Feldsysteme in Mitteleuropa, in: Das Dorf am Mittelrhein, 1989 (Geschichtliche Landeskunde 30), 103-148; U. Willerding, Fruchtfolge, in: RGA 10, 1998, 133-138. 5 A. Steensberg, Agrartechnik der Eisenzeit und des frühen Mittelalters, in: Un tersuchungen (wie Anm. 4), 55-76; D. Löhrmann, Le moulin à eau dans le cadre de l’économie rurale de la Neustrie (VIT-IXC siècles), in: La Neustrie (wie § 2, Anm. 2), 367-404; D. Hägermann, Technik im frühen Mittelalter zwischen 500 und 1000, in: Propyläen-Technikgeschichte (wie I, 10d), Bd. 1, 315-505, bes. 351 ff., 380ff.; H. STEUER u. a., Kummet, in: RGA 17, 2001, 478-486; H. Beck u. a„ Pflug, in: RGA 23, 2003, 104-114. 6 U. Willerding, Anbaufrüchte der Eisenzeit und des frühen Mittelalters, in: Un tersuchungen (wie Anm. 4), 126-196; B. Andreolli, II ruolo dell’orticultura e della frutticultura nelle campagne dell’alto medioevo, in: L’ambiente (wie Anm. 3), 175-211; E. Meineke u. a., Fruchtbäume, in: RGA 10, 1998, 115-128; H. Beck u. a„ Obst und Obstbau, in: RGA 21, 2002, 517-523. 7 F. STAAB, Weinwirtschaft im früheren Mittelalter, insbesondere im Frankenreich und unter den Ottonen, in: Weinwirtschaft im Mittelalter, Hg. C. Schrenk, 1997, 29-76; Weinbau zwischen Maas und Rhein in der Antike und im Mittelalter, Hg. M. MATHEUS u. a., 1997; A. O. WEBER, Studien zum Weinbau der altbayerischen Klöster im Mittelalter, 1999.
§ 10 Landwirtschaft und Agrarverfassung
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sollte, sondern auch für Reit-, Zug- und Lasttiere sorgte und die Pro duktion von Wolle, Leder und Pergament erlaubte.8 Als Weiden dien ten eigens dafür reservierte Flächen sowie Brachland, vor allem aber der Wald,9 der zur Schweinemast unentbehrlich war und auch sonst eine hervorragende Rolle im Wirtschaftsleben spielte, denn dort ge wann man neben Honig und Wildfrüchten den Rohstoff Holz als das wichtigste Bau- und Brennmaterial und konnte feuerbetriebenen Ge werben wie der Metallverhüttung und der Glasherstellung nachge hen.1011 Gegen eine allzu drastische Rodung der Wälder sprach im übri gen auch das Bedürfnis nach der Jagd," die sich unter den Karolin gern immer mehr zu einem exklusiven Vorrecht von Königtum und Adel in abgegrenzten »Forsten« entwickelte.12 An eine spezifische Berechtigung gebunden war vielfach auch der Fischfang in Binnen gewässern,13 und als besonders einträgliches Geschäft wurde die Ge winnung von Salz stets im Auftrag der weltlichen und geistlichen Großen betrieben.14 8 W. C. Schneider, Animal laborans. Das Arbeitstier und sein Einsatz in Transport und Verkehr der Spätantike und des frühen Mittelalters, in: L’uomo di fronte al mondo animale nell’alto medioevo, 1985 (Sett.Cent.it. 31), 457-578; V. FumaGALL1, Gli animali e l’agricoltura, in: ebd., 579-609; M. Montanari, Gli animali e Talimentazione umana, in: ebd., 619-663; R. Delort, Les animaux et l’habillement, in: ebd., 673-700; E. Meineke u. a., Milch und Milcharten, in: RGA 20, 2002, 19-21; H. Reichstein, Rind, in: RGA 24, 2003, 638-640. 9 C. W1CKHAM, European Forests in the Early Middle Ages: Landscape and Land Clearance, in: L’ambiente (wie Anm. 3), 479-545; Der Wald in Mittelalter und Renaissance, Hg. J. Semmler, 1991; M. Montanari, La foresta come spazio economico e culturale, in: Uomo e spazio nell’alto medioevo, 2003 (Sett.Cent.it. 50), 301-340. 10 W. Haas, Holz und Architektur, in: L’ambiente (wie Anm. 3), 261-279; HäGERMANN, Technik (wie Anm. 5), 419ff.; U. WlLLERDlNG, Futterpflanzen, in: RGA 10, 1998, 276-286. 11 J. Jarnut, Die frühmittelalterliche Jagd unter rechts- und sozialgeschichtlichen Aspekten (1985), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 375-418; L. Fenske, Jagd und Jäger im früheren Mittelalter, in: Jagd und höfische Kultur im Mittelalter, Hg. W. RÖSENER, 1997, 29-93; B. BuLITTA u. a„ Jagd, in: RGA 16, 2000, 2-12. 12 T. ZOTZ, Beobachtungen zu Königtum und Forst im früheren Mittelalter, in: Jagd (wie Anm. 11), 95-122; S. Lorenz, Der Königsforst (forestis) in den Quellen der Merowinger- und Karolingerzeit, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 261-285; C. Dasler, Forst und Wildbann im frühen deutschen Reich, 2001. 13 A. Lampen, Fischerei und Fischhandel im Mittelalter, 2000, 81 ff. 14 H. Wanderwitz, Studien zum mittelalterlichen Salzwesen in Bayern, 1984; Hä germann, Technik (wie Anm. 5), 408 ff.
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
b) Die fränkische Grundherrschaft
Bäuerliches Leben und Arbeiten unter den Karolingern tritt uns in den Quellen vornehmlich im Rahmen größerer Betriebsformen entgegen, die mit dem modernen Begriff Grundherrschaft bezeichnet werden.15 Aus spätrömischen und germanischen Wurzeln und aus Vorformen der Merowingerzeit entwickelte sich die Grundherrschaft im 8. Jh. zwischen Seine und Rhein zu ihrer klassischen Gestalt, offenbar weil sie für die erforderliche Steigerung agrarischer Produktivität den gün stigsten Rahmen bot.16 Ihre Durchsetzung ist als Nivellierung her kömmlicher Unterschiede in sozialer, rechtlicher und regionaler Hin sicht sowie als Ausbreitung über die Francia hinaus, gerade auch ins rechtsrheinische Gebiet,17 zu verstehen. Das Grundmuster, das sich daraus ergab, beruhte auf dem engen Wechselverhältnis von Herren hof (villa oder curtis dominica) samt unmittelbar bewirtschaftetem »Salland« (terra indominicata) und den einzelnen Bauernstellen, die gegen die Verpflichtung zu Naturalabgaben und Arbeitsleistungen nach Leiherecht ausgegeben waren (bipartites System). Die Rechts formen der Leihe und demgemäß Art und Umfang der verlangten 15 D. Scheler, Grundherrschaft. Zur Geschichte eines Forschungskonzepts, in: Vom Elend der Handarbeit, Hg. H. Mommsen u. a., 1981, 142-157; K. Schreiner, »Grundherrschaft«. Entstehung und Bedeutungswandel eines geschichtswissen schaftlichen Ordnungs- und Erklärungsbegriffs, in: Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Hg. H. Patze, 1983, Bd. 1, 11-74; J. MÜLLER u. a., Grundherrschaft, in: RGA 13, 1999, 112-119; H.-W. GOETZ, Frühmittelalterliche Grundherrschaf ten und ihre Erforschung im europäischen Vergleich, in: Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs, Hg. M. Borgolte, 2001, 65-87; kritisch zur Terminologie: L. KUCHENBUCH, Potestas und Utilitas, in: HZ 265, 1997, 117-146. 16 A. VerhüLST, La genèse du régime domanial classique en France au haut moyen âge (1966), zuletzt in: Ders., Rural and Urban Aspects of Early Médiéval Northwest Europe, 1992, Nr. I; Ders., La diversité du régime domanial entre Loire et Rhin à l’époque carolingienne (1982), zuletzt in: ebd., Nr. III; Le grand domaine aux époques mérovingienne et carolingienne, Hg. A. Verhulst, 1985; Strukturen (wie § 1, Anm. 18); RöSENER, Agrarwirtschaft (wie I, 10e), 7 ff., 57 ff. 17 W. RÖSENER, Zur Struktur und Entwicklung der Grundherrschaft in Sachsen in karolingischer und ottonischer Zeit, in: Le grand domaine (wie Anm. 16), 173-207; A. VERHULST, Étude comparative du régime domanial classique à l’est et à l’ouest du Rhin à l’époque carolingienne (1988), zuletzt in: Ders., Rural and Urban (wie Anm. 16), Nr. IV; Ders., Die Grundherrschaftsentwicklung im ostfränkischen Raum vom 8. bis 10. Jahrhundert, in: Strukturen (wie § 1, Anm. 18), 29-46; K.-H. Spiess, Zur Wirtschafts- und Sozialstruktur der frühmittelalterlichen Grundherr schaft östlich des Rheines, in: HJLG 41, 1991, 265-276.
§ 10 Landwirtschaft und Agrarverfassung
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Dienste waren durchaus unterschiedlich, zielten aber jeweils darauf ab, einerseits Versorgung und Arbeitskraft am Herrenhof auch zu Zei ten des Spitzenbedarfs während der Feldbestellung und der Ernte zu gewährleisten, andererseits den abhängigen Bauern einen gewissen Lebensunterhalt zu sichern.18 Das dafür dauerhaft und faktisch erblich überlassene Land des Grundherrn brauchte keine zusammenhängende Einheit zu sein, sondern konnte je nach Nutzungsart verschiedene Felder, Weiden und Gerechtsame umfassen, die insgesamt die Über schüsse zur Entrichtung der Abgaben ermöglichen sollten. Ein derar tiger Teilbetrieb der Grundherrschaft erscheint in frühen Quellen des 8. Jh. als Hufe (hoba), wenn eher an die zum Unterhalt einer Bauern familie erforderliche Fläche gedacht war, und heißt mansus, wo die aus dem Herrenland ausgegliederte Hofstatt des Beliehenen betont und dessen spezifische Rechtsqualität differenziert werden soll (man sus ingenuilis, mansus servilis).19 Daß beide Termini bald austausch bar wurden, zeigt neben anderem einen Zug zur Vereinheitlichung an, bei der die funktionelle Ähnlichkeit aller Hörigen (Grundholden, Hin tersassen) im Dienst-, Schutz- und Herrschaftsverhältnis zu ihrem Grundherrn wesentlicher wurde als angestammte Unterschiede der persönlichen Rechtsstellung.20 Auf der untersten Stufe standen die auf dem Herrenhof selbst untergebrachten unfreien Knechte und Mägde (servi non casati, mancipia), die der herrschaftlichen Verfügungsge walt am stärksten unterworfen waren, dabei aber auch manche Chan ce zum sozialen Aufstieg, z. B. durch Wachdienst, Handel oder spe zielle Fertigkeiten, hatten.21 18 K. O. SCHERNER, Ut propriam familiam nutriat. Zur Frage der sozialen Sicherung in der karolingischen Grundherrschaft, in: ZRG GA 111, 1994, 330-362 (skep tisch); Y. Morimoto, »In ebdomada operatur, quicquit precipitur ei«. Service arbitraire ou service hebdomadaire?, in: Peasants & Townsmen in Médiéval Eu rope (Fs. A. Verhulst), Hg. J.-M. DUVOSQUEL u. a., 1995, 347-362; R. Le Jan, Entre maîtres et dépendants: réflexions sur la famille paysanne en Lotharingie, aux IXe et Xe siècles, in: Campagnes médiévales: l’homme et son espace (Fs. R. Fossier), Hg. E. MORNET, 1995, 277-296. 19 W. Schlesinger, Hufe und Mansus im Liber donationum des Klosters Weißen burg (1976), zuletzt in: DERS., Ausgewählte Aufsätze (wie § 4, Anm. 1), 543-585; Ders., Die Hufe im Frankenreich (1979), zuletzt in: ebd., 587-614; J. Durliat, Le manse dans le Polyptyque d’Irminon: nouvel essai d’histoire quantitative, in: La Neustrie (wie § 2, Anm. 2), 467-504; D. Hägermann u. a., Hufe, in: RGA 15, 2000, 186-192. 20 G. VON OLBERG, Hörige, in: RGA 15, 2000, 55-58. 21 H.-W. Goetz, Serfdom and the beginnings of a »seigneurial System« in the Ca-
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714-887)
Seit der Mitte des 8. Jh. ist ein starkes Anwachsen der Grundherr schaften in Händen des Königtums, großer Adelsfamilien und kirch licher Institutionen zu beobachten, die parallel zur Expansion des Rei ches weitverstreuten Besitz mit verschiedenartigen Nutzungsformen (z. B. Weinbau) erwarben. Die dazugehörenden Fronhöfe wurden nicht vom Grundherrn selbst bewohnt und bewirtschaftet, sondern von dessen Verwalter (villicus, Meier), der seine Aufgabe im Rahmen des umfassenden Domanialverbandes erfüllte (Villikationssystem), was freilich rechtsrheinisch vorerst nur sporadisch in Erscheinung trat.*22 Dabei erstreckte sich das Wirtschaften über die eigentliche Agrarproduktion hinaus auch auf das Transportwesen und alle not wendigen handwerklichen Tätigkeiten (Müller, Bäcker, Gerber, Schmiede, Töpfer u. ä.),23 in speziellen Arbeitshäusern für Frauen (Gynaeceen) auch auf die Textilherstellung und -Verarbeitung,24 so daß ein weithin autarker Organismus entstand, der für den eigenen Bedarf kaum auf einen Markt angewiesen war, wohl aber selber einen Markt beliefern konnte.25 Die gewachsenen Größenordnungen erforrolingian period, in: Early Medieval Europe 2, 1993, 29-51; P. Neumeister, Be obachtungen und Überlegungen zur Ministerialität des 9., 10. und 11. Jahrhun derts, in: ZfG 43, 1995, 421-432. Vgl. § 12, Anm. 34. 22 Fallstudien: L. Kuchenbuch, Bäuerliche Gesellschaft und Klosterherrschaft im 9. Jahrhundert, 1978 (über Prüm); C. Dette, Die Grundherrschaft Weißenburg im 9. und 10. Jahrhundert im Spiegel ihrer Herrenhöfe, in: Strukturen (wie § 1, Anm. 18), 181-196; H.-W. Goetz, Beobachtungen zur Grundherrschaftsentwicklung der Abtei St. Gallen vom 8. zum 10. Jahrhundert, in: ebd., 197-246; U. WEIDINGER, Untersuchungen zur Wirtschaftstruktur des Klosters Fulda in der Karolingerzeit, 1991. 23 W. JANSSEN, Gewerbliche Produktion des Mittelalters als Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum, in: Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, Hg. H. Jankuhn u. a., Bd. 2, 1983, 317-394; F. Schwind, Zu karolingerzeitlichen Klö stern als Wirtschaftsorganismen und Stätten handwerklicher Tätigkeit (1984), in: Ders., Burg, Dorf, Kloster, Stadt, 1999, 445-473; S. Lebecq, The Role of the Monasteries in the Systems of Production and Exchange of the Frankish World between the Seventh and the Beginning of the Ninth Centuries, in: The Long Eighth Century, Hg. I. L. Hansen u. a., 2000, 121-148. 24 L. KUCHENBUCH, Opus feminile, in: Weibliche Lebensgestaltung im frühen Mit telalter, Hg. H.-W. Goetz, 1991, 139-175; H. Röckelein, Frauen auf dem Land im frühen und hohen Mittelalter im Spiegel der Grundherrschaften Werden a. d. Ruhr und Essen, in: Vergessene Frauen an der Ruhr, Hg. B. Lundt, 1992, 17-50. 25 W. Bleiber, Grundherrschaft und Markt zwischen Loire und Rhein während des 9. Jahrhunderts, in: JWG 1983/3, 105-135; F. IRSIGLER, Grundherrschaft, Handel und Märkte zwischen Maas und Rhein im frühen und hohen Mittelalter, in: Grund herrschaft und Stadtentstehung am Niederrhein, Hg. K. Flink u. a., 1989, 52-78.
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denen schon zur Zeit Karls des Großen schriftliche Unterlagen der Betriebsführung, die uns im Falle ihrer Überlieferung wertvollen Ein blick in Verteilung und Erträge der Arbeit gestatten.26 Am besten bekannt sind die königlichen fisci,27 die in zahlreichen Urkunden als Schauplätze und Objekte herrscherlicher Entscheidungen begegnen und in ihrer Verwaltung und Bewirtschaftung generellen Anweisun gen unterlagen; hervorzuheben ist das gegen 800 verkündete Capitu lare de villis mit genauen Regelungen über Ausstattung, Ablieferun gen und Rechnungsführung der Domänen, was indes als normative Reaktion auf Mißstände und kaum als Modell der Wirklichkeit auf zufassen ist.28 Geistliche Grundherrschaften, die aus vielen Schenkun gen und Vermächtnissen zusammenwuchsen, waren wohl besonders durch ihre Streulage benachteiligt und bedurften einer zielstrebigen Arrondierungspolitik zum Aufbau des Villikationssystems;29 gegen laikale Übergriffe sollte sie die Immunität schützen, die auf königli cher Verleihung beruhte (§ 14). Erst dadurch wurde eine Gleichstel lung mit den Grundherrschaften des Adels erreicht, die eine solche Autonomie durchweg von sich aus beanspruchten, in ihrer Ausdeh nung und Ertragskraft aber nur ausnahmsweise faßbar sind.30
26 R. Fossier, Polyptyques et censiers, 1978; J.-P. Devroey, Polyptyques et fiscalité ä l’époque carolingienne, in: RBPH 63, 1985, 783-794; vgl. III, 2 b. - K. Elms häuser u. a., Studien zum Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés, 1993; vgl. auch § 1, Anm. 18. 27 T. Zotz, Beobachtungen zur königlichen Grundherrschaft entlang und östlich des Rheins vornehmlich im 9. lahrhundert, in: Strukturen (wie § 1, Anm. 18), 74-125; Ders., Königshof, in: RGA 17, 2001, 126-128. 28 MGH Capit. 1, 82ff. Nr. 32 und Faks.-Ausg. C. BRÜHL, 1971; vgl. A. Tautscher, Betriebsführung und Buchhaltung in den karolingischen Königsgütem nach dem Capitulare de villis, in: VSWG 61, 1974, 1-28; W. Metz, Capitulare de villis, in: RGA 4, 1981, 339 f. 29 W. Metz, Zu Wesen und Struktur der geistlichen Grundherrschaft, in: Nascita (wie § 2, Anm. 14), 147-169; L. KUCHENBUCH, Die Klostergrundherrschaft im Frühmittelalter, in: Herrschaft und Kirche (wie § 2, Anm. 7), 297-343; D. HÄGERMANN, Der Abt als Grundherr, in: ebd., 345-385; W. StÖrmer, Frühmittelal terliche Grundherrschaft bayerischer Kirchen (8. bis 10. Jahrhundert), in: Struk turen (wie § 1, Anm. 18), 370-410; J.-P. Devroey, »Ad utilitatem monasterii«, in: RevBén 103, 1993, 224-240. W. Rösener, Strukturformen der adeligen Grundherrschaft in der Karolingerzeit, in: Strukturen (wie § 1, Anm. 18), 126-180.
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c) familia und Dorf
Die Ausbreitung der Grundherrschaft geschah sichtlich auf Kosten des freien Bauerntums, das in unseren Quellen meist nur indirekt in Erscheinung tritt und im 9. Jh. bereits des ausdrücklichen Schutzes durch Könige und Synoden bedurfte.31 Soweit sich der Übergang in einen Domanialverband nicht überhaupt gewaltsam vollzog, gab es verschiedene Formen der Landleihe (Prekarie), bei denen freies Eigen eingebracht werden konnte, um dem bisherigen Besitzer den Rückhalt an einer großen Grundherrschaft zu verschaffen. Die wachsende Zahl der Hintersassen war nicht bloß ökonomisch vom Grundherrn abhän gig, sondern auch nach (vorerst mündlichem) Hofrecht seinen Wei sungen und im Streitfall seiner Gerichtsbarkeit unterworfen.32 Dabei war vieles durch alte Gewohnheit und fixierte Anforderungen fest gelegt, doch blieb auch willkürliche Bedrückung nicht aus.33 Die Gesamtheit der Grundholden eines Herrn bildete dessen familia und entwickelte mit der Zeit genossenschaftliches Bewußtsein.34 Sie grup pierte sich um die Herrenhöfe und war als wirtschaftlich-soziale Ein heit keineswegs immer identisch mit dem Siedlungsverband eines Dorfes, da sich herausgestellt hat, daß zumal an alten Orten etliche Grundherren mit ihren Hintersassen Anteil haben konnten.35 Die ver31 J. Fleckenstein, Zur Frage der Abgrenzung von Bauer und Ritter (1975), zuletzt in: Ders., Ordnungen (wie § 1, Anm. 31), 307-314; W. Rösener, Bauern im Mittelalter, 1985, 18ff.; F. J. FELTEN, Konzilsakten als Quellen für die Gesell schaftsgeschichte des 9. Jahrhunderts, in: Herrschaft, Kirche, Kultur (Fs. F. Prinz), Hg. G. Jenal, 1993, 177-201. 32 K. Kroeschell, Haus und Herrschaft im frühen deutschen Recht (1968). zuletzt in: Ders., Studien zum frühen und mittelalterlichen deutschen Recht. 1995, 113-155; J. WEITZEL, Dinggenossenschaft und Recht, 1985, 662ff.; O. G. Oexle, Haus und Ökonomie im früheren Mittelalter, in: Person und Gemeinschaft im Mittelalter (Fs. K. Schmid), Hg. G. Althoff u. a., 1988, 101-122; U. Meyer, Soziales Handeln im Zeichen des »Hauses«, 1998. 33 H. Vollrath, Herrschaft und Genossenschaft im Kontext frühmittelalterlicher Rechtsbeziehungen, in: HJb 102, 1982, 33-71; H.-W. Goetz, Herrschaft und Recht in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft, in: ebd. 104, 1984, 392-410. 34 K. Bosl, Die »familia« als Grundstruktur der mittelalterlichen Gesellschaft, in: ZBLG 38, 1975, 403^424; M. HEINZELMANN, Beobachtungen zur Bevölkerungs struktur einiger grundherrschaftlicher Siedlungen im karolingischen Bayern, in: FMASt 11, 1977, 202-217; C. I. Hammer, Family and familia in early-medieval Bavaria, in: Family forms in historic Europe, Hg. R. Wall, 1983, 217-248. 35 F. Schwind, Beobachtungen zur inneren Struktur des Dorfes in karolingischer Zeit (1977), zuletzt in: Ders., Burg, Dorf (wie Anm. 23), 391^444; W. RÖSENER,
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bindliche Regelung der gleichmäßigen Feldbestellung im sog. Flur zwang und die gemeinsame Nutzung der Allmende (an Wald, Weide und Gewässern) blieb nachbarschaftlicher Absprache überlassen. Ent gegen älterer Auffassung reicht die Rechtsgeschichte des Dorfes of fenbar nicht über das grundherrschaftliche Zeitalter zurück.36
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a) Die Konsolidierung auf römischem Boden Siedlungen, die keinen ausschließlich agrarischen Zuschnitt hatten, waren im Karolingerreich selten.1 Ganz überwiegend befanden sie sich auf einst römischem Boden als Überreste der Antike, denn trotz des Verlusts jeder rechtlichen Sonderstellung, trotz aller Schrumpfung durch Zerstörung und Verfall hatten sich die alten civitates dank ihrer Lage an traditionellen Verkehrswegen und ihren leidlich bewahrten Befestigungen durchweg als kirchliche und administrative Mittel punkte behauptet. Sie verfügten über Reste öffentlicher Gebäude, die der Repräsentation der Herrscher und der Amtsführung ihrer Beauf tragten dienen konnten,* 12 wiesen vielfach auch eine Münzstätte auf, zogen Handel und Gewerbe an und gewannen durch ihre Bischöfe zusätzliche zentrale Bedeutung für das Umland. In ausgeprägter Wei se galt dies für Italien und den romanischen Süden Galliens, in abge schwächter Form aber auch für die Francia bis an das linke Rhein ufer.3 In Köln, Trier, Metz, Mainz und Worms, wo die Karolinger Strukturen und Wandlungen des Dorfes in Altsiedellandschaften, in: SAAG 17, 1999, 9-28. 36 K. S. Bader, Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes, Bd. 1-3, 1957-73; Die Anfänge der Landgemeinde und ihr Wesen, Bd. 1-2, 1964 (Vorträge und Forschungen 7-8); L. Genicot, Rural Communities in the Medieval West, 1990; H. Schulte-NöLKE, Markgenossenschaft, in; RGA 19, 2001, 285-288. 1 W. Schlesinger, Über mitteleuropäische Städtelandschaften der Frühzeit (1957), zuletzt in: Die Stadt des Mittelalters (wie I, 10f), Bd. 1, 239-273; Ennen, Stadt (wie I, 10f), 31 ff., 51 ff.; E. Pitz, Europäisches Städtewesen und Bürgertum, 1991, 98ff.; A. Verhulst, Roman cities, emporia and new towns (sixth - ninth centuries), in: Long Eighth Century (wie § 10, Anm. 23), 105-120; R. HODGES, Towns and Trade in the Age of Charlemagne, 2000. 2 C. Brühl, Palatium und Civitas, Bd. 1: Gallien, 1975; Bd. 2: Germanien (wie § 5, Anm. 6). 3 Ewig, Mittelalter (wie § 2, Anm. 36), 149-156; A. Verhulst, Zur Entstehung der
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noch Pfalzbauten unterhielten, war jeweils nur ein Bruchteil des von der Römermauer umschlossenen Areals besiedelt, doch breiteten sich im Vorfeld neue Quartiere um suburbane Basiliken aus.4 Hinweise auf Märkte und zumindest einzelne ansässige Kaufleute finden sich im 9. Jh. nicht nur an diesen Bischofssitzen, sondern auch an kleineren Kastellorten der Römerzeit (wie Xanten, Neuss, Bonn, Andernach, Koblenz, Boppard), deren Schwerpunkt sich mitunter zu Stifts- und Klosterkirchen vor ihren Mauern verschob.5 Im alemannisch-bayeri schen Raum regenerierte sich städtisches Leben bei analogen Aus gangsbedingungen weit spärlicher und blieb im wesentlichen auf Bi schofssitze wie Straßburg, Augsburg, Regensburg und Salzburg be schränkt, die sämtlich in ihren mittelalterlichen Namen den Charakter als »Burg« hervorkehren. Daneben sind auch Basel, Konstanz, Frei sing und Passau zu nennen, ferner als befestigte Siedlungen mit rö mischer Vergangenheit Plätze wie Zürich, Bregenz, Rottweil oder Kempten.6 Westlich des Rheins und südlich der Donau traf man im übrigen kommerzielle und gewerbliche Tätigkeit nicht allein an alten Städte in Nordwest-Europa (1986), zuletzt in: Anfänge des Städtewesens an Schel de, Maas und Rhein bis zum Jähre 1000, Hg. A. Verhulst, 1996, 361-385; R. Kaiser, Civitas und Bischofssitz im westfränkisch-französischen Reich, in: Stadt kernforschung, Hg. H. JÄGER, 1987, 247-278; S. Lebecq, Le devenir économique de la cité dans la Gaule des Ve-IXe siècles, in: La fin de la cité antique et le début de la cité médiévale, Hg. C. Lepelley, 1996, 287-309. “Neuere Einzeldarstellungen: E. Ennen, Kölner Wirtschaft im Früh- und Hoch mittelalter, in: Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft, Bd. 1, Hg. H. Kellenbenz, 1975, 87-193 (ergänzend: W. Eck u. a., Köln, in: RGA 17, 2001, 88—102); H. H. Anton, Trier vom Beginn des 6. bis zum Ende des 8. Jahrhunderts, in: Trier im Mittelalter, Hg. H. H. Anton u. a„ 1996, 22-67, bes. 50ff.; N. Gauthier, Metz, in: Topographie chrétienne des cités de la Gaule des origines au milieu du VIIIe siècle, Hg. N. Gauthier u. a., Bd. 1, 1986, 33-53; F. Staab, Mainz vom 5. Jahrhundert bis zum Tod des Erzbischofs Willigis (407-1011), in: Mainz. Die Geschichte der Stadt, Hg. F. Dumont u. a., 1998, 71-107, bes. 80ff.; H. Büttner, Zur Stadtentwicklung von Worms im Früh- und Hochmittelalter, in: Aus Ge schichte und Landeskunde (Fs. F. Steinbach), 1960, 389^107. ’ H. Borger, Bemerkungen zu den »Wachstumsstufen« einiger mittelalterlicher Städte im Rheinland, in: Landschaft und Geschichte (Fs. F. Petri), Hg. G. Droege u. a„ 1970, 52-89; D. Flach, Fiskalkapelle, Pfalzkapelle und Pfarrkirche, in: Deutsche Königspfalzen, Bd. 4, Hg. L. Fenske, 1996, 13-52. 6J. Sydow, Städte im deutschen Südwesten, 1987, 15ff.; H. DOPSCH, Zur topo graphischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Struktur bayerischer Bischofsstäd te, in: Vom Ursprung der Städte in Mitteleuropa, Hg. C. Rohr, 1999, 61-102; W. STÜRMER, Präurbane Siedlungen und zentrale Orte im früh- und hochmittelalter lichen Bayern, in: ebd., 103-125.
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Orten an, denn daneben gewannen auch die ländlichen Zentren großer Grundherrschaften wie Königspfalzen (Aachen, Nimwegen, Ingel heim u. a.) und zumal Klöster (Saint-Denis, Stablo, Saint-Hubert u. a.) wachsende Bedeutung als Stätten der Warenproduktion und des Warenaustauschs. 7 Die zunehmende Verlagerung der Transporte auf die Wasserwege ließ Hafenorte (portus) an Rhein, Maas und Schelde zu wichtigen Stapel- und Handelsplätzen werden.8 Nicht selten lag darin der Kem zu späterer städtischer Entwicklung, vor allem wenn seit der zweiten Hälfte des 9. Jh. die Erteilung eines königlichen Marktprivilegs hinzukam.910
b) Die neuen Ansätze rechts des Rheins Auch die im antiken Sinne städtelosen Räume Mitteleuropas, die sich römischer Herrschaft entzogen hatten, wiesen im 8./9. Jh. einzelne Orte auf, die sogar hauptsächlich vom Handel lebten, und zeigen ge nerell Ansätze zu einer ökonomischen Differenzierung der Siedlungen nach Art des übrigen Frankenreiches.11’ Im Vordergrund standen zu nächst die in Küstennähe gelegenen Emporien wie Quentovic (Picar die), Dorestad zwischen Rhein und Lek oder später Haithabu (§ 8), die in den Quellen als portus oder vicus erscheinen, was mißverständ7 Bleiber, Grundherrschaft (wie § 10, Anm. 25); Irsigler, Grundherrschaft (wie § 10, Anm. 25); J.-P. Devroey, Courants et réseaux d’échange dans l’économie franque entre Loire et Rhin, in: Mercati et mercanti nell’alto medioevo: l’area euroasiatica et l’area mediterránea, 1993 (Sett.Cent.it.40), 327-389. 8 D. Ellmers, Die Rolle der Binnenschiffahrt für die Entstehung der mittelalterli chen Städte, in: Frühgeschichte der europäischen Stadt, Hg. H. Brachmann u. a., 1991, 137-147; K. Elmshäuser, Facit navigium. Schiffahrt auf Seine, Marne, Mosel und Rhein in Quellen zur frühmittelalterlichen Grundherrschaft, in: Häfen (wie § 8, Anm. 3), 22-53. 9 W. Schlesinger, Der Markt als Frühform der deutschen Stadt, in: Vor- und Frühformen der europäischen Stadt im Mittelalter, Hg. H. JANKUHN u. a., Bd. 1, 1973, 262-293; M. Rouche, Marchés et marchands en Gaule du Ve au Xe siècle, in: Mercati (wie Anm. 7), 395-434; C. Reichmann, Markt, in: RGA 19, 2001, 324-329. 10 W. Schlesinger, Städtische Frühformen zwischen Rhein und Elbe (1958), zuletzt in: Ders., Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters, Bd. 2, 1963, 148-212; W. Janssen, The Origins of the Non-Roman Town in Germany, in: The Comparative History of Urban Origins in Non-Roman Europe, Hg. H. B. Clarke u. a., 1985, 217-235; Burg - Burgstadt - Stadt, Hg. H. Brachmann, 1995; H. STEUER, The Beginnings of Urban Economies Among the Saxons, in: The Continental Saxons (wie § 7, Anm. 3), 159-192.
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lieh mit dem niederdeutschen Wort Wik gleichgesetzt worden ist." Sie waren erstrangige Umschlagplätze für den Seehandel mit England und Skandinavien und demgemäß Treffpunkte der Kaufleute, hatten aber auch eine ansässige, gewerblich tätige Bevölkerung.11 12 Dem Druck der Normannen waren diese reichen, jedoch ziemlich unge schützten Orte auf die Dauer nicht gewachsen, so daß sie nach kurzer Blüte alle im 9. Jh. raschem Niedergang anheimfielen. Zukunftsträch tiger waren Siedlungen im Binnenland, die ihrem Umfeld eine Befe stigung voraushatten.13 Darunter befanden sich vorfränkische Zentral orte wie Erfurt und Würzburg, die von Bonifatius zu Bischofssitzen erwählt wurden (§ 4), vor allem aber fränkische Stützpunkte, die im Zuge der karolingischen Expansion angelegt worden waren, wie die hessische Büraburg, wie Münster und Paderborn, Bremen und Ham burg an wichtigen Plätzen des Sachsenlandes, ferner die im Diedenhofener Kapitular (805) genannten Stätten des Grenzhandels mit den Slawen von Bardowick nahe der Unterelbe bis Lorch an der Donau.14 Selbst bei kleineren Befestigungen wie der alten Eresburg entstand ein suburbium, das Handwerker und Händler aufgenommen haben dürfte.15 Ähnlich wie links des Rheins kam bald eine entsprechende Sogwirkung von Königspfalzen (z. B. Frankfurt, Forchheim) und von Klöstern (z. B. Fulda, Werden, Corvey) hinzu, so daß sich auch in diesen Landschaften noch unter den späten Karolingern ein gewisses 11 G. KÖBLER, Civitas und vicus, bürg, stat, dort" und wik, in: Vor- und Friihformen (wie Anm. 9), Bd. 1, 61-76; L. Schütte, Wik, 1976; H. Steuer, Ports of Trade, in: RGA 23, 2003, 292-298. 12 A. C. F. KOCH, Phasen in der Entstehung von Kaufmannsniederlassungen zwi schen Maas und Nordsee in der Karolingerzeit, in: Landschaft und Geschichte (wie Anm. 5), 312-324; R. HODGES, Dark Age Economics. The Origins of Towns and Trade A. D. 600-1000, 1982, 47ff.; Archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen an ländlichen und friihstädtischen Siedlungen im deutschen Kü stengebiet, Bd. 2: Handelsplätze des frühen und hohen Mittelalters, Hg. H. Jankuhn u. a., 1984; H. Tiefenbach u. a., Dorestad, in: RGA 6, 1986, 59-82; S. Lebecq, Quentovic, in: RGA 24, 2003, 29-32, zu Haithabu vgl. § 8, Anm. 21. 13 H. Ebner, Die Burg als Forschungsproblem mittelalterlicher Verfassungsge schichte, in: Burgen (wie § 1, Anm. 30), 11-82, bes. 70ff.; W. Janssen, Die Bedeutung der mittelalterlichen Burg für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, in: Handwerk (wie § 10, Anm. 23), 261-316; M. Porsche, Stadt mauer und Stadtentstehung, 2000. 14 K. Brunner, Diedenhofener Kapitular, in: RGA 5, 1984, 407f.; W. Hübener, Die Orte des Diedenhofener Capitulars von 805 in archäologischer Sicht, in; Jahres schrift für mitteldeutsche Vorgeschichte 72, 1989, 251-266. 15 H. Stoob, Marsberg, 1979 (Deutscher Städteatlas, Lieferung II/9).
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Netz von Marktorten bildete, die zumindest teilweise auch mit Münz recht ausgestattet wurden.16 Der vermehrte Burgenbau seit der Mitte des 9. Jh. ließ weitere Kristallisationskeme für größere Siedlungen entstehen.17
c) Binnen- und Außenhandel, Kaufleute Die Intensität des Warenverkehrs im karolingischen Frankenreich ist lange unterschätzt und einseitig nach der Spärlichkeit der Städte be urteilt worden.18 Tatsächlich jedoch hatten die großen Grundherr schaften, zumal die kirchlichen, für die Versorgung mit Massengütern wie Getreide, Fleisch, Wolle, Wein, Salz u. ä., aber auch mit den gewerblichen Erzeugnissen ihrer Töpfer, Schmiede oder Weber eine beträchtliche Bedeutung, die sich nicht bloß auf die Produktion ver käuflicher Überschüsse, sondern auch auf deren Verbreitung und den Absatz auf kleinen und großen Märkten erstreckte; in Notzeiten konn te daraus ein drückendes ökonomisches Übergewicht werden.19 Diese händlerische Tätigkeit war vielfach spezialisierten Hörigen übertra gen, die im Dienst und unter dem Schutz ihrer privilegierten Grund herren auftraten.20 Eine höhere Stufe repräsentieren Kaufleute, die mit einer Schutzurkunde des Königs und weiteren Vorrechten ausgestattet waren, um neben der Belieferung des Hofes und anderen Auftrags geschäften auch auf eigene Rechnung hochwertige Güter aus entfern teren Gegenden zu beschaffen.21 Ihr Aktionsradius endete nicht unbe dingt an den Reichsgrenzen, überschnitt sich also teilweise mit dem 16 Schlesinger, Markt (wie Anm. 9); F. Hardt-Friederichs, Markt, Münze und Zoll im ostfränkischen Reich bis zum Ende der Ottonen, in: BDLG 116, 1980, 1-31; H. Brachmann, Der Markt als Keimform der mittelalterlichen Stadt, in: Frühgeschichte (wie Anm. 8), 117-130. 17 Verhulst, Entstehung (wie Anm. 3), 375ff.; vgl. § 18, Anm. 13. 18 P. Johanek, Der fränkische Handel der Karolingerzeit im Spiegel der Schriftquel len, in: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa, TI. 4, Hg. K. DÜwel u. a., 1987, 7-68; H. Beck u. a., Handel, in: RGA 13, 1999, 497-593, bes. 557ff., 579ff.; M. McCormick, Origins of the European Economy, 2001, 571 ff.; O. Bruand, Voyageurs et marchandises aux temps carolingiens, 2002. 19 Schmitz, Wucher (wie § 10, Anm. 2); H. S1EMS, Handel und Wucher im Spiegel frühmittelalterlicher Rechtsquellen, 1992, 717 ff. 20 Vgl. § 10, Anm. 25. 21 D. Claude, Hofkaufleute im Frühmittelalter, in: Akten (wie §1, Anm. 27), 403-409.
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des »internationalen« Femhandels, der das Frankenreich in die da malige Weltwirtschaft einbezog. Wachsendes Gewicht erlangte dabei der von Friesen und Skandinaviern dominierte Warenverkehr mit den Ländern des Nordens und des Ostens, durch den Pelze und Wachs gegen Tuche, Wein, Glas, Keramik und Waffen erworben wurden.22 Eher erschwert gegenüber der Merowingerzeit erscheint der Handel mit der östlichen Mittelmeerwelt, der in Gallien nicht mehr von ori entalischen Kaufleuten, aber von unter Königsschutz stehenden Juden getragen war und meist über Italien oder das islamische Spanien sei nen Weg nahm; dem traditionellen Import von Gewürzen, Seide und anderen Luxuswaren stand eine ähnliche Ausfuhr wie in den Ostsee raum gegenüber.23 Beide Wirtschaftsräume verband, vermutlich seit dem späten 8. Jh., ein lebhafter Transithandel mit ungetauften Skla ven, die aus Osteuropa über fränkische Umschlagplätze (wie Mainz oder Verdun) nach Spanien verbracht wurden, offensichtlich mit Ge winnspannen, gegen die im Frankenreich kein kirchliches Exportver bot ankam.24 Daß Femhändler auf gefahrvoller Fahrt gegenseitig Schutz und Hilfe suchten, ist ohne weiteres anzunehmen, doch scheint die Vorstellung von förmlichen Kaufmannsgilden zur Karolingerzeit nicht hinreichend begründet zu sein.25 22 H. STEUER, Der Handel der Wikingerzeit zwischen Nord- und Westeuropa auf grund archäologischer Zeugnisse, in: Untersuchungen (wie Anm. 18), 113-197; C. Warnke, Der Handel mit Wachs zwischen Ost- und Westeuropa im frühen und hohen Mittelalter, in: ebd., 545-569; Lebecq, Marchands (wie § 3, Anm. 4); Ders., Les marchands au long cours et les formes de leur organisation dans l’Eu rope du nord et du nord-ouest au VIF-XF siècles, in: Voyages et voyageurs (wie § 2, Anm. 18), 321-337; U. NAsman, Exchange and Politics: The Eighth-Early Ninth Century in Denmark, in: Long Eighth Century (wie § 10, Anm. 23), 35-68. 23 La navigazione mediterránea nell’alto medioevo, 1978 (Sett.Cent.it. 25); D. Clau de, Der Handel im westlichen Mittelmeer während des Frühmittelalters, 1985; M. Tangheroni, Commercio e navigazione nel medioevo, 1996, 73ff.; J.-P. DevROEY, Juifs et Syriens. A propos de la géographie économique de la Gaule au haut Moyen Age, in: Peasants & Townsmen (wie § 10, Anm. 18), 51-72. 24 C. VERLINDEN, Wo, wann und warum gab es einen Großhandel mit Sklaven wäh rend des Mittelalters?, 1970; L. Falck, Mainz im frühen und hohen Mittelalter, 1972, 50; J. Henning, Gefangenenfesseln im slawischen Siedlungsraum und der europäische Sklavenhandel im 6. bis 12. Jahrhundert, in: Germania 70, 1992, 403-426; F. G. Hirschmann, Verdun im hohen Mittelalter, 3 Tie., 1996, 304 ff.; McCORMICK, Origins (wie Anm. 18), 741 ff. 25 O. G. Oexle, Gilden als soziale Gruppen in der Karolingerzeit, in: Das Handwerk (wie § 10, Anm. 23), Bd. 1, 1981, 284-354, bes. 348ff.; F. Irsigler, Zur Pro blematik der Gilde- und Zunftterminologie, in: Gilden und Zünfte, Hg. B. SchwiNEKÖPER, 1985, 53-70; O. G. Oexle u. a., Gilde, in: RGA 12, 1998, 102-108.
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d) Karolingische Wirtschafts- und Geldpolitik
Wenn auch ohne eine konsistente theoretische Grundlage, griffen ka rolingische Herrscher vielfältig ins Wirtschaftsleben ein.26 Den Han del beschränkten Ausfuhrverbote für Waffen und restriktive Bestim mungen über den Verkauf von Unfreien; immerhin zeugt das erwähn te Diedenhofener Kapitular mit seiner Aufzählung der grenznahen Marktorte, an denen der Warenverkehr mit den Slawen überwacht werden sollte, vom bedachtsamen Versuch, eine Embargopolitik auch durchzusetzen.27 Beständigere Aufmerksamkeit galt der Zollerhebung als einem hergebrachten Hoheitsrecht, das den Handel für das König tum nutzbar machen sollte.28 Soweit Verkehrszölle gefordert wurden, dienten sie, wenigstens dem Anspruch nach, dem Unterhalt von We gen, Brücken, Häfen u. ä., während Marktzölle, die aus dem Güter austausch selbst erwuchsen, als Entgelt für Veranstaltung und Schutz des Marktes betrachtet wurden und im weiteren Verlauf des 9. Jh. eine königliche Aufsicht anbahnten.29 Zahlreiche Zollbefreiungen durch Verordnungen und Urkunden der Herrscher suchten den Trans port von Eigenbedarf gegenüber dem Handelsverkehr zu begünstigen und kamen zumal den kirchlichen Institutionen zugute, die dank ge steigerter Ertragslage imstande waren, auch karitativ in ihrem Umfeld zu wirken. Auf Abwehr elementarer Not zielten ferner die von Karl dem Großen mehrfach gegen »Wucher« verfügten Höchstpreisbestim mungen.30 Da zumindest der Handel größeren Stils nur mit gemünztem Edel metall abzuwickeln war, andererseits aber im bäuerlich-grundherr schaftlichen Bereich der Austausch von Naturalien geherrscht haben 26Johanek, Handel (wie Anm. 18); D. Hägermann, Die rechtlichen Grundlagen der Wirtschaftsentwicklung im Nordwesten des fränkischen Reiches, in: La Neustrie (wie § 2, Anm. 2), 341-365; MEYER, Soziales Handeln (wie § 10, Anm. 32), 144 ff. 27 MGH Capit. 1, 122ff. Nr. 44; vgl. Anm. 14. 28 H. Adam, Das Zollwesen im fränkischen Reich und das spätkarolingische Wirt schaftsleben, 1996; A. J. Stoclet, Immunes ab omni teloneo, 1999; McCormick, Origins (wie Anm. 18), 640ff. 29 SCHLESINGER, Markt (wie Anm. 9), 271 ff.; G. Dilcher, Marktrecht und Kauf mannsrecht im Frühmittelalter (1985), zuletzt in: Ders., Bürgerrecht und Stadt verfassung im europäischen Mittelalter, 1996, 1-40. 30 A. Verhulst, Karolingische Agrarpolitik (1965), zuletzt in: Ders., Rural and Urban (wie § 10, Anm. 16), Nr. VI; SlEMS, Handel (wie Anm. 19), 749ff.
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dürfte, fallen pauschale Urteile über den Umfang der Geldwirtschaft im Karolingerreich je nach dem gewählten Blickwinkel recht ver schieden aus.31 Unstrittig ist jedoch, daß nach dem Erlöschen der merowingischen Goldwährung Karl der Große einen (durch Pippin vorbereiteten) Schritt von dauerhafter Tragweite tat, als er seit 792/93 einen schwereren Silberdenar von ca. 1,7 g in Umlauf setzte, der auch den Wert der höheren Rechnungseinheiten solidus (12 Denare) und libra (20 Schillinge) neu bestimmte.32 Diese stabilisierte Währung, anscheinend Teil einer umfassenden Reform von Maßen und Gewich ten33, fand nach Ausweis der Münzfunde im gesamten fränkischen Großreich Anerkennung und drang durch Handel und Raub auch nach Skandinavien vor.34 Während Karl die Prägungen auf höchstens 40 königliche Münzstätten - darunter keine östlich des Rheins - zu kon zentrieren vermochte und den Geldumlauf der Aufsicht der Grafen unterstellte, setzte bereits in der Spätzeit Ludwigs des Frommen eine neue Zersplitterung ein, die auch zum Beginn der Münzprägung in Regensburg führte.35 Die Münzhoheit ging seither usurpatorisch oder auch durch Privileg auf viele weltliche und geistliche Machthaber über, die im Rahmen des karolingischen Geldsystems eigene Gepräge verbreiteten.36 31 Kontrovers: R. Fossier, Les tendances de l’économie: Stagnation ou croissance? (1981), zuletzt in: DERS., Hommes et villages d’occident au moyen âge, 1992, 341-350; S. Suchodolski, Der Geldumlauf in der karolingischen Epoche, in: Deutscher Numismatikertag München 1981. Vorträge, 1983, 43-53; J.-P. Devroey, Réflexions sur l’économie des premiers temps carolingiens (768-877): grands domaines et action politique entre Seine et Rhin, in: Francia 13, 1985, 475-488; vermittelnd: J. Moreland, Concepts of the Early Medieval Economy, in: Long Eighth Century (wie § 10, Anm. 23), 1-34. 32 P. GRIERSON, Money and Coinage under Charlemagne (1965), zuletzt in: DERS., Dark Age Numismatics, 1979, Nr. XVIII; Ders. u. a.. Medieval European Coi nage, Bd. 1, 1986, 190-266; B. Kluge, Karolingisches Münzwesen, in: RGA 16, 2000, 314-317. 33 H. WlTTHÖFT, Münzfuß, Kleingewichte, pondus Caroli und die Grundlegung des nordeuropäischen Maß- und Gewichtswesens in fränkischer Zeit, 1984; DERS. u. a., Maße und Gewichte, in: RGA 19, 2001, 398-421. 34 P. Berghaus, Wirtschaft, Handel und Verkehr der Karolingerzeit im Licht nu mismatischen Materials, in: Untersuchungen (wie Anm. 18), 69-85; C. M. Haertle, Karolingische Münzfunde aus dem 9. Jahrhundert, 1997; G. Depeyrot, Le numeraire carolingien. Corpus des monnaies, 21998. 35 W. Hahn, Moneta Radasponensis, 1976, 77ff.; S. Coupland, Money and Coinage under Louis the Pious, in; Francia 17/1, 1990, 23-53. 36 R. Kaiser, Münzprivilegien und bischöfliche Münzprägung in Frankreich,
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a) Die Grundformen sozialer Bindung1 Elementaren Rückhalt in einer bedrohlichen Umwelt suchte der Ein zelne seit alters bei seiner Blutsverwandtschaft, die als »Sippe« zwar keine formelle Institution des Rechtslebens, aber doch (in unscharfer Abgrenzung) eine verbreitete soziale Gegebenheit darstellte.*12* Sie konnte ergänzt oder sogar ersetzt werden durch willentlich geschaf fene Bindungen wie die Adoption, die Taufpatenschaft oder die Schwurfreundschaft (amicitia), die lebenslang verpflichtenden Cha rakter hatten und auch zur Formalisierung dynastischer und politi scher Entscheidungen genutzt wurden.1 Größeren Umfang nahmen die Zusammenschlüsse zu Gilden an, die seit dem späten 8. Jh. vornehm lich durch Verbote bezeugt sind; sie kamen in freier beeideter Über einkunft zwischen Laien und Klerikern, Männern und Frauen zustan de, pflegten Mahlgemeinschaft und Totengedächtnis und dienten der korporativen Selbsthilfe und Friedenswahrung.4 Daneben erwuchsen vertraglich vereinbarte Gebetsverbrüderungen, die gerade in der KaDeutschland und Burgund im 9.-12. Jahrhundert, in: VSWG 63, 1976, 289-338; Hardt-Friederichs, Markt (wie Anm. 15); J. Lafaurie, La surveillance des ate liers monétaires au IX“ siècle, in: Histoire comparée de l’administration (IVeXVIIIe siècles), Hg. W. Paravicini u. a., 1980, 486-496. 1 O. G. Oexle, Soziale Gruppen in der Ständegesellschaft, in: Die Repräsentation der Gruppen, Hg- O. G. Oexle u. a„ 1998, 9-44; Ders., Stände und Gruppen, in: Das europäische Mittelalter (wie § 10, Anm. 15), 39-48. 2 K. Kroeschell, Die Sippe im germanischen Recht (1960), zuletzt in: Ders., Studien (wie § 10, Anm. 32), 13—24; A. C. Murray, Germanie Kinship Structure, 1983; G. Althoff, Verwandte, Freunde und Getreue, 1990, 31 ff.; R. WOLTERS u. a., Gesellschaft, in: RGA 11, 1998, 523-540. ’ R. WENSKUS, Zum Problem der Ansippung (1976), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 4, Anm. 17), 85-95; K. Hauck, Formes de parenté artificielle dans le haut moyen âge, in: Famille et parenté dans l’occident médiéval, Hg. G. Duby u. a., 1977, 43—47; J. H. Lynch, Godparents and Kinship in Early Medieval Europe, 1986; B. Jussen, Patenschaft und Adoption im frühen Mittelalter, 1991; A. Guerreau-Jalabert, Qu’est-ce que l’adoptio dans la société chrétienne mé diévale?, in: Médiévales 35, 1998, 33-49; V. Epp, Rituale frühmittelalterlicher »amicitia«, in: Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelal ter, Hg. G. Althoff, 2001, 11-24. 4 O. G. Oexle, Conjurado und Gilde im frühen Mittelalter, in: Gilden und Zünfte (wie § 11, Anm. 25), 151-214; Ders., Friede durch Verschwörung, in: Träger und Instrumentarien des Friedens im hohen und späten Mittelalter, Hg. J. Fried, 1996, 115-150, bes. 132ff.; vgl. auch § 11, Anm. 25.
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rolingerzeit einen Höhepunkt erreichten, aus dem Bedürfnis nach wechselseitigem liturgischen Gedenken, verbunden mit karitativen Leistungen, die zumal dem Seelenheil der verstorbenen Mitglieder zugute kommen sollten. Die dabei übliche Schriftform und der Aus tausch ganzer Namenslisten erlaubten auch weiträumige Beziehun gen, die zugleich die politische und kirchliche Integration des Groß reiches fördern konnten.5 Die (Klein-)Familie, allenfalls mit Einschluß von Gesinde, hebt sich als übliche Lebens-, Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft auch in den Quellen des agrarisch geprägten Frühmittelalters deutlicher aus weiteren Verwandtschaftskreisen ab, als dies früher meist angenom men wurde.6 Sie war patriarchalisch verfaßt und nach innen und au ßen von der Muntgewalt des Hausherrn gegenüber den Seinen ge tragen, was einen Bereich eigenständiger Verantwortung der Frau in der Haushaltsführung nicht ausschloß. Die Rechtsstellung der Gattin unterschied sich im übrigen nach den einzelnen Eheformen, die von der vertraglich und vermögensrechtlich gesicherten, »dotierten« Voll ehe über auf freiem Konsens beruhende Verbindungen (zumal in är meren Schichten) bis hin zu formlosen Verhältnissen mit unfreien oder geraubten Frauen reichten.7 Eine spezifische, nur mit einer Mor gengabe verbundene Sonderform der »Friedelehe« ist der jüngsten Forschung sehr zweifelhaft geworden;8 dagegen muß mit dem Neben einander mehrerer anerkannter Verbindungen (Polygamie) gerechnet werden.9 Die Bemühungen der karolingischen Kirchenreform um 5 K. SCHMID, Das liturgische Gebetsgedenken in seiner historischen Relevanz (1979), in: Ders., Gebetsgedenken (wie § 5, Anm. 35), 620-644; J. Wollasch, Die mittelalterliche Lebensform der Verbrüderung, in: Memoria (wie § 1, Anm. 11), 215-232; O. G. Oexle, Memoria als Kultur, in: Memoria als Kultur, Hg. O. G. Oexle, 1995, 9-78, bes. 37ff. 6 R. Le Jan, Famille et pouvoir dans le monde franc (VIF-XC siècles), 1995; P. Toubert, Die karolingischen Einflüsse (8. bis 10. Jahrhundert), in: Geschichte der Familie, Hg. A. BurguiÈre u. a., Bd. 2: Mittelalter, dt. 1997, 89-124. 7R. Schulze, Eherecht, in: RGA 6, 1986, 480-500; R. Kottje, Eherechtliche Be stimmungen der germanischen Volksrechte (5.-8. Jahrhundert), in: Frauen in Spät antike und Frühmittelalter, Hg. W. AFFELDT, 1990, 211-220; H. Reichert, Ne benfrau, in: RGA 21, 2002, 18-31; A. ESMYOL, Geliebte oder Ehefrau?, 2002, bes. 140ff.; Dots et douaires dans le haut Moyen Age, Hg. F. Boucard, 2002. 8E. Ebel, Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen, 1993; Dies., Friedel ehe, in: RGA 9, 1995, 598 600. 9 Konecny, Frauen (wie III, 8); S. F. Wemple, Women in Frankish Society, 1981, 38ff., 75ff.; P. STAFFORD, Queens, Concubines and Dowagers, 1983, 71 ff.; J. L.
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Monogamie und Scheidungsverbot zielten auf eine Differenzierung zwischen legitimen Ehefrauen und minderberechtigten »Konkubinen« ab* 1011 und betrafen auch die Erbberechtigung der Kinder, die ursprüng lich weniger von der Rechtsform der Verbindung, aus der sie hervor gingen, als von der Entscheidung des Vaters abhing.11 Kinder unter standen bis zur Mündigkeit (12 Jahre nach salischem, 15 Jahre nach ripuarischem Recht, Töchter bis zur Heirat) der väterlichen Gewalt12 und waren mancherlei Gefahren ausgesetzt, vor denen sie durch Be stimmungen des weltlichen wie des kirchlichen Rechts geschützt wer den sollten.13 Generelle Aussagen über die soziale Lage der weiblichen Bevöl kerungshälfte sind wegen der ganz punktuellen, vornehmlich von den Damen des Königshauses und des Adels bestimmten Quellenlage recht problematisch.14 Immerhin scheint hinreichend erwiesen zu sein, daß Frauen im frühen Mittelalter eine geringere Lebenserwartung hat ten als Männer, aber es ist zweifelhaft, ob eine bewußte Beseitigung weiblicher Säuglinge fühlbar in das Zahlenverhältnis der Geschlechter eingriff.15 Kennzeichnend für die Rechtsstellung von Frauen war die Nelson, Women at the Court of Charlemagne, in: Medieval Queenship, Hg. J. C. Parsons, 1993, 43-61; Joch, Legitimität (wie § 2, Anm. 3), 154ff. 10 II matrimonio nella societä altomedievale, 1977 (Sett.Cent.it. 24); Hartmann, Synoden (wie III, 8), 467ff.; P. L. Reynolds, Marriage in the Western Church, 1994, 386ff.; K. Heene, The Legacy of Paradise, 1997. 11 B. Kasten, Chancen und Schicksale »unehelicher« Karolinger im 9. Jahrhundert, in: Kaiser Amolf, Hg. F. Fuchs u. a., 2002, 17-52, bes. 20ff. 12 C. Dette, Kinder und Jugendliche in der Adelsgesellschaft des frühen Mittelalters, in: AKG 76, 1994, 1-34; J. L. Nelson, Parents, Children and the Church in the Earlier Middle Ages, in: The Church and Childhood, Hg. D. Wood, 1994, 81-114; S. Zimmer u. a.. Kinder, in: RGA 16, 2000, 526-540; A. Roth, Mündigkeit, in: RGA 20, 2002, 306-308. - Zur dauerhaften Bestimmung von kleinen Kindern für ein klösterliches Leben vgl. M. de Jong, In Samuel’s Image, 1996. 15 H. W. Schwarz, Der Schutz des Kindes im Recht des frühen Mittelalters, 1993; H. Lutterbach, Der zivilisationsgeschichtliche Beitrag der frühmittelalterlichen Bußbücher zum christlichen Kinderschutz, in: HJb 123, 2003, 3-25. 14 S. F. Wemple, Frauen im frühen Mittelalter, in: Geschichte der Frauen, Hg. G. Duby u. a., Bd. 2: Mittelalter, dt. 1993, 185-211; H. Reichert, Frau, in: RGA 9, 1995, 477-508; H.-W. GOETZ, Frauen im frühen Mittelalter, 1995; W. Affeldt, Frauen und Geschlechterbeziehungen im Frühmittelalter, in: Mediaevistik 10, 1997, 15-156; J. M. H. SMITH, Gender and Ideology in the Early Middle Ages, in: Gender and Christian Religion, Hg. R. N. Swanson, 1998, 51-73. 15 E. R. Coleman, L’infanticide dans le Haut Moyen Age, in: AESC 29, 1974, 315-335; D. Herlihy, Life Expectancies for Women in Medieval Society, in: The Role of Women in the Middle Ages, Hg. R. T. Morewedge, 1975, 1-22; B.
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(in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgeprägte) Vor mundschaft des Vaters, des Ehemanns oder eines männlichen Ver wandten,16 doch zeigen sich daneben zumal im kirchlichen Recht der Karolingerzeit auch Postulate der Gleichbehandlung beider Ge schlechter.17 Immerhin strebten Witwen entgegen geistlichen Bemü hungen um die Konstituierung eines dauerhaften Witwenstandes häu fig nach Wiederverheiratung.18 Aus urkundlichen Quellen geht her vor, daß vornehme Frauen trotz der grundsätzlichen Bevorzugung männlicher Nachfahren im Erbrecht Landbesitz von beachtlichem Umfang innehatten und verwalten konnten.19 Neben der häuslichen Arbeit waren Frauen auch vielfältig am Erwerbsleben beteiligt, als Bäuerinnen und Mägde in der Feldbestellung, in der Verarbeitung der Agrarprodukte zu Mehl, Brot, Käse, Wachs, Wein u. ä. und zumal im Textilhandwerk.20 Eine (nicht immer frei gewählte) Alternative zum weltlichen Leben lag im Eintritt in eine der weiblichen Klosterge meinschaften, die in der Karolingerzeit erheblich an Zahl und Umfang zunahmen.21 Dort bot sich am ehesten auch der Zugang zu literariSasse, Demographisch-soziale Untersuchungen an frühmittelalterlichen Frauen gräbern im Bereich der Reihengräberzivilisation, in: Frauen in der Geschichte, Bd. 7, Hg. W. Affeldt u. a., 1986, 56-87; G. Grupe, Die »Ressource Frau« - Aus sagemöglichkeiten der Biowissenschaften, in: Frauen in Spätantike (wie Anm. 7), 105-114. 16 R. Schmidt-Wiegand, Der Lebenskreis der Frau im Spiegel der volkssprachigen Bezeichnungen der Leges barbarorum, in: Frauen in Spätantike (wie Anm. 7), 195-209; G. von Olberg, Aspekte der rechtlich-sozialen Stellung der Frauen in den frühmittelalterlichen Leges, in: ebd., 221-235. 17 W. Hartmann, Über Liebe und Ehe im früheren Mittelalter, in: De Iure Canonico Medii Aevi (Fs. R. Weigand), Hg. P. Landau, 1996, 189-216. 18 Veuves et veuvage dans le haut Moyen Age, Hg. M. Parusse, 1993; B. Jussen, Der Name der Witwe, 2000; E. Santinelli, Des femmes éplorées?, 2003. 19 K. Kroeschell, Söhne und Töchter im germanischen Erbrecht (1982), zuletzt in: Ders., Studien (wie § 10, Anm. 32), 35-64; I. HEIDRICH, Von Plectrud zu Hil degard, in: RhV 52, 1988, 1-15; J. L. Nelson, The wary widow, in: Property and Power in the Early Middle Ages, Hg. W. Davies u. a., 1995, 82-113; B. PohlResl, Vorsorge, Memoria und soziales Ereignis, in: MIÖG 103, 1995, 265-287; D. Hellmuth, Frau und Besitz, 1998. 20 D. Herlihy, Medieval Households, 1985, 56ff.; DERS., Opera muliebria, 1990, 32ff.; M. OBERMEIER, Ancilla. Beiträge zur Geschichte der unfreien Frauen im Frühmittelalter, 1996. Vgl. auch § 10, Anm. 24. 21 E. Hlawitschka, Beobachtungen und Überlegungen zur Konventsstärke im Non nenkloster Remiremont während des 7.-9. Jahrhunderts, in: Secundum regulam vivere (Fs. N. Backmund), Hg. G. Melville, 1978, 31-39; Kohl, Bemerkungen (wie § 7, Anm. 30); S. F. Wemple, Monastic Life of Women from the Merovin-
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scher Bildung und Betätigung, deren Umfang sich indes wegen der anonymen Überlieferung der meisten Heiligenviten, Annalenwerke und Gedichte nur schwer abschätzen läßt.22 Die am besten bekannte Autorin des 9. Jahrhunderts gehörte im übrigen gar keinem Kloster an: Dhuoda, die Gattin des Grafen von Septimanien, die über die Fähigkeit verfügte, ihrem Sohn lateinische Lebensregeln zu formulie ren.23 b) Die geburtsständische Ordnung Deutlich faßbar ist in der fränkischen Gesellschaft ein hergebrachter Antagonismus zwischen angeborener Freiheit und Unfreiheit, der nur durch förmliche Freilassung überwunden werden konnte.24 Er kenn zeichnet indes nur unvollkommen das viel komplexere soziale Gefüge und die unterschiedlichen Rechtsgründe für den Status des Einzelnen, wie sie vornehmlich in den urkundlichen und erzählenden Quellen zutage treten. Dort zeigt sich anders als etwa in der Lex Salica, daß es im 8. Jh. innerhalb der Freien längst eine hervorgehobene Schicht gab, die am reinsten von den Karolingern selbst verkörpert wird. Diese »Großen« stützten sich auf ausgedehnten Erbbesitz samt nicht weiter abgelei teter, also »autogener« Herrschaft über Land und Leute, beanspruch ten mit Erfolg die öffentlichen und kirchlichen Führungsämter, wußgians to the Ottonians, in: Hrotsvit of Gandersheim, Rara avis in Saxonia?, Hg. K. M. WILSON, 1987, 35-54; D. B. Baltrusch-Schneider, Klosterleben als al ternative Lebensform zur Ehe?, in: Weibliche Lebensgestaltung (wie § 10, Anm. 24), 45-64; K. Bodarwe, Frauenleben zwischen Klosterregeln und Luxus?, in: Königin, Klosterfrau, Bäuerin, Hg. H. BRANDT u. a., 1996, 117-143. 22 J. L. Nelson, Perceptions du pouvoir chez les historiennes du haut moyen age, in: La femme au moyen âge, Hg. M. ROUCHE u. a., 1990, 75-83; Dies., Women and the Word in the Earlier Middle Ages (1990), zuletzt in: Dies., The Frankish World 750-900, 1996, 199-221; R. McKlTTERICK, Frauen und Schriftlichkeit im Früh mittelalter, in: Weibliche Lebensgestaltung (wie § 10, Anm. 24), 65-118. 23 P. Dronke, Women Writers of the Middle Ages, 1984, 36ff.; P. Riche, L’édu cation religieuse par les femmes dans le haut Moyen Age, in: La religion de ma mère, Hg. J. Delumeau, 1992, 37^49. 24 C. SCHOTT, Freiheit und Libertas. Zur Genese eines Begriffs, in: ZRG GA 104, 1987, 84-109; K. Nehlsen-v. Stryk, Die Freien im Frankenreich als ungelöstes Problem der Rechts-, Sozial- und Verfassungsgeschichte, in: Akten (wie § 1, Anm. 27), 427-441; G. von Olberg u. a., Freie, in: RGA 9, 1995, 522-537; Dies. u. a., Freigelassene, in: ebd. 537-548.
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ten sich durch bewaffnete Gefolgschaft Respekt zu verschaffen und legten ein demgemäßes, ahnenstolzes Selbstbewußtsein an den Tag.25 Sie sind als Adel zu bezeichnen und waren mit ihrem Machtpotential die eigentlichen Träger der politischen Willensbildung, als Gesamt heit unumgänglich auch für die Könige, die jedoch vielfache Mög lichkeiten hatten, steuernd in die Rangordnung dieser Aristokratie ein zugreifen.26 Am Aufstieg der Karolinger hatten vor allem Familien des Maas/Mosel-Raums Anteil gehabt, die Besitzungen und Hoheits rechte in verschiedenen Stammesgebieten an sich ziehen konnten und durch Ehebündnisse mit dem jeweils einheimischen Adel Entschei dendes für den Zusammenhalt des Großreiches bewirkten.27 Neben dieser Spitzengruppe, aus der im 9./10. Jh. auch die politischen Erben der Karolinger hervorgingen, sind weitere Adelsfamilien zu erkennen, deren Aktionsradius auf ihre angestammte Region begrenzt blieb, wie auch solche von bloß lokaler Bedeutung.28 Die Übergänge waren flie ßend, und einen eindeutigen Abschluß nach unten gab es nicht. Noch weniger homogen präsentiert sich die nicht mit den Merk malen des Adels ausgestattete Mehrheit des rechtlich einheitlichen Freienstandes, die mit Quellenbegriffen wie liber und ingenuus be zeichnet wird. Nachdem sich einigermaßen globale Herleitungen aus »Gemeinfreien« in grauer Vorzeit oder aus »Königsfreien« bzw. »Adelsfreien« mit bloß verliehenem, an spezielle Pflichten geknüpf tem Status kaum bewährt haben,29 herrscht heute die Einsicht vor, daß 25 STÜRMER, Adel (wie § 6, Anm. 32); H.-W. GOETZ, Nobilis. Der Adel im Selbst verständnis der Karolingerzeit, in: VSWG 70, 1983, 153-191; K. Schmid, Geblüt, Herrschaft, Geschlechterbewußtsein, 1998; K. F. WERNER, Naissance de la nobles se, 1998, 310ff.; J. L. Nelson, Nobility in the Ninth Century, in: Nobles and Nobility in Médiéval Europe, Hg. A. Duggan, 2000, 43-51; R. Le Jan, Der Adel um 800, in: Am Vorabend (wie § 8, Anm. 6), 257-268. 26 H. K. Schulze, Reichsaristokratie, Stammesadel und Fränkische Freiheit, in: HZ 227, 1978, 353-373; S. AlRLIE, Semper fideles? Loyauté envers les Carolingiens comme constituant de l’identité aristocratique, in: La royauté (wie § 1, Anm. 14), 129-143. 27 Vgl. § 9, Anm. 11. 28 Beispiele: STÜRMER, Adelsgruppen (wie § 6, Anm. 32); H.-W. GOETZ, Typus ei ner Adelsherrschaft im späteren 9. Jahrhundert: Der Linzgaugraf Udalrich, in: St. Galier Kultur und Geschichte 11, 1981, 133-173; H. J. Warnecke, Sächsische Adelsfamilien in der Karolingerzeit, in: 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Beiträge, Hg. C. Stiegemann u. a., 1999, 348-355; Innés, State (wie § 2, Anm. 36), 51 ff.; E. DÖBLER, Die Sippe des Grafen Audoin/Otwin, in: ZGO 149, 2001, 1-60. 29 Kontrovers: T. Mayer, Die Königsfreien und der Staat des frühen Mittelalters, in:
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die karolingischen Rechtsquellen unter solchen Termini eine soziale Mittelschicht subsumieren, die nur in ihrem Verhältnis zum Königtum als gleichrangig gedacht war, sich im übrigen aber aus recht ver schiedenen Gruppen zusammensetzte.30 In quantitativ und räumlich kaum abschätzbarer Verteilung verbergen sich dahinter Inhaber von Eigengut (Allod) als Einzelbauern oder kleine Grundherren, Vasallen und freie Hintersassen größerer Grundherrschaften, zinspflichtige Bauern (auf mannigfacher Rechtsbasis, u. a. der Ansiedlung auf Kö nigsland) und schließlich auch landlose Freie. Sie alle standen schwerlich mit dem Adel auf einer Ebene, sondern hatten im Verlauf der Karolingerzeit erkennbar Mühe, sich gegen den Druck der wirt schaftlich Mächtigeren zu behaupten.31 Ihrer Verminderung steht eine wachsende Zahl von Freilassungen gegenüber, die jedoch keineswegs zur Lösung aus allen herrschaftlichen Bindungen, sondern eher in eine Art von Schutzhörigkeit als »Minderfreie« (liti, liberti o. ä.) führ ten.32 Ein breites Spektrum eröffnet auch der Blick auf die große Gruppe der Unfreien.33 In der relativ günstigsten Lage befanden sich dieje nigen, die als servi casati innerhalb einer Grundherrschaft einen ge Das Problem der Freiheit in der deutschen und schweizerischen Geschichte, 1955 (Vorträge und Forschungen 2), 7-56; F. Wernli, Die Gemeinfreien des Frühmit telalters, 1960; K. Bosl, Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa, 1964, bes. 180ff.; zur Kritik: H. K. Schulze, Rodungsfreiheit und Königsfreiheit, in: HZ 219, 1974, 529-550; F. Graus, Verfassungsgeschichte des Mittelalters (1986), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 1, Anm. 2), 213-258; G. VON Olberg, Königsfreie, in: RGA 17, 2001, 112-116. 1(1 E. Müller-Mertens, Karl der Große, Ludwig der Fromme und die Freien, 1963; J. Schmitt, Untersuchungen zu den Liberi Homines der Karolingerzeit, 1977; G. von Olberg, Aspekte frühmittelalterlicher Freiheitsvorstellungen im Spiegel volkssprachiger Wörter, in: Die abendländische Freiheit vom 10. zum 14. Jahr hundert, Hg. J. Fried, 1991, 85-105. 31 Zu »armen« Freien vgl. Felten, Konzilsakten (wie § 10, Anm. 31). 32 S. Epperlein, Die sogenannte Freilassung in merowingischer und karolingischer Zeit, in: JWG 1963/4, 92-110; C. Schott, Freigelassene und Minderfreie in den alemannischen Rechtsquellen, in: Beiträge (wie §5, Anm. 31), 51-72; G. VON Olberg, Halbfreie, in: RGA 13, 1999, 401^405; Dies., Lite, in: RGA 18, 2001, 516-519. 33 H.-W. Goetz, »Unterschichten« im Gesellschaftsbild karolingischer Geschichts schreiber und Hagiographen, in: Vom Elend (wie § 10, Anm. 15), 108-130; W. Davies, On servile status in the early Middle Ages, in: Serfdom and Slavery, Hg. M. L. Bush, 1996, 225-246; D. Barthélemy, Le statut servile au »premier âge féodal«, in: Mélanges de l’Ecole française de Rome. Moyen âge 112, 2000, 535-549.
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sonderten Teilbetrieb führten, während servi non casati am Herrenhof entweder handwerkliche Berufe zu verrichten oder als einfaches Ge sinde zu dienen hatten. Ihnen nachgeordnet waren schollengebundene Arbeitskräfte (mancipia), die mit dem jeweiligen Landgut als leben des Zubehör veräußert wurden und sich daher wohl auch für besser gestellte Unfreie plagen mußten.34 Vollends an Sklaverei im antiken Sinne gemahnen, abgesehen von den Zeugnissen für den Transithan del in islamische Länder, fränkische Urkundenformulare noch des 8. Jh., die den freien Kauf und Verkauf von Menschen ohne jede Schol lenbindung vorsehen.35 Sie gestatten indes keine Rückschlüsse quan titativer Art, und ihr Verschwinden im 9. Jh. dürfte zusammen mit anderen Indizien auf ein allmähliches Erlöschen dieser Formen des Binnenmarkts hindeuten, wenngleich weiterhin Kriegsgefangenschaft, Menschenraub und Schuldknechtschaft neue Unfreiheit schufen.36
c) Die Abstufung von Macht und Ohnmacht37 Die Auffächerung der alten volksrechtlichen Geburtsstände in aufund absteigende Teilgruppen zeigt einen sozialen Umbruch an, der, eng mit der Entstehung des karolingischen Großreiches verbunden, neue Verhaltensweisen und Organisationsformen hervorbrachte. Der anhaltende politische Erfolg hob die zweite fränkische Königsdyna stie und ihren adligen Anhang zwar weit über die bloßen Freien hin aus, beruhte aber zugleich wesentlich auf ihrer Fähigkeit, durch Ver34 Goetz, Serfdom (wie § 10, Anm. 21); E. Renard, Les mancipia carolingiens étaient-ils des esclaves?, in: Les moines du Der 673-1790, Hg. P. Corbet, 2000, 179-209; J.-P. Devroey, Men and Women in Early Medieval Serfdom: The Ninth Century North Frankish Evidence, in: PP 166, 2000, 3-30; C. I. Hammer, A Large-Scale Slave Society of the Early Middle Ages, 2002. 35 C. VERLINDEN, L’esclavage dans l’Europe médiévale, Bd. 1, 1955, 702ff.; D. Hägermann, Einige Aspekte der Grundherrschaft in den fränkischen formulae und in den leges des Frühmittelalters, in: Le grand domaine (wie § 10, Anm. 16), 51-77, bes. 59ff.; H. Hoffmann, Kirche und Sklaverei im frühen Mittelalter, in: DA 42, 1986, 1-24; McCormick, Origins (wie § 11, Anm. 18). 733ff. Vgl. § 11, Anm. 24. 36 P. BonnassiÉ, Survie et extinction du régime esclavagiste dans l’Occident du haut moyen âge (IVe-XIc s.), in: Cahiers de civilisation médiévale 28, 1985, 307-343; A. Verhulst, The Decline of Slavery and the Economic Expansion of the Early Middle Ages, in: PP 133, 1991, 195-203. 37 Zur neueren Forschungsentwicklung: Althoff, Verwandte (wie Anm. 2), 134ff.; W. Pohl, Herrschaft, in: RGA 14, 1999, 443^157.
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knüpfung von Vasallität und Landleihe viele einzelne Freie, mittelbar auch Unfreie, an sich zu binden und am Aufstieg teilhaben zu lassen. Das erst im Hochmittelalter voll entwickelte und in schriftlichen Nor men fixierte Lehnswesen hat in dieser Entwicklung der Karolingerzeit seine historischen Wurzeln,18 die allerdings weniger früh und weniger eindeutig in den Quellen faßbar sind, als dies lange von der For schung angenommen wurde.19 So ist der Eintritt von Freien in die lebenslange Abhängigkeit eines Mächtigeren auf dem Wege des (äl teren) Verknechtungsritus der Kommendation, der zur Vasallität führ te, zwar seit dem 8. Jh. sicher bezeugt, wurde aber erst nach 800 in stärkerem Maße mit der Vergabe von Grund und Boden in Form eines beneficium und mit einem beide Seiten verpflichtenden Treueid ver bunden.38 40 Daneben kannte noch die gesamte Karolingerzeit auch For 39 men der als beneficium bezeichneten Landleihe, zumal an höherge stellte Personen, ohne vasallitische Bindung, anfangs vornehmlich bei der erzwungenen Überlassung von Kirchengut durch schriftlichen Vertrag (precaria), später vermehrt aus dem Eigengut der Könige oder großen Grundherren, die sich damit bewaffneten Anhang zu sichern trachteten.41 Erst allmählich spielte sich eine kausale Verknüpfung in dem Sinne ein, daß sich die Aufnahme in die Vasallität und der Emp fang eines beneficium gegenseitig bedingten und eine Fortsetzung des bilateralen Rechtsverhältnisses auch über den Tod der Beteiligten hin aus denkbar wurde.42 Vor allem aber zeigte sich rasch, daß die Kom38 F. L. Ganshof, Qu’est-ce que la féodalité?, 1944 (dt.: Was ist das Lehnswesen?, 71989); Ders., Das Lehnswesen im fränkischen Reich, in: Studien zum mittelal terlichen Lehnswesen, 1960 (Vorträge und Forschungen 5), 37-49; W. Kienast, Die fränkische Vasallität, Hg. P. Herde, 1990; K.-F. KRIEGER, Lehnswesen, in; RGA 18, 2001, 218-225. 39 Gegen S. Reynolds, Fiefs and Vassals: the Medieval Evidence Reinterpreted, 1994, die ein karolingisches Lehnswesen als Erfindung von Juristen viel späterer Jahrhunderte hinstellt, vgl. E. Magnou-Nortier, La féodalité en crise, in: RH 296, 1996, 253-348; J. FRIED, (Besprechung), in: German Historical Institute Lon don, Bulletin 19/1, 1997, 28-41; dazu S. Reynolds responds to J. Fried, in: ebd. 19/11, 1997, 30-40. 4,1 Becher, Eid (wie § 6, Anm. 20), 144ff.; T. Reuter, Vasallität, in: HRG 5, 1998, 644-648. 41 B. Kasten, Beneficium zwischen Landleihe und Lehen - eine alte Frage, neu gestellt, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 243-260. 42 A. Kräh, Die fränkisch-karolingische Vasallität seit der Eingliederung Bayerns in das Karolingerreich, in: ZBLG 56, 1993, 613-633; B. Kasten, Aspekte des Lehnswesens in Einhards Briefen, in: Einhard. Studien zu Leben und Werk, Hg. H.
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bination von Treueverpflichtung und Lehnsvergabe auch zur Forma lisierung ganz anderer Unterordnungsverhältnisse dienlich sein konn te, was bald Auswirkungen im Bereich der Kirche, bei der Vergabe öffentlicher Ämter oder auch auf die Gestaltung zwischenstaatlicher Beziehungen haben sollte (§ 14). Die vertikale Orientierung, die auf allen Ebenen Schutz und Herr schaft anbot und dafür Loyalität bzw. Dienstbereitschaft verlangte, bezog ihre Sogwirkung aus dem prekären Dasein derjenigen, die auf sich gestellt den Risiken des Lebens ohne wirksame öffentliche Ord nung ausgesetzt waren. Sozialer Abstieg, der in den Quellen als »Be drückung«, Flucht und Armut aufscheint, ergab sich zumeist aus einer Ohnmacht des Einzelnen gegenüber den großen Herrschaftsverbän den, die schwerer wog als ein angeborener Rechtsstatus und im bi blischen Begriffspaar »potens« und »pauper« ihren zeitgenössischen Ausdruck fand.* 43 Dem Schutz der »Armen« gegen Überforderung mit 41 gerichtlichen, militärischen und fiskalischen Pflichten durch weltliche und geistliche Grundherren widmeten sich Kapitularien Karls, deren begrenzte Wirkung an nicht wenigen gleichzeitigen Klagen über Bett ler, Räuber, offene Gewalttaten und weitere Formen der Entwurze lung abzulesen ist.44 Bestimmungen über »unbesetzte« Hufen lassen umgekehrt auf steigenden Kräftebedarf der Großbetriebe schließen.45 Es erstaunt nicht, daß die Armenfürsorge der Klöster und sonstiger Kirchen ein weites Betätigungsfeld fand und deren Vermögen offen bar in beachtlichem Umfang in Anspruch nahm.46 SCHEFERS, 1997, 247-267; R. Deutinger, Seit wann gibt es die Mehrfachvasallität?, in: ZRG GA 119, 2002, 78-105 (nicht karolingerzeitlich). 41 K. Bosl, Potens und Pauper (1963), zuletzt in: Ders., Frühformen (wie Anm. 29), 106-134; R. Le Jan-Hennebicque, »Pauperes« et »Paupertas« dans l’Occident carolingien aux IXe et X“ siècles, in: Revue du Nord 50, 1968, 169-187; M. Mollat, Die Armen im Mittelalter, dt. 1984, 36ff.; modifizierend O. G. Oexle, Potens und Pauper im Friihmittelalter, in: Bildhafte Rede in Mittelalter und früher Neuzeit, Hg. W. Harms u. a., 1992, 131-149. 44 Riche, Welt (wie § 9, Anm. 1), 293 ff.; Scherner, Ut propriam familiam (wie § 10, Anm. 18); J. L. Nelson, Violence in the Carolingian world and the ritualiza tion of ninth-century warfare, in: Violence and Society in the Early Medieval West, Hg. G. Halsall, 1998, 90-107. 45 S. Epperlein, Herrschaft und Volk im karolingischen Imperium, 1969; W. EG GERT, Rebelliones servorum, in: ZfG 23, 1975, 1147-1164; J.-P. Devroey, Mansi absi: indices de crise ou de croissance de l’économie rurale du haut moyen âge?, in: MARHP 82, 1976, 421-^51. 46 E. BOSHOF, Untersuchungen zur Armenfürsorge im fränkischen Reich des 9. Jahr-
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d) Juden Im prinzipiell völlig christlichen Karolingerreich waren die Juden nicht nur eine religiöse Minderheit, mit der die eher abstrakte theo logische Auseinandersetzung gesucht wurde,47 sondern sie hoben sich auch in kultureller und rechtlicher Hinsicht von ihrer Mitwelt ab.48 Schwerpunkte ihrer Siedlung waren die Städte Italiens und Südgalli ens, wo sie als Händler, aber auch als Goldschmiede und Ärzte, im Schiffstransport sowie Weinanbau und -vertrieb tätig waren.49 Ihre kaufmännischen Aktivitäten, die bis an den Kaiserhof reichten, wur den von Ludwig dem Frommen durch Privilegien über Abgabenfrei heit und besonderen Gerichtsstand gefördert.50 Um die Bekehrung ih rer heidnischen (Haus-)Sklaven zum Christentum und allgemein eine Begünstigung der Juden entstand in Lyon ein jahrelanger Streit, in dem sich Erzbischof Agobard jedoch mit seinen restriktiven Forde rungen bei Ludwig nicht durchsetzte.51 Im übrigen ist von Beeinträchhunderts, in: AKG 58, 1976, 265-339; Ders., Armenfürsorge im Frühmittelalter: Xenodochium, matricula, hospitale pauperum, in: VSWG 71, 1984, 153-174. 47 B.-S. Albert, Adversus Judaeos in the Carolingian Empire, in: Contra Iudaeos, Hg. O. Limor u. a., 1996, 119-142; J. Heil, Kompilation oder Konstruktion? Die Juden in den Pauluskommentaren des 9. Jahrhunderts, 1998. 48 B. Blumenkranz, Juifs et Chrétiens dans le monde occidental, 430-1096, 1960; B. S. Bachrach, Early Medieval Jewish Policy in Western Europe, 1977, 66ff.; H. Liebeschütz, Synagoge und Ecclesia, 1983, 42ff.; C. Geisel, Die Juden im Frankenreich, 1998, 361 ff. (dazu M. Toch, in: DA 55, 1999, 724f.); M. TOCH, »Dunkle Jahrhunderte«. Gab es ein jüdisches Frühmittelalter?, 2001 (dazu F. Lot ter, M. Toch, in: Aschkenas 11, 2001, 215-231, 465^187). 49 J.-P. Devroey u. a., La participation des juifs au commerce dans le monde franc (VF-X' siècles), in: Voyages et voyageurs (wie § 2, Anm. 18), 339-374; zur Frage des jüdischen Sklavenhandels vgl. M. Toch, Jews and Commerce: Modem Fancies and Medieval Realities, in: Il ruolo económico delle minoranze in Europa, Hg. S. Cavaciocchi, 2000, 43-58. 50 G. Kisch, Die Rechtsstellung der Juden in Deutschland im Mittelalter (dt. 1955), zuletzt in: Ders., Forschungen zur Rechts- und Sozialgeschichte der Juden in Deutschland während des Mittelalters, 1978, 47ff.; A. Linder, The Jews in the legal sources of the Early Middle Ages, 1997, 333 ff. 51 E. Boshof, Erzbischof Agobard von Lyon, 1969, 102ff.; F. Parente, La con troversia tra ebrei e cristiani in Francia e in Spagna dal VI al IX secolo, in: Gli ebrei nell’alto medioevo, 1980 (Sett.Cent.it. 26), 529-639, bes. 578ff.; J. Heil, Agobard, Amolo, das Kirchengut und die Juden von Lyon, in: Francia 25/1, 1998, 39-76; vgl. auch H. Löwe, Die Apostasie des Pfalzdiakons Bodo (838) und das Judentum der Chasaren, in: Person und Gemeinschaft (wie § 10, Anm. 32), 157-169.
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tigungen nichts bekannt, weshalb es nicht unbegründet erscheint, daß Karl der Große beim späteren Judentum in hohem Ansehen stand.52
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Fränkisches Königtum und römisches Kaisertum
a) Die Anfänge der karolingischen Italienpolitik
Pippins Verbindung mit dem Papsttum, die 751 den Griff nach der Königswürde erleichtert hatte (§ 2), steigerte sich rasch zu einem politischen Bündnis, da die römische Kirche, im Bilderstreit mit Kon stantinopel zerfallen, wirksamen Schutz gegen den energischen Lan gobardenkönig Aistulf suchte, der gerade 751 den kaiserlichen Exar chat mit Ravenna einnahm und daraufhin auch die Hoheit über Rom beanspruchte.1 Stephan II. (752-757) reiste auf Einladung Pippins als erster Papst über die Alpen und erhielt am 7. Januar 754 in Ponthion vom König eine beeidete Hilfszusage* 12, die jedoch bei den fränkischen Großen zunächst auf deutliche Reserve stieß. Als sogar der ehemalige Hausmeier Karlmann nach sieben Jahren aus seinem italischen Mönchsleben heimkehrte, um vor einem Bruch mit den Langobarden zu warnen,3 ließ Pippin ihn durch den Papst in ein fränkisches Kloster einweisen. Den Bund mit Stephan schloß er bewußt auf familiärer Ebene: nicht nur durch eine persönliche Vereinbarung der Freund schaft wohl in Quierzy (14. April 754), sondern auch durch eine ge
52 A. GraboÏS, Le souvenir et la légende de Charlemagne dans les textes hébraïques médiévaux, in: MARHP 72, 1966, 5-41. 1 P. CLASSEN, Italien zwischen Byzanz und dem Frankenreich (1981), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 6, Anm. 19), 85-115; J. T. Hallenbeck, Pavia and Rome: The Lombard Monarchy and the Papacy in the Eighth Century, 1982; A. Gf. FINCK VON Finkenstein, Rom zwischen Byzanz und den Franken in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, in: Fs. E. Hlawitschka (wie § 4, Anm. 8), 23-36; M. McCormick, Textes, images et iconoclasme dans le cadre des relations entre Byzance et TOccident carolingien, in: Testo e immagine nell’alto medioevo, 1994 (Sett.Cent.it. 41), 95-158; A. Angenendt, Der römische und gallisch-frän kische Anti-Ikonoklasmus, in; FMASt 35, 2001, 201-225. 2P. Engelbert, Papstreisen ins Frankenreich, in: RQ 88, 1993, 77-113; A. T. Hack, Das Empfangszeremoniell bei mittelalterlichen Papst-Kaiser-Treffen, 1999, 409ff. 3 G. Tangl, Die Sendung des ehemaligen Hausmeiers Karlmann in das Franken reich im Jahre 754 und der Konflikt der Brüder, in: QFIAB 40, 1960, 1-42.
§ 13 Fränkisches Königtum und römisches Kaisertum
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meinsam mit den Söhnen Karl und Karlmann empfangene, wahr scheinlich mit der ersten Königskrönung der fränkischen Geschichte verbundene Salbung in St. Denis (28. Juli 754) sowie durch die geist liche Beziehung der Gevatterschaft (compatemitas), die auf päpstli cher Firmung der Thronerben beruhen dürfte.4 Wiederum zusammen mit den Söhnen machte Pippin dem Papst durch eine in Quierzy aus gestellte Urkunde für den Fall des erwarteten Sieges weitreichende Gebietszusagen in Mittelitalien und empfing seinerseits den Ehrentitel eines Patricius der Römer, was seine Verantwortung für Stadt und Kirche des hl. Petrus unterstreichen sollte.5 Diesen zukunftsweisenden Rechtsakten folgte alsbald der erbetene Feldzug nach Italien, bei dem es Pippin schnell gelang, Aistulf in seiner Hauptresidenz Pavia einzuschließen.6 Der Langobardenkönig wurde genötigt, in einem Friedensvertrag die fränkische Suprematie anzuerkennen und die Herausgabe seiner jüngsten Eroberungen zu zugestehen, hielt dies aber nicht ein, nachdem Pippin wieder abge zogen und der Papst sicher nach Rom geleitet worden war. Als Aistulf im Winter 755/56 sogar einen neuen Angriff auf die Ewige Stadt wagte, führte ein abermaliger päpstlicher Hilferuf dazu, daß Pippin 756 wiederum herbeieilte und durch Belagerung Pavias einen ver schärften Vertrag erzwang, der die Langobarden auch zur Ausliefe rung eines Drittels ihres Königsschatzes und zu jährlichem Tribut verpflichtete, vor allem aber die Rückgabe des eroberten Exarchats
4 W. H. Fritze, Papst und Frankenkönig, 1973; A. M. Drabek, Die Verträge der fränkischen und deutschen Herrscher mit dem Papsttum von 754 bis 1020, 1976; Angenendt, Bündnis (wie § 6, Anm. 25); C. Brühl, Kronen- und Krönungs brauch im Frühen und Hohen Mittelalter (1982), zuletzt in: DERS., Aus Mittelalter und Diplomatik, Bd. 1, 1989, 413 443; O. Engels, Zum päpstlich-fränkischen Bündnis im 8. Jahrhundert, in; Ecclesia et regnum (Fs. F.-J. Schmale), Hg. D. Berg u. a., 1989, 21-38; zur Quellenproblematik: A. J. STOCLET, La »Clausula de unctione Pippini regis«, in: Francia 8, 1980, 1-42. 5 O. GUILLOT, a propos du titre de patrice des Romains reçu d’Etienne II par Pépin le Bref et ses deux fils en 754, in: Inquirens subtilia diversa (Fs. D. Löhrmann), Hg. H. Kranz u. a., 2002, 11-22. 6 K. SCHMID, Zur Ablösung der Langobardenherrschaft durch die Franken (1972), zuletzt in: Ders., Gebetsgedenken (wie § 5, Anm. 35), 268-304; P. Delogu, II regno longobardo, in: Ders. u. a., Longobardi e Bizantini, 1980, 1-216, hier 175ff.; G. Tabacco, L’avvento dei Carolingi nel regno dei Longobardi, in: Langobardia, Hg. S. Gasparri u. a., 1990, 375-403; S. Gasparri, Roma e i Longo bardi, in: Roma nell’alto medioevo, 2001 (Sett.Cent.it. 48), 219-247, hier 239ff.
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von Ravenna der Aufsicht der Franken unterstellte. Die Abtretungen wurden jedoch nicht dem Kaiser in Byzanz restituiert, dessen Abge sandte vergeblich darum baten, sondern dem hl. Petrus zu Händen des Papstes überlassen, der so seine faktische Herrschaft über den Dukat von Rom beträchtlich nach Norden ausdehnen konnte und für mehr als ein Jahrtausend einen autonomen Kirchenstaat (Patrimonium Pe tri) gewann. Der Umfang blieb indes um einiges hinter dem Schen kungsversprechen von Quierzy zurück, da die Langobardenmacht seit 757 unter Aistulfs Nachfolger Desiderius wieder erstarkte und Pippin vom neuen Papst Paul I. (757-767) zu keinem weiteren Eingreifen zu bewegen war.7 Vor dem Hintergrund dieser ungeklärten Lage ist am ehesten die Entstehung der berühmten »Konstantinischen Schenkung« zu sehen, einer erst seit Mitte des 9. Jh. sicher bezeugten fiktiven Urkunde Konstantins I., worin dem Papst Silvester I. (f 335) kaiser gleiche Ehren und u. a. die Hoheit über »Rom und alle Provinzen Italiens und des Westens« zugebilligt worden sein sollten, freilich ohne daß dies bis ins 11. Jh. als förmlicher Rechtstitel zur Sprache gekommen wäre.8 Bewegung kam in die Beziehungen zwischen Franken, Langobar den und Papsttum erst wieder, als nach Pippins Tod (24. September 768) die beiden rivalisierenden, 754 vom Papst gesalbten Nachfolger Karl der Große und Karlmann9 zu keiner einvernehmlichen und ent schlossenen Haltung gegenüber der wachsenden Macht des Deside rius fanden, der ab 768 innerrömische Zwistigkeiten nutzte, um selbst
7 J. Jarnut, Quierzy und Rom. Bemerkungen zu den »Promissiones donationis« Pippins und Karls (1975), zuletzt in: DERS., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 201-233; T. F. X. Noble, The Republic of St. Peter, 1984, 71 ff.; G. ARNALDI, Le origini del Patrimonio di S. Pietro, in: Ders. u. a., Comuni e signorie nell’Italia nordorientale e centrale, 1987, 1-151, hier 127ff. 8 Constitutum Constantini (wie III, 4a); vgl. H. Fuhrmann, Das frühmittelalterliche Papsttum und die Konstantinische Schenkung, in: I problemi dell’Occidente nel secolo VIII, 1973 (Sett.Cent.it. 20), 257-292; G. Arnaldi, II papato e l’ideologia del potere imperiale, in: Nascita (wie § 2, Anm. 14), 341-407; W. Pohlkamp, Privilegium ecclesiae Romanae pontifici contulit, in: Fälschungen im Mittelalter, Bd. 2, 1988 (MGH Schriften 33/2), 413-490; E.-D. Hehl, 798 - ein erstes Zitat aus der Konstantinischen Schenkung, in: DA 47, 1991, 1-17. 9U. Nonn, Zur Königserhebung Karls und Karlmanns, in: RhV 39, 1975, 386f.; zum Altersunterschied von höchstwahrscheinlich nur drei Jahren: M. Becher, Neue Überlegungen zum Geburtsdatum Karls des Großen, in: Francia 19/1, 1992, 37-60.
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die Besetzung des Papststuhls zu beeinflussen.1011 Zeitweilig drohte ein völliger Verlust der fränkischen Position in Rom, als Pippins Witwe Bertrada 770 ein Bündnis mit den Langobarden verabredete, das zu einer Ehe Karls mit einer Tochter des Desiderius führte und anschei nend Karlmann, dessen südliches Teilreich allein an die Alpen grenz te, an einer Fortsetzung der hegemonialen Italienpolitik des Vaters hindern sollte. Dies war allerdings nur von kurzer Dauer, denn spä testens nach Karlmanns jähem Tod (4. Dezember 771), als Karl so gleich die Herrschaft über das Gesamtreich an sich riß, verstieß er die langobardische Gemahlin, während Karlmanns Witwe Gerberga mit ihren erbberechtigten kleinen Söhnen bei Desiderius Zuflucht fand." Die erneute Konfrontation mit dem südlichen Nachbarreich ergab sich für Karl somit schon zur Abwehr dynastischer Konkurrenz und wurde zudem von Papst Hadrian I. (772-795) gefördert,12 der 773 durch Ge sandte um Karls Waffenhilfe gegen die Machtansprüche des Deside rius nachsuchte. Ähnlich wie 20 Jahre zuvor erwiesen sich die Fran ken nach Überschreiten der Alpen bald als die Stärkeren, ergriffen in Verona Gerberga samt ihren Kindern und schlossen Desiderius in Pavia ein. Während der monatelangen Belagerung verließ Karl sein Heer, um zu Ostern 774 den ersten Besuch eines fränkischen Königs in Rom zu machen. Er wurde von Hadrian mit den Ehren eines Pa tricius empfangen, erneuerte den Freundschaftsbund seines Vaters mit dem Papst und gab eine feierliche Garantie der Pippinischen Schen kung, bei deren großzügiger, später nie realisierter Grenzumschrei bung offenbar noch mit einem Fortbestand des Langobardenreiches gerechnet wurde.13 Dies änderte sich freilich rasch, denn als Karl Anfang Juni 774 siegreichen Einzug in Pavia halten konnte, vermied er jeden Friedensvertrag, verwies Desiderius in ein fränkisches Klo 1(1 J. Jarnut, Ein Bruderkampf und seine Folgen: Die Krise des Frankenreiches (768-771) (1993), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 235-246. 11 M. V. Ary, The Politics of the Frankish-Lombard Marriage Alliance, in: AHP 19, 1981, 7-26; G. Wolf, Die Qualität der fränkisch-langobardischen Verbindung 770/71 und die sonstigen Verbindungen Karls des Großen, in: ZRG GA 113, 1996, 297-411; Nelson, Making a Difference (wie § 6, Anm. 22). 12 G. Thoma, Papst Hadrian I. und Karl der Große, in: Fs. E. Hlawitschka (wie § 4, Anm. 8), 37-58. 13 O. Engels, Zum Rombesuch Karls des Großen im Jahre 774, in: JFL 52, 1992, 15-24; R. SCHIEFFER, Charlemagne and Rome, in: Early Medieval Rome and the Christian West (Fs. D. A. Bullough), Hg. J. M. H. SMITH, 2000, 279-295.
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ster und übernahm selbst ohne förmlichen Wahlakt die langobardische Königswürde. Er ließ sich in den Urkunden »König der Franken und der Langobarden«, bald mit dem Zusatz »Patricius der Römer«, titulieren und brachte darin zum Ausdruck, daß der größere Teil Ita liens nicht einfach im Frankenreich aufgehen, sondern ein zusätzli ches Fundament seines supragentilen Herrschertums bilden sollte.14 b) Karl der Große, Rom und Byzanz15
Durch den Umbruch von 774 hörte der Papst auf, ein ferner Schutz befohlener der Karolinger zu sein, und rückte in deren unmittelbare Reichweite, was die historische Bindung Roms und des Kirchenstaa tes an den Kaiser im Osten vollends zur Fiktion machte. Unverändert blieb der Papst jedoch eine gesuchte Autorität zur Sanktionierung dynastischer Entscheidungen, wie sich bei dem erneuten Rombesuch zeigte, den Karl auf dem Höhepunkt des Sachsenkrieges zu Ostern 781 unternahm: Sein zweiter Sohn aus der Ehe mit der Alemannin Hildegard, der erst vierjährige Karlmann, empfing von Hadrian per sönlich die bis dahin aufgeschobene Taufe auf den Namen Pippin, womit nicht nur das familiäre Band der Gevatterschaft erneuert, son dern auch eine wichtige Vorklärung künftiger Thronfolge getroffen werden sollte. Denn gleich darauf wurden dieser Pippin und sein noch jüngerer Bruder Ludwig (der Fromme) von Hadrian zu Königen ge salbt und nach sicherem Zeugnis auch gekrönt, um gemäß dem Willen ihres Vaters fortan in Italien bzw. Aquitanien zu residieren, während offenbar für den ältesten Sohn Karl (den Jüngeren) das Haupterbe reserviert blieb.16 Darüber hinaus fand sich der Papst bereit, Karls 14 J. Deer, Zum Patricius-Romanorum-Titel Karls des Großen (1965), zuletzt in: Zum Kaisertum Karls des Großen, Hg. G. Wolf, 1972, 240-308; Wolfram, Intitulatio (wie § 6, Anm. 24), 217 ff.; V. Fumagalli, II Regno italico, 1978, 3 ff.; G. Albertoni, L’Italia carolingia, 1997, 19ff.; S. Gasparri, II passaggio dai Longobardi ai Carolingi, in: II futuro dei Longobardi. Saggi, Hg. C. Bertelli u. a., 2000, 25-43. 15 CLASSEN, Karl der Große (wie III, 8, grundlegend); H. H. Anton, Beobachtungen zum fränkisch-byzantinischen Verhältnis in karolingischer Zeit (1990), zuletzt in: Ders., Königtum - Kirche - Adel, 2002, 151-177; R.-J. Lilie, Byzanz unter Eirene und Konstantin VI. (780-802), 1996. 16 P. CLASSEN, Karl der Große und die Thronfolge im Frankenreich (1973), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 6, Anm. 19), 205-229; Kasten, Königs söhne (wie III, 8), 138 ff.
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beargwöhntem Vetter Tassilo von Bayern seine Treuepflicht einzu schärfen (§ 6), doch half derartiges Entgegenkommen Hadrian wenig beim dringenden Verlangen nach Abrundung seines Herrschaftsge biets zu der Größe, die einst Pippin auf Kosten der Langobarden versprochen hatte, aber nun Karl als neuer Herr Italiens nicht mehr zugestehen mochte. Vielmehr mußte sich der Papst endgültig mit dem Gewinn der Sabina und kleineren Grenzkorrekturen begnügen. Ohne sonderliche Rücksicht auf Hadrians Wünsche gestaltete Karl auch das Verhältnis zu den Nachbarmächten im Süden Italiens, indem er 781 von jedem Griff nach alten päpstlichen Besitzungen unter by zantinischer oder langobardisch-beneventanischer Hoheit absah und mit der östlichen Kaiserin Eirene (seit 780 Regentin für Konstan tin VI.) ein Bündnis auf der Basis des erreichten Status quo schloß.17 Erst auf einem dritten Italienzug ging er 787 daran, sich das Herzog tum Benevent botmäßig zu machen, und nahm dafür den politischen Bruch mit Byzanz in Kauf, während der Papst gerade dabei war, mit der griechischen Kirche den Ausgleich im Bilderstreit zu finden. Die Akten des Konzils von Nikaia (787)18 fanden die Billigung Hadrians, stießen aber am Hof Karls auf Ablehnung, schon weil die Franken an der Entscheidung nicht beteiligt worden waren, und forderten dort dazu heraus, den Griechen nicht bloß militärisch im wiederholten Ringen um Benevent und durch Annexion von Istrien, sondern auch in theologischer Argumentation zum Schutz des rechten Glaubens entgegenzutreten. Das vorwiegend von Theodulf von Orleans verfaßte Memorandum der sog. Libri Carolini (Opus Caroli regis contra synodum)19 berief sich stolz auf den »Frankenkönig, der Gallien, Ger17 O. Bertolini, Carlomagno e Benevento, in: Karl der Große (wie III, 8), Bd. 1, 609-671; P. Speck, Kaiser Konstantin VI., 1978; G. V. B. West, Charlemagne’s involvement in central and southern Italy: power and limits of authority, in: Early Medieval Europe 8, 1999, 341-367. 18 J.-C. Schmitt, L’occident, Nicée II et les images du VIII' au XIII' siècle, in: Nicée II, 787-1987, Hg. F. BOESPFLUG u. a., 1987, 271-301; M. Maccarrone, Il papa Adrianol e il concilio di Nicea del 787, in: AHC 20, 1988, 53-134; E. Lamberz, Die Überlieferung und Rezeption des VII. Ökumenischen Konzils (787) in Rom und im lateinischen Westen, in: Roma fra oriente e occidente, 2002 (Sett.Cent.it. 49), 1053-1099. 19 Opus Caroli regis contra synodum (wie III, 4b); vgl. A. Freeman, Carolingian Orthodoxy and the fate of the Libri Carolini (1985), zuletzt in: DIES., Theodulf of Orléans: Charlemagne’s Spokesman against the Second Council of Nicaea, 2003, Nr. Ill; T. F. X. NOBLE, Tradition and Learning in Search of Ideology: The Libri
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manien, Italien und die angrenzenden Provinzen regiert«, und schuf die Grundlage, auf der die von Karl anberaumte Synode von Frankfurt (794)* 20 unter Beteiligung von päpstlichen Legaten und Bischöfen aus allen Reichsteilen und sogar aus England nicht nur die in Spanien verbreitete Lehre des Adoptianismus21 verurteilte, sondern eben auch der »Pseudosynode« des Ostens im Namen des gesamten Okzidents eine feierliche Absage erteilte.22 Das Bewußtsein, der Traditionsmacht Byzanz gleichrangig, ja überlegen zu sein, nährte sich bei Karl und seinen Beratern aus der gesicherten Herrschaft über die meisten christlichen Völker des We stens, aus den Krisenmeldungen vom Bosporus, wo Eirene 797 ihren glücklosen Sohn Konstantin vom Thron verdrängt und geblendet hat te, sowie aus der Erfahrung »weltweiter« Anerkennung durch Abge sandte und Hilfsgesuche, die aus Bagdad und Jerusalem ebenso wie aus Córdoba in Aachen eingingen.23 Innerhalb der Christenheit, zu mindest der lateinischen, die Alkuin bereits 798 mit einer liturgischen Floskel als imperium Christianum umschrieb,24 steigerte sich Karls Vorrang weiter, seitdem in Rom an Papst Hadrians Stelle Leo III. (795-816) getreten war, der aus Sorge vor innerstädtischen Gegnern von vornherein engen Rückhalt am Frankenkönig suchte.25 Ob Karl Carolini, in: »The Gentle Voices of Teachers«, Hg. R. E. Sullivan, 1995, 227-260; H. Nagel, Karl der Große und die theologischen Herausforderungen seiner Zeit, 1998, 139 ff. 20 Das Frankfurter Konzil von 794, Hg. R. Berndt, 1997. 21 W. Heil, Der Adoptianismus, Alkuin und Spanien, in: Karl der Große (wie III, 8), Bd. 2, 95-155; K. SCHÄFERDIEK, Der adoptianische Streit im Rahmen der spani schen Kirchengeschichte (1969/70), zuletzt in: Ders., Schwellenzeit (wie § 7, Anm. 11), 381-416; J. C. Cavadini, The Last Christology of the West, 1993; Nagel, Karl der Große (wie Anm. 19), 19ff.; A. P. Bronisch, Asturien und das Frankenreich zur Zeit Karls des Großen, in: HJb 119, 1999, 1-40, hier 8ff. 22 W. Hartmann, Das Konzil von Frankfurt 794 und Nizäa 787, in: AHC 20, 1988, 307-324; M.-F. AuzÉPY, Francfort et Nicée II, in: Das Frankfurter Konzil (wie Anm. 20), 279-300. 23 W. BjÖRKMAN, Karl und der Islam, in: Karl der Große (wie III, 8), Bd. 1, 672-682; M. Borgolte, Der Gesandtenaustausch der Karolinger mit den Abbasiden und mit den Patriarchen von Jerusalem, 1976; G. Musca, Carlo Magno e Harun-alRashid, 21996; M. McCormick, Charlemagne and the Mediterranean World, in: Am Vorabend (wie § 8, Anm. 6), 193-218. 24 M. Alberi, The Evolution of Alcuin’s Concept of the Imperium Christianum, in: The Community, the Family and the Saint, Hg. J. Hill u. a., 1998, 3-17. 25 H.-G. Beck, Die Herkunft des Papstes Leo III., in: FMASt 3, 1969, 131-137; P. Llewellyn, Le contexte romain du couronnement de Charlemagne, in: MARHP
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798/99 zudem aus Byzanz eine Ermunterung zugegangen ist, nach einem zu erneuernden Kaisertum des Westens zu greifen (wie eine vereinzelte zeitgenössische Nachricht besagt),26 bleibt ungewiß. Je denfalls kam diese Entwicklung in Gang, als Papst Leo am 25. April 799 bei einem Gewaltakt in Rom, der seine Absetzung anbahnen soll te, zeitweilig in die Hände seiner Gegner fiel27 und erst im Laufe des Sommers unter den Schutz Karls gelangen konnte, der ihn bis ins sächsische Paderborn reisen ließ28 und sich angesichts schwerer Be schuldigungen des Papstes durch eine Abordnung der Opponenten bald in seiner Rolle als Patricius der Römer herausgefordert sah. Er beschloß vorerst nur, Leo ehrenvoll nach Rom zurückzugeleiten und dort durch eigene Beauftragte die Freveltat untersuchen zu lassen, was dann Ende 799 dazu führte, daß die Aufrührer festgenommen und ins Frankenreich verbracht wurden. Karl selber trat erst im August 800 seinen vierten Romzug an und wurde am Ziel sogleich mit kai serlichen Ehren empfangen.29 Eine Synode unter seinem Vorsitz, die sich mit den Anklagen gegen den Papst befassen sollte, fand keinen gangbaren Weg zu einem solchen Verfahren und endete am 23. De zember 800 damit, daß Leo einen Eid über seine Unschuld ablegte.30 Bevor daraufhin den ins Unrecht gesetzten Papstgegnem der Prozeß gemacht wurde, bot das Weihnachtsfest Leo die Gelegenheit, dem König während der Meßfeier in St. Peter eine kostbare Krone aufzu setzen, während das römische Volk Hochrufe auf »Karl, den Augu96, 1990, 209-225; K. Herbers, Der Pontifikat Papst Leos III. (795-816), in: 799. Kunst und Kultur. Beiträge (wie § 12, Anm. 28), 13-18. 26 H. Löwe, Eine Kölner Notiz zum Kaisertum Karls des Großen, in: RhV 14, 1949, 1-34; J. Fried, Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn oder Einhards Schweigen, in: HZ 272, 2001, 281-326, hier 308ff.; Pitz, Griechisch-römische Ökumene (wie III, 8), S. 475 ff. 27 H. Zimmermann, Papstabsetzungen des Mittelalters, 1968, 27ff.; Fried, Papst Leo III. (wie Anm. 26), 290ff.; R. SCHIEFFER, Das Attentat auf Papst Leo III., in: Am Vorabend (wie § 8, Anm. 6), 75-85. 28 Hauptquelle ist das sog. Paderborner Epos, hg. von E. DÜmmler, in: MGH PP 1, 366-379; vgl. D. Schaller, Das Aachener Epos für Karl den Kaiser (1976), zuletzt in: Ders., Studien (wie § 1, Anm. 17), 129-163, 419-422; L. E. von Padberg, Das Paderborner Treffen von 799 im Kontext der Geschichte Karls des Großen, in: De Karolo rege et Leone papa, Hg. W. Hentze, 1999, 9-104; M. Becher, Die Reise Papst Leos III. zu Karl dem Großen, in: Am Vorabend (wie § 8, Anm. 6), 87-112. 29 Hack, Empfangszeremoniell (wie Anm. 2), 318ff. 30 M. KERNER, Der Reinigungseid Leos III. vom Dezember 800, in: ZAGV 85/86, 1977/78, 131-160; Hartmann, Synoden (wie III, 8), 122f.
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stus, den von Gott gekrönten, großen und friedenstiftenden Kaiser« ausbrachte. Außerdem ist überliefert, daß der Papst dem neuen Kaiser kniefällig huldigte und dessen Sohn Karl (den Jüngeren) salbte und krönte.31 Da die Zeremonien von sorgfältiger Vorbereitung zeugen, ist Karl schwerlich mit der hohen Würde überrascht worden, und sein von Einhard bezeugter Unwille über den Vorgang32 kann sich nur auf bestimmte Aspekte bezogen haben, vermutlich auf die ausschlagge bende Rolle »der Römer« und des Papstes, denn sie drohte den füh renden Rang des Frankenvolkes zu mindern und ließ zudem Span nungen mit dem Römerreich des Ostens befürchten. Eben darum scheint vom Hof die Sprachregelung vom nomen imperatoris ausge gangen zu sein, die besagen sollte, daß Karl bloß den Titel für einen Vorrang bekam, den er schon aus eigener Kraft innehatte.33 Rücksicht auf die Franken wie auf Byzanz stand auch hinter dem komplizierten ersten Kaisertitel in Karls Urkunden, der nach älteren Ravennater Mustern die Akklamation der Krönungsfeier erweiterte um die Ele mente »das römische Reich regierend und zugleich durch Gottes Er barmen König der Franken und Langobarden«.34 Die seit Mai 801 bezeugte Formulierung spiegelt offenbar Überlegungen wider, die erst ausreiften, nachdem Leo III. am Weihnachtstag Karl den Weg eröff net hatte, um gleich Anfang Januar die Rädelsführer des Anschlags von 799 nach antikem Kaiserrecht als Majestätsverbrecher aburteilen zu können.35 Unabsehbar blieb den Beteiligten, daß in diesem Kai31 Classen, Karl der Große (wie III, 8), 62 ff.; K. J. Benz, »Cum ab oratione surgeret«, in: DA 31, 1975, 337-369; M. Becher, Die Kaiserkrönung im Jahr 800, in: RhV 66, 2002, 1-38; H. H. Anton, Solium imperii und Principatus sacerdotum in Rom, fränkische Hegemonie über den Okzident/Hesperien, in: Von Sacerdotium und Regnum (Fs. E. Boshof), Hg. F.-R. Erkens u. a., 2002, 203-274, hier 251 ff. 32 Einhardi Vita Karoli c. 28 (wie III, 5b), 32; vgl. M. Kerner, Karl der Große. Entschleierung eines Mythos, 2001, 75ff. 33 H. Beumann, Nomen imperatoris. Studien zur Kaiseridee Karls des Großen (1958), zuletzt in: Zum Kaisertum (wie Anm. 14), 174-215; A. Borst, Kaisertum und Namentheorie im Jahre 800 (1964), zuletzt in: Ders., Barbaren, Ketzer und Artisten, 1988, 55-69. 34 H. Wolfram, Lateinische Herrschertitel im neunten und zehnten Jahrhundert, in: Intitulatio, Bd. 2, Hg. H. Wolfram, 1973, 19-178, hier 19ff.; R. Schneider, Der rex Romanorum als gubemator oder administrator imperii, in: ZRG GA 114, 1997, 296-317, hier 307 ff. 35 O. Hageneder, Das crimen maiestatis, der Prozeß gegen die Attentäter Papst Leos III. und die Kaiserkrönung Karls des Großen, in: Aus Kirche und Reich (Fs. F. Kempf), Hg. H. Mordek, 1983, 55-79.
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sertum die von Karl geschaffene neue Einheit der abendländischen Völker ihre dauerhaft kennzeichnende Gestalt gefunden hatte, die auch den Zerfall des karolingischen Großreichs Überstand und zumal der deutschen Geschichte die Richtung weisen sollte. In Byzanz, wo man im Bewußtsein der alleinigen Staatskontinuität des Imperium Romanum die vom Papst vermittelte Rangerhöhung des Frankenkönigs als barbarische Anmaßung, wenn nicht gar als Be drohung empfinden mußte,36 erschien es der Kaiserin Eirene geraten, eine Gesandtschaft an Karl abzuordnen, die 802 mit der Entsendung fränkischer und päpstlicher Boten an den Bosporus beantwortet wur de, aber noch zu keinem Resultat gelangt war, als Eirenes Sturz (31. Oktober 802) der westlichen Fiktion von einer Vakanz des Kaiser tums ein Ende bereitete.37 Der neue Herrscher Nikephoros I. (802-811) ging nicht auf einen Vertragsentwurf Karls von 803 ein, in dem wohl gegenseitige Anerkennung des Kaisertums verlangt wurde, und brach die Kontakte ab. Sie wieder aufzunehmen, gaben erst krie gerische Verwicklungen im nördlichen Adriaraum Anlaß, bei denen die Byzantiner 806/08 ihre Herrschaft über Venetien und Dalmatien gegen profränkische Sezessionisten behaupteten, aber umgekehrt hin nehmen mußten, daß Karls Sohn Pippin von Italien 809/10 den größ ten Teil der Lagunen besetzte. Die Beilegung dieses regionalen Kon flikts weitete sich seit 810 zu einer generellen Bereinigung des wech selseitigen Verhältnisses aus mit dem Ergebnis, daß die Gesandten des neuen Kaisers Michael I. (811-813) im Sommer 812 in Aachen den fränkischen Verzicht auf Venetien mit der Akklamation Karls als basileus/imperator honorierten.38 Die Anerkennung betraf allerdings nur die Gleichheit im Kaisertum, nicht im Römertum, denn seither verschwand, offenbar vereinbarungsgemäß, jeder römische Bezug aus Karls Herrschertitel, während man in Konstantinopel, besonders auf 16 P. Grierson, The Carolingian Empire in the Eyes of Byzantium, in: Nascita (wie § 2, Anm. 14), 885-916, hier 905ff.; E. Chrysos, Das Ereignis von 799 aus by zantinischer Sicht, in: 799. Kunst und Kultur. Beiträge (wie § 12, Anm. 28), 7-12. 37 Lilie, Byzanz unter Eirene (wie Anm. 15), 21 Off.; zu der maßgeblichen Quelle: P. Yannopoulos, Les vicissitudes historiques de la Chronique de Thiophane, in: Byzantion 70, 2000, 527-553. 38 Classen, Karl der Große (wie III, 8), 93ff.; Krähwinkler, Friaul (wie § 8, Anm. 4), 179ff.; W. Berschin, Die Ost-West-Gesandtschaften am Hof Karls des Großen und Ludwigs des Frommen (768-840), in: Karl der Große (wie § 2, Anm. 34), 157-172.
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Münzen, zum regelmäßigen Gebrauch des zuvor nur sporadischen Titels »Kaiser der Römer« überging?9 c) Kaisertum und Reichseinheit Zwar hatte die Kaiserkrönung Karl dem Großen gerade keine Macht befugnisse einbringen sollen, die er nicht schon zuvor besessen hätte, doch führte sie nach innen zu einer deutlichen Steigerung seines mon archischen Selbstgefühls, wobei er nicht die römische, sondern die christliche Seite des Kaisertums hervorkehrte. Anfang 802 verordnete er einen allgemeinen Treueid auf das nomen Caesaris, der auch die Verpflichtung auf den Schutz der Kirchen, der Witwen und Waisen, auf die Sonntagsheiligung und sogar die Einhaltung der Zehn Gebote einschloß.*40 Ein folgenreiches Problem, das erst mit der Zeit in den Vordergrund trat, lag darin, daß Karls fränkisches Königtum herge brachtem Erbrecht unterlag und gegebenenfalls unter mehreren Söh nen aufzuteilen war, während seine neue, universale Würde ihrem Wesen nach nicht geteilt werden konnte. Als Karl Anfang 806 in der sog. Divisio regnorum sein Haus bestellte, traf er keine ausdrückliche Verfügung über das Kaisertum, hielt an der üblichen Zuweisung etwa gleich großer Erbteile fest, verschob aber fühlbar die Gewichte, indem er seinem ältesten Sohn Karl die zentrale Francia (mit Hausgut und Reichsvolk) ungeschmälert in Aussicht stellte, während Pippin und Ludwig nur Erweiterungen ihrer Unterkönigreiche Italien und Aqui tanien erwarten durften.41 Die förmliche Weitergabe des Kaisertums unterblieb wohl auch wegen des 806 noch ungeklärten Verhältnisses zu Byzanz und wurde dann Karls Auswahl entzogen, weil er 810 und ”G. rösch, ONOMA BAEIAEIAX, 1978, 11 Iff.; J.-M. Sansterre, A propos des titres d’empereur et de roi dans le haut moyen âge, in; Le souverain à Byzance et en Occident du VIIIe au Xe siècle, Hg. A. Dierkens u. a., 1991, 15—43. 40 F. L. GANSHOF, Le programme de gouvernement impérial de Charlemagne (1963), engl. in: Ders., The Carolingians and the Frankish Monarchy, 1971, 55-85; Be cher, Eid (wie § 6, Anm. 20), 201 ff.; T. M. Buck, Capitularia imperatoria, in: HJb 122, 2002, 1-26. 41 W. SCHLESINGER, Kaisertum und Reichsteilung. Zur Divisio regnorum von 806 (1958), zuletzt in: Zum Kaisertum (wie Anm. 14), 116-173; Classen, Karl der Große (wie III, 8), 216ff.; D. HÄGERMANN, Reichseinheit und Reichsteilung, in: HJb 95, 1975, 278-307; Ders., Quae ad profectum et utilitatem pertinent, in: Peasants & Townsmen (wie § 10, Anm. 18), 605-617; Kasten, Königssöhne (wie III, 8), 154 ff.
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811 den Tod seiner Söhne Pippin und Karl hinnehmen mußte, so daß ihm allein Ludwig als legitimer Erbe blieb. Erst nach seiner Aner kennung durch die Kaisermacht des Ostens (812) zog Karl daraus die Konsequenz, den aquitanischen König in byzantinischen Formen, d. h. ohne Einschaltung des Papstes oder anderer hoher Geistlicher, und womöglich durch Selbstkrönung im September 813 zum Mitkai ser und Haupterben zu erheben, neben dem einzig Pippins Sohn Bern hard eine Unterherrschaft in Italien zugestanden wurde.42 Als Karl der Große am 28. Januar 814 in Aachen starb und be graben wurde,43 ging seine Machtfülle somit unangefochten auf Lud wig über, an dem mit der Zeit der Beiname »der Fromme« haften blieb.44 Er empfand sich als Erbe einer universalen Aufgabe, nannte sich von Anfang an nicht mehr rex Francorum, sondern imperator augustus45 und brachte auch seine Rolle als Familienoberhaupt fühl bar zur Geltung, indem er seine Schwestern und später auch seine illegitimen Halbbrüder vom Hof verwies, den Neffen Bernhard erst nach persönlicher Huldigung als König von Italien bestätigte und sei 42W. Wendling, Die Erhebung Ludwigs d. Fr. zum Mitkaiser im Jahre 813 und ihre Bedeutung für die Verfassungsgeschichte des Frankenreiches, in: FMASt 19, 1985, 201-238; E. Tremp, Studien zu den Gesta Hludowici imperatoris des Trierer Chorbischofs Thegan, 1988, 93ff.; J. FRIED, Elite und Ideologie oder die Nach folgeordnung Karls des Großen vom Jahre 813, in: La royauté (wie § 1, Anm. 14), 71-109. 41 H. Beumann, Grab und Thron Karls des Großen zu Aachen (1967), zuletzt in: Ders., Wissenschaft vom Mittelalter, 1972, 347-376; A. Dierkens, Autour de la tombe de Charlemagne, in: Le souverain (wie Anm. 39), 156-180; H. Drechsler, Überlegungen zur Grablege Karls des Großen und Ottos III. im Aachener Münster, in: RömHM 41, 1999, 129-156; J. L. Nelson, Carolingian Royal Funerals, in: Rituals of Power, Hg. F. Theuws u. a., 2000, 131-184. - Zum weiten Feld der Nachwirkung: Karl der Große als vielberufener Vorfahr, Hg. L. E. SaurmaJeltsch, 1994; K. F. Werner, Karl der Große oder Charlemagne?, 1995; Ker ner, Karl der Große (wie Anm. 32), 93ff.; Karl der Große und das Erbe der Kulturen, Hg. F.-R. Erkens, 2001; Karl der Große und sein Nachleben in Ge schichte, Kunst und Literatur, Hg. T. Krads u. a., in: ZAGV 104/105, 2002/03, 9-764. 44 R. Schieffer, Ludwig »der Fromme«, in: FMASt 16, 1982, 58-73. 45 F. L. Ganshof, Louis the Pious Reconsidered (1957), zuletzt in: Ders., The Carolingians (wie Anm. 40), 261-272; T. SCHIEFFER, Die Krise des karolingischen Imperiums, in: Aus Mittelalter und Neuzeit (Fs. G. Kallen), Hg. J. Engel u. a., 1957, 1-15; T. F. X. Noble, Louis the Pious and His Piety Re-Reconsidered, in: RBPH 58, 1980, 297-316; K. F. Werner, Hludovicus Augustus. Gouverner Tempire chrétien - Idées et réalités, in: Charlemagne’s Heir, Hg. P. Godman u. a., 1990, 3-123.
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ne eigenen Söhne Lothar I. und Pippin zu Unterkönigen in Bayern und Aquitanien machte.46 Während er 815 den von Karl erzielten Ausgleich mit Byzanz vollends ratifizieren konnte, wurden im Ver hältnis zum Papsttum grundsätzliche Fragen aufgeworfen, als Leo III. einen neuen Aufstand seiner städtischen Gegner mit eigenmächtigen Todesurteilen ahndete und nach seinem Tod (816) der erstmals seit der Erneuerung des westlichen Kaisertums vakante Stuhl Petri ohne Rücksprache mit Ludwig wieder besetzt wurde. Stephan IV. (816-817) nahm indes sogleich den Römern einen Treueid auf den Kaiser ab und reiste zu einer Begegnung mit ihm nach Reims. Dort legte er Wert darauf, Ludwig und seine Gattin Irmingard zu salben und mit einer vermeintlichen Krone Konstantins zu krönen, was ohne konstitutive Bedeutung war, aber an den römischen Ursprung des Kaisertums erinnern konnte.47 Im Gegenzug erhielt er ein Privileg, das durch seine Bestätigung für den Nachfolger Paschalis I. (817-824) aus dem folgenden Jahr als Pactum Hludovicianum bekannt ist; neben Bestand und Autonomie des Kirchenstaates sollte es auch die Freiheit der Papstwahl sichern, die erst nach der Weihe dem Kaiser anzuzei gen war.48 Diesem Verzicht auf ständige Einmischung in Rom ent sprach der sichtliche Wille Ludwigs, dem Papsttum auch weiterhin keine Mitwirkung an den Entscheidungen über die Zukunft von Dy nastie und Kaisertum zu gewähren. Ohne Beteiligung des Paschalis bestimmte er nämlich auf der Aachener Reichsversammlung im Juli 817 seinen ältesten Sohn Lothar zum Nachfolger, indem er ihn von eigener Hand zum Mitkaiser krönte, und ordnete an, daß Pippin, sein zweiter Sohn, auch über den Tod des Vaters hinaus nicht mehr als das unwesentlich erweiterte Aquitanien innehaben und der jüngste Bruder Ludwig dereinst Bayern samt den slawischen Grenzgebieten verwal ten sollte. Diese sog. Ordinatio imperii zielte also auf dauerhafte Wahrung der Reichseinheit durch die allem übergeordnete Autorität 46 P. Depreux, Prosopographie de l’entourage de Louis le Pieux (781-840), 1997. 47 C. Brühl, Fränkischer Krönungsbrauch und das Problem der »Festkrönungen« (1962), zuletzt in: Ders., Aus Mittelalter (wie Anm. 4), 351-^112, hier 368ff.; J. Fried, Ludwig der Fromme, das Papsttum und die fränkische Kirche, in: Charle magne’s Heir (wie Anm. 45), 231-273, hier 249ff.; P. Depreux, Saint Remi et la royauté carolingienne, in: RH 285, 1991, 235-260; Ders., Empereur, Empereur associé et Pape au temps de l’empereur Louis le Pieux, in: RBPH 70, 1992, 893-906. 48 A. Hahn, Das Hludowicianum, in: AfD 21, 1975, 15-135.
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des Kaisers ab und wollte zudem mit einem Verbot jeder weiteren Aufteilung die Herrschaftsform letztlich von den familiären Geschikken des regierenden Hauses unabhängig machen. Um des politischen Zusammenhalts der von Karl geeinten (lateinischen) Christenheit wil len nahm sie den Bruch mit uralten Grundsätzen des Erbrechts in Kauf, die durch jahrzehntelange Alleinherrschaft Pippins, Karls und Ludwigs verblaßt zu sein schienen.44 *49 Widerspruch gegen den kühnen Schritt regte sich spontan nur beim Neffen Bernhard von Italien, der in der Ordinatio nicht berücksichtigt, aber auch nicht abgesetzt worden war und noch 817 einen rasch zu sammengebrochenen Aufstand unternahm.50 Daß er die von Ludwig statt der Todesstrafe verfügte Blendung nicht überlebte (818), bedeu tete eine fühlbare moralische Belastung für den Kaiser und gab ihm Veranlassung, 821/22 der Begnadigung der Mitverschwörer eine öf fentliche Buße in Attigny wegen der Verfehlungen gegen die Seinen folgen zu lassen.51 Da gleichzeitig die Ordinatio von den Großen er neut beeidet wurde, ist darin kein politischer Kurswechsel zu sehen; vielmehr war es konsequent, dem Junior-Kaiser 822 das seit Bern hards Sturz verwaiste Italien als Feld eigener Bewährung zuzuwei sen.52 Lothar erschien zu Ostern 823 auf Paschalis’ Einladung als erster Kaiser seit 800 in Rom und ließ sich feierlich krönen, nahm dann aber energisch Hoheitsrechte in Anspruch, worüber es rasch zu Spannungen kam. Immerhin gelang es ihm, unter dem nächsten, den Franken gewogenen Papst Eugen II. (824-827) in der sog. Constitutio Romana eine neue Rechtsordnung durchzusetzen, die den Kirchen44 H. Beumann, Unitas ecclesiae - unitas imperii - unitas regni (1981), zuletzt in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (wie § 7, Anm. 32), 3-43; E. Boshof, Einheitsidee und Teilungsprinzip in der Regierungszeit Ludwigs des Frommen, in: Charlemagne’s Heir (wie Anm. 45), 161-189; F.-R. Erkens, Divisio legitima und unitas imperii, in: DA 52, 1996, 423-485; KASTEN, Königssöhne (wie III, 8), 168ff. 50 J. Jarni.t, Kaiser Ludwig der Fromme und König Bernhard von Italien (1989), zuletzt in: Ders., Herrschaft (wie § 2, Anm. 27), 329-340; P. Depreux, Das Königtum Bernhards von Italien und sein Verhältnis zum Kaisertum, in: QFIAB 72, 1992, 1-25; G. Wolf, Nochmals zum sogenannten »Aufstand« und zum »Pro zeß« König Bernhards von Italien 817/18, in: ZRG GA 115, 1998, 572-588. 51 M. DE Jong, Power and humility in Carolingian society: the public penance of Louis the Pious, in: Early Medieval Europe 1, 1992, 29-52; zur Blendung als Strafe vgl. G. Bührer-Thierry, »Just Anger« or »Vengeful Anger«?, in: Anger’s Past, Hg. B. H. Rosenwein, 1998, 75-91. 5- J. Jarnut, Ludwig der Fromme, Lothar I. und das Regnum Italiae (1990), zuletzt in: Ders., Herrschaft (§ 2, Anm. 27), 341-354.
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Staat gemeinsamer kaiserlich-päpstlicher Aufsicht unterwarf und künftigen Päpsten vor ihrer Weihe einen Treueid vor Beauftragten des Kaisers abverlangte.53 Ende 825 kehrte Lothar aus Italien zurück, um fortan als gleichberechtigter Mitkaiser an der Regierung des Vaters teilzuhaben, was Urkunden und Kapitularien im gemeinsamen Namen beider Herrscher zum Ausdruck brachten.
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Träger der öffentlichen Gewalt
a) Das Königtum und seine Grundlagen Wie unter den Merowingern war auch das karolingische Frankenreich eine politische Ordnung, die vom Königtum her verstanden wurde.1 Der Dynastiewechsel, der 751 im Zeichen höherer Idoneität gestanden hatte, verhinderte nicht, daß sich sogleich eine neue Exklusivität ge blütsrechtlicher Herrschaftsansprüche herausbildete, wenn auch auf akklamatorische Zustimmung der Großen bei Erbteilungen und Re gierungsübernahmen selten verzichtet wurde und im weiteren 9. Jh. die familiäre Entwicklung der Karolinger einer bewußten Auswahl wieder größeren Spielraum eröffnete.* 12 Soweit sich die geistliche Sal bung durchsetzte (§ 2), wurde sie als sichtbarer Ausdruck göttlicher Begnadung des Königs begriffen und wirkte sich überhaupt auf seine zeremonielle Selbstdarstellung aus; sie gewährte eine sakrale Legiti mation, förderte mit der Zeit aber auch die Vorstellung vom König53 Noble, Republic (wie Anm. 7), 308 ff. 1 F. L. Ganshof, Charlemagne et les institutions de la monarchic franque (1965), engl. in: DERS., Frankish Institutions under Charlemagne, 1968, 3-55; J. Fried, Der karolingische Herrschaftsverband im 9. Jh. zwischen »Kirche« und »Königs haus«, in: HZ 235, 1982, 1-43; H.-W. GOETZ, Regnum: Zum politischen Denken der Karolingerzeit, in: ZRG GA 104, 1987, 110-189; J. L. Nelson, Kingship and empire in the Carolingian World, in: Carolingian culture (wie § 1, Anm. 19), 52-87; E. Tremp, Zwischen stabilitas und mutatio regni, in: La royaute (wie § 1, Anm. 14), 111-127. 2W. SCHLESINGER, Karlingische Königswahlen (1958), zuletzt in: Königswahl und Thronfolge in fränkisch-karolingischer Zeit, hg. E. Hlawitschka, 1975, 190-266; G. Tellenbach, Die geistigen und politischen Grundlagen der karolingischen Thronfolge (1979), zuletzt in: DERS., Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 2, 1988, 503-621; J. L. Nelson, The Lord’s Anointed and the People’s Choi ce: Carolingian Royal Ritual (1987), in: Dies., The Frankish World (wie § 12, Anm. 22), 99-131.
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tum als einem von Gott verliehenen und durch Männer der Kirche vermittelten Amt.3 In diesem Sinne hat die Karolingerzeit manches theoretische Schrifttum hervorgebracht, das Rolle und Aufgaben des Königs nach biblischen, patristischen und klassisch-antiken Mustern ethisch zu fundieren suchte.4 In der Praxis hingen die Befugnisse des Herrschers, die in der umfassenden Banngewalt des militärischen An führers wurzelten und nirgends positiv oder negativ umschrieben wa ren, wesentlich von seiner persönlichen Autorität und von seinem Geschick ab, die adlige Führungsschicht hinter sich zu einen.5 Rebel lionen, die sich nicht gegen die Monarchie, sondern gegen die Be vorzugung anderer Adelskreise durch den Herrscher richteten, blieben nicht einmal unter Karl dem Großen aus und wurden im 9. Jh. bei wachsender Rivalität zwischen den Karolingern zu einer permanenten Gefahr, die anzeigt, daß die maßgebliche Beteiligung an den politi schen Entscheidungen von der Aristokratie als erzwingbares subjek tives Recht empfunden wurde.67 Die allgemeine Loyalität suchten Karl und seine Nachfolger durch Wiederbelebung des merowingi sehen Untertaneneids zu festigen, der
3 E. Ewig, Zum christlichen Königsgedanken im Frühmittelalter (1956), zuletzt in: Ders., Spätantikes und fränkisches Gallien (wie § 2, Anm. 38), 3-71; W. UllMANN, The Carolingian Renaissance and the Idea of Kingship, 1969; J. L. Nelson, Inauguration Rituals (1977), zuletzt in: Dies., Politics and Ritual in Early Medieval Europe, 1986, 283-307; A. ANGENENDT, Karl der Große als »rex et sacerdos«, in: Das Frankfurter Konzil (wie § 13, Anm. 20), 255-278; Y. Sassier, Royauté et idéologie au Moyen Age, 2002, 116ff.; Semmler, Dynastiewechsel (wie § 2, Anm. 30), 87ff„ 11 Iff. 4 H. H. Anton, Fürstenspiegel und Herrscherethos in der Karolingerzeit, 1968; Ders., Pseudo-Cyprian. De duodecim abusivis saeculi und sein Einfluß auf den Kontinent, in: Die Iren (wie III, 8), Bd. 2, 568-617; R. Schieffer, Zwei karolin gische Texte über das Königtum, in: DA 46, 1990, 1-17; B. Judic, La tradition de Grégoire le Grand dans l’idéologie politique carolingienne, in: La royauté (wie § 1, Anm. 14), 17-57; R. Meens, Politics, mirrors of princes and the Bible, in: Early Medieval Europe 7, 1998, 345-357; A. Breen, De XII Abusiuis: text and trans mission, in: Ireland and Europe in the early Middle Ages, Hg. P. Ni ChathÄIN, 2002, 78-94. 5 J. Hannig, Consensus fidelium, 1982; Althoff, Verwandte (wie § 12, Anm. 2), 155ff.; B. Kasten, Laikale Mittelgewalten: Beobachtungen zur Herrschaftspraxis der Karolinger, in: Karl der Große und das Erbe (wie § 13, Anm. 43), 54—66; Le Jan, Der Adel (wie § 12, Anm. 25). 6 K. Brunner, Oppositionelle Gruppen im Karolingerreich, 1979 (dazu R. Schief fer, in: HJb 102, 1982, 220f.); Kräh, Absetzungsverfahren (wie §6, Anm. 43), 7 ff.; Airlie, Semper fideles! (wie § 12, Anm. 26).
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als Treueid an die Begrifflichkeit der Vasallität (§ 12) anknüpfte.7 Darin spiegelt sich ein tiefgreifender Wandel im Heerwesen: Um die militärische Handlungsfähigkeit nach innen und außen als Kem ihrer Vorrangstellung7 8 zu sichern, waren die Herrscher genötigt, neben dem allgemeinen Volksaufgebot aller Freien zunehmend auf die bewaff nete Anhängerschaft der Großen zurückzugreifen, die auch (ursprüng lich unfreie) Vasallen einschloß.9 Daß nur deren Grundherrschaften über ausreichend Besitz und Arbeitskräfte verfügten, um voll gerü stete Krieger unterhalten zu können, belegt einen engen Zusammen hang von politischer Macht und wirtschaftlicher Überlegenheit, der wiederum im Königtum am deutlichsten zutage tritt. Neben ihrem Familienerbe in Austrien stützten sich die Karolinger auf das ausge dehnte Fiskalgut der Merowinger und vielfältigen Kirchenbesitz. Die ses Vermögen kam nicht nur ihrem eigenen Lebensunterhalt, sondern auch ihren Abgesandten und der Stärke des Heeres zugute und stellte obendrein ein wertvolles Kapital zur verpflichtenden Begünstigung von Amtsträgem, Vasallen und hoher Geistlichkeit dar.1011 Dazu kamen nicht näher bezifferbare Einkünfte aus Zöllen und Münzprägung, Ge richtsgefälle und Bannbußen, individuelle Abgaben zinspflichtiger Leute und gewohnheitsrechtliche »Geschenke« und »Dienste«, die von Lehnsträgem und Kirchen erwartet wurden." Die weite räumli-
7 E. Magnou-Nortier, Foi et fidélité, 1976; L. KOLMER, Promissorische Eide im Mittelalter, 1989, 80ff.; Becher, Eid (wie § 6, Anm. 20), 160ff. 8 M. McCormick, The Liturgy of War in the Early Middle Ages: Crisis, Litanies, and the Carolingian Monarchy, in: Viator 15, 1984, 1-23; Nelson, Violence (wie § 12, Anm. 44); T. Scharff, Die Kämpfe der Herrscher und der Heiligen, 2002. 9 F. L. Ganshof, L’armée sous les carolingiens, in: Ordinamenti militari in occidente nell’alto medioevo, 1968 (Sett.Cent.it. 15), 109-130; Fleckenstein, Adel (wie § 9, Anm. 11); D. Barthélemy, La chevalerie carolingienne, in: La royauté (wie § 1, Anm. 14), 159-175; B. S. Bachrach, Early Carolingian Warfare, 2001; J. Fleckenstein, Rittertum und ritterliche Welt, 2002, 35 ff. 10 W. Metz, Das karolingische Reichsgut, 1960; F. Dorn, Die Landschenkungen der fränkischen Könige, 1991; neuere Einzelstudien: T. ZOTZ, Basilica in villa Helibrunna ... una cum appendiciis suis, in: Region und Reich (wie § 5, Anm. 4), 193-215; H. Wagner, Zur Topographie von Königsgut und Pfalz Salz, in: Deut sche Königspfalzen, Bd. 4, Hg. L. Fenske, 1996, 149-183. Vgl. § 10, Anm. 27. 11 C. Brühl, Zentral- und Finanzverwaltung im Franken- und im Langobardenreich (1973), zuletzt in: Ders., Aus Mittelalter (wie § 13, Anm. 4), 233-266, hier 258ff.; I DüRLlAT, Les finances publiques de Dioclétien aux Carolingiens (284-889), 1990, 189ff. (dazu R. Kaiser, in: MIÖG 101, 1993, 104-106); M. Hardt, Kö nigsschatz, in: RGA 17, 2001, 134-136.
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ehe Streuung dieser Einnahmequellen - mit regionalen Schwerpunk ten, die bei den Reichsteilungen des 9. Jh. erkennbar ins Gewicht fielen - erlaubte und erforderte im allgemeinen einen ambulanten Regierungsstil, bei dem Pfalzen als zunächst unbefestigte Repräsen tationsbauten mit angeschlossenem Wirtschaftshof bevorzugt aufge sucht wurden.12 Die weitgehende Konzentration des Herrschaftsall tags auf die Pfalz Aachen in den letzten 20 Jahren Karls und den ersten Ludwigs stellt durchaus eine Ausnahme dar, die durch das Ende der Expansionspolitik bedingt war und den Höhepunkt in der Effektivität zentraler Versorgung anzeigt.13
b) Die Regierung des Gesamtreiches Forum und Instrument der Beherrschung des ausgedehnten Reiches war der königliche Hof, dessen Gestalt zur Zeit Karls rückblickend 882 von Erzbischof Hinkmar von Reims beschrieben worden ist und prägend auf das gesamte Mittelalter gewirkt hat.14 Seinen Kem bil-
12 C. Brühl, Fodrum, gistum, servitium regis, Bd. 1-2, 1968; Gockel, Königshöfe (wie § 2, Anm. 42); K. Heinemeyer, Zu Entstehung und Aufgaben der karolin gischen Pfalzstifte, in: Studien zum weltlichen Kollegiatstift in Deutschland, Hg. I. Crusius, 1995, 110—151; M. Innes, People, places and power in Carolingian society, in: Topographies of power in the early Middle Ages, Hg. M. DE JONG u. a., 2001, 397-437; T. ZOTZ, Pfalzen zur Karolingerzeit, in: Deutsche Königs pfalzen, Bd. 5 (wie § 1, Anm. 29), 13-23. 11 E. Ewig, Résidence et capitale pendant le haut moyen âge, in: RH 230, 1963, 25-72, bes. 58ff.; D. Flach, Untersuchungen zur Verfassung und Verwaltung des Aachener Reichsgutes von der Karlingerzeit bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1976; R. Schieffer, Vor 1200 Jahren: Karl der Große läßt sich in Aachen nieder, in: Karl der Große (wie § 2, Anm. 34), 3-21; G. BINDING, Die Aachener Pfalz Karls des Großen als archäologisch-baugeschichtliches Problem, in: ZAM 25/26, 1997/98, 63-85; J. L. Nelson, Aachen as a place of power, in: Topographies of power (wie Anm. 12), 217-241; L. Falkenstein, Pfalz und vicus Aachen, in: Orte der Herrschaft, Hg. C. Ehlers, 2002, 131-181. 14 Hinkmar, De ordine palatii (wie III, 4a); vgl. J. FLECKENSTEIN, Die Struktur des Hofes Karls des Großen im Spiegel von Hinkmars De ordine palatii (1976), zuletzt in: Ders., Ordnungen (wie § 1, Anm. 31), 67-83; J. L. NELSON, La cour impériale de Charlemagne (1998), zuletzt in: Dies., Rulers and Ruling Families in Early Medieval Europe, 1999, Nr. XIV; S. Airlie, The Palace of Memory: The Caro lingian Court as Political Centre, in: Courts and Regions in Medieval Europe, Hg. S. Rees Jones, 2000, 1-20; W. Rösener, Königshof und Herrschaftsraum: Norm und Praxis der Hof- und Reichsverwaltung im Karolingerreich, in: Uomo e spazio (wie § 10, Anm. 9), 443-478.
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deten die Königin und die Herrscherfamilie,15 deren Hauswesen nach dem Wegfall des Hausmeiers - von den Inhabern der vier alten Hofämter getragen wurde: Kämmerer, Seneschalk/Truchseß, Mund schenk und Stallgraf/Marschalk.16 Sie überließen jedoch die elemen tare Versorgung des Hofes nachgeordneten Beauftragten und waren selbst als enge Vertraute des Königs mit der Verwaltung seiner Güter und Einkünfte, mit militärischen und diplomatischen Aufgaben sowie mit allgemeiner politischer Beratung befaßt. Von den Merowingern übernommen war auch das Amt des Pfalzgrafen, der den König in seiner gerichtlichen Tätigkeit unterstützte und zunehmend vertrat,17 während die Neuordnung des geistlichen Hofdienstes in Gestalt der Hofkapelle unter einem obersten Kapellan auf Pippin zurückgeht.18 Er hatte einen Verband der in seinem Umkreis lebenden und ihm per sönlich ergebenen Kleriker entstehen lassen, denen die Obhut der siegverheißenden Reliquien (darunter der namengebenden cappa des hl. Martin) und der Vollzug des herrscherlichen Gottesdienstes über tragen waren. Daneben fiel ihnen an Stelle der merowingischen referendarii der gesamte Schriftverkehr zu, so daß sich innerhalb der Hofkapelle eine auf Urkunden und Briefe spezialisierte Gruppe von »Notaren« formierte, die unter der Leitung eines »(obersten) Kanz lers« für die Formulierung der politischen Entschlüsse zuständig wur de.19 An deren Vorbereitung waren zudem nach freiem Ermessen des Königs weltliche und geistliche Große beteiligt, die sich in wechseln der Anzahl am Hof aufhielten und bei Bedarf auch auf förmlicheren Hoftagen ihren Rat erteilten. Darüber hinaus gab es die aus der Heeresversammlung hervorgegangene, gleichfalls aristokratische Reichs 15 J. L. Nelson, La famille de Charlemagne (1991), zuletzt in: Dies., Rulers (wie Anm. 14), Nr. XII; Dies., Les reines carolingiennes, in: Femmes et pouvoirs des femmes à Byzance et en Occident (VIC-XIL siècles), Hg. S. Lebecq u. a., 1999, 121-132; M. Richter, Karl der Große und seine Ehefrauen, in: Karl der Große und das Erbe (wie § 13, Anm. 43), 17-24; S. MacLean, Queenship, Nunneries and Royal Widowhood in Carolingian Europe, in: PP 178, 2003, 3-38. "’W. RöSENER, Hofämter an mittelalterlichen Fürstenhöfen, in: DA 45, 1989, 485-550, hier 496ff. 17 P. DEPREUX, Le rôle du comte du Palais à la lumière des sources relatives au règne de l’empereur Louis le Pieux (814-840), in: FMASt 34, 2000, 94—111; W. RÖSENER, Pfalzgraf, in: RGA 23, 2003, 3f. 18 J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der deutschen Könige, Bd. 1, 1959; R. SchiefFER, Hofkapelle und Aachener Marienstift bis in staufische Zeit, in: RhV 51, 1987, 1-21. 19 Bautier, La chancellerie (wie § 1, Anm. 9); Schriftkultur (wie § 1, Anm. 5).
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Versammlung, die in etwa jährlichem Rhythmus einberufen wurde und den Rahmen für die größeren Entscheidungen abgab.20 Ihren programmatischen Ausdruck fand die am Hof beratene Po litik in Erlassen, die wegen ihrer Einteilung in capitula als Kapitula rien bezeichnet wurden und ein breites Spektrum von generellen Nor men über administrative Anweisungen bis hin zu religiöser Belehrung umfassen.21 In besonderen Fällen wie Karls Admonitio generalis von 789 oder Ludwigs Admonitio ad omnes regni ordines von 825 neh men die Texte den Charakter umfassender Reformkonzepte an.22 Der Anspruch auf reichsweite (oder sonstwie räumlich abgegrenzte) Gel tung hebt die Kapitularien grundsätzlich von den unterschiedlichen Leges der einzelnen Völker (§ 9) ab, als deren Ergänzung sie zumin dest teilweise betrachtet wurden. Ihre Rechtsbasis war die allgemeine Regierungsgewalt des Königs, der jedoch nicht selten auf Reichsver sammlungen und öfter wohl noch informell einen Konsens der Gro ßen herbeiführte, von dem die Durchsetzbarkeit wesentlich abhing.23 Der Effektivität sollte auch die schriftliche Fixierung dienen, die ne ben der mündlichen Verkündung zunehmendes Eigengewicht und ge legentlich sogar die Priorität gewann, so daß insoweit von förmlicher Gesetzgebung gesprochen werden kann.24 Die Verbreitung der zu G. Althoff, Colloquium familiäre - Colloquium secretum - Colloquium publi cum (1990), zuletzt in: Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter, 1997, 157-184; P. DEPREUX, Lieux de rencontre, temps de négociation: Quelques ob servations sur les plaids généraux sous le règne de Louis le Pieux, in: La royauté (wie § 1. Anm. 14), 213-231; R. Schneider, Tractare de statu regni, in: Mediaevalia Augiensia, Hg. J. Petersohn, 2001, 59-78; T. Reuter, Assembly Politics in Western Europe from the Eighth Century to the Twelfth, in: The Medieval World, Hg. P. Linehan u. a., 2001, 432^450; M. Springer, Märzfeld, in: RGA 19, 2001, 113-116; S. Airlie, Talking Heads: Assemblies in Early Medieval Ger many, in; Political Assemblies in the earlier Middle Ages, Hg. P. S. Barnwell u. a., 2003, 29-46. 21 F. L. Ganshof, Was waren die Kapitularien?, dt. 1961; H. Mörder, Bibliotheca capitularium regum Francorum manuscripta, 1995; Ders., Studien (wie § 1, Anm. 8). 22 O. Guillot, Une ordinatio méconnue, in: Charlemagne’s Heir (wie § 13, Anm. 45), 455-486; T. M. Buck, Admonitio und Praedicatio, 1997; S. Vanderputten, Faith and Politics in Early Medieval Society, in: RHE 96, 2001, 311-332. 22 D. Hägermann, Zur Entstehung der Kapitularien, in: Grundwissenschaften und Geschichte (Fs. P. Acht), Hg. W. SCHLÖGL u. a., 1976, 12-27; Hannig, Consensus (wie Anm. 5). 152ff. 24 R. Schneider, Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Bereich der Kapitularien, in: Recht (wie § 1, Anm. 10), 257-279; A. Bühler, Wort und Schrift im karolingi-
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nächst einzeln in Umlauf gekommenen Texte25 mündete in private Sammlungen, unter denen die des Abtes Ansegis von Saint-Wandrille (827) schnell die höchste Autorität erlangte.26 Das Bestreben, dem erklärten Willen der Zentrale möglichst überall Respekt zu verschaf fen, ist auch daran zu erkennen, daß ein Teil der Kapitularien aus drücklich an Königsboten gerichtet war, die vom Hof ausgesandt wur den, um in einem bestimmten Bezirk, ihrem missaticum, Verwaltung und Rechtspflege zu überwachen, Treueide einzufordem und gegen Mißstände einzuschreiten. Die Wirkung bleibt freilich ungewiß, denn, um emstgenommen zu werden, mußten die missi (geistlichen und weltlichen Standes) derselben adligen Führungsschicht entnommen sein wie die hauptsächlich zu Kontrollierenden und konnten allenfalls ein gewisses Gegengewicht zu den regionalen Machthabern schaffen, die es im Laufe des 9. Jh. verstanden, die Missatgewalt als zusätzlich legitimierenden Rechtstitel an sich zu ziehen.27 Trotz aller Hemmnisse in der Praxis ist jedoch der zentrale Gestaltungswille Karls des Gro ßen auf Jahrhunderte einzigartig geblieben. c) Regionale Instanzen und Sondergewalten
Nachdem der politische Aufstieg Karl Martells und seiner Erben im 8. Jh. gerade darin bestanden hatte, alle Dukate der Merowingerzeit ihrer sehen Recht, in: AKG 72, 1990, 275-296; J. L. Nelson, Literacy in Carolingian Government (1990), zuletzt in: Dies., The Frankish World (wie § 12, Anm. 22), 1-36; R. McKitterick, Zur Herstellung von Kapitularien, in: MIÖG 101, 1993, 3-16. 25 G. SCHMITZ, Zur Kapitulariengesetzgebung Ludwigs des Frommen, in: DA 42, 1986, 471-516; H. MORDEK, Unbekannte Texte zur karolingischen Gesetzgebung (1986), zuletzt in: Ders., Studien (wie § 1, Anm. 8), 161-185; Ders. u. a., Neue Kapitularien und Kapitulariensammlungen (1987), zuletzt in: ebd., 81-159; P. LANDAU, Ludwig der Fromme als Gesetzgeber, in: Fs. G. Kleinheyer, Hg. F. Dorn u. a., 2001, 371-386; M. Geiselhart, Die Kapitulariengesetzgebung Lo thars I. in Italien, 2002. 26 Die Kapitulariensammlung des Ansegis, Hg. G. SCHMITZ, 1996; O. MÜNSCH, Der Liber legum des Lupus von Ferrières, 2001. 27 K. F. WERNER, Missus - Marchio - Comes (1980), zuletzt in: Ders., Vom Fran kenreich (wie § 2, Anm. 39), 108-156; einschränkend: J. Hannig, Pauperiores vassi de infra palatio?, in: MIÖG 91, 1983, 309—374; Ders., Zentrale Kontrolle und regionale Machtbalance, in: AKG 66, 1984, 1-46; R. Pokorny, Eine BriefInstruktion aus dem Hofkreis Karls des Großen an einen geistlichen Missus, in: DA 52, 1996, 57-83.
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Autonomie und angestammten Dynastien zu berauben,28 waren Karl der Große und Ludwig der Fromme nur in fernen Randzonen des Reiches wie der Bretagne, Waskonien, Benevent, Kärnten und analog dazu auch dem Kirchenstaat bereit, einheimische Fürsten anzuerken nen.29 Neue Untereinheiten, die sie selbst im Zuge ihrer Familienpo litik durch die gesonderten Königsherrschaften ihrer Söhne in Aqui tanien und Italien, nach 814 auch in Bayern schufen, suchten sie ihrer obersten Aufsicht nicht entgleiten zu lassen.30 Offenkundig waren sie bestrebt, das Reich einheitlich nach Grafschaften zu organisieren, die außerhalb der Francia meist an ältere politische Einteilungen oder auch naturräumliche Gegebenheiten anknüpften, tatsächlich aber nie zu einem lückenlosen Netz mit linearen Grenzen verdichtet werden konnten.31 Die Grafen wurden vom König als seine Sachwalter in allen Belangen, zuständig zumal für die Friedenswahrung, den Kö nigsschutz, die Abgabenerhebung und das Heeresaufgebot, betrachtet und gingen als Teilhaber der öffentlichen Gewalt selbstverständlich aus dem adligen Herrenstand hervor, der auf diese Weise in seinem sozialen Vorrang anerkannt und zugleich in die übergreifende mon archische Ordnung integriert sein sollte.32 Je nach den landschaftli chen Kräfteverhältnissen beruhte die gräfliche Macht bald mehr auf eingebrachtem Eigenbesitz, bald stärker auf übertragenen Königsgütem, bot in jedem Falle aber den Keim für dynastische Erbansprüche auf Kosten einer freien, »amtsrechtlichen« Verfügung des Königs, die selbst Karl und Ludwig eher selten durchsetzten.33 Sie waren es, die 28 Werner, Les principautés (wie § 5, Anm. 11); E. Meineke u. a., Herzog, in: RGA 14,1999,479-491. 29 T. F. X. Noble, Louis the Pious and the Frontiers of the Frankish Realm, in: Charlemagne’s Heir (wie § 13, Anm. 45), 333-347; WOLFRAM, The Creation (wie § 8, Anm. 18), 233-245; J. M. H. Smith, Confronting Identities: the Rhetoric and Reality of a Carolingian Frontier, in: Integration und Herrschaft (wie § 2, Anm. 30). 169-182. “'Kasten, Königssöhne (wie III, 8), 136ff. 31 Differenzierend: Schulze, Grafschaftsverfassung (wie § 4, Anm. 6); Nonn, Pagus (wie § 2, Anm. 43); Borgolte, Grafschaften (wie § 5, Anm. 30); H. K. Schulze, Die Grafschaftsorganisation als Element der frühmittelalterlichen Staatlichkeit, in: JbGF 14, 1990, 29-46; HüLZFURTNER, Grafschaft (wie § 6, Anm. 31); T. BRÜSCH, Die Brunonen, ihre Grafschaften und die sächsische Geschichte, 2000, 158ff.; E. Kupfer, Karolingische Grafschaftsstrukturen im bayrisch-österreichischen Raum, in: MIÖG 111, 2003, 1-17. 32 E. Meineke u. a., Graf/Grafio, in: RGA 12, 1998, 529-555. ” T. Zotz, In Amt und Würden, in: TAJb 22, 1993, 1-23, hier 12ff., zur zeitgenös sischen Auffassung der gräflichen Rolle als ministerium.
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die Gerichtshoheit des Grafen mit seinen nunmehr ständigen Beisit zern, den Schöffen, zu einer Erscheinungsform ihrer königlichen Au torität ausgestalteten.34 Vertreten und unterstützt wurden die Grafen von weiteren Amtsträgem, deren Bezeichnung als centenarius (von centena, Hundertschaft) auf eine ursprünglich eher personale als räumliche Zuständigkeit hindeutet; auch sie traten vornehmlich in der ambulanten Rechtspflege hervor.35 Der erstaunlich rational konzipierte Verwaltungsapparat des Groß reiches hatte sich flexibel den historisch bedingten Unterschieden der einzelnen Regionen anzupassen und nahm schon deshalb nicht überall in gleicher Intensität Gestalt an, wurde zudem aber überlagert durch die individuelle Privilegierung nicht weniger Personen und Institutio nen. Vor allem große Kirchen samt ihrem Besitz erlangten den ka rolingischen Königsschutz und die in Verbindung damit verliehene Immunität, die sie der Amtsgewalt des Grafen und Centenars entzog.36 Darin lag indes nur vordergründig eine Durchbrechung der herr schenden Ordnung, denn die rechtliche Ausnahmestellung erforderte für die gerichtliche Vertretung des Bischofs oder Abtes nach außen wie auch für die interne Rechtssprechung einen laikalen Vogt (advocatus), der seine Funktion zwar nur im Auftrag versah, aber doch einen Rechtstitel zu eigenständiger Machtausübung in die Hand be kam und daher, sofern er nicht ohnehin dem Adel entnommen war, rasch unter die Großen der Gegend aufrückte.37 In weniger formeller Weise dürfte grafenähnliche Autorität aber auch von sonstigen mäch 34 F. L. Ganshof, Charlemagne et l’administration de la justice dans la monarchie franque (1965), engl. in: DERS., Frankish Institutions (wie Anm. 1), 71-97; Ders., Les réformes judiciaires de Louis le Pieux, in: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1965, 418-427; Weitzel, Dingge nossenschaft (wie § 10, Anm. 32). 35 H. Krug, Untersuchungen zum Amt des »centenarius« - Schultheiß, in: ZRG GA 87, 1970, 1-31 u. 88, 1971, 29-109. 36 F. L. Ganshof, L’immunité dans la monarchie franque, in: Les liens de vassalité et les immunités, 21958 (Recueils de la Société J. Bodin 1), 171-216; I. HEIDRICH, Die Verbindung von Schutz und Immunität, in: ZRG GA 90, 1973, 10-30; J. SEMMLER, Iussit... princeps renovare ... praecepta, in: Consuetudines monasticae (Fs. K. Hallinger), Hg. J. F. Angerer u. a., 1982, 97-124; O. VOLK, Immunität, in: TRE 16, 1987, 84-91; B. H. Rosenwein, Negotiating Space, 1999, 99ff. 37 Ganshof, Charlemagne (wie Anm. 1), 48ff.; J. Riedmann, Vescovi e avvocati, in: I poteri temporali dei vescovi in Italia e in Germania nel Medioevo, Hg. C. G. Mor u. a., 1979, 35-76; W. Dohrmann, Die Vögte des Klosters St. Gallen in der Karolingerzeit, 1985; D. WlLLOWEIT, Vogt, Vogtei, in: HRG 5, 1998, 932-946.
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tigen Grundherren für ihren Besitz- und Einflußbereich beansprucht und durchgesetzt worden sein, ohne daß es dazu einer königlichen Legitimation bedurfte. Das Selbstbewußtsein dieser politisch unent behrlichen Schicht zog nicht bloß jedem Amtsgedanken von vornhe rein Grenzen, sondern nötigte den Karolingern schon seit Ludwig dem Frommen Zugeständnisse ab, durch die auch mehrere Graf schaften einer Familie zufallen und sich zudem mit Vogteien und missatischen Befugnissen zu neuen, faktisch erblichen Regionalge walten verbinden konnten.38 Ausdrücklich gefördert wurde eine sol che Konzentration der Kräfte in exponierten Grenzgebieten (wie etwa an der mittleren Donau, nördlich der Elbe, gegenüber den Bretonen oder in Friaul), wo unter wechselnden Rechtsformen Markgrafen mit gesteigerter Kommandogewalt zur äußeren Sicherung des Reiches eingesetzt wurden und damit eine auch nach innen beachtliche Macht position gewannen.39 d) Das Gerichtswesen
Normative, urkundliche und erzählende Quellen zeugen wie schon unter den Merowingern vom Bestreben, bei Streitigkeiten und nach Verbrechen den Frieden in einem förmlichen Gerichtsverfahren wie derherzustellen und die gewaltsame Austragung von Konflikten durch Fehden und Blutrache zu unterbinden.40 Am deutlichsten erkennbar ist das Königsgericht als Ausdruck der obersten Gewalt des Herrschers, der sich dabei jedoch stets von weltlichen und geistlichen Großen beraten ließ und seine Autorität auch auf den Pfalzgrafen wie auf die vom Hof ausgesandten Königsboten übertragen konnte; die Zustän digkeit erstreckte sich auf Fälle von besonderem Gewicht und die Angelegenheiten hervorgehobener Personen, war aber nicht exakt ab gegrenzt, weshalb auch einfache Leute zugelassen werden konnten,
38 Störmer, Adel (wie § 6, Anm. 32), Bd. 2, 382ff.; K. Brunner, Der fränkische Fürstentitel im neunten und zehnten Jahrhundert, in: Intitulatio, Bd. 2 (wie § 13, Anm. 34), 179-340; Werner, Naissance (wie § 12, Anm. 25), 430ff. 39 Werner, La genèse (wie § 9, Anm. 8); M. Hardt, Mark (Grenzmark), in: RGA 19, 2001, 282-284. 40 H. Beck u. a„ Blutrache, in: RGA 3, 1978, 81-101; E. Meineke u. a„ Fehde, in: RGA 8, 1994, 279-285; A. Patschovsky, Fehde im Recht, in: Recht und Reich im Zeitalter der Reformation (Fs. H. Rabe), Hg. C. Roll, 1996, 145-178.
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soweit sie sich Zugang zum König zu verschaffen wußten.41 Die reguläre Instanz war indes das aus der Sühnevermittlung hervorge gangene, vom Grafen oder seinem Vertreter geleitete Volksgericht, bei dem Karl der Große die urteilende Gerichtsgemeinde auf drei Termine im Jahr beschränkte und im übrigen durch lebenslang ver pflichtete Schöffen für häufigere Verhandlungen ersetzte.42 Zu unter scheiden ist zwischen dem Bußprozeß, der auf Geldleistungen zur Kompensation des festgestellten Unrechts hinauslief, und dem Kri minalprozeß (bei nicht bußfähigen Vergehen, »handhafter« Tat u. ä.), der zur Hinrichtung, Verstümmelung oder Exilierung des Schuldigen führen konnte.43 Bei der Beweiserhebung spielten Befragungen und Zeugenaussagen, vor allem aber die Ehrenhaftigkeit der Kontrahenten eine weit größere Rolle als Gottesurteile oder Zweikämpfe (Ordale).44 Von erheblicher sozialer Reichweite war daneben die geistliche Gerichtsbarkeit der Bischöfe und ihrer Archidiakone (im Falle ange klagter Bischöfe auch der Synoden), die exklusive Zuständigkeit für Kleriker beanspruchte und generell Verstöße der Gläubigen gegen kanonische Bestimmungen (z. B. im Eherecht) zu ahnden hatte.45 In 41 J. L. Nelson, Dispute Settlement in Carolingian West Francia (1986), zuletzt in: Dies., The Frankish World (wie § 12, Anm. 22), 51-74; P. Fouracre, Carolingian justice: the rhetoric of improvement and contexts of abuse, in: La giustizia nell’alto medioevo (secoli V-VIII), 1995 (Sett.Cent.it. 42), 771-803; R. Le Jan, Justice royale et pratiques sociales dans le royaume franc au IXe siècle, in: La giustizia nell’alto medioevo (secoli IX-XI), 1997 (Sett.Cent.it. 44), 47-85; W. Brown, Unjust Seizure, 2001; J. Weitzel, Königsgericht, in: RGA 17, 2001, 116-119. 42 Weitzel, Dinggenossenschaft (wie § 10, Anm. 32); D. Werkmüller, »Et ita est altercatio finita«, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte (Fs. K. Kroeschell), Hg. G. KÖBLER, 1987, 592-606; J. Weitzel, Gerichtsverfahren, in: RGA 11, 1998, 153-171; G. von Olberg, Gerichtsverfassung, in: ebd. 171-181. 44 K. S. Bader, Zum Unrechtsausgleich und zur Strafe im Frühmittelalter, in: ZRG GA 112, 1995, 1-63; D. Werkmüller, Handhafte Tat, in: RGA 13, 1999, 614-616; T. S. HUCK, Beobachtungen zur Einleitung des Strafverfahrens in frän kischer Zeit, in: Hoheitliches Strafen (wie § 7, Anm. 17), 191-210; J. Weitzel, Prozeß, in: RGA 23, 2003, 514-519. 44 D. WERKMÜLLER, Per pugnam probare, in: Überlieferung, Bewahrung und Ge staltung in der rechtsgeschichtlichen Forschung (Fs. E. Kaufmann), Hg. S. BUCH HOLZ u. a., 1993, 379-390; O. Guillot, Le [duel] judiciaire du champ légal (sous Louis le Pieux) au champ de la pratique en France (XIe s.), in: La giustizia ... (sec. IX-XI) (wie Anm. 41), 715-785; H. Holzhauer u. a., Ordal, in: RGA 22, 2003, 147-161; zur (eingeschränkten) Bedeutung der Folter vgl. M. SCHMOECKEL, Die Tradition der Folter vom Ausgang der Antike bis zum Beginn des lus Commune, in: Fs. G. Kleinheyer (wie Anm. 25), 437-465. 45 W. Hartmann, Der Bischof als Richter, in: RömHM 28, 1986, 103-124; Ders., Synoden (wie III, 8), 462 ff.
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der Verfahrenspraxis sind dabei deutliche Annäherungen an die welt liche Gerichtsbarkeit zu beobachten, so bei den Beweismitteln oder der Herausbildung des genossenschaftlichen Elements der Sendschöf fen.
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a) Ausbau und Reform der karolingischen Reichskirche Die Expansion der karolingischen Macht im 8. Jh. ging einher mit der Ausbreitung des Christentums durch angelsächsische und fränkische Kräfte1, zumal in den rechtsrheinischen Gebieten des Frankenreiches (§§ 3, 4, 7). Dort kam in der ersten Hälfte des 9. Jh. der kirchliche Aufbau mit der Errichtung einer Bistumsorganisation und der Schaf fung eines zunächst sehr weitmaschigen Pfarmetzes12 zum äußeren Abschluß, wenn auch für die Überwindung abergläubisch-magischer Vorstellungen und für die innere Gewinnung der Menschen für Lehre und Ethos des Christentums das meiste noch zu tun blieb.3 Der ge meinsame Glaube und die überall gültige Kirchenverfassung fundier ten wesentlich die Einheit des Reiches aus vielen Völkern und schu fen damit den Rahmen für eine Dominanz des gesalbten Herrschers auch in geistlichen Dingen, die in der abendländischen Geschichte einmalig geblieben ist. Karl der Große verstand und begründete seine Politik zum guten Teil als Schutz der Kirche und Ausbreitung des wahren Glaubens, gewann als Herrscher über die meisten Völker der 1 Büttner, Mission (wie § 3, Anm. 2); von Padberg, Mission (wie § 3, Anm. 2); I. WOOD, The Missionary Life. Saints and the evangelisation of Europe, 400-1050, 2001, 57ff.; L. E. von Padberg u. a., Mission, Missionar, Missionspredigt, in: RGA 20, 2002, 81-94. 2 J. Semmler, Mission und Pfarrorganisation in den rheinischen, mosel- und maas ländischen Bistümern (5.-10. Jh.), in: Cristianizzazione ed organizzazione ecclesiastica delle Campagne nell’alto medioevo: espansione e resistenze, 1982 (Sett.Cent.it. 28), 813-888; K. Schäferdiek, Kirchliche Organisation, in: RGA 16, 2000, 572-577; W. Kohl, Bemerkungen zur Entstehung der Pfarrorganisation im alten Sachsen, in: Ein Eifler für Rheinland-Pfalz (Fs. F.-J. Heyen), Hg. J. MÖTSCH, 2003, 915-931. 3 V. I. J. Flint, The Rise of Magie in Early Medieval Europe, 1991; H. MÖRDER u. a., Von Wahrsagerinnen und Zauberern, in: AKG 75, 1993, 33-64; T. FREMER, Wunder und Magie, in: Hagiographica 3, 1996, 15-88; L. Petzoldt, Magie, in: RGA 19, 2001, 145-149.
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lateinischen Christenheit den Kaisertitel4 und leitete aus seiner gott gewollten Vorrangstellung in der umfassenden ecclesia ganz unbefan gen einen Auftrag zu maßgeblicher Gestaltung des kirchlichen Lebens ab, der unter den Zeitgenossen kaum bestritten wurde.5 Inhaltlich griff er Anliegen der bonifatianischen Reform auf, die schon sein Vater weitergeführt hatte, übernahm auch deren Romverbundenheit und be gegnete demgemäß den Päpsten mit großem, freilich mehr historisch als persönlich bestimmtem Respekt,6 ließ jedoch nie Zweifel daran aufkommen, daß er allein die Schritte zur kirchlichen Erneuerung festlegte und seine Machtmittel dafür einzusetzen gedachte. Dem ent sprach es, daß er das gesamte wirtschaftlich-militärische und geistig moralische Potential der Reichskirche für die Herrschaft des fränki schen Königs und der ihm verbundenen Adelskreise in Dienst zu nehmen suchte.7 Der enge Zusammenhang, der in rituell verstandener Religiosität zwischen dem ordnungsgemäßen Vollzug des Gottesdienstes und der gedeihlichen Entwicklung des Reiches empfunden wurde, legte es Karl vor allem nahe, auf die organisatorische Festigung der Kirche und den einheitlichen Zuschnitt ihrer Liturgie bedacht zu sein. Daher griff er gern die Bestrebungen der angelsächsischen Reformer nach Stärkung der Diözesanhoheit der Bischöfe auf, sorgte in den Missi onsgebieten für die rasche Einrichtung von Bistümern und vollendete die steckengebliebene (Wieder-)Einführung der Metropolitanverfas 4 K. Hauck, Die Ausbreitung des Glaubens in Sachsen und die Verteidigung der römischen Kirche als konkurrierende Herrscheraufgaben Karls des Großen, in: FMASt 4, 1970, 138-172; R. SCHNEIDER, Karl der Große - politisches Sendungs bewußtsein und Mission, in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte, Bd. 2/1, Hg. K. Schäferdiek, 1978, 227-248; H. Mayr-Harting, Charlemagne, the Saxons, and the Imperial Coronation of 800, in: EHR 111, 1996, 1113-1133. 5N. STAUBACH, »Cultus divinus« und karolingische Reform, in: FMASt 18, 1984, 546-581. 6 H. FUHRMANN, Das Papsttum und das kirchliche Leben im Frankenreich, in: Nascita (wie § 2, Anm. 14), 419-456; R. SCHIEFFER, Die Beziehungen karolingischer Synoden zum Papsttum, in: AHC 27/28, 1995/96, 147-163; W. Hartmann, Zur Autorität des Papsttums im karolingischen Frankenreich, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 113-132. 7F. Prinz, Klerus und Krieg im früheren Mittelalter, 1971, 73 ff.; Felten, Äbte (wie § 4, Anm. 30); E. EWIG, Der Gebetsdienst der Kirchen in den Urkunden der späteren Karolingerzeit, in: Fs. B. Schwineköper, Hg. H. Maurer u. a., 1982, 45-86; J. W. BERNHARDT, Servitium regis and Monastic Property in Early Medieval Germany, in: Viator 18, 1987, 53-87.
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sung, so daß bei seinem Tode 21 Kirchenprovinzen bestanden, deren Leitung sich fortan mit dem Titel eines Erzbischofs verband und durch die päpstliche Verleihung des Palliums ausgezeichnet wurde.8 Die Ausrichtung auf institutionelle Muster der Spätantike wurde nicht nur durch englische Vorbilder, sondern auch durch die schriftliche Überlieferung der alten Kanones und Dekretalen in kirchlichen Rechtssammlungen angeregt. Unter ihnen fand die Karl 774 in Rom übergebene Collectio Dionysio-Hadriana eine besondere, aber keines wegs ausschließliche Verbreitung und rief zusammen mit der west gotischen Collectio Hispana um 800 auch eine systematische Umset zung zur Collectio Dacheriana hervor.9 Ebenso genossen unter den liturgischen Büchern römische Exemplare, zumal eine um 785 vom Papst erbetene späte Fassung des Sacramentarium Gregorianum, ge steigerten Respekt, wurden aber erst durch Ergänzungen und Überar beitungen fränkischer Theologen gebrauchsfähig und so in Umlauf gebracht.1011Ohne erkennbare römische Beteiligung verlief die von Karl veranlaßte Revision des lateinischen Bibeltextes, die zu größerer grammatischer und orthographischer Korrektheit der heiligen Schrif ten führen sollte;" zumindest auf Abwehr nicht-römischer Traditio nen zielte die seit den späten Jahren Karls faßbare Zurückweisung der anonymen Bußbücher, die aus irischer und später angelsächsischer Beichtpraxis hervorgegangen waren und nun abgeschafft oder durch fränkische, der kirchlichen Rechtsüberlieferung gemäßere Satzungen
“ F. Kempf, Primatiale und episkopal-synodale Struktur der Kirche vor der grego rianischen Reform, in: AHP 16, 1978, 27-66; A. Angenendt, Princeps imperii Princeps apostolorum, in: Roma - Caput et Fons 1989 (Gerda-Henkel-Vorlesung), 7-44, hier 25ff.; Schieffer, Papsttum (wie § 7, Anm. 25). 9 H. Mordek, Kirchenrechtliche Autoritäten im Frühmittelalter, in: Recht (wie § 1, Anm. 10), 237-255; Landau, Kanonessammlungen (wie § 6, Anm. 36); L. Kery, Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400-1140), 1999. 10 C. Vogel, Les motifs de la romanisation du culte sous Pepin le Bref (751-768) et Charlemagne (774-814), in: Culto Cristiano, politica imperiale carolingia, 1979 (Convegni del Centro di studi sulla spirituality medievale 18), 13-41; Angenendt, Frühmittelalter (wie III, 8), 327ff.; M. Metzger, Les sacramentaires, 1994; Y. Hen, The Royal Patronage of Liturgy in Frankish Gaul, 2001, 65ff.; H. Schnei der, Rom und die liturgische Vielfalt, in: Roma (wie § 13, Anm. 18), 1101-1140. 11 B. Fischer, Lateinische Bibelhandschriften im frühen Mittelalter, 1985, 203ff.; D. Ganz, Mass production of early medieval manuscripts: the Carolingian Bibles from Tours, in: The Early Medieval Bible, Hg. R. Gameson, 1994, 53-62; R. McKitterick, Carolingian Bible production: the Tours anomaly, in: ebd., 63-77.
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verdrängt werden sollten.12 Das immer wieder proklamierte Streben nach Einheit und Klarheit mündete faktisch eher in einen großräu migen Ausgleich unter den verschiedenen Teilen des Okzidents als in eine generelle Ausrichtung auf Rom und setzte sich überdies langsa mer und, zumal außerhalb der engeren Francia, auch ungleichmäßiger durch als es der Kaiser gewünscht haben mag.13 Insgesamt jedoch ist nicht zu bezweifeln, daß gerade der spät christianisierte germanische Osten des Reiches davon den stärksten Gewinn hatte. Während die alte Forderung nach Rückgabe des zwangsweise in Laienhand geratenen Kirchenguts weiterhin nur begrenzten Erfolg hatte und im übrigen durch die als nona et decima bezeichnete Aus gleichszahlung abgegolten wurde, erschloß sich der Kirche eine we sentliche Einnahmequelle durch die von Karl nach Pippins Vorbild eingeschärfte allgemeine Verpflichtung zur Zehntleistung, die primär den Taufkirchen zugute kam und daher vielfach den Anstoß zur Aus bildung fester Pfarrsprengel gab.14 In der Praxis floß diese Abgabe häufig den Besitzern von Eigenkirchen zu, die ihren abhängigen Leu ten die geistliche Versorgung bereitstellten und dafür die laufenden Einnahmen beanspruchten. Ihre Rechte wurden von den karolingi schen Herrschern und Synoden nicht mehr grundsätzlich bestritten, sondern lediglich durch Regelungen über die Mindestausstattung des
12 Paenitentialia Franciae, Italiae et Hispaniae saeculi VIII-XI, Bd. 1-2, 1994-98 (CC 156, 156 A); vgl. R. KOTTJE, Die Bußbücher Halitgars von Cambrai und des Hrabanus Maurus, 1980; Ders., Bußpraxis und Bußritus, in: Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale, 1987 (Sett.Cent.it. 33), 369-395; L. Korntgen, Studien zu den Quellen der frühmittelalterlichen Bußbücher, 1993; R. Meens, Het tripartite boeteboek, 1994; H. Lutterbach, Intentions- oder Tathaftung?, in: FMASt 29, 1995, 120-143; Ders., Sexualität im Mittelalter, 1999; R. Meens, Religious Instruction in the Frankish Kingdoms, in: Medieval Transformations, Hg. E. Cohen u. a., 2001, 51-67. ” R. KOTTJE, Einheit und Vielfalt des kirchlichen Lebens in der Karolingerzeit, in: ZKG 76, 1965, 323-342; R. Schieffer, »Redeamus ad fontem«. Rom als Hort authentischer Überlieferung im frühen Mittelalter, in: Roma (wie Anm. 8), 45-70; A. Angenendt, Libelli bene correcti. Der »richtige Kult« als ein Motiv der ka rolingischen Reform, in: Das Buch als magisches und als Repräsentationsobjekt, Hg. P. Ganz, 1992, 117-135. 14 G. Constable, Nona et Decima (1960), zuletzt in: Ders., Religious Life and Thought, 1979, Nr. VI; J. Semmler, Zehntgebot und Pfarrtermination in karolin gischer Zeit, in: Aus Kirche (wie § 13, Anm. 35), 33-44; einschränkend: R. Deutinger, Die ältesten mittelrheinischen Zehntterminationen, in: AmrhKG 54, 2002, 11-36.
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Geistlichen und gegen eklatanten Mißbrauch eingeschränkt. Durch Erwerb oder eigene Gründungen erscheinen im 9. Jh. zunehmend auch Bischöfe, Klöster oder einfache Kleriker als Inhaber von Eigen kirchen?5 Vom durchaus bescheidenen materiellen und intellektuellen Niveau des kirchlichen Alltags auf dem Lande zeugen die bald nach 800 einsetzenden Verordnungen einzelner Bischöfe für Klerus und Laien ihrer Diözese (Capitula episcoporum), die allgemeine Reform ziele der Zeit in konkrete Anweisungen über das standesgemäße Le ben der Geistlichen, den Unterhalt der Gebäude, die Verwaltung der Sakramente, elementare religiöse Kenntnisse, moralische Postulate u. ä. umzusetzen suchten.15 16 Ernstliche dogmatische Streitfragen wie der Bilderkult oder der Adoptianismus (§ 13) und bald auch das Filioque im Credo berührten vorerst nur die Außenbeziehungen der fränkischen Kirche, denn es sollte noch zwei weitere Generationen dauern, bis sich auch interne Kontroversen um Abendmahl und Prädestination zu regen begannen.17 Karl konnte sich noch ganz als Lenker und Erzieher des christlichen Volkes fühlen, ließ neben seinen Reichsversammlungen kaum ein ge sondertes Synodalwesen aufkommen und behielt jedenfalls alle rich tungsweisenden Äußerungen den eigenen Kapitularien wie z. B. der Admonitio generalis (789) vor, in denen er einen geradezu predigthaften Ton anschlagen konnte.18 Erst als er gegen Ende seiner Herr schaft die Vergeblichkeit vielen Mühens empfand, entschloß er sich, 813 gleichzeitige Bischofsversammlungen in Reims, Tours, Arles, Chalon und Mainz anzuberaumen, um der inneren Erneuerung durch
15 W. Hartmann, Der rechtliche Zustand der Kirchen auf dem Lande, in: Cristianizzazione (wie Anm. 2). 397-441 ; A. Hedwig, Die Eigenkirche in den urbarialen Quellen zur fränkischen Grundherrschaft zwischen Loire und Rhein, in: ZRG KA 78, 1992, 1-64; S. Esders u. a.. Der althochdeutsche Klerikereid, 2000. 16 MGH Capit. episc. 1-4 (wie III, 4b). 17 P. R1CHÉ, Divina pagina, ratio et auctoritas dans la théologie carolingienne (1981), zuletzt in: Ders., Education et culture dans l’Occident médiéval, 1993, Nr. IV; J. J. Contreni, Carolingian Biblical Studies, in: Carolingian Essays, Hg. U. R. Blum enthal, 1983, 91-98; J. Marenbon, Carolingian thought, in: Carolingian culture (wie § 1. Anm. 19), 171-192; Nagel, Karl der Große (wie § 13, Anm. 19); Das Konzil von Aachen 809, Hg. H. Willjung, 1998 (MGH Conc. 2 Suppl. 2). 18 R. McKitterick, The Frankish Church and the Carolingian Reforms, 789-895, 1977, 1 ff.; Hartmann, Synoden (wie III, 8), 97ff.; Buck, Admonitio (wie § 14, Anm. 22).
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breitere Fundierung vermehrten Nachdruck zu geben.19 Dies leitete bereits über zur Ära Ludwigs des Frommen, in der ausführliche Syn odalakten und -beschlüsse das Übergewicht vor den Kapitularien er langten und im Zuge der renovatio regni Francorum auch Ziele wie die Regulierung der geistlichen Gemeinschaften in den Vordergrund traten.20 Hatte Karl den Klöstern insgesamt kaum nachhaltige Förde rung zugewandt und trotz Hochschätzung der Benediktregel die Viel falt ihrer Lebensformen hingenommen,21 so war der neue Kaiser, ge stützt auf Erfahrungen in seinem Unterkönigreich Aquitanien und be raten durch den Abt Benedikt von Aniane, sogleich entschlossen, die bis dahin bloß idealtypische Unterscheidung von Mönchen und Ka nonikern reichsweit durchzusetzen, und legte auf der Aachener Syn ode von 816 alle Mönchs- und Nonnenkonvente auf die Regula Benedicti fest, die um verbindliche Ausführungsbestimmungen (consuetudines) ergänzt wurde,22 während für die übrigen männlichen und weiblichen Kommunitäten je eine Institutio mit den milderen Normen des kanonikalen Lebens entworfen und vorgeschrieben wurde.23 Ganz 19 G. SCHMITZ, Die Reformkonzilien von 813 und die Sammlung des Benedictas Levita, in: DA 56, 2000, 1-31. 20 J. SEMMLER, Renovatio Regni Francorum, in: Charlemagne’s Heir (wie §13, Anm. 45), 125-146. 21 J. SEMMLER, Mönche und Kanoniker im Frankenreiche Pippins III. und Karls des Großen, in: Untersuchungen (wie §4, Anm. 21), 78-111; Ders., Instituta sancti Bonifatii, in: Kloster Fulda (wie § 4, Anm. 27), 79-103; Ders., Zur Entscheidung aufgerufen: »Vita religiosa« um 800, in: Das Frankfurter Konzil (wie § 13, Anm. 20), 395^415; A. Angenendt, Kloster und Klosterverband zwischen Benedikt von Nursia und Benedikt von Aniane, in: Vom Kloster zum Klosterverband, Hg. H. Keller u. a., 1997, 7-35. 22 Corpus consuetudinum (wie III, 4b); Benedicti Anianensis Concordia regularum, Hg. P. Bonnerue, Bd. 1-2, 1999 (CC Cont. med. 168, 168 A); vgl. J. Semmler. Benedictas II: una regula - una consuetado, in: Benedictine Culture. 750-1050, Hg. W. Lourdaux u. a., 1983, 1^49; D. Geuenich, Gebetsgedenken und anianische Reform, in: Monastische Reformen im 9. und 10. Jahrhundert, Hg. R. Kottje u. a., 1989, 79-106; P. Engelbert, Benedikt von Aniane und die karo lingische Reichsidee, in: Cultura e spiritualitä nella tradizione monástica, Hg. G. PENCO, 1990, 67-103; J. Semmler, Benediktinische Reform und kaiserliches Pri vileg, in: Institutionen und Geschichte, Hg. G. Melville, 1992, 259-293; D. GEUENICH, Kritische Anmerkungen zur sogenannten »anianischen Reform«, in: Mönchtum (wie § 2, Anm. 18), 99-112. 23 R. Schieffer, Die Entstehung von Domkapiteln in Deutschland, 1976, 232ff.; J. Semmler, Die Kanoniker und ihre Regel im 9. Jahrhundert, in: Studien (wie § 14, Anm. 12), 62-109; T. Schilp, Norm und Wirklichkeit religiöser Frauengemein schaften im Friihmittelalter, 1998; I. Crusius, Sanctimoniales quae se canónicas vocant, in: Studien zum Kanonissenstift, Hg. I. Crusius, 2001, 9-38.
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entsprechend der gleichzeitigen Sorge um die politische Reichseinheit sollte eben überall dieselbe Ordnung in Gebet und Tageslauf, Verfas sung und Disziplin herrschen, was sich trotz großen administrativen Aufwands nur gegen allerhand Widerstände und mit regional unter schiedlicher Verzögerung verwirklichen ließ,24 aber langfristig das geistliche Gemeinschaftsleben des Mittelalters wesentlich bestimmt hat. Der singuläre St. Galier Klosterplan, während der 820er Jahre auf der Reichenau gezeichnet, stellt die ideale Anlage eines damaligen (Groß-)Klosters vor Augen, ist aber wohl nicht als unmittelbares Resultat der Aachener Reformen von 816 zu betrachten.25 Der selbst bewußte Impuls zur umfassenden Neugestaltung, der auch eine 819 abgeschlossene Programmschrift des Hrabanus Maurus zur Kleriker ausbildung einschloß,26 setzte sich auch noch in den nächsten Jahren bei Ludwig fort, verlor dann aber offenbar mit dem Tod Benedikts (821) seine treibende Kraft. Unter dem Einfluß neuer Berater, voran Karls Stiefvetter Adalhard von Corbie (f 826),27 wandelte sich der Herrschaftsstil des Kaisers, der sich durch die Buße von Attigny (822) zu persönlicher Schuld bekannte und in der Admonitio ad omnes regni ordines von 825 seine Rolle programmatisch als ministerium umschrieb, an dem ein jeder Anteil habe.28 Das extreme »Staatskirchentum« der Zeit Karls geriet ins Wanken, während die Mission über die nördlichen Reichsgrenzen hinweg bei den Dänen und bald auch den Schweden einen neuen Aufschwung nahm, der nicht mehr 24 D. Geuenich, Zur Stellung und Wahl des Abtes in der Karolingerzeit, in: Person und Gemeinschaft (wie § 10, Anm. 32), 171-186; J. Semmler, Das Erbe der karolingischen Klosterreform im 10. Jahrhundert, in: Monastische Reformen (wie Anm. 22), 29-77; F. J. FELTEN, Die Bedeutung der »Benediktiner« im frühmittel alterlichen Rheinland, in: RhV 56, 1992, 21-58, hier 32ff.; H. LUTTERBACH, Monachus factus est, 1995, 311 ff.; J. Semmler, Administration und Schriftlichkeit im Dienste der Reform, in: Schriftkultur (wie § 1, Anm. 5), 67-84. 25 W. HORN u. a., The Plan of St. Gall, Bd. 1-3, 1979; W. JACOBSEN, Der Kloster plan von St. Gallen und die karolingische Architektur, 1992; J. Duft, Der karo lingische Klosterplan in der Stiftsbibliothek St. Gallen, 1998; Studien zum St. Galier Klosterplan II, Hg. P. Ochsenbein, 2002. 26 Hrabanus Maurus, De institutione clericorum libri très, Hg. D. ZlMPEL, 1996; vgl. H.-C. PICKER, Pastor doctus. Klerikerbild und karolingische Reformen bei Hra banus Maurus, 2001. 27 B. Kasten, Adalhard von Corbie, 1986, 138 ff. 28 GUILLOT, Une ordinatio (wie § 14, Anm. 22); C. Margalhan-Ferrat, Le con cept de »ministerium« èntre littérature spéculaire et législation carolingienne, in: Specula principum, Hg. A. De Benedictis, 1999, 121-157.
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mit einer politischen Expansion der fränkischen Macht verbunden war.29 b) Die Erneuerung von Bildung, Literatur und Kunst
In organischem Zusammenhang mit der Kirchenreform standen Karls Bemühungen, den Verfall von Bildung und Wissenschaft zu beheben, der im Frankenreich vor allem durch die Begegnung mit gelehrten Iren und Angelsachsen bewußt geworden war. Es ging dabei nicht um eine »Renaissance« der römischen Antike, sondern einfach darum, in Gottesdienst und Glaubenslehre Fehler und Wildwuchs zu überwin den, wozu es vermehrten Unterrichts, verbesserter Texte und weiträu migen Austauschs bedurfte.30 Ihren klassischen Ausdruck hat diese »Renovatio« in der Epistola de litteris colendis von etwa 795 gefun den, in der Klöstern und Stiftskirchen die Pflege der litterae zur Auf gabe gemacht wurde.31 Das impulsgebende Zentrum war der Königs hof, wo Karl seit etwa 780 auswärtige Gelehrte von Rang um sich scharte, nämlich Langobarden wie Paulinus, den späteren Patriarchen von Aquileia, und Paulus Diaconus aus Monte Cassino, Angelsachsen mit Alkuin aus York an der Spitze, Iren um Dungal sowie den ge bürtigen Westgoten Theodulf, später Bischof von Orléans. Sie bilde ten nicht nur einen von Karl geschätzten literarischen Zirkel, sondern
29 Angenendt, Kaiserherrschaft (wie III, 8), 215ff.; K. Hauck, Der Missionsauftrag Christi und das Kaisertum Ludwigs des Frommen, in: Charlemagne’s Heir (wie § 13, Anm. 45), 391-405. 30 J. Fleckenstein, Die Bildungsreform Karls des Großen als Verwirklichung der norma rectitudinis, 1953; J. Nelson, On the Limits of the Carolingian Renaissance (1977), zuletzt in: Dies., Politics and Ritual in Early Medieval Europe, 1986, 49-67; J. Fried, Karl der Große, die Artes liberales und die karolingische Renais sance, in: Karl der Große (wie § 2, Anm. 34), 25—43; P. Depreux, Ambitions et limites des réformes culturelles à l’époque carolingienne, in: RH 307, 2002, 721-753; J. Ehlers, Die Reform der Christenheit, in: Deutschland (wie § 1, Anm. 32), 177-209. 31 Urkundenbuch des Klosters Fulda (wie III, 2b), 246ff. Nr. 166; vgl. L. Wallach, Charlemagne’s De litteris colendis and Alcuin (1951), zuletzt in: Ders., Alcuin and Charlemagne, 1959, 198-226; T. Martin, Bemerkungen zur »Epistola de litteris colendis«, in: AfD 31, 1985, 227-272; J. Fleckenstein, Bemerkungen zu den Bildungserlassen Karls des Großen und zum Verhältnis von Reform und Re naissance, in: Società, istituzioni, spiritualité (Fs. C. Violante), Bd. 1, 1994, 345-360.
§15 Kirche und geistiges Leben
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widmeten sich in seinem Auftrag auch dem Betrieb der Hofschule, dem Aufbau einer Bibliothek sowie der Abfassung von Gutachten, Lehrbüchern und Mustertexten.32 Ihr Interesse erstreckte sich im Rah men der »Sieben freien Künste« auch auf naturwissenschaftliche Dis ziplinen wie die Astronomie und die damit verbundene Komputistik mit langfristigen Auswirkungen auf das Kalenderwesen.33 Damit zogen sie begabte Schüler aus dem ganzen Reich an, so daß bald schon Franken wie Angilbert, Einhard oder Modoin in ihren Kreis aufrückten, um langfristig die Führung zu übernehmen, und sie gaben zugleich das Vorbild für die Errichtung und Verbesserung vieler Schulen bei Klöstern und Bischofssitzen ab, die einen gebildeteren geistlichen Nachwuchs heranzogen, die Schreibtätigkeit stimulierten und die Verbreitung von Büchern innerhalb weniger Jahrzehnte ver vielfachten.34 Im Ergebnis bewirkte dies die Vereinheitlichung der Buchschrift in den Formen der karolingischen Minuskel, eine klassi zistische Erneuerung der lateinischen Schriftsprache und zudem eine entscheidende Stabilisierung der Überlieferung älterer Texte.35 Als 32 B. Bischoff, Die Hofbibliothek Karls des Großen (1965), zuletzt in: Ders., Mit telalterliche Studien, Bd. 3, 1981, 149-169; C. Leonardi, Alcuino e la scuola palatina: le ambizioni di una cultura unitaria, in: Nascita (wie § 2, Anm. 14), 459^496; B. Bischoff, Die Hofbibliothek unter Ludwig dem Frommen (1976), zuletzt in: Ders., Mittelalterliche Studien (wie oben), 170-186; D. BULLOUGH, Aula Renovata: the Carolingian Court before the Aachen Palace (1985), zuletzt in: Ders., Carolingian renewal, 1991, 123-160; C. Villa, Die Horazüberlieferung und die »Bibliothek Karls des Großen«, in: DA 51, 1995, 29-52; J. Fleckenstein, Karl der Große, seine Hofgelehrten und das Frankfurter Konzil von 794, in: Das Frankfurter Konzil (wie § 13, Anm. 20), 27-46. 33 Science in Western and Eastern Civilization in Carolingian Times, Hg. P. BUTZER u. a., 1993; B. Englisch, Die Artes liberales im frühen Mittelalter (5.-9. Jh.), 1994; A. BORST, Die karolingische Kalenderreform, 1998; Karl der Große und sein Nachwirken, Bd. 2, Hg. P. Butzer u. a„ 1998. 34 B. Bischoff, Die Bibliothek im Dienste der Schule (1972), zuletzt in: Ders., Mittelalterliche Studien (wie Anm. 32), 213-233; P. Riche, Écoles et enseigne ment dans le Haut Moyen Age, 21988; M. M. Hildebrandt, The External School in Carolingian Society, 1992; R. McKitterick, Script and book production, in: Carolingian culture (wie § 1, Anm. 19), 221-247; D. Ganz, Temptabat et scribere, in: Schriftkultur (wie § 1, Anm. 5), 13-33; B. BISCHOFF, Katalog der fesüändischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Bd. 1, 1998. 35 B. Bischoff, Paläographie und frühmittelalterliche Klassikerüberlieferung (1975), zuletzt in: Ders., Mittelalterliche Studien (wie Anm. 32), 55-72; D. Ganz, The Preconditions for Caroline Minuscule, in: Viator 18, 1987, 23-44; P. G. Schmidt, Karolingische Autographen, in: Gli autografi medievali, Hg. P. CHIESA u. a., 1994,
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III. Die Zeit des karolingischen Großreichs (714—887)
bemerkenswerte Nebenfrucht sind die ersten Versuche zu werten, mit lateinischen Buchstaben auch die fränkische bzw. althochdeutsche Volkssprache zu Pergament zu bringen?6 Der allenthalben geweckte Lerneifer hatte ein rasches Anwachsen der literarischen Produktion zur Folge, das im gesamten 9. Jh. anhielt und nicht nur den Vorrat an historischen Quellen im engeren Sinne (§ 1) wesentlich bereichert hat?7 Quantitativ im Vordergrund stehen theologische Werke, die zunächst ganz auf die rezeptive Wiedergabe der spätantiken Kirchenväter ausgerichtet waren, sowie Schulbücher, die den elementaren Wissensstoff traditionsgemäß aufbereiteten. Zu neuer Blüte gelangten das erbauliche Schrifttum über Heiligenleben, Wunder und Visionen, bezeichnenderweise nicht selten in sprachlich verbesserten Neufassungen älterer Texte, sowie die Form des litera rischen Briefes, die den Verkehr unter den Gebildeten prägte und sich bald schon zu größeren theologischen, moralisierenden oder auch politischen Erörterungen steigerte.36 38 Ein kennzeichnender Zug der 37 karolingischen Literatur liegt darin, daß viele in Prosa behandelte Stoffe auch in Versen gestaltet werden konnten, wobei metrische Muster der Antike ebenso wie rhythmische Formen des Kirchenge sangs aufgegriffen wurden. Neben Lehr- und Rätselgedichten aus dem Schulalltag entstanden fromme Hymnen und Versiegenden, Epigram me, panegyrisch geprägte Klein-Epen über Zeitereignisse und allerlei
137-148; M. Zelzer, Buch und Text von Augustus zu Karl dem Großen, in: MIÖG 109, 2001, 291-314. 36 B. Bischoff, Paläographische Fragen deutscher Denkmäler der Karolingerzeit (1971), zuletzt in: Ders., Mittelalterliche Studien (wie Anm. 32), 73-111; C. Ed wards, German vernacular literature: a survey, in: Carolingian culture (wie § 1, Anm. 19), 141-170; S. Sonderegger, Althochdeutsch als Anfang deutscher Sprachkultur, 1997; W. Haubrichs, Karolinger und Karolingerzeit, § 2. Volks sprachige Literatur, in: RGA 16, 2000, 289-299. Vgl. § 19, Anm. 27. 37 Brunhölzl, Geschichte (wie I, 10h), Bd. 1, 243ff.; A. Önnerfors, Die lateini sche Literatur der Karolingerzeit, in: Europäisches Frühmittelalter, Hg. K. von See, 1985 (NHLW 6), 151-187; M. Garrison, The emergence of Carolingian Latin literature and the court of Charlemagne (780-814), in: Carolingian culture (wie § 1, Anm. 19), 111-140; F. Rädle, Transfers in der lateinischen Literatur von der Spätantike bis zum 11. Jahrhundert, in: Deutschland