Die Verwendung der seltenen Erden: Eine kritische Übersicht [Reprint 2021 ed.] 9783112403501, 9783112403495


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Die Verwendung der seltenen Erden: Eine kritische Übersicht [Reprint 2021 ed.]
 9783112403501, 9783112403495

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Die Verwendung der seltenen Erden Eine kritische Übersicht von

Dr. C. Richard B ö h m

Mit 10 Figuren im Text

Leipzig Verlag v o n Veit & C o m p .

1913

Dem verdienstvollen Förderer der chemischen Industrie, Herrn Geheimrat PROF.

DR. C. D U I S B E R G

verehrungsvoll gewidmet.

Vorwort. Durch die Au ersehe Erfindung des Gasglühlichts wurde zum erstenmal das große Publikum auf die seltenen Erden, die m a n fortan auch „ L e u c h t e r d e n " oder „ E d e l e r d e n " nannte, aufmerksam gemacht. Und bald erkannte man, d a ß diese interessante Gruppe von Körpern durchaus nicht zu den Seltenheiten gerechnet werden darf, ja, nach den neuesten Untersuchungen kann sogar b e h a u p t e t werden, daß die sog. seltenen Erden in allen Mineralien, wenn auch in den meisten nur in geringen Beimengungen, vorkommen. Das physikalische und chemische Verhalten dieser Erden erwies sich als so eigenartig, daß man sich von einem eingehenden Studium viel versprechen mußte. Unter den emsigen Händen der Wissenschaftler wuchs dann die anfangs kleine Sippe der seltenen Erden zu einer Legion wichtiger Elemente heran. Nachdem einmal durch die Erfindung des Gasglühlichts die Aufmerksamkeit auf die seltenen Erden gelenkt worden war, interessierte sich aber nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Technik f ü r sie. Ihre wirtschaftliche Ausnutzung sollte das Endziel all der mühevollen Arbeit sein, die hier von Wissenschaft und Technik gemeinschaftlich geleistet wurde. Und da glücklicherweise die Zeiten, in denen es f ü r den Wissenschaftler eine Schande war, sich mit technischen Problemen zu beschäftigen, weit zurückliegen, m u ß t e das Zusammenarbeiten von Wissenschaft und Technik die günstigsten Resultate zeitigen. In meinen beiden Bänden „Die Darstellung der seltenen E r d e n " (1905) habe ich die vielverzweigten Wege, welche

VI

Vorwort.

zur Gewinnung der reinen Erden führen, unter erschöpfender Berücksichtigung der Literatur beschrieben. Auf verschiedene Vorschläge f ü r eine Verwendung der seltenen Erden wies ich im Schlußkapitel nur kurz hin, während ich die sehr umfangreiche Journal- und P a t e n t literatur über den Glühkörper in meinem Buche „ D a s Gasglühlicht" (1905) lückenlos zusammenstellte. Nachdem ich in einem weiteren Bande „Die Fabrikation der Glühkörper f ü r Gasglühlicht" (1910) letzteres Material kritisch verarbeitet h a t t e , erblickte ich meine nächste Aufgabe darin, das erwähnte Schlußkapitel über die Verwendung der seltenen Erden nicht nur weiter auszubauen, sondern auch alle in Betracht kommenden Originale eingehend zu studieren und die Resultate der verschiedenen Forscher, die sich redlich b e m ü h t haben, den seltenen Erden weitere Verwendungsgebiete zu erschließen, kritisch zu beleuchten. Als ich einen kleinen Teil der Arbeit im Manuskript fertig h a t t e , schickte ich dieses an die Redaktion der Zeitschrift „Die Chemische Industrie", die sofort mit seiner Veröffentlichung begann. Der Stoff schwoll mir aber von Tag zu Tag unter den Händen an, und so entstand eine Arbeit, deren U m f a n g f ü r eine Zeitschrift eigentlich zu groß war. Es wäre nun im Interesse der Allgemeinheit schade, wollte man dieses aus 500 Originalen zusammengetragene wertvolle Material nicht den weitesten Kreisen zugänglich machen. Von diesem Gesichtspunkt aus entschloß sich der Verlag, mein Manuskript neu zu drucken und der Broschüre den Untertitel „ E i n e kritische Übersicht" zu geben. Für dieses freundliche Entgegenkommen danke ich dem Verlage bestens, ich danke aber auch der von Herrn Dr. M. W i e d e m a n n geleiteten Redaktion der Zeitschrift „Die Chemische Industrie" f ü r ihre Liebenswürdigkeit, den Abdruck gestattet zu haben. Die übersichtliche Anordnung des Stoffes macht ein Register unnötig; zur schnellen Orientierung genügt vollständig das Inhaltsverzeichnis. B e r l i n , im Juli 1913. C. R i c h a r d

Böhm.

Inhalt. Seite

Einleitung

1

Verwendung I. II. III. IV.

der seltenen schaft Biologie Therapie Röntgenologie Radiologie

Verwendung

der

seltenen

Erden

in

der

Erden

in

der

Wissen-

Technik

I. Vorschläge, die sich auf die Feuerbeständigkeit der O x y d e oder der Verbindungen seltener E r d e n gründen a) Porzellanfarben b) Gläser c) E n t f ä r b u n g von Glasflüssen d) E m a i l e) Verhinderung der E n t g l a s u n g von geschmolzenem Quarz (sog. Zirkonglas) . . . . f) S c h m e l z g e f ä ß e , O f e n - A u s f ü t t e r u n g e n und -Umhüllungen, elektrisches Isolationsund Heizmaterial I I . Vorschläge, die sich auf die H ä r t e der O x y d e oder der Verbindungen seltener Erden gründen a ) * P o l i e r - und Schleifmittel b) E r s a t z für D i a m a n t e n zum Schneiden des Glases I I I . Vorschläge, die sich auf die F a r b e der O x y d e , S u p e r o x y d e und S u p e r h y d r o x y d e des Cers, des P r a s e o d y m s und des Zirkons gründen a) Mineralfarben b) R o s t s c h u t z f a r b e n c ) Die S i k k a t i v w i r k u n g der Ceriterden . . . d) F ä r b u n g e n der F a s e r m i t Metallsalzen . . IV. Vorschläge, die sich auf das Verhalten der beiden O x y d a t i o n s s t u f e n der Cersalze gründen . . a) Verwendung in der Färberei 1. Beize 2. Erzeugung von Anilinschwarz 3. Beschweren der Seide

5 5 9 12 12 25

26 26 27 29 29 32 33 38 38 38 39 39 39 40 40 41 41 41 43 44

VIII

Inhalt. Seite

4 . B l e i c h e n der W o l l e 5 . F ä r b e n von Leder b) Verwendung in der P h o t o g r a p h i e . . . . 1. Positiv-Verfahren 2. Abschwächer c) Das elektrolytische Verhalten von Cersalzlösungen und Cerisalze als Oxydationsm i t t e l organischer Verbindungen . . . 1. In der T e c h n i k 2 . In der Analyse d) Das elektromotorische Verhalten von Cersalzlösungen und die darauf beruhenden Vorschläge für eine Verwendung der seltenen Erden e) S e l t e n e E r d e n als K a t a l y s a t o r e n 1. Schwefelsäurefabrikation 2. Darstellung von Chlor aus Salzsäure . 3 . Darstellung des A m m o n i a k s aus S t i c k stoff und Wasserstoff sowie aus Chlorammonium 4. S k r a u p s c h e Chinolinsynthese 5 . Die seltenen Erden als Halogenüberträger 6 . Cer-Anilinschwarz 7. L a c c a s e 8 . T h o r e r d e als K a t a l y s a t o r in der organischen Chemie 9 . Gaszünder V . Gewinnung von Edelmetallen V I . Reinigungsmasse für Acetylen V I I . Die seltenen Erden in der Analyse V I I I . Vorschläge, die sich auf die physiologische Wirkung der seltenen Erden gründen I X . O x y d e und Verbindungen der seltenen Erden als Incandescenzkörper X . Die Metalle der seltenen Erden a) T h e r m o e l e m e n t b) P y r o p h o r m e t a l l e c) R e d u k t i o n von Metalloxyden m i t Hilfe von seltenen E r d e n •. . . . d) Blitzlichtpulver und L e u c h t m a s s e n für pyrotechnische und kriegstechnische Zwecke e) Metallfaden-Glühlampen 1. Metallfäden 2. H a l t e r für Metallfäden 3 . E v a k u i e r e n der L a m p e n f) Verwendung in der Stahlindustrie . . . . R ü c k b l i c k e und Ausblicke

44 45 45 45 46 46 46 46 47

48 50 50 51 51 53 53 53 54 54 55 56 56 56 57 57 65 71 72 77 77 79 79 81 82 82 83

Einleitung. In dem stetig hin und her wogenden K a m p f e zwischen Gas und Elektrizität h ä t t e das Gasglühlicht unterliegen müssen, wenn es den Pionieren A u e r s nicht gelungen wäre, in den fast unerschöpflichen Monazitsandlagern Brasiliens ein brauchbares Rohmaterial f ü r die Thoriumindustrie zu finden. W ä h r e n d das seltene Mineral Thorit, auf das man anfangs ausschließlich angewiesen war, etwa 55 % Thorerde und nur Spuren von Ceriterden enthält, finden wir gerade das umgekehrte Verhältnis bei dem rohen, ungereinigten Monazitsand, der glücklicherweise noch vor Erschöpfung der nordischen Thoritlager entdeckt w u r d e ; denn hier stehen etwa 1 % Thorerde 6 0 — 7 0 % Ceriterden und 25 % Phosphorsäure, welche k a u m ein größeres Interesse beanspruchen dürfte, gegenüber. Selbst durch mechanische und magnetische Aufbereitung kann man die Thorerde nicht weiter als bis zu 5 % anreichern. Das Ceriterdengemisch ist so gut wie konstant zusammengesetzt und besteht aus etwa 45 °/o Cerdioxyd, 2 5 % L a n t h a n o x y d , 1 5 % Neodymoxyd, 7 % P r a s e o d y m o x y d ; der Rest verteilt sich auf Samariumoxyd und Ytteriterden. Es ist begreiflich, daß die T h o r i u m f a b r i k a n t e n trotz des neu entdeckten Monazitsandes mit Vorliebe auf das sehr thorreiche Mineral Thorit zurückgriffen, sobald ihnen hierzu Gelegenheit geboten war. Auch gestatteten die enormen Preise für T h o r n i t r a t entsprechende Preise f ü r das Rohmaterial. Daher war zu jener Zeit die Nachfrage nach diesem idealen Ausgangsmaterial sehr lebhaft. Alles suchte nach Thorit, und rührige Agenten deutscher Firmen k a u f t e n in NorB ö h m , V e r w e n d u n g der seltenen Erden.

1

2

Einleitung.

wegen und Schweden jede nur erreichbare Menge für mehr als 100 Kronen pro Kilo a u f ; ja, in Zeiten fieberhafter Nachfrage zahlte man sogar 500 Kronen pro Kilo. Schätzungsweise lieferte Norwegen damals nur etwa 2000 kg T h o r i t . Leider wurde in diesem Eifer viel gesündigt, und das Unglück wollte es, d a ß auf Grund fehlerhafter Analysen der gewöhnliche Rutil in den Ruf kam, Thorerde zu e n t h a l t e n . Deutsche Spekulanten waren hierbei die Geschädigten. Notgedrungen m u ß t e n sich nun die T h o r i u m f a b r i k a n t e n auf das neue, verhältnismäßig sehr t h o r a r m e Rohmaterial, den Monazitsand, einarbeiten, konnten aber bald d a n k ihrer Vorstudien, die sie früher beim Thorit gemacht h a t t e n , T r e n n u n g s m e t h o d e n f ü r die c h e m i s c h e Anreicherung der Thorerde finden. Selbstverständlich ließ die Ausbeute in der ersten Zeit viel zu wünschen übrig, denn viel Thorerde blieb u n a u s g e n u t z t in den Abwässern. Aber wie f r ü h e r die sehr hohen Preise nicht daran h i n d e r t e n , den Thorit in jeder erreichbaren Menge aufzukaufen, so k a m es j e t z t bei der V e r a r b e i t u n g des verhältnismäßig sehr billigen Monazitsandes nicht auf die Ausbeute an. 1894 zahlte man noch 2000 M. f ü r 1 kg T h o r n i t r a t . 1895 ging der Preis auf 900 M„ 500 M. und 300 M. h i n a b , 1896 auf 150 M. u n d 96 M., 1897 auf 60 M., 1898 auf 40 M. und 1899 auf 30 M. Dann stieg er wieder in den beiden folgenden J a h r e n auf 34 M., 1902 auf 40 M., 1903 und 1904 auf 43 M., 1904 u n d 1905 sogar auf 53 M. Infolge eines heftigen K a m p f e s , der zwischen der Thoriumkonvention und den Outsidern e n t b r a n n t war, fiel der Preis im nächsten J a h r auf 27 M. und k o n n t e auch 1907 und 1908 n u r um 5 M. erhöht werden. Die Konvention verlor durch das Ableben ihres Gründers, Dr. K n ö f l e r , immer mehr an Halt und konnte sich von dem herben Schlag, den die englische W e l s b a c h C o m p a n y gegen sie führte, bis heute noch nicht erholen. Diese Gesellschaft erniedrigte nämlich den Preis plötzlich auf 19 M. und vorübergehend sogar auf 17 M. Seit langer Zeit ist er nun k o n s t a n t auf 19 M. geblieben und d ü r f t e voraussichtlich sobald nicht wieder auch nur a n n ä h e r n d die wohl gerechtfertigte Stufe von 27 M. erreichen. Die Gestehungskosten eines Kilos T h o r n i t r a t sind n a t ü r -

Einleitung.

3

lieh inzwischen durch mehr und mehr verfeinerte Trennungsm e t h o d e n bis auf das äußerste herabgedrückt worden und werden heute bei einem Preise von etwa 600 M. pro Tonne 5 prozentigen Monazitsandes auf 16—17 M. geschätzt. Da die E r f a h r u n g hierbei die größte Rolle spielt, so sind diejenigen Fabrikanten, welche das T h o r n i t r a t frühzeitig herstellten, zuerst zu diesem sehr niedrigen Gestehungspreis gelangt. Nach meinen Informationen erzielen aber sämtliche Thoriumfabriken bereits seit etwa 3 J a h r e n eine Ausbeute von 9 0 % ja, es wurde schon eine solchf von 92 bis 9 5 % erreicht, so daß sie jetzt, wenn man den geringen Gehalt des Monazitsandes an Thorerde berücksichtigt, alle u n t e r den gleichen Bedingungen sozusagen q u a n t i t a t i v arbeiten. Der Nutzen, den das T h o r n i t r a t abwirft, ist also im Verhältnis zu demjenigen, der bei den früheren Preisen blieb, noch weniger als gering. Diese Zustände werden sich voraussichtlich noch lange nicht ändern, weil die vereinigten T h o r i u m f a b r i k a n t e n mit einer sehr ungünstigen Konstellation zu rechnen haben. Der A u e r - K o n z e r n nämlich, zu welchem außer den größten Glühkörperfabriken Deutschlands auch die bedeutende englische W e l s b a c h C o m p a n y gehört, besitzt nicht nur die alte A u e r s c h e Thoriumfabrik in Atzgersdorf bei Wien, sondern auch die Thoriumfabrik „ G e r m a n i a " in Oranienburg bei Berlin. Die Produktion dieser beiden Fabriken überstieg früher das von den Glühkörperfabriken des A u e r - K o n z e r n s benötigte Q u a n t u m Thornitrat, weshalb die Auergesellschaft dieses zeitweise auch an ihre Konkurrenz absetzte. Zweifellos ist der Auerkonzern einer der mächtigsten Faktoren, mit denen die Thoriumkonvention zu rechnen h a t . Hierzu k o m m t noch, d a ß die Auergesellschaft gleich ersterer erhebliche Vorräte an Monazitsand besitzt, und es ist auch nicht außer acht zu lassen, daß die C h e m i s c h e n W e r k e R e i h e r s t i e g in H a m b u r g ihre Thoriumfabrikation bedeutend erweiterten und daher heute ebenso wie andere Outsider große Mengen dieses kostbaren Materials, das täglich Zinsen verschlingt, auf Lager haben. Unter diesen Verhältnissen ist eine Gesundung der Thoriumkonvention in absehbarer Zeit beinahe ausgeschlossen. 1*

4

Einleitung.

Ich m u ß t e diese einleitenden W o r t e vorausschicken, um zu zeigen, wie wichtig die technische Verwendung der Abfallprodukte des Monazitsandes ist. N i m m t m a n einen jährlichen Weltkonsum von 300 Millionen Stück Gasglühkörpern an und berücksichtigt, d a ß jeder Glühkörper 0,5 g Thoroxyd enthält, was l g Thorn i t r a t entspricht, so bedeutet dies einen jährlichen Weltkonsum von 300000 kg T h o r n i t r a t = 150000 kg Thoroxyd. Legen wir unserer Berechnung einen 5 prozentigen (Thoroxyd) Monazitsand und eine 90 prozentige Ausbeute desselben zugrunde, so erhält man heute aus 1000 kg (1 Tonne) Monazitsand 90 kg T h o r n i t r a t . Mithin sind zur Deckung des jährlichen W e l t k o n s u m s an T h o r n i t r a t 3300 t, also mehr als 3 Millionen Kilogramm Monazitsand erforderlich. E n t h ä l t der Monazitsand beispielsweise 70 % Ceriterden, so entsprechen 3300 t Monazitsand 2310 t Ceriterden. Diese 2310 t setzen sich z u s a m m e n aus etwa 1050 t Cererde und 1260 t eines Gemisches von Lanthan-, Neodym- und Praseodymoxyd. Da der Gasglühkörper bekanntlich aus 99 °/o Thorerde und nur 1 % Cererde besteht, so entsprechen den erwähnten 300000 kg T h o r n i t r a t jährlichen Weltkonsums nur 3000 kg Cernitrat. D a r a u s erkennt man deutlich, daß die T h o r i u m f a b r i k a n t e n einer praktischen Verwendung ihrer aufgespeicherten, teilweise auf Halden lagernden Abfallprodukte mit größtem Interesse entgegensahen. In A n b e t r a c h t dieser enormen, bis vor einigen J a h r e n brachliegenden wertlosen Abfallprodukte war die Thoriumfabrikation recht unökonomisch. Man v e r m u t e t e , d a ß über kurz oder lang die rohen Ceriterden irgendeine Verwendung finden würden, und setzte seine H o f f n u n g in die Cererde, deren Verbindungen zum Teil oxydierend wirken. Glücklicherweise war es nicht nötig, die Cererde erst aus dem rohen Gemisch abzuscheiden, sondern es erwies sich schon dieses als brauchbar, und die Beleuchtungsindustrie z. B. verarbeitet heute ganz beträchtliche Mengen davon. Allgemein b e k a n n t war, d a ß die Thoriumindustrie f ü r ihre auf Halden lagernden Abfallprodukte Absatz suchte und daß große Mengen natürlicher Zirkonerde, f ü r die es ebenfalls an Verwendung fehlte, in Brasilien gefunden worden

Biologie.

5

wären. Deshalb konnten sich mit dem Problem der generellen Verwertung seltener Erden Chemiker und Techniker aller der Branchen beschäftigen, denen es darauf a n k a m , einen wohlfeilen Ersatz f ü r die von ihnen benötigten teuren Materialien zu schaffen. Auf diese Art wurde in den verschiedensten Fachzeitschriften ein recht wertvolles Material niedergelegt, und es ist daher von größtem Interesse f ü r die Industrie der seltenen Erden, alle Vorschläge f ü r eine Verwendung derselben in kritischer Form zusammenzufassen. Die sehr zerstreute Literatur ist viel zu umfangreich, als daß sie hier angeführt werden könnte. Ebenso würde es aus dem R a h m e n dieser Arbeit fallen, wollte ich auch nur wenige wichtige Vorschläge eingehend berücksichtigen. Daher beschränke ich mich auf eine erschöpfende Aufzählung derselben und brauche nur auf die Inkandescenzkörper f ü r elektrisches Glühlicht und f ü r Bogenlicht einzugehen, weil ich die auf Gasinkandescenzkörper bezügliche Journal- und P a t e n t l i t e r a t u r schon in meinen beiden Büchern „ D a s Gasglühlicht" (Leipzig 1905) und „Die Fabrikation der Glühkörper f ü r Gasglühlicht" (Halle a. S. 1910) lückenlos zusammengetragen habe.

Verwendung in der Wissenschaft. I. Biologie. Schon frühzeitig (1825) untersuchte man die physiologische Wirkung der gemischten Ceriterden und bezeichnete das alte Cer als „nicht sehr giftig". Aber erst in neuerer Zeit wurden exakte physiologische Versuche auch mit Thorerde und Zirkonerde angestellt. Nach s u b k u t a n e r Injektion von 15bis 20 mg Cersalz (auf Metall berechnet) s t a r b ein Frosch an Herzlähmung; f ü r Kaninchen b r a u c h t e die Dosis nur um 5 mg größer zu sein. Begleiterscheinungen waren Hyperämie, Ekchymosen des Darmes sowie Nephritis und Hyperämie der Nieren. Im medizinischen Laboratorium der Universitäten Cornell und Columbia wurden mit den chemisch reinen Ceriterden Tier- und Pflanzenversuche ausgeführt.

Biologie.

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wären. Deshalb konnten sich mit dem Problem der generellen Verwertung seltener Erden Chemiker und Techniker aller der Branchen beschäftigen, denen es darauf a n k a m , einen wohlfeilen Ersatz f ü r die von ihnen benötigten teuren Materialien zu schaffen. Auf diese Art wurde in den verschiedensten Fachzeitschriften ein recht wertvolles Material niedergelegt, und es ist daher von größtem Interesse f ü r die Industrie der seltenen Erden, alle Vorschläge f ü r eine Verwendung derselben in kritischer Form zusammenzufassen. Die sehr zerstreute Literatur ist viel zu umfangreich, als daß sie hier angeführt werden könnte. Ebenso würde es aus dem R a h m e n dieser Arbeit fallen, wollte ich auch nur wenige wichtige Vorschläge eingehend berücksichtigen. Daher beschränke ich mich auf eine erschöpfende Aufzählung derselben und brauche nur auf die Inkandescenzkörper f ü r elektrisches Glühlicht und f ü r Bogenlicht einzugehen, weil ich die auf Gasinkandescenzkörper bezügliche Journal- und P a t e n t l i t e r a t u r schon in meinen beiden Büchern „ D a s Gasglühlicht" (Leipzig 1905) und „Die Fabrikation der Glühkörper f ü r Gasglühlicht" (Halle a. S. 1910) lückenlos zusammengetragen habe.

Verwendung in der Wissenschaft. I. Biologie. Schon frühzeitig (1825) untersuchte man die physiologische Wirkung der gemischten Ceriterden und bezeichnete das alte Cer als „nicht sehr giftig". Aber erst in neuerer Zeit wurden exakte physiologische Versuche auch mit Thorerde und Zirkonerde angestellt. Nach s u b k u t a n e r Injektion von 15bis 20 mg Cersalz (auf Metall berechnet) s t a r b ein Frosch an Herzlähmung; f ü r Kaninchen b r a u c h t e die Dosis nur um 5 mg größer zu sein. Begleiterscheinungen waren Hyperämie, Ekchymosen des Darmes sowie Nephritis und Hyperämie der Nieren. Im medizinischen Laboratorium der Universitäten Cornell und Columbia wurden mit den chemisch reinen Ceriterden Tier- und Pflanzenversuche ausgeführt.

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Verwendung in der Wissenschaft.

Eine besondere antiseptische W i r k u n g , wie D r o s s b a c h sie den Cerit- und Ytteriterden zuschrieb, konnten andere Forscher nicht bestätigen. Sollten vielleicht den Ceritsalzen geringe giftige Wirkungen zukommen, so kann m a n doch die Thor- u n d Zirkonsalze mit Bestimmtheit als vollkommen ungiftig ansprechen (s. S. 93). D a ß metallisches Thorium sowohl auf niedere als auch auf höhere Pflanzen zuerst belebend u n d d a n n abtötend wirkt, hingegen animalisches Leben im günstigen Sinne beeinflußt, ist den radioaktiven Eigenschaften der Thorerde zuzuschreiben. B o l t o n , der Erfinder der T a n t a l lampe, zog hieraus die Nutzanwendung, durch Applikation von Thoriummetall bakterielle Wucherungen im Tierkörper zu t ö t e n , ohne letzteren zu schädigen (s. S. 12—25 u. 88 bis 97). In physiologischer Beziehung k a n n man das Verhalten der Cersalze im allgemeinen demjenigen der Aluminium- u n d Wismutsalze gleichstellen. Bei der Untersuchung des Einflusses von T h o r und Cer, besonders auf K u l t u r p f l a n z e n , ergab sich weder im negativen noch im positiven Sinne ein Resultat. Daher empfahl man die Ceritchloride zur Desodorisierung und zur Sedimentierung von Fäkalien, die man später zur Düngung verwendet. Nachdem wir heute wissen, d a ß die seltenen Erden durch die Ackerkrume in viele Pflanzen, von hier aus in Tiere und Menschen wandern u n d sich bei diesen im H a r n oder in den Knochen wiederfinden, m u ß es auffallen, d a ß die bisherigen Düngungsversuche mit seltenen Erden ergebnislos blieben. Nach W i t t gelangen diese in die Pflanzen durch den sogenannten „Mineralhunger", den letztere mit denkbar geringstem A u f w a n d an Arbeit zu befriedigen suchen. Die Äquivalentgewichte der Ceriterden und des Kalks verhalten sich wie ungefähr 3 2 8 : 1 6 8 , so daß eine Pflanze bei gleicher chemischer Arbeit fast genau doppelt soviel Ceriterden wie Kalk der Ackerkrume zu entziehen vermag. Auf diese Art würde es sich auch erklären, wie die in der A c k e r k r u m e gar nicht nachweisbaren seltenen Erden durch die Pflanzen angereichert und d a n n später in ihrer Asche k o n s t a t i e r t werden können.

Biologie.

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Es ist anzunehmen, d a ß bisher in dieser Beziehung Versuche mit den richtigen Verbindungen der seltenen Erden noch nicht angestellt worden sind. Vielleicht verhalten sich deren Nitride günstiger als alle bisher f ü r diese Zwecke empfohlenen Düngemittel. Zur Reinigung der rohen Stickstoffverbindungen des Aluminiums und des Siliciums empfahl m a n Zuschläge von Zirkonerde und von Ceriterden. Man gab sogar Verfahren zur Darstellung des Zirkonstickstoffs an. Jedenfalls ist dieser bedeutend haltbarer als die Nitride der Ceriterden. Als ich vor etwa 12 J a h r e n elektrolytische Schmelzversuche machte, fiel mir die große A f f i n i t ä t des Stickstoffs zu den Ceritmetallen auf. Ließ ich die Schlacke an der freien Luft liegen, so entwickelte sich sehr viel Ammoniak, und ich glaube, d a ß man auf diese Weise lukrativ A m m o n i a k gewinnen könnte, wenn man den elektrischen Strom sehr billig h ä t t e . Da rohe Zirkonerde ebenso wie die Abfallprodukte der Thoriumfabrikation sehr wohlfeil auf den Markt k o m m t , so m a c h t die Beschaffung der Rohmaterialien nicht die geringsten Schwierigkeiten. Die seltenen Erden sind eben heute nichts weniger als „selten". Ganz abgesehen davon, d a ß es eine Anzahl von Mineralien gibt, die zum größten Teil seltene Erden enthalten, kann man auch nach den neuesten Untersuchungen G. E b e r h a r d s behaupten, daß in allen Mineralien mit wenigen Ausnahmen die seltenen Erden in ganz geringen Beimengungen vorkommen. Wie könnte man es sich denn sonst erklären, daß die Pflanzenasche seltene Erden e n t h ä l t ? W o sich seltene Erden führende Mineralien primär finden, ist das Muttergestein stets Urgestein oder altes Eruptivgestein, insbesondere Granit. Nun hat man schon vor E b e r h a r d nicht allein in diesem, sondern auch in vielen anderen gesteinbildenden Mineralien seltene Erden, wenn auch nur in geringen Mengen, nachweisen können, so z. B. in folgenden Mineralien: Biotitgranit, Nephelinsyenit, Phonolit, Gneis, Serpentin, Feldspat, F l u ß s p a t , M a r m o r , Muschelkalk, Cölestin, Strontianit, Braunstein, Mangan, Manganmulm, Epidot, W i s m u t s p a t , Titanit, Eisenerz, Scheelit, P y r o m o r p h i t , Apatit, Vanadinerz, Staffelit, Guarinit, Magnesit (und ge b r a n n t e Magnesia).

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Verwendung in der Wissenschaft.

In seiner klassischen Arbeit über die weite Verbreitung des Scandiums hat G. E b e r h a r d nachgewiesen, d a ß die Scandinerde entweder allein oder in Gemeinschaft mit andern seltenen Erden in etwa 700 Mineralien, hauptsächlich aber in allen die E r d k r u s t e bildenden Gesteinen anzutreffen ist. Besonders reich an Scandium sind eigentümlicherweise Wolframite und Zinnsteine, so d a ß R. J . M e y e r mit Hilfe neuer Trennungsmethoden ein größeres Q u a n t u m dieser bisher eine viel bewunderte R a r i t ä t bildenden Erde chemisch rein darzustellen vermochte. Da die Pflanzen seltene Erden enthalten, so konnte m a n auch in Steinkohlen und von Tieren herrührenden Rückständen diese Gruppe von eigenartigen Körpern vermuten. Und in der T a t h a t man in eisenhaltigen Gesteinen von Kohlendistrikten, im Graphit, im Meerwasser, in Korallen, Osteolithen und Koprolithen, im Muschelkalk und Huminit, j a sogar im Schlamm und in der Ackererde von Capri seltene Erden einwandfrei nachweisen können. In den kalkhaltigen Ansätzen der römischen A q u ä d u k t e , durch welche enorme Wassermengen hindurchgelaufen sind, kommen hiernach begreiflicherweise ebenfalls seltene Erden vor. Der Apatit von S n a r u m und Kragerö enthält etwa 1 °/ 0 phosphorsaure Ceriterden, in welcher Form nach den Mitteilungen N o r d e n s k j ö l d s jährlich 500 bis 1000 Zentner Ceritoxyde f ü r Düngungszwecke aus Norwegen exportiert werden sollen. Die Menge, in welcher die seltenen Erden vorkommen, beträgt nach einer Schätzung W i t t s noch nicht ein millionstel Prozent der gesamten Erdmasse. Da die Salze der Ceriterden ein dem Alaun ähnliches Gerbevermögen besitzen, so kann man sie zur Konservierung von H ä u t e n usw., also zum Gerben verwenden. Mit Eiweißund Leimsubstanzen bilden die Ceriterden schwerlösliche Verbindungen, werden zwar in dieser Beziehung vom Sublimat übertroffen, teilen aber nicht dessen große Giftigkeit. Ebenso wie man die Ceriterden zur Desodorisierung von Fäkalien empfahl, ebenso wollte m a n sie f ü r die Sterilisation von fäulnisfähigen Substanzen, von Fabri;:abwässern, Abfällen der Leim- und Lederfabrikation sowie der Färbereien verwendet wissen. Es war zu erwarten, daß positiv geladene

Therapie.

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Kolloide imstande sein würden, auf die kolloidalen Abwasserstoffe Fällungswirkungen auszuüben. Und in der Tat konnte B i l t z durch kolloidale Lösungen von Zirkonhydroxyd ebenso gute Resultate wie durch Eisenhydroxyd — eine mit völliger Klärung der Flüssigkeit verbundene Fällung der Fäulnisstoffe — erzielen. Dem Verhalten der Zirkonerde ist in dieser Beziehung dasjenige der Ceriterden gleich. Daher wäre es zu empfehlen, nach dieser Richtung hin noch weitere Versuche anzustellen, zumal das Eisenoxydverfahren im Großen bereits Anwendung gefunden hat. Schon D r o s s b a c h h a t t e festgestellt, daß Didymchlorid in etwa zweiprozentigen Lösungen auf Schimmelpilze und Hefe entwicklungshemmend wirkt. Deshalb darf es nicht wundernehmen, daß man neuerdings die Ablaugen der Thoriumfabrikation an Stelle von Kupfervitriol gegen die Kartoffelkrankheit (Peronospora infestans) und zum Imprägnieren von Grubenhölzern empfahl. Ebenso verständlich ist es, daß die Ceriterden ein dem Alaun ähnliches Gerbevermögen besitzen und daß besonders G a r e l l i sie in der Gerberei verwendet wissen will. Unverständlich aber bleibt, daß sich der Anmelder eines amerikanischen Patents zur Konservierung von Fleisch, Vegetabilien, Bier, Milch usw. die Salze der Zirkonerde auf Grund ihrer radioaktiven Eigenschaften schützen lassen konnte, denn, wie wir später (s. S. 12 bis 25 u. 88 bis 97) noch sehen werden, zeigt von allen seltenen Erden nur die Thorerde Radioaktivität. Die Ceriterden hatte schon D r o s s b a c h f ü r diese Zwecke und auch zur Konservierung von Leim, Pack- und Dichtungsmitteln, Säcken, Wolle, Haaren, Papier sowie von allen fäulnisfähigen Substanzen empfohlen. II. Therapie. In der Therapie machte 1854 der Gynäkologe S i m p s o n zum ersten Male Anwendung von den Ceriterden, ging aber bald von den Nitraten zu den Oxalaten über. Seitdem wurde das unter dem Namen Cerium oxalicum medicinale von verschiedenen Pharmakopoen aufgenommene Oxalat der rohen Ceriterden nicht allein gegen den Brechreiz der Schwangeren

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Verwendung in der Wissenschaft.

(Vomitus gravidarum), sondern auch bei Magen- und Darmk a t a r r h , bei Dyspepsie und Pyrosis, ja sogar gegen Seekrankheit, Keuchhusten, Epilepsie, Migräne und Hysterie verordnet. Die Einzeldosis b e t r ä g t 0,05 bis 0,2 g, doch wird dieses in China und J a p a n zu einem Volksmittel gewordene P r ä p a r a t in weit größeren Dosen und ohne ärztliche Verordnung gegen den erwähnten Brechreiz der Schwangeren genommen, und es ist jedenfalls nicht uninteressant, zu erfahren, d a ß f ü r diese Zwecke von Deutschland nach China und J a p a n jährlich mehrere Tausend Kilogramm Ceritoxalate exportiert werden. 1901/1902 stellte ich dem Gynäkologen Robert M ü l l e r h e i m Oxalate der reinen K o m p o n e n t e n des Ceritgemisches zur Verfügung in der Voraussetzung, d a ß sich ein Unterschied in ihrer medizinischen W i r k u n g ergeben würde. Es erwies sich aber als gleichgültig, ob ein an Vomitus gravid a r u m e r k r a n k t e r P a t i e n t Cer-, Lanthan- oder Didymoxalat einnahm. Die W i r k u n g war bei allen drei P r ä p a r a t e n derjenigen des bei uns j e t z t obsolet gewordenen Cerium oxalicum medicinale gleich. Man h a t also ganz recht getan, die Vorschriften zur Herstellung dieses P r ä p a r a t s nicht zu verändern. Ein grober Fehler ist es aber, d a ß m a n sich bei den P r ü f u n g s m e t h o d e n nach den Eigenschaften der reinen Cersalze richtete. Die in den verschiedenen P h a r m a k o p o e n und H a n d b ü c h e r n der Pharmazie gemachten diesbezüglichen Angaben sind daher ohne A u s n a h m e falsch. Cerium oxalicum medicinale liefert nach dem Verglühen nicht ein gelbliches, sondern ein rotbraunes Pulver. Es e n t h ä l t auch nicht 9, sondern nach den ausführlichen Untersuchungen von P o w e r und S h e d d e n 10 Moleküle Krystallwasser. Die günstigen Wirkungen der Ceritoxalate darf m a n nicht der Oxalsäure zuschreiben, denn, wie Versuche ergeben haben, erzielt m a n dieselben Wirkungen auch mit anderen Verbindungen der Ceriterden, so z. B. mit den zitronensauren Salzen und mit den Hypophosphiten, die man besonders gegen Phthisis empfahl. Die unlöslichen Cerit-Albuminate kann man durch entsprechende Behandlung mit Albumoselösungen in leicht lös-

Therapie.

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liehe Verbindungen überführen, die man analog dem Liquor ferri albuminati f ü r therapeutische Zwecke verwendet wissen will. Auch Cerbromid, das man leicht durch Überleiten von Bromwasserstoffsäure über Ceroxalat wasserfrei herzustellen vermag, empfahl m a n f ü r medizinische Zwecke, jedenfalls als E r s a t z m i t t e l f ü r die Alkalibromide. Die blutstillende Eigenschaft des Eisenchlorids fand ich auch bei den Ceritchloriden. Da die Ceriterden nur ein schwaches Desinficiens sind, so verstärkte m a n ihre antiseptischen Eigenschaften dadurch, daß m a n sie mit antiseptischen Säuren v e r b a n d . Das von den V e r e i n i g t e n C h i n i n f a b r i k e n Z i m m e r & C i e . in F r a n k f u r t a. M. in den Handel gebrachte „ D y m a l " besteht aus salicylsauren Ceriterden und h a t sich in der Therapie als vorzügliches austrocknendes Mittel erwiesen. Ein dem pyrogallussauren W i s m u t , dem Dermatol, analoges P r ä p a r a t , das den gleichen Zwecken dient wie dieses, soll nach einem P a t e n t die pyrogallussaure Zirkonerde sein. Als austrocknendes Mittel wurden ferner Wismut-Ceroxalat und reine Zirkonerde empfohlen. Eine größere antiseptische K r a f t wird den Cerphenolaten, Cer-Guajakol-, Cer-Kresol- und Cer¡S-Naphtholverbindungen zugeschrieben. W e i s s , welcher sich schon seit längerer Zeit b e m ü h t , der in großen Mengen vorkommenden Zirkonerde alle möglichen Verwendungsgebiete zu erschließen, n a h m u n t e r anderem auch ein P a t e n t auf Verwendung der Zirkonerde bzw. deren Verbindungen mit Salizylsäure, Pyrogallussäure, Phenol usw. f ü r therapeutische Zwecke. Mir ist aber nichts davon b e k a n n t , d a ß auch nur ein einziger Versuch mit diesen P r ä p a r a t e n gemacht worden wäre. Anders verhält es sich mit einem Ceri-Doppelsulfat, das von G a r e l l i hergestellt und von A l b e r t o n i g e p r ü f t wurde. Dieses unter dem Namen „ C e r i f o r m " von dem Apotheker L o c a t e l l i in Ferrara in den Handel gebrachte Antiseptikum soll sich besonders in der W u n d b e h a n d l u n g gut bew ä h r t haben. Wie wir sehen, k o m m t es also darauf an, die seltenen Erden in die richtige Form zu bringen, das heißt, sie mit geeigneten Säuren zu verbinden, um brauchbare Resultate zu erzielen. Will man sich die günstigen oxydierenden Eigen-

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Verwendung in der Wissenschaft.

Schäften des vierwertigen Cers in der Therapie zunutze machen, so wird man ein schwer lösliches Cerisalz, das viel haltbarer ist als die löslichen Cerisalze, verwenden.

m . Röntgenologie. Das eigenartige Verhalten der Röntgenstrahlen, die Weichteile ungehindert zu durchdringen, erstreckt sich auch auf den Magen- und Darmkanal, so d a ß man denselben nicht ohne weiteres beobachten k a n n , sondern vielmehr zu kontrastbildenden Mitteln greifen muß, die, in den Verdauungst r a k t u s eingeführt, f ü r die Röntgenstrahlen mehr oder weniger undurchlässig sind. Das Wesen der röntgenologischen Magen- und D a r m u n t e r s u c h u n g besteht also darin, in den Verdauungstraktus Stoffe einzuführen, welche die Röntgenstrahlen nicht durchlassen. Für diesen Zweck schienen bis vor kurzem verschiedene Wismutverbindungen, Eisenoxyd und Bariumsulfat besonders geeignet zu sein. Es hat sich aber gezeigt, daß die Thorerde und die Zirkonerde wegen ihres stark indifferenten Charakters, also wegen ihrer Ungiftigkeit, zum mindesten als Konkurrenzmittel herangezogen werden müssen. Vor allen Dingen gilt dies von der wohlfeilen Zirkonerde, die in besonders reinem und fein verteiltem Zustand u n t e r dem Namen „ K o n t r a s t i n " von der P o l y p h o s G. m. b. H. in München f ü r röntgenologische Zwecke in den Handel gebracht wird.

IV. Radiologie. Von großem Interesse ist die E n t d e c k u n g der Radioaktivität des Thoriums, die, hauptsächlich in jüngster Zeit, durch die Arbeiten H a h n s in den Vordergrund getreten ist. G. C. S c h m i d t (1896) und M a d a m e C u r i e entdeckten nämlich, d a ß die von Thorverbindungen ausgehenden Strahlen ebenso wie die Becquerelstrahlen durch viele Körper hindurchgehen, auch durch Metalle, z. B. durch Aluminium, Kupfer, Messing usw. D e b i e r n e (1899) fand d a n n in der Pechblende ein der Thorerde sehr nahe verwandtes neues Element, das er Aktinium n a n n t e und das mit dem später

Radiologie.

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von G i e s e l entdeckten E m a n i u m identisch ist. R u t h e r f o r d und S o d d y beobachteten ebenfalls, d a ß aus dem Thorium durch eine einfache Ammoniakfällung ein intensiv radioaktiver Bestandteil abgeschieden werden kann, und sie gaben dem neuen Stoff den Namen T h o r i u m e m a n a t i o n . Ebenso wie C r o o k e s (1900) aus Uranverbindungen einen stark radioaktiven Bestandteil abschied und denselben Ur X nannte, ebenso gelang es R u t h e r f o r d und S o d d y (1900), aus dem Thorium den wirksamen Bestandteil Th X anzureichern und in seinem gasförmigen Zerfallprodukt die sog. E m a n a t i o n zu erkennen. In analoger Weise haben G o d l e w s k i Aktinium X und G i e s e l E m a n i u m X als wirksame Bestandteile dieser Elemente isoliert. Aus 2500 kg des neuen Minerals Thorianit vermochte H a h n 1905 d a s Radiothorium zu isolieren und f ü g t e neuerdings noch das Mesothorium hinzu, über welche E n t d e c k u n g selbst die Tageszeitungen ausführlich berichtet haben. Von größtem Interesse f ü r die Thoriumindustrie ist die Tatsache, d a ß dieses Element — von stärkerer R a d i o a k t i v i t ä t als das eigentliche R a d i u m — aus den Abfallprodukten der Thoriumfabrikation gewonnen werden kann. Hierdurch stellt sich der Preis nur auf etwa die Hälfte des Radiumpreises. H a h n glaubt, daß sich aus den Thoriumrückständen alljährlich eine Menge Mesothoriumbromid gewinnen ließe, die etwa 10 g reinem Radiumbromid entspricht (s. S. 91—92). Es ist eigentümlich, d a ß die radioaktiven Vorgänge und Erscheinungen bisher ausschließlich an solchen Stoffen beobachtet worden sind, die in der N a t u r in Gemeinschaft mit seltenen Erden vorkommen (s. S. 88), und es eröffnet sich durch diese E n t d e c k u n g dem Forscher der seltenen Erden ein weiteres Arbeitsfeld als bisher (s. S. 104). Augenblicklich ist man in den meisten Thoriumbetrieben eifrigst bestrebt, die radioaktiven Substanzen bei der Fabrikation des Thoriums in Form von Anreicherungen abzuscheiden, um diese, meistens erst später, auf reinere Präp a r a t e zu verarbeiten. Die Thoriumfabrik von Dr. 0 . K n ö f 1 er & Co. in Plötzensee bei Berlin und die beiden Thoriumfabriken der D e u t s c h e n G a s g l ü h l i c h t - ( A u e r - ) A k t i e n g e s e l l s c h a f t bringen schon seit einiger Zeit Mesothorium

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Verwendung in der Wissenschaft.

und Thorium X auf den Markt, u n d binnen kurzem dürften andere Fabriken diesem Beispiel folgen. Die Herren der Wissenschaft stehen heute nicht mehr an, sich ihre geistigen P r o d u k t e in Form von P a t e n t e n schützen zu lassen. So n a h m der englische Gelehrte F. S o d d y auf die Gewinnung von Mesothorium aus den Abfallprodukten der T h o r i u m f a b r i k a t i o n ein so generelles P a t e n t , daß er gewissermaßen ein Monopol beansprucht u n d zwar auf die einfache Übertragung des b e k a n n t e n Verfahrens zur Herstellung des R a d i u m s auf diejenige des Mesothoriums. Es ist begreiflich, d a ß sich die Industrie hiergegen wehrt und gegen die Erteilung des P a t e n t s Einspruch erhoben h a t (s. S. 105). Das Mesothorium besitzt ähnliche chemische Eigenschaften wie das R a d i u m . Es ist das erste Zerfallprodukt des Thoriums und die M u t t e r s u b s t a n z des schon länger bek a n n t e n Radiothoriums. Nach H a h n besteht das Mesothorium aus zwei P r o d u k t e n , dem strahlenden Mesothorium I und dem ß- und y-strahlenden Mesothorium II. Mesothorium I zerfällt in 5 1 / 2 J a h r e n zur Hälfte, Mesothorium 11 in 6 Vs S t u n d e n , so d a ß letzteres schon innerhalb etwa eines Tages nach Herstellung des Mesothoriums I zerfallen ist und d a n n beide P r ä p a r a t e sich genau wie eine einheitliche radioaktive Substanz, die man eben Mesothorium nennt, verhalten. Man h a t es hier also mit ähnlichen Eigenschaften wie beim R a d i u m zu tun, denn die durchdringenden Strahlen kommen nicht dem R a d i u m selbst, sondern dessen Zerfallprodukten, vor allen Dingen dem R a d i u m C, zu. Das Mesothorium bildet bei seinem allmählichen Zerfall das Radiothorium, dieses wieder seine Zerfallprodukte: Thorium X, E m a n a t i o n u n d Thorium A, B, C und D. Da das Mesothorium langsamer zerfällt, als das Radiothorium entsteht, so n i m m t die Strahlungsintensität der frisch hergestellten Mesothoriumpräparate zu. Nach 3 1/& J a h r e n wird das Maximum dieser Intensität, das Maximum der Aktivität also, erreicht. Hierauf t r i t t eine langsame A b n a h m e derselben ein, und erst nach 10 J a h r e n erfolgt die Abklingung mit der Halbwertszeit des Mesothoriums von 5 1 / 2 Jahren im Gegensatz zu derjenigen des R a d i u m s von 1800 Jahren (s. S . 8 8 u . ff.).

Radiologie.

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Diese f ü r reine P r ä p a r a t e in Betracht kommenden Zahlen sind nicht direkt auf das technische Mesothoriumpräparat ü b e r t r a g b a r , da letzteres ohne Ausnahme R a d i u m ( 3 : 1 ) enthält. Das Maximum der A k t i v i t ä t der technischen Präp a r a t e t r i t t nach etwa 3 J a h r e n ein, aber die Abklingung erfolgt nach beliebiger Zeit langsamer, als es der Periode des reinen Mesothoriums entspricht. Nach 10 J a h r e n ist die A k t i v i t ä t noch etwas stärker als zur Zeit der Herstellung, nach 20 J a h r e n aber ist sie ungefähr nur halb so stark, u n d schließlich bleiben, wenn alles Mesothorium zerfallen ist, die 25 °/o R a d i u m übrig. Der Radiumgehalt des Monazitsandes ist von dessen Urangehalt abhängig. 3 kg Uran entsprechen nur 1 mg R a d i u m . Da der Urangehalt des Monazitsandes schwankt, so m u ß auch der Radiumgehalt der technischen Mesothoriump r ä p a r a t e verschieden sein, und das f r ü h e r auf Radiothorium verarbeitete uranreiche ( 1 0 — 2 0 % Uran enthaltende) seltene Mineral Thorianit ergab demnach sehr s t a r k radiumhaltiges Radiothorium. Der Gehalt des Monazitsandes an Uran bet r ä g t etwa 0,1 °/0> und 1 t, also 1000 kg Monazitsand, enthält etwa 2,5 mg Mesothorium (s. S. 91). W ä h r e n d reines Mesothorium n u r / ? - u n d / - S t r a h l e n emittiert, bedingt der Radiumgehalt des technisch hergestellten Mesothoriums, d a ß auch ein gewisser Prozentsatz « - S t r a h l e n v o r h a n d e n ist, zu dem im Laufe der Zeit noch « - S t r a h l e n des aus dem Mesothorium entstehenden Radiothoriums in so großer Menge hinzutreten, daß die « - A k t i v i t ä t sehr hohe W e r t e erreicht. Es war zu erwarten, d a ß die Strahlen der technisch hergestellten Mesothoriumpräparate sich in therapeutischer Hinsicht — u p d zwar bei der lokalen äußeren Applikation — ähnlich verhielten wie die der reinen Radiumsalze, während die Verhältnisse bei der E m a n a t i o n s a n w e n d u n g angesichts der in wenigen Minuten vollständig zerfallenden T h o r i u m e m a n a t i o n anders geartet sein m u ß t e n . Dagegen scheint das ständig E m a n a t i o n entwickelnde T h o r i u m p r o d u k t Thorium X, eine leicht lösliche, feste Substanz, deren Lebensdauer derjenigen der R a d i u m e m a n a t i o n gleich ist, bei i n t r a t u m o r a l e r bzw. intravenöser Applikation gewisse Vorteile zu besitzen.

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Verwendung in der Wissenschaft.

Biologische experimentelle Versuche mit Mesothoriump r ä p a r a t e n haben F l e m m i n g , H e r t w i g , B i c k e l , M i n a m i e , E m s m a n n u. a. gemacht. Dabei wurde k o n s t a t i e r t , daß die Wirkungen infolge der größeren A k t i v i t ä t der Mesothor i u m p r ä p a r a t e denjenigen der R a d i u m p r ä p a r a t e teilweise überlegen waren, zum mindesten ihnen aber gleich kamen. So z. B. zeigte sich nach einer 10 Minuten langen Bestrahlung der H a u t mit 6 mg Mesothoriumbromid bald früher, bald später eine R ö t u n g der bestrahlten Stelle. Nach mehrstündiger Bestrahlung des Kaninchenauges t r a t schwere K o n j u n k t i v i t i s , H o r n h a u t t r ü b u n g usw. auf, an der H a u t Haarausfall^ Borkenbildung usw., kurz Erscheinungen, deren klinisches Bild mit demjenigen nach der R a d i u m b e s t r a h l u n g übereinstimmte und durch die ß- und ^ - S t r a h l e n des Mesothoriums verursacht wurde. Da die R a d i u m e m a n a t i o n ein Gas ist, so wirkt sie nur so lange, wie man ihr im geschlossenen R a u m ausgesetzt ist. Sobald man das E m a n a t o r i u m verlassen hat, wird das Gas bis auf einen geringen im Blute verbleibenden Bruchteil ausgeschieden. W ä h r e n d die Lebensdauer der R a d i u m e m a n a tion 3 J / 2 Tage beträgt, ist diejenige der Thoriumemanation nur 54 Sekunden lang. Letztere zerfällt also während der Dauer eines Blutkreislaufs, so daß die Zerfallprodukte dem Körper verbleiben ( P l e s c h , s. S. 94). Mit Thorium X m a c h t man auch Trinkkuren analog den R a d i u m t r i n k k u r e n . Bei der Inhalationsbehandlung wird der ganze Körper gleichmäßig unter E m a n a t i o n s w i r k u n g gebracht, bei der T r i n k k u r hingegen gelangt die E m a n a t i o n vom Darm zur Leber oder durch den D u c t u s thoracicus difekt zum rechten Herzen, von da in die Lungen, um dann rasch an die A t e m l u f t abgegeben zu werden. Nur ein Teil k o m m t von den Lungen in den großen Kreislauf und an die Gewebe. Nach dem Trinken soll mehr E m a n a t i o n in der Atemluft erscheinen als nach dem Aufenthalt im E m a n a t o r i u m . Das Thorium X ist ein in Wasser sehr leicht lösliches Umwandlungsprodukt des Radiothoriums, und es können durch Injektion von 1 ccm Flüssigkeit viele Millionen MacheEinheiten appliziert werden. Diesen Weg hält P l e s c h f ü r den besten, weil man auf ihm die wenig durchschlagfähigen,

Radiologie.

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a b e r w i r k s a m e n u - u n d /9-Strahlen im g a n z e n K ö r p e r bzw. T u m o r v e r t e i l e n k a n n . R a d i u m k o m m t seines h o h e n Preises wegen h i e r f ü r g a r n i c h t in B e t r a c h t . Z a h l r e i c h e T i e r v e r s u c h e e r g a b e n , d a ß n a c h I n j e k t i o n v o n T h o r i u m X die Leukozyten stark beeinflußt werden, aus dem zirkulierenden B l u t e sogar v o l l s t ä n d i g v e r s c h w i n d e n u n d d a ß die Tiere infolgedessen u n t e r S c h w ä c h e e r s c h e i n u n g e n z u g r u n d e g e h e n . Bei r i c h t i g e r D o s i e r u n g w u r d e keine S c h ä d i g u n g des Organ i s m u s b e o b a c h t e t . Diese e l e k t i v e W i r k u n g des T h o r i u m X ist d e r j e n i g e n ä h n l i c h , die m a n bei e n o r m e n Dosen v o n R a d i u m e m a n a t i o n auf kleine V e r s u c h s t i e r e u n d bei A n w e n d u n g h o c h d o s i e r t e r R ö n t g e n b e s t r a h l u n g b e o b a c h t e t e , übert r i f f t a b e r beide an W i r k s a m k e i t . D e s h a l b wird es n i c h t w u n d e r n e h m e n , w e n n m a n bei L e u k ä m i e u n d bei d e r perniziösen A n ä m i e m i t T h o r i u m X - B e h a n d l u n g noch E r f o l g e erzielte, nachdem R a d i u m e m a n a t i o n und Röntgenbehandlung v e r s a g t h a t t e n . Es ist a u c h sehr wichtig, d a ß m a n bei A p p l i k a t i o n des T h o r i u m s g a n z g e n a u e D o s i e r u n g einh a l t e n k a n n u n d bei A n w e n d u n g v o n S i l u e r k a p s e i n , wie wir s p ä t e r (S. 19—20) sehen w e r d e n , n i c h t m i t den S c h ä d i g u n g e n d e r H a u t , die infolge d e r R ö n t g e n b e s t r a h l u n g a u f t r e t e n , zu rechnen hat. P l e s c h s u c h t e an T i e r e n die M a x i m a l d o s i s des T h o r i u m X f e s t z u s t e l l e n u n d f a n d , d a ß bezüglich seiner G i f t i g keit a u ß e r o r d e n t l i c h g r o ß e i n d i v i d u e l l e D i f f e r e n z e n e n t s t e h e n . G u d z e n t h a t n a c h A p p l i k a t i o n v o n 5 Millionen M a c h e - E i n h e i t e n des T h o r i u m X einen a n c h r o n i s c h e m G e l e n k r h e u m a t i s m u s l e i d e n d e n P a t i e n t e n u n t e r den E r s c h e i n u n g e n h ä m o r r h a g i s c h e r D i a t h e s e v e r l o r e n . G a n z b e s o n d e r s im Magenu n d D a r m k a n a l zeigten sich B l u t u n g e n . E s w ä r e n u n verk e h r t , wollte m a n , wie K r a u s g a n z r i c h t i g s a g t , in diesem Falle d a s K i n d m i t d e m B a d e a u s s c h ü t t e n . D e n n in der v e r h ä l t n i s m ä ß i g k u r z e n Zeit seiner A n w e n d u n g k o n n t e bereits k o n s t a t i e r t w e r d e n , d a ß d a s T h o r i u m X g a n z b e m e r k e n s w e r t e t h e r a p e u t i s c h e Erfolge u n d n i c h t n u r h e f t i g e biologische W i r k u n g e n g i b t . Zweifellos ist T h o r i u m X ein g e f ä h r l i c h e s Mittel u n d darf wie alle s t a r k e n Mittel n u r sehr v o r s i c h t i g u n d in n i c h t allzu g r o ß e n Dosen v e r w e n d e t w e r d e n . U m einen t h e r a p e u t i s c h e n E f f e k t zu erzielen, m u ß m a n allerB ö h m , V e r w e n d u n g der seltenen Erden.

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Verwendung in der Wissenschaft.

dings mit größeren Dosen arbeiten und wird sicher Mittel und Wege finden, die unliebsamen Nebenerscheinungen zu vermeiden. Thorium X besitzt eine Halbwertsperiode von 3,7 Tagen, d. h. in 3,7 Tagen wird z. B. seine A k t i v i t ä t von 1 Million auf 1 / 2 Million sinken, und in weiteren 3,7 Tagen klingt diese wieder auf die Hälfte, also auf 1 / i Million ab usw. Demnach zeigt das Thorium X eine ganz b e s t i m m t e Aktivitätsabklingungskurve. P l e s c h untersuchte, wie lange das Thorium X im Körper verweilt u n d wie es ausgeschieden wird. Nach 43 Stunden wurden nur etwa 2 °/o des gesamten einverleibten Thorium X durch den H a r n , etwa 1 6 % durch den Darm und etwa 1 l i % durch den Schweiß ausgeschieden, so daß ungefähr 80 % ¡ m Organismus verblieben (s. S. 94). Hiernach wird man verstehen, weshalb man bei Applikation von Thorium X die größte Vorsicht zu beobachten hat und d a ß bei längerem Verweilen von etwa 20 °/ 0 der verabreichten hohen Aktivitätsmengen im D a r m direkte Verbrennungserscheinungen auftreten können, die Diarrhöen usw. zur Folge haben. Durch reichliche Kost, die viel Schlacke zurückläßt, und durch öfter wiederholte Auswaschungen, die für eine gründliche Reinigung des Darms, besonders des Dickdarms, zu sorgen haben, will man diese nachhaltigen Nebenwirkungen abschwächen oder a u f h e b e n . Thorium X wirkt zuerst e r m a t t e n d , nach einigen Tagen jedoch verliert sich das Schwächegefühl. Wie schon erwähnt, sind die Wirkungen individuell verschieden. Viele Personen verhalten sich absolut indolent, selbst gegen die höchsten Dosen, wohingegen es P a t i e n t e n gibt, die schon auf ganz schwache Dosen heftig reagieren. Als Maximaldosis f ü r den Menschen nehmen P l e s c h und K a r e z a g 3 bis 5 Millionen Mache-Einheiten an. Selbstverständlich m u ß man diese Dosis nicht nur individualisieren, sondern sie auch, je nachdem man Zerstörungs- oder Reizwirkung erzielen will, variieren. G u d z e n t ist der Meinung, d a ß die schädlichen Nebenwirkungen der T h o r i u m p r ä p a r a t e auf die Beimengung des Radiothoriums zurückzuführen seien und daß man ihre y-Strahlung, um deren Stärke festzustellen, messen solle.

Radiologie.

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P l e s c h schließt sich dieser Ansicht nicht an und hebt hervor: 1. Das frisch hergestellte Thorium X enthält weniger Thorium A, B, C, D als dem sich erst nach zwei Tagen einstellenden Gleichgewichtszustande entspricht. Aus diesem Grunde gibt die /-Strahlenmessung teils zu niedrige, teils ganz ungenaue Werte. 2. Es ist bis jetzt unmöglich, aus der Thorium X - ; Strahlung auf die «-Aktivität zu schließen, weil das Verhältnis - - noch nicht genau bekannt und jedenfalls anders als beim Radium ist. P l e s c h und K a r e z a g haben sich durch die Abklingungskurve des Radiothoriums, der Muttersubstanz des Thorium X , davon überzeugt, daß von einem Übertreten des Radiothoriums in die Thorium X - L ö s u n g keine Rede sein kann, die erwähnten schädlichen Nebenwirkungen mithin nicht, wie G u d z e n t behauptet, dem Radiothorium zuzuschreiben sind (s. S. 94). K e e t m a n n und M a y e r von der D e u t s c h e n A u e r G e s e l l s c h a f t sowie M e t z e n e r und C a m m e r e r von der C h e m i s c h e n F a b r i k D r . K n ö f l e r & C o . haben Beiträge zur Messung von Thorium X-Präparaten geliefert (s. S. 96). Es steht fest, daß die «-Strahlenmeßmethode weit empfindlicher ist und somit viel schwächere Aktivitäten zu messen erlaubt als die /-Strahlenmeßmethode. Erstere soll nach Ansicht von M e t z e n e r und C a m m e r e r ziemlich unsicher sein und daher Fehlerquellen einschließen. D a der Gehalt der Präparate an y- und «-Strahlen wechselt, so kann man die von den verschiedenen Forschern erzielten Resultate nicht direkt miteinander vergleichen. Zu erwähnen wäre noch, daß eine Firma ihr Thorium X-Präparat unter der Bezeichnung „ D o r a m a d " in den Handel bringt. Lokale Bestrahlungen führt man nicht mit Thorium X , sondern mit Mesothorium aus. M a n bedient sich für direkte Einwirkung auf oberflächliche Stellen einer Glimmerkapsel, während man zur Tiefenwirkung unter Vermeidung von Hautbeschädigungen einen kleinen Silberschirm oder eine 2*

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V e r w e n d u n g in der W i s s e n s c h a f t .

Silberkapsel, in welcher d a s M e s o t h o r i u m eingeschlossen ist, b e n u t z t . Celluloid- u n d A l u m i n i u m k a p s e l n erwiesen sich als n i c h t so b r a u c h b a r , w e n n g l e i c h bei ihnen d i e w e i c h e n / ? - S t r a h l e n in h ö h e r e m M a ß e zu v e r w e r t e n sind. W ä h r e n d die G l i m m e r kapsel die W i r k u n g der l e t z t e r e n z u l ä ß t , wird beim G e b r a u c h des S i l b e r s c h i r m s b z w . d e r Silberkapsel d e r g r ö ß t e Teil dieser S t r a h l e n a b s o r b i e r t u n d gelangt d e m n a c h nicht z u r W i r k u n g . Die B e s t r a h l u n g m i t den s t a r k r a d i o a k t i v e n Meso-

h i g . 1. P h o t o g r a p h i e e i n e r p e r f o r i e r t e n Z i n k p l a t t e . 10 m g M e s o t h o r i u m b r o m i d , E x p o s i t i o n 5 S e k u n d e n (nach C z e r n y ) .

t h o r i u n i p r ä p a r a t e n (Fig. 1 u. 2) darf ü b e r ein b e s t i m m t e s Z e i t m a ß n i c h t h i n a u s g e h e n , d a m i t n i c h t d u r c h die s o g e n a n n t e Fernwirkung der Mesothoriumbestrahlung Schüttelfrost und Fieber, a k u t e e r y s i p e l a r t i g e E r y t h e m e , ö d e m a t ö s e Schwellungen der H a u t u n t e r B r e n n e n u n d S c h m e r z e n als N e b e n erscheinungen hervorgerufen werden. Mit M e s o t h o r i u m erzielte m a n g r o ß e Erfolge bei L u p u s u n d K r e b s . M e h r als e i n g e h e n d e R e f e r a t e s p r e c h e n v o n der außerordentlichen Wirksamkeit der radioaktiven Thorp r ä p a r a t e Fig. 3 bis 8 , die ich d e r L i e b e n s w ü r d i g k e i t des H e r r n P r o f . C z e r n y , des b e k a n n t e n u n d v e r d i e n s t v o l l e n

Radiologie.

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K r e b s f o r s c h e r s , v e r d a n k e u n d seiner A r b e i t aus d e r M ü n c h e n e r medizinischen W o c h e n s c h r i f t (1912, Nr. 14) ü b e r die Behandlung bösartiger Geschwülste mit Mesothorium und Thorium X entnommen habe. Die S t r a h l u n g b e s t e h t — d a es sich n a c h d e r Zerfallk o n s t a n t e n u r u m T h o r i u m X h a n d e l t — im w e s e n t l i c h e n a u s u - u n d l a n g s a m e n /^-Strahlen, d e n n n u r das E n d p r o d u k t ,

mSmSÈr•*



ml

F i g . 2. P h o t o g r a p h i e einer perforierten Zinkplatte. 10 m g R a d i u m b r o m i d , E x p o s i t i o n 5 S e k u n d e n (nach Czerny).

T h o r i u m D, h a t / - S t r a h l e n . Die s t a r k e W i r k u n g , d e s T h o r p r ä p a r a t s wird d a r a u f z u r ü c k g e f ü h r t , d a ß sich aus d e m T h o r i u m X u n m i t t e l b a r die T h o r i u m e m a n a t i o n bildet, diese sich d u r c h Diffusion e t w a s von d e m O r t e des D e p o t s e n t f e r n t u n d bei ihrem Zerfall n i c h t allein selbst sehr k r ä f t i g strahlt, sondern auch kräftig strahlende Produkte hervorb r i n g t . D a d u r c h k a n n sich n a c h R a m s a u e r die W i r k u n g w e i t e r a u s d e h n e n , als es s o n s t bei d e r an sich ä u ß e r s t w i r k s a m e n , a b e r auch sehr a b s o r b i e r b a r e n « - u n d / f - S t r a h l u n g d e r Fall ist.

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V e r w e n d u n g in der W i s s e n s c h a f t .

T r o t z d e m sich die E r f a h r u n g e n bei B e h a n d l u n g m i t M e s o t h o r i u m u n d m i t T h o r i u m X auf eine v e r h ä l t n i s m ä ß i g kleine A n z a h l v o n Fällen beziehen, w a s d u r c h die N e u h e i t d e r M i t t e l b e d i n g t ist, so l ä ß t sich doch h e u t e schon m i t Sicherheit behaupten, daß das Mesothorium dem Radium m i n d e s t e n s e b e n b ü r t i g , ja, d a ß es, wie V e r s u c h e C z e r n y s

Fig. 3. Gesichtslupus. V o r der Behandlung mit Mesothoriumbestrahlung (nach C z e r n y).

Fig. 4. Wie Fig. 3. N a c h der Behandlung mit Mesothoriumbestrahlung (nach Czerny).

e r g e b e n h a b e n , bei der B e h a n d l u n g o b e r f l ä c h l i c h gelegener T u m o r e n diesem sogar überlegen sein d ü r f t e . V e r v o l l k o m m n u n g der A p p a r a t u r u n d T e c h n i k w e r d e n a u c h eine w e i t e r e g ü n s t i g e E n t w i c k l u n g dieser v i e l v e r s p r e c h e n d e n Behandl u n g s m e t h o d e h e r b e i f ü h r e n . N a c h P i n k u s s h a t die Mesot h o r i u m b e s t r a h l u n g a u c h einen sicheren W e r t als U n t e r s t ü t z u n g s - u n d E r s a t z b e h a n d l u n g bei b z w . n a c h c h i r u r gischen E i n g r i f f e n , weil bei v o r s i c h t i g e r A n w e n d u n g e t w a i g e

Radiologie.

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Schädigungen ferngehalten werden können. Ferner steht fest, d a ß d u r c h die M e s o t h o r i u m b e h a n d l u n g in m a n n i g f a c h e r Hinsicht (Tiefenwirkung, Dosierbarkeit, Anwendungsweise) bessere Erfolge erzielt w e r d e n als d u r c h die R ö n t g e n bestrahlung. Ich h a b e a b s i c h t l i c h die biologischen W i r k u n g e n u n d

1 i g . 5. Karzinom des rechten inneren Augenwinkels (das N a s e n k a r z i n o m u n d eine karzinomatöse D r ü s e a m r. Unterkiefer wurden durch Kaltkauter entfernt). V o r der B e h a n d l u n g mit M e s o t h o r i u m bestrahlung (nach C z e r n y ) .

F i g . 6. W i e F i g . 5. N a c h d e r B e h a n d l u n g mit M e s o t h o r i u m b e s t r a h l u n g (nach Czerny).

die t h e r a p e u t i s c h e n E r f o l g e m i t M e s o t h o r i u m u n d T h o r i u m X a u s f ü h r l i c h e r b e s c h r i e b e n , als es im R a h m e n dieser Ü b e r s i c h t liegt, d a m i t m a n den W e r t der G e w i n n u n g dieser k o s t b a r e n Substanzen aus den A b f a l l p r o d u k t e n 1 der Thoriumfabrikatior. r i c h t i g zu w ü r d i g e n v e r m a g (s. a u c h S. 6). 1 Der m i t e t w a der d o p p e l t e n M e n g e S c h w e f e l s ä u r e a u f g e s c h l o s s e n e M o n a z i t s a n d wird m i t g e w ö h n l i c h e m W a s s e r e x t r a -

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Verwendung in der Wissenschaft.

W e n n m a n berücksichtigt, d a ß durchschnittlich e t w a 2,5 m g t e c h n i s c h e n h o c h r a d i o a k t i v e n M e s o t h o r i u m s aus einer T o n n e M o n a z i t s a n d g e w o n n e n w e r d e n k ö n n e n und d a ß der Preis für 1 m g dieser kostbaren S u b s t a n z 150 M. beträgt, so

F i g . 7. B a s a l t z e l l e n k a r z i n o m am rechten unteren A u g e n l i d . V o r d e r B e h a n d l u n g mit M e s o t h o r i u m b e s t r a h l u n g (nach C z e r n y ) .

F i g . 8. W i e F i g . 7. N a c h der B e h a n d l u n g mit M e s o t h o r i u m b e s t r a h l u n g (nach (Czerny).

wird m a n n o c h m e h r v o n der B e d e u t u n g der H a h n sehen E n t d e c k u n g ü b e r z e u g t sein, und besonderen D a n k m ü ß t e der hiert, wobei ein Schlamm in die Laugen k o m m t , der sich leicht dekantieren läßt. J e nach den Wassermengen der Laugen enthält dieser Schlamm bis zu 80 °/o aller radioaktiven Substanzen des Monazitsandes, denn deren Sulfate sind im Wasser etwas löslich. Diese gelösten P r o d u k t e ziehen sich bis in die letzten Fraktionen u n d verleihen dem chemisch reinen T h o r i u m radioaktive Eigenschaften. F ü g t m a n dem Monazitsand w ä h r e n d seines Aufschlusses mit Schwefelsäure etwas B a r i u m s u l f a t hinzu, so scheiden sich d a n n noch m e h r radioaktive Substanzen als unlösliche P r o d u k t e ab, so d a ß der e r w ä h n t e S c h l a m m 90 °/ 0 u n d mehr von ihnen enthalten k a n n .

Radiologie.

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T h o r i u m f a b r i k a n t diesem R e t t e r seiner I n d u s t r i e wissen. D e n n , wie eingangs e r w ä h n t , sind die Preise f ü r T h o r n i t r a t auf ein solches N i v e a u g e s u n k e n , d a ß m a n im G e g e n s a t z zu f r ü h e r n u r m i t einem v e r h ä l t n i s m ä ß i g sehr niedrigen N u t z e n r e c h n e n d a r f . N e h m e n wir a n , d a ß 1 t 5 prozentigen M o n a z i t s a n d e s e t w a 90 kg T h o r n i t r a t liefert u n d d a ß d e r F a b r i k a n t an j e d e m K i l o g r a m m e t w a 2 M. v e r d i e n t , also die V e r a r b e i t u n g 1 t M o n a z i t s a n d e s ihm einen N u t z e n v o n e t w a 180 M. b r i n g t , so wird m a n die R i c h t i g k e i t m e i n e r B e h a u p t u n g von dem Darniederliegen der Thoriumindustrie e r k e n n e n . Die Möglichkeit der G e w i n n u n g w e n i g e r Millig r a m m e dieser k o s t b a r e n S u b s t a n z e r ö f f n e t d e r N u t z b a r m a c h u n g der C e r r ü c k s t ä n d e einen n e u e n , g ü n s t i g e n Ausb l i c k ; d u r c h die E x t r a k t i o n d e r r a d i o a k t i v e n E r d e n wird a u c h die w e i t e r e V e r w e r t u n g der v e r b l e i b e n d e n P r o d u k t e n i c h t g e s c h m ä l e r t , u n d f ü r diese ist, wie d a s N a c h s t e h e n d e zeigt, v o n W i s s e n s c h a f t u n d T e c h n i k u n e r m ü d l i c h u n d m i t m a n c h e m Erfolge n a c h g a n g b a r e n W e g e n g e s u c h t w o r d e n ( ü b e r die w i s s e n s c h a f t l i c h e B e d e u t u n g u n d die w i r t s c h a f t liche T r a g w e i t e der H a h n s c h e n E n t d e c k u n g vgl. d a s S c h l u ß k a p i t e l „ R ü c k b l i c k e u n d A u s b l i c k e " , spez. S. 100).

Verwendung in der Technik. Die Vorschläge tiir eine t e c h n i s c h e V e r w e n d u n g d e r selt e n e n E r d e n sind begreiflicherweise sehr zahlreich, u n d w a s die C e r i t e r d e n a n b e t r i f f t , so w e r d e n h a u p t s ä c h l i c h d i e j e n i g e n e r n s t l i c h e B e a c h t u n g v e r d i e n e n , welche sich auf d a s v o n den T h o r i u m f a b r i k e n als A b f a l l p r o d u k t g e w o n n e n e r o h e Gemisch dieser E r d e n u n d n i c h t auf die reinen K o m p o n e n t e n beziehen, es sei d e n n , d a ß d e r V e r w e n d u n g s z w e c k •— z. B. f ü r die P o r z e l l a n m a l e r e i — hohe Preise f ü r d a s in F r a g e stehende Material gestattet. B e k a n n t l i c h wird T h o r e r d e in g r o ß e n Mengen a u s s c h l i e ß lich in d e r G a s g l ü h l i c h t - I n d u s t r i e g e b r a u c h t , u n d ich n a h m

Radiologie.

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T h o r i u m f a b r i k a n t diesem R e t t e r seiner I n d u s t r i e wissen. D e n n , wie eingangs e r w ä h n t , sind die Preise f ü r T h o r n i t r a t auf ein solches N i v e a u g e s u n k e n , d a ß m a n im G e g e n s a t z zu f r ü h e r n u r m i t einem v e r h ä l t n i s m ä ß i g sehr niedrigen N u t z e n r e c h n e n d a r f . N e h m e n wir a n , d a ß 1 t 5 prozentigen M o n a z i t s a n d e s e t w a 90 kg T h o r n i t r a t liefert u n d d a ß d e r F a b r i k a n t an j e d e m K i l o g r a m m e t w a 2 M. v e r d i e n t , also die V e r a r b e i t u n g 1 t M o n a z i t s a n d e s ihm einen N u t z e n v o n e t w a 180 M. b r i n g t , so wird m a n die R i c h t i g k e i t m e i n e r B e h a u p t u n g von dem Darniederliegen der Thoriumindustrie e r k e n n e n . Die Möglichkeit der G e w i n n u n g w e n i g e r Millig r a m m e dieser k o s t b a r e n S u b s t a n z e r ö f f n e t d e r N u t z b a r m a c h u n g der C e r r ü c k s t ä n d e einen n e u e n , g ü n s t i g e n Ausb l i c k ; d u r c h die E x t r a k t i o n d e r r a d i o a k t i v e n E r d e n wird a u c h die w e i t e r e V e r w e r t u n g der v e r b l e i b e n d e n P r o d u k t e n i c h t g e s c h m ä l e r t , u n d f ü r diese ist, wie d a s N a c h s t e h e n d e zeigt, v o n W i s s e n s c h a f t u n d T e c h n i k u n e r m ü d l i c h u n d m i t m a n c h e m Erfolge n a c h g a n g b a r e n W e g e n g e s u c h t w o r d e n ( ü b e r die w i s s e n s c h a f t l i c h e B e d e u t u n g u n d die w i r t s c h a f t liche T r a g w e i t e der H a h n s c h e n E n t d e c k u n g vgl. d a s S c h l u ß k a p i t e l „ R ü c k b l i c k e u n d A u s b l i c k e " , spez. S. 100).

Verwendung in der Technik. Die Vorschläge tiir eine t e c h n i s c h e V e r w e n d u n g d e r selt e n e n E r d e n sind begreiflicherweise sehr zahlreich, u n d w a s die C e r i t e r d e n a n b e t r i f f t , so w e r d e n h a u p t s ä c h l i c h d i e j e n i g e n e r n s t l i c h e B e a c h t u n g v e r d i e n e n , welche sich auf d a s v o n den T h o r i u m f a b r i k e n als A b f a l l p r o d u k t g e w o n n e n e r o h e Gemisch dieser E r d e n u n d n i c h t auf die reinen K o m p o n e n t e n beziehen, es sei d e n n , d a ß d e r V e r w e n d u n g s z w e c k •— z. B. f ü r die P o r z e l l a n m a l e r e i — hohe Preise f ü r d a s in F r a g e stehende Material gestattet. B e k a n n t l i c h wird T h o r e r d e in g r o ß e n Mengen a u s s c h l i e ß lich in d e r G a s g l ü h l i c h t - I n d u s t r i e g e b r a u c h t , u n d ich n a h m

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Verwendung in der Technik.

in der Einleitung auf die kommerziellen Verhältnisse in der Thoriumindustrie besonders Rücksicht, um die Wichtigkeit der Ausnutzung ihrer Abfallprodukte richtig zu beleuchten. Nachdem ich in meinen Büchern, wie bereits auf S. 5 erwähnt, die Vorschläge, die sich auf die Verwendung der seltenen Erden in der Gasglühlicht-Industrie beziehen, lückenlos und kritisch zusammengestellt habe, empfiehlt es sich, im nachstehenden diejenigen f ü r weitere Verwendungszwecke gruppenweise zu besprechen. I. Vorschläge, die sich auf die Feuerbeständigkeit der Oxyde oder der Verbindungen seltener Erden gründen. a)

Porzcllanfarben.

Schon 1807 h a t t e K l a p r o t h entsprechende Versuche mit den gemischten Ceriterden angestellt und konstatiert, daß die mit diesen Oxyden bemalten Porzellangegenstände hellbraun gefärbt aus dem Ofen kamen. Unter den mit Komponenten der Ceriterden erzielten Farben ist das Grün der Praseodymsalze und das schöne Amethystrot des Neodyms besonders hervorzuheben. Zu einer Zeit, als diese beiden Erden noch eine große Seltenheit in den chemischen Laboratorien waren, h ä t t e wohl mancher Chemiker dieselben gern technisch in großen Mengen billig hergestellt. Bis vor kurzem blieb dies nur ein eitler Wunsch, aber heute ist es der Technik möglich, Praseodym- und Neodymsalze schon für etwa 8 M. pro kg zu fabrizieren. Wenn man berücksichtigt, daß die meisten chemischen Fabriken noch jetzt nach alten unlukrativen Methoden arbeiten, daher 1 g Neodymoxalat mit 1.50M. und 1 g Praseodymoxalat sogar mit 6 M. berechnen müssen, so wird man unwillkürlich an die erste Zeit der Thoriumindustrie erinnert, als 1 kg Thoriumnitrat noch 2000 M. kostete. Zweifellos ist es ein neuer Triumph der Technik, die sonst mit vielen tausend Krystallisationen verbundene Trennung der Didymkomponenten in vorteilhafter Weise vollbracht zu haben. Da diese Tatsache den allerwenigsten bekannt ist, so will ich sie hier ausdrücklich hervorheben.

Feuerbeständigkeit der Oxyde.

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Ich bin davon überzeugt, d a ß f ü r Neodym und Praseodym unschwer eine praktische Verwendung gefunden werden kann. J e t z t wird man auch den Vorschlägen H e r r a m h o f s (1905), eines Schülers M u t h m a n n s , mehr Beachtung schenken müssen. Denn er empfahl als besonders feuerbeständige Farben die P h o s p h a t e des D i d y m s und seiner beiden Komponenten, des Neodyms und Praseodyms. N e o d y m p h o s p h a t liefert einen richtigen Fleischton, der den Schimmer der zarten menschlichen H a u t aufs natürlichste wiedergibt; Praseodymphosphat, in etwas dicker Schicht aufgetragen, leuchtet in schönem Lauchgrün, entsprechend der Farbe der übrigen P r a s e o d y m v e r b i n d u n g e n ; Cerititanat erwies sich als eine brauchbare, ungemein beständige, gelbleuchtende Farbe, die sich sehr gleichmäßig und ohne Flecken zu bilden auf den Scherben brennt, Cermolybdat hingegen gab eine schöne hellblaue Scharffeuerfarbe. Aus einem Gemisch von Manganoxyduloxyd (1), Titansäure (14) und Ceriammonnitrat (1,5) erhielt man ebenfalls eine schöne gelbe Farbe, die m a n durch Variieren des Mischungsverhältnisses vom Gelb zum Bräunlichgelb nuancieren konnte. W o l f r a m s a u r e s Cer zersetzt sich bei den höheren T e m p e r a t u r e n und gibt eine blaugrüne Farbe. Ebenso zersetzen sich uransaures und chromsaures Cer. L a n t h a n c h r o m a t schmilzt zu leicht und liefert auch eine unschöne Farbe, während N e o d y m c h r o m a t die Scherben gleichmäßig graugrün f ä r b t . L a n t h a n o x y d h a t sich als Ersatz f ü r Zinkoxyd zum „ S c h ö n e n " der Scharffeuerfarben bewährt. Die Silikate eignen sich weniger als Scharffeuerfarben, hingegen soll man die feuerfesten Verbindungen der Ceriterden als Zusätze zur Porzellanglasur benutzen können.

b) Gläser. Dem S c h o t i s c h e n Glaswerk in J e n a war es zwar gelungen, Glasflüssen die Ceriterden und die Ytteriterden als konstituierende Bestandteile — nicht u n t e r 10 °/ 0 — einzuverleiben, es stellte sich jedoch heraus, d a ß ein Glas, in welchem der Kalk teilweise durch diese Erden, insonderheit durch die Ceriterden, vertreten war, dieselben Eigenschaften besitzt wie Kaliglas. 1 % Cerdioxyd erteilt dem Glas eine

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Verwendung in der Technik.

schöne gelbe, mehr als 1 % e ' n e bräunliche, selbst bei Weißglut feuerbeständige Farbe. Das Didym f ä r b t Glasflüsse blau, und das Didymglas weist im Spektroskop die charakteristischen Absorptionsbanden des Didyms auf (s. S. 29). Deshalb fabrizieren S c h o t t u. G e n . Didymgläser zum Zwecke der Orientierung in der Spektroskopie. 7 mm dicke Scheiben zeigen folgende Absorptionsbanden: 644, 578, 546, 509, 480, 436, 405, 384, 361, 340, 332, 309. 1 kg Didymglas kostet 30 M. Neuerdings sind Versuche gemacht worden, den Kalk oder auch die Kieselsäure selbst durch Zirkonerde zu ersetzen. Hierbei zeigte es sich, d a ß man in normalen Gläsern den Kalk völlig durch Zirkonerde substituieren und auch so zu borsäurehaltigen Gläsern normaler Zusammensetzung gelangen kann. Daß sich die Zirkonerde mit Kieselsäure verbindet, ist eine altb e k a n n t e Tatsache, denn das gewöhnlichste Zirkonmineral, der sogenannte Zirkon, ist ja auch ein Silikat, dessen durchsichtige hyazinthenfarbige Varietäten, Hyazinthen genannt, wertvolle Halbedelsteine sind und in verschiedenen ceylonischen Seifen vorkommen. Besonders hell gefärbte Steine n e n n t man „ J a r g o n e " und, weil sie gelegentlich f ü r Diam a n t e n ausgegeben w u r d e n , nach ihrem F u n d o r t auch „ M a t u r a - D i a m a n t e n " . Der beste Stein von 1 K a r a t kostet 50—70 M., kleinere Steine sind erheblich billiger (s. S. 36). Die F ä r b u n g der natürlichen Zirkonsilikate r ü h r t von untergeordneten Beimengungen her. F r a n c h e t k o m m t in seiner Arbeit „ Ü b e r die Analogie des Smaragds und des Zirkons hinsichtlich ihrer färbenden Eigenschaften in reduzierender A t m o s p h ä r e " zu dem Ergebnis, d a ß sich die natürlichen Silikate des Zirkons und Berylls nach der erwähnten Richtung ganz gleich verhalten. Auffallend ist nur, daß Zirkonerde (Zr0 2 ) in der reduzierenden Flamme eine rote Farbe, welche bekanntlich nur durch K u p f e r hervorgerufen wird, ergeben haben soll. Auch die anderen von F r a n c h e t angegebenen auffallenden Färbungen der Zirkonerde muß man auf Verunreinigungen zurückführen.

Feuerbeständigkeit der Oxyde.

c) Entfärbung

von

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Glasflüssen.

U m g e w ö h n l i c h e s Glas, w e l c h e s i n f o l g e eines g e r i n g e n Eisengehaltes eine grünliche (Eisenoxydul) oder gelbliche ( E i s e n o x y d ) F a r b e b e s i t z t , zu e n t f ä r b e n , v e r w e n d e t m a n b e k a n n t l i c h v o r z u g s w e i s e die O x y d e d e s M a n g a n s ; S e l e n v e r b i n d u n g e n k o m m e n n u r f ü r b e s s e r e G l a s s o r t e n in Bet r a c h t . D r o s s b a c h h a t t e schon vor e t w a 20 J a h r e n festgestellt, d a ß N e o d y m - u n d E r b i u m o x y d zur E n t f ä r b u n g von Gias v o r t e i l h a f t g e b r a u c h t w e r d e n k ö n n e n . Bei A b w e s e n h e i t v o n E i s e n g e b e n sie ein r o s e n r o t e s , D i d y m h i n g e g e n ein b l a u e s G l a s (s. S. 28). Kleine Verunreinigungen von Cer u n d P r a s e o d y m h a b e n auf die e n t f ä r b e n d e W i r k u n g keinen Einfluß.

d) Email. D a s E m a i l s t e h t d e n G l ä s e r n s e h r n a h e u n d ist als ein getrübtes Glas von genügender Schmelzbarkeit anzusehen. Zur W e i ß t r ü b u n g dient noch immer hauptsächlich Zinnoxyd. Zusätze von Knochenasche oder anderen Phosphaten m a c h t m a n n u r in g e r i n g e r e m M a ß e , s o l c h e v o n K r y o lith d a g e g e n in g r o ß e n M e n g e n . A u c h C e r o x y d e m p f a h l m a n als T r ü b u n g s m i t t e l u n d , n a c h d e m in B r a s i l i e n b e deutende Lager roher Zirkonerde entdeckt worden waren, u n t e r s u c h t e m a n l e t z t e r e auf i h r e t r ü b e n d e n E i g e n s c h a f t e n u n d f a n d in i h r ein v o r z ü g l i c h e s E r s a t z m i t t e l f ü r d a s t e u r e Zinnoxyd. In a u s f ü h r l i c h e n A r b e i t e n ü b e r E i s e n b l e c h e m a i l s i n d diese V e r h ä l t n i s s e k l a r d a r g e l e g t . Es wird aber noch l a n g e d a u e r n , bis d i e Z i r k o n e r d e d a s Z i n n o x y d v o l l s t ä n d i g verdrängt hat. D a so z i e m l i c h j e d e r F a b r i k a n t s e i n e n e i g e n e n E m a i l satz hat und über chemische Kenntnisse wenig oder gar nicht v e r f ü g t , so ist es b e g r e i f l i c h , d a ß er n i c h t n u r k o n s e r v a t i v , s o n d e r n a u c h m i ß t r a u i s c h ist. E s h a t s e h r l a n g e r Z e i t bed u r f t , ehe sicji d i e E m a i l f a b r i k e n auf Z i n n o x y d als T r ü b u n g s mittel eingearbeitet h a t t e n . Schon der U m s t a n d , daß mancher E m a i l s a t z n u r 4 % , ein a n d e r e r w i e d e r 1 6 % Z i n n o x y d be-

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Verwendung in der Technik.

sitzt, zeigt, d a ß dessen T r ü b u n g s k r a f t sich ganz und gar nach der Komposition des Emailsatzes richtet. Daher k o m m t es auch, d a ß ein Email bei 800° C., ein anderes bei 900® C. eingebrannt werden m u ß . Der Brennprozeß ist ü b e r h a u p t sehr diffizil. Man m u ß ihn in dem Augenblick unterbrechen, in welchem das Email gerade geschmolzen ist. Schon wenige Sekunden können genügen, um den ganzen Brand unbrauchbar zu machen, weil sich d a n n das Zinnoxyd im Glasfluß leicht auflöst. Der nach einem bewährten Schema arbeitende Fabrik a n t ist natürlich schwer zu bewegen, Versuche mit Ersatzmitteln zu machen. Angenommen, er würde an Stelle seiner bisherigen 6 °/o Zinnoxyd ebensoviel Zirkonoxyd verwenden und erzielte d a m i t ein negatives Resultat, so wäre der Zirkonerde als Ersatzmittel ohne weiteres das Urteil gesprochen. Daß es auch f r ü h e r vieler Versuche bedurfte, um das Maximum der T r ü b u n g s k r a f t von Zinnasche herauszufinden, würde hierbei nicht in B e t r a c h t gezogen werden. Man h a t einwandfrei nachgewiesen, d a ß Zirkonerde und auch verschiedene Verbindungen derselben ein sehr gutes T r ü b u n g s m i t t e l f ü r Email sind, wenn man die richtigen Emailsätze ausfindig macht. Unter den obwaltenden Ums t ä n d e n begegnet die E i n f ü h r u n g der Zirkonerde in die Emailindustrie begreiflicherweise großen Schwierigkeiten, ist aber sicherlich nur eine Frage der Zeit. Zirkonerde ist gleich dem Zinnoxyd gänzlich ungiftig, aber die Zinnsalze sind im Gegensatz zu den Zirkonsalzen giftig. Die Emailfabrik a n t e n haben hin und wieder, wenn der Preis f ü r Zinnoxyd sehr gestiegen war, teilweise zu giftigen Ersatzmitteln gegriffen. Doch ist es z. B. in Österreich gesetzlich verboten, dem Email f ü r Geschirre, in denen Speisen bereitet werden, A n t i m o n v e r b i n d u n g e n zuzusetzen. Nun verwenden manche F a b r i k a n t e n das nach ihrer Ansicht ungiftige NatriumMetaantimoniat.1 Sie denken aber nicht daran, daß alle technischen A n t i m o n p r ä p a r a t e Arsen enthalten, daß also schon aus diesem Grunde ihr antimonhaltiges Email un1 Das R i c k m a n n s c h e des Fabrikanten arsenfrei.

Metaantimoniat

ist

nach

Angabe

Feuerbeständigkeit der Oxyde.

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bedingt giftig sein muß. Hierauf möchte ich ganz besonders hinweisen, nicht allein zugunsten der vollständig ungiftigen Zirkonerde, sondern auch im Interesse des Publikums. K o m m e n nicht oft genug Arsenvergiftungen vor, deren Ursachen dem Arzt unerklärlich s i n d ? Ich denke, daß meine A u s f ü h r u n g e n hierfür Fingerzeige geben. W e n n m a n in B e t r a c h t zieht, daß f ü r eine Waggonladung Emailgeschirr im Werte von 10000 M. etwa 100 kg Zinnoxyd verwendet werden und bei B e n u t z u n g von Zirkonerde nur etwa 100 M. gespart werden könnten, so wird man es dem Emailfabrikanten nicht verübeln, wenn er sich schwer dazu versteht, der Verwendung des ihm angebotenen E r s a t z p r ä p a r a t s näher zu treten. Gewährt ihm also das Ersatzmittel nicht ganz wesentliche Ersparnisse und bietet man ihm nicht brauchbare Rezepte f ü r Zirkonemail, so wird er sein altes Verfahren beibehalten. Um die Zirkonerde schnell in die Emailindustrie einzuführen, müssen es sich daher die chemischen Fabriken zur Aufgabe machen, das neue Trübungsmittel möglichst biilig auf den Markt zu bringen. Es h a t , wie wir später noch sehen w e r d e n , so viele günstige Eigenschaften, d a ß sich schon heute mehrere Gesellschaften rüsten, die Fabrikation dieser Erde in größtem Maßstabe aufzunehmen. Berücksichtigt man, d a ß die Emailindustrie, welche ihren H a u p t s i t z in Deutschland und in Österreich-Ungarn hat, bei einem Produktionswert von 100 Millionen Mark 800 t Zinnoxyd im W e r t e von etwa 3 Millionen Mark verbraucht (der Weltkonsum beträgt 2000 t Zinnoxyd im W e r t e von 6—8 Millionen Mark) und etwa 50000 Arbeiter beschäftigt, so wird man die Bedeutung der Zirkonerde als Ersatzmittel f ü r Zinnoxyd zu würdigen wissen u n d verstehen, d a ß die chemische Industrie sich schon heute auf einen großen Absatz vorbereitet. Wie beim Zinnoxyd und anderen T r ü b u n g s m i t t e l n n i m m t auch beim Zirkonoxyd die T r ü b u n g s k r a f t mit steigendem Gehalt an Zirkonoxyd zu. Aber schon 4,4 % dieses Trübungsmittels ergeben ein brauchbares Email, das auch bei den höchsten Zusätzen rein weiß bleibt, was bei dem Zinnemail nicht der Fall ist.

V e r w e n d u n g in der T e c h n i k .

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e) Verhinderung der Entglasung von geschmolzenem Quarz. N i c h t allein zu den G l a s s ä t z e n des E m a i l s , s o n d e r n a u c h z u m Q u a r z g l a s wird Z i r k o n e r d e z u g e s e t z t . E i n e sehr s t ö r e n d e E r s c h e i n u n g beim Q u a r z g l a s ist seine „ E n t g l a s u n g " , weil sie es u n m ö g l i c h m a c h t , a u s Q u a r z g l a s h e r g e s t e l l t e G e f ä ß e längere Zeit ü b e r 1200° C. zu e r h i t z e n . D e n n bei

F i g . 9.

A b d a m p f s c h a l e mit R a n d a u s sog. Z i r k o n g l a s .

dieser T e m p e r a t u r g e h t d a s Q u a r z g l a s a u s d e m glasigen, a m o r p h e n sehr schnell in den t r ü b e n , k r y s t a l l i n e n Z u s t a n d ü b e r , w o d u r c h es seine F e s t i g k e i t e i n b ü ß t . N u n h a t m a n

F i g . 10.

Abdampfschale mit Ausguß aus sog. Zirkonglas.

g e f u n d e n , d a ß Z u s c h l ä g e v o n 0,5—1 °/o Z i r k o n o x y d diese E n t g l a s u n g g a n z wesentlich v e r z ö g e r n , d a s Glas weiß bis s c h w a c h gelblich f ä r b e n u n d es u n d u r c h s i c h t i g m a c h e n . Die L e b e n s d a u e r u n d die m e c h a n i s c h e F e s t i g k e i t wird angeblich bis zu 50 % e r h ö h t . Die u n t e r d e m N a m e n Z - S i l o x y d g l ä s e r v o n d e r Z i r k o n g l a s - G e s e l l s c h a f t m . b. H . in F r a n k f u r t a. M. in den H a n d e l g e b r a c h t e n G e r ä t s c h a f t e n (s. z. B. Fig. 9 u. 10)

Feuerbeständigkeit der Oxyde.

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sollen von keiner Säure außer Flußsäure und Phosphorsäure, von letzterer jedoch erst beim Erhitzen über den Siedepunkt, angegriffen werden. Auch gegen basische Metalloxyde, natürlich mit Ausnahme der eigentlichen Alkalien, soll sog. Zirkonglas widerstandsfähiger als Quarzglas sein. Der Schmelzpunkt des ersteren soll denjenigen des Platins übersteigen, der Ausdehnungskoeffizient 0,00000059, also V 17 von dem des Platins betragen. Ein Zirkonglasstab von 1 m Länge d e h n t sich bei einer E r w ä r m u n g von 0° auf 1000° C. nur um 0,5 mm aus. Das Zirkonglas kann man infolge seiner schlechten elektrischen Leitfähigkeit auch als Isolationsmaterial verwenden.

f ) Schmelzgefäße, Ofen-Ausfütterungen und -Umhüllungen, elektrisches Isolations- und Heizmaterial. Die große Feuerbeständigkeit der Zirkonerde k a n n t e man schon iange, aber erst durch die E n t d e c k u n g der n a t ü r lichen Zirkonerde in Brasilien erwachte das Interesse f ü r dieses Material. Das neue Mineral enthält 84—97 °/ 0 Zirkonerde. Als Verunreinigungen kommen nur Eisen, Silicium und Spuren von Titan in Betracht. Schon durch einfache E x t r a k t i o n mit Salzsäure und Ätznatron kann man aus einem 80 prozentigen Mineral eine 95 prozentige Zirkonerde herstellen, die ihrer Wohlfeilheit wegen f ü r keramische Zwecke, f ü r Ausfütterungen von B e s s e m e r - , S i e m e n s - M a r t i n u n d Elektro-Stahlöfen verwendet wird, während man das gereinigte 95prozentige E r z f ü r hochfeuerfeste Zwecke b r a u c h t . 1 kg chemisch reine Zirkonerde kostet heute wohl noch 20—30M., könnte aber, wie ich zuverlässig weiß, bei A b n a h m e großer Posten f ü r 3—4 M. geliefert werden. Eine Zirkonerde mit 0,1 % Eisen k a n n man sogar f ü r etwa 2 M. pro kg herstellen. Die Zirkonerde wird hauptsächlich im gepulverten Zustande gehandelt. Vom 85 prozentigen Mineral kostet 1 kg etwa 50 P f . ; bemerkt sei, daß die Firma W e s e n f e l d , D i c k e & C o. in Barmen auch zirkonreichere P r o d u k t e liefert, und zwar werden folgende Sorten fabriziert: B ö h m , Verwendung der seltenen Erden.

3

34

Verwendung in der Technik.

a) Zirkon-S-Erz mit 9 0 — 9 2 % Z r 0 2 , 1 — 2 % F e 2 0 3 , etwa 8 % S i 0 2 (700 M. die Tonne). b) Zirkon-N-Erz mit 9 0 — 9 2 % Z r 0 2 , 7 % F e 2 0 3 , etwa 1—2 % S i 0 2 (720 M. die Tonne). c) Zirkon-NS-Erz mit etwa 9 6 — 9 7 % Z r 0 2 , 1—2 % F e 2 0 3 , etwa 1 — 2 % S i 0 2 (1000 M. die Tonne). Da diese schon verhältnismäßig sehr reine und f ü r technische Zwecke gut verwendbare Zirkonerde mit 1 M. pro kg auf den Markt gebracht wird, so handelt es sich bei ihrer Fabrikation, wie gesagt, nur um einfache Extraktions-Verfahren ohne voraufgegangenen Aufschluß der rohen Zirkonerde. Zur Herstellung feuerfester Steine, Röhren, Retorten, Muffeln usw. oder feuerfester Überzüge empfahl m a n schon vor 10 J a h r e n die Abfallprodukte der Thoriumfabrikation sowie auch die Zirkonerde. Die A u s b e u t u n g der brasilianischen Lager roher Zirkonerde wird erst d a n n lohnend sein, wenn es gelingt, dieselbe auf Grund ihrer großen Feuerbeständigkeit technisch umfangreich zu verwenden. Die Firma B i r s c h e l & R i t t e l in E r k r a t bei Düsseldorf fabriziert schon heute Tiegel und andere feuerfeste Gegenstände aus Zirkonerde. Um den aus ihr geformten Körpern größere Festigkeit zu verleihen, verwendet m a n bei deren Fabrikation Zusätze von Stärkekleister, Glycerin, Zirkonhydroxyd, Kalk, Pottasche oder leicht verd a m p f b a r e n Oxyden oder Salzen, z. B. Phosphorsäure, Borsäure, Borax. Arbeitet man nach dem Guß-Verfahren, so stellt man aus sehr fein gepulverter Zirkonerde durch Kneten mit einer warmen Lösung von Borsäure in Glycerin einen steifen Teig her, der in eine trockene Gipsform gegossen wird. Nach dem Trocknen erhitzt man erst auf 100° C., dann auf etwa 500° C. und schließlich auf 1000—1200° C. An Feuerbeständigkeit gibt die Thorerde der Zirkonerde nichts n a c h ; sie besitzt sogar die weitere bemerkenswerte gute Eigenschaft, d a ß beim Verglühen des Nitrats ein sehr voluminöses, aber dennoch zusammenhängendes und feuerbeständiges Ascheskelett entsteht. Dies findet seine E r k l ä r u n g darin, d a ß T h o r n i t r a t beim Erhitzen, ehe es sich

F e u e r b e s t ä n d i g k e i t der O x y d e .

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z e r s e t z t , schmilzt u n d d a n n viel g a s f ö r m i g e P r o d u k t e liefert, die d a s s c h m e l z e n d e Salz s c h a u m i g a u f t r e i b e n . Beim A b b r e n n e n eines j e d e n G l ü h s t r u m p f e s in d e r F a b r i k g e h t dieser P r o z e ß v o r sich, u n d j e d e s G a r n f ä d c h e n v e r w a n d e l t sich hierbei in eine kleine P h a r a o s c h l a n g e , ein f r ü h e r so s e h r beliebtes Spielzeug, d a s a b e r infolge d e r giftigen E i g e n s c h a f t e n des d a z u v e r w e n d e t e n R h o d a n q u e c k s i l b e r s b e h ö r d l i c h v e r b o t e n w u r d e . Die A d o p t i o n des u n s c h ä d l i c h e n T h o r n i t r a t s k ö n n t e also diese niedliche Spielerei wieder a u f e r s t e h e n lassen. Alle h a u p t s ä c h l i c h z u r Zeit d e r H o c h k o n j u n k t u r des T h o r n i t r a t s v o n d e r G a s g l ü h l i c h t - I n d u s t r i e g e m a c h t e n Bem ü h u n g e n , die T h o r e r d e d u r c h Z i r k o n e r d e zu ersetzen, m u ß t e n n i c h t n u r a u s d e m G r u n d e vergeblich sein, weil kein Z i r k o n s a l z die e r w ä h n t e n g ü n s t i g e n a u f b l ä h e n d e n Eigens c h a f t e n des T h o r n i t r a t s zeigt, s o n d e r n a u c h , weil Z i r k o n e r d e n i c h t die h e r v o r r a g e n d e n S t r a h l u n g s e i g e n s c h a f t e n d e r T h o r erde b e s i t z t . D e s s e n u n g e a c h t e t g e b r a u c h t m a n h e u t e doch noch vereinzelt Z i r k o n n i t r a t als e t w a e i n p r o z e n t i g e n Z u s a t z z u m i m p r ä g n i e r f l u i d , d a es sich gezeigt h a t , d a ß es e b e n s o wie B e r y l l n i t r a t den R a m i e g l ü h k ö r p e r d u r c h S i n t e r n h ä r t e t . A u c h z u m K o l l o d i u m m a c h t e m a n geringe Z u s ä t z e d a v o n z u m Zweck, die E m p f i n d l i c h k e i t d e r k o l l o d i n i e r t e n G l ü h k ö r p e r gegen E r s c h ü t t e r u n g e n u n d gegen K n i f f e a b z u schwächen. Dieses H i l f s m i t t e l h a t sich a b e r gleich vielen a n d e r e n n i c h t b e w ä h r t , d e n n die Risse u n d S p r ü n g e des Ascheskeletts werden durch dasselbe nur v o r ü b e r g e h e n d zusammengekittet. Die Z i r k o n e r d e u n d die T h o r e r d e sind n i c h t allein f e u e r b e s t ä n d i g , s o n d e r n sie w i d e r s t e h e n a u c h d e r g e s c h m o l z e n e n K i e s e l s ä u r e , also d e m f e u e r f l ü s s i g e n Q u a r z g l a s . Dies ist ein w e i t e r e r , n i c h t zu u n t e r s c h ä t z e n d e r Vorteil. D e n n bish e r m u ß t e m a n den B e r g k r y s t a l l in I r i d i u m g e f ä ß e n o d e r in Kohletiegeln s c h m e l z e n , w a s e i n m a l s e h r kostspielig, d a s a n d e r e Mal u n p r a k t i s c h w a r , z u m a l eine R e d u k t i o n d e r Kieselsäure d u r c h K o h l e u n d zugleich eine V e r u n r e i n i g u n g des Q u a r z g l a s e s s t a t t f a n d . A u s wohlfeiler reiner Z i r k o n e r d e a n g e f e r t i g t e S c h m e l z g e f ä ß e , wie Schalen, Tiegel, R e a g e n s gläser, erweisen sich als a u ß e r o r d e n t l i c h w i d e r s t a n d s f ä h i g , so d a ß m a n in ihnen n i c h t n u r P l a t i n , s o n d e r n a u c h Q u a r z 3*

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Verwendung in der Technik.

glas schmelzen kann. Das indifferente Verhalten der Zirkonerde gegenüber dem geschmolzenen Quarzglas ist auch die Ursache, d a ß letzteres schon durch geringe (etwa 1 °/ 0 ige) Zusätze, die man zwecks V e r h ü t u n g der Entglasung m a c h t , g e t r ü b t wird (s. S. 32). Gefäße aus Zirkonerde sind solchen aus Quarzglas noch insofern überlegen, als ihr Schmelzpunkt höher liegt. Die sehr kleinen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Zirkonerde u n d des Quarzglases deuten auf die große Ähnlichkeit dieser beiden Materialien. Erhitzt man geschmolzene Zirkonerde im Knallgasgebläse auf Weißglut und w i r f t das Stück dann sofort in kaltes Wasser, so bleibt es vollkommen unversehrt. Da es in letzter Zeit gelungen ist, Zirkonerde in größeren Stücken zu schmelzen, so darf man erwarten, daß es auch erreicht werden wird, ebenso wie aus Quarz aus geschmolzener Zirkonerde Gegenstände herzustellen. H e m p e l verwendete Zirkonerdetiegel bei 2300° C. in reduzierender A t m o s p h ä r e und direkt zwischen den zur Heizung dienenden Widerstandsstäben. Man kann annehmen, daß Zirkonerde u n t e r 3000° C. nicht schmilzt (s. S. 105). Das Schmelzen und Legieren der Ceritmetalle in Graphitoder gar Chamottetiegeln bringt stets eine mehr oder weniger große Verunreinigung durch Silicium — aus der Kieselsäure der Gefäße s t a m m e n d — mit sich. Auch Quarzglas hält der s t a r k reduzierenden W i r k u n g der Ceritmetalle nicht s t a n d ; schon nach einer Schmelze schält es sich. Gefäße aus Zirkonerde d ü r f t e n infolge des indifferenten Verhaltens der Zirkonerde f ü r diese Zwecke sehr geeignet sein. Zirkonerde und Thorerde leiten wohl im kalten Zustande die Elektrizität nicht, werden aber beim Glühen zu Leitern derselben. Im allgemeinen sind s t a r k basische Oxyde, wie Lanthan- und Y t t r i u m o x y d , schlechte Leiter; nur das stark basische D i d y m o x y d m a c h t eine Ausnahme. Mit der Höhe der Atomgewichte n i m m t die Leitfähigkeit ab. Während Zirkonoxyd u n d Ceroxyd mittelgute Leiter sind, ist Thoroxyd ein schlechter. Man h a t nun beobachtet, d a ß von Oxyden, die in ihrer Basizität nur geringe Unterschiede zeigen, einige in bestimmten Gemischen den elektrischen Strom besser leiten. So z. B. gibt Thoroxyd mit dem nur

Feuerbeständigkeit der Oxyde.

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wenig stärker basischen L a n t h a n o x y d eine Verbindung, die im Gegensatz zu ihren Komponenten g u t leitet. Dasselbe bezieht sich auf Mischungen von Zirkonerde und Yttererde, der bekannten Zusammensetzung der N e r n s t s c h e n Leuchtstäbchen, die man auch als Heizkörper, z. B. als elektrische Zigarrenanzünder, verwendet. Scandinerde gibt mit Zirkonerde die am besten leitenden Massen (s. S. 58). Schwer schmelzbare Metalle, wie z. B. Tantal, Wolfram, Zirkonium und Thorium, k a n n man nur mit Hilfe des elektrischen Lichtbogens in den modernen Vakuumöfen schmelzen, indem man in einer W a s s e r s t o f f a t m o s p h ä r e zwischen den beiden aus dem betreffenden pulverförmigen Metall ohne organisches Bindemittel gepreßten Elektroden einen Bogen bildet. Um größere Mengen in einer Charge schmelzen zu können, um also einen größeren Metallregulus zu erhalten, umgibt man die untere Elektrode mit einem flachen Näpfchen aus Zirkonerde, in dessen zentrale Bohrung die Elektrode gut passen m u ß . W ä h l t man die obere Elektrode dicker als die untere, so schmilzt anfangs n u r letztere ab. Inzwischen ist die obere gut leitend geworden und k a n n nun auch teilweise abgeschmolzen werden, nachdem sich bereits ein p l a t t e r Regulus als K u p p e der unteren Elektrode gebildet h a t . Zum Schmelzen von Quarzglas im elektrischen Ofen h a t man Gefäße aus einem die Elektrizität in der Hitze gut leitenden Gemisch von Zirkon-, Thor- und Lanthanerde empfohlen und zur Vorwärmung Leiter erster Klasse (Kohle) verwendet. Diese A n o r d n u n g k o m m t nur d a n n in Betracht, wenn man sich zur Erzeugung der höchsten Temperaturen nicht des elektrischen Lichtbogens bedient. Die f ü r diesen Zweck benutzten Platin- u n d Iridiumröhren glasierte m a n zum Schutz mit Thorerde, indem man sie wiederholt mit einer Lösung von T h o r i u m - Y t t r i u m n i t r a t bestrich und hierauf glühte. Es kam also darauf an, die sehr teuren Röhren aus Edelmetallen durch solche aus wohlfeilen seltenen Erden zu ersetzen. Elektrische Öfen dieser Art wurden von B l a u und R a s c h bereits 1899 b e n u t z t ; auch N e r n s t schmolz in einem kleinen Ofen aus stromdurchflossenen Leitern zweiter Klasse (Zirkonerde und Yttererde) Iridium. Wie wir jetzt wissen (s. S. 36), hat man es in der Hand, durch

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Verwendung in der Technik.

entsprechende Mischungen aus den seltenen Erden nicht nur ein feuerfestes Isolations-, sondern auch ein gutes Leitungsmaterial herzustellen. Für Heizkörper kann man die rohen Oxyde, besonders Zirkonerde, mit Leitern erster Klasse, z. B. mit Kohle gemischt bzw. zusammengeschmolzen, gut verwenden. Die rohe Zirkonerde dürfte hauptsächlich f ü r Ofenausmauerungen, dauerhafte Gußformen, als Formsand und Schlichtmittel sowie als feuerfestes Isoliermittel umfangreiche Verwendung finden. Aber auch die Ceriterden als Zusätze sollen die Feuerfestigkeit der bekannten Materialien erhöhen. II. Vorschläge, die sich auf die Härte der Oxyde oder der Verbindungen seltener Erden gründen.

a) Polier- und Schleifmittel. Ein brauchbares Poliermittel muß neben seiner feinen Verteilung auch genügende Härte besitzen, um die Unebenheiten des zu polierenden Körpers schnell beseitigen zu können und den gewünschten Glanz hervorzubringen. Die bekanntesten Poliermittel sind wohl das sogenannte Pariser Rot, ein Eisenoxydpräparat, und Zinnoxyd. Zirkonoxyd soll alle an ein gutes Poliermittel gestellten Anforderungen erfüllen. Man vermag es in allerfeinster Verteilung und voluminös herzustellen, und es besitzt eine große Härte. Vor dem Polieren, also bei der ersten Politur, kann man, besonders f ü r zu reinigende Metalle, ein Zirkonoxyd von gröberem Korn anwenden. Von weit größerer Härte als das Zirkonoxyd ist das Zirkoncarbid, das man daher zum Schleifen empfahl.

b) Ersatz für Diamanten zum Schneiden des Glases. Zirkoncarbid ist nicht nur ein wertvolles Schleifmittel, sondern es eignet sich auch wegen seiner außerordentlichen Härte zum Schneiden von Glas. Spiegelglasplatten bis zu 7 mm Stärke konnte man nämlich mit Zirkoncarbid wie mit einem Diamanten schneiden.

Farbe d. Oxyde, Superoxyde u. Superhydroxyde d. Cers usw.

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i n . Vorschläge, die sich auf die Farbe der Oxyde, Superoxyde und Superhydroxyde des Cers, des Praseodyms und des Zirkons gründen.

a) Mineralfarben. Die rohen Ceritoxyde, wie sie die Thoriumfabrikation als Abfallprodukte liefert, zeigen, je nachdem man sie mehr oder weniger glüht, eine hellrotbraune bis schwarzbraune Farbe. Schon 1869 h a t t e Z s c h i e s c h e die Vermutung ausgesprochen, daß die braune Farbe der gemischten Ceritoxyde die Folge einer chemischen Verbindung zwischen Ceroxyd und Didymoxyd sei, da die Oxyde der Ceritmetalle gelblich, lachsfarben, grau bis hellbraun gefärbt sind. Nachdem wir heute wissen, daß das Didym ein zusammengesetzter Körper ist und die eine Komponente desselben, das Praseodym, im Gegensatz zum Neodym ein schwarzes Superoxyd liefert, das ähnlich wie Terbinerde schon in sehr geringer Beimengung (0,01 % ) weiße Oxyde stark färbt, ist die Ursache der beim Glühen der Ceritoxyde entstehenden verschiedenen Nuancen auf einen mehr oder weniger großen Gehalt an Praseodymsuperoxyd zurückzuführen. Diese Erkenntnis lag einem Patent aus dem J a h r e 1900 zugrunde, in welchem empfohlen wird, die Ceritoxyde je nach ihrem Praseodymgehalt als Mineralfarben zu verwenden. Mir ist nicht b e k a n n t , daß diese Erfindung jemals irgendwelche praktische Bedeutung erlangt hat. Hingegen scheint mir die schöne weiße Farbe des reinen Zirkonoxyds als Ersatz für Bleiweiß geeignet, denn das „Zirkonweiß" kann sich infolge seines indifferenten Verhaltens weder an der Luft noch in Berührung mit Schwefelwasserstoff oder mit Säuren und Alkalien verändern und besitzt außerdem eine gute Deckkraft.

b) Rostschutzfarben.

Ein aus dem J a h r e 1896 stammender Vorschlag, die Ceriterden f ü r Rostschutzfarben zu verwenden, fand meines Wissens keine ernstliche Beachtung, zumal auch kein Anhalt gegeben ist, weshalb diese Produkte der Rostbildung entgegenwirken sollten.

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Verwendung in der Technik.

c) Die Sikkativwirkung der Ceriterden. K o s m a n n , der Versuche mit Superoxyden machte, h a t t e diese als Rostschutzfarben empfohlen und bereits eine Sikkativwirkung konstatiert. Aber erst 1911 haben U l z e r und D e i s e n h a m m e r dieses Verhalten genauer geprüft. Hiernach steht die Sikkativwirkung der rohen Ceritoxyde derjenigen des Bleies nur sehr wenig nach, ja sie ist begreiflicherweise bei reinem Cerresinat erheblich größer als beim Resinat der gemischten Erden. Da Manganresinat ein Nachdunkeln der Farben bewirkt, so wendet man vielfach Gemische von Bleimanganresinat an. Von diesem Gedanken ausgehend, wurden auch Versuche mit Mangancerresinat, Bleicerresinat und Manganbleicerresinat angestellt. Die Resultate bezüglich Trockendauer dieser Firnisse k a n n man als recht günstig bezeichnen, und es ist nicht ausgeschlossen, d a ß die Abfallprodukte der Thoriumindustrie auch bei der Firnisfabrikation eine gewisse Verwendung finden werden.

d) Färbungen der Faser mit Metallsalzen. Das Färben von Textilfasern mit anorganischen Verbindungen weicht vollständig von demjenigen mit organischen Farbstoffen ab und h a t h e u t e nur noch geringe Bedeutung. Außer einigen Chromfarben und dem Manganbister k o m m t nur noch das Berlinerblau f ü r die Seidenfärberei in Betracht. Man imprägniert die Baumwolle mit der Metallsalzlösung, wringt aus, ohne zu spülen, und b e n u t z t als Fällungsmittel f ü r das Metallsalz eine zweite Lösung, z. B. beim Eisenchamois eine Sodalösung. Da die Salze der Ceritmetalle durch Wasserstoffsuperoxyd je nach ihrem Gehalt an Cer und den K o m p o n e n t e n des Didyms als orange, braune oder strohgelbe Superhydroxyde gefällt werden, so empfahl K o s m a n n zum Färben von Fasern die Imprägnation mit Salzen der gemischten Ceriterden und darauffolgende Fixierung derselben mit ammoniakalischem Wasserstoffsuperoxyd. Beim Nachprüfen der K o s m a n n s c h e n Angaben fand man, daß die mit den Superhydroxyden der Ceriterden er-

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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zielten Nuancen unansehnlich und wenig seifenecht sind, weshalb sie eine technische Ausnutzung nicht gefunden haben. IV. Vorschläge, die sich auf das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze gründen.

a)

Verwendung in der Färberei. 1. B e i z e .

Wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, hat man die Superhydroxyde der Ceriterden als Mineralfarben in der Färberei zu verwenden versucht. Für das Färben von Gespinstfasern kommt nicht nur ein genügend tiefes Eindringen des Farbstoffes, sondern auch das Festhalten desselben in der Fasersubstanz in Betracht. Die Lösungen einer großen Anzahl von Metallsalzen, insbesondere von Salzen der Schwermetalle, werden beim Erwärmen mit Faserstoffen so zersetzt, daß sie in Form basischer Verbindungen in die Faser eindringen, während die Säure an das Bad abgegeben wird. Hierauf beruht das Beizen der Textilfasern. Sogenannte Beizfarbstoffe haben zur ungeheizten Faser keine oder nur geringe Affinität, zeigen aber eine um so größere zur gebeizten Faser, indem sie mit dem durch das Beizen von der Faser aufgenommenen Metall eine unlösliche Verbindung, den „ L a c k " , liefern. Über den Gebrauch der Cersalze als Beize liegt eine Reihe von Versuchen vor. Nach W i t t kommt dem Cer eine Bedeutung als Beize für Farbstoffe der Alizaringruppe zu. Das ist auch insofern interessant, als sich hieraus eine Analogie mit der Tonerde ergibt. Bekanntlich soll eine gute Tonerdebeize stets eine gewisse Menge Alkali enthalten. Bei seinen Versuchen h a t W i t t diesen Umstand berücksichtigt und das Cer in einer alkalihaltigen Form auf dem Gewebe fixiert, indem er ein lösliches Cersalz (Natriumdoppelnitrat), in angemessener Weise verdickt, auf ein Gewebe aufdruckte und dieses nach dem Trocknen eine kochende Sodalösung passieren ließ, damit das Cer in Form seines unlöslichen Natriumdoppelcarbonats

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Verwendung in der Technik.

in den Poren des Gewebes niedergeschlagen würde. Derartig präparierte Gewebe färben sich sehr leicht mit F a r b stoffen der Alizarinreihe. Die erzielten Färbungen sind ziemlich seifenecht und stehen bezüglich der Nuancen etwa in der Mitte zwischen den durch Chrom und Eisen mit den gleichen Farbstoffen erhaltenen. So gibt z. B. Alizarin ein ins Violette spielendes Bordeaux. Cörulein ein Billardgrün, Alizarinschwarz (Naphthazarin) ein m a t t e s Dunkelblau, Galloflavin ein gelbliches Braun. Man wird gut tun, in Z u k u n f t auch diejenigen Nuancen zu berücksichtigen, welche ein in diese Gruppe gehöriger Farbstoff mit Hilfe von Cererde zu erzeugen vermag. Es gelingt übrigens auch, D a m p f f a r b e n mittels Cererde herzustellen. Ein gewöhnliches Alizarindruckrot, welchem an Stelle von essigsaurer Tonerde eine Auflösung des oben erwähnten Doppelcarbonats in 40 prozentiger Essigsäure zugesetzt wird, liefert beim Aufdruck und nachherigen Dämpfen eine seifenechte P f l a u m e n f a r b e . M a t s c h a k versuchte, ein mit Cersulfat gebeiztes Schafwolltuch mit Cochenille, Kreuzbeeren, Blauholz, Sandelholz und verschiedenen Alizarinfarben zu f ä r b e n ; er fand, d a ß sämtliche Lacke sehr waschecht, die meisten aber säureunecht sind. Am säureechtesten ist der Cerlack des Sandelholzes. Die Farblacke des Cers stehen den Eisenlacken unbedingt näher als den Zinnlacken. Im allgemeinen sind die Cerlacke sehr hell und feurig, während die Zinnlacke dunkel sind. S c h e u r e r und B r y l i n s k i wiederholten die Versuche mit Yttrium-, Zirkonium-, Thorium- und Cersalzen, und G a n d o u r i n e , B a s k e r v i l l e sowie W a e g n e r u n d M ü l l e r vervollständigten diese Reihe, indem sie noch die Salze des Lanthans, des Erbiums, des Praseodyms, des Didyms und des Neodyms, welche zwei letzteren sich bezüglich Lackfarbe vollständig gleich verhielten, auf ihre Beizfähigkeit prüften. Die Widersprüche der einzelnen Autoren erklären sich sicherlich^durch die Verwendung unreiner P r ä p a r a t e . Denn es wäre doch merkwürdig, d a ß z. B. dem Erbium keine Beizfähigkeit z u k o m m e n sollte. Wenngleich B a r n e s in seiner Arbeit über Titanbeizen gelegentlich die Bemerkung macht, daß sich die Cersalze

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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nicht zu Beizmitteln eignen, so d ü r f t e dies angesichts der Resultate der übrigen Forscher nur in bedingtem Sinne zutreffen. 2. E r z e u g u n g v o n A n i l i n s c h w a r z . An Stelle von K u p f e r und Vanadin empfahlen K r u i s , B o e t t g e r und B ü h r i g zum Schwarzfärben Cersalze. Saures Cersulfat bringt auf baumwollenen Garnen und Geweben unter Anwendung von salzsaurem Anilin ein intensiv dunkles Schwarz hervor. Durch mehrfaches, abwechselndes Eintauchen der betreffenden Garne in eine mit etwas Salzsäure versetzte salzsaure Anilinlösung, in eine Lösung von saurem Cersulfat und in eine solche von Kaliumdichromat erzielt man eine schöne schwarze Färbung, die an Intensität, Lebhaftigkeit und Echtheit die mit Kupfersalzen erhaltene Farbe bei weitem übertreffen soll. Es ist nicht uninteressant, daß K r u i s 1874 f ü r 1 kg Cersulfat 4 Taler zahlen mußte. Zweifellos handelte es sich damals um die rohen Ceritsulfate, von denen heute f ü r 50 Pf. pro Kilogramm jedes Q u a n t u m zu haben ist. Das Cer-Anilinschwarz erwies sich als absolut echt und rein. Es entwickelte sich rasch und griff die Faser nicht an. Bei der Oxydation wird es wie Kupfer-Anilinschwarz dunkelgrün und erlangt seine volle intensive Schönheit erst in einem schwach alkalischen Bade. Da W i t t mit Cernatriumnitrat diese Resultate der drei genannten Forscher nicht bestätigt erhielt und die früheren Erfolge auf eine Vanadinverunreinigung der angewendeten Cersalze z u r ü c k f ü h r t , so d ü r f t e es sich empfehlen, die Versuche mit Cersulfat zu wiederholen und einwandfrei festzustellen, welche Resultate die richtigen sind. Das Cersulfat ist, wie wir noch später (S. 50) sehen werden, ein guter Sauerstoffüberträger, so d a ß es ebenso wie Vanadinsäure im vorliegenden Falle den Sauerstoff der Chromsäure auf das Anilin übertragen dürfte. Jedenfalls ist es Tatsache, daß die K a t t u n d r u c k e r e i von J a c o b L i t s c h e in Petersburg 1882 mit Cer-Anilinschwarz Färbungen im Großen ausgeführt hat und M e i s t e r L u c i u s & B r ü n i n g 1903 besondere Vorschriften f ü r das Färben mit Cerochlorid und

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Verwendung in der Technik.

Anilin veröffentlichten. Die H ö c h s t e r F a r b w e r k e wiesen auch in einer P a t e n t a n m e l d u n g darauf hin, daß sich Cerichlorat sehr gut zur Erzeugung von Ätzeffekten in der Zeugdruckerei eignet. 3. B e s c h w e r e n d e r

Seide.

Beim Abkochen der Rohseide verliert dieselbe bis zu 30 % ihres Gewichtes. Zum Ausgleich beschwert man sie ihrem Verlust proportional, d a m i t der Färber dasselbe Gewicht an gefärbter Seide abliefern kann, wie er an Rohseide erhielt. Es ist erstaunlich, bis zu welcher Höhe sich die Seide infolge ihres starken Aufquellungsvermögens beschweren läßt, ohne an Ansehen zu verlieren. Hauptsächlich Zinnsalze, die einer Fixierung, z. B. mit phosphorsaurem N a t r i u m , bedürfen, kommen hierfür in Betracht. Die Zinnbeschwerung wirkt aber nachteilig auf die Seide, indem sie dieselbe vorzeitig mürbe m a c h t u n d schließlich ihren Zerfall bewirkt. Deshalb war man b e m ü h t , nach Ersatzmitteln zu suchen, welche diesen ungünstigen Einfluß nicht ausüben und außerdem billiger sind als Zinnsalze. Unter den seltenen Erden eignen sich besonders die Salze der wohlfeilen Zirkonerde zum Beschweren von Seide. Jedenfalls wurden auf dieses Verfahren viele P a t e n t e angemeldet und umfangreiche Versuche g e m a c h t , die meines Wissens zu einem guten Ergebnis geführt haben. Derselbe Erfinder, welcher zur Imprägnation von Glühkörpergeweben kolloidale Lösungen von Thorium empfahl und durch ein Fällungsmittel die Kolloide in der Faser zur Abscheidung bringen wollte, ü b e r t r u g diese Methode auf das Beschweren der Seide mit Zirkonerde. Weil das Beschweren der Seide mit dem Färben von Textilfasern in Verbindung steht, habe ich diese Ausführungen der besseren Übersicht halber hier angeschlossen. 4. B l e i c h e n v o n

Wolle.

Nach G a r e l l i soll man mit einer 5 prozentigen Lösung der rohen Ceriterden Lumpen aus Wolle bleichen können. Genauere Angaben fehlen.

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze. 5. F ä r b e n v o n

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Leder.

Die von Gebrüder L u m i è r e bei ihren photographischen Versuchen beobachtete färbende Eigenschaft der Cerisalze gegenüber Phenol, Amidobenzoesäure usw. veranlaßte G a r e l l i , der sich vielfach um die Verwendung der seltenen Erden b e m ü h t h a t , bei seinen Gerbversuchen mit Ceriterden in größerem Umfange letztere auch auf ihre färbenden Eigenschaften zu prüfen. Er fand, daß man sowohl während des Gerbens als auch nach demselben infolge der starken Oxydationsfähigkeit der Cerisalze, die im Augenblick der Berührung mit den H ä u t e n zu Cerosalzen reduziert werden, mit Anilinsalzen und Phenolaten sehr schöne Färbungen erzielen kann (s. unten).

b) Verwendung in der Photographie. 1.

Positiv-Verfahren.

Wie im vorigen Abschnitt erwähnt, haben die Gebrüder L u m i è r e die Cersalze auf ihre Verwendbarkeit f ü r photographische Zwecke geprüft, und zwar geschah dies bereits 1893. Die Cerosalze erwiesen sich als sehr beständig, während die Cerisalze schon durch schwache Reduktionsmittel zersetzt wurden. Ein mit Cerisulfat oder - n i t r a t präpariertes und gelatiniertes Papier zeigt nach dem Belichten u n t e r einem Diapositiv, daß das gelb gefärbte Papier an diesen Stellen e n t f ä r b t wurde, d a ß also an den durchsichtigen Stellen das Cerisalz zu Cerosalz reduziert worden ist. Behandelt man das belichtete Papier mit Lösungen gewisser Farbstoffe, die mit dem Cerisalz unlösliche gefärbte Verbindungen bilden und das Cerosalz u n v e r ä n d e r t lassen, so b e k o m m t man ein lebhaft gefärbtes Bild. In saurer Lösung entstehen bei Anwendung von Phenol graue Bilder, grüne bei B e n u t z u n g von Anilinsalzen, blaue mittels « - N a p h t h y l a m i n s , b r a u n e durch Amidobenzoesäure, rote durch Parasulfanilsäure, grüne mit Orthotoluidinsalzen usw. Arbeitet man mit ammoniakalischen Lösungen, so treten bei den Bildern andere Farben auf. Man erhält dann z. B. mit Anilin violette und mit Naphthylamin rote Bilder. Die mit Cerisalzen präparierten

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Verwendung in der Technik.

p h o t o g r a p h i s c h e n P a p i e r e sollen viel e m p f i n d l i c h e r als die m i t Eisen- u n d M a n g a n s a l z e n p r ä p a r i e r t e n sein. 2.

Abschwächer.

Schon 1900 ließ sich die F i r m a L u m i è r e e t F i l s die V e r w e n d u n g des Cerisulfats als A b s c h w ä c h e r s c h ü t z e n u n d b r i n g t s e i t d e m ihr S p e z i a l p r ä p a r a t in F o r m einer 10 proz e n t i g e n L ö s u n g in den H a n d e l . Dieser A b s c h w ä c h e r h a t d e m A m m o n i u m p e r s u l f a t u n d d e m gelben B l u t l a u g e n s a l z sowie d e m K a l i u m c y a n i d g e g e n ü b e r gewisse n i c h t zu u n t e r s c h ä t z e n d e Vorzüge. C e r i s u l f a t löst sich s e h r leicht u n d wird d u r c h s c h w a c h e s A n s ä u e r n f a s t u n b e g r e n z t h a l t b a r . E i n e so hergestellte L ö s u n g b r a u c h t a u c h n i c h t in d u n k e l n Flaschen a u f b e w a h r t zu w e r d e n . Die a b s c h w ä c h e n d e Wirk u n g der Cerisalze e r k l ä r t sich d a d u r c h , d a ß sich ihre S ä u r e n m i t d e m r e d u z i e r t e n Silber zu einem in W a s s e r g e n ü g e n d leicht löslichen Silbersalz v e r b i n d e n . Den Cera b s c h w ä c h e r k a n n m a n a u c h f ü r zu s t a r k b e l i c h t e t e B r o m silberkopien v e r w e n d e n , o h n e G e f a h r zu l a u f e n , d a ß die weißen Stellen leiden. Ein H a u p t v o r z u g d e s C e r - A b s c h w ä c h e r s ist aber der, d a ß er auf die g a n z e S c h i c h t g l e i c h m ä ß i g einw i r k t . A u ß e r d e m h a t m a n b e i m B e t r a c h t e n in d e r D u r c h sicht n i c h t zu b e f ü r c h t e n , d a ß die an d e r S c h i c h t h a f t e n b l e i b e n d e L ö s u n g Flecken h e r v o r r u f t .

c) Das elektrolytische Verhalten von Cersalzlösungen und Cerisalze als Oxydationsmittel organischer Verbindungen. 1. In d e r T e c h n i k . N a c h d e m F o e r s t e r auf d e m V. i n t e r n a t i o n a l e n K o n g r e ß f ü r a n g e w a n d t e Chemie (1903) auf die B r a u c h b a r k e i t des Cerisulfats als t e c h n i s c h e s O x y d a t i o n s m i t t e l u n d auf seine leichte e l e k t r o l y t i s c h e R e g e n e r i e r b a r k e i t im G e g e n s a t z zur Ü b e r m a n g a n s a u r e hingewiesen h a t t e , e m p f a h l e n a u c h a n d e r e F o r s c h e r ( M u t h m a n n , M ö s t , H . K r a f t z. B . ) , sich bei H e r s t e l l u n g o r g a n i s c h e r P r ä p a r a t e des Cerisulfats z u r O x y d a t i o n zu b e d i e n e n .

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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Elektrolysiert man eine saure Lösung von Cerosulfat zwischen Bleielektroden, so werden an der Anode etwa 90 % Cerosalz zu Cerisalz oxydiert, setzt man aber zur Cerlösung z. B. Anthracen, feinverteilt, hinzu und erwärmt, so gibt das an der Anode gebildete Cerisalz seinen Sauerstoff sofort an die organische Substanz ab und wird zu Cerosalz reduziert, um im nächsten Moment wieder in das Cerisalz übergeführt zu werden. Es bildet sich also ein Kreislauf, in welchem das Cersulfat die Rolle eines elektrolytischen Sauerstoffüberträgers, eines sogenannten Acceptors, spielt. Man w u ß t e wohl schon lange, daß Cerisalze, besonders Cerinitrat, oxydierend wirken, so z. B. bei der Oxydation von Schwefelwasserstoff, schwefliger Säure, Oxalsäure usw. Man war aber überrascht über das von M e i s t e r L u c i u s & B r ü n i n g mit Hilfe des Cers als elektrolytischen Acceptors erzielte Resultat. Denn die verhältnismäßig schwer zu oxydierenden Körper Anthracen, Naphthalin und P h e n a n t h r e n werden durch dasselbe glatt oxydiert. Auch ohne den elektro]ytischen Kreislauf konnte die genannte Firma mitteis etwa 20 prozentige saure Lösungen des Cerisulfats beim Erwärmen Toluol in Tolylphenylmethan und A n t h r a c h i n o n , m-Xylol in Tolylaldehyd überführen, aus Anthracen Anthrachinon, aus N a p h t h a l i n Phthalsäure und Naphthochinon gewinnen. Es ist von Wichtigkeit, d a ß schon die rohen Abfallp r o d u k t e der Thoriumindustrie diese günstigen Resultate geben u n d d a ß die höhere Oxydationsstufe des Praseodyms die W i r k u n g des Cers noch u n t e r s t ü t z t . 2.

In d e r A n a l y s e .

Als Ersatz f ü r das K a l i u m p e r m a n g a n a t in der Maßanalyse wurden von verschiedenen Forschern Cerisalzlösungen empfohlen, nach J o b in solchen Fällen, in denen die Oxydation mit K a l i u m p e r m a n g a n a t Schwierigkeiten bereitet. So läßt sich z. B. die Oxalsäure der Oxalochloride auch bei Gegenwart von Salzsäure in salpetersaurer Lösung bestimmen, wenn m a n mit einer bekannten überschüssigen Menge von Cerinitratlösung versetzt und den Überschuß der letzteren durch Titration mit Wasserstoffsuperoxydlösung zuriicktitriert.

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Verwendung in der Technik.

Mit Cerdioxyd kann man noch 0,001 mg Strychnin nachweisen, wenn die zu untersuchende Substanz mit konzentrierter Schwefelsäure angerührt und hierauf etwas Cerdioxyd zugesetzt wird. Intensiv blaue oder blauviolette Streifen, die beim U m r ü h r e n mit einem Glasstäbchen entstehen, deuten auf die Gegenwart von Strychnin, p u r p u r r o t e zeigen Acetanilid an, das im Gegensatz zu Strychnin der sauren Lösung durch Äther entzogen werden kann. Diese Reaktion ist heute bedeutungslos.

d) Das elektromotorische Verhalten von Cersalzlösungen und die darauf beruhenden Vorschläge für eine Verwendung der seltenen Erden. Die bereits besprochene elektrolytische Regenerierbarkeit der Cerisalze leitet herüber zur A u t o x y d a t i o n alkalischer Cerlösungen. Außer den Cero- und Cerisalzen gibt es auch noch dem Peroxyd C e 0 3 entsprechende Salze, die sich aber nur in alkalischen Lösungen bilden. Fügt man ein Cersalz zu einer konzentrierten Kaliumcarbonatlösung hinzu und bringt diese durch Schütteln mit Luft in Berührung, oder setzt man die berechnete Menge Wasserstoffsuperoxyd hinzu, so entstehen Salze, die sich vom Peroxyd ableiten und durch Reduktionsmittel, z. B. durch Traubenzucker, in die vierwertige und schließlich in die dreiwertige Form ü b e r g e f ü h r t werden. Weil das Oxydul an der Luft wieder Sauerstoff a u f n i m m t , k a n n man alkalische Lösungen zur Oxydation organischer Stoffe verwenden. Bei Gegenwart von P l a t i n m o h r erhält man aus Ammoniak in alkalischen Cerisalzlösungen Stickstoff, aus Traubenzucker Kohlensäure. Die Anwendung von Cersalzen zur Herstellung galvanischer Ketten haben B a u r und G l a e s s n e r eingehend geprüft. Trotz der hohen Spannung, die Cerisalze gegen Platin zeigen, scheint die praktische A u s n u t z u n g der elektromotorischen K r a f t solcher Ketten an dem starken Spannungsabfall, den sie selbst bei geringer S t r o m e n t n a h m e erleiden, zu scheitern. Wenn es aber gelänge, aus den Oxyden des Cers brauchbare

D a s V e r h a l t e n der beiden O x y d a t i o n s s t u f e n der Cersalze.

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Katalysatoren fiir Brennstoffketten, die bei hohen Temperaturen und mit geschmolzenen Elektrolyten getrieben werden, herzustellen, so wäre ein neuer Weg geschaffen. Der A u e r s e h e Cer-Akkumulator, der anfangs so viel von sich reden machte, h a t sich auch nicht bewährt. Als Elektrolyt sollte eine Lösung von Zinksulfat und Cero-Cerisulfat verwendet werden. Ein Diaphragma sollte das Durchmischen der Cero- und der Cerilösung verhindern. Die Elektroden des Akkumulators, die Kohle sowohl als auch das Zink, werden aber stark angegriffen. Am stärksten würde sich die Z i n k p l a t t e auflösen, wenn der K a t h o d e n r a u m von dem Anodenraum nicht so vollständig getrennt bliebe, wie es das P a t e n t beschreibt. Nachdem es A u e r innerhalb 12 J a h r e n nicht gelungen ist, seinen Cer-Akkumulator zu verbessern, scheint die A n n a h m e berechtigt, daß sein Prinzip verfehlt war. Blankes Zirkonium steht in der Spannungsreihe zwischen Platin und Silber und zwar unmittelbar vor dem Silber. Es verhält sich elektrochemisch also wie Tafital, so d a ß die Spannungsreihe der ersten Glieder ist: Au, Pt, Pd, Ta, Zr, Ag, Hg, Cu usw. Thorium steht in der Spannungsreihe vor Magnesium. Interessant ist folgende von R a s c h gemachte Beobachtung. Läßt man Gas durch ein aus der N e r n s t s c h e n Leuchtstäbchenmischung ( 9 0 % Zirkonerde und 1 0 % Yttererde) bestehendes und an einem Ende geschlossenes, glühendes, poröses Röhrchen strömen, so glüht dieses auch nach E n t f e r n u n g der Wärmequelle, der Flamme z. B., weiter, wobei das an die Oberfläche des Röhrchens diffundierte Gas durch den Sauerstoff der L u f t verbrennt. An Stelle von Zirkonoxyd kann man auch Thoroxyd nehmen, an Stelle von Y t t r i u m o x y d Ceroxyd. Letzteres setzt sogar die Entzündungst e m p e r a t u r des Knallgases um die H ä l f t e herab. Ordnet man zwei solcher Röhrchen übereinander an und läßt, indem man sie gleichzeitig durch eine Gasflamme erhitzt, durch das eine Wasserstoff, durch das andere Sauerstoff strömen, so t r i t t in den Flammengasen eine W a n d e r u n g zwischen den positiven H- und den negativen 0 - I o n e n ein. Bei diesem Gaselement ist also die leitende Flamme das elekB ö h m , V e r w e n d u n g der seltenen Erden.

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Verwendung in der Technik.

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trolytische Zwischenmedium. Verbindet man leitend die Wasserstoffelektrode mit der Sauerstoffelektrode, so werden beide von einem elektrischen Strom durchflössen.

e) Seltene Erden als Katalysatoren. Schon 1901 wurden die seltenen Erden allgemein als Katalysatoren empfohlen. Bald darauf p r ü f t e man ihre Brauchbarkeit f ü r die Fabrikation von Schwefelsäure und Chlor, neuerdings sogar f ü r diejenige von Ammoniak und f a n d in der Thorerde auch einen geeigneten Katalysator f ü r organische Verbindungen. Da bei dem K o n t a k t v e r f a h r e n die Beschaffenheit der Oberfläche der Katalysatoren von Wichtigkeit ist und Thornitrat, wie wir gesehen haben (s. S. 35), beim Verglühen eine außerordentlich große Oberflächenentwicklung zeigt, so m u ß t e man vermuten, daß durch Sintern eine bedeutende Änderung seiner katalytischen W i r k u n g eintreten würde. Das ist merkwürdigerweise nicht der Fall. Auch das starke Erhitzen des Ceroxyds und der rohen Ceritoxyde, die beide in manchen Fällen eine bessere katalytische Wirkung zeigen als Thoroxyd, beeinflußt diese nicht. Der ungeahnte, durch einen ganz geringen (1 °/o) Zusatz von Cererde zur Thorerde herbeigeführte Lichteffekt der Gasglühkörper h a t die genialsten Forscher interessiert und eine Es ganze Reihe von geistreichen Hypothesen gezeitigt. d ü r f t e heute aber als feststehend zu betrachten sein, daß der Glühkörper nicht infolge von Luminescenz oder Katalyse leuchtet, sondern lediglich infolge hoher Temperatur. 1.

Schwefelsäurefabrikation.

Die Abfallprodukte der Thoriumindustrie, die rohen Ceriterden also, f ü h r t man durch Abrauchen mit Schwefelsäure in die Sulfate über und glüht diese bei 700°—1000° C. In letzterer Form erwiesen sich die Ceriterden als die besten Katalysatoren f ü r die Schwefelsäurefabrikation, denn es stellte sich heraus, daß reines Cerosulfat lange nicht so viel schweflige Säure in S 0 3 umzusetzen vermag. Die Gegenwart des Praseodymsuperoxyds und der anderen Erden ü b t

D a s Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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jedenfalls infolge der schon erwähnten oxydischen salzartigen Verbindungen (s. S. 36 u. 39) einen günstigen Einfluß aus. Man kann a u c h , um zu brauchbaren Katalysatoren zu kommen, poröse Körper, wie Asbest, Tonstücke usw., mit den Sulfaten der Ceriterden tränken und hierauf glühen. Der wirksame Bestandteil scheint das Cerosulfat zu sein, das sich in Gegenwart von Schwefeldioxyd und L u f t vorübergehend in Cerisulfat verwandelt. Letzteres zerfällt dann in Cerosulfat, Schwefelsäureanhydrid und Sauerstoff. 2.

D a r s t e l l u n g von Chlor aus

Salzsäure.

Die rohen Ceriterden lassen sich in Form ihrer Chloride, die m a n bei 300° — 600° C. glüht, nach den Angaben der Erfinder vorteilhaft zur Herstellung von Chlor aus Chlorwasserstoffsäure verwenden. Ein Zusatz von Magnesiumverbindungen scheint die W i r k u n g noch zu erhöhen, so daß man in diesem Fall eine Ausbeute von 90 °/ 0 erhält. Die Chlorentwicklung beginnt schon bei 200° C., verläuft aber am günstigsten bei 350°—480° C. Das Chlorwasserstoffgas m u ß zwecks Erzielung der höchsten Ausbeute gut getrocknet sein. Da sich die rohen Ceritoxyde in Salzsäure unter Chlorentwicklung sehr gut lösen und nach dem Verglühen sehr poröse Stücke liefern, so ist die Gewinnung der K o n t a k t substanzen leicht. 3.

D a r s t e l l u n g des A m m o n i a k s aus Stickstoff Wasserstoff sowie aus Chlorammonium.

und

Die meisten Katalysatoren, welche die Vereinigung des Stickstoffs u n d des Wasserstoffs zu Ammoniak ermöglichen, wirken erst bei höheren Temperaturen, aber Cer bzw. Cerhydrid und Cernitrid wirken nach L i p s k i schon in einem Temperaturbereich von 200°—300° C. sehr günstig. Diese K a t a l y s a t o r e n verlieren ihre Wirksamkeit schnell, erlangen sie aber beim Lagern teilweise wieder. Durch Erhitzen von Cerfluorid mit Magnesium vor dem Gebläse erhielt B i l l i t e r eine K o n t a k t s u b s t a n z , die er genauer untersuchte. Er f a n d , d a ß die Feuchtigkeit der Gase bei der Ammoniakbildung eine große Rolle spielt, so d a ß man dem Wasserstoff und 4*

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V e r w e n d u n g in der T e c h n i k .

Stickstoff bzw. der Luft Wasserdampf hinzufügen müsse. Hierdurch wird die K o n t a k t m a s s e allmählich — wahrscheinlich durch Oxydation — aufgebraucht. Vielleicht handelt es sich gar nicht einmal um eine K o n t a k t w i r k u n g , sondern um eine Nebenreaktion. Auch die Ceritmetalle in Form ihrer pyrophoren Legierungen sollen dieselbe W i r k u n g ausü b e n , nur mit dem Unterschied, daß dieser K a t a l y s a t o r durch Lagern in vollkommen trockenen Gasen seine Aktivität nicht zurückerlangt; besser sollen sich die wohlfeilen Ceritcarbide hierfür eignen. Auf katalytische W i r k u n g m u ß man auch die Darstellung von Chlorwasserstoff und Chlor durch Erhitzen von Chlorammonium mit Metalloxyden, z. B. mit Nickeloxyd und Magnesia, z u r ü c k f ü h r e n . W ä h r e n d sich ersteres bei der Reakt i o n s t e m p e r a t u r verflüchtigt, schmilzt das Magnesiumchlorid; aber auch das Oxychlorid ist nicht zu gebrauchen, weil es sich erst bei hohen T e m p e r a t u r e n zersetzt, wodurch die verwendeten Gefäße schnell zerstört werden — ein Übelstand, der sich auch beim Nickeloxychlorid zeigt. Nachdem man, wie wir gesehen haben, die seltenen Erden als Katalysatoren f ü r verschiedene Zwecke verwendet h a t t e , war es sehr naheliegend, das Verfahren zur Darstellung von Chlor aus Salzsäure direkt auf dasjenige von Ammoniak aus Chlorammonium zu übertragen. E r h i t z t m a n das technische Ceroxyd mit Chlorammonium bei 100°—300° C., so werden Ammoniak und Wasser unter Bildung eines Gemisches von Cerchlorid und Ceroxychlorid ausgetrieben. Ist das Chlorammonium trocken und im Überschuß vorhanden, so bildet sich bei 300° C. Cerchlorid. Wenn dieses dann an der Luft auf etwa 500° C. erhitzt wird, so gibt es unter Bildung von Ceroxychlorid zwei Drittel seines Chlorgehalts ab. Ein Molekül Ceroxychlorid, mit zwei Molekülen Chlorammonium erhitzt, regeneriert sich unter Bildung von Ammoniak und Wasser zu Cerchlorid, und der Kreislauf ist geschlossen. Der Vorteil dieses Verfahrens ist darin zu erblicken, daß die seltenen Erden nur bei schwacher Rotglut, also bei einer T e m p e r a t u r , die u n t e r h a l b des Schmelz- und Verflüchtigungspunktes der Ceritchloride und der Oxychloride liegt, erhitzt zu werden brauchen. Es ist aber ausgeschlossen,

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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d a ß dieses Verfahren irgendwelche praktische Bedeutung erlangt, denn mit Recht gehen unsere heutigen Bestrebungen dahin, aus dem Stickstoff der Luft Ammoniak zu gewinnen. Zu diesem Zweck erhöht man die katalytische W i r k u n g des Eisens dadurch, d a ß man Eisenoxyd mit einer Lösung von Zirkonnitrat t r ä n k t , es hierauf trocknet und im Wasserstoffstrom reduziert (s. auch S. 7). 4.

Skraupsche

C'hinolinsynthese.

1904 hat M a r g o s c h e s im Anschluß an seine Arbeiten über die katalytischen Wirkungen beim Schwefelsäure- und Chlorprozeß die W i r k u n g der gemischten Ceritoxyde und ihrer Salze auf die S k r a u p s c h e Reaktion untersucht. Damals begnügte er sich mit dem positiven qualitativen Befund und stellte eine genaue q u a n t i t a t i v e Nachprüfung, die aber bisher nicht veröffentlicht wurde, in Aussicht. 5.

Die s e l t e n e n Erden als

Halogenüberträger.

1887 untersuchte W i l l g e r o d t mehrere Elemente auf ihre Fähigkeit, Halogene zu übertragen. W ä h r e n d Y t t r i u m und Cer sowohl in Form ihrer Metalle als auch in Form ihrer wasserfreien Chloride sich hierfür nicht als geeignet erwiesen und L a n t h a n ebenso wie Thorium als ein schwacher Halogenüberträger bezeichnet werden muß, soll Zirkon ausgezeichnet chlorierend wirken. Bereits 1879 wollten F r i e d e l und C r a f t s Zirkonchlorid in der organischen Chemie verwendet wissen. Die Reaktion von Chlormethyl und salzsaurem Anilin ging bei Gegenwart von Zirkonchlorid mit der gleichen Energie vor sich wie beim Aluminiumchlorid. Dieselbe Rolle, welche die Schwefelsäure bei der Ätherbildung spielt, k o m m t nach F r i e d e l und C r a f t s beim Ersatz des Wasserstoffs durch eine Alkylgruppe dem Aluminiumchlorid zu. Behandelt man also z. B. Benzol mit Chloralkyl bei Gegenwart von Zirkonchlorid an Stelle von Aluminiumchlorid, so bildet sich als Zwischenprodukt ZrCl 3 (C 6 H s ). 6.

Cer-Aniiinschwarz.

Wie schon auf S. 4 3 — 4 4 hervorgehoben wurde, wirkt das Cersulfat bei Bildung von Anilinschwarz ebenso wie Vanadinsäure als Sauerstoffüberträger.

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Verwendung in der Technik. 7. L a c c a s e .

Das S c h w a r z w e r d e n des j a p a n i s c h e n Lacks f ü h r t m a n auf die G e g e n w a r t einer e n z y m a r t i g e n E i w e i ß s u b s t a n z , „ L a c c a s e " g e n a n n t , z u r ü c k . Man f a n d , d a ß diese d u r c h einen geringen M a n g a n g e h a l t wie ein S a u e r s t o f f ü b e r t r ä g e r ( K a t a l y sator) w i r k t u n d z. B. i m s t a n d e ist, H y d r o c h i n o n , P y r o gallol u n d P h e n o l zu oxydieren. Aus H y d r o c h i n o n e n t s t e h t bei g e n ü g e n d e m L u f t z u t r i t t Chinon u n d a u s diesem mit überschüssigem H y d r o c h i n o n wieder C h i n h y d r o n . Die oxydierende W i r k u n g der Laccase k a n n m a n d u r c h H i n z u f ü g e n von anderen K a t a l y s a t o r e n , z. B. von Mangansalzen, wesentlich erhöhen. Es ist aber auffallend, d a ß sich Cersalze hierbei als wirkungslos erwiesen h a b e n sollen. 8. T h o r e r d e a l s K a t a l y s a t o r in der o r g a n i s c h e n Chemie. S a b a t i e r h a t m i t seinen Schülern M a i l h e und S e n d e r e n s ü b e r den E i n f l u ß oxydischer K a t a l y s a t o r e n auf die verschiedensten organischen V e r b i n d u n g e n g e a r b e i t e t u n d seine M e t h o d e in die Technik e i n g e f ü h r t . Die T h o r e r d e erwies sich in vielen Fällen als ein sehr g u t e r K a t a l y s a t o r . E s w ü r d e a b e r zu weit f ü h r e n , hier die m i t dieser E r d e erzielten R e s u l t a t e erschöpfend wiederzugeben. Deshalb bespreche ich n u r die in Frage k o m m e n d e n G r u p p e n organischer Verbindungen. Symmetrische und disymmetrische Ketone der F e t t r e i h e sowie a r o m a t i s c h e K e t o n e k ö n n e n d u r c h k a t a lytische E i n w i r k u n g auf die Säuren der M e t h a n r e i h e erhalten werden. Ferner k a n n m a n die W a s s e r a b s p a l t u n g d u r c h T h o r erde in derselben Weise bewerkstelligen wie d u r c h Schwefelsäure. B e k a n n t l i c h e n t s t e h t bei der Ä t h e r b i l d u n g eine Sulfof e t t s ä u r e , die sich mit Alkohol in einen Kohlenwasserstoff und Schwefelsäure zersetzt. D a s gleiche geschieht bei Gegenw a r t von T h o r o x y d : 2CnH2n+1.OH + Th02 = ThO(OCnH2n+1)2 + H20 . Diese u n b e s t ä n d i g e A l k o h o l - T h o r o x y d v e r b i n d u n g ergibt je nach der T e m p e r a t u r den Ä t h e r oder den Kohlenwasserstoff u n t e r Regenerierung des T h o r o x y d s :

Das Verhalten der beiden Oxydationsstufen der Cersalze.

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1. T h O ( O C n H 2 n + 1 ) 2 = T h 0 2 + ( C u H 2 n + 1 ) 2 0 . 2. T h O ( O C n H 2 n + 1 ) 2 = T h 0 2 + H 2 0 + 2 C n H 2 n . Benzylalkohol, der in Berührung mit wasserentziehenden Oxyden sehr zur Anhydridbildung neigt, liefert mit Thoroxyd bei Gegenwart von aliphatischen Säuren kein Anhydrid, sondern lediglich die verschiedenen Ester, so z. B. die Benzylester der Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Isobuttersäure, Isovaleriansäure und Benzoesäure. Auch zur allgemeinen Veresterung und Verseifung kann man sich als K a t a l y s a t o r des Thoroxyds bedienen, aber mit diesem auch wiederum bei verhältnismäßig niederen Temperaturen die verschiedenen Ester aus primären Alkoholen spalten. Thoroxyd ist auch der beste K a t a l y s a t o r f ü r die Synthese der Thiole. Die anderen wasserabspaltenden K a t a lysatoren wie Tonerde, blaues Wolframoxyd, Molybdänoxyd, Z i r k o n o x y d , Uranyloxyd und Chromoxyd geben viel geringere Ausbeuten an Thiolen sowohl hinsichtlich der Alkohole als auch der Phenole. Tonerde ist der schlechteste K a t a l y sator. Läßt man in Gegenwart von Thorerde bei 360° C. Ammoniak auf Äthylalkohol einwirken, so erhält m a n wenig Äthylen und viel Äthylamin. Diese Reaktion tritt auch bei Anwendung von sekundären aromatischen und Methylenalkoholen ein. Aus A m m o n i a k g a s und den entsprechenden Alkoholen konnten durch Thorerde Isopropylamin, die drei Methylcyclohexylamine u n d andere Amine gewonnen werden. Diese kurze Übersicht d ü r f t e die generelle Verwendung des Thoroxyds als K a t a l y s a t o r in der organischen Chemie genügend d a r t u n . 9.

Gaszünder.

Von der katalytischen W i r k u n g des Platinmohrs m a c h t man in der Feuerzeug-Industrie schon lange umfangreichen Gebrauch. J e d e r k e n n t die in verschiedenen Ausführungen im Handel befindlichen Gaszünder u n d die jetzt durch das Cerfeuerzeug (s. S. 72—76) fast vollständig verdrängten Methylalkohol-Taschenfeuerzeuge.

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Verwendung in der Technik.

Die W i r k u n g des Platinmohrs h ä n g t bekanntlich davon ab, d a ß sein Gefüge locker ist. Bei längerem Glühen aber t r i t t eine starke Sinterung ein. Da die Platinmohrpillen bei Gaszündern fast ohne Ausnahme den heißen Abgasen ausgesetzt sind, so m u ß t e man nach einem beständigeren Träger suchen und fand ihn im Meerschaum, in der Infusorienerde usw. Die Thorerde und die Zirkonerde sind bekanntlich sehr feuerbeständig und wurden deshalb ebenfalls zu diesem Zweck herangezogen, indem man verbrennbare Pflanzenfasern oder Asbest und andere unverbrennbare Stoffe mit Salzen der seltenen Erden t r ä n k t e und dann ausglühte. Besonders die aufblähenden Eigenschaften des T h o r n i t r a t s (s. S. 34—35) waren sehr verlockend, und hierzu kam, daß ein feines, h e i ß e s , durch Verglühen von Baumwollfäden, die mit Thorn i t r a t imprägniert waren, gewonnenes Thoroxydskelett im Gasstrom so s t a r k erglüht, d a ß Z ü n d u n g erfolgt. Der heiße Glühstrumpf entzündet, wie wir wissen, beim schnellen Wiederöffnen des Hahnes infolge der katalytischen Eigenschaft der Thorerde das Gas.

V. Gewinnung von Edelmetallen mit Hilfe von Zirkonerzen. In einem P a t e n t aus dem J a h r e 1887 finden wir den Hinweis, d a ß man durch Zuschläge von zirkonhaltigen Mineralien zu Platinerzen die Ausbeute der Edelmetalle ganz erheblich steigern könne. Die Zirkonerde soll gewissermaßen die Edelmetalle festhalten und hierdurch eine konzentrierte Abscheidung ermöglichen. Ob und inwieweit dieses Verfahren B e d e u t u n g erlangt h a t , ist mir nicht b e k a n n t geworden.

VI. Reinigungsmasse für Acetylen. der

Für diese Zwecke empfahl G a r e l l i die Abfallprodukte Thoriumindustrie.

VII. Die seltenen Erden in der Analyse. Auf die Verwendung der oxydierenden Cerisalze in der Analyse ist bereits auf S. 4 7 — 4 8 hingewiesen. Hier brauche ich nur noch nachzutragen, d a ß B o u s s i n g a u l t die Unlös-

Oxyde und Verbindungen als Incandescenskörper.

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l i c h k e i t des C e r p h o s p h a t s in S a l p e t e r s ä u r e z u r q u a n t i t a t i v e n A b s c h e i d u n g d e s P h o s p h o r s in R o h e i s e n u n d S t a h l e m p fohlen hat. Y t t r i u m gibt mit Weinsäure, Bernsteinsäure und Apfels ä u r e basische Salze von k o n s t a n t e r Z u s a m m e n s e t z u n g . Da sich d e r e n S ä u r e g e h a l t d u r c h eine B e s t i m m u n g d e r Y t t r i a leicht k o n s t a t i e r e n läßt, so wollte L ä s z l o mit Hilfe dieser R e a k t i o n den S ä u r e g e h a l t des Weins feststellen.

VIII. Vorschläge, die sich auf die physiologische Wirkung der seltenen Erden gründen. Im 1. Teil h a b e ich b e r e i t s die s e l t e n e n E r d e n in Biologie u n d T h e r a p i e ( S . 5 — 2 5 ) b e s p r o c h e n u n d auf i h r e t e c h nische V e r w e n d u n g zur Desodorierung und Sedimentierung von Fäkalien, zur Desinfektion und Sterilisation von fäulnisfähigen Substanzen, von F a b r i k a b w ä s s e r n , Abfällen der Leimu n d L e d e r f a b r i k a t i o n sowie d e r F ä r b e r e i e n h i n g e w i e s e n . F e r n e r f ü h r t e ich a u s , d a ß d i e A b l a u g e n d e r T h o r i u m f a b r i k a t i o n a u c h als E r s a t z v o n K u p f e r v i t r i o l g e g e n die K a r t o f f e l k r a n k heit u n d z u m Imprägnieren von Grubenhölzern gebraucht werden können. Ich m a c h t e auf d a s G e r b e v e r m ö g e n d e r C e r i t e r d e n u n d a u f i h r e k o n s e r v i e r e n d e n W i r k u n g e n im allg e m e i n e n a u f m e r k s a m u n d b e r ü c k s i c h t i g t e a u s f ü h r l i c h die A n w e n d u n g d e r s e l t e n e n E r d e n in d e r M e d i z i n .

IX. Oxyde und Verbindungen der seltenen Erden als Incandescenzkörper. E s ist s c h o n l a n g e w i s s e n s c h a f t l i c h f e s t g e s t e l l t , d a ß z u r E r z i e l u n g eines billigen L i c h t s L e u c h t k ö r p e r g e s c h a f f e n werden müssen, welche den höchstmöglichen T e m p e r a t u r e n a u s g e s e t z t w e r d e n k ö n n e n . Bei E r h ö h u n g d e r T e m p e r a t u r v o n 1000° bis auf 2 0 0 0 ° C. s t e i g t d a s L i c h t e m i s s i o n s v e r m ö g e n u n g e w ö h n l i c h s t a r k , a n f a n g s s o g a r bis z u r v i e r z e h n t e n P o t e n z . D a n n f ä l l t es bis z u r z w ö l f t e n P o t e n z , u m v o n 2000° a b z u r zehnten, a c h t e n P o t e n z usw. zu sinken. Diese u n g e a h n t e T a t s a c h e w u r d e z u r R i c h t s c h n u r f ü r die B e l e u c h t u n g s t e c h n i k e r . Die L i c h t a u s b e u t e eines g l ü h e n d e n K ö r p e r s ist u m g e k e h r t p r o p o r t i o n a l z u r s p e z i f i s c h e n W ä r m e

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Verwendung in der Technik.

desselben. Deshalb wird m a n v o r t e i l h a f t nur solche K ö r p e r z u m L e u c h t e n v e r w e n d e n , die n i c h t nur sehr f e u e r b e s t ä n d i g sind, sondern a u c h eine möglichst geringe spezifische W ä r m e besitzen. Dies trifft nun auf die seltenen E r d e n zu. D e n n sie w i d e r s t e h e n den h ö c h s t e n T e m p e r a t u r e n , und a u c h ihre spezifische W ä r m e ist auffallend gering. N e r n s t b e n u t z t e b e k a n n t l i c h diese günstigen E i g e n s c h a f t e n f ü r die n a c h ihm b e n a n n t e E l e k t r o l y t l a m p e , n a c h d e m ein H e e r von E r f i n d e r n b e m ü h t gewesen w a r , d u r c h Mischen v o n seltenen E r d e n m i t K o h l e oder d u r c h Ü b e r z i e h e n einer Seele aus L e i t e r n e r s t e r oder z w e i t e r K l a s s e m i t seltenen E r d e n das A u e r s c h e Prinzip d i r e k t auf den elektrischen G l ü h f a d e n zu ü b e r t r a g e n . Im G e g e n s a t z zu diesen schuf N e r n s t G l ü h k ö r p e r s t ä b c h e n , die in ihrem g a n z e n Q u e r s c h n i t t a u s den f e u e r b e s t ä n d i g e n O x y d e n des Z i r k o n i u m s und Y t t r i u m s b e s t a n d e n . D a nun die seltenen E r d e n in k a l t e m Z u s t a n d e den elektrischen S t r o m f a s t g a r n i c h t leiten und ihr elektrischer W i d e r s t a n d m i t steigender T e m p e r a t u r schnell a b n i m m t , so griff N e r n s t zu d e m Hilfsmittel der V o r w ä r m u n g . M a n k a n n die d ü n n e n O x y d k ö r p e r s c h o n d u r c h ein S t r e i c h h o l z f l ä m m c h e n genügend v o r w ä r m e n , u m sie leitend zu m a c h e n , a b e r m a n k a n n sie a u c h schon d u r c h einfaches A n b l a s e n verlöschen. Diese E x p e r i m e n t e erinnerten an die g u t e alte Z e i t der K e r z e n , und m a n w u ß t e schon beim B e k a n n t w e r d e n der N e r n s t L a m p e , d a ß die N o t w e n d i g k e i t des A n w ä r m e n s einen s c h w a chen P u n k t derselben bilde. D a s Streichhölzchen w u r d e z w a r d u r c h eine a u t o m a t i s c h e elektrische V o r w ä r m u n g e r s e t z t , a b e r d e s s e n u n g e a c h t e t m u ß t e m a n noch i m m e r wenigstens 2 0 S e k u n d e n w a r t e n , bis m a n L i c h t erhielt. Die S k a n d i n e r d e (s. S. 3 6 — 3 7 ) , weiche m a n seit k u r z e m in größeren Mengen l u k r a t i v herstellen k a n n , v e r m a g allerdings schon bei einem geringen Z u s a t z z u r N e r n s t s c h e n L e u c h t m a s s e die D a u e r der V o r w ä r m u n g wesentlich a b z u k ü r z e n , j e d o c h ist inzwischen die N e r n s t - L a m p e d u r c h die h a n d l i c h e n , ö k o n o m i s c h e n M e t a l l f a d e n l a m p e n v o l l s t ä n d i g v e r d r ä n g t w o r d e n und k o m m t als L i c h t q u e l l e nur noch für wissenschaftliche U n t e r s u c h u n g e n in B e t r a c h t . koff

Schon 2 3 J a h r e v o r N e r n s t h a t t e der Russe J a b l o c h ein neues S y s t e m zur E r z e u g u n g elektrischen L i c h t s

Oxyde und Verbindungen als Incandescenzkörper.

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beschrieben, bei welchem der stromdurchflossene Leuchtkörper aus Zirkonerde, Magnesia, Porzellanerde usw., also aus sog. Leitern zweiter Klasse, bestand. Die Vorwärmung des Glühkörpers geschah durch einen beim Anlassen der Lampe von Elektrode zu Elektrode überspringenden Funkenstrom. Es ist zu bedauern, daß diese ersten Elektrolytlampen aus rein äußerlichen Gründen durch die handlicheren KohlenfadenGlühlampen verdrängt wurden und das J a b l o c h k o f f s c h e Prinzip in Vergessenheit geriet. Erst vor kurzem hat man es wieder aufgenommen. Die neue „ K e r z e n b o g e n l a m p e " unterscheidet sich allerdings sehr wesentlich von der alten J a b l o c h k o f f s c h e n Form. Denn sie gestattet ohne jeden Mechanismus ein beliebig häufiges Anzünden. In die Praxis h a t diese neue Form der Kerzenbogenlampe allerdings noch nicht Eingang gefunden, weil es bis jetzt nicht möglich ist, sie zu mehreren hintereinander in einen Stromkreis zu schalten. L u x meint, d a ß dieselbe an Einfachheit nicht mehr zu übertreffen ist und berufen zu sein scheint, die endgültige Form der Bogenlampe mit Kohlenstiften zu bilden. Die Lichtemission der glühenden gasförmigen Leiter zweiter Klasse, besonders diejenige der seltenen Erden, ist infolge der Ausstrahlung eines Lichts von bestimmter spektraler Zusammensetzung und F ä r b u n g außerordentlich groß. Weißes Licht, wie man es von jeder hygienischen Lichtquelle verlangen darf, muß bei g l ü h e n d e n K ö r p e r n m i t k o n t i n u i e r l i c h e m S p e k t r u m die maximale Heiligkeit bei l = 0,535 /i besitzen, falls die Lichtausbeute eine rationelle sein soll. Denn die Lichtempfindlichkeit unserer N e t z h a u t h a t bei dieser Wellenlänge, der grünen Linie des Thalliums, ihr Maximum. Wollte man diese ökonomische Lichtquelle lediglich durch Temperaturstrahlungen, also durch Temperaturerhöhung eines glühenden, festen, nicht v e r d a m p f b a r e n Körpers, wie wir ihn in unseren modernen Metallfaden-Glühlampen finden, schaffen, so m ü ß t e man ihn auf weit höhere Temperaturen erhitzen, als unsere feuerbeständigsten Metalle (Wolfram z. B.) und Oxyde (Zirkonoxyd z. B.) vertragen würden. Daher Suchte man nach einem anderen Prinzip, das in der Linienstrahlung von Gasen bei hoher T e m p e r a t u r , die ganz verschieden von dem Leuchten fester Körper ist,

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Verwendung in der Technik.

gefunden wurde. Im elektrischen Funken, besonders aber im elektrischen Bogen, v e r d a m p f e n die meisten Stoffe und, was uns hauptsächlich interessiert, die seltenen Erden. Dies hat der Bogenlichtkohlen-Industrie einen neuen Weg gewiesen, auf welchem sie durch ihre rastlosen Bemühungen zu den h e u t e wohlbekannten Effektbogenlichtkohlen gelangte. Aber auch f ü r wissenschaftliche Zwecke, f ü r die Spektralanalyse, h a t es den großen Vorteil, d a ß man u n t e r allen U m s t ä n d e n die den Elementen zukommenden Spektren u n v e r ä n d e r t erhält. Das Photographieren der Bogenspektren ist d a h e r das sicherste Mittel zur Charakterisierung eines Erdgemisches. Die Funkenspektren sind lange nicht so k o n s t a n t wie die Bogenspektren. Vergast man im elektrischen Lichtbogen die Ceriterden, wie es z. B. bei den weißen Effektbogenlichtkohlen geschieht, so erkennt man sofort, selbst im kleinen Handspektroskop, das charakteristische, linienreiche Bild der Abfallprodukte der Thoriumfabrikation. Ebenso wie Funken- und Bogenspektren geben manche seltene Erden ein Luminescenzspektrum. Die Kathodoluminescenz der seltenen Erden wird hauptsächlich dann b e o b a c h t e t , wenn die feste Lösung einer gefärbten Erde in einer farblosen vorliegt. Das O p t i m u m der L e u c h t k r a f t wurde bei etwa 1 °/o des farbigen Oxyds gefunden, eine Erscheinung, die an den Cergehalt der Gasglühkörper erinnert. Wenn auch dem Luminescenzspektrum der seltenen Erden als analytisches Mittel keine Bedeutung z u k o m m t , so könnte doch dies eigenartige Verhalten f ü r Beleuchtungszwecke Verwendung finden, zumal die neueren Bestrebungen darauf hinauslaufen, ein sogenanntes kaltes Licht zu erzeugen. Wohl deshalb griffen vor kurzem P u l u y und M ö l l e r bei ihren K a t h o d e n l a m p e n auf die seltenen Erden zurück (s. S. 69 u n d 97). Dem S p e k t r u m des Quecksilbers begegnen wir in der C o o p e r H e w i t t - L a m p e , die ein Licht von blaß-blaugrüner F a r b e ohne jedes Rot ausstrahlt. Durch C a d m i u m a m a l g a m h a t man allerdings eine Kompensation angestrebt u n d auch zum Teil erreicht. C o o p e r H e w i t t h a t aber schon vor 10 J a h r e n eine bessere Farbe des Quecksilberlichts dadurch erzielen wollen, d a ß er den Lichtbogen nicht zwischen zwei

Oxyde und Verbindungen als Incandescenzkörper.

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bei gewöhnlicher T e m p e r a t u r leitenden Elektroden, sondern zwischen zwei vorzuwärmenden Elektrolytstäbchen aus seltenen Erden überspringen ließ. Er griff also auf die Elektrolyt-Bogenlampe des Ingenieurs R a s c h zurück, die seinerzeit so viel von sich reden machte. Durch die N e r n s t s c h e E r f i n d u n g angeregt, h a t t e R a s c h den aus Leitern zweiter Klasse zwischen zwei Elektroden gebildeten Lichtbogen näher s t u d i e r t u n d war zu der erwähnten Lampe gekommen, deren Elektroden aus dünnen Röhrchen der N e r n s t s c h e n Leuchtstäbchenmasse bestanden und im Innern einen Eisendraht zur Bildung des ersten Lichtbogens enthielten. Denn, wie wir wissen, leiten die seltenen Erden im kalten Zustande den elektrischen Strom nicht (s. S. 36). Zu einer brauchbaren Lampe ist der Erfinder trotz seiner vielfachen anzuerkennenden Bemühungen nicht gelangt. Abgesehen von der auch hier wie bei der N e r n s t - L a m p e erforderlichen Vorwärmung m u ß m a n die e r h i t z t e n Elektroden in K o n t a k t bringen, wobei sie leicht zusammenkleben und Kurzschlüsse veranlassen. Dadurch wächst der Strom sehr stark, so daß die E l e k t r o l y t s t ä b c h e n ganz und gar schmelzen können usw. Das Licht einer solchen Lampe geht nicht allein von dem zwischen den Elektroden gebildeten Lichtbogen aus, sondern auch von den in ihrer ganzen Länge glühend gewordenen Elektroden selbst, so daß die Elektrolyt-Bogenlampe gewissermaßen auch als eine N e r n s t s c h e Glühlampe b e t r a c h t e t werden m u ß . Die Elektrolyt-Bogenlampe wollte der Erfinder Z e r n i n g d a d u r c h verbessern, d a ß er Zirkonerde und andere seltene Erden mit Metallen, z. B. mit Eisen, zusammenschmolz, die Masse pulverte u n d aus ihr mit Hilfe eines organischen Bindemittels E l e k t r o d e n s t ä b e formte. Diese leiteten wohl beim ersten Einschalten infolge der metallischen Beimischung den elektrischen Strom sehr gut, aber die E n t t ä u s c h u n g folgte bald. Denn das Metall h a t t e sich an den K r a t e r p a r t i e n aus den Elektroden verflüchtigt, und beim Einschalten der einmal gebrauchten Elektrolytstäbe versagten dieselben vollk o m m e n . Interessant ist, daß es enthusiastische spekulative K a u f l e u t e gab, welche auf Grund dieser „ e p o c h e m a c h e n d e n " E r f i n d u n g mit einem erheblichen Kapital die E l e k t r o d o n -

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Verwendung in der Technik.

B o g e n l i c h t - G e s e l l s c h a f t gründeten, und daß es auch mittels aller möglichen anderen Zusätze, wie solcher von Edelmetallen und von Vanadin, nicht gelang, die Z e r n i n g s c h e Erfindung zu verbessern. Die Folge davon war die Liquidation der Gesellschaft. In den letzten 10 J a h r e n hat die Bogenlichtkohlenlndustrie durch die Ü b e r t r a g u n g der „farbenwählenden Lichterzeugung" ganz u n e r w a r t e t e Fortschritte gemacht, indem man im Lichtbogen Oxyde oder feuerbeständige Verbindungen von Metallen, besonders von denjenigen des Calciums und. der seltenen Erden, zum Verdampfen brachte. Diese schon oben erwähnten Effektbogenlichtkohlen leiten daher direkt zu den Luminescenzlampen, den Quecksilberdampflampen und dem M o o r e sehen Vakuumlicht über, da bei ihnen ebenfalls Gase, verflüchtigte Metallverbindungen, zum Leuchten gebracht werden, die dem Lichtbogen die charakteristische F ä r b u n g geben, nach welcher er auch als Flammenbogen bezeichnet wird. Anfangs hat man die Homogenkohlen mit Metallsalzen imprägniert, erzielte aber hierdurch nie ruhig brennende Kohlen. Die ersten B r e m e r s c h e n Kohlen waren gewissermaßen Salzstangen, die, abgesehen von ihrem s t a r k gelben Licht, durch ihr unruhiges Brennen allgemein unangenehm auffielen. Die Schlackenbildung bei diesen Kohlen war sehr groß, und erst als man die Incandescenzkörper in einem Docht u n t e r b r a c h t e und den Querschnitt der Kohle verringerte, k a m man zu den überraschendsten Resultaten. Der Docht war im Verhältnis zum Kohlenmantel klein. Zur Vorwärmung und besonders zum sofortigen Angehen der Kohlen beim Einschalten der Lampen glaubte man die Verhältnisse zwischen Leitern erster Klasse und Leitern zweiter Klasse so wählen zu müssen. B l o n d e l hat aber gezeigt, daß man auch den umgekehrten Weg gehen k a n n . Seit einigen J a h r e n kommen daher Kohlen auf den Markt, die aus einem sehr dicken Docht mit den Incandescenzkörpern und einem dünnen Mantel aus reiner Kohle bestehen. Als Incandescenzkörper haben sich besonders die Fluoride des Calciums und der Ceriterden bewährt. Mit den f ü r Effektbogenlichtkohlen empfohlenen Nitriden der seltenen

Oxyde und Verbindungen als Incandescenzkörper.

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E r d e n sind wohl k a u m j e m a l s g r ö ß e r e V e r s u c h e g e m a c h t w o r d e n . D u r c h a u s z w e i f e l h a f t sind a b e r D o p p e l s a l z e v o n Lanthan mit Thorium oder Zirkonium, deren Existenz gar n i c h t nachgewiesen ist u n d die b e i m V e r g l ü h e n b e s o n d e r s g u t l e u c h t e n d e s o g e n a n n t e k o n d e n s i e r t e O x y d e liefern sollen. H i n g e g e n v e r w e n d e t m a n f ü r den eingeschlossenen L i c h t bogen die w o l f r a m s a u r e n Salze der C e r i t e r d e n . Man m i s c h t die L e u c h t m a s s e m i t K o h l e n s t o f f u n d k a n n sie bis zu 70 % dem D o c h t einverleiben. Z u r besseren L e i t u n g h a t m a n die K o h l e n m i t M e t a l l a d e r n a u s g e s t a t t e t u n d ist d u r c h a n d a u e r n d e V e r b e s s e r u n g e n zu E f f e k t b o g e n l i c h t k o h l e n g e l a n g t , die n i c h t n u r a n L i c h t a u s b e u t e , S t r o m v e r b r a u c h u n d B r e n n d a u e r die a l t e n D o c h t k o h l e n bei w e i t e m ü b e r t r e f f e n , s o n d e r n a u c h in d e r L i c h t f a r b e viel a n g e n e h m e r sind u n d n e b e n allen diesen V o r z ü g e n den a l t e n D o c h t k o h l e n noch bezüglich R u h e des L i c h t b o g e n s g l e i c h k o m m e n . Dies m u ß besonders hervorgehoben werden, denn bekanntlich b r a n n t e n die E f f e k t b o g e n l i c h t k o h l e n bis v o r n i c h t zu langer Zeit u n r u h i g . Sie w e r d e n ebenso wie d a s G a s g i ü h i i c h t die W e l t e r o b e r n ; schon h e u t e h a b e n sie auf i h r e m Siegeszuge m e h r als zwei D r i t t e l der a l t e n H o m o g e n - u n d D o c h t k o h l e v e r d r ä n g t u n d k o n n t e n im K o n k u r r e n z k a m p f gegen P r e ß g a s d a s Bogenlicht v e r t e i d i g e n . Dieser E r f o l g ist einzig u n d allein den geschilderten g ü n s t i g e n E i g e n s c h a f t e n der Ceriterden z u z u s c h r e i b e n , u n d es ist m i t F r e u d e n zu b e g r ü ß e n , d a ß die B o g e n l i c h t k o h l e n - I n d u s t r i e j ä h r l i c h g a n z e r h e b l i c h e Mengen v o n A b f a l l p r o d u k t e n der T h o r i u m i n d u s t r i e v e r b r a u c h t . N a c h m e i n e r S c h ä t z u n g w e r d e n bereits j e t z t f ü r E f f e k t b o g e n l i c h t k o h l e n j ä h r l i c h 3 0 0 0 0 0 kg d e r g e m i s c h t e n Cerito x y d e v e r w e n d e t . Die Ceritkohlen e r w e r b e n sich i m m e r m e h r F r e u n d e , u n d es d ü r f t e n i c h t ü b e r t r i e b e n s e i n , w e n n wir a n n e h m e n , d a ß in wenigen J a h r e n d e r V e r b r a u c h an Ceriterden f ü r E f f e k t b o g e n l i c h t k o h l e n e t w a d a s D o p p e l t e erreichen w i r d . Die Z i r k o n e r d e h a t schon 1868 T e s s i e d u M o t a y f ü r das D r u m m o n d s c h e K a l k l i c h t b e n u t z t , u n d a u c h h e u t e noch w e r d e n Z i r k o n e r d e b l o c k s u n d -Scheiben als L e u c h t k ö r p e r f ü r dasselbe hergestellt. Denn Projektionsapparate u n d der K i n e m a t o g r a p h k ö n n e n , w e n n kein e l e k t r i s c h e s

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V e r w e n d u n g in der T e c h n i k .

B o g e n l i c h t v o r h a n d e n i s t , dieser k ü n s t l i c h e n L i c h t q u e l l e , n i c h t e n t b e h r e n . L ä n d e r , in denen e l e k t r i s c h e A n l a g e n eine S e l t e n h e i t sind, v e r b r a u c h e n i m m e r noch sehr viele Z i r k o n e r d e - L e u c h t k ö r p e r f ü r d a s D r u m m o n d s c h e K a l k l i c h t . Die C o m p a f i i a F a b r i l d e C a r b o n e s E l e c t r i c o s in S a n Vic e n t e de Castellet ( P r o v . B a r c e l o n a ) f a b r i z i e r t v o r z ü g l i c h e Z i r k o n e r d e b l o c k s f ü r dieses L i c h t . Das große Emissionsvermögen der Zirkonerde k a n n t e m a n also schon f r ü h u n d e m p f a h l b a l d n a c h der E r f i n d u n g des B o g e n l i c h t s Z i r k o n e r d e als I n c a n d e s c e n z k ö r p e r f ü r B o g e n l i c h t k o h l e n . W e n n m a n bisher n i c h t zu einem b r a u c h b a r e n R e s u l t a t g e k o m m e n ist, so liegt dies d a r a n , d a ß m a n n o c h n i c h t d a s r i c h t i g e Z i r k o n s a l z f ü r diesen Z w e c k ausf i n d i g g e m a c h t h a t . Ich zweifle n i c h t , d a ß es den B e m ü h u n g e n d e r T e c h n i k gelingen w i r d , der Z i r k o n e r d e E i n g a n g in die B o g e n l i c h t k o h l e n - F a b r i k a t i o n zu v e r s c h a f f e n . D a s in V o r s c h l a g g e b r a c h t e Z i r k o n c a r b i d h a t sich w e d e r hier noch in d e r G l ü h l a m p e n t e c h n i k b e w ä h r t . Viel weniger k ö n n e n die gegen F e u c h t i g k e i t e m p f i n d l i c h e n C a r b i d e d e r C e r i t e r d e n in B e t r a c h t k o m m e n . Zu e r w ä h n e n w ä r e n o c h , d a ß m a n T h o r i u m , Z i r k o n i u m u n d selbst die Metalle der g e m i s c h t e n C e r i t e r d e n in ihren p y r o p h o r e n L e g i e r u n g e n als Z u s ä t z e zu B o g e n l i c h t k o h l e n e m p f o h l e n h a t . W e l c h e E r folge solche V o r s c h l ä g e zeitigen m u ß t e n , b r a u c h e ich wohl n i c h t h e r v o r z u h e b e n . T h o r e r d e k o m m t schon ihres h o h e n Preises w e g e n f ü r diese Z w e c k e n i c h t in B e t r a c h t . Die r o h e n Ceritsalze, welche die B o g e n l i c h t t e c h n i k verw e n d e t , e n t h a l t e n gewisse bei d e r F a b r i k a t i o n n i c h t zu beseitigende Verunreinigungen. D e s h a l b ist v o r g e s c h l a g e n w o r d e n , v o r d e r V e r a r b e i t u n g die L e u c h t s a l z e d u r c h den e l e k t r i s c h e n L i c h t b o g e n zu v e r d a m p f e n u n d f ü r die D o c h t m a s s e d e r K o h l e n n u r d a s S u b l i m a t zu v e r w e n d e n . Den K o s t e n a u f w a n d , welchen die S u b l i m a t i o n des g e g e n w ä r t i g e n großen W e l t k o n s u m s e r f o r d e r n w ü r d e , v e r m a g j e d o c h die B o g e n l i c h t k o h l e n - I n d u s t r i e n i c h t zu t r a g e n ; d e n n z u r D u r c h f ü h r u n g ihres K o n k u r r e n z k a m p f e s m i t P r e ß g a s u n d Metallf a d e n - S t a r k l i c h t l a m p e n m u ß sie ihre E f f e k t b o g e n l i c h t k o h l e n zu einem wohlfeilen Preise auf den M a r k t b r i n g e n . Glücklicherweise b r a u c h t e die T e c h n i k den vielleicht w o h l g e m e i n t e n

Die Metalle

der seltenen

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Erden.

R a t nicht zu befolgen. Denn es gelang ihr, durch geeignete Z u s ä t z e , z. B. durch solche von Bor- und Phosphorsäure, die Schlackenbildung auf ein Minimum zu reduzieren und die ungünstigen Eigenschaften der Verunreinigungen der Ceritsalze auf chemischem Wege im elektrischen Lichtbogen selbst unschädlich zu machen. Die A k t i n i t ä t des durch reine Kohlenstifte erzeugten Lichts kann man durch Eisenzusätze ganz erheblich steigern, weshalb die Bogenlichtkohlen f ü r photographische Zwecke ausnahmslos eisenhaltig sind. Noch mehr soll man aber die A k t i n i t ä t erhöhen können, wenn man eine Mischung von Y t t r i u m - und Bleinitrat als Zusatz verwendet.

X. Die Metalle der seltenen Erden. Es war schon lange das Ziel der Wissenschaftler, von sehr großen Q u a n t i t ä t e n Rohmaterial auszugehen, um sich dadurch in den Besitz greifbarer Mengen der reinsten seltenen Erden f ü r weitere physikalische und chemische Untersuchungen zu setzen. Bekanntlich reduziert sich beim Fraktionieren schon nach wenigen Trennungen das Ausgangsmaterial auf eine geringe Menge, so daß man zum Schluß höchstens Anreicherungen irgendeiner Erde in ganz kleinen Q u a n t i t ä t e n erhält. Da die Thoriumindustrie ungeheure Massen von wertlosen Abfallprodukten auf die Halden ihrer Fabriken werfen mußte, versprachen systematische Untersuchungen der Cerit- und Ytteriterden, welche in diesen Abfallprodukten angereichert vorlagen, jetzt sicheren Erfolg. Es ist begreiflich, d a ß A u e r von W e l s b a c h zu derartigen Versuchen die beste Gelegenheit hatte, denn er besaß bekanntlich in Atzgersdorf bei Wien die erste Thoriumfabrik. Dieser folgte in Gloucester City die Thoriumfabrik der amerikanischen W e l s b a c h - G e s e l l s c h a f t , welcher der verstorbene S h a p l e i g h vorstand. Letzterer f ü h r t e K r y stallisationen der Ammondoppelnitrate im Großen aus, und auf der Columbischen Ausstellung im J a h r e 1894 bewunderten die Chemiker die in großen Flaschen a u f b e w a h r t e n P r ä p a r a t e seltener Erden S h a p l e i g h s . Bald darauf m a c h t e es sich W . M u t h m a n n zur Aufgabe, aus den Abfallprodukten B ö h m , V e r w e n d u n g der seltenen E r d e n .

5

66

Verwendung in der Technik.

der Thoriumindustrie mehrere Kilogramm der reinen Ceriterden zu gewinnen, um diese dann als Ausgangsmaterial bei der Elektrolyse verwenden zu können. Nachdem ich eine Zeitlang mit M u t h m a n n den chemischen Teil bearbeitet h a t t e , t r a t W e i s s an meine Stelle, und es ist j a b e k a n n t , wie M u t h m a n n , H o f e r und W e i s s auf elektrolytischem Wege als die ersten zu größeren Q u a n t i t ä t e n der Ceritmetalle gelangten. Es ist ferner b e k a n n t , daß A u e r die pyrophoren Eigenschaften derselben dazu benutzte, die Feuerzeug-Industrie (s. S. 72—76) von neuem zu beleben. Die Metalle der Ytteriterden konnten bisher in reinem Z u s t a n d e noch nicht gewonnen werden. Ihr hoher Schmelzp u n k t und die verhältnismäßig leichte Flüchtigkeit ihrer Chloride verhinderten wohl ihre elektrolytische Darstellung. Noch viel weniger konnte Scandium in metallischer Form erhalten werden, trotzdem man jetzt in den Besitz größerer Mengen der reinen Scandinerde gekommen ist. Sicherlich wird die Technik bald neue Wege f ü r die Verwendung dieser interessanten Metalle finden. Die Herstellung reinen Thoriums und Zirkoniums ist ungleich schwieriger als diejenige der übrigen Metalle seltener Erden. Legierungen erhält man ziemlich leicht und selbst mit Verbindungen, die sonst schwer zu reduzieren sind. So z. B. habe ich mit B o l t o n schon 1901 Legierungen des T h o r i u m s und des Zirkoniums mit den verschiedensten Schweru n d Leichtmetallen gewinnen können, indem entweder die Oxyde, Chloride oder Fluoride des Thoriums und des Zirkoniums z. B. in ein Aluminiumrohr fest hineingestampft, die so beschickten Rohre zum Abschluß der L u f t in Kohlenpulver gebettet und in einem geeigneten Ofen stark geglüht wurden, oder indem man die Oxyde, Chloride oder Fluoride u n t e r U m r ü h r e n portionsweise in geschmolzenes K u p f e r eint r u g . Aus dem Ofen k a m d a n n ein zusammengeschmolzener Aluminiumklumpen, in welchem das Thoriummetall in Form schöner, silberglänzender Nadeln auskrystallisiert war und .durch Kochen mit Natronlauge isoliert werden konnte. Die Thoriumnädelchen besaßen ebenso wie die auf gleiche Weise hergestellten Zirkonblättchen einen wechselnden Gehalt an Aluminium. Die Kupferlegierung h a t t e die physikalischen

D i e Metalle der s e l t e n e n

Erden.

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Eigenschaften des Kupfers geändert und zeigte z. B. schon nach kurzer Zeit u. a. blaue und violette Anlauffarben. Legierungen von Zirkonium mit Kupfer, Chrom, Mangan, W o l f r a m , Nickel, Zink k o n n t e man auf direktem und indirektem Wege herstellen, u n d es ist nicht ausgeschlossen, d a ß außer dem Ferrozirkon noch die eine oder die andere dieser Legierungen praktische Bedeutung erlangen wird. C h a n d l e r hat die verschiedensten Legierungen mit seltenen Erden hergestellt und prophezeit einer Zirkonlegierung mit ganz geringem Goldgehalt infolge ihrer vorzüglichen Eigenschaften eine große Z u k u n f t . Nach dem G o l d s c h m i d t s c h e n Verfahren, bei welchem Aluminium auf die Metalloxyde in der Weise einwirkt, d a ß sich Aluminiumoxyd und die betreffenden Metalle in regulinischer Form bilden, kann man die Ceriterden nicht herstellen. Wohl aber kann man ihre hohe Verbrennungswärme f ü r die Reduktion anderer schwer reduzierbarer Oxyde verwenden. Da Zirkonium erst bei 2500°C. ( W e i s s ) schmilzt und die Bildungswärme seines Oxyds derjenigen des Aluminiumoxyds nahe kommt, so ist der W ä r m e ü b e r s c h u ß der Reaktion nicht groß genug, u m das reduzierte Metall als Regulus von der Schlacke zu trennen. Deshalb m u ß man ebenso wie bei der Reduktion von Thorerde nach dem K ü h n eschen Verfahren zur Erhöhung der Reaktionswärme Zusätze von Kaliumchlorat oder von Kaliumperchlorat machen. Erst d a n n erhält man das Zirkonium in regulinischem Z u s t a n d e , stets aber wie beim Thorium mehr oder weniger mit Aluminium oder mit Silicium verunreinigt. Die Reduktion des Zirkonoxyds gelingt auch dann, wenn man noch andere leichter reduzierbare Oxyde h i n z u f ü g t ; beim Eisenoxyd z. B. wird das rasch und sicher reduzierte Eisen das Zirkonium u n t e r Bildung einer Legierung aufnehmen. Für die Erzeugung von Ferrozirkon (s. S. 82) k o m m t dieser Prozeß aber nicht in Betracht, weil es im ElektroStahlofen besser und billiger hergestellt werden kann. Auch nach dem W i n k l e r s c h e n Verfahren mit Magnesium erhält man nie die reinen Metalle der seltenen Erden und nie Metalle in Form eines Regulus. Da man die Reduktion im Wasserstoffstrom v o r n i m m t , so bilden sich auch 5*

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Verwendung in der Technik.

Hydride. Läßt man die Reaktionsprodukte nicht vollständig im Rohr abkühlen, so sind nicht nur diejenigen der Ceriterden, sondern auch diejenigen der Zirkonerde pyrophor, manchmal sogar explosiv. Eine vollständige Reduktion tritt nie ein, und von manchen Forschern wird behauptet, daß sich neben dem Hydrid niedere Oxyde bilden und beim Auswaschen des Reaktionsprodukts kolloidales Zirkon durchs Filter geht. Interessant ist auch die Tatsache, daß das nach dem W i n k l e r s c h e n Verfahren hergestellte und gut gereinigte Zirkon beim Erhitzen in einer Kohlenwasserstoffatmosphäre lebhaft Kohlenstoff an sich reißt, den Kohlenwasserstoff also zersetzt. W ä h r e n d das Zirkon vorher den elektrischen Strom gar nicht leitete, ist es nach der Behandlung mit Kohlenwasserstoffen je nach der Einwirkungsdauer derselben zu einem vorzüglichen Leiter geworden, und man h a t es deshalb ebenso wie die Hydride und die Nitride, die beim Erhitzen dissoziieren, als Inkandescenzkörper f ü r Glühlampenzwecke empfohlen. Ob mit oder ohne Hilfe eines organischen Bindemittels, stets erhielt man Carbidfäden, die sich bekanntlich nicht bewährt haben. Reduktionsversuche mit Calcium ergaben, daß man mit diesem wohl bedeutend reineres Zirkonium und Thorium aus ihren Oxyden gewinnen kann als mit Magnesium und Aluminium, daß aberCerdioxyd nur zu einem niederen Oxyd reduziert wird, Cerium also Calciumoxyd zu Calcium reduzieren könnte. Thoriumoxyd ist noch schwerer zu reduzieren als Zirkonoxyd. Auch bei der Reduktion von Thoriumchlorid mit N a t r i u m erhält man in der N i l s o n s c h e n Bombe mehr oder weniger stark mit Oxyd verunreinigtes Thorium. Bei der Elektrolyse des Thoriumchlorids in geschmolzenem KaliumNatriumchlorid scheidet sich, wie in der N i l s o n s c h e n Bombe, an der K a t h o d e das Thorium in Form von mehreren Millimeter langen Krystallnadeln ab, die aber auch stark durch Oxyd verunreinigt sind. Immerhin konnte B o l t o n aus diesem Material zusammenhängende meterlange Bänder dadurch gewinnen, d a ß er das Thorium in die 3 mm weite und etwa 40 mm lange Bohrung eines 10 mm starken Kupferstabes brachte, es mit dem H a m m e r fest einstampfte, die Öffnung mit einem Kupferbolzen verschloß und das Ganze

D i e Metalle der seltenen

Erden.

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durch die Drahtwalze schickte, bis ein K u p f e r d r a h t von 1 mm Durchmesser entstand. Durch v e r d ü n n t e Salpetersäure wurde das Kupfer entfernt, und der zusammenhängende T h o r i u m d r a h t konnte, indem er eine Blechwalze passierte, leicht zu einem glänzenden Bande ausgestreckt werden. Im elektrischen Lichtbogen schmolz B o l t o n dann das Thoriummetall und fand seinen Schmelzpunkt bei etwa 1450° C. Thoriumsulfid, das man z. B. durch Erhitzen von Thoriumchlorid in Schwefelwasserstoff leicht erhält, soll sich f ü r Reduktionszwecke besonders gut eignen. Wenn es auch nicht gelingt, Thorium und Zirkonium in pulverförmigem Zustande chemisch rein herzustellen, so kann man doch durch Raffinieren im elektrischen Vakuumofen die ihnen a n h a f t e n d e n Verunreinigungen bis auf geringe Mengen beseitigen. Wie schon auf S. 37 geschildert, b r a u c h t man nur aus den gepulverten Metallen Elektroden zu pressen und diese in ihrem eigenen Lichtbogen zu schmelzen. Die meisten Verunreinigungen verdampfen hierbei, und es resultiert das raffinierte Metall in Form eines mehr oder weniger großen Regulus. W ä r e bei diesem Prozeß Kohlenstoff zugegen, so würde Zirkonium z. B. ebenso wie Thorium und Molybdän diesen aufnehmen. Unter Umständen kann m a n sich durch entsprechende oxydische Zuschläge helfen. Denn durch solche wird die Kohle zu Kohlenoxyd oxydiert und hierdurch das Metalloxyd reduziert. Aber auch mit Hilfe der Kathodenstrahlen kann m a n Tantal, Wolfram, Zirkonium und Thorium schmelzen. Von P i r a n i hat 1907 in einem amerikanischen P a t e n t eine hierf ü r geeignete Vorrichtung beschrieben. Es d ü r f t e sich aber empfehlen, die tellerförmige K a t h o d e derselben, in deren B r e n n p u n k t sich das zu schmelzende Metall befindet, mit Metalloxyden zu überziehen. Denn schon 1904 f a n d W e h n e l t , d a ß durch solche Oxyde im glühenden Zustande der Kathodenfall infolge von Aussendung zahlreicher negativer Ionen s t a r k herabgesetzt wird. Am geeignetsten erwies sich Kalk, aber auch die Ceriterden, die Ytteriterden, Zirkonerde und Thorerde zählt W e h n e l t zu den wirksamen Oxyden. Durch Benutzung einer Platin- oder einer Iridiumkathode mit Oxydüberzug kann man Kathodenstrahlen noch bei einem

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Verwendung in der Technik.

Druck erzeugen, der so tief ist, daß es sonst bei ihm zu keiner E n t l a d u n g k o m m t . Diese Strahlen besitzen auch eine größere Helligkeit als die gewöhnlichen Kathodenstrahlen, was sich wohl durch M i t f ü h r u n g bedeutenderer Elektrizitätsmengen erklären läßt. Solche sogenannten weichen K a t h o d e n s t r a h l e n rufen eine lebhafte Fluorescenz, z. B. bei Schwefelzink, Balmainscher Leuchtfarbe, Uranglas, Thüringer Glas, hervor. Um T h o r i u m von oxydischen Verunreinigungen ( T h 0 2 ) zu befreien, soll man mit leicht schmelzbaren Metallen (Zinn, Zink, Blei, Cadmium, K u p f e r und Aluminium) Legierungen bilden, die auch leicht schmelzbar sind und sich weit unterhalb des Schmelzpunkts des Thoriums von den Schlacken trennen lassen. Auch Zusätze von T a n t a l oder anderen Metallen der Vanadingruppe, welche das Thoroxyd reduzieren, wurden f ü r diesen Zweck empfohlen. Die e n t s t a n d e n e Metallsäure ist flüchtiger als Thorium und soll durch starkes Erhitzen abgetrieben werden können. Diese Methoden erscheinen sehr gesucht und haben meines Wissens keine praktische B e d e u t u n g erlangt. Spuren von Verunreinigungen können u n t e r U m s t ä n d e n die mechanischen Eigenschaften eines Metalls ganz wesentlich verändern. Bekanntlich spielen in der Stahlindustrie Metallzuschläge von 1 °/oo> die auf chemischem Wege gar nicht nachzuweisen sind und meistens eutektisch wirken, eine sehr große Rolle. Im allgemeinen wird b e h a u p t e t , daß sich nur g a n z r e i n e s T a n t a l und W o l f r a m zu feinsten D r ä h t e n ziehen lassen. Ich möchte aber hier bemerken, daß. diese den reinen Metallen nachgesagte Eigenschaft nur der Gegenwart von g a n z g e r i n g e n Mengen anderer Metalle zuzuschreiben sein soll. J a , die F a b r i k a n t e n der T a n t a l - und W o l f r a m d r ä h t e sollen sogar absichtlich Zuschläge von etwa 0 , 3 % anderer Metalle machen, um dem Metall die f ü r den Ziehprozeß erforderliche Duktilität zu verleihen. Das Spektroskop ist ein so feines Erkennungsmittel, d a ß es nicht schwer fällt, auch die Gegenwart von Spuren anderer Metalle zu konstatieren. Nach S c h e f f e r v e r d a m p f t m a n das Metall auf einfachste Weise dadurch, d a ß m a n etwa 1000 Volt durch die Lampe schickt. Das Spektroskop zeigt dann die f r e m d e n Metallinien scharf an und zwar am sichersten, wenn das S p e k t r u m photographiert wird.

Die Metalle der seltenen Erden.

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Daß Nickellegierungen das spröde W o l f r a m m e t a l l sehr duktil machen, hat man beim Durchschmelzen eines mit Wolframfäden beschickten Nickelrohres an den Berührungsstellen beider Metalle zuerst e r k a n n t . Schon bei einem Gehalt von 1 % Nickel gelangte man zu feinsten W o l f r a m d r ä h t e n , die aber leider beim Herausdestillieren des Nickels die Lampen sehr stark schwärzten, trotzdem vor dem Einschmelzen des F a d e n s in die Lampenglocke die H a u p t m e n g e des Nickels auf elektrischem Wege durch Überspannen des Stromes e n t f e r n t worden war. Einprozentige Thoriumzuschläge zeigen nicht diese ungünstigen Eigenschaften und gewähren auch noch den großen Vorteil, d a ß man dadurch nach dem Pasteverfahren zu dünnsten W o l f r a m f ä d e n gelangt, die man ebenso wie gezogene Drähte kniffen und biegen kann. Im Abschnitt MetallfadenGlühlampen (S. 79—81) werden wir auf diese Verhältnisse noch näher z u r ü c k k o m m e n . W e n n man auch dem Thorium und dem Zirkonium schon frühzeitig Beachtung geschenkt hatte, so kam es doch nicht zu einer technischen Verwendung dieser Metalle. Erst in neuerer Zeit erzielte man auch mit ihnen greifbare Erfolge, und es wird sich der besseren Übersicht halber empfehlen, in nachstehendem die Verwendung der Metalle seltener Erden in einzelnen den in Frage kommenden Industrien gewidmeten Abschnitten zu besprechen.

a) Thermoelement. 1902 beschrieb D r o s s b a c h in einem seiner P a t e n t e ein Thermoelement aus Legierungen seltener Erden mit K u p f e r , Silber und Eisen an Stelle der b e k a n n t e n Nickel-, W i s m u t und Antimonlegierungen. Infolge der untereinander sehr ähnlichen chemischen Eigenschaften der seltenen Erden, besonders der Ceritelemente, ist auch ihr thermoelektrisches Verhalten ziemlich gleich. Deshalb kann man die Metalle der gemischten Ceriterden, also das heute in der Feuerzeug-Industrie eine so große Rolle spielende Mischmetall, das zur Zeit der A n m e l d u n g des D r o s s b a c h s c h e n P a t e n t s eine wissenschaftliche R a r i t ä t war, f ü r diese Zwecke gebrauchen.

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Verwendung in der Technik.

Zinn und Zink sollen in ihren Legierungen mit K u p f e r durch die Metalle der seltenen Erden ersetzt werden. D r o s s b a c h will gefunden haben, daß beim Thermoelement unter A n w e n d u n g von Thoriumbronze ähnliche Erscheinungen auftreten wie beim Gasglühkörper, denn ein ganz kleiner Cerzusatz zu Thorium-Kupferlegierungen soll die Potentialdifferenz des reinen Kupfers außerordentlich erhöhen.

b) Pyrophormetalle. Die Feuererzeugung durch Funkenschlagen war schon in der älteren Steinzeit bekannt. Meistens reichte aber der durch Zusammenschlagen zweier Feuersteine erzeugte Funke zum Zünden nicht aus. Mit einem Feuerstein und einem P y r i t (Eisen- oder Schwefelkies) erhielt man stärkere Funken, die m a n mit einem Feuerschwamm auffing. Dann t r a t an die Stelle des einen Steins Stahl, in welcher Form sich das Steinfeuerzeug noch bis zu Anfang des 19. J a h r h u n d e r t s beh a u p t e t h a t . Die Gewinnung des Feuers mittels Stahls und Steins b e r u h t bekanntlich d a r a u f , daß beim Schlagen von den beiden Körpern kleine Teilchen losgerissen und durch die bei der Reibung entwickelte Hitze glühend gemacht werden. Bei den pyrophoren Ceritmetallen und den mit ihnen ausgestatteten verschiedenen modernen Feuerzeugen geschieht dasselbe, nur mit dem Unterschiede, d a ß die Ceritmetalle unvergleichlich leichter f u n k e n als Stahl und Stein. Mithin ist das W o r t „ p y r o p h o r " , welches „selbstentzündlich" heißt, auf die Ceritmetalle nur im übertragenen Sinne anzuwenden. Die Metalle der Ceriterden sind weiß bis schwach gelblich und an der L u f t ziemlich beständig. Ihre H ä r t e ist im Vergleich zu Blei, Zinn und Zink folgende: Blei, Zinn, Cer, L a n t h a n , Zink, Neodym, Praseodym, Samarium. Die von der Technik hergestellten gemischten Ceritmetalle, welche u n t e r dem N a m e n Mischmetall in den Handel gebracht werden, besitzen verschiedene H ä r t e . W ä h r e n d z. B. das Mischmetall von M e r c k sehr weich ist, sind die Mischmetalle der E l e k t r o c h e m i s c h e n W e r k e B i t t e r f e l d und der

Die Metalle der seltenen

Erden.

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C h e m i s c h e n F a b r i k K u n h e i m & Co. in Berlin m e h r o d e r weniger h a r t , j a m a n c h m a l so s p r ö d e wie S t a h l . Dies k o m m t sicherlich v o n d e r V e r u n r e i n i g u n g m i t d e m Silicium, welches a u s d e m T i e g e l m a t e r i a l s t a m m t . O h n e Legieren m i t a n d e r e n Metallen liefern selbst diese v e r h ä l t n i s m ä ß i g h a r t e n Mischm e t a l l e kein b r a u c h b a r e s F u n k m e t a l l . In dieser B e z i e h u n g v e r h a l t e n sich auch die K o m p o n e n t e n des M i s c h m e t a l l s volls t ä n d i g gleich. Man k a n n wohl d u r c h Legieren d e r Ceritm e t a l l e m i t a n d e r e n Metallen ein f ü r die T e c h n i k b r a u c h b a r e s P y r o p h o r m e t a l l g e w i n n e n , u n m ö g l i c h a b e r ist es bis j e t z t , ein solches o h n e C e r i t m e t a l l e h e r z u s t e l l e n . Hier ist n i c h t der O r t , auf den P a t e n t s t r e i t A u e r s z u r ü c k z u k o m m e n o d e r g a r auf die m a n c h m a l allzu g e z w u n genen T h e o r i e n zur B e g r ü n d u n g des P y r o p h o r i s m u s d e r L e g i e r u n g e n m i t C e r i t m e t a l l e n ; wir b e g n ü g e n u n s m i t d e m Hinweis, d a ß A u e r s P a t e n t v o m R e i c h s g e r i c h t g a n z erheblich beschränkt wurde und jedenfalls vollständig vernichtet worden wäre, h ä t t e m a n n i c h t in l e t z t e r S t u n d e einen diesbezüglichen A n t r a g auf d e m W e g e des Vergleichs z u r ü c k g e z o g e n . Von einem Monopol in D e u t s c h l a n d k a n n also h e u t e g a r n i c h t m e h r die R e d e sein, u n d welch einen U m f a n g d e r b e r e i t s eingetretene Konkurrenzkampf angenommen hat, dürfte dara u s am d e u t l i c h s t e n erhellen, d a ß die Preise v o n 250 M. p r o K i l o g r a m m l a n g s a m auf 50 M. s a n k e n u n d im J u n i 1913 v o n A u e r auf 20 M. h e r a b g e s e t z t w u r d e n . D a ich die Lage des P y r o p h o r m e t a l l m a r k t s an a n d e r e r Stelle a u s f ü h r l i c h geschildert h a b e (s. „ D i e C h e m . I n d . " 1913), so b e s c h r ä n k e ich mich h i e r auf diese k u r z e Notiz. Die vielen F a b r i k a n t e n p y r o p h o r e r Metalle b e z i e h e n m e i s t e n t e i l s d a s M i s c h m e t a l l v o n den drei oben e r w ä h n t e n F a b r i k e n u n d stellen n u r die p y r o p h o r e n L e g i e r u n g e n u n d aus diesen r u n d e o d e r viereckige S t ä b e v o n v e r s c h i e d e n s t e m D u r c h m e s s e r her. W ä h r e n d das O r i g i n a l m e t a l l A u e r s , welches v o n den T r e i b a c h e r C h e m i s c h e n W e r k e n A u e r s und der C ö l n e r P y r o p h o r - M e t a l l g e s e l l s c h a f t fabriziert wird, fast 4 0 % Eisen e n t h ä l t , besitzen die K o n k u r r e n z p r o d u k t e n u r e t w a 1 5 % Eisen u n d zum Zwecke besserer H ä r t u n g e t w a 2 % A n t i m o n oder W i s m u t . Silicium f i n d e t sich in allen L e g i e r u n g e n ,

74

Verwendung in der Technik.

weil es entweder im Mischmetall als Verunreinigung enthalten ist oder bei Herstellung der Legierungen aus den tonhaltigen Schmelzgefäßen aufgenommen wurde. Auch geringe Zusätze von Aluminium und von Magnesium werden gem a c h t . Um ein gut schmelzendes und leicht gießbares Pyrophormetall zu erhalten, f ü g t m a n etwa 5 °/o K u p f e r hinzu. D a ß das gute Funken der Gegenwart von Nitriden, Hydriden oder Suboxyden zuzuschreiben ist, h a t noch niemand beweisen k ö n n e n ; diese Theorie wird aber gern zur Begründung des Pyrophorismus herangezogen. Man h a t begreiflicherweise alle möglichen Legierungen auf ihre pyrophoren Eigenschaften geprüft, und es h a t sich z. B. gezeigt, d a ß die Quecksilberlegierungen explosiv sind. Eine Legierung mit 25 °/ 0 Platin besitzt die größte Pyrop h o r i t ä t , k o m m t jedoch wegen ihres hohen Preises f ü r technische Zwecke gar nicht in Betracht. Eine Zinklegierung eignet sich besonders zum Zünden von Grubensicherheitslampen, und auch eine Legierung mit Bor wurde f ü r diese Zwecke empfohlen. Eine Legierung mit Blei k a n n u n t e r bestimmten U m s t ä n d e n ein luftbeständiges und leicht schmelzendes Pyrophormetall ergeben. Setzt man den Ceritmetallen über 25 % Aluminium oder Magnesium zu, so erhält man so spröde Legierungen, d a ß man sie pulvern kann. Zinn legiert sich mit den Ceritmetallen unter heftiger Explosion und liefert eine wenig luftbeständige Legierung. Auf eine solche k o m m t es aber a n ; so wurde mancher FeuerzeugF a b r i k a n t d a d u r c h schwer geschädigt, d a ß das von ihm verwendete Pyrophormetall — jedenfalls infolge eines hohen Carbidgehalts — schon nach vier Wochen zu Pulver zerfallen war. Die Herstellung des Mischmetalls im Großen ist eben keine zu unterschätzende Aufgabe. Wie sehr sich die Pyrop h o r m e t a l l - F a b r i k a n t e n in dieser Richtung getäuscht haben, geht schon aus der Tatsache hervor, d a ß es außer A u e r und den erwähnten drei chemischen Fabriken nur sehr wenigen gelungen ist, durch Schmelzelektrolyse ein brauchbares Mischmetall zu gewinnen. Bezeichnend f ü r die Sachlage ist, daß jeder P y r o p h o r m e t a l l - F a b r i k a n t b e h a u p t e t , das Mischmetall selbst herzustellen; de facto besitzt er aber gar keine

D i e Metalle der seltenen

Erden.

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Anlage hierzu, am allerwenigsten jedoch die erforderlichen Erfahrungen, welche erst eine lange Praxis bringen kann. Als Ausgangsmaterial f ü r das Mischmetall kommen n u r die Abfallprodukte der Thoriumfabrikation in Betracht. H a t m a n Carbonatfraktionen, so k a n n m a n diese R ü c k s t ä n d e direkt in Salzsäure lösen, eindampfen und entwässern; sonst wird man über das Hydroxyd bzw. über das Oxyd gehen müssen. Eine Verunreinigung mit Eisen hat nichts auf sich, weil man ja doch beim Legieren Eisenzusätze machen m u ß ; dagegen k o m m t es sehr auf die richtige Entwässerung der Chloride an. Manche Fabriken beziehen wasserhaltige Ware, die sie durch Zuschläge von Chlorcalcium an Stelle des lästigen und teuren Chlorammoniums meistens selbst entwässern. Die Entwässerung von 35 bis zu 50 % Oxydgehalt läßt sich bei Anwendung kleiner Kniffe ziemlich leicht d u r c h f ü h r e n . Von da ab m u ß man sich aber, um die Bildung basischer Salze zu vermeiden, des lästigen Chlorammoniums bedienen und arbeitet begreiflicherweise nur dann lukrativ, wenn man dieses zurückgewinnt. Ein gutes technisches, kalziniertes Chlorid kostet etwa 3 M., wasserhaltiges etwa 2 M. pro kg. Die Fluoride der Ceriterden haben sich f ü r die Elektrolyse nicht bewährt, trotzdem sie öfter f ü r dieselbe empfohlen wurden. Die Schmelze der Fluoride ist viel zu dickflüssig, so daß sich das Mischmetall in feiner Verteilung und nicht in einem Regulus abscheidet. Trotz aller Zuschläge, die man zu machen versucht hat, ist es nicht gelungen, das Fluorid-Verfahren zu verbessern; d a r u m ist m a n h e u t e ausschließlich auf die Chloride der Ceriterden angewiesen. Nur mit Hilfe großer Stromstärken gestaltet sich die Fabrikation des Mischmetalls lukrativ. Unter 1500 Amp. sollte man nicht arbeiten. W ä h r e n d einzelne als Elektrolysiergefäß Graphit- oder Chamottetiegel mit großer Eisenkathode verwenden, benutzen andere doppelwandige eiserne Gefäße mit Wasserkühlung. Da die Stromausbeute zwischen 25 und 60 % s c h w a n k t und nur die wenigsten die maximale Ausbeute erzielen, so k o m m t es bei einer Fabrik, die das Mischmetall herstellt, sehr auf den Preis des Stromes an. Die T r e i b a c h e r C h e m i s c h e n W e r k e und die E l e k t r o c h e m i s c h e n W e r k e in

76

Verwendung in der Technik.

Bitterfeld d ü r f t e n in dieser Beziehung unter den günstigsten Verhältnissen arbeiten. Die chemische Fabrik von K u n h e i m & C i e . hat wieder den Vorteil, daß sie über Abfallp r o d u k t e ihrer eigenen T h o r i u m f a b r i k verfügt. Letzteres ist aber lange nicht so wichtig wie die Frage der Strompreise. Denn die Abfallprodukte kann man f ü r etwa 50 Pf. pro Kilog r a m m in jeder Menge leicht erhalten. Die großen Fabriken stellen sich das erforderliche Chlorid selbst her, weil es f ü r eine gute Ausbeute sehr auf gleichmäßige Beschaffenheit des Produkts ankommt. Die Herstellungskosten f ü r 1 kg Mischmetall sind aus den eben angeführten Gründen natürlich sehr verschieden. Jedenfalls wird das Mischmetall mit 30 M. pro Kilogramm gehandelt. Das vollständig entwässerte Chlorid enthält etwa 65 % Oxyde, was etwa 56 % Ceritmetallen entspricht. Da die Stromausbeute verhältnismäßig sehr schlecht ist und manche Fabriken mit einer solchen von nur 25 % arbeiten, da ferner bei der Herstellung des Chlorids mit Abfällen gerechnet werden muß, so ist der Verbrauch an rohen Ceritoxyden mit ungefähr 200000 kg zu veranschlagen. Aus dieser Menge gewinnt man 20000 kg Mischmetall, die beim Legieren und bei der weiteren Verarbeitung auf viereckige und rundliche Stäbe 25000 kg Pyrophormetall liefern (s. S. 100). Bis vor kurzem gab es nur Feuerzeuge, die mit einem kleinen Stückchen von 1/6—1/ig Pyrophormetall ausgestattet waren. Seit der E i n f ü h r u n g der Streichfeuerzeuge mit Stahls t i f t benutzt man lange und verhältnismäßig dicke Stäbe, die aus etwa dreißigmal soviel Pyrophormetall bestehen. Diese Neuerung brachte einen großen Umschwung in der Industrie hervor, so d a ß j e t z t der Konsum an Pyrophormetall auf ungefähr das Doppelte gestiegen sein d ü r f t e . Mit 1 g Pyrophormetall erzielt man etwa 6000Zündungen, und man k a n n durchaus nicht behaupten, d a ß es sich bei den praktischen Konstruktionen der im Handel befindlichen Taschenfeuerzeuge um Spielereien handelt, als welche sie von ihren F a b r i k a n t e n zur Verhinderung der Besteuerung hingestellt wurden.

Die Metalle der s e l t e n e n

Erden.

77

c) Reduktion von Metalloxyden mit Hilfe von seltenen Erden. Für die Darstellung hochschmelzender Metalle in regulinischem Zustand ist es sehr wichtig, daß das reduzierende Metall, abgesehen von seiner hohen Verbrennungswärme, ein bei der T e m p e r a t u r des Reduktionsprozesses gut schmelzendes Oxyd liefert, wenigstens etwas luftbeständig ist und eine genügend niedrige E n t z ü n d u n g s t e m p e r a t u r besitzt. Diese Forderungen erfüllen die Metalle der Ceriterden und der Ytteriterden. Die Verbrennungswärme des oben beschriebenen Mischmetalls a u s den Abfällen der Thoriumfabrikation übert r i f f t diejenige des Magnesiums, Aluminiums und Calciums. Es v e r d a n k t , wenn wir seinen geringen Gehalt an Metallen der Ytteriterden unberücksichtigt lassen, dieselbe seinem großen Gehalt an L a n t h a n und Didym. Eisen, Kobalt, Nickel, Chrom, M a n g a n , Vanadin und Niob konnte m a n mit Hilfe der Mischmetalle in geschmolzenem Zustande erhalten. Wolfram und Tantal konnten wohl rein und geschmolzen, aber nicht in Form eines Regulus gewonnen werden, während Uran, Bor und Silicium in Pulverform, Blei, Zinn, Zirkonium und Titan als Legierungen mit den Ceritmetallen abgeschieden wurden (s. S. 66, 67 u. 99).

d) Blitzlichtpulver und Leuchtmassen für pyrotechnische und kriegstechnische Zwecke. Für Blitzlichtpulver verwendet man Magnesium- oder Aluminiumpulver mit Sauerstoffträgern in Form von Chloraten, Perchloraten, Superoxyden, P e r m a n g a n a t e n oder Chromaten. Keine von diesen Mischungen besitzt aber die erforderliche hohe Lichtstärke, die notwendige Unempfindlicljkeit gegen Schlag und Stoß, die unerläßlich kurze Verbrennungsdauer und geringe Rauchentwicklung. Schon vor 10 J a h r e n empfahl man die pulverförmigen Metalle der Ceriterden, der Ytteriterden, der Thorerde und der Zirkonerde f ü r Leuchtmassen im allgemeinen; aber erst als man Magnesiumpulver mit luftbeständigen Nitraten der seltenen Erden mischte, gelangte man zu einem Blitzlichtpulver, das alle obengenannten Vorzüge in sich vereinigt.

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Verwendung in der Technik.

Ein Gemisch von gleichen Teilen T h o r n i t r a t und Magnesiumpulver v e r b r e n n t dreimal so schnell wie eine Mischung von Magnesiumpulver und Braunstein im Verhältnis von 1 : 1 . Die Nitrate der Ceriterden zeigen dieselben günstigen Eigenschaften wie das T h o r n i t r a t . W ä h l t man 1 Teil Magnesiumpulver und Teil Zirkonnitrat, so ist wohl die Verbrennungsgeschwindigkeit nicht ganz so groß wie bei einem Teil Thorn i t r a t oder einem Teil roher Ceritnitrate, aber immerhin weit größer als bei der erwähnten Mischung mit Braunstein im Verhältnis von 1:1. l g M a g n e s i u m - T h o r n i t r a t m i s c h u n g entwickelt nur etwa ebensoviel Rauch wie Vio § MagnesiumKaliumchloratmischung. Die Lichtwirkung ist derjenigen der besten b e k a n n t e n Blitzlichtpulver nicht nur gleich, sie k a n n sogar durch die richtige Wahl des Ceritsalzes noch wesentlich erhöht werden. W ä r e T h o r n i t r a t nicht so teuer, so k ö n n t e m a n durch Zusatz von 1 % Cer zu demselben nach dem Glühkörperprinzip zu noch besseren Effekten gelangen. Es ist nicht nötig, sich der Carbonate und Sulfate der Ceriterden, die als Ersatz f ü r die Ceritnitrate empfohlen wurden, zu bedienen. Sie sind wohl luftbeständig, aber im übrigen f ü r diese Zwecke viel weniger geeignet als die Nitrate. N u r diese kommen f ü r Blitzlicht in Betracht. | In der ersten Zeit verwendete man f ü r Blitzlichtpulver die rohen basischen Nitrate der Thoriumabfälle. J e t z t werden nur ganz bestimmte, mehr oder weniger entwässerte P r ä p a r a t e b e n u t z t , allerdings als salpetersaure Salze von besonderer Brisanz. Beim Abbrennen des Blitzlichtpulvers werden die Nitrate durch Magnesium reduziert. Die Blitzlichtpulver mit seltenen Erden sind sehr beliebt geworden, und der jährliche Verbrauch an Ceritoxyden f ü r diese Pulver ist mit 2000 kg nicht zu hoch beziffert. Auch als Leuchtmassen f ü r pyrotechnische und kriegstechnische Zwecke d ü r f t e n die seltenen Erden eine Rolle zu spielen berufen sein. Es sind schon in verschiedenen Ländern von Kriegsbehörden Versuche gemacht worden, Geschosse mit sichtbarer Flugbahn zu konstruieren, und meines Wissens haben die J a p a n e r in Deutschland große, aus Mischmetall geformte Blocks zur Füllung von Geschossen bestellt. In den Vereinigten Staaten sollen bereits die Geschosse mit

Die Metalle der seltenen Erden.

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sichtbarer Flugbahn 10 °/ 0 der Gesamtmunition ausmachen. Beim Abschießen fängt die Leuchtmasse Feuer und entwickelt in der Dunkelheit ein intensives Licht, das nicht nur die Flugbahn, sondern auch den S t a n d o r t des Feindes zu erkennen gibt. Die große Reibungswärme der Luft könnte das Pyrophormetall leichter zünden, wenn man es z. B. vorne an der Spitze des Geschosses anbrächte. Welche Tragweite h ä t t e diese Neuerung f ü r die Kriegstechnik und auch f ü r die P y r o p h o r m e t a l l - I n d u s t r i e ! Pulverförmiges Zirkonium verbrennt ebenso wie Titan mit hübschen Sternen. Ich habe bereits darauf a u f m e r k s a m gemacht (s. S. 68 u. 74), d a ß die pulverförmigen Metalle von Zirkonerde und von Ceriterden nicht nur pyrophor, sondern auch explosiv sein können. Im V a k u u m auf 300° C. erhitztes amorphes Zirkonium bleibt auch 14 Stunden nach dem Erkalten noch pyrophor. Gemische von Zirkonium mit gewissen Metalloxyden, z. B. mit Mennige oder mit Kupferoxyd, explodieren mehr oder weniger stark. Mit Salpeter in einem Mörser gerieben, gibt Zirkonium kleine Funken, zeigt aber keine Neigung zur Explosion. Erhitzt man eine solche Mischung, so ist die Reaktion wohl sehr heftig, aber zur Explosion k o m m t es auch hierbei nicht. W e n n man das Gemisch in eine Flamme wirft, so v e r b r e n n t es sehr lebhaft. Die andern Metalle der seltenen Erden, hauptsächlich die Cerit- und Ytteritmetalle, d ü r f t e n diese Erscheinung in noch erhöhtem Maße zeigen und sich daher f ü r pyrotechnische und kriegstechnische Zwecke besonders gut eignen.

e)

Metallfaden-Glühlampen. 1.

Metallfäden.

Die seltenen Erden wurden nicht allein in Form ihrer Oxyde (s. S. 58 u. ff.), sondern auch in Form ihrer Metalle f ü r elektrische Leuchtkörper empfohlen. W e n n auch nur Thorium und Zirkonium wegen ihres hohen Schmelzpunkts f ü r diesen Zweck in Betracht kommen konnten, so finden wir doch in vielen Patentschriften die Metalle der Ceriterden und Y t t e r i t e r d e n ebenfalls genannt und außer ihnen selbst

80

Verwendung in der Technik.

auch ihre Carbide, Boricide, Silicide, Hydride, Nitride und alle möglichen Legierungen mit anderen schwer schmelzbaren Metallen, wie z. B. Osmium, W o l f r a m , Vanadin, Niob und T a n t a l . Alle diese Vorschläge f ü h r t e n zu keinem brauchbaren Resultat, zumal diese Richtung bald aufgegeben wurde, weil man erkannte, d a ß nur in einem gezogenen Metalldraht das Ziel zu erblicken sei. Das K u i e l s c h e Kolloidverfahren wurde auch auf Thorium und Zirkonium übertragen, allerdings mit negativem Erfolg, denn noch viel weniger, als es K u i e l möglich war, ohne organische Substanz einen reinen Metallfaden aus kolloidalem Wolfram herzustellen, konnte man nach dieser Methode carbidfreie Fäden aus Thorium und Zirkonium erzielen. Hierzu k o m m t , daß die kolloidalen Metalle durch das Pressen ihren Wassergehalt wechseln; während die ersten Fäden beim Spritzen stark wasserhaltig sind, enthalten die letzten wenig Wasser. Es ist begreiflich, d a ß ein solches Verfahren infolge des verschiedenen Schrumpfungsverhältnisses der Fäden höchst unlukrativ und unsicher ist. Deshalb m u ß t e die Firma P i n t s c h das sehr teuer erworbene K u z e l s c h e Verfahren nach vielen vergeblichen Anstrengungen, es zu verbessern, aufgeben. Um gespritzte Wolframfäden herzustellen, braucht man auch wahrlich nicht das teure kolloidale Metall zu verarbeiten. K u s e l s Idee, ohne organische Substanz zu einem Faden zu gelangen, ließ sich eben nicht durchführen. Daher ist sein Verfahren weiter nichts als das alte Pasteverfahren. Und letzteres würde heute als abgetan zu betrachten sein, wenn es nicht gelungen wäre, durch geringe Zusätze von Thorerde dünnste W o l f r a m f ä d e n zu erhalten, die man unbeschadet kniffen und wickeln kann. Gerade bei den heutigen Bestrebungen, den gezogenen W o l f r a m d r a h t zu monopolisieren, ist das Thorium der Retter der Metallfadenlampen-Fabrikanten geworden, welche nicht dem Konzern der D r a h t l a m p e angehören. Da geringe Zusätze von Thorium und von Zirkonium oder deren Oxyden schon zu den Osmium- und Tantallampen gemacht wurden, so handelt es sich hier gar nicht um eine neue Idee, sondern um alte Vorschläge. Man w u ß t e auch, d a ß die Verteilung des Thoriums z. B. eine sehr feine sein muß. Infolgedessen

D i e Metalle der seltenen

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Erden.

reduzierte man Thoriumwolframat und d a m p f t e Wolframsäure, der man T h o r n i t r a t in wässeriger Lösung zugesetzt h a t t e , zur Trockne ein. Erst diese Mischung, die das Thorium n u n in feinster Verteilung enthielt, wurde durch Erhitzen im Wasserstoffstrom reduziert, ein Verfahren, das heute allgemein Anwendung findet und die erwähnten mechanisch sehr festen Fäden liefert. Man nahm P a t e n t e auf Glühkörper aus Zirkonium und aus Thorium allein oder auf solche mit oxydischen Zuschlägen. Letztere sollten meistens dem Zweck dienen, das beim Formierungsprozeß gebildete Carbid zu reduzieren. Sogar gezogene D r ä h t e aus Thorium und aus Zirkonium ließ man sich f ü r Glühlampenzwecke schützen. Zum Silicium, welches besonders amerikanische und englische Erfinder f ü r Glühlampenfäden verwenden wollen, soll man auch vorteilhaft geringe Zusätze von seltenen Erden machen können. Da das Thorium bei viel niedrigerer T e m p e r a t u r schmilzt als das W o l f r a m und, aufs feinste verteilt, in Mengen von nur etwa 1 % den kniffbaren W o l f r a m f ä d e n zugesetzt ist, so suchte m a n nach einer Erklärung f ü r dieses eigenartige Verhalten. Manche nahmen an, d a ß durch das Thorium die einzelnen Moleküle des Wolframs aneinander gelötet werden. Dies scheint mir jedoch ausgeschlossen, weil sich das Thorium sicherlich ebenso wie sein Carbid bei den im Faden obwaltenden Temperaturen verflüchtigt. Am plausibelsten ist die Hypothese, daß sich zwischen Wolfram und Thorerde eine feste Lösung bildet. Ob m a n die geschmolzene Thorerde in diesem Fall als Schlacke, in welcher bekanntlich die Bildung von Metallkryställchen unterbrochen wird, betrachten darf, werden die verschiedenen bereits eingeleiteten Experimentaluntersuchungen zeigen. 2.

H a l t e r für

Metallfäden.

Das Erweichen der Metallfäden und - d r ä h t e bei der Gebrauchstemperatur erfordert, um Kurzschlüsse infolge von Lageveränderung der Fäden resp. D r ä h t e zu verhindern, eine geeignete Halterung. Anfangs verwendete man Ösen aus Kohle. Diese jedoch gaben Veranlassung zu Carbidbildung. So griff man denn zu den Leitern zweiter Klasse B ö h m , V e r w e n d u n g der seltenen Erden.

6

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Verwendung in der Technik.

und ließ sich z. B. Ösen aus Thorerde und aus Zirkonerde schützen. Weil diese Halter sich als sehr brauchbar erwiesen, überzog man Kohlefäden mit den Oxyden seltener Erden und glaubte, hierdurch eine P a t e n t v e r l e t z u n g nicht zu begehen. Auch w ä h l t e m a n Ösen aus Carbiden, die durch Wasser nicht zersetzt werden, z. B. aus Zirkoncarbid. Die Halter der Osmiumlampe bestanden hauptsächlich aus Oxyden seltener Erden. Heute kommen aber f ü r die W o l f r a m f ä d e n und - d r ä h t e wohl nur noch Molybdän und Nickel in Betracht. 3. E v a k u i e r e n d e r

Lampen.

Nachdem m a n vorgeschlagen hatte, die Metalle der alkalischen Erden zum Evakuieren von Glasgefäßen zu benutzen, weil sie bei ihrer Erhitzung Sauerstoff und Stickstoff absorbieren, war es naheliegend, auch die Ceritmetalle f ü r diese Zwecke zu verwenden, und es h a t sich gezeigt, daß man sich ihrer hauptsächlich im letzten Stadium des Evakuierens von elektrischen Glühlampen, Röntgenröhren und Dewarschen doppelwandigen Gefäßen vorteilhaft bedienen k a n n , wenn man sie zwecks Erhitzung in einen regulierbaren elektrischen Stromkreis schaltet.

f ) Verwendung in der Stahlindustrie. Erst als m a n große Mengen roher Zirkonerde in Brasilien gefunden h a t t e und besonders seitdem W e i s s sich auf Veranlassung des Grubenbesitzers R i e t z in Säo Paulo mit ihrer Verwertung befaßte, machte man mit Zirkonium metallurgische Versuche in größerem Umfange und konstatierte, d a ß schon geringe Zusätze desselben zu Eisen, Kupfer, Bronze, Messing und Aluminiumbronze diesen Metallen größere Zug- und Druckfestigkeit verleihen, ja sie sogar gegen chemische Einflüsse widerstandsfähiger machen. Die Technik fabriziert nicht geschmolzenesZirkonium, sondern geschmolzenes Ferrozirkon ebenso wie Ferrotitan, Ferrosilicium und Ferrowolfram, und da Ferrozirkon heute schon eine Handelsware geworden ist, so hat man analytische Methoden zur Bestimmung des Zirkongehalts in Legierungen ausgearbeitet. Die geschmolzene Legierung des Zirkoniums mit

Rückblicke und Ausblicke.

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Eisen, welche man, wie wir S. 67 gesehen haben, im ElektroStahlofen leicht herstellen kann, wird sicherlich in der Stahlindustrie eine Bedeutung erlangen, und ihre Einführung dürfte ebenso wie die Verwendung der Zirkonerde als feuerfestes Material und als Trübungsmittel in der Emailindustrie nur eine Frage der Zeit sein. Die pulverförmigen Metalle zeigen im allgemeinen andere physikalische Eigenschaften als die geschmolzenen Metalle. Sicherlich würde die Technik gern von geschmolzenem Zirkonium und Thorium Gebrauch machen, wenn sie es nur in genügenden Mengen und in genügender Reinheit wohlfeil zu erhalten vermöchte. M a n hat bereits Methoden gefunden, Thorium und Zirkonium zu schmelzen. Deshalb darf man mit Bestimmtheit erwarten, daß in nächster Zeit diese beiden Metalle in regulinischem, zur Bearbeitung geeignetem Zustande von der Technik geliefert werden können. Während man ihnen einerseits manche Verunreinigungen, wie Kohlenstoff und Silicium, wird fernhalten müssen, weil dieselben sie mehr oder weniger spröde machen, wird man andererseits (s. S. 70) durch geringe metallische Zuschläge, wie solche auch beim Wolfram und Tantal gemacht werden, ihre Eigenschaften günstig zu beeinflussen suchen. Schon durch ganz geringe Mengen Zirkonium kann man dem Stahl Sauerstoff und Stickstoff, die seine Qualität ungünstig beeinflussen, entziehen.

Rückblicke und Ausblicke. Die seltenen Erden, zu welchen nicht nur die Ceritund Ytteriterden, sondern auch Thorerde und Zirkonerde gerechnet werden müssen, blicken auf eine hundertjährige Geschichte zurück. Während die oft angezweifelte Zirkonerde ebenso wie die Thorerde bis auf den heutigen Tag ihre Einheitlichkeit bewahrt hat, erwiesen sich die alte Cererde K l a p r o t h s und die alte Yttererde G a d o l i n s als komplizierte Gemische, deren Entwirrung bis jetzt noch nicht 6*

Rückblicke und Ausblicke.

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Eisen, welche man, wie wir S. 67 gesehen haben, im ElektroStahlofen leicht herstellen kann, wird sicherlich in der Stahlindustrie eine Bedeutung erlangen, und ihre Einführung dürfte ebenso wie die Verwendung der Zirkonerde als feuerfestes Material und als Trübungsmittel in der Emailindustrie nur eine Frage der Zeit sein. Die pulverförmigen Metalle zeigen im allgemeinen andere physikalische Eigenschaften als die geschmolzenen Metalle. Sicherlich würde die Technik gern von geschmolzenem Zirkonium und Thorium Gebrauch machen, wenn sie es nur in genügenden Mengen und in genügender Reinheit wohlfeil zu erhalten vermöchte. M a n hat bereits Methoden gefunden, Thorium und Zirkonium zu schmelzen. Deshalb darf man mit Bestimmtheit erwarten, daß in nächster Zeit diese beiden Metalle in regulinischem, zur Bearbeitung geeignetem Zustande von der Technik geliefert werden können. Während man ihnen einerseits manche Verunreinigungen, wie Kohlenstoff und Silicium, wird fernhalten müssen, weil dieselben sie mehr oder weniger spröde machen, wird man andererseits (s. S. 70) durch geringe metallische Zuschläge, wie solche auch beim Wolfram und Tantal gemacht werden, ihre Eigenschaften günstig zu beeinflussen suchen. Schon durch ganz geringe Mengen Zirkonium kann man dem Stahl Sauerstoff und Stickstoff, die seine Qualität ungünstig beeinflussen, entziehen.

Rückblicke und Ausblicke. Die seltenen Erden, zu welchen nicht nur die Ceritund Ytteriterden, sondern auch Thorerde und Zirkonerde gerechnet werden müssen, blicken auf eine hundertjährige Geschichte zurück. Während die oft angezweifelte Zirkonerde ebenso wie die Thorerde bis auf den heutigen Tag ihre Einheitlichkeit bewahrt hat, erwiesen sich die alte Cererde K l a p r o t h s und die alte Yttererde G a d o l i n s als komplizierte Gemische, deren Entwirrung bis jetzt noch nicht 6*

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Rückblicke und Ausblicke.

vollständig gelungen ist. Die Sippe der seltenen Erden zählt heute 24 Elemente, h a t sich also in den 100 J a h r e n versechsfacht; aber noch immer können wir gewärtig sein, eines Tages durch neue Entdeckungen auf diesem Gebiete überrascht zu werden. 1885 gelang es A u e r , die M o s a n d e r s c h e Didymerde in Neodym und Praseodym zu zerlegen und bald darauf die schon von B e r z e l i u s und B u n s e n beobachtete außergewöhnliche Lichtausstrahlung der seltenen Erden in der entleuchteten Gasflamme praktisch zu verwerten. Der intellektuelle Urheber des Gasglühlichts war also der „ F o r s c h e r " A u e r , der sich anfangs in dem Studium seltener Erden zu befriedigen suchte. Erst als er deren große Lichtstrahlung beobachtet h a t t e , reifte in ihm der Gedanke, diese Eigenschaft praktisch n u t z b a r zu machen, und hierdurch wurde aus dem Forscher der „ E r f i n d e r " . Denn im allgemeinen k a n n m a n sagen, daß es sich bei Ermittlung neuer Verhältnisse um eine Entdeckung, bei Anwendung b e k a n n t e r Verhältnisse auf einen neuen Zweck um eine E r f i n d u n g handelt. Ebenso wie T e s s i e d u M o t a y 1868 an das bereits 1825 von B e r z e l i u s beschriebene große Lichtemissionsvermögen der Zirkonerde a n k n ü p f t e , um das 1826 von D r u m m o n d erfundene Kalklicht zu verbessern, indem er an Stelle des Kalkblocks ein Stäbchen aus Zirkonerde empfahl, ebenso konnte A u e r an dieses die seltenen Erden im allgemeinen auszeichnende Lichtemissionsvermögen anknüpfen. Trotz dieser Veröffentlichung und trotzdem auch Glühkörper in Form des Flammenmantels, jedoch aus anderen Oxyden, wie z. B. aus Magnesia und Kalk, durch verschiedene P a t e n t schriften b e k a n n t geworden waren, konnten doch nur Thorerde u n d Cererde b r a u c h b a r e Glühkörper liefern. Der Weg bis zu dieser E r k e n n t n i s war f ü r A u e r außerordentlich dornenreich. Und seine P a t e n t e , in denen alle seltenen Erden gen a n n t w e r d e n , s t a m m e n aus einer Periode, in welcher er einen praktisch brauchbaren Glühkörper noch nicht hergestellt h a t t e . Es gab f ü r die Zusammensetzung des heutigen Glühkörpers keine Anhaltspunkte, die A u e r den Resultaten

Rückblicke und Ausblicke.

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f r ü h e r e r Forschung entnehmen k o n n t e ; er war vielmehr auf Herumprobieren angewiesen und kam nur auf dem Wege einer allerdings durch systematische Forschungen unters t ü t z t e n Empirie an sein Ziel. Auch später h a t sich erwiesen, d a ß ein bewußtes Aufsuchen neuer, praktisch wichtiger T a t sachen bei den seltenen Erden nicht rationell betrieben werden k a n n . Es ist also bei diesen mehr als unsicher, ob m a n an d a s jeder Forschung vorschwebende ökonomische Ziel gelangt. W ä h r e n d man auf anderen Gebieten durch die E r k e n n t n i s der begrenzten Möglichkeiten viel Arbeit ersparen kann und auf erreichbare neue Effekte gelenkt wird, k o m m t diese Ökonomie den Erfindern, die sich mit seltenen Erden beschäftigen, nicht in demselben Umfange zugute. Im Gegenteil, sie haben jeden Augenblick Überraschungen zu gewärtigen. Deshalb kann man das Verdienst A u e r s nicht hoch genug einschätzen. Nicht nur der K o n s u m e n t , dem das Gasglühlicht den Tag verlängert, sondern auch die chemische Industrie m u ß dem genialen Erfinder A u e r Dank wissen. Denn er hat ihren Interessenkreis durch Begründung der Thoriumindustrie erweitert. A u e r s Erfindung k n ü p f t e an einen Stoff an, von dem m a n damals voraussetzen mußte, daß er in sehr eng begrenzten Mengen in der N a t u r vorkomme. Eine E r f i n d u n g h a t aber nur dann praktische Bedeutung, wenn man den von ihr benötigten Stoff in solcher Menge beschaffen kann, d a ß er dem Umfange des Bedürfnisses entspricht. Dies w u ß t e A u e r sehr gut und konnte, nachdem die großen brasilianischen Monazitsandlager durch seine Pioniere e n t d e c k t worden waren, alle Bedenken, die man vorher mit Recht gegen seine Erfindung hegte, zerstreuen. Bei seiner zweiten Erfindung, der Osmiumlampe, war dies nicht der Fall, denn bekanntlich ist das Vorkommen des Osmiums trotz erheblicher Anstrengungen, größere Q u a n t i t ä t e n davon zu entdecken, sehr begrenzt geblieben. Durch die Erfindnng des Gasglühlichts gewannen die seltenen Erden von neuem das Interesse der Forscher u n d hierzu kam, d a ß die Thoriumindustrie ungeheure Massen der Ceriterden als wertlose Abfallprodukte auf die Halden ihrer Fabriken werfen mußte.

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Den Bemühungen, mehr seltene Erden zur Verwertung heranzuziehen, gelang es einerseits, einige Elemente dieser interessanten Gruppe, welche f r ü h e r zu den R a r i t ä t e n wissenschaftlicher Sammlungen zählten, in großen Mengen fabrikationsmäßig herzustellen, andererseits den Grund zu einer neuen Industrie zu legen. Ich erinnere z. B. an die von der Technik gelieferten wohlfeilen Salze des Neodyms und Praseodyms sowie an die elektrolytische Darstellung der Ceritmetalle, mit welcher sich die von A u e r begründete Pyrop h o r m e t a l l - I n d u s t r i e beschäftigt. Die seltenen Erden liefern ein gutes Beispiel d a f ü r , d a ß sämtliche Industrien infolge wachsender Konkurrenz bestrebt sind, durch die Mitarbeit der Wissenschaft f ü r alle anfangs scheinbar nutzlosen und lästigen N e b e n p r o d u k t e bzw. Abfälle eine möglichst nutzbringende Verwendung zu finden, um die Ökonomie ihrer Betriebe zu verbessern. Nachdem der Preis des T h o r n i t r a t s von 2000 M. auf 19 M. gesunken war, k a m dem F a b r i k a n t e n die Verwertung seiner Abfallprodukte sehr zur rechten Zeit. Nicht zu unterschätzen ist der U m s t a n d , daß f ü r die Pyrophormetalle und f ü r die Effektbogenlichtkohlen, welche zur Zeit den größten Teil der Abfallprodukte benötigen, schon die rohen Gemische der Ceritoxyde verwendet werden konnten. Die Eigenschaften der Ceritmetalle k a n n t e man schon lange, aber erst durch einen Zusatz von Eisen lernte man, sie dem Menschen dienstbar zu machen und so nicht allein die lichtspendenden Glühkörper aus den Erden des Monazitsandes herzustellen, sondern auch den Metallen dieser Erden den zündenden Funken des P r o m e t h e u s zu entlocken. Erfinder und Forscher schulden der Technik gleich großen Dank f ü r die Lieferung wertvollen Forschungsmaterials. Wie gesagt, war es der Wissenschaft erst dann möglich, das Studium der Ceriterden ^uf breitester Basis von neuem aufzunehmen, als diese in unbegrenzten Mengen zu Abfallprodukten wurden. D a ß die reinsten P r o d u k t e die universellste Verwendung gewähren, t r i f f t bei den seltenen Erden nicht zu, weil die Vertreter der einzelnen Gruppen in ihrem physikalischen u n d chemischen Verhalten eine beispiellose Ähnlichkeit zeigen.

R ü c k b l i c k e und A u s b l i c k e .

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Von der schwierigen Trennung der Ceriterden u n t e r sich kann m a n also absehen und braucht nur andere Verunreinigungen zu beseitigen, was bei der Fällbarkeit seltener Erden mit Oxalsäure sehr leicht zu bewerkstelligen ist. Dessenungeachtet r u h t e die Technik nicht, bis sie, um die Verwertung ihrer Abfallprodukte zu erweitern, auch ökonomisch f ü r eine vollständige T r e n n u n g der Ceritkomponenten gesorgt hatte. Sicherlich wird man f ü r die eine oder die andere Ceriterde noch Verwendungszwecke ausfindig machen, welche den verhältnismäßig kostspieligen Trennungsmethoden entsprechen. Ich denke hierbei an die Scharffeuerfarben, die hohe Preise zulassen. Dies werden aber nur Ausnahmefälle sein, da sich schon j e t z t gezeigt h a t , daß man das Gemisch der Ceritoxyde so, wie es die Abfälle der Thoriumindustrie liefern, nicht nur f ü r technische, sondern auch f ü r medizinische Zwecke benutzen kann. Es ist richtig, d a ß Cerium oxalicum medicinale ein rohes Gemisch der Ceriterden darstellt, denn die K o m p o n e n t e n sind in ihrer physiologischen W i r k u n g gleich. Das Streupulver „ D y m a l " h a t sich in der Therapie gut b e w ä h r t , und man kann den Verbrauch an Ceriterden f ü r diese beiden medizinischen P r ä p a r a t e auf 3—5000 kg pro J a h r beziffern. In welchem Umfange die Ceritlaugen gegen die Kartoffelkrankheit (Peronospora) Verwendung finden werden, läßt sich nicht voraussagen. Für Blitzlichtzwecke sind jährlich etwa 3000 kg Ceritoxyde zu veranschlagen, und der sonstige Verbrauch des Cers in der Photographie scheint mir unbedeutend zu sein, so daß, wie schon erwähnt, die Bogenlichtkohlen- u n d Pyrophormetall- Industrien die H a u p t a b n e h m e r der Abfallprod u k t e der Thoriumfabrikation sind. Von etwa 2 Millionen kg Abfallprodukten d ü r f t e n heute etwa 500000 kg, also der vierte Teil, jährlich Verwendung finden. Das Interesse f ü r Thorerde k o n n t e nicht erweitert werden, was man hauptsächlich auf ihren verhältnismäßig hohen Marktpreis zurückführen muß. Es ist aber bemerkenswert, d a ß das Thorium den Metallfadenglühlampen-Fabrikanten, welche keine gezogenen W o l f r a m d r ä h t e verarbeiten dürfen, zum Retter wurde. Mit Hilfe eines etwa einprozentigen Zusatzes von Thorium konnte nämlich dem alten gespritzten W o l f r a m -

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faden wieder zu seinem Recht verholfen werden, da die derartig hergestellten Fäden die mechanischen Eigenschaften des gezogenen D r a h t s annehmen. U n t e r den oxydischen Katalysatoren h a t sich Thorerde beim Oxydieren organischer Substanzen als sehr brauchbar erwiesen, so d a ß selbst in A n b e t r a c h t ihres verhältnismäßig hohen Preises ihre Verwendung f ü r diese Zwecke in der Technik nicht ausgeschlossen sein d ü r f t e , weil man den K a t a l y s a t o r regenerieren kann. Die R a d i o a k t i v i t ä t ist eine äußerst seltene Eigenschaft der Materie, denn von allen Elementen (etwa 80), die bis zum J a h r e 1896, in welchem die R a d i o a k t i v i t ä t entdeckt wurde, b e k a n n t waren, haben sich nur Uranium und Thorium als wirklich radioaktiv erwiesen. Infolge ihrer hohen Atomgewichte (Ur = 238,5 und Th = 232,5) stehen diese beiden E l e m e n t e am Ende des periodischen Systems. Es folgen als die nächst hohen Atomgewichte 208,0 (Wismut) und 207,1 (Blei). Die zwischen diesen vier Elementen entstandene Lücke im periodischen System ist während etwa 15 J a h r e n mit 30 neuen radioaktiven Elementen ausgefüllt worden, und es ist interessant, daß alle diese von uran- oder thorhaltigen Mineralien s t a m m e n . Die anfangs erzielten Versuchsergebnisse über die Thor i u m a k t i v i t ä t widersprachen sich. Dies gab Veranlassung zu genauerer N a c h p r ü f u n g der aufgeworfenen Streitfragen. D a ß die T h o r i u m p r ä p a r a t e des Handels ganz verschiedene R a d i o a k t i v i t ä t besitzen, w u ß t e man schon lange. Zuerst h a t t e es den Anschein, als ob das Thorium selbst inaktiv wäre und die A k t i v i t ä t seiner Salze nur der Beimengung einer f r e m d e n radioaktiven Substanz zu verdanken sei. Schließlich f ü h r t e man die Schwankungen der Thoriuma k t i v i t ä t auf das teilweise oder gänzliche Fehlen eines noch u n b e k a n n t e n Zwischenprodukts zurück, das d a n n von H a h n (s. S. 13) im Radiothorium entdeckt wurde. Man stellte auch fest, d a ß das Radiothorium tatsächlich vom Thorium a b s t a m m t und nicht etwa als radioaktive Beimengung zum inaktiven Thorium zu betrachten ist. Durch den Nachweis, d a ß dieses Element und Thorium in den Mineralien stets in einem konstanten Mengenverhältnis vorkommen ( E v e ,

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D a d o u r i a n ) , wurde ihr genetischer Z u s a m m e n h a n g außer Zweifel gesetzt. Als man nun die Aktivität alter Thoriumsalze mit dem theoretisch zu erwartenden W e r t e verglich, erwies sie sich u m so schwächer, je älter die Salze waren. Sehr alte Salze hingegen zeigten wieder ein geringes Ansteigen der A k t i v i t ä t . H a h n und andere stellten später fest, d a ß das Radiothorium bei der Thoriumfabrikation ü b e r h a u p t nicht abgeschieden wird, sondern q u a n t i t a t i v beim Thorium bleibt. Es m u ß t e also noch ein zweites Zerfallprodukt vorhanden sein, und dieses entdeckte wiederum H a h n und zwar in seinem Mesothorium, das zwischen Thorium und Radiothorium zu stehen k o m m t . Gleichzeitig lieferte er den Beweis, d a ß das eigentlicheThorium nicht inaktiv ist, vielmehr a - S t r a h l e n aussendet. Das Radiothorium ähnelt seiner chemischen N a t u r nach vollkommen seinem Mutterelement, dem T h o r i u m . Die T r e n n u n g des Mesothoriums von seinen beiden Begleitern, dem Thorium und dem Radiothorium, ist leicht, und man ü b e r l ä ß t es hierauf zwecks neuer Radiothorbildung sich selbst. Nach einiger Zeit, also nachdem neue Mengen von Radiothorium entstanden sind, bewirkt man — und dies ist der einzig brauchbare Weg — eine Trennung der beiden radioaktiven Substanzen dadurch, d a ß man zu ihren Lösungen Spuren von Thorium oder von einer anderen seltenen Erde hinzuf ü g t und mit Ammoniak fällt. In der Lösung befindet sich dann das Mesothorium und im Niederschlag das Radiothorium (s. S. 14). W ä h r e n d das Radiothorium immer beim Thorium bleibt, läßt sich das Mesothorium verhältnismäßig leicht mit dem Thorium X abscheiden. Letzteres wieder k a n n mit Bariumsulfat mitgerissen und das aktive Mesothorium nach dem Prinzip der Massenwirkung gereinigt werden. Diese Methode erinnert an diejenige, mit welcher man das dem L a n t h a n nahekommende radioaktive Actinium durch Zuschläge von L a n t h a n und durch Krystallisieren der Magnesiumdoppelnitrate fraktioniert. Radiothorium und Thorium verhalten sich also in chemischer Hinsicht genau wie R a d i u m und lassen sich weder von diesem, noch voneinander t r e n n e n . Das Thorium X verschwindet allerdings bei Abwesenheit

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von Radiothorium rasch von selbst. Mesothorium läßt sich wie R a d i u m mit Bariumsulfat zusammen abscheiden und durch fraktionierte Krystallisation der Chloride oder der Bromide in den letzten Fraktionen anreichern. Über T h o r i u m , Mesothorium, Radiothorium, Thorium X gelangen wir zur T h o r i u m e m a n a t i o n und zum aktiven Niederschlage, der aus dem Thorium A, B, C, D besteht und auf elektrolytischem Wege gewonnen werden kann. Hiermit sind wir noch lange nicht beim E n d p r o d u k t der Thoriumreihe angelangt. Da aber das Atomgewicht des Thoriums 232,5 ist, so berechnet m a n ebenso wie in der Radiumreihe das Atomgewicht des vermutlichen E n d p r o d u k t s zu 208,5. Wir wissen, d a ß ein T h o r i u m a t o m im Laufe seiner vielen Umwandlungen sechs «-Partikel aussendet, und man m u ß annehmen, d a ß wie bei der Radiumreihe jedes « - P a r t i k e l ein Heliumatom ist, denn man h a t Helium auch in ganz uranfreien Thormineralien gefunden. Dies spricht also f ü r die Bildung von Helium aus Thorium. Das theoretisch berechnete Atomgewicht des Endprod u k t s der Thoriumreihe s t i m m t überraschend genau mit dem Atomgewicht des W i s m u t s überein. Früher glaubte man, daß es sich nur um e i n E n d p r o d u k t handeln könne und erblickte dasselbe im Blei. Da aber das Thorium eine selbständige Umwandlungsreihe darstellt, gewinnt die Ansicht, daß auch W i s m u t ein E n d p r o d u k t sei, wieder an Boden. Deshalb wäre es von Interesse, den genauen W i s m u t g e h a l t der Thormineralien festzustellen. Er m ü ß t e wie im Falle des Bleis und des Urans ein konstanter sein. Dieser kurze Überblick soll nur andeuten, welche neuen Aufgaben der Chemie in den letzten J a h r e n gestellt wurden und wie außerordentlich schwierig es f ü r den Chemiker ist — im Gegensatz zum Physiker, den in erster Linie die Strahlungen der radioaktiven Substanzen interessieren —, brauchbare T r e n n u n g s m e t h o d e n zu finden. Es ist o f t darauf hingewiesen worden, d a ß die Physik bei der Erforschung der radioaktiven Substanzen viel weiter gekommen sei als die Chemie. Dies ist aber leicht erklärlich, denn der Physiker verfügte bereits über die moderne Elektronentheorie, k a n n t e Kathodenstrahlen, Röntgenstrahlen,

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war ü b e r h a u p t im allgemeinen mit einem guten theoretischen Rüstzeug versehen, als er sich an die Erforschung der radioaktiven Strahlen machte, welche von Substanzen, die man auf kompliziertem chemischen Wege herstellte^ ausgesendet werden. Ganz anders der Chemiker. Er stand den dreißig neu entdeckten radioaktiven Elementen vollständig hilflos gegenüber. Denn ging er von 1 g Substanz aus, so erreichten seine analytischen Methoden ihre größte Leistungsfähigkeit bei etwa 1 j l 0 mg und m u ß t e n angesichts der beim Arbeiten mit radioaktiven Stoffen in Betracht kommenden äußerst geringen Mengen vollständig versagen. Das Mitreißen, die Adsorption durch kolloidale Niederschläge — Erscheinungen, die dem Analytiker bisher alles andere als erwünscht waren — erkannte m a n bald als die wichtigsten Mittel, zur radioaktiven Anreicherung zu gelangen. In noch erhöhtem Maße als bei den seltenen Erden wurden in der chemischen Analyse die bisher gesammelten E r f a h r u n g e n hinfällig. Diesen komplizierten Verhältnissen ist es zuzuschreiben, d a ß von den dreißig neu entdeckten radioaktiven Elementen nur das Radium und die Radiumemanation chemisch rein hergestellt wurden. Seit der E n t d e c k u n g des Mesothoriums in den Rückständen der T h o r i u m f a b r i k a t i o n hat man in den analytischen Methoden, die doch immer einem Fabrikationsverfahren zugrunde liegen müssen, größere Fortschritte gemacht und diese Methoden teilweise als Fabrikationsgeheimnis bewahrt. J e t z t ist man in der Lage, die im Monazitsand enthaltene Menge radioaktiver Substanzen (etwa 2,5 mg pro Tonne) ebenso wie das Thorium f a s t q u a n t i t a t i v abzuscheiden (s. S.23—24) u n d ein G e m i s c h von gleich großer Aktivität unter der H ä l f t e des Radiumpreises in den Handel zu bringen. Es ist aber auch möglich, P r ä p a r a t e herzustellen, die pro Gewichtseinheit viermal so a k t i v sind wie Radium. Bei der Verarbeitung von 30000 kg Joachimsthaler Uranpecherz k o n n t e nur etwa 1 g reines R a d i u m b r o m i d erhalten werden, was ungefähr der Hälfte der theoretischen Ausbeute entspricht. Da 1 g reines R a d i u m b r o m i d einen W e r t von etwa 380000 M. repräsentiert, so erhellt hieraus die wirtschaftliche Tragweite

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f ü r die T h o r i u m f a b r i k a n t e n , wenn sie ihre R ü c k s t ä n d e auf technische Mesothoriumpräparate und auf Thorium X von weit größerer A k t i v i t ä t als R a d i u m verarbeiten. Der jährliche W e l t k o n s u m an Monazitsand beträgt etwa 3 3 0 0 Tonnen, so d a ß man imstande wäre, bei vollständiger A u s n u t z u n g der Abfälle jährlich etwa 10 g technisches Mesothoriumbromid zu gewinnen (s. S. 13 u. 15). Es entsteht nun die Frage, ob hierfür auch der genügende Absatz vorhanden ist. Im allgemeinen wird ja angenommen, d a ß man gar nicht genug hochradioaktive Substanzen herstellen könne, um dem Bedürfnis der Therapie zu entsprechen. Diese Anschauung ist wohl nicht zutreffend, besonders in Bezug auf Mesothorium, das neueste radioaktive Element. Die sowohl mit diesem als auch mit Thorium X angestellten Versuche sind noch nicht so zahlreich, d a ß man sich ein abschließendes Urteil über ihren therapeutischen W e r t bilden kann. Erst in den letzten 2 J a h r e n h a t m a n die beiden P r ä p a r a t e , welche von einigen T h o r i u m f a b r i k a n t e n in verhältnismäßig großen Q u a n t i t ä t e n meistens kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, auf ihre biologischen, physiologischen und therapeutischen Wirkungen g e p r ü f t und die Resultate in etwa 50 Veröffentlichungen niedergelegt. Ich h a b e im ersten Teil meiner A b h a n d l u n g deshalb Gelegenheit genommen, auf die wichtigsten Ergebnisse dieser oft sehr mühevollen Untersuchungen hinzuweisen und glaube, gezeigt zu haben, d a ß den technischen P r ä p a r a t e n des Mesothoriums und des Thorium X eine große Z u k u n f t bevorstehen d ü r f t e . Ich möchte aber auch nicht u n e r w ä h n t lassen, d a ß die technischen Pioniere auf diesem Gebiet die Z u k u n f t ihrer radioaktiven P r ä p a r a t e aus den Abfällen der Thoriumfabrikation teuer erkauften, denn, wie schon e r w ä h n t , m u ß t e n sie der medizinischen Wissenschaft genügende Q u a n t i t ä t e n davon kostenlos zur Verfügung stellen, um das Interesse f ü r diese neuen hochradioaktiven Substanzen zu wecken. Nach meiner Schätzung erforderten diese Pionierarbeiten bisher mehrere H u n d e r t t a u s e n d Mark (s. S. 16—25). Der Ersatz des Radiums durch Mesothorium bei allen äußeren Applikationen ist wohl allgemein a n e r k a n n t . Aber u n t e r allen radioaktiven Zerfallprodukfen d ü r f t e das Tho-

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rium X das größte Interesse beanspruchen. Denn aus ihm e n t s t e h t eine Anzahl kurzlebiger Elemente, deren Radioa k t i v i t ä t sich zu derjenigen des Thorium X addiert. Frisch hergestellte Radiothoriumsalze erreichen daher durch die allmähliche A n h ä u f u n g von Thorium X erst nach einem Monat ihre größte A k t i v i t ä t , die d a n n allerdings stetig a b n i m m t . Die kurze Lebensdauer des Thorium X g e s t a t t e t , d a ß außerordentlich hohe A k t i v i t ä t e n dieser Substanz an minimalste Gewichtsmengen gebunden werden, so daß Vergiftungserscheinungen im chemischen Sinne niemals eintreten können. 1 W ä h r e n d z. B. zur Erzeugung einer A k t i v i t ä t von einer Million Mache-Einheiten eine Menge von etwa 0,3 mg Radiumbromid erforderlich ist, genügt ungefähr Viooooo m § Thorium X, um die gleiche A k t i v i t ä t hervorzurufen. Wie wir auf S. 13 gesehen haben, wurde Thorium X schon im J a h r e 1900 fast gleichzeitig mit der T h o r i u m emanation entdeckt, und es ist interessant, d a ß die hierbei gemachten Beobachtungen R u t h e r f o r d zu seiner f r u c h t baren und heute aligemein a n e r k a n n t e n Theorie der Radioa k t i v i t ä t f ü h r t e n . Nach dieser n i m m t m a n an, d a ß die radioaktiven Elemente wegen der von ihren Atomen ausgesendeten Strahlen unbeständig sind und sich spontan verändern, indem radioaktive Atome von neuem T y p u s erzeugt werden. Letztere sind oft noch viel unbeständiger als die M u t t e r a t o m e und verwandeln sich daher — wiederum durch Aussendung von Strahlen — in weitere neue Atome. Diese Verwandlung setzt sich über eine Reihe von Stufen fort, z. B. beim T h o r i u m über Mesothorium, Radiothorium, Thorium X zur gasförmigen E m a n a t i o n , die ebenso wie Thorium X « - S t r a h l e n aussendet und sich in das nicht flüchtige Material, den aktiven Niederschlag, verwandelt. Das Thorium X h a t demnach eine besondere historische Bedeutung. Aber erst 12 J a h r e nach 1 Was das Thoriumnitrat betrifft, so hat C z e r n y gefunden, daß Kaninchen nach intravenöser Injektion von 0 , 1 g desselben innerhalb einiger S e k u n d e n unter Krämpfen starben, w a s vielleicht auf die überschüssige Salpetersäure des käuflichen Präparats zurückzuführen ist. Denn nach Ansicht anderer Forscher sind (s. S. 6) die Thoriumsalze ebenso wie die Zirkonsalze v o l l k o m m e n ungiftig.

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seiner E n t d e c k u n g begann es f ü r die Behandlung innerer K r a n k h e i t e n einen ähnlichen W e r t zu gewinnen, wie ihn das Radium in der Therapie h a t . Zunächst war es erforderlich, die Kenntnisse über die Muttersubstanzen des T h o r i u m X erheblich zu erweitern, und, wie wir wissen, wurde dies nur durch die H a h n s c h e E n t d e c k u n g des Radiothoriums u n d des Mesothoriums ermöglicht. Aber selbst, nachdem man Herstellungsmethoden und geeignete Ausgangsmaterialien gefunden hatte, vergingen noch mehrere J a h r e , ehe m a n an die Ausnutzung des Thorium X denken konnte. Denn dieses m u ß t e f ü r therapeutische Zwecke möglichst rein in Form einer Lösung dargestellt werden, was mit vielen Schwierigkeiten verbunden war. P l e s c h empfiehlt, solange man über die Ausscheidung des Radiothoriums aus dem Körper nichts Bestimmtes weiß, nur garantiert radiothoriumfreie Thorium X - P r ä p a r a t e zu verwenden (s. S. 16). Nach P l e s c h setzt sich das Thorium X im Gegensatz zur R a d i u m e m a n a t i o n , welche schon kurze Zeit nach ihrer E i n f ü h r u n g den Körper durch die Lungen verläßt, im K n o c h e n m a r k fest u n d wirkt von hier aus während seiner ganzen Lebensdauer auf die blutbildenden Organe ein. Um den gleichen Effekt mit R a d i u m zu erzielen, müßte man dem Körper ein entsprechendes Q u a n t u m Radiumsalz, das erstens sehr teuer wäre und zweitens sehr giftig ist, einverleiben. Vor allem aber würde die A n h ä u f u n g eines dauernd gleichmäßig s t a r k strahlenden Körpers sehr gefährlich sein. So liegt ein weiterer Vorteil des Thorium X darin, d a ß es innerhalb weniger Wochen vollkommen zerfällt. Aus dem Thorium X bildet sich fortgesetzt T h o r i u m e m a n a t i o n , die sich durch ihre gasförmige N a t u r und ihre kurze Lebensdauer auszeichnet. Aus ihr geht ein noch weit kurzlebigeres P r o d u k t hervor, das feste T h o r i u m A des aktiven Thoriumniederschlages, welches erst in neuester Zeit von der Emanation g e t r e n n t werden konnte. In der Praxis wird es sich aber immer mit der E m a n a t i o n im Gleichgewicht befinden, so d a ß diese beiden Produkte, u n t e r welchen man eben die T h o r i u m e m a n a t i o n versteht, doppelt so viel «-Teilchen aussenden wie ihre Muttersubstanz, das Thorium X. Hieraus erklärt sich die hohe A k t i v i t ä t der T h o r i u m e m a n a t i o n , die

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wie alle Emanationen die Fähigkeit besitzt, mit ihr in Ber ü h r u n g kommende feste Körper radioaktiv zu machen, sie zu „induzieren" oder zu „erregen" (s. S. 16). L ä ß t man die Thoriumemanation in einem geschlossenen Gefäß zerfallen, so setzt sich an den W ä n d e n das verhältnism ä ß i g kurzlebige und infolge des Fehlens von «-Strahlen schwach aktive Thorium B ab, dessen A k t i v i t ä t durch die Bildung der verschiedenen P r o d u k t e des Thorium C wächst. Letzteres kann durch Adsorption mittels Tierkohle aus einer Lösung des aktiven Thoriumniederschlages in Säuren entfernt werden. Das Thorium B bleibt in Lösung. Schüttelt m a n die Lösung mit fein verteiltem Nickel, oder setzt man sie einer Nickelplatte aus, oder elektrolysiert man sie, so wird auf diese Weise stets am leichtesten Thorium C niedergeschlagen. Zink hingegen fällt aus Lösungen wohl Thorium B und Thorium C, aber nicht Thorium X. Thorium D ist in Säuren leichter löslich und stärker flüchtig als irgendeines der anderen Produkte. Es war äußerst schwierig unu mühsehlig, die liier bestehenden sehr interessanten Verhältnisse a u f z u k l ä r e n , so daß erst in neuester Zeit unsere Kenntnisse über die festen radioaktiven T h o r p r o d u k t e A, B, C, D erweitert werden konnten. W ä h r e n d fast alle bisherigen Elemente bei ihrem Zerfall je e i n neues P r o d u k t bilden, läßt das Thorium B deren zwei entstehen und zwar so, d a ß sich von je 100 Atomen Thorium B 65 Atome in Thorium C', die übrigen 35 in Thorium verwandeln. D a d u r c h , daß diese beiden P r o d u k t e sich wohl in ihren Strahlungen und ihren weiteren Zerfallprodukten durchaus unterscheiden, jedoch von gleicher Lebensdauer sind, wurde ihre E n t d e c k u n g sehr erschwert. Das Thorium X mit allen seinen Zerfallprodukten birgt den größten radioaktiven Anteil der gesamten Thoriumreihe in sich. Es enthält nicht weniger als vier u-, drei ß- und außerdem / - S t r a h l e r . Unter ihnen befindet sich das Thorium C 1( dessen «-Teilchen die größte bisher b e k a n n t e Reichweite von 8,6 cm besitzen. Die intensive Energieabgabe dieser kurzlebigen Elemente erklärt ihre auffallend starken biologischen Wirkungen. Zur Messung radioaktiver Substanzen kann man die

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W i r k u n g der Strahlen auf eine photographische Platte, die Erregung der Phosphorescenz in gewissen krystallinischen Substanzen und die Ionisation, welche die Strahlen in einem Gase hervorrufen, verwenden. Die photographische Methode h a t wohl in den ersten Entwicklungsstadien der R a d i o a k t i v i t ä t gute Dienste geleistet, wurde aber allmählich, je mehr man exakte quant i t a t i v e Bestimmungen auszuführen hatte, durch die elektrische Methode ersetzt, nachdem man zu der E r k e n n t n i s gelangt war, d a ß die Phosphorescenzmethode nur Annäherungswerte zu liefern vermag, obgleich sie ein sehr interessantes Mittel ist, die Strahlen auf optischem Wege zu untersuchen. Für die beispiellos rasche Entwicklung der radioaktiven Forschung ist die elektrische Methode von größter Wichtigkeit gewesen, weil m a n mit ihr schnell a l l e Strahlenarten, die ionisierende Eigenschaften besitzen, quant i t a t i v bestimmen kann. Ebenso wie die verschiedenen anderen unsichtbaren Strahlungsarten, z. B. Kathodenstrahlen, Kanalstrahlen, Röntgenstrahlen, X-Strahlen, Becquerelstrahlen und N-Strahlen, bewirken auch die erwähnten a-, ß- und y- Strahlen der radioaktiven Substanzen eine Ionisation der L u f t , welche die elektrische Leitfähigkeit wesentlich fördert. Hierauf g r ü n d e t sich die elektrische Meßmethode, die nicht nur die Erforschung der radioaktiven Substanzen, sondern auch diejenige aller unsichtbaren Strahlungsarten förderte. Die « - S t r a h l e n sind, ähnlich den Kanalstrahlen, positiv elektrisch geladene kleine Stoffpartikelchen, welche sich mit etwa Vio der Geschwindigkeit des Lichts, also etwa 30000 km in der Sekunde, fortbewegen. Sie werden besonders leicht von Metallen absorbiert und verschwinden schon nach kurzem Lauf in der Luft völlig. Die /S-Strahlen ähneln wieder den K a t h o d e n s t r a h l e n und erfahren durch ein magnetisches Feld eine viel stärkere Ablenkung als die « - S t r a h l e n . Ihrem Wesen nach sind sie negative Elektronen, die sich mit sehr großer Geschwindigkeit fortbewegen. Die magnetisch u n d elektrisch nicht ablenkbaren / - S t r a h l e n sind Ätherwellen und setzen sich wahrscheinlich aus ultravioletten Lichtstrahlen und intensiven Röntgenstrahlen zusammen.

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Interessant ist auch die Tatsache, daß die meisten künstlichen Licht- und Wärmequellen gleich dem Sonnenlicht unsichtbare Strahlen aussenden, welche wohl die Fähigkeit besitzen, Metalle und eine Anzahl anderer Körper, z. B. Holz, zu durchdringen, aber nicht diejenige, die photographische P l a t t e zu schwärzen. B l o n d l o t bezeichnete diese Strahlung mit N-Strahlung und wies sie u. a. auch im Gasglühlicht nach. Diese unsichtbaren Strahlen sind auch beim Auftreffen der Kathodenstrahlen auf seltene Erden, also bei der Kathodoluminescenz derselben nachweisbar. Ein dünner, durch elektrischen Strom auf Rotglut gebrachter P l a t i n d r a h t wurde den aus Gasglühlicht gewonnenen N-Strahlen ausgesetzt, nachdem sie mehrere Holz- und Aluminiumschirme passiert hatten und durch eine Quarzlinse konzentriert worden waren. Bei Beobachtung des P l a t i n d r a h t s durch eine Mattscheibe, auf der ein heller Lichtfleck bestimmter Intensität entstand, bemerkte man deutlich eine Vergrößerung der Lichtquelle, sobald der glühende P l a t i n d r a h t an eine Brennstelle der Linse gebracht wurde. Da man denselben Einfiuß auch bei sämtlichen glühenden Körpern feststellte, so läßt sich ganz allgemein sagen, d a ß jede Lichtquelle bei N-Bestrahlung eine erhöhte Helligkeit besitzt. Eine 65 cm dicke Kupferp l a t t e wurde von den N-Strahlen einer Nernstlampe durchdrungen. Einerseits vermögen die radioaktiven Strahlungen die L u f t zu ionisieren, andrerseits können sie den Sauerstoff der Luft in Ozon verwandeln u n d gewisse Glasarten violett und braun sowie Halogensalze der Alkalien färben. Papier wird erst gefärbt und d a n n vollständig zerstört. Dies alles kennzeichnet die radioaktiven Substanzen als Quelle von Energie, Elektrizität und Masse. Für die verschiedenen günstigen Erfolge, die man mit Röntgenstrahlen, Radium- und T h o r i u m p r ä p a r a t e n bei Krebskranken erzielt hatte, suchte man nach einer Erklärung, und W e r n e r g l a u b t , sie in der Zersetzung des Lecithins, eines b e k a n n t e n chemischen Körpers, der im Eidotter, in der Nervensubstanz und in vielen anderen Organen des menschlichen und tierischen Körpers als normaler Bestandteil vorkommt, gefunden zu haben. Es bildet sich Cholin, B ö h m , Verwendung der seltenen Erden.

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Rückblicke und Ausblicke.

ein ebenfalls b e k a n n t e r chemischer Körper. Spritzte man den an Krebs erkrankten Versuchstieren Cholinlösungen ein, so beobachtete man eine erstaunliche Rückbildung der Geschwülste, j a , die Cholinbehandlung machte eine Bestrahlung fast überflüssig. Das Cholin zerstört demnach die Krebszellen und zwar durch Erweichung und S c h r u m p f u n g . D a r u m darf man das Cholin noch nicht ein neues positives Mittel gegen Krebs nennen. Man ist nur berechtigt, von einem neuen Wege zur Behandlung des Krebses zu sprechen, und es ist von Wichtigkeit, d a ß dieser W e g voraussichtlich der chemischen Industrie zunutze kommen wird, wenn es gelingen sollte, die Strahlenwirkung kostbarer Substanzen durch Einverleibung chemischer P r ä p a r a t e in den Organismus zu ersetzen oder zu ergänzen. So schreitet die Wissenschaft u n a u f h a l t s a m vorwärts, Erfolg reiht sich an Erfolg, und das Ergebnis des wissenschaftlichen und technischen Fleißes bietet uns einen weiten, klaren Blick in die Z u k u n f t . W a s gegenwärtig über die Ceriterden und die T h o r e r d e unserm Auge offenbar ist, sind die letzten Gestaltungen einer h u n d e r t j ä h r i g e n rastlosen Forscherarbeit. Aber wir sind noch nicht am Ende unserer B e t r a c h t u n g e n . Wir müssen noch der immer steigenden Ansprüche, die m a n an die H a l t b a r k e i t und Indifferenz des feuerfesten Materials stellt, gedenken. Viele neu gefundene Reaktionen, die äußerst hohe T e m p e r a t u r e n verlangen, haben den Mangel an sehr schwer schmelzbaren Materialien zur Herstellung von Öfen und Gefäßen erwiesen. Hier Ersatz zu schaffen, scheint mir in erster Reihe die Zirkonerde berufen. Wie wir auf S. 33—38 gesehen haben, besitzt diese alle f ü r ein hochfeuerfestes und indifferentes Material in Betracht kommenden Eigenschaften und ist (auf die reine Erde bezogen) auch der einzige bis jetzt b e k a n n t e Isolator f ü r den elektrischen Strom bei T e m p e r a t u r e n von etwa 2000° C. Ganz abgesehen von ihrer B e d e u t u n g in der Röntgenologie und auf anderen Gebieten, wird sie als Ersatz f ü r Zinnoxyd schon in der Emailindustrie ohne Zweifel eine große Rolle spielen. Dies ist nur eine Frage der Zeit. W e n n auch vorläufig der jährliche Verbrauch an roher Zirkonerde nur einige H u n d e r t t a u s e n d Kilogramm be-

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Rückblicke und Ausblicke.

tragen d ü r f t e , so wird derselbe später doch unverhältnism ä ß i g größer sein. Für ihre praktische Verwertung ist also in Z u k u n f t gesorgt. Die Y t t e r i t e r d e n sind bisher von der Technik als Stiefkinder b e h a n d e l t worden. Aber auch ihnen k a n n der geeignete Platz in der Industrie nicht mehr lange vorenthalten bleiben. Ihre Metalle besitzen einen höheren Schmelzpunkt und ein größeres Reduktionsvermögen als die Ceritmetalle, und ihre O x y d e zeigen in vieler Beziehung günstigere Eigenschaften als die Ceritoxyde. W ä h r e n d die Wissenschaft f ü r die Ytteriterden noch keine lukrativen T r e n n u n g s m e t h o d e n ausfindig machen konnte, ist es der Technik gelungen, aus den etwa 5°/ 0 Y t t e r i t e r d e n enthaltenden T h o r i u m r ü c k s t ä n d e n Y t t r i u m , E r b i u m , Holmium und Thulium ebenso wie Neodym und P r a s e o d y m und aus W o l f r a m i t e n Skandium wohlfeil zu gewinnen. J e weiter die Technik fortschreitet, u m so speziellere Fragen wird die Forschung zu b e a n t w o r t e n suchen. Die W e r t e r h ö h u n g aller dieser Erden wird aber erst d a n n erfolgen, wenn eine praktische Verwendung f ü r sie gefunden worden ist, und letztere wird in dem Maße steigen, wie der Preis sinkt. Nach diesem im Wirtschaftsleben allgemeinen Prinzip m u ß es n u n m e h r gelingen, auch den bisher als sehr selten u n d sehr k o s t b a r b e t r a c h t e t e n Erden Absatz zu verschaffen. Charakteristisch f ü r die heutige chemische Industrie ist eben eine f r ü h e r u n g e a h n t e Qualitätsverbesserung der von ihr hergestellten P r ä p a r a t e u n d Materialien, deren Reindarstellung f ü r wissenschaftliche Untersuchungen einst unmöglich erschien. W ä h r e n d man bis vor einigen J a h r e n nur die Thorerde f ü r Glühkörperzwecke aus dem Monazitsand zu gewinnen h a t t e u n d die Abfallprodukte als lästigen Ballast b e t r a c h t e t e , haben sich diese Verhältnisse im W a n d e l der Zeiten so wesentlich geändert, d a ß man die Gewinnung des Thoriums infolge seines sehr gesunkenen Marktpreises — falls dieser nicht mehr auf normale Höhe steigen sollte — gewissermaßen als nebensächlich ansehen und das H a u p t a u g e n merk auf die Verwendung der Abfallprodukte richten wird, u m W e r t e schaffen zu können, welche den Thoriumbetrieb erst ökonomisch gestalten. 7*

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Der jährliche Weltkonsum an T h o r n i t r a t beträgt 300000 kg, aus denen 300 Millionen Glühkörper gefertigt werden. Rechnen wir den Gestehungspreis f ü r 300000 kg T h o r n i t r a t auf Basis von 16 M. pro Kilogramm und nehmen wir einen Nettoverdienst von 2 M. pro Kilogramm an, so erhalten wir 4,8 Millionen Mark als jährliche Gestehungskosten der Thoriumindustrie, denen aber nur 600000 M., also etwa 1 0 % Nutzen gegenüberstehen. W ü r d e aus den jährlichen Thoriumabfällen die Gesamtmenge der radioaktiven Substanzen gewonnen, so erhielte man etwa 10 g hochradioaktiver technischer M e s o t h o r i u m p r ä p a r a t e , die, einen W e r t von 150000 M. pro G r a m m gerechnet, 1500000 M. brächten. Es wäre v e r f r ü h t , hier schon eine Kalkulation des Gestehungspreises dieser radioaktiven Substanzen zu geben, weil die Fabriken gerade dabei sind, ihre Verfahren ökonomisch auszugestalten. Immerhin k a n n m a n schon jetzt behaupten, daß die Herstellung der radioaktiven P r ä p a r a t e aus T h o r i u m r ü c k s t ä n d e n ein einträgliches Geschäft werden wird. Vorläufig wird nur ein Viertel der jährlichen Thoriumabfälle, hauptsächlich f ü r Effektbogenlichtkohlen u n d Pyrophormetalle, verwendet. Es steht aber außer Zweifel, daß man in nicht zu ferner Zeit sämtliche Abfallprodukte praktisch wird verwerten können. Zu bedauern ist nur, d a ß die Konkurrenz ebenso wie die Preise f ü r Thorium auch diejenigen f ü r Bogenlichtkohlensalze und f ü r Ceritchloride bereits so weit herabgedrückt hat, daß der Nutzen nur gering zu nennen ist. Die F a b r i k a n t e n pyrophorer Metalle haben sich gleichfalls u n t e r b o t e n . Infolgedessen sank der Preis f ü r Funkmetall von 250 M. auf 20 M. pro kg und wird, wie ich auf S. 73 bemerkte, noch weiter sinken. Da in der Feuerzeugbranche dieselben Verhältnisse Platz gegriffen haben, so sah sich der Feuerzeug-Fabrikant genötigt, neben der Fabrikation der Pyrophormetalle auch diejenige der Ceritchloride und des Mischmetalls aufzunehmen. Nur so glaubt er, dem immer mehr auf die Spitze getriebenen Konkurrenzkampf wirkungsvoll entgegentreten zu können. Es ist zu beklagen, d a ß die aus den Wechselbeziehungen der verschiedenen Industrien zur chemischen Industrie erwachsenden Vorteile u n t e r diesen Umständen der letzteren nicht direkt zufallen u n d immer

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neue K o n k u r r e n z u n t e r n e h m u n g e n mit Sonderinteressen ins Leben rufen. Deshalb m u ß man befürchten, daß dem Beispiel der Feuerzeug-Industrie andere Industrien folgen werden, die bisher zu den Geschäftsfreunden der chemischen Industrie gehörten. Auf diesen P u n k t möchte ich im Interesse der letzteren hingewiesen haben und die T h o r i u m f a b r i k a n t e n zum engen Zusammenschluß m a h n e n . Ich bin mir wohl bewußt, daß es sich um ein schwer zu lösendes Problem handelt, aber der nationale Ehrgeiz schon sollte die Thor i u m f a b r i k a n t e n in ein gemeinsames Lager treiben. Französische Spekulanten haben bereits M a ß n a h m e n getroffen, um der deutschen Thoriumindustrie das H e f t aus der Hand zu nehmen, wenn ich mich so ausdrücken darf. Die brasilianische Regierung h a t mit einem französischem Konsortium einen neuen Vertrag f ü r den E x p o r t von Monazitsand abgeschlossen, und so wird die Tonne 5 prozentigen Monazitsandes in Deutschland bald nicht wie bisher mit etwa 650 M., sondern mit etwa 1000 M. bezahlt werden müssen. Jedoch nicht hierin scheint das französische Konsortium den Schwerp u n k t des gegen Deutschland gerichteten Konkurrenzunternehmens zu erblicken. Vielmehr soll in Amerika eine große Thoriumfabrik gebaut werden, an deren Spitze Edouard U r b a i n , der Bruder des französischen Gelehrten und verdienstvollen Spezialisten auf dem Gebiete der seltenen Erden G. U r b a i n steht. Die Fabrikation der Thorerde wird nun bei diesem Unternehmen gewissermaßen als Nebensache, die Gewinnung der radioaktiven Substanzen und die vollständige Aufarbeitung der R ü c k s t ä n d e des Monazitsandes dagegen als H a u p t s a c h e b e t r a c h t e t werden. Da in etwa 2 J a h r e n in Deutschland sämtliche Vorräte an Monazitsand verarbeitet sein d ü r f t e n , so gehen wir einer Zeit des nationalen K o n k u r r e n z k a m p f e s auf dem Gebiete der Thoriumindustrie entgegen. Der D e u t s c h e n G a s g l ü h l i c h t - ( A u e r - ) A . - G . war Gelegenheit geboten, sich dem f r a n zösischen Konsortium anzuschließen. Sie hat es nicht getan, jedenfalls von der Voraussetzung ausgehend, d a ß man den Monazitsand nicht monopolisieren könne. Dies ist ein Standp u n k t , dem seine Berechtigung nicht abzusprechen ist. Auch auf das Vorkommen roher Zirkonerde in Brasilien wird man

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nicht allein angewiesen sein. Mit diesem F a k t o r m ü ß t e die brasilianische Regierung rechnen, falls sie etwa dieses N a t u r p r o d u k t ebenfalls mit einem Zoll belegen sollte. Es ist schon immer der W u n s c h unserer Freunde ü b e r dem großen „ T e i c h " gewesen, der deutschen chemischen Industrie das Thoriumgeschäft soviel wie möglich zu erschweren, vor allen Dingen durch einen hohen Einfuhrzoll das Absatzgebiet in Amerika zu beschränken. Auch Frankreich bem ü h t e sich nach dieser Richtung. Beiden jedoch gelang es nicht, ihren Zweck zu erreichen. Die deutschen T h o r i u m f a b r i k a n t e n haben allen Grund, sich nicht einschüchtern zu lassen. Denn während etwa 25 J a h r e n w u r d e n E r f a h r u n g e n gesammelt, welche der deutschen Industrie das R ü c k g r a t stärken. Erinnere ich noch an die vielen segensreichen J a h r e , während welcher die Thoriumindustrie den W e l t m a r k t beherrschte u n d der Marktpreis f ü r T h o r i u m n i t r a t einen bedeutenden Nutzen (s. S. 2) abwarf, so werden wir verstehen, d a ß der T h o r i u m f a b r i k a n t durch die Schaffung großer W e r t e gleichzeitig zur E r h ö h u n g des Nationalvermögens beitrug. So leicht wird also das erwähnte französische Konsortium seinen Plan nicht durchführen können. Aber noch ein anderes starkes Bollwerk bietet der deutschen Industrie einen nicht gering anzuschlagenden Schutz. Bekanntlich h a t es der Deutsche verstanden, das Glühkörpergeschäft in der H a u p t s a c h e an sich zu reißen u n d trotz der niedrigen Preise in England auch dort den M a r k t zu b e h a u p t e n . Zum deutschen A u e r - K o n z e r n gehören h e u t e nicht weniger als fünfzehn der größten Glühkörperfabriken, ferner zwei T h o r i u m f a b r i k e n , d a r u n t e r die alte A u e r s c h e Fabrik in Atzgersdorf bei Wien. Es handelt sich aber nicht allein um deutsche Glühkörperfabriken, sondern auch um die A u e r - G e s e l l s c h a f t e n in Österreich, in der Schweiz und besonders in England. Der große A u e r - K o n z e r n fabriziert jährlich etwa 100 Millionen Glühkörper, d. h. ein Drittel des Weltkonsums, und benötigt hierzu 100000 kg T h o r n i t r a t , das er sich selbst herstellt. Im ganzen werden in Deutschland jährlich etwa 150 Millionen Glühkörper angefertigt, also etwa 150000 kg T h o r n i t r a t v e r b r a u c h t . Die amerikanische W e l s b a c h Cie. d ü r f t e jährlich 40000 kg T h o r n i t r a t verarbeiten —

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etwas mehr als ihre nordamerikanische Konkurrenz — die südamerikanischen Glühkörperfabrikanten hingegen nur etwa 10000 kg. Auf den französischen Markt entfallen etwa 20000 kg, auf den englischen ungefähr 40000 kg und auf die übrigen Länder zusammen etwa 10000 kg pro J a h r . Es ist statistisch sehr interessant, d a ß der jährliche Verbrauch an Glühkörpern in Amerika 1903/1904 nur 40 Millionen Stück betrug, während er heute auf 80 Millionen gestiegen ist. Auch in anderen Ländern gewann das Gasglühlicht im Kampf gegen die Metallfadenlampen und die E f f e k t bogenlichtkohlen immer mehr Freunde, so d a ß in den letzten 2 J a h r e n der Glühkörperkonsum von 250Millionen auf 300Millionen pro anno gestiegen ist. Dementsprechend h a t der jährliche Verbrauch an T h o r n i t r a t in dieser Zeit um 50000 kg zugenommen. Hieran möchte ich noch einige statistische Zahlen k n ü p f e n , die sich auf die Gasproduktion in Deutschland beziehen. Deutschland besitzt etwa 1500 Gaswerke, die mit wenigen Ausnahmen in fortschreitendem W a c h s t u m begriffen sind. Die Jahresproduktion der Gaswerke in und um Berlin beträgt 532500000 cbm und diejenige der deutschen Gaswerke ü b e r h a u p t 2,5 Milliarden cbm. Der jährliche Gasverbrauch in Groß-Berlin stellt sich pro Kopf der Bevölkerung auf rund 145 cbm. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache, und es d ü r f t e noch lange dauern, ehe der Ausspruch R a t h e n a u s , des Generaldirektors der A. E. G.: „Die Gasindustrie sollte sich auf die ihr unbestrittene Domäne der Heizung zurückziehen", in Erfüllung geht. Wie wir wissen, stellt sich der A u e r - K o n z e r n das von ihm benötigte Q u a n t u m T h o r n i t r a t (100000 kg jährlich) selbst her. Auch die Amerikanische W e l s b a c h Cie. fabriziert in ihrer eignen Thoriumfabrik etwa 40000 kg Thorn i t r a t jährlich, die sie d a n n auf Glühkörper verarbeitet. Die H ä l f t e des Weltkonsums an T h o r n i t r a t geht also den Thoriumfabriken verloren, und jetzt erst werden wir erkennen, worauf die Wechselbeziehungen der Gasglühlicht-Industrie zur Thoriumindustrie hinsteuern. Der A u e r - K o n z e r n wird wohl die alte historische Fabrik A u e r s in Atzgersdorf eingehen lassen, denn er vergrößert

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seine T h o r i u m f a b r i k in Berlin ganz wesentlich. Letztere beschäftigt sich auch mit allen möglichen chemischen und metallurgischen Problemen, h a t sich also zu einer großen chemischen Fabrik ausgewachsen. Die A u s b e u t u n g der Abf a l l p r o d u k t e und die Verarbeitung roher Zirkonerde bildet das H a u p t p r o b l e m dieser neuesten G r ü n d u n g der D e u t s c h e n A u e r - G e s e l l s c h a f t . Und wenn sie dem System treu bleiben sollte, das sie auf dem Gebiete der Gasglühlicht-Industrie verfolgt, so d ü r f t e n wir auch eine Fusionierung der Thoriumfabriken mit der A u e r - G e s e l l s c h a f t erleben. Unter diesen U m s t ä n d e n k a n n die deutsche chemische Industrie ganz beruhigt in die Z u k u n f t sehen und die weiteren Operationen des französischen Konsortiums abwarten. Wir haben auch ausländische Gelehrte nicht zu f ü r c h t e n , denn die Zeit, in welcher der deutsche Gelehrte es als eine Schande b e t r a c h t e t e , sich an technischen Problemen zu beteiligen, liegt glücklicherweise weit hinter uns. Nur der gemeinsamen Arbeit von Wissenschaft und Technik ist es zu verdanken, d a ß die deutsche Industrie an der Spitze steht. Und so k o m m t es, daß unsere heutige Technik von wissenschaftlicher Forschung innig d u r c h w e b t ist, d a ß unsere größten K a p a z i t ä t e n engste Beziehungen zur Technik u n t e r halten und sie hierdurch zu immer neuen Siegen f ü h r e n . Andererseits wieder gab das Studium der technischen Prozesse manche Anregung f ü r die Wissenschaft und nicht zuletzt Befriedigung in einem entsprechenden pekuniären Äquivalent. Dicht neben der Chemie der seltenen Erden h a t sich n u n als ein besonderer Zweig die Radiochemie, deren Werdegang ich im vorstehenden nur kurz schildern konnte, aufgetan. Dies war nur d a n k der großen E r f a h r u n g e n möglich, die man in der Thoriumindustrie gesammelt h a t t e . Die Ziele und Methoden der analytischen Chemie haben sich ganz wesentlich verschoben, denn während die empfindlichste spektroskopische U n t e r s u c h u n g als niedrigste E m p f i n d lichkeitsgrenze viele Trillionen einzelner Atome verlangt, v e r m a g man mit Hilfe der elektrischen Meßmethode schon einige H u n d e r t Atome nachzuweisen. Aus diesem Grunde und wegen des vergänglichen Charakters der Materialien

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h a t m a n die Radiochemie auch die „Gespensterchemie" genannt. Da m a n die f ü r Herstellung des R a d i u m s in Betracht k o m m e n d e n Methoden auch auf Mesothorium übertragen k o n n t e und da H a h n die Darstellung desselben aus den T h o r i u m r ü c k s t ä n d e n beschrieben h a t t e , so wurde, wie ich hier nachträglich bemerken will, auf Grund eines Einspruchs das erwähnte S o d d y s c h e P a t e n t (s. S. 14) in Deutschland nicht erteilt, so d a ß eine Monopolisierung der Gewinnung des Mesothoriums n u n m e h r ausgeschlossen ist. Die bisher vernachlässigten selteneren Metalle des Zirkoniums, des Thoriums u n d der Y t t e r i t e r d e n werden sich zweifellos f ü r viele technische Zwecke gut eignen. Ihre S c h m e l z p u n k t b e s t i m m u n g e n m u ß m a n anzweifeln, weil aller Wahrscheinlichkeit nach das zur P r ü f u n g verwendete Material mehr oder weniger unrein war. Man darf annehmen, d a ß Zirkonium erst bei etwa 2500° C. und Zirkonerde bei etwa 3000° C. (nach W e i s s — priv. Mitt. — mindestens 200° bis 300° C. höher als W o l f r a m , also bei etwa 3 3 0 0 ° — 3 5 0 0 ° C.) schmelzen. Es wird eine ganze Reihe von neuen Versuchen erforderlich sein, u m das Verhalten dieser reinen Metalle in ihren verschiedensten Legierungen kennen zu lernen. Nachdem die Anfänge der Thermochemie nun schon h u n d e r t J a h r e zurückliegen, ist es vielleicht den seltenen Erden vergönnt, ohne Zwischenmaschinen, direkt durch die Verbrennurigswärme Elektrizität zu erzeugen. W ü r d e dies gelingen, so wäre es zu bedauern, d a ß der verdienstvolle P r a k t i k e r D r o ß b a c h die Realisierung seiner Idee (s. S. 71) nicht erlebt h a t . Die seltenen Erden werden eine Quelle außerordentlichen Erfolges bieten, wenn es gelingt, die Thoriumindustrie bis in ihre letzten Adern wissenschaftlich zu durchdringen und sie u n u n t e r b r o c h e n mit Erfindern und Gelehrten auf dem Gebiete der theoretischen u n d angewandten Chemie in F ü h l u n g zu halten. Durch diese Wechselbeziehungen zwischen der Wissens c h a f t und der Industrie der seltenen Erden wird man auch am ehesten Aufschluß über den Ursprung der Elemente

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erhalten, so daß die auf ihre E n t w i r r u n g bisher v e r w e n d e t e u n g e h e u r e Arbeit und Mühe nicht vergeblich gewesen sein wird. Schon vor längerer Zeit h a t der bedeutende englische Forscher C r o o k e s — angeregt durch seine Beobachtungen an seltenen Erden — in seiner „Genesis der- E l e m e n t e " hierauf a u f m e r k s a m gemacht. W e n n auch manche seiner Voraussetzungen und Schlußfolgerungen sich als falsch erwiesen, so bleibt ihm doch das Verdienst, zuerst experimentell die E r k e n n t n i s erlangt zu haben, d a ß unsere jetzigen Elemente unmöglich die letzten Einheiten sein können. Die P r o u t s c h e Hypothese, daß die Atomgewichte aller Elemente Multipla derjenigen des Wasserstoffes seien — die n i c h t absolut, wohl aber a n n ä h e r n d z u t r i f f t —, die Existenz eines periodischen Systems, in dem sich in gewissen Abs t ä n d e n verschiedene Eigenschaften wiederholen, die Bet r a c h t u n g e n von C r o o k e s , die E n t d e c k u n g der zauberh a f t e n Eigenschaften r a d i o a k t i v e r Substanzen und die E n t s t e h u n g des Heliums aus R a d i u m und T h o r i u m — sie alle lassen uns, um mit den W o r t e n M a r c s fortzufahren, den Schluß erlaubt erscheinen, d a ß die E r k e n n t n i s des Ursprungs unserer Elemente und mithin ein eminent tiefer Einblick in die E n t s t e h u n g alles Irdischen in erreichbare Nähe gerückt ist, wenn es gelingt, die fehlenden Glieder der Beweiskette zu erbringen und dieselbe zu schließen — wie viele Menschenalter bis dahin noch vergehen werden, m a g dahingestellt bleiben. Eins aber d ü r f t e wohl feststehen: die seltenen Erden werden bei dieser E r k u n d u n g eine wichtige Rolle spielen. C r o o k e s bezeichnete die Mineralien seltener Erden sehr treffend als eine Art „kosmischer R u m p e l k a m m e r " . Findet man doch die intimsten u n d wertvollsten Aufschlüsse über die Geschichte eines Hauses oft in dessen „ R u m p e l k a m m e r " . Der Vergleich war prophetisch, denn, wie gesagt, entwickelte sich die anfangs kleine Sippe der seltenen Erden zu einer Legion wichtiger Elemente, die dem Menschen nicht n u r einen Teil der N a c h t zum Tage machen, sondern ihm auch den göttlichen Funken des P r o m e t h e u s schenkten und nicht zuletzt in den radioaktiven T h o r i u m p r ä p a r a t e n ein K a m p f m i t t e l gegen das Siechtum der Menschheit in die H a n d gaben.

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Auch vom Alter des festen Bodens, auf dem wir wandeln, kann die kosmische „ R u m p e l k a m m e r " der seltenen Erden Interessantes erzählen. Denn da man weiß, wieviel Helium in einem J a h r aus einer gegebenen Menge Uran oder Thorium entsteht und da R a m s a y den Heliumgehalt des Uranminerals Fergusonit und denjenigen des Thorminerals Thorianit bestimmt hat, berechnet R u t h e r f o r d die seit der Bildung dieser beiden Mineralien seltener Erden verflossene Zeit auf wenigstens 400 Millionen J a h r e und k o m m t auf diesem neuen, originellen Wege zu einem ähnlichen Resultat wie andere Forscher. Im Sturm und Drang der Forschung wird noch manche Anschauung, manche Theorie erliegen. Doch in der „ R u m p e l k a m m e r " der seltenen Erden wird man sich immer wieder die wertvollsten Aufschlüsse holen k ö n n e n ; Erfinder und Forscher werden aus diesem reichen Born auch dann schöpfen, wenn sie schon längst beiseite gelegte Dinge aus anderen verstaubten Winkeln wieder hervorholen, um ihnen — das Stahifeuerzeug ist ein Beweis d a f ü r — zu neuem Leben zu verhelfen. R u h t doch unsere ganze moderne Entwicklung mit all ihren Errungenschaften auf naturwissenschaftlichem und technischem Gebiet auf den Schultern der früheren langsamer und mühsamer arbeitenden Generationen.

Verlag von Veit & Comp, in Leipzig

Das Gasglühlicht. Seine Geschichte, Herstellung und Anwendung. Ein H a n d b u c h f ü r d i e

Beleuchtungsindustrie.

Von Dr. C. Richard Böhm. M i t 379 A b b i l d u n g e n . g r . 8.

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Die

Darstellung der seltenen Erden. Von Dr. C. Richard Böhm. Zwei Lex. 8.

Bände.

g e h . 4 2 J(>} g e b . in H a l b f r a n z 47 Jb.

S c h o n l a n g e w u r d e in w i s s e n s c h a f t l i c h e n K r e i s e n d a s F e h l e n e i n e s z u s a m m e n f a s s e n d e n W e r k e s über die seltenen Erden — Cerit- und Ytteriterden, T h o r e r d e und Z i r k o n e r d e — a l s ein g r o ß e r M a n g e l e m p f u n d e n . Durch das vorliegende W e r k w i r d d i e s e L ü c k e in e i n e r a u s g e z e i c h n e t e n W e i s e a u s g e f ü l l t . Der V e r f a s s e r h a t e s v e r s t a n d e n , a u s d e r a u ß e r o r d e n t l i c h z e r s t r e u t e n u n d t e i l w e i s e s c h w e r z u g ä n g l i c h e n L i t e r a t u r m i t s i c h e r e m Blick d a s B r a u c h b a r e h e r a u s z u s c h ä l e n . Er h a t d a m i t d e r W i s s e n s c h a f t u n d d e r T e c h n i k e i n a u ß e r o r d e n t l i c h n ü t z l i c h e s H i l f s m i t t e l g e s c h a f f e n , d a s sich n i c h t n u r auf d i e V e r a r b e i t u n g d e r L i t e r a t u r , s o n d e r n a u c h auf z a h l r e i c h e p r i v a t e M i t t e i l u n g e n u n d auf A u s z ü g e a u s n o c h n i c h t v e r öffentlichten Arbeiten stützt. Das Werk e n t h ä l t ' die G e s c h i c h t e , die R e a k t i o n e n , sämtliche bekannt gewordenen Trennungsmethoden, analytische Methoden, B e s c h a f f u n g und V e r a r b e i t u n g der Rohmaterialien, Atomgewichtsbestimmungsmethoden, Atomgewichte und Valenz der Metalle, Spektralanalyse, r a d i o a k t i v e s T h o r i u m und V e r w e r t u n g der selt e n e n E r d e n s o w i e ein a u s f ü h r 1 i c h e s A u t o r e n - u n d S a c h r e g i s t e r . Die z a h l r e i c h v o r h a n d e n e n , o f t s e h r w e i t l ä u f i g e n u n d sich w i e d e r h o l e n d e n Beschreibungen von Trennungsmethoden und Versuchsergebnissen werden durch das Böhmsche Werk entbehrlich. Demjenigen, der eigene Untersuchungen anzustellen g e d e n k t , wird Zeit und vergebliche M ü h e e r s p a r t ; er wird d a v o r b e w a h r t , u n f r u c h t b a r e V e r s u c h e zu w i e d e r h o l e n . A u c h w e r t v o l l e ä l t e r e B e o b a c h t u n g e n , die in V e r g e s s e n h e i t g e r a t e n s i n d , w e r d e n m i t g e t e i l t , w i e a u c h auf V e r f a h r e n , d i e noch wenig Anwendung gefunden haben, aber nichtsdestoweniger größere Beachtung verdienen, a u f m e r k s a m g e m a c h t wird. Viele T r e n n u n g s m e t h o d e n , die keine a l l g e m e i n e V e r w e r t u n g f a n d e n , sind im K a p i t e l , . A l l g e m e i n e s V e r h a l t e n d e r s e l t e n e n E r d e n zu d e n R e a g e n t i e n " b e sprochen. D i e s e s K a p i t e l darf a l s E i n f ü h r u n g in d i e C h e m i e d e r s e l t e n e n E r d e n bezeichnet werden. Von g a n z u n s c h ä t z b a r e m W e r t ist das j e d e m Kapitel v o r a n g e s c h i c k t e L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s , d a s in s y n c h r o n i s t i s c h e r A n o r d n u n g e i n e n Ü b e r b l i c k ü b e r d e n U m f a n g d e r in B e t r a c h t k o m m e n d e n A r b e i t e n e r m ö g l i c h t u n d f ü r s c h w e r e r z u g ä n g l i c h e O r i g i n a l a r b e i t e n auf d i e R e f e r a t b ä n d e e i n e s J o u r n a l s v e r w e i s t .

Metzger à Wittig, Leipzig.