Die Verwaltungserklärung: Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Handlungsform der Verwaltung [1 ed.] 9783428527410, 9783428127412

So wie die Willenserklärung das zentrale Element des Zivilrechts ist, dominiert der Verwaltungsakt das Verwaltungsrecht.

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German Pages 611 Year 2008

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Die Verwaltungserklärung: Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Handlungsform der Verwaltung [1 ed.]
 9783428527410, 9783428127412

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1110

Die Verwaltungserklärung Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Handlungsform der Verwaltung

Von Christian Ernst

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN ERNST

Die Verwaltungserklärung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1110

Die Verwaltungserklärung Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Handlungsform der Verwaltung

Von

Christian Ernst

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12741-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2007 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Anfang des Jahres 2007 berücksichtigt werden. Dank gebührt zuallererst und vor allem meinem Doktorvater Herrn Bundesjustizminister a. D. Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig für die Betreuung meiner Arbeit. Er gewährte mir sowohl bei der Themenauswahl als auch der Umsetzung alle erdenkliche wissenschaftliche Freiheit, war jedoch gleichzeitig stets hilfsbereiter Zuhörer bei auftauchenden Schwierigkeiten. Darüber hinaus durfte ich als studentische Hilfskraft und später wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl eine persönliche Betreuung erleben, die für mich bei den Herausforderungen, die zwangsläufig während eines Studiums oder in der Dissertationszeit auftauchen, stets großer Rückhalt gewesen ist. Herrn Prof. Dr. Felix Welti danke ich, gerade im Hinblick auf die Länge meiner Arbeit, für die Erstellung seines ausführlichen Zweitgutachtens. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls für Öffentliches Recht von Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig danke ich für die freundschaftliche Unterstützung, die Begleitung des Promotionsvorhabens und weiterführende Diskussionen. Darüber hinaus herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Utz Schliesky für seine nun schon seit langer Zeit andauernde Förderung und Unterstützung. Zu großem Dank bin ich auch Herrn Dr. Sönke Schulz verpflichtet, der mir durch das Diskutieren vieler Einzelfragen und das aufmerksame Lesen der Arbeit einen großen und – vor allem angesichts des Umfanges der Arbeit – keineswegs selbstverständlichen Freundschaftsdienst erwiesen hat. Mein herzlichster Dank gilt meinen Eltern, die mich bei meinem Weg stets liebevoll und bedingungslos unterstützt haben und mir hierdurch erst die Möglichkeit gegeben haben, Studium und Promotion, aber auch ganz alltägliche Kleinigkeiten erfolgreich abzuschließen. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Ein weiterer Dank geht an den Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT, der die Veröffentlichung der Arbeit mit einem sehr großzügigen Druckkostenzuschuss in der vorliegenden Form erst ermöglicht hat. Für die Verleihung seines Förderpreises und die damit verbundene finanzielle Unterstützung danke ich daneben dem Verein Kieler Doctores Iuris e.V. Kiel, im Dezember 2007

Christian Ernst

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1. Kapitel Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

32

1. Abschnitt: Handlungsformen der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Abschnitt: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3. Abschnitt: Klassifizierung und Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

2. Kapitel Der Wille der Verwaltung

135

1. Abschnitt: Wesen des individuellen Willens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Abschnitt: Überindividuelle Willensbildung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

3. Kapitel Anwendbarkeit der Handlungsform „Willenserklärung“ im öffentlichen Recht

220

1. Abschnitt: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . . . 221 2. Abschnitt: Die Anwendung der Handlungsform „Willenserklärung“ im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

4. Kapitel Rechtsdogmatische Grundlagen

291

1. Abschnitt: Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 2. Abschnitt: Elemente des Willens

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

3. Abschnitt: Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung . . . . . . . . . . . 343 4. Abschnitt: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

8

Inhaltsübersicht 5. Kapitel Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

350

1. Abschnitt: Begriffsbildung im wissenschaftstheoretischen Verständnis . . . . . . . 350 2. Abschnitt: Argumente gegen den Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 3. Abschnitt: Die „Verwaltungserklärung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 6. Kapitel Grundlegende Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung 1. Abschnitt: Begründung der konkreten Regeln für die Verwaltungserklärung

364 . . 364

2. Abschnitt: Grundvorgaben für die rechtliche Behandlung der Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 3. Abschnitt: Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 4. Abschnitt: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage bei Verwendung der Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 5. Abschnitt: Zulässigkeit der verschiedenen Kategorien der Verwaltungserklärung 390 6. Abschnitt: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 7. Abschnitt: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente . . . . . . . . . . 436 8. Abschnitt: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 7. Kapitel Anwendungsbezogene Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung

450

1. Abschnitt: Formelle Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 2. Abschnitt: Materielle Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 3. Abschnitt: Prozessuale Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 4. Abschnitt: Haftungsrechtliche Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Personenverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1. Kapitel Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

32

1. Abschnitt Handlungsformen der Verwaltung

32

A. Begriff der „Handlungsform“ und begriffliche Abgrenzung zur „Rechtsform“ . I. Fehlen einer begrifflichen Überschneidung nach Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . II. Etymologische Abgrenzung nach Pestalozza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung mittels inhaltlichen Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 33 34 35

B. Bedeutung und Funktion der Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eignung der Handlungsformenlehre als Ordnungsrahmen des Verwaltungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kritik an der Handlungsformenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verdrängung der Handlungsformenlehre durch die Verwaltungsrechtsverhältnislehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historische Entwicklung der verwaltungsrechtlichen Handlungsformenlehre

38 41 41 43 44

C. (Neu-) Entwicklung von Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 I. Kein numerus-clausus der Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Verfahren der (Neu-)Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Abschnitt Bestimmung des Untersuchungsgegenstands A. Abgrenzung zu anderen Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterscheidung zwischen rechtlichem Können, rechtlichem Dürfen und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Privatrechtliche Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfolgen als maßgebliches Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . a) Problem der Variabilität der Erklärungshandlung . . . . . . . . . . . . . . b) Problem der rechtsgebietübergreifenden Rechtsfolgen . . . . . . . . . .

53 53 54 56 57 58 58

10

Inhaltsverzeichnis

III.

IV. V. VI.

VII.

c) Problem der Rechtsnatur der den Rechtsfolgen zugrunde liegenden Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hinter der Willenserklärung stehendes Interesse als maßgebliches Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Enger Sach- und Funktionszusammenhang als maßgebliches Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis als maßgebliches Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten . . . . . . . b) Qualifikation der Beteiligten des (Verwaltungs-)Rechtsverhältnisses c) Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Verwaltungsakt bei ebenso bestehender Handlungsmöglichkeit des Bürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen nur bei fehlendem Subordinationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwaltungsakt bei bestehender gesetzlicher Befugnis zum Erlass . . . . 4. Abgrenzung anhand der Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . a) Strikte Unterscheidung zwischen Wesensmerkmalen und Funktionen bzw. Tatbestand und Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erklärung einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts für einen Einzelfall und auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hoheitliche Maßnahme zur Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsfolge der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung als hoheitliche Maßnahme zur Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verbindliche Feststellung der Wirkung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verbindliche Feststellung, dass die der Willenserklärung zugrunde liegende Situation besteht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Hoheitliche Maßnahme zur Regelung durch Entscheidungen im Vorfeld der eigentlichen Erklärungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Begriffliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generell-abstrakte Rechtssätze (Verordnungen und Satzungen) . . . . . . . . . Öffentlich-rechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realhandeln i. w. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschäftsähnliche Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wissenserklärung, Meinungskundgaben oder Auskünfte . . . . . . . . . . . 3. Informelles Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 60 61 62 63 64 67 68 68 69 69 70 71 71

73 74 78 82 83 83 84 85 88 89 91 91 92 93 94

Inhaltsverzeichnis B. Eingrenzung der Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung öffentlich-rechtliche Willenserklärung und verwaltungsrechtliche Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Erklärungen des Bürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine Prozesserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einschluss von Verfahrenshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Keine Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 94 94 96 96 97 97

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Der Untersuchung zugrunde gelegte Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Einpassung in ein System der Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3. Abschnitt Klassifizierung und Kategorisierung A. Erscheinungsformen von einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen I. Gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Exemplarische Fälle für von der Literatur als (einfache) öffentlich-rechtliche Willenserklärung bezeichnete Erklärungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Amtshilfeersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufrechnungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auslobungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besoldungsmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entscheidung über Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages . 6. Erklärung des Zurückbehaltungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Erteilung der Zeichnungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Straßenverkehrsrechtliche „Anordnungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Stundung einer Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Verzicht auf öffentlich-rechtliche Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Zahlungsaufforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Zustimmungen / Einverständnisse (bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Zusicherung / Zusage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere in Betracht kommende Fälle einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahrens- und Vorbereitungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wiederaufgreifen des Verfahrens / Wiederholende Verfügung . . . . . . 3. Weisungen im Rahmen der Fachaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwaltungsinterne Anweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102 102 103 103 105 106 107 108 108 109 110 111 112 113 114 115 115 117 118 118 119 120 122 124

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Inhaltsverzeichnis

B. Einteilung in verschiedene Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einteilung nach Küchenhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einteilung nach Krause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einteilung nach Obermayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einteilung nach Mayer/Kopp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einteilung nach de Wall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Eigene Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gebundene Rechtswirkungen / nicht gebundene Rechtswirkungen . . . 2. Innenwirkung / Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unmittelbar rechtswirkend / mittelbar rechtswirkend . . . . . . . . . . . . . . 4. Originär öffentlich-rechtliche Wirkung / derivativ öffentlich-rechtliche Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 125 127 128 129 129 130 131 132 133 133

2. Kapitel Der Wille der Verwaltung

135

1. Abschnitt Wesen des individuellen Willens

136

A. Das „Willensphänomen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 B. Existenz eines freien Willens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Abschnitt Überindividuelle Willensbildung A. Bestehen eines überindividuellen Willens in Form des Verwaltungswillens . . . I. Kritik gegenüber der Anwendung soziologischer und psychologischer Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der überindividuelle Wille in sozialen Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Generelle Möglichkeit des Bestehens überindividueller Willen in sozialen (informellen) Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Überindividualität durch Kollektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kollektiv eigenständiger Träger eines überindividuellen Willens . c) Ausgangspunkt des überindividuellen Willens in Summe der Einzelwillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Phänomen des sog. „Kollektivbewusstseins“ . . . . . . . . . . . . . . (2) Phänomen des sog. „groupthink“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenschaften und Inhaltselemente überindividueller Willen . . . . . . . a) Kritik von Kelsen an Grundannahme der Summe der Einzelwillen b) Notwendigkeit der Einheitlichkeit überindividueller Willen eines Kollektivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143 143 144 145 147 147 148 150 151 152 153 155 156

Inhaltsverzeichnis

13

3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Staatswille in formalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erscheinungsform des Staatswillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organismustheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Staatswille nach Hans Kelsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Staatlicher Wille nach Niklas Luhmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Grundlage in Summe der Einzelwillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenschaften und Inhaltselemente des Staatswillens (und Verwaltungswillens) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Determiniertheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Determiniertheit im metaphysischen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Determiniertheit im technischen bzw. juristischen Sinne . . . . . . . c) Eigenverantwortlicher Bereich und Lehre vom Totalvorbehalt . . . (1) Ansicht von Jesch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ansicht von Rupp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Prinzipielle Überlegungen gegen einen eigenständigen Bereich der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Begründungsversuche eines eigenverantwortlichen Bereiches . (a) Verwaltungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Aus dem Verfassungsrecht stammendes Prinzip der Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kernbereichsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Beamtentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Funktionsgerechte Organstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Institutionelle Funktionsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Anknüpfungspunkt für die Begründung eines eigenständigen Bereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Reichweite einer rechtlichen Begründung – Institutionelle Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

158 159 159 161 163 166 169

B. Bildung und Umsetzung des überindividuellen Verwaltungswillens . . . . . . . . . I. Entscheidungstheorie und Verwaltungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwaltungswille als zu konkretisierende Verwaltungsziele . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung von Zielen zu Aufgaben, Zwecken, Rahmenbedingungen und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorgang der Verwaltungszielkonkretisierung als systemtheoretischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Willensbildungsverfahren von formalen Organisationen auf politisch-staatlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragung auf die Bildung des Verwaltungswillens . . . . . . . . . c) Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bildung von Verwaltungszielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192 193 194

170 173 173 174 175 177 178 179 180 181 183 184 185 186 187 187 189

196 198 198 201 202 202

14

Inhaltsverzeichnis (2) Zielhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zieldimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zielabstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abstimmungssituation und Wesen der Entscheidung . . . . . . . . (2) Abstimmungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zielinterne Abstimmungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zielexterne Abstimmungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verwaltungshierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Menschlichkeit (und Verwaltungsverantwortung) . . . (dd) Entscheidungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Wirtschaftlichkeit / Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ff) Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zielverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis Verwaltungswille und Amtswalterwille und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bezeichnung des Verwaltungswillens als Wille . . . . . . . . . . . . . . . . .

205 205 206 206 207 208 209 210 210 211 211 213 214 216 216 218

3. Kapitel Anwendbarkeit der Handlungsform „Willenserklärung“ im öffentlichen Recht

220

1. Abschnitt Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

221

A. Geschichtliche Entwicklung der Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Heutiger Befund und daraus resultierendes Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dualismus zwischen eigenständigem öffentlichen Recht und Privatrecht . 1. Aufgabe der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Annahme eines Gemeinrechts bzw. eines Allgemeinen Teils des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Lehre vom öffentlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Bedeutung einer Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterschiede zwischen den Teilrechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historische Entwicklung der beiden Teilrechtsordnungen . . . . . . . . . . 2. Örtliche und zeitliche begrenztere Geltung des öffentlichen Rechts und universellere Geltung des Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung der Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

223 224 224 227 230 232 233 233 235 238

Inhaltsverzeichnis

15

4. Privatautonomie und Verwaltungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliche Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Privatautonomie für Träger öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . (1) Öffentlich-rechtlicher Konkretisierungsspielraum der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Öffentlich-rechtlicher Entscheidungsspielraum des Bürgers . . 5. Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gegenseitige Beeinflussungen der Teilrechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konsequenzen für die Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit der Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art und Weise der Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 240 242 244 245 246 248 250 250 251

2. Abschnitt Die Anwendung der Handlungsform „Willenserklärung“ im Verwaltungsrecht

251

A. Unmittelbare Anwendung oder entsprechende Auslegung der zivilrechtlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 B. Anwendbarkeit aufgrund Verweisung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

C. Subsidiäre Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 D. Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 E. Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 I. Verwendung von Analogien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 II. Möglichkeit der Analogiebildung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 F. Allgemeine Rechtsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtsgrundsätze als rechtliche Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwendung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Möglichkeit von allgemeinen Rechtsgrundsätzen übergreifend zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unterschiede und Abgrenzung zu einem Allgemeinen Teil des Rechts . . . V. Unterschiede und Abgrenzung zur Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

263 264 267 269 269 270

G. Allgemeine Rechtsgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtsgedanken als rechtliche Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwendung von allgemeinen Rechtsgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterschiede und Abgrenzung zur Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unterschiede und Abgrenzung zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen . . . . . .

272 272 273 275 276

H. Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Konkurrenz von allgemeinem Rechtsgrundsatz, allgemeinem Rechtsgedanken und Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

16

Inhaltsverzeichnis I.

II.

Planwidrige Regelungslücke bzw. unzureichende positive Regelung als Grundvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subsidiarität allgemeiner Rechtsgrundsätze und Rechtsgedanken . . . 2. Planwidrigkeit der Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskussion und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vergleichbare Interessenlagen im Rahmen einer Analogie . . . . . . . . . 2. Willenserklärung keine ausschließlich und primär zivilrechtlich ausgeprägte Handlungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 89 Einl. ALR als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes . . 4. Möglichkeit der Übernahme abweichender Wertungen und Interessen 5. Fehlen einer planwidrigen Lücke bei Vorliegen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278 278 279 281 281 284 285 287 288 289

4. Kapitel Rechtsdogmatische Grundlagen

291

1. Abschnitt Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung A. Dogmatische Situation im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Geltungsgrund“ der Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anknüpfungspunkte für Geltung einer Rechtsnorm . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliches Verständnis des Geltungsgrundes und Verhältnis zu Tatbestand und Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begriffliches Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Traditionelle Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Willens- und Erklärungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geltungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berücksichtigung der im Bürgerlichen Gesetzbuch vorhandenen Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grund der Rechtswirkungen in Kombination von Rechtsordnung und Wille 1. Ausgangspunkt der Geltung in Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein alleiniger Grund der Rechtswirkungen in Rechtsordnung . . . . . . 3. Qualifizierung des als Ausdruck der Privatautonomie bestehenden Willens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Gründe für eine Rechtswirkung neben Rechtsordnung und wahrem Willen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Bewegliche Systeme“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verortung einer Selbstverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Selbstverantwortung als Bestandteil des wahren Willens . . . . .

291 292 293 293 295 296 296 297 299 299 300 301 302 304 306 306 308 308

Inhaltsverzeichnis

17

(2) Selbstverantwortung als Bestandteil der die Privatautonomie gewährleistenden Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 5. Zusammenfassung und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 B. Dogmatische Situation im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Befunde über die Berücksichtigung eines Willens im Verwaltungsrecht . . 1. Teilnichtigkeit, § 44 Abs. 4 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusicherung, § 38 Abs. 3 Var. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tatbestandselemente des Verwaltungsakts, § 35 S. 1 VwVfG . . . . . . . 4. Bekanntgabe eines Verwaltungsakts, § 41 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wirksamkeit der Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts bzw. Geltungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestimmung des Grundes der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsordnung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsordnung alleiniger Grund der Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . 3. Staatliche Autorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenspiel von einem Willen in der Verwaltung und eines Bürgers 6. Wille in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwaltungs-, Behörden- oder Amtswalterwille . . . . . . . . . . . . . . b) Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahme: Einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen gebundener Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Weitere Gründe für eine Rechtswirkung neben Rechtsordnung und Verwaltungswillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertrauensschutz trotz fehlender hoheitlicher Maßnahme zur Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verortung der Vertrauensschutzelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313 313 314 315 316 317 318 319 319 319 321 322 324 324 325 326 330 330 331 332

2. Abschnitt Elemente des Willens A. Situation im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Handlungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erklärungsbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

333 333 334 335 337 338

B. Situation im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 I. Innere Elemente bezogen auf die Abgabe der Erklärung (Zielverfolgungsphase) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 II. Innere Elemente bezogen auf die Willensbildung (Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

18

Inhaltsverzeichnis 3. Abschnitt Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung

343

A. Funktionssubjekte in der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 B. Dogmatik der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 I. Vertreter- und Organtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 II. Organschaftliche Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 4. Abschnitt Zusammenfassung

349

5. Kapitel Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

350

1. Abschnitt Begriffsbildung im wissenschaftstheoretischen Verständnis

350

2. Abschnitt Argumente gegen den Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

352

A. Keine Ableitung von zivilrechtlicher Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 B. Privatautonomie und Verwaltungsziele als unterschiedliche Grundstrukturen der die Willenserklärung beherbergenden Teilrechtsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 C. Begriff der Willenserklärung irreführend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 I. Keine vergleichbare Willens- und Willensbildungsstruktur zwischen Verwaltung und Privatrechtssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 II. Problem der gebundenen einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 D. Assoziationsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 E. Zeitlicher Ablauf des Prozesses der Neubildung von Handlungsformen . . . . . . 357 F. Fazit

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 3. Abschnitt Die „Verwaltungserklärung“

359

A. Erfüllung allgemeiner Anforderungen durch den Begriff der „Verwaltungserklärung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 B. Die „Verwaltungserklärung“ im Sinne des Bundessozialgerichts

. . . . . . . . . . . 360

Inhaltsverzeichnis

19

C. Begriffliche Unterscheidung zwischen Verwaltungserklärung einer Behörde und verwaltungsrechtlicher Willenserklärung eines Bürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 D. Begriffliche Grenze aus § 62 S. 2 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 6. Kapitel Grundlegende Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung

364

1. Abschnitt Begründung der konkreten Regeln für die Verwaltungserklärung

364

A. Gesetzliche Regelung vorhanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 B. Keine gesetzliche Regelung vorhanden

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

2. Abschnitt Grundvorgaben für die rechtliche Behandlung der Verwaltungserklärung

367

3. Abschnitt Rechtswirkungen

369

A. Herbeiführung der gewollten, (konkret-)erscheinungsformspezifischen Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 B. Erweiterte (generell-)handlungsformspezifische Rechtswirkungen . . . . . . . . . . I. Mögliche Formen erweiterter handlungsformspezifischer Rechtswirkungen II. Verwaltungserklärungen und erweiterte handlungsformspezifische Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konsequenzen für das rechtliche Können und Dürfen . . . . . . . . . . . . . . . .

369 370 370 372

4. Abschnitt Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage bei Verwendung der Verwaltungserklärung A. Eröffnung des Anwendungsbereichs des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . I. Eingriff in Freiheit und Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handlungsformspezifischer Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. (Konkret-)erscheinungsformspezifischer Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . b) Mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . . . (1) Weitere rechtserhebliche Maßnahmen durch Betroffenen . . . .

373 373 374 376 378 378 379 380

20

Inhaltsverzeichnis (2) Weitere rechtserhebliche Maßnahmen durch ein von dem Betroffenen zu unterscheidendes Rechtssubjekt . . . . . . . . . . . . . . II. Bereich der Leistungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelung der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungsverfahrens . . IV. Sog. Wesentlichkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Vorhandensein einer Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorhandene Gesetze im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine ausdrückliche Rechtsgrundlage vorhanden – Analogie als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gewohnheitsrechtlich anerkanntes Richterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

380 381 381 383 383 384 384 384 388

5. Abschnitt Zulässigkeit der verschiedenen Kategorien der Verwaltungserklärung

390

A. Möglichkeit einer Konkurrenzsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 B. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen den Handlungsformen der Verwaltungserklärung und des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 I. Vorliegen einer Konkurrenzsituation zwischen Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Darstellung der allgemeinen Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 a) Das Verhältnis von Verwaltungsakt und Verordnung im Speziellen 398 b) Das Verhältnis von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag im Speziellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Bestehen einer Handlungsformenhierarchie zwischen unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . 401 a) Verwendung der allgemein gewonnenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . 401 (1) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (2) Zweckmäßigkeit und Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 b) Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze nur bei Fehlen anderer geschriebener Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 c) Umgehung der Bewirkungssperre des Verwaltungsakts . . . . . . . . 405 d) Verwaltungsakt als Handlungsform mit größerer Rechtsklarheit . 405 e) Weitestgehende Einschränkung der rechtlichen Wirkung der Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 f) Kein Rechtsschutzbedürfnis bei sich möglicherweise einer Verwaltungserklärung anschließender Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 C. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen Verwaltungserklärung und öffentlichrechtlichem Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 D. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen originär öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung und derivativ öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung . . . . 410

Inhaltsverzeichnis

21

6. Abschnitt Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

410

A. Maßgebliche Kriterien für die Rechtmäßigkeit und Überprüfungsmaßstab . . . . 410 B. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Grundlagen der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ermittlung des Vorliegens einer Verwaltungserklärung durch Auslegung . 1. Allgemeine Kriterien für die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Zweifelsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzeskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Belastende Situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begünstigende Situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kollision der Zweifelsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auslegung des Inhalts einer Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

411 411 412 413 416 416 417 417 418 418 419

C. Höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normen des einfachen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnismäßigkeit i. e. S. bzw. Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sonstige Ausformungen des Rechtsstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Handlungsformenhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

421 422 422 423 424 426 426 427 428

D. Rechtliche Grenzen des Ausfüllens des Konkretisierungsspielraums . . . . . . . . I. Gebundene Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nicht gebundene Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bereich des Gesetzesvorrangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bereich des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwaltungserklärungen mit originär öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorliegen von Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Modifikationen für Ermessensspielraum und -fehler . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

428 429 429 429 430 430 433 433 434 436

7. Abschnitt Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente A. Fehler bei der Willensbildung (Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase)

436 . . . 437

22

Inhaltsverzeichnis I. II. III. IV. V.

Fehlendes Abstimmungsbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlender Verwaltungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkretisierungswille außerhalb Verwaltungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkretisierungswille innerhalb Verwaltungswille falsch . . . . . . . . . . . . . Fehlender Konkretisierungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Fehler bei der Abgabe bzw. Bekanntgabe der Erklärung (Zielverfolgungsphase) – Bekanntgabewillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fehlende Zuständigkeit bzw. Zeichnungsbefugnis zur Abgabe . . . . . . . . . II. Fehlender Handlungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fehlendes Erklärungsbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fehlerbehafteter Behördenwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Behördenwille außerhalb Verwaltungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behördenwille innerhalb Verwaltungswille, Rechtsgedanke des § 42 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Falsche Handlungsform

437 438 438 440 441 442 442 444 444 445 445 446

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446

D. Vereinbarkeit dieser Fehlertypologie mit den Regeln der organschaftlichen Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 8. Abschnitt Zusammenfassung

448

7. Kapitel Anwendungsbezogene Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung

450

1. Abschnitt Formelle Gesichtspunkte A. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erklärungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbandskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Behördenzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrückliche Regelungen vorhanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ungeschriebene Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Herleitung der Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendung des Gesetzesvorbehalts und dogmatische Begründung der Zuständigkeitsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Örtliche Zuständigkeit – Anwendung des § 3 VwVfG . . . . . . . . . . . .

451 451 453 453 454 454 455 456 456 458 459 459

Inhaltsverzeichnis IV. Folgen eines Zuständigkeitsfehlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlende Verbandskompetenz, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende örtliche Zuständigkeit – Analogie zu § 46 VwVfG . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 461 461 462 464

B. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfahrensbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mitwirkung durch den Adressaten, Dritte oder andere Behörden . . . . . . . IV. Bedürfnis einer Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit einer Analogie zu § 28 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zugrunde liegende Interessenlage bei § 28 VwVfG . . . . . . . . . . . b) Situation bei Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Voraussetzungen der Anhörung vor Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgen einer versäumten Anhörung – Analogie zu § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. „Geschäftsunfähigkeit“ des handelnden Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Folgen eines Verfahrensfehlers – Analogie zu § 46 VwVfG . . . . . . . . . . .

465 465 466 466 467 467 468 469

C. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätzlich zulässige Ausdrucksmittel der Verwaltungserklärung . . . . II. Besondere Formvorschriften im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schweigen als Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Behördliches Schweigen ohne relevante Zeitkomponente . . . . . . . . . . 2. Behördliches Schweigen mit relevanter Zeitkomponente . . . . . . . . . . a) Möglichkeiten rechtlicher Einbindung behördlichen Schweigens mit relevanter Zeitkomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Strukturmerkmale behördlichen Schweigens . . . . . . . . . . . . . . (2) Zulässigkeit des Ableitens rechtsverbindlicher Aussagen . . . . b) Vorliegen der Merkmale einer Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mechanisierte und elektronische Erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit einer Analogie zu § 39 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zugrunde liegende Interessenlage bei § 39 VwVfG . . . . . . . . . . . b) Situation bei Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein zwingendes Erfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Folgen eines Formfehlers – Analogie zu § 46 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . .

473 474 475 475 476 477

470 471 471 473

477 478 479 481 482 482 482 483 483 483 485 486

2. Abschnitt Materielle Gesichtspunkte

486

A. Beginn der Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

24

Inhaltsverzeichnis I.

Verortung des Beginns der Wirksamkeit der Verwaltungserklärung in bestehenden Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit einer Analogie zu § 41 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kategorie der „Bekanntgabe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Generelle Kategorien zur näheren Bestimmung der Bekanntgabevoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Individuelle Bekanntgabe – Grundsätze des § 130 BGB . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zugangsfiktion des § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz . . . . . . . . . . . c) Aufgabe des Bekanntgabewillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fehlendes Erklärungsbewusstsein bei Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . e) Abhandengekommene Verwaltungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . III. Öffentliche Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genereller Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchführung der öffentlichen Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bindung an Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Möglichkeit, die Bindung von Rechtsakten aufzulösen . . . . . . . . . . . . . . . II. Determinanten für das Auflösen der Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erklärenden- und empfängerbezogene Determinanten . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigung im Prozess der Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwaltungserklärungen mit verwaltungsinternen Rechtswirkungen b) Verwaltungserklärungen mit belastenden Rechtswirkungen . . . . . c) Aufhebung zugelassen durch Rechtsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendung des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufhebungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendung des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rückgriff auf bestehende Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus-contrarius-Doktrin als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . b) Rücknahme nach § 48 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Widerruf nach § 49 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zivilrechtliche Anfechtung nach §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 142 BGB .

487 487 488 489 492 492 493 493 494 494 494 495 495 496 496 497 498 498 499 499 500 502 503 503 504 506 506 506 507 508 509 509 510 510 510 511 511 513

Inhaltsverzeichnis 3. Aufhebung wegen Umständen nach Abgabe der Verwaltungserklärung a) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufhebungsgrund – Änderung der Sach- oder Rechtslage . . . . (2) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufhebung wegen Umständen vor und bei Abgabe der Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufhebungsgrund – Relevanter Fehler (Abweichen vom Verwaltungswillen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Möglichkeit einer Teilaufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewusstes Abweichen vom Verwaltungswillen . . . . . . . . . . . . . . . 6. Entschädigung auf Sekundärebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruchsgrundlage – § 49 Abs. 6 VwVfG analog . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 515 515 516 516 517 518 518 518 518 519 519 519 520 522 522 524 526

C. Inhaltsmodifikationen einer Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Offenbare Unrichtigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umdeutung zwischen öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung und zivilrechtlicher Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umdeutung rechtswidriger Verwaltungserklärung in rechtmäßigen Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umdeutung rechtswidrigen oder nichtigen Verwaltungsakts in rechtmäßige Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

526 527 527 528

D. Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedingungen und Befristungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorbehalt der Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auflagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtmäßigkeit einer Nebenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

534 534 536 536 538

531 531 532

E. Verjährung und Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 F. Teilrechtswidrigkeit

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 3. Abschnitt Prozessuale Gesichtspunkte

540

A. Grundsätzliche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540

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Inhaltsverzeichnis

B. Rechtsschutzmöglichkeiten der Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 I. Durchsetzung mittels Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 II. Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 C. Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 I. Rechtsbehelfe gegenüber der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 II. Gerichtliche Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 4. Abschnitt Haftungsrechtliche Gesichtspunkte A. Amtshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtswidrige Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Zeichnungsbefugnis oder fehlender Handlungswille . . . . . . . . . . . . III. Bewusst aufhebbare Verwaltungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

544 545 545 547 547

B. Sonstige staatshaftungsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Personenverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606

Einleitung Das allgemeine Verwaltungsrecht durchläuft, bedingt durch die Aufgaben, die von der Gesellschaft an die Staatsfunktion Verwaltung gestellt werden, einen konstanten Anpassungsprozess. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde der herrschenden Verwaltungsrechtsdogmatik auf der Regensburger StaatsrechtslehrerTagung attestiert, sie sei ausreichend flexibel und elastisch, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein. 1 Mittlerweile scheint aber die Anhängerschaft eines solchen Verständnisses geringer zu werden. Stattdessen werden die seit jeher latent vorhandenen 2 Forderungen nach grundlegenden Reformen des allgemeinen Verwaltungsrechts derzeit wieder eindringlicher und deutlicher artikuliert. 3 Die Bemühungen um Reformen setzen dabei vor allem an der größtenteils immer noch vorherrschenden Ausrichtung des allgemeinen Verwaltungsrechts an einer einseitigen Eingriffsverwaltung und imperativen Handlungsweisen an. 4 So hatte der Verwaltungsakt in den Überlegungen der Verwaltungsrechtswissenschaft seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine alles überragende Beachtung erhalten. Mit der langsamen Abkehr von imperativen Handlungsweisen stieg praktisch das Bedürfnis nach gesellschaftlicher „Folgebereitschaft“ 5. Die damit einhergehende Aufweichung des klassischen Verständnisses der Trennung von Staat und Gesellschaft hin zu einer korporativen Verflechtung von Verwaltung und privaten Elementen setzte eine dogmatische Aufarbeitung in Gang, die noch nicht abgeschlossen ist. 6 In einem engen Zusammenhang mit diesen sich verändernden

1

Bachof, VVDStRL 30 (1972), 193 (238, 242 LS 22); Brohm, VVDStRL 30 (1972), 245 (257). 2 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 91. 3 Vgl. Hoffmann-Riem, AöR 115 (1990), 400; ders. / Schmidt-Aßmann, Konfliktbewältigung durch Verhandlungen; dies., Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns; dies., Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen; dies., Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource; dies., Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht; dies. / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 11 ff.; Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht; Meyer-Hesemann, Methodenwandel in der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 121 ff.; Schmidt, VerwArch 91 (2000), 149; Thieme, DÖV 1996, 757. 4 Daneben drängt vor allem die zunehmende Internationalisierung und Europäisierung des Verwaltungshandelns zu Reformen, vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 1 m.w. N. 5 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 3.

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Einleitung

Handlungsweisen steht die Durchdringung der ihnen vorgehenden Entscheidungsprozesse in der Verwaltung. 7 Im Rückblick hat die Entwicklung des allgemeinen Verwaltungsrechts damit einen wesentlich anderen Verlauf genommen als die des Zivilrechts. 8 Letzteres hat mit Erlass des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahre 1900 nicht nur eine umfangreiche Kodifizierung erhalten, sondern auch eine strukturelle und inhaltliche Konstanz entwickelt, die dem allgemeinen Verwaltungsrecht bisher in diesem Umfang verwehrt geblieben ist. Kaum verwundern wird es deshalb, wenn festzustellen ist, dass viele, mittlerweile mehr oder weniger als eigenständig und typisch öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Rechtsinstitute, ihren Ursprung im normativ ausgeprägteren und detaillierteren Zivilrecht haben oder immer noch eine deutliche Anlehnung hierzu aufweisen. 9 Das prägnanteste Beispiel hierfür ist der mittlerweile gesetzlich geregelte öffentlich-rechtliche Vertrag. 10 Nicht nur weist dieser in seiner gesetzlichen Ausgestaltung deutliche Ähnlichkeiten zu seinem zivilrechtlichen Pendant auf, auch bestimmt § 62 S. 2 VwVfG für nicht geregelte Fragen letztendlich die entsprechende Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Gerade im Bereich von Leistungsstörungen hat sich eine weitgehende Heranziehung zivilrechtlicher Regelungen ergeben. 11 Auch die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag ist nach h. M. maßgeblich durch die §§ 677 ff. BGB bestimmt. 12 Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch orientiert sich an § 812 BGB 13 und für die Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruchs kann auf §§ 1004, 906 BGB 6 Dederer, Korporative Staatsgewalt; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 310 ff.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 138 ff. 7 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 91. 8 In der nachfolgenden Untersuchung werden die Begriffe des „Zivilrechts“ und „Privatrechts“ sowie die damit zusammenhängenden Abwandlungen, wie „zivilrechtliche Willenserklärung“ und „privatrechtliche Willenserklärung“ synonym verwendet, so auch Säcker, in: Münchener Kommentar, BGB, Einl., Rn. 1; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 10; Hübner, BGB AT, § 1, Rn. 1; Rüthers / Stadler, BGB AT, § 1, Rn. 2. 9 Vgl. allgemein de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht; Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts; Meier-Branecke, AöR 50 (1926), 230; Tezner, AöR 9 (1894), 489. 10 Zum öffentlich-rechtlichen Vertrag vor seiner gesetzlichen Normierung O. Mayer, AöR 3 (1888), 1; Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag; Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags; Stern, VerwArch 49 (1958), 106. 11 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 129 ff. 12 Vgl. Brennhausen, Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht; Hoepffner, Die Geschäftsführung ohne Auftrag in der Verwaltung; Nedden, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht. Außerdem Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 8 ff. m.w. N. 13 Vgl. Weber, Der Erstattungsanspruch, S. 17; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 19 ff.

Einleitung

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zurückgegriffen werden 14. Schließlich baut auch die öffentlich-rechtliche Aufrechnung auf den §§ 387 ff. BGB auf. 15 Insbesondere das letzte Beispiel der Aufrechnung eröffnet eine erhebliche Nähe zur Willenserklärung, deren öffentlich-rechtliche Existenz bei der Durchsicht von Rechtsprechung und Literatur ebenfalls einen gesicherten Platz findet. Im Vergleich zu anderen Handlungsformen des Verwaltungsrechts, wie dem Verwaltungsakt, dem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder der Verordnung, führt die öffentlich-rechtliche Willenserklärung jedoch ein „Schattendasein“. 16 Zwar ist die öffentlich-rechtliche Willenserklärung des Bürgers mittlerweile – vor allem durch sozialrechtliche Fragestellungen – in für die Verwaltungspraxis und -dogmatik befriedigender Weise durchdrungen, was sich vor allem für den praktischen Fall des bürgerlichen Antrags im Verwaltungsverfahren auswirkt, so dass der obige Befund in dieser Hinsicht zu relativieren ist. 17 Doch für die von der Verwaltung abgegebenen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen ist ihre fehlende rechtliche Durchdringung offensichtlicher denn je. Dies verwundert umso mehr, als dass zu ihren Erscheinungsformen, wobei dies im Einzelnen noch zu klären sein wird, auch Verwaltungsmaßnahmen wie das Amtshilfeersuchen, die Erklärung eines Zurückbehaltungsrechts, straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, der Verzicht auf öffentlich-rechtliche Forderungen, Zustimmungen und Einverständnisse bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten oder die schon erwähnte Aufrechnung gezählt werden sollen. 18 Teilweise erwähnen Lehrbücher zum allgemeinen Verwaltungsrecht die öffentlich-rechtliche Willenserklärung, wie ein Blick ins Stichwortverzeichnis zeigt, nicht gesondert. 19 Die Werke, die sie aufgreifen, behandeln grundsätzlich ihre öffentlich-rechtliche Existenz und einige einzelfallbezogene Aussagen (i. d. R. über die Aufrechnung), aus denen sich jedoch kaum Allgemeingültiges ableiten lässt. 20 Die wenigen auffindbaren allgemeinen Aussagen bleiben vage, da sie entweder, 14 Vgl. BVerwG NJW 1988, 2396 (2396); VGH München NVwZ 1989, 269 (270); VG München UPR 1987, 36 (36); Bettermann, DÖV 1955, 528 (534 f.). 15 Vgl. Gaa, Die Aufrechnung im Öffentlichen Recht; Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsform im öffentlichen Recht; Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht; Bahlau, Die Aufrechnung im Steuerrecht. 16 Kluth, NVwZ 1990, 608 (608). Mit dem gleichen Ergebnis für schlichtes Verwaltungshandeln, Robbers, DÖV 1987, 272 (272). 17 Zur öffentlich-rechtlichen Willenserklärung des Bürgers Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren; Krause, VerwArch 61 (1970), 297; Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317; Lohmann, SGb 1964, 128; Röss, Die Sozialversicherung 1966, 6, 40. 18 Umfangreich im Einzelnen hierzu unten 1. Kap. 3. Abschn. A.II. 19 Vgl. z. B. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht; Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht; Koch / Rubel / Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht; Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht.

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Einleitung

vorbehaltlich spezieller Regeln, auf eine generelle Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs 21 oder der Regeln über Verwaltungsakte 22 verweisen. Der verbleibende Gewinn der vorhandenen Aussagen bleibt darüber hinaus begrenzt, weil diese bis auf wenige Ausnahmen sowohl für Erklärungen des Bürgers als auch der Verwaltung gelten sollen und erstere dabei noch einen erheblich größeren Stellenwert einnehmen. 23 Schließlich findet sich auch in allgemeinen Darstellungen verwaltungsrechtlicher Handlungsformen teilweise keine Erwähnung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung. 24 Allenfalls in Bezug auf ihr Vorhandensein im öffentlichen Recht sowie einigen Aussagen zur Auslegung können dem momentanen rechtswissenschaftlichen Stand übergreifende Erkenntnisse zu öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen entnommen werden. Ansonsten befindet sich ihre Dogmatik in einem ursprünglichen und unberührten Zustand einiger weniger punktueller Erhellungen ohne grundlegende und grundsätzliche Strukturen. „Die Form ist die geschworene Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit.“ Dieser Ausspruch von Ihernings 25 hat für das öffentliche Recht zu den bekannten Handlungsformen des Verwaltungsakts, der Verordnung oder des öffentlich-rechtlichen Vertrags geführt und sie einheitlichen, vorhersehbaren und den Erfordernissen des Rechtsstaats genügenden Anwendungsregeln unterstellt. Im Zivilrecht hat die Willenserklärung eine zentrale und ausführliche Regelung erhalten. Die vorliegende Untersuchung soll die öffentlich-rechtliche (verwaltungsrechtliche) Willenserklärung vom Zustand loser und punktueller Einzelfallregelungen in den Zustand einer verwaltungsrechtlichen Handlungsform überführen. Dazu gilt es ein dogmatisches Fundament herauszuarbeiten und davon Handhabungsregeln abzuleiten, die nicht nur für eine bestimmte Erscheinungsform, sondern für jede öffentlich-rechtliche Willenserklärung Anwendung finden. Diese müssen trotzdem mit den vorhandenen Aussagen der rechtlichen Behandlung der verschiedenen konkreten Erscheinungsformen in Einklang stehen und diese gleich20 Vgl. z. B. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 302, 868 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 7 ff.; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 3 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 10; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 249 f.; Hofmann / Gerke, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 84; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 456; Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 188. 21 Vgl. Hofmann / Gerke, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 84. 22 Vgl. Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 277. 23 Vgl. Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22; Kluth, NVwZ 1990, 608; anders Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und Verwaltungsprozessrechts, S. 107 ff. 24 Ossenbühl, JuS 1979, 681; anders Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9. 25 von Ihering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, 2. Teil, Abteilung 2, S. 471.

Einleitung

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sam zu einer einheitlichen Dogmatik verklammern. Die Untersuchung hat sich dabei zwangsläufig einer gewissen Verallgemeinerung zu bedienen, da es gerade nicht darum gehen kann, jeden praktischen Einzelfall einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung erschöpfend zu erörtern. Im Ergebnis soll dennoch auch deren Lösung über die zu findenden allgemeinen Regeln möglich sein. Am Anfang der Untersuchung steht die durch eine Definition des Untersuchungsgegenstands und Sammlung sowie Überprüfung seiner konkreten Erscheinungsformen zu erreichende Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zu anderen Handlungsformen der Verwaltung. Sodann ist der hinter einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung stehende verwaltungsinterne Entscheidungsprozess im Vergleich zu dem des privaten Individuums zu untersuchen. Darauf folgend wird die grundlegende Anwendbarkeit und damit Existenz der Willenserklärung im öffentlichen Recht Gegenstand der Überlegungen sein. Dem schließt sich die Erörterung ihrer dogmatischen Konstruktion im Hinblick auf die in ihr enthaltenen Elemente an. Nachdem diese grundlegenden Arbeiten abgeschlossen sind, wird der in jeder Hinsicht bis dahin als bloße Arbeitsbezeichnung verwendete Begriff der „(einfachen) öffentlich-rechtlichen bzw. verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ zu untersuchen sein. Zur praktischen Handhabung schließt sich die Behandlung sowohl grundlegender als auch anwendungsbezogener Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung an.

1. Kapitel

Kategorisierung der öffentlichrechtlichen Willenserklärung Die folgende Untersuchung versucht zu erörtern, ob es möglich ist, der öffentlichrechtlichen Willenserklärung 1 die Struktur einer Handlungsform des Verwaltungsrechts zu geben. Bevor dazu auf das Substrat der Willenserklärung einzugehen ist, bedarf es einer näheren Untersuchung der Kategorie „Handlungsform“, denn diese stellt den Bezugspunkt der durchzuführenden Strukturierung dar.

1. Abschnitt

Handlungsformen der Verwaltung Die Verwaltung handelt seit jeher in unterschiedlichster Art und Weise auf verschiedensten Gebieten. Sie agiert mit der alltäglichen Gesellschaft derart vielseitig, dass eine einheitliche Formel dessen, was Verwaltung ist, aufgrund der „Mannigfaltigkeit, in der sich die einzelnen Verrichtungen der Verwaltung ausfächern“ 2, bisher schwerlich zu finden war. 3 Zumindest aber für den Bereich der Verwaltungshandlungen lässt sich dieser unbefriedigende Befund durch das Kodifizieren von Handlungsformen relativieren.

1 Auch wenn durch den Titel der Arbeit schon angedeutet wurde, dass der Begriff der „öffentlich-rechtlichen Willenserklärung“ nicht die endgültige Bezeichnung des Untersuchungsgegenstands darstellt, so soll er doch als Ausgangspunkt genommen werden, um die noch in dieser Hinsicht vorzunehmenden Modifikationen anschaulich zu machen. 2 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 1. 3 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 1 ff.; Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 1; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 27 ff.

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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A. Begriff der „Handlungsform“ und begriffliche Abgrenzung zur „Rechtsform“ Bei einer Typisierung verwaltungsrechtlichen Handelns werden verschiedenste tatsächliche Handlungen in einer abstrakten rechtlichen Kategorie zusammengefasst, so dass sich alle der betreffenden Typisierung unterfallenden konkreten Handlungen nach gleichen Regeln richten. Als Konsequenz dessen bestehen verschiedene Strukturen, die für Gruppen von Handlungen unabhängig von deren konkreten Inhalt gleiche Verfahrensweisen, Funktionen und Rechtsfolgen normieren. 4 Solche rechtlich typisierten Formen des Verwaltungshandelns sollen sich beispielsweise im Verwaltungsakt, dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, der Zusage, 5 der Verordnung, der Satzung oder dem Plan finden. 6 Zwar wird für diese Art von Typisierung in der rechtswissenschaftlichen Literatur größtenteils die Bezeichnung „Handlungsform“ verwendet, 7 doch findet sich daneben auch häufig der Begriff „Rechtsform“. 8 Als Resultat hiervon ist das Verständnis, was den beiden Begriffen „Handlungsform“ und „Rechtsform“ sowie ihrem Verhältnis zueinander zugrunde liegt, nicht einheitlich. 9 Dabei werden verschiedene Vorgehensweisen zur Abgrenzung beider Begriffe angeboten. I. Fehlen einer begrifflichen Überschneidung nach Wahl Die bisher dargelegte rechtliche Strukturierung von Handlungen, die sich in verschiedenen Aspekten gleichen, versteht Wahl 10 als Einrichtung von „Handlungsformen“. Eine „Rechtsform“ soll hingegen den Handlungsmaßstab und die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht beschreiben. Der so verstandene Begriff der „Rechtsform“ siedelt sich in einem wesentlich anderen 4

Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 14. Hierzu näher unten 1. Kap 3. Abschn. A.II.14. 6 Vgl. zu den verschiedenen Kategorien von Handlungsformen Ossenbühl, JuS 1979, 681 (683 ff.); Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 103 f.; Becker, JA 1986, 359. 7 So Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, Rn. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 1 f.; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 103. 8 Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (31); Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 1, § 9, Rn. 1; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 23; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 141; Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (206 ff.). 9 Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, S. 27, Fn. 41, der zusätzlich noch eine Konkurrenz zu dem Begriff „Verwaltungshandeln“ angibt. Soweit ersichtlich wird diese Wortbedeutung aber allgemein nicht in Relation zu den Begriffen der „Rechtsform“ oder „Handlungsform“ verwendet und soll deshalb an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben. 10 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, S. 21, Fn. 1. 5

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Bereich des Verwaltungsrechts an als die hier behandelte Materie. Während einerseits die verschiedenen Handlungen der Verwaltung beschrieben wären, würde andererseits eine Aussage über das betroffene Rechtsgebiet gemacht werden. Wegen der nicht vorhandenen Vergleichbarkeit der Begriffe wäre schon aus diesem Grund eine Abgrenzung nach der Vorstellung von Wahl entbehrlich. 11 II. Etymologische Abgrenzung nach Pestalozza Eine Differenzierung nach etymologischen Kriterien nimmt Pestalozza 12 vor. Nach ihm sollen diejenigen Institute als „Rechtsformen“ bezeichnet werden, die nicht der tatsächlichen, unjuristischen Außenwelt entstammen. „Rechtsformen“ stellen somit Rechtsbegriffe im engeren Sinne dar, die ein natürliches Korrelat nicht kennen. Der Begriff Verwaltungsakt wäre demnach eine „Rechtsform“, hingegen die Begriffe „Plan“ oder „Warnung“ nicht, schließlich existieren sie auch in der Außenwelt. Bei einem solchem Verständnis ist jedoch mit dem Begriff keinerlei inhaltliche Aussage über den Begriffsgegenstand gemacht. 13 Schon die Fokussierung auf die etymologische Herkunft des Begriffes zeigt, dass es mit dem hier dargestellten Verständnis sachgerechter wäre, statt beispielsweise von der „Rechtsform“ Verwaltungsakt zu sprechen, klarer von dem „rechtsförmlichen Begriff“ Verwaltungsakt zu sprechen. Letztendlich käme es nach Pestalozza nur darauf an, ob der fragliche Begriff für eine juristische Sachfrage kreiert wurde oder ein natürliches Korrelat besitzt. Nicht nur, dass mit einer solchen Begriffsinterpretation aber lediglich ein etymologischer Erkenntnisvorsprung zu verzeichnen wäre, auch erscheint die zugrunde liegende Frage darüber hinaus in Einzelfällen schwierig zu beantworten. Denn dabei ist zu beachten, dass diese Bestimmung des Begriffs „Rechtsform“ unabhängig eines verwaltungsrechtlichen Einschlags Geltung beansprucht. 14 Ob sich nun Begriffe wie Ehe oder Eigentum auf die ihnen unzweifelhaft zugewiesene 11 Darüber hinaus erscheint die allgemein hergebrachte Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht angemessener unter die Begriffe „Rechtsordnungen“, „Rechtsgebiete“ oder „Organisationsformen“ zu passen, da so die entscheidende Einheitlichkeit der Gesamtheit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Normen besser herausgestellt wäre. Eine Anknüpfung des Begriffs Rechtsform an die verschiedenen Konsequenzen und Wirkungen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Handelns könnte stattdessen, wegen der auch innerhalb des öffentlichen Rechts vorhandenen Handlungsweisen ganz verschiedenster Ausgestaltungen, verwirrend erscheinen. 12 Pestalozza, Formenmißbrauch des Staates, S. 133. 13 Wollte man diese bloß begriffliche Ebene verlassen und inhaltlich fragen, ob ein natürliches Korrelat besteht, so wäre zu konstatieren, dass nahezu jedes rechtliche Element auch ein Spiegelbild in der nichtjuristischen Außenwelt besitzt. Ansonsten wäre es i. d. R. nicht möglich, dass ein rechtliches Element gerade eine Wirkung in dieser Außenwelt hinterlässt. 14 Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (32).

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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juristische Bedeutung beschränken oder darüber hinaus auch im sozialen Leben eine eigenständige Bedeutung haben oder diese sogar schon vor ihrer wesentlichen juristischen Entwicklung hatten, wird ohne längere und umfangreichere Untersuchung wohl nicht zu beantworten sein. 15 III. Abgrenzung mittels inhaltlichen Kriteriums Eine vordergründig sehr viel aussichtsreichere Methode der Abgrenzung und abschließenden Begriffsbestimmung zwischen „Handlungsform“ und „Rechtsform“ nimmt nicht nur begrifflich das Recht als Ausgangspunkt, sondern wählt auch inhaltlich eine rechtliche Kategorie als Maßstab. Einig ist man sich bei einem solchen Vorgehen zumindest darüber, dass die „Handlungsform“ als Oberbegriff von „Rechtsformen“ verstanden werden kann. 16 Für die Bestimmung aber desjenigen Merkmals, welches die „Rechtsformen“ von den „Handlungsformen“ abhebt, gibt es wiederum verschiedene Ansätze. Ausgangspunkt für eine Differenzierung könnte eine Anknüpfung an der rechtlichen Qualifikation oder Verrechtlichung einer Handlung sein. Dabei reicht es aber nicht aus, den Begriff der „Rechtsform“ derart näher zu bestimmen, dass er alle rechtlich gestalteten Verwaltungshandlungen umfasst. 17 Denn an einem solch pauschalen Vorgehen wäre zu kritisieren, dass die Formbestimmung dann zu einer bloßen Rechtlichkeit verkommen würde und jegliches Handeln der Verwaltung schon aufgrund des zwingend zu beachtenden Gesetzesvorrangs mehr oder weniger stark rechtlich ausgestaltet ist. Nach einer anderen Ansicht sind Rechtsformen solche Handlungsformen der Verwaltung, die von der Rechtsordnung hinsichtlich gewisser Merkmale als „rechtlich bereitgestellte Handlungsformen“ ausgearbeitet sind. 18 Als Rechtsform können also lediglich die tatsächlichen Handlungen zusammengefasst werden, die 15 Vgl. Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (32). 16 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, S. 27, Fn. 41; Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (34); ders., DVBl. 1991, 521 (521); Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 142. In diese Richtung schon Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 54 ff. 17 Vgl. Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (32). 18 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 142; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, S. 27, Fn. 41; Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (207 f.). Vgl. auch Kloepfer, JZ 1991, 737 (737 f.). Di Fabio, in: BeckerSchwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (65), differenziert vergleichbar zwischen verwaltungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Handlungsformen.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

sich nicht nur wegen tatsächlicher, sondern gerade aufgrund rechtlicher Merkmale gleichen. Im Gegensatz zu der soeben angedachten Abgrenzung wäre nicht entscheidend, ob sich das einzelne Handeln allgemein nach irgendwelchen rechtlichen Ausgestaltungen richtet, sondern eine einheitliche, rechtlich ausgestaltete Typisierung besteht. Die Einteilung in den sachlich weiteren Begriff einer „Handlungsform“ kann hingegen auch aufgrund außerrechtswissenschaftlicher Merkmale, insbesondere instrumentaler Eigenarten, von statten gehen. 19 Hierbei wird jedoch schnell deutlich, dass es nicht nur rechtlich voll durchstrukturierte „Rechtsformen“ des Verwaltungshandelns auf der einen Seite und rein tatsächlich zu beschreibende Handlungsformen auf der anderen Seite gibt. 20 Vielmehr soll sich zwischen „Rechtsformen“ und „Handlungsformen“ eine Zwischenebene einer „mehr oder weniger weitgehenden dogmatischen Strukturierung“ ansiedeln, die einhergehend mit einer materiellen Abschichtung einen fließenden Übergang bildet. 21 Das anfangs als klar erscheinende Abgrenzungskriterium, ob eine Handlungsform rechtlich durchstrukturiert ist, wandelt sich so zur Frage, wie stark eine Handlungsform rechtlich durchstrukturiert ist. 22 Die damit verbundenen Unbestimmtheiten verhindern eine praxisnahe Nutzung des Begriffs der „Rechtsform“. So verwundert es nicht, dass, soweit ersichtlich, an diesen fließenden Begriff der „Rechtsform“ keine Konsequenzen gebunden sind. Ebenfalls von der „Handlungsform“ als dem Oberbegriff der „Rechtsform“ geht Pauly 23 aus. Dieser sieht als maßgebliches Kriterium einen in der „Rechtsform“ enthaltenen Regelungscharakter an. Während „Rechtsformen“ eine normative Regelungsfunktion und -wirkung haben sollen, an deren Charakter sich die sonstigen Merkmale der Typisierung ausrichten, soll „Handlungsformen“ dieser Regelungsgehalt fehlen. 24 Im Gegensatz zu „Handlungsformen“ sollen „Rechtsformen“ deshalb als Formen des Rechts selbst Recht darstellen und gleichzeitig eine Rechtsquelle bezeichnen. Die Handhabung dieses Abgrenzungskriteriums erlaubt auf den gewohnten und vertrauten Dualismus zwischen regelndem und nicht regelndem Verwaltungshandeln zurückzugreifen. In Bezug auf die so mit den beiden Begriffen verbundenen Konsequenzen lässt sich jedoch in wesentlichen Punkten eine Angleichung feststellen. Auch „Handlungsformen“ sollen 19 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, S. 27, Fn. 41. Vgl. König / Dose, Klassifizierungsansätze staatlicher Handlungsformen, in: dies (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 3 ff. 20 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 143. 21 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 143. 22 So soll ständig zu überprüfen sein, „ob bestimmte Handlungsformen stärkerer dogmatischer Strukturierung bedürfen oder sie nicht gar in den Stand der Rechtsform zu erheben sind“, Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 144. 23 Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (32 ff.); ders., DVBl. 1991, 521 (521 f.). 24 Pauly, DVBl. 1991, 521 (521 f.).

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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wie „Rechtsformen“ Objekt spezialisierter Regelungsmaterien sein und können dem Gesetzesvorbehalt unterworfen sein, obwohl sie keinen eigenen Regelungscharakter besitzen. 25 Auch wenn dieser letzte Ansatz das stringenteste Abgrenzungskriterium bietet und am ehesten zu überzeugen vermag, haftet auch ihm eine gewisse Folgenlosigkeit der Einteilung an. Betrachtet man zusammenfassend die verschiedenen Verständnisse des Begriffes „Rechtsform“, so scheint dies ein prinzipielles Problem zu sein. Die reine Begrifflichkeit der „Rechtsform“ ist schon von einer derartigen Allgemeinheit gekennzeichnet, dass sich von ihrem Wortlaut zu einer Verwendung in konkreten Situationen schwerlich eine Verbindung herstellen lässt. 26 Verwirrend kommt hinzu, dass der Begriff „Rechtsform“ im Gegensatz zu „Handlungsform“ primär in anderen Gebieten als Fragen der Typisierung von Verwaltungshandeln verwendet wird. So kennzeichnet er nicht nur im Recht der juristischen Person die Binnenstruktur eines Zusammenschlusses einer Vielzahl von natürlichen Personen und deren Außenbeziehungen zu anderen Rechtssubjekten, sondern auch im öffentlichen Recht eine gesetzgeberische Entscheidung über die Struktur einer öffentlichen Einrichtung. 27 In inhaltlicher Hinsicht hat sich für die Abgrenzung gezeigt, dass ihr maßgebliches Kriterium am ehesten rechtlicher Natur sein sollte. Mit der Unterscheidung zwischen verschiedenen „Rechts-“ und „Handlungsformen“ ist aber schon zwangsläufig eine Differenzierung aufgrund verschiedener inhaltlich-rechtlicher Kriterien verbunden, ist dies doch gerade das Ziel eines solchen Vorgehens. Das bedeutet, dass sich jede weitergehende inhaltliche Differenzierung zwischen „Handlungs-“ und „Rechtsformen“ der Kriterien bedienen müsste, die schon für die Typisierung der einzelnen „Handlungs-“ und „Rechtsformen“ verwendet wurden. Es würde eine Differenzierung anhand von bereits zu einem solchem Zweck verwendeten Kriterien stattfinden. Eine darauf basierende, weitergehende Einteilung in „Handlungs-“ und „Rechtsformen“ würde keinen entsprechend weitergehenden Nutzen nach sich ziehen. Teilweise wird deshalb auch kein Unterschied zwischen beiden Begriffen gesehen. 28 „Handlungsformen“ und „Rechtsformen“ sollen beide die obige Typisie25

Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (34); ders., DVBl. 1991, 521 (522). 26 Zum Begriff der „Form“ Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 1, § 9, Rn. 3. Vgl. auch unten 5. Kap. 27 Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 21 f.; SchmidtJortzig, Kommunalrecht, S. 217; Püttner, Verwaltungslehre, S. 265; Knorr / Wernick, Rechtsformen der Krankenhäuser, S. 11 f. Auf diese doppelte Bedeutung des Begriffes weist auch Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533, Fn. 5), hin. 28 So P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 121. Ossenbühl, JuS 1979, 681, verwendet die Begriffe zwar synonym, sieht aber dieselben

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

rung von Verwaltungshandeln beschreiben. Im weiteren Gang der Untersuchung soll aufgrund ihres stark eingeschränkten Nutzens und der mit ihr verbundenen Schwierigkeiten eine Abgrenzung beider Begriffe nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen soll sich wegen seiner weiten Verbreitung und im Gegensatz zur „Rechtsform“ eindeutigerem Inhaltsverständnis auf den Begriff der „Handlungsform“ beschränkt werden. 29

B. Bedeutung und Funktion der Handlungsformen Handlungsformen des Verwaltungsrechts beschreiben also verschiedene Strukturen, die unabhängig vom konkreten Inhalt des Handelns gleiche Verfahrensweisen, Funktionen und Rechtsfolgen besitzen. Anknüpfungspunkt ist damit das praktische Handeln 30, das sodann dogmatisch auf einheitliche Formen zurückgeführt wird. 31 Dieser typisierenden Vereinheitlichung liegen zwei grundlegende Funktionenkomplexe zugrunde. 32 Zum einen hat die Kodifizierung von Handlungsformen des Verwaltungsrechts eine rationalisierende Funktion. 33 Für die Verwaltung führt die Typisierung zu einer Arbeitsentlastung, denn gewisse Entscheidungen sind abstrakt für die betrefUnterschiede zwischen den einzelnen Handlungsformen, die in neuerer Zeit zu einer Begriffsdifferenzierung geführt haben, ohne daraus jedoch Konsequenzen zu ziehen. Auch Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 14, 54 ff., verwendet die Begriffe gleichbedeutend, führt aber auch Unterschiede an, die ebenso von Befürwortern einer Begriffsdifferenzierung herangezogen werden. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 scheint die Begriffe ebenfalls synonym zu verwenden, obwohl er an anderer Stelle ausdrücklich auf die Unterschiede hinweist. 29 Kritisch zum Begriff der „Handlungsform“ Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 92 ff. 30 Dieses kann sich in einer unüberschaubaren Vielfalt staatlich oder kommunal begründeter Tätigkeiten widerspiegeln. Vgl. dazu nur unten die Vielfalt von Verwaltungszielen 2. Kap. 2. Abschn. B.II. 31 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533). O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 92 f., umschreibt den dogmatischen und rechtsstaatlichen Gewinn dieses Vorgangs wie folgt: „Im Gegensatz zur vorausgehenden Entwicklungsstufe hat unser Rechtsstaat nicht bloß die flutende Masse der Verwaltungstätigkeit eingedämmt durch das Gesetz, sondern er lässt auch noch mitten drin fort und fort feste Punkte auftauchen, welche dem Einzelnen Halt gewähren und ihn darüber sicherstellen, wohin es geht.“ Ders., AöR 3 (1888), 1 (1), erhebt die Handlungsformenlehre darüber hinaus sogar zu einem unverzichtbaren Bestandteil eines eigenständigen Verwaltungsrechts, indem er feststellt: „Soll die Verwaltungsrechtswissenschaft als gleichberechtigte juristische Disciplin neben die älteren Schwestern treten, so muss sie ein System von eigenthümlichen Rechtsinstituten der staatlichen Verwaltung sein.“ 32 Vgl. Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681 f.). Vgl. auch Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 1, § 9, Rn. 5 ff., der weiter in sechs verschiedene Einzelfunktionen differenziert. 33 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681 f.); Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 141; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 44, Rn. 2a; Pauly, in: Becker-Schwarze /

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fende Handlungsform schon getroffen und müssen nicht erneut in jedem Einzelfall vorgenommen werden. Das eigene Arbeiten wird überschaubarer und in seinen Folgen bestimmbarer. Die komplexe Realität verwaltungsrechtlicher Tätigkeit wird in verlässliche Kategorien eingeteilt. 34 Handlungsformen geben dabei ein Leitbild für die Lösung praktisch auftretender Fälle vor. Damit verbunden ist die Wahrnehmung einer rechtspolitischen Aufgabe. Durch die Regelung bestimmter Handlungsweisen kann ein erhöhter Steuerungseinfluss von Seiten des parlamentarischen Gesetzgebers auf die Art und Weise der Umsetzung rechtlicher Regelungen durch die Verwaltung genommen werden. 35 Zum anderen wird mit Handlungsformen der Verwaltung eine rechtsstaatliche Funktion erfüllt. 36 Mit der Typisierung sieht sich die praktische Unüberschaubarkeit des Verwaltungshandelns rechtlich vorherbestimmten Formen gegenübergestellt. Das Etablieren stabilisierender und sichernder Elemente innerhalb des Verwaltungshandelns ist wesentliches Merkmal der Rechtsstaatlichkeit und Differenzierungsmerkmal zu vorhergehenden polizeistaatlichen Verwaltungen. 37 Auf Schmidt-Aßmann zurückgehend kann man diese Vorhersehbarkeit technisch als eine „Speicherfunktion“ verstehen. 38 In der typisierten Handlungsform sind Regelungslösungen gespeichert, die beim Zuordnen einer konkreten Handlung zu einer abstrakten Handlungsform aktiviert werden und somit einheitliche Rechtsvorgaben für die Elemente der konkreten Handlung liefern. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei eine für jede Handlungsform bestehende, jeweils einheitliche Fehlerfolgenlehre. 39 Gespeichert sein können daneben beispielsweise Angaben zu Verfahrens-, Form- oder Rechtsschutzbestimmungen. 40 Im Rahmen der Bereiche, die durch die abgespeicherten Regelungen geformt werden, wird damit eine einheitliche Ausübung der öffentlichen Befugnisse garantiert. Die vertypisierte Handlungsform wandelt sich so zu einem Garantiegehalt. 41 Dies spiegelt sich in verschiedenen Aspekten. Es entsteht eine Bewirkungssperre, Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (35); König, VR 1990, 401 (401). 34 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681). 35 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534). 36 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 16; Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681 f.); Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 141. 37 Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 61 ff.; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 57 ff., 92 f. 38 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 44, Rn. 2a; Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (35); ders., DVBl. 1991, 521 (522); Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 141. 39 Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (51 ff); von Mutius, Jura 1979, 55 (55). 40 Pauly, DVBl. 1991, 521 (522).

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

die den Einsatz der Handlungsform an bestimmte, vorgegebene Begriffs- und Anwendungsvoraussetzungen bindet. 42 Erst wenn diese erfüllt sind, kann sich die Verwaltung der Handlungsform als Arbeitsmittel bedienen. Im Rahmen einer konsequenten Umsetzung dieses Gedankens ist es der Verwaltung nicht möglich, selbst über die inhaltlichen Merkmale der verschiedenen Handlungsformen zu verfügen. 43 Die einzelnen Handlungsformen können damit nicht nur an einer Austauschbarkeit gehindert werden, vielmehr können auch die spezifischen Wirkungen einer bestimmten Handlungsform nicht in identischer Art und Weise bei gleichzeitigem Umgehen ihrer Voraussetzungen durch die Verwendung einer anderen Handlungsform herbeigeführt werden. 44 Entscheidend hierfür ist die Verbindung von vorgegebenem Tatbestand und wirkungserzeugender Rechtsfolge. 45 Durch die zusätzliche Verknüpfung mit dem Gesetzesvorbehalt kommt den Handlungsformen ein weiterer Garantiegehalt zu. Ihr Einsatz kann an das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage gebunden werden. 46 Zusammen mit der obigen Bewirkungssperre können bestimmte Rechtsfolgen somit nur in bestimmten, gesetzlich angeordneten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen erreicht werden. Sinn und Zweck hiervon ist es, neben dem Schutz des Bürgers, der Verwaltung die Mittel bereitzustellen, die sie zum Bewirken der an sie gestellten Forderungen benötigt (sog. Schutz- und Bewirkungsauftrag). 47 Das beinhaltet, dass schon in den vertypten Regelungen der einzelnen Handlungsformen abstrakte Wertentscheidungen zwischen verschiedenen Positionen vorgezeichnet sind. 48 Einem möglichen Ausgleich zwischen dem Schutzinteresse des Einzelnen und der Durchsetzung von Verwaltungsinteressen kann durch Elemente wie Bestandskraft, Anfechtungslast und Vertrauensschutz eine bestimmte Richtung gegeben werden. 49 41 Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (41); ders., DVBl. 1991, 521 (522); SchmidtAßmann, DVBl. 1989, 533 (534). 42 Pauly, DVBl. 1991, 521 (522). Aus diesem Grund kommt Schenke, NVwZ 1990, 1009 (1018), zu einem materiellen Verwaltungsaktbegriff und lehnt eine formelle Begriffsbestimmung ab. 43 Die Merkmale eines Verwaltungsakts oder öffentlich-rechtlichen Vertrages sind gesetzlich in den §§ 35, 54 VwVfG normiert. 44 Gerade dies macht die Einordnung in eine Handlungsform zu einer bedeutenden Entscheidung für die in Frage stehende tatsächliche Handlung, entscheidet es doch in großem Umfang über ihre rechtliche Behandlung. Beispielhaft sei nur auf die Frage der Handlungsform eines Verkehrszeichens hingewiesen, vgl. BVerfG NJW 1965, 2395; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 36. 45 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 17 ff.; Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534). 46 Pauly, DVBl. 1991, 521 (522). 47 Vgl. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534); König, VR 1990, 401 (401); Pitschas, in: Blümel / Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, S. 229 (240). 48 Vgl. als Beispiel dafür die Aufhebung unten 7. Kap. 2. Abschn. B.

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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I. Eignung der Handlungsformenlehre als Ordnungsrahmen des Verwaltungsrechts Eine Einpassung der Willenserklärung in das System der Handlungsformenlehre erbrächte indes nur dann einen gesteigerten Nutzen, wenn die Handlungsformenlehre den geeigneten Ordnungsrahmen für ein solches Vorhaben darstellen würde. In diesem Sinne ist festzustellen, dass der Handlungsformenlehre nicht nur in verschiedener Hinsicht Kritik entgegengebracht, sondern auch allgemein ihre Ablösung durch die Verwaltungsrechtsverhältnislehre angestrebt wird. 1. Kritik an der Handlungsformenlehre Die obigen Funktionen der Handlungsformenlehre werden nicht durchgehend als möglicher Vorteil bewertet, sondern begründen auch Zweifel an ihrer Tauglichkeit zur Ordnung des Verwaltungsrechts. So wird vorgetragen, die Handlungsformenlehre leide unter einer zu starken Konzentration auf den Verwaltungsakt. 50 Bei einer solchen Beobachtung ist jedoch daran zu erinnern, dass der Verwaltungsakt das zentrale Handlungselement des Verwaltungsrechts ist und wie kein weiteres den Anforderungen einer effektiven Verwaltung an ihr vorrangiges Handlungsinstrument gerecht wird. 51 Allein der Umstand, dass sich der der Handlungsformenlehre zugrunde liegende Formungs- und Abstrahierungsgedanke maßgeblich im Rahmen der Entwicklung des Verwaltungsakts ausgebildet hat, 52 begründet für sich allein noch keine überwiegende Dominanz des Verwaltungsakts innerhalb dieser Strukturen. 53 Schon systematisch ist der Verwaltungsakt Bestandteil der Handlungsformenlehre und nicht die Handlungsformenlehre Hilfsinstrument des Verwaltungsakts. Die Typisierung verwaltungsrechtlicher Handlungen kann nur eine Momentaufnahme des derzeitigen Verwaltungsgeschehens sein und ist dabei Wandlungen unterworfen. Dass die Handlungsformenlehre i. d. S. Mittel ist, das gesamte Verwaltungshandeln in all seinen Ausprägungen zu erfassen, wird auch gesetzlich durch § 9 VwVfG deutlich, der den öffentlich-rechtlichen Vertrag auf eine Stufe neben den Verwaltungsakt stellt.

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Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee und System, S. 29; Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 1, § 9, Rn. 11. 50 Vgl. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 102 f. 51 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 45, Rn. 1 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 1 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 1 ff.; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 312. 52 Vgl. unten 1. Kap. 2. Abschn. C.II. 53 Vgl. zur Entwicklung des Verwaltungsakts O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 92 ff.; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 115 ff.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Auch wenn sich aus den derzeitigen Zustandsbetrachtungen der Verwaltungsakt als wesentlicher Akteur des Verwaltungsrechts offenbaren sollte, so lässt dies noch keinen Rückschluss auf kommende Gewichtungen zu. Sollten auch manche Handlungsformen unter einem Systemrückstand leiden, so kann dies keine Aufforderung sein, den Verwaltungsakt stärker zu gewichten, sondern vielmehr eine Aufforderung, die Ausprägung rückständiger Handlungsformen weiter voranzutreiben. Aus der faktischen Bedeutung des Verwaltungsakts und seines Verhältnisses zu den Instrumenten des übrigen Verwaltungsrechts kann nicht auf seine Stellung im System der Handlungsformen geschlossen werden. Ein weiterer Kritikpunkt setzt an der aufgabenfernen Abstraktheit der Handlungsformenlehre an. 54 Obwohl das „Verwalten“ die Erfüllung öffentlicher Aufgaben beschreibt, fehlt dem typisierten System des Verwaltungshandelns die Komponente der Aufgabenspezifizierung. 55 Stattdessen orientieren sich die Handlungsformen in ihrer Einteilung an lediglich formellen Kriterien. Jedoch sind die nach formellen Kriterien gebildeten Handlungsformen nur ein unvollständiger Schritt bis zu einer tatsächlichen Handlung. 56 Zur Anwendung der Handlungsform bedarf es stets noch ihrer Auffüllung mit allgemeinen Handlungsmaßstäben, wie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Grundrechtsbeachtung sowie besonderen Tatbestandsvoraussetzungen, die die Verbindung zur praktischen Realität herstellen. Durch formelle Kriterien fließt den materiellen Komponenten Schutz zu und erst durch materielle Elemente erhalten formelle Strukturen eine inhaltliche Zielrichtung. 57 Die Handlungsformenlehre bewahrt sich gerade durch die weitgehende Freiheit von aufgabenspezifischen Kriterien oder sonstigen materiellen Elementen ihre Anpassungsfähigkeit ohne dabei wesentlich an Schutzgehalt zu verlieren. Möglich bleiben darüber hinaus tiefergehende Ausdifferenzierungen innerhalb der einzelnen Handlungsform, die zu einem sachnäheren Zuschnitt führen. 58 Schließlich wird an der Handlungsformenlehre noch bemängelt, dass sie sich bei der Einteilung der verschiedenen Handlungsstrukturen zu sehr an den Folgen ausrichte, die sich nach Wirkungsintensität und Wirkungsumfang bestimmen, nicht aber an den eigentlichen Handlungsmodalitäten. 59 Die Folgen würden als feststehend anerkannt werden, ohne dabei die Möglichkeit zu sehen, sie in den Regelungsauftrag des Verwaltungsrechts mit einzubeziehen. 60 Doch auch ein al54

Vgl. Martens, Praxis des Verwaltungsverfahrens, Rn. 5 ff. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (536). 56 Nach BVerfGE 60, 253 (297) bewahren Formenstrukturen davor, das Verwaltungsrecht in ein „aktionenrechtliches Verfahrensgeflecht aufzulösen“. 57 Vgl. BVerfGE 24, 367 (401 f.); 39, 276 (294); 53, 30 (65); Dolde, NVwZ 1982, 65. 58 Siehe unten 1. Kap. 3. Abschn. B.VI. 59 Vgl. Martens, Praxis des Verwaltungsverfahrens, Rn. 5 ff.; Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (537) m.w. N. 55

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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leiniger Bezug auf die Erfolgsdimension bei gleichzeitiger Außerachtlassung der Handlungsdimension kann in dieser Generalität nicht festgestellt werden. Auch handlungsbezogene Kriterien wie beispielsweise Verfahrensbestimmungen werden herangezogen, um zu einer typisierten Struktur zu gelangen. Bei Betrachtung des § 35 VwVfG fällt auf, dass sich das Vorliegen eines Verwaltungsakts nicht danach bestimmt, ob eine Maßnahme mit „unmittelbarer Rechtswirkung nach außen“ vorliegt, was für eine Maßgeblichkeit der Erfolgsdimension sprechen würde, sondern ob eine Maßnahme auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen „gerichtet“ ist. Letzteres knüpft damit an die Handlungsdimension an. 2. Verdrängung der Handlungsformenlehre durch die Verwaltungsrechtsverhältnislehre Auch wenn die Handlungsformenlehre also nicht aus Gründen ihrer eigenen Struktur heraus untauglich für das in Rede stehende Vorhaben ist, so könnte sich dennoch die Verwaltungsrechtsverhältnislehre hierfür als sachgerechter erweisen. Diese geht davon aus, dass die Rechtsordnung aus einer Vielzahl von einzelnen Rechtsverhältnissen besteht. 61 Ein Rechtsverhältnis kennzeichnet die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Rechtsnorm ergebenden Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten. 62 Gerade ein Verwaltungsrechtsverhältnis entsteht, sobald die sich aus der Norm ergebende Rechtsbeziehung dem Verwaltungsrecht zuzuordnen ist. 63 Ein Teil der Literatur hat es sich zum Ziel gemacht, „die Lehre von den Formen durch eine neue Lehre zu ersetzen, nämlich die Lehre vom Rechtsverhältnis“. 64 In diesem Zusammenhang hat insbesondere Ehlers 65 versucht, Rückstände der Handlungsformenlehre im Vergleich zur Verwaltungsrechtsverhältnislehre zu konkretisieren. So wird vorgetragen, dass die Handlungsformenlehre nur ungenügend die Zeitdimension des Verwaltungshandelns erfasse. Jede Handlungsform könne nur eine „Momentaufnahme“ des Geschehens erfassen und darstellen, anstatt 60

Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (537). Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20, Rn. 1. 62 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 16; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 4; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 169; Schulte, DVBl. 1988, 512 (514). 63 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 16; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 4; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 169. 64 Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 98. Vgl. auch Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 19 f., nachdem „mit der radikalen Umsetzung der Rechtsverhältnislehre [...] ein Abschied [...] von der Fixierung des Verwaltungsrechts auf die Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung“ verbunden sein soll. 65 Ehlers, DVBl. 1986, 912 (914). 61

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

umfassend die Phasen der Vorwirkung über das Verwaltungsverfahren und die Erbringung der Haupt- und Nebenleistung bis zu den Nachwirkungen zu berücksichtigen. 66 Gleichzeitig würden mögliche Mitwirkungshandlungen des Bürgers nicht ausreichend berücksichtigt werden ebenso wie es nicht möglich sei, mehrseitige Beziehungen angemessen mit der Handlungsformenlehre zu durchdringen. 67 Bevor man sich mit diesen Gesichtspunkten auseinandersetzt, erscheint es angebracht, nach der strukturellen Reichweite der Handlungsformenlehre zu fragen. Wie gesehen ist die Handlungsformenlehre maßgeblich an der Handlungs- und Erfolgsdimension der verschiedenen typisierten Verwaltungshandlungen ausgerichtet. Schon mit dieser Bezugnahme auf Verwaltungshandlungen wird deutlich, dass zwingend auch das Augenmerk auf einzelne Handlungen gerichtet sein muss, anstatt auf eine Beziehung zwischen zwei Rechtssubjekten, die gerade durch einzelne Rechtshandlungen begründet, ausgestaltet, durchgeführt und beendet wird. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, beschreibt ein Rechtsverhältnis die sich aufgrund verschiedenster Rechtshandlungen ergebenden Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten. Durch diese Bezugnahme wird nachvollziehbar, dass die Handlungsformenlehre sich gar nicht mit einem derart umfänglichen Gegenstand wie die Verwaltungsrechtsverhältnislehre beschäftigen will. Während Erstere die einzelne Handlung zum Ansatzpunkt hat, ist für Letztere der darüber hinausgehende Beziehungskomplex maßgeblich. Aus diesem Grunde braucht eine Handlungsformenlehre, die die Handlungsweise der Verwaltung zum Gegenstand hat, Mitwirkungshandlungen des Bürgers und mehrseitige Beziehungen nur sekundär zu berücksichtigen. Insofern besteht eine weitgehende Einigkeit darüber, dass die Verwaltungsrechtsverhältnislehre die Handlungsformenlehre ergänzen, nicht aber ersetzen kann. 68 II. Historische Entwicklung der verwaltungsrechtlichen Handlungsformenlehre Ein Blick auf die historische Entwicklung der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen lässt die verschiedenen Entwicklungsstadien und ihre Einmündung in die derzeitige Situation erkennbar werden. Gleichzeitig können daraus Gründe für den aktuellen Handlungsformenbestand abgeleitet werden sowie Anhaltspunkte für weiteres Arbeiten mit der Handlungsformenlehre gesammelt werden. Obwohl eine durchgehende rechtliche Gestaltung des Verwaltungsrechts sich erst um das 19./20. Jahrhundert herum begonnen hatte zu entwickeln, zeigten sich Anfänge einer Typisierung des Verwaltungshandelns schon im Spätmittelalter 66

Bachof, VVDStRL 30 (1972), 193 (231); Ehlers, DVBl. 1986, 912 (914). Ehlers, DVBl. 1986, 912 (914 f.). 68 So auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 44, Rn. 2; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 188 jeweils m.w. N. 67

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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des 15. Jahrhunderts. Der damalige Amtsinhaber sah sich fortlaufend gleichen Aufgaben ausgesetzt und entwickelte dafür eine einheitliche und kontinuierliche Vorgehensweise. 69 Die festen Gepflogenheiten dieser im herrschaftlichen Namen durchgeführten Verwaltungstätigkeit erschienen damit gleichzeitig als Ausdruck des herrschaftlichen Verhaltens. 70 Zum Teil lag dies auch daran, dass manche Verwaltungshandlungen nach einem bestimmen Muster oder unter Einhaltung bestimmter Bräuche vorzunehmen waren. 71 Gleichzeitig nahm die Zahl der vom Landesherrn erlassenen normativen Regelungen zu, die nicht den Zweck hatten, das gesellschaftliche Leben zu steuern, sondern auch gerade einen erhöhten Einfluss auf die lokalen Amtsträger ermöglichen sollten. 72 Damit bildeten sich erste abstrakt-generelle Handlungsanweisungen für die Verwaltung. Entscheidender Ansatzpunkt für eine ausgedehnte Etablierung typisierter Handlungsformen war hingegen die Verrechtlichung der Verwaltung im 19. Jahrhundert. Während sich die vorhergehende Verwaltungstätigkeit noch hauptsächlich an Aspekten der Verwaltungslehre und Verwaltungspolitik orientiert hatte, führte die Entwicklung der mit der Gewaltenteilung einhergehenden Gesetzesbindung, die Anerkennung von Grundrechten sowie die Einführung von Zuständigkeitsregelungen zu einer verstärkt rechtlichen Betrachtung der Verwaltungstätigkeit (sog. juristische Methode). 73 Nach Otto Mayer war die bis zu diesem Zeitpunkt dem öffentlichem Recht einzig eigentümliche Handlungsform der Befehl. 74 Als ein obrigkeitlicher Befehl war die im Rahmen eines durch die öffentliche Gewalt bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses beruhende Willenserklärung zu bindender Bestimmung des Verhaltens des Untergebenen gekennzeichnet. 75 Am Anfang der dann einsetzenden Kodifizierung allgemeiner Regeln des Verwaltungsrechts wurden wegen der noch bestehenden Lücken Anleihen im schon stärker durchnormierten Privatrecht genommen, um einzelne Handlungsformen herauszubilden. Als wesentlich für diesen Prozess haben sich dabei die Arbeiten 69 Willoweit, in: Jeserich / Pohl / von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 1, S. 66 (132). 70 Willoweit, in: Jeserich / Pohl / von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 1, S. 66 (132). 71 Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer Bd. I, S. 532 ff., nachdem beispielsweise manche Abgaben zu bestimmten Tagen oder Tageszeiten entrichtet werden mussten. Für die Rechtsnatur dieser Ordnungen galt vermehrt die Besonderheit, dass es sich dabei nicht um einseitig erlassene Regelungen handelte, sondern um Verträge zwischen dem Landesherrn und Landständen, Willoweit, in: Jeserich / Pohl / von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 1, S. 66 (132). Vgl. auch unten die im Staatsrecht angesiedelten Gesellschaftsverträge 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.b. 72 Ebel / Thielmann, Rechtsgeschichte, Rn. 299. 73 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 8. 74 O. Mayer, AöR 3 (1888), 3 (5). 75 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 226.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

von Friedrich Franz von Mayer und später Otto Mayer erwiesen. 76 Auf einer Linie mit dem soeben skizzierten Befehl hat sich der Verwaltungsakt entwickelt. Ausgangspunkt für diese Handlungsform war die bis Anfang des 19. Jahrhunderts vorherrschende Rechtsfigur des Privilegs. Sie vereinigte sowohl Elemente des Privatrechts als auch des öffentlichen Rechts in sich und kennzeichnete die durch den hoheitlichen Privilegienerteiler begründete Befugnis eines privaten Privilegieninhabers gegenüber einem Dritten, verpflichtend tätig zu werden. 77 Der grundlegende Unterschied beider Institute lag in ihrem Verhältnis zur allgemein geltenden Rechtsordnung. Während das Privileg eine Durchbrechung des Gesetzes ermöglichte und so eine eigene Art von Gesetz darstellte, hatte sich der Verwaltungsakt der geltenden Rechtsordnung unterzuordnen. 78 Noch sehr viel intensiver den privatrechtlichen Strukturen angelehnt war die Entwicklung der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages. 79 Für die Umsetzung der im 20. Jahrhundert einsetzenden Gesetzgebung des Sozialstaates büßten die Handlungsmittel der klassischen Eingriffsverwaltung an Sachnähe und Geeignetheit ein, so dass der Rückgriff auf das Privatrecht zur Übernahme des Vertrages führte. 80 Erst aber in den 50er Jahren erreichten die Arbeiten zum öffentlich-rechtlichen Vertrag einen derartigen Einfluss, dass die Handlungsform schließlich 1976 in das Verwaltungsverfahrensgesetz und die Verfahrensgesetze der Länder aufgenommen wurde. 81 Einen zumindest in gesetzgeberischer Hinsicht weniger beachtenswerten Werdegang hat das Realhandeln oder schlichte Verwaltungshandeln genommen. 82 Eine erste Berücksichtigung dieser Handlungsform findet sich bei Walter Jellinek. 83 Unter dem Oberbegriff der öffentlichen Verwaltung trennt Jellinek zwischen obrigkeitlicher Verwaltung und schlichter Hoheitsverwaltung. 84 Charakteristisch für die erste Kategorie sollte sein, dass sich dabei ein Träger öffentlicher Gewalt gerade seiner im Vergleich zum Individuum übergeordneten Position bedient, während 76

Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland Bd. 2, S. 394 ff. Lieb, Privileg und Verwaltungsakt, S. 29 ff.; Mohnhaupt, in: Heyen (Hrsg.), Wissenschaft und Recht der Verwaltung seit dem Ancien Régime, S. 41 (45). 78 Mohnhaupt, in: Heyen (Hrsg.), Wissenschaft und Recht der Verwaltung seit dem Ancien Régime, S. 41 (45). 79 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte allgemein Braun, BayVBl. 1983, 225 (226 f.). 80 O. Mayer, AöR 3 (1888), 3; Appelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, passim, vgl. insbes. S. 15. 81 Vgl. Stern, VerwArch 49 (1958), S. 106 ff.; Imboden, Der verwaltungsrechtliche Vertrag; Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt; Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. 82 Zu Begrifflichkeiten dieser Handlungsform Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 17 ff. 83 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 59 m.w. N. 84 W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 20 ff. 77

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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bei der schlichten Hoheitsverwaltung dieses Merkmal fehlt. 85 Die über einen längeren Zeitraum zu registrierende fehlende Beachtung des Realhandelns lässt sich darauf zurückführen, dass die Entwicklung des Verwaltungsrechts nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Bestreben geprägt war, rechtsstaatliche Kontrollverfahren zu installieren. 86 Erst mit der später einsetzenden Interessenverlagerung vom Verwaltungsakt zum Verwaltungsrechtsverhältnis stieg auch wieder das Interesse an flexiblem Verwaltungshandeln wie dem Realhandeln. Auch das Institut der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung erfuhr seine größte Aufmerksamkeit in der Zeit, in der sich auch der öffentlich-rechtliche Vertrag und das Realhandeln zu entwickeln begannen, also vor allem um die Jahrhundertwende und den Beginn des 20. Jahrhunderts. Der während der einsetzenden Kodifizierung eines allgemeinen Teils des Verwaltungsrechts vorgenommene Rückgriff auf die bestehenden Strukturen des Zivilrechts führte zu einer Verbreitung der Willenserklärung im öffentlichen Recht. 87 Eine unfangreiche, auch gesetzestechnische Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung fand sich erstmals in dem Entwurf einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg (EVRO) von 1931. Der darin enthaltene dritte Abschnitt hatte Willenserklärungen zum Gegenstand. Diese definierte Art. 20 S. 1 EVRO als auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges gerichtet und kraft Rechtsvorschrift geeignet, ihn herbeizuführen. Art. 20 S. 2 EVRO schränkte jedoch sogleich wieder ein, dass diejenigen Willenserklärungen ausgenommen werden sollten, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt abgegeben wurden. Geregelt wurden neben Willenserklärungen des Bürgers also nur solche Erklärungen der Verwaltung, die in privatrechtlicher Form abgegeben wurden. Die inhaltliche Ausgestaltung lehnte sich dabei stark an die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches an. 88 Mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz von 1976 und den entsprechenden Landesverwaltungsgesetzen wurde neben dem Verwaltungsakt auch der öffentlichrechtliche Vertrag als Handlungsform gesetzlich geregelt. Zwar findet sich darin auch eine Erwähnung der Willenserklärung, 89 eine umfassende Regelung dieser Handlungsform fehlt aber ebenso wie die des Realhandelns. 90 Die Entwicklungsund Strukturierungsarbeiten für weitere Handlungsformen blieben damit in der Hand der Verwaltungsrechtswissenschaft. 91 Für deren bisheriges Vorgehen lässt 85

W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 21 f. Vgl. Bachof, DÖV 1972, 276 (279 f.), der Verwaltung als diejenige Tätigkeit des Staates beschreibt, „die den einzigen Zweck hat, sich selbst gerichtlich voll überprüfbar zu machen.“ 87 Vgl. W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 240 f.; Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 151; Turegg / Kraus, Lehrbuch der Verwaltung, S. 104 ff., die jedoch auf den Verwaltungsakt als Willenserklärung abstellen. 88 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 111. Vgl. auch EVRO, Hauptband, S. 163, 164, 170. 89 Vgl. unten 1. Kap. 3. Abschn. A. I. 86

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

sich zusammenfassend feststellen, dass sich die Handlungsformenlehre zu einem Kernbestandteil einer Verwaltungsrechtsdogmatik entwickelt hat. 92 Dabei wurden zwar schon relativ früh neben dem Verwaltungsakt andere Handlungsformen wie die öffentlich-rechtliche Willenserklärung untersucht, doch haben die umfänglichen Arbeiten am Verwaltungsakt derart viele Ressourcen gebunden, dass weitere Handlungsformen sich bis zum heutigen Zeitpunkt daneben nur schleppend entfalten konnten und können. 93 Gerade im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist zu konstatieren, dass in den Anfängen der verwaltungsrechtlichen Kodifizierungsbemühungen wegen des Rückgriffs auf das Zivilrecht noch ein reges Interesse an der Willenserklärung bestand, welches aber mit der fortschreitenden Emanzipierung und Eigenständigkeit des Verwaltungsrechts abnahm. Erst mit der Untersuchung der öffentlich-rechtlichen Aufrechnung konnte auch die öffentlich-rechtliche Willenserklärung wieder verstärkt Aufmerksamkeit erlangen.

C. (Neu-) 94 Entwicklung von Handlungsformen Das Vorhaben, das skizzierte System der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen um die Typisierung der „öffentlich-rechtlichen Willenserklärung“ zu ergänzen, drängt zu der Beantwortung der Frage, ob und nach welchen Kriterien ein solcher Vorgang möglich ist.

90 Teilweise wurde wegen dieser beengten Konzeption die Frage nach einen „dogmatischen Rückschritt“ durch das VwVfG gestellt, vgl. Schmitt Glaeser, in: ders. (Hrsg.), FS Boorberg Verlag, S. 34; Fiedler, AöR 105 (1980), 79 (98 ff.). 91 Zu dem Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke unten 3. Kap. 2. Abschn. J. 92 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (682); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534); Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 187; ders., DVBl. 1988, 512 (512). 93 Nach Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 192, sind die teilweise vorhandenen Defizite der Rechtsformenlehre [scil: Handlungsformenlehre] darauf zurückzuführen, „dass man sich in der dogmatischen Durchdringung des Verwaltungshandelns zu lange allein auf den Verwaltungsakt konzentrierte“. Auch Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 235, stellt fest, dass „das herkömmliche System [...] allenfalls den Verwaltungsakt als Handlungsform dogmatisch erschlossen [hat] ...“. 94 Wird als maßgeblich erachtet, dass eine bestimmte Handlungsform bisher schon rein formell – unabhängig in welcher Art und Weise – von der Rechtswissenschaft wahrgenommen wurde, so wird man in den meisten Fällen und auch für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung realistisch nicht von einer Neuentwicklung sprechen können. Wenn jedoch die materielle Durchdringung für die Bezeichnung des Vorgehens als wesentlich angesehen wird, erscheint die Annahme einer Neuentwicklung aufgrund ihres fehlenden inhaltlichen Gehalts zumindest für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung angebracht und sachgerecht.

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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I. Kein numerus-clausus der Handlungsformen Eine (Neu-)Entwicklung von Handlungsformen könnte dann nicht vorgenommen werden, wenn es einen abschließenden Katalog von Handlungsformen gäbe. Die Untersuchung der gesetzgeberischen Wertung führt zu § 9 VwVfG, demnach ein Verwaltungsverfahren auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist. Schon diese Definition könnte als abschließend verstanden werden. Bei Berücksichtigung der Gesetzesbegründung lässt sich die Beschränkung des § 9 VwVfG aber durch eine als noch nicht für ausreichend abgeschlossen erachtete Kodifizierung sonstiger Handlungsformen erklären. 95 Auch finden sich im sonstigen Gesetzestext durchaus Hinweise auf andere Handlungsformen, wie die Normsetzung, sei es als Verordnung oder Satzung, oder das Realhandeln. 96 Daran schließt sich aber die Frage an, ob ein numerus-clausus der bestehenden verwaltungsrechtlichen Handlungsformen angenommen werden muss. Einer mittlerweile an Rückhalt verlierenden Ansicht nach befinden sich die typisierten verwaltungsrechtlichen Handlungen in einem geschlossenen System. 97 Zur Begründung wird dabei vor allem auf die zwingende, klassische und schon verfassungsrechtlich angelegte Unterscheidung zwischen Norm und Einzelakt zurückgegriffen, die nicht durch weitere Mischformen untergraben werden dürfe. 98 Tatsächlich sind zwar in Norm und Einzelakt zwei grundlegend verschiedene und getrennte Positionen zu erblicken, jedoch ist dem Gesetz keine weitere Aussage zu diesem Fragenkomplex zu entnehmen. Vielmehr ist bei einem grundlegenden Blick auf das öffentliche Recht festzustellen, dass es sich dabei – im Vergleich zum Zivilrecht – um eine verhältnismäßig junge Disziplin mit einer aber umso stärker wandelhaften Vergangenheit handelt. 99 Durch die wechselnden politischen Grundbedingungen des Staates sind auch die Verwaltung als vollziehende Gewalt und mit ihr ihre Handlungsweisen stetigen Änderungen ausgesetzt. 95 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 122; Schleicher, DÖV 1976, 550 (552); Bonk, DVBl. 1986, 485 (493). 96 Für das Realhandeln vgl. beispielsweise §§ 7, 8 ProdSG oder § 25 Abs. 1 LDSG-SH. 97 von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (172); Sasse, DÖV 1962, 321 (322); Voigt, Die Rechtsformen staatlicher Pläne, S. 31 ff.; Renck, JuS 1967, 545 (546 Fn. 25); Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (51 ff.), kommt durch sein fehlerzentriertes Handlungssystem zu der Maßgeblichkeit der vier Handlungsformen Norm, Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag und Realakt. 98 von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (172); Renck, JuS 1967, 545 (546, Fn. 25). Hierbei muss aber berücksichtigt werden, dass sich große Teile der wissenschaftlichen Diskussion zu einem möglichen numerus-clausus der Handlungsformen an der Frage der Rechtsnatur von Verkehrszeichen entfacht haben. Andere Handlungsformen außer Rechtsvorschrift und Verwaltungsakt wie beispielsweise Pläne oder Willenserklärung spielten dabei eine untergeordnete Rolle.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Notwendige Anpassungsbemühungen und Effizienzoptimierungen innerhalb der auf ihre Zielvorgaben reagierenden Verwaltung können nach neuen Handlungsformen verlangen. 100 Zwar kann der Gesetzgeber dabei nicht alle Bedürfnisse voraussehen, muss aber immerhin verhindern, dass bestimmte Entwicklungen unmöglich gemacht werden oder in eine für die Allgemeinheit oder geschützte Einzelne schädigende Richtung verlaufen. 101 Von einem rechtsstaatlichen Verwaltungsrecht ist zu fordern, dass es sich nicht nur in seiner Rechtsanwendung dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit unterwirft, sondern auch bei der Konfrontation mit neuen Situationen der Verwaltungsrealität diese in rechtsstaatlich geprägter Weise prüft und ihre Lösungen weitestmöglich rechtlich ausformt. 102 In Analogie zu einer Theorie der funktionsgerechten Organstruktur 103 ist deshalb weiter zu fordern, dass staatliche Entscheidungen nicht nur möglichst richtig im Hinblick auf das handelnde Organ mit seiner Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise getroffen werden, sondern darüber hinaus auch durch eine möglichst richtige Handlungsstruktur. Die der Verwaltung zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten müssen von ihrer strukturellen Ausformung her die für die zu lösenden Verwaltungsaufgaben notwendigen und optimalen Eigenschaften aufweisen. 104 Durch einen numerus-clausus der Handlungsformen würde der Verwaltung die Erfüllung dieses rechtsstaatlichen Gebotes verwehrt bleiben. Ein abgeschlossener Kanon verwaltungsrechtlicher Handlungsformen kann damit nicht festgestellt werden und steht folglich auch der (Neu-)Entwicklung der Handlungsform der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nicht entgegen. 105 II. Verfahren der (Neu-)Entwicklung Betrachtet man den bisherigen Verlauf der (Neu-)Entwicklung von Handlungsformen, beispielsweise des öffentlich-rechtlichen Vertrages oder der Zusicherung, 99 Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 134. Ausführlich zu den grundlegenden Unterschieden zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht, auch im Hinblick auf die Wandelbarkeit, unten 3. Kap. 1. Abschn. 100 Fiedler, AöR 105 (1980), 79 (98 f.); Ossenbühl, JuS 1979, 681 (682 f.). 101 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 8. 102 Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 75. 103 Ausführlich dazu unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(4)(e). 104 Vgl. auch den Bereitstellungsauftrag der Handlungsformenlehre oben 1. Kap. 1 Abschn. B. 105 Ebenso gegen einen numerus-clausus der Handlungsformen Ossenbühl, JuS 1979, 681 (682 f.); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 134; Randelzhofer / Wilke, Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns, S. 84; Schulte, DVBl. 1988, 512 (513); Becker, DÖV 1985, 1003 (1008); Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (258); Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (51).

1. Abschn.: Handlungsformen der Verwaltung

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so ist festzustellen, dass die maßgeblichen Impulse nicht allein aus der Theorie gekommen sind, sondern vielmehr durch ein Zusammenwirken von Gesetzgebung, Rechtsprechung, Rechtswissenschaft und sonstiger Praxis erzielt werden konnten. 106 Besonders häufig ist sogar zu erkennen, dass ein in der Praxis bestehendes Bedürfnis eine theoretische Ausprägung nach sich zieht. 107 Auch die öffentlichrechtliche Willenserklärung wird von unterschiedlichsten Zweigen der Rechtswissenschaft und -anwendung wohl gesehen, erfährt dabei jedoch keine dogmatische Durchdringung. 108 Fraglich ist nun, nach welchem Muster das im Rahmen der (Neu-) Entwicklung einer Handlungsform notwendige Zusammenfügen des vorhandenen Bestandes an dogmatischen Regeln und die Strukturierung noch nicht typisierter Regelungskomplexe von statten geht. Eine Handlungsform muss praktikabel und effizient sein, wirtschaftlich und zeitgerecht sowie flexibel und transparent. 109 Diese vor allem verwaltungswissenschaftlichen Aspekte müssen auf einem juristischen Fundament ruhen. Für die schon dargestellte Typisierung ist das Herausbilden der formprägenden Kriterien eine richtungweisende Vorentscheidung. Zwar ist hierbei neben der Wahl der Funktionen einer Handlungsform als entscheidender Faktor 110 theoretisch auch eine Anknüpfung an die Verwaltungszwecke und Aufgaben möglich, 111 doch würde sich bei den Kriterien Verwaltungszweck und Aufgaben erneut die Vielfalt der Verwaltungstätigkeit zu einem Problem entwickeln. Wenn schon aus diesem Grund eine positive Begriffsbestimmung der Verwaltung schwer fällt, so muss sehr zweifelhaft sein, ob auf gleichem Wege eine Typisierung des Verwaltungshandelns erreicht werden kann. 112 Wird weiter berücksichtigt, dass das Ziel der vorliegenden Untersuchung eine vor allem juristisch nutzbare Handlungsform ist, so drängt dies zu der Verwendung allein funktionaler Kriterien, wie beispielsweise Verfahrensanforderungen. 113 Hierbei sollen auch Rechts- und Fehlerfolgen als Merkmale der Erfolgsdimension in den 106 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (682); Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (49); Pitschas, in: Blümel / Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, S. 229 (239). 107 Ossenbühl, JuS 1979, 681 (682). 108 Vgl. die Fundstellen oben Einl., Fn. 19, 20. 109 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 44, Rn. 3. 110 Vgl. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 23 f., der aber, sofern Handlungsformen als Instrumente, die das Tätigwerden der Verwaltung mit bestimmten Zielen positiv lenken sollen, verstanden werden sollen, die gleichzeitigen Kriterien Rechts- und Fehlerfolgen ablehnt. 111 In diesem Sinne Badura, DÖV 1966, 624 (632 f.); vgl. auch ders., Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 37 f. 112 Bachof, VVDStRL 30 (1972), 119 (223 ff.); Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 18.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Typisierungsprozess einfließen, ohne dabei jedoch Aspekte der Handlungsdimension außer Acht zu lassen. 114 Die konkrete Bildung einer Handlungsform hat nach Schmidt-Aßmann in zwei Schritten zu erfolgen. 115 Zu beginnen ist mit dem Herausbilden einzelner Elemente aus der komplexen Realität des Verwaltungshandelns, die sodann auf ihre Bedeutung im Handlungszusammenhang untersucht werden. Die Bestimmung der zu untersuchenden Elemente richtet sich nach den obigen funktionalen Kriterien. Als Träger solcher Elemente können alle der Verwaltung zurechenbaren Verhalten vorkommen, sei es als Tun, Dulden oder Unterlassen. Berücksichtigungsfähig sind dabei auch entscheidungsvorbereitende oder nicht-finale Tätigkeiten. 116 Diese abstrahierten Bausteine verwaltungsrechtlichen Handelns werden in einem zweiten Schritt zu festen Typisierungen systematisiert. Indem die zu verarbeitenden Elemente aus der gesamten Praxis der Verwaltungstätigkeit stammen, ist bei der Begriffsbildung auf ein hohes Abstraktionsniveau zu achten, so dass eine Verwendung der Handlungsform und ihrer typisierten Bestandteile in weitestgehend allen Verwaltungsbereichen möglich bleibt. Ein weiterer wesentlicher Prozess im Rahmen der eigentlichen Typisierung stellt die Verknüpfung von Handlungsqualifikationen und Rechtsfolgen dar. 117 Auch hierbei ist erneut auf die obigen Kriterien zurückzugreifen. Die Anforderungen an die Tatbestandsebene einer Handlungsform sollten umso weitreichender sein, je gravierender ihre Rechtsbzw. Fehlerfolgen sein können. 118 Eine effektive Erfüllung der Schutz- und Bewirkungsaufträge, denen sich eine Handlungsform gegenübergestellt sieht, kann nur dann gesichert werden, wenn zwischen dem Handlungs- und Erfolgspol ein adäquates Verhältnis besteht. 119 Die Adäquanz ist ferner auszufüllen mit besonderen Verfassungsvorgaben und allgemeinen Grundsätzen über die Stellung der Exekutive im Staatsaufbau. Daneben gilt es den Vorgang der Entscheidungsfindung in der Verwaltung zu berücksichtigen. Die bisher verwendeten Kriterien können auch dazu führen, dass in einer typisierten Handlungsform Untergruppen gebildet werden, die wiederum Ziel 113 Vgl. zu einer Abgrenzung der verschiedenen Handlungsformen nach verwaltungswissenschaftlichen Aspekten oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. 114 Vgl. die diesbezügliche Kritik oben 1. Kap. 1 Abschn. B. I.1. 115 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533 ff.). 116 Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (29). Dort auch zu einem normativen Handlungsbegriff der Verwaltung Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533). 117 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534). 118 Vgl. Pitschas, in: Blümel / Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, S. 229 (240). 119 Vgl. zum Schutz- und Bewirkungsauftrag der Handlungsformenlehre oben 1. Kap. 1. Abschn. B.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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eigenständiger, dogmatischer Ausformungen sein können. 120 Die praktischen Verschiedenheiten des tatsächlichen Verwaltungshandelns, die zur Bildung von Untergruppen führen, sind es auch, die den generell-abstrakten Strukturvorgaben einer Handlungsform im Zweifelsfall nur Leitcharakter zukommen lassen. Sollte ein tatsächliches Handeln sich nicht in eine Handlungsform einordnen lassen, so besteht die Möglichkeit, eine Analogie zu der systematisch am nahe stehensten Handlungsform zu bilden. 121 In Anlehnung an rechtsstaatliche Grundlagen und die Wesentlichkeitstheorie ist schließlich als weitere Leitlinie zu fordern, dass, je weitreichender die rechtlichen Folgen einer Handlungsform sein können, desto normativ stärker ausgeprägt ihre Typisierung zu sein hat. 122

2. Abschnitt

Bestimmung des Untersuchungsgegenstands Nachdem das Konstrukt einer Handlungsform für die Einpassung der Willenserklärung vorbereitet ist, geht es nunmehr um die Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes. Allgemein wird die Willenserklärung beschrieben als eine Willensäußerung, die auf Erzielung eines rechtlichen Erfolges gerichtet ist. 123 Dies fordert zum einen eine Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes mittels einer klärenden Abgrenzung zu anderen verwaltungsrechtlichen Handlungsformen. Zum anderen kann sich die vorliegende Untersuchung nicht mit jeder Willenserklärung befassen, die unter die obige Definition fällt. Infolge dessen ist eine Eingrenzung dieser Definition notwendig.

A. Abgrenzung zu anderen Handlungsformen Die Verwaltung kann in verschiedensten Formen rechtlich handeln. Die Einteilung in Handlungsformen richtet sich an Merkmalen wie Verfahrensweisen, Funktionen und Rechtsfolgen aus, so dass durch die Gegenüberstellung der Willenserklärung mit anderen Handlungsformen nicht nur der Untersuchungsgegen120 Als Beispiel sei auf den Verwaltungsakt mit „Doppelwirkung“, „Drittwirkung“ oder „Dauerwirkung“ verwiesen, vgl. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (534). 121 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (533). 122 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 64 f. 123 BGH NJW 2001, 289 (290); Brox / Walker, BGB AT, Rn. 82; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 1; Hübner, BGB AT, Rn. 662; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 1; Flume, BGB AT II, § 4.5; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 1; Rüthers / Stadler, BGB AT, § 17, Rn. 1; Bork, BGB AT, Rn. 566. Vgl. zu der Gerichtetheit auf einen rechtlichen und nicht wirtschaftlichen Erfolg unten 4. Kap. 2. Abschn. A.III.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

stand näher gekennzeichnet ist, sondern zugleich schon wesentliche dogmatische Funktionen und Strukturen der Handlungsform „öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ herausgearbeitet werden können. I. Unterscheidung zwischen rechtlichem Können, rechtlichem Dürfen und Auslegung Der Erarbeitung der folgenden Abgrenzungskriterien sowie weiterer Grundkonzeptionen im Recht der den Gegenstand dieser Arbeit bildenden Handlungsform liegt die Unterscheidung zwischen dem rechtlichen Können, dem rechtlichen Dürfen und der Auslegung eines Verwaltungshandelns zugrunde. Das bedeutet, dass eine tatsächliche Erklärung oder ein sonstiges Verwaltungshandeln und deren Zugehörigkeit zu einer Handlungsform unter drei Aspekten betrachtet werden kann. Die Frage nach dem rechtlichen Können bezieht sich auf die Voraussetzungen, die eine typisierte Handlungsformenkategorie an Erklärungen oder sonstiges Verwaltungshandeln stellt. Bei Einhaltung dieser Voraussetzungen kann die Verwaltung in Gestalt dieser Handlungsform aktiv werden. Hierin spiegelt sich der Gedanke wieder, dass, auch wenn die Verwaltung zwar in bestimmten Handlungsformen handeln „kann“, allein aus deren Vorliegen noch nicht auf ihre Rechtmäßigkeit geschlossen werden kann, also dies nicht gleichbedeutend mit dem rechtlichen „Dürfen“ ist. 124 Die Frage nach dem Vorliegen einer konkreten Erscheinungsform einer Handlungsform wird gerade nicht durch das darauf bezogene rechtliche Dürfen berührt. Das rechtliche Dürfen bezieht sich also auf die rechtliche Zulässigkeit, eine bestimmte Handlungsform in einer bestimmten Situation zu nutzen. Es stellt die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um mittels einer Handlungsform rechtmäßig zu handeln. Die Frage der Rechtmäßigkeit einer Handlung ist von der Einordnung in eine Handlungsformenkategorie zu trennen und ist erst im Anschluss daran, in Gestalt der Frage, ob die Verwaltung auch mittels dieser Handlungsform handeln durfte, zu erörtern. Das Vorliegen der durch das rechtliche Können geschaffenen Voraussetzungen der Handlungsform ist folglich Voraussetzung für die 124 Anschaulich lässt sich diese Aufspaltung anhand der zivilrechtlichen Vertretungsmacht darstellen, vgl. Larenz / Wolff, BGB AT, § 46, Rn. 135 ff. Bei dieser „kann“ der Vertreter im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt für den Vertretenen rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben. Aufgrund des dem Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses kann jedoch das rechtliche Dürfen eingeschränkt sein, ohne dass sich dies auf die Vertretungsmacht im Außenverhältnis auswirkt, vgl. auch Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 80, Fn. 264; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 45. Scheinbar a. A. BVerfGE 11, 89 (100), wo das Vorliegen einer Verordnung unter Hinweis auf die fehlende Kompetenz zum Erlass einer Verordnung abgelehnt wird.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Erörterung ihres rechtlichen Dürfens. 125 Während dementsprechend die Anforderungen des rechtlichen Dürfens von der konkreten Verwendungssituation und der jeweiligen Handlungsform abhängig sind, bestehen die Voraussetzungen des rechtlichen Könnens abstrakt und unabhängig vom Einzelfall. Die Voraussetzungen des rechtlichen Könnens als Kriterien zur Einordnung einer bestimmten Verwaltungshandlung in eine Handlungsform gehen so der Erörterung des rechtlichen Dürfens vor. Von diesen beiden Kategorien zu trennen ist weiter die Frage der Auslegung einer Erklärung oder sonstigen Verwaltungshandelns. Die Auslegung nimmt eine Mittlerrolle zwischen dem rechtlichen Können und dem rechtlichen Dürfen ein. Einerseits hat sie zum Ziel, den in einer Erklärung oder sonstigem Verwaltungshandeln rechtlich maßgeblichen Sinn – also das für das rechtliche Dürfen Relevante – zu ermitteln. 126 Andererseits orientiert sich die Auslegung an den Kriterien, die im Rahmen des rechtlichen Könnens für eine Handlungsform aufgestellt sind. Das Verfahren der Auslegung untersucht also anhand der Anforderungen des rechtlichen Könnens, welche Handlungsform in einer konkreten Situation vorliegt, damit anschließend deren rechtliche Zulässigkeit (rechtliches Dürfen) erörtert werden kann. Dennoch können alle drei Aspekte voneinander abweichen, was an einem Beispiel dargestellt werden soll. Erfüllt eine von der Verwaltung abgegebene Äußerung die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG, so handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Das bedingt aber nicht, dass die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt in dieser Situation auch rechtmäßig war. Dies zeigt sich auch daran, dass die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts nichts an dessen Qualität als Verwaltungsakt ändert. 127 Es liegt in einem solchen Fall eben ein rechtswidriger Verwaltungsakt vor. Die Verwaltung „konnte“ zwar mittels Verwaltungsakt handeln, sie „durfte“ es aber nicht. Möglich ist auch, dass diese Äußerung zwar die Voraussetzungen der Handlungsform Verwaltungsakt erfüllen könnte (und vielleicht von Seiten der Behörde dies auch gewollt war), sie sich aber für den Bürger im Wege einer Auslegung als 125 Problematisch kann mitunter die Abgrenzung zwischen Merkmalen des rechtlichen Könnens und des rechtlichen Dürfens sein. Entscheidend für ein Merkmal nicht nur des rechtlichen Dürfens, sondern gerade des rechtlichen Könnens wird sein, dass bei seinem Fehlen nicht mehr vom Vorliegen einer Erscheinungsform der fraglichen Handlungsform gesprochen werden kann. Neben den typischen Wesensmerkmalen der Handlungsform, wie sie für den Verwaltungsakt beispielsweise in § 35 S. 1 VwVfG genannt sind, könnte von einem Merkmal des rechtlichen Könnens für den Verwaltungsakt auch bei der Nichtigkeit nach § 44 VwVfG gesprochen werden. 126 Vgl. nur Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 1. 127 BVerwG NVwZ 1985, 264 (264); NJW 1990, 2482 (2482); BSG DVBl. 1987, 850 (850); BFH NVwZ 1987, 1118 (1119); Ehlers, NVwZ 1983, 446 (450); Zimmer, DÖV 1980, 116 (120). Eine Ausnahme hiervon könnte man bei der Nichtigkeit nach § 44 VwVfG in Betracht ziehen.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

eine Verordnung oder bloße Willenserklärung darstellt, so dass für die Erörterung des rechtlichen Dürfens dann vom Vorliegen der Handlungsform Verordnung oder Willenserklärung auszugehen ist. 128 Die Voraussetzungen der Handlungsform Verwaltungsakt „können“ beispielsweise schon nicht erfüllt werden durch eine Handlung, die auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. Maßgeblich ist zum jetzigen Zeitpunkt der Untersuchung eine objektive Abgrenzung zwischen den verschiedenen Kategorien von Handlungsformen anhand ihrer Wesensmerkmale. Maßstab für die Abgrenzung der verschiedenen Handlungsformen untereinander ist damit nur das rechtliche Können. Sowohl die Feststellung des rechtlichen Dürfens als auch Fragen der Qualifizierung einer konkreten Handlung der Verwaltung anhand einer Auslegung sind später zu erörtern. 129 Letztere hätte die Aufgabe, im Einzelfall das Vorhandensein der im Folgenden entwickelten Kriterien festzustellen. II. Privatrechtliche Willenserklärungen 130 Die Willenserklärung ist primär ein privatrechtliches Handlungsinstrument. Sie ist neben Vertrag und Rechtsgeschäft eines der drei Grundelemente der zivilrechtlichen Vertrags- und Rechtsgeschäftslehre. 131 Grundlegend für den hier behandelten Untersuchungsgegenstand ist jedoch seine Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht. Privatrechtliche Willenserklärungen, wie sie die Verwaltung beispielsweise im Bereich der Fiskalverwaltung oder des erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens abgeben kann, 132 sollen ausdrücklich nicht behandelt werden. 133 Dementsprechend findet sich zur Abgrenzung hiervon vornehmlich die Formulierung, die Willenserklärung müsse „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ liegen. 134 Was sich hinter dieser Umschreibung verbirgt, bleibt mitunter unklar. Allgemein beruht dieser Gedanke freilich auf der Abgrenzung zwischen dem 128

Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 16 m.w. N. Dazu ausführlich unten 6. Kap. 6. Abschn. B. 130 Nach dem bisher Dargelegten muss zumindest zweifelhaft sein, ob die privatrechtliche Willenserklärung im Verhältnis zur öffentlich-rechtlichen Willenserklärung tatsächlich eine eigenständige Handlungsform bildet oder ob es sich dabei um eine gemeinsame Handlungsform handelt, die lediglich unterschiedlicher Rechtsnatur ist bzw. in zwei verschiedenen Rechtsformen vorliegt, vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. A.III. Für den Gang der vorliegenden Arbeit erscheint es wegen der vergleichbaren Strukturen jedoch am systematischsten, die Abgrenzung zur privatrechtlichen Willenserklärung im Rahmen der Abgrenzung zu anderen Handlungsformen vorzunehmen. 131 Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 41; Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 1; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 1. 132 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 7 ff. 133 Dazu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 172 ff.; Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, S. 195 ff. 129

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Privatrecht und dem öffentlichen Recht. Die Abgrenzungsbemühungen zwischen diesen beiden Teilrechtsordnungen sind so alt, wie die Entstehung eines eigenständigen öffentlichen Rechts selbst. 135 Blickt man in aktuelle Veröffentlichungen, so finden sich vor allem drei Abgrenzungstheorien, die allgemein zu diesem Zweck angewandt werden: die Interessentheorie, die Subordinationstheorie und die modifizierte Subjektstheorie. 136 Ausgerichtet sind diese Theorien jedoch auf die Zuordnung von Rechtssätzen. 137 Eine solche allgemein für jede Willenserklärung geltende Norm findet sich aber nicht. 138 Es wird sich deshalb zeigen müssen, welcher Anknüpfungspunkt für die Zuordnung zum Gebiet des öffentlichen Rechts maßgeblich ist und inwiefern dabei die gängigen Abgrenzungstheorien, gegebenenfalls unter leichten Modifizierungen, hilfreich sind. 1. Rechtsfolgen als maßgebliches Abgrenzungskriterium Eine häufig anzutreffende Konkretisierung der obigen Formulierung nimmt Bezug auf die Rechtsfolgen. Entscheidend für die Zuordnung der gesamten Willenserklärung zu dem Gebiet des öffentlichen Rechts soll sein, ob die Rechtsfolgen der Willenserklärung öffentlich-rechtlicher Natur sind. 139 Ein solches Vorgehen ist allerdings Problemen ausgesetzt, die es im Ergebnis als nicht zweckmäßig erscheinen lassen. 140

134 Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (297). In diese Richtung, jedoch mit sogleich zu behandelnden Ergänzungen Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (319); ders., BayVBl. 1958, 325 (325); Turegg / Kraus, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 104; Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 107; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 1; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 3; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 23 ff. 135 Zu früher vertretenen Abgrenzungskriterien, vgl. Schmidt, Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, S. 81 ff. Zur Entstehung eines eigenständigen öffentlichen Rechts unten 3. Kap. 1. Abschn. A. 136 Vgl. allgemein Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 221 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 14 ff.; Ipsen / Koch, JuS 1992, 809 (809 ff.); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 8 ff.; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11, Rn. 15 ff.; Erichsen, Jura 1982, 537 (537 ff.). 137 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 220; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 14; Erichsen, Jura 1982, 537 (538). 138 Vgl. auch unten 1. Kap. 3. Abschn. A. I.; 3. Kap. 2. Abschn. A. 139 Vgl. oben die Nachweise 1. Kap., Fn. 134. 140 Gegen eine Anknüpfung an die Rechtsfolgen zum Zwecke der Zuordnung zum Privatrecht oder öffentlichen Recht im Ergebnis auch Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 208; Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 270.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

a) Problem der Variabilität der Erklärungshandlung Die Idee, zur Qualifikation einer Willenserklärung auf die jeweils erzeugten Rechtsfolgen zurückzugreifen, wurde, soweit ersichtlich, zum ersten Mal von Küchenhoff 141 vorgeschlagen. Seine Ausführungen hatten dabei ausschließlich die öffentlich-rechtliche Willenserklärung des Bürgers zum Gegenstand. Für diese trennte er zwischen der Erklärungshandlung des Bürgers und dem dadurch hervorgerufenen Rechtserfolg. 142 Für die Erklärungshandlung stellte Küchenhoff fest, dass diese „ihrem Wesen nach stets privatrechtlicher Natur“ sei. 143 Da sich Unterschiede dann nur in den herbeigeführten Rechtserfolgen zeigen würden, sollten diese Anknüpfungspunkte für eine Abgrenzung von Willenserklärungen des Bürgers sein. Handlungen öffentlicher Stellen können aber sowohl auf der Handlungs- als auch Ergebnisebene entweder privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur sein. Damit drängt sich, mangels vergleichbarer Ausgangslage, für Erklärungen einer öffentlichen Stelle eine Anknüpfung an gerade die Rechtsfolgen als Variable nicht auf, obwohl dies in der Literatur ein weit verbreitetes Vorgehen darstellt. Zudem sollte eine Abgrenzungsregelung sowohl auf Erklärungen des Bürgers als auch öffentlicher Stellen einheitlich anwendbar sein und für alle öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen gleichermaßen gelten. b) Problem der rechtsgebietübergreifenden Rechtsfolgen Selbst wenn man eine Abgrenzung anhand der Rechtsfolgen vornehmen wollte, stellt sich das Problem rechtsgebietübergreifender Rechtsfolgen. So musste Küchenhoff für die Willenserklärung öffentlicher Stellen zugeben, dass ihre Rechtsfolge zwar auf dem Gebiet des Privatrechts liegen könne, es sich aber trotzdem um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung handle. 144 So ist denkbar, dass Träger öffentlicher Gewalt öffentlich-rechtlich handeln und gleichwohl privatrechtliche Folgen erzeugen. 145 Es zeigt sich damit die Untauglichkeit des Abgrenzungskriteriums „Rechtsfolgen“ zur allgemeinen Verwendung. Es besteht gerade kein notwendiger und ausschließlicher Zusammenhang zwischen öffentlich-rechtli141 Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (319); ders., BayVBl. 1958, 325 (325). 142 Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (319). 143 Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (319). 144 Beispiele hierfür sollen der amtsgerichtliche Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren über ein Grundstück oder der Enteignungsbeschluss im Enteignungsverfahren sein, Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (319). Darüber konnte er jedoch noch hinwegsehen, da er sich ausschließlich mit der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung des Bürgers beschäftigte. 145 Vgl. dazu unten 3. Kap. 1. Abschn. B.III.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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chem Handeln und Rechtsfolgen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Zwar werden in den seltensten Fällen Sachverhalte auftauchen, in denen die Rechtsfolgen ausschließlich auf dem Gebiet des Privatrechts liegen. Gleichwohl schwierig erscheinen jedoch die Konstellationen, in denen die in Frage stehende Erklärung rechtliche Konsequenzen für beide Teilrechtsordnungen erzeugt. 146 Es würde sich die Frage stellen, welche Rechtsfolgen konkret einen Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung darstellen sollen und welche nicht. Wollte man an dieser Stelle beginnen, etwa zwischen final intendierten und Neben-Rechtsfolgen verschiedener Qualitäten zu unterscheiden, würde man jeden vorhersehbaren und stabilen Rahmen verlassen und stattdessen unregelmäßige Einzelfallentscheidungen zu Tage fördern. Nicht nur wegen der möglicherweise privatrechtlich hervorgerufenen Rechtsfolgen öffentlich-rechtlichen Handelns, sondern auch wegen eines möglichen Dualismus der Rechtsfolgen sind grundlegende Zweifel an der Anknüpfung an den Rechtsfolgen zur Abgrenzung angezeigt. c) Problem der Rechtsnatur der den Rechtsfolgen zugrunde liegenden Normen Selbst wenn man den fehlenden Zusammenhang zwischen Rechtsnatur des Handelns und Rechtsfolge überwunden und eine einzelne Rechtsfolge isoliert hätte, an die zur Abgrenzung angeknüpft werden könnte, wären noch nicht alle Probleme gelöst. So können die Rechtsfolgen einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung auch aus verschiedenen Rechtsgebieten stammen. Beispielsweise ergeben sich die Rechtsfolgen eines Amtshilfeersuchens aus den §§ 4 ff. VwVfG, insbesondere §§ 7, 8 VwVfG. Im Gegensatz dazu stammen die Rechtsfolgen einer im öffentlichen Recht angesiedelten Aufrechnungserklärung aus § 389 BGB. Ohne vorgreifen zu wollen, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass sich im letzteren Beispiel die Rechtsfolgen nicht aus einer direkten Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches ergeben, sondern vielmehr durch eine Verweisung, subsidiäre Anwendung, Analogie oder aufgrund eines allgemeinen Rechtsgedankens bzw. Rechtsgrundsatzes. 147 Doch auch der Verweis auf diese dogmatischen Strukturen ist nur bedingt hilfreich. So wäre zu klären, ob eine Analogie tatsächlich zu dem Entstehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtssatzes führt oder ob sich die Anwendbarkeit des öffentlichen Rechts vielmehr aufgrund der vergleichbaren Interessenlage über einen engen Sach- und Funktionszusammenhang ergibt. 148 Bei der Annahme 146 Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 273, gibt das Beispiel einer Streitigkeit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer im Wege der Verwaltungsvollstreckung erfolgten Pfändung in den Anspruch auf Kindergeld. 147 Dazu unten ausführlich 6. Kap. 1. Abschn. 148 Zu letzterer Variante vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 46; Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 324.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes würde sich stattdessen die Frage stellen, ob dessen subsumierungsfähige Konkretisierung schon unmittelbar ein Bestandteil des öffentlichen Rechts ist. 149 Ohne ausführliche Erörterungen über diese Fragen und dogmatischen Strukturen anzustellen, erscheint eine Nutzung der Rechtsfolgen als Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht, abseits der anderen dargestellten Einwände, kaum möglich. 2. Hinter der Willenserklärung stehendes Interesse als maßgebliches Abgrenzungskriterium Eine der gängigerweise verwendeten Abgrenzungstheorien ist die Interessentheorie. Nach ihr ist auf die Interessenrichtung eines Rechtssatzes abzustellen. 150 Wird durch einen Rechtssatz die Verfolgung eines öffentlichen Interesses bezweckt, so liegt öffentliches Recht vor, werden hingegen private Interessen verfolgt, liegt Privatrecht vor. Die sich wegen des Fehlens eines allgemein für die Willenserklärung geltenden Rechtssatzes notwendige Modifizierung dieses Abgrenzungskriteriums ließe sich schnell finden. So könnte darauf abgestellt werden, welches Interesse hinter der betreffenden Willenserklärung steht. Dient die einzelne Willenserklärung der Verwirklichung eines öffentlichen Interesses, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung, wird sie allerdings in einem privaten Interesse abgegeben, liegt eine privatrechtliche Willenserklärung vor. Die Logik dieser Grundidee ist offensichtlich. 151 Das grundsätzliche Problem dieser Interessenabgrenzung, sei es mit oder ohne die vorliegende Modifizierung, ist jedoch ihre fehlende Schärfe. 152 Genauso wie viele Rechtssätze sowohl öffentlichen als auch privaten Interessen dienen, ist dies auch für Willenserklärungen festzustellen. Darüber hinaus fällt schon eine grundlegende Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Interesse schwer. 153 Verschärft wird die Situation dadurch, dass auch das Privatrecht in gewissen Bereichen letztlich dem öffentlichen Interesse dient. 154 Schließlich sei auf praktische Schwierigkeiten dieser Interessenvermischung hingewiesen. So ist nur an das Beispiel privatrechtsgestaltender Hoheitsakte zu denken, bei denen sich öffentlich-rechtliches Handeln privatrecht149 So Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 324. Vgl. dazu allgemein unten 3. Kap. 2. Abschn. 150 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 222; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 15; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 15; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11, Rn. 17; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 102. 151 Schmidt, Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, S. 86. 152 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 6. 153 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 15; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 15. 154 Vgl. unten 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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lich auswirkt. 155 Und ebenso ist umgekehrt anzuerkennen, dass privatrechtliches Handeln der Verwaltung durchaus öffentliche Interessen verfolgt. 156 Unter Berücksichtigung der verwaltungsinternen Entscheidungsvorgänge werden diese teilrechtsordnungüberschreitenden Wirkungen und Interessenberührungen oftmals gewollt sein, geschehen sie doch aufgrund der Verwirklichung einer Vielzahl von Verwaltungszielen. 157 Ebenso wie eine Anknüpfung an die Rechtsfolgen erscheint eine Maßgeblichkeit der hinter der Willenserklärung stehenden Interessen wegen deren Vielschichtigkeit nur schwer möglich. 3. Enger Sach- und Funktionszusammenhang als maßgebliches Abgrenzungskriterium Teilweise wird vertreten, für die Zuordnung einer Willenserklärung zu dem Gebiet des öffentlichen Rechts sei ein enger Sach- und Funktionszusammenhang zu einem öffentlich-rechtlichen Zweck bzw. Aufgabenbereich erforderlich. 158 Dieses Abgrenzungskriterium wird mangels Bestehens von Rechtsnormen allgemein vor allem für die Behandlung von Realhandeln verwendet. 159 Der Grund hierfür liegt insbesondere darin, dass für Realhandeln kaum andere Anknüpfungspunkte für eine Abgrenzung möglich erscheinen. 160 Die Nutzung dieses Abgrenzungskriteriums für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung wird jedoch problematischer, sobald man den geforderten engen Sachzusammenhang näher definiert. Eine privatrechtliche Tätigkeit soll dann vorliegen, wenn die betreffende Handlung eine „so enge Nähe zu privatrechtlichen Handlungsweisen der Verwaltung [aufweist], dass der Rechtscharakter dieser Handlungsweisen auf die Tathandlung abfärbt“. 161 Versteht man die „privatrechtlichen Handlungsweisen“ als Möglichkeit der Verwaltung, sich auch privatrechtlicher Willenserklärungen zu bedienen, wird eine Verneinung eines „Abfärbungsprozesses“ nur schwer möglich sein. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass zumindest Teilaspekte beider Arten von Willenserklärungen einer identischen rechtlichen Behandlung unterfallen. 162 Bei einem solchen Verständnis müssten alle in Frage stehenden Willenserklärungen in gleicher Weise entweder dem Privatrecht oder 155

Unten 3. Kap. 1. Abschn. B.III. Ipsen / Koch, JuS 1992, 809 (810). 157 Vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II. 158 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 383, 391. 159 Vgl. zum Erfordernis eines engen Sach- und Funktionszusammenhanges bei Realhandeln Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 22; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 111a. 160 Vgl. Christ, Die Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, S. 86 ff. 161 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 393; ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 498. 162 Siehe dazu ausführlich unten 7. Kap. 156

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

öffentlichen Recht unterfallen, nur deshalb, weil sie der ursprünglichen privatrechtlichen Willenserklärung ähnlich sind oder gerade nicht. Bei konsequenter Handhabung dieses Ansatzes würden die abstrakten Merkmale der Handlungsform (öffentlich-rechtlicher) Willenserklärung über die Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht entscheiden. Das Gebiet des öffentlichen Rechts wäre schon durch die Regelungen erreicht, die aus dem öffentlichen Recht entstammen und die öffentlichrechtliche Willenserklärung charakterisieren. Der Terminus „privatrechtliche Handlungsweisen“ kann deshalb kaum abstrakt auf eine bestimmte Handlungsform bezogen werden, sondern vielmehr auf einen konkreten Bereich von Verwaltungstätigkeit, der privatrechtlich ausgestaltet ist. Weist also die betreffende Willenserklärung eine besondere Nähe zu einem ansonsten privatrechtlich ausgestalteten Handlungsbereich der Verwaltung auf, liegt auch eine privatrechtliche Willenserklärung vor. Jede von der Verwaltung abgegebene Willenserklärung könnte einzeln zugeordnet werden. Problematisch bleibt aber die Qualifizierung eines hinreichend engen Sachzusammenhanges. Hierbei sind Anleihen an dem Interessengedanken der gleichnamigen Abgrenzungstheorie zu erkennen. 163 Schon dort war die Bestimmung eines öffentlich-rechtlichen Interesses oder Zweckes schwierig aufgrund der in der Regel auftretenden Interessenbündel. 164 Ähnlich der Interessentheorie erscheint das Kriterium eines engen Sach- und Funktionszusammenhanges wegen seines universellen Anknüpfungspunktes für vielfältigstes Verwaltungshandeln anwendbar, um eine Abgrenzung zum Privatrecht zu erzeugen. Dies kann jedoch zu Lasten der Bestimmtheit gehen. 4. (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis als maßgebliches Abgrenzungskriterium Erfolgversprechender scheint eine Einbeziehung des Rechtsverhältnisses zu werden. 165 Eine Willenserklärung zeichnet sich dadurch aus, dass sie auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist. Nach zivilrechtlichem Verständnis ist jede Willenserklärung zugleich notwendiger Bestandteil und Kern eines Rechtsgeschäftes. 166 Gleichzeitig sind Rechtsgeschäfte und damit Willenserklärungen hauptsächlicher Entstehungsgrund für Rechtsverhältnisse. 167 Die Abgabe 163

So auch Rennert, in: Eyermann, VwGO, § 40, Rn. 81. Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.II.2. 165 Zu der Relevanz der Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses in der Rechtsprechung vgl. BVerfGE 42, 103 (113); 67, 100 (123); BGHZ 102, 280 (283); 108, 284 (286); BVerwGE 27, 314 (315); 38, 1 (4); 87, 115 (119); 89, 281 (282); 96, 71 (73). 166 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 104, Rn. 2; Medicus, BGB AT, Rn. 244; Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 3; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 96. 167 Larenz / Wolf, BGB AT, § 13, Rn. 12. 164

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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einer Willenserklärung führt somit als Rechtsfolge notwendigerweise zu einer Beeinflussung eines Rechtsverhältnisses, sei es dass damit eine Begründung, Veränderung oder Aufhebung verbunden ist. 168 Spielt sich dieses rechtstechnisch im öffentlichen Recht, genauer gesagt im Verwaltungsrecht ab, so ist ein Verwaltungsrechtsverhältnis betroffen. Das Rechtsverhältnis bildet den Rahmen, innerhalb dessen die Willenserklärung abgegeben wird. Indem das (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis die aus einem konkreten Sachverhalt ergebenden, dem Verwaltungsrecht zuzuordnenden Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten beschreibt, wäre sowohl die Möglichkeit gegeben, näher auf die Qualifikation der Beteiligten am (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis einzugehen, als auch auf die im Rahmen des (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis einzubeziehenden Rechtssätze. 169 Dabei erscheint es sowohl möglich, auf das Rechtsverhältnis gerade zwischen den Beteiligten abzustellen, als auch auf das Rechtsverhältnis, aus dem heraus einer der Beteiligten handelt. 170 Hierbei rückt erneut die Anwendbarkeit gängiger Abgrenzungstheorien ins Blickfeld. a) Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten Die zur Abgrenzung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht vertretene Subordinationstheorie bezieht ihre wesentliche Aussage aus den Erscheinungen der Verwaltung im 19. Jahrhundert, die auf Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Eingriffsverwaltung beschränkt war. 171 Nach ihr soll ein Rechtssatz dann öffentlichrechtlich sein, wenn er ein Über- / Unterordnungsverhältnis zum Bürger begründet. 172 Eine Anpassung an die Gegebenheiten des Instituts der Willenserklärung wird durch den Umstand erleichtert, dass teilweise schon auf den Bezugspunkt eines Rechtssatzes in der soeben dargelegten Definition verzichtet und stattdessen lediglich auf das Verhältnis zwischen zwei Rechtssubjekten abgestellt wird. 173 Eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung könnte somit dann vorliegen, wenn zwischen den Beteiligten des (Verwaltungs-)Rechtsverhältnisses, innerhalb des-

168 Gerade im öffentlichen Recht gibt es daneben freilich weitere Möglichkeiten für die Beeinflussung eines Rechtsverhältnisses, so vor allem Rechtssätze. 169 Vgl. Christ, Die Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, S. 96. Zum Verwaltungsrechtsverhältnis oben 1. Kap. 1. Abschn. B. I.2. 170 Rennert, in: Eyermann, VwGO, § 40, Rn. 32. 171 Schmidt, Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht, S. 95; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 101; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 15. 172 Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 15; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 15; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11, Rn. 16; Ipsen / Koch, JuS 1992, 809 (811). 173 Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 101. Allgemein kritisch zum Bezugspunkt eines Rechtssatzes Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 294.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

sen die Willenserklärung abgegeben wird, ein Über- / Unterordnungsverhältnis besteht. Aber auch bei einer dementsprechenden Modifizierung ist, ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, festzustellen, dass sich Bürger und Verwaltung im Rahmen ihrer Möglichkeiten gleichermaßen einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung bedienen können. Zwar ist die Willenserklärung auf die Herbeiführung rechtlicher Folgen gerichtet und mag dies auch einseitig erreichen, doch ist dies nicht Ausdruck eines wie auch immer gearteten Über- / Unterordnungsverhältnisses, sondern ergibt sich aus der Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Wird beispielsweise mit der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung ein Zurückbehaltungsrecht oder eine Aufrechnung geltend gemacht, so mag dies als eine einseitige Regelung erscheinen, auf die der Empfänger der Willenserklärung keinen Einfluss hat. Doch ergeben sich diese einseitigen Wirkungen, die als einziges zur Begründung eines Über- / Unterordnungsverhältnisses in Betracht kommen würden, nicht aus der Benutzung der Handlungsform öffentlich-rechtliche Willenserklärung, sondern etwaigen bestehenden Ansprüchen. Diese zu einer anscheinenden Einseitigkeit führenden Rechtssituationen können jedoch sowohl für die Verwaltung als auch für den Bürger vorliegen und werden nicht durch die Qualifikation als öffentliche Stelle oder Bürger vorgezeichnet. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist gerade kein Mittel, was der Verwaltung per se eine übergeordnete Position verschafft oder ihr nur in einer übergeordneten Position zukommt. Dies kann lediglich durch die materielle Rechtslage geschehen, die in der Willenserklärung zum Ausdruck kommt. Dass aber ein Rechtssubjekt gegenüber einem anderen einen Anspruch besitzen und durchsetzen kann, ist kein dem öffentlichen Recht eigenes Wesensmerkmal. Das Abstellen auf ein Subordinationsverhältnis ist für die Einordnung der Willenserklärung damit ebenfalls nicht erfolgbringend. 174 b) Qualifikation der Beteiligten des (Verwaltungs-)Rechtsverhältnisses Die in zwei Varianten bestehende Subjektstheorie geht für die Abgrenzung von Privatrecht und öffentlichem Recht von einer Verschiedenheit der Zuordnungssubjekte aus. 175 Die maßgeblich auf Wolff zurückgehende, formal ausgeformte Subjektstheorie stellt darauf ab, ob berechtigtes oder verpflichtetes Zuordnungssubjekt eines Rechtssatzes ausschließlich ein Träger öffentlicher Gewalt ist. 176 Einer solchen strikt formal verstandenen Subjektstheorie stehen jedoch verschie174 Vgl. zu weiterer allgemeiner Kritik gegen die Subordinationstheorie Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 294 ff.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 16; Ipsen / Koch, JuS 1992, 809 (811). 175 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 17. 176 Wolff, AöR 76 (1950), 205 (205 ff.); ders. / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 26; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 30; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 104.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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dene Kritikpunkte entgegen. 177 Für eine materiell geprägte Subjektstheorie ist entscheidend, dass zumindest ein Zuordnungssubjekt Träger von Staatsgewalt als solcher ist, also gerade in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt angesprochen wird. 178 Bezogen auf eine Willenserklärung findet sich keine Norm, die einen Träger öffentlicher Gewalt als solchen berechtigt oder verpflichtet. Bezieht man die Definition stattdessen auf die Handlungsform der Willenserklärung, ist anzuerkennen, dass die öffentlich-rechtliche Willenserklärung sowohl vom Bürger als auch öffentlicher Stelle als Handlungsform genutzt werden kann. Ebenso können privatrechtliche Willenserklärungen vom Bürger und öffentlichen Stellen gleichermaßen verwendet werden. Die Möglichkeit, eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung zu nutzen, richtet sich gerade nicht ausschließlich an einen Träger öffentlicher Gewalt als solchen. Der Bürger kann sich ebenfalls dieser öffentlich-rechtlichen Handlungsform bedienen. Und sollte sich doch einmal die Nutzung der Willenserklärung als Zuweisung gerade an eine öffentliche Stelle als solches andeuten, so liegt auch dies nicht an der Qualität der handelnden öffentlichen Stelle, sondern der zugrunde liegenden materiellen Rechtslage, ebenso wie bei einem vordergründig erscheinenden Über- / Unterordnungsverhältnis. Eine davon wesentlich abweichende Situation findet sich bei anderen Handlungsformen der Verwaltung. So ist dort Zuordnungssubjekt, genauer genommen Handlungssubjekt, des Verwaltungsakts, der Verordnung oder Satzung zwingend ein Träger öffentlicher Gewalt als solcher. Bei diesen Formen des Verwaltungshandelns kann also schon über ihre Ausgestaltung eine Zuordnung zum öffentlichen Recht vorgenommen werden. Dies ist in solcher Allgemeinheit für die Willenserklärung nicht möglich. Der Fokus ist damit auf die konkrete Willenserklärung zu richten. Erinnert man sich daran, dass auch der Bürger öffentlich-rechtliche Willenserklärungen abgeben kann, ergibt sich, dass eine Qualifikation der Willenserklärung nicht ausschließlich über den Erklärenden geschehen kann. Auch wenn der Bürger eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung abgibt, bleibt er eben ein Rechtssubjekt des Privatrechts. Aus diesem Grund ist auch der Empfänger in die Überlegungen mit einzubeziehen. Zu überprüfen ist dann die Tragfähigkeit folgender Abgrenzungsformel: Eine Willenserklärung ist dann öffentlich-rechtlich, wenn ihr Erklärender oder Empfänger ein Träger öffentlicher Gewalt in gerade dieser Eigenschaft ist. Auf den ersten Blick liegt damit eine leicht handhabbare und greifbare Definition vor. Doch stellt man die Frage, was genau den Erklärenden oder Empfänger 177 Vgl. dazu Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 19 ff.; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 31. 178 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 18; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11, Rn. 21; Kopp / Schenke, VwGO, § 40, Rn. 11; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 26.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

einer Willenserklärung zu einem Träger öffentlicher Gewalt macht, gerät man erneut in Unwägbarkeiten. Die Heranziehung des Merkmals der Handlungsqualität zum Auflösen dieser Formel kann nicht weiterhelfen. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist ja gerade kein Sonderrecht des Staates, sondern vielmehr öffentlich-rechtliches „Jedermannsrecht“. Es ist deshalb im Wege einer Auslegung auf andere Faktoren zurückzugreifen. 179 Handelt eine juristische Person des öffentlichen Rechts in einer nicht eindeutig erkennbaren Situation, kann beispielsweise eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Handelns vermutet werden. 180 Des Weiteren gäbe es die typischen Fälle privatrechtlichen Handelns durch die Verwaltung in Form der Bedarfsverwaltung, erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens und im Bereich der Leistungsverwaltung. 181 Ein Versagen der Abgrenzung müsste jedoch dann eingestanden werden, wenn öffentlich-rechtliche Willenserklärungen zwischen Privaten ohne Einbeziehung eines Trägers öffentlicher Gewalt als solches möglich wären. Im Rahmen dieser umstrittenen Problematik wird man wohl zumindest theoretisch die Möglichkeit öffentlich-rechtlicher Verträge unter Privaten annehmen müssen, sofern eine spezialgesetzliche Ermächtigung dazu besteht. 182 Im Umfeld solcher Verträge wären dann auch öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privaten an andere Private unter Ausschluss von Trägern öffentlicher Gewalt denkbar. § 54 S. 1 VwVfG stellt deshalb für die Abgrenzung, ebenso wie es auch weit verbreitet für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung zu finden ist, auf das „Gebiet des öffentlichen Rechts“ ab. Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag ist eine Abgrenzung dementsprechend von den Beteiligten weitgehend losgelöst und an den Vertragsgegenstand gebunden. 183 Als Konsequenz lässt sich festhalten, dass zwar mit der dargestellten Formel in den meisten Fällen zutreffende Ergebnisse zu erwarten sind, doch die Anknüpfung an die Rechtsstellung von Erklärenden und Empfänger nicht auf ein dogmatisch vollständig überzeugendes Fundament gestellt werden kann, ebenso wie Restunsicherheiten verbleiben können.

179

Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 28. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 110; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 28. 181 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 6 ff. 182 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54, Rn. 65; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 10, Erichsen, in ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24, Rn. 9, jeweils m.w. N. zum Streitstand. Eine Aufzählung spezialgesetzlicher Ermächtigungen für öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Privaten bietet Gern, Der Vertrag zwischen Privaten über öffentlichrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen, S. 16 ff. 183 BVerwGE 74, 368 (370); Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 788; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 10 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 27. 180

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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c) Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses Fraglich ist schließlich, ob die Bestimmung der Rechtsnatur der Willenserklärung über eine Qualifizierung des Rechtsverhältnisses vorgenommen werden kann. Die Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zum Privatrecht oder öffentlichen Recht geschieht nicht nur durch Betrachtung von möglicherweise vorhandenen unmittelbaren Anspruchsgrundlagen, sondern vor allem durch eine Gesamtwürdigung aller heranzuziehenden Rechtsnormen. 184 Während also die Qualifizierung eines Rechtsverhältnisses unmittelbar an ihren umfassenden normativen Befund gekoppelt ist, entscheidet sich im Vergleich dazu das Vorliegen eines engen Sach- und Funktionszusammenhangs trotz gewisser Ähnlichkeiten hauptsächlich durch die tatsächliche Nähe zu, gegebenenfalls sich aus Rechtssätzen ergebenden, öffentlichrechtlichen Zwecken bzw. Handeln. Zur Qualifizierung eines Rechtsverhältnisses können diese Aspekte nur sekundär bemüht werden. Für die Abgrenzung der relevanten Rechtssätze können die allgemeinen Abgrenzungstheorien zur Anwendung kommen. Elementar für ein erfolgreiches Abstellen auf die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses ist jedoch dessen möglichst weitgehende Konkretisierung. Dies hat vor allem in zweierlei Hinsicht zu geschehen. Zum einen ist eine Eingrenzung des Rechtsverhältnisses in Bezug auf die Beteiligten notwendig. Entscheidend kann nur das Rechtsverhältnis zwischen Erklärendem und Empfänger sein. Auch wenn ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen mehr als zwei Rechtssubjekten bestehen kann, so muss lediglich das betreffende Rechtsverhältnis im engeren Sinne betrachtet werden. 185 Zum anderen ist inhaltlich eine möglichst enge Eingrenzung des Rechtsverhältnisses vorzunehmen. Ist die Einteilung in verschiedene Teilverhältnisse möglich, ist die Abgrenzung auf diesen aufzubauen. 186 Eine Willenserklärung kann also dann als öffentlich-rechtlich angesehen werden, wenn das Rechtsverhältnis, das sie begründet, ändert oder aufhebt, öffentlich184

Rennert, in: Eyermann, VwGO, § 40, Rn. 32; vgl. BGH DVBl. 1970, 275 (275). Ansonsten könnten beispielsweise Probleme bei baurechtlichen Nachbarstreitigkeiten entstehen. Die jeweiligen Beziehungen der Bürger zu der Verwaltung stellen Verwaltungsrechtsverhältnisse dar (Baugenehmigung und möglicherweise bestehender Anspruch auf behördliches Einschreiten). Wird eine Streitigkeit, die ihren Grund in öffentlich-rechtlichen Regelungen wie Abstandsflächen findet, durch eine Maßnahme zwischen den Bürgern beendet (z. B. Kaufvertrag über die umstrittene Fläche), so handelt es sich um ein privatrechtliches Rechtsverhältnis, auch wenn maßgebliche Normen dem öffentlichen Recht entstammen. 186 Deutlich wird dieses Erfordernis beispielsweise an Fällen der Zwei-Stufen-Theorie. Im weitesten Sinne kann eine Subventionsvergabe in Form eines Darlehensvertrages durch einen staatlichen Akt wie einen Verwaltungsakt begründet werden. Die Ebene des „Ob“ bleibt trotz der anschließenden privatrechtlichen Ausgestaltung öffentlich-rechtlich, ebenso wie die Ebene des „Wie“ trotz der vorhergehenden staatlichen Gewaltausübung unberührt bleibt. 185

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

rechtlicher Natur ist, also maßgeblich durch Normen des öffentlichen Rechts beeinflusst wird. 187 Diese Definition ist zwar einer Ähnlichkeit zu dem Abgrenzungskriterium der Rechtsfolge ausgesetzt, im Gegensatz zu einem Anknüpfen an die Rechtsfolgen, die zugegebenermaßen ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil eines Rechtsverhältnisses sein können, kann die Betrachtung des Rechtsverhältnisses jedoch die möglichen Abweichungen zwischen Handlungs- und Rechtsfolgenebene minimieren. Die Betrachtung des Rechtsverhältnisses erlaubt nicht nur eine Berücksichtigung der aus den obigen Gründen unsicheren Rechtsfolgenebene, sondern auch der verlässlicheren Handlungsebene, aus der die Willenserklärung hervorgeht. 5. Zusammenfassung Trotz umfangreicher Arbeiten ist die Abgrenzung zwischen dem Privatrecht und öffentlichen Recht in Einzelfällen nach wie vor nicht frei von Zweifeln. 188 Dies gilt auch für den Teilbereich der Qualifizierung der Rechtsnatur von Willenserklärungen. Der Rechtsanwender sieht sich hierbei einer Situation ausgesetzt, in der keine der möglichen Vorgehensweisen vollständig überzeugt. Während eine Abgrenzung anhand der Kriterien Rechtsfolge und Interessen schwierig ist, erscheinen die Kriterien der Handlungssubjekte und Rechtsverhältnisnatur vielversprechender, weil diese am effektivsten eine Anknüpfung an die materielle Rechtslage erlauben. Auch wenn letztendlich keine allumfassende Richtigkeit beanspruchende Abgrenzungsformel gefunden werden kann, so wird man dennoch nur in seltenen Fällen praktische Schwierigkeiten feststellen können. Am sachgerechtesten erscheint eine Kombination der beiden zuletzt diskutierten Kriterien: Eine Willenserklärung ist dann öffentlich-rechtlich, wenn ihr Erklärender oder Empfänger ein Träger öffentlicher Gewalt in gerade dieser Eigenschaft ist oder das Rechtsverhältnis, das die Willenserklärung begründet, ändert oder aufhebt, öffentlich-rechtlicher Natur ist, also maßgeblich durch Normen des öffentlichen Rechts beeinflusst wird. III. Verwaltungsakt Zumindest von der Grundkonzeption her besteht eine große Ähnlichkeit der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zum Verwaltungsakt. Beide erscheinen als Äußerungen eines Trägers öffentlicher Gewalt und vermögen Rechtsfolgen auszulösen. Genauso offensichtlich besitzt die Handlungsform des Verwaltungsakts 187 Für eine Betonung des Rechtsverhältnis-Gedankens auch Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 108 f. 188 Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 22, Rn. 13; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 107, 112; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 116.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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jedoch auch Funktionen und Rechtsfolgen, die sich für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung nicht finden lassen. Von gesteigerter Bedeutung ist deshalb eine Abgrenzung beider Handlungsformen. 1. Kein Verwaltungsakt bei ebenso bestehender Handlungsmöglichkeit des Bürgers Als Möglichkeit bietet sich an, die Abgrenzungslinie zwischen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlicher Willenserklärung dort zu ziehen, wo der Bürger nicht mehr in der Lage ist, sich der betreffenden Handlungsform zu bedienen. 189 Verwaltungsakte kann der Bürger nicht erlassen, hingegen öffentlich-rechtliche Willenserklärungen schon. Wenn der Bürger nicht in der Lage wäre, die betreffende Rechtshandlung vorzunehmen, könnte es sich demnach nicht um eine Willenserklärung handeln. Diese notwendige Konsequenz einer so verstandenen Abgrenzung kann aber nicht durchgehalten werden. Es gibt öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, wie beispielsweise das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB oder das Amtshilfeersuchen nach §§ 4 ff. VwVfG, die von einem Bürger nicht abgegeben werden können. 190 Zwar ist der Verwaltungsakt eine generell exklusive Handlungsform der Verwaltung, die öffentlich-rechtliche Willenserklärung kann in Einzelfällen jedoch ebenfalls diese Exklusivität aufweisen. 2. Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen nur bei fehlendem Subordinationsverhältnis Eine weitere Möglichkeit der Abgrenzung ließe sich erblicken, indem man öffentlich-rechtliche Willenserklärungen nur bei fehlendem Subordinationsverhältnis zwischen Erklärendem und Empfänger annehmen würde. 191 Zumindest auf Seiten der Willenserklärung passt dies zu den bisher gefundenen Ergebnissen. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist gerade nicht durch ein Über- / Unterordnungsverhältnis geprägt. 192 Fraglich ist jedoch, ob gleichsam als Spiegelbild jedem Verwaltungsakt ein Subordinationsverhältnis zugrunde liegt. Der Verwaltungsakt stellt eine einseitig erlassene Regelung dar und hebt somit die handelnde Behörde auf eine gegenüber dem Bürger höhere Stufe, dem sich diese Handlungsmöglichkeit nicht eröffnet. 193 Dieses im Grunde eindeutige Bild gerät aber wieder ins 189

Vgl. Ehlers, JuS 1990, 777 (778), der aufgrund dieses Unterschiedes die Aufrechnungserklärung als Willenserklärung und nicht Verwaltungsakt qualifiziert. 190 Zu § 36 BauGB unten 1. Kap. 3. Abschn. A.II.13., zu §§ 4 ff. VwVfG unten 1. Kap. 3. Abschn. A.II.1. 191 Vgl. zu dieser Überlegung im Rahmen der Qualifizierung der öffentlich-rechtlichen Aufrechnungserklärung BVerwGE 66, 218 (220); Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448); Glose, DÖV 1990, 146 (148). 192 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.II.4.a.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Wanken, sobald man § 54 S. 2 VwVfG berücksichtigt. Demnach kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde. Zwar handelt es sich hierbei um einen sog. subordinationsrechtlichen Vertrag, in dessen Vorfeld der Behörde einseitig ein Wahlrecht zukommt, der Vertrag selbst führt aber im Ergebnis gerade nicht zu einem Subordinationsverhältnis, sondern erreicht vielmehr eine Gleichordnung der Vertragsparteien. 194 Es gibt also Situationen, in denen die Verwaltung bei der Ausgestaltung eines mit ihr bestehenden Rechtsverhältnisses entscheiden kann, ob dieses einseitig oder zweiseitig geprägt sein soll bzw. als Subordinations- oder Gleichordnungsverhältnis erscheint. Einer hierauf basierenden Abgrenzung fehlt deshalb die Verbindlichkeit. 3. Verwaltungsakt bei bestehender gesetzlicher Befugnis zum Erlass Denkbar wäre es auch, einen Verwaltungsakt im Gegensatz zu einer öffentlichrechtlichen Willenserklärung immer dann anzunehmen, wenn eine gesetzliche Befugnis zum Erlass besteht. 195 Eine solche Annahme muss sich aber der Kritik aussetzen, allgemeingültige Schematisierungen zu vermengen. Die Frage des rechtlichen Dürfens und damit auch der Befugnis hinsichtlich des Erlassens eines Verwaltungsakts ist gerade von dem darauf bezogenen rechtlichen Können zu trennen. 196 Ein bestehender Verwaltungsakt kann auch deswegen rechtswidrig sein, weil er auf keine Rechtsgrundlage gestützt werden kann. Im Gegensatz zu dem hier diskutierten Abgrenzungskriterium zeigt sich an § 54 S. 2 VwVfG, dass eine gesetzlich bestehende Befugnis zum Gebrauchen einer Handlungsform für den Gebrauch einer anderen Handlungsform nicht nur nicht hinderlich, sondern sogar Voraussetzung sein kann. Auch erscheint zweifelhaft, ob, ebenso wenig wie es einen numerus clausus der öffentlich-rechtlichen Handlungsformen gibt, ein numerus clausus von Verwaltungsaktbefugnissen angenommen werden kann. 197 Entscheidend muss vielmehr sein, ob im Einzelfall eine Erklärung der Verwaltung die notwendigen Voraussetzungen aufweist, um die spezifischen 193 BVerwG NJW 1983, 776 (776); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 6; § 3, Rn. 16. 194 GemSenOGB BVerwGE 74, 368 (370); vgl. dazu auch Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 123; ders., DVBl. 1982, 122 (124); Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 364. 195 So die teilweise geführte Argumentation, warum eine Aufrechungserklärung kein Verwaltungsakt sein könne, vgl. BFH NVwZ 1987, 1118 (1120); Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448). 196 Vgl. für den Gesichtspunkt öffentlich-rechtlichen Handelns Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 113 f.; Zimmer, Jura 1980, 242 (247). Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 197 Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 134 ff.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Wirkungen des Verwaltungsakts zu erzeugen. Schließlich wird schon praktisch eine Abgrenzung anhand der gesetzlichen Befugnisse an der hinsichtlich der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen zu wenig ausgeprägten gesetzlichen Lage scheitern. Vor allem aufgrund des Unterschieds zwischen rechtlichen Können und Dürfen kann die Abgrenzung aufgrund einer bestehenden gesetzlichen Befugnis nicht überzeugen. 4. Abgrenzung anhand der Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG Fraglich ist jedoch, ob eine Abgrenzung zur öffentlich-rechtlichen Willenserklärung über die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG möglich ist. a) Strikte Unterscheidung zwischen Wesensmerkmalen und Funktionen bzw. Tatbestand und Rechtsfolge Bevor jedoch die gesetzlich definierten Merkmale des Verwaltungsakts erörtert werden, sollte sich über deren Bedeutung Klarheit verschafft werden. Ein Verwaltungsakt tritt aus dem Kreis der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen so entschieden hervor, weil er Funktionen aufweisen kann, die anderen Handlungsformen verwehrt sind. 198 So wird er nach einer bestimmten Zeit bestandskräftig, unabhängig von eventuell bestehenden Fehlern. Zudem befähigt er die Verwaltung aus dem Verwaltungsakt als Titel die Vollstreckung zu betreiben. Es liegt deutlich auf der Hand, hier einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Handlungsformen auszumachen, obwohl der entsprechende Funktionenkatalog der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zum jetzigen Stand der Untersuchung noch nicht mit Regeln gefüllt ist. Beispielsweise wird die fehlende Bestandskraft für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung schon durch das Fehlen einer der §§ 43 ff. VwVfG vergleichbaren gesetzlichen Ausgestaltung deutlich. 199 Dennoch reicht das Herausstellen dieser offensichtlichen Unterschiede für eine Abgrenzung beider Handlungsformen nicht. Es sind nicht nur die Unterschiede im Hinblick auf die Funktionen, sondern auch die damit verknüpften jeweiligen Voraussetzungen für die Struktur einer Handlungsform von Bedeutung. 200

198

Vgl. zu den Funktionen des Verwaltungsakts Löwer, JuS 1980, 805 (805 ff.); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 24 ff. 199 Zwar könnte man auch für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung einen allgemeinen Rechtsgrundsatz herausformen, nachdem die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge in ordnungsgemäßer Weise abgegebene Erklärung den Erklärenden bindet, vgl. Löwer, DVBl. 1980, 952 (956). Doch ist damit noch nicht die Fähigkeit begründet, auch den Erklärenden zu binden. Für den Verwaltungsakt ergibt sich dies gerade aus einer systematischen Betrachtung der die Funktionen der Handlungsform kennzeichnenden §§ 43 ff. VwVfG. 200 Vgl. dazu ausführlich oben 1. Kap. 1 Abschn. C. I.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Deutlich wird dies, sobald man sich vergegenwärtigt, dass die Funktionen eines Verwaltungsakts mit der Rechtsfolge verglichen werden können und die Wesens- oder Begriffsmerkmale mit dem Tatbestand. 201 Ein solcher Vergleich mag in einzelnen Bereichen skeptisch zu beurteilen sein, 202 doch zeigt sich an ihm das grundlegende Verständnis, welches das Verhältnis von Tatbestand und Rechtsfolge bzw. Wesens- oder Begriffsmerkmalen und Funktionen ausmacht. Die Funktionen und Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts sind ausschließlich diesem vorbehalten. Deshalb müssen für das Vorliegen eines Verwaltungsakts die Tatbestands-, Wesens- bzw. Begriffsmerkmale entscheidend sein und nicht die Rechtsfolgen oder Funktionen. 203 Diese resultieren erst aus dem Vorliegen eines Verwaltungsakts. Gilt es die Frage zu beantworten, warum eine Erklärungshandlung der Verwaltung gerade kein Verwaltungsakt, sondern eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist, so muss ein Tatbestands-, Wesens- bzw. Begriffsmerkmale gefunden werden, dessen Vorliegen bzw. Nichtvorliegen verhindert, dass stattdessen ein Verwaltungsakt gegeben ist. Ungenau wäre die Aussage, ein Verwaltungsakt liege deshalb nicht vor, weil die betreffende Erklärungshandlung nicht die spezifischen Verwaltungsaktfunktionen oder Rechtsfolgen aufweise, denn das ist genau genommen erst die Folge des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Tatbestands-, Wesensbzw. Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts. 204 Eine solche Vorgehensweise würde zu einer Vermengung von Wesensmerkmal und Funktionen bzw. Tatbestand und Rechtsfolge führen. 205 Die typisierten Merkmale einer Handlungsform finden sich eben nicht nur im Bereich der Rechts- oder Fehlerfolgen, sondern auch gerade im Bereich der Voraussetzungen für diese Folgen.

201

Löwer, DVBl. 1980, 952 (956); ders., JuS 1980, 805 (805 ff.); Koch / Rubel / Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 17; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 15. 202 So weisen P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 15, darauf hin, dass das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG materiellrechtlich gesehen nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, sondern Wesensvoraussetzung für einen Verwaltungsakt ist. 203 Deutlich Löwer, DVBl. 1980, 952 (956); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 28. 204 Vgl. Kluth, NVwZ 1990, 608 (609, Fn. 37); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 18, die den Unterschied zum Verwaltungsakt unter anderem in dessen „Vollziehbarkeit“ sehen. 205 Zweifelhaft deshalb Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 136, zur Bestandskraftfähigkeit des Verwaltungsakts. „Sie stellt somit eine tatbestandliche Voraussetzung, gleichzeitig eine Rechtsfolge des Verwaltungsakts dar [...].“

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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b) Erklärung einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts für einen Einzelfall und auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet Für eine Abgrenzung zur öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen kommen vor allem die Merkmale des hoheitlichen Handelns und der Regelung in Betracht, weshalb vorher abschließend auf die restlichen Merkmale eingegangen werden soll. Um ein verlässliches Abgrenzungskriterium zu bekommen, wäre es notwendig, ein Merkmal zu finden, dass ausschließlich dem Verwaltungsakt zuzurechnen ist. So könnte bei dessen Vorliegen, eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung ausgeschlossen werden und gleichzeitig ein Verwaltungsakt angenommen werden. Zwar sollen Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit lediglich Erklärungen der Verwaltung sein, doch sind daneben öffentlich-rechtliche Willenserklärungen des Bürgers möglich. 206 Gleichwohl begründet dies über die Formulierung „Erklärung einer Behörde“ kein exklusives Merkmal des Verwaltungsakts, weil die öffentlich-rechtliche Willenserklärung der Verwaltung bzw. Behörden dadurch nicht gleichzeitig versperrt ist, so dass hinsichtlich dieses Merkmals keine Unterschiede zwischen beiden Handlungsformen zu verzeichnen sind. Auch gerade Behörden können öffentlich-rechtliche Willenserklärungen abgegeben. Sowohl beim Verwaltungsakt als auch der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung handelt es sich um Äußerungen, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Des Weiteren sind öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, da sie auf die Herbeiführung einer bisher nicht näher konkretisierten Rechtsfolge gerichtet sind, wie der Verwaltungsakt auch für Einzelfälle anwendbar. Verwaltungsakte sind weiter auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Dieses Merkmal hat den Zweck, weitere notwendige Zwischenschritte bis zur Regelung, vor allem im Innenbereich der Verwaltung, aus dem Verwaltungsaktbegriff auszuklammern. 207 Die Begründung hierfür ist in dem Charakter des Verwaltungsakts als dem maßgeblichen Gestaltungsmittel für das Verhältnis von Staat und Bürger zu finden. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist stattdessen lediglich auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet. Gleichwohl wäre das Vorliegen von Rechtsfolgen i. S. einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung auch bei lediglich im Innenbereich liegenden und damit vom Verwaltungsaktbegriff des § 35 S. 1 VwVfG nicht erfassten Zwischenschritten auf dem Weg zu einer Außenrechtswirkung anzunehmen. Auch diese stellen sich als Rechtsfolge eines erfüllten Tatbestands dar. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung unterscheidet für ihre Rechtsfolgen nicht zwischen Innen- und 206

Vgl. oben Einl. und unten 1. Kap. 2. Abschn. B.II. Kluth, NVwZ 1990, 608 (609); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 36 ff. 207

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Außenverhältnis, worauf im Gegensatz dazu die Definition des § 35 S. 1 VwVfG aufbaut. Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen erfassen sowohl die nach dem Verwaltungsaktverständnis als mittelbar als auch als unmittelbar zu bezeichnenden Rechtswirkungen. 208 Gleichzeitig ist durch den Bezugspunkt der unmittelbaren Rechtswirkungen in dem Dualismus von Innen- / Außenverhältnis zu erkennen, dass die für die Willenserklärungen entscheidenden Rechtsfolgen unabhängig dieses Bezugspunktes entstehen können. Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist so nicht auf Fälle von Rechtswirkungen im Innenbereich beschränkt. 209 Sie können auf eine Außenwirkung gerichtet sein, müssen es jedoch nicht. 210 Vielmehr sind sie nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen beschränkt, sondern können – bei Zugrundelegung des Verwaltungsaktverständnisses – auch auf unmittelbare Rechtswirkungen nach innen oder auf mittelbare Rechtswirkungen nach außen oder auch nach innen gerichtet sein. Die Gerichtetheit der öffentlichrechtlichen Willenserklärung auf lediglich „Rechtsfolgen“ ist sehr viel weiter als die Gerichtetheit des Verwaltungsakts auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Die hier angesprochenen Wesensmerkmale sind damit nicht exklusiv dem Verwaltungsakt vorbehalten, so dass sie für eine Abgrenzung zur öffentlichrechtlichen Willenserklärung nicht tauglich sind. c) Hoheitliche Maßnahme zur Regelung Fraglich ist jedoch, ob öffentlich-rechtliche Willenserklärungen ebenso wie Verwaltungsakte hoheitliche Maßnahmen zur Regelung darstellen. Allgemein werden in diesem Terminus zwei verschiedene Merkmale erblickt, jedoch begegnet einem bei deren Abgrenzung eine umfangreiche Meinungsvielfalt. Gerade die Einordnung des Merkmals der „hoheitlichen Maßnahme“ wird sehr unterschiedlich gesehen. 211 Teilweise wird kein Unterschied zum Merkmal des „Gebiets des öffentlichen Rechts“ ausgemacht und folglich der „hoheitlichen Maßnahme“ kein eigenständiger Wert zugedacht. 212 Andere halten das Merkmal der „Hoheitlichkeit“ sogar für unnötig. 213 Wiederum andere gehen davon aus, dass eine hoheitliche 208

Kluth, NVwZ 1990, 608 (609). So wird man davon ausgehen müssen, dass zumindest die öffentlich-rechtliche Aufrechnung unmittelbar im Außenkreis ihre Wirkung entfaltet, ebenso wie das öffentlichrechtliche Zurückbehaltungsrecht unmittelbar eine Einrede entstehen lässt und den Anspruch des Gläubigers dahingehend einschränkt, dass der Schuldner nur noch zur Zug-umZug Leistung verpflichtet ist. 210 Kluth, NVwZ 1990, 608 (609). A. A. wohl Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9, der zwischen Einzelweisungen im Innenverhältnis und einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen unterscheidet. 211 Allgemein dazu Hill, DVBl. 1989, 321 (322). 212 So Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 11; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 25. 213 Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 35, Rn. 26. 209

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Maßnahme Ausdruck einer bestimmten einseitigen Verwaltungshandlung ist, sei es vermittelt durch das Teilelement der „Hoheitlichkeit“ 214 oder des Teilelements der „Maßnahme“ 215. Dieser Gedanke der Einseitigkeit wird schließlich auch dem Merkmal „zur Regelung“ zugesprochen. 216 Die Abgrenzung der verschiedenen Merkmale des Verwaltungsakts kann an dieser Stelle nicht Gegenstand vollständiger Erörterung sein. Ausreichend für die durchzuführende Abgrenzung ist lediglich, dass für beide Merkmale ein gemeinsamer Inhalt herausgebildet werden kann, der zur Unterscheidung von der öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen taugt, sei es nun, dass diese Abgrenzungskriterien letztlich Bestandteil der „hoheitlichen Maßnahme“ oder „zur Regelung“ oder Kombination beider sind. 217 Somit bleibt zu charakterisieren, was einen Verwaltungsakt als „hoheitliche Maßnahme zur Regelung“ ausmacht. Im Ausgangspunkt ergeht eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung dann, wenn sie auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen abzielt. 218 Das Bejahen dieses Merkmals kann jedoch als prägendes Merkmal einer jeden „Rechts“handlung kein exklusives Charakteristikum des Verwaltungsakts begründen. Dies wird auch nicht dadurch herbeigeführt, dass die Rechtsfolge des Verwaltungsakts rechtsgestaltende Wirkung aufweist. 219 Rechtsgestaltende Wirkung können auch andere Handlungsformen wie ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, ein abstrakt-genereller Rechtssatz oder gar eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung haben. Stattdessen müssen die für den Verwaltungsakt maßgeblichen Titel-, Konkretisierungs- und Umsetzungsfunktionen beachtet werden. 220 Die von der Verwaltung beim konkret-individuellen Umsetzen eines abstrakt-generellen Rechtssatzes getroffene Entscheidung soll die Möglichkeit haben, bestandskräftig zu werden und 214

So Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 22. So Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 25. 216 So Weidemann, DVBl. 1981, 113 (116); vgl. zu den unterschiedlichen Ansichten Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448, Fn. 26). 217 Dass sich eine solche Abgrenzung nur schwerlich durchhalten lässt, zeigt auch ein Blick in die entsprechende Kommentarliteratur. So heißt es bei P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 68: „Durch den Zusatz hoheitlich wird das Merkmal der Einseitigkeit der Regelung [...] betont.“ Dies., Rn. 67b: „[...] der behördlichen „Erklärung“ nach § 388 S. 1 BGB als solcher an einem hoheitlichen Regelungsgehalt fehlt, [...]“. Nach Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 25 kommt in dem Merkmal Maßnahme „zum Ausdruck, dass es sich um eine einseitige hoheitliche Regelung handeln muss.“ Vgl. auch P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 77 m.w. N. 218 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 28; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 47; Kopp / Schenke, VwGO, Anh § 42, Rn. 23; Weidemann, DVBl. 1981, 113 (116). 219 Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448). 220 Vgl. dazu Löwer, JuS 1980, 805 (805 ff.); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 24 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 6 f. 215

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

damit einen Streit über ihr Zustandekommen zu verhindern sowie darüber hinaus gegebenenfalls als Fundament für ein späteres Vollstrecken zu dienen. 221 Das offensichtliche Auseinanderdivergieren dieser Funktionen des Verwaltungsakts und Funktionen anderer Handlungsformen muss schon durch Wesens- bzw. Tatbestandsmerkmale der Handlungsformen begründet sein. Entscheidend für das Vorliegen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung ist deshalb, dass eine Erklärung darauf gerichtet ist, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. 222 Die gesetzliche Ausgestaltung führt dazu, dass das Eintreten der besonderen Verwaltungsaktwirkungen davon abhängt, ob die betreffende Erklärung mit einer entsprechend gerichteten Absicht abgegeben wurde. Fehlt einer Erklärungshandlung die Zielrichtung auf eines dieser drei Elemente, handelt es sich mangels hoheitlicher Maßnahme zur Regelung nicht um einen Verwaltungsakt. Ob diese abstrakten Merkmale des rechtlichen Könnens im konkreten Fall vorliegen und damit eine spezifische Erklärungshandlung als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, entscheidet sich mittels einer Auslegung. 223 Gerade dieses Abstellen auf die Intention der handelnden Verwaltung zur Bestimmung eines Verwaltungsakts wird in der Literatur vereinzelt bemängelt. 224 Stattdessen soll insbesondere das Merkmal der Regelung als rechtsfolgenbegründende Erklärung zu verstehen sein, so dass eine entsprechende Erklärung nicht 221

Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 152. LSG Erfurt, Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); VGH München BayVBl. 1992, 469 (469); Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448); ders., JuS 1990, 777 (777, Fn. 7); Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 189; Hill, DVBl. 1989, 321 (322); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 47; Weidemann, DVBl. 1981, 113 (116); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 152; Kluth, NVwZ 1990, 608 (609, Fn. 37); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 4. Nicht entscheidend für das Vorliegen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung ist, dass der Verwaltungsakt als vollstreckbarer Titel nutzbar ist, so aber OVG Münster NVwZ 1987, 608 (609 f.); NVwZ 1990, 1083 (1084); Herman, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 77 ff., 137; Löwer, DVBl. 1980, 952 (956). Gegen diese Sichtweise spricht, dass gerade zwischen dem Tatbestands- bzw. Wesensmerkmalen und den Rechtsfolgen bzw. Funktionen zu unterscheiden ist, siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.a. 223 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.I; unten 6. Kap. 6. Abschn. B. 224 Löwer, DVBl. 1980, 952 (956): „Danach braucht man keine Inhaltskriterien für den Verwaltungsakt, sondern eine auf die Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts abzielenden Willen der Behörde und einen die Rechtsfolgen des Verwaltungsaktes formulierenden oder mindestens andeutenden Willen der Bescheid. Verwaltungsakt ist, was die Behörde als Verwaltungsakt will. Sie definiert, wann ein Verwaltungsakt vorliegt. Dass das unrichtig ist, liegt auf der Hand: Das Gesetz (§ 35 VwVfG) befiehlt der Verwaltung welche ihrer Handlungen Verwaltungsakt ist und sein darf.“ Für die Handlungsform der zivilrechtlichen Willenserklärung wird sich zeigen, dass ein Abstellen auf die hinter der Erklärung stehenden Intentionen zwangsläufig notwendig und entscheidend ist. Die Willenserklärung gilt, weil die Rechtsordnung dem Willen des Erklärenden diese Wirkung zubilligt, vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.5. 222

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mehr benötigt, „als den auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichteten Willen, um als Verwaltungsakt identifiziert zu werden.“ 225 Es wurde schon kurz darauf eingegangen, dass ein Rechtsfolgenwille Ausgangspunkt einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung sein muss, doch in Abgrenzung zum Realhandeln ebenso elementar für die Willenserklärung oder jede andere Rechtshandlung ist. Bleibt man dann aber bei diesen Anforderungen stehen, so würde sich kein Unterschied zwischen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlicher Willenserklärung abzeichnen. 226 Beide Handlungsformen wären in dieser Hinsicht identisch. Ebenfalls ist zu beachten, dass auch eine Erklärungshandlung, die zwar materiell nicht die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG aufweist, gleichsam doch durch die bewusste Bezeichnung als Verwaltungsakt zumindest in prozessualer Hinsicht wie ein solcher behandelt werden kann. 227 Auch hier kommt der Intention der Behörde wesentliches Gewicht zu. Schließlich kann auch das Argument, es werde durch ein Abstellen auf die Intention der handelnden Behörde der Gesetzeswortlaut missachtet, nicht überzeugen. Das Gesetz spricht in § 35 S. 1 VwVfG davon, dass die hoheitliche Maßnahme zur Regelung ergehen muss, bzw. auf bestimmte Aspekte gerichtet sein soll. Durch die Verwendung dieser finalen Verknüpfung zwischen den einzelnen Merkmalen ist die Berücksichtigung intentionaler Elemente schon im Gesetzeswortlaut angelegt. 228 Nachfolgend ist somit zu erörtern, ob in einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung erblickt werden kann. 229

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Löwer, DVBl. 1980, 952 (956). Es muss vermutet werden, dass die durch die Aussagen von Löwer, DVBl. 1980, 952 (956), entstehenden Abgrenzungsprobleme zu den öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen nicht gesehen wurden. 227 Vgl. zu der Frage des materiellen oder formellen Verwaltungsaktbegriffs Schenke, NVwZ 1990, 1009, ders., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 231 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 16 jeweils m.w. N. Vgl. außerdem unten 6. Kap. 6. Abschn. B. I. 228 Sollte man zu dem Ergebnis kommen, dass das Element der Einseitigkeit nicht dem Merkmal der Regelung entspringt, sondern dem der hoheitlichen Maßnahme, ist die bisher verwendete Definition der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung in diesem Punkt anzupassen. 229 Dabei muss aber noch die innere Beziehung der verschiedenen Verwaltungsaktmerkmale kommentiert werden. Um deren Systematik nicht zu stark die Konturen zu nehmen, sollen die hier diskutierten Elemente dem Merkmal der „hoheitlichen Maßnahme zur Regelung“ zugeordnet werden. Trotzdem zeigt sich an vielen Stellen, dass insbesondere die Merkmale der „hoheitlichen Maßnahme zur Regelung“ und „Außenwirkung“ zwar begrifflich, aber nur schwer sachlich zu trennen sind, P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 77. Dies erklärt sich schon daraus, dass die Frage der Gerichtetheit nach außen an die hoheitliche Maßnahme zur Regelung geknüpft ist, indem auf ihre Wirkungen abgestellt wird, vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 48. 226

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

(1) Rechtsfolge der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung als hoheitliche Maßnahme zur Regelung Eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung könnte schon in der angestrebten Rechtsfolge der betreffenden Willenserklärung liegen. Notwendig wäre, dass die Erklärung darauf gerichtet ist, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. 230 Die Rechtsfolgen einer Willenserklärung sind, wie ihre nähere Konkretisierung zeigt, nicht auf den Erklärenden begrenzt. Das Ziel, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, kann i. d. S. nicht lediglich auf den Erklärenden bezogen werden, sondern betrifft auch gerade den vom erklärenden Rechtssubjekt zu unterscheidenden Empfänger der Erklärung. Diese dem Empfänger gegenüber eintretende Wirkung von Rechtsfolgen, also die Veränderung der Rechtslage, 231 kann bei öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen wie oben schon angedeutet in zwei verschiedenen Varianten stattfinden. 232 Zum einen ist es möglich, dass eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung auf die unmittelbare Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist. 233 Dies wären dann unter anderem Erklärungen, die nach dem Verwaltungsaktverständnis auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet wären. Daneben könnte die unmittelbare Herbeiführung von Rechtsfolgen auch in dem sog. Innenrechtsverhältnissen der Verwaltung auftreten. Entscheidendes Merkmal in beiden Konstellationen ist, dass die Rechtsfolge ohne weitere Zwischenschritte ihre Wirkung entfaltet und folglich allein im Belieben des Erklärenden steht. 234 Der Empfänger hat, aus welchen Gründen auch immer, die Rechtswirkungen, wobei es sich um ein Gebot, Verbot oder eine Rechtsgestaltung handeln kann, hinzunehmen und ist an sie gebunden. Zum anderen kann eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung darauf gerichtet sein, nur mittelbar Rechtsfolgen herbeizuführen. In einem solchen Fall bedarf es weiterer rechtserheblicher Maßnahmen, bis die gewünschten Rechtswirkungen eintreten. Die Rechtsposition des Empfängers ist im Gegensatz zu einer unmittelbar herbeigeführten Rechtsfolge durch die betreffende Rechtshandlung nicht präjudiziert und wird nicht ohne weiteres vorgezeichnet. 235 Vor dem Eintritt der geplanten und endgültigen Rechtswirkungen besteht noch das Bedürfnis nach 230 An dieser Stelle soll noch einmal deutlich gemacht werden, dass die Erklärung lediglich auf diese Aspekte gerichtet sein muss. Dass eine Erklärung tatsächlich diese Qualitäten aufweist, ist eine Frage der Funktionen bzw. Rechtsfolgen. 231 Kluth, NVwZ 1990, 608 (609). 232 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.b. 233 Vgl. Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 82. 234 Becker, AcP 188 (1988), 24 (25). 235 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 65; Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311, Rn. 35 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 79; Becker, AcP 188 (1988), 24 (27 ff.).

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weiteren Mitwirkungshandlungen entweder des Empfängers, des Erklärenden oder Dritter. Die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts treten i. d. R. – und davon geht auch die Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG aus – vergleichbar der ersten Variante auf. 236 Ein Verwaltungsakt liegt vor, sobald eine Erklärung darauf gerichtet ist, aus sich selbst heraus verbindliche Wirkung zu erzeugen. 237 Diese wird von der Behörde einseitig bestimmt. Gleichzeitig ist der Verwaltungsakt darauf gerichtet, die in ihm enthaltene Rechtsanordnung von der zugrunde liegenden materiellen Rechtslage zu lösen. 238 Die Erklärung beinhaltet die Intention, selbständig verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen. 239 Dies mündet in der Konkretisierungs-, Umsetzungs- und Titelfunktion. Der damit korrespondierende Eintritt der Rechtswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung und deren Untersuchung auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung hin, ist differenziert nach unmittelbarer oder mittelbarer Rechtswirkung zu betrachten. Relativ unproblematisch im Hinblick auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung ist die zweite Variante zu bewerten. Die davon erfassten öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen sind gerade noch nicht darauf gerichtet, schon unmittelbar eine Rechtswirkung herbeizuführen, sondern versuchen dieses Ergebnis erst mittelbar über weitere Rechtshandlungen zu erreichen, sei es durch Tätigwerden eines Rechtssubjekts des öffentlichen Rechts oder Privatrechts. In einem solchen Fall kann die Willenserklärung von vornherein nicht darauf gerichtet sein, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. In dieser Kategorie ist für die Willenserklärung das Merkmal einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung abzulehnen. Für die erste Variante von öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen, die eine unmittelbare Rechtswirkung aufweisen, ist die Situation unklarer und komplizierter. Denn sowohl bei dem Verwaltungsakt als auch bei dieser Gruppe von öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen treten die Rechtsfolgen wie gesehen Entscheidend hierfür muss das tatsächlich angestrebte Ziel der Erklärung sein. Nicht entscheidend kann das Vorliegen einer Rechtsgestaltung dahingehend sein, dass nun eine Willenserklärung mit bestimmten Rechtsfolgen vorliegt. Ebenfalls nicht entscheidend kann, bei Zugrundelegung eines weiten Rechtsverhältnisverständnisses, wie es beispielsweise § 311 Abs. 2 BGB für das Zivilrecht anordnet, die, im Verhältnis zum angestrebten Ziel, bloße Nebenfolge des Entstehens eines Rechtsverhältnisses sein. 236 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.b. Eine Ausnahme hierzu ließe sich beispielsweise bei den sog. mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten annehmen, wobei wegen der dem Verwaltungsakt eigenen Besonderheiten eine fehlende Mitwirkung nicht zwingend auch eine Rechtsunwirksamkeit zur Folge hat, vgl. Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1024 (1029); Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 108. 237 OVG Münster NVwZ 1987, 608 (609); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 4, 47. 238 Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 145. 239 Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 144.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

unmittelbar und bindend für den Empfänger ein. In beiden Fällen bedarf es keiner weiteren rechtserheblichen Maßnahmen. Fraglich ist also, ob zumindest bei unmittelbar rechtswirkenden Willenserklärungen gerade durch diese Eigenschaft eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung der oben beschriebenen Art vorliegt. Bei Beachtung der für eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung typischen Elemente muss dies jedoch skeptisch gesehen werden. Obwohl diese Art von Willenserklärungen unmittelbar zu einer Rechtswirkung führt, ist die Erklärung nicht darauf gerichtet, diese aus sich selbst heraus zu begründen oder gar unabhängig von Rechtsmängeln oder verbindlich bestehen zu lassen. 240 Eine öffentlichrechtliche Willenserklärung ist lediglich auf den Eintritt einer Rechtsfolge gerichtet und ergeht deshalb nicht wie der Verwaltungsakt als hoheitliche Maßnahme zur Regelung. Dies allein erklärt jedoch noch nicht, warum öffentlich-rechtliche Willenserklärungen in der ersten Variante unmittelbare und bindende Rechtswirkungen entfalten können. Zum Teil wird dies darauf zurückgeführt, dass die Erklärung mangels eines hoheitlich anordnenden Charakters nicht darauf gerichtet ist, die dieser Art von Willenserklärungen eigenen unmittelbaren Rechtswirkungen und Bindungen durch sich selbst herbeizuführen, sondern durch einen korrespondierenden und dies anordnenden Rechtssatz. 241 Demnach entstünden die teilweise vorhandenen besonderen Gestaltungs- und Bindungswirkungen unmittelbar rechtswirkender Willenserklärungen durch die Aktivierung eines Rechtssatzes, während der Verwaltungsakt darauf gerichtet ist, diese selbst, unabhängig von der Gesetzeslage entstehen zu lassen. Zutreffend an dieser Art von Aktivierungsmodell ist, dass unmittelbar rechtswirkende öffentlich-rechtliche Willenserklärungen untrennbar mit einem bestimmten Rechtssatz zusammenhängen. 242 Gleiches gilt aber regelmäßig auch für den Verwaltungsakt. Anderenorts wird nicht davon ausgegangen, dass eine Willenserklärung die Rechtswirkungen eines Rechtssatzes aktiviert, sondern der Rechtssatz dem Erklärenden die Fähigkeit zuweist, eine Erklärung mit bestimmten Rechtswirkungen abzugeben. 243 Die öffentlich-rechtliche Willenserklärung wäre nach diesem Zuweisungsmodell nur darauf gerichtet, die im Rahmen eines bestimmten Rechtssatzes möglichen Rechtswirkungen herbeizuführen, nicht 240 OVG Münster NVwZ 1987, 608 (609 f.); Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 144 f.; Ehlers, JuS 1990, 777 (777); ders., NVwZ 1983, 446 (448); Hill, DVBl. 1989, 321 (322); Weidemann, DVBl. 1981, 113 (115); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 152 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 20; Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 125 ff. 241 Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 144 f.; Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 127; vgl. auch Hill, DVBl. 1989, 321 (322). 242 Vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.1. 243 Vgl. Adomeit, Gestaltungsrecht, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 19; Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 31, Rn. 37; Becker, AcP 188 (1988), 24 (27 f.); Brox / Walker, BGB AT, Rn. 629.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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aber eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung, die über die vorhandene Rechtslage hinaus fehlerunabhängige Rechtswirkungen aus sich selbst heraus begründet. Demgegenüber wird die Fähigkeit, einen Verwaltungsakt abgeben zu können, der Behörde durch die Rechtsordnung vermittelt. Im Gegensatz zu öffentlichrechtlichen Willenserklärungen besteht für diese Fähigkeit eine unabhängig von konkreten Situationen generelle Zuweisung, die es auch gerade ermöglicht, eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung in der beschriebenen Form zu erlassen. Eine solch generelle und weitreichende Zuweisung besteht für die Willenserklärung aber nicht. 244 Für letzteres Modell spricht, dass das zivilrechtlich entsprechende Instrument des Gestaltungsrechts auch durch Rechtsgeschäft begründet werden kann, also ohne unmittelbares Mitwirken eines Rechtssatzes. 245 Warum sich in dieser Hinsicht ein Unterschied beispielsweise zwischen einer zivilrechtlichen Aufrechnung und einer öffentlich-rechtlichen Aufrechnung ergeben soll, ist nicht einsichtig. Auch ermöglicht diese Begründung eine Abgrenzung zu geschäftsähnlichen Handlungen, bei denen Rechtswirkungen gerade unabhängig von einem Rechtsfolgewillen durch eine gesetzliche Regelung eintreten. Daneben ermöglicht dieses Modell dem Element des Willens in der Willenserklärung eine stärkere und direktere Berücksichtigung. 246 Auch ist zu beachten, dass im öffentlichen Recht die Herbeiführung von Rechtswirkungen direkt und unmittelbar aus einem generell-abstrakten Rechtssatz allgegenwärtig ist und das klassische Gegenstück hierzu durch den Einzelakt gebildet wird. Würden bei beiden Handlungsweisen die Rechtswirkungen direkt aus einem durch einen entsprechenden Willen aktivierten generell-abstrakten Rechtssatz stammen, so würden grundlegende strukturelle Unterschiede zwischen individuellem Einzelakt und generell-abstraktem Rechtssatz verwischen. 247 Obwohl eine Willenserklärung unmittelbar zu einer – gegebenenfalls – gestaltenden und bindenden Rechtswirkung führt, bedeutet dies aber nicht gleichzeitig auch, dass diese Erklärung auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung gerichtet gewesen ist. 248 Zumindest im Rahmen der intendierten Rechtsfolge der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung lässt sich somit keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG feststellen. Die damit verbundene Maßgeblichkeit der schon oben festgestellten, subjektiv bestimmten Zielrichtung einer Erklärung ist auch deshalb hinnehmbar, weil sich diese Abgrenzung im Bereich des rechtlichen Könnens, nicht aber des Dürfens befindet. Die Verwaltung „kann“ beide Arten von Erklärungen abgeben, „darf“ es gegebenenfalls nur nicht. Schwierig mag indes die Feststellung im Einzelfall 244

Vgl. auch oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 31, Rn. 37. 246 Ausführlich noch zu dem Grund der Rechtswirkungen der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung unten 4. Kap. 1. Abschn. B.II. 247 Vgl. auch unten 1. Kap. 2. Abschn. A.IV. 248 So auch Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 125. 245

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

sein, wann einer konkreten Erklärung der Verwaltung diese Gerichtetheit auf eine einseitige Festlegung, Rechtsmängelunabhängigkeit und Verbindlichkeit abzusprechen ist, doch ist dies eine Frage der noch später zu behandelnden Auslegung im Einzelfall. 249 (2) Verbindliche Feststellung der Wirkung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung Das Merkmal der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung könnte aber dadurch gegeben sein, dass die betreffende Erklärung darauf gerichtet ist, verbindlich das Bestehen der eintretenden Rechtsfolgen festzustellen. Fraglich ist also, ob eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung, die auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet ist, gleichzeitig auch einseitig festlegend, verbindlich und rechtsmängelunabhängig den Eintritt der bezweckten Rechtsfolgen feststellt. Ein entsprechender Inhalt müsste in einem solchen Fall in der Willensäußerung, eine Rechtsfolge eintreten lassen zu wollen bzw. eine Durchgangshandlung zur Erreichung einer bestimmten Rechtsgestaltung vornehmen zu wollen, enthalten sein. Hiergegen könnte man schon einwenden, dass es einer solchen Feststellung wegen ihres regelmäßig nicht über den Inhalt der Willenserklärung hinaus gehenden Inhalts an einer Regelungsintention fehle. 250 Dem ist zumindest im Rahmen einer verobjektivierten Betrachtung regelmäßig zuzustimmen, doch gänzlich für jeden Einzelfall ausgeschlossen ist damit der Erlass einer einseitigen, fehlerunabhängigen und verbindlichen Feststellung beispielsweise in Form eines feststellenden Verwaltungsakts nicht. Für unmittelbar rechtswirkende öffentlich-rechtliche Willenserklärungen ist hierbei zwischen dem Eintritt der Rechtswirkung und der Verbindlichkeit einer Feststellung zu differenzieren. 251 Freilich kann ein deklaratorisch feststellender Verwaltungsakt die Rechtswirkung einer bestimmten Erklärung, die aufgrund einer von einem Rechtssatz zugewiesenen Fähigkeit eingetreten ist, erneut bestätigen, doch setzt dies aufgrund der Verschiedenheit von Rechtswirkung und Feststellung voraus – sollte ein solch feststellender Verwaltungsakt tatsächlich in einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung enthalten sein –, dass schon vor Erlass des feststellenden Verwaltungsakts eine Rechtswirkung eingetreten ist, die es festzustellen gilt. 252 Dies ist zumindest im Hinblick auf die Rechtswirkungen nicht der Fall. 253 249

Dazu noch unten 6. Kap. 6 Abschn. B.II. Appel, BayVBl. 1983, 201 (204). 251 Martens, StuW 1989, 69 (71 f.); Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 131. 252 Zum feststellenden Verwaltungsakt BVerwGE 8, 261 (263); 14, 151 (152); 34, 353 (354); Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 90; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 28. 253 Vgl. aber sogleich 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(4). 250

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Darüber hinaus würde ein die Rechtsfolgen der Willenserklärung verbindlich feststellender Verwaltungsakt etwaige Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Handlungsform Willenserklärung oder der die Rechtswirkung zuweisenden Normen übergehen. Läge ein entsprechender Verwaltungsakt also vor, würde es sich damit um einen von der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zu trennenden Rechtsakt handeln. Ebenso wäre zu entscheiden bei einer theoretisch möglichen aber praktisch zu vernachlässigenden Erklärung, die darauf gerichtet ist, verbindlich die Durchführung eines Zwischenschrittes im Rahmen eines noch erwarteten, unmittelbar rechtsgestaltenden Rechtsaktes festzustellen. Auch bei einer verbindlichen Feststellung ihrer Rechtswirkungen enthält die öffentlich-rechtliche Willenserklärung selbst damit keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung. (3) Verbindliche Feststellung, dass die der Willenserklärung zugrunde liegende Situation besteht Die Begründung einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung könnte sich dann dadurch ergeben, dass eine Erklärung neben ihrer Gerichtetheit auf eine Rechtsfolge zugleich die verbindliche Feststellung enthält, dass der in der Willenserklärung angenommene, tatsächliche Lebenssachverhalt bzw. einer für den Erlass einer Willenserklärung notwendige Lebenssachverhalt besteht. Auch hier wird man pragmatisch gesehen in den seltensten Fällen eine entsprechende Intention der Verwaltung erkennen. 254 Ebenso ist hier wieder zwischen dem Eintritt einer Rechtswirkung und einer verbindlichen Feststellung zu unterscheiden. Das bloße Feststellen einer bestehenden Sachlage ergibt für sich noch keine Rechtsfolgen. Die hoheitliche Maßnahme zur Regelung einer unmittelbar rechtswirkenden Willenserklärung ergibt sich schließlich auch nicht dadurch, dass sie in einem engen Zusammenhang mit einem als hoheitliche Maßnahme zur Regelung ergehenden Verwaltungsakt steht. 255 Eine gegenseitige Beeinflussung beider Rechtshandlungen findet nicht statt. Auch eine möglicherweise vorhandene verbindliche Feststellung hinsichtlich der der Willenserklärung zugrunde liegenden Situation hat keinen Einfluss auf das Vorliegen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung im Rahmen der Willenserklärung. (4) Hoheitliche Maßnahme zur Regelung durch Entscheidungen im Vorfeld der eigentlichen Erklärungshandlung Bei einem noch weitreichenderen zeitlichen Zurückschreiten könnte sich der Charakter einer Erklärungshandlung als hoheitliche Maßnahme zur Regelung 254 Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 154; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 67b. 255 Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448); Ebsen, DÖV 1982, 389 (395); Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 148.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

schließlich durch eine Entscheidung im Vorfeld der eigentlichen Erklärungshandlung ergeben. 256 So wurde teilweise vertreten, ein Verwaltungsakt liege vor, weil der betreffenden Erklärungshandlung die verbindliche Entscheidung zugrunde liege, die besagte Erklärungshandlung abzugeben und eine Beeinflussung des materiellen Rechts herbeizuführen. 257 Auch könnte die Erklärungshandlung konkludent den Inhalt bekommen, eine bestimmte Maßnahme zugunsten eines Dritten nicht vorzunehmen. Solche Ablehnungen werden tatsächlich oftmals als Verwaltungsakte qualifiziert, was die Frage nahelegt, ob dies auf eine korrespondierende Entscheidung, eine bestimmte Erklärung vorzunehmen, ebenfalls zutrifft. 258 Dabei ist aber zu bedenken, dass auch entsprechende Ablehnungen den Betroffenen bekanntzumachen und damit auf Außenwirkung gerichtet sind. Bei einer Vorfeldentscheidung handelt es sich aber lediglich um eine interne Maßnahme. 259 Das ändert zwar nichts an der Außenwirkung der sich anschließenden Entscheidung, doch würden sich die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG bei einer abweichenden Sichtweise auf zwei verschiedene Handlungen beziehen. Der Verwaltungsakt könnte sich nur durch die Kombination zweier Erklärungshandlungen – der internen Entscheidung über die Bekanntgabe der Willenserklärung als hoheitliche Maßnahme zur Regelung und die bekanntgegebene Willenserklärung als auf unmittelbare Außenwirkung gerichtet – ergeben, die erst gemeinsam die notwendigen Anforderungen erfüllen würden. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass jeglichem Verwaltungshandeln zumindest eine Entscheidung über deren Vornahme vorangeht. 260 Die Anzahl derjenigen Verwaltungshandlungen, die als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre, würde drastisch ansteigen und damit die Abgrenzung innerhalb der verschiedenen Handlungsformen weitgehend obsolet machen. (5) Zusammenfassung Die hier behandelte Handlungsform der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung unterscheidet sich vom Verwaltungsakt durch die fehlende Gerichtetheit auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung. Dieses Merkmal ist im Verhältnis der beiden Handlungsformen exklusiv dem Verwaltungsakt vorbehalten, weshalb eine Abgrenzung hierüber möglich ist. Aufgrund des subjektiven Charakters dieses Merkmals liegt der Unterschied zwischen beiden Handlungsformen allein in der hinter der Erklärung stehenden Intention. Die handelnde Behörde entscheidet somit im Rahmen des rechtlichen Könnens über das Vorliegen eines Verwaltungsakts oder einer einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung. 256 257 258 259 260

Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 14 m.w. N. OVG Lüneburg DVBl. 65, 209 (209); OVG Koblenz VerwRspr 22 (1971), 409 (410). Vgl. Ebsen, DÖV 1982, 389 (395). VGH Kassel ESVGH 27, 159 (161). Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448).

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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5. Begriffliche Konsequenzen Aus dieser Feststellung ergeben sich jedoch Anschlussfragen. Eine Willenserklärung kennzeichnet eine Willensäußerung, die auf Erzielung eines rechtlichen Erfolges gerichtet ist. Diese Umschreibung trifft sowohl auf die öffentlich-rechtliche Willenserklärung als auch den Verwaltungsakt zu. Mit Fragen behaftet sein muss deshalb das begriffliche Nebeneinander von Verwaltungsakt und öffentlichrechtlicher Willenserklärung. Teilweise wird ein begriffliches Exklusivitätsverhältnis zwischen beiden Handlungsformen angenommen. Der Verwaltungsakt soll nicht als „Willenserklärung“ bezeichnet werden. 261 Begründet wird diese Ablehnung größtenteils mit der nicht möglichen Gleichsetzung von einem hinter der Willenserklärung stehenden Geschäftswillen und öffentlich-rechtlichen Gestaltungsbefugnissen, die durch den Verwaltungsakt verwirklicht werden. 262 Der Verwaltungsakt solle sich als einseitige Ausübung hoheitlicher Gewalt darstellen und damit keine dem bürgerlichen Recht vergleichbaren Rechtsverhältnisse zwischen Verwaltung und Bürger begründen. 263 Die herrschende Meinung hat hingegen keine Bedenken, den Verwaltungsakt als spezielle Form der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung anzusehen. 264 Ebenso wie eine Willenserklärung sei ein Verwaltungsakt eine zweckgerichtete und intentionierte Handlung. 265 Eine deutliche Vergleichbarkeit beider Handlungsformen zeige sich an der für Willenserklärungen wesentlichen Frage des Zugangs. 266 Auch Verwaltungsakte werden gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG mit Zugang bzw. Bekanntgabe wirksam.

261 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 206; Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 31; Obermayer, in: Maunz / Obermayer / Berg / Knemeyer (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, S. 85 (183); ders., Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 109. Im Ergebnis ablehnend auch Schmitt Glaeser, in: ders. (Hrsg.), FS Boorberg, S. 34 (36 f.). 262 Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 31. 263 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 206. Zu der Verwaltungsrechtsverhältnislehre oben 1. Kap. 1. Abschn. B. I.2. 264 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 38 f.; Stelkens, Verwaltungsverfahren, Rn. 53, 312; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8; Martens, Praxis des Verwaltungsverfahrens, Rn. 316; ders., DÖV 1987, 992 (995); Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 335 f.; Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 69; Löwer, DVBl. 80, 952 (955); Schmidt-De Caluwe, VerwArch 90 (1999), 49 (59); Renck, BayVBl. 1973, 365 (368); Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 189. In diese Richtung auch BVerwGE 13, 1 (7). 265 Anerkennend Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 205 f. 266 BVerwGE 13, 1 (7); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 69.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Problematisch an der Diskussion über die Bezeichnung des Verwaltungsakts als „Willenserklärung“ ist die oftmals damit verbundene Annahme, hiermit sei gleichzeitig eine Aussage über das Wesen der öffentlich-rechtlichen Handlungsform getätigt. 267 An dieser Stelle bedarf es aber vorrangig einer Klärung des begrifflichen Verhältnisses des Untersuchungsgegenstandes zu dem Verwaltungsakt, weshalb auf diese in der Tat bestehende Gefahr erst später eingegangen werden soll. 268 Sowohl Willenserklärung als auch Verwaltungsakt ist gemein, dass sie Äußerungen der Verwaltung sind, die auf Erzielung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet sind, auch wenn die Vorstellung einer Willensentscheidung der Verwaltung kritisch zu beurteilen sein könnte. 269 Wegen dieser gleichen Grundstruktur beider Handlungsformen kann der Verwaltungsakt ebenfalls als „öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ bezeichnet werden. Ebenso wie die öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist er darauf angelegt, eine im Innenbereich des Erklärungssubjekts getroffene Entscheidung rechtlich umzusetzen. Doch kann bei diesem Ergebnis nicht stehengeblieben werden. Auch wenn jeder Verwaltungsakt eine öffentlichrechtliche Willenserklärung ist, so kann nicht gleichzeitig jede öffentlich-rechtliche Willenserklärung ein Verwaltungsakt sein. Denn nicht nur im Hinblick auf die Funktionen und Rechtsfolgen ließ sich ein „Mehr“ des Verwaltungsakts gegenüber der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung feststellen. Vielmehr zeigte sich dies auch im Wesen und Tatbestand. Der Verwaltungsakt stellt sich also als die rechtlich komplexere, ausdifferenzierte und vor allem wirkungsstärkere öffentlich-rechtliche Willenserklärung dar. Er kann deshalb als spezieller Unterfall der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung angesehen werden. Daneben gibt es diejenigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen, denen dieses spezielle „Mehr“ an rechtlicher Komplexität und Wirkung des Verwaltungsakts fehlt. Zur Unterscheidung zwischen beiden Handlungsformen ist deshalb eine nähere begriffliche Kennzeichnung der hier zu untersuchenden letzteren Gruppe der öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen notwendig. Dafür existieren verschiedene Vorschläge, wobei eine sachgerechte Bezeichnung gerade die relevanten Unterschiede der verschiedenen Handlungsformen ausdrücken sollte. 270 Teilweise wird versucht, die hier untersuchte Handlungsform als „schlichte (hoheitliche) öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ zu beschreiben. 271 Zwar vermag 267

Vgl. Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 205 f. Dazu ausführlich unten 5. Kap. 2. Abschn. D. In Erinnerung gerufen werden soll außerdem, dass es sich bei den hier verwendeten Begrifflichkeiten zu diesem Zeitpunkt der Arbeit allenfalls um Arbeitstitel handelt, vgl. oben Einl. 269 Dazu noch unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.4. 270 Vgl. zu begriffstheoretischen Aspekten unten 5. Kap. 271 Vgl. Stern, BayVBl. 1957, 86 (86); Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 2 f.; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 249; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 128. 268

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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die Umschreibung als „schlichtes“ Handeln durchaus überzeugend die graduelle Abstufung gegenüber dem Verwaltungsakt zu kennzeichnen. Problematisch ist hieran jedoch, dass der Begriff des „schlichten“ Verwaltungshandelns in aller Regel gleichbedeutend mit dem des „Realhandelns“ verwendet wird und damit ein Handeln beschreibt, das nicht auf einen rechtlichen, sondern einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. 272 Auch eine schlichte öffentlich-rechtliche Willenserklärung hätte aber aufgrund der „Willenserklärung“ weiterhin die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges zum Ziel. Durch den Zusatz eines schlicht „hoheitlichen“ Handelns kann dieser Gefahr eines falschen Eindrucks kaum begegnet werden, denn ein „hoheitliches“ Handeln kann nicht ohne weiteres mit einem auf einen Rechtserfolg gerichteten Handeln gleichgesetzt werden. Die Verwendung der Termini „schlicht“ und „Willenserklärung“ in einem gemeinsamen Kontext ist deshalb widersprüchlich. Zumal würde es wenig sinnvoll erscheinen, mit einer Begriffsergänzung eine andere Begriffsergänzung zu neutralisieren. Ein Rückgriff auf die Begrifflichkeit „schlicht“ muss wegen ihrer insoweit relativ feststehenden und der dem Gewollten entgegengesetzten Bedeutung ausscheiden. Stattdessen wird von anderen die Bezeichnung „öffentlichrechtliche Willenserklärung nichthoheitlicher Art“ gewählt. 273 Dieser Begriff ist jedoch im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen Erklärungen Privater entstanden, so dass unklar ist, ob sich die „nichthoheitliche Art“ tatsächlich auf den auch hier festgestellten Unterschied zu dem Verwaltungsakt bezieht oder nur ausdrücken soll, dass gerade kein Träger öffentlichen Rechts gehandelt hat. Daneben ist kritisch anzumerken, dass auch an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden konnte, ob das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal zu dem Verwaltungsakt tatsächlich in dem Element der „hoheitlichen Maßnahme“ oder „zur Regelung“ liegt. 274 Nach Peine handelt es sich bei der hier zu untersuchenden Handlungsform um eine öffentlich-rechtliche „Willenserklärung ohne Verwaltungsaktscharakter“. 275 Damit wäre zwar zutreffend der Unterschied zwischen Verwaltungsakt und Untersuchungsgegenstand gekennzeichnet. Bezweifelt werden muss aber, ob mit einer solchen Bezeichnung eine eigenständige Entwicklung der öffentlich-rechtlichen „Willenserklärung ohne Verwaltungsaktscharakter“ durch die permanente Verknüpfung mit einer anderen Handlungsform noch gewährleistet ist. Nicht derart belastet wie die Bezeichnung „schlicht“ ist der Begriff „einfach“. Eine Kennzeichnung als „einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ drückt sowohl die rechtliche Abschichtung gegenüber dem Verwaltungsakt aus als sie auch praktikabel bleibt. Im Folgenden soll deshalb der zu behandelnde Untersu272 273 274 275

Vgl. nur Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 17 ff. m.w. N. Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325. Vgl. zum Verhältnis beider Merkmale oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

chungsgegenstand als einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung bezeichnet werden, 276 wobei dieser Begriff erst einmal als Arbeitstitel verwendet werden soll. Mit tieferer Kenntnis der Eigenarten dieser Handlungsform wird auch dieser Begriff zu überprüfen sein. 277 Oberbegriff von sowohl einfacher öffentlichrechtlicher Willenserklärung als auch Verwaltungsakt ist die „öffentlich-rechtliche Willenserklärung“, weshalb sich für den Verwaltungsakt auch die ausführlichere Bezeichnung als „qualifizierte öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ anbieten würde. Beide Handlungsformen können damit als „öffentlich-rechtliche Willenserklärung im weitesten Sinne“ verstanden werden. IV. Generell-abstrakte Rechtssätze (Verordnungen und Satzungen) Die Bezeichnung als „einfache“ verwaltungsrechtliche Willenserklärung kann neben der Abgrenzung zum Verwaltungsakt für die Abgrenzung zu einer weiteren Gruppe von Handlungsformen stehen. Auch generell-abstrakte Rechtssätze stellen sich bei Zugrundelegung einer generellen Definition als Willensäußerungen dar, die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sind. Dennoch bestehen zwischen generell-abstrakten Rechtssätzen und konkret-individuellen Einzelakten wesentliche Unterschiede. 278 Durch ihren allgemeinverbindlichen Charakter sind Rechtssätze dazu bestimmt, das Verhalten einer Vielzahl von Personen zu steuern. 279 Einzelakten kommt eine solche Funktion nicht zu. Deswegen unterfallen Rechtssätze anderen Regeln, selbst wenn es sich dabei um auf einen Rechtserfolg gerichtete Willensäußerungen handelt. Dies zeigt sich beispielsweise an der Vorschrift des Art. 80 Abs. 1 GG für Verordnungen. Daneben ist es für Rechtssätze möglich, dass sie von sich aus ohne weiteres Dazutun rechtsverbindlich gelten. Dies ließ sich für die einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung gerade nicht feststellen. Wegen der grundlegend anderen Regelungsanforderungen sind abstrakt-generelle Rechtssätze nicht in der Handlungsform der „einfachen“ öffentlich-rechtlichen Willenserklärung enthalten. 280

276 So auch Kluth, NVwZ 1990, 608 (609, Fn. 37); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 4. 277 Dazu unten 5. Kap. 278 Zu der teilweise umstrittenen Abgrenzung beider Formen, von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (169 ff.). 279 Vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 47 ff.; Haase / Keller, Grundlagen und Grundformen des Rechts, Rn. 132 ff. 280 Zur Frage, ob es auch im Recht der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung Erscheinungsformen vergleichbar der Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG oder Erklärungen an einen unbestimmten Kreis von Empfängern gibt, siehe unten 7. Kap. 2. Abschn. A III.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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V. Öffentlich-rechtlicher Vertrag Auch hinsichtlich einer anderen anerkannten Handlungsform ist eine Klarstellung des Untersuchungsgegenstandes erforderlich. Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist ebenso wie der Verwaltungsakt im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt. Bedenkt man, dass nach § 62 VwVfG für den öffentlich-rechtlichen Vertrag, soweit sich aus den §§ 54 bis 61 VwVfG nichts Abweichendes ergibt und auch die übrigen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht gelten, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden sind, erscheint fraglich, ob damit gleichzeitig die einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung geregelt wurde. Das Zustandekommen des öffentlich-rechtlichen Vertrages ist in den §§ 54 ff. VwVfG nicht geregelt. Mangels einer sonstigen Heranziehung des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind somit die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches maßgeblich. Auch im öffentlichen Recht kommt also jeder Vertrag durch die Abgabe von Willenserklärungen zustande, 281 deren rechtliche Behandlung sich über § 62 S. 2 VwVfG an den Regelungen des Zivilrechts orientiert. Damit könnten Bedenken entstehen, ob es sich bei der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung überhaupt um eine eigenständige Handlungsform handelt. Für das Recht der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen stellt sich die Frage der Relevanz des § 62 S. 2 VwVfG in dieser Art und Weise jedoch schon im Ansatz nicht. Aus der mit der Norm im Zusammenhang stehenden Systematik ergibt sich die Aussage, dass die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages bei Bedarf durch ergänzende und entsprechende Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzureichern ist. § 62 S. 2 VwVfG spricht nicht davon, die öffentlich-rechtliche Willenserklärung sei durch eine entsprechende und ergänzende Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften zu nutzen. Der Anwendungsbereich dieser Verweisungsnorm ist deshalb für die Handlungsform der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nicht eröffnet, auch wenn eine solche im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ebenfalls vorliegen kann. 282 § 62 S. 2 VwVfG richtet sich an eine andere Handlungsform als die der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung und schweigt auch zu der für ihre rechtliche Behandlung notwendigerweise vorhergehenden Frage ihrer Existenz. 283 Selbst wenn man darüber hinwegsehen wollte, so wäre die Beeinflussung des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes gering. Zwar mag jede Willenserklärung 281 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 145, Rn. 1; Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 11; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 78. 282 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 3. 283 Allenfalls könnte man § 62 S. 2 VwVfG dahingehend verstehen, er setze die Willenserklärung im öffentlichen Recht voraus, vgl. unten 6. Kap. 4. Abschn. B.III.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Bestandteil eines Vertrages sein, weil sie zu seinem Zustandekommen notwendig ist. Dies gilt in solcher Absolutheit aber nicht im umgekehrten Sinne. Es gibt viele Willenserklärungen, die nicht im Rahmen eines Vertrages ergehen. Schon daraus ergibt sich die Offenheit des hier behandelten Untersuchungsgegenstandes. Daneben ist zu beachten, dass die Verweisung des § 62 S. 2 VwVfG eine „entsprechende“ und „ergänzende“ ist. Diese doppelte Modifikation verhindert ebenfalls eine zu durchstrukturierte Vorprägung öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen. Durch den Verweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ist deshalb allenfalls ein leichter Hinweis zu der rechtlichen Behandlung von Willenserklärungen im öffentlichen Recht zu entnehmen. § 62 S. 2 VwVfG könnte also, wenn überhaupt, quantitativ nur einen bestimmten Teil öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen betreffen und dies auch nur in qualitativ wenig tiefgreifender Hinsicht. 284 Auf der einen Seite reicht dieser Befund nicht aus, um die Annahme zu stützen, es gäbe – vermittelt durch § 62 S. 2 VwVfG – zwei Arten von öffentlichrechtlichen Willenserklärungen mit jeweils eigenen Regelungen. Auf der anderen Seite würde dieser Befund aber genauso wenig ausreichen, um das Recht der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen derart vorzuzeichnen, dass man von einer ausreichenden Erörterung ihrer rechtlichen Behandlung sprechen könnte. Die Regelungen des öffentlich-rechtlichen Vertrages und insbesondere § 62 S. 2 VwVfG berühren das Recht der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar. Aber selbst eine solche mittelbare Regelung bliebe derart oberflächlich, dass dementsprechend auch keine irgendwie geartete Identität zwischen beiden Handlungsformen zu sehen ist. 285 Für die folgenden Überlegungen bedeutet dies, dass die im Rahmen eines Vertrages ergehende öffentlich-rechtliche Willenserklärung sich zwar in die hier dargestellte Dogmatik einfügen muss, jedoch nicht primärer Betrachtungsgegenstand ist. 286 Nicht ausgeschlossen werden kann an dieser Stelle, dass die Aussage des § 62 S. 2 VwVfG für die später noch notwendige Erarbeitung von Regeln der rechtlichen Behandlung der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung nutzbar ist. Indem sie lediglich (unter anderem) auf die Vorschriften über die rechtliche Behandlung von Willenserklärungen verweist, ist ihr keine Aussage über die grundsätzliche Zulässigkeit von Willenserklärungen im öffentlichen Recht zu entnehmen. Der Aussage des § 62 S. 2 VwVfG fehlt es in dieser Hinsicht an inhaltlicher Bestimmtheit. Die Abgrenzung schließlich zwischen der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages und der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung kann über das 284

Vgl. Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62, Rn. 4. Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 104; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9. 286 Mit dieser Vorgehensweise auch Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869. 285

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Merkmal der Einseitigkeit stattfinden. 287 Die rechtliche Wirkung der Willenserklärung, sei es unmittelbarer oder mittelbarer Art, hängt alleine von der Entscheidung des Erklärenden ab. Hingegen entstehen die Rechtswirkungen des Vertrages erst durch Rechtshandlungen aller Vertragsparteien. 288 VI. Realhandeln i. w. S. Eine weitere anerkannte Form verwaltungsrechtlichen Handelns ist das Realhandeln (auch sog. schlichtes Verwaltungshandeln). 289 Grundlegendes Wesensmerkmal und Unterscheidungskriterium zu den öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen dieses Handlungstypus ist, dass es nicht auf einen rechtlichen, sondern einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. 290 Belässt man es bei dieser allgemeinen Definition, kann man das Realhandeln i. w. S. weitergehend unterteilen. 291 1. Geschäftsähnliche Handlungen Geschäftsähnliche Handlungen sind vor allem aus dem Zivilrecht bekannt. Gleichwohl drängt ihre dortige Nähe zu Willenserklärungen auch zu einer Berücksichtigung im vorliegenden öffentlich-rechtlichen Rahmen. 292 Geschäftsähnliche Handlungen scheinen auf den ersten Blick keinen Unterschied zu Willenserklärungen aufzuweisen. In beiden Fällen wird ein Wille nach außen geäußert und eine rechtliche Folge tritt ein. Statt jedoch auf den Eintritt von Rechtsfolgen 287 Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 303; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 104; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9. 288 Als eine solche Rechtshandlung kommt vor allem eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung in Form eines Angebots in Frage. Das Angebot entfaltet im Hinblick auf die Bindung des Erklärenden unmittelbare Rechtswirkung, bezogen auf den Vertragsschluss jedoch nur mittelbare Rechtswirkung. 289 Zu den Begrifflichkeiten vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 17 ff. 290 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 128; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 30, Rn. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 1; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 879. Trotz dieses grundlegenden Unterschieds hält Faber, Verwaltungsrecht, § 24 III, die Einordnung von einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen als Realakte für „erwägenswert“. 291 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 2. 292 Geschäftsähnliche Handlungen werden i. d. S. in ihrer Existenz kaum ausschließlich auf das Zivilrecht beschränkt sein. Ihre sogleich darzustellenden grundlegenden charakteristischen Eigenschaften sind auch ohne weiteres im öffentlichen Recht denkbar, z. B. bei einer Einwendung gegen Anlagen nach § 10 BImSchG oder den Entwurf einer kommunalen Haushaltssatzung, Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 7. Vgl. auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 488 ff.; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 128; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 40.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

gerichtet sein zu müssen, bleiben geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet. 293 Von dem Realhandeln i. w. S. heben sie sich durch ihre Einbindung in einen Erklärungstatbestand in Form einer Willensäußerung oder Mitteilung mit Kundgabezweck ab. 294 Gleichwohl fehlt ihnen der für Willenserklärung typische Rechtsfolgenwille. Außerdem tritt die rechtliche Folge unabhängig des Inhalts des hinter der Äußerung stehenden Willens ein. 295 Es kann sogar vorkommen, dass ein anderer Erfolg eintritt, als vom Erklärenden bezweckt wurde. 296 Bei einer geschäftsähnlichen Handlung tritt die Rechtsfolge ein, weil das Gesetz sie unabhängig von einem darauf gerichteten (Rechtsfolge-) Willen mit dem gewollten, tatsächlichen Erfolg verknüpft. 297 Während also die Willenserklärung auf die Herbeiführung eines Rechtserfolges gerichtet ist, wird der Rechtserfolg bei den geschäftsähnlichen Handlungen lediglich indirekt über den Zwischenschritt eines tatsächlichen Erfolges herbeigeführt. Im Zivilrecht unterfällt die geschäftsähnliche Handlung in weiten Bereichen einer analogen Anwendung der Regeln über die Willenserklärung. 298 Für den weiteren Gang dieser Untersuchung soll dies jedoch keinesfalls eine Gleichstellung beider Institute bedeuten. Dieses Vorgehen würde erst eine Klärung der Frage notwendig machen, ob auch im öffentlichen Recht eine weitestgehende Identität der rechtlichen Behandlung zwischen Willenserklärung und geschäftsähnlicher Handlung besteht. Dies scheint aber ohne eine ausgearbeitete Dogmatik der einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung als Fixpunkt in dieser Frage kaum möglich. Für den Untersuchungsgegenstand bedeutet dies, dass er auf einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärungen beschränkt bleibt. Geschäftsähnliche Handlungen im öffentlichen Recht werden nicht bearbeitet. 2. Wissenserklärung, Meinungskundgaben oder Auskünfte Ebenfalls nicht auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sind die sog. Wissenserklärungen, Meinungskundgaben oder Auskünfte. Dies grenzt sie in gleicher 293 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 104, Rn. 6; Medicus, BGB AT, Rn. 195 ff.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 14 ff.; Singer, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 2; Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 36 ff. 294 Ulrici, NJW 2003, 2053 (2053); Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 14; Medicus, BGB AT, Rn. 197. 295 Brox / Walker, BGB AT, Rn. 95; Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 14; Medicus, BGB AT, Rn. 197. Diese Unterscheidung auch im öffentlichen Recht sehend P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 128; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 40; Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 7. 296 Ulrici, NJW 2003, 2053 (2053). 297 Ulrici, NJW 2003, 2053 (2053). 298 Im Einzelnen zeigen sich Differenzierungen und Streitigkeiten, vgl. Ulrici, NJW 2003, 2053 (2054 ff.); Medicus, BGB AT, Rn. 198; Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 17 ff.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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Hinsicht zur einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung ab wie zu Verwaltungsakten. 299 Zwar werden auch bei Wissenserklärung, Meinungskundgaben bzw. Auskünften innerlich erhebliche Tatsachen nach außen mittels eines Erklärungsaktes geäußert, doch fehlt es an einer Willenskomponente. Beschreibt man den Willen oberflächlich als Fähigkeit, alle zur Erreichung eines Zieles erforderlichen Handlungen zu koordinieren, zu aktivieren und zu steuern, 300 fällt auf, dass eine Wissenserklärung, Meinungskundgabe bzw. Auskunft nicht auf ein weitergehendes Ziel gerichtet ist, sondern schon aus sich selbst heraus vollendet ist. 301 Es liegt keine Äußerung eines Willens vor, sondern lediglich eine rechtlich folgenlose Erklärung von Fakten, Meinungen oder Tatsachen. 302 3. Informelles Verwaltungshandeln Ein weiterer Unterpunkt des Realhandelns i. w. S. bildet das sog. informelle Verwaltungshandeln. 303 Informelles Handeln muss nicht zwingend anstelle eines regelmäßigen Verwaltungsverfahrens nach § 9 VwVfG durchgeführt werden, sondern kann auch teilweise in dessen Rahmen erfolgen, doch haftet ihm dabei nicht der Regelungsgehalt des Verwaltungsverfahrensgesetzes an. 304 Es ermöglicht flexible Absprachen mit dem Bürger, deren Besonderheit ihre rechtliche Unverbindlichkeit ist. 305 Bei dogmatisch genauer Vorgehensweise muss auch hier, ebenso wie bei dem Verwaltungsakt, zwischen den Wesensmerkmalen bzw. Tatbestand und Funktionen bzw. Rechtsfolgen unterschieden werden. Entscheidender Unterschied zur Willenserklärung ist also, dass diese, zumindest nach zivilrechtlichen Maßstäben, 306 auf die (für den Erklärenden selbst bindende) Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges gerichtet ist. 307 Für das Abweichen von Äußerungen im Rahmen eines informellen Verwaltungsverfahrens gibt es indes keine Beschränkungen. 308 Ihm fehlt ein entsprechender Rechtsbindungswille. Der gewollte 299

Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 50. Vgl. unten 2. Kap. 1. Abschn. 301 Manigk, Willenserklärung und Willensgeschäft, S. 625; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 61. 302 Sollte eine solche Erklärung von Fakten, Meinungen oder Tatsachen ausnahmsweise einmal Rechtsfolgen erzeugen, wäre an eine geschäftsähnliche Handlung zu denken. 303 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 14. 304 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9, Rn. 162; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 32, Rn. 2 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 14. 305 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9, Rn. 162; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 20. 306 Medicus, BGB AT, Rn. 297; Hübner, BGB AT, Rn. 680. Vgl. auch § 145 BGB. 307 Dazu noch unten 7. Kap. 2. Abschn. B. Zwar kann auch der Verwaltungsakt Verbindlichkeit erzeugen, dies aber im Gegensatz zur Willenserklärung aus sich selbst heraus und unabhängig der konkreten Rechtslage, vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c. 300

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

informelle Charakter des Kontakts zwischen Verwaltung und Bürger würde ins Leere laufen, sobald in diesem Rahmen abgegebene Erklärungen auf eine rechtliche (Selbst-)Bindung gerichtet wären, wie es Willenserklärungen sind. VII. Empfindungen Das Zivilrecht, das der Willenserklärung das umfangreichste Regelungsfeld bietet, kennt ein weiteres, von ihr zu unterscheidendes Institut. Nach den §§ 532, 2337 S. 1, 2343 BGB ist das Vorliegen einer Verzeihung maßgeblich für das Eingreifen besonderer Rechtsfolgen. Mit der Verzeihung wird eine Tatsache des Gefühlslebens oder eine gewisse Gesinnung rechtserheblich in die Außenwelt transportiert. 309 Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Willenserklärung. 310 Man wird sie stattdessen am ehesten als eine geschäftsähnliche Handlung oder Meinungskundgabe auffassen können. Für das öffentliche Recht erscheint sehr zweifelhaft, ob ein derart subjektives und von persönlicher Struktur geprägtes Institut überhaupt existiert. Zumindest ein dies aufgreifender Rechtssatz ist nicht ersichtlich.

B. Eingrenzung der Definition Durch die Abgrenzung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zu anderen Handlungsformen konnte ihr Wirkungskreis schon deutlich herausgearbeitet werden. Das bisher gefundene Typisierungsbild kann jedoch aufgrund seiner Weite nicht vollumfänglich Gegenstand dieser Arbeit sein. Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand ist deshalb eine Eingrenzung notwendig. I. Abgrenzung öffentlich-rechtliche Willenserklärung und verwaltungsrechtliche Willenserklärung Untersuchungsgegenstand soll nicht jede Form von einfacher öffentlich-rechtlicher Willenserklärung sein. Vielmehr geht es um die Willenserklärungen, die als Handlungsform der Verwaltung in Betracht kommen. Damit wird an die drei Gewalten der Legislative, Exekutive und Judikative angeknüpft, wie sie Art. 1 Abs. 3 GG aufführt. Darüber hinaus ist jedoch nicht jegliches exekutives Handeln zu untersuchen, sondern nur solches der Administrative unter Ausschluss gubernativen Handelns. 311 Zwischen beiden Formen der Exekutive bestehen gerade im Bereich 308

Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 20. Manigk, Willenserklärung und Willensgeschäft, S. 629. 310 BGH NJW 1974, 1085 (1085); Hoeren, in: HK-BGB, § 2337, Rn. 1. 311 Zu der Unterteilung der Exekutive in Gubernative und Administrative, Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67. 309

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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der umzusetzenden Verwaltungsentscheidungen zu große Unterschiede, 312 die die Entwicklung einer einheitlichen, für beide Formen uneingeschränkt anwendbaren Handlungsform erschweren. Auch wenn die zwei Bereiche fließend ineinander übergehen sollten, so ist doch die Gubernative, betrachtet man die obersten Hierarchien, vor allem durch den Erlass von staatspolitischen Leitentscheidungen gekennzeichnet, während der allgemeinen Administrative der Vollzug der Gesetze obliegt. 313 Stellt man sich nun die Frage, in welchen Bereichen und Formen diese Administrative handeln kann, so ist der Erlass mancher Willenserklärungen schon per se für sie ausgeschlossen. So sind beispielsweise Erklärungen im Rahmen des Abschlusses eines völkerrechtlichen Vertrages nach Art. 59 Abs. 1 GG dem Bundespräsidenten vorbehalten. 314 Ebenso steht die Abgabe von Regierungserklärungen im Zuständigkeitsbereich der Regierung. 315 Das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlicher und verwaltungsrechtlicher Willenserklärung kann also dahingehend beschrieben werden, dass erstere den Oberbegriff bildet und neben Erklärungen der Verwaltung auch solche des Parlaments, der Regierung oder des Staatsoberhaupts enthält, während der Unterfall der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung auf das Verwaltungsrecht beschränkt bleibt. 316 Abseits dieser relativ eindeutigen Fälle der Unterscheidung zwischen Gubernative und Administrative durch die Qualifikation des Handlungssubjekts ist freilich problematisch, dass sich die Verwaltung und mit ihr das Verwaltungsrecht als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung bisher wohl allenfalls beschreiben, nur schwerlich aber auch abschließend definieren lässt. 317 Zwar setzt sich diese Schwierigkeit auch im Terminus des Verwaltungsträgers fort, doch ist ihr zumindest praktisch begegnet, wenn man den damit einhergehenden Teil der oben dargelegten Abgrenzungsformel zur privatrechtlichen Willenserklärung verwendet und sich an der hergebrachten Klassifikation der Verwaltungsträger orientiert. 318

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Dazu noch unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. Vgl. Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 4 ff., 19 ff., zum Problem der Abgrenzbarkeit von Gubernative und Exekutive Rn. 31. 314 Vgl. zu solchen Erklärungen Rojahn, in: von Münch/Kunig (Hrsg), GG, Art. 59, Rn. 4 ff. 315 Vgl. zu solchen Erklärungen Korte, ZParl 2002, 452. 316 Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 107; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 351. Ob die im Verlauf der Untersuchung gefundenen Ergebnisse auch für Erklärungen der Gubernative anwendbar wären, bliebe noch zu erörtern. 317 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 2, Rn. 1 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 1 ff.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 3 ff. 318 Vgl. zu den verschiedenen Arten der Verwaltungsträger beispielsweise Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 2 ff. 313

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

II. Keine Erklärungen des Bürgers Ebenfalls nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sollen einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen des Bürgers sein. Diese können im Gegensatz zu entsprechenden Erklärungen der Verwaltung auf eine relativ lange und ausführliche Aufarbeitung zurückblicken. 319 Davon abgesehen sollte zwar die Handlungsform der verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen in ihren Grundzügen für Bürger und Verwaltung weitgehend gleichartig ausgestaltet sein. Doch ist zu erwarten, dass der augenscheinliche Unterschied zwischen einer Privatperson und einem öffentlich-rechtlich handelnden Verwaltungsträger zu unterschiedlichen Regelungen führen wird. Daneben muss bedacht werden, dass die Willenserklärung im Privatrecht auf das privat handelnde Rechtssubjekt zugeschnitten ist. Für entsprechende Untersuchungen galt es also hauptsächlich, Erklärungshandlungen des Bürgers in öffentlich-rechtliche Verfahren einzubinden. 320 Das Handlungssubjekt und die damit verbundenen Strukturen blieben gleich. Vorliegend muss aber nicht nur die Willenserklärung und die Regeln ihrer praktischen Handhabung in das öffentliche Recht überführt werden, sondern gleichzeitig die Handlungsform an die Besonderheiten einer Benutzung durch einen öffentlich-rechtlich gebundenen Verwaltungsträger angepasst werden. III. Keine Prozesserklärungen Ausgeschlossen von dieser Arbeit werden weiterhin Prozesserklärungen. Willenserklärungen im Rahmen eines Prozesses und nur materiell verstandene Willenserklärungen können Ausdruck unterschiedlicher Grundsätze sein, weshalb auch in der zivilrechtlichen Literatur durchgehend zwischen materiell-zivilrechtlichen und zivilprozessualen Willenserklärungen unterschieden wird. 321 Die eine einheitliche Betrachtung verhindernden Aspekte liegen vor allem in Fragen der Behandlung von Willensmängeln. Das gerichtliche Verfahren, welches eine Vielzahl von Rechtssubjekten berühren kann, bedarf einer gesteigerten Klarheit und 319 Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317; ders., BayVBl. 1958, 325; Krause, VerwArch 61 (1970), 297; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Kluth, NVwZ 1990, 608; Rüfner, VVDStRL 28 (1970), S. 187 (212 ff.); Lohmann, SGb. 1964, 128; Röss, SozVers 1966, 6. 320 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 21, 94 ff.; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (308 ff.); Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 16. 321 Arens, Willensmängel bei Parteihandlungen im Zivilprozess, S. 14 ff.; Greger, in: Zöller (Hrsg.), ZPO, Vor § 128, Rn. 21; Leipold, in: Stein / Jonas (Hrsg.), ZPO, Vor § 128, Rn. 226; Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, Grdz § 128, Rn. 47.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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ruft deshalb die Notwendigkeit hervor, die Verfahrenslage vor Unsicherheiten zu schützen. 322 Akzeptiert man diese Unterschiede, ist die Willenserklärung jeweils in zwei verschiedene Rechtsgebiete einzuarbeiten: zum einen in das materielle Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches bzw. Allgemeine Verwaltungsrecht, zum anderen in das prozessuale Recht der Zivilprozessordnung bzw. Verwaltungsgerichtsordnung. 323 Die Untersuchung einer Handlungsform der Verwaltung bestimmt sich vor allem nach den Voraussetzungen ihres Erlasses und ihrer rechtlichen Behandlung. Davon unabhängig besteht die Frage, wie denen in der betreffenden Handlungsform geltend gemachten Ansprüche oder Rechtsvorstellungen gerichtlich Geltung verschafft werden kann. IV. Einschluss von Verfahrenshandlungen 324 Klarstellend soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass keine Begrenzung auf oder gar ein Ausschluss von Willenserklärungen stattfinden soll, die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ergehen. Einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen können auch Verfahrenshandlungen sein und bilden sogar einen großen Teil von ihnen, besonders die schon angesprochenen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen des Bürgers. 325 Ebenfalls keine unmittelbaren Auswirkungen auf zumindest die Sachkomplexe des materiellen Rechts hat § 44a VwGO. 326 Nach ihm sind Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Dies mag Einfluss auf die Ausgestaltung konkreter Regelungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung haben, führt aber nicht zu einer Einschränkung ihres Vorhandenseins. V. Keine Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt Von dem hier zugrunde gelegten Untersuchungsgegenstand sollen schließlich Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt nicht erfasst werden. Dabei soll die diesem Schritt logischerweise vorgehende Frage, ob es sich bei diesen um 322

BGHZ 80, 389 (392). Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung im öffentlichen Recht, S. 163; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (302); Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 110. 324 Verfahrens- (und Vorbereitungs-)handlungen scheinen nicht geeignet zu sein, eine eigenständige Handlungsform zu bilden. Auch Verwaltungsakte können mitunter Verfahrenshandlungen für spätere Entscheidungen darstellen, vgl. unten 1. Kap. 3. Abschn. B. I. So fällt es schwer, für Verfahrenshandlungen typische Wesensmerkmale zu finden, die eine Abgrenzung zu anderen Handlungsformen ermöglichen. Bei ihnen handelt es sich deshalb nur um eine tatsächliche Beschreibung von Handlungen, die in einem bestimmten sachlichen und zeitlichen Kontext zu einer anderen Verwaltungsentscheidung stehen. 325 Vgl. Clausen, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, Vor § 9, Rn. 25. 326 Näher zum § 44a VwGO unten 7. Kap. 3. Abschn. C.II. 323

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen handelt, nicht abschließend beantwortet werden. 327 Auch wenn dafür spricht, dass Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt als Äußerungen gerichtet auf einen rechtlichen Erfolg zu verstehen sind, muss beachtet werden, dass diese nur integrierter Bestandteil einer anderen Regelung sind. 328 Fraglich muss deshalb sein, ob eine konkrete Erscheinungsform einer eigenständigen Handlungsform bestehen kann, wenn eine vollständige inhaltliche und funktionale Trennung zu der Handlungsform des Verwaltungsakts nicht möglich ist. 329 So gibt es manche Nebenbestimmungen, die ohne Hauptverwaltungsakt nicht gelten können. 330 Die mangelnde Eigenständigkeit würde eher gegen das Ausfüllen einer eigenständigen Handlungsform sprechen. Aber selbst wenn trotz dieser Zweifel die Eigenschaft von Nebenbestimmungen als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung zu bejahen wäre, soll die vorliegende Untersuchung diese nicht erfassen. Relevant wird diese Ausgrenzung vor allem für zwei Arten von Nebenbestimmungen. Zum einen für materielle Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 VwVfG, zum anderen für die verfahrensrechtliche Nebenbestimmung des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO 331. Beide haben gemeinsam, dass sie auf einer reichhaltig ausdifferenzierten Dogmatik beruhen. Materiell327

In diese Richtung Kluth, NVwZ 1990, 608 (608), der aber prinzipiell von einer anderen Grundstruktur ausgeht. Darüber hinaus missverständlich, wenn Verwaltungsakte Willenserklärung darstellen sollen, Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten aber nur dann Willenserklärungen sein sollen, soweit sie nicht selbst Verwaltungsakte sind. 328 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 41; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 6; Janßen, in: Obermayer, VwVfG, § 36, Rn. 43; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 552. 329 Zweifel hieran werden durch das klassische Argument hervorgerufen, das für eine isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen streitet, vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 25. Nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. In einem solchen Fall ist ein einheitlicher Verwaltungsakt zu beurteilen („hebt den Verwaltungsakt auf“). Ist stattdessen eine isolierte Anfechtung nicht möglich, muss erst recht ein einheitlicher Rechtsakt vorliegen. 330 Dies wird relevant für Bedingung, Befristung und Widerrufsvorbehalt, vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 6. Die Auflage mag in dieser Hinsicht zwar abweichend zu beurteilen sein, doch stellt sich für sie die Frage, ob sie unselbständiger Bestandteil eines Verwaltungsakts ist oder selbst Verwaltungsakt, zum Streitstand Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 41 m.w. N. Schließlich könnte man auch noch die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO als Nebenbestimmung im verfahrensrechtlichen Sinne bezeichnen, so Pietzner / Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, § 55, Rn. 4; Renk, NJW 1968, 93 (93). Auch die Vollziehungsanordnung ist in ihrem Bestand an den Hauptverwaltungsakt gebunden. 331 Für diese ist umstritten, ob es sich bei ihr um einen Verwaltungsakt handelt, vgl. Grigoleit, Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, S. 58 ff.; Schenke, VerwArch 91 (2000), 587 (588 f.); Schoch, in: ders. / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 80, Rn. 140; Puttler, in: Sodan / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 80, Rn. 80.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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rechtliche Nebenbestimmungen haben eine mehr als umfangreiche Ausgestaltung von Fragen zu ihrer Rechtmäßigkeit und Anfechtbarkeit erfahren. 332 Auch die Behandlung der Vollziehungsanordnung ist weitgehend gesetzlich in § 80 VwGO geregelt. 333 Aus diesem Grunde würden viele der hier noch aufzustellenden Regeln wegen vorrangiger gesetzlicher Normen ohnehin nicht für diese beiden Formen von Nebenbestimmungen anwendbar sein. Zwar schließt das Vorhandensein von Spezialregeln nicht die Annahme einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung aus, doch erscheint es gewinnbringender, diese beiden Formen im einzelnen und speziellen zu untersuchen, ohne sie in die Form der hier zugrunde gelegten Willenserklärung zu fassen. Hinzu kommen die erheblichen Zweifel, ob es sich bei den Nebenbestimmungen überhaupt um einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen handelt. Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten werden somit nicht berücksichtigt.

C. Zusammenfassung Um für die sich anschließenden Überlegungen ein tragfähiges Grundgerüst des Untersuchungsgegenstandes zu haben, sind die in der Ab- und Eingrenzung gewonnenen Ergebnisse zusammenzufassen. I. Der Untersuchung zugrunde gelegte Definition Ausgangspunkt für die Untersuchung ist die allgemeine Definition der Willenserklärung, wonach eine solche jede Willensäußerung ist, die auf Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet ist. Im Gegensatz zu zivilrechtlichen Willenserklärungen ist für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung entscheidend, dass ihr Erklärender oder Empfänger ein Träger öffentlicher Gewalt in gerade dieser Eigenschaft ist oder das Rechtsverhältnis, das die Willenserklärung begründet, ändert oder aufhebt, öffentlich-rechtlicher Natur ist, also maßgeblich durch Normen des öffentlichen Rechts beeinflusst wird. Der Untersuchungsgegenstand ist also durch den Zusatz „öffentlich-rechtliche“ Willenserklärung zu konkretisieren. Von dem Verwaltungsakt unterscheidet sich die öffentlich-rechtliche Willenserklärung durch das Fehlen des Merkmals „hoheitliche Maßnahme zur Regelung“. Da jedoch auch der Verwaltungsakt unter den Oberbegriff der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zu subsumieren ist, ist diese für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung geminderte rechtliche Strukturkomplexität durch den Zusatz „einfach“ zu kennzeichnen. Außerdem kann sie im Gegensatz zum Verwaltungsakt mit 332 Vgl. nur Schachel, Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten; Laubinger, VerwArch 73 (1982), 345; Jahndorf, JA 1999, 676; Erichsen, Jura 1990, 214, jeweils m.w. N. 333 Vgl. Kopp / Schenke, VwGO, § 80, Rn. 78; Grigoleit, Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, S. 59 m.w. N.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Rechtswirkung nach innen oder außen erlassen werden. Die einfache öffentlichrechtliche Willenserklärung unterscheidet sich vom öffentlich-rechtlichen Vertrag durch ihre Einseitigkeit. Über das Merkmal der Gerichtetheit auf einen rechtlichen Erfolg unterscheidet sich die einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung von Realhandeln i. w. S. Während Willenserklärungen auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sind, sind geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet und führen lediglich über diesen gegebenenfalls einen rechtlichen Erfolg herbei. Vorliegend sollen nicht alle einfachen öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen behandelt werden, sondern nur solche, die für eine Handlungsform der Verwaltung in Frage kommen, mithin geht es um die einfache „verwaltungsrechtliche“ Willenserklärung. 334 Da die Untersuchung eine Handlungsform gerade der Verwaltung zum Gegenstand hat, werden einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen des Bürgers nicht behandelt. Ebenfalls ausgeschlossen werden Prozesshandlungen und Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten, während Verfahrenshandlungen in vollem Umfange Berücksichtigung finden. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die von der Verwaltung in gerade ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt (in zurechenbarer Weise) 335 einseitig abgegebene, auf Herbeiführung einer Rechtsfolge im Einzelfall, nicht jedoch auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung gerichtete Willensäußerung. II. Einpassung in ein System der Handlungsformen Die derzeit bestehenden Handlungsformen können nach verschiedenen Kriterien unterschieden und eingeteilt werden. 336 So lässt sich grundlegend zwischen Handlungen auf einen rechtlichen und tatsächlichen Erfolg unterscheiden. Innerhalb der auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Handlungen finden sich generellabstrakte Rechtssätze und konkret-individuelle Einzelakte. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist Bestandteil der letzten Gruppe, zusammen vor allem mit dem Verwaltungsakt und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Diesen beiden, schon gesetzlich ausgestalteten Handlungsformen, ist ein bestimmter Funktionenbereich zugewiesen. So ist wesentliches Merkmal des öffentlich-rechtlichen Vertrages seine Mehrseitigkeit, der Verwaltungsakt ist durch seine Fähigkeit zur 334 Die Konzentration der Untersuchung auf eine Handlungsform der Verwaltung führt dazu, dass die Abgrenzung zu privatrechtlichen Willenserklärungen schon alleine über die Qualifizierung des Erklärenden möglich ist. Des Abgrenzungszusatzes über die Natur des Rechtsverhältnisses bedarf es also vorliegend nicht. 335 Zu diesem Merkmal unten 4. Kap. 2. Abschn. A.IV. 336 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 103 f.; Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7.

2. Abschn.: Bestimmung des Untersuchungsgegenstands

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rechtlichen Verbindlichkeit hervorgehoben. Die sich dadurch innerhalb der Gruppe der konkret-individuellen, auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Einzelakte ergebende Lücke, kann die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ausfüllen. Fraglich ist, ob sich hierdurch eine grundlegende strukturelle Einteilung der Handlungsformenlehre in Gestalt eines Systems von Handlungsformen ergibt. 337 Teilweise wird schon grundsätzlich die Existenz eines solchen Systems bezweifelt. 338 Nach Krause könne es allenfalls ein offenes System von Handlungsformen geben, welches sich an verschiedenen Funktionen des Verwaltungshandelns orientiert. 339 Zu überlegen wäre jedoch, ob sich ein derartiges System der Handlungsformen tatsächlich gravierend von der allgemein gängigen, soeben kurz dargestellten, Systematik unterscheidet. Einiges scheint dafür zu sprechen, dass die bisher nur bei dem Verwaltungsakt in dieser Deutlichkeit aufgetauchten Kategorien, also die Merkmale des Einzelfalls, der unmittelbaren Rechtwirkung nach außen, der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung, der Einseitigkeit und des Gebiets des öffentlichen Rechts, wesentliche Einteilungen aller verwaltungsrechtlichen Handlungen beschreiben. Auch die von Krause gewählten Kriterien seines offenen Systems der Handlungsformen sind angelehnt an diese überkommenen Maßstäbe. 340 Soweit insgesamt ersichtlich, orientiert sich die Abgrenzung der verschiedenen Handlungsformen ausschließlich an diesen Kriterien. 341 Das Bestehen weiterer Merkmale, nach denen sich Handlungsformen untereinander abgrenzen, würde auch dazu führen, dass eine Unterscheidung zum Verwaltungsakt nicht mehr möglich wäre. Geht man davon aus, dass es eine Handlungsform gibt, für die ein nicht in § 35 S. 1 VwVfG angesprochenes Merkmal wesentlich ist, so könnte es Verwaltungshandlungen geben, die das für diese Handlungsform wesentliche aber trotzdem nicht in § 35 S. 1 VwVfG erwähnte Merkmal und gleichzeitig alle für den Verwaltungsakt typischen Merkmale aufweisen. Diese Verwaltungshandlungen wären somit nach der gesetzlichen Lage nicht vom Verwaltungsakt zu unterscheiden und müsste dennoch eigentlich einer anderen Handlungsform zugeordnet werden. Die gesetzliche Fixierung der für die Handlungsform des Verwaltungsakts maßgeblichen Wesensmerkmale in § 35 S. 1 VwVfG führt somit faktisch zu einer Begrenzung der allgemein möglichen Merkmale zur Abgrenzung von Handlungsformen. 337

Vgl. schon oben 1. Kap. 1 Abschn. C. I. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 13, allerdings unter Verweis auf Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns. 339 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 235, 382. Vgl. aber schon die für Handlungsformen maßgebliche Einteilung nach Funktionen oben 1. Kap. 1 Abschn. C.II. 340 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 235, Ossenbühl, AöR 102 (1977), 131 (133). 341 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 103 f. 338

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Sollte die Qualifizierung von Handlungsformen tatsächlich maßgeblich anhand ihrer Funktionen betrieben werden, 342 wäre ein solches Vorgehen auch nur konsequent. In Bezug auf die von der Handlungsform ausgehenden Wirkungen wird durch die dargestellten Kriterien ein in verschiedene Dimensionen gehendes Spektrum abgedeckt. Das Merkmal des öffentlichen Rechts zeigt die Richtung an, in die die Rechtswirkungen gehen. Über die Frage der Einzelfallregelung kann die Breite der Rechtswirkungen variiert werden, über das Merkmal der Rechtwirkung nach außen ihre Reichweite vom Handelnden aus. Die Intensität der rechtlichen Wirkung spiegelt sich in der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung wider. Dass sich diese Kriterien bisher hauptsächlich in der Definition des Verwaltungsakts nach § 35 S. 1 VwVfG gezeigt haben, mag daran liegen, dass die Verwaltungsrechtsdogmatik ihr Hauptaugenmerk innerhalb des letzten Jahrhunderts auf diese Handlungsform gerichtet hat. 343 Nun kann auch auf dieser Grundlage kaum davon gesprochen werden, es gäbe ein geschlossenes System oder einen numerus clausus von Handlungsformen, vieles deutet aber darauf hin, dass sich das vorhandene offene System von Handlungsformen an einem einheitlichen und geschlossenen Katalog von Merkmalen orientiert und hierdurch wiederum eine gewisse Begrenzung erfährt.

3. Abschnitt

Klassifizierung und Kategorisierung Nachdem das Verhältnis der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zu anderen Handlungsformen erörtert werden konnte, geht es im Folgenden um eine Bestandsaufnahme und Klassifizierung der verschiedenen konkreten Erscheinungen der Handlungsform, die sodann weitergehend zu kategorisieren sind.

A. Erscheinungsformen von einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen Im Folgenden sollen die verschiedenen konkreten Erscheinungsformen untersucht werden, die die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung annehmen kann. Eine solche Bestandsaufnahme hat sich in erster Linie an der gesetzlichen Situation zu orientieren.

342 343

Siehe dazu oben 1. Kap. 1 Abschn. C.II. Vgl. oben 1. Kap. 1 Abschn. B.II.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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I. Gesetzliche Ausgangslage Für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung fehlt eine grundlegende gesetzliche Regelung, wie sie beispielsweise für den Verwaltungsakt in § 35 S. 1 VwVfG oder den öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 54 VwVfG besteht. Gleichwohl wird sie vielerorts erwähnt. So nehmen beispielsweise die § 23 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 VwVfG, 344 § 19 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 SGB X, § 87 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 AO, § 3 Abs. 2 S. 1, 3 SächsKiStG, § 11 Abs. 2 S. 2 BBankG, § 41 Abs. 2 S. 2 BaföG, § 10 Abs. 1 Nr. 1 KonsG oder Art. 137 Abs. 1 BayVerf 345 Bezug auf „Willenserklärungen“. Diesen Normen ist jedoch gemein, dass sie allesamt an eine (öffentlich-rechtliche) Willenserklärung des Bürgers anknüpfen bzw. nicht auf Erklärungen einer Behörde Bezug nehmen. Eine ausdrückliche Erwähnung einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung durch die Verwaltung findet sich lediglich in § 10 Abs. 1 Nr. 1 KonsG. Demnach sind Konsularbeamte befugt, über Tatsachen und Vorgänge, die sie in Ausübung ihres Amtes wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke aufzunehmen. Als ein solcher Vorgang in Ausübung des Amtes, also im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit, gilt insbesondere die Abgabe von Willenserklärungen. Nicht nur fehlen für solche Willenserklärungen aber grundlegende dogmatische Aussagen, es fehlen daneben auch Regeln, nach denen diese zu behandeln sind. II. Exemplarische Fälle für von der Literatur als (einfache) öffentlich-rechtliche Willenserklärung bezeichnete Erklärungsakte Der Bestand von öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen beschränkt sich indes nicht auf die in den obigen Rechtssätzen genannten Erscheinungsformen. Daneben gibt es eine Vielzahl von Erklärungsakten, die in der Literatur als öffentlich-rechtliche Willenserklärung angesehen werden. 346 Die Zusammenstellung dieser Beispielsfälle wird jedoch dadurch erschwert, dass vielerorts die Konkretisierung auf „einfache“ verwaltungsrechtliche (oder allgemeiner: öffentlichrechtliche) Willenserklärungen nicht vorgenommen wird bzw. der Begriff der „Willenserklärung“ in einem weiten Sinne verwendet wird. 347

344

Und die inhaltlich entsprechenden Landesverwaltungsgesetze. Vgl. auch entsprechende Regelungen anderer Länder. 346 Allgemein Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 127; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608). 347 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 200 ff.; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 39; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608). Vgl. auch oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.5. 345

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Auch wenn in den folgenden Erörterungen das Ergebnis entsteht, eine bestimmte Erklärungshandlung stelle eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung dar bzw. könne eine solche darstellen, so hindert allein dies die Verwaltung im konkreten Einzelfall noch nicht, entsprechende Erklärungen auch im Rahmen einer anderen Handlungsform, insbesondere eines Verwaltungsakts, abzugeben. 348 Denn wie schon erörtert beruht die Entscheidung, ob eine konkrete Äußerung sich als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung oder Verwaltungsakt manifestiert, maßgeblich auf den hinter der Äußerung stehenden Intentionen. 349 Zu erörtern ist an dieser Stelle deshalb, ob eine bestimmte Art von Erklärungen allgemein schon aus struktur-logischen Gründen nur in einer bestimmten Handlungsform ergehen „kann“, ob also eine bestimmte Gruppe von exemplarischen Fällen schon von sich aus den Tatbestand bzw. die Wesensmerkmale einer Handlungsform nicht ausfüllt und deshalb diese auch nicht vorliegt. Bei dieser allgemeinen Betrachtung kann dafür entscheidend sein, ob der abstrakte Regelungs- / Normkomplex für seine konkreten Erscheinungen von einer bestimmten Handlungsform ausgeht, nicht aber die Rechtmäßigkeit einer konkreten Erscheinungsform einer bestimmten Handlungsform im Einzelfall. Es geht im Folgenden also um das rechtliche Können, nicht aber das rechtliche Dürfen. Eine fehlende Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts mag dessen Rechtswidrigkeit herbeiführen, ändert jedoch nichts an der Rechtsnatur der vorhandenen Erklärung. 350 Die Grenze des rechtlichen Könnens für den Erlass eines Verwaltungsakts wird hauptsächlich durch die Nichtigkeit gezogen, wie sich aus den §§ 43 f. VwVfG ergibt, und steckt damit einen überaus weiten Bereich ab. Die folgende Zusammenstellung kann somit lediglich eine abstrakte Aussage über die, ausgehend von den Wesensmerkmalen, möglichen Handlungsform in verschiedensten Situationen liefern, ohne dabei konkrete Einzelfälle zu bewerten. Der konkrete Einzelfall ist stets mittels einer Auslegung zu begutachten. 351 In dessen Rahmen wird zu erforschen sein, ob sich in der betreffenden Erklärung die abstrakten Wesensmerkmale der Handlungsform fortsetzen. Die Rechtswidrigkeit, also das rechtliche Dürfen, kann für die Auslegung – bei Berücksichtigung einer Vermutung für rechtmäßiges Handeln der Verwaltung – allenfalls ein Anhaltspunkt sein, nicht jedoch einen zwingenden Rückschluss auf die vorliegende Handlungsform ermöglichen. Auch kann es möglich sein, dass eine bestimmte Erklärung mittels verschiedener Handlungsformen abgegeben werden kann. Nach348 Vgl. Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 250. Zu prüfen ist in einem solchen Fall beispielsweise immer die Einhaltung der gegebenenfalls vorhandenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen. Zu der Behandlung solcher Konkurrenzsituationen, unten 6. Kap. 5. Abschn. 349 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A III.4.c.(5). 350 Siehe oben 1. Kap. 2 Abschn. A. I. 351 Vgl. unten 6. Kap. 6. Abschn. B.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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folgend soll nicht nur ein für das konkrete und praktische Verständnis wichtiger Überblick über die in der Literatur als (einfache) verwaltungsrechtliche Willenserklärung diskutierten Fälle gegeben werden, sondern auch die bisher gefundene Definition in Abgrenzung zu anderen Handlungsformen auf die Probe gestellt werden. 1. Amtshilfeersuchen Das Ersuchen um Amtshilfe, wie es in den §§ 4 ff. VwVfG geregelt ist, wird von einem Großteil der Literatur als eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung angesehen. 352 Das Ersuchen hat zum Ziel, bei einer anderen Behörde die Verpflichtung zur gegenseitigen Amtshilfe einzufordern und ist damit auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Die fehlende Qualität, die alternativ in Betracht kommende Handlungsform des Verwaltungsakts auszufüllen, wird begründet mit der nicht vorhandenen verbindlichen Entscheidung des Ersuchens bzw. eines fehlenden Über- / Unterordnungsverhältnisses zwischen den beteiligten Behörden. 353 Tatsächlich muss das Ablehnen eines Verwaltungsakts mit der fehlenden hoheitlichen Maßnahme zur Regelung begründet werden. Die Pflicht der ersuchten Behörde entsteht nicht durch das Ersuchen selbst, sondern besteht schon von vornherein ausdrücklich nach § 4 Abs. 1 VwVfG. Das Amtshilfeersuchen ist lediglich Tatbestandsvoraussetzungen für die konkrete Aktualisierung der gesetzlichen Pflicht zur Amtshilfe. Eine i. d. S. abgegebene Erklärung ist also aufgrund der Gesetzessystematik nicht darauf gerichtet, eine nur einseitig festgelegte und für den Empfänger verbindliche und dabei fehlerunabhängige Wirkung aufzuweisen. Nicht allein dadurch, dass das Amtshilfeersuchen als Tatbestandsmerkmal für eine Pflicht zur Amtshilfe im Belieben der ersuchenden Behörde steht, ergibt sich eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung. 354 Eine solche Annahme würde den Unterschied zwischen einer gesetzlichen Pflicht und einer durch Verwaltungsakt begründeten Pflicht verwischen. Ein Hinweis, dass die ersuchende Behörde ein Recht zur Verpflichtung anderer Behörden durch Verwaltungsakt hat, ist dementsprechend nicht ersichtlich. Vielmehr erklärt § 5 Abs. 5 S. 2 VwVfG, dass bei Streit zwischen der ersuchenden und ersuchten Behörde über das Bestehen der Amtshilfepflicht eine dritte Behörde darüber zu entscheiden hat, nicht aber die 352

Clausen, in: Knack, VwVfG, § 4, Rn. 14; Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 4, Rn. 31; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 4, Rn. 14; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 3; a. A. Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 4, Rn. 29. Zu der Klassifizierung des Amtshilfeersuchens bei Hoffmann, in: Obermayer, VwVfG, § 4, Rn. 12, als verfahrensrechtliche Willenserklärung, vgl. auch unten 1. Kap. 3. Abschn. B.III. 353 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 4, Rn. 14; Hoffmann, in: Obermayer, VwVfG, § 4, Rn. 13. 354 So aber Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 4, Rn. 29.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

ersuchende Behörde. In diesem Sinne ist „Ersuchen“ begrifflich in die Nähe der Bitte zu stellen und kann dabei keinen irgendwie gearteten verpflichtenden Charakter aufweisen. 355 In der Norm heißt es letztendlich eben nicht, jede Behörde kann eine andere Behörde zur Amtshilfe verpflichten. Bei dem Amtshilfeersuchen handelt es sich somit schon aufgrund des abstrakten Regelungszusammenhangs um eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung. 2. Aufrechnungserklärung Wohl prominentestes und am intensivsten durchdrungenes Beispiel für die Annahme einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung ist die öffentlich-rechtliche Aufrechnung, beispielsweise im Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis. Mittlerweile wird ihr die Verwaltungsaktqualität von der herrschenden Meinung abgesprochen. 356 Zwar weist die Aufrechnungserklärung aufgrund gesetzlicher Zuweisung eine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung auf, doch bedeutet dies nicht zwangsläufig auch, dass sie auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung gerichtet ist. 357 Die Aufrechnungserklärung hat nicht zum Ziel, unabhängig von Rechtsmängeln, Verbindlichkeit zu erzeugen. 358 Dies erscheint sachgerecht und im betreffenden Normengeflecht auch angelegt, vergegenwärtigt man sich, dass die typische Aufrechnungserklärung nicht darauf gerichtet sein kann, unabhängig von den gesetzlichen Anforderungen der Aufrechnung eine Rechtsveränderung herbeizuführen, sondern vielmehr deren Voraussetzungen, wie beispielsweise die Aufrechnungsverbote (analog) §§ 390, 393, 394 BGB, zu beachten. Auch dieser von der herrschenden Meinung gezogene 355

Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 116. BVerwGE 66, 218 (220); BFHE 149, 482 (483); NVwZ 2000, 1331 (1333); VGH München BayVBl. 1995, 565 (566); 1996, 660 (662); NJW 1997, 3392 (3392 f.); Appel, BayVBl. 1983, 201 (204); Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 249; Correll, ZfSH / SGB 1998, 268 (270 f.); Ebsen, DÖV 1982, 389 (395 f.); Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448 f.); ders., JuS 1990, 777 (777); Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Gaa, Die Aufrechnung im Öffentlichen Recht, S. 23; Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 133 ff.; Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 193; Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 150; Herman, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 82 ff.; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 67a; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 3; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 456; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 63; Weidemann, DVBl 1981, 113 (114). A. A. BSGE 53, 208 (209); 64, 17 (22); 78, 132 (134); Bahlau, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 126. 357 Hartmann, Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 144 f.; Ehlers, JuS 1990, 777 (777); ders., NVwZ 1983, 446 (448); Hill, DVBl. 1989, 321 (322); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 152 f.; Hermann, Die Aufrechnung im Steuerrecht, S. 125 ff. 358 Ehlers, NVwZ 1983, 446 (448). 356

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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Analogieschluss für die öffentlich-rechtliche Aufrechnung zu den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches spricht mangels dortiger Regelungen über eine fehlerunabhängige Verbindlichkeit ebenfalls gegen die Annahme eines Verwaltungsakts. 359 Die Aufrechnungserklärung ist folglich keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung, sondern darauf angelegt, die in der gesetzlichen Lage zum Ausdruck kommenden grundlegenden Wertungen des Instituts der Aufrechnung zu beachten. Sie ist deshalb nur darauf gerichtet, die im Rahmen eines bestimmten Rechtssatzes möglichen Rechtswirkungen herbeizuführen und damit grundsätzlich eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung. 3. Auslobungserklärung Vereinzelt wird die Auslobung als eine einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärung angesehen. 360 Dabei sollte jedoch korrekterweise von der Auslobungserklärung gesprochen werden. Die Auslobung als solches ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das aus lediglich einer Willenserklärung besteht. 361 Nach § 657 BGB wird bei der Auslobung durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung ausgesetzt. Das größte Problem im Umfeld einer Auslobung ist ihre Zuordnung zum öffentlichen Recht. 362 Oftmals wird das Handeln privatrechtlicher Natur sein, doch bleiben einige Fallkonstellationen übrig, in denen eine öffentlich-rechtliche Auslobung möglich erscheint. So ist vor allem auf die Aussetzung einer Belohnung durch Polizei oder Staatsanwaltschaft zu denken ebenso wie an die Belohnung eines intern öffentlich-rechtlich ausgestalteten Betriebes für besondere Leistungen seiner Mitarbeiter. Entsprechende Äußerungen sind auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Alternative zu einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung wäre ein Verwaltungsakt. Dieser müsste allerdings aufgrund der Unbestimmtheit des Adressatenkreises als personenbezogene Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG ergehen. Theoretisch wird eine Auslobungserklärung in beiden Formen möglich sein. Was im konkreten Fall vorliegt, ist damit im Besonderen eine Frage der Auslegung. Allgemein wird aber davon auszugehen sein, dass aufgrund der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Auslobung in den §§ 657 ff. BGB oftmals ein noch näher zu erläuternder Rückgriff auf die zivilrechtlichen Vorschriften vorgenommen wird. 363 In einem solchen Fall ist die Erklärung darauf gerichtet, die 359

Dazu noch unten 6. Kap. 3. Abschn. B.II. Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 276; Kopp, VwVfG, § 35, Rn. 20. Vgl. auch Stober, DÖV 1979, 853 (854 ff.). 361 Larenz, Schuldrecht BT Bd. II/1, S. 406; Seiler, in: Münchener Kommentar, BGB, § 657, Rn. 4. 362 Stober, DÖV 1979, 853 (854 ff.). 363 Dazu näher unten 6. Kap. 1. Abschn. 360

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

im Rahmen eines bestimmten Rechtssatzes möglichen Rechtswirkungen herbeizuführen. Aber auch ein möglicher Verwaltungsakt könnte in rechtmäßiger Weise ergehen, insbesondere wenn man seinen begünstigenden Charakter beachtet. Eine Auslobungserklärung kann damit sowohl als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als auch als Verwaltungsakt ergehen. Entscheidend ist in jedem Fall die konkrete öffentlich-rechtliche Natur der Erklärung. 4. Besoldungsmitteilungen Auch Besoldungsmitteilungen werden von manchen Stimmen in der Literatur als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen angesehen. 364 Tatsächlich gab es sogar Fälle, in denen zu diskutieren war, ob Besoldungsmitteilungen einen Verwaltungsakt darstellen. 365 Allein aus der Diskussion über die Verwaltungsaktqualität einer Maßnahme ergibt sich jedoch noch nicht, dass bei einer Verneinung automatisch eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung vorliegt. Auch deren Voraussetzungen sind zu beachten. Notwendigerweise müsste eine Besoldungsmitteilung dann auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sein. Hieran wird man zweifeln müssen. Bei einer bloßen „Mitteilung“ über die Besoldung wird der Empfänger „über die nähere Zusammensetzung der an ihn auszuzahlenden oder schon ausgezahlten Beträge unterrichtet“. 366 Ein darüber hinausgehender rechtlicher Erfolg wird nicht angestrebt. Sollte dies jedoch der Fall sein, liegt ein Verwaltungsakt nahe. 367 Bei der Besoldungsmitteilung handelt es sich folglich um eine bloße Wissenserklärung und keine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung. 5. Entscheidung über Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages Die Entscheidung, ob von der Verwaltung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen werden soll, wird mitunter als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung qualifiziert. 368 Die Entscheidung über den Vertragsabschluss ist ein Verwaltungsinternum, deren maßgebliche Folge die Abgabe eines Angebots oder eine Annahme sein kann. Aufgrund der Innengerichtetheit einer solchen 364

Kluth, NVwZ 1990, 608 (608), Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36,

Rn. 8. 365

OVG Münster DÖV 1974, 599. OVG Münster DÖV 1974, 599 (600). 367 OVG Münster DÖV 1974, 599 (600). 368 Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628, Fn. 37 m.w. N). Hinsichtlich der dort angegebenen weiteren Nachweise ist jedoch festzustellen, dass diese sich größtenteils mit der Qualifizierung einer Ablehnung eines öffentlich-rechtlichen Vertragsschlusses befassen. Diese ist jedoch von der Entscheidung über den Abschluss (bzw. die Ablehnung) zu unterscheiden. 366

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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noch nach außen umzusetzenden Entscheidung ist hierin kein Verwaltungsakt zu erblicken. 369 Für eine weitergehende Klassifizierung ist zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden. Sofern die Entscheidung über den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gegenüber dem außerhalb der Behörde stehenden Vertragspartner publik gemacht wird, ist diese Äußerung nicht auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Die Umsetzung der Entscheidung in Form der Abgabe eines Angebots oder der Erklärung einer Annahme steht noch aus, weshalb die Kundgabe der verwaltungsinternen Entscheidung nur Mitteilungscharakter haben kann. Wenn die Entscheidung über den Vertragsschluss – bei Personenverschiedenheit von Entscheidungsträger und Vertragsabschließenden – gegenüber demjenigen Amtswalter geäußert wird, der innerhalb der Verwaltungsorganisation für den Abschluss funktionell zuständig ist, 370 kann das Vorliegen einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung in Betracht kommen. In einem solchen Fall liegt ein normaler Vorgang der internen Verwaltungsorganisation vor, der auch, wenngleich praktisch von geringer Relevanz, durch eine Willenserklärung ausgefüllt werden könnte. 371 6. Erklärung des Zurückbehaltungsrechts Die Situation bei der Erklärung eines öffentlich-rechtlichen Zurückbehaltungsrechts 372 ist vergleichbar mit der bei der Aufrechnung mit einer öffentlich-rechtlichen Forderung. Infolge dessen wird eine solche Erklärung als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung angesehen. 373 Die Willenserklärung ist nicht darauf gerichtet, fehlerunabhängig und einseitig in verbindlicher Weise eine aufschiebende Einrede entstehen zu lassen, sondern nur die ihr im Rahmen der gesetzlichen Fähigkeit zugewiesene Rechtswirkung herbeizuführen. Dafür kommen grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Einerseits ein wie auch immer gearteter Rückgriff auf die zivilrechtlichen Regelungen der §§ 273 f. BGB, andererseits eine spezialgesetzliche Ausgestaltung im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht. In vielen Landesgesetzen findet sich in den Regeln über die Herausgabe sichergestellter Sachen die Befugnis der 369

Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(4). Vgl. den Sachverhalt bei OVG Münster NVwZ 1984, 522. 371 Vgl. unten 1. Kap. 3. Abschn. A.III.4. 372 Umfassend Lampert, Verwalten durch Zurückbehalten. 373 OVG Münster DVBl. 1983, 1074 (1074); Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 127; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 456; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 63; vgl. auch Lampert, Verwalten durch Zurückbehalten, S. 492. 370

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

Verwaltung, dies von der Zahlung der Kosten oder der voraussichtlichen Kosten abhängig zu machen. 374 Auch eine solche Norm enthält jedoch keine Aussage über das konkrete Eingreifen oder die Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts, sondern spricht nur dessen Möglichkeit an. Entscheidend muss also auch für in diesem Zusammenhang geltend gemachte Zurückbehaltungsrechte der Rückgriff auf die zivilrechtlichen Wertungen sein. 375 Obwohl die entsprechenden Rechtssätze der Erklärung damit unmittelbare Rechtswirkungen zuweisen, ist sie aus den gleichen Gründen wie die Aufrechnungserklärung nicht von sich aus darauf gerichtet, die für eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung typischen Wirkungen herbeizuführen, sondern lediglich die ihr durch Rechtssatz zugewiesenen Wirkungen. Das Zurückbehaltungsrecht kann in der Form der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung erklärt werden, wobei dadurch ebenso wie bei der Aufrechnungserklärung, die theoretisch mögliche Geltendmachung durch Verwaltungsakt nicht ausgeschlossen wird. 7. Erteilung der Zeichnungsbefugnis Die Qualifizierung der Zeichnungsbefugniserteilung ist bisher ungeklärt. Zwar wird sie in dem Kommentar von Stelkens/Bonk / Sachs zum Verwaltungsverfahrensgesetz als eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung bezeichnet, 376 jedoch ist fraglich, ob damit eine Übereinstimmung mit dem hier formulierten Untersuchungsgegenstand anzunehmen ist. Obwohl sie auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist, könnte sie sich bei entsprechender Außenwirkung ebenso gut als Verwaltungsakt manifestieren. 377 Die gesamte Fragestellung wird weiter dadurch verunsichert, dass in dem betreffenden Kommentar der Begriff der öffentlichrechtlichen Willenserklärung in einem weitestmöglichen Sinne verstanden wird. 378 Bevor versucht wird, die Erteilung der Zeichnungsbefugnis innerhalb der verschiedenen Handlungsformen zu klassifizieren, sollten weitere Untersuchungen über ihre Voraussetzungen und Merkmale stattfinden. 379 Darauf kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Die Einordnung der Erteilung der Zeichnungsbefugnis muss deshalb offen bleiben.

374

Z. B. Art. 28 III 3 Hs. 1 BayPAG, § 46 III 3 PolG NRW, § 14 III 6 HambSOG, § 43 III 4 HSOG. Vgl. auch OVG Münster DVBl. 1983, 1074 (1074). 375 OVG Münster DVBl. 1983, 1074 (1075). 376 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 13. 377 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 13. 378 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.5. 379 Auf die ungeklärte Situation um die Erteilung der Zeichnungsbefugnis weisen auch P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 13, hin.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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8. Straßenverkehrsrechtliche „Anordnungen“ Die Rechtsnatur straßenverkehrsrechtlicher „Anordnungen“ ist nicht unumstritten. Auch hier kommen Verwaltungsakt und einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung in Betracht, gegebenenfalls sogar eine geschäftsähnliche Handlung. 380 Normiert sind diese „Anordnungen“ beispielsweise in §§ 11, 46 FeV. Gegenüber Bewerbern oder Inhabern einer Fahrerlaubnis kann von behördlicher Seite angeordnet werden, dass sie ein Gutachten hinsichtlich bestimmter Fragen ihrer Fahreigenschaft beibringen. Schon einleitend stellt sich die Frage, ob die straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen wirklich auf einen rechtlichen oder nur tatsächlichen Erfolg in Form der Beibringung eines Gutachtens gerichtet sind, an dessen Nichtbefolgung die Rechtsordnung erst bestimmte Rechtsfolgen knüpft. Für ersteres und damit gegen die Annahme einer geschäftsähnlichen Handlung spricht jedoch, dass betreffende „Anordnungen“ ausdrückliche Normbezüge enthalten 381 und das Gutachten in die Frage der Fahrerlaubnis eingebunden ist. Innerhalb dieser allgemein gesehenen Gerichtetheit auf einen rechtlichen Erfolg wird von der herrschenden Meinung in Bezug auf die Abgrenzung von einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärung und Verwaltungsakt diesen „Anordnungen“ aber die Qualifikation einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung abgesprochen. Dies geschieht obwohl in formaler Hinsicht die entsprechenden „Anordnungen“ im Einzelfall, insbesondere für den empfangenden Bürger, durchaus Hinweise auf das Bestehen eines Verwaltungsakts liefern. Aus der Bezeichnung als „Anordnung“ und der inhaltlichen Ausgestaltung kann sich die Erklärung für den Bürger als mit befehlendem Charakter darstellen, so dass für die Annahme eines Verwaltungsakts argumentiert werden könnte. 382 Bisher wurde aber schon mehrmals darauf hingewiesen, dass die hier zu behandelnde Frage der abstrakten Zuordnung eines bestimmten Erklärungstyps zu einer Handlungsform durchaus von der mittels einer „Auslegung“ zu beantwortenden Frage nach der Qualifikation einer konkreten Erklärung abweichen kann. Bei abstrakter Betrachtung fällt auf, dass die Erklärungen darauf gerichtet sind, eine vorbereitende Maßnahme der Beweiserhebung einzuleiten. Sie sind aber nicht darauf gerichtet, eine einseitig festgelegte und vor allem verbindliche Rechtsfolge zu setzen. 383 Insbesondere sind sie nicht darauf gerichtet, für den Fall der Nichtbe380

Vgl. zum Streitstand Himmelreich / Hentschel, Fahrverbot Führerscheinentzug, Rn. 537; Grünning / Ludovisy, DAR 1993, 53 jeweils m.w. N. Ausdrücklich für eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 869. 381 Vgl. Grünning / Ludovisy, DAR 1993, 53 (54 f.). 382 Ludovisy, VGT 1994, 354 (355 ff.); Grünning / Ludovisy, DAR 1993, 53 (56), jeweils mit praktischen Beispielen. 383 BVerwGE 34, 248 (249 ff.); Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 11 FeV, Rn. 26; Jagow, NZV 1989, 7 (11); Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20, Rn. 64, Himmel-

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

folgung zwangsweise durchsetzbar zu sein. 384 Dies ergibt sich aus der Systematik der betreffenden Normen und ihrem Sinn und Zweck. Nach § 11 Abs. 8 FeV kann bei Nichtbeibringung des „angeordneten“ Gutachtens statt der zwangsweisen Durchsetzung nur auf die Nichteignung des Betroffenen geschlossen werden. Die Rechtsfolge der Nichtbeachtung entwickelt sich in einem von dem Gutachten zu unterscheidenden Bereich. Die „Anordnung“ greift inhaltlich lediglich auf die ohnehin bestehende Mitwirkungspflicht des Betroffenen zur Aufklärung zurück. 385 Bei den straßenverkehrsrechtlichen „Anordnungen“ ergeben sich die einen Verwaltungsakt nahelegenden Pflichten bzw. Rechtsfolgen nicht aus der Erklärung, sondern aus davon unabhängig bestehenden Normen. Bei ihnen handelt es sich also um einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen. 9. Stundung einer Forderung Von Detterbeck wird die Stundung einer Forderung als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung benannt. 386 Als Stundung wird das Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit bezeichnet. 387 Die Gerichtetheit auf einen rechtlichen Erfolg ist damit gegeben. Als Entstehungsgründe für eine Stundung kommen Gesetz, Richterspruch und Rechtsgeschäft in Betracht, 388 wobei lediglich letzteres für die vorliegende Untersuchung der Willenserklärung in Betracht kommt. In diesem Rahmen muss weiter unterschieden werden. Eine große praktische Relevanz genießt die Stundung im Steuerrecht. 389 Dort ist sie spezialgesetzlich in § 222 AO geregelt. Hiernach können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Dabei soll die Stundung in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Die Gewährung der reich / Hentschel, Fahrverbot Führerscheinentzug, Rn. 537 m.w. N. Vollkommen zutreffend weisen Grünning / Ludovisy, DAR 1993, 53 (53), darauf hin, dass die Vollstreckbarkeit einer Maßnahme kein Wesensmerkmal eines Verwaltungsakts ist, vgl. schon oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.a. Doch schließt dies ja nicht aus, dass im Rahmen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung die Erklärung darauf gerichtet sein muss, eine verbindliche und damit letztendlich vollstreckbare Rechtsfolge zu setzen. 384 BVerwGE 34, 248 (250); Himmelreich / Hentschel, Fahrverbot Führerscheinentzug, Rn. 537; Jagow, NZV 1989, 7 (11). 385 BVerwGE 34, 248 (249); Jagow, NZV 1989, 7 (11). 386 Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 456. 387 BGH NJW 1998, 2060 (2061); NJW 2000, 2580 (2582); Krüger, in: Münchener Kommentar, BGB, § 271, Rn. 21; Esser / Schmidt, Schuldrecht AT Bd. I/1, § 15 II 2. 388 Bittner, in: Staudinger, BGB, § 271, Rn. 10. 389 Vgl. Janssen, DStZ 1991, 77; Pump, DStZ 1985, 587.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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Stundung nach § 222 AO erfolgt in der Handlungsform des Verwaltungsakts. 390 Wo solch eine spezialgesetzliche Regelung fehlt, bleibt, wie auch bei der Aufrechnung, eine Anleihe bei der zivilrechtlichen Regelung möglich. In dem Fall wird aber schnell deutlich, dass die Wortwahl der „Stundung“ in § 222 AO lediglich eine oberflächliche, auf die Funktion bezogene Verwandtschaft darstellt, dies nicht aber im Hinblick auf die rechtlich-dogmatische Struktur gilt. Zivilrechtlich kann eine Stundung entstehen, indem sie von vornherein in einem Vertrag enthalten ist bzw. sich durch eine Vertragsauslegung ergibt oder, was am häufigsten vorkommt, nachträglich durch eine Vertragsänderung vereinbart wird. 391 Einseitige Rechtsgeschäfte sind nach der gesetzlichen Ausgestaltung dem Zivilrecht nur in Ausnahmefällen bekannt. 392 Es bedürfte also, wollte man auf die Leitlinien der zivilrechtlichen Vorschriften zurückgreifen, des Abschlusses eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrages. 393 In diesem Zuge wäre auch die Abgabe eines Angebots bzw. dessen Annahme zur Stundung in Form einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung notwendig. Eine Willenserklärung für sich alleine könnte nicht ausreichen, denn sie stellt gerade keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung dar und könnte damit von sich aus die Rechtsfolge nicht eingreifen lassen. Auch eine entsprechende Norm, die der Willenserklärung eine solche Fähigkeit zuweist, findet sich im öffentlichen Recht nicht. Denkbar wäre es jedoch, dass aufgrund der öffentlich-rechtlichen Grundstrukturen anders als im Zivilrecht auch eine einseitige Stundung durch einen Träger öffentlicher Gewalt erklärt wird. Entsprechende Erörterungen müssten jedoch gesonderten Untersuchungen vorbehalten bleiben. Alternativ erscheint es möglich, dass die Verwaltung eine Stundung, ebenso wie eine Auslobungserklärung, einseitig durch begünstigenden Verwaltungsakt erklärt. Festzuhalten ist, dass die Stundung, genauer das Angebot dazu bzw. die Annahme, eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages darstellen können. 10. Verwaltungsvorschriften Bei einem Rückgriff auf einen weit verstandenen Begriff der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung könnte man auch Verwaltungsvorschriften hierunter fassen. 394 Auch wenn die teilweise dafür gegebene Begründung, Verwaltungsvor390 Kruse, in: Tipke / Kruse (Hrsg.), Abgabenordnung, § 222, Rn. 50; von Groll, in: Hübschmann / Hepp / Spitaler, Abgabenordnung, § 222, Rn. 22; Schwarz, in: ders. (Hrsg.), Abgabenordnung, § 222, Rn. 25. 391 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 271, Rn. 14. 392 Vgl. dazu sogleich 1. Kap. 3. Abschn. A.II.11. 393 Problematisch daran ist freilich, dass ein solcher Vertrag gemäß § 57 VwVfG der Schriftform bedarf.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

schriften seien „wie Willenserklärungen entsprechend § 133 BGB aus der Sicht des Adressaten auszulegen“, 395 nicht vollständig überzeugen kann, so sind sie dennoch als Äußerungen auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Gegen die Annahme, sie würden mit dem Untersuchungsgegenstand der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung übereinstimmen, spricht jedoch ihr abstrakt-genereller Charakter als Rechtssatz. Bei Verwaltungsvorschriften handelt es sich demnach nicht um einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen. 396 11. Verzicht auf öffentlich-rechtliche Forderung Die Situation bei einem Verzicht auf eine öffentlich-rechtliche Forderung ähnelt der bei einer Forderungsstundung. 397 Möglich wäre zum einen die Anlehnung an die zivilrechtliche Ausgestaltung des § 397 BGB, womit jedoch ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner notwendig wäre. 398 In diesem Rahmen wäre das Angebot bzw. die Annahme durch die Verwaltung eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung. Der Erlass bzw. Verzicht auf eine schuldrechtliche Forderung stellt nach zivilrechtlichen Maßstäben keine Ausnahme von dem Vertragsprinzip dar, welches dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde liegt und nach dem grundsätzlich zweiseitige Rechtsgeschäfte verlangt werden. 399 Einseitige Erklärungen können nach zivilrechtlichem Verständnis nur ausnahmsweise unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung haben. Ein einseitiger Verzicht kann beispielsweise möglich sein im Bereich von Einreden und Gestaltungsrechten oder im Sachenrecht. 400 Alternativ böte sich für die Verwaltung jedoch stets die Möglichkeit an, einseitig einen begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Das Angebot zu einem Forderungsverzicht bzw. dessen Annahme können sich als eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages darstellen. Unabhängig eines Vertrags kann ein Verzicht auf eine Ein394

So Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608). Vgl. auch BVerwGE 52, 193 (199); 84, 287 (288). 395 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 110 m.w. N. 396 So auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9. 397 Einen Verzicht auf eine öffentlich-rechtliche Forderung als einen Fall einer öffentlichrechtlichen Willenserklärung geben Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 3; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 249. 398 Mit denen für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag entsprechenden Voraussetzungen, vgl. besonders § 57 VwVfG. 399 RGZ 72, 168 (171); 114, 155 (158); BGH NJW 1987, 3203 (3203); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 311, Rn. 4; Rieble, in: Staudinger, BGB, § 397, Rn. 1 ff. 400 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 397, Rn. 1; Schlüter, in: Münchener Kommentar, BGB, § 397, Rn. 1, 19, dort auch mit praktischen Beispielen.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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rede oder Gestaltungsrecht oder im öffentlichen Sachenrecht jedoch als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung angesehen werden. 12. Zahlungsaufforderungen Teilweise werden Zahlungsaufforderungen als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung eingestuft. 401 Relevant wird die Frage nach ihrer rechtlichen Natur bei der Abgrenzung zu Leistungsbescheiden. 402 Zwar wird man oftmals das tatsächliche Vorliegen eines Verwaltungsakts abzulehnen haben, doch ergibt sich daraus nicht zwangsläufig die Existenz einer Willenserklärung. Eine solche müsste auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sein. Primär bezweckt der Erklärende mit einer Zahlungsaufforderung jedoch die Vornahme der Zahlung, mithin einer tatsächlichen Handlung. Selbst für die zivilrechtliche Mahnung i. S. d. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB ist anerkannt, dass diese, obwohl sie rechtliche Folgen herzuleiten vermag, lediglich eine geschäftsähnliche Handlung darstellt. 403 Ihre rechtlichen Folgen treten nicht direkt aufgrund der Erklärung ein, sondern aufgrund der tatsächlichen Umstände. Dies gilt ebenso für die Rechnung i. S. d. § 286 Abs. 3 BGB. 404 Für die in der öffentlich-rechtlichen Literatur genannte Zahlungsaufforderung sind keine Rechtsnormen ersichtlich, die der Erklärung die Fähigkeit zuweisen, bestimmte Rechtsfolgen herbeizuführen. Auch im öffentlichen Recht liegt mit einer Zahlungsaufforderung nur eine geschäftsähnliche Handlung vor. 405 Zwar ist zu erwarten, dass diese auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht wie eine Willenserklärung zu behandeln ist, doch eine Willenserklärung i. S. d. vorliegenden Untersuchungsgegenstands ist damit nicht gegeben. 13. Zustimmungen / Einverständnisse (bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten) Im Rahmen umfangreicher Verwaltungsverfahren kann es vorkommen, dass mehrere Behörden beteiligt sind und diese gesonderte Erklärungshandlungen zu einer Sachfrage abgeben. Oftmals handelt es sich dabei um Zustimmungen oder Einverständnisse einer beteiligten Behörde, die grundsätzlich nicht als Verwaltungsakte angesehen werden. 406 Stattdessen werden sie von Teilen der Literatur 401 Kluth, NVwZ 1990, 608 (608). Vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 62; Hennecke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 60. 402 Vgl. BVerwGE 29, 310 (311 f.); 41, 305 (306); 48, 279 (281); VGH Mannheim NVwZ 1991, 79 (80). 403 BGHZ 47, 352, (357); BGH NJW 1983, 1542 (1542); 1987, 1546 (1547); Ernst, in: Münchener Kommentar, BGB, § 286, Rn. 46; Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 286, Rn. 16. 404 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 104, Rn. 6. 405 So auch Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 349 f. 406 BVerwGE 16, 116 (122); 22, 342 (345); VGH Mannheim VBlBW 1988, 151 (152).

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen verstanden. 407 In Betracht dafür kommen beispielsweise das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 oder § 14 Abs. 2 BauGB, die Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde für bauliche Anlagen an Bundesfernstraßen gemäß § 9 Abs. 2 FStrG oder das beamtenrechtlich notwendige Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn zur Versetzung eines Beamten. 408 Diese Situationen sind dadurch gekennzeichnet, dass in dem breiter angelegten Verwaltungsverfahren die Sachfragen von unterschiedlichen Behörden beurteilt werden und nur eine abschließende Erklärung, generell in Form eines Verwaltungsakts, dem Bürger gegenüber abgegeben wird. Die Qualifizierung der dieser Erklärung vorhergehenden Zustimmungen und Einverständnisse als ebenfalls Verwaltungsakte wird größtenteils wegen des Fehlens einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung abgelehnt. 409 Eine Maßnahme ist in dieser Hinsicht auf eine Regelung gerichtet, wenn sie „unmittelbar rechtlich nach außen wirkt, indem sie selbst die Rechtsbeziehungen zu einem Betroffenen oder hinsichtlich einer Sache regelt“. 410 Fraglich ist damit, ob stattdessen eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung vorliegt. Für diese ist unerheblich, ob sie, orientiert man sich an den Maßstäben des Verwaltungsakts, auf Rechtswirkung nach außen oder innen gerichtet ist. Auch zielen die behandelten Zustimmungen oder Einverständnisse auf einen rechtlichen Erfolg ab. Es handelt sich somit um die hier zum Untersuchungsgegenstand gemachten Willenserklärungen.

407 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8. 408 Vgl. auch die Fallkonstellation bei OVG Münster DVBl. 1964, 1000. 409 Mit gleichgerichteter Begründung allgemein für solche Zustimmungen/Einverständnisse auch BVerwGE 16, 116 (120 f.); 22, 342 (344 f.); 28, 145 (146 f.); VGH Mannheim VBlBW 1988, 151 (152); OVG Münster DVBl. 1964, 1000 (1001); Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 36, Rn. 23 ff.; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 36, Rn. 10; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, § 14, Rn. 86; Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 36, Rn. 5; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, § 36, Rn. 7; Aust, in: Kodal / Krämer (Hrsg.), Straßenrecht, § 28, Rn. 66; Grupp, in: Marschall / Schroeter / Kastner (Hrsg.), FStrG, § 9, Rn. 36. A. A. Schwabe, DVBl. 1997, 1322 (1323 m.w. N). Restriktiver Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 44; Hilg, Zusammenwirken von Behörden beim Erlass eines Verwaltungsakts, S. 102. Differenzierend nach den zugrunde liegenden Rechtssätzen Amberg, Rechtsnatur und prozessuale Behandlung behördlicher Mitwirkungsakte bei mehrstufigen Verwaltungsakten, S. 106 f. Zu der bei vergleichbaren Fällen teilweise daraus resultierenden und kritisch zu beurteilenden Doppelnatur von Erklärungsakten, BVerwGE 74, 124 (126 f.); Laubinger, VerwArch 77 (1986), 421 (430 ff.). 410 BVerwG DÖV 1968, 324 (324). An dieser Stelle wird noch mal deutlich, dass gerade die Merkmale „hoheitliche Maßnahme zur Regelung“ und „unmittelbare Rechtswirkung nach außen“ teilweise sachlich schwer zu trennen sind, vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 77 ff., nachdem es bei der vorliegenden Gruppe von Erklärungen an der Gerichtetheit nach außen fehlt.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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14. Zusicherung / Zusage Auch die gesetzlich in § 38 VwVfG geregelte Zusicherung und damit korrespondierend die Zusage werden zum Teil als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung angesehen. 411 Für die Zusicherung ergibt sich die Zielrichtung auf einen rechtlichen Erfolg unproblematisch aus dem später zu erlassenen oder zu unterlassenen Verwaltungsakt. Die Zusage bildet hingegen den Oberbegriff der Zusicherung und erfasst so die Verpflichtung der erklärenden Behörde, eine bestimmte Verwaltungsmaßnahme, die nicht einen Verwaltungsakt darstellt, vorzunehmen oder zu unterlassen. 412 Dabei wird es sich bei dieser Verwaltungsmaßnahme oftmals um Realhandeln halten, weshalb man Zweifel haben könnte, ob auch eine solche Zusage auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist. Doch auch wenn sich die Zusage lediglich auf eine tatsächliche Handlung bezieht, so bezweckt sie doch eine rechtliche Verpflichtung. Auch sie ist also auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Der Ansicht, die Zusicherung bzw. Zusage als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung einzuordnen, steht jedoch eine gewichtige Meinung entgegen, die sie als Verwaltungsakt qualifiziert. 413 Für die Zusicherung erscheint es zumindest nicht ausgeschlossen, eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung anzunehmen und sie unter die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG zu subsumieren. 414 Hierauf deutet der Verweis des § 38 Abs. 2 VwVfG hin, der die Zusicherung zumindest faktisch mit den Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts ausstattet. 415 Zweifelhaft ist daneben, ob aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber hinsichtlich der Rechtsnatur der Zusicherung nicht festlegen wollte 416 und § 38 VwVfG lediglich auf die Regeln des Verwaltungsakt verweist, geschlossen werden kann, bei der Zusicherung handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt. 417 Abweichend hiervon ist die Situation aber für die nicht gesetzlich geregelte Zusage zu beurteilen. Da eine direkte Anwendung des § 38 VwVfG nicht gegeben ist, könnte die den Verwaltungsakten vergleichbare Rechtswirkung allenfalls über eine Analogie zu der Norm erreicht werden. Wegen der bewussten Nichtregelung 411 Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 8; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 872. 412 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 59; Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38, Rn. 1; Kopp / Schenke, VwGO, Anh § 42, Rn. 39. 413 Vgl. zum Streitstand allgemein nur Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 38, Rn. 2; Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38, Rn. 5, 9 jeweils m.w. N. 414 Krebs, VerwArch 69 (1978), 85 (89 f.). 415 Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38, Rn. 7 f. 416 BT-Drs. 7/910, S. 59. 417 So aber Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 33.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

der Zusage von sonstigen Verwaltungsmaßnahme in § 38 Abs. 2 VwVfG fällt es jedoch schwer, im Hinblick auf die Behandlung von Zusagen eine planwidrige Regelungslücke anzunehmen. 418 Als Konsequenz soll der Zusage nur selbstverpflichtende Wirkung zukommen und das verfügende Wesen eines Verwaltungsakts fehlen. 419 Ob eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung bei einer bloßen Selbstverpflichtung ausscheidet, erscheint zwar zweifelhaft. Vielversprechender ist jedoch die Anknüpfung an die nicht vorhandene Regelung in § 38 VwVfG. Es fehlt für die Zusage nicht nur der Verweis auf die spezifischen Rechtswirkungen des Verwaltungsakts, auch ist anzuerkennen, dass die Beschränkung der Norm auf die Zusicherung ausdruckslos ist, sollte die Zusage einen Verwaltungsakt darstellen. 420 Die Zusage kann sich folglich als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung darstellen, wobei ihr wegen des selbstverpflichtenden Moments eine starke Ähnlichkeit zu zivilrechtlichen Willenserklärungen zukommen muss. Für die Zusicherung mag es wegen des § 38 VwVfG ein anders lautendes Ergebnis geben, doch bestehen wegen des Verweises in Abs. 2 der betreffenden Norm ohnehin ausdifferenzierte Spezialregeln, die gegenüber den in dieser Untersuchung noch zu erwartenden Feststellungen vorrangig anzuwenden wären. III. Weitere in Betracht kommende Fälle einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen Neben diesen ohnehin in der Literatur genannten gibt es weitere Erklärungen, die als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen in Betracht kommen. Dabei hat sich schon gezeigt, dass in den meisten Fällen eine Nähe zum Verwaltungsakt besteht und tendenziell dann auf die Handlungsform der Willenserklärung zurückgegriffen werden kann, wenn der Erklärung die hoheitliche Maßnahme zur Regelung fehlt. Entscheidend für das Vorliegen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung war, dass eine Erklärung darauf gerichtet ist, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. 1. Verfahrens- und Vorbereitungshandlungen In der Literatur wurde schon die straßenverkehrsrechtliche „Anordnung“ als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung erkannt. Daneben gibt es aber eine Vielzahl weiterer Verfahrens- und Vorbereitungshandlungen, die keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellen und somit als Willenserklärung, sofern sie denn auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sind, in Betracht kommen. Hier ist im 418 419 420

Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 61. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 872 f. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 873.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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Einzelfall eine genaue Abgrenzung zu geschäftsähnlichen Handlungen notwendig. 421 Dieser Gruppe von Erklärungsakten ist gemein, dass sie entweder nach ihrem Inhalt oder nach den für sie maßgeblichen Normen keinen verbindlichen Charakter haben sollen und dieser vielmehr erst in einem späteren Akt liegt. 422 Die Annahme einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung erscheint beispielsweise bei folgenden Erscheinungsformen möglich: Aufforderung, bestimmte Angaben in einem Antrag näher zu spezifizieren, 423 Ladung zu einer Anhörung nach § 28 VwVfG, zu einer mündlichen Verhandlung oder Ladung eines Verfahrensbeteiligten zu einem Termin, 424 formlose Ladung zur Musterung, 425 Aufforderung zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests im Prüfungsverfahren, 426 Anordnung eines Erörterungstermins 427 oder Entscheidung über die Fortführung eines Verfahrens 428. 2. Wiederaufgreifen des Verfahrens / Wiederholende Verfügung Für die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung kommt weiter die Erklärung über das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG in Betracht. Bei einem auf diese Maßnahme gerichteten Antrag des Bürgers stellen sich für die Behörde mehrere Entscheidungsmöglichkeiten, hinsichtlich derer zu differenzieren ist. Das Ablehnen des Wiederaufgreifens des Verfahrens verhindert eine neue Entscheidung in der Sache. Lehnt die Behörde den Antrag unter Hinweis auf die schon früher ergangene, mittlerweile bestandskräftig gewordene Entscheidung ab, so wird auch von einer sog. wiederholenden Verfügung gesprochen. 429 Die ursprüngliche Sachentscheidung wird nur erneut deklaratorisch bestätigt. Zwar handelt es sich hierbei hinsichtlich der Sachfrage der ursprünglichen Entscheidung mangels Setzung einer neuen, unabhängigen Rechtsfolge nicht um eine hoheitli421

Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.VI.1. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 86; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 65; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 65 ff. Teilweise zeigt sich auch hier wieder eine starke Nähe zu dem Merkmal „gerichtet auf Außenwirkung“. 423 Vgl. BFH 146, 99; a. A. Martens, NVwZ 1987, 106 (109 f.). 424 Vgl. BVerwG NJW 1984, 2541 (2541). 425 Vgl. BVerwGE 82, 243 (244). 426 Vgl. BVerwG DVBl. 1993, 51 (52). 427 Vgl. VGH München NVwZ 1990, 775 (776). 428 Vgl. BVerwGE 88, 332 (335); BVerwG DÖV 1992, 115 (115 f.). 429 BVerwGE 13, 99 (101); 17, 256 (257 f.); Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 70; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 31; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 51, Rn. 57. 422

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

che Maßnahme zur Regelung und damit einen Verwaltungsakt, doch wohnt der Ablehnung gleichzeitig die Entscheidung inne, das Verwaltungsverfahren nicht wieder aufzugreifen, so dass es sich in dieser Hinsicht um einen Verwaltungsakt handelt. 430 Die Ablehnung eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens kommt somit nicht als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung in Frage. Anders stellt sich die Situation aber bei einer positiven Entscheidung über das Wiederaufgreifen dar. Eine solche ist zumindest nicht auf die das Verfahren betreffende Regelung gerichtet, sich nicht erneut mit der Sachprüfung zu beschäftigen. Aber auch hinsichtlich der materiellen Fragen lässt sich nur schwer eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung finden. Diese findet sich in der nach erfolgter erneuter Sachprüfung ergehenden Entscheidung, aber nicht schon in der Erklärung, das Verfahren wiederaufgreifen zu wollen. 431 Die Erklärung über das Wiederaufgreifen wird man insofern gleich der Entscheidung über den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags behandeln müssen, 432 so dass unter Umständen eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung vorliegen kann. Dennoch ist es, wie bei vielen anderen konkreten Erscheinungsformen möglich und kann bei Vorliegen eines Streits über die Wiederaufgreifensgründe auch zweckmäßig sein, die positive Entscheidung mittels eines Verwaltungsakts zu erklären. 433 3. Weisungen im Rahmen der Fachaufsicht Auch Weisungen im Rahmen der Fachaufsicht kommen als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen in Betracht. Zwar ist ihre Einordnung in die gängigen Handlungsformen umstritten, doch sieht die wohl herrschende Meinung sie solange nicht als Verwaltungsakte an, soweit die betroffene Kommune nicht in einer geschützten Rechtsstellung im Rahmen des Selbstverwaltungsbereiches betroffen ist. 434 Gleichwohl ist die Erklärung auf Umsetzung der angewiesenen Maßnahmen gerichtet und damit unmittelbar auf einen rechtlichen Erfolg. Für 430 BVerwGE 44, 333 (334); 57, 342 (345); BVerwG NVwZ 2002, 482 (483); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 56; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 31. Denkbar wäre es allenfalls, einen Verwaltungsakt abzulehnen, wenn die Behörde von sich aus eine wiederholende Verfügung erlässt, also ohne damit gleichzeitig mangels Stellung einen entsprechenden Antrag des Bürgers ablehnt. 431 Erichsen / Ebber, Jura 1997, 424 (431); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 31. A. A. Schmidt, Das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens, S. 99; Schwabe, JZ 1985, 545 (554). 432 Dazu oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.5. 433 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 51, Rn. 17. 434 BVerwG JZ 1978, 395 (395); DVBl. 1995, 744 (745); NVwZ 1983, 610 (610); VGH München BayVBl. 1977, 152 (152 f.); BayVBl. 1979, 305 (305); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 837; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23, Rn. 23; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 101; Schulze-Osterloh, JuS 1978, 639 (640); Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (194). Kritisch wegen der für die Verwaltungsaktdefinition maßgeblichen

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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den Verwaltungsakt soll es hingegen am Merkmal der unmittelbaren Gerichtetheit nach außen fehlen. 435 Bei einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen ist die darauf bezogene Richtung der Erklärung unerheblich. Entscheidend ist lediglich, dass sie auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist, der sowohl im Innenals auch Außenverhältnis eintreten kann. 436 Für das Vorliegen einer Willenserklärung darf jedoch keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung vorliegen. Zu klären ist also, ob es sich bei den Weisungen im Rahmen der Fachaufsicht um Erklärungen handelt, die zwar auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG, nicht jedoch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind. Der Inhalt der Weisung ist einseitig festgelegt. Fraglich ist, ob er unabhängig von Rechtsmängeln bestehen und eine verbindliche Rechtsfolge setzen soll. Die schon angedeutete enge Verbindung und schwere Trennbarkeit zwischen den Merkmalen der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung und der Gerichtetheit auf eine Außenwirkung könnte dazu verleiten, mit Ablehnung des einen Merkmals auch das andere abzulehnen. 437 Sollte den Merkmalen des § 35 S. 1 VwVfG aber ein jeweils eigenständiger Gehalt zukommen, kann von dem Nichtvorliegen eines Merkmals nicht auf das Nichtvorliegen eines anderen geschlossen werden. Entscheidend für die Annahme einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung muss also vor allem das systematische Umfeld der in Frage stehenden Erklärungshandlung sein. 438 Der Bereich der Fachaufsicht ist, soweit man dabei überhaupt von einem einheitlichen Begriff sprechen kann, Landesmaterie. 439 Als solche erlaubt sie den Fachaufsichtsbehörden, Weisungen gegenüber den Aufgabenträgern im übertragenen Wirkungskreis auszusprechen. 440 Da den meisten Landesregelungen ein stringentes und durchgängiges Regelungsfeld fehlt, werden den folgenden Überlegungen die schleswig-holsteinischen Normen zugrunde gelegt werden, die im Gegensatz zu anderen Landesregelungen eine relativ hohe Normierungsdichte aufweisen. Nach § 18 Abs. 3 LVwG SH können Weisungen der Fachaufsichtsbehörden nicht im Verwaltungsstreitverfahren angefochten werden. 441 Dies mag Gerichtetheit nach außen Erichsen, DVBl. 1985, 943 (948); Ernst, Die Gemeinde SH 2003, 131 (136). A. A. Schröder, JuS 1986, 371 (375); Engel, DVBl. 1982, 757 (760). 435 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 101; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 837; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (194). 436 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. C. I. 437 Vgl. zu der Verknüpfung der Merkmale oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c. 438 Siehe oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II. 439 Vgl. Groß, DVBl. 2002, 793 (799). 440 Vgl. § 22 LVG BW, § 8 AZG, § 15 Abs. 3 LOG Bbg, § 55 HKO, §§ 86, 124 KVO MV, § 13 LOG N-W, §§ 15 ff. LVwG SH. 441 Ernst, Die Gemeinde SH 2003, 131 (136).

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

als Hinweis auf eine über das normale Maß hinausgehende Verbindlichkeit der Erklärung verstanden werden, doch muss bedacht werden, dass dem Land die Kompetenz zur Regelung dieser Vorschrift nach Art. 74 Abs. 1, 72 Abs. 1 GG fehlt. Der Kommune steht zumindest Rechtsschutz im Wege einer allgemeinen Leistungsklage zur Verfügung. Zwar ist die angewiesene Kommune grundsätzlich an die Weisung gebunden, gleichwohl ist die Fachaufsichtsbehörde nicht berechtigt, die Weisung selbst durchzusetzen, sondern nach § 18 Abs. 4 LVwG SH auf entsprechende Maßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörde angewiesen. 442 Weisungen sind also nicht darauf gerichtet, von sich aus vollstreckbar zu sein. Die sich anschließenden Maßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörden sind hingegen als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Sollte die angewiesene Kommune von der Rechtswidrigkeit der Weisung ausgehen, so hat sie zwar eine Gegenvorstellung zu erheben, bleibt aber trotzdem gebunden. 443 Dies könnte als Hinweis zu werten sein, dass die Erklärung darauf gerichtet ist, unabhängig von Rechtsmängeln zu bestehen. Abschließend lässt sich die Frage, ob fachaufsichtliche Weisungen eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellen, nicht klären. Da jedoch die Weisungen wegen der gesetzlichen Systematik nicht darauf gerichtet sind, von der Fachaufsichtsbehörde selbständig durchgesetzt zu werden, sondern es dafür immer noch einer Maßnahme der Kommunalaufsicht bedarf, scheint einiges dafür zu sprechen, sie nicht als Erklärungen zur Regelung anzusehen. Die Annahme von einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen erscheint damit möglich. 4. Verwaltungsinterne Anweisungen Eine den fachaufsichtlichen Weisungen vergleichbare Situation eröffnet sich bei verwaltungsinternen Weisungen. Sie stellen im Gegensatz zu der Verwaltungsvorschrift konkret-individuelle Weisungen eines Vorgesetzten an einen untergebenen Amtswalter dar, eine bestimmte dienstliche Weisung zu befolgen. Ein Großteil dieser Weisungen wird auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet sein, weshalb sie keine Willenserklärungen darstellen können. Daneben sind aber auch durchaus Weisungen denkbar, die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sind. Hierbei handelt es sich nicht um Verwaltungsakte, weil die entsprechenden Erklärungen nicht auf Außenwirkung gerichtet sind. 444 Es stellt sich also erneut die Frage, ob die verwaltungsinternen Anweisungen auf eine 442 Vgl. Friedersen, in: Foerster / Friedersen / Rohde, LVwG, § 16, Erl. 3 f. Eine Ausnahme ist indes gemäß §§ 18 Abs. 1, 16 Abs. 3 LVwG SH bei Gefahr im Verzug möglich (sog. Selbsteintrittsrecht der Fachaufsichtsbehörde). 443 Friedersen, in: Foerster / Friedersen / Rohde, LVwG, § 18, Erl. 3. 444 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 80; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 41; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 39 ff.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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Regelung gerichtet sind. Bezieht man das systematische Umfeld ein, so fällt die Vorschrift des § 56 BBG 445 auf. Demnach hat ein Beamter bei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen diese bei seinem Vorgesetzten geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, so hat sich der Beamte an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung erneut bestätigt, hat der Beamte sie auszuführen, es sei denn, dass das ihm aufgetragene Verhalten für ihn erkennbar strafbar oder ordnungswidrig ist oder die Menschenwürde verletzt. Ab diesem Punkt ist der handelnde Beamte jedoch im Gegensatz zum Grundsatz des § 56 Abs. 1 BBG von eigener Verantwortung befreit. 446 Diese Vorschrift deutet darauf hin, dass eine verwaltungsinterne Anweisung trotz Fehlens einer Gerichtetheit nach außen zur Regelung ergeht. Sie wird einseitig von dem Vorgesetzten festgelegt. In Verbindung mit der dargelegten Gehorsamspflicht des Beamten kann davon ausgegangen werden, dass eine Anordnung i. S. d. § 56 BBG darauf gerichtet ist, weitgehend unabhängig von der Rechtmäßigkeit eine für den Angewiesenen verbindliche Rechtsfolge zu erzeugen. Darüber hinaus ist umstritten, ob die Ausgestaltung dieses Remonstrationsverfahrens als eine abschließende Regelung des Rechtsschutzes angesehen werden muss. 447 Das würde bedeuten, dass der Beamte gegen verwaltungsinterne Weisungen gerichtlich nicht mehr vorgehen könnte. Zumindest bei dienstlichen Anweisungen wird man durch die persönliche Freistellung nach Durchlaufen des Remonstrationsverfahrens nur schwerlich die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung annehmen können. 448 Auch die Absicherung einer effektiven staatlichen Hierarchie spricht gegen die Möglichkeit bei rein dienstlichen Anordnungen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. 449 Damit liegt auch die Gerichtetheit auf eine verbindliche Rechtsfolge nahe. Bei der hier nur oberflächlich möglichen Beurteilung von verwaltungsinternen Anordnungen scheint im Gegensatz zu fachaufsichtsrechtlichen Weisungen eher eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung vorzuliegen. Damit würde es sich nicht um einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen in der hier vertretenen Form handeln. 450

445 Im Folgenden soll zur Darstellung auf die bundesbeamtenrechtliche Situation eingegangen werden. 446 Battis, BBG, § 56, Rn. 4; Behrens, Beamtenrecht, § 5, Rn. 45; Wagner, Beamtenrecht, Rn. 214. 447 Zängl, in: Fürst (Hrsg.), GKÖD, § 55 BBG, Rn. 89; Battis, BBG, § 56, Rn. 10 f. jeweils m.w. N. zum Streitstand. 448 Zängl, in: Fürst (Hrsg.), GKÖD, § 55 BBG, Rn. 91. 449 Vgl. Wagner, Beamtenrecht, Rn. 213. 450 In diese Richtung wohl auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

IV. Zusammenfassung und Fazit Viele der in der Literatur als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen bezeichneten Erklärungen können tatsächlich unter die hier erarbeiteten Voraussetzungen subsumiert werden. Andere sind hingegen nicht als Willenserklärungen anzusehen. Dabei zeigen sich zwei Problempunkte. Oftmals wird zu schnell eine Erklärung, die nicht die Merkmale des Verwaltungsakts erfüllt, als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung angesehen. Dies wird auf das schon skizzierte Übergewicht des Verwaltungsakts in der bisherigen Herangehensweise der Verwaltungsrechtsdogmatik zurückzuführen sein. Daneben wird innerhalb dieser Gruppe von Erklärungen, die keinen Verwaltungsakt darstellen, zu undifferenziert vorgegangen. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung wird nicht ausreichend gegenüber dem Realhandeln, beispielsweise in Form von Wissensmitteilungen und besonders geschäftsähnlichen Handlungen, abgegrenzt. In der Literatur vorherrschend scheint dagegen ein Verständnis zu sein, das die (einfache) verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Sammelbecken ansieht, welches alle (konkret-individuellen) Erklärungen erfasst. 451 Die Bildung eines solchen Instruments einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung i. w. S. erscheint zwar durchaus möglich, doch gibt es bisher keine weitergehenden Unternehmungen in diese Richtung. Darüber hinaus erscheint der Gewinn eines solchen Instruments begrenzt. Bleibt man bei einem weiten Verständnis stehen, verhindert die undifferenzierende Herangehensweise die Konstruktion brauchbarer dogmatischer Regeln, weshalb auch nur schwerlich von einer echten „Handlungsform“ gesprochen werden kann. In dieser Hinsicht hat sich gezeigt, dass viele Erklärungen ausgehend von ihren rechtlichen Strukturen sowohl die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung als auch des Verwaltungsakts annehmen können. Bei entsprechenden Diskussionen, in welcher Handlungsform ein bestimmter Erklärungsinhalt abstrakt zu ergehen hat, wird allzu oft die Grenze zwischen dem rechtlichen Können und rechtlichen Dürfen durchbrochen. Eine richtige Verortung dieses Konkurrenzproblems würde jedoch zum einen in der Frage nach einer Handlungsformenhierarchie 452 und zum anderen im Vorgang der Auslegung 453 stattfinden. Schließlich hat sich gezeigt, dass es Erklärungen geben kann, die zwar nicht auf unmittelbare Wirkung nach außen gerichtet sind, dennoch aber als 451 Vgl. Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 200; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 1; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 1a. Zum Charakter der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung als eine Art „Auffanghandlungsform“ unten 6. Kap. 2. Abschn. 452 Dazu unten 6. Kap. 5. Abschn. 453 Dazu unten 6. Kap. 6 Abschn. B.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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hoheitliche Maßnahme zur Regelung ergehen können, damit aber keine Willenserklärungen sind.

B. Einteilung in verschiedene Kategorien Entscheidend für eine gewinnbringende Ausgestaltung der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung ist eine tiefergehende Kategorisierung. Nur die Bildung von Untergruppen kann die auch innerhalb einer Handlungsform vorhandenen praktischen Unterschiedlichkeiten dogmatisch in vorhersehbaren Strukturen binden. 454 Genau wie bei der Neubildung von Handlungsformen sind auch bei der Bildung von deren Untergruppen die Verwaltungszwecke und Aufgaben als maßgebliche Kriterien zu vernachlässigen und stattdessen die jeweiligen Funktionen heranzuziehen. I. Einteilung nach Küchenhoff 455 Eine erste systematische Einteilung der verschiedenen Erscheinungsformen hat 1958 Küchenhoff vorgenommen. Die Nutzbarkeit der dort vorgenommenen Kategorisierung ist jedoch, bedingt durch die Untersuchung öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen von Privaten und gerade nicht Verwaltungsträgern, für den vorliegenden Arbeitsgegenstand gemindert. Küchenhoff unterscheidet grob zwischen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Willenserklärungen. 456 Bei ersteren liegt das Ziel des Erklärenden in einem materiellrechtlichen, bei letzteren in einem verfahrensrechtlichen Aspekt. Die materiellrechtlichen Erklärungen sollen sich in drei verschiedene Kategorien einteilen. Dabei soll ausschlaggebendes Kriterium die Bestimmtheit bzw. Unbestimmtheit der erstrebten Rechtsfolge, bzw. die Reichweite und Richtung der Rechtswirkungen sein. Hier können sog. „Richtungserklärungen“ vorkommen, die individuellgerichtet sind, wie beispielsweise der beamtenrechtliche Entlassungsantrag. 457 Deren Rechtswirkungen sollen scharf umgrenzt sein, so dass erst durch die Folgen ihrer Rechtswirkungen, nicht aber durch die Rechtswirkungen selbst, andere Rechtspersonen betroffen werden. Rechtlich unmittelbar berührt werden nur der Erklärende und der Empfänger. Des Weiteren sollen sog. „Betätigungserklärungen“ möglich sein, bei denen es sich um tatbestandskräftige Richtungserklärungen handeln soll. Für diese gibt Küchenhoff das Beispiel des mittlerweile aufgehobenen § 17 Abs. 2 GewO, demnach jedermann die Möglichkeit hatte, 454

Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325; vgl. auch ders., in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317; folgend Hartmann, DÖV 1990, 8 (9). 456 Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (325). 457 Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (326). 455

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

gegen neue Anlagen Einwendungen anzubringen. 458 Bei Betätigungserklärungen sollen die Rechtswirkungen nicht lediglich auf Erklärenden und Empfänger beschränkt sein, sondern darüber hinaus tatbestandsmäßig Rechtssituationen geschaffen werden, die auch Rechtsfolgen für andere Rechtssubjekte entfalten, die mit dem Inhalt der Erklärung in einem engen Zusammenhang stehen. Schließlich soll es sog. „Wirkungserklärungen“ geben, wie beispielsweise die Zustimmung des Bürgers zur Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. 459 Hier entstehen die Rechtswirkungen nicht erst mit den Folgen der Erklärung, sondern alsbald mit deren Abgabe. Darüber hinaus entstehen bei „Wirkungserklärungen“ allgemeine und unbestimmte Rechtswirkungen. Hinsichtlich der Vorgehensweise ist bei dieser Einteilung kritisch anzumerken, dass sie sich nahezu ausschließlich an konkreten Beispielen orientiert. 460 Bei dieser freilich zutreffenden Beschreibung von konkreten Erscheinungsformen erscheint es zweifelhaft, ob die gewonnenen Ergebnisse auch auf anderen Erscheinungsformen ohne weiteres übertragbar sind oder nur punktuelle Ansätze und Lösungen bieten. So fehlen allgemein nutzbare Maßstäbe, die bei den „Betätigungserklärungen“ bestimmen, wann und inwieweit durch ihre Rechtswirkungen noch andere Rechtssubjekte betroffen sein sollen. Die innerhalb der Einteilung Küchenhoffs notwendige Abgrenzung zu den sog. „Wirkungserklärungen“ wird dadurch umso schwerer, dass auch deren eigentlich allgemeinen und unbestimmten Rechtswirkungen, „in gewissen Lebensbeziehungen“ und bei Vorliegen von „gewissen Merkmalen“ einzuschränken sind. 461 Die zu starke Verwendung konkreter Fälle macht auch die ansonsten anerkannte Unterscheidung zwischen Verfahrensrecht und materiellen Recht zweifelhaft. 462 Küchenhoff leitet die sog. Richtungserklärungen anhand des beamtenrechtlichen Entlassungsantrags her. 463 Das Stellen des Entlassungsantrags ist als Ausübung des für den einzelnen Beamten unverzichtbaren Anspruchs auf Entlassung nach § 30 Abs. 1 S. 1 BBG Bestandteil der Rechtsbeziehungen zwischen Dienstherrn und Beamten und damit materielles Recht. Gleichwohl ist der Antrag auf eine Entlassung auch Verfahrensvoraussetzung für eine Entlassung durch den Dienstherrn. Verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Aspekte können sich also gegenseitig bedingen und beeinflussen, weshalb eine Abgrenzung zwischen ihnen schwierig sein kann. So kann eine Erklärungshandlung zugleich Verfahrensvoraussetzung 458

Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (326). Ein aktuelles Beispiel ist in der Einwendung nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG zu sehen. 459 Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (326). 460 Küchenhoff beginnt seine jeweiligen Ausführungen i. d. R. mit konkreten Beispielen um daran seine verschiedenen Kategorien näher darzulegen. 461 Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (327). 462 Zur Unterscheidung Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 2, Rn. 1 ff. 463 Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (326).

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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und materielles Tatbestandsmerkmal einer sich anschließenden Handlung sein. Eine weitere Verbindung beider Bereiche entsteht dadurch, dass Verfahrensregeln auch dem Schutz materieller Rechte dienen können. 464 Des Weiteren orientiert Küchenhoff seine Einteilung an Mitwirkungshandlungen des Bürgers bei dem Erlass von Verwaltungsakten. Mit dieser Ausrichtung kann nur ein kleiner Teil möglicher öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen erfasst werden. Die grundsätzliche Einteilung der verschiedenen Gruppen von einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen anhand der Richtung und Reichweite der Rechtswirkungen erscheint bei den heutigen rechtlichen Verflechtungen nur schwerlich haltbar. 465 Unmittelbare Eingriffe sind dementsprechend in den allermeisten Fällen mit mittelbaren Eingriffen verbunden. Es bleibt dann eine Frage der Verletzung eigener Rechte, ob ein Dritter durch eine staatliche Handlung als Objekt der Rechtsfolge betroffen ist. Dies entscheidet sich in den meisten Fällen anhand der faktischen Konstellation. So wäre für jeden Einzelfall einer konkreten Erscheinungsform der Willenserklärung im Einzelfall zu prüfen, ob es sich dabei noch um eine „Richtungserklärung“ oder schon „Betätigungserklärung“ handelt. 466 II. Einteilung nach Krause 467 Auch Krause bezieht in seine Kategorisierung nur Erklärungshandlungen des Bürgers ein. Er unterscheidet, ohne dabei jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit zu haben, zwischen vier verschiedenen Typen von Willenserklärungen: Parteihandlungen im gerichtlichen Verfahren, Handlungen im Verwaltungsverfahren, Willenserklärungen beim Vertragsschluss und einseitigen Erklärungen mit primär materiellrechtlichem Inhalt. 468 Auch wenn teilweise aus den verschiedenen Typen besondere Verfahrenshandlungen oder Rückschlüsse für die Ausgestaltung der dogmatischen Regeln gezogen werden, so scheint dies nicht primärer Zweck der Auflistung zu sein. 469 Vielmehr scheint eine beispielhafte Darstellung der praktischen Fälle im Vordergrund zu stehen. Dementsprechend orientiert sich die Einteilung eher an Aufgaben und Sachbereichen und weniger an den Funktionen der betreffenden Erklärungen. Anders ließe sich nur schwer 464

BVerfGE 53, 35 (65). de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 116, spricht in diesem Zusammenhang sogar davon, die „Einteilung Küchenhoffs ist freilich heute [...] überholt“. 466 Schließlich ist auch der begriffliche Zusammenhang zwischen den „Richtungserklärungen“, „Betätigungserklärungen“ und „Wirkungserklärungen“ und ihren Besonderheiten nicht immer vollends ersichtlich. 467 Krause, VerwArch 61 (1970), 297. 468 Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (304). 469 Vgl. z. B. Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (334). 465

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

erklären, warum zwischen Willenserklärungen beim Vertragsschluss und einseitigen Erklärungen mit primär materiellrechtlichem Inhalt zu unterscheiden sein soll. Auch bei Willenserklärungen im Rahmen eines Vertragsschlusses handelt es sich mit Angebot und Annahme um einseitige Erklärungen mit primär materiellrechtlichem Inhalt. Lässt man des Weiteren Parteihandlungen im Verwaltungsverfahren außen vor, 470 so beschränkt sich die Einteilung folglich auf zwei Gruppen. Ebenso wie Küchenhoff kann bei Krause zwischen materiellrechtlichen und Erklärungen im Verwaltungsverfahren unterschieden werden. Dabei scheint aber Krause nicht davon auszugehen, dass sich diese beiden Gruppen scharf trennen lassen, wenn er von Erklärungen mit „primär“ materiellrechtlichem Inhalt spricht. Zusammenfassend muss die von beispielhaften Aufzählungen dominierte Einteilung als zu wenig auf dogmatische Folgen ausgerichtet bewertet werden. III. Einteilung nach Obermayer 471 Eine Einteilung, die direkt Erklärungen von Verwaltungsorganen aufgreift, findet sich bei Obermayer. Dabei unterscheidet er zwischen rechtsgeschäftlichen und auf das Verwaltungsverfahren bezogenen Willenserklärungen. 472 Zwar werden letztere als Willenserklärungen beschrieben, die einen Verfahrenserfolg bezwecken, doch für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen findet sich keine allgemeine Definition, sondern nur eine Aufzählung von Beispielen. Deshalb bleibt bei genauerer Überlegung unklar, wie beide Gruppen von Willenserklärungen abzugrenzen sein sollen. Denn nach der bisher hier dargelegten Definition eines Verwaltungsrechtsgeschäfts werden damit die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Rechtsnorm ergebenden Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Rechtsubjekten beschrieben. Da die Verfahrensregeln auch dem Schutz materieller Rechtspositionen dienen können, deren Gestaltung am Abschluss eines Verwaltungsverfahrens steht, können genau genommen auch auf das Verwaltungsverfahren bezogene Willenserklärungen unter den Begriff rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen fallen. Versteht man diese Begrifflichkeiten eher wie die grundlegende Einteilung zwischen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Willenserklärungen, so bleiben auch an dieser Stelle die damit verbundenen Schwierigkeiten bestehen. Der Begriff „rechtsgeschäftlich“ könnte darüber hinaus eine Nähe zu privatrechtlichen Willenserklärungen nahe legen. Ist das Ziel jedoch die Etablierung einer öffentlichrechtlichen Handlungsform, erscheint dies am ehesten erreichbar, sofern man sich 470

Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. B.III. Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und Verwaltungsprozessrechts, S. 108. 472 Ähnlich Hoffmann, in: Obermayer, VwVfG, § 4, Rn. 12. 471

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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schon im Ausgangspunkt von einer zu engen Anlehnung an die zivilrechtlichen Regelungen löst. 473 Am Anfang sollte ein unbefangenes Herangehen stehen, in dessen späterem Verlauf sich erst mögliche Berührungen zu bestehenden Regelungen aus anderen Rechtsgebieten zeigen. Nimmt man diese von vornherein an, so besteht die Gefahr, dass gewisse Entwicklungsrichtungen schon von sich aus versperrt sind bzw. ohne systemkritisches Hinterfragen akzeptiert werden. IV. Einteilung nach Mayer/Kopp 474 Eine lediglich angedeutete Einteilung findet sich bei Mayer/Kopp. Für die Zulässigkeit von verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen wird unterschieden zwischen solchen, die auf den entsprechenden privatrechtlichen Erscheinungsformen beruhen und in ihrer Wirkung diesen entsprechen, sowie sonstigen Willenserklärungen. Für die Frage der Zulässigkeit einzelner Erklärungen kann diese Unterteilung tatsächlich ein Ansatzpunkt sein, 475 doch hält sich der Nutzen für andere dogmatische Fragen in Grenzen. Mit der Einteilung zwischen Willenserklärungen, die an das Privatrecht angelehnt sind, und sonstigen Willenserklärungen ist keine Aussage über Merkmale, Funktionen oder deren Wirkungen verbunden. Diese Faktoren sollen nach der Handlungsformenlehre aber gerade maßgeblich sein. Auch hier erscheint die Ausgestaltung einer öffentlich-rechtlichen Handlungsform vielversprechender, bei der nicht schon im Kern eine Anlehnung an zivilrechtliche Regelungen vorausgesetzt wird, sondern öffentlich-rechtlichen Strukturen Raum zur Integration gelassen wird. Daneben scheint auch die Vielfältigkeit innerhalb der beiden Gruppen von Willenserklärungen gegen die Entwicklung von sachgerechten Regelungen für konkrete Erscheinungsformen zu sprechen. V. Einteilung nach de Wall 476 Verschiedene Gegenüberstellungen nimmt de Wall vor. Er unterscheidet, wie auch schon andere vor ihm, zwischen Erklärungen mit verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher Wirkung. Ebenso unterscheidet er zwischen Erklärungen, die ihre Wirkungen lediglich zwischen Erklärendem und Empfänger entfalten und solchen, die auch auf Rechtspositionen von Dritten wirken. Auf diese beiden Differenzierungskriterien wurde schon eingegangen. Daneben unterscheidet de Wall zwischen Erklärungen, die gegenüber anderen Hoheitsträgern und Bürgern abgegeben werden. Schließlich orientiert er sich an der Gesetzeslage und dif473

Zu diesem Aspekt noch unten 5. Kap. 2. Abschn. D. Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 277. 475 Vgl. unten 6. Kap. 4. Abschn. A. 476 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 117 f. 474

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

ferenziert zwischen Erklärungen im Verwaltungsverfahren, die auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet sind, Erklärungen, die auf den Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gerichtet sind, und Erklärungen außerhalb eines Verwaltungsverfahrens. Diese Einteilung soll sich jedoch nicht mit verschiedenen Gruppen von Willenserklärungen befassen, sondern erst einmal versuchen, alle auftretenden Erklärungsarten zu sammeln. Erst im weiteren Verlauf der Untersuchung soll sich ergeben, welche der genannten Kategorien tatsächlich eine verwaltungsrechtliche Willenserklärung darstellen können. Dementsprechend werden im späteren Verlaufe auch nicht alle Kategorien für weitere dogmatische Ausdifferenzierungen herangezogen. VI. Eigene Einteilung Um eine größtmögliche Erfassung der dogmatischen Verschiedenheiten der einzelnen Erscheinungsformen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zu ermöglichen, bedarf es einer Kategorisierung, die sich an genau diesen Verschiedenheiten orientiert. Im Rahmen der Handlungsformenlehre ist es zu diesem Zweck am sachgerechtesten, auf funktionale Kriterien abzustellen. Die folgenden Ausführungen basieren deshalb auf den Kategorien „gebundene Rechtswirkungen“ und „nicht gebundene Rechtswirkungen“, „Innenwirkung“ und „Außenwirkung“, „unmittelbar rechtswirkend“ und „mittelbar rechtswirkend“ sowie „originär öffentlich-rechtliche Wirkung“ und „derivativ öffentlich-rechtliche Wirkung“. Jede einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung muss innerhalb dieser vier Kategorien eine Position einnehmen. Es handelt sich um alternative Qualifizierungen mit abschließender Reichweite, die auf die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung zugeschnitten sind. Allgemein für das Verwaltungshandeln geltende Einteilungen wie „begünstigend“ und „belastend“ werden an dieser Stelle nicht gesondert berücksichtigt. 477 Diese Merkmale finden sich auch größtenteils in der Dogmatik des Verwaltungsakts. Damit soll aber nicht die Aussage gemacht werden, die Willenserklärung sei nur eine unselbständige Abwandlung des Verwaltungsakts. Vielmehr basiert diese Überlegung auf dem Gedanken, dass die Merkmale des Verwaltungsakts nicht nur dessen rechtliche Eigenarten zutreffend charakterisieren, sondern geeignet sind, jegliches Verwaltungshandeln zu bestimmen. 478 In dem Fall sind diese Merkmale nicht nur geeignet, eine Abgrenzung zu anderen Handlungsformen vorzunehmen, sondern auch innerhalb einer Handlungsform Untergruppen zu bilden. Eine solche Einteilung hätte nicht nur den Vorteil, auf in ihren Voraussetzungen weitestgehend gefestigte dogmatische Kategorien zurückzugreifen, sondern auch die für die Handlungsformenlehre notwendige Verknüpfung zwischen der Ebene 477 478

Vgl. aber z. B. unten 6. Kap. 4. Abschn. A. I. Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. C.II.

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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der Wesens- bzw. Tatbestandsmerkmale und der Ebene der Handlungsformenfunktionen bzw. Rechtsfolgen voranzutreiben. Durch die Nutzung solcher Aspekte ist sichergestellt, dass die damit verbundenen Besonderheiten auch auf der jeweils anderen Ebene ihren Niederschlag finden. Konkret bedeutet das für die vorliegende Untersuchung, dass die vier allesamt an die Rechtswirkungen anknüpfenden Einteilungskategorien ermöglichen, jeweils unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf Verwendung und Rechtmäßigkeit betreffender einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen aufzustellen und so die verschiedenen Rechtswirkungen i. S. d. Handlungsformenlehre abzubilden. Daneben ist die Zuordnung erleichtert, indem es in jeder Kategorie nur zwei Möglichkeiten für eine Einteilung gibt, von denen immer eine vorliegen muss, wobei lediglich entscheidend ist, dass die Erklärung auf die jeweiligen Rechtswirkungen gerichtet ist. 1. Gebundene Rechtswirkungen / nicht gebundene Rechtswirkungen Ein wesentliches Kriterium für eine Kategorisierung ist, ob die Rechtswirkungen einer Willenserklärung gebunden oder nicht gebunden sind. 479 Obwohl schon der Begriff „Willenserklärung“ und dessen zivilrechtliches Pendant keine Bindung an außerhalb des Willens des Erklärenden stehende Momente kennen, kann eine solche Bindung im öffentlichen Recht eintreten. Dies ist für den Verwaltungsakt nichts Unbekanntes. 480 In diesem Sinne wäre es auch voreilig und verfehlt, von der Eigenart als öffentlich-rechtliche „Willenserklärung“ zu schließen, es gäbe keine gebundenen Entscheidungen, sondern nur die freie Willensentscheidung. 481 So können Zustimmungen oder Einverständnisse lediglich davon abhängen, dass gesetzliche Voraussetzungen eingehalten sind. Eine Willenserklärung mit gebundener Rechtswirkung liegt i. d. S. vor, sobald das Bestehen bestimmter Voraussetzungen nur einen bestimmten Erklärungsinhalt zulässt. 482 Dies ist möglich in Konstellationen, in denen allgemein gesetzliche Bestimmungen nur eine Handlung zulassen, bei Vorliegen bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen eine bestimmte Erklärung verlangen oder im konkreten Fall Rechte von Betroffenen oder sonstige Besonderheiten nur eine Entscheidung als rechtmäßig erscheinen lassen. 483 Die Anerkennung von gebundenen Willenserklä479 Gebundene einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen können beispielsweise Zustimmungen/Einverständnisse bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten sein. Hingegen nicht gebunden sind der weitaus größere Teil der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen. 480 Vgl. zum gebundenen Realakt Renk, NVwZ 1982, 236. 481 Zur Willensbildung 2. Kap. 2. Abschn. B. 482 Vgl. Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 2; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 24. 483 Vgl. z. B. das das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 BauGB.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

rungen bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass nicht gebundene Willenserklärungen den herkömmlichen Ermessensentscheidungen gleichzusetzen wären. Ob es sich hierbei tatsächlich um Ermessen oder eine andere Struktur handelt, wird sich noch herausstellen müssen. 484 Bei gebundenen Willenserklärungen ergeben sich schon dadurch Abweichungen in der dogmatischen Regelung, dass der der Erklärung vorhergehende Entscheidungsprozess mangels Gehalts allenfalls erheblich eingeschränkt berücksichtigt werden kann. Auch ist noch zu klären, inwieweit die Gebundenheit einer Willenserklärung sich auf ihre gerichtliche Überprüfbarkeit auswirkt. 485 2. Innenwirkung / Außenwirkung Eine weitere Ausdifferenzierung lässt sich dadurch erreichen, dass nach der Reichweite der Rechtswirkungen unterschieden wird. So können sich Rechtswirkungen im Innenrechtskreis erschöpfen oder bis in den Außenrechtskreis reichen. 486 Im Gegensatz zu dem Verwaltungsakt ist die Willenserklärung nicht auf Außenwirkungen beschränkt. Dennoch ist es möglich, zur Bestimmung dieses Kriteriums auf die überkommene Abgrenzung im Rahmen des Verwaltungsakts zurückzugreifen. Für eine Innenwirkung muss es sich deshalb um eine Erklärung handeln, die nur im behördlichen Innenbereich Wirkung hat. 487 Entscheidend ist, dass die Rechtswirkungen sich nur innerhalb der Organisation eines Trägers öffentlicher Verwaltung manifestieren. 488 Für eine Außenwirkung ist entscheidend, dass die Rechtsfolge einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung eine außerhalb der handelnden Behörde stehende natürliche oder juristische Person berührt, so dass deren Rechtskreis betroffen ist. 489 Zwar hat auch das Modell von Küchenhoff maßgeblich an die Reichweite der Willenserklärungen angeknüpft, dabei jedoch vor allem an die Frage, ob neben 484

Siehe dazu unten 6. Kap. 6. Abschn. D. Siehe dazu unten 6. Kap. 6. Abschn. D. I. 486 So können beispielsweise im Innenrechtskreis verwaltungsinterne Anweisungen, Verfahrens- oder Vorbereitungshandlungen liegen. Der Außenrechtskreis ist demgegenüber bei straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen oder Erklärungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens bzw. wiederholenden Verfügungen berührt. Für Aufrechnungserklärungen oder Erklärungen des Zurückbehaltungsrechts wäre anhand des konkreten Empfängers im Einzelfall zu prüfen, in welchem Rechtskreis sich die Erklärung befindet. 487 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 73; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 34 ff.; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 84 ff. 488 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 35; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 73 f.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 37. 489 Vgl. BVerwGE 55, 280 (285); 60, 144 (145), BVerwG DVBl. 1981, 495 (496); Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 355; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 26. 485

3. Abschn.: Klassifizierung und Kategorisierung

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Erklärenden und Empfänger noch weitere Dritte betroffen werden. Tatsächliche Konsequenzen im Rahmen der Reichweite von Rechtswirkungen zeigen sich jedoch erst dann, wenn die Objekte der Rechtswirkungen verschieden sind. Ein staatlicher Akt gegenüber einem Bürger mit Grundrechten ist anders zu beurteilen als eine interne staatliche Maßnahme. Dabei ist wie beim Verwaltungsakt nur maßgeblich, dass die Erklärung auf eine entsprechende Wirkung gerichtet ist. 3. Unmittelbar rechtswirkend / mittelbar rechtswirkend Zu differenzieren ist ferner zwischen einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen, die auf die unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet sind, und solchen, die nur auf die mittelbare Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sind. 490 Diese Kategorien wurden im Rahmen der Abgrenzung zum Verwaltungsakt schon eingeführt, um zu erörtern, ob die Rechtsfolge der Willenserklärung eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellt. 491 Eine unmittelbar rechtswirkende Erklärung liegt dann vor, wenn die von der Erklärung anvisierte Veränderung der Rechtslage ohne weitere Zwischenschritte eintritt, damit im Belieben des Erklärenden steht und der Empfänger deshalb an die Änderung gebunden ist. Bei einer mittelbar rechtswirkenden Erklärung hingegen bedarf es weiterer rechtlich erheblicher Zwischenschritte, bis die Rechtsänderung eintritt. Eine Andeutung dieses Kategorisierungskriteriums findet sich auch bei Küchenhoff, wenn bei „Richtungserklärungen“ andere Rechtspersonen erst durch die Folgen der Rechtswirkungen der Erklärung betroffen werden, nicht aber durch die Rechtswirkungen selbst. 492 Die unmittelbar bzw. mittelbar eingetretene Rechtsfolge kann sich dabei in verschiedenen Formen niederschlagen. So kann sie in einem Ge- bzw. Verbot liegen oder in einer Rechtsgestaltung. 493 4. Originär öffentlich-rechtliche Wirkung / derivativ öffentlich-rechtliche Wirkung Schließlich ist im Rahmen der Herkunft der Rechtswirkungen zu unterscheiden. Anzuknüpfen ist hierfür jedoch nur an diejenigen Rechtswirkungen, die spezi490 Auf einen unmittelbaren Eintritt der Rechtsfolge sind beispielsweise die Aufrechnungserklärung, das Amtshilfeersuchen oder die Erklärung des Zurückbehaltungsrechts gerichtet. Für eine lediglich mittelbare Herbeiführung der Rechtsfolgen kommen demgegenüber Angebote zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder Verfahrensund Vorbereitungshandlungen in Betracht. 491 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. III.4.c. 492 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. B. I. Auch Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 16, Rn. 18, verwenden für Erklärungen des Bürgers die ähnliche Unterscheidung zwischen „Erwirkungs-“ und „Bewirkungshandlungen“. 493 Vgl. Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 113 ff.; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 34.

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1. Kap.: Kategorisierung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung

fisch für die konkrete Erscheinungsform 494 einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung sind, wie beispielsweise die Aufrechnungswirkung oder Verpflichtung zur Amtshilfe nach einem Amtshilfeersuchen. Wenig aufschlussreich sind handlungsformspezifische Rechtswirkungen, wie beispielsweise Fragen der Anhörung oder Bekanntgabe, 495 weil diese zu allgemein für eine Klassifizierung und obendrein bei jeder Willenserklärung identisch wären. 496 Einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen mit originär öffentlichrechtlichen Rechtswirkungen beziehen ihre Rechtswirkungen direkt aus einem öffentlich-rechtlichen Kontext. Dieses werden in aller Regel öffentlich-rechtliche Rechtssätze sein, wie beispielsweise §§ 4 ff. VwVfG. Eine originär öffentlichrechtliche Rechtswirkung kann sich aber auch über einen entsprechenden Sinnzusammenhang ergeben. 497 Derivativ öffentlich-rechtliche Rechtswirkungen sind zwar öffentlich-rechtlicher Natur, ansonsten könnte nicht von einer öffentlichrechtlichen Handlungsform gesprochen werden, jedoch entstammen sie nicht direkt dem öffentlichen Recht. Vielmehr werden sie erst durch einen noch näher zu bestimmenden Rückgriff 498 auf zivilrechtliche Regelungen gebildet.

494 Vgl. zu handlungsformspezifischen Rechtswirkungen auch unten 6. Kap. 3. Abschn. B. 495 Dazu unten 7. Kap. 1. Abschn. B.IV.; 7. Kap. 2. Abschn. A. 496 Insofern spiegelt sich in der Einteilung in originär und derivativ öffentlich-rechtliche Rechtswirkungen gerade nicht der Gang der Untersuchung wieder. Letzterer soll später, da er die allgemeine Handlungsform zum Gegenstand hat, gerade die handlungsformspezifischen Rechtswirkungen erfassen, nicht jedoch erscheinungsformspezifische Rechtswirkungen. 497 Zu denken wäre beispielsweise an verwaltungsinterne Anweisungen, die in einem engen Sinnzusammenhang mit der Personal- und Organisationshoheit stehen. 498 Dazu unten 6. Kap. 1. Abschn.

2. Kapitel

Der Wille der Verwaltung Die Frage nach dem (oder einem) Willen der Verwaltung, der einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zugrunde liegt, ist keine genuin verwaltungsrechtliche oder gar allgemein-juristische Frage. Es soll deshalb auch nicht versucht werden, eine Antwort nur innerhalb der Strukturen des rechtlich Zulässigen oder Gebotenen zu finden. Der Schauplatz der kommenden Überlegungen ist vielmehr die Verwaltungswissenschaft oder Verwaltungslehre 1 als Integrationswissenschaft 2, unter deren Topos sich andere Disziplinen wie die Politische Wissenschaft, Soziologie, Betriebswissenschaft und freilich Rechtswissenschaft versammeln. 3 Der erforderliche Blick auf die zu behandelnde Materie sollte sich deshalb interdisziplinären Tendenzen nicht verweigern. 4 Schon bei einer nur oberflächlichen Beschäftigung mit der Handlungsform Willenserklärung fällt auf, dass sich diese aus den Begrifflichkeiten „Wille“ und „Erklärung“ zusammensetzt. 5 Soll nun die Verwaltung mittels der Handlungsform Willenserklärung aktiv werden können, so bedarf es auch einer Erörterung, ob die Verwaltung als Institution überhaupt einen eigenen Willen hat, der sich in einer Willenserklärung manifestieren kann und welche Eigenschaften dieser Wille besitzt. Weitergehende Kenntnisse über die hinter einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung stehende Willensstruktur sind beispielsweise für Fragen der Auslegung oder Anfechtung notwendig. 6 Der hinter der Erklärung stehende Wille gewinnt dabei im Vergleich zum Verwaltungsakt erheblich an Bedeutung, weil normativ-gesetzliche Aussagen zur Handhabung der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung fehlen 7 und damit die Freiheit ihrer Nutzung wächst. 1

Für Überlegungen gegen eine Gleichschaltung der Begrifflichkeiten vgl. Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 10 f.; Püttner, Verwaltungslehre, S. 1. 2 Zu der Problematik, ob sich eine einheitliche integrative Verwaltungswissenschaft und damit eine „Theorie“ der Verwaltungswissenschaft bilden lässt, vgl. Püttner, Verwaltungslehre, S. 5 ff. 3 Vgl. Schupppert, Verwaltungswissenschaft, S. 44; Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 10 ff.; Püttner, Verwaltungslehre, S. 19 ff. 4 Umfangreich hierzu vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. A. I. 5 Vgl. Larenz / Wolff, BGB AT, § 24, Rn. 2. 6 Dazu unten 6. Kap 6. Abschn. B; 7. Kap. 2. Abschn. B.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Der Gang der diesbezüglichen Untersuchung wird zuerst mit einer Einführung in die Strukturen des Willens beginnen, so wie er menschlichen Individuen zukommt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse gilt es anschließend mit der Situation der Verwaltung zu vergleichen, um zu erörtern, inwieweit der Verwaltung ebenfalls ein entsprechender Wille zukommt.

1. Abschnitt

Wesen des individuellen Willens Das, was allgemein unter dem Begriff „Willen“ verstanden wird, ist derart vielschichtig, dass es sich in zahlreichen verschiedenen Weisen manifestieren und wissenschaftlichen Disziplinen relevant werden kann. Dies zeigt schon ein Blick auf den Sprachgebrauch. Man spricht von Willensstärke oder -schwäche, Willensfreiheit, Willensakt, willkürlich, willig oder willentlich und willenlos. Bildhaft beschrieben kann der Wille eine treibende Kraft oder hemmende Barriere sein, kann formales Regulationsprinzip für Handlungen oder Kontrollinstanz für dergleichen sein und schließlich kann ein durch den Willen hervorgerufener Entschluss Ausgangspunkt einer Zäsur sein. 8 Nicht nur in der Rechtswissenschaft ist das Auftreten von Willenserscheinungen von großer Bedeutung, auch in der Psychologie, der Philosophie, der Biologie, der Politischen Wissenschaft und der Wirtschaftslehre wird sich mit dem Willen und darauf beruhenden Entscheidungen beschäftigt. 9

7

Vgl. oben Einl. Vgl. Weinert, in: Heckhausen / Gollwitzer / Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 13 ff. Dort auch weitergehende Differenzierungen, in denen der Wille auftreten kann. Vgl. insbesondere das anschauliche Beispiel zu einer durch den Willen hervorgerufenen Zäsur, dass sich bis heute im Sprachgebrauch gehalten hat: Gaius Julius Cäsar entschließt sich am 11. Januar 49 vor Christus mit den Worten „Alea jacta est“ den Rubikon zu überschreiten und damit einen Bürgerkrieg zu eröffnen. 9 Vgl. für die Rechtswissenschaft im Zivilrecht insbesondere die Willenserklärung Jacobi, Die Theorie der Willenserklärungen; Brehmer, Wille und Erklärung; Medicus, BGB AT, § 21; Larenz / Wolff, BGB AT, § 24; Henle, Vorstellungs- und Willenstheorie in der Lehre von der juristischen Willenserklärung; im Strafrecht insbesondere für den Vorsatz Lacmann, ZStW 30 (1910), 767 ff.; Roxin, Strafrecht AT, § 12; Jescheck / Weigend, Strafrecht AT, § 29; für die Psychologie Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4; Kuhl, Motivation, Konflikt und Handlungskontrolle; für die Philosophie Erpenbeck, Wollen und Werden; Hossenfelder, Der Wille zum Recht und das Streben nach Glück; Wallace, Reason, emotion and will; für die Wirtschaftslehre Eisenführ / Weber, Rationales Entscheiden; Bamberg / Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre; für die Politische Wissenschaft Schmittel, Der Wille des Volkes; Dicke, Politisches Entscheiden; Siedschlag / Rogg / Welzel, Digitale Demokratie: Willensbildung und Partizipation per Inter8

1. Abschn.: Wesen des individuellen Willens

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A. Das „Willensphänomen“ Aufgrund der vielfältigen Situationen, in denen sich der Wille auswirken kann, erscheint es schwierig, eine kurze und prägnante Definition des Willensbegriffs zu liefern. Grob vereinfacht könnte man den Willen am ehesten noch als Fähigkeit verstehen, alle zur Erreichung eines Zieles erforderlichen Handlungen zu koordinieren, zu aktivieren und zu steuern. 10 Die hierauf bezogene Willensforschung erlebte ab der Mitte des 20. Jahrhunderts und verstärkt in den dortigen 80er Jahren einen Aufschwung. 11 Maßgeblich mitbegründet wurde dieser, vor net; interdisziplinär Meyer-Krahmer, Politische Entscheidungsprozesse und ökonomische Theorie der Politik; Wender, Entscheidungsspiele in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. 10 Düker, Untersuchungen über die Ausbildung des Wollens, S. 1 ff. Vgl. auch Gundlach, in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 361 ff. Daneben kann unterschieden werden in einen Antriebswillen, einen Entscheidungswillen und einen Schöpfungswillen, Erpenbeck, Wollen und Werden, S. 177. 11 Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 4; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 487. Geht man davon aus, dass die Bildung dessen, was heute als „Wille“ bezeichnet wird, eine Fähigkeit des Menschen ist, so muss diese Fähigkeit auch vom Anfang der menschlichen Geschichte an vorhanden gewesen sein. Zumindest für das Sprachliche gilt dies aber nicht. Im antiken Griechenland und Rom kannte man kein Wort für das, was heutzutage als „Wille“ bezeichnet wird, Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike, S. 31; ders., in: Heckhausen / Gollwitzer / Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 29. Im Griechischen gab es zwei Verben, die allgemein als „wollen“ übersetzt werden. Zum einen war dies das Wort boulami, das das verstandesmäßige Planen bezeichnet, das einer Handlung vorausging. Zum anderen war dies (e)thel’o, das als „gefasst sein auf, disponiert, bereit sein“ verstanden werden kann. Gerade im damaligen Zivilrecht bildete das Wort voluntas eine gewisse Ausnahme, was die Zielsetzung eines Rechtssubjekts bezeichnete. So musste eine Rechtsnorm nicht unmittelbar auf Fakten oder Aussagen bezogen werden, sondern vielmehr auf den dahinter stehenden „Willen“. Diese fehlende Bezeichnung des Willens resultiert aus der den Griechen und Römern eigenen Weltauffassung. Demnach waren der Aufbau der Welt und der menschliche Verstand zwei aufeinander bezogene Faktoren und die Gottheit eine im Kosmos wirkende, aber nicht darüber willkürlich verfügende Kraft, Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike, S. 31 ff., 59 ff.; ders., in: Heckhausen / Gollwitzer / Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 30. Der Mensch wurde als Vernunftwesen angesehen, der grundsätzlich, wenn auch begrenzt, in der Lage war, Einsicht in die Ordnung der Welt und Absichten der Götter zu nehmen. Eine vorgenommene menschliche Handlung durfte der gewonnenen Einsicht nicht widersprechen und musste als solche vernunftgemäß gelenkt sein. So ist es die Vernunft, die das Verhältnis zwischen Erkennen und Wollen bestimmt und daraus resultierend das Wollen nur eine Funktion des Erkennens. Es fehlt aber an voluntativen, emotionalen oder kognitiven Elementen. Eine andere Sicht des „Willensphänomens“ ergibt sich durch das Alte Testament. Der Schöpfergott besaß die Macht, frei über die Welt zu verfügen, ohne sich an bestehende Ordnungen halten zu müssen. Sobald der göttliche Wille, dessen Bildung unklar war, sich dem Menschen offenbarte, konnte der Mensch lediglich mit Gehorsam oder Ungehorsam reagieren. Um aus solchen Überlegungen aber einen konkreten Willensbegriff zu bilden, fehlte es an philosophischen Mittel und einer Trennung der verschiedenen Elemente des Willensphänomens, Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike, S. 110 ff.; ders., in: Heckhausen / Gollwitzer /

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

allem in einem wissenschaftlich-experimentellen Zweig der Psychologie, von Wilhelm Wundt. 12 Will man die momentanen Erkenntnisse der Willensforschung, die mittlerweile anstatt des Willensbegriffs vermehrt das Synonym „Volition“ verwendet, 13 für einen möglichen Willen der Verwaltung nutzen, ist vor allem der Vorgang der Willensbildung von Interesse. Dabei geht es um die Frage, wie sich die Volition zur Motivation verhält, also zu den zeitüberdauernden, dispositionellen Motiven einer Handlung. 14 Hierzu gibt es in der Psychologie zwei verschiedene Ansätze. 15 Ein imperatives Konzept der Volition sieht Motivation und Volition als zwei verschiedene Steuerungslagen. Die volitionalen Instrumente können kurzfristig das Verhalten steuern, selbst wenn das so gesteuerte Verhalten dem aktuellen und damit motivational unterstützten Verhalten und Zielen widerspricht. 16 Die Volition kann so, falls Widerstände den zielgerichteten Handlungsablauf gefährden, imperativ die Motivation ersetzen. 17 Dass es einen Umstand gibt, der das normale Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 31. Erst um Christi Geburt mit Augustin etablierte sich die Sichtweise, dass der Wille allein durch die menschliche Seele bestimmt sei und unabhängig von einer wie auch immer beschaffenen Seinsordnung und getrennt vom göttlichen Gefüge bestünde, Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike, S. 138 ff.; ders., in: Heckhausen / Gollwitzer / Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 31 f. 12 Wundt, Grundriss der Psychologie, S. 219 ff.; ders., Einführung in die Psychologie, S. 42 ff.; Erpenbeck, Wollen und Werden, S. 155; Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 3; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 486. Vgl. auch Gundlach, in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 361 ff. Bei diesen neuen Bestrebungen kann zwischen drei Grundlinien unterschieden werden: eine naturwissenschaftliche Linie, die streng naturwissenschaftlich vorgeht aber den Willensbegriff zunehmend durch den Motivationsbegriff ersetzen will, eine intentionale Linie, die zwar auf naturwissenschaftlichen Aspekten beruht aber die Unterschiede zwischen den naturwissenschaftlichen Elementen und psychischen Prozessen anerkennt, und eine philosophisch-geisteswissenschaftliche Linie, die sich vor allem auf den althergebrachten philosophischen Erkenntnissen beruft, Erpenbeck, Wollen und Werden, S. 155 ff. m. w. N. Nach dems., Wollen und Werden, S. 156 lassen sich innerhalb der naturwissenschaftlichen Linie weiterhin zwei Grundansätze unterscheiden. Zum einen autogenetische Theorien, die den Willen als eigenständige seelische Struktur beschreiben. Zum anderen heterogenetische Theorien, nach denen der Wille nicht eigenständig, sondern auf andere Strukturen oder Funktionen zurückzuführen ist. 13 Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 3; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 487. 14 Vgl. Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 4; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 486. 15 Vgl. Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 9 ff.; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 492 ff. m.w. N. 16 Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 11; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 494 gibt dazu das anschauliche Beispiel, dass ein Schüler, trotz der Witze seines Nachbarn versucht, dem Unterricht des Lehrers zu folgen.

1. Abschn.: Wesen des individuellen Willens

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Willensbildungsverfahren der Verwaltung bei Widerstand, überlagert, erscheint eher fernliegend. Zum einen sind wenige Aspekte ersichtlich, die den notfalls auch länger andauernden Willensbildungsprozess derart beeinflussen könnten, dass nicht auch die normalen Willensbildungsmechanismen eine Antwort darauf finden könnten. Zum anderen ist auf der Gegenseite auch kein Umstand erkennbar, der sich für solch einen Fall aufschwingen könnte und den Willensbildungsprozess entgegen seines normalen Ablaufs ablenkt. Möglich ist aber auch ein sequentielles Konzept der Volition. Demnach sind die motivationale Lage, die die Wahlmöglichkeit verschiedener Handlungen darstellt, und die volitionale Lage, die die Planung und Handlung selbst beinhaltet, nicht als Bestandteile einer alternativen Entweder-oder Situationen anzusehen, deren Abgrenzung sich nach der Intensität der Widerstände richtet, sondern vielmehr als zwei Lagen, die typischerweise phasisch-sequentiell aufeinander folgen. 18 Motivation und Volition ergänzen sich und sind beide Teile des Willensbildungsprozesses. Die Willensbildung beginnt mit Wünschen. 19 Hiervon hat jeder Mensch unzählige und teilweise verschwinden sie so schnell wieder, wie sie auch gekommen sind. Aber selbst wenn sie länger präsent bleiben, kann nicht jeder Einzelne davon erfüllt werden. Oftmals bestehen nicht genügend Ressourcen, um sie zu erfüllen, oder dies geht nur auf Kosten anderer Wünsche. Kurzum ist zwingend eine Wahl erforderlich, die die Wünschbarkeit mit der Realisierbarkeit abwägt. 20 Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte die motivationale Wahlphase. Nach der Wahl beginnt die volitionale Handlungsplanungs- und Handlungsausführungsphase. Nun weicht die Realitätsorientiertheit der Wahl der Realisierungsorientiertheit des Wollens. Schon bei einer nur oberflächlichen Betrachtung dieses menschlichen Willensbildungsprozesses wird die Ähnlichkeit zur Willensbildung in der Verwaltung deutlich. Auch dort spielt sich oft eine Abwägung zwischen verschiedenen Alternativen ab. Hinzuweisen ist allein auf die verschiedenen Phasen der Planerstellung. 21 Dieser Ablauf kann also am ehesten die in der Verwaltung vorherrschende sorgsa17 Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 10 ff.; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 493 f. 18 Heckmann, in: ders. / Gollwitzer / Weinert (Hrsg.), Der Wille in den Humanwissenschaften, S. 3 ff.; Sokolowski, Wuppertaler Psychologische Berichte 5 (1994), Heft 2, S. 12 ff.; ders., in: Birbaumer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C IV 4, S. 494 ff. 19 Hier wird eine Unterscheidung zwischen einem psychologischen Begriff des „Wünschens“ und einem juristischen Begriff deutlich. Während der psychologische Begriff keine Aussage über die Erfüllbarkeit eines Wunsches macht (dies geschieht in einer späteren Phase, dazu sogleich), ist charakteristisch für den juristischen Begriff des „Wünschens“ nach Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 110, dass der Wunsch nicht kausal durch eigenes Handeln erreichbar ist, sondern davon unabhängig. 20 Kramer, in: Münchner Kommentar, BGB, vor § 116, Rn. 17, charakterisiert den Willen demgemäß als Beruhen auf Gründen und Gegengründen. 21 Die Regelungen des BauGB seien exemplarisch dazu herangezogen. Nicht nur gibt es eine frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB, eine ortsübliche Be-

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

me Abwägung bei Entscheidungsfragen in sich aufnehmen. Für einen Vergleich des Willens der Verwaltung mit dem Willen des menschlichen Individuums erscheint deshalb ein phasisch-sequentielles Konzept der Volition am geeignetsten.

B. Existenz eines freien Willens Von Wille und Entscheidung als Grundlage einer Handlungsform auszugehen, kann auf den ersten Blick nur dort Sinn machen, wo Entscheidungen möglich sind und ein freier Wille vorhanden ist. Anderenfalls könnte die Willenserklärung als Instrument zur Verwirklichung eines Entscheidungsspielraums nicht in Frage kommen. 22 Die Rechtsordnung wäre lediglich ein gleichgültiger Begleitumstand unveränderlicher Kausalprozesse. 23 In dieser Hinsicht wird insbesondere im Strafrecht die Frage nach der Willensfreiheit problematisiert, weil mit der Annahme, dass Schuld mit Vorwerfbarkeit gleichzusetzen sei, es logische Voraussetzung ist, dass der Täter auch hätte anders handeln können. 24 An dieser Stelle kann und soll nicht versucht werden, eine Antwort auf das „ewige Problem der Menschheit“ 25 zu finden: 26 der Frage nach einem freien Willen. 27 kanntmachung und Auslegung gemäß §§ 6 Abs. 5 S. 1, 10 Abs. 3 S. 1 BauGB, sondern insbesondere das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Diese Abwägung unterteilt sich in vier Phasen: die Ermittlung von Belangen, die Einstellung von Belangen, die Gewichtung von Belangen und die Planungsentscheidung. Dementsprechend können auftretende Fehler solche des Abwägungsausfalls, Abwägungsdefizits, Abwägungsfehleinschätzung oder Abwägungsdisproportionalität sein. Vgl. dazu Hoppe, in: ders. / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 96 ff.; Peine, Öffentliches Baurecht, S. 115 ff.; Battis, Öffentliches Baurecht, S. 82 ff. Vgl. zu anderen Anwendungsbereichen des Instrumentes der Planung Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16. 22 Im Gegensatz zu einem privatautonomen Individuum des Zivilrechts wäre solch eine Erkenntnis für die Verwaltung nicht existenzerschütternd. Dem Fehlen jeglicher eigener Entscheidungsmöglichkeiten begegnet die Verwaltung anerkannterweise auch bei gesetzesgebundener Verwaltung, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 3ff.; Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9. 23 Popper, Objektive Erkenntnis, S. 242. 24 Vgl. Dreher, Die Willensfreiheit, S. 11 ff.; Stree, in: Schönke / Schröder, StGB, vor § 13, Rn. 108 ff.; Roxin, Strafrecht AT, § 19, Rn. 37 ff. Insoweit spricht Dreher, Die Willensfreiheit, S. 59 auch von der „Schicksalsfrage schlechthin“. 25 So Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 254. 26 Ebenso verwehrt sich Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 254 gegen eine Erörterung von Entscheidungen, die in die gängigen Kategorien passen. Jaspers, Philosophie Bd. 2, S. 170 spricht von einer falschen Richtung, die die Diskussion vorgibt. 27 Vgl. dazu allgemein Messer, Das Problem der Willensfreiheit; Hartmann, Ethik, § 65 ff.; Engisch, Die Lehre von der Willensfreiheit; Walter, Neurophilosophie der Willensfreiheit; interdisziplinär Dreher, Die Willensfreiheit. Kritisch zu den Begrifflichkeiten in der Diskussion Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 254. Schon die griechischen Philosophen beschäftigten sich mit der Freiheit des Menschen, Entscheidungen treffen zu können. Platon beschrieb die Freiheit nicht als ein Wählenkönnen, sondern als

1. Abschn.: Wesen des individuellen Willens

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Dass sich eine Untersuchung von Willenserklärungen im Verwaltungsrecht ungeachtet der damit verbleibenden Ungewissheit trotzdem lohnt, ließe sich eventuell schon durch die bloße Möglichkeit der Willensfreiheit erklären. Entscheidend ist aber darüber hinaus, dass es kommunikative Akte gibt, die nach dem oben Gesagten als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung einzuordnen sind. Ob diese kommunikativen Akte auf einem freien oder unfreien oder teilweise freien Willen beruhen, ändert nichts an deren Existenz. Und diese Existenz wird von anderen Rechtssubjekten wahrgenommen. Es ist deshalb zu klären, welche Folgen an eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung in Bezug auf andere Rechtssubjekte zu knüpfen sind. In einem System der Interaktion einer Vielzahl von Rechtssubjekten mittels rechtlicher Handlungen ist entscheidende die innere Notwendigkeit, das eigene Sein als höchste Kraft und Möglichkeit zu wollen, also einem Streben nach Selbstverwirklichung, Warnach, in: Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch Philosophie II, S. 1067. Andererseits vergleicht Platon den Menschen aber auch mit einem Rosslenker, der das Zweigespann nach seinen Entschlüssen lenkt. Als Wesen der proairesis, der freien Wahl, bezeichnet Aristoteles den Menschen. Dabei soll entscheidendes Gewicht die Gemeinsamkeit von Streben und Vernunft einnehmen und dementsprechend soll die Wahl, das Mit-sich-zu-Rate-Gehen des Strebens nach dem, was in der menschlichen Macht steht, abbilden, Dirlmeier, Aristoteles Nikomachische Ethik, Buch III, Kap. 5 ff., Rn. 1113a ff.; Warnach, in: Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch Philosophie II, S. 1067 f.; Mittelstrauß, in: Sandkühler (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie IV, S. 704 ff. Daraus haben sich für die Frage nach der Willensfreiheit zwei große Positionen herausgebildet: Determinismus und Indeterminismus, vgl. zu verschiedenen Auffassungen von Determinismus und Indeterminismus (z. B. ontologisch, normativ, ontologisch-normativ, komplett) Moritz, ARSP 58 (1972), 13 (14 ff.). Als Beispiel eines Agnostikers als dritten Weg Roxin, Strafrecht AT, § 19, Rn. 35 ff. Schon die Begrifflichkeit macht deutlich, dass beim Determinismus Entscheidungen vorbestimmt sind, insofern auch nicht von einem freien Willen gesprochen werden kann, exemplarisch zu dieser Grundposition Walter, Neurophilosophie der Willensfreiheit, S. 355; Danner, Gibt es einen freien Willen?, S. 5. Vgl. auch Popper, Objektive Erkenntnis, S. 230 ff., der sich aber selbst als „physikalischen Indeterministen“ bezeichnet, S. 251. Dieses Ergebnis kann auf verschiedenen Wegen begründet werden. Teilweise wird von einem a priori geltenden naturgesetzlichen Kausalzusammenhang ausgegangen, der dazu führt, dass jegliches real stattfindendes Geschehen lückenlos und konsequent durch Naturgesetze vorbestimmt ist. Basierend auf der Erkenntnistheorie Kants werden die Zusammenhänge in der Erfahrungswelt durch das erkennende Bewusstsein selbst gebildet, so dass durch sie a priori und lückenlos die Welt der wahrnehmbaren Erscheinungen beherrscht wird, Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 577 ff. In einem solchen Fall könnte man nicht mehr von durch freien Willen begründeten Entscheidungen sprechen, sondern nur einem vorbestimmten Mitlaufen in ohnehin fest und unabänderlich bestehenden Naturabläufen. Aber Kant selbst bleibt bei diesem Befund nicht stehen. Er geht davon aus, dass sich die unabänderlichen Kausalgesetze auf alle Geschehnisse in der Sinnenwelt – gebildet durch Raum und Zeit – beziehen, wobei Erscheinungen in der Sinnenwelt bloße Vorstellungen sind, nicht die Dinge an sich selbst, Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 566. Dinge an sich selbst haben gleichzeitig noch einen intelligiblen Charakter, der zwar Ursache für Erscheinungen ist, nicht aber selbst Erscheinung. Indem intelligible Ursachen in ihrer Kausalität von Erscheinungen frei sind, gelten für sie auch nicht die obigen Kausalgesetze, Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 566 f. Es kann also bezüglich der Kausalität in intelligibler Hinsicht, nach der Handlung eines Dinges an sich selbst und

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Voraussetzung für ein stabiles Funktionieren die Zurechnung und Verantwortung für vorgenommene Rechtsakte. Insofern ist die Zurechnung von Rechtsakten ein Organisationsprinzip für zwischenmenschliches Verhalten, 28 das es insbesondere für das Handeln der Verwaltung mittels einfacher verwaltungsrechtlicher Willenerklärungen zu durchdringen gilt. Die Unwissenheit über die menschliche Willensfreiheit ist hierfür unschädlich.

in sensibel-empirischer Hinsicht als Erscheinung in der Sinnenwelt unterschieden werden. Der Mensch ist, verstanden in diesem Sinne, nicht nur Erscheinung, sondern auch intelligibler Gegenstand, der durch Verstand und Vernunft geprägt ist. Der Mensch ist somit sowohl als Erscheinung der Sinnenwelt den naturgesetzlichen Kausalgesetzen unterworfen, als auch hinsichtlich der Vernunft mit einem intelligiblen Charakter ausgestattet, der ihm erlaubt Handlungen von selbst vorzunehmen, kritisch zu diesem Ansatz Dorschel, Die idealistische Kritik des Willens, §§ 12 ff.; Dreher, Die Willensfreiheit S. 69 ff. Alternative zu einem a priori geltenden Kausalgesetz ist ein bloß empirisch geltendes Kausalgesetz. Demnach würde das erkennende Bewusstsein die Zusammenhänge der Erfahrungswelt nicht selbst bilden, sondern nur ohnehin bestehende Zusammenhänge wahrnehmen, Stegmüller, Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie Bd. 1, S. 357 f. Dies würde gleichsam zu einer Begrenzung der vorherbestimmenden Kausalgesetze auf nachvollziehbare Erfahrungen reichen. Nach einem so verstandenen Kausalgesetz wäre es für eine Determiniertheit des Willens notwendig, dass gerade der Beweis der Determiniertheit des menschlichen Handelns geführt würde. Dies wäre z. B. denkbar durch eine medizinisch-neurologische Untersuchung, die mit Sicherheit eine Determiniertheit feststellt. Eine solche Wahrnehmung eines Zusammenhangs wäre Voraussetzung für eine determinierende Geltung des Kausalgesetzes. Im Gegensatz zu einem auf Kausalgesetzen beruhenden Determinismus ließe sich auch ein Motivationsdeterminismus annehmen, Schopenhauer, Die beiden Grundprobleme der Ethik, S. 27 ff. Determinanten eines Willensentschlusses wären nicht naturgesetzliche Gegebenheiten, sondern die bis zur Entscheidung subjektiv erlebten und durchlebten Gefühle und Vorstellungen. Die subjektiven Erfahrungen würden den Willen determinieren. Jede Art von Determinismus hätte das Problem, die oben beschriebenen Kausalgesetze beweisen zu müssen, vgl. zu weiteren Argumenten in dieser Diskussion Walter, Neurophilosophie der Willensfreiheit, S. 71 ff.; Danner, Gibt es einen freien Willen?, S. 89 ff. Letztendliche Sicherheit würde wohl aber nur ein Experiment bringen, wie es Engisch vorgeschlagen hat, indem man eine „Person als genau dieselbe Individualität wiederholt in die gleiche konkrete Situation versetzen könnte und dann beobachten könnte, ob einmal ein anderes Handeln herausspringt“ als in einer rückliegenden Situation, Engisch, Die Lehre von der Willensfreiheit, S. 23. Die Vorstellung, solch ein Experiment vornehmen zu können, sieht sich aber von vornherein dem wohl unüberwindbaren Hindernis gleicher Bedingungen ausgesetzt, insbesondere bezogen auf die Erinnerung der Testperson. Aber auch aus einer etwaigen Nichtbeweisbarkeit des Determinismus zu schlussfolgern, der Mensch sei indeterminiert, exemplarisch für diese Grundposition Hartmann, Ethik, S. 645; Griffel, ARSP 69 (1983), 340 (340), kann nicht überzeugen, Danner, Gibt es einen freien Willen?, S. 116. Die fehlende Beweisbarkeit, dazu näher Lackner, in: Gössel / Kauffmann (Hrsg.), FS Kleinknecht, S. 245 (249), verhindert einen stringenten Schluss in beide Richtungen dieser Frage. In Anerkennung dieser Erkenntnis-Sackgasse hält Henkel sowohl die Antwort Determinismus als auch Indeterminismus auf die Frage nach der Willensfreiheit für unzutreffend, Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 254 f. Vielmehr sei der Spielraum menschlicher Selbstbestimmung zwischen diesen Extrempositionen entscheidend. 28 Für das Strafrecht ebenso Naucke, Strafrecht, § 7, Rn. 32 ff.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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2. Abschnitt

Überindividuelle Willensbildung Wenn von Willensbildung in der Verwaltung gesprochen wird, kann dies schon durch den organisatorischen Aufbau der Verwaltung nicht als Willensbildung allein einer einzelnen Person angesehen werden. 29 Vielmehr muss es – grob betrachtet – als ein Aufeinandertreffen verschiedenster Motive und Vorgaben in einem Kollektiv 30 gewertet werden. Dass in diesen Fällen aber, trotz der augenscheinlichen Unterschiede zu der Willensbildung eines Individuums, allgemein von staatlicher „Willensbildung“ gesprochen wird, zeigt schon ein Blick ins Sachverzeichnis diverser Literaturwerke. 31

A. Bestehen eines überindividuellen Willens in Form des Verwaltungswillens Das Aufeinandertreffen verschiedenster Motive und Vorgaben kann grundsätzlich in jeder Gruppe von Individuen vorkommen. So kann sich eine kleine Gruppe von Menschen genauso herausfordernden Situationen gegenüberstehen wie gesamte Gesellschaften. Auf staatsrechtlicher Ebene kommen dafür insbesondere das Staatsvolk, die Regierung und das Parlament in Betracht. Ein deutlicher Hinweis für das Bestehen eines überindividuellen Willens als Ergebnis eines 29 Vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 218, der von dem nicht vorhandenen behördlichen „Alleinentscheider“ spricht. 30 Wenn im Folgenden von „kollektiver“ Willensbildung gesprochen wird, dann ist damit ein Oberbegriff für jegliche Art der Mehrzahl von Individuen gemeint, unabhängig von der Qualität der Zusammenkunft. Das der Begriff „Kollektiv“, wie Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie Bd. 2, S. 456 darstellt, früher tatsächlich durch kommunistische Ideologien eine kompromittierende Wirkung beigemessen werden konnte, soll hier nicht problematisiert werden. Zumindest mittlerweile erscheint die Benutzung des Begriffes aber (wieder) wertneutral und soll deshalb beibehalten werden. Zu einem anderen Verständnis von „Kollektiv“, aber geprägt durch den obigen Gedanken, vgl. Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie Bd. 2, S. 456. Auch könnte man geneigt sein, bei monokratisch organisierten Behörden, einen kollektiven Willen abzulehnen. Schließlich ist dort nur eine Person involviert. Dies ist bei genauerer Betrachtung aber nicht der Fall, vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 15, 218. Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HStR V, § 118, Rn. 14, umschreibt dies folgendermaßen: „Das ‚Innenleben‘ der juristischen Personen ist kein psychischer Prozess, sondern ein sozialer: die Koordination äußeren Verhaltens von Menschen, ein rechtlich geleitetes Spiel mit verteilten Rollen.“ Zu guter Letzt ergibt sich die Auswirkung des Kollektivs dadurch, dass der Einzelne nicht machen kann, was er will. Ihn treffen Vorgaben, die nicht an seine Person geknüpft sind. 31 Anschaulich Stern, Staatsrecht Bd. I. Dabei tauchen Begriffe wie staatliche, parlamentarische, parteiliche Willensbildung oder Willensbildung des Volkes bzw. der Regierung auf.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Ausgleichs verschiedenster Vorstellungen oder – um im Rahmen des oben dargestellten phasisch-sequentiellen Konzepts der Volition zu bleiben – Wünsche findet sich beispielsweise für einen Volkswillen in der Verfassung. Nach seiner Präambel hat sich das Deutsche Volk das Grundgesetz „von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“, gegeben. Noch direkter auf einen Volkswillen geht die NordrheinWestfälische Verfassung in Art. 2 ein, nachdem das Volk seinen Willen bekundet durch Wahl, Volksbegehren und Volksentscheid. 32 Im Folgenden ist zu erörtern, ob auch der Verwaltung ein solcher überindividueller Wille zugesprochen werden kann. Sollte dies der Fall sein, ist weiter zu untersuchen, welche Eigenschaften er im Vergleich zum Willen des Individuums aufweist. I. Kritik gegenüber der Anwendung soziologischer und psychologischer Erkenntnisse Bei dem Versuch, das Bestehen eines überindividuellen Willens zu ergründen, resultierend aus dem Zusammenleben von Menschen, drängt sich die Berücksichtigung soziologischer Aspekte auf. Doch gerade diese Bezugnahme auf die Materie der Soziologie bzw. Psychologie wird in der Rechtswissenschaft teilweise kritisch gesehen. So bemängelt Kelsen 33 vor allem, dass schon der Rückgriff auf die Begrifflichkeit „Wille“, so wie er in der Psychologie sich herausgebildet hat, verwirrt und die Überlegungen in eine falsche Richtung lenkt. 34 Bezogen auf die Übertragung soziologischer Erkenntnisse könne „ein ‚juristischer Ausdruck‘ [...] nur Ausdruck einer juristischen Tatsache sein; und der Ausdruck einer soziologischen Tatsache [scil: könne] nie einen Rechtsbegriff darstellen“. 35 Tatsächlich muss man anerkennen, dass Fragen des Wesens des Willens und seiner Bildung in der Rechtswissenschaft so gut wie nicht diskutiert werden. 36 In der Tat behandelt die Rechtswissenschaft grundsätzlich erst die Frage, wie sich ein schon gebildeter Wille – meistens behaftet mit einem Irrtum – auswirkt. 37 Was der 32 Ein weiteres Mal findet sich der Volkswille in Art. 90 Abs. 1 LV NRW. Demnach war die Verfassung dem Volke „zur Billigung“ zu unterbreiten. Nach Geller / Kleinrahm, LV NRW, Art. 2, Anm. 2d handelt es sich dabei nicht um eine Willensbekundung i. S. d. Art. 2 LV NRW, sondern eine Handlung des Volkes als verfassungsgebende Gewalt. 33 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9. 34 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9, 10, 11, 53; vgl. auch S. 97; ders., Hauptprobleme, S. 166 f., 169, 177. Vgl. aber auch die Darstellung Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 97 –121, zum damaligen Erkenntnisstand der psychologischen Wissenschaft. Vgl. auch unten 5. Kap. 2. Abschn. D. 35 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 169. Auf S. 177 bezeichnet Kelsen das Streben danach, den Staatswillen als psychischen Vorgang zu verstehen, als einen Grundfehler der Staatstheorie. 36 Krause, Rechtsformen, S. 48 m.w. N. erachtet den Willen sogar als nicht wichtig für die Rechtswissenschaften.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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Wille ist und warum er gerade diesen Inhalt hat, ist ohne Interesse. Dies vielleicht auch deshalb, weil die Eigenarten des menschlichen Willens jedem Rechtsanwender aus persönlicher Erfahrung bekannt sind. Das bedeutet aber keinesfalls, dass diese nicht von den Rechtswissenschaften behandelten Bereiche nicht existieren würde, also die rechtswissenschaftliche Herangehensweise abschließend wäre. Beschäftigt man sich aber mit überindividuellen Willen auf staatlicher Ebene, so kann man sich nicht einfach auf deren Erschlossenheit berufen. Obwohl allerorts auf entsprechende Inhalte zurückzugreifen ist, ist doch ihr Wesen nur wenig geklärt. Nun zu versuchen, dieses Unterfangen nur mit einer Disziplin – der Rechtswissenschaft – zu bewerkstelligen, kann aufgrund der weiten Verzweigtheit und des Umfanges der Staatsthematik, kaum zum Erfolg führen. 38 Auch wenn der Staat Grundlage eines juristischen Staatsbegriffs sein muss, so kann er dadurch nicht vollständig erschöpfend dargestellt werden. Dies zeigt sich auch schon anhand der obigen Feststellungen zur Interdisziplinarität der Verwaltungslehre. Ein anderes Verfahren würde auch die Tatsachen verkehren. Sowohl die Handlungssubjekte der staatlichen Ebene und insbesondere die Verwaltung bestehen nun einmal aus einer großen Anzahl von Individuen. Eine wesentliche Bedeutung für deren Vorstellungen hat der Umstand, dass diese Vielzahl von Individuen mal gleiche, mal verschiedene Ziele verfolgen und diese aber immer miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Schließlich darf auch nicht verkannt werden, dass es hiernach letztendlich Menschen sind, die einen Willen bilden. Werden also soziologische Erkenntnisse hinzugezogen, die sich genau für diese Fragestellungen herausgebildet haben, so kann bei möglichen Kollektiven grob unterschieden werden zwischen sozialen Gruppen und formalen Organisationen. 39 II. Der überindividuelle Wille in sozialen Gruppen Unter einer sozialen Gruppe versteht man eine Anzahl von Individuen, die sich miteinander identifizieren und in informell 40 strukturierten Weisen, die auf 37 Exemplarisch hierfür seien im Zivilrecht die Irrtumsregeln der §§ 119 ff. BGB und die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB angeführt, nach denen auch der wirkliche Wille zu erforschen ist, vgl. BHG NJW 1984, 721 (721); Mayer-Maly / Busche, in: Münchner Kommentar, BGB, § 133, Rn. 10 ff.; § 157, Rn. 2; Jauernig, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 133, Rn. 9 f.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 28. 38 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 163. So auch Ermacora, Allgemeine Staatslehre II, S. 687, Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 23 m.w. N, die anerkennen, dass man sich hinsichtlich der Willensbildung soziologischen Überlegungen nicht verschließen darf. Vgl. auch Krawietz, in: ders. / Mayer-Maly / Weinberger (Hrsg.), GS Tammelo, S. 722 (734 ff.). 39 Vgl. Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 216, 307; Joas, Soziologie, S. 220; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 86 ff. 40 Dieses Merkmal grenzt die soziale Gruppe von der formalen Organisation ab.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

gemeinsamen Werten, Normen und Zielen beruhen, in regelmäßiger und zeitlich überdauernder Weise interagieren. 41 Innerhalb der sozialen Gruppen kann unterschieden werden zwischen sozialen Gruppen bis ca. 20 Mitgliedern, Großgruppen, sowie der Gesellschaft 42 und der Gemeinschaft. 43

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Joas, Soziologie, S. 220; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 90. Die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft geht maßgeblich auf Ferdinand Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, S. 3 ff., zurück. Danach ist eine Gesellschaft eine bewusst zur Verwirklichung bestimmter Zwecke geschaffene Verbindung, die sich auf eine gewählte Thematik beschränkt, Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 97; Esser, Soziologie, S. 323 ff.; vgl. umfangreich Kneer / Nassehi / Schroer (Hrsg.), Soziologische Gesellschaftsbegriffe. Stärker die bürgerlich-ökonomische Gesellschaft bewertend ist ein Verständnis, das die Gesellschaft als Zweckverband der Freien und Gleichen bezeichnet, die verbunden sind durch ihre gemeinsame Eigenschaft als Staatsbürger und Kooperation als Marktsubjekte. In neuerer Zeit gewinnt die Gesellschaft auch an strukturfunktionalistische Prägungen, wofür auf eine allgemeine Systemtheorie zurückgegriffen wird; vgl. Weymann, in: Sandkühler (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie Bd. 1, S. 472 ff. Die Gesellschaft beschreibt die umfassende Ganzheit eines dauerhaft geordneten Zusammenlebens von Menschen innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs und ist notwendiges Gefüge für das geordnete menschliche Zusammenleben, Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 198. Die involvierten Individuen bleiben aber selbständig, anders gesprochen, „sie bleiben getrennt trotz aller Verbindung“, Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie Bd. 1, S. 287; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 97. Im Gegensatz dazu verstehen sich die Mitglieder einer Gemeinschaft als Teile eines Organismus, dem die ganze Person zugehörig ist, wobei dies aber nur soziologisch verstanden werden darf, nicht aber juristisch, vgl. Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 97; Esser, Soziologie S. 367. Vgl. dazu unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1.a. Während die Gesellschaft auf rationalen und Nützlichkeitserwägungen beruhenden, sozialen Zusammenhängen basiert, wird die Gemeinschaft durch organisch gewachsene, auf Vertrauen beruhende Verhältnisse geprägt, Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 184. Dies kann sogar so weit gehen, dass sich die Ich-Identität einzelner Mitglieder maßgeblich auf der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft begründet. Mitglieder einer Gemeinschaft gehen somit eine sehr viel engere Bindung ein als in einer Gesellschaft. Diese Bindung wirkt sich nach soziologischem Verständnis auch auf die Willensbildung der in der jeweiligen Gruppe befindlichen Individuen aus. Innerhalb der Gemeinschaft hat der so genannte „Wesenswille“ Vorrang, der als Ausdruck der ganzheitlichen Vernunft in die allgemeinen Lebenszusammenhänge integriert ist und sich dabei an Werten wie „Gefallen“ und „Gewohnheit“ anlehnt, Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 184 f.; Esser, Soziologie, S. 336. In der Gesellschaft nimmt entscheidendes Gewicht der analytisch und zweckrational eingestellte „Kürwille“ ein, der sich eher an von außen kommenden Begriffen wie „Verstand“ und „Bedacht“ orientiert. Innerhalb einer Gruppe sind stets sowohl gesellschaftliche als auch gemeinschaftliche Elemente enthalten, so dass man nicht von dem einen oder anderen sprechen kann, sondern nur, welches Element in diesem Mischverhältnis überwiegt, Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 185. 43 Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 97; Reinhold, Soziologie-Lexikon, S: 216. 42

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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1. Generelle Möglichkeit des Bestehens überindividueller Willen in sozialen (informellen) Gruppen Fraglich ist also, ob bei diesen sozialen Gruppen vom Bestehen eines überindividuellen Willens gesprochen werden kann, der im Vergleich zum Willen des Individuums eine wie auch immer geartete Eigenständigkeit aufweist. a) Keine Überindividualität durch Kollektiv Teilweise wird Kollektiven wie sozialen Gruppen das Zukommen einer überindividuellen Willenssubstanz gänzlich abgesprochen. 44 Krüger 45 verwehrt sich in diesem Zusammenhang gegen die Vorstellung, die einen Verband von Einzelwillen „zu selbständigen Substanzen verdinglicht, die ein Eigenleben führen.“ Auch Burke sieht den im Staat herrschenden Willen nach seiner Theorie der virtuellen Repräsentation nur auf das Individuum bezogen, ohne das durch ein Kollektiv eine qualitative Veränderung dieses Willens anzunehmen wäre. 46 Es gäbe damit nur Individualwillen, deren Zusammentreffen keinerlei Auswirkungen auf deren Eigenarten hätte oder gar einen eigenständigen, überindividuellen Kollektivwillen erzeugen würde. Lediglich die von den Individuen getragenen Einzelwillen bestünden, ohne dass darüber hinaus ein dem Kollektiv zugeordneter inhaltlich oder gar existenziell eigenständiger, überindividueller Wille gegeben wäre. Kelsen attestiert dem von ihm als „Gesamtwillen“ bezeichneten Gebilde, dass er „nur der abbreviierende Ausdruck für die Übereinstimmung im Inhalte einer Mehrheit von Individualwillen und durchaus nicht ein von diesen Individualwillen verschiedener überindividueller Wille ist“. 47 Eine solche Vorstellung widerspräche aber den gängigen Anschauungen zu Kollektiven und deren Interaktion mit der Umwelt. Denn dabei wird nicht eine Sozial- bzw. Rechtsbindung jedes einzelnen Mitglieds zu Dritten angenommen, sondern es ist das Kollektiv, in welcher Form auch immer, das Verbindungen und Beziehungen eingeht. 48 Wenn dann die Sozial- und Rechtsbindungen zum 44 Groß, Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, S. 172. Vgl. auch Bierling, Juristische Prinzipienlehre Bd. 1, S. 226 ff. 45 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 149. 46 Zu den Ausführungen Burkes, vgl. Schmittel, Der Wille des Volkes, S. 25. 47 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9. 48 Vgl. Bierling, Juristische Prinzipienlehre Bd. 1, S. 227 ff. Als Beispiel sei nur der, nach den oben getroffenen soziologischen Abgrenzungen wohl als Gemeinschaft zu qualifizierende Verein genannt, dessen Auftreten mit Dritten in den §§ 21 ff. BGB eine umfassende Regelung erfahren hat. Auch wenn dort keinerlei Willensregelungen getroffen sind, so spricht man doch von den Zielen und Vorstellungen, die mit den Mitteln des Zivilrechts verwirklicht werden sollen. Und auch diese Ziele und Vorstellungen werden als Vorgaben des Vereins angesehen, nicht seiner Mitglieder.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

gesamten Kollektiv bestehen, liegt es nahe, auch für Willensfragen auf einen überindividuellen, kollektiven Willen abzustellen und nicht danach zu fragen, was das einzelne Mitglied wollte. Ohne vorzugreifen erscheint auch schon bei oberflächlicher Betrachtung die Annahme, ein Zusammentreffen verschiedener Individuen hätte keine Auswirkung auf deren Willensinhalte, nicht geeignet, die tatsächlichen Umstände sachgerecht wiederzugeben. 49 b) Kollektiv eigenständiger Träger eines überindividuellen Willens In verstärktem Maße hat sich gerade am Beispiel des schon angesprochenen Staatsvolks und einem darauf bezogenen Volkswillen 50 eine entgegengesetzte Vorstellung entwickelt. 51 Der „volonté générale“ von Rousseau wird durch einen 49

Vgl. dazu unten 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.c. Vergleichbare Begrifflichkeiten aus dem deutschsprachigen und internationalen Raum sind „Gesamtwille“, „nationaler Wille“, „sozialer Wille“, „Allgemeinwille“, „allgemeiner Wille“, „Wählerwille“, „general will“, „will of the people“, „popular will“, „will of the nation“, „national will“, „the public will of the society“, „common will“, „will of the voters“, „la volonté générale“, „la volonté commune“ oder „la volonté nationale“; vgl. dazu Schmittel, Der Wille des Volkes, S. 6, Fn. 1 m.w. N. 51 Die Qualifizierung des Staatsvolks innerhalb der relevanten Gruppen der Gesellschaft oder Gemeinschaft wird nicht einhellig beurteilt. Übereinstimmung besteht zumindest insoweit, dass Merkmale des Staatsvolks eine überpersonale Konsistenz, historische Dauerhaftigkeit, reale Effektivität und komplexe Gemeinsamkeiten sind, Grawert, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 16, Rn. 2. Weitergehend definiert, könnte man an einen anderen Teil der Drei-Elemente-Lehre anknüpfen, und davon ausgehen, dass das Staatsvolk diejenige Masse von Individuen ist, die der Staatsgewalt unterworfen sind, Zippelius, Allgemein Staatslehre, S. 81. Nicht weiter vertieft werden soll in diesem Zusammenhang die Probleme, die sich durch den Begriff der Staatsangehörigkeit ergeben, vgl. dazu Grawert, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 16, Rn. 35 ff.; Ziemske, Staatsangehörigkeit. Zur Staatsgewalt vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 427 ff.; Randelzhofer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 17; Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 68 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 58 ff. Bei der Einordnung dieses Staatsvolks im juristischen Sinne, vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 426, in die obigen Kategorien fällt es schwer, die für die Gemeinschaft charakteristische enge Verbundenheit der umschlossenen Individuen, wie sie bei Verbänden, Vereinen oder hauptsächlich auf Freundschaft beruhenden Verbindungen vorhanden ist, anzunehmen. Demnach müsste im Einklang mit dem allgemeinen Sprachgebrauch das Staatsvolk als Gesellschaft angesehen werden. Bezieht man jedoch über dieses juristische Merkmal der Staatsgewaltunterworfenheit weiter soziologische Aspekte ein, erscheint die Einordnung des Staatsvolks als Gesellschaft zweifelhaft. Vehement gegen eine Gleichschaltung der Begriffe „Volk“ und „Gesellschaft“ Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 41; vgl. auch Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 81. Zu berücksichtigen wäre dann weiter, ob die Individuen durch ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden sind, Grawert, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 16, Rn. 14; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 82 ff; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 43; Fleiner / Basta Fleiner, Allgemeine Staatslehre, S. 295. Dieses nationale Zusammengehörigkeitsgefühl kann auf verschiedene Weisen beschrieben werden. Das hier nur von „beschreiben“ gesprochen werden kann, hat seinen Grund darin, dass 50

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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Gesellschaftsvertrag begründet und schafft einen geistigen Gesamtkörper, der mit den gleichen Eigenschaften wie eine natürliche Person ausgerüstet ist. 52 Dieser „volonté générale“ soll aber „keine juristische Fiktion, sondern eine moralischmetaphysische Wesenheit“ sein. 53 Von einem vergleichbaren Volksgeist geht auch Kaufmann 54 aus. Der Volksgeist soll Voraussetzung des Volkswillens sein und gleichzeitig eine „objektive reale Größe, die sich in und an den Individuen auswirkt, aber eine ebenso primäre Realität ist wie das individuelle Seelenleben“. 55 Folge dieser Annahme ist, dass Volkswille und Volksgeist als reale Größen „keine Integrationsprodukte oder Ergebnisse von Willensvereinheitlichungsakten“ sind. 56 Auch Hegel geht von einem Volksgeist aus. Der Staat ist Ausdruck dieses Volksgeistes und mit ihm „das alle seine Verhältnisse durchdringende Gesetz, die Sitte und das Bewußtseyn seiner Individuen“. 57 So wäre der überindividuelle Wille in

für das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl objektive Kriterien nur als Anhaltspunkte genommen werden können und ansonsten auf schwer greifbare, sozialpsychologische Momente zurückgegriffen werden muss, vgl. Grawert, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 16, Rn. 14. Vgl. allgemein zu den Kriterien Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 82 ff.; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 41 ff. Grundlegend kann der Aspekt der Abstammungsgemeinschaft sein, wobei schon dem zugrunde liegenden Begriff der Rasse gewichtige Zweifel sowohl in Hinsicht auf die biologische Bestimmbarkeit als auch historische Belastung begegnen, vgl. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 82 f. Auch Typisierungen durch eine Kulturgemeinschaft oder politische Schicksalsgemeinschaft erweisen sich als in der Praxis ebenso nicht abschließend verlässlich, vgl. Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 7 f.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 84, wie eine völkische Komponente, vgl. dazu Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 7; Grawert, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 16, Rn. 12 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 84 ff. Trotz dieser Unbestimmtheit der Kriterien drängt schon das Problem nationaler Minderheiten zu einer Berücksichtigung soziologischer Aspekte, Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 7; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 73. Im Ergebnis führt dies zu einer Diskrepanz von Staatsvolk im juristischen Sinn und Staatsvolk im soziologischen Sinn. Dies kann jedoch an dieser Stelle vernachlässigt werden, da alle beteiligten Individuen der Willensbildung und Interaktion fähig sind und so die notwendigen Grundvoraussetzungen für eine soziale Gruppe in jedem Fall erfüllt sind. Es besteht auf jeden Fall eine Vielzahl von Individuen, die in sozialer Form zusammengefasst sind. Im Einklang mit seinen kritischen Anmerkungen allgemein zur Herbeiziehung soziologischer Begrifflichkeiten und Betrachtungsweisen ist nach Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 19 f., die Unterscheidung zwischen juristischen und soziologischen Staat verfehlt. Eine Unterscheidung zwischen den tatsächlich ablaufenden Handlungen (Sein) und dem System von Rechtsnormen im Staat (Sollen) durch die „verstehende Soziologie“ schiebe dem juristischen Begriff einen gänzlich anderen Sinn unter und sei eine irreführende Terminologie. Vielmehr sei der juristische Begriff auch für die Soziologie ausschlaggebend. 52 Zu den Ausführungen Rousseaus, vgl. Schmittel, Der Wille des Volkes, S. 34. 53 Fetscher, Rousseaus politische Philosophie, S. 120. 54 Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 20, 22. 55 Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 20, 22. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9 spricht ähnlich von „Massenseele“. 56 Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 20f. 57 Hegel, Rechtsphilosophie, § 274.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Wesen und Inhalt eigenständig und sein Träger wäre das Volk als Gesamtheit. Es bestünde sowohl eine existenzielle als auch inhaltliche Eigenständigkeit. Die Annahme eines überindividuellen Willens, dessen Existenz sich nicht aus den Willen der beteiligten Einzelwillen ergibt, also ein überindividuelles, körperloses Willensetwas, das keinerlei Verbindung zu den Mitgliedern des betreffenden Kollektivs hat, erscheint dabei aber fernliegend. 58 Ein von der realen Welt abgetrenntes Etwas, das fähig wäre, einen eigenen Willen zu bilden und gleichzeitig abstrakt an das Volk als Gesamtheit angebunden ist, konnte bis jetzt nicht beobachtet werden. 59 Auch erscheint es schon denklogisch nicht möglich, dass ein überindividueller Wille sich ohne die Hilfe von Individuen artikuliert und in die Realität getragen wird. Das würde auch die Frage aufwerfen, ob entweder das Kollektiv als Träger oder der überindividuelle Wille aufhören könnten zu existieren, ohne dass dieses Einfluss auf den anderen Teil hat, was ein Verständnis der beiden im Sinne einer Trennung nahelegen würde. Gerade das erscheint aber nicht möglich. Kollektiv ohne überindividuellen Wille und noch viel deutlicher überindividueller Wille ohne Kollektiv können nicht bestehen. 60 Individuum – bzw. die Mehrzahl als Kollektiv – und überindividueller Wille bedingen sich also und sind miteinander verbunden. c) Ausgangspunkt des überindividuellen Willens in Summe der Einzelwillen Als Ausgangspunkt der Überlegungen für einen überindividuellen Willen bleiben also nur die Einzelwillen der beteiligten Individuen. Wolff 61 geht davon aus, der echte psychische Wille in Kollektiven werde durch das wirkliche Verhalten und Zusammenwirken der Mitglieder und gegebenenfalls Entscheidungsträger gebildet. Konsequente Weiterführung dieser Konstruktion wäre die Auffassung, ein kollektiver Willen bestehe aus der Summe der Einzelwillen, mehr aber auch nicht. 62 Unter Bezugnahme auf Bierling spricht Wolff davon, der „Gesamtwille ist 58 Zu den vergleichbaren Organismustheorien für juristische Personen des öffentlichen Rechts unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1.a. 59 Vgl. Bierling, Juristische Prinzipienlehre Bd. 1, S. 224; Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 158 ff.; Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 20 ff.; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 152. 60 Vgl. von Gierke, ZgS 30 (1874), 265 (304 f.). 61 Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 160 f. 62 In diese Richtung Bierling, Juristische Prinzipienlehre Bd. 1, S. 224; aufgreifend Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 163. Zu den teilweise vorhandenen praktischen Schwierigkeiten, überhaupt die Summe der Einzelwillen festzustellen, Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 178. Der – wenn auch geringe – Unterschied zu oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.a., ergibt sich durch den Umstand, dass dort keine Form eines kollektiven Willens anzunehmen war.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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[...] in den Geistern der Verbandsmitglieder und durch sie, ist nicht seinem Wesen nach verschiedenes“. 63 Diese Annahme würde der Bezeichnung überindividueller Wille aber kaum gerecht werden. Insbesondere könnte man nicht davon ausgehen, dieser sei in irgendeiner Form eigenständig. Die Bezeichnung „überindividuell“ würde lediglich aussagen, hier wäre eine Anzahl von Einzelwillen zusammen artikuliert. Der Umstand, dass gerade mehrere Einzelwillen aufeinander treffen, würde sich für das Produkt nicht auswirken. Wollte man dennoch zu einem überindividuellen Willen kommen, der diese Bezeichnung auch verdientermaßen trägt, müsste zu der Summe der Einzelwillen ein weiterer Umstand hinzukommen. Dieser Umstand müsste sich auch derart auswirken, dass es gerechtfertigt ist, von einem im Vergleich zu den Einzelwillen – zumindest teilweise – eigenständigen, überindividuellen Willen auszugehen. 64 In diesem Zusammenhang sollen wieder soziologische Aspekte aktiviert werden, um darzulegen, dass diese Unterschiede tatsächlich bestehen. (1) Phänomen des sog. „Kollektivbewusstseins“ In der Soziologie wird kollektiven Gruppen ein sog. „Kollektivbewusstsein“, „Gruppenbewusstsein“ oder „Wir-Bewusstsein“ 65 attestiert. 66 Es umfasst all die Handlungsmuster und Denkstile, die nicht individuell, sondern nur durch die Gruppe erklärbar sind. 67 Genauso wie die Handlungen des Individuums durch dessen Bewusstsein mitbestimmt werden, so bestimmt auch das Kollektivbewusstsein die Handlungen des Kollektivs mit. 68 Durch diese Beeinflussung ist gleichzeitig auf einen weiteren Umstand zu schließen. Soll das Kollektivbewusstsein nicht nur im Moment der Erfahrung eine Kollektivhandlung beeinflussen, sondern gerade das zukünftige Geschehen, so ist auch eine Art „Kollektivgedächtnis“ nötig, welches sich in negativer Form als Kollektivschuld manifestieren kann. 69 Das Kollektivbewusstsein kann sich in verschiedenen Formen ausdrücken. Am vordergründigsten sind Beeinflussungen von 63

Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 163. In diese Richtung auch der „public Will of the Society“ von Locke, Two Treaties of Government, Chap. XIII, § 151, nachdem der Wille zum einen individuumsbezogen und zum anderen einheitlich und kollektiv ist, vgl. Schmittel, Der Wille des Volkes, S. 13 ff. 65 Nach Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 96 ist das Wir-Bewusstsein, auch wenn es den gleichen Mechanismen wie den übrigen Formen gehorcht, eher in kleinen Gruppen und verstärkt in solchen Gruppen, die dazu tendieren eine Gemeinschaft zu sein, anzutreffen. 66 Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 217, 308, 657. Für die Allgemeine Staatslehre hinsichtlich des Volkes Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 43. 67 Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 217. 68 Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 308; Esser, Soziologie, S. 406, 409. 69 Vgl. Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 309. 64

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Traditionen, Sitten, Legenden, Symbolen, Dichtungen, Musik oder Sprache. 70 Aber auch internationale Beziehungen und national überspannende Ereignisse können Einfluss auf die gesamte Gesellschaft haben. 71 Beispielhaft zeigt sich dies, wenn davon gesprochen, dass eine gesamte Nation oder Volk erfreut oder erschüttert ist. Insofern kann also festgehalten werden, dass zu der bloßen Summe der Einzelwillen noch ein anderer willensbestimmender Faktor hinzutritt, der dem Kollektiv eigentümlich ist. Gerade dieser Umstand ist es, der den überindividuellen Willen von der bloßen Summe der Individualwillen unterscheidet. Auch wenn mit der Vorstellung eines solchen Faktors nicht dessen abgetrennte Selbständigkeit begründet werden kann, wie es teilweise für das Volk als eigenständiger Willensträgers angenommen wurde, so ist doch die zumindest begriffliche Ähnlichkeit zu dem „Volksgeist“ von Kaufmann gegeben. (2) Phänomen des sog. „groupthink“ Ein weiteres Merkmal des überindividuellen Willens eines Kollektivs ist das Phänomen des sog. „groupthink“. 72 Es beschreibt die Tendenz, in Gruppen kollektiv riskante oder sogar falsche Entscheidungen zu treffen. Dabei findet eine kollektive Rationalisierung der Entscheidung statt, die einhergeht mit der Verdrängung von Zweifeln. 73 Jedem einzelnen Individuum wäre die Entscheidung in einem solchen Fall zu riskant, aber innerhalb einer Gruppe kann die Verantwortung diffundieren, so dass sich niemand allein verantwortlich fühlen muss. Gleichzeitig kann ein Konformitätsdruck zum Verschweigen und Bagatellisieren von Zweifeln führen. 74 Tendenziell tritt das Phänomen des „groupthink“ verstärkt in kleineren Gruppen mit überzeugungskräftigen Führern auf, jedoch kann es ebenso gut auf staatlicher Ebene vorkommen. 75 Auch dieses Phänomen zeigt, dass ein überindividueller Wille sich von den Einzelwillen unterscheiden kann und insofern als eigenständig, wenn auch existenziell angeknüpft, zu bewerten ist. Insbesondere zeigt es auch, in welche Richtung sich ein in dieser inhaltlichen Hinsicht eigenständiger, überindividueller Wille, getrieben durch Konformität und Risikoverteilung, zu bewegen vermag.

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Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 22. Berg-Schlosser / Stammen, Einführung in die Politikwissenschaft, S. 186. 72 Vgl. dazu allgemein Joas, Soziologie, S. 205 ff. 73 Joas, Soziologie, S. 205. 74 Joas, Soziologie, S. 205. 75 Vgl. Joas, Soziologie, S. 205, der als Beispiel für „groupthink“ die gescheiterte Schweinebuchtinvasion der USA 1961 anführt. Präsident Kennedy und seine Berater machten sich nur unzureichende Gedanken über einen Alternativplan und ignorierten widersprechende Informationen, um Geschlossenheit und Einigkeit zu bewahren. 71

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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2. Eigenschaften und Inhaltselemente überindividueller Willen Der überindividuelle Wille eines Kollektivs ist mit den Willen der involvierten Individuen verbunden und in seiner Existenz davon abhängig. 76 Gleichzeitig ist er aber auch von den Einzelwillen unterschiedlich und ein Mehr als die bloße Summe der Einzelwillen (sog. Übersummenprinzip). 77 So ist er zwar nicht im Wesen eigenständig, weil Träger eines so verstandenen überindividuellen Willens immer noch die einzelnen Individuen und nicht das Kollektiv als Gesamtheit sind. Gleichwohl ist er inhaltlich eigenständig, hervorgerufen durch die soeben beschriebenen sozialen Mechanismen. Durch diese inhaltliche Modifizierung kann er als die Summe der Einzelwillen, bereichert um ein Kollektivbewusstein, 78 verstanden werden. 79 Hinsichtlich des Verhältnisses der beiden Elemente ist davon auszugehen, dass die Summe der Einzelwillen sich für den letztendlichen überindividuellen Willen sehr viel stärker auswirkt, weil sie dessen Bildung erst initiiert. Hingegen wird das Kollektivbewusstein regelmäßig nur eine kleine Auswirkung haben. Ein so verstandener überindividueller Kollektivwille muss aber nicht dauerhaft präsent und abschließend gebildet vorliegen. Vielmehr kann er sich in einem ständigen dynamischen Prozess befinden, bei dem er sich immer wieder neu auf Situationen einstellen und formieren muss. 80 Auf das Beispiel des Volkswillens dargestellt bedeutet dies, dass er zu Beginn noch unklar und verschwommen ist und erst durch die Konfrontation mit einer Situation seine Artikulierung erfährt. Der Volkswille hat aus diesem Grund Antwortcharakter. 81 Ebenfalls am Beispiel des Volkswillens lassen sich die Wandlung von einem unbestimmten Potenzial zu einem artikulierbaren Willen im Rahmen eines Willensbildungsprozesses und die damit verbundenen Ähnlichkeiten zu der Willensbildung des Individuums aufzeigen. Der Volkswillensbildungsprozess findet in einem demokratischen Staatswesen „frei, offen und unreglementiert“ statt. 82 76

So auch Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 34, Rn. 4. Vgl. Smid, JuS 1986, 513 (513); Wundt, Grundriss der Psychologie, S. 384 f. 78 Der Begriff des Kollektivbewusstseins wird im Folgenden so verstanden, dass er auch das Phänomen des „groupthink“ enthält. 79 Für juristische Personen geht Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 164, davon aus, dass deren Gesamtwille durch eine Anzahl von Individualwillen und organisatorische Rechtssätze gebildet werde. 80 Vgl. für den Volkswillen Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 34, Rn. 4; Schmitt Glaeser, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 38, Rn. 28; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 369. 81 Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 34, Rn. 4; Kaufmann, in: Matz (Hrsg.), Grundprobleme der Demokratie, S. 26. Auch Vorkommnisse wie Demonstrationen oder gar Revolutionen, die bei wörtlicher Betrachtung nicht zwingend als Antwort eingeordnet werden können, kann man so verstehen. Sie sind die Antwort auf nicht gestellte, aber doch durch eine für das Volk erdrückende Sachlage vorhandene Fragen, die beantwortet werden müssen. 77

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Teilnehmen kann grundsätzlich jeder Bürger und jeder Gebietsansässige mit jeder Meinung und jedem Interesse, wodurch sich ein politischer „JedermannsWettbewerb“ entwickelt. 83 Grob kann dieses Geschehen in vier Phasen unterteilt werden: 84 Es beginnt mit einer „Orientierungsphase“, die für den Volkswillen mit seinem Antwortcharakter durch das Herantragen einer Frage – sei es nun ausdrücklich oder konkludent – gekennzeichnet ist. Der Volkswille wird also nicht von sich heraus initiativ tätig. Hierbei findet ein Informationsaustausch statt und es wird nach Lösungen gesucht. Es schließt sich die „Bewertungsphase“ an, in der die möglichen Handlungsalternativen bewertet werden. In der „Selekti82 BVerfGE 20, 56 (98). Gewährleistet wird dieser Willensbildungsprozess des Volkes durch eine rechtliche Flankierung. Im Hinblick auf die politische Einflussnahme im engeren Sinne ist die Möglichkeit der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zu nennen, vgl. zum Ausdruck des Volkswillens durch Wahlen Stern, Staatsrecht I, S. 305 ff.; Meyer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 45; Dreier, AöR 113 (1988), 450; ders., Jura 1997, 249; Leisner, Demokratie, S. 21 ff.; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 34, Rn. 26 ff.; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 43 ff.; Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hrsg.), GG, Art. 38, Rn. 1a; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 38, Rn. 51. Aber Artikulierungsmöglichkeiten des Volkswillens bestehen auch abseits der Wahlzeiten. Eine direkte Einflussmöglichkeit ergibt sich über den Volksentscheid und das Volksbegehren, vgl. Krause, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 35; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 34, Rn. 23; Ipsen, Staatsrecht I, Rn. 125 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 23 II 7; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 109 ff.; Schliesky, ZG 1999, 91; Danwitz, DÖV 1992, 601. Neben solchen unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten bestehen auch mittelbare Möglichkeiten. Zentral ist die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, vgl. zum Wert der Meinungsfreiheit für den Volkswillen Schmitt Glaeser, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 38, Rn. 11 ff.; Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 615 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 28; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 102 ff.; Kloepfer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 42; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 550 ff.; Wendt, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 5, Rn. 1 ff.; Gusy, NJW 2000, 977. Nicht umsonst spricht das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang von einem „die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlechthin verfassungsrechtlich konstituierenden“ Grundrecht, BVerfGE 62, 230 (247); 71, 206 (220); 76, 196 (208 f.). Dem tritt die Pressefreiheit, vgl. BVerfGE 50, 234 (239 f.); 52, 283 (296); 66, 116 (133); Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 615 ff.; Schmitt Glaeser, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 38, Rn. 11 ff.; Bullinger, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV 1, § 142; Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hrsg.), GG, Art. 5, Rn. 7; Kunig, Jura 1995, 589, und Informationsfreiheit, vgl. BVerfGE 27, 71 (81 f.); Schmidt-Jortzig, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV 1, § 141, Rn. 28 f.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 5, Rn. 14; Schmitt Glaeser, Jura 1987, 567; Lerche, Jura 1995, 561, des Art. 5 Abs. 1 S. 1, 2 GG ebenso bei wie die Versammlungsfreiheit, vgl. BVerfGE 69, 315 (347 ff.); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 8, Rn. 15 ff.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 8, Rn. 1; Stein / Frank, Staatsrecht, § 39 II; Kniesel, NJW 2000, 2857, des Art. 8 GG oder die Petition aus Art. 17 GG bei, vgl. Langenfeld, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 39; Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 509 ff.; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 995 ff.; Stein / Frank, Staatsrecht, § 54 I; Vitzhum / März, JZ 1985, 809. 83 Schmitt Glaeser, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 38, Rn. 28 ff. 84 Vgl. dazu Joas, Soziologie, S. 205. Für spontanes, kollektives Verhalten vgl. Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie Bd. 2, S. 525.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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onsphase“ werden die unerwünschten Alternativen ausgeschlossen und die als am besten erscheinende ausgewählt. Die Selektion tendiert dazu, rationale, von Nützlichkeitserwägungen geprägte und mit Bedacht getroffene Alternativen zu bevorzugen. In der abschließenden „Ausgleichsphase“ wird das soziale Gleichgewicht wiederhergestellt, das durch die zwingende Nichtberücksichtigung von in der Gruppe ebenfalls vorherrschenden Ansichten und die Anspannung des Entscheidungsprozesses entstanden ist. Auch beim überindividuellen Willen eines Kollektivs am Beispiel des Volks zeigt sich damit das phasisch-sequentielle Konzept der Volition. Zu modifizieren ist es mit einer Orientierungsphase, um dem Antwortcharakter des Volkswillens Rechnung zu tragen, und zu ergänzen um eine Ausgleichsphase, um die Vielschichtigkeit des Kollektivs abzubilden. a) Kritik von Kelsen an Grundannahme der Summe der Einzelwillen Die Kritik Kelsens an einer Betrachtung, die nicht nur juristische, sondern auch soziologische Aspekte beinhaltet, konnte schon dargestellt werden. 85 Er wendet sich darüber hinaus gegen die hier vertretene Ansicht, die Summe der Einzelwillen unterscheide sich von den isolierten Einzelwillen. Dies sei „eine fehlerhafte Hypostasierung einer gedanklichen Abstraktion und von der gleichen Art wie die unzulässige Annahme einer Massenseele, die auf einem Trugschluss beruht: Weil sich die Individuen in der Masse, d. h. unter den Bedingung gegenseitiger Einwirkung anders verhalten als im isolierten Zustand, muss Träger dieses andersartigen und gleichgerichteten Verhaltens der Individuen in der Masse die Masse selbst oder die ‚Massenseele‘, und diese Massenseele eine von den Seelen der Einzelindividuen verschiedene Seele sein. Aus einer Bedingung spezifischen Verhaltens der Individuen wird ein selbständiges Ding, aus einer spezifischen Funktion eine Substanz gemacht.“ 86 Die Vorstellung einer „Massenseele“ kann, wie schon unter obigen Prämissen dargelegt, nicht überzeugen und soll auch hier, und insofern mit Kelsen übereinstimmend, nicht weiter verfolgt werden. Trotzdem erscheint die Annahme eines überindividuellen Willens, der durch die Summe der Einzelwillen gebildet wird, und so zwar keine existenzielle, wohl aber eine inhaltliche Eigenständigkeit führt, geeignet, die Realität abzudecken. Wenn nun Kelsen dagegen einwendet, aus der spezifischen Funktion werde eine Substanz, so kann das nicht überzeugen. Dass im Zusammentreffen mehrerer Menschen und der daraus resultierenden Beeinflussung ihrer Willen eine Funktion des Willens liegt, erscheint nach dem oben Gesagten durchaus zutreffend. Daraus aber sogleich eine neue Substanz 85 86

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A. I. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

zu schaffen, erscheint zu weitgehend. An Kelsens Argumentation ist deshalb zu kritisieren, dass er seine Betrachtung sofort auf die weitestgehenste in dieser Frage zu vertretene Position richtet. Vielmehr hätte man die Substanz, die Willen der Einzelindividuen, unangetastet lassen können und stattdessen nur der Eigenbzw. Wesensart eine Veränderung zubilligen sollen. So verstanden würde aus der Formulierung „aus einer spezifischen Funktion [wird] eine Substanz gemacht“ die gemäßigtere und realistischere Fassung „aus einer sozialen Reaktion [wird] eine Eigenart gemacht“. Dass eine solche soziale Reaktion besteht, konnte schon dargelegt werden. 87 Die nötige Berücksichtigung hiervon ergibt sich durch den zwingenden Umstand, dass nun einmal der Wille auf den Menschen zurückzuführen ist und gerade nicht unabhängig vom Menschen gebildet werden kann. 88 Hierdurch ergibt sich ein Schnittpunkt zu soziologischen Erwägungen. Auch wenn sich Kelsen gegen die Andersartigkeit der Summe der Einzelwillen richtet, ist seine Argumentation vor allem an der Extremposition der Annahme eines existenziell eigenständigen, überindividuellen Willens ausgerichtet. Aber selbst bei einer Reduzierung seiner Kritik, kann sie die Summe der Einzelwillen als Ausgangspunkt der notwendigen Überlegungen nicht überzeugend widerlegen. b) Notwendigkeit der Einheitlichkeit überindividueller Willen eines Kollektivs Zu klären bleibt aber, ob für einen so verstandenen überindividuellen Willen, basierend auf der Summe der Einzelwillen, notwendige Voraussetzung ist, dass es sich hierbei um einen einheitlichen Willen handelt. Nach Kelsen können für einen Gesamtwillen „nur jene Menschen in Betracht kommen, die während der Zeit, für die das Phänomen des Gesamtwillens behauptet wird, tatsächlich und aktuell die inhaltlich gleichgerichtete Wollung aufweisen“. 89 Einzugehen ist also auf das allgemeine Problem, ob unterschiedliche Meinungsströme im Kollektiv, einen überindividuellen Willen, so wie er bis jetzt verstanden wurde, verhindern. Dieses konkretisiert sich vornehmlich am Beispiel des Staatsvolks, dort unter anderem hervorgerufen durch nationale Minderheiten. Durchaus möglich erscheint die Forderung, ein überindividueller Wille und damit auch ein Volkswille müsse wie der Wille des Individuums einheitlich sein, um überhaupt als Willen qualifiziert zu werden. 90 Zurückzuführen sind solche Tendenzen für das Staatsvolk auf das 87

Siehe oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.c. So auch Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 13, 267. 89 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 9. 90 Eine Tendenz für den Volkswillen als einheitlichen Volkswillen zeigen neben Kelsen, Allgemeine Staatslehre S. 9 auch Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 146 („von einem einzigen allgemeinen Willen beseelte Gemeinschaft aller Staatsangehörigen“) und Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 77 („relativ einheitlichen politischen Willens“). 88

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aus Art. 20 Abs. 2 GG folgende Prinzip der Volkssouveränität und den deshalb notwendigen Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Gewalt mittels einer Legitimationskette. 91 Wenn davon gesprochen wird, die staatliche Gewalt müsse auf „den Willen des Volkes“ 92 zurückzuführen sein, so gewinnt die Idee eines einheitlichen Volkswillens aufgrund der Wortwahl und des Effekts eines geschlossenen, monistischen Legitimationssystems an Vorschub. 93 Ein einheitlicher Volkswille im Speziellen und ein einheitlicher, überindividueller Willen von sozialen Gruppen im Allgemeinen kann aber ohne weitere hinzukommende Regelungen 94 allenfalls eine Fiktion sein. Das Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht und setzt geradezu die Pluralität der in der Bevölkerung befindlichen Willen voraus. Die Demokratie stellt sich gegen ein Prinzip der Einstimmigkeit, so dass auch der Volkswille als Ergebnis einer demokratischen Willensbildung nicht einheitlich sein kann. 95 Vielmehr ist der Demokratie das Mehrheitsprinzip immanent. 96 Vergleicht man die Situation mit dem phasisch-sequentiellen Konzept der Volition innerhalb der menschlichen Psyche, so fällt auf, dass auch dort immer eine Vielzahl von Wünschen vorhanden ist, die nicht alle gleichzeitig erfüllt werden können. 97 Ist es bei der Einzelperson noch die innere Wahl, welchem der vielen Wünsche nachgegangen werden soll, ist die Entscheidung für eine der im Volk herrschenden Meinungsströme analog dem Mehrheitsprinzip herbeiführbar. So kann der Volkswille sich nur als Bild verschiedener Willensmeinungen artikulieren. Hieraus den Schluss zu ziehen, dies würde, da alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, aber zu einem ebenso uneinheitlichen Staatswillen führen, ginge indes fehl. Denn wie diese Überlegung zeigt, kann durchaus zwischen Volks- und Staatswillen unterschieden werden. 98 Schon das Grundgesetz legt in den Art. 20 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 1 S. 1 nahe, zwischen der Staatswillensbildung und Volkswillensbildung zu unterscheiden. Es ist die Tätigkeit der Staatsorgane, die, primär legitimiert durch Wahlen i. S. d. Art. 38 Abs. 1 GG, den Volkswillen repräsentieren. So sind sie auch, wie Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zeigt, Repräsentanten des gesamten 91 BVerfGE 83, 60 (71 f.); 93, 37 (66); Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 10 ff; Schnapp, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 20, Rn. 20. 92 So z. B. BVerfGE 93, 37 (66). 93 Vgl. Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 159. 94 Vgl. deshalb die formalen Organisationen unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III. 95 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie), Rn. 72. 96 BVerfGE 29, 154 (165); Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 52 ff.; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 595; Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 322 ff.; Kaufmann, Europäische Integration und Demokratieprinzip, S. 74. 97 Vgl. oben 2. Kap. 1. Abschn. A. 98 Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 145; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 179 ff; Schmitt Glaeser, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 38, Rn. 33.

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Volks und damit auch des Volkswillens in seinem pluralistischen Meinungsbild. Erst ihre auf den Volkswillen zurückzuführenden Handlungen sind Ausdruck eines Staatswillens. Unter Beachtung dieser Überlegungen wird nicht von der Notwendigkeit eines einheitlichen Volkswillens ausgegangen werden können. Aber auch die Annahme einer Fiktion ist entbehrlich, denn sie verzeichnet die Wirklichkeit. 99 Stattdessen ist der Volkswille so zu akzeptieren, wie er sich darstellt: mehr als ein Meinungsspektrum als ein dem Individualwillen vergleichbarer Einheitswille. 100 Genau betrachtet ist selbst dieser Individualwille nicht in allen Phasen einheitlich. Dort war von einer Vielzahl von Wünschen auszugehen, zwischen denen abgewogen werden musste, 101 was sich mit der Vielzahl von Willensströmungen eines Volkes und dem Mehrheitsprinzip vergleichen lässt. Durch die Differenzierung von Volkswille und Staatswille, wobei Letzterer die weiterführende Konkretisierung des Ersten ist, kann die nur natürliche Pluralität des Volkswillens hingenommen werden. Es ist auch weitergehend zwischen Wille und der daraus resultierenden Willensäußerung zu unterscheiden. Auch wenn die Äußerung eines überindividuellen Willens eindeutig und klar erkennbar sein sollte, muss dies nicht auch zwangsläufig für die vorhergehende Bildung des Willens gelten. 102 So ist es eine oft fehlende Differenzierung zwischen Volks- und Staatswille, die dazu verleitet, einen einheitlichen Volkswillen zu fordern. Dies ist jedoch nicht notwendig. 3. Zusammenfassung Es ist möglich, zwischen überindividuellen Willen und den Willen eines Individuums zu unterscheiden. Überindividuelle Willen eines Kollektivs begründen ihre Existenz aus den Einzelwillen der teilhabenden Individuen. Dabei bedingen diese den überindividuellen Willen. Dieser ist aber in seinem Inhalt mehr als die Summe der Einzelwillen und davon verschieden, gleichsam überindividuell, dies aber nicht objektiv-real bezogen auf seine Existenz. Das soziale Miteinander bewirkt eine Veränderung der sich begegnenden Einzelwillen in qualitativer Hinsicht, wobei diese Veränderung im Vergleich zu den Einzelwillen auch eigenständig ist. Bezogen auf einen Volkswillen besteht dieser aus den Elementen der Summe der

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Vgl. Groß, Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, S. 168 f. Zu allgemeinen begrifflichen Anmerkungen vgl. Blanke, KJ 1988, 452 (458). Im Gegensatz zu Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 262, der die Bezeichnung „die pluralen Volkswillen“ wählt, soll hier „der plurale Volkswille“ behandelt werden. Genauso wie es nur ein Volk gibt, kann dieses eine Volk auch nur einen Willen bilden, der im Gegensatz zu einem einzelnen Menschen aber durchaus einen mehrschichtigen und pluralen Inhalt haben kann. 101 Vgl. oben 2. Kap. 1. Abschn. A. 102 Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 162. 100

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Einzelwillen und einem Kollektivbewusstsein. Nicht aber entsteht in quantitativer Hinsicht ein neuer realer Wille. III. Der Staatswille in formalen Organisationen Die Entscheidungen der Verwaltung, die einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zugrunde liegen, werden durch einen überindividuellen Willen gebildet. Bleibt man im Gefüge der bisher dargestellten Willensarten, liegt dieser Ausübung von Staatsgewalt der soeben schon angedeutete Staatswille 103 zugrunde. Im Gegensatz zum Volkswillen unterliegt der die Ausübung der Staatsgewalt lenkende Staatswille erheblich weitreichenderen Vorgaben im Hinblick auf den Inhalt des Willens und des Vorgangs der Willensbildung. Während das Volk als eine soziale Gruppe erscheint, ist die Staatsgewalt in die soziologische Kategorie der formalen Organisation eingebunden. 104 Zu untersuchen gilt es nun, wie sich der allgemeine überindividuelle Willen verhält, wenn er die Ausübung der Staatsgewalt lenkt und als Staatswillen das Produkt einer formalen Organisation darstellt. 1. Erscheinungsform des Staatswillens Der Staatswille kann, je nach Staatsform, verschiedene Elemente aufweisen. 105 In der Monarchie regiert ein Individuum. Demgemäß ist der Staatswille gleichzusetzen mit dem Willen des regierenden Einzelnen. Dieser Wille besteht und 103 Zu der Unterscheidung zwischen politischem und bürokratischem Staatswillen unten 2. Kap. 2. Abschn. A II.2. 104 Wie schon vorgetragen, ist entscheidendes Abgrenzungsmerkmal die Formalität der Zusammenkunft; vgl. auch oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II. Vgl. allgemein zu formalen Organisationen, Luhmann, Funktionen und Folgen formeller Organisation; Giddens, Soziologie, S. 311 ff.; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 99; Joas, Soziologie, S. 208 ff. Die Formalität sichert, im Gegensatz zu sozialen Gruppen im obigen Sinne, die Identität des Systems gegenüber wechselnden Personen und Orientierungsinhalten, Luhmann, Funktionen und Folgen formeller Organisation, S. 29. Diese Formalität lässt die sozialen Beziehungen planvoll, gezielt und organisiert nach allgemeinen und funktionalen Regeln ablaufen, Reinhold, Soziologie-Lexikon, S. 166. Eine formale Organisation besteht demgemäß aus einer Reihe von Individuen, deren Handlungen zur Erfüllung explizit formulierter Ziele präzise und zweckmäßig geplant sind, Giddens, Soziologie, S. 310 ff.; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 99; Joas, Soziologie, S. 208 ff. Dabei haben die relevanten Regeln eher rationalen Charakter. Eine formale Organisation kann somit das Mischgebilde, das in sozialen Gruppen zwischen Kür- und Wesenswillen besteht, noch weiter als die Gesellschaft in Richtung des Kürwillens verschieben. Innerhalb formaler Organisationen gibt es wiederum formelle und informelle, im obigen Sinne soziale, Gruppen, Giddens, Soziologie, S. 315; Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, S. 99; Luhmann, Funktionen und Folgen formeller Organisation, S. 283 ff. 105 Vgl. dazu Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 326; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 665 ff.

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bildet sich nach den oben beschriebenen Mechanismen. 106 Einziger Unterschied wäre, dass aus dem natürlichen Willen des Regierenden durch die Verfassung ein rechtlicher Wille wird. 107 Genau genommen kann man bei dieser Staatsform aber nicht mehr von einer formalen Organisation im hier verstandenen Sinne sprechen. Dadurch, dass eine Einzelperson den Staatswillen bildet, bedarf es regelmäßig keiner formalen Regeln mehr, die diese Willensbildung behandeln und für einen Ausgleich der einzelnen Teilnehmer am Willensbildungsprozess sorgen. Im Gegensatz zur Monarchie ist es in der Republik nicht nur ein Einzelner, der die Macht ausübt. Hier stehen sich verschiedene Individuen und Handlungseinheiten gegenüber. 108 Diese sind es, die durch die formalen Regeln der Organisation in Ausgleich gebracht werden müssen. In der bundesdeutschen Demokratie sind dies auf staatsrechtlicher Ebene vor allem das Parlament als einzig unmittelbar demokratisch legitimiertes Organ 109 und die Regierung 110, wobei es noch sehr viel mehr Beeinflussungen des Staatswillens vor allem in politischer Hinsicht gibt, z. B. durch Parteien 111, Verbände 112 oder Medien 113. Nicht weiter vertieft werden sollen hier die Möglichkeiten, sowohl die Willensbildung innerhalb der einzelnen beteiligten Institutionen, also Parlament und Regierung, weiter zu differenzieren und darzustellen, 114 als auch die Staatsform der Republik weiter zu unterteilen 115. Bleibt man bei dieser Charakterisierung des Staatswillens, handelt es sich inhaltlich um die Festlegung der grundsätzlichen politischen Richtungsvorgaben und zurückgehend auf das Gewaltenteilungsprinzip organisatorisch um die Funktionen der Legislative und Gubernative. 116 Deren Befugnisse und Interaktionen sind vielfältig geregelt, so vor allem im Grundgesetz (z. B. Art. 38 ff., 62 ff., 70 ff. 106

Vgl. oben 2. Kap. 1. Abschn. A. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 326. Vgl. für die Despotie G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 666. 108 Vgl. Gröschner, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 23; Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 343 ff.; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 710 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 162. 109 Vgl. dazu und zum einzelnen Abgeordneten BVerfGE 40, 296 (316); 56, 396 (405); Badura, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 25; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 609. 110 Ipsen, Staatsrecht I, Rn 417 ff.; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 29 ff.; Stein / Frank, Staatsrecht, § 9 I. 111 Katz, Staatsrecht, Rn. 268 ff.; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 671 ff.; Stein / Frank, Staatsrecht, § 10 I. 112 Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 78 ff.; Katz, Staatsrecht, Rn. 268 ff.; Frotscher, DVBl. 1985, 917; vgl. auch Schmidt, NJW 1984, 762. 113 Katz, Staatsrecht, Rn. 298. 114 Dazu nur Ermacora, Allgemeine Staatslehre II, S. 674 ff. Zwar scheinen Regierung und Parlament in der Realität oftmals unterschiedliche Meinungen zu haben, doch besteht auch nach Art. 63 Abs. 1 GG eine politische Homogenität zwischen beiden. Außerdem werden Willensentschlüsse zumindest nach außen einheitlich umgesetzt. 115 Dazu G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 667. 107

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GG) und in den jeweiligen Geschäftsordnungen. Diese Regelungen bewirken, dass der politische Staatswille durch eine formale Organisation gebildet wird. Der Staatswille kann neben dieser politischen durch eine bürokratische Komponente gebildet werden. 117 Während der politische Staatswille der Legislative und Gubernative zugeordnet ist, wird der bürokratische Staatswille bzw. Verwaltungswille von der Administrative gebildet. 118 Nach Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Hs. 2 GG handelt es sich bei der zweiten Gewalt um eine „vollziehende“ Gewalt. Das Tätigwerden der Verwaltung ist ein Tätigwerden nach Vorgaben. Dies hat zur Folge, dass der bürokratische Staatswille bzw. Verwaltungswille im Gegensatz zum politischen Staatswillen nicht umfassend eigeninitiativ und frei tätig wird, sondern dem politischen Staatswillen nachgeschaltet ist, um dessen Willensentscheidungen umzusetzen. 119 a) Organismustheorien Im Gegensatz zu der lockeren Überlegung einer „Volksseele“, einem objektiv erfassbaren Sinnesgebilde, dass den Willen des Volkes bildet und gleichzeitig davon in seiner Existenz losgelöst ist, wurden für den Staat und dementsprechend auch Staatswillen solche Überlegungen ausgeprägter vorgenommen. 120 In der Romantik wurde begonnen den Staat als lebendigen, eigenständigen Organismus zu verstehen, der Träger eigener Werte und sittlicher Aufgaben ist. Schon Fichte begann 1796 den Staat als organisiertes und organisierendes Ganzes anzusehen und verglich ihn mit einem Baum, bei dem jedes der Teile auf die anderen Teile angewiesen war. 121 Später war es vor allem 122 Otto von Gierke, der durch seine Arbeiten die Organismustheorie für den Staat vorantrieb. Anfangs begann er seine Überlegungen zu der Rechtsform der Genossenschaft. 123 Später übertrug er 116

Vgl. zu der Unterteilung der Exekutive in Gubernative und Administrative Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67. 117 Diese Differenzierung geht auf Badura, Staatsrecht, Rn. D 6 zurück. Vgl. auch Isensee, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), HdVerfR, § 32, Rn. 20 ff. 118 Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie, S. 69 f. zählt zum bürokratischen Staatswillen auch die Judikative, weil sie ebenso wie die Administrative dem Vollzug der von der Legislative erlassenen Gesetze dient. Im Folgenden soll der Wille und die Willensbildung in der Judikative aber ausgeklammert werden; vgl. dazu Ermacora, Allgemeine Staatslehre II, S. 697 f. 119 Vgl. BVerfGE 83, 60 (72); Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie, S. 69 f. 120 Vgl. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 29 ff.; 103 f.; Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, S. 89 ff.; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 148 ff.; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 148 ff.; Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 10 ff.; Kimminich, in: Esterbauer / Kalkbrenner / Mattmüller / Roemheld, (Hrsg.), FS Gasser, S. 319 ff. 121 Fichte, Naturrecht, § 17. 122 Vgl. auch Schelling, Ideen zu einer Philosophie der Natur. 123 von Gierke, Die Genossenschaftstheorie.

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sie auch auf den Staat. 124 Der Staat bilde die umfassendste Genossenschaft der Rechtsordnung, die alle Angehörigen des Staates in sich aufnehme. 125 Von Gierke stellte sich damit gegen die in der Romantik herrschende Fiktionstheorie, die nur dem Menschen Rechtspersönlichkeit zusprach und diese über eine rechtliche Fiktion den menschlichen Verbänden zuerkannte. 126 Das damit zu Tage getretene Verständnis geht von der Organisation als Ganzes aus, dem sich das Einzelleben eingliedert. 127 Das letztendliche reale Substrat des Organismus liegt in einem transpersonalen psychischen Tatbestand, der den überindividuellen Zusammenhang herstellt. 128 Auch hier ist es erneut Kelsen, der sich gegen diese Position wendet. So wirft er die Frage auf, ob es nicht, wenn der Staatsorganismus einen Willen habe, auch ein Fühlen und Denken des Staates geben müsste. 129 Auch fragt er rhetorisch nach dem Körper in dem der Staatsorganismus lebe und welches Geschlecht er habe. 130 So sehr solche Überlegungen auch zum Zweifeln anregen mögen, sie scheinen aber auch überspitzt. Es erscheint eher unwahrscheinlich, dass von Gierke sich überhaupt in einer derart angreifbaren Weise verstanden haben wollte. Auch wenn er sein Anliegen in einem metaphorischen Sinne vorgetragen hat, so können durchaus Vergleiche zu den obigen Ansätzen der Überindividualität gezogen werden. 131 Trotzdem soll aber auch hier keine Wiederbelebung der Organismustheorien vorangetrieben werden. Ein realer, überindividueller Staatswille lässt sich empirisch nicht beweisen. 132 Dies liegt auch schon daran, dass ein betreffender Organismusbegriff nur schwerlich definiert werden kann. 133 Die Grenze einer solchen Sichtweise findet sich schließlich in ihrem Nutzen. Eine bildhafte Darstellung des Staates als Organismus mag gewisse Zusammenspiele und Mechanismen anschaulich darstellen, darüber hinaus kommt ihr aber, gerade wegen ihrer fehlenden empirischen Beweisbarkeit, kein Nutzen zu. So kann dann eine Organismustheorie auch schwer erklären, welchen Regeln die Willensbildung eines realen staatlichen Organismus unterworfen sein soll. Letztendlich muss dafür wieder auf die einzig 124

von Gierke, ZgS 30 (1874), 265 (304 ff.). von Gierke, Die Genossenschaftstheorie, S. 152 f. 126 Mertens, JuS 1971, 508 (510). Vgl. auch Pauly, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 25 (28). 127 von Gierke, Das Wesen der menschlichen Verbände, S. 13. 128 von Gierke, Das Wesen der menschlichen Verbände, S. 24 ff. 129 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 10. 130 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 11. 131 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. III.1.a. 132 Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 31. 133 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 151. 125

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bekannten Regeln der menschlichen Willensbildung zurückgegriffen werden, die aber aufgrund der formalen Organisation der Staatsgewalt gerade keine sachgetreuen Ergebnisse liefern. Somit bleibt eine Organismustheorie ein anschauliches Bild, jedoch ohne Erkenntniswert. b) Staatswille nach Hans Kelsen Kelsens Auseinandersetzung mit einem möglichen Staatswillen erschöpft sich nicht in der dargestellten Kritik an den Organismustheorien. Auf der Grundlage seiner Abneigung gegenüber soziologischen Ansätzen 134 kommt er zu einem eigenen Ansatz eines Staatswillens. In diesem werden darüber hinaus jegliche Bezugnahme auf psychologische Betrachtungen abgelehnt. So sieht Kelsen den Grundfehler der diesbezüglichen Staatstheorie im „Streben, den Staatswillen als psychischen Vorgang – sei es nun als Tatsache der Individual- oder Sozialpsychologie – nachzuweisen“. 135 Vielmehr ist grundlegender Pfeiler seiner Überlegungen die Zurechnung. 136 Speziell für die staatliche Ebene sei nun, dass die Zurechnung nicht zu einer anderen natürlichen Person stattfinde, sondern gerade zum Staat. Die maßgebliche Zurechnung liegt vor, „wenn gewisse Handlungen bestimmter Personen nicht als Handlungen dieser Personen, sondern als einer anderen, von ihnen verschiedener gelten“. 137 „Vielmehr vereinigen sich alle Zurechnungslinien in einem gemeinsamen, außerhalb des jedes physischen Subjektes gedachten Punkte. Die Individuen, bei denen eine derartige Zurechnung stattfindet, sind die Staatsorgane und der gemeinsame Treffpunkt aller Zurechnungslinien, die von den als Organhandlungen qualifizierten Tatbeständen ausgehen, ist der Staatswille.“ 138 Der Staat ist, bedingt durch ein Fehlen einer höheren Institution, Endpunkt der Zurechnung. 139 Zweiter entscheidender Aspekt ist der Umfang der Zurechnung. Dies bestimme sich nach den Normen, wobei die inhaltlichen, objektiven Sollens-Sätze maßgeblich seien. 140 So ist das „Wollen des Staates nur das Sollen seiner Ordnung [...], 134 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A. I. Vgl. auch Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 166 ff., insbesondere S. 169. 135 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 177. 136 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 52 f.; 267 ff.; ders., Hauptprobleme, S. 183, vgl. auch S. 145. 137 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 183. 138 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 183. 139 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 71. Aus dieser Qualifikation als Endpunkt der Zurechnung, der den Staat seine Geltung von keinem höheren Willen ableitet, leitet Kelsen auch die Bedeutung der Souveränität ab. 140 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 183 f. Diesem Teil seiner Überlegungen weist Kelsen in seinem später erscheinenden Werk ders., Staatslehre, S. 52 f.; 97, 320, gegenüber der Zurechnung einen größeren Anteil zu.

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der Staatswille nur ein Bild für das einheitliche System von Normen [...], das die staatliche Ordnung bildet“. 141 Im Ergebnis führt das dazu, das „im Gesetz die Regel zu finden ist, nach der die Zurechnung zum Staate stattfindet“ 142, also „das Gesetz den Willen des Staates enthält“ 143. Hierin drückt sich auch der Vorbehalt Kelsens gegen eine psychologische Vorgehensweise aus, die, im Gegensatz zu seinem „Sollens“ Charakter des aus dem Gesetz resultierenden Staatswillens, maßgeblich auf den Zustand des „Seins“ abstellen würde. 144 Geht man aber zeitlich zurück, stellt sich die Frage nach dem Beginn des Staates. 145 In dieser Hinsicht kann in ähnlicher Überspitzung wie bei den Organismustheorien nachgefragt werden, wie sich ein staatlicher Wille schon gebildet haben kann, wenn der Erlass der ersten Gesetze noch ansteht? Gegenläufig ist zu fragen, woher ein staatlicher Wille kommt, wenn es noch keine Gesetz gibt, die nach dem dargestellten Ansatz, für die Zurechnung und den staatlichen Willen nötig sind. 146 Auch die von Kelsen vertretene Ansicht, Grundfehler sei das Streben, den Staatswillen als psychischen Vorgang nachzuweisen, erscheint zweifelhaft. Kelsen selbst erkennt an, dass jeglicher Wille von Menschen zur Verfügung gestellt wird und dass jegliches staatliche Handeln auf einen menschlichen Willen zurückführbar ist. 147 Und dies entspricht auch der Realität dessen, was tatsächlich geschieht. Auch gesetzliche Normen sind nur Ausdruck eines menschlichen Willens. Betrachtet man nicht die Normen als Ausdruck eines – wie auch immer gearteten Staatswillens –, sondern die hinter den Normen stehenden Mechanismen, sind es erneut menschliche Willen, die maßgeblich sind. Normen sind im Rechtsstaat lediglich die äußere Form, in denen sich die (menschlichen) Willen derjenigen Personen, die im staatlichen Aufbau an Entscheidungspositionen sitzen, einfügen müssen, damit sie rechtsstaatlichen Maßstäben genügen. 148 Das ändert aber nichts 141

Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 320. Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 184. 143 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 183. 144 Vgl. Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 113. 145 Dass solche Momente auch in heutiger Zeit noch vorkommen, ist durch die Neuorientierung der Oststaaten deutlich geworden. 146 Dass es freilich kaum einen, wenn auch neu gegründeten, Staat gibt, in dem keine Gesetze vorhanden sind, ist anzunehmen. Aber auch bei der Übernahme schon bestehender Gesetze eines ursprünglichen Staates durch seinen Nachfolger, stellt sich die gleiche Frage, diesmal nur bezogen auf den Übernahme- und nicht Erlassensakt. 147 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 267, 13. In diesem Sinne sind auch andere Aussagen von Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 176, nach denen die Gesetze als maßgeblichen Staatswillen anzusehen sind, zutreffend. Es wird sich nur zeigen, dass eine bloße Charakterisierung als Staatswillen den Anforderungen nicht gerecht werden kann und eine stärkere Differenzierung und Zuordnung anhand der einzelnen Funktion staatlicher Stellen passender ist. Vgl. zur Differenzierung zwischen politischen Staatswillen und bürokratischen Staatswillen unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 142

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daran, dass es immer noch menschliche Willen sind, die damit zum Ausdruck gebracht werden. Daneben gibt es in neuerer Zeit Situationen, in denen das Bestehen einer Norm, die den betreffenden Sachverhalt regeln soll, zumindest stark umstritten ist. Verwiesen sei nur auf das Beispiel staatlicher Warnungsfälle, in denen das Fehlen den Sachverhalt regelnder Normen oftmals gerade das Problem ist. 149 Aber gerade in solchen Fällen spiegelt das in Frage stehenden Verhalten in besonderem Umfang den staatlichen Willen wieder. Selbst wenn man bei solchen Warnungssachverhalten zum Schluss käme, eine unmittelbar regelnde staatliche Norm bestünde nicht, könnte man nicht ernsthaft das Vorliegen eines Staatswillen leugnen. Das Verlangen, den Staatswillen aus dem „objektiven Sollen der Normen“ 150 herauszubilden ohne einen Rückgriff auf einen „psychischen Vorgang“ 151, begegnet einem weiteren Problem, das Kelsen selbst an anderer Stelle aufwirft. Das Bestehen eines objektiven Staatswillens soll unmöglich sein, wenn sich darin lediglich subjektive Elemente vereinen. 152 Wie schon dargestellt ist aber, wenn man zum Kern zurückgeht, auch jede Norm eine subjektive Entscheidung der beteiligten Personen. Am deutlichsten wird dies für die Abgeordneten in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, die lediglich an ihr Gewissen gebunden sind. Wenn aber allein dies maßgeblich ist für den Erlass von Gesetzen, muss auch die Forderung Kelsens nach dem Sollens-Charakter des Staatswillens in Frage gestellt werden. Auch wenn die Gesetze einen Sollens-Satz beinhalten, so entstehen sie doch nur aufgrund der Entscheidung der Abgeordneten. Und diese Entscheidung hat gerade keinen Sollens-Charakter, sie kann lediglich so, wie sie tatsächlich getroffen wird, beobachtet und bewertet werden.

148 Ganz deutlich zeigt sich dies durch die rechtsstaatlichen Erfordernisse der Rechtssicherheit (Verlässlichkeit der Rechtsordnung) und Bestimmtheit von Normen; vgl. SchmidtAßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 81, 85. 149 Vgl. BVerfGE 102, 252; 105, 279. Und auch hier ist die Frage, ob der Warnende als staatliches Organ oder Privatperson gehandelt hat, durchaus zu thematisieren. 150 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 53. 151 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 177. 152 Vgl. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 14, 267, der das Problem mit den Worten: „durch keine noch so intensive Verbindung von subjektiven Elementen kann ein objektives entstehen“ beschreibt.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

c) Staatlicher Wille 153 nach Niklas Luhmann Die Arbeiten Luhmanns zum staatlichen Willen beruhen hauptsächlich auf systemtheoretischen Ansätzen. Als Ausgangspunkt einer Systemtheorie kann Max Weber angesehen werden, der die Soziologie als eine verstehende Handlungswissenschaft im Zeitalter allgegenwärtiger Rationalisierungsbestreben begreifen wollte. 154 Bei diesem Prozess haben sich verschiedene Ansätze einer Systemtheorie herausgebildet. 155 Unter „System“ kann dabei eine Menge von Elementen und die Menge der zwischen diesen Elementen herrschenden Relationen und die Zusammenfassung all dieser Bestandteile unter ein einheitliches Konstrukt verstanden werden. 156 Noch allgemeiner wäre es, lediglich auf einen Zusammenhang verschiedener, sich gegenseitig beeinflussender Faktoren, abzustellen. 157 Die 153 Wenn im Gegensatz zu Kelsen hier von „staatlichem Willen“ gesprochen wird, so hat das seinen Grund darin, dass Luhmann seine Überlegungen auf jegliche Art staatlicher Willensbildung versteht. Zu den Unterschieden des systemtheoretischen Verständnisses von Luhmann im Vergleich zu den vor allem angloamerikanisch geprägten systemtheoretischen Verständnissen der Politischen Wissenschaft, vgl. Hufen, AöR 100 (1975), 193 (210 ff.). 154 Krawietz, in: ders. / Mayer-Maly / Weinberger (Hrsg.), GS Tammelo, S. 723 (727); Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 26 f. Vgl. allgemein zu Systemtheorien Damm, Systemtheorie und Recht, S. 81 ff.; Kaufmann, Jura 1993, 239 (239); ders. / Hassemer, Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 371; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 760 ff.; für die Verwaltungswissenschaft Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 63 ff. Auch schon vorher war der Systemgedanke als „Abbildungsmodell“ und „Denk-Analyse-Methode“ durchaus verwendet worden. So haben sich auch schon seit dem 17. Jahrhundert Leibniz, Kant, Hegel, Hobbes und Locke einem System-Verständnis und damit dem Streben, komplexe und unüberschaubare Vorgänge in übersichtliche Teile und allgemeine Beziehungen zueinander zu zerlegen, hingegeben, vgl. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 78 f. Später waren es dann vor allem naturwissenschaftliche Überlegungen, die die Systemtheorie inhaltlich ausgestaltet haben. Ausgehend von der Biologie und Physik wurden geschlossene und offene Systeme entwickelt, wobei geschlossene Systeme vor allem in der Physik, offene hingegen vor allem in der Biologie als lebende Systeme erscheinen. Für offene Systeme sind drei Elemente charakteristisch: das System, die System-Umwelt und die Austauschbeziehungen. Ein solches System erreicht eine gewisse „Lernfähigkeit“ durch FeedbackInformationen und deren Verarbeitung im System, vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.a. 155 So kann unterschieden werden zwischen einer allgemeinen Systemtheorie (General Systems Theory), kybernetischen Systemtheorien, Input-Output Modellen, strukturell-funktionalen und funktional-strukturellen Systemtheorien und Theorien der Selbststeuerung von Systemen (Autopoiesis). Vgl. dazu Kaufmann / Hassemer, Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 375 ff.; Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 26 ff.; Krawietz, Rechtstheorie Beiheft 10, S. 281 (281 ff.). Für eine verstärkte Zusammenarbeit von Rechts- und Systemtheorie tritt Krawietz, in: ders. / Mayer-Maly / Weinberger (Hrsg.), GS Tammelo, S. 723 (740); ders., Rechtstheorie Beiheft 10, S. 281 (195) ein. 156 Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 760; Klaus / Liebscher (Hrsg.), Wörterbuch der Kybernetik, Bd. 2, S. 800 ff. 157 Hufen, AöR 100 (1975), 193 (198) m.w. N. zu Systembegriffen.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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zwischen den beteiligten Elementen herrschenden Relationen stellen die Struktur des Systems dar. 158 Erbrachte Leistung einer Systemtheorie ist eine Ordnungsund Strukturierungsleistung, wobei sich diese Leistung in der komplexen Gesellschaft auch auf einzelne Teilausschnitte begrenzen kann. 159 Alle vorhandenen Systeme und Untersysteme beeinflussen sich gegenseitig, haben aber auch das Ziel, sich stabil zu halten. 160 Allgemein dient das Recht in solchen Systemen der Systemerhaltung und -anpassung an neue Situationen. 161 So kann möglicher Funktionsbereich einer Systemtheorie auch der Versuch sein, das Verhältnis von Gesellschaft und Staat zu beschreiben. Auf dieser systemtheoretischen Grundlage kommt Luhmann zu einem eigenständigen staatlichen Willensverständnis. Dabei ist er der Meinung, Überlegungen zum Willen würden an der bislang nicht gelösten Verbindung zum „psychischen Substrat“ leiden. 162 Verstünde man den Staat als formales System, in dem die Individuen lediglich zur Arbeitserfüllung eingebunden sind, so könne der Rückgriff auf die für das Individuum typischen Willensmomente nicht überzeugen. Entscheidendes Gewicht müsse stattdessen die formale Ordnung einnehmen. Würde man dennoch auf den Willensbegriff zurückgreifen, so führte diese zu einer „kaum verstandenen Analogie“. 163 Grundlegend solle der staatliche Willensbegriff nicht auf einer handlungstheoretischen, 164 sondern auf einer systemtheoretischen Ebene angesiedelt sein. 165 Wie Luhmann selbst zugestehen muss, führt dies aber zu einer Bedeutung des Willensbegriffs, die mit seinem eigentlichen Verständnis nur noch wenig gemein hat. 166 Maßgeblich sei stattdessen die jeder Systembetrachtung

158 Kaufmann / Hassemer, Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 372; Smid, JuS 1986, 513 (513); Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 760. 159 Nach Smid, JuS 1986, 513 (513) kann als Beispiel ein Unterschied in den erbrachten Funktion des politischen Systems zu dem der Wirtschaft oder Verwaltung liegen. 160 Naucke, Rechtsphilosophie, Rn. 229; Smid, JuS 1986, 513 (513); Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 760. 161 Naucke, Rechtsphilosophie, Rn. 229, 232 („Recht ist nur eine stabilisierende Sozialtechnik“). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass auch das Recht als solches wiederum als ein System angesehen werden kann, vgl. dazu Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 416 ff. 162 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 32. 163 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 32. 164 Ein handlungstheoretischer Ansatz beginnt bei der Richtigkeit des Handelns im Hinblick auf den Zweck. Begutachtet werden kann ein einzelner Mensch und die von ihm verfolgten Handlungszwecke, vgl. Kaufmann / Hassemer, Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 373 f. Im Gegensatz zu Systemtheorien können handlungstheoretische Ansätze aber nicht den übergreifenden Zusammenhang zwischen verschiedenen Systemen oder Untersystemen beschreiben, sondern nur das den Handlungszweck verfolgende Individuum. 165 Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 51.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

immanente Außen- / Innendifferenzierung und Prozesse der Informationsverarbeitung. 167 „Als Wille wäre dann ein bestimmter Aspekt des Entscheidens zu bezeichnen, nämlich der Umstand, dass die Entscheidung sich in gewissem Umfange auf Informationen aus dem systemeigenen Gedächtnis statt auf Informationen unmittelbar aus der Umwelt stützt.“ 168 Notwendige Voraussetzung für einen so verstandenen Willen sei die Fähigkeit des Systems, Informationen zu speichern, um sie in späteren Willensbildungsprozessen umweltunabhängig zu verwenden, wobei gerade die Verwendung von internen Informationen Bedingung für eine eigene Willensentscheidung ist. 169 Luhmann bezeichnet den Willen folglich auch als „Verdrängung externer durch interner Informationen“. 170 Die Überlegungen Luhmanns in seinen jeweils im Jahre 1966 erschienenen Abhandlungen „Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung“ und „Theorie der Verwaltungswissenschaft“ sind spürbar von dem Bedürfnis geprägt, die aufkommende Technisierung in das Verwaltungshandeln zu integrieren. Zu kritisieren hieran ist aber, dass zu sehr auf die Einbindung technischer Abläufe geachtet wird und weniger auf das Vorhandensein von Menschen in der Verwaltung. Zugegebenermaßen ist der Weg vom Betrieb einer technischen Anlage zur Verwendung einer Systemtheorie, die auf die Verarbeitung interner Informationen abstellt, nicht allzu weit. Betrachtet man aber die schon vorhandenen Amtswalter, so lässt sich feststellen, dass diese bei ihrer Tätigkeit auch auf schon bestehende Erfahrungen zurückgreifen, dies aber ihre persönlichen sind und weniger „Erfahrungen im System“. Nicht übersehen werden darf auch, dass Situationen denkbar sind, in denen ein Amtswalter mit einem noch nie erfahrenen Sachverhalt konfrontiert wird, zu dem bisher keine Erfahrungen gesammelt werden konnten und zu dem auch rechtlich keine Vorgaben bestehen. Hier ist ein interner Informationsvorsprung nicht erreichbar und trotzdem ein Regelungsbedürfnis vorhanden. In solchen – zumindest gedanklich möglichen – Fällen trifft der Amtswalter dennoch eine Entscheidung und diese wird in aller Regel, gerade mangels anderer vorhandener Kriterien, wesentlich durch dessen Willen geprägt sein. Systemtheoretische Ansätze sind – vielfach auch durch ihren allgemeinen Charakter – in der Lage, Sachverhalte und gängige Verfahren zu abstrahieren und zu systematisieren. Auch im Rahmen des politischen Staatswillens wird bei der 166 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 32. Vgl. auch unten 2. Kap 2. Abschn. B.II.4. 167 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 32. 168 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 32 f., der sich im Bezug auf die Entwicklung auf Deutsch, The Nerves of Gouvernment, S. 105 ff. bezieht. 169 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 33. 170 Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 33.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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Frage des Willensbildungsprozesses oftmals auf Systemtheorien zurückgegriffen. 171 Geht es jedoch um das Wesen eines Staatswillens erscheint das ledigliche Abstellen auf eine Differenz von Innen- und Außeninformationen ohne dabei den – zwangsläufig notwendigen – Menschen zu berücksichtigen, der nicht nach technischen Systemabläufen entscheidet, sondern dem oben beschriebenen Willensmomenten, bei aller Objektivität, die man staatlichem Handeln zusprechen möchte und muss, nicht sachgerecht. 172 d) Grundlage in Summe der Einzelwillen Es bleibt somit wieder die Summe der Einzelwillen als Grundlage für einen überindividuellen Willen in Form des Staatswillens. Auch hier ist zu fragen, ob sich der Staatswille in der bloßen Summierung erschöpft oder noch ein „Mehr“ hinzukommt. Auch formale Organisationen sind soziale Gruppen i. w. S., wobei ihr Unterschied in der Formalisierung der Handlungen und Interaktionen der Gruppenmitglieder untereinander und nach außen liegt. 173 Hinzu kommt, dass in einer formalen Organisation auch zusätzlich in abgestufter Form soziale Gruppen bestehen. 174 Abseits der formalen Regelungen existieren soziale Gruppen, in der auch die oben beschriebenen Merkmale des Kollektivbewussteins bestehen. 175 So kann auch der Staatswille als die Summe der Einzelwillen der beteiligten Individuen mit dem Zusatz des Kollektivbewussteins verstanden werden. Anzumerken ist lediglich, dass die Menge der die Summe der Einzelwillen bildenden Individuen je nach Sachfrage schwanken kann. Dies kann an der formalen Organisation liegen, die eine Auswahl an den zu beteiligenden Individuen innerhalb der formalen Organisation trifft. 176 Darüber hinaus erschöpft sich das „Mehr“ nicht im Kollektivbewusstein. Ansonsten würde der Unterschied zwischen sozialen Gruppen und formalen Organisationen verwischen. Hinzugefügt werden muss noch die Beeinflussung, die durch den formalen Organisationsaufbau entsteht.

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Vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.a. So auch Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 81. 173 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III. 174 Vgl. oben 2. Kap., Fn. 104. 175 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.c. Tatsächlich ist das dort gegebene Beispiel zum sog. „groupthink“ in einer formalen Organisation angesiedelt. 176 Ein Beispiel dafür wäre auf Regierungsebene das Ressortprinzip des Art. 65 S. 2 GG. Jedem Minister und seinem Ministerium ist ein bestimmter Sachbereich zur eigenverantwortlichen Erledigung zugewiesen. Auf Parlamentsebene ließen sich die Ausschüsse nach §§ 54 ff. GOBT anführen. Vgl. zum Einfluss der parlamentarischen Ausschüsse auf den Staatswillen Ermacora, Allgemeine Staatslehre II, S. 689. 172

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

2. Eigenschaften und Inhaltselemente des Staatswillens (und Verwaltungswillens) Der Staatswille setzt sich aus der Summe der beteiligten Einzelwillen 177, einem Kollektivbewusstein und im Gegensatz zu sozialen Gruppen zusätzlich formalen Ordnungsregeln zusammen. 178 Zum Verhältnis des Kollektivbewussteins und den beteiligten Einzelwillen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. 179 Entscheidendes Moment kommt den beteiligten Einzelwillen zu. Die formalen Ordnungsregeln haben zwar die Macht, den möglichen Willensinhalt zu beeinflussen, dies wegen ihres Formalcharakters allerdings nur sehr begrenzt. 180 Diese nicht allumfassenden Inhaltsvorgaben sind auch Eigenart des politischen Staatswillens. Er setzt die Eckpunkte der staatlichen Willensbildung. 181 Nach Art. 20 Abs. 3 Hs. 1 GG tritt dabei aber eine negative Begrenzung durch die verfassungsmäßige Ordnung ein. Der politische Staatswille – exemplarisch in Form der Legislative – ist durch einen Vorbehalt der Verfassung beschränkt. 182 Durch die Bezugnahme auf die Verfassung werden dem politischen Staatswillen zusätzlich zu den drei obigen Merkmalen materielle Handlungsgrenzen auferlegt. Bei der politischen Staatswillensbildung sind die Verfassungsaussagen zu achten. 183 Hierdurch gewinnt das Verhältnis des politischen Staatswillens zu dem Volkswillen an Konturen. Während der Volkswille durchaus uneinheitlich sein kann, ist 177 Vgl. zu den Willen der Staatsorgane Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 172. 178 So, zumindest für die Summe der Einzelwillen mit formalen Ordnungsregeln, auch Wolff, Organschaft und Juristische Person Bd. 1, S. 164; „das Fehlen eines „Gemeinwillens“ als „eines eigenen Willens der Juristischen Person“ wird durch eine Anzahl von Individualwillen und von Rechtssätzen ersetzt, welche man als Organisation bezeichnet.“ 179 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.2. 180 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang erneut auf die vor allem formellen Vorschriften des GG und den Geschäftsordnungen der betreffenden Gebilde. 181 Vgl. z. B. ausdrücklich Art. 65 S. 1 GG. 182 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat); Rn. 81 ff.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 249 ff.; Herzog, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Art. 20 VI, Rn. 1 ff.; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 83; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 29; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 32. Dass die Bezugnahme auf den Verfassungsvorrang nur eine verallgemeinernde Aussage sein kann, liegt freilich auf der Hand. So gibt es auch viele Situationen, in denen die Gubernative weitergehende materielle Handlungsregeln zu achten hat. Im Rahmen einer ebenso allgemeinen Beschreibung des politischen Staatswillens vermag sie aber die wesentlichen Strukturen zutreffend zu skizzieren. 183 Genau genommen kann dabei noch unterschieden werden zwischen dem auf das einfache Gesetz bezogenen Staatswillen und dem verfassungsändernden Staatswillen. Für ersteren sind beispielsweise die Grundrechte als negative Kompetenzschranken zu beachten, für letzteren hingegen lediglich die Aussage des Art. 79 Abs. 3 GG, vgl. Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 73 ff.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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der Staatswille einheitlich. 184 Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Ausgangspunkt ist also der Volkswille. Dieser wird durch die formale Organisation „Staat“ vereinheitlicht. Die Umwandlung des uneinheitlichen Volkswillens in einen einheitlichen Staatswillen macht den Staat handlungsfähig und sichert gleichzeitig die vom Volk ausgehende Legitimation. 185 Die Tätigkeit der Staatsorgane kann als Repräsentation des Volkswillens angesehen werden und dies wiederum als Staatswille. 186 Zutreffend stellt Uhlenbrock klar: „Das Volk ist daher nicht bloßes Organ eines staatlichen Willens, sondern umgekehrt ist der Staat eine Selbstorganisation des Staates zur einheitlichen Willensbildung und -betätigung“. 187 Während der Volkswille nur subjektive Elemente (Summe der Einzelwillen und Kollektivbewusstein) enthält, beinhaltet der Staatswille hingegen auch objektive Elemente (formale Ordnungsregeln und materielle Handlungsgrenzen), obwohl beide vom menschlichen Willen, also subjektiv, getragen werden. Dies resultiert

184 Diese Einheitlichkeit gilt zumindest für einen Staatswillen i. e. S. Selbstverständlich können auch voneinander unabhängige Staatsorgane verschiedene Willen nach außen tragen. Die Regierung oder das Parlament treffen aber Entscheidungen oder Beschlüsse, die zumindest nach außen Einheitlichkeit darstellen, während beispielsweise die Parlamentswahl des Volks keinesfalls einheitlich erscheint. 185 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 246 f. 186 Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 145. 187 Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, S. 168. Man könnte nun überlegen, ob nicht auch diese Beeinflussung durch den Volkswillen zur Zusammensetzung des politischen Staatswillens gehört, also in einer Reihe mit den obigen Elementen genannt werden muss. Die Beeinflussung durch den Volkswillen stellt aber eine inhaltliche Komponente dar, hingegen sind Kollektivbewusstein, formale Ordnung und materielle Handlungsgrenzen schon notwendig, um überhaupt von einem Staatswillen sprechen zu können. Deutlich wird dies durch die Überlegung, wie sich das gänzliche Fehlen volkswillentlicher Vorgaben auswirken würde. Auch in einem solchen Fall wäre ein politischer Staatswille vorhanden, er würde nur einen anderen Inhalt haben. Der politische Staatswille könnte sich inhaltlich immer noch an anderen Faktoren orientieren, wie internationalen Einflüssen oder Umweltvorgaben, vgl. dazu unten das Modell der politischen Willensbildung formaler Organisationen auf staatlicher Ebene 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.a. Hingegen bildet eine Verfassung in Form materieller Handlungsgrenzen erst die Möglichkeit und Ordnungsfunktion, eine soziale Gemeinschaft in einem Staat zusammenzufassen, Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 82; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 8; Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 20. Indem die Verfassung nur Grenzen der staatlichen Willensausübung feststellt, sind gleichzeitig die Inhalte unterhalb dieser Grenze frei. Dies schließt den Bereich des Volkswillens ein. Das das Volk einen Willen äußert und versucht den Staatswillen zu beeinflussen, ist nicht Voraussetzung für das Bestehen eines Staatswillens. Selbstverständlich sind Vorgaben des Volkswillens Faktoren, die die konkrete Willensbildung beeinflussen. Davon muss aber die Notwendigkeit ihres Vorhandenseins unterschieden werden, um von einem politischen Staatswillen zu sprechen. Der Volkswille ist stattdessen mittelbar über die Summe der beteiligten Einzelwillen in Form der Abgeordneten als Repräsentanten des Volks einbezogen.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

aus dem staatlichen Organisationsaufbau, der zwischen der Innehabung eines Amtes und der persönlichen Ansicht des Amtswalters trennt. Auch wenn sowohl der politische Staatswille als auch der bürokratische Staatswille bzw. Verwaltungswille der Ausübung von Staatsgewalt zugrunde liegen, ist für den Untersuchungsgegenstand der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung näher zu differenzieren. Einfache öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, wie sie auch von der Gubernative erklärt werden können, sollen gerade nicht betrachtet werden. 188 Bezogen auf die verschiedenen Konkretisierungen des Staatswillens bedeutet dies, dass einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung der bürokratische Staatswille bzw. Verwaltungswille zugrunde liegt, nicht aber der politische Staatswille. Auch der Verwaltungswille besteht aus der Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstein und formalen Ordnungsregeln. Wenn aber der politische Staatswille die politischen Grundentscheidungen trifft und der Verwaltungswille zu dessen Umsetzung berufen ist, 189 so bedarf es eines weiteren Faktors, der den Verwaltungswillen mitbildet. Unterlag der Staatswille materiellen Handlungsgrenzen, so unterliegt der Verwaltungswille materiellen Handlungsvorgaben. Es besteht nicht nur eine negative Begrenzung der Handlungsmöglichkeiten, sondern gemäß Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG gleichzeitig eine weitergehende Bindung an Recht und Gesetz. Dieses Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zeigt nicht nur Grenzen auf, sondern kann auch konkrete positive Handlungsvorgaben produzieren. 190 Die materiellen Handlungsvorgaben geben die politischen Entscheidungen des Staatswillens an die Verwaltung zur Ausführung weiter. 191 Mittel zur Weitergabe ist allgemein der Vorbehalt des Gesetzes, 192 der die ausführende Verwaltung bindet, sowie die dafür notwendigen Gesetze. Diese können in Gestalt von formellen Gesetzen, materiellen Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften bestehen. Unerheblich für diese Zuordnung von materiellen Handlungsgrenzen 188

Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. B. I. Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1. 190 Vgl. dazu Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 37 ff.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 270; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 802 f.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 61 ff. Nach Scheuner, in: Listl / Rüfner (Hrsg.), Staatstheorie und Staatsrecht, S. 545 (555) bildet das Gesetz nicht mehr nur die Grenze von Verwaltungstätigkeit, sondern auch ihren Grund. 191 Wenn nun Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 176, davon spricht, dass der Staatswillen durch die Gesetze gebildet wird, so steht dies nicht in einem zwingenden Widerspruch zu den hier vertretenen Ansichten. Auch für den politischen Staatswillen sind Gesetze berücksichtigungsfähig, vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.III.2., sie sind nur nicht zwingender Bestandteil. Für den bürokratischen Staatswillen ist dies jedoch anders zu beurteilen. 192 Vgl. dazu BVerfGE 98, 218 (251); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 113 ff.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 44 ff.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 273 ff.; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 288. 189

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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bzw. -vorgaben zur Ebene staatlicher Willen ist dabei ihre Beachtung im konkreten Einzelfall. Entscheidend für die Zuordnung ist vielmehr die Frage, ob die fraglichen Elemente charakteristisch für einen staatlichen Willen sind. Im Staatsgefüge sind materielle Handlungsgrenzen bzw. -vorgaben elementar für einen Staats- bzw. Verwaltungswillen. 193 Dabei nehmen die materiellen Handlungsvorgaben entscheidendes Gewicht ein. Wegen des Gesetzesvorbehalts bilden sie die Grenze des möglichen Handelns und somit auch des Verwaltungswillens. 194 Der Verwaltungswille kann nichts wollen, was nicht rechtlich erlaubt ist. 195 3. Determiniertheit In gleichen Zügen wie sich oben mit der Frage beschäftigt wurde, ob der menschliche Einzelwille determiniert ist, kann dies auch für den Verwaltungswillen gelten. Sollte der Verwaltungswille determiniert sein, ist zu fragen, ob die Handlungsform einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung überhaupt möglich ist. a) Determiniertheit im metaphysischen Sinne Zwar konnte festgestellt werden, dass auch eine möglicherweise bestehende Determination des menschlichen Willens für die hier in Frage stehende Untersuchung unschädlich ist, doch soll trotzdem nicht versäumt werden, diese Möglichkeit für den Verwaltungswillen anzusprechen. Soweit ersichtlich beschäftigen sich Überlegungen zu diesem Thema mit strafrechtlichen Aspekten, nicht aber mit der Bedeutung für das Staats- oder Verwaltungsrecht. 196 Ging es für die Einzelperson noch um die Freiheit, die vom Staat aufgestellte Sollens-Ordnung zu befolgen, geht es für den Staat um die Freiheit, überhaupt eine Sollens-Ordnung mit einem bestimmten Inhalt aufzustellen. 197 Betrachtet man die verfassungsrechtlichen Vorgaben, so lässt sich feststellen, dass nach Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte die 193

Vgl. Hoke, DÖV 1962, 281 (281 f.). Zur Vereinfachung soll hier zunächst davon ausgegangen werden, dass sich die materiellen Handlungsvorgaben in Form eines Gesetzes ergeben. Vgl. aber unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(1). 195 Bezogen auf den Staatswillen kommt Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 101, zu einem vergleichbaren Ergebnis: „Es ist mit dem Prinzip der Staatssouveränität schlechterdings unvereinbar, dass Staatsorgane einen anderen Willen als den ihres Staates zur Ausführung bringen. Und diese Organe hören auf, Staatsorgane zu sein und daher Recht zu setzen, wenn sie einen anderen Willen ausüben.“ Vgl. aber auch zum Verhältnis des Verwaltungswillens zu dem des Amtswalters unten.2. Kap. 2. Abschn. B.II.4. 196 So auch Griffel, ASRP 69 (1983), 340, Fn. 1. Auch wenn Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 71, als Überschrift für einen Abschnitt „Souveränität der Staatsperson und Freiheit des Willens“ hat, so bezieht sich dies doch auf die Willensfreiheit der Einzelperson. Ohne mögliche Folgen auch Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 345 ff. 194

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden und nach Art. 20 Abs. 3 GG die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung sowie die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Recht und Gesetz gebunden sind. In diesem Rahmen besteht keine Möglichkeit, frei zu entscheiden. Vielmehr muss sich nach dem geltenden Recht gerichtet werden, so dass eine Art rechtlicher Determinismus besteht. Auswirkungen könnten sich also nur in Bereichen ergeben, in denen diese Anforderungen nicht eingreifen, also z. B. Sachverhalte, in denen nur der Gesetzesvorrang gilt oder eine Ermessensermächtigung besteht. Genau wie die Einzelperson hätte der Staat zwar rechtlich die Möglichkeit eine freie Entscheidung zu treffen, könnte dies aber wegen einer Determination nicht. Seine Handlung wäre von vornherein festgelegt. Nach der hier vertretenen Ansicht beruhen staatliche Handlungen und Entscheidungen letztendlich auf menschlichen Entscheidungen. Der Staat als solches ist in existenzieller Hinsicht nicht selbständiger Träger eines eigenen Willens. Er kann also auch nicht Objekt einer metaphysischen Determination sein. Da insofern menschliche Entscheidungen determiniert wären, würde sich eine Determination allumfassend auswirken. Es gäbe keine Handlung, sei sie vom Individuum oder Staat, die nicht vorherbestimmt wäre. b) Determiniertheit im technischen bzw. juristischen Sinne Praktisch sehr viel relevanter für den heutigen Staat könnte eine Konfrontation mit einer Determiniertheit im technischen bzw. juristischen Sinne sein. 198 Dies ließe sich zum einen annehmen durch vorgegebenes Recht, nach dem sich der Staat zu richten hätte. Zumindest im Hinblick auf den verfassungsändernden, 199 politischen Staatswillen gibt es aber nur wenige Rechtssätze, die dieser nicht würde ändern können. Für das Grundgesetz ist dabei auf die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 hinzuweisen. Unabhängig von der tatsächlichen Reichweite dieser Vorschrift 200 stellt Art. 79 Abs. 3 GG nur auf Grundsätze ab. Sollen nun die Grundsätze, also i. d. R. Staatsprinzipien, nicht geändert werden, ist der zu 197 Als Grund für eine mögliche Determination stellt Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 347, auf eine Art geschichtliche Determination analog zu dem oben dargestellten Motivationsdeterminismus ab, vgl. oben 2. Kap., Fn. 27. Die Erfahrungen, die ein Staat in seiner Geschichte gemacht hat, sollen für ihn der Grund sein, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, bzw. Norm aufzustellen. Zumindest dieser Grundgedanke scheint in der Frühzeit der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Erfahrungen des Nationalsozialismus auch präsent gewesen zu sein, wie sich durch die wesentlichen Aussagen des Grundgesetzes zeigt. 198 Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 345 ff. 199 Vgl. oben 2. Kap., Fn. 183. 200 Vgl. Elgeti, Inhalt und Grenzen der Föderativklausel des Art. 79 III GG; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 79 III, Rn. 21 ff.; Lücke, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 79, Rn. 26 ff.; Hain, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 79, Rn. 43 ff.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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erhaltende und unveränderbare Kern derart unbestimmt, dass man keinesfalls von Determination sprechen kann. Dies zeigt sich auch daran, dass der politische Staatswille in materieller Hinsicht nur Handlungsgrenzen hat, bis zum Erreichen dieser Grenzen aber inhaltlich frei ist. 201 Herzog stellt weiter die Mächte der pluralistischen Gesellschaft anheim. Bei ihnen zeigt aber schon das Wort „pluralistisch“, dass sie den Staatswillen nicht determinieren können. Der Volkswille – um in den hier verwendeten Termini zu bleiben – ist ja gerade uneinheitlich und kann so gar nicht eine Entscheidungsrichtung determinieren. Im Nachgeben einer Strömung des Volkswillens wäre zugleich die Absage an eine andere Strömung enthalten. Auch scheint mittlerweile eine gewisse Nüchternheit der zukünftigen technischen Möglichkeiten eingesetzt zu haben. Die besten Entscheidungen sind nicht für jede beliebige, nicht einmal für einige wenige Situation technisch oder naturwissenschaftlich vorausberechenbar. Schließlich erscheint die Annahme einer Determination aufgrund politischer Ideologien gerade wegen ihres Charakters der politischen Herkunft sehr unwahrscheinlich. 202 Dazu ist die Wahlperiode nach Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG von vier Jahren schon zu kurz, als dass sich eine längerfristige Vorausbestimmung abzeichnen würde. Aber auch innerhalb einer Wahlperiode können sich politische Zielvorstellungen derart schnell ändern, dass das Sprechen von Determination verfehlt wäre. c) Eigenverantwortlicher Bereich und Lehre vom Totalvorbehalt Als Sonderfall einer rechtlichen Determination droht speziell für den Verwaltungswillen durch die aus seiner formalen Ordnung resultierenden Regeln und hierarchischen Strukturen zusammen mit seiner Umsetzungsfunktion die Gefahr einer Determination. 203 Dies müsste man annehmen, wenn insbesondere die in rechtlicher Hinsicht umzusetzenden Vorgaben derart eng sind, dass ein Bereich des eigenverantwortlichen Entscheidens in der Verwaltung nicht mehr zur Geltung kommen kann und für den Verwaltungswillen kein Raum mehr bleibt. Bei einer solchen Gehaltlosigkeit des Verwaltungswillens wäre äußerst zweifelhaft, ob die Handlungsform einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung tatsächlich überzeugend weiter entwickelt werden könnte.

201

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 347, spricht von einer Determination durch Ideologien wie „Stabilitätspolitik“, „Wachstumspolitik“ oder „Vollbeschäftigungspolitik“. 203 An dieser Formulierung zeigt sich die Abgrenzung der hier zu behandelnden Problematik. Erörtert werden soll, ob allgemein ein Bereich besteht, in dem die Verwaltung ihrem möglichen Willen walten lassen kann, gleich mittels welcher Handlungsform. Nicht geklärt werden soll, ob die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung einem Gesetzesvorbehalt unterfällt, vgl. dazu unten 6. Kap. 4 Abschn. 202

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit dieser Art von rechtlicher Determination muss der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes sein, demnach staatliches Handeln auf ein förmliches Gesetz zurückführbar sein muss. 204 Allgemein anerkannterweise gilt dieser Grundsatz bei einseitigen Eingriffen des Staates in Freiheit und Eigentum. 205 Auch die vom Bundesverfassungsgericht etablierte sog. „Wesentlichkeitstheorie“ 206 trifft eine Aussage über das Bedürfnis eines formellen Gesetzes. Demnach ist der Gesetzgeber in grundlegend normativen Bereichen verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. 207 Über diesen Bereich hinaus besteht jedoch keine so weitgehende Einigkeit, insbesondere wurde und teilweise wird immer noch über eine Ausdehnung des Gesetzesvorbehalts nachgedacht. 208 Endpunkt solcher Überlegungen wäre eine Lehre vom Totalvorbehalt. 209 Auch wenn dies – soweit ersichtlich – in solcher 204

BVerfGE 41, 251 (256 f.); 51, 268 (287 f.); 78, 179 (197); 98, 218 (251); Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 273. 205 BVerfGE 8, 155 (166 f.); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 200; Kloepfer JZ 1984, 685 (685 f.); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 114; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 46; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 288. 206 Kritisch zur Bezeichnung als „Theorie“ Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 41. 207 BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (249); 49, 89 (127); 58, 257 (278); 76, 1 (75 f.); 77, 170 (230 f.); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251 ff.); 101, 1 (34); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 117; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 304 ff. Dass aber auch mit dieser Formel keine letztendliche Sicherheit gefunden wurde, zeigt sich durch das doch recht unbestimmte Abgrenzungskriterium der „Wesentlichkeit“; kritisch hierzu Kisker, NJW 1977, 1313 (1317 f.). Nach Krebs, Jura 1979, 304 (308 f.), handelt es sich um eine „Leerformel“, nach Kisker, Verhandlungen des 51. Deutschen Juristentags II, S. M 82, um eine „dogmatische Bankrotterklärung“. Insofern konnte aber zumindest ein abstrakter Gewinn verzeichnet werden, indem durch die Wesentlichkeitsrechtsprechung klargestellt ist, dass die Legislative nicht zwingend bei jeglicher Materie tätig werden muss. Darüber hinaus ist aber mit der Wesentlichkeitstheorie nicht geklärt, was in dem Bereich „unwesentlicher“ Entscheidungen passiert. 208 Vgl. Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 807 f.; Schenke, DÖV 1977, 27 (27 ff.); Pietzcker, JuS 1979, 710 (713 f.); Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 15 ff.; auch das BVerfG scheint in E 40, 237 (248 f.); einer Ausweitung des Gesetzesvorbehalts nicht abgeneigt, hat jedoch bis jetzt keine generelle Aussage getroffen, sondern nur Stellung zu einzelnen Sachbereichen genommen; vgl. auch BVerfGE 8, 155 (167); 47, 46 (79); 49, 89 (126); 77, 170 (230 f.); vgl. die Auflistung bei Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 808 f. Aktuell wurde dieser Gedanke insbesondere bei der Rechtspraxis der Vergabe von Subventionen, also staatlichen Leistungen. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob auch für solche Akte der Leistungsgewährung der Gesetzesvorbehalt eingreift; vgl. Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 298 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 13; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 801 ff. 209 Vgl. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 171 ff.; Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, S. 113 ff.; Imboden, Das Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, S. 41 ff.; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 114; vgl. auch Kloepfer, JZ 1984, 685

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Ausprägung nicht vertreten wird, müsste sich ein Totalvorbehalt auf jegliches Handeln der Verwaltung erstrecken und einen eigenverantwortlichen Bereich vollständig überlagern. (1) Ansicht von Jesch Auf Grundlage demokratischer Überlegungen kommt Jesch zu einem stark erweiterten Gesetzesvorbehalt mit totalvorbehaltlichen Tendenzen. Aufgrund des Übergangs der konstitutionellen Monarchie zur Demokratie sei anstatt der Exekutive nun das Parlament das einzig unmittelbar demokratisch legitimiertes Organ und nehme dadurch den höchsten Stellenwert unter den Staatsorganen ein. 210 Im Grundgesetz werde dies durch Art. 20 Abs. 2 deutlich, demnach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. 211 Dementsprechend müsse auch das Parlament als unmittelbar legitimiertes Organ alle Richtungen staatlichen Handelns lenken. Es müsse deshalb für jedes Handeln der Verwaltung ein Parlamentsgesetz bestehen. 212 Dem entgegengehalten werden muss aber, dass nicht nur das Parlament eine eigenständige Legitimation besitzt, sondern ebenso die Exekutive. Das der bundesrechtlichen Staatsorganisation zugrunde liegenden System umfasst auch, dass vom Parlament Aufgaben und Legitimität an die Verwaltung weitergegeben werden. So besteht Gewissheit darüber, dass, obwohl die Wahl des Art. 38 Abs. 1 GG sich auf die Zusammensetzung des Bundestages bezieht, durch diese entscheidend die auch schon im Vorfeld der Wahl maßgebliche Frage nach der Regierung beantwortet wird. 213 Insofern wird dem Erfordernis des Art. 20 Abs. 2 GG, des Ausgehens der Staatsgewalt vom Volk, schon dann gerecht, wenn ein Legitimationszusammenhang der betreffenden Stelle zum Parlament durch eine ununterbrochene Legitimationskette besteht. 214 Diese kann in funktionell-institutioneller, organisatorisch-personeller oder sachlich-inhaltlicher Hinsicht bestehen. 215 Nicht erforderlich ist dann aber, dass jeg(685 ff.). Rechtspolitisch für sinnvoll hält auch Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 11, einen im Sinne des Totalvorbehalts erweiterten Gesetzesvorbehalt. In Richtung eines Totalvorbehalts zumindest für den Bereich der Leistungsverwaltung in Form der Subventionierung tendieren Maurer, Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 14; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck, GG, Art. 20, Rn. 282. 210 Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 171 ff. 211 Vgl. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 173. 212 Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 171. 213 Vgl. Pietzcker, JuS 1979, 710 (713). 214 BVerwGE 106, 64 (73 f.). 215 Vgl. Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 14 ff.; BVerfGE 52, 95 (121). Teilweise umstritten ist, ob die funktionell-institutionelle Legitimation überhaupt eine eigenständige Legitimationsart ist. Das BVerfG geht in E 49, 89 (125); 68, 1 (86 ff.); 83, 60 (72); 93, 37 (66) von einer solchen Sichtweise aus, vgl. auch Ossenbühl,

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liches staatliche Handeln unmittelbar durch ein Parlamentsgesetz geregelt wird. Eine geringere sachlich-inhaltliche Legitimation, die entsteht wenn Verwaltungshandeln nicht vollständig durch ein Parlamentsgesetz vorgezeichnet ist, sondern in einem eigenverantwortlichen Bereich besteht, kann durch eine erhöhte organisatorisch-personelle Legitimation wieder ausgeglichen werden, weil insofern diese beide Arten der Legitimation miteinander verzahnt sind und sich ergänzen. 216 Gerade das Erfordernis der organisatorisch-personellen Legitimation kann aber auch schon bei einer bloß mittelbaren Berufung durch das Volk gegeben sein. 217 Die organisatorisch-personelle Legitimation besteht – z. B. exemplarisch für das Beamtentum – in der förmlichen Berufung gemäß §§ 6 ff. BBG, §§ 5 ff. BRRG. Daneben ist die dritte Art der Legitimation zu beachten. In funktionell-institutioneller Hinsicht ist die Exekutive als ebenso gleichberechtigte Staatsfunktion wie die Legislative anzusehen. In diesem Sinne wird die Institution „Exekutive“ mitsamt ihrer Funktionen schon insgesamt als legitime Ausübung von Staatsgewalt angesehen. 218 Die Frage der demokratischen Legitimation kann deshalb nicht überzeugend als Grund für einen erweiterten Gesetzesvorbehalt dienen. (2) Ansicht von Rupp Dementsprechend einen anderen Weg ist Rupp gegangen. Aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ergebe sich die Notwendigkeit, dass staatliches Handeln schon Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 196 ff.; a. A. Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 279; Wegge, Zur normativen Bedeutung des Demokratieprinzips nach Art. 79 Abs. 3 GG, S. 503; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (363 f.). Funktionell-institutionelle Legitimation meint dabei einerseits die Legitimation der Institution als solcher (institutionell); vgl. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 197; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 276. Dies kann sich z. B. auf die direkt in Art. 88 S. 1 GG institutionell legitimierte Bundesbank beziehen. Andererseits kann sich die Legitimation auch auf die Funktion der in Frage stehenden Stelle beziehen, vgl., Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 197 f. Die organisatorisch-personelle Legitimation beruht auf einer individuelle Legitimationskette, die vom betreffenden Amtswalter auf das Volk bzw. Parlament, wobei eine mittelbare Legitimation durch das Volk ausreichend ist, Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 16; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 210. Schließlich bezeichnet die sachlich-inhaltliche Legitimation die Bindung aller Staatsgewalt an die vom unmittelbar legitimierten und verfassungsmäßigen Gesetzgeber erlassenen Gesetze und die demokratische Verantwortlichkeit und Kontrolle gegenüber dem Volk, mithin also der Einfluss des Volkes auf die inhaltliche Ausgestaltung der wahrgenommenen Staatsgewalt; vgl. Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 21; Wegge, Zur normativen Bedeutung des Demokratieprinzips nach Art. 79 Abs. 3 GG, S. 228, 233. Beispielhaft ist die periodische Wahlmöglichkeit des Volkes aus Art. 38 Abs. 1 GG; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 21. 216 Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 23. 217 Vgl. oben 2. Kap., Fn. 215. 218 BVerfGE 49, 89 (125); 68, 1 (66, 89); Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 24, Rn. 15; Degenhart, NJW 1984, 2184 (2186).

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von vornherein generell und abstrakt festgelegt sein muss, so dass ein Missbrauch ausgeschlossen werden könne. 219 Dies gelte umso mehr, als dass der Bürger mittlerweile nicht mehr nur in einem selbstverantworteten und abgeschotteten Lebensraum Freiheit vor dem Staat suche, sondern auch durch – zum Teil für ihn notwendige – staatliche soziale Leistungen Freiheit erhalte, also Freiheit durch den Staat. 220 An diesem Punkt hat die Kritik an dieser Ansicht anzusetzen. Auch die Freiheit, Leistungen zu erhalten wird wieder eingeschränkt, sobald diese Leistungen nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen vergeben werden. 221 Daneben besteht die Gefahr einer „Übernormierung“. Tatsächlich sind aus bürgerlicher Sicht mit der Bürokratie nicht nur positive Gedanken verbunden, 222 so dass eine noch weitergehende Einbindung in rechtliche Strukturen die vorherrschenden Ablehnungstendenzen noch verstärkt. Schließlich müsste man auch eine schlichte Überforderung des Parlaments konstatieren. Die Erstellung eines derart umfassenden Normierungswerkes, dass den Anforderungen eines erweiterten Gesetzesvorbehalts oder gar der Lehre vom Totalvorbehalt gerecht werden würde, wäre mit dem heutigen Parlament nicht durchführbar, so dass auch in diese Richtung gehende Überlegungen abzulehnen sind. 223 (3) Prinzipielle Überlegungen gegen einen eigenständigen Bereich der Verwaltung Neben den dargestellten Überlegungen in Richtung eines Totalvorbehalts gibt es weitere Einwände, die gegen einen eigenständigen Bereich der Verwaltung vorgebracht werden. Geradezu elementar ist der Vorwand, ein eigenständiger Bereich der Verwaltung sei nicht erforderlich. 224 Unterstützt werden würde eine solche Forderung durch das Vorhandensein einer faktischen Eigenständigkeit ohne rechtliche Begründung. Aber auch faktische Gegebenheiten können ihren Kern in rechtlichen Grundstrukturen finden und widersprechen diesen nicht. 225 Angesichts der Tatsache, dass die Verwaltung als Staatsgewalt legitimiert ist 219

Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 116 ff. Kritisch zu dieser Bedeutung von Leistungen Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 201 ff.; 241, 249 ff. 221 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 19; Pietzcker, JuS 1979, 710 (714). 222 Vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(2)(b). 223 BVerfGE 68, 1 (109); BVerwG DVBl. 1978, 212 (213); BGHZ 111, 229 (234); Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 46; Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 14. 224 Vogel, VVDStRL 24 (1966), 125 (175). 225 Schröder, DVBl. 1984, 814 (820). 220

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

und insofern gleichrangig neben der Gesetzgebung und Rechtsprechung steht, 226 kann ein eigenständiges Wirken von ihr keinesfalls als nicht erforderlich bewertet werden. Teilweise bestehen Bedenken, der Verwaltung Eigenständigkeit zuzubilligen, weil befürchtet wird, die Rechtsstaatlichkeit verliere dadurch an Substanz. Diese Besorgnis nährt sich durch die geschichtliche Erfahrung, dass die Verwaltung sowohl im Konstitutionalismus als auch im Nationalsozialismus von anderen Einflüssen bedrängt wurde und so ihrer Verantwortung nicht nachkommen konnte. 227 Solchen Überlegungen muss aber entschieden entgegengetreten werden. Die Verwaltung ist ebenso wie jede andere Staatsausübung an Recht und Gesetz gebunden. Rechtsstaatliche Gerichtsverfahren stehen dem Bürger zur Seite und es besteht eine Vermutung dafür, dass sich die Verwaltung verfassungskonform verhält. 228 (4) Begründungsversuche eines eigenverantwortlichen Bereiches Auch wenn die Ansätze von Jesch und Rupp sich nicht durchsetzen konnten, so haben sie doch auf lange Zeit das Verständnis von Verwaltung und Staatsführung geprägt. Die in diesem Sog entstandene Forderung nach einer Überprüfungs- und Rechtsschutzmöglichkeit jeglichen staatlichen Handelns, führte zu einer extensiven Auslegung des Art. 19 Abs. 4 GG. 229 Das damit verbundene, sich wandelnde Bild der Verwaltung als durchnormierter Handlungsapparat ohne Selbständigkeit wurde schon frühzeitig registriert. 230 Hiervon ließen sich die Anhänger, die der Verwaltung zu einer gestärkten und eigenständigen Position verhelfen wollten, jedoch nicht abschrecken. 231 Tendenzen in Richtung einer Lehre vom Totalvorbehalt konnten abgelehnt werden und stattdessen gilt es die Zuerkennung eines eigenverantwortlichen Bereichs, dem die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung entspringen kann, zu begründen. Dass ein eigenständiger Bereich der Verwaltung zumindest faktisch vorhanden ist, lässt sich relativ schnell darlegen. Der Gesetzgeber kann die von ihm 226

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(1). Hendler, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 9 (1983), 59 (68 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 192 f. Vgl. zum Begriff der Verwaltungsverantwortung unten 2. Kap. 2. Abschn. B. I. Zur Begründung der Eigenständigkeit durch das Beamtentum, vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(4)(d). 228 Schröder, DVBl. 1984, 814 (820) stellt zutreffen klar: „Gesetzesfreie Verwaltung darf nicht mit rechtsfreier Verwaltung gleichgesetzt werden.“ 229 Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (142); Stettner, DÖV 1984, 611 (612). 230 Köttgen, DVBl. 1957, 441 (444). Es „besteht eine allgemeine Tendenz zu gesetzlicher Infiltration des Verwaltungsablaufs, die bewusst und gewollt den Entscheidungsgehalt des Vollzuges reduziert.“ 231 So z. B. Peters, Die Verwaltung als eigenständige Staatsgewalt, S. 25 ff.; Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 15 f., 224. 227

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erlassenen Gesetze schon tatsächlich nicht selbst vollziehen und ist dafür auf die Verwaltung angewiesen. Ihm fehlen nicht nur die Personal- und Sachmittel, auch ist mit der Tätigkeit im Parlament nicht zwangsläufig der Anspruch verbunden, rationale Überzeugung und sachliche Richtigkeit zu erhalten. 232 Im Gegensatz dazu bringt die Verwaltung die erforderliche Sachnähe und Flexibilität ein, die für eine bürgernahe Aufgabenerledigung unerlässlich ist 233 und durch die stetige Rechtsanwendung leistet die Verwaltung einen maßgeblichen Beitrag zur Rechtsfortentwicklung. 234 Schließlich kann der Gesetzgeber angesichts der Vielfältigkeit des gesellschaftlichen Lebens nicht jeden möglichen Lebenssachverhalt von vornherein normieren, beispielsweise in der Konjunktur- oder Strukturpolitik. 235 Die Existenz eigeninitiativen Entscheidens der Verwaltung in nicht nur faktischer, sondern gerade rechtlicher Hinsicht belegen Termini wie „unbestimmter Rechtsbegriff“, „Ermessen“, „Beurteilungsspielraum“ oder „planerische Gestaltungsfreiheit“. Auch die Judikative muss sich in gewissen Bereichen mit einem Prüfungsrecht begnügen, dass lediglich auf die Rechtsmäßigkeit aber gerade nicht Zweckmäßigkeit erstreckt ist, wie z. B. § 114 VwGO für Ermessensentscheidungen klarstellt. 236 Nun sind diese Entscheidungsfreiräume der Verwaltung aber durch Vorschriften zugewiesen und beruhen so nicht unmittelbar auf einer originären Eigenständigkeit. Um die Möglichkeit eines Willens in der Verwaltung in letzter Konsequenz anzunehmen, müsste nicht nur eine gesetzlich zugewiesene Eigenständigkeit bestehen, weil diese auch wieder entzogen werden könnte, sondern eine nicht entziehbare unmittelbare Eigenständigkeit. 237 Das Bemühen hierum beschäftigt die Rechtswissenschaft dabei schon ebenso lange wie es von Schwierigkeiten gekennzeichnet ist. 238 Es können deshalb hier allenfalls weiter zu verfolgenden Gedanken aufgezeigt werden. (a) Verwaltungsvorbehalt In Analogie zum Gesetzesvorbehalt haben sich Überlegungen zu einem „Verwaltungsvorbehalt“ ergeben, der versucht, einen nur der Verwaltung zugewiesen und anderen Staatsorganen entzogenen Handlungsbereich zu beschreiben. 239 Die sich ergebenden Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Gesetzgebung 232

Klein, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, Rn. 7. Vgl. Degenhart, NJW 1984, 2184 (2188). 234 Brohm, DVBl. 1986, 321 (330). 235 Brohm, DVBl. 1986, 321 (328); Schröder, DVBl. 1984, 814 (818). 236 Vgl. BVerwGE 72, 300 (317); 76, 90 (93); 85, 323 (327 ff.). 237 Vgl. Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 23. 238 Schröder, DVBl. 1984, 814 (816); Erichsen, VerwArch 70 (1979), 249 (253 ff.); Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 755. 239 Maurer, VVDStRl 43 (1985), S. 135 (137); Schnapp, VVDStRL 43 (1985), S. 172 (173 ff.); Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 22 ff.; Stettner, DÖV 233

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

und Verwaltung, die auf Seiten der Gesetzgebung zur Wesentlichkeitstheorie 240 führen, ermutigen zur Überlegung, von der Gegenseite der Verwaltung her einen Vorbehalt gegenüber dem Gesetzgeber einzurichten. Das Verhältnis von Gesetzesund Verwaltungsvorbehalt soll dabei so verstanden werden, dass nicht beide Kreise nahtlos nebeneinander stehen. Zwischen beiden Vorbehalten soll vielmehr ein Bereich bestehen, in denen für Verwaltungshandeln kein Gesetz bestehen muss, aber erlassen werden kann. 241 Mangels Festlegung auf eine bestimmten Handlungsform könne der Verwaltungsvorbehalt nur organisations- und zuständigkeitsbezogen verstanden werden, nicht aber wie der Gesetzesvorbehalt formorientiert. 242 Definiert wird der Verwaltungsvorbehalt als eingriffs- oder gesetzesfester und damit nicht dem Zugriff des Gesetzgebers unterliegender Verwaltungsbereich 243 und folglich als ausschließlich der Exekutive im organisatorischen Sinne zustehender Aufgaben- oder Funktionsbereich 244 oder ein verfassungskräftig abgesicherter Funktionsbereich der Verwaltung im Verhältnis zur Gesetzgebung und Rechtsprechung 245. Sicherlich besteht bis zu diesem Zeitpunkt eine Ähnlichkeit zwischen dem gesuchten eigenständigen Bereich und einem Verwaltungsvorbehalt, jedoch wird sich noch zeigen müssen, ob sich beide tatsächlich entsprechen. Bedacht werden muss in dieser Hinsicht auch, dass der Verwaltungsvorbehalt primär die Grenzen der Legislative versucht aufzuzeigen, dabei aber nur oberflächlich das Wesen der öffentlichen Verwaltung zu Grunde legt. 246 Als Folge dessen beschreibt der Verwaltungsvorbehalt eher das gewünschte Ergebnis, als denn eine Begründung

1984, 611 (611 ff.); Degenhart, NJW 1984, 2184 (2184 ff.). Zu Begrifflichkeiten und verschiedenen Arten eines Verwaltungsvorbehalts Maurer, VVDStRl 43 (1985), S. 135 (137 ff.); Stettner, DÖV 1984, 611 (613 ff.). Das erste Auftauchen eines Verwaltungsvorbehalts ist wohl 1914 bei Kaufmann, in: Stengel / Fleischmann (Hrsg.), Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts Bd. 3, S. 698, zu finden. „Die Vorbehalte der Verwaltung haben naturgemäß den entgegengesetzten Sinn wie die des Gesetzes, indem es sich bei ihnen nicht um ein Vordringen der obersten Gewalt nach unten hin, sondern um einen verfassungsmäßigen Schutz der unteren Gewalt gegen zu starke Einschnürungen durch die obere Gewalt handelt. Die Vorbehalte konstituieren ein verfassungsmäßig garantiertes Prärogativgebiet der vollziehenden Gewalt.“ Vgl. zu dem Unterschied zwischen einem allgemeinen und einem speziellen Gesetzesvorbehalt Stettner, DÖV 1984, 611 (614 f.). 240 Vgl. zu der Wesentlichkeitstheorie unten 6. Kap. 4. Abschn. A.IV. 241 Maurer, VVDStRl 43 (1985), S. 135 (138). A. A. wohl Kloepfer, VVDStRL 40 (1982), 63 (74), nach dem der Verwaltungsvorbehalt nur die Geltungsgrenze des Gesetzesvorbehalts markiert. 242 Stettner, DÖV 1984, 611 (613); Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135 (139). 243 Erichsen, VerwArch 70 (1979), 249 (254). 244 Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135 (139). 245 Degenhart, NJW 1984, 2184 (2184). 246 Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135 (139); Wahl, VVDStRl 43 (1985), 249.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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hierfür zu liefern. Für sich betrachtet kann der Verwaltungsvorbehalt einen eigenständigen Bereich der Verwaltung zwar umschreiben, nicht aber begründen. (b) Aus dem Verfassungsrecht stammendes Prinzip der Gewaltenteilung Die Gewaltenteilung als ein für den Rechtsstaat wesentlicher Grundpfeiler hat eine lange Tradition. 247 Historisch hat sich die anfängliche Trennung der Organe der gesetzgebenden Gewalt, der richterlichen Gewalt und der vollziehenden Gewalt mit der Zeit zu einer Trennung von Funktionen entwickelt, da entscheidender Anknüpfungspunkt nicht die Vielzahl von Organen ist, sondern die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten. 248 Organe werden nach ihrer Zugehörigkeit zu Gruppen von Trägern der drei Funktionen unterschieden. Dabei ist das Verständnis der Funktionen nicht im Sinne einer strikten Trennung angelegt, sondern auch als eine dauernde, gegenseitige Einflussnahme und Ergänzung sowie gegenseitige Kontrolle, Hemmung und Mäßigung. 249 Zwar bildet die Gewaltenteilung so verstanden ein „tragendes Organisationsprinzip des Grundgesetzes“ 250, ist aber dennoch im Grundgesetz nicht allumfassend ausdrücklich normiert, sondern lediglich an einigen Punkten aufgegriffen. Auch Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG umfasst nur eine Aussage über die Trennung staatlicher Funktionen. 251 Weitere Ausformungen zugunsten der Exekutive sind z. B. die Bestimmung der Richtlinien der Politik nach Art. 65 S. 1 GG, die Auflösung des Bundestags gemäß Art. 68 GG oder die Erklärung des Gesetzgebungsnotstands nach Art. 81 GG. Die Unabhängigkeit der Judikative wird über Art. 92, 97 GG geschützt. Die Legislative genießt z. B. Schutz über den Vorrang des Gesetzes oder die parlamentarische Kontrolle der Exekutive nach Art. 63 GG. Weitere Beispiele ließen sich schnell finden. 252 Nicht vorhanden ist aber eine ausdrückliche Grenze für ein Zugriffsrecht des Parlaments auf Bereiche der Verwaltung. 253

247 Vgl. dazu BVerfGE 9, 268 (279 f.); 67, 100 (130); Herzog, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20 V, Rn. 1 ff.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG. Art. 20, Rn. 23 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 46 ff.; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 265. 248 Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 518 ff. 249 BVerfGE 34, 52 (59); Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchof (Hrsg.), HdStR I, § 24, Rn. 55; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 265; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 71. 250 BVerfGE 3, 225 (247); 67, 100 (130). 251 Schnapp in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 41; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 70. 252 Vgl. z. B. Zimmer, Funktion-Kompetenz-Legitimation, S. 222. 253 Ossenbühl, in: Götz / Klein / Starck (Hrsg.), Die öffentliche Gesetzgebung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (30 ff.). Vgl. zu dem wenig relevanten Verbot des Einzelfallgesetzes Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 19 Abs. 1, Rn. 9 ff.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Hierdurch wird deutlich, dass diese Vielzahl von unterschiedlichen Ausgestaltungen des Gewaltenteilungsprinzips schwer auf einen einheitlichen und allgemeinen Gehalt zurückzuführen ist. Ein solcher Ansatz ist zu unspezifisch und abstrakt, um eindeutig einen eigenverantwortlichen Bereich der Verwaltung aufzuzeigen. 254 Dies gilt auch gerade für das Verhältnis von Verwaltung im Sinne einer Administrative und staatsführenden Funktionen. Die aus dem Grundgesetz entnommenen Beispiele sind hauptsächlich auf Staatsebene angesiedelt und treffen Aussagen zum Verhältnis der Gubernative zu anderen Gewalten. Die vollziehende Gewalt i. S. d. Administrative ist zwar in den Art. 83 ff. GG angesprochen, dort aber nur mit Zuordnungen entweder zum Bundes- oder Länderbereich. Einen Hinweis auf das Verhältnis von Staatsführung und Administrative gibt Art. 84 Abs. 2, Abs. 5 S. 1 GG, der Verwaltungsvorschriften oder Einzelweisungen durch die Bundesregierung zulässt. Bedenkt man die hohen Anforderungen hieran und die hierarchische Verbundenheit, relativiert sich dieser Befund aber sogleich wieder. Es entsteht der Eindruck, die vollziehende Gewalt sei eine im Grundgesetz „vergessene Funktion“ 255. Aufgrund des nur allgemeinen programmatischen Charakters mit seinen Einzelausprägungen fällt es schwer, aus dem Gewaltenteilungsprinzip einen eigenverantwortlichen Bereich der öffentlichen Verwaltung herauszubilden. 256 Die Aussagen des Grundgesetzes über die vollziehende Gewalt sind derart vage, dass sie zwar genügend Freiraum für eine Eigenständigkeit belassen würden, gleichzeitig aber auch nicht davon gesprochen werden kann, ein wie auch immer gearteter Verwaltungsvorbehalt sei im Grundgesetz verankert. (c) Kernbereichsgedanke Einen Versuch der Konkretisierung des Gewaltenteilungsprinzips unternimmt der Kernbereichsgedanke. Nach ihm hat jede Funktion einen zentralen Gestaltungsbereich, der nur ihr zugewiesen und frei von äußerer Einflussnahme ist. 257 254

Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (152); Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135

(147). 255 Schnapp, VVDStRl 43 (1985), 172 (176). Herzog, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20 V, Rn. 97 f. sieht darin kein Vergessen, sondern die Auswirkungen der fehlenden Auseinandersetzung mit der Schwierigkeit, die öffentliche Verwaltung zu definieren. 256 Es könnte sich dabei andeuten, dass eine gewisse Allgemeinheit bei der Frage nach der Eigenständigkeit der Verwaltung nur schwer verhindert werden kann. Das freie Entscheiden der Verwaltung in einem eigenständigen Bereich ist gerade bedingt durch möglichst wenige Vorgaben. Je weiter von einer allgemeinen Herleitung oder Zuweisung abgerückt wird, desto größer ist die Gefahr dadurch gleichzeitig die Eigenständigkeit zu beschneiden. 257 BVerfGE 9, 268 (279 f.); 22, 106 (111); 34, 52 (59); 95, 1 (15 f.); Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 56; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 265; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 41; Schulze-Fielitz, in:

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Die Idee eines Kernbereichs findet sich auch schon im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG und der Dogmatik der Grundrechte in Form der Wesensgehaltsgarantie gemäß Art. 19 Abs. 2 GG. Wenn man aber den Kernbereichsgedanken tatsächlich mit diesem Sachmaterien vergleicht, insbesondere der Grundrechtsdogmatik, zeigen sich erhebliche Unterschiede. Bevor man einen absolut geschützten Kernbereich erreicht, müsste es einen relativ geschützten Randbereich geben. Auch müsste ein gewisser Bestand in verfassungsrechtlich geschützter Weise vorgegeben sein, in den dann eingegriffen werden kann, um den Schutz des Kernbereichs auszulösen. All diese Aspekte finden sich zwar im Bereich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG und den Grundrechten, nicht aber des Staatsorganisationsrechts. 258 Ganz im Gegenteil gilt für die vollziehende Funktion der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit dem Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes. Dem Gesetzgeber steht damit auch die Kompetenz zu, konkrete Funktionen zuzuordnen. Diese Vielseitigkeit der möglichen Einflussnahme des Gesetzgebers zeigt sich in einer Betrachtung der Entscheidungen, bei denen die Kernbereichstheorie zu Rate gezogen wird. 259 In ihnen spiegelt sich die gesamte Bandbreite wider, die Verwaltungstätigkeit einnehmen kann. Dementsprechend ist es bisher auch nicht zufriedenstellend gelungen, den Kernbereich der Exekutive, gerade bezogen auf die Administrative, zu bestimmen. 260 Der Kernbereichsgedanke erscheint damit ebenfalls zu vage und allgemein, als dass sich damit ein eigenständiger Bereich der Verwaltung begründen ließe. (d) Beamtentum Teilweise wird überlegt, die althergebrachten Strukturen des Beamtentums mit ihrem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis sowie der beamtlichen Hingabepflicht für eine Begründung der Eigenständigkeit zu nutzen. 261 Es müsste sich dafür die Beamtenschaft mit einer einheitlichen geistigen Grundrichtung präsentieren, die eine derartige Verselbständigung herbeiführt, dass ein eigenverantwortlicher Bereich der Verwaltung begründet wird. Den Kräften des politischen Staatswillens stünde mit dem öffentlichen Dienst ein ausgleichender Faktor gegenüber. 262 Dreier (Hrsg.), GG, Art 20 (Rechtsstaat), Rn. 71; Achterberg, Probleme der Funktionenlehre, S. 191 ff.; Zimmer, Funktion-Kompetenz-Legitimation, S. 217 ff. 258 Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135 (150); Degenhart, NJW 1984, 2184 (2187). 259 Vgl. z. B. BVerfGE 9, 268 (279 f.); 22, 106 (111); 30, 1 (27 f.); 34, 52 (59); 95, 1 (15 f.). 260 Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 24; Maurer, VVDStRl 43 (1985), 135 (149). 261 Vgl. die Nachweise bei Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (153). 262 Wagener, VVDStRL 37 (1979), 215 (229).

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Doch erscheint ein solches Bild der Beamtenschaft nicht zeitgemäß. Das Verhalten der Beamten wandelt sich von einem Instrument der Obrigkeit hin zu einem wirtschaftlichen Dienstleister. Ein entscheidendes Gewicht in dieser Verschiebung nimmt beispielsweise das „New Public Management“ ein. 263 Mit Zugang jeglicher sozialer Schichten ins Beamtentum besitzt dieses längst kein gleichförmiges Selbstverständnis mehr. Gleichzeitig sorgt das Bild, dass die Bürger von der öffentlichen Verwaltung haben, für einen Ansehensverlust, der sich auch auf das bürokratische Selbstverständnis auswirkt. 264 Bestehende Privilegien und gleichzeitiges bürgerliches Empfinden von unzureichender Qualifikation tauchen das Bild der Bürokratie in ein negatives Licht. 265 Zudem verbietet das demokratische Verständnis von einer „Beamtenaristokratie“ als eigenständigen – wenngleich auch politischen – Kraft, auszugehen. 266 Schließlich erscheint für eine Begründung der Eigenständigkeit aus der Beamtenschaft heraus deren legitimatorische Dichte zweifelhaft. 267 Während die Ausübung des politischen Staatswillens eine hohe organisatorisch-personelle Legitimation aufweist, gilt dies für die Beamtenschaft gerade nicht. Auch eine sachlich-inhaltliche Legitimation kann nicht zur Unterstützung herangezogen werden, denn diese bestünde über die Legitimität der zu vollziehenden Gesetze und vorliegend geht es gerade um einen eigenverantwortlichen Bereich der Verwaltung. 268 Nachdenken ließe sich über eine funktionell-institutionelle Legitimation des Berufsbeamtentums durch die institutionelle Garantie in Art. 33 Abs. 4 GG. 269 Diese allein reicht aber nicht aus, um legitimatorisch eine Eigenverantwortlichkeit aus dem Berufsbeamtentum heraus abzuleiten. (e) Funktionsgerechte Organstruktur Eine weitere Konkretisierung des Gewaltenteilungsprinzips findet sich in dem Gedanken einer funktionsgerechten Organstruktur oder Organadäquanz 270. Begründet vom Bundesverfassungsgericht dient die Gewaltenteilung nach einer 263 Vgl. zum New Public Management Schedler / Proeller, New Public Management; Schmidt-Aßmann, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1, Rn. 7b m.w. N. 264 Wagener, VVDStRL 37 (1979), 215 (230). 265 Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 109. 266 Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (153). 267 Vgl. Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (154). 268 Nicht erfasst sind hiervon freilich Vorschriften, die der Verwaltung eine Eigenverantwortlichkeit zugestehen, wie z. B. Ermessensvorschriften. Indem diese die Eigenverantwortlichkeit als rechtmäßigen Bestandteil beinhalten, liegt auch eine sachlich-inhaltliche Legitimation vor. 269 Vgl. Battis, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 33, Rn. 45; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 33, Rn. 40. 270 So Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 71.

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„zweiten Auslegungslehre“ nicht nur einer organisatorischen und funktionellen Trennung der Gewalten, sondern auch eines Hinwirkens darauf, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig getroffen werden, also von Organen, die nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise die besten Voraussetzungen für die Entscheidung mitbringen. 271 Problematisch ist jedoch, dass eine Zusammenstellung funktionstypischer Merkmale nur sehr schleppend vorangeht. 272 Daneben fragt sich, ob die mit der funktionsgerechten Organstruktur verbundene Überlegung für die Suche nach der Eigenständigkeit der Verwaltung nutzbar ist. Der Katalog funktionsbegründender Merkmale stellt kompetenzzuweisende Kriterien dar, die eine Aussage zulassen, ob in einer Entscheidung das richtige Organ aktiv wird. 273 Damit richtet sich die Aufgabenerfüllung nach der Ausstattung der Organe. In der Folge würde die Zuweisung der Sachmittel und Ressourcen darüber entscheiden, wer welche Aufgaben erfüllt. So könnte mittels fremdgesteuerter Zuweisung über die vorzunehmenden Tätigkeiten entschieden werden. Eine Eigenständigkeit muss sich aber an den Tätigkeiten ausrichten. Maßgeblich muss sein, ob ein Organ bestimmte Kompetenzen unabhängig von seiner Ausstattung oder Eignung dazu hat. Gegebenenfalls bedeutet dies auch, dass ein Organ mit denjenigen Mitteln auszustatten ist, die es ihm ermöglichen, die ihm zustehenden Tätigkeiten zu erfüllen. Die Ausstattung von Organen mag eine Hilfe bei der Überprüfung von Kompetenzen sein. Weitergehende Aussagen über den Hintergrund eines eigenständigen Verwaltungsbereiches lässt eine funktionsgerechte Organstruktur aber nicht zu. (f) Institutionelle Funktionsstruktur Aufgrund der nur fragmentarischen Nutzbarkeit der bisher aufgezeigten Ansätze erscheinen generell die Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten im Hinblick auf die Reichweite einer Begründung eines eigenständigen Bereichs erheblich begrenzt zu sein. Die zu beantwortende Frage muss sich deshalb weniger auf die Herbeiführung einer Begründung ausrichten, sondern eher darauf, was beim derzeitigen Stand der Diskussion überhaupt rechtlich begründet werden kann. (aa) Anknüpfungspunkt für die Begründung eines eigenständigen Bereichs Eine Annäherung an das Problem wäre möglich über ein kompetenzielles, sachlich-aufgabenbezogenes Vorgehen. Wie schon teilweise beim Verwaltungs271 BVerfGE 68, 1 (86); 95, 1 (15); Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 41; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 50; von Danwitz, Der Staat 35 (1996), 329 (330). 272 Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 26; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 41. 273 Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 25.

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vorbehalt angedacht, 274 kann ein fester Bereich von Kompetenzen zur Aufgabenvornahme gesucht werden. 275 Dabei hat sich aber gezeigt, dass zumindest im Grundgesetz für die öffentliche Verwaltung in Form der Administrative keine Hinweise für einen festen Kompetenzbereich bestehen. Auch lassen sich schwer aus faktischen, der Verwaltung vorbehaltenen Bereichen Rückschlüsse auf eigenständige Bereiche ziehen. Ein lediglich an sachlichen Kompetenzen ausgerichteter Bereich von Aufgaben widerspricht schließlich dem Wesentlichkeitsgedanken. Nach diesem muss der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Wesentliche Entscheidungen hängen aber nicht mit Kompetenzen oder bestimmten sachlichen Aufgabenbereichen zusammen. Selbst wenn man einen kompetenziellen Bereich finden würde, der der Verwaltung eigenständig zur Verfügung steht, so schließt dies nicht aus, dass nicht auch in dem besagten Bereich wesentliche Entscheidungen zu treffen sind. Dieser Gedanke leitet über zu einer normativ-wertenden Anknüpfung. Kann nicht im Gegensatz zu der Wesentlichkeit des Parlamentsvorbehalts eine Unwesentlichkeit zugunsten einer eigenständigen Verwaltung gefunden werden? Würde man das Spiegelbild der Wesentlichkeit in Form der Unwesentlichkeit zu Rate zieht, übersähe man aber, dass sich der eigenständige Bereich der Verwaltung und Parlamentsvorbehalt nicht zwingend aneinander anschließen müssen, sondern vielmehr auch ein Zwischenraum vorhanden sein kann, indem Entscheidungen des Gesetzgebers möglich, aber nicht notwendig sind. Schon im Rahmen der Wesentlichkeitsrechtsprechung ist es bei jedem Sachverhalt erneut schwer, die Wesentlichkeit zu bestimmen. 276 Bei der Respektierung eines Zwischenraums würde sich, da dadurch nicht der Umkehrschluss zur Wesentlichkeit gezogen werden könnte, die Suche nach praktischen Ergebnissen erneut erschweren. Dieses schon schwierige Unterfangen müsste darüber hinaus für jede Tätigkeit der Verwaltung möglich sein bzw. durchgeführt werden. Es bleibt damit der Rückgriff auf eine begrifflich-funktionelle Anknüpfung. 277 Dabei sieht man sich zwar sofort der bestehenden Schwierigkeiten ausgesetzt, Verwaltung materiell-inhaltlich zu definieren. 278 Ein Zurückführen auf elementare institutionelle Grundsätze bleibt aber möglich.

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Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(4)(a). Vgl. Zimmer, Funktion-Kompetenz-Legitimation, S. 46 ff.; 188 ff. 276 Vgl. zur „Wesentlichkeitstheorie“ unten 6. Kap. 4. Abschn. A.IV. 277 Erichsen, VerwArch 70 (1979), 249 (254 f.), Peters, Die Verwaltung als eigenständige Staatsgewalt, S. 6 ff. 278 Vgl. dazu Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 2, Rn. 1 ff.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 5 ff. 275

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(bb) Reichweite einer rechtlichen Begründung – Institutionelle Strukturen Die Begründung eines eigenverantwortlichen Bereichs der Verwaltung bleibt damit nur insofern möglich, als dass es um die Art und Weise des Tätigwerdens geht, unabhängig davon, wer oder welche Stelle tätig wird und unabhängig davon, was vorgenommen wird. 279 Führt man sich die hier schon öfter verwendete Trennung zwischen politischem und bürokratischem Staatswillen vor Augen, so kommt man zu der „Umsetzungsfunktion“ der vollziehenden Gewalt. 280 Auch wenn sich die Frage nach einem eigenständigen Bereich der Verwaltung zumeist allgemein zwischen Verwaltung und Gesetzgeber abspielt, soll doch nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch die Regierung (freilich als Gubernative Teil der Exekutive) den politischen Staatswillen und damit auch die von der administrativen Verwaltung umzusetzenden Vorgaben mitbildet. Stellt man auf diesen Umsetzungscharakter ab, wäre es verfehlt, die Gubernative in einer Einheit mit der Administrative zu sehen. Die notwendigen Differenzierungen leistet das Abstellen auf den Staatswillen in Form des politischen und bürokratischen Staatswillens. Damit verbunden ist auch das oben angesprochene Bild des politischen Staatswillens. Dieser ist näher an einer unmittelbaren demokratischen Legitimation und setzt dementsprechend die Eckpunkte der staatlichen Willensbildung. Nach diesen Vorgaben handelt die Verwaltung. 281 Und damit sind nicht lediglich Gesetze gemeint. 282 Auch in Bereichen, in denen keine ausdrücklichen Vorgaben für die Verwaltung gemacht werden, gibt es Richtlinien, die von der Verwaltung zu beachten sind. 283 „Vollzug“ i. S. d. Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Hs. 2 GG meint nicht nur den Vollzug von Gesetzen, sondern darüber hinaus auch von sonstigen Vorgaben des politischen Staatswillens. 284 Die zu beachtenden Vorgaben 279

Maurer, VVDStRL 43 (1985), 135 (156). Im Hinblick auf die Idee einer funktionsgerechten Organstruktur ist es notwendig, ebenso wie bei dem allgemeinen Prinzip der Gewaltentrennung, die Entwicklung von einem Anknüpfen an die Gewalten und damit Organe hin zu einem Anknüpfen an die Funktionen nachzuvollziehen, vgl. Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 518, 521 ff. 280 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 281 Reuß, DÖV 1967, 217 (218). „Die Verwaltung kann ‚in Funktion nur nach Kraft und nach Maßgabe eines Amtsauftrages treten‘, den der Staat ihr ‚in seiner Verfassung und in seinen sonstigen Gesetzen erteilt‘.“ 282 Gegen die Annahme Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 5, Gesetzgebung stelle die Konkretisierung von Staatszwecken auf einer ersten Stufe und Verwaltung die Verwirklichung der Staatszwecke für den Einzelfall auf einer zweiten Stufe dar, ging der Einwand von Erichsen, VerwArch 70 (1979), 249 (255), dass diesem angesichts der Auflösung des tradierten Begriffs des Gesetzes nicht gefolgt werden könne. 283 Teilweise können sogar Vorgaben aus der Gesellschaft heraus gebildet werden. Vgl. ausführlich zur Bildung von Verwaltungszielen unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(1). 284 Betrachte man den systematischen Gehalt der relevanten Artikel (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 2 GG) und vergleicht die enthaltenen Funktion, so könnte man daran zweifeln. Denn die Funktion „Gesetz“gebung bezieht sich schon nach dem Wortlaut auf die

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sind grundsätzlich abstrakt-generell, während die Verwaltungstätigkeit regelmäßig darauf bezogen konkret-individuell ist. 285 Verwaltungstätigkeit findet in sämtlichen Bereich statt, in denen Vorgaben existieren. Entsteht ein Gesetz zu einem bestimmten Sachbereich, muss in diesem Sachbereich auch Verwaltungstätigkeit entstehen. Die Verwaltung „läuft neben den Gesetzen mit“ und hat eine Art Komplementärfunktion. 286 Der eigenständige Entscheidungsspielraum der Verwaltung schließlich besteht in den Bereichen, in denen die generellen Vorgaben individualisiert werden müssen. So verstanden bezieht er sich nicht auf eine fest bestimmte Organzusammensetzung oder einen Organbestand sowie nicht auf thematisch fest bestimmte Kompetenz- oder Aufgabenbereiche, sondern nur auf die Art und Weise einer bestimmten Tätigkeit. 287 Die so gewonnene Eigenständigkeit kann zwar in Einzelfällen ausgeschlossen werden, nicht aber in ihrem institutionellen Gehalt. 288 Damit besteht aber auch kein vollständiger Ausschluss des gesetzgeberischen Zugriffsrechts, sondern lediglich ein Ausschluss eines allumfassenden Zugriffsrechts. Als Ausdruck des Gewaltenteilungsprinzips ist sowohl die Individualisierung der vom politischen Staatswillen gemachten Vorgaben als auch deren generelle Entstehung auf Seiten der Verwaltung zu erhalten.

Rechtsform des Gesetzes, so dass es naheliegen würde, auch das „Vollziehen“ der zweiten Gewalt nur auf Gesetze zu beziehen. Dass die vollziehende Gewalt jedoch nicht nur an Gesetze gebunden ist, zeigt schon der Verweis auf das von Gesetzen zu trennende „Recht“. 285 Maurer, VVDStRL 43 (1985), 135 (158). Selbstverständlich gibt es auch zu diesem Grundsatz Ausnahmen. Es sei nur das Maßnahmegesetz oder die Verordnung der Verwaltung genannt. Aber ebenso wie es durch das Grundgesetz Abweichungen von einer strikten, althergebrachten Gewaltenteilung gibt, ist dennoch ein allgemeines Prinzip zu erkennen. Zum Prinzipiencharakter der Gewaltenteilung Herzog, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG, Art 20 V, Rn. 122. Im Gegensatz dazu ist bezogen auf Handlungsformen die scharfe Trennung zwischen abstrakt-generell und konkret-individuell nur schwer möglich, vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 19 Abs. 1, Rn. 15. 286 Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 27; Ossenbühl, in: Götz / Klein / Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (32). Teilweise wird gerade aus dieser allgemeinen Gesetzesgegenwärtigkeit geschlossen, die darin enthaltene Vielgestaltigkeit verhindere einen generellen eigenständigen Verwaltungsbereich, sondern lasse nur Spezialisierungen dessen zu, Schröder, DVBl. 1984, 814 (821). 287 Ähnlich Dreier, Die Verwaltung 25 (1992), 137 (155). „Wenn man die Eigenständigkeit der Verwaltung somit in ihren unterschiedlich strukturierten Handlungsspielräumen und diese im ‚Vollzug‘ der Gesetze begründet sieht, so darf die Wahl dieses Generalbegriffes die Einsicht nicht verstellen, dass damit eben nicht wertneutrale Willensumsetzung oder ein gewissermaßen vollautomatisierter Subsumtionsprozess, sondern ein durchaus kreativer, gesetzeskomplementärer Vorgang gemeint ist, der bei der Anwendung der oft nur schwach programmierenden Gesetze Normkonkretisierung, Alternativenwahl, Wertpräferierung, Abwägungsvorgänge und praktischen Interessenausgleich einschließt.“ 288 Vgl. Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 27.

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Dies ergibt sich in legitimatorischer Hinsicht daraus, dass die Verwaltung in dem Dreiklang Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung mit den beiden anderen Funktionen gleichrangig ist. 289 Die Trennung zwischen abstrakt-genereller Vorgabe und konkret-individueller Handlung ist notwendig durch die zwingende Bindung des Vollzugs an Gesetz und Recht. Erst ein von der Verwaltung unabhängig entstandener Überprüfungsmaßstab für ihr Handeln in Form von Gesetzen sichert die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ab. Fielen sowohl abstraktgenereller Vorgabenerlass und konkret-individuelle Handlung in einer Stelle zusammen, könnte eines nach dem anderen ausgerichtet werden und würde so die rechtliche Überprüfung erheblich erschweren. Dass der gesetzgeberische Zugriff auf den eigenständigen Bereich der Verwaltung zwar in Einzelfällen, gleichsam „punktuell“ 290, aber auch nicht breiter möglich ist, zeigt sich an zwei weiteren Umständen. Zum einen statuiert Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG ein Verbot des Einzelfallgesetzes. Die praktische Relevanz dieses Verbots hält sich angesichts von Maßnahmegesetzen und dem Verweis auf Einschränkungsvorbehalte zwar in engen Grenzen. 291 Auch lässt sich wegen diesen Verwässerungen gerade nicht von einem kategorischen Ausschluss konkretindividueller Parlamentstätigkeit sprechen. 292 Dennoch lässt sich eine Tendenz herauslesen, wonach eine grundsätzliche Zuordnung staatlicher Handlungen zu Staatsfunktionen besteht, punktuelle Übergriffe aber möglich sind. Daneben ist auch zu beachten, dass die Tätigkeit der jeweiligen Funktionen verschiedene Verfahrensregelungen nach sich zieht. Im Hinblick hierauf wäre es unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten wünschenswert, dass die konkret-individuelle Umsetzung von Vorgaben einheitlich durch eine staatliche Stelle vorgenommen wird. Indem sowohl Gesetzgebung und Verwaltung legitimiert sind, muss eine von beiden Stellen diese Umsetzung hauptsächlich vornehmen. Als Folge darf sich das Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Verwaltung nicht derart verschieben, dass sich ein Gewaltenmonismus im Sinne eines allumfassenden Parlamentsvorbehalts entwickelt. 293 Die konkret-individuelle Umsetzung ist folglich von einer anderen Stelle, als der Gesetzgebung zu tätigen. Teilweise wird das Demokratieprinzip dafür herangezogen, um für einen umfassenden Parlamentsvorbehalt zu argumentieren. 294 Dies lässt sich aber auch 289

BVerfGE 9, 268 (281); 18, 172 (183 f.); 49, 89 (125); Stern, Staatsrecht Bd. 2, S. 756. Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 27. 291 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 19 Abs. 1, Rn. 13 ff.; Krüger / Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 19, Rn. 24. 292 Krebs, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 19, Rn. 13; Lerche, in: Isensee / Kirchof (Hrsg.), HdStR V, § 122, Rn. 36; Kunig, Jura 1993, 308 (311). 293 Vgl. BVerfGE 49, 89 (125); 68, 1 (86 f.); 98, 218 (252); VGH Berlin NJW 1995, 858 (859). 294 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(1). 290

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

genau umgekehrt verwenden. Hätte das Parlament die rechtliche Möglichkeit, die Verwaltung durch seine Vorgaben in eine Art fremdgesteuerten Apparat umzuwandeln, so würde ein solches Vorhaben die Arbeitsfähigkeit des Parlaments lahm legen. Um ein funktionierendes Gesetzgebungsorgan zu erhalten, darf es zum Selbstschutz gar nicht erst die Möglichkeit haben, unbegrenzten Zugriff auf die Verwaltungsebene zu nehmen. Die Organe einer Funktion sind nicht dazu geeignet, dauerhaft andere Funktionen wahrzunehmen. 295 Im Gegensatz zum Ansatz einer funktionsgerechten Organstruktur, die die Eignung eines Organs zur Entscheidungsfindung eher im Hinblick auf den Bürger hinterfragt, geht es hier verstärkt um die Geeignetheit eines Organs zur Entscheidungsfindung im Hinblick auf sich selbst. Diese Überlegungen deuten im Übrigen darauf hin, dass die ebenfalls an das Demokratieprinzip angelehnte Wesentlichkeitstheorie zum Schutz des demokratisch unmittelbar legitimierten Parlaments, nachdem wesentliche Entscheidungen vom Parlament selbst zu treffen sind, ein spiegelbildliches Pendant hat, nachdem zum Selbstschutz des Parlaments bestimmte Entscheidungen gerade nicht von ihm zu treffen sind. Ein eigenständiger Bereich der Verwaltung lässt sich derzeit lediglich bezogen auf die institutionellen Strukturen ihrer Funktionen annehmen. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ist dies jedoch ausreichend, denn damit ist eine vollumfängliche rechtliche Determination des Verwaltungswillens ausgeschlossen. Der Verwaltung kommt ein eigenständiger Bereich des Entscheidens zu, in dessen Rahmen sie die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung verwenden kann.

B. Bildung und Umsetzung des überindividuellen Verwaltungswillens Der Klärung bedarf nun der Willensbildungsprozess dieses Verwaltungswillens. Die Kenntnis hiervon ist nötig, um in konkreten Sachverhalten zu bestimmen, welchen rechtlich relevanten Inhalt der Verwaltungswille hinter einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung aufweist. 296 Umschreibungen für die Willensbildung und Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung in Ansehung zu vollziehender Gesetze sind häufig anzufinden. 297

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von Danwitz, Der Staat 35 (1996), 329 (335). Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 2 und vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. B.II. 297 Bartlsperger, in: VVDStRL 33 (1975), 221 (249), „Das Politische liegt verwaltungsspezifisch in der Entscheidungsmöglichkeit der Verwaltung zwischen mehreren Handlungsalternativen.“ Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 59, „ Denn die Umsetzung einer generellen Norm in die Ausführung durch eine Mehrzahl von Verwaltungsakten ist ein eigengearteter, eigengewichteter Vorgang, der bestimmte praktische Erwägungen und logische Operationen in Bewegung setzt.“ Zimmer, Funktion-Kompetenz-Legitimation, S. 224, 296

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

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I. Entscheidungstheorie 298 und Verwaltungsverantwortung Die teilweise vorgefundenen Möglichkeiten für die Willensbildung in der Verwaltung sind groß. Insbesondere Rüping stellt in ihrer Arbeit zum Verwaltungswillen mehrere Verfahren zur Diskussion. 299 Denkbar erscheint beispielsweise ein entscheidungstheoretischer Ansatz. Bei näherer Betrachtung wird aber schnell deutlich, dass es sich dabei um eine Darstellung von Entscheidungsmethoden handelt, nicht aber um ein autonomes Modell der Willensbildung. 300 Für sich alleine können entscheidungstheoretische Ansätze die Willensbildung im Rahmen des Verwaltungswillens deshalb nicht erklären. Rüping stellt daneben das Modell der „Verwaltungsverantwortung“ vor. Darunter versteht Scholz „diejenigen Verantwortlichkeiten und Verfahren, Zuständigkeiten und spezifischen Handlungsräume [...], die das System „öffentliche Verwaltung“ rechtlich und politisch verfassen“ 301. Kernstück dieses Systems sei eine Eigenverantwortung, die als prinzipaler Funktionsvorbehalt besteht und der ausgefüllt ist durch einzelne Verwaltungskompetenzen sowie ihre verantwortliche Wahrnehmung. 302 In verfahrenstechnischer Hinsicht soll sich die Verwaltungsverantwortung in einem Prozess umfassender Informationsverarbeitung, komplexer Problemanalyse und Problemlösung manifestieren. 303 Wilke versteht den Begriff der „Verwaltungsverantwortung“ stark am Wortlaut und dabei am Bereich „Verantwortung“ orientiert. Dies drückt sich hauptsächlich in einer kompetenzrechtlichen und sanktionsrechtlichen Verantwortung aus. 304 Ob der Begriff der „Verwaltungsverantwortung“ unter diesen Vorzeichen einen „Die Vollzugskompetenz bedeutet Herrschaft über die Alternative.“ Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG, Art 19 IV, Rn. 188 ff. spricht von einer „administrativen Letztentscheidungsermächtigung“, wobei allerdings der Rückgriff auf eine Ermächtigung einen etwas anderen Bezug aufnimmt. 298 Da es – ebenso wie bei der Systemtheorie – nicht die eine Entscheidungstheorie gibt, wäre es korrekter lediglich von einem entscheidungstheoretischen Ansatz zu sprechen; vgl. Kaufmann / Hassemer, Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 487. 299 Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 70 ff. 300 So auch Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 74. „Zusammenfassend kann deshalb festgestellt werden, dass die Entscheidungstheorie auf der Ebene der Handlungslehre Zieloptimierung erstrebt und damit die „effiziente Durchsetzung des Wollens im Sein“ zum Gegenstand hat. Bereits die eigene Zielsetzung zeigt deshalb, dass ein rechtlicher Wille durch ihr Begriffsinstrumentarium nicht ersetzt, sondern lediglich transparenter gemacht werden könnte.“ Zu Einsatzmöglichkeiten der Entscheidungstheorie vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B. I. 301 Scholz, VVDStRL 34 (1976), 145 (149). 302 Scholz, VVDStRL 34 (1976), 145 (149). 303 Scholz, VVDStRL 34 (1976), 145 (149). 304 Wilke, DÖV 1975, 509 (511 f.).

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

gewichtigen Beitrag zur Willensbildung im Verwaltungsrecht leisten kann, muss bezweifelt werden. Ähnlich der Entscheidungstheorie vermag die Verwaltungsverantwortung nicht eine Willensbildung herbeizuführen, sondern kann allenfalls einen kleinen Bereich davon abbilden. Es wird nur eine inhaltliche Vorgabe beschrieben, die zu berücksichtigen ist, wobei dies auch nicht die einzige Vorgabe ist. 305 Hinzu kommt, dass der Begriff der Verwaltungsverantwortung derart unbestimmt ist, dass man ihn zu einer Nutzung in ohnehin bekannte und verwandte rechtliche Kategorien einordnen muss. 306 Aus diesem Grund wird schnell deutlich, warum der Begriff der „Verwaltungsverantwortung“, abgesehen von den Arbeiten von Scholz und Wilke, ein Schattendasein führt. II. Verwaltungswille als zu konkretisierende Verwaltungsziele Vielversprechender für die Willensbildung in der Verwaltung erscheint ein stärker interdisziplinär geprägter Weg. In konsequenter Weiterführung der bisher gewonnenen Erkenntnisse muss auch die verwaltungsinterne Willensbildung als Teil der Verwaltungslehre angesehen werden und damit zugänglich sein für andere als juristische Disziplinen. Die Differenzierung der Exekutive in Gubernative und Administrative bringt die öffentliche Verwaltung in die Position, die getroffenen politischen Entscheidungen und die erlassenen Gesetze umzusetzen. 307 Man kann deshalb die öffentliche Verwaltung auch als „Zielerreichungssystem des Staates“ 308 umschreiben. Aus diesem Grund wird für den Entscheidungsprozeß der öffentlichen Verwaltung ein sog. „Zielsystem“ zugrunde gelegt. 309 Als ein solches Ziel wird ein in der Zukunft angestrebter Zustand mit einem entsprechenden Handlungsauftrag verstanden, der 305

Insofern wird dem Begriff der „Verwaltungsverantwortung“ durchaus noch eine Rolle in der Willensbildung zukommen, nicht aber die Rolle der Willensbildung. Dazu unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(2)(b). 306 Vgl. die Vorgehensweise bei Wilke, DÖV 1975, 509 (509 ff.). Röhl, Die Verwaltung Beiheft 2 (1999), S. 33 (55) lehnt aus diesem Grund sogar eine Verwendung des Begriffs der „Verwaltungsverantwortung“ kategorisch ab. 307 Mattern, Allgemeine Verwaltungslehre, Rn. 318; Brünner, in: Wenger / Brünner / Oberndorfer, Grundriss der Verwaltungslehre, S. 89. Vgl. auch oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 308 Mattern, Allgemeine Verwaltungslehre, Rn. 318. Vgl. zu der Art und Weise, wie sich aus politischen Grundentscheidungen Verwaltungsziele entwickeln Steinebach, Verwaltungsbetriebslehre, Rn. 74. Zu Zielen der Staatstätigkeit vgl. Herzog, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 72. 309 Allgemein dazu Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre, Bd. 2, S. 38 ff.; Schmidt, Betriebswirtschaftslehre für die Verwaltung, S. 136 ff.; Wenger / Brünner / Oberndorfer, Grundriss der Verwaltungslehre, S. 90 f.; von Mutius, in: ders. / Friauf / Westermann (Hrsg.), HÖV I, S. 718; Mattern, Allgemeine Verwaltungslehre, Rn. 318 ff.; Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 33 ff.

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gleichzeitig auch eine Begründung der Handlung enthalten kann. 310 Die öffentliche Verwaltung sieht sich dabei aber aufgrund ihres allseitigen Tätigkeitsbereichs dem Problem ausgesetzt, dass ihr eigentliches Ziel nirgends operational definiert ist. 311 Dementsprechend führen empirisch gewonnene Zielzusammenstellungen zu einer wahren Flut von Sachgebieten. In gesellschaftlicher Hinsicht kann man zwischen Frieden (sozialen Frieden), Freiheit (Gedanken- und Handlungsfreiheit), Gerechtigkeit (Gleichmäßigkeit, Start-, Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit), Sicherheit (kollektive und individuelle Sicherheit) und Wohlstand (Erzielung von Einkommen) unterscheiden. 312 Auch in juristischer Hinsicht lassen sich Ziele definieren. Typischerweise sind dies die sog. Staatszielbestimmungen wie der Umweltschutz in Art. 20a GG. Daneben lassen sich auch aus einzelnen Vorschriften Ziele ableiten, wie etwa das Gebot der Völkerrechtsfreundlichkeit in Art. 25 GG oder die Erhaltung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts i. S. d. Art. 109 Abs. 4 GG. 313 Je weiter man sich von dieser abstrakten Ebene entfernt und die praktischen Tätigkeiten untersucht, desto mehr Differenzierungen lassen sich finden. 314

310 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre, Bd. 2, S. 38; Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 34. 311 Boerger, Die Effizienz öffentlicher Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 108. 312 Eichhorn / Friedrich, Verwaltungsökonomie I, S. 104. Obwohl ein Rückgriff auf solche Themensammlungen wegen der Vielfalt der öffentlichen Verwaltung, siehe sogleich unten 2. Kap., Fn. 314, nicht immer optimal erscheint, ist die Alternative in Form der Bemühung des Begriffs des „Gemeinwohlziels“ ebenfalls zu hinterfragen. Gemeinwohl kann nach Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 71, Rn. 1 ff.; Eichhorn, in: ders. (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 340, als die allgemeinste Bezeichnung und Leitbild für eine gute und gerechte Gesellschaftsordnung verstanden werden. Unter dem Begriff des „Gemeinwohls“ werden alle legitimen staatlichen Interessen gebündelt und alle öffentlichen Interessen geeint, Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 71, Rn. 2; Brugger, in: Murswiek / Storost / Wolff (Hrsg.), FS Quaritsch, S. 45 ff. In dieser Allgemeinheit kann das Gemeinwohl nicht nur als letztendlicher Inhalt eines Verwaltungswillens angesehen werden. Auch der Staats- und Volkswille in ihrer Allgemeinheit streben diesen Zustand an. Für ein konkretes Arbeiten eignet sich der Gemeinwohlbegriff wegen seines hohen Abstraktionsniveaus und seinen fehlenden inhaltlichen Vorgaben ebenso wie der in dieser Hinsicht ähnliche Begriff der „Verwaltungsverantwortung“ aber nur schlecht; Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 71, Rn. 3; vgl. allgemein Boerger, Die Effizienz öffentlicher Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 108 ff. 313 Ob darüber hinaus die klassischen Staatsprinzipien (Bundesstaats-, Rechtsstaats-, Demokratie-, Republik-, und Sozialstaatsprinzip) als Ziele bestimmt werden können, wie dies Eichhorn / Friedrich, Verwaltungsökonomie I, S. 104 machen, erscheint zweifelhaft. Freilich sind auch dies Werte, die der Staat anzustreben hat. Es wird aber noch darauf einzugehen sein, inwiefern Staatsprinzipien als verfassungsgestaltende Grundstrukturen durch andere Ziele bei Kollisionen verdrängt werden kann, vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. 314 Vgl. die Zusammenstellung bei Eichhorn / Friedrich, Verwaltungsökonomie I, S. 104 ff. Unter Bezugnahme auf Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsver-

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

1. Abgrenzung von Zielen zu Aufgaben, Zwecken, Rahmenbedingungen und Normen Wendet man sich den „Zielen“ der öffentlichen Verwaltung zu, begegnet einem allzu häufig das – zumindest umgangssprachliche – Synonym der „Aufgabe“. 315 Diese Sinngleichheit findet sich sodann auch in ersten Definitionen. Mäding versteht eine Verwaltungsaufgabe als „normierte konkretisierte Verknüpfung von Zwecken (Zielen) des Gemeinwesens und Gegenständen ergebnisgerichteter Tätigkeit (Handlung, Mitteldisposition) von Organen öffentlicher Verwaltung“ 316. Nach Bull ist eine Aufgabe ein normativer Begriff, der dasjenige Element bezeichnet, „das eine Vielzahl [...] menschlicher Handlungen oder von Menschen bewirkter Ereignisse (Prozesse) auf ein Ziel oder einen Zweck hin ausrichtet (orientiert) und ihnen damit einen spezifischen Sinn gibt“ 317. Dieser Sinn kann auch so verstanden werden, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben bestimmten Zielen dient. 318 Teilweise wird aus diesen Vorgaben geschlossen, der einzige Unterschied zwischen Zielen und Aufgaben sei ihre Dimension oder Bezugspunkt. Während Ziele höher gesetzt sind, seien Aufgaben den Zielen untergeordnet. 319 Daraus folgere aber, dass die Differenzierung zwischen „höheren“ Zielen und „niedrigeren“ einfachung, System der öffentlichen Aufgaben, lassen sich alle öffentlichen Aufgaben aller Verwaltungsebenen in 40 sog. Aufgabenhauptgruppen unterteilen: Arbeitsschutz, Arbeitsbeschaffung / Auswärtige Angelegenheiten / Einwohnerwesen / Energie- und Wasserwirtschaft / Ernährungswirtschaft / Feuerschutz / Forschung / Forst- und Jagdwesen, Fischerei / Geld-, Kredit- und Versicherungswesen / Gesundheitswesen / Gewerbe und Handel / Jugend / Kulturelle Angelegenheiten / Landwirtschaft, Flurbereinigung / Luftfahrt / Öffentliche Einrichtungen / Öffentliche Sicherheit und Ordnung / Personenstandswesen / Polizei, Bundesgrenzschutz / Post- und Fernmeldewesen / Raumordnung, Landesplanung, Regionalplanung, Entwicklungsplanung / Rechtsschutz, Rechtspflege / Schienenverkehr / Schulen, Hochschulen / Soziale Angelegenheiten / Sozialversicherung / Sport und Erholung / Staatsangehörigkeitsangelegenheiten / Städtebauliche Ordnung, Bauleitplanung und -ordnung / Straßen / Vermessungs- und Katasterwesen / Vermögensbildung / Verteidigung / Wahlen / Wetterdienst / Wirtschaftsförderung, Fremdenverkehr / Wirtschaftsunternehmen / Wohnungswesen / Zivilschutz. Weitere Zusammenstellungen bei Lecheler, Verwaltungslehre, S. 51 ff.; Ellwein, Einführung in die Regierungs- und Verwaltungslehre, S. 31 ff. Dabei wird deutlich, dass jegliche Aufgabe an Abstraktion mit einer Zunahme von schwer zu überschauender Listenbildung einhergeht. Aus diesem Grund kritisch Püttner, Verwaltungslehre, S. 37. 315 Nach Mäding, Die Verwaltung 6 (1973), 257 (258), sind sachverwandte Begrifflichkeiten daneben Funktion, Obliegenheit, Anliegen, Bedürfnis oder Pflicht. Diese sollen im Folgenden aber aus der Untersuchung ausgeklammert bleiben, denn die zu dem Begriff der „Aufgaben“ vorzunehmenden Erläuterungen können in ihren Grundstrukturen auch für die anderen Begriffe fruchtbar gemacht werden. Vgl. Püttner, Verwaltungslehre, S. 36. 316 Mäding, Die Verwaltung 6 (1973), 257 (266). 317 Bull, in: Becker / Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, 1974, Heft 2.1, S. 1. 318 Püttner, Verwaltungslehre, S. 36. 319 Braun, Ziele in öffentlicher Verwaltung und privaten Betrieb, S. 95; Wenger / Brünner / Oberndorfer, Grundriss der Verwaltungslehre, S. 94.

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Aufgaben fließend sei und von dem jeweiligen Betrachter abhänge, so dass eine Unterscheidung praktisch nicht möglich sei. 320 Dass Ziele und Aufgaben systematisch eng miteinander verwoben sind, machen schon die eingangs aufgezeigten Definitionen klar. Und in der Tat müssen i. d. R. Aufgaben erfüllt werden, um Ziele zu erreichen. Ziele beschreiben aber einen in der Zukunft liegenden, angestrebten Zustand. Eine Aufgabe hingegen ist kein angestrebter Zustand, sondern vielmehr gegenwärtig vorhanden. Darüber hinaus kennzeichnet es weniger einen inaktiven, passiven Zustand als eine aktive Tätigkeitsherausforderung. Bleibt man am Wortsinn, sind Aufgaben eher von dritter Seite bzw. einem nicht beeinflussbaren Zustand heteronom „aufgegeben“, hingegen können Ziele auch autonom gebildet werden. Während „Ziele“ auf einer Ergebnisebene liegen, fallen „Aufgaben“ auf eine Handlungs- oder Tätigkeitsebene. 321 Während Ziele also einen angestrebten Zustand beschreiben und Aufgaben vorzunehmende Tätigkeiten, um (und insofern besteht freilich auch eine natürliche Verbindung zwischen Zielen und Aufgaben) gegebenenfalls ein Ziel zu erreichen, beschreibt der „Zweck“ den Grund einer Handlung bzw. Tätigkeit. 322 Der Zweck bildet die gedankliche causa für ein Handeln, das einen gewünschten Zustand (Ziel) erreichen soll. 323 „Rahmenbedingungen“ kennzeichnen zumindest mittelfristig Begrenzungen für die Tätigkeit des Handelnden, die in der Regel finanzieller oder rechtlicher Natur sind. 324 Rahmenbedingungen sind also Modalitäten, für die Vornahme von Aufgaben oder Erreichung von Zielen. Nach Thieme unterscheiden sich schließlich Ziele auch von Normen. Während eine Norm im Konditionalsatz die Alternative zwischen Anwendung oder Nicht-Anwendung biete, seien Zwecke, die hinter Zielen stünden, kumulativ zu berücksichtigen. 325 Eine Norm kann aber auch einfach ein Gebot enthalten, etwas zu tun, und in einem solchen Fall schwindet der Unterschied zu Zielen. Auch hier ist eine Abgrenzung objektbezogen am 320 Braun, Ziele in öffentlicher Verwaltung und privaten Betrieb, S. 96; vgl. auch Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 140; Eichhorn / Friedrich, Verwaltungsökonomie I, S. 110. 321 So auch Eilsberger / Leipelt, Organisationslehre für die Verwaltung, S. 267; Eichhorn, in: ders. (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 919. Vgl. auch Püttner, Verwaltungslehre, S. 36. 322 Vgl. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 423. 323 Vgl. Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, S. 9 ff. Auch für diese Abgrenzung bestehen nach Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 424, in anderen Disziplinen nicht zwingend greifbare Kategorien. Besonders deutlich wird dies, je weiter ein Ziel abstrahiert wird. Beschreibt man es als die grundlegenden gesellschaftlichen Ziele, wie z. B. Frieden oder Freiheit, fällt es schwer davon zu unterscheidende Zwecke zu finden. Je weiter Ziel und Zweck abstrahiert werden, desto eher gleichen sie sich an. 324 Eilsberger / Leipelt, Organisationslehre für die Verwaltung, S. 267. 325 Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 430.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

gehaltvollsten. Während das Ziel die Ergebnisebene betrifft, stellt die Norm eine Aufforderung für die Verhaltensebene dar. 2. Vorgang der Verwaltungszielkonkretisierung als systemtheoretischer Ansatz Am Anfang einer staatlichen Willensbildung durch Verwaltungsziele müssen die Ziele stehen. Sie gilt es umzusetzen während sie gleichzeitig den Maßstab für das Handeln der Verwaltung bilden. Um diesen komplexen Vorgang logisch aufzudecken, erscheint es angebracht, sich eines offenen, lernfähigen Systems zu bedienen. a) Willensbildungsverfahren von formalen Organisationen auf politisch-staatlicher Ebene Die Verwendung eines systemtheoretischen Ansatzes zur Beschreibung der politischen Willensbildung ist nicht nur in der Politischen Wissenschaft eine Selbstverständlichkeit. Aus der grundlegenden Streitfrage, über eine politische Theorie, 326 hat sich, zurückgehend vor allem auf die amerikanischen Politikwissenschaftler Talcott Parsons 327 und David Easton 328, eine politische Systemtheorie entwickelt. Nach ihr sollen die Gesellschaft und der Staat als ein einheitliches Ganzes verstanden werden, dessen Struktur durch die Beziehungen der einzelnen Elemente untereinander geprägt ist. 329 Aufgrund der Wandelbarkeit und Prozesshaftigkeit 326

Vgl. Böhret / Jann / Kronenewett, Innenpolitik, S. 402 ff. Demnach kann man zwischen drei verschiedenen wissenschaftstheoretischen Grundpositionen unterscheiden. Nach einem normativ-ontologischen Ansatz ist eine Kombination von praktischen Erkenntnisinteresse mit einer Orientierung an ewigen Werten verbunden. Ein empirisch-analytischer Ansatz stellt auf ein technisches Erkenntnisinteresse mit einem an Erfahrung orientierten Erkenntnisbegriff ab. Schließlich wird die dialektisch-historische Grundposition durch geschichtlich orientierte kritische Analysen und ein emanzipatorisches Erkenntnisinteresse geprägt. 327 Parsons, Social System; vgl. auch Druwe, Politische Theorie, S. 336 ff. Parsons Verständnis einer Systemtheorie ist strukturell-funktionaler Art. Grundlage seiner Bezugssysteme sind sog. „Handlungssysteme“, somit also keine Personen, sondern Handlungen. Sein Konzept kann deshalb als Handlungstheorie verstanden werden, vgl. zu der Abgrenzung Handlungs- und Systemtheorie oben 2. Kap., Fn. 164. Auch er greift aber schon auf ein Modell der Input und Output Faktoren zurück. 328 Easton, Political System. 329 Vgl. allgemein zu der in der Politikwissenschaft allgemein anerkannten politischen Systemtheorie Thiery, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 217 ff.; Birle / Wagner, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 105 ff.; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 760; Naßmacher, Politikwissenschaft,

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des politischen Lebens ist dabei ein offenes und adaptives System zugrunde zu legen. Grundlegender Mechanismus einer politischen Systemtheorie ist deshalb die Reaktion auf – und gleichzeitige Beeinflussung von – Umwelteinflüssen. Umwelteinflüsse gelangen als Inputs in das politische System und beeinflussen auf diesem Weg die politische Staatsführung. 330 So ist es auch der politische Staatswille, der als Grundlage der politisch-staatlichen Entscheidungen auf die Umwelteinflüsse zu reagieren hat. Solche Umwelteinflüsse können sich zum einen als Unterstützungen (supports), zum anderen als Forderungen (demands) darstellen. 331 Als Unterstützungsleistungen kommen sowohl materielle wie immaterielle Aspekte, beispielsweise Steuern oder Loyalität, in Betracht. 332 Forderungen können sich ebenso auf verschiedene Weisen ausdrücken, sei es die Forderung nach einer Gesetzesänderung oder konkreten Handlungen, wie einer außenpolitische Betätigung (oder gerade Nichtbetätigung) in Krisengebieten. Einen großen Teil dieser Artikulierung von Forderungen nimmt der Volkswille vor. 333 Wenn man an die Vielzahl von möglichen und im aktuellen Tagesgeschehen gestellten Forderungen an den Staat denkt, zeigt sich auch hieran, dass eine Uneinheitlichkeit des (pluralen) Volkswillens systemimmanent ist. Es ist gerade S. 125 ff.; Druwe, Politische Theorie, S. 332 ff. Naßmacher, Politikwissenschaft, S. 54 ff., 125, betont die Wichtigkeit der Verwaltung bei der – vor allem Umsetzung – der politischen Entscheidungen und weist auf den sich durchzusetzenden Begriff des politisch-administrativen Systems hin. Weiterentwickelt im Hinblick auf ein allgemeines Vergleichsmodell politischer Systeme wurden die systemtheoretischen Ansätze durch Almond / Powell, Comparative Politics. Danach haben alle politischen Systeme eine politische Struktur, diese ist multifunktional und das politische System hat einen kulturellen Mischcharakter. Gleichzeitig werden Input-Funktionen (politische Sozialisation und Rekrutierung, Interessenartikulation, Interessenaggregation und politische Kommunikation) und Output-Funktionen (Regelsetzung, Regelanwendung und Regelauslegung) ausgeübt. Vgl. Birle / Wagner in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 106 ff. 330 Vgl. Thiery, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 220; Naßmacher, Politikwissenschaft, S. 126; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 761; Druwe, Politische Theorie, S. 342 ff. 331 Thiery, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 220; Naßmacher, Politikwissenschaft, S. 126; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 761. 332 Vgl. zu sog. Grundpflichten Schmidt, Grundpflichten; Stober, NVwZ 1982, 473. 333 An seinem Willensbildungsprozess beteiligt sind Parteien, Verbände, Kirchen, Medien oder Wissenschaft als Politikberatung, vgl. Korte, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 85; vgl. die Nachweise oben 2. Kap., Fn. 82. Easton, Political Life, S. 30, sieht die staatsbildenden Faktoren und vor allem die die Substanz des Staates bildende Staatsgesellschaft als total enviroment für das politische System an und unterteilt es in verschiedene Untersysteme, die alle Forderungen oder Unterstützungen als InputFaktoren abgeben können. Dabei wird das total enviroment wiederum in ein intra-societal environment (Ecological system, Biological system, Personality system, Social system) und ein extra-societal enviroment (International political systems, International ecological system und international social systems) unterteilt.

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Aufgabe des politischen Systems und mit ihm des politischen Staatswillens, zu entscheiden, welcher dieser Input-Faktoren weiterverfolgt werden soll. Das politische System wandelt diese Inputs in Outputs um. Ein Output-Faktor stellt sich dann als staatliche Handlung in einer der möglichen Handlungsformen dar. Dabei muss der politische Staatswille die Entscheidung treffen, welche InputFaktoren überhaupt umgewandelt werden sollen. Als gewollte Folge einer demokratischen Ordnung können nicht, vergleichbar den vielfältigen Wünschen eines einzelnen Menschen, 334 alle Input-Faktoren umgesetzt werden. Dieser Prozess findet größtenteils in den staatlichen Institutionen des Parlaments oder, auf gubernativer Ebene, der Regierung statt. 335 Die dann entstandenen Outputs beeinflussen wiederum die zukünftigen Inputs. Es bildet sich ein „Fließmodell“, welches charakteristisch für die Offenheit und Wandelbarkeit des politischen Systems ist. 336 Gleichzeitig entsteht ein Kreislauf, aufgrund dessen eine Wechselwirkung vor allem zwischen Staatsvolk und Staatsführung hergestellt wird. Verbindung erlangen die Outputs mit neuen Inputs durch eine Rückkoppelung (sog. Feedback loop). 337 So wird sowohl eine hinreichende Legitimation der Staatsführung gesichert, als auch die eigentlich gewollte Staatsgewaltausübung durch das Volk im Blick behalten. Prototyp dieser 334

Vgl. oben 2. Kap. 1. Abschn. A. Die verfahrensmäßigen Bedingungen bei der Auswahl, welche der entgegengenommenen Input-Faktoren in welcher Art und Weise (auch ein Nicht-Handeln auf eine Forderung kann sich als ein Output-Faktor darstellen) als Output-Faktoren in die Umwelt zurückgegeben werden, können an dieser Stelle nicht in ihren Einzelheiten dargestellt werden. Hingewiesen sei nur auf die gängigsten Methoden der Abstimmung im Parlament (Art. 42, 76 ff. GG i. V. m. GOBT) und des Verordnungserlasses der Regierung (Art. 80 Abs. 1 i. V. m. Ermächtigungsgesetz und GOBReg). Vgl. ansonsten Ermacora, Allgemeine Staatslehre II, S. 674 ff.; Küchenhoff / Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre, S. 141 ff.; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 340 ff. Vgl. zur Arbeitsweise des Parlaments Zeh, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 53; Morlok, in: Dreier, GG II, Art. 42, Rn. 31 ff.; Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 35 ff. Vgl. zur Arbeitsweise der Regierung Epping, DÖV 1995, 719 (719 ff.); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG III, Art. 65, Rn. 69 ff., 110 ff.; Detterbeck, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, § 66. 336 Thiery, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 220; Naßmacher, Politikwissenschaft, S. 126; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 761. 337 Thiery, in: Mols / Lauth / Wagner (Hrsg.), Politikwissenschaft, S. 220; Naßmacher, Politikwissenschaft, S. 126; Waschkuhn, in: Nohlen (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, S. 761. Nicht nur in der Politologie, sondern auch in der neueren Staatsrechtslehre wird zunehmend auf ein Rückkoppelungsverhältnis zwischen Volk und Staatsführung abgestellt. Nach Stein / Frank, Staatsrecht, S. 78 f., „verdient ein Staat die Bezeichnung als ‚Demokratie‘ nur, wenn die Staatsführung mit der Bevölkerung in einem Rückkoppelungsverhältnis steht, das sicherstellt, dass sie die Staatsgewalt im Interesse des Staatsvolks ausübt. Dieses Rückkoppelungsverhältnis verläuft zugleich von unten nach oben wie von oben nach unten, da es um einen umfassenden Legitimationsprozess geht, in dem staatlichen Funktionsträger permanent um die Akzeptanz ihrer Entscheidungen werben müssen.“ 335

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Wechselwirkung ist die Wahl der Volksvertreter i. S. d. Art. 38 Abs. 1 GG, jedoch sind auch die zwischen den Wahlzeiten stattfindenden Umwandlungen von Inputs in Outputs, ohne dass eine rechtliche Legitimation vergleichbar der bei der Wahl erreicht wird, dazu geeignet, die so beschriebene Verbindung zwischen Staatsvolk und Staatsführung zu erhalten und zu intensivieren. b) Übertragung auf die Bildung des Verwaltungswillens Entsprechende systemtheoretische Ansätze konnten sich in einem juristisch geprägten Verwaltungsverständnis noch nicht in diesem Umfang durchsetzen. 338 Dabei kann gerade ein aus der allgemeinen Systemtheorie kommendes Verständnis fließend zwischen allgemeiner und konkreter Betrachtung eines komplexen Gesellschaftsvorgangs wechseln und so das System „Verwaltung“ in einer adäquaten Detailliertheit abbilden und verständlich machen. 339 Dennoch darf man nicht der Vorstellung verfallen, man könne die Willensbildung der Verwaltung im Rahmen systemtheoretischer Ansätze derart detailliert vorzeichnen, dass jegliche Entscheidungen vorhersehbar werden. 340 Das Stützen auf eine allgemeine Systemtheorie geht gerade einher mit einer generalisierenden Systematisierung. Es kann deshalb – gerade im Umfeld des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes – nur ein allgemeines Muster zur Willensbildung konstruiert werden. Genauso wie das politische System muss das „System Öffentliche Verwaltung“ als ein offenes verstanden werden. Auch die Verwaltung interagiert mit ihrer Umwelt und beeinflusst sie bzw. wird durch sie beeinflusst. Auch die öffentliche Verwaltung erhält Inputs, verarbeitet diese systemintern, produziert Outputs und erhält ein Feedback. Der folgenden Untersuchung soll vorerst die Willensbildung in einem eigenverantwortlichen Entscheidungsraum zu Grunde gelegt werden, wie er oben skizziert werden konnte. 341 Denn nur bei der Annahme einer freien 338

Vgl. aber Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 416, 423; Mattern, Allgemeine Verwaltungslehre, Rn. 101; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 617; Kaufmann, in: ders. / Majone / Ostrom (Hrsg.), Guidance, Control, and Evaluation in the Public Sector, S. 211 (219 ff.). Vgl. zu einer zunehmenden Beachtung systemtheoretischer Ansätze zumindest in der Staatslehre Stein / Frank, Staatsrecht, § 9 V; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 617. Hinsichtlich der Verwaltung aus einem politikwissenschaftlichen Verständnis, vgl. Eaton, A Systems Analysis of Political Life, und für den deutschsprachigen Raum aus soziologischer Sicht, Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft. Es muss aber noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es hier nicht um das Bestehen eines Verwaltungswillens geht, für den systemtheoretische Ansätze als nicht optimal erachtet worden sind, vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1.c. Entscheidend ist hier vielmehr die Bildung eines in seinem Bestehen nicht mehr in Frage gestellten Willens. 339 Nicht versucht werden soll hier, aus einer allgemeinen Systemtheorie eine integrierende Verwaltungstheorie zu entwickeln, vgl. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 107 ff. 340 Zu der prinzipiellen Unmöglichkeit einer solchen Vorstellung Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 20.

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Entscheidungsmöglichkeit der Verwaltung ist Willensbildung möglich. Ist dies geschehen, kann untersucht werden, ob Modifikationen am gewonnenen Ergebnis auch den fehlenden eigenen Entscheidungsraum bei der heteronom bestimmten, gesetzesgebundenen Verwaltungstätigkeit erklären können. Entscheidend muss ein System sein, welches dafür sorgt, dass die hinter einer Verwaltungshandlung stehenden Motive sich mit einem Verwaltungsziel decken, also die Handlung gerade deshalb vorgenommen wird, um das Verwaltungsziel zu erreichen. c) Zielsetzung Dies bedingt logischerweise, dass es überhaupt ein Ziel gibt, das erreicht werden soll. Einerseits wirft dies die Frage nach der Bildung von Verwaltungszielen auf, andererseits welche Unterschiede es zwischen verschiedenen Zielen gibt. (1) Bildung von Verwaltungszielen Das Vorhandensein der zwangsweise notwendigen Verwaltungsziele kann unter dem Gesichtspunkt der „Zielbildung“ abgehandelt werden. Dabei konnte schon festgestellt werden, dass eine Vielzahl von Zielen besteht, die für die Verwaltung relevant werden können. 342 Fraglich ist nun, auf welche Art und Weise diese Verwaltungsziele entstehen. Verwaltungszielen liegen „Inputs“ in das System „Öffentliche Verwaltung“ zugrunde. Die Artikulierung von Erwartungen an das Handeln der Verwaltung, die sich in Verwaltungszielen niederschlagen, sind naturgemäß Forderungen („demands“), nicht aber Unterstützungsleistungen („supports“). Inputs gelangen auf verschiedene Wege in das System. Dabei spielt das Verhältnis des Systems „Öffentliche Verwaltung“ zu den Obersystemen „Staat“ und „Gesellschaft“ eine herausragende Rolle, denn die innerhalb eines komplexen Sachverhalts bestehenden Systeme und Untersysteme beeinflussen sich gegenseitig nach den Regeln, die die an ihnen ausgerichteten Verhältnisse vorgeben. Für das Verhältnis vom „Staat“ zu seinem Untersystem „Öffentliche Verwaltung“ ist dies vor allem das Recht. Staat und Gesellschaft wohnen bestimmte Werte inne, die nicht erst durch Staatsorgane oder Gesellschaftsinstitutionen formuliert werden müssen, sondern schon aus sich selbst heraus bestehen. Dies können zum einen prägende Verfassungsinhalte sein, zu denen sich ein Staatsorgan nicht erst bekennen muss, sondern die von vornherein als wesentliche Strukturprinzipien des Staates gelten. 343 So sind 341

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3. Vgl. die Aufzählungen oben 2. Kap., Fn. 314. 343 Nach Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 80, kann die Verfassung dadurch zum „Garanten einer bestimmten rechtlichen und politischen Kultur“ werden. 342

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dies z. B. die Bekenntnisse der Verfassung zur Sozial- oder Bundesstaatlichkeit, gesichert durch die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG. Eng verzahnt und einhergehend mit diesen staatlichen Vorgaben sind zum anderen die Kernelemente der Gesellschaft. Durch die Regel, andere nur so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen, 344 und die Übertragung aller Gewalt auf ein staatliches Monopol können sich grundlegende gesellschaftliche Forderungen als übereinkommend festsetzen. In ihrer Essenz strebt die Gesellschaft nach Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Wohlstand. 345 Denn geht man nach Hobbes, ist der natürliche Zustand einer Gesellschaft, in der Freiheit und Gleichheit herrscht, der Kampf aller gegen alle. 346 Erst durch Einrichtung des Staates kann dieser Kampf aller gegen alle verhindert werden. An seiner Stelle steht fortan der Staat, der mit seinem Gewaltmonopol die gesellschaftlichen Wünsche nach Frieden, Freiheit etc. sichert. 347 So ist es eine Vermengung staatlicher und gesellschaftlicher Elemente, die zu diesen grundlegenden Ausformungen führt. Die Begründung von Verwaltungszielen durch diese Inputs kann als originär staatlich bzw. originär gesellschaftlich bezeichnet werden. Inputs werden weitaus häufiger aber nicht als bestehend vorausgesetzt, sondern konkret benannt und gebildet. Als „vollziehende Gewalt“ ist die Verwaltung sehr viel stärker Zielvorgaben unterworfen als der politische Staatswille. Dementsprechend können Verwaltungsziele durch die Staatsorgane vorgegeben sein. Dabei ist jedoch zu differenzieren. Wenn sowohl das Ziel vorgegeben ist als auch die Art und Weise der Erreichung, kann man von gesetzesgebundener Verwaltung sprechen. 348 Möglich ist allerdings auch, dass zwar ein bestimmtes Ziel vorgegeben wird, nicht aber wie dies zu erreichen ist bzw. trotz Bestehens von Verwaltungszielen keine Aussagen über deren Umsetzung gemacht werden. Es kann beispielsweise ein Ziel mitsamt Umsetzungsvorschriften formuliert sein. Der von der Verwaltung zu beurteilende Sachverhalt passt zwar in die Zielvorgaben, die Umsetzungsvorgaben decken aber diesen Sachverhalt nicht ab; für den zu entscheidenden Sachverhalt nutzbar ist nur das Verwaltungsziel. 349 Es kann auch eine Zielsetzung bewusst ohne Umsetzungsvorgaben vorgenommen 344 Vgl. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421; Hobbes, Leviathan, S. 131. 345 Zur Formulierung dieser Ziele vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II. 346 Hobbes, Leviathan, S. 94 ff. 347 Hobbes, Leviathan, S. 131 ff. 348 Bei der gesetzesgebundenen Verwaltung ist das hier beschriebene Zielsystem ebenfalls vorhanden. Es ist nur schon durch die rechtlichen Vorgaben ausgefüllt. Es besteht nicht nur eine bindende Vorgabe, welche Handlung vorzunehmen ist, sondern damit gleichzeitig auch eine Vorgabe über das zu erreichende Ziel. Eine Zielabstimmung ist deshalb für die Verwaltung schon vorgenommen.

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werden. 350 Schließlich ist auch eine grundlegende Systematik erkennbar, dass, je allgemeiner ein Ziel formuliert ist, desto weniger konkret die Handlungsvorschriften inhaltlich ausgestaltet sein können. Diese durch staatliche Stellen vorgegebenen Verwaltungsziele können als derivativ-staatliche Inputs charakterisiert werden. Auch durch Inputs aus der Gesellschaft können Verwaltungsziele entstehen. So ist es in einem System von Staat und Gesellschaft auch letztere, die Anforderungen an das Untersystem „Öffentliche Verwaltung“ stellt. Ausgangspunkt kann dabei die Vielfalt der gesellschaftlichen Erscheinungen sein, wie z. B. Einzelpersonen, Bürgergruppen, Parteien, Verbänden oder Medien. 351 Diese Art von Verwaltungszielen entsteht folglich durch derivativ-gesellschaftliche Inputs. Fraglich ist schließlich, ob daneben die Verwaltung auch eigenständig für sich Verwaltungsziele formulieren kann. 352 Dies würde nicht nur einen eigenverantwortlichen Raum hinsichtlich der Umsetzung von Verwaltungszielen begründen, sondern die Eigenverantwortlichkeit schon vorher bei der Bildung ansetzen lassen. In den meisten Fällen wird sich aber im tatsächlichen Sachverhalt, obwohl es erst nicht den Anschein hat, ein Input-Faktor finden. So muss es auch als InputFaktor angesehen werden, wenn die Verwaltung auf bestehende Umwelteinflüsse reagiert, ohne dass diese ausdrücklich als Zielvorgabe an sie formuliert wurden. Daneben sind aber auch Sachverhalte denkbar, in denen die Verwaltung zu einer Zielbildung ohne jeglichen Einfluss von außen gelangt. Es ließe sich leicht vorstellen, dass sich die öffentliche Verwaltung von sich aus das Ziel setzt, in Zukunft kostengünstiger zu arbeiten. Gemein ist aber solchen autonom gesetzten Zielen, dass sie sich auf interne Verwaltungsabläufe beziehen. Maßgeblich ist in solchen 349 Zwar besteht für den Bereich „Öffentliche Einrichtungen“ ein Verwaltungsziel, das aus den entsprechenden Vorschriften der GO als Unterziel, vgl. dazu sogleich unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(2), ableitbar ist und als Bereitstellungsauftrag bestehender öffentlicher Einrichtungen verstanden werden kann. Geht es jedoch um die Ausübung des Hausrechts, fehlen entsprechende gesetzliche Vorgaben; vgl. Zeiler, DVBl. 1981, 1000 (1002). Dennoch muss bei dessen Geltendmachung das Verwaltungsziel berücksichtigt werden (wobei gerade bei einem Hausverbot selbstverständlich auch andere Verwaltungsziele eine Rolle spielen, wie z. B. öffentliche Sicherheit). Ein anderer denkbarer Fall wäre die Zugrundlegung vorhandener Verwaltungsziele für eine Tätigkeit im eigenverantwortlichen Bereich, weil die vorzunehmende Tätigkeit für die Erreichung eines bestimmten (bestehenden) Verwaltungsziels geeignet ist. 350 Zu denken wäre z. B. an eine Regierungserklärung, vgl. dazu Korte, ZParl 2002, 452 (456). Diese trifft zwar Aussagen über den anstehenden Regierungskurs und damit auch zwangsläufig über die (umsetzende) Verwaltungstätigkeit, enthält sich aber konkreter Umsetzungsvorgaben, was auch durch den Charakter eines hauptsächlich politischen Instruments erklärbar ist. 351 Vgl. zum Einfluss in der politischen Willensbildung oben 2. Kap., Fn. 82. Beispielhaft ist eine Forderung nach mehr Bürgernähe durch die Verwaltung in Form verlängerter Öffnungszeiten. 352 Vgl. Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 50; dagegen Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 28.

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Fällen nicht das Gesamtsystem „Öffentliche Verwaltung“, sondern ein Untersystem, so z. B. eine spezielle Abteilung, die verwaltungsintern den Input erhält, ein bestimmtes Verwaltungsziel zu bilden. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen echten Verwaltungszielen, können diese autonom gebildeten Verwaltungsziele als unecht bezeichnet werden. (2) Zielhierarchie Führt man sich die inhaltliche Vielfalt der Ziele vor Augen, wird offensichtlich, dass auch eine hierarchische Einteilung notwendig ist. Dabei lassen sich verschiedene vertikale Zielebenen ausmachen. Je nach Umfang, Auswirkung und Bedeutung der Vorgaben gibt es Oberziele (verfassungsrechtliche Grundentscheidungen), offene und unbestimmte Mittelziele (z. B. die Sicherung der Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen i. S. d. § 1a S. 1 WHG) oder in Rechtsnormen fest verankerte Unterziele (z. B. die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses durch die Hochschulen gemäß § 2 Abs. 2 HRG). 353 Ebenfalls vertikal ist jedes Ziel, unabhängig auf welcher Zielebene es sich befindet, in eine Zielstufe einzupassen. So gibt es Ober-, Zwischen- und Teilziele. Im Sinne eines Zweck- / Mittel-Schemas ist das jeweilige untergeordnete Ziel Mittel zur Erreichung des übergeordneten Ziels. 354 Schließlich lässt sich ein bestimmtes Ziel auch horizontal aufspalten. Mit der Unterscheidung von Haupt- und Nebenzielen kann die Bedeutung in Bezug auf das nächsthöhere übergeordnete Ziel festgelegt werden, sog. Zielgewichtung. 355 (3) Zieldimensionen Die verschiedenen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung lassen sich aber nicht nur bezogen auf ihre Herkunft und hierarchisch untergliedern, sondern auch inhaltlich in verschiedene Kategorien zusammenfassen (sog. Zieldimensionen). Der Zielinhalt formuliert den schon oben angesprochenen thematischen Bereich des Ziels. Daneben lässt er die Unterscheidung zwischen Sachzielen, die inhaltlich-sachliche Vorgaben machen, und Formalzielen, die die Art und Weise einer Zielerreichung beschreiben, zu. 356 Auch möglich ist eine Einteilung in Leistungs-, 353 von Mutius, in: ders. / Friauf / Westermann (Hrsg.), Handbuch für die öffentliche Verwaltung Bd. 1, S. 718; Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 35; Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 46 f. 354 Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 35. Ist beispielsweise bei einer Stadtsanierung die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Stadtkerns ein Oberziel, so ist das bei der Sanierung entstehende attraktivere Wohnangebot ein Zwischenziel und die Sanierung einzelner Häuser ein Teilziel, Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 46, wo es aber statt „Teilziel“ „Unterziel“ heißt. 355 Das Beispiel aus 2. Kap., Fn. 354, führt Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 47, dergestalt fort, dass bei der Stadtsanierung ein Hauptziel Gewerbeförderung und ein Nebenziel Wohnen bestehen kann.

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Erfolgs- und Finanzinhalte. 357 Im Hinblick auf das Zielausmaß kann zwischen einer Satisfizierung, bei der Ober- und Untergrenzen festgelegt werden, einer Fixierung, bei der ein fester Wert bestimmt wird und einer Extremierung unterschieden werden. 358 Die Extremierung kann als Maximierung oder Minimierung vorgenommen werden. Der Zielmaßstab trifft eine Aussage über den angestrebten Zielerreichungsgrad, wobei die Messung kardinal bzw. numerisch, ordinal oder nominal erfolgen kann. 359 Schließlich kann noch eine Aussage über den Zeitbezug getroffen werden. Er kann sich zwischen einer kurzfristigen (ein bis zwei Jahre), einer mittelfristigen oder langfristigen Zielerreichung ansiedeln. 360 d) Zielabstimmung In der täglichen Verwaltungspraxis ist die Situation allgegenwärtig, in der von der zu entscheidenden Sachfrage verschiedene Verwaltungsziele betroffen sind. 361 In diesen Fällen ist eine Zielabstimmung erforderlich. 362 Die Abstimmung ist aber auch deshalb erforderlich, weil das der öffentlichen Verwaltung obliegende Zielsystem nicht alle Umstände und Rahmenbedingungen einer Entscheidungssituation vorzeichnen kann. Zielvorgaben und damit einhergehend Handlungsanweisungen benötigen letztendlich immer eine abschließende Anpassung an die vorhandene Situation. Dieser Prozess stellt eine systeminterne Verarbeitung der Inputs dar, der nötig ist, um daraus Outputs erwachsen zu lassen. (1) Abstimmungssituation und Wesen der Entscheidung Gänzlich an einer Abstimmungssituation fehlt es, wenn es nicht notwendig ist, ein Ziel zu erreichen. In einer solchen Situation fehlt es der Verwaltung an „Handlungsbedarf“. 363 Eine solche Vollkommenheit erreichen die vorherrschenden gesellschaftlichen Gegebenheiten aber normalerweise nicht. 364 Ganz im Gegenteil liegt größtenteils ein ganzes Bündel von zu verwirklichenden Zielen vor. Sollten sich mehrere vorhandene Ziele ergänzen, spricht man von komple356 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 51 ff.; Braun, Ziele in öffentlicher Verwaltung und privaten Betrieb, S. 99 ff. Zu der Einarbeitung von Formalzielen vgl. unten 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(2)(b). 357 Vgl. dazu Braun, Ziele in öffentlicher Verwaltung und privaten Betrieb, S. 100 ff. 358 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 45.; Schmidt, Betriebswirtschaftslehre für die öffentliche Verwaltung, S. 139 f. 359 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 45. 360 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 45. 361 Hoke, DÖV 1962, 281 (281 f.). Vgl. zu Prinzipien und deren Abwägung Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 71 ff. 362 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 41; Mattern, Allgemeine Verwaltungslehre, Rn. 323. 363 Vgl. Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 425.

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mentären Zielen. 365 Fehlt es an einer gegenseitigen Ergänzung ebenso wie an sonstigen Berührungspunkten der verschiedenen Ziele, liegen indifferente oder neutrale Ziele vor. 366 In der Regel bedingt das Vorhandensein mehrerer Ziele aber Abstimmungsbedarf, weil die Ziele miteinander konkurrieren. Die abschließende Entscheidung dient der Konfliktlösung zwischen den verschiedenen Zielen. 367 Dabei ist eine Entscheidung nach Thieme ein von einem bewussten Willen getragener Auswahlakt zwischen verschiedenen Handlungsalternativen. 368 Ebenso definiert Scharpf 369 das Entscheiden als einen Vorgang und die Entscheidung als den engeren Auswahlakt zwischen Handlungsalternativen. Damit wird aber zugleich deutlich, dass die öffentliche Verwaltung als System nicht nur mit Zielvorgaben Handlungsentscheidungen treffen kann, sondern sich zur abschließenden Konkretisierung immer noch Menschen bedienen muss, um die Verwaltungsziele praktisch umsetzen zu können. (2) Abstimmungsvorgang Der Vorgang der Abstimmung ist neben dem der Subsumtion das wesentliche Werkzeug der Rechtsanwendung. Und auch wenn es sich bei der Willensbildung wie bisher gezeigt nicht primär um einen Rechtsbereich handelt, so liegt auch diesem Willensentschluss wegen der letztendlichen Rest-Unverbindlichkeit von Verwaltungszielen eine Abwägung zugrunde. Trotz dieser immensen Bedeutung der Abwägung ist ihre systematische Struktur schwer zu durchdringen, 370 so dass im vorliegenden Rahmen nur eine oberflächliche Betrachtung vorgenommen werden kann. Alexy beschreibt das „Abwägungsgesetz“ folgendermaßen: „Je höher der Grad der Nichterfüllung oder Beeinträchtigung des einen Prinzips ist, um so größer muss die Wichtigkeit der Erfüllung des anderen sein.“ 371 Dazu ist in einem ersten Schritt 364 Vgl. Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 431; Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 425. Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 34, beschreibt Ziele als „Spiegelbilder vorhandener Probleme“, womit das allgegenwärtige Vorhandensein von Zielen ebenfalls deutlich wird. 365 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 46.; Schmidt, Betriebswirtschaftslehre für die öffentliche Verwaltung, S. 141. 366 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 46.; Schmidt, Betriebswirtschaftslehre für die öffentliche Verwaltung, S. 141. 367 Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 409. 368 Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 402; ders., Entscheidungen in der öffentlichen Verwaltung, S. 7 ff. 369 Scharpf, in: ders. (Hrsg.), Planung, S. 33 ff. 370 Vgl. z. B. Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 140 ff. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 192 ff. Einen guten Überblick über verschiedene Ansätze im relevanten Verfassungsrecht gibt Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 256 ff. 371 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 146.

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die Beeinträchtigung des einen Prinzips festzustellen. In einem zweiten Schritt ist die gegenläufige Begünstigung des anderen Prinzips zu ermitteln. Schließlich ist danach zu fragen, ob die Begünstigung des einen Prinzips die Beeinträchtigung des anderen Prinzips rechtfertigt. 372 Dabei ist es durchaus möglich, die Beeinträchtigung bzw. Begünstigung der abzuwägenden Prinzipien in die Kategorien „leicht“, „mittel“ oder „schwer“ einzuteilen. 373 Der Abstimmungsvorgang selbst hat dabei nach den gängigen Verfahrensregeln abzulaufen, wie sie sich besonders für Planungsentscheidungen herausgebildet haben. 374 Notwendig ist also die vollständige Ermittlung der für die Abwägung relevanten Belange, die angemessene Gewichtung der verschiedenen Belange, die Berücksichtigung von Handlungsalternativen und das Verhindern von Abwägungsfehlern. 375 Daneben gibt es Fehlerquellen, die an die Eigenart der Verwaltungsziele anknüpfen. Ein nicht operables Ziel liegt vor, wenn allgemein gehaltene Oberziele nicht in Handlungsanforderungen umgesetzt sind bzw. umgesetzt werden können oder keine Unterziele festgesetzt sind bzw. festgesetzt werden können. 376 Für den Abwägungsprozess selbst gibt es ebenfalls verschiedene Möglichkeiten, wie dieser gestaltet werden kann. 377 Für den Bereich der Verwaltungsziele kommen zusätzliche Faktoren zur Abstimmung in Betracht. (a) Zielinterne Abstimmungsfaktoren Zielinterne Abstimmungsfaktoren knüpfen an die abzustimmenden Ziele an. 378 Aus hierarchischen Gründen ergibt sich, dass Hauptziele vorrangig vor Nebenzielen zu verfolgen sind. Die Verkettung zwischen Ober-, Zwischen- und Teilzielen als notwendig zu durchlaufende Stadien im Rahmen der Erfüllung des Oberziels führt dazu, dass Zwischen- und Teilziele logisch vor dem Oberziel erfüllt werden müssen, dies aber der zu erfüllende Endpunkt ist. Unter- und Mittelziele sind wegen ihrer konkreteren Ausgestaltung vor Oberzielen zu erfüllen, wobei aber Voraussetzung ist, dass das niedrigere Ziel inhaltlich nicht in Konflikt mit dem 372

Alexy, in: Jickeli / Kreutz / Reuter (Hrsg.), GS Sonnenschein, S. 771 (773). Alexy, in: Jickeli / Kreutz / Reuter (Hrsg.), GS Sonnenschein, S. 771 (773). 374 Vgl. exemplarisch Elemente des Verfahrens im Baurecht, Peine, Öffentliches Baurecht, S. 107 ff.; Hoppe, in: ders. / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5. 375 Vgl. Hoppe, in: ders. / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5; Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 98 ff. 376 Vgl. zu weiteren Fehlermöglichkeiten Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 49 f. 377 Vgl. Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 2, S. 54 ff., bieten eine Auswahl von gängigen Planungs- und Entscheidungshilfen, wie z. B. Kreativitäts-, Prognose-, oder Auswahltechniken. 378 Daraus ergibt sich, dass auch die zielinternen Abstimmungsfaktoren als Inputs zusammen mit den Zielen und ihren hierarchischen Dimensionen in die Verwaltung eingebracht werden. 373

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höheren Ziel steht. Bezogen auf die Herkunft stehen zwar originäre Ziele vor derivativen Zielen. Es muss aber berücksichtigt werden, dass originäre Ziele in der Regel in ihrer Bestimmtheit Oberzielen gleichkommen, so dass auch in diesem Verhältnis wegen der konkreteren Ausgestaltung derivative Ziele vor originären Zielen zu erfüllen sind, sofern sie nicht in einem Konflikt zueinander stehen. Aus der Funktion der Verwaltung als Umsetzungsapparat der politischen Zielvorstellungen ergibt sich, dass Ziele aus staatlicher solchen aus gesellschaftlicher Herkunft vorgehen. Ebenfalls gehen echte Verwaltungsziele den verwaltungsintern gebildeten unechten Zielen vor. Für weitere zielinterne Abstimmungsregeln ist auf die für die Rangordnung von Rechtsquellen gebildeten Regeln zurückzugreifen. 379 So hat das konkretere Ziel Vorrang vor dem generelleren und das frühere Ziel Vorrang vor dem älteren. (b) Zielexterne Abstimmungsfaktoren Abstimmungsfaktoren können sich auch zielextern bilden. Dabei wird nicht an die betroffenen Ziele selbst, sondern die verschiedenen Handlungen, die zur Zielerreichung anvisiert sind, oder die mit diesen Handlungen verbundenen Erfolge angeknüpft. Teilweise werden solche Abstimmungsfaktoren als Formalziele (bzw. Vorgehens- oder Verhaltensziele) bezeichnet. 380 Dazu gehört z. B. das „Ziel“, rechtmäßig, wirtschaftlich oder bürgernah zu handeln. Bezweifelt werden muss aber, dass es sich hierbei um die gleiche Art von Zielen wie die dargestellten Sachziele handelt. Bedenklich ist schon die Verwendung des Terminus „Ziel“. Freilich ist Rechtmäßigkeit ein Zustand der angestrebt wird. Darüber hinaus besteht aber nach Art. 20 Abs. 3 GG die verfassungsrechtliche Bindung an Recht und Gesetz. Gerade das Beispiel der Rechtmäßigkeit zeigt, dass die Beschreibung als ein Ziel unangemessen ist. Es ist – bleibt man in dem bis jetzt gezeichneten Verständnis eines Zielsystems – kein Ziel, dass sich der Abstimmung mit anderen Zielen stellen muss, sondern unbedingt zu beachten ist. 381 Des Weiteren sind bei einer Entscheidung meist nur einige wenige Sachziele betroffen. 382 Hingegen sind die sog. Formalziele bei jeder Abstimmung von Sachzielen relevant. 383 379

Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 37 ff. Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 54. Dort auch zu der vorherrschenden Undurchdrungenheit der sog. Formalzielen, ihrer Herleitung und ihres Verhältnisses zueinander. 381 In diese Richtung auch Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251. Vgl. zu bedenklichen Fällen der unbedingten Befolgung Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 56 m.w. N. 382 Beispielsweise ist bei Verwaltung im Bereich sozialer Grundlagenversorgung das elementare Verwaltungsziel des Wohlstands relevant, hingegen ist das Verwaltungsziel des Umweltschutzes nicht betroffen. 380

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Aus diesem Grund sind die sog. Formalziele auf einer anderen Ebene angesiedelt als die herkömmlichen Verwaltungsziele. Während letztere inhaltsorientiert sind, sind die sog. Formalziele handlungsorientiert. Weil sie aber immer relevant werden, sollte man ihnen nicht das Etikett eines „Ziels“ zuordnen und damit die Vorstellung begünstigen, sie würden auf einer Ebene mit den Verwaltungszielen stehen. Die sog. Formalziele sind kein Produkt des Abstimmungsvorgangs dergestalt, dass nun die Abstimmung ergibt, dass das eine oder das andere Formalziel verfolgt werden soll. Deshalb sollten sie abstrahiert in den Prozess der Abstimmung als (verhaltensbedingte) Abstimmungsfaktoren eingeführt werden, nicht aber als ein Ziel. Ungeachtet dessen werden aber auch die zielexternen Abstimmungsfaktoren der Verwaltung als Inputs vorgegeben. So sind die zu berücksichtigenden Faktoren, die in eine Abstimmung einzustellen sind, ebenfalls vorgegeben. Im Folgenden soll versucht werden, die bedeutendsten und immer wieder auftauchenden zielexternen Abstimmungsfaktoren darzustellen und ihr Verhältnis zueinander zu klären. (aa) Rechtmäßigkeit Die Gesetzesbindung der Verwaltung ist verfassungsrechtlich verankert, folglich originär staatlich-gesellschaftlich. Von den zielexternen Abstimmungsfaktoren ist der Rechtmäßigkeit dementsprechend das größte Gewicht zuzusprechen. Vorrangig hat eine Zielerreichung rechtmäßig zu sein. 384 Das bedeutet, dass in der konkreten Abstimmungssituation keine Zielverfolgung vorgenommen wird, bei der eine rechtswidrige Situation entsteht, sei es über die eingesetzten Mittel und Handlungen oder den dadurch herbeigeführten Zustand. Der Abstimmungsfaktor der Rechtmäßigkeit stellt damit ein Einfallstor für rechtliche Anforderungen aller Art dar. (bb) Verwaltungshierarchie In der öffentlichen Verwaltung Tätige müssen sich nach den Anweisungen ihrer Vorgesetzten richten. Dies ergibt sich z. B. für Beamte aus § 55 BBG, § 37 BRRG, also derivativ staatlich. Handlungsanweisungen können sowohl konkret-individuell durch Einzelentscheidungen berücksichtigt werden als auch abstrakt-generell über interne Verwaltungsvorschriften. 385 Diese Pflicht, hierarchisch höhere Entscheidungen zu berücksichtigen, ist es einerseits, die verhindert, dass der in der Verwaltung Tätige eine individuell-persönliche Entscheidung trifft. Andererseits 383 Auch bei dem soeben angesprochenen Beispiel ist die Frage der Rechtmäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit oder Bürgernähe relevant. 384 Vgl. zu der Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der Verwaltung Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 140, 894. Vgl. zu unsinnigen Regelungen oder Überreglementierungen Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 56. 385 Vgl. zu letzterem Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz.

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kann dadurch die Verbindung zum politischen Staatswillen hergestellt werden, den es gerade durch die Verwaltung umzusetzen gilt. Die verwaltungsinterne Hierarchie lässt sich im Endpunkt auf den jeweiligen Fachminister zurückführen und damit auf den Staatswillen. Zu klären bleibt nur, ob die Verwaltungshierarchie tatsächlich hinter dem Bedürfnis nach Rechtmäßigkeit zurückzustehen hat. Denn nach § 56 Abs. 2 S. 3 BBG, § 37 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BRRG kann ein Beamter die Befolgung einer Weisung nur dann verweigern, wenn sein Verhalten erkennbar strafbar oder ordnungswidrig ist oder die Würde des Menschen verletzt. Liegt eine andere Form von Rechtswidrigkeit vor, hat der Beamte die Weisung zu beachten. Daraus lässt sich schließen, dass lediglich eine „qualifizierte Rechtswidrigkeit“ die Weisungsbefugnis des Beamten verhindert. 386 Insofern geht in dem großen Teil der „einfachen Rechtswidrigkeit“ die Verwaltungshierarchie der Rechtmäßigkeit vor. 387 (cc) Menschlichkeit (und Verwaltungsverantwortung) Unter dem Stichwort der Menschlichkeit werden Forderungen nach Transparenz, Partizipation, schnellem Handeln sowie Verständnis- und Hilfsbereitschaft erfasst. 388 Es ergibt sich dadurch eine Nähe zu dem Begriff der Verwaltungsverantwortung, sofern man bei dessen Interpretation Gewicht auf die Verantwortung legt. In groben Zügen ist dies auch gesetzlich verankert in §§ 52 Abs. 1 S. 1 BBG, 35 Abs. 1 S. 1 BRRG, wonach der Beamte dem Volk dient. Nach dem elementaren Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Der Staat ist deshalb nicht um sich selbst Willen Staat, sondern seiner Bürger willen. 389 So gesehen sollte es grundsätzlich Aufgabe der Verwaltung sein, mit den Bürgern und nicht gegen sie zu arbeiten. (dd) Entscheidungstheorie Eine mögliche Relevanz der Entscheidungstheorie wurde schon angedeutet, sie konnte aber bis jetzt keinen Platz finden. Dies lag vor allem daran, dass eine Entscheidungstheorie lediglich die Willensbildung unterstützen, nicht aber einen Willen vollkommen ersetzen kann. 390 Ein entscheidungstheoretischer An386

Vgl. Battis, BBG, § 56, Rn. 4. Wie bei der Zielhierarchie auch konkretisiert hier ein derivativ staatlicher Abstimmungsfaktor einen originär staatlich-gesellschaftlichen; vgl. zu einer solchen Situation bei Verwaltungszielen oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(1). 388 Joerger / Geppert, Grundzüge der Verwaltungslehre Bd. 1, S. 54. 389 Verwiesen sei auf die Aussage Uhlenbrocks (vgl. oben Fn. 187), nachdem das Volk nicht bloßes Organ eines staatlichen Willens sei, sondern umgekehrt der Staat eine Selbstorganisation des Staates zur einheitlichen Willensbildung und -betätigung sei. 390 Wälde, Rechtstheorie 6 (1975), 205 (245). 387

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satz versucht eine Bewertung vorzunehmen, welche von mehreren möglichen Handlungsalternativen im Zusammenspiel mit künftigen Ereignissen und Konsequenzen das gewollte Ergebnis im größtmöglichen Umfang und mit höchster Wahrscheinlichkeit herbeiführen wird. 391 Im Grundsatz geht es um die Problematik, einzelnen Handlungsalternativen Erfolgswahrscheinlichkeiten zuzusprechen, so dass von einer Entscheidung unter Sicherheit, unter Risiko oder unter Unsicherheit gesprochen werden kann. 392 Die Berücksichtigung dieser Gelingenschancen soll zu einer Handlung führen, die das Ziel optimal erreichen kann. 393 Dies beinhaltet angesichts der von einem entscheidungstheoretischen Ansatz ebenfalls zu berücksichtigenden künftigen Ereignisse und Konsequenzen das Streben nach einer Pareto-Optimalität. Diese ist bei einem Zustand erreicht, bei dem es nicht möglich ist, einen Beteiligten noch weiter zu begünstigen, ohne einen anderen gleichzeitig zu belasten. 394 Die untergeordnete Bedeutung einer Entscheidungstheorie 395 für die öffentliche Verwaltung ergibt sich durch die Vielzahl anderer zu beachtender Regelungen, die das reine Bild eines Entscheidungsmodells verzerren. So ist eine Entscheidungstheorie lediglich auf das Endergebnis und dessen Richtigkeit ausgerichtet. 396 Die öffentliche Verwaltung hat aber auch im Vorfeld der Entscheidung liegende Umstände zu berücksichtigen, wie z. B. formelle Verfahrensregelungen. 397 Aus diesem Grund kann zwar ein entscheidungstheoretischer Ansatz als zielexterner Abstimmungsfaktor verwendet werden, allerdings nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen. Vorrangig ist also nach der Verwaltungshierarchie und Rechtmäßigkeit zu fragen.

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Wälde, Rechtstheorie 6 (1975), 205 (214); Kilian, Juristische Entscheidung und elektronische Datenverarbeitung, S. 167; Schlink, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 2 (1972), 322 (323). Vgl. zu dem nach Kilian, Juristische Entscheidung und elektronische Datenverarbeitung, S. 157, überbewerteten Unterschied zwischen deskriptiven und normativen Entscheidungstheorien Schlink, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 2 (1972), 322 (323). 392 Schlink, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 2 (1972), 322 (323). 393 Kilian, Juristische Entscheidung und elektronische Datenverarbeitung, S. 151. 394 Wälde, Rechtstheorie 6 (1975), 205 (215). 395 Schlink, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 2 (1972), 322 (344). 396 Wälde, Rechtstheorie 6 (1975), 205 (242). 397 Ein anderes Beispiel wäre, dass die Festsetzung und Eintreibung einer Geldbuße im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens von 10 Euro sicherlich sehr viel wahrscheinlicher ist, als bei einer Geldbuße 1000 Euro. Dieser höheren Wahrscheinlichkeit kann aber dann nicht nachgegangen werden, wenn die entsprechende Vorschrift eine Geldbuße in Höhe von 1000 Euro vorschreibt. Dies bringt Schlink, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 2 (1972), 322 (333), zu der Auffassung, dass eine Entscheidungstheorie für den politischen Staatswillen nutzbringender wäre, als für die öffentliche Verwaltung.

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(ee) Wirtschaftlichkeit / Effizienz Aspekte des wirtschaftlichen oder effizienten Handelns sind in der Regel betriebswirtschaftlicher Herkunft. Trotzdem finden sie auch gerade in Zeiten knapper Kassen verstärkten Einzug in die öffentliche Verwaltung. Seine rechtliche Grundlage findet die Wirtschaftlichkeit in dem gleichlautenden Grundsatz, der sich durchgängig in den verschiedenen Haushaltsvorschriften findet, z. B. § 7 Abs. 1 BHO, § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 LHO SH, § 75 GO SH, mithin derivativ staatlich. 398 Wirtschaftlichkeit beschreibt allgemein das Verhältnis zwischen Mitteleinsatz und zugehörigem Ergebnis. 399 Konkretisierend kennzeichnet Effizienz das Streben nach einem möglichst guten Verhältnis zwischen Mitteleinsatz und Ergebnis im Hinblick auf übergeordnete Zwecke. 400 Für am Markt tätige Privatunternehmen bedeutet Effizienz dementsprechend die Relation zwischen betriebsinternen Mitteleinsatz und vom Markt vergüteten Umsatzerlösen. 401 Für die öffentliche Verwaltung bedarf dies einer Modifikation. Auch wenn Verwaltungstätigkeit monetären Einsatz erfordert, so ist dies doch nicht die einzig relevante Größe. Im Gegensatz zu Privatunternehmen ist Aufgabe der öffentlichen Verwaltung die Besorgung der (öffentlichen) Angelegenheiten einer Vielzahl von Personen. 402 Damit ist Gegenstand der Verwaltung auch das soziale Zusammenleben der Menschen. 403 Nach Eichhorn/Siedentopf ist folglich die Effizienz der öffentlichen Verwaltung das Verhältnis des sozialen Nutzens und Haushaltseinnahmen zu sozialen Kosten und Haushaltsausgaben. 404 Es erscheint angebracht, die entstandene Überschneidung zu den Aspekten der Menschlichkeit dahingehend aufzulösen, dass soziale Fragen im Rahmen der Wirtschaftlichkeit bzw. Effizienz das Gemeinwesen der Bürger betreffen, Fragen der Menschlichkeit aber nur das primäre Objekt des Verwaltungshandelns.

398 Vgl. allgemein von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip; Walther, BayVBl. 1990, 231. 399 Steinebach, Verwaltungsbetriebslehre, Rn. 21; Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 10 m.w. N. Vgl. dort auch zu dem Unterschied zwischen Minimalprinzip, bei dem mit minimalen Mitteleinsatz ein bestimmtes Ziel anvisiert wird, und Maximalprinzip, bei dem mit bestimmten Mitteleinsatz ein maximales Ergebnis anvisiert wird. Vgl. auch Peters, DÖV 2001, 749. 400 Eichhorn / Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 21 ff.; Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 36. 401 Reichard, Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung, S. 36. 402 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 2, Rn. 7 ff. 403 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 9, „Verwaltung ist Sozialgestaltung“. 404 Eichhorn / Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 28.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

Eine allgemeine Abschichtung zwischen den Faktoren einer Entscheidungstheorie, der Menschlichkeit und der Wirtschaftlichkeit zu treffen, erscheint nicht leicht. Gerade zwischen Wirtschaftlichkeit und einer Entscheidungstheorie, die versucht eine möglichst effektive und optimale Umsetzung eines Verwaltungsziels zu erreichen, besteht ein Spannungsfeld. Je effektiver und optimaler eine Handlungsalternative ist, desto finanzaufwendiger ist sie oftmals. Diese Beziehung ermöglicht aber, den entscheidungstheoretischen Ansatz um den Faktor der Wirtschaftlichkeit zu ergänzen. Eine Entscheidungstheorie drängt nicht nur zu einer effektiven Handlungswahl, sondern gleichzeitig zu einer, die in einem möglichst angemessenen Verhältnis zu ihren Kosten steht. Das Verhältnis dieser beiden Faktoren zur Menschlichkeit sollte an der Bedeutung der öffentlichen Verwaltung für das Gemeinwesen ausgerichtet sein. Die Verwaltung sollte den Bürgern dienen. Sieht man einmal von Extremfällen ab, bedeutet dies, dass allgemein und abstrakt nicht unbedingt vorrangig die Kosten oder die Erfolgschancen das Ziel bestimmen sollten, sondern dessen Bedeutung für den Bürger. 405 (ff) Bürokratie Die Eigenschaft der öffentlichen Verwaltung als Bürokratie nimmt eine Sonderstellung innerhalb der zielexternen Abstimmungsfaktoren ein. Auch wenn Bürokratie nach der allgemeinen Anschauung das Leben nur erschwert, so ist es doch aus modernen Gesellschaften nicht hinwegzudenken. Bürokratien sind in der Lage durch effiziente Zusammenarbeit Aufgaben zu erfüllen, die bloß informell strukturierte soziale Gruppen nicht erfüllen könnten. Teilweise sind Bürokratien die einzige Möglichkeit, den administrativen Anforderungen weitreichender sozialer Systeme zu genügen. So geben sie die Möglichkeit große Menschenmengen zu organisieren und versuchen zu gewährleisten, dass Entscheidungen nach einheitlichen Kriterien getroffen werden. Ursprünglich fanden sich bürokratische Strukturen vor allem im militärischen Bereich. 406 Nachdem im 19. Jahrhundert die Wirtschafts- und Industrieunternehmen durch ihre gesteigerte Leistungsfähigkeit einen immer größeren Stellenwert und damit auch einen größeren Verwaltungsaufwand erreichten, kam es Max Weber 407 zu, die Bürokratie grundlegend in ihren charakteristischen Merkmalen zu erarbeiten. Dabei ist der Idealtypus Webers ein analytisches Instrument, das auf allgemein in Bürokratien auffindbare Merkmale hinweist. 408 405 Dass dies allenfalls eine theoretische Aussage ist, kann nicht geleugnet werden. In der Praxis sind Sachverhalte regelmäßig sehr viel komplexer, als dass solch generalisierende Aussagen unproblematisch übernommen werden, weshalb sie lediglich als eine Richtlinie bewertet werden können. Ebenfalls muss praktisch eine zunehmende Bedeutung finanzieller Aspekte beobachtet werden. 406 Vgl. dazu Joas, Soziologie, S. 210 f. 407 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 551 ff.

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Individuen, die in eine Bürokratie eingebunden sind, sind auf einzelne Arbeitsschritte spezialisiert. 409 Die Spezialisierung auf einen kleinen Teil der gesamt zu erfüllenden Aufgaben ermöglicht eine effiziente Erledigung. Die Aufgabenerledigung in einer formalen Organisation muss aufgrund der Spezialisierung der einzelnen Individuen in einer hierarchisch gegliederten Ordnung bestehen. 410 Diese besteht in Form fester Kompetenzen und hat – verbildlicht – die Form einer Pyramide mit der höchsten Autorität an der Spitze und einer Befehlskette nach unten hinab. Ansonsten würde, da das spezialisierte Individuum nicht die Ganzheitlichkeit der Aufgabe sehen kann, eine Unkoordination entstehen, die der Arbeitsleistung hinderlich ist. Innerhalb der hierarchisch gegliederten Ordnung bestehen deshalb explizite Regeln. 411 Diese befassen sich nicht nur mit dem Gegenstand der Spezialisierung, sondern auch der hierarchischen Gefüge und der Art und Weise, wie Aufgaben zu erledigen sind. Auch sind es feste Regeln, die eine leistungsbezogene Entlohnung bewirken. 412 Der Aufstieg des Einzelnen in der Hierarchie findet aufgrund fachlicher Qualifikation und nicht persönlicher Beziehungen statt. Die ohnehin feststehenden Regeln erleichtern die Unpersönlichkeit der Aufgabenerfüllung. 413 Es findet eine Trennung zwischen privatem Leben und den Aufgaben innerhalb der Organisation statt. Resultat davon ist auch, dass kein Individuum in der Bürokratie Eigentum an den materiellen Ressourcen hat, mit denen es arbeitet. Durch diese Unterstützung der Entscheidungsfindung wird die Sonderstellung der Bürokratie deutlich. Sie sichert die angemessene Berücksichtigung der anderen dargestellten zielexternen Abstimmungsfaktoren. Die einzelnen Merkmale der Bürokratie sind auf diese Sicherungsfunktion ausgerichtet. So erlaubt erst die hierarchische Gliederung Weisungen durch Vorgesetzte. Daneben bestehen Regeln, die die Verwaltungstätigkeit vorzeichnen. Die Trennung zwischen der Verwaltungstätigkeit des Einzelnen und seiner persönlichen Freiheit ermöglicht, dass der hier in Frage stehende Abstimmungsprozess weitreichend einheitlich und unpersönlich ablaufen kann. Und doch beschränkt sich ihre Funktion nicht auf bloße Sicherung der Abstimmung. Sollten die bisher vorgestellten Abstimmungsfaktoren keinen Ausschlag für die Verfolgung des einen oder anderen Verwaltungsziels gegeben haben, so ist die Bürokratie als statisches Massenorganisierungsinstrument maßgeblich. Durch sie wird nicht nur der Abstimmungsvorgang durch die relevanten Faktoren gesichert, sondern auch eine Beständigkeit des Abstimmungsergebnisses i. d. S., dass eine bisher verfolgte Zielerreichung weiter verfolgt wird. 408 Vgl. zu den Merkmalen allgemein Joas, Soziologie, S. 213 f.; Giddens, Soziologie, S. 313 f. 409 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 552. 410 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 551. 411 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 552. 412 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 554. 413 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft Bd. 2, S. 553.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

e) Zielverfolgung Der Aspekt der Zielverfolgung bringt den durch die beschriebene Zielabstimmung gewonnenen Willen in einer Handlung zum Ausdruck. Er beschreibt so das Ergebnis der Zielabstimmung und gleichzeitig die – auch rechtlich relevanten – Motive, die hinter einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung bzw. einer anderen Handlungsform stehen. 414 Diese Zielverfolgung verlässt als Output das System „Öffentliche Verwaltung“. Sobald deren Motive in der Umwelt wahrgenommen werden, beginnt sich bei Beobachtern eine Meinung darüber zu bilden. Diese kann dann als neuerlicher Input in das System gelangen, so dass eine Rückkoppelung entsteht. Für die Rechtmäßigkeit verwaltungsrechtlicher Maßnahmen ist die Phase der Zielverfolgung entscheidend. 3. Verhältnis Verwaltungswille und Amtswalterwille und Zusammenfassung Zwischen Volks-, Staats- und Verwaltungswille besteht eine Verbindung, in welcher der jeweils vorlaufende Wille maßgebliche Inhaltsbestimmung für den nachlaufenden Willen ist. Der Verwaltungswille ergibt sich durch das Zusammentreffen und -spiel sich konkretisierender und damit enger werdender Verwaltungsziele. Verwaltungsziele wiederum entstehen vor allem durch die rechtlichen Umsetzungen des politischen Staatswillens. Da Verwaltungsziele ebenso wie Gesetze nicht jeden praktischen Sachverhalt erfassen und vorherzeichnen können, bildet sich der Verwaltungswille aus der Menge derjenigen objektiv vertretbaren 415 Entscheidungen, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele und Abstimmungsfaktoren möglich sind. 416 Der Verwaltungswille beschreibt damit einen Zustand in der Entwicklung der Zielsetzung über der Zielabstimmung zu der Zielverfolgung hin. Der Verwaltungswille ist so an die Reichweite des eigenständigen Bereiches gekoppelt. Während der eigenständige Bereich gerade keine Aussage über eventuelle Inhalte macht, sondern nur einen von Gesetzesbindung mehr oder weniger be414

Vgl. zu der Relevanz eines solchen Willensinhaltes unten 7. Kap. 2. Abschn. B. Aufgrund des Abstimmungsfaktors der Rechtmäßigkeit sind dies zumindest alle rechtmäßigen Entscheidungen. Durch weitere Abstimmungsfaktoren können aber auch rechtmäßige Entscheidungen sich als objektiv nicht vertretbar für den Verwaltungswillen darstellen. 416 Hierbei können Parallelen zur Zweckmäßigkeit auftauchen. So beschreibt Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 7, Rn. 26, die Zweckmäßigkeitsprüfung des § 68 VwGO weniger als einen Prüfungsmaßstab, als denn eine „Entscheidungsregel“. Praktisch kann die Zugehörigkeit einer bestimmten Entscheidung zum Verwaltungswillen überprüft werden, indem gefragt wird, ob diese von einer Behörde bei objektiver Betrachtung in der konkreten Situation getroffen worden wäre. 415

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

217

freiten Zustand beschreibt, 417 bildet sich der Verwaltungswille im eigenständigen Bereich. So besteht beispielsweise im Falle eines gesetzesgebundenen Verwaltungsakts der Verwaltungswille nur aus einer vertretbaren Entscheidung, womit nur eine Handlungsweise möglich bleibt. Im Gegensatz dazu ist bei einer Ermessensentscheidung der eigenständige Bereich umfangreicher, indem nach Maßgabe der § 40 VwVfG, § 114 VwGO nur Ermessensfehler, nicht aber die Zweckmäßigkeit gerichtlich überprüfbar sind. Auch dies ist Ausdruck eines eigenständigen Bereichs gegenüber der Funktion Rechtsprechung. 418 Ein eigenständiger Bereich und damit ein Verwaltungswille als Summe objektiv vertretbarer Entscheidungen bestehen schließlich auch bei der sog. gesetzesfreien Verwaltung. Dem in der Verwaltung eingebundenen Menschen obliegt die Abstimmung zwischen den relevanten abstrakten Verwaltungszielen, damit ein Ziel verfolgt werden kann. Dieser Amtswalterwille 419 übernimmt damit eine Konkretisierungsfunktion innerhalb des Verwaltungswillens und lässt sich als Konkretisierungswille beschreiben. Durch die Einbindung in ein bürokratisches System sollte diese Konkretisierungsentscheidung unpersönlich, unabhängig vom konkreten Amtswalter und im besten Fall austauschbar sein. Die Konkretisierung auf eine bestimmte Entscheidung, die in der Menge der objektiv vertretbaren Entscheidungen enthalten ist, bringt den im konkreten Fall zu Tage tretenden Behördenwillen ans Licht. Der Behördenwille ist abhängig von der subjektiven Entscheidung des Amtswalters. Da deshalb die beschriebene Unpersönlichkeit aber nicht immer vorhanden sein muss, kann es selbstverständlich auch passieren, dass der Amtswalter durch seine Willensentscheidung eine Konkretisierung vornimmt und damit dem Behördenwillen einen Inhalt verschafft, der nicht in der Summe der durch die Verwaltungsziele vorgegebenen, vertretbaren Entscheidungen liegt, also der konkret nach außen in Erscheinung tretende Behördenwille außerhalb des Verwaltungswillens liegt. 420 Während sich der Amtswalterwille nur innerhalb der Willensbildung auswirkt, tritt der daraus gebildete Behördenwille auch außerhalb des Willensbildungsprozesses zu Tage. Der Verwaltungswille kann also als abstrakter Wille der Verwaltung, unabhängig der konkret handelnden staatlichen Stelle, bestehend aus der Menge aller im Einzelfall objektiv vertretbaren Entscheidungen und Abstimmungsfaktoren beschrieben werden, hingegen der Behördenwille als die konkrete Entscheidung, gebildet durch den konkretisierenden Amtswalterwillen. Dass es sich bei dem Verwaltungswillen lediglich um die abstrakte Menge der im konkreten Fall objektiv vertretbaren Entscheidungen und Abstimmungsfaktoren handelt, wird auch dadurch deutlich, dass der Verwaltungswille aus der Summe der beteiligten Einzel417 418 419 420

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c. Kopp, BayVBl. 1977, 513 (514); ders. / Schenke, VwGO, § 114, Rn. 1. Vgl. ausführlich noch unten 4. Kap. 1. Abschn. B.II., 4. Kap. 2. Abschn. B.II. Zu den Folgen vgl. unten 6. Kap. 7. Abschn.

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2. Kap.: Der Wille der Verwaltung

willen, einem Kollektivbewusstein, formalen Ordnungsregeln und vorhandenen materiellen Handlungsvorgaben besteht. Während letztere drei Elemente den grenzziehenden Rahmen der vertretbaren Entscheidungen bilden können, indem sich diese Elemente in Verwaltungszielen oder Abstimmungsfaktoren niederschlagen, wird gerade durch das Element der beteiligten Einzelwillen deutlich, dass es sich nicht um eine einzelne vertretbare Entscheidung handeln muss. 421 Während die menschliche Willensbildung nach dem Schema Wünschen – Wählen – Wollen abläuft, bildet sich der Wille der Verwaltung nach dem vergleichbaren Schema Zielsetzung – Zielabstimmung – Zielverfolgung. Im Vergleich zu dem aus einer sozialen Gruppen hervorkommenden Volkswillen, dessen Bildung in die Orientierungsphase – Bewertungsphase – Selektionsphase – Ausgleichsphase unterteilt werden kann, fehlt dem Verwaltungswillen aufgrund der Einbindung in eine formale Organisation die abschließende Ausgleichsphase. Innerhalb des Verwaltungswillens setzt der Mensch zur Konkretisierung mit seinem Willen am Punkt der Zielabstimmung an. Ebenfalls deutlich wird die Ähnlichkeit zu einem systemtheoretischen Ansatz, bei dem zwischen Inputs, verarbeitenden Systemprozessen und Outputs unterschieden werden kann. Es deutet sich damit an, dass Strukturen rationaler Willensbildung nach vergleichbaren Schemata ablaufen. 4. Bezeichnung des Verwaltungswillens als Wille Mit diesen Erkenntnissen erscheint zweifelhaft, ob es gerechtfertigt ist, den Verwaltungswillen tatsächlich als einen „Willen“ zu bezeichnen. 422 Bei dem Vergleich mit dem menschlichen Willen haben sich durch die Überindividualität und die Beeinflussung von Faktoren, die von außerhalb des willensbildenden Subjekts herrühren, maßgebliche Unterschiede gezeigt. Gerade in Bezug auf die beeinflussenden, willensfremden Faktoren ist festzustellen, dass, je größer diese werden, desto weniger der Verwaltungswille als ein „Wille“, so wie er allgemein verstanden wird, bezeichnet werden kann. Dem sind aber zwei gewichtige Aspekte entgegenzustellen. Zum einen kennzeichnet der Verwaltungswille ebenso wie der menschliche Wille die hinter einer 421 Aus den gleichen Gründen besteht auch der Volkswille, der nur aus der Summe der Einzelwillen und einen Kollektivbewusstein besteht, nicht aus einer einzelnen Willensrichtung. Während der Volkswille aber nicht die Fähigkeit aufbringen konnte, nach außen einen einheitlichen Willen bilden zu können, gelingt dies dem politischen Staatswillen vor allem durch seine formalen Ordnungsregeln, nach denen die Willensbildung abläuft (systeminterne Verarbeitung von Inputs zu Outputs), und ebenso dem Verwaltungswillen in Form der Konkretisierung des abstrakten Verwaltungswillens durch den konkretisierenden Amtswalterwillen zu einem Behördenwillen. 422 Vgl. schon die Skepsis in begrifflicher Hinsicht von Kelsen oben 2. Kap. 2. Abschn. A. I. Näher zu den Grundlagen einer wissenschaftstheoretischen Begriffsbildung unten 5. Kap. 1. Abschn.

2. Abschn.: Überindividuelle Willensbildung

219

Handlung (hier einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung) stehenden Intentionen und Absichten. So bezieht sich die Auslegung sowohl bei Handlungen natürlicher Personen als auch bei Handlungen, die juristischen Personen zugerechnet werden, auf den hinter der Handlung stehenden Willen. Diese Gleichbedeutung wird fortgeführt in den wesentlichen Strukturen einer phasischsequentiellen Willensbildung. Zum anderen ist auch der Verwaltungswille existenziell von dem menschlichen Willen abhängig. Ohne einen menschlichen Willen kann der Verwaltungswille nicht bestehen und auch nicht konkretisiert werden. 423 Obwohl menschlicher Wille und Verwaltungswille nicht vollkommen identisch sind, so kann auch der Verwaltungswille als „Wille“ bezeichnet werden.

423

Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 43, Fn. 49.

3. Kapitel

Anwendbarkeit der Handlungsform „Willenserklärung“ im öffentlichen Recht Die Willenserklärung hat, im Gegensatz zu der umfangreichen zivilrechtlichen Ausgestaltung, keine öffentlich-rechtliche Regelung erfahren. 1 Davon unabhängig konnte jedoch ein politischer Staatswille sowie ein Verwaltungswille festgestellt werden, den es zu realisieren gilt. Im Allgemeinen geschieht dies durch die üblichen Handlungsformen des formellen Gesetzes und – gerade für das Verwaltungsrecht – vor allem durch den Verwaltungsakt, die Verordnung, den öffentlich-rechtlichen Vertrag oder das Realhandeln. Um auch die Handlungsform der (einfachen verwaltungsrechtlichen) Willenserklärung für diese Art der Willensrealisierung nutzen zu können, ist ihrer Anwendbarkeit bzw. ihr Vorhandensein im öffentlichen Recht zwingende Voraussetzung. Nach den bisher dargestellten Befunden aus Rechtsprechung und Literatur kann von der Anwendbarkeit zwar ausgegangen werden, doch ist eine tiefergehende Kenntnis hierüber, die auch Hinweise für eine spätere konkrete Handhabe liefern könnte, nicht vorhanden. Die vorliegende Untersuchung hat deshalb erst die Anwendbarkeit der Handlungsform „Willenserklärung“ zu erörtern, bevor die konkreten rechtlichen Handlungsregeln behandelt werden, nach denen diese Handlungsform zu nutzen ist. 2 Zu unterscheiden ist zwischen dem Vorhandensein der Handlungsform als solcher (Regelung der Willenserklärung) und den verschiedenen Regeln, die Aussagen über ihre Handhabe treffen (Regelungen über Willenserklärungen). 3 Im Folgenden geht es um die Regelung „der“ Willenserklärung im öffentlichen Recht. Dabei wird besonderes Gewicht der Frage beizumessen sein, ob die Anwendung der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung als eine Übertragung ins öffentliche Recht erscheint, wie man es spontan durch die ausführliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch erwarten könnte, 4 oder sich auf anderem Wege begründen lässt. 1

Oben 1. Kap. 3. Abschn. A. I., 1. Kap. 1. Abschn. B.II. Für solch eine Trennung auch de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 88; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 77. 3 Vgl. Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 57, „Die Anwendung der privat-rechtlichen Vorschriften über Willenserklärungen“ (Hervorhebung im Original nicht vorhanden). 2

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

221

1. Abschnitt

Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht Die Handlungsform der Willenserklärung wird bei einer ersten Betrachtung unzweifelhaft mit dem Privatrecht in Verbindung gebracht. 5 Die Anwendung dieser Handlungsform im öffentlichen Recht muss deshalb sowohl den Unterschieden als auch den Gemeinsamkeiten der beiden Rechtsgebiete Rechnung tragen. Als Folge dessen ist das Augenmerk auf das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht und ihren jeweils typischen Aussagen zu richten.

A. Geschichtliche Entwicklung der Unterscheidung Die erste Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht findet sich schon bei Ulpian. 6 Die damalige Trennung zwischen den Rechtsgebieten ius publicum und ius privatum hatte jedoch lediglich eine schulmäßige Einteilung zur Folge ohne rechtliche Differenzierungen oder didaktische und systematische Konsequenzen. 7 Die im römischen Recht vorherrschende prinzipielle Gleichartigkeit der Rechtsgebiete machte eine weitergehende Unterscheidung entbehrlich. 8 Erst mit der Herausbildung souveräner Staatsgewalt im 17. und 18. Jahrhundert wurde auch die Trennung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht relevant. 9 Im 19. Jahrhundert hatten sich zwei abgrenzbare Teilrechtsordnungen etabliert, die auf der ebenfalls vollzogenen Trennung von Staat und Gesellschaft 4 Für in diese Richtung tendierende Vorgehen vgl. die Nachweise unten 5. Kap. 2. Abschn. D. 5 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A. I. 6 So heißt es in der Übersetzung von Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, Corpus Iuris Civilis, Inst. 1.1.4; D. 1.1.1 „Öffentliches Recht ist das, was sich auf die Ordnung des römischen Staatswesens bezieht, Privatrecht das, was das Interesse der Einzelnen betrifft. Denn die einen Regelungen dienen dem öffentlichen, die anderem dem privaten Interesse.“ Umfassend zur Unterscheidung Stolleis, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 41; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 13 ff.; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 6 ff. 7 Stolleis, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 41 (46); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 7; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 13; Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (35). 8 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 7 f. 9 Schröder, in: Lange / Nörr / Westermann (Hrsg.), FS Gernhuber, S. 961 (966).

222

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

basierten. 10 Ein zwischen Gesellschaft und herrschender Klasse abgeschlossener Herrschaftsvertrag schrieb die Ausübung der Staatsgewalt fest. 11 Indem die durch den Herrschaftsvertrag entstandene Macht der öffentlichen Gewalt auf bestimmte Lebensbereiche begrenzt werden konnte, bildete sich als Gegenpol gleichzeitig das Privatrecht als Recht der Bürger untereinander. 12 Auch wenn die Entwicklungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf eine vollkommene und strikte Trennung der beiden Rechtsgebiete hinauslief, so ließ sich dieses Ziel auch mit dem Schwung der aufkommenden bürgerlichen Freiheitsbewegung zur Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft sowie der philosophischen Einflüsse des deutschen Idealismus nicht erreichen. 13 Eine scharfe Trennung wurde auch gerade durch den nicht vorhandenen Rechtsschutz des Bürgers gegen hoheitliche Maßnahmen gehemmt. 14 Indem der Weg zu den Gerichten nur für Maßnahmen des Privatrechts eröffnet sein sollte, wurde lediglich die vermögensrechtliche Seite des Staates als privatrechtlich qualifiziert und mit der sog. Fiskustheorie vor Gerichten angreifbar. 15 Der Bürger musste staatliches Handeln zwar rechtsschutzlos hinnehmen, konnte später aber eventuelle Schäden finanziell geltend machen (dulden und liquidieren). 16 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Verwaltungsrecht zu einer eigenständigen Rechtskategorie. Über die Regelungen der vielen verschiedenen deutschen Ländern hinaus wurde dabei versucht, allgemein gültige verwaltungsrechtliche Regelungen zu kodifizieren. 17 Allzu oft mussten Anleihen an dem schon 10 Stolleis, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 41 (41); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 9 f. 11 Vgl. zu dem Gesellschaftsvertrag von Rousseau und dem Volk als Willensträger oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.b. 12 Stolleis, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 41 (57); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 10. 13 Vgl. Stolleis, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 41 (57, 60); Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 41 ff. Beispiele für bestehende Berührungspunkte zur damaligen Zeit gibt de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 11. 14 Vgl. Rüfner, Verwaltungsrechtsschutz in Preußen von 1749 bis 1842, S. 169 ff. 15 Vgl. dazu Rüfner, Verwaltungsrechtsschutz in Preußen von 1749 bis 1842, S. 169 ff.; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 51 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 75 ff.; Böhmer, Der Staat 24 (1985), 157 (172 m.w. N). 16 Daraus ergibt sich die Bezeichnung des Fiskus als „Untertan“, O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 51, oder „Prügelknabe“, Bornhak, Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 464. 17 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 13.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

223

sehr viel weiter entwickelten, dogmatisch gefestigteren und stärker vereinheitlichten Privatrecht genommen werden. 18 Wesentliche Bedeutung in dieser Zeit nahm das Wirken von Otto Mayer ein. Mayer trat insbesondere für eine strikte, zumindest begriffliche Trennung der beiden Rechtsgebiete ein. 19 Er wehrte sich verstärkt gegen die Vorstellung gemeinsamer Rechtsinstitute oder Analogien. 20 Gleichzeitig fanden sich aber auch bei ihm die zu dem damaligen Zeitpunkt notwendigen dogmatischen Anknüpfungen an zivilrechtlichen Überlegungen. „Das Verwaltungsrecht bildet dafür als zweite Gruppe seiner Rechtsinstitute die aus dem Zivilrecht geretteten. Sie führen zum Teil die alten Namen: Eigentum, Grunddienstbarkeit, Eigentumsbeschränkung, Dienstvertrag, Entschädigungs- und Erstattungsanspruch. Der Zusatz „öffentlich“ oder „öffentlich-rechtlich“ weist jeweils darauf hin, dass die Übereinstimmung mit dem zivilrechtlichen Urbild nur eine äußerliche ist, das Rechtsinstitut vielmehr auf dem Boden einer anderen Rechtsart steht, wo alle Einzelheiten nach den Gesichtspunkten der Beteiligung der öffentlichen Gewalt und der Ungleichheit der Rechtssubjekte sich gestalten müssen.“ 21 Aber auch andere Ansätze der Anschauung von öffentlichem Recht und Privatrecht kamen neben Mayer auf. So vertrat Erich Kaufmann die Ansicht, das Privatrecht bilde ein für jegliches Rechtshandeln geltenden allgemeinen Teil, der nur für einseitig spezifische Hoheitstätigkeit nicht anwendbar sei. 22 Karl Kormann versuchte, die vorhandenen Querverbindungen zwischen öffentlichen Recht und Privatrecht im Wege einer Analogie zu rechtfertigen. 23

B. Heutiger Befund und daraus resultierendes Verständnis Die Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ist mittlerweile allgegenwärtig. Nach Erlass des Grundgesetzes wurden das öffentliche Recht im Allgemeinen und das Verwaltungsrecht im Speziellen immer weiter kodifiziert, um so den Anforderungen des sich entwickelnden, modernen Sozialstaats gerecht zu werden. Aber auch im Zuge dieser Entwicklungen blieb eine gewisse Ablehnung gegenüber privatrechtlichen Elementen im Verwaltungsrecht vorhanden. 24 18 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 13; Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 60 ff. 19 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 117. 20 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 117. 21 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 114. Vgl. zu der in Grundsätzen nach wie vor geltenden Aussage unten 4. Kap. 22 Kaufmann, in: Stengel / Fleischmann (Hrsg.), Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Bd. 3, S. 701 ff. 23 Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte, S. 8 ff.

224

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

I. Dualismus zwischen eigenständigem öffentlichen Recht und Privatrecht Die Willenserklärung ist umfangreich im Privatrecht normiert. Der Fragenkomplex, der sich durch eine Nutzung der Willenserklärung im öffentlichen Recht ergibt, setzt indessen eine Klärung voraus, die sich nicht nur mit dem öffentlichen Recht und Privatrecht zu beschäftigen hat, sondern vor allem dem Verhältnis beider zueinander. Für die Frage nach der Anwendung zivilrechtlicher Regelungen im öffentlichen Recht ist Voraussetzung, dass überhaupt das öffentliches Recht und Zivilrecht getrennt und eigenständig nebeneinander bestehen. Ansonsten ergäbe sich die Anwendung der Willenserklärung in entsprechenden Situationen von selbst. Dabei ist die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zuvorderst eine begriffliche Trennung. Würde sich dieser Dualismus jedoch auf Begrifflichkeiten beschränken und sachlich nicht bestehen, dann wäre die Anwendbarkeit der Willenserklärung im öffentlichen Recht aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten oder sogar unproblematisch zu begründen, denn die Willenserklärung wäre mit ihrer Regelung im Privatrecht gleichzeitig im nicht davon zu unterscheidenden öffentlichen Recht geregelt. In diese Richtung führen verschiedene Vorstöße, die sich gegen einen reinen Dualismus von öffentlichem Recht und Privatrecht wenden. 1. Aufgabe der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht In Teilen der Literatur wird der Dualismus zwischen dem öffentlichen Recht und Privatrecht zugunsten einer einheitlichen Betrachtung aufgegeben. 25 Unter anderem Martin Bullinger 26 hat sich in seiner Schrift „Öffentliches Recht und Privatrecht“ diesbezüglich positioniert. Die Differenzierung zwischen beiden 24 Vgl. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 21, der dazu die in den 50er Jahren entwickelte Stufentheorie und die plastischen Warnungen eines „Formenmissbrauchs der Verwaltung“ oder einer „Flucht ins Privatrecht“ anführt. 25 Vgl. Stolterfoht, JZ 1975, 658 (661); Rinck, Wirtschaftsrecht, Rn. 21. Kritisch auch van der Ven, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), FS Nipperdey Bd. 2, S. 681 ff.; Kimminich, Einführung in das öffentliche Recht, S. 57 ff.; Baur, JZ 1963, 41 (41 f.); Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 335; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 45 ff.; Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 76; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, S. 377 f.; Kelsen, AöR 31 (1913), 53, (76 ff., 90 ff.), 190 (191 ff.); ders., Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 269; ders., Allgemeine Staatslehre, S. 80 ff., vgl. zu den Gründen für Kelsens, kritische Haltung Ehlers, Vewaltung in Privatrechtsform, S. 38 f., Fn. 39. 26 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 75 ff.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

225

Rechtsgebieten habe nur noch eine geringe Bedeutung. Zwar gebe es vorhandene positive Regelungen, die hinzunehmen seien, doch dies „[nötige] nicht dazu, die Vorstellungen von einer Zweiteilung des Rechts allgemein aufrecht zu erhalten“. 27 Als Folge dessen sei es entbehrlich, „nach einer allgemein richtigen Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zu suchen“. 28 Mit ihm diesen Weg eingeschlagen haben andere Autoren. So spricht Wiethölter davon, dass der Unterschied zwischen beiden Rechtsgebieten inzwischen „nahezu völlig zertrümmert“ sei und eine auf diesen Elementen aufbauende Rechtsordnung keine „Existenzberechtigung“ mehr besitze. 29 Die Bedeutung der Unterscheidung sei aus diesem Grunde nur noch relevant für die Gebiete der Wissenschaft und Lehre. 30 Anlass für diese Überlegungen war vor allem die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattfindende Entwicklung des auf immer mehr Sachgebieten aktiv werdenden Sozial- und Leistungsstaats und des damit verbundenen Anpassungszwangs seiner rechtlichen Handlungsmöglichkeiten. Verbunden mit solch neuen Handlungsmodalitäten sei eine Abkehr von subordinationsrechtlichen Vorstellungen hin zu einem kooperativen Verständnis von Staat und Bürger. 31 Deutlich werde dies beispielsweise an der Normierung des öffentlich-rechtlichen Vertrages in den §§ 54 ff. VwVfG und Bereichen wie des Verwaltungsprivatrechts. Auch zeige sich gerade im Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialrecht eine weitgehende gegenseitige Beeinflussung von Elementen beider Rechtsgebiete. 32 Durch diese Entwicklungen sei die Trennlinie zwischen den Rechtsgebieten immer weiter aufgelöst, so dass nunmehr Rechtsfragen unabhängig von den dogmatischen Fundamenten eines einzelnen Teilrechtsgebietes und infolge dessen als Einheit zu betrachten und zu lösen sein. 33 Vor allem liege der herrschenden Zweiteilung der Rechtsordnung noch immer die überholte Vorstellung der Trennung vom Obrigkeitsstaat und dem Bürgertum zugrunde. 34 Tatsächlich habe sich jedoch durch die Entwicklungen des sozialen Industriestaats eine Angleichung beider Pole ergeben. 35 Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass auch in anderen Staaten Rechtsordnungen entstanden seien, die diesen Dualismus nicht enthielten. 36 27 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 106, relativierend ders., in: Löwisch / Schmitt-Leithoff / Schmiedel (Hrsg.), FS Rittner, S. 69 (89 ff.). 28 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 106. 29 Wiethölter, Rechtswissenschaft, S. 23, 167 f. 30 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 116. 31 Vgl. Kimminich, Einführung in das öffentliche Recht, S. 58. 32 Vgl. Wiethölter, Rechtswissenschaft, S. 168. 33 Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 82; Brohm, DÖV 1979, 18 (25 f.). 34 Krabbe, Die Lehre der Rechtssouveränität, S. 47 ff. Vgl. auch Esser, Einführung in die Grundbegriffe des Rechtes und Staates, S. 193 f.; Isensee, in: Böckenförde (Hrsg.), Staat und Gesellschaft, S. 317; Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung zwischen von Staat und Gesellschaft; Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 29 ff. m.w. N. 35 Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 41.

226

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Solchen Überlegungen ist insofern Recht zu geben, als dass die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht einer Rechtsordnung nicht zwingend wesensgelagert vorhergehen muss. 37 Es erscheinen zumindest theoretisch ebenso Rechtsordnungen denkbar, in denen Rechtsbeziehungen durchweg einheitlich ausgestaltet sind. 38 Sieht man also die Unterscheidung der beiden Rechtsgebiete nicht jeder Rechtsordnung als immanent an, so muss maßgeblich sein, welche Aussagen die Rechtsordnung selbst zu dieser Frage macht. Schon auf den ersten Blick lassen sich im Grundgesetz eine Vielzahl von Fundstellen für den Begriff des „öffentlichen Rechts“ ausmachen. 39 Dort findet sich ebenfalls, wenngleich auch nur vereinzelt, der Ausdruck „Privatrecht“ wieder. 40 Daneben finden sich im Grundgesetz die Formulierungen des „bürgerlichen Rechts“ 41, der „öffentlichen Gewalt“ 42, der „Hoheitsrechte“ 43 oder des „öffentlichen Amtes“ 44. Diese verfassungsrechtliche Unterscheidung setzt sich im einfachen Recht fort. Elementar ist die Auswirkung auf die verschiedenen Rechtswege. Art. 95 Abs. 1 GG gibt verfassungsrechtlich vor, dass der Gesetzgeber nicht nur die obersten Gerichtshöfe der Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, sondern auch gerade der ordentlichen und Verwaltungsgerichtsbarkeit errichten muss. Für den Einzelfall maßgeblich ist § 13 GVG, nachdem grundsätzlich alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor die ordentlichen Gerichte gehören, und § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO, demnach der Verwaltungsrechtsweg grundsätzlich in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art eröffnet ist. Schon aus diesem Grund kann die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht nicht in eine einheitliche Betrachtung umgewandelt werden. 45 36

Vgl. die Übersicht bei Molitor, Über öffentliches Recht und Privatrecht, S. 21 ff. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 26; Gusy, DÖV 1984, 872 (881); Wyduckel, Rechtstheorie Beiheft 5 (1984), 113 (127 f.); a. A. Radbruch, Rechtsphilosophie, § 16. 38 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 46 ff., der die monistischen Rechtssysteme Großbritanniens und der ehemaligen DDR anführt. Gerade letzteres muss aber unter dem marxistisch-leninistischen Einfluss gesehen werden. Kritisch hierzu Radbruch, Rechtsphilosophie, § 16: „Die Begriffe „privates“ und öffentliches Recht“ sind nicht positivrechtliche Begriffe, die einer einzelnen positiven Rechtsordnung ebenso gut fehlen könnten, sie gehen vielmehr logisch jeder Rechtserfahrung voran und verlangen für jede Rechtserfahrung von vornherein Geltung. Sie sind apriorische Rechtsbegriffe.“ (Hervorhebung im Original). 39 So in Art. 12a Abs. 3 S. 1, 33 Abs. 4, 73 Nr. 8, 74a Abs. 1, 86 S. 1, 87 Abs. 2, 3, 87d Abs. 1, 87f Abs. 3, 93 Abs. 1 Nr. 4, 96 Abs. 4, 130 Abs. 3, 135 Abs. 2, 5, 7, 135a Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 GG. 40 So (mit teilweise unterschiedlicher Schreibweise) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 87d Abs. 1, 87e Abs. 3, 143a Abs. 1 S. 3 GG. 41 Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. 42 Art. 19 Abs. 4, 93 Abs. 1 Nr. 4a GG. 43 Art. 23 Abs. 1, 24 Abs. 1, 1a, 2, 76 Abs. 2 S. 4, Abs. 3 S. 4 GG. 44 Art. 33 Abs. 2, 34 S. 1 GG. 37

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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Auch im materiellen einfachen Recht setzt sich diese Unterscheidung fort. § 1 Abs. 1 VwVfG bestimmt den Anwendungsbereich des Gesetzes für die öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit bestimmter Behörden. Auch wenn das Verwaltungsverfahrensgesetz damit keine eigene Definition der beiden Rechtsgebiete enthält, so setzt es doch deren Unterscheidung als konsequente Weiterführung der verfassungsrechtlichen Situation voraus. 46 Auch hier ist wieder deutlich die Abgrenzung zum Privatrecht gegeben. Im Gegensatz dazu normiert Art. 55 EGBGB das grundsätzliche Außerkrafttreten landesrechtlicher Vorschriften des Privatrechts gegenüber dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Diese Vorschrift verwirklicht den Anspruch, mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine abschließende Kodifikation des Privatrechts herbeizuführen. 47 Gleichzeitig ist damit aber erneut eine Trennung zum öffentlichen Recht gegeben, das von der Vorschrift des Art. 55 EGBGB nicht betroffen ist. 48 2. Die Annahme eines Gemeinrechts bzw. eines Allgemeinen Teils des Rechts Die Überlegungen zur Einordnung der Willenserklärung im Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht würden auch dann erheblich an Bedeutung verlieren, wenn es eine Kategorie des Gemeinrechts 49 bzw. einen Allgemeinen Teil des Rechts gäbe. Vor allem im frühen 20. Jahrhundert gewann eine solche Ansicht an Anhängern, nach der gewisse Rechtssätze mit Tatbeständen und Rechtsfolgen nicht kategorisch einem Rechtsgebiet zuzuordnen seien, sondern vielmehr wegen 45 An dieser Stelle soll nicht verschwiegen werden, dass die meisten Befürworter einer Aufhebung der Trennung beider Rechtsgebiete sich dieser prozessualen Relevanz und Bedeutung bewusst sind und dies als einen Bereich sehen, in dem weiterhin unterscheiden werden müsste, vgl. oben 3. Kap., Fn. 25. Anders Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 108 f., der für einheitliche, von der Unterscheidung beider Rechtsgebiete losgelöste Fragen einen Doppelrechtsweg für möglich hält. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage nach dem Rechtsweg für sog. „neutrales“ Recht, bei welchem es sich trotz seiner offenen Formulierung um Normen des öffentlichen Rechts handeln soll, sofern nur ein Träger öffentlicher Gewalt im konkreten Fall berechtigt oder verpflichtet wird, vgl. Bettermann, DVBl. 1977, 180 (182 f.); Bachof, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), FG BVerwG, S. 1 (11); Scholz, NJW 1978, 16 (17); Zuleeg, VerwArch 73 (1982), 384 (403); Schliesky, DVBl. 1999, 78 (86); Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 309; Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 231 ff. 46 Vgl. Bonk, in: Stelken / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 65; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 1, Rn. 5. 47 Säcker, in: Münchener Kommentar, BGB, Art. 55 EGBGB, Rn. 1. 48 Säcker, in: Münchener Kommentar, BGB, Art. 55 EGBGB, Rn. 1. 49 An dieser Stelle soll unter „Gemeinrecht“ nur eine eigenständige Kategorie des Rechts verstanden werden, die als Schnittmenge neben dem öffentlichen Recht und Privatrecht steht. Die Vorstellung eines Gemeinrechts, das die beiden anderen Rechtsgebiete vollständig konsumiert und in sich aufnimmt, wäre gleichzeitig als Ablehnung der Unterscheidung der beiden herkömmlichen Rechtsgebiete zu verstehen.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

ihrer allgemein gültigen Aussagen in einem Allgemeinen Teil des Rechts, „vor die Klammer zu ziehen seien“. 50 Eine verallgemeinerungsfähige Gemeinsamkeit solle sich aber nicht schon bei jeder zufälligen Übereinstimmung ergeben, sondern erst, wenn die in Frage stehenden Begriffe oder Lehren aus logischen, geschichtlichen oder gesetzlichen Gründen notwendig in jedem Rechtsgebiet gelten müssten. 51 Der Annahme eines Allgemeinen Teils des Rechts stehen indes Bedenken gegenüber. Und diese erschöpfen sich nicht schon in den offensichtlichen Divergenzen der notwendigen Gesetzgebungskompetenzen. 52 Versucht man den Inhalt eines Allgemeinen Teils zu bestimmen, fällt es schwer, tiefergehende Regelungen zu finden. So ließe sich die allgemeine Regelung formulieren, in jedem Rechtsgebiet bedarf es zum rechtlichen Handeln aus logischen Gründen der Rechtsfähigkeit. Des Weiteren ließe sich festhalten, dass dem einzelnen Rechtssubjekt zur Umsetzung seiner Vorstellungen rechtliche Handlungsmöglichkeiten zu gewähren sind. 53 Schließlich ist es einsichtig, dass ein Rechtssubjekt grundsätzlich an seine rechtlichen Handlungen gebunden ist und sich nur ausnahmsweise davon wieder lossagen kann. All diese Aussagen sind derart offensichtlich und notwendig für jedes Rechtsgebiet, dass man sie ohne weiteres als Allgemeinen Teil bezeichnen könnte. Sie sind aber auch derart unbestimmt, dass sie dem Rechtsanwender in dieser Reinform nicht den Nutzen bringen, der von ihnen als Allgemeiner Teil eigentlich ausgehen soll. Die Formulierung eines Allgemeinen Teils ließe folglich erheblichen Konkretisierungsbedarf für einen „Besonderen Teil des Rechts“ offen. Dieser „Besondere Teil“ würde sich aber als die auch heute vorhandenen Rechtsgebiete des öffentlichen Rechts und Privatrechts darstellen. Ein Allgemeiner Teil des Rechts würde dann keinen Anwendungsvorsprung einbringen, denn er könnte allenfalls bestimmte dogmatische Begriffe und Kategorien enthalten, aber keine nähere Ausgestaltung der Regeln hierüber. 54 Tatsächlich liegt der Überlegung eines Allgemeinen Teils aber genau diese Zielvorstellung zugrunde. 55

50 Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 11; ders., Archiv für Bürgerliches Recht 42 (1916), 28 (28); Brennhausen, Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht, S. 18 ff; für das Vertragsrecht Henrichs, DVBl. 1953, 232; Eckert, DVBl. 1962, 11 (14). In diese Richtung auch Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte; G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 66; Hamann, NJW 1955, 481 (482). 51 Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 14 f. 52 Sendler, NJW 1964, 2137 (2140). 53 Zu diesen „allgemeinen rechtlichen Aussagen“ näher unten 3. Kap. 2. Abschn. f. 54 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 57; Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 105. 55 Vgl. Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 67 ff., 90 ff., 116 ff. Vgl. auch unten 3. Kap. 2. Abschn. F.IV.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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Selbst die Annahme, auch die Willenserklärung sei als Möglichkeit zum rechtswirksamen Handeln Inhalt eines allgemeinen Teils, wäre noch zu konkret, denn dabei würden die besonderen Strukturen der Willenserklärung unberücksichtigt bleiben. 56 Schließlich enthält die Annahme eines Allgemeinen Teils keinerlei Angaben, wie sich die Anwendbarkeit nur in einem Rechtsgebiet normierter Vorschriften innerhalb eines anderen, rechtstechnisch vollziehen soll. Gleichzeitig erscheinen die beobachteten Übereinstimmungen eher als elementare Gesetze einer jeden Rechtsordnung immanenten Logik zu entstammen, als einem „Allgemeinen Teil“. Untersucht man die tatsächlich praktizierte Bildung eines Allgemeinen Teils, so ist festzustellen, dass sich dieser stets vom Privatrecht aus entwickelt hat. Indem das öffentliche Recht zu vielen Fragen schwieg, wurde auf das kodifizierte und dogmatisch ausgeprägtere Zivilrecht zurückgegriffen. Genau genommen handelt es sich bei den Überlegungen eines Allgemeinen Teils damit aber regelmäßig nur um eine Übertragung zivilrechtlicher Regelungen in das öffentliche Recht, 57 nicht aber die Festschreibung von in jedem Rechtsgebiet logisch geltender Regeln. 58 Es droht deshalb die Gefahr, die zivilrechtlichen Regelungen im öffentlichen Recht anzuwenden, deshalb beiden Rechtsgebieten einheitliche Aussagen zu entnehmen, aufgrund derer sich dann ein Allgemeiner Teil bilden lässt, der wiederum das öffentliche Recht auffüllt. Wollte man stattdessen versuchen, einen „echten“ Allgemeinen Teil des Rechts zu kodifizieren, so müsste auch diese Kodifikation einen vermittelnden Weg zwischen erschöpfender Zusammenfassung mehrerer Rechtsgebiete und anwendungserleichternder Bestimmtheit finden. Doch selbst wenn diese Positionen praktisch zu einem Ausgleich gebracht wären, ist davon auszugehen, dass damit die Grenze der Bestimmtheit immer noch überschritten wäre. Pragmatisch ist schließlich darauf hinzuweisen, dass auch eine tatsächliche Kodifikation sich mit dem Problem der Gesetzgebungszuständigkeit auseinandersetzen müsste und dass gerade der Befund vorhandener Zuständigkeiten nicht von einem Allgemeinen Teil ausgeht. 59 Mit dem skizzierten Allgemeinen Teil wird anscheinend der Versuch unternommen, ein beobachtetes und faktisch vorhandenes Phänomen zu beschreiben, ohne aber dabei auf dogmatische Begründungen zurückzugreifen. 60 Die in diesem Zusammenhang für jede Rechtsanwendung notwendigen, aber fehlenden konkreten Regelungen verbleiben in den besonderen Rechtsgebieten, so dass ein Allgemeiner Teil aufgrund seiner zwingenden Unbestimmtheit praktisch wenig 56

Zu diesen vgl. nur unten 6. Kap. 7. Abschn. Vgl. Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, passim. 58 Vgl. Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 105. 59 Vgl. soeben 3. Kap. 1. Abschn. B. I.1. 60 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 57. Vgl. deshalb auch unten 3. Kap. 2. Abschn. f. 57

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Nutzen bringt. 61 Insbesondere ist es nicht möglich, dem Allgemeinen Teil des Rechts in der von seinen Vertretern dargestellten Form ertragreiche Hinweise für die rechtsgebietsübergreifende Anwendung der Willenserklärung zu entnehmen. 62 3. Die Lehre vom öffentlichen Bereich Eine weitere Variante dieser sich gegen einen Dualismus wendenden Ansicht findet sich in der Lehre vom öffentlichen Bereich. Ausgangspunkt dieser Auffassung ist nicht die subjektsunabhängige Einteilung der Rechtssätze in öffentliches Recht und Privatrecht, sondern die Überlegung, dass für eine Vielzahl von Rechtssubjekten die Einordnung in eines der beiden Rechtsgebiete nicht möglich ist. 63 Dies könne vor allem für privatrechtlich organisierte Verwaltungsträger des Staats gelten, aber auch für private Organisationen. 64 Die Entwicklung des öffentlichen Bereichs begründe sich durch ein Aufeinanderzubewegen von Rechtssubjekten beider Rechtsgebiete. So haben sich ursprünglich rein privatrechtliche Organisationen, wie beispielsweise Gewerkschaften, durch die sich ändernden Anforderungen der modernen Sozialgesellschaft in den Fokus erhöhter öffentlicher Belange begeben. 65 Aber auch ursprünglich staatliche Organisationen bedienen sich mittlerweile verstärkt privatrechtlicher Organisationsformen, ohne jedoch ihre staatliche Zielsetzung aufzugeben. 66 Schließlich gibt es auch Organisationen, die von vornherein eine Zwischenstellung einnehmen, wie beispielsweise die Parteien. 67 Die aus diesen tatsächlichen Verhältnissen zu ziehenden Schlussfolgerungen sind aber nicht von allen Vertretern deckungsgleich. Für Müller-Thoma ist „zwischen das klassische öffentliche Recht und das Privatrecht ein eigener Begriff des Öffentlichen getreten, der weder nur einen staatlichen noch einen ausschließlich privaten Bereich beschreibt“. 68 Preuß sieht eine Dreiteilung zwischen „einer 61 So auch de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 57. 62 Vgl. allenfalls die Ausführungen Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 60 ff., zu den verschiedenen Formen, in denen Willenserklärungen abgegeben werden können. 63 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 125 ff. 64 Vgl. die Beispiele bei Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 132 ff. 65 Vgl. Scheffler, NJW 1965, 849; Ossenbühl, NJW 1965, 1561. 66 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform; Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 125 ff. 67 Vgl. Hesse, VVDStRL 17 (1958), 11. 68 Müller-Thoma, Der halbstaatliche Verein, S. 59. Nach Rinken, Das Öffentliche als verfassungstheoretisches Problem, S. 295, trete anstelle eines Dualismus von öffentlich und privat eine „Trichotomie von öffentlich-rechtlich, öffentlich und privat“.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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privaten Konsumgesellschaft, einer demokratischen Öffentlichkeit und einer institutionellen Sphäre der Organe, die politische Entscheidungen verbindlich machen und legal durchsetzen können“. 69 Nach Schuppert soll sich der Dualismus gerade nicht zu einer Trichotomie entwickeln. 70 Vielmehr vollziehe sich die Bildung eines öffentlichen Bereiches als graduelle Abstufung, bei der „die jeweilige Organisation auf einer Skala zu verorten [scil: ist], die durch die beiden Pole privat und staatlich gekennzeichnet ist“. 71 Auch wenn die angeführten Beschreibungen des öffentlichen Bereichs neueren Datums sind, so handelt es sich hierbei dennoch nicht um eine Entdeckung aus dem 20. Jahrhundert. 72 Schon Lorenz von Stein und Robert Mohl haben, ausgehend von der bei Hegel zu findenden Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft, dem „öffentliche Bereich“ eine gewisse Eigenständigkeit zwischen dem Staat auf der einen und rein privaten Beziehungen auf der anderen Seite zugesprochen. 73 Besonders bei den zitierten Umschreibungen eines öffentlichen Bereichs wird aber deutlich, dass, ebenso wie bei den Überlegungen zu einem Allgemeinen Teil des Rechts, über bloße Beschreibungen der tatsächlichen Situationen nicht hinaus gekommen wird. Aus diesem Grund war es auch im 19. Jahrhundert bei einer stark abweichenden Rechtslage schon möglich, einen öffentlichen Bereich zu skizzieren. Darüber hinaus ist nicht bei allen Vertretern ersichtlich, nach welchen Kriterien die Zuordnung zu einem öffentlichen Bereich stattfinden soll. Zwar bietet Schuppert das Modell einer graduellen Abstufung an, doch lehnt er als Maßstab dafür die Interessenrichtung der erledigten Aufgaben ab. 74 Er selbst kann diese Vorgabe jedoch nur unvollständig einhalten. 75 Dies zeigt schon, dass ein Abstellen lediglich auf das Rechtssubjekt, ohne dessen Handeln oder Aufgaben zu betrachten, nur schwer möglich ist. 69

Preuß, Zum staatsrechtlichen Begriff des Öffentlichen, S. 152. Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 92. 71 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 94. 72 So Arndt, NJW 1960, 423 (424). 73 Vgl. von Stein, Gesichte der sozialen Bewegung in Frankreich 1850, S. 29; ders., Die Gesellschaftslehre I, S. 22 ff.; von Mohl, Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften I, S. 88 ff. 74 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 154 ff. 75 So sollen nach Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 173, 185 m.w. N, diejenigen öffentlichen Unternehmen zum öffentlichen Bereich zählen, „die vom Staat zur Erreichung wirtschafts- oder sozialpolitischer Zwecke instrumentell genutzt werden“ oder beispielsweise die Stiftung Volkswagenwerk dem öffentlichen Bereich zuzuordnen sein, weil sie die Aufgabe „einer die staatliche Wirtschaftsförderung ergänzenden Förderungspolitik“ hat. 70

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Erkennt man also an, dass letztendliche Relevanz doch die Form des Handelns und der verfolgten Aufgaben gewinnt, ist zweifelhaft, welchen Erkenntnisgewinn eine Einordnung eines öffentlichen Bereichs neben einen rein privaten und staatlichen Bereich mit sich bringt, wenn die Mitglieder dieses öffentlichen Bereichs sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich handeln können und von ebenso verschiedenen Zielen geleitet werden. Mit der Lehre vom öffentlichen Bereich wird so lediglich eine Verschiebung von Angehörigen eines rein öffentlich-rechtlichen oder rein privaten Bereichs betrieben. Bei all diesen Überlegungen wird deutlich, dass eine Einteilung der Rechtssubjekte in ihre Handlungsmöglichkeiten zwar anschaulich das herrschende Gesellschaftssystem zu beschreiben vermag, aber zu weit und unbestimmt ist, als dass man daraus konkrete rechtliche Ableitungen folgern könnte. Letztendlich ist die Lehre vom öffentlichen Bereich eine beschreibende Zusammenfassung all der Rechtssubjekte, die tatsächlich öffentlichrechtlich und privatrechtlich handeln können, ohne daran konkrete Folgen – auch für die Willenserklärung – zu knüpfen. 4. Die Bedeutung einer Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht und Zwischenergebnis Mit dem allgemeinen Verständnis soll auch im Folgenden zwischen dem öffentlichen Recht und Privatrecht als Teilrechtsordnungen unterschieden werden. Fraglich bleibt dann nur, welche Bedeutung diese Unterscheidung zwischen beiden Rechtsgebieten hat. Nach Radbruch dienen die Begriffe „öffentliches Recht“ und „Privatrecht“ der kategorialen Systematisierung des Rechts. 76 Ihr Zweck ist es, das vorhandene positive Recht zu verarbeiten und zu verstehen. 77 Larenz sieht die Bedeutung der Unterscheidung in einer Gliederung des Rechts durch abstraktallgemeine Begriffe. 78 Im Zuge einer Anwendung der modifizierten Subjektstheorie kann ein Rechtssatz, abhängig von seiner Zielsetzung, in verschiedene Rechtsgebiete eingeteilt werden. Nach Thiele handelt es sich um technische Begriffe. 79 Diesen Unterscheidungsmethoden ist gemein, dass sie innerhalb der Gesamt-Rechtsordnung zu Teilrechtsordnungen führen. Teilrechtsordnungen sind von der Rechtsordnung vorgesehen und leisten einen Beitrag zur Strukturierung

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Radbruch, Rechtsphilosophie, § 15. Radbruch, Rechtsphilosophie, § 15. Im Einklang damit geht Radbruch, Rechtsphilosophie, § 16, auch davon aus, dass die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht für jede Rechtsordnung gelten muss. 78 Larenz, Methodenlehre, S. 439 ff. 79 Thiele, Die Zustimmung in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 8 f., 10, 82 ff., unterteilt weiter in dogmatisch-technische Begriffe und technisch-juristische Begriffe, bleibt aber bei dem Oberbegriff des technischen Begriffs. 77

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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und Herausarbeitung der spezifischen Funktionen innerhalb der verschiedenen Rechtsgebiete. II. Unterschiede zwischen den Teilrechtsordnungen Die Anwendung der Handlungsform Willenserklärung muss die besonderen Strukturen des öffentlichen Rechts beachten. 80 Es ist deshalb auf die in dieser Hinsicht bestehenden Unterschiede beider Teilrechtsordnungen einzugehen. 1. Historische Entwicklung der beiden Teilrechtsordnungen Schon die geschichtliche Entwicklung der beiden Teilrechtsordnungen deckt Ungleichheiten auf, die in der gesamten weiteren Rechtsentwicklung präsent bleiben. Das kontinentaleuropäische Zivilrecht findet seine Grundlage vor allem in der Rezeption des römischen Rechts. 81 Nach einer Jahrhunderte überdauernden Geltung germanischen Rechts in früher und fränkischer Zeit 82 begann die Rezeption vor allem im hohen und späten Mittelalter. Auch nach Niedergang des römischen Reichs konnte das römische Recht zwar in verschiedenen Gebieten die Zeit überdauern, so beispielsweise in Byzanz oder im Westen des Reiches, doch dauerte es bis in 12. Jahrhundert, ehe es im weiten Zug wiederentdeckt wurde. Zentraler Ausgangspunkt für die Zivilrechtswissenschaft und die Rezeption des römischen Rechts ist das mittelalterliche Universitätswesen, für das Bologna einen grundlegenden Maßstab bildet. 83 Die in den folgenden Jahrhunderten stattfindende Aufarbeitung des römischen Rechts fällt dabei in einen Zeitraum kirchlicher Übermacht. Die Theologie war die dominierende Wissenschaft. Der Mensch ging von einer göttlichen Wahrheit aus, die sich im irdischen Geschehen erneut und erneut manifestierte. 84 Sie galt es zu entziffern. Dieser Grundgedanke wurde in der sich entwickelnden Jurisprudenz aufgenommen. Mittels aus der Spätantike überkommenen scholastischen Methoden und Wissenschaften wurden vorgefundene Texte versucht zu verstehen und weiterzugeben. 85 Aus diesem Grund stand zur Zeit der Rezeption nicht die praktische Anwendung der Jurisprudenz im Vordergrund, sondern ihre theoretische Durch80 Vgl. nur Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 9. 81 Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 16; Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, S. 1. 82 Vgl. Ebel / Thielmann, Rechtsgeschichte, Rn. 132 ff. 83 Ebel / Thielmann, Rechtsgeschichte, Rn. 236; Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 121. 84 Vgl. oben 2. Kap., Fn. 11. 85 Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 121.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

dringung als Vorarbeit positiv-rechtlicher Kodifikation. 86 Man ging von einer vollständigen Regelungssystematik aus, die es zu erschließen und für das soziale Zusammenleben nutzbar zu machen galt. Ähnlich wie das religiöse Weltbild wurde die Jurisprudenz als eine vom subjektiven Rechtsempfinden gestützte, logische Einheit des Rechts angesehen, die nicht durch einen weltlichen Gesetzgeber geformt wurde, sondern sich lediglich als eine Manifestierung ohnehin vorhandener, vernunftgeleiteter Gerechtigkeitsregeln des menschlichen Zwischenlebens darstellte. 87 Der zwischen den gleichrangigen Zivilrechtssubjekten stattfindende Interessenausgleich zielte auf die Herstellung einer gerechten Lösung ab. Auch die Jurisprudenz wurde nicht als eine von den Rechtsanwendern zu formende, sondern zu entdeckende Materie angesehen. 88 Noch in heutiger Zeit sprechen Gerichte oftmals von „Rechtsfindung“ 89 oder bezeichnen Urteile als „Erkenntnisse“ 90. Schon diese Wortwahl deutet darauf hin, dass zumindest während der zivilrechtlichen Anfänge von einer inneren Einheit des zivilrechtlichen Rechtsstoffes als Summe einer Vielzahl von untereinander widerspruchsfreien Gründen und Folgen ausgegangen wurde, 91 die ab dem 18. Jahrhundert in einer Welle von Kodifikationen mündete. 92 Im Gegensatz dazu hat sich das öffentliche Recht in einer ganz anderen Art und Weise entwickelt. Zwar unterschied auch schon das römische Recht zwischen den beiden Rechtsgebieten, doch war damit lediglich eine begriffliche Einteilung verbunden. 93 Erst mit dem Entstehen von souveränen Staaten in der Neuzeit war eine verstärkte Eigenständigkeit des öffentlichen Rechts verbunden. Vor allem der absolutistische Staat erließ eine Vielzahl von Regelungen, mit denen der jeweilige Herrscher durch verbindliche Anordnungen das Zusammenleben seiner Untertanen formen konnte. 94

86 Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (38). 87 Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (38). 88 Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (38); Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 121. 89 BVerfG NJW 1996, 581 (583); NJW 2001, 1636 (1635); NJW 1999, 1951 (1952); BGH NJW 1988, 421 (421); BVerwG NVwZ-RR 1996, 359 (359). 90 Schluscke / Sattelmacher / Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, S. 323; Berg / Zimmermann, Gutachten und Urteil, S. 115; Henke, ZZP 109 (1996), 135 (181). 91 Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (40). 92 Vgl. Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, S. 91 ff.; Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 281 ff.; Ebel / Thielmann, Rechtsgeschichte, Rn. 353 ff. 93 Vgl. zur historischen Entwicklung schon oben 1. Kap. 1. Abschn. B.II.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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Nicht nur fällt im Vergleich zum Zivilrecht die sehr viel kürzere Entwicklungszeit auf. Auch orientierte sich das öffentliche Recht während seiner Ausformung nicht an einem Gedanken logischer Geschlossenheit. In den Bereichen, in denen der Gesetzgeber Handlungsbedarf sah, erließ er Regelungen. Es fällt aber schwer, einen sachlichen oder logischen Zusammenhang zwischen beispielsweise Steuergesetzen, Bauvorschriften und Straßenverkehrsregelungen zu erblicken. 95 Im öffentlichen Recht geht es deshalb nicht um die Herausarbeitung ohnehin geltender Vernunftregeln, sondern die wissenschaftliche Aufarbeitung der vom Gesetzgeber aufgestellten Regeln. Diese sind das Ergebnis politischer und gegebenenfalls ökonomischer, technischer, medizinischer, soziologischer oder organisatorischer Bedürfnisse. 96 Dementsprechend verlief auch die Kodifikation eines allgemeinen Teils des Verwaltungsrechts schleppender als die zivilrechtlichen Arbeiten. 97 Dass auch umfänglich das öffentliche Recht dem Zivilrecht in dieser Hinsicht nachsteht, ergibt sich durch die Gesetzgebungszuständigkeiten über die Materien des besonderen Verwaltungsrechts. Entgegen dem Zivilrecht ist das öffentliche Recht weniger durch das Ziel geprägt, ein einheitliches System vernunftgeleiteter Normen zu entdecken, sondern durch den gesetzgeberischen Willen. 98 2. Örtliche und zeitliche begrenztere Geltung des öffentlichen Rechts und universellere Geltung des Zivilrechts Aus der Vorstellung, das Zivilrecht spiegle lediglich dem Menschsein immanente Regeln der Gerechtigkeit wieder, das öffentliche Recht hingegen die von einem Volk bzw. einer Gesellschaft getroffenen Entscheidungen des sozialen Zusammenlebens, 99 lässt sich ein weiterer Unterschied ableiten. Das Zivilrecht beansprucht, bedingt durch seine Anknüpfung an allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen, tendenziell unbedingtere Geltung. 100 Als Grundlage einer solchen Überlegung kann 94 Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 7; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 2 f. 95 Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (40). 96 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B. 97 Vgl. Richter, Die Trichotomie des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 14 ff. 98 Tendenziell erscheint das Zivilrecht deshalb eher als apriorische Wissenschaft, während das öffentliche Recht Züge einer aposteriorischen Wissenschaft trägt, Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (41 f.). Zu dem apriorischen Charakter des Zivilrechts vgl. Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 281; Stern, AöR 84 (1959), 273 (313); Friedrichs, Der Allgemeiner Teil des Rechts, S. 20 ff. 99 Vgl. das Zitat oben 2. Kap., Fn. 161 von Naucke, „Recht ist nur eine stabilisierende Sozialtechnik“.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

der kategorische Imperativ von Kant angesehen werden. 101 Der Mensch als vernunftgelenktes Wesen handelt nur nach den Maximen, von denen er zugleich will, dass sie ein allgemeines Gesetz werden. 102 Das sich hieraus für das Zivilrecht konkrete Regeln mit universellerer Geltung ergeben, wird an einigen Beispielen deutlich. Insbesondere in zeitlicher Hinsicht lassen sich Parallelen zum römischen Privatrecht erkennen. Die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde durch das römische Privatrecht nicht nur methodisch anhand der Pandektenwissenschaft beeinflusst, sondern über das gemeine Recht auch inhaltlich. 103 Die das Abstraktionsprinzip begründende Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsakten findet sich schon im römischen Privatrecht. 104 Ebenso bestand schon dort die Abgrenzung zwischen Herrschaftsrechten und Forderungen. 105 Auch die Herausbildung eines scharf umgrenzten Eigentumsbegriffs, der sich sowohl vom Besitz als auch von sonstigen beschränkten Sachenrechten unterscheidet, ist ein Verdienst des römischen Privatrechts. 106 Die Aufzählung ließe sich noch weiter fortsetzen. 107 Schon an diesen Beispielen zeigt sich aber, dass die für das rechtliche Miteinander zwischen gleichrangigen Individuen aufzustellenden Regelungen, bedingt dadurch, dass die jeweiligen Positionen in diesem Miteinander austauschbar sind und von jedem eingenommen werden können, in zumindest ihren Grundaussagen ohne Berücksichtigung einzelner konkreter Ausgestaltungen sich durch den Wunsch, eine für alle Seiten gerechte Regelung zu treffen, gleichen und dementsprechend auch in eigentlich verschiedenen Rechtskulturen Geltung beanspruchen können. 108 Die universellere Geltung zivilrechtlicher Regelungen beruht auf dem Wunsch der beteiligten Individuen, schon aus eigenem Interesse eine gerechte Lösung zu finden. 109 100

Wenn in diesem Zusammenhang von „Geltung“ die Rede ist, so kann damit selbstverständlich keine juristische Geltung gemeint sein. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch besteht seit 1900 und weist damit bei weitem keine universelle Geltung auf. Vielmehr hat jede Rechtsordnung, sei ihre Abgrenzung zu anderen Rechtsordnungen örtlicher oder zeitlicher Art, ihre eigene juristische Geltung. Doch kann in soziologischer Hinsicht ein zeitlich und örtlich übereinstimmender Konsens gefunden werden, bestimmte Regeln des Zivilrechts anzuwenden. Vgl. zu den verschiedenen Geltungsbegriffen unten Kap. 4 1. Abschn. A. I.1. 101 Vgl. auch unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4.b.(2). 102 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421. 103 Umfangreich Kaser, JuS 1967, 337. 104 Hausmaninger / Selb, Römisches Privatrecht, S. 117 ff., 193 ff.; Honsell, Römisches Recht, §§ 14 ff., 26 ff.; Kaser / Knütel, Römisches Privatrecht, §§ 18 ff., 32 ff. 105 Hausmaninger / Selb, Römisches Privatrecht, S. 193 (actiones in rem und actiones in personam). 106 Hausmaninger / Selb, Römisches Privatrecht, S. 123 ff.; Honsell, Römisches Recht, §§ 14 ff.; Kaser / Knütel, Römisches Privatrecht, §§ 18 ff. 107 Vgl. dazu Kaser, JuS 1967, 337 (341 f.).

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

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Eine solche universellere Geltung lässt sich für das öffentliche Recht nur schwer ausmachen. Auch wenn es internationale Verwaltungsbeziehungen gibt, von denen zu erwarten ist, dass sie in Zukunft ein noch größeres Gewicht einnehmen, 110 so bleibt öffentliches Recht die Ausübung staatlicher Gewalt und ist insofern an einem Staatsvolk und einem Staatsgebiet orientiert. 111 Wie es Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG ausdrücklich klarstellt, geht alle staatliche Gewalt vom Volke aus. Damit ist aber das deutsche Volk gemeint und nicht das eines fremden Staates. 112 Aufgrund dessen beruht das öffentliche Recht auf ganz anderen Grundpfeilern als das Zivilrecht.

108 Vgl. Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (301). Eine ähnliche Situation zeigt sich in örtlicher Hinsicht. Schon beim Entstehen des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde das internationale Privatrecht in die Kodifikation mit aufgenommen, Coing / Honsell, in: Staudinger, Einl zum BGB, Rn. 89 ff. Obwohl das internationale Privatrecht eine Regelung für internationale Sachverhalte trifft, so bleibt es eine nationale Regelung, Heldrich, in: Palandt, BGB, Einl v EGBGB, Rn. 2. Internationale Regelungen sind Staatsverträgen vorbehalten. Maßgeblicher Mechanismus im internationalen Privatrecht ist dementsprechend die Beantwortung der Frage, welche Rechtsordnung beteiligter Staaten auf internationale Sachverhalte anzuwenden ist, vgl. die Legaldefinition in Art. 3 Abs. 1 EGBGB; vgl. auch Art. 4, 5 EGBGB. Folge hiervon kann also sein, dass ein Staat eine ausländische Rechtsordnung anwendet und durchsetzt, Kropholler, Internationales Privatrecht, § 31; Kegel / Schurig, Internationales Privatrecht, § 15; Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (43). Auch unter territorialer Berücksichtigung enthält das Zivilrecht also Regelungen, die staaten- und damit auch rechtsordnungenübergreifend Geltung finden. Im Umkehrschluss zeigt dies auch der Art. 6 S. 1 EGBGB. Demnach ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Nach Heldrich, in: Palandt, BGB, Art. 6 EGBGB, Rn. 1, bietet der Gesetzgeber in einem solchen Fall die Möglichkeit, einen internationalen Sachverhalt nach den Regelungen derjenigen Rechtsordnung zu entscheiden, zu der er die engsten Beziehungen hat. Dabei akzeptiert der Gesetzgeber im Interesse einer internationalprivatrechtlichen Gerechtigkeit bewusst Entscheidungen, die von nationalen Regelungen abweichen können. Eine ähnliche territorial weitreichende Geltung erfährt das Zivilrecht durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) vom 11. April 1980, BGBl. II 1989, S. 588. Auch hier zeigt sich ein nicht örtlich begrenztes Verständnis, sich auf einheitliche Regeln des Miteinanders zu verständigen. 109 So sei für einen konkreten Fall nochmal auf das Beispiel der Minderung einzugehen. Die Minderung ist in all den bisher aufgeführten Rechtsordnungen enthalten. Als actio quanti minoris im römischen Recht (Ulp. D 21, 1 38 pr.), im BGB (§ 441) und im CISG (Art. 50). Dass der Gläubiger einer Leistungspflicht bei nicht vertragsgemäßer Erfüllung dergleichen den Wert der von ihm gewährten Leistung in einem angemessenen Verhältnis herabsetzen darf, kann als ein allgemein geltender Grundsatz einer gerechten Problemlösung angesehen werden. 110 Vgl. umfassend Tietje, Internationalisiertes Verwaltungshandeln. 111 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.II.1.b., Fn. 51. 112 BVerfGE 83, 37 (50 f.); Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 20; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 27a m.w. N.

238

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Selbstverständlich gibt es auch im öffentlichen Recht Gerechtigkeitserwägungen. So ist vor allem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Gleichheitsgrundsatz, das Vertrauensschutzprinzip, das Rückwirkungsverbot oder das Willkürverbot zu nennen. Hierbei sei aber auf das schon dargestellte Zielsystem der Verwaltung zu erinnern. Bei den aufgezählten Aspekten handelt es sich um handlungsorientierte Formalziele, die von den herkömmlichen inhaltsorientierten Verwaltungszielen zu unterscheiden sind. 113 Letztere werden vor allem durch den von der politischen Staatsführung transformierten Willen des Volkes gebildet. 114 Dieser Volkswille orientiert sich maßgeblich an den momentanen und aktuellen Bedürfnissen des Volkes, nicht aber zwingend an Gerechtigkeitserwägungen. So kann sich ein Staat entscheiden, seine Umweltschutzbestimmungen auszudünnen, um so der Wirtschaft Standortvorteile zu verschaffen. Ebenso wie sich der Staat mit den Jahrhunderten gewandelt hat, hat sich auch das ihn regelnde öffentliche Recht, beispielsweise das Gefahrenabwehrrecht, verändert. 115 3. Anwendung der Grundrechte Mit der Entwicklung des modernen Staates nahmen die Grundrechte ein immer größeres Gewicht ein. In der Bundesrepublik unter dem Grundgesetz gewinnen sie durch Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG eine elementare Bedeutung. Sie bilden eine für das öffentliche Recht strikt zu beachtende Wertaussage, an die sich staatliches Handeln zu halten hat. 116 Gleichzeitig richten sich die Grundrechte vor allem gegen staatliches Handeln. Nach h. M. sind juristische Personen des öffentlichen Rechts keine Träger von Grundrechten. 117 Dies gilt sowohl für öffentlichrechtliches Handeln, für Sondervermögen als auch beim Einsatz privatrechtlicher Handlungsformen. 118 Begründet wird dies mit der bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts fehlenden grundrechtstypischen Gefährdungslage sowie der Wesensverschieden113

Siehe oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(2)(b). Siehe oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 115 Vgl. die Darstellung bei Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 6 ff. 116 Vgl. nur BVerfGE 61, 82 (100 f.); Erichsen, in: ders / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 8 f.; Ehlers in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 19. 117 St. Rspr. BVerfGE 21, 362 (372 f.); 39, 302 (312 f.); 45, 63 (78); 62, 354 (369); 68, 193 (206); Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 18; vgl. zum Meinungsstand von Mutius, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 78 ff. 118 Zu letzterem Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87 ff.; ders., DVBl. 1983, 422 (424); Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, S. 364; Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit I, S. 109. Auch das BVerfG hat dies im Sasbach-Beschluß E 61, 82 (105 ff.), noch einmal insbesondere für das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG klargestellt: „Art. 14 als Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater.“ 114

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

239

heit zwischen grundrechtsgebundenem Staat (Art. 1 Abs. 3 GG) und grundrechtsberechtigten Privatpersonen. 119 Auch wenn Art. 19 Abs. 3 GG von keiner Einschränkung für die Anwendung bei juristischen Personen spricht, ist dieses Ergebnis, vergegenwärtigt man sich den Charakter der Grundrechte, auch überzeugend. Die Grundrechte als vor allem liberal-staatliche Abwehrrechte sollen den Bürger vor dem Staat schützen, nicht aber den Staat selbst schützen. 120 Dieses entscheidende Abstellen auf das Staat-Bürger Verhältnis präjudiziert die Frage der Anwendbarkeit der Grundrechte im Zivilrecht. Auch wenn das Bundesarbeitsgericht teilweise eine unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten horizontal unter Privaten für möglich hielt, 121 so konnte sich die h. M. nur zu einer mittelbaren Drittwirkung durchringen. 122 Freiheitsbeeinträchtigungen können im modernen Staat auch von privaten gesellschaftlichen Polen ausgehen, denen als menschliche Gemeinschaft aber nach Art. 1 Abs. 2 GG gerade die Grundrechte zugrunde liegen. 123 Und tatsächlich ist an manchen Stellen, wie beispielsweise Art. 9 Abs. 3 S. 2, 20 Abs. 4, 48 Abs. 2 GG, ein ausdrücklicher Bezug auf private Rechtsverhältnisse genommen. Dies spricht im Umkehrschluss für eine Beschränkung der unmittelbaren Grundrechtswirkung auf das öffentliche Recht. Schließlich ist auch der Sinn der Grundrechte der Schutz der bürgerlichen Freiheit. Diese würde durch die Notwendigkeit der Beachtung von Grundrechten Dritter aber erheblich geschmälert. 124 Während das Zivilrecht also zumindest weitgehend 125 frei von den unmittelbaren Auswirkungen der Grundrechte ist, nehmen diese im öffentlichen Recht ein elementares Gewicht ein. 4. Privatautonomie und Verwaltungsziele Die Anwendbarkeit der Grundrechte und der Charakter des öffentlichen Rechts als Abbildung des momentanen politisch-gesellschaftlichen Zustands eines Staates führen zur wesentlichen Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht.

119

BVerfGE 61, 82 (105 ff.); Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 54. Vgl. Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 58. 121 BAGE 1, 185 (193 f.). 122 BVerfGE 7, 198 (205 f.); 73, 261 (269); Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 99; von Münch, in: ders. / Kunig (Hrsg.), GG, Vorb. Art. 1 – 19, Rn. 31; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Vorb., Rn. 98; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 181. 123 von Hodenberg, Das Bekenntnis des deutschen Volkes zu den Menschenrechten in Art. 1 Abs. 2 GG, S. 92 ff. 124 Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 175. 125 Eine Ausnahme bildet insoweit nach h. M. Art. 9 Abs. 3 GG, vgl. BVerfGE 57, 220 (245); BAGE 94, 169 (174); Löwer, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 9, Rn. 85. 120

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

a) Zivilrechtliche Privatautonomie Wesentliches Prinzip der zivilen Rechtsordnung ist die Privatautonomie. 126 Privatautonomie wird allgemein verstanden als Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach eigenem Willen. 127 Der Anerkennung der Persönlichkeit des Einzelnen geht die Freiheit nach, die eigenen Rechtsverhältnisse eigenverantwortlich zu gestalten. Die Privatautonomie ist damit die Kompetenz zur Regelung der Freiheit des Einzelnen. Dies schließt sowohl den Abschluss eines Rechtsverhältnisses als auch dessen Inhalt ein. 128 Maßgeblich ist gerade nicht die vom Einzelnen geschaffene, soziale Beziehung, an die die Rechtsordnung Folgen knüpft, sondern der individuelle Wille des Einzelnen. Diesem Gedanken liegen zwei wesentliche Werte zugrunde, die die Individuen in ihrem Verhältnis zueinander prägen: Freiheit und Gleichheit. 129 Für ein weitergehendes Verständnis der freiheitlichen Autonomie, dem eigenen Willen Geltung zu verschaffen, kann der Freiheitsbegriff der Ethik Kants zu Hilfe genommen werden. 130 Durch die Verbindung von Wille und Vernunft 131 ist die Autonomie nach Kant eine Bekundung der Freiheit des Menschen als Vernunftwesen. Hieraus folgt der kategorische Imperativ, nachdem nur nach derjenigen Maxime zu handeln ist, von der zugleich zu wollen ist, dass sie ein allgemeines Gesetz wird. 132 Dadurch kennzeichnet die Autonomie des Willens 126 Nach Flume, in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (136, 141), ist „die Privatautonomie [...] das selbstverständliche Grundprinzip einer jeden Zivilrechtsordnung“. Vgl. auch ders., BGB AT II, § 1.1; Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 3 ff.; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 37; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 104, Rn. 1. Differenzierender Larenz / Wolf, BGB AT, § 2, Rn. 17: „Die [...] Privatautonomie ist eines der Haupt- und Grundprinzipien des Privatrechts.“ 127 BVerfGE 72, 155 (170); 89, 214 (231); BVerfG NJW 1994, 2749 (2750); BAG NJW 1995, 275 (277); Flume, BGB AT II, § 1.1; ders., in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (136); Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 13; Schack, BGB AT, Rn. 388; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Medicus, BGB AT, Rn. 174. 128 Vgl. zur sogenannten Abschluss- und Inhaltsfreiheit Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 145, Rn. 7. 129 Larenz / Wolf, BGB AT, § 1, Rn. 2 ff.; Köhler, BGB AT, § 3, Rn. 8. 130 Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, S. 22 f. 131 Vgl. zu dieser Verbindung nur Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 412. „Nur ein vernünftiges Wesen hat das Vermögen, nach der Vorstellung der Gesetze, d. i. nach Prinzipien, zu handeln, oder einem Willen. Da zur Ableitung der Handlungen von Gesetzen Vernunft erfordert wird, so ist der Wille nichts anderes, als praktische Vernunft. Wenn die Vernunft den Willen unausweichlich bestimmt, so sind die Handlungen eines solchen Wesens, die als objektiv notwendig erkannt werden, auch subjektiv notwendig, d. i. der Wille ist ein Vermögen, nur dasjenige zu wählen, was die Vernunft, unabhängig von der Neigung, als praktisch notwendig, d. i. als gut erkennt.“

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

241

die Willensbeschaffenheit, indem der Wille sich selbst ein Gesetz ist. 133 Die Autonomie des Willens wird derweil also nur durch aus der gleichen Persönlichkeit stammende Vernunftgründe beeinflusst. Die Vernunft ist der äußerliche Rahmen des freien Willens. 134 Die Gleichheit formt sich zu einem Prinzip allgemeiner Rechtsfähigkeit. 135 Nur durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit des Einzelnen wird dieser in die Lage versetzt, seinen freien Willen rechtlich umzusetzen. Würde dieses Prinzip nicht allgemein für jedes Individuum gelten, so müsste jede freiheitliche Selbstbestimmung auf Kosten anderer gehen. Die Gleichheit sichert eine gleichrangige Umsetzung der Willensautonomie und bewirkt eine Abgrenzung der jeweiligen Rechtskreise des Einzelnen, innerhalb derer sich individuelle Freiheit entfalten kann. Gleichheit und Freiheit bedingen einander und sind Bestandteile des Prinzips der Privatautonomie. Durch das Abstellen auf den Willen wird die „Selbstherrlichkeit“ des Einzelnen i. S. e. „stat pro ratione voluntas“ anerkannt. 136 Dies führt dazu, dass der Einzelne beliebige Ziele verfolgen kann, unabhängig davon ob diese einsichtig oder uneinsichtig, nützlich oder schädlich sind. 137 Die Privatautonomie ist dabei nicht einfach Bestandteil einer Rechtsordnung, sondern auch, beeinflusst durch die von Kant mitgeprägte Rechtsgeschäftslehre des 19. und 20. Jahrhunderts, 138 ein so wesentliches Prinzip, dass sie einer (Privat-)Rechtsordnung vorgeht und von ihr verwirklicht werden muss. 139 Nach Flume gibt es sogar „keine Rechtsordnung ohne Privatautonomie“. 140 Während die Privatautonomie also ein der Rechtsordnung übergeordneter Bestandteil und die Rechtsanwendung leitender Gerechtigkeitsmaßstab ist, ist der Wille eine subsumtions- und auslegungsfähige Tatsache. 141 Deutlich wird dies durch die Wirkungsreichweite der Privatautonomie. Sie wirkt nicht nur im Rahmen des bestehenden Zivilrechts, sondern vielmehr sind es die Normen des Zivilrechts, die das Prinzip Privatautonomie ausgestalten und ausfüllen. 142 Damit liegt dem Zi132

Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 440. Ebendort heißt es auch: „Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen, also so, dass die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien.“ 134 Eisler, Kant Lexikon, S. 54. 135 Motive zum BGB, Bd. 1, S. 25. 136 Flume, BGB AT II, § 1.5; Hönn, Jura 1984, 57 (57). 137 Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, S. 387 m.w. N. 138 Vgl. Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, S. 21 ff.; ders., JZ 1998, 913 (914 f.). 139 Flume, BGB AT II, § 1.1. 140 Flume, BGB AT II, § 1.1. 141 Brehmer, Wille und Erklärung, S. 48 f. 133

242

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

vilrecht ein Individualprinzip zugrunde, mit dem dem rechtsgeschäftlichen Willen des Einzelnen Geltungskraft verschafft wird. 143 Dass der Privatautonomie ein so überragender und überlagernder Stellenwert zugesprochen werden muss, resultiert in der heutigen Zeit auch aus den grundgesetzlichen Vorgaben. 144 Die Menschenwürde schützt den Eigenwert und die Eigenständigkeit als wesentlichen Kern der Natur des Menschen. 145 Nur durch die Freiheit, auch rechtsgeschäftlich in Selbstverantwortung die eigenen Verhältnisse regeln zu können, kann die in der Menschenwürde enthaltene Selbstbestimmung, ihr Selbstzweck und der dem Einzelnen zukommende sittliche Eigenwert verwirklicht werden. Aus der grundgesetzlichen Werteordnung resultiert aber nicht nur die Anerkennung einer Privatautonomie als Wesensmerkmal der Menschenwürde, sondern gleichzeitig auch der Schutz der Privatautonomie und der daraus ableitbaren Handlungsmöglichkeiten. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG schützt die einzelnen Aspekte der Privatautonomie und sichert so die zwingende Möglichkeit des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung und -entfaltung. 146 b) Keine Privatautonomie für Träger öffentlicher Gewalt Die h. M. lehnt die Möglichkeit privatautonomen Handelns durch die öffentliche Verwaltung ab. 147 Die Verwaltung kann sich nicht auf Grundrechte berufen und hat dementsprechend auch keine Handlungsfreiheit. Sie kann gerade nicht tun und lassen was sie will, wozu eine Privatautonomie aber führen würde. Die öffentliche Verwaltung ist vielmehr nach Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG an Recht und Gesetz gebunden.

142

Starck, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 136. Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4. 144 Zu der – selbstverständlich – auch schon vor dem Erlass des Grundgesetzes stattfindenden Diskussion um die Herleitung der Privatautonomie, Hofer, Freiheit ohne Grenzen. 145 Starck, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 1 Abs. 1, Rn. 10; Nipperdey, in: Neumann / Nipperdey / Scheuner, (Hrsg.), Die Grundrechte Bd. 2, S. 1 (1). 146 BVerfGE 72, 155 (170); BVerfG NJW 1992, 2409 (2410); Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 22 ff.; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 104, Rn. 1. Ganz besonders deutlich wird dies durch die ursprünglich angedachte Formulierung des Art. 2 Abs. 1 GG, nach der man das Recht haben sollte, „alles zu tun“, was die Rechte anderer nicht verletzte; vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 8. 147 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 9; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87 ff.; Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, S. 364. Mit einem anderen Verständnis des Begriffs Privatautonomie Röhl, VerwArch 86 (1995), 531 (537). 143

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

243

Dies allein reicht aber nicht aus, um eine Anerkennung der Privatautonomie für die Verwaltung abzulehnen. Richtig ist zwar, dass im Gegensatz zum Zivilrecht nicht die Willensherrschaft des Einzelnen eine rechtliche Inhaltsbestimmung vornimmt, doch ist auch zivilrechtlich jeder Bürger und Rechtsanwender an Recht und Gesetz gebunden. Die Privatautonomie wird durch die Rechtsordnung dem Einzelnen vermittelt und es können nur die Formen zu ihrer Ausübung verwendet werden, die die Rechtsordnung zur Verfügung stellt. Die Rechtsordnung füllt das Prinzip der Privatautonomie aus und bestimmt so ihren rechtlichen Gehalt. 148 Maßgeblich ist, dass der Einzelne seine privaten Rechtsverhältnisse nach seinen freien Vorstellungen im Rahmen der Rechtsordnung formen kann. 149 Welche Ziele die Verwaltung verfolgt, kann sie nicht selbst entscheiden, sie werden ihr vielmehr vor allem durch staatliche Vorgaben auferlegt. 150 Im Gegensatz zum Zivilrecht ist es gerade nicht die Willensherrschaft des Einzelnen, sondern staatlich vorgegebene Ziele, die eine Inhaltsbestimmung im Rahmen des rechtlich Zulässigen vornehmen. Wenn hinter der zivilrechtlichen Privatautonomie die Anerkennung der Würde des Einzelnen und deren selbstverantwortliche Verwirklichung stehen, 151 so hat die Verwaltung dieses Bedürfnis nicht. Die Verwaltung dient der Umsetzung des Staatswillens, wenngleich sie dabei in manchen Fällen auch eine gewisse Eigenständigkeit besitzt. 152 Sie verlangt aber nicht nach einer Anerkennung ihrer Würde, wie es für den einzelnen Mensch zutrifft. Diese Grundsätze gelten nach h. M. auch beim privatrechtlichen Handeln der Verwaltung. 153 Begründet wird dies vor allem dadurch, dass die Konstituierung der Rechtssubjektivität öffentlicher Verwaltungsträger aufgrund zugewiesener Kompetenzgrundlagen stattfindet, nicht aber durch rechtlich gewährleistete Freiheiten. 154 Dass sich hieran nur durch die Wahl der Rechtsform etwas ändert, erscheint nicht begründbar. 155 Die Rechtsubjektivität liegt der Rechtsformenwahl vor und ist selbst Voraussetzung, um überhaupt rechtlich handeln zu können. Demzufolge muss die Rechtssubjektivität auch schon im Vorfeld in ihrem Umfang und ihrer Beschaffenheit feststehen und kann sich nicht später noch ändern.

148

Vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.3. Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 8. 150 Vgl. zu der Bildung von echten und unechten Verwaltungszielen oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(1). 151 Vgl. dazu auch unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.3. 152 Schröder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 67, Rn. 31. 153 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87 ff.; Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, S. 364; Krüger / Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 19, Rn. 89 ff.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 18. 154 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87; Barbey, WiVerw 1978, 77 (79). 155 So auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87. 149

244

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

(1) Öffentlich-rechtlicher Konkretisierungsspielraum der Verwaltung Die Feststellung, dass mögliche Handlungsinhalte der Verwaltung im Gegensatz zu dem im Privatrecht sich bewegenden Privatrechtssubjekt vorgegeben sind, ist aber nicht gleichzusetzen mit der Vorstellung, dass die Verwaltung keinerlei eigene Entscheidungsmöglichkeiten hätte. Mögliche Entscheidungsspielräume der Verwaltung ergeben sich nicht aus der eigenen Selbstherrlichkeit, sondern der Notwendigkeit, Staats- und Verwaltungsziele tatsächlich umzusetzen. Diese Ziele können dabei aber nicht derart konkret Entscheidungssituationen vorzeichnen, dass eine Abstimmung auf einen tatsächlichen Sachverhalt entbehrlich wäre. Die Abstimmung abstrakter Verwaltungsziele muss, unter anderem aus rechtsstaatlichen Gründen, durch den einzelnen Amtswalter vorgenommen werden. 156 Unter Rückgriff auf die Erörterungen zu einem eigenverantwortlichen Bereich der Verwaltung muss festgehalten werden, dass sowohl Legislative als auch Exekutive eine eigenständige Legitimation besitzen. 157 Es herrscht insofern eine Gleichrangigkeit beider Staatsgewalten. Diese liegt dann nicht mehr vor, wenn die Exekutive lediglich vollziehendes Instrument einer jedweden Situation vorzeichnenden Legislative wäre. In einem solchen Fall kann von einer Aufteilung staatlicher Gewalt nicht mehr gesprochen werden. Auch ist eine Abstimmungsbefugnis für den Einzelfall schon aus tatsächlichen Gründen unumgänglich. Die Vielzahl der zu entscheidenden Fälle kann nicht von der Legislative abstrakt-generell bearbeitet werden. Nur durch einen eigenständigen Ausgestaltungsbereich kann die Trennung der verschiedenen Staatsgewalten und -funktionen abgesichert werden. 158 Durch die Möglichkeit zur Ausgestaltung erhält die Verwaltung eine gewisse Art Autonomie, nämlich die Gewährung von Eigenständigkeit zur abschließenden Regelung der konkreten Einzelfälle unter Berücksichtigung der Verwaltungsziele. Durch deren Natur, nicht vollständig abschließend zu sein, bedeutet dies für die Verwaltung, eine Konkretisierungsleistung zu übernehmen. Die vorgenommene Handlung muss sich im Einzelfall innerhalb der abstrakten Verwaltungsziele befinden. Der abstrakt dargestellte eigenverantwortliche Bereich, der notwendig für einen eigenen Willen der Verwaltung ist, wandelt sich zu einem Konkretisierungsspielraum. Der durch die vorgegebenen Verwaltungsziele gebildete Verwaltungswille ist wegen der Abstraktheit der Ziele unbestimmt und zeigt den Umfang des Konkretisierungsspielraums an. Die Verwaltung kann sich zwar auf einen aus rechtsstaatlichen Gründen notwendigen öffentlich-rechtlichen Konkretisierungsspielraum berufen, ihr kommt 156 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. Dabei muss daran erinnert werden, dass dies freilich nicht in Fällen gilt, in denen sowohl Ziel als auch Umsetzung bindend vorgegeben sind. 157 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(1). 158 Umfassend oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

245

aber keine grundrechtlich geforderte und abgesicherte Privatautonomie zu. Auch bei bestehenden Konkretisierungsspielräumen weist sie keinen privatautonomen Willen auf, der dem Einzelnen im Privatrecht zukommt. Vielmehr kann sie nicht frei entscheiden, sondern hat sich stets an bestimmten, ihr vorgegebenen Faktoren zu orientieren. 159 (2) Öffentlich-rechtlicher Entscheidungsspielraum des Bürgers Zur Komplettierung des durch Verwaltungsziele geprägten öffentlich-rechtlichen Bildes ist schließlich noch auf Entscheidungsspielräume des Bürgers einzugehen. Dessen öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse sind nicht vollständig Verwaltungszielen unterworfen. Der Staat, der mit der Schaffung einer Zivilrechtsordnung die Würde des Einzelnen zu achten und dementsprechend eine privatautonome Selbstverwirklichung umzusetzen hat, muss diese Voraussetzungen auch gerade im öffentlichen Recht wahren. Nicht nur muss durch den Staat gesichert sein, dass im Rahmen des Möglichen eine eigenverantwortliche Rechtsgestaltung im Verhältnis zu anderen Privatrechtssubjekten realisierbar ist, sondern auch im Verhältnis zu Rechtssubjekten des öffentlichen Rechts. Es bleibt dem Bürger überlassen, ob er eine Leistung beantragt oder einen Eingriff durch Angebot eines Ersatzmittels abwehrt. Auf Krause geht die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Entscheidungsspielraums des Bürgers zurück. 160 Bei diesem Entscheidungsspielraum geht es aber nicht um eine Gestaltungsfreiheit in dem Umfang, wie sie die Privatautonomie gewährt, auch wenn sich deren Grundlagen größtenteils ähneln. 161 So kann grundsätzlich nicht zugleich über die Eingehung eines Rechtsverhältnisses und deren Inhalt frei entschieden werden. Der Einzelne hat einen weitaus kleineren Spielraum, in dem er seine Vorstellungen verwirklichen kann. Begrenzungen ergeben sich dabei hauptsächlich durch gesetzliche Vorgaben, so dass oftmals der Bürger nur entscheiden kann, ein Rechtsverhältnis unter den öffentlich-rechtlichen Bedingungen einzugehen oder nicht. Noch weiter beschränkt ist der Entscheidungsspielraum im Bereich der Eingriffsverwaltung. Oftmals kann hier nicht einmal von einer Entscheidungsmöglichkeit des Bürgers gesprochen werden. Im Gegensatz zur Privatautonomie im Privatrecht besteht somit keine generelle Vermutung für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Entscheidungsspielraums. Dieser muss vielmehr stets im Einzelfall aus der vorhandenen Rechtslage abgeleitet werden. Ebenso wie die Verwaltung kann auch dem Bürger im öffentlichrechtlichen Bereich keine Privatautonomie zuerkannt werden. 162 159

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. Krause, VerwArch 61 (1970), S. 297 (303); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 11. 161 Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (303). 160

246

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

5. Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts Durch das gänzliche Fehlen privatautonomer Aspekte sowohl für die Verwaltung als auch den Bürger im öffentlichen Recht wird ein weiterer Unterschied beider Teilrechtsgebiete deutlich. Das Privatrecht ist bevölkert von Privatrechtssubjekten. Diese können zwar eigenmächtig und selbständig die sie betreffenden Rechtsverhältnisse bestimmen, sobald aber ein zweites Privatrechtssubjekt hinzukommt – und das macht ein Rechtsverhältnis gerade aus – geht das grundsätzlich nur im Einklang mit diesem. Im Gegensatz dazu hat der Staat im öffentlichen Recht eine andere Position. Er kann zwar nicht allmächtig die Lebensverhältnisse seiner Bürger bestimmen, weil diesen auch subjektive öffentliche Rechte als Schutz zukommen. Dennoch ist es der Staat, der die Rechtsordnung gestaltet und so mit seinen Motiven und Handlungen das öffentliche Recht prägt und formt. Im Vergleich zum Zivilrecht kommt dem Staat als Rechtssubjekt im öffentlichen Recht eine „überlegene Rechtsmacht“ zu. 163 Im Zivilrecht gewährleistet die Privatautonomie den Privatrechtssubjekten die Möglichkeit, ihre widerstreitenden Interessen selbständig und eigenmächtig auszugleichen. 164 Im öffentlichen Recht ist dieser Interessenausgleich nicht den einzelnen Bürgern überlassen, sondern ist Aufgabe der Verwaltung. Diese besorgt öffentliche Angelegenheiten für eine Vielzahl von Menschen und regelt so deren soziales Zusammenleben. 165 162 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 11; Krause, VerwArch 61 (1970), S. 299 (303). 163 Krause, VVDStRl 45 (1987), 212 (220). Siehe sogleich als Ausdruck davon 3. Kap. 1. Abschn. B.III.5. 164 Es ist damit die Rechtsordnung, die dem Einzelnen die rechtliche Nutzung der Privatautonomie ermöglicht und deren Bedeutung bestimmt. Die Privatautonomie besteht im Rahmen der sie vermittelnden Gesetze. Gleichzeitig bedeutet dies, dass die vom Staat errichtete Zivilrechtsordnung einerseits unter dem Schutz der politischen Ordnung, andererseits aber auch zu ihrer Disposition steht, Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 42. Die sich im öffentlichen Recht niederschlagenden Entscheidungen der Staatsführung geben somit den Rahmen vor, innerhalb derer sich das Zivilrecht gestalten kann, Brückner, in: Jur. Fakultät Uni Basel (Hrsg.), FG Schweizerischen Juristentag 1985, S. 35 (41 f.). Das öffentliche Recht enthält spezifische Regelungsaufträge, die einen für das Zivilrecht vorbehaltenen Rahmen belassen, in denen das Zivilrecht lediglich Steuerungsgrenzen setzt, ansonsten sich aber zurückhält, Schmidt-Aßmann, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (16 ff.). Gleichzeitig führt das Zivilrecht aber den Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts innerhalb seiner Möglichkeiten weiter. Es deutet sich eine der für die Gesetzgebung maßgeblichen Wesentlichkeitstheorie vergleichbaren Situation an. Wesentliche Entscheidungen für das Zusammenleben der Menschen werden durch Normen des öffentlichen Rechts getroffen und sonstige Entscheidungen werden durch das Zivilrecht und damit vor allem durch eigenverantwortlich, privatautonome Handlungen der beteiligten Individuen getroffen, vgl. die sogenannte „Wichtigkeitstheorie“, Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 80.

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

247

Der Ausgleich von bürgerlichen Interessen mit Mitteln des öffentlichen Rechts obliegt somit nicht den einzelnen Bürgern selbst, sondern der Verwaltung. Geregelt wird damit aber auch nicht nur das Verhältnis von zwei Rechtssubjekten zueinander, wie es im Zivilrecht geschieht, sondern darüber hinaus das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft. 166 Dies zeigt sich auch an den involvierten Interessen. Im Zivilrecht haben die maßgeblichen Individualinteressen grundsätzlich keine gemeinschaftsbezogenen Funktionen. Vielmehr kann aufgrund der Privatautonomie jedes Privatrechtssubjekt selbst entscheiden, mit welcher Motivation 167 es eine bestimmte, von der Privatrechtsordnung zur Verfügung gestellte Handlungsmöglichkeit nutzt. Das Privatrecht kann deshalb Interessen, die den von ihr bereitgestellten Rechtshandlungen im konkreten Fall zugrunde liegen, regelmäßig nicht vorhersehen oder sogar enthalten. Privatautonomie und normative Festlegung der hinter einer Rechtshandlung stehenden Intentionen widersprechen sich, weshalb die Regelungen des Privatrechts weitgehend motivationsneutral sind. Das öffentliche Recht bezieht sich demgegenüber notwendigerweise auf Objekte öffentlichen Interesses. 168 Deshalb ist der dem öffentlichen Recht zugrunde liegende Ausgleichsauftrag nicht darauf gerichtet, einen Interessengegensatz zwischen Privaten zu lösen, sondern auf die Vereinigung öffentlicher und privater Interessen in einer Handlungsposition. 169 Während im Zivilrecht das handelnde Rechtssubjekt in der Regel nur sich selbst verpflichten kann, 170 vermag die Verwaltung im öffentlichen Recht zu diesem Zweck auch andere als sich selbst verpflichten. 171 Um dieses rechtlich durchsetzen zu können, ist ein weiteres wesentliches Merkmal von Bedeutung. Während das Zivilrecht von der Gleichrangigkeit der beteiligten Individuen beherrscht wird, besteht für die Verwaltung überwiegend die Möglichkeit, ein Subordinationsverhältnis zum Bürger herzustellen, mittels derer der Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts durchgesetzt werden kann. 172 Das Zivilrecht ist eine gleichrangige Teilrechtsordnung, das öffentliche Recht ist eine Teilrechtsordnung, die auf die Ordnung der Gleichrangigkeit gerichtet ist. Den Zweck der Rechtsordnung, das Miteinander der Menschen zu regeln, 173 ver165 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 2, Rn. 7 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 9, „Verwaltung ist Sozialgestaltung“. 166 Henke, DÖV 1980, S. 621 (623). 167 Vgl. zum Begriff oben 2. Kap. 1. Abschn. A. 168 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 42. 169 Krause, VVDStRl 45 (1987), S. 212 (221). 170 Eine Ausnahme wäre beispielsweise das Vermächtnis nach §§ 1939, 2147 BGB, bei dem durch eine Handlung des Erblassers der Bedachte einen Anspruch gegen den Erben bzw. Beschwerten erhält. 171 Bull, Verwaltung durch Maschinen, S. 65. 172 Vgl. zu Bereichen, in denen kein Subordinationsverhältnis vorliegt, Erichsen, in: ders / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 16; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 100.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

sucht das Privatrecht grundsätzlich durch die Bereitstellung von Möglichkeiten für einen selbständigen Ausgleich und das öffentliche Recht durch eine einseitige Auferlegung einer Ordnung zu erreichen. 174 III. Gegenseitige Beeinflussungen der Teilrechtsordnungen Trotz der unterschiedlichen Grundstrukturen beider Teilrechtsgebiete bestehen zwischen ihnen viele Berührungspunkte. So gab es schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts rechtspolitisch kritische Äußerungen zu einer „Publifizierung des bürgerlichen Rechts“. 175 Dabei spielen Vereinheitlichungen durch Gesetzesverweisungen eine bedeutende Rolle. 176 Nicht nur durch vereinheitlichende Gesetzgebung, auch durch die Kompetenz der Zivilgerichte, öffentlich-rechtliche Vorfragen selbständig zu prüfen, ergeben sich Vereinheitlichungstendenzen. 177 Einen Sonderfall der Vermischung von öffentlichem Recht und Zivilrecht bildet das sog. Verwaltungsprivatrecht. In den Bereichen der Leistungsverwaltung, Fiskalverwaltung und des erwerbswirtschaftlichen Tätigwerdens kann der Träger 173 Vgl. oben Kap. 2, Fn. 161; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (12 f.). 174 Auch im Zivilrecht mehren sich mittlerweile aber Anzeichen für einen „von oben“ auferlegten Ordnungscharakter, so z. B. die Umsetzung europarechtlicher Verbraucherschutzrichtlinien oder das Anti-Diskriminierungsgesetz. 175 Hedemann, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 229. Neben einer „Publifizierung“ wird die „Entprivatisierung“, „Denaturierung“, „Durchstaatlichung“ oder „Sozialisierung“ des Privatrechts bemängelt, Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 100 f. m.w. N. 176 So findet sich beispielsweise § 62 S. 2 VwVfG, der für die Regelungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag ergänzend auf die Vorschriften des BGB verweist. Ebenso verfährt § 49a Abs. 2 VwVfG, wenn er die Rückforderung von Leistungen regelt, deren Rechtsgrund in einem mittlerweile aufgehobenen Verwaltungsakt besteht. Die § 14 BImSchG, § 23 GentG, § 75 Abs. 2 VwVfG, § 11 WHG präkludieren in verschiedenen Maßen privatrechtliche Abwehr- oder Schadensersatzansprüche, vgl. Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238 (244 f.). Im Gegenzug kann ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB sich auch aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, ebenso wie § 906 Abs. 1 S. 2, 3 BGB auf solche Vorschriften verweist, de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 32; Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238 (241 ff.). Hierbei wird über die Kategorien der Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit vor allem auf das BImSchG sowie die TA Luft und TA Lärm Bezug genommen, de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 32; Jarass, VVDStRL 50 (1991), 238 (241 ff.); Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 437. Der privatrechtliche Charakter der im Rahmen des § 823 BGB entwickelten Verkehrssicherungspflichten ist der Grund, weshalb die Rechtsprechung zwischen Straßenbaulast und Verkehrssicherungspflichten auf Straßen und Wegen trennt, Steiner, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. V, Rn. 99. Auch über § 134 BGB kann sich eine Beachtung öffentlich-rechtlicher Normen ergeben, wenn es um die Verletzung eines Verbotsgesetzes geht. 177 BGH NJW 1993, 1580 (1581).

1. Abschn.: Das Verhältnis von öffentlichem Recht und Privatrecht

249

öffentlicher Gewalt nach h. M. selbst entscheiden, welche Rechtform er für sein Handeln wählt. 178 Dabei werden die anwendbaren privatrechtlichen Vorschriften „durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert“. 179 Einen Unterfall und ein Beispiel ganz besonderer Verquickung von öffentlichem Recht und Zivilrecht bildet die sog. Zweistufentheorie. Diese auf HansPeter Ipsen zurückzuführende Konstruktion wird vornehmlich im Bereich der Leistungsverwaltung und dort häufig bei Subventionen eingesetzt. 180 Dabei wird unterschieden zwischen der Entscheidung darüber, ob etwas gewährt wird, und den sich anschließenden Fragen, nach welchen Modalitäten sich die Gewährung abwickelt. 181 Während ersterer Bereich nach öffentlich-rechtlichen Regelungen zu lösen ist, kann der zweite Komplex von der Verwaltung zivilrechtlich ausgestaltet werden. Möglich ist auch, dass durch öffentlich-rechtliche Handlungen unmittelbar privatrechtliche Rechtsverhältnisse beeinflusst werden. Als privatrechtsgestaltender Hoheitsakt können diejenigen staatlichen Akte verstanden werden, die unmittelbar die Anerkennung, Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit eines privatrechtlichen Verhaltens begründen. 182 Als Prototyp eines privatrechtsgestaltenden Hoheitsaktes kann die Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG angesehen werden. 183 Obwohl sich durch Grundrechte nur in engen Ausnahmefällen eine unmittelbare Wirkung auf zivilrechtliche Rechtsverhältnisse und damit zwischen Privaten erkennen lässt, bleibt doch eine mittelbare Grundrechtswirkung erhalten. 184 Diese 178 BGH NJW 2003, 2451 (2452); NJW 1985, 197 (200); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 74 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 71 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 6 ff; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 198 ff.; von Zezschwitz, NJW 1983, 1873 (1873 ff.); Röhl, VerwArch 86 (1995), 531 (538 ff.); Gusy, DÖV 1984, 872 (878). 179 BGH NJW 1985, 197 (200). Dass in dieser prozessualen Hinsicht ein beiderseitiger Austausch stattfindet, zeigt sich anhand des § 17a GVG, nachdem eine Rechtswegbindung sowohl bei einer Zulässigerklärung durch das annehmende Gericht entsteht als auch bei einer Verweisung für das Gericht, an das verwiesen wird. 180 Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, S. 64. 181 BVerwGE 1, 308 (310); BGHZ 61, 296 (299); BGH NJW 1996, 1277 (1277); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 36 ff.; ff.; Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 915 f. Kritisch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17, Rn. 14 ff. 182 Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 32. 183 Ein anderes Beispiel wäre ein mittels Verwaltungsakt ausgeübtes gemeindliches Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 BauGB, durch welches die Gemeinde in einen privatrechtlichen Kaufvertrag einbezogen wird, Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 66. Weitere Bereiche, in denen eine solche rechtsgebietübergreifende Wirkung auftreten kann, sind das Vereinigungs- und Stiftungsrecht sowie das Kartellrecht, vgl. Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 198 ff., 307 ff.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

entfaltet sich vor allem über eine Ausstrahlungs- und Drittwirkung im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklauseln. Es ergibt sich dadurch eine Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften unter Beachtung der Vorgaben der Verfassung. IV. Konsequenzen für die Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht Aus den bisher dargestellten Unterschieden aber auch Beeinflussungen zwischen dem öffentlichen Recht und Privatrecht sollen die Folgerungen für die Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht festgehalten werden. 1. Möglichkeit der Anwendung Die beiden Teilrechtsordnungen des öffentlichen Rechts und Zivilrechts sind zwar voneinander zu unterscheiden und eigenständig, stehen aber nicht unüberbrückbar nebeneinander. Als Untergebiete einer einheitlichen Gesamtrechtsordnung haben sie in ihren Grundzügen auch gegenseitige Berührungspunkte. Dieses Verhältnis der Wechselseitigkeit sorgt dafür, dass das öffentliche Recht wegen einer teilweise vorhandenen beschränkten inneren Geschlossenheit auf zivilrechtliche Vorstellungen unter Beachtung der eigenen Wesensmerkmale zurückgreifen kann. Gleichzeitig ist aber auch das Zivilrecht wegen seiner mangelnden Fähigkeit, das gesamte soziale Zusammenleben zu regeln, mit Anleihen des öffentlichen Rechts durchzogen. Öffentliches Recht und Zivilrecht bilden so als Bestandteile einer einheitlichen Rechtsordnung wechselseitige Auffangordnungen. 185 Eine Anwendung vergleichbarer Mechanismen innerhalb beider Teilrechtsordnungen ist also nicht nur möglich, sondern liegt bei einem entsprechenden Bedürfnis sogar nahe. Im öffentlichen Recht konnte ein beachtliches Gewicht des Verwaltungswillens für die Ziele des Verwaltungshandelns festgestellt werden. Dass also eine Handlungsform übertragen wird, die sich an der zivilrechtlichen Willenserklärung orientiert und damit die Möglichkeit schafft, flexibel Verwaltungsvorgaben umzusetzen, erscheint ebenfalls möglich.

184

BVerfGE 7, 198 (205); 25, 256 (263); 34, 269 (280); 49, 89 (142); 52, 121 (165 f.); 73, 261 (269); Starck, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 1, Rn. 303 ff.; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 183 ff. Vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.3. 185 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (11 ff.); Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261. Von „komplementären Teilrechtsordnungen“ spricht de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 44.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

251

2. Art und Weise der Anwendung Fraglich ist dann, welche Leitmotive bei der Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht zu beachten sind. In arbeitstechnischer Hinsicht besteht die Aufgabe, das Handlungsinstitut in das öffentlich-rechtliche Umfeld einzupassen. Die öffentlich-rechtlichen Eigenarten sind dabei zwingend zu beachten. Rücksicht zu nehmen ist auf die elementare Gegenüberstellung von Privatautonomie und Grundrechtsausübung einerseits und Grundrechts- und Gesetzesbindung andererseits. 186 Diese Vorgabe muss auch bei der Anwendung einer bisher nur privatrechtlich in Erscheinung getretenen Handlungsform wie der Willenserklärung konsequent eingehalten werden. Privatautonomes Handeln ist nicht an die Handlungsform gebunden, sondern an die Handlungssubjekte. 187 Stattdessen ist dem gesetzgeberischen Willen und sonstigen Vorgaben für das Verwaltungshandeln maßgebliche Relevanz für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung beizumessen.

2. Abschnitt

Die Anwendung der Handlungsform „Willenserklärung“ im Verwaltungsrecht Sodann geht es um eine Begründung der Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht. 188 Fraglich ist dabei insbesondere, ob sich diese in einer Übertragung vom Privatrecht ins öffentliche Recht findet. Aufgrund der gesetzlichen Lage, die eine ausführliche Regelung der Willenserklärung im Bürgerlichen Gesetzbuch, gleichzeitig aber keine relevanten Ausführungen diesbezüglich im öffentlichen Recht vorsieht, soll eine Übertragung zwischen beiden Teilrechtsordnungen als vielversprechenste Möglichkeit an den Anfang der Erörterungen gestellt werden. Die allgemeine und abstrakte Möglichkeit einer solchen Übertragung unabhängig ihrer konkreten Ausgestaltung war jedoch zu Anfang des 20. Jahrhunderts in keinem Fall selbstverständlich. Vor allem Otto Mayer verwehrte sich gegen 186 Vgl. von Münch, in: ders. / Kunig (Hrsg.), GG, Vorb., Rn. 30; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Vorb., Rn. 98. 187 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 87. „Die Verwaltung kann sich deshalb des Privatrechts nur als eines technischen Normenkomplexes bedienen.“ 188 Vgl. allgemein de Wall, Die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 53 ff.; Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 85 ff.

252

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

eine Übertragung privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht. 189 Dies sollte sich durch die Wesensverschiedenheit von öffentlichem Recht und Privatrecht und die damit unterschiedlichen Normzwecke begründen. 190 Auch Wilhelm Hofacker lehnte die Übertragung privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht mit der Begründung ab, aus den Art. 32, 55 EGBGB folge, dass öffentlichrechtliche Normen außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches stünden. 191 Andere kritische Stimmen lehnten eine unbeschränkte Möglichkeit der Übertragung ab und verlangten stattdessen eine ausdrückliche Ermächtigung dazu im öffentlichen Recht. 192 Indes hat sich mittlerweile aber die Erkenntnis gefestigt, dass sich beide Teilrechtsordnungen nicht nur wesentlich beeinflussen, sondern auch zur gegenseitigen Auffüllung eignen. 193 Die Art. 32, 55 EGBGB mögen gegen eine unmittelbare Anwendung sprechen, 194 doch können sich auch noch andere Wege der Anwendbarkeit ergeben. Mittlerweile können einer Übertragung zivilrechtlicher Regelungen in das öffentliche Recht keine grundsätzlichen Einwände mehr entgegenstehen. Gegen die sich anschließende Frage, in welcher Art und Weise eine Übertragung stattzufinden hat, werden nunmehr aber die Bedenken geäußert, solche Überlegungen seien bloße akademische Wortstreitigkeiten ohne tiefergehende Bedeutung. 195 Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die verschiedenen Methoden der Übertragung durchaus unterschiedliche Voraussetzungen und Folgen für die Objekte der Übertragung haben können. Eine Übertragung führt im Ergebnis zur Anwendung einer Norm, die in diesem Bereich zumindest von der direkten Gesetzeslage her nicht vorgesehen war. Für diesen Fall bedarf es aber schon aus Gründen der Bestimmtheit und Rechtssicherheit einer Begründung und der Einhaltung gegebenenfalls vorhandener Voraussetzungen. 196 Ansonsten bliebe lediglich das praktische Erfordernis als Grund für eine Übertragung. Nur ein subjektiv empfundenes Bedürfnis reicht für die Begründung einer Normanwendung aber nicht aus. Und auch das Erscheinungsbild der Norm nach der Übertragung hängt von den verschiedenen Vorgehensweisen ab. So muss schon für die Anwendung geklärt werden, ob der Unterschied zwischen der Ausgangsnorm und der durch

189

O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 117. Vgl. dazu oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. 191 Hofacker, Staatsverwaltung und Staatsrechtsreform, S. 88 ff. 192 Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 112 ff. (insb. S. 115 f.); Tezner, AöR 9 (1894), 489 (563, 565). 193 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.III. 194 Dazu sogleich 3. Kap. 2. Abschn. A. 195 Beinhardt, Der öffentlich-rechtliche Vertrag als Regelungsbefugnis der Verwaltung, S. 61; ders., VerwArch 55 (1964), 210 (252); Löwer, VerwArch 56 (1965), 236 (263 f.); Eckert, DVBl. 1962, 11 (14). 196 Larenz, Methodenlehre, S. 369. 190

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

253

Übertragung erreichten 197 Norm lediglich ein begrifflicher Unterschied oder auch materiellen Inhalts ist. 198 Die Annahme eines allgemeinen Teils des Rechts als mögliche Alternative zu einer Übertragung konnte nicht überzeugend dargelegt werden, weshalb dies als Begründung für eine Anwendung der zivilrechtlichen Willenserklärung im öffentlichen Recht ausscheiden muss. 199 Des Weiteren soll erneut darauf hingewiesen werden, dass zu diesem Zeitpunkt der Unterscheidung noch nicht beantwortet werden soll, nach welchen Regeln das ins öffentliche Recht übertragene Institut rechtlich behandelt werden soll, sondern es lediglich um die Begründung der Existenz der Handlungsform „Willenserklärung“ im Verwaltungsrecht geht. Im Folgenden werden dabei zuerst die in Betracht kommenden Lösungswege allgemein dargestellt, um danach innerhalb den davon möglich erscheinenden Varianten, konkret ihrer Begründungstauglichkeit für die hier interessierende Frage nachzugehen.

A. Unmittelbare Anwendung oder entsprechende Auslegung der zivilrechtlichen Regelungen Vereinzelt wird schon die Möglichkeit einer unmittelbaren Anwendung zivilrechtlicher Regelungen im Verwaltungsrecht gesehen. 200 Durchgehender Begründungsansatz dafür ist die in betreffenden Konstellationen übereinstimmende Grundsituation. 201 Bezogen auf die Willenserklärung ist festzustellen, dass eine Grundnormierung der Willenserklärung im Bürgerlichen Gesetzbuch fehlt. An verschiedenster Stelle, insbesondere den §§ 116 ff. BGB, wird zwar auf den Begriff der Willenserklärung Bezug genommen und ihr Vorhandensein vorausgesetzt, eine genaue Erklärung, um was es sich dabei handelt, existiert aber nicht. 202 Eine geschriebene Norm, vergleichbar dem § 35 VwVfG für den Verwaltungsakt oder dem § 54 VwVfG für den öffentlich-rechtlichen Vertrag, fehlt im Bürgerlichen Gesetzbuch. Um abstrakt die Existenz der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung mittels einer unmittelbaren Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften herzuleiten, fehlt es also an einer entsprechenden Norm. Schon aus diesem 197 Schon an dieser Stelle werden Unterschiede deutlich. So macht es beispielsweise einen Unterschied, je nachdem ob man von der durch Übertragung „geschaffenen“ oder „angewendeten“ Norm spricht. 198 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 69. 199 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B. I.2. 200 von Köhler, Grundlehren des deutschen Verwaltungsrechts, S. 212; Gitzinger, Verwaltungsakt auf Unterwerfung, S. 53, 175. 201 von Köhler, Grundlehren des deutschen Verwaltungsrechts, S. 212. 202 Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 1; vgl. auch Motive zum BGB, Bd. 1, S. 153. Vgl. schließlich die Anstrengungen zur Ausformung des Tatbestandes der Willenserklärung unten 4. Kap. 2. Abschn. A.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Grund vermag der Vorschlag einer unmittelbaren Anwendung für zumindest die hiesige Fragestellung keinen Erfolg zu bringen. Es soll bei dieser Gelegenheit aber nicht versäumt werden, die Frage nach einem unmittelbaren Rückgriff auf bestehende Normen aufzuwerfen. 203 Vergleichbare Grundsituationen zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht mögen in konkreten Fällen vorhanden sein, doch bei allgemeiner Betrachtung zeigt sich ein ganz anderes Bild. Zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht bestehen Strukturunterschiede, die wesensbestimmend sind und durch eine unmittelbare Anwendung nicht ausreichend gewürdigt werden. 204 Hinzu kommt, dass öffentliches Recht und Privatrecht zwei eigenständige Teilrechtsordnungen mit eigenem Geltungsbereich bilden. Dessen normentechnische Abgrenzung voneinander wird deutlich durch z. B. Art. 55 EGBGB, § 1 VwVfG. Auch eine Auslegung findet ihre äußerste Grenze in dem Wortlaut der Norm. 205 Es ließe sich schon überlegen, ob nicht die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht den Normformulierungen immanent ist, so dass schon hiernach eine Auslegung nicht möglich wäre. Zumindest aber ist dieser Gedanke unter systematischen Gesichtspunkten zu beachten. Die Eigenständigkeit der Teilrechtsordnungen verhindert eine diesbezügliche Auslegung zivilrechtlicher Regelungen. 206 Als Folge davon ist eine unmittelbare oder direkte Anwendung zivilrechtlicher Normen im öffentlichen Recht offensichtlich nicht möglich. 207

203 Dies kann für die noch aufzustellenden Regeln, nach denen die im öffentlichen Recht gefundene Handlungsform praktisch zu handhaben ist, relevant werden, vgl. unten 7. Kap. 204 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II. 205 BVerfGE 71, 108 (115); BVerfG NJW 1992, 890 (891); BGHZ 46, 74 (76); BGHSt 4, 144 (148); Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 597 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 236; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 322; ders. / Wolf, BGB AT, § 4, Rn. 39; Eser, in: Schönke / Schröder, StGB, § 1, Rn. 55 f. Kritisch Depenheuer, Der Wortlaut als Grenze, S. 38 ff., 47. 206 So im Ergebnis auch de Wall, Die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 53. 207 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 87; de Wall, Die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 56; Kriebel, DÖV 1962, 766 (767); Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 157; Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 69; Kottke, System des subordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrages, S. 62; Hantke, Die öffentlichrechtliche Beseitigungsklage, S. 68. Missverständlich BGH VerwRspr. 11, 287 (Nr. 68), „Für vermögensrechtliche Ansprüche, mögen sie bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art sein, gilt in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 195 BGB im allgemeinen die dreißigjährige Verjährungsfrist.“

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

255

B. Anwendbarkeit aufgrund Verweisung Für den Fall, dass eine unmittelbare oder direkte Anwendbarkeit nicht gegeben ist, lässt sich zumindest rechtstechnisch an das Werkzeug der Verweisung denken. 208 Eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung findet sich beispielsweise in § 62 S. 2 VwVfG, 209 jedoch bestehen für die Willenserklärung keine Verweisungen dieser Art. Möglich ist aber auch eine Verweisung aufgrund gleicher Begriffsverwendung. Bezugnahmen auf den Begriff der „Willenserklärung“ in öffentlich-rechtlichem Zusammenhang finden sich unter anderem in § 23 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 VwVfG, 210 § 19 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 SGB X, § 87 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 AO, § 3 Abs. 2 S. 1, 3 SächsKiStG, § 11 Abs. 2 S. 2 BankG, § 41 Abs. 2 S. 2 BAföG und Art. 137 Abs. 1 BayVerf 211. Berücksichtigt man den Gedanken einer einheitlichen Rechtsordnung drängt dies dazu, die Verwendung gleichlautender Begrifflichkeiten als eine Verweisung auf die entsprechenden Regelungen anzusehen. 212 Die genannten Vorschriften verwenden nun zwar den Begriff der „Willenserklärung“, dies aber in einen Kontext, der von Willenserklärungen des Bürgers an die Verwaltung handelt und nicht von Erklärungen der Verwaltung selbst. Eine Aussage für die hier vorliegende Problemstellung lässt sich folglich nicht gewinnen. 213 Vor allem Walter Jellinek hat daneben die Möglichkeit „stillschweigender“ Verweisungen gesehen. 214 Ein Rückgriff auf das Bürgerliche Gesetzbuch als wichtigster Ursprung von Vermögensrechten soll dann möglich sein, wenn in öffentlichrechtlichen Normen die Vermögensverhältnisse des Bürgers eine Regelung erfahren. 215 Abgesehen davon, dass auch dieser Gedanke nicht die Übertragung der Handlungsform Willenserklärung zu begründen vermag, so erscheint sehr zweifel208

Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 72 ff. Vgl. zu der weitgehenden Unbeachtlichkeit dieser Vorschrift für die vorliegende Untersuchung oben 1. Kap. 2. Abschn. V. 210 Und den inhaltlich entsprechenden Landesverwaltungsgesetzen. 211 Und vergleichbaren entsprechenden Regelungen anderer Länder. 212 Tezner, AöR 9 (1894), 489 (563); Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 125 f.; Meier-Branecke, AöR 50 (1926), 230 (238) Vgl. auch de Wall, Die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 61; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 73. 213 Zwar könnte als Gegenbeispiel § 10 Abs. 1 Nr. 1 KonsG angeführt werden, doch ist es nicht möglich, damit für die gesamte Vielfalt von unterschiedlichen Erscheinungsformen einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen konkrete Rückschlüsse in Bezug auf deren Anwendung im öffentlichen Recht abzuleiten. 214 W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 166; ders., Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägungen, S. 95. 215 W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 166; ders., Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägungen, S. 95. 209

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

haft, ob eine derart generelle Aussage den konkreten Umständen Rechnung trägt und sachgerechte Ergebnisse bringt. 216 Eine Verweisung vermag somit ebenfalls nicht die Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht zu begründen.

C. Subsidiäre Anwendung Von Schmidt wird die „allgemeine subsidiäre“ Anwendung zivilrechtlicher Normen erwogen. 217 Dabei wird aber nicht vollständig ersichtlich, was mit dieser Formulierung gemeint ist. Sollte es um eine „allgemeine“ Subsidiarität in zumindest ähnlichem Verständnis wie die von Jellinek angedachte stillschweigende Verweisung gehen, so sind auch hier Zweifel an der Allgemeinheit der Aussage angebracht. Versteht man Subsidiarität als nachrangiges Eingreifen eines Tatbestands für den Fall, dass ein anderer Tatbestand nicht eingreift, 218 so bleibt offen, mit welcher Begründung der subsidiäre Tatbestand eingreifen soll. Die Idee einer subsidiären Anwendung bleibt zu vage und unkonkret, als dass man sie für eine Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht fruchtbar machen könnte.

D. Gewohnheitsrecht Eine weitere Überlegung in diesem Zusammenhang besteht darin, die Anwendung zivilrechtlicher Regelungen im öffentlichen Recht auf Gewohnheitsrecht zu stützen. 219 Mit einer Berufung auf Gewohnheitsrecht sind jedoch ähnlich der Idee einer subsidiären Anwendung keine Aussagen zu einer dogmatischen Begründung gefunden. Auch die Entstehung von Gewohnheitsrecht kann aber unterschieden werden von der dogmatischen Begründung dessen, was sich später gewohnheitsrechtlich verfestigt. 220 Für die vorliegende Untersuchung geht es insofern vorrangig um die Frage, warum die Rechtsbetroffenen eine bestimmte Regelung getroffen haben und nicht, ob sie dies mit ausreichender Überzeugung und in ausreichendem Zeitraum getan haben. Das Bestehen von Gewohnheitsrecht braucht also mangels Relevanz für die vorliegende Fragestellung an dieser Stelle nicht weiter vertieft zu werden. 221

216

Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 74. Schmidt, Die Unterscheidung von privatem und öffentlichen Recht, S. 78. 218 Pieper, Subsidiarität, S. 30. 219 Vgl. Henke, Das subjektive öffentliche Recht, S. 109; Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 65. 220 Vgl. Hardt, DÖV 1971, 685 (689, 692). 221 Vgl. aber unten 6. Kap. 4. Abschn. B.III. 217

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

257

E. Analogie Denkt man an die Anwendung einer Norm für einen Sachverhalt, für den ihre Anwendung zumindest vom Wortlaut her nicht vorgesehen ist, liegt eine Analogie nahe. Infolge dessen versteht eine starke Ansicht die Normübertragung vom Zivilrecht in das öffentliche Recht als Fall einer analogen Anwendung. 222 I. Verwendung von Analogien Bei der Analogiebildung (argumentum a simile oder a pari) handelt es sich um eine Rechtsergänzungs- bzw. Rechtsfortbildungsmethode. 223 In einem konkreten Fall zeigt sich eine rechtliche Lücke, die dessen Lösung verhindert. Zum Schließen dieser Lücke bedarf es des Rückgriffs auf eine andere Norm des Gesetzgebers, die – sofern die hinter dieser Norm stehende Interessenlage vergleichbar ist mit den der lückenhaften Rechtslage innewohnenden Interessen – analog über den eigentlichen Wortlaut hinaus anwendbar ist. 224 In einem ersten Schritt ist die Lückenhaftigkeit der für den vorliegenden Fall relevanten Rechtslage festzustellen. Dabei ist Voraussetzung, dass die aufgefundene Regelungslücke auch planwidrig ist und sich nicht mittels Auslegung schließen lässt. 225 In einem zweiten Schritt ist für den Analogieschluss herauszuarbeiten, wie der Gesetzgeber ähnliche Interessenkonflikte entschieden hat. Dazu ist der 222

Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 104; Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte, S. 9 ff.; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 153 ff.; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 193; Sturm, DÖV 1966, 256 (259); Lenz, Das VertrauensschutzPrinzip, S. 17 f.; Moebis, Geschäftsführung ohne Auftrag im Verwaltungsrecht, S. 29; Merk, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 912; Hofmann / Gerke, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 84; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 135; Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und Verwaltungsprozessrechts, S. 110; Menger, in: Chmielorz / RohwerKahlmann / Heinke (Hrsg.), FS Bogs, S. 89 (101); Blume, Schuldrechtsähnliche Sonderverbindungen im öffentlichen Recht, S. 152 ff.; Nebinger, Verwaltungsrecht AT, S. 39; Gygi, Verwaltungsrecht und Privatrecht, S. 32 ff., 56 f.; Rössler, NJW 1969, 494 (494). Vgl. allgemein Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 29 f.; Weber, JuS 1970, 169 (170). Missverständlich Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 52 f., die von einer „analogen Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze“ ausgehen. 223 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 375 f.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 475; Larenz / Wolf, BGB AT, § 4, Rn. 77; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 79; Gern, DÖV 1985, 558 (559). 224 Vgl. allgemein zur Analogie Kaufmann, Das Verfahren der Rechtsgewinnung, S. 59 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 475 ff.; Koch / Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 259 f.; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 476 ff.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 11 II; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 372 ff.; Alexy, Theorie der juristischen Argumentation, S. 343 ff. 225 Larenz / Wolf, BGB AT, § 4, Rn. 78; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 383. Vgl. zu der teilweise vorhandenen Ansicht, die Unterschiede zwischen Auslegung und Analogie würden immer weniger beachtenswert Müller, Juristische Methodik, Rn. 370 f.; Hruschka,

258

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Normzweck der analog anzuwendenden Vorschrift zu ermitteln. Dies geschieht unter Verwendung der gleichen Normzweckargumente, wie bei der Auslegung und kann auch historische oder systematische Argumentationsmuster enthalten. 226 Sodann sind die Interessenlagen der beiden Fälle zu vergleichen, um dann den analog anzuwendenden Rechtssatz – bei Vorliegen vergleichbarer Wertungen – auf den vorliegenden, lückenhaften Fall zu übertragen. 227 Trotz einer Abhängigkeit Das Verstehen von Rechtsnormen, S. 102. Zu der Lücke als Grundvoraussetzung einer jeden Rechtsfortbildung, vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 472 ff.; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 472 ff. 226 Schmalz, Methodenehre, Rn. 387. 227 Larenz, Methodenlehre, S. 381 f.; ders. / Wolf, BGB AT, § 4, Rn. 77; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 389 ff. Von dem geschilderten Analogie-Modell der Interessen- bzw. Wertungsjurisprudenz unterscheidet sich das Verfahren der früher vorherrschenden Begriffsjurisprudenz. Demnach war für den Analogieschluss aus bestehenden Einzelregelungen ein allgemeiner Rechtssatz zu bilden, aus dem sich der neu zu findende Rechtssatz, der lediglich einen Unterfall des allgemeinen Rechtssatzes darstellte, ableitete oder deduzierte. Die damit verbundene Aussage, es könne von lediglich einzelnen bestehenden Regelungen auf einen allgemeinen Rechtssatz geschlossen werden, sollte sich aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben, vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 382; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 186 ff.; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 477 ff.; vgl. auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 475 f. Vgl. allgemein zur Begriffsjurisprudenz Krawietz (Hrsg.), Theorie und Technik der Begriffsjurisprudenz. Mittlerweile ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass die Analogie durch das „formallogisches Schlussverfahren“ der Begriffsjurisprudenz nur unvollständig abgebildet wird, Larenz, Methodenlehre, S. 382. Im Gegensatz zu diesem älteren Ansatz ist bei dem auf der Interessen- bzw. Wertungsjurisprudenz begründeten Verfahren nicht allein die Zugehörigkeit des neu zu findenden Rechtssatzes zu einem allgemeinen Rechtssatz ausreichend, also eine begriffliche Argumentation, sondern zusätzlich noch eine inhaltliche Begründung dieses Schlusses mittels vergleichbarer Gründe, also einer Argumentation anhand von Interessen; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 485, sieht das Modell der Interessenjurisprudenz als eine Verbesserung des Modells der Begriffsjurisprudenz an, wobei letzteres als einfacheres Verfahren durchaus in unproblematischen Fällen angewendet werden könne. Nach Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 481; Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 11 II; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 79, wird durch den Rückgriff auf die Interessenlage die Analogiebildung als telelogisches Verfahren stark durch die Bewertung und Abwägung des Rechtsanwenders bestimmt. Insbesondere die Entscheidung über den Vergleichspunkt und die Bestimmung der zu vergleichenden Merkmale steht einem rationalen Verfahren entgegen, Larenz, Methodenlehre, S. 381 f.; Kaufmann, Das Verfahren der Rechtsgewinnung, S. 59, der auch die Möglichkeit der Umwandlung einer Analogie zu einem Umkehrschluss beschreibt; vgl. auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 475. Dies verhindert, dass die Analogie zu einem logischen Schluss wird. Man könnte sogar einwenden, ihr haften damit zirkelschlussartige Züge an, indem sie bei ihrer Wertung gleichzeitig den zu lösenden Fall, die analog anzuwendende Norm samt deren Rechtsfolge und die zugrunde liegenden Wertungen miteinbezieht, Kaufmann, Das Verfahren der Rechtsgewinnung, S. 60. Aber auch wenn allein ein begriffliches Vorgehen zwar die Einordnung unter allgemeine Rechtssätze zu leisten vermag, schafft es dieses nicht, gleichzeitig eine rechtliche Bewertung zu treffen. Ebenso wie für die Anwendung des geschriebenen Rechts die Auslegung mit ihrer telelogischen Komponente maßgeblich ist, kann eine Übertragung aufgrund vergleichbarer

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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von subjektiven Einstellungen ist die Analogie als Mittel der Rechtsfortbildung ausdrücklich als eine legitime gerichtliche Tätigkeit ausgewiesen, wobei dies nach allgemeiner Meinung auch für das Verwaltungsrecht gilt. 228 In ihrer konkreten Anwendung lässt sich die Analogie in zwei Varianten ausmachen: Die Einzelanalogie (Gesetzesanalogie) und die Gesamtanalogie (Rechtsanalogie). 229 Die Einzelanalogie ist die enger gefasste und weniger aufwendige Form. Die Rechtsfolge einer bestimmten gesetzlichen Regelung wird aufgrund ihrer zugrunde liegenden Wertungen auf einen vergleichbaren Fall über den Wortlaut hinaus angewendet. Bei der Gesamtanalogie erstreckt sich die übertragbare Regelung dagegen nicht auf eine einzelne Norm, sondern lässt sich als ein Prinzip aus verschiedenen Einzelregelungen ableiten. Den verschiedenen Formen der Analogie ist gemein, dass sie die Rechtsfolge der übertragenen Norm beibehalten. Ihre Rechtfertigung findet die Analogie so im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 230 Denn bei vergleichbaren Sachverhalten gebietet es der Gleichheitssatz, dass die Sachverhalte gleich behandelt, also der gleichen Rechtsfolge unterworfen werden. 231 Die Analogie führt also zu einem Rechtsfolgenverweis. 232 Bisher konnte das Ergebnis gewonnen werden, dass für die Übertragung der Willenserklärung in das öffentliche Recht die öffentlich-rechtlichen Wesensmerkmale zwingend zu beachten sind. 233 Dies wirft die Frage auf, ob das Verfahren der Analogie die Möglichkeit zulässt, Modifizierungen vorzunehmen, um so öffentlich-rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Soeben konnte die Analogie Bedingungen nicht allein durch begriffliche Operationen gebildet werden, sondern muss sich an der rechtlichen Bewertung orientieren. Die Bestimmung, was in einer Norm wesentlich ist und welche ihrer Merkmale bedeutsam sind hat unter Rückgriff auf die Wertungen des Gesetzgebers zu erfolgen, Larenz, Methodenlehre, S. 382. 228 BVerfGE 10, 302 (329 f.); 13, 153 (160); 22, 299 (311); 34, 269 (285 ff.); BVerwGE 11, 263 (264); 45, 85 (90); Bachof, JZ 1951, 737 (740); W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 151 f. Für den Bereich von Eingriffsbefugnissen und besonders im Abgabenrecht bestehen mitunter abweichende Ansichten, vgl. dazu Gern, DÖV 1985, 558 (560) m.w. N. Vgl. auch unten 6. Kap. 4. Abschn. 229 Vgl. zu beiden Formen Larenz, Methodenlehre, S. 383 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 477 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 397. 230 Larenz, Methodenlehre, S. 381; Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 89; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 63, weist aufgrund dieses Hintergrundes der Analogie auf die teilweise sprachliche Ungenauigkeit der Formulierung, „eine Norm könne analog angewendet werden“ hin. Denn wegen des Gleichheitssatzes stehe die Anwendung der Analogie gerade nicht im Ermessen des Rechtsanwenders (sofern es sich bei diesem um eine staatliche Stelle handelt), sondern müsse vorgenommen werden. 231 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 77. 232 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 31; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 48. 233 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.IV.2.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

als Anwendung der Rechtsfolge einer Norm auf einen nicht von ihrem Wortlaut abgedeckten Sachverhalt beschrieben werden. Würde man sowohl vom Tatbestand als auch der Rechtsfolge abweichen, würde die Analogie zu einer bloßen floskelartigen Etikettierung einer grenzenarmen Rechtsgewinnungsmethode verkommen. In dem Normsystem aus Tatbestand und Rechtsfolge muss also zumindest die Rechtsfolge während des Analogieschlusses konserviert bleiben. Modifikationen sind bei der Analogie somit unzulässig. 234 Bei genauerer Betrachtung erscheint diese an sich klare Aussage aber auch sofort wieder an Konstanz zu verlieren. Eine gewisse Modifikation lässt sich schon dadurch erreichen, dass ein bestimmter Analogieschluss nicht gezogen wird. Das Modifikationsverbot bezieht sich also auf den Inhalt der Analogie, das „Wie“, nicht aber die Durchführung einer Analogie, das „Ob“. 235 Letzteres steht freilich unter dem Erfordernis, dass die Vergleichbarkeit der Interessen in dem konkreten Fall nicht gegeben ist, ansonsten zwingt schon der allgemeine Gleichheitssatz zur Durchführung. 236 Gerade in dieser Möglichkeit der „Modifizierung“ zeigt sich das Erfordernis, die Analogie müsse im Einzelfall geprüft und geboten sein. Auch die Auslegung von eigentlich identischen Tatbestandsmerkmalen einer analog angewendeten Vorschrift kann durch öffentlich-rechtliche Gesichtspunkte, wie beispielsweise die Grundrechte, zu anderen Ergebnissen als im Zivilrecht und damit einer „Modifizierung“ führen. 237 Schließlich bestehen andere rechtsmethodische Arbeitsmittel wie telelogische Reduktionen, um Normen an bestimmten Wertungen auszurichten. Sodann bleibt zu klären, welche Auswirkungen ein so verstandenes Modifikationsverbot auf die Leistungsfähigkeit der Analogie als Mittel der Übertragung der Willenserklärung hat. Wie eingangs erläutert geht es an dieser Stelle der Untersuchung lediglich um die abstrakte Übertragung der Handlungsform Willenserklärung, ohne damit schon auf ihre rechtliche Ausgestaltung einzugehen. Gerade diese wäre es aber, die das Hauptobjekt von öffentlich-rechtlichen Modifizierungen sein müsste. Denn das Bestehen der Möglichkeit, dem eigenen Willen durch eine Erklärung rechtliche Wirkung zu verschaffen, beschreibt zum einen keine schon derart konkrete Aussage, dass sie weitreichenden Modifikationen zugänglich wäre, und zum anderen keine Aussage, die so im öffentlichen Recht nicht gelten könnte. 238 234

So auch Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärung von Privatpersonen, S. 82 f.,

88. 235 Vgl. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht, S. 78; Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 72. 236 Vgl. oben 3. Kap., Fn. 230. 237 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht, S. 79. 238 Vgl. zu der Allgemeinheit dieser Aussage schon oben 3. Kap. 1. Abschn. B. I.2.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

261

Die notwendige Voraussetzung der Vergleichbarkeit von Interessenlagen für eine Analogie wirft im Übrigen die Frage auf, ob für Modifikationen überhaupt noch weitreichender Bedarf besteht, wenn die zugrunde liegenden Wertungen schon derart vergleichbar sind, dass ein Analogieschluss zulässig wäre. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die zu wahrenden öffentlich-rechtlichen Eigenarten weniger auf der Rechtsfolgenebene zu beachten sind als auf der Vergleichbarkeitsebene. Zumindest an dieser Stelle der Erörterungen ist ein Modifikationsverbot der Analogie kein ihrer Anwendung entgegenstehender Grund. II. Möglichkeit der Analogiebildung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht Die Analogie müsste als Lösungsweg für die Begründung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung allerdings ausscheiden, wenn sie die Trennlinie zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht nicht überwinden könnte. Noch während des 19. Jahrhunderts schien eine Übertragung zivilrechtlicher Normen in das öffentliche Recht mittels einer Analogie nicht denkbar. 239 Mit der Zeit entwickelte sich jedoch eine starke Meinungsströmung, die die Analogie für das rechtsmethodisch zutreffende Mittel einer Übertragung über die einzelnen Teilrechtsordnungen hinaus hielt. 240 Demgegenüber büßte die Ansicht, ein Analogieschluss würde durch die bestehenden gewichtigen Unterschiede zwischen dem öffentlichen Recht und Zivilrecht verhindert werden, an Einfluss ein. 241 Die Rechtsprechung war in ihrer Entwicklung nicht immer klar und eindeutig. Anfangs nahm das Reichsgericht, insbesondere für das Beamtenverhältnis, eine Analogie zu zivilrechtlichen Regelungen an. 242 Später änderte das Reichsgericht seine Rechtsprechung und nahm statt einer Analogie das Vorhandensein allgemeiner Rechtsgrundsätze an. 243 Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Rechtsprechung keinen einheitlichen Kurs. Teil239 Vgl. zu der historischen Entwicklung oben 3. Kap. 1. Abschn. A. und de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht, S. 53 ff. 240 Vgl. oben 3. Kap. Fn. 222. 241 Brennhausen, Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht, S. 15; Schnapp, Die Verwirkung im Verwaltungsrecht, S. 25 f.; Münzer, VerwArch 43 (1938), 95 (104); Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 18 ff.; Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 94, 156; Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 181; für vertragliche Leistungsstörungen Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 93; restriktiv auch Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (293). 242 RGZ 48, 255 (257); 63, 430 (432); 67, 335 (341). Vgl. zur Entwicklung der Rechtssprechung auch Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (277 ff.); Collasius, Ausfüllung von Lücken im Normensystem des Verwaltungsrechts, S. 61 ff.; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im öffentlichen Recht, S. 54 f. 243 RGZ 97, 43 (44), „Der Richter schöpft vielmehr aus Natur und Inhalt des Beamtenverhältnisses eine öffentlichrechtliche Rechtsregel, die auf einem allgemeinen Rechtsgedanken fußt, der, wie er für das Privatrecht in § 618 ausgeprägt ist, so in Ausfüllung einer Lücke des positiven öffentlichen Rechts auch das öffentlichrechtliche Beamtenverhältnis beherrschen

262

3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

weise wurden die vorgenommenen Übertragungen zwar als Analogien bezeichnet, bei entsprechender Untersuchung der gerichtlichen Ausführungen deutet sich aber tatsächlich die Annahme von allgemeinen Rechtsgrundsätzen an. 244 Auch wenn es generelle Unterschiede zwischen dem öffentlichen Recht und Zivilrecht gibt, so können diese nicht ebenso generell einen Analogieschluss verbieten oder fordern. 245 Entscheidend muss der Vergleich der Interessenlagen im konkreten Fall bleiben. Und nicht einmal für manche einzelne Normen kann eine generelle Aussage über deren Analogiefähigkeit getroffen werden. So ist die Regelung des § 818 Abs. 3 BGB, die die Auswirkungen des Wegfalls der Bereicherung enthält, nicht generell im öffentlichen Recht analog anwendbar. Vielmehr haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet, die aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen entweder eine analoge Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB zulassen oder nicht. 246 Diese Vielschichtigkeit der möglichen Sachverhalte ist es, die eine kategorische Ablehnung von Analogien als nicht sachgerecht erscheinen lässt. Die Bereiche des öffentlichen Rechts, in denen eine starke Publifizierung stattfindet oder in denen von Verwaltungsprivatrecht und öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen gesprochen wird, sind dem Zivilrecht sehr viel näher, als Formen einseitiger Eingriffsverwaltung. Es kann gerade nicht von einer strikten Unterscheidung zwischen beiden Teilrechtsgebieten ausgegangen werden, sondern vielmehr muss auch eine gegenseitige Beeinflussung akzeptiert werden, die zum Wesen von wechselseitigen Auffangordnungen führt und so die Übertragung innerhalb der beiden Teilrechtsgebiete ermöglicht. 247 Gegen einen Analogieschluss vom Zivilrecht in das öffentliche Recht könnte aber noch ein Vorrang des öffentlichen Rechts sprechen. Sollte ein solcher bestehen, wären Lücken im öffentlichen Recht vorrangig durch einen Rückgriff auf öffentlich-rechtliche Regelungen zu schließen. In diesem Sinne wird nicht nur auf die Voraussetzung des Bestehens einer Lücke im öffentlichen Recht bzw. Verwaltungsrecht hingewiesen, sondern darüber hinaus gefordert, dass eine Analogie zum Zivilrecht erst dann möglich sei, wenn sie nicht auch zu einer anderen muss. Es wird also nicht der § 618 angewendet, sondern § 618 ist nur ein auf anderem Rechtsgebiete gefundener Beleg für das Vorhandensein und die Notwendigkeit des allgemeinen Rechtsgedankens, den der Richter selbstschöpferisch in das öffentliche Recht einführt und nach dessen inneren Eigenarten und Erfordernissen, also unabhängig vom Inhalte des § 618 entwickelt, begrenzt und anwendet.“ 244 Vgl. die Nachweise bei Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 92. Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zeigt sich auch darin, dass teilweise ausdrücklich auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgegriffen wurde, vgl. die Nachweise unten 3. Kap. 2. Abschn. f. 245 So auch Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 79. 246 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 29, Rn. 20 ff. 247 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.IV.1.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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Regelung des öffentlichen Rechts gebildet werden konnte. 248 Dieses Ansinnen geht unausgesprochen von einer größeren inhaltlichen Nähe öffentlich-rechtlicher Lücken zu vorhandenen öffentlich-rechtlichen als zu zivilrechtlichen Regelungen aus. Dabei bestehen auch innerhalb des öffentlichen Rechts große Unterschiede. Erneut sei nur auf die einseitige Eingriffsverwaltung und das Verwaltungsprivatrecht hingewiesen. Aus diesem Grund liegt es nahe, die Geeignetheit für einen Analogieschluss nicht formell aufgrund der Zuordnung zu einem Rechtsgebiet zu bestimmen, sondern ausschließlich nach der Übereinstimmung der materiellen Inhalte im Einzelfall. 249 Sobald eine Norm mittels einer Analogie, sei es als Einzel- oder Gesamtanalogie, vom Zivilrecht in das öffentliche Recht übertragen wird, stellt sich die Frage, welchem Rechtskreis die Norm nun zuzuordnen ist. Vor dem Analogieschluss bestand eine Lücke, die geschlossen werden soll, damit die rechtliche Lösung des in Frage stehenden Falles möglich ist. In der vorliegenden Konstellation enthält also die Teilrechtsordnung öffentliches Recht eine Lücke. Das Schließen dieser Lücke muss dann durch einen neu gebildeten Rechtssatz geschehen, der ebenfalls dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Es ist gerade nicht möglich, zivilrechtliche Regelungen direkt im öffentlichen Recht anzuwenden. Durch die Analogie entsteht also ein neuer Rechtssatz mit eigenem, öffentlich-rechtlichem Rechtscharakter. 250 Mit diesem Befund wäre prinzipiell eine Analogie als Mittel zu der Übertragung und Begründung der Willenserklärung im öffentlichen Recht möglich.

F. Allgemeine Rechtsgrundsätze Die Übertragung zivilrechtlicher Normen in das öffentliche Recht kann auch als Ausdruck eines Rechtsgrundsatzes geschehen. 251 Die Entwicklung dieses An248

Meier-Branecke, AöR 50 (1926), 230 (244); Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 67. 249 Aus diesem Grunde wirkt es auch etwas widersprüchlich, wenn Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 67, für zivilrechtliche Regelungen eine eingehende Prüfung verlangt, inwieweit diese nach ihrer Interessenrichtung übertragbar sind, gleichzeitig aber einen generellen Vorrang des öffentlichen Rechts postuliert. 250 So auch Nebinger, Verwaltungsrecht, S. 51; Herbsleb, Die Aufrechnung im Verwaltungsrecht, S. 5; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 81; Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (282, 293); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 28; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 72, Fn. 81 m.w. N; a. A. offenbar Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 70; Sodan, in: ders. / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 40, Rn. 324. Im Vergleich zur telelogischen Extension wird nicht ein bestehender Tatbestand erweitert, vgl. Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 497 ff. 251 BGH NJW 1998, 3649 (3649); Ossenbühl, NVwZ 1991, 513 (516); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 31; Sendler, NJW 1964, 2137 (2139); Weber, JuS 1970, 169 (170). Vgl. auch Schüle, VerwArch 38 (1933), 399 (405 ff.).

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

satzes für die Übertragung innerhalb der Teilrechtsordnungen hängt vor allem mit dem früher von der herrschenden Meinung in dieser Sache abgelehnten Analogieschluss zusammen. 252 Um dem praktischen Bedürfnis nach einer Regelung dennoch nachzukommen, konnte sich stattdessen auf Rechtsgrundsätze berufen werden. I. Allgemeine Rechtsgrundsätze als rechtliche Kategorie Allgemeine Rechtsgrundsätze scheinen ebenso unbestimmt wie allgemein zu sein. Dies fängt schon bei den Begrifflichkeiten an. Als terminologische Alternativen zu „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ 253 lassen sich Begriffe wie „allgemeine Rechtssätze“ 254, „a priori weder typisch privat-rechtlichen noch typisch öffentlichrechtlichen Rechtsgedanken“ 255, „apriorische Rechtsgrundsätze“ 256, „Rechtsprinzipien“ 257 oder „apriorische Rechtssätze“ 258 finden. 259 Allgemeine Rechtsgrundsätze beschreiben die einer Rechtsordnung immanenten Fundamentalnormen als Quellen geltenden Rechts. 260 Sie stellen ungeschrie252 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. E.II.; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 59. 253 BVerfG NJW 2000, 3124 (3124); BVerwGE 13, 17 (19 ff.); 42, 222 (222); NJW 1996, 2669 (2669); BGH NJW 1992, 2769 (2770); NJW 1987, 432 (433); BFH NVwZ 1998, 320 (321); EuGH Slg. 1969, 419 (425); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 30; Sendler, NJW 1964, 2137 (2139); Pernice, NVwZ 1989, 332 (333). 254 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 168. 255 Brüggemann, Der Verzicht von Zivilpersonen im Verwaltungsrecht, S. 2. 256 Beinhardt, VerwArch 55 (1964), 219 (252). 257 Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251; Larenz, Methodenlehre, S. 479. Ein solches, eher untechnisches, Begriffsverständnis von Rechtsprinzipien darf jedoch nicht mit einem formalen Begriff des Rechtsprinzips verwechselt werden, wie es beispielsweise Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 71 f., verwendet. 258 Kriebel, DÖV 1962, 766 (767). 259 Zu weiteren Termini, wie z. B. „maßgebliche Ordnungsfaktoren“, „allgemeine Normen des ganzen Rechts“, „allgemeine Richtlinien des Rechts“, „normative Maximen von großer Allgemeinheit“, „normative Fundamente“, „Bauprinzipien des positiven Rechts“, „Fundamente der Rechtsinstitutionen“ oder „gemeinsame Grundlage für eine Rechtsmaterie“, vgl. Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (174 ff. m.w. N.). Gegenüber einer Verwendung des Begriffs „Grundsatz“ wegen seiner möglichen Bedeutungslosigkeit kritisch Weyreuther, DÖV 1989, 321 (328). 260 Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (37); ders. / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25 I; vgl. auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 3 f.; Hardt, DÖV 1971, 685 (685 ff.); Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 70 ff.; Middel, Die öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 91 f.; Becker, VVDStRL 14 (1955), 96 (104); Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 118 ff.; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 66 ff.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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bene Rechtsnormen höchsten Ranges dar, deren Positivierung einen bloß deklaratorischen Charakter hat. 261 Als Ausdruck des Prinzips menschlicher Vernunft bilden sie das ureigenste Gerüst des Rechtssystems und erfassen so allgemeine und typische Fragestellungen sowie Lebenssachverhalte die entweder dauernd oder in gewissen raum-zeitlichen Begrenzungen konstant sind. 262 Gleichzeitig bilden allgemeine Rechtsgrundsätze aber auch Aufbau- und Strukturprinzipien für das positive Recht. 263 Nicht selten handelt es sich dabei um Aussagen, die sich aus der „Natur der Sache“ ergeben, indem sie für einen allgemein auftretenden Interessenkonflikt eine sachgerechte Lösung herbeizuführen versuchen. 264 Allgemeine Rechtsgrundsätze sind oberste, ranghöchste Rechtsquellen, mit denen sich auch die anderen Rechtsquellen nicht in Widerspruch setzten dürfen, ohne ihren Rechtscharakter in Frage zu stellen, und ergeben sich als Ableitungen aus dem Prinzip der Gerechtigkeit. 265

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Hardt, DÖV 1971, 685 (688); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 33. Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FS BVerfG Bd. 2, S. 50 (61 f.). 263 Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 252. 264 Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (46). 265 Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (37 ff.); ders. / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25 I a. Zu unterscheiden ist nach Wolff weiter zwischen allgemeinen und besonderen Rechtsgrundsätzen. Dabei scheinen die eingangs dargestellten begrifflichen Alternativen, die zwar durchgängig das Element „allgemein“ enthalten, diese Differenzierung nicht aufzugreifen. Allgemeine Rechtsgrundsätze nach Wolff stellen sich als lediglich aus dem Zusammenleben einer Vielzahl von Menschen als Rechtssubjekten und dem Bestand einer wie auch immer beschaffenen Rechtsordnung dar. Sie sind Ausgleich von in jeder Rechtsordnung enthaltener Interessenwidersprüche und können dementsprechend als „ethischer Mindestgehalt einer jeden Rechtsordnung“ oder als ihr „normatives Fundament“ angesehen werden, Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (40). Als Beispiele für allgemeine Rechtsgrundsätze kann nach Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (40 f.); Hardt, DÖV 1971, 685 (686 f.), die Achtung der Menschenwürde, der persönliche und sachliche Gleichbehandlungsgrundsatz, die Beachtung der guten Sitten im Rechtverkehr, die Schadensersatzpflicht für rechtswidrige Schädigungen, der Grundsatz von Treu und Glauben, der Grundsatz der Rechtssicherheit sowie das Verbot jeglicher Willkür sein. Nach Hardt, DÖV 1971, 685 (687), können als weitere elementare Fundamentalnormen der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und des venire contra factum proprium angesehen werden. Besondere Rechtsgrundsätze bestehen nicht nur aufgrund dieses sozialen Elementes, sondern bedürfen zusätzlich des Vorliegens einer besonderen Rechts- oder Lebensordnung. Besondere Rechtsgrundsätze hängen also von den Umständen des sozialen Systems ab, in denen sie bestehen, während allgemeine Rechtsgrundsätze in jedem sozialen System unabhängig von seinen Eigenarten auftauchen, Hardt, DÖV 1971, 685 (687). Als besondere Rechtsgrundsätze ließen sich beispielsweise die Einschränkung der Selbsthilfe, das prozessuale Verbot der Entscheidung in eigener Sache, der Grundsatz des vorherigen oder nachträglichen rechtlichen Gehörs oder die Zulässigkeit des staatlichen Eingriffs in Rechte der Bürger gegen Entschädigung bei dringenden Erfordernissen des Gemeinwohls anführen, Hardt, DÖV 1971, 685 (687). Allgemeine Rechtsgrundsätze bedürfen neben der Existenz einer Vielzahl von Rechtssubjekten und einer Rechtsordnung keines weiteren 262

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Neben dem in diesen Beschreibungen anklingenden Rückgriff auf einen ethischgerechtigkeitsorientierten Ansatz gibt es weitere Begründungsmöglichkeiten. 266 Im Rahmen eines wirklichkeitswissenschaftlichen Ansatzes leisten allgemeine Rechtsgrundsätze eine Integration der gesellschaftlichen Wirklichkeit in die Rechtsordnung. 267 Dabei sind sie nicht nur vorausgesetzte Grundstrukturen des Rechts, sondern auch Einfallstor, „durch das die positiv bewertete gesellschaftliche Wirklichkeit täglich in die staatliche Normativität eindringt“. 268 Im Zentrum einer Rechtsordnung stehen allgemeine Rechtsgrundsätze nach einem verfassungsstaatlichen Ansatz. Ohne ausdrücklich in der Verfassung erwähnt zu werden, sind sie demnach „Ausstrahlungen der freiheitlichen Wertvorstellungen der materiellrechtlichen Verfassung“. 269 Bei der Beachtung dieser Vorstellungen besteht eine große Nähe der allgemeinen Rechtsgrundsätze zu Verfassungsprinzipien oder Verfassungsgrundsätzen. 270 Schließlich ist auch eine kulturwissenschaftliche Begründung möglich. Allgemeine Rechtsgrundsätze sind danach nicht nur Grundstrukturen einer rechtlichen Ordnung, sondern gleichzeitig Ausdruck einer bestimmten kulturellen Ausrichtung einer Gesellschaft. Die sich ergebende Nähe zwischen kulturellen Vorstellungen und rechtlichem Rahmensystem führt zu der Vorstellung, dass allgemeine Rechtsgrundsätze zwingendes Element einer kulturell fortgeschrittenen Gesellschaft und ihrer Rechtsordnung sein müssen. 271 Ein Hinweis auf diese von Naturrechtsgedanken beeinflussten Rechtsgrundsätze findet sich auch in Art. 1 Abs. 2 GG, nach dem sich das Deutsche Volk zu Elementes und stellen sich insofern als eine unmittelbare Ableitung aus dem Rechtsprinzip dar. Besondere Rechtsgrundsätze ergeben sich erst durch die Beeinflussung mit einer konkreten Rechtsordnungen und Umständen des sozialen Zusammenlebens. Dies führt dazu, dass besondere Rechtsgrundsätze mit den Wertentscheidungen des sozialen Miteinanders zusammenhängen und im Gegensatz zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen damit wandelbar sind. 266 Vgl. allgemein Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (179 ff.). An den verschiedenen Begründungsmöglichkeiten wird deutlich, dass es sich bei der Frage nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch um eine philosophische Frage handelt, Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (179). Dies beinhaltet, dass selbst die bloße Existenz allgemeiner Rechtsgrundsätze als fraglich eingestuft werden könnte, vgl. Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 121. Dies soll in dieser Untersuchung aber angenommen werden und so dem weitgehend gleichartigen Befund in Rechtsprechung und Literatur Rechnung getragen werden. Nach Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 2, kann ihre Existenz sogar „von keinem Rechtsgenossen ernsthaft angezweifelt werden“. Nachweise für eine andere Ansicht bei Hardt, DÖV 1971, 685 (686 Fn. 3). 267 Heller, Staatslehre, S. 291 f. 268 Heller, Staatslehre, S. 291. 269 Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts Bd. 1, S. 287. 270 Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (183). 271 Härle, Die allgemeinen Entscheidungsgrundlagen des ständigen Internationalen Gerichtshofes, S. 99. Vgl. auch Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FS BVerfG Bd. 2, S. 50 (62).

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt bekennt, 272 und in Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG, demnach die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. II. Verwendung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen Als fundamentale Grundstrukturen des Rechts müssen allgemeine Rechtsgrundsätze auch vergleichsweise allgemein formuliert sein. Für eine Anwendung im Rahmen eines praktischen Sachverhaltes bedarf es deshalb ihrer Konkretisierung. 273 Allgemeinen Rechtsgrundsätzen fehlt der Rechtssatzcharakter und sie sind für sich alleine gesehen nicht subsumtionsfähig. 274 Davon zu unterscheiden ist die nicht unumstrittene, doch von einer wohl h. M. bejahte Frage, ob allgemeine Rechtsgrundsätze eine eigenständige Rechtsquelle darstellen. 275 Ohne weiteres kann man auch allgemeine Rechtsgrundsätze als „Erkenntnisgrund für etwas als Recht“ 276 verstehen. Neben ihrer möglichen Funktion als Rechtswertungsquellen liefern sie Anweisungen, die bestimmte Verhalten sowie Ziele vorgeben und die rechtliche Ausgestaltung von Problemlösungen, unabhängig von einer konkreten Form, bestimmen. 277 Nach Wolff müssen allgemeine Rechtsgrundsätze schon wegen ihrer Möglichkeit, das aus anderen Quellen stammende Recht zu beeinflussen und zu gestalten, selbst als Rechtsquelle Teil des positiven Rechts sein. 278 Aufgrund dieser Überlegungen sollen auch für diese Untersuchung allgemeine 272 Vgl. zu den damit angesprochenen Rechtsgrundsätzen BVerfGE 1, 14 (18, LS 27); 3, 225 (232 f.); Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 2, Rn. 12 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 1 Abs. 2, Rn. 12 ff., 22 ff. 273 Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 6; Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FS BVerfG Bd. 2, S. 50 (63); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 33; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 91; Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (192 f.) m.w. N. 274 Larenz, Methodenlehre, S. 479; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 33; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 91; Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (192 f.); Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 25, Rn. 6. Larenz, Methodenlehre, S. 479, unterscheidet zwischen „offenen Rechtsprinzipien“ und „rechtssatzförmigen Prinzipien“. 275 Für die Annahme als Rechtsquelle Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 6; Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (35); Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 91; Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FS BVerfG Bd. 2, S. 50 (63); Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 106; ders., DÖV 1971, 685 (686); Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 121. Nachweise für eine a. A. bei Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (192). 276 Ross, Theorie der Rechtsquellen, S. 292. 277 Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FS BVerfG Bd. 2, S. 50 (53 f.); Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 5, Rn. 4, 6.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Rechtsgrundsätze in ihrer Eigenart als Rechtsquellen angesehen werden, obwohl sie nicht subsumtionsfähig sind. Trotz ihrer nicht subsumtionsfähigen Struktur sind allgemeine Rechtsgrundsätze bei entsprechendem Bedarf den geschriebene Normen zumindest ebenbürtig. 279 Durch ihre unbedingte und allgemeine Geltung sind sie darüber hinaus nicht von einem Teilrechtsgebiet in ein anderes übertragene Normen, sondern bei einer Konkretisierung im öffentlichen Recht genuin öffentlich-rechtliche Regelungen. 280 Konsequenterweise bedürfen sie für ihre Geltung keiner gesetzlichen Fixierung. 281 Es kann sogar vorkommen, dass der Gesetzgeber wegen der Selbstverständlichkeit eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes darauf verzichtet hat, diesen positiv zu normieren und stattdessen nur die ihn betreffenden Ausnahmen ausdrücklich geregelt hat. 282 Teilweise wird sogar weitergehend vertreten, allgemeine Rechtsgrundsätze seien gesetzlich unabdingbar. 283 Ob dies in einer solchen Absolutheit angenommen werden kann, erscheint zumindest zweifelhaft. Bei einem ethisch-gerechtigkeitsorientierten oder wirklichkeitswissenschaftlichen Ansatz wird dies eher zutreffend sein, als bei einem verfassungsstaatlichen Ansatz. Die beiden erstgenannten Sichtweisen machen deutlich, dass allgemeine Rechtsgrundsätze variabel sein können. So wird schwerlich ein abschließender Katalog allgemeiner Rechtsgrundsätze auszumachen sein und während manche von ihnen schon seit Jahrhunderten benannt werden, erscheinen andere erst seit wenigen Jahrzehnten in der Rechtswissenschaft. 284 Allgemeine Rechtsgrundsätze bestehen schon vor ihrer Formulierung. Ihre Existenz ist unabhängig von einer rechtswissenschaftlichen Herausarbeitung. Es handelt sich bei einem Rückgriff auf sie deshalb nicht um ein Verfahren der Normfortbildung, sondern wegen ihrer allgemeinverbindlichen Geltung um eines der Normfindung. 285 Bei Vorhandensein eines gesetzlichen Anknüpfungspunkts kann die Gewinnung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes über einen Induktionsschluss erfolgen. 286 Dabei versteht es sich von selbst, dass ein gefundener all-

278 Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (36); ebenso Nawiasky, JZ 1954, 717 (718 f.). 279 Vgl. BSGE 18, 22 (28); BSG DVBl. 1963, 249 (250). 280 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 71; Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 118. 281 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 71. 282 Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 252 f., der das Beispiel der Regel „pacta sunt servanda“ angibt, das sich lediglich indirekt aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergibt. 283 Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 105. 284 Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (181, Fn. 94). Für allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 86. 285 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 71.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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gemeiner Rechtsgrundsatz elementarste Formen von Tatbestand und Rechtsfolge aufweist ohne Einflüsse eines ausnormierten Rechtsgebietes. 287 III. Möglichkeit von allgemeinen Rechtsgrundsätzen übergreifend zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht Die generelle Möglichkeit, dass ein allgemeiner Rechtsgrundsatz rechtsgebietübergreifend sowohl im öffentlichen Recht als auch im Privatrecht relevant wird, liegt auf der Hand. Es handelt sich schließlich um der ganzen Rechtsordnung zugrunde liegende Fundamentalstrukturen. Je nach Inhalt können sich allgemeine Rechtsgrundsätze in jedem Teilrechtsgebiet auswirken. Dabei wäre eine mögliche Trennlinie zwischen verschiedenen Teilrechtsgebieten sogar unbeachtlich. Denn als solchen Kategorien wie dem öffentlichen Recht oder Privatrecht übergeordneten Strukturen manifestieren sich allgemeine Rechtsgrundsätze von einem einheitlichen und von den genannten Teilrechtsgebieten zu unterscheidenden Ursprung aus. Es liegt keine Übertragung einer Rechtsnorm von einem Teilrechtsgebiet in ein anderes vor. IV. Unterschiede und Abgrenzung zu einem Allgemeinen Teil des Rechts Gerade dieser einheitliche Ausgangspunkt rückt die allgemeinen Rechtsgrundsätze in eine enge Nähe zu einem Allgemeinen Teil des Rechts. Fraglich ist deshalb, ob zwischen beiden Kategorien solche Unterschiede bestehen, die ihre Eigenständigkeit begründen können. Nach Menger bildet die Summe aller allgemeinen Rechtsgrundsätze den schon oben dargestellten Allgemeinen Teil des Rechts. 288 Denkbar ist durchaus, dass wegen tatsächlich vorhandener Berührungspunkte die Vorstellung eines Allgemeinen Teils des Rechts die Herausbildung allgemeiner Rechtsgedanken beeinflusst hat. Dennoch liegen einem Allgemeinen Teil selbständige und abweichende Vorstellungen zugrunde. Ein Allgemeiner Teil des Rechts setzt sehr viel stärker verrechtlichte Strukturen voraus als allgemeine Rechtsgrundsätze, obwohl beide auf vergleichbaren Ausgangsideen basieren. Während ersterer von konkreten Rechtssätzen und Normen ausgeht und diese zum Bezugspunkt erklärt, beruhen allgemeine Rechtsgrundsätze auf fast programmatischen Aussagen, die erst durch eine Konkretisierung zu subsumtionsfähigen Rechtssätzen werden. 289 Für einen Allgemeinen Teil wären 286 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 98. Vgl. auch Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Rechts, S. 91 ff. 287 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 72. 288 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B. I.2.; Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 73 f.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

allgemeine Rechtsgrundsätze deshalb zu unbestimmt gefasst. Zwischen beiden Strukturen bestehen folglich Unterschiede im Konkretisierungsgrad. Ein Allgemeiner Teil soll Normen aufweisen, die unverändert in verschiedenen Bereichen der Rechtsordnung gelten. 290 Hingegen kann ein allgemeiner Rechtsgrundsatz durch seine noch notwendige Konkretisierung zu abweichenden Fassungen in verschiedenen Teilrechtsgebieten führen. 291 Bei dieser Überlegung zeigt sich erneut, dass die in einem Allgemeinen Teil enthaltenen Normen zwangsläufig so allgemein gefasst sein müssten, dass sie nur schwer in verschiedenen Teilrechtsgebieten anwendbar wären. 292 Als Folge dessen ist für die konkrete Anwendbarkeit eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes eine Deduktion notwendig, die erst die Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Struktureigenschaften ermöglicht. Ein solcher Vorgang soll dem Anwender eines Allgemeinen Teils erspart bleiben. V. Unterschiede und Abgrenzung zur Analogie Auch mit dem Verfahren des Analogieschlusses scheinen allgemeine Rechtsgrundsätze eng zusammenzuhängen, weshalb ebenfalls eine Klärung der Unterschiede beider methodischen Verfahren und ihre Abgrenzung zueinander für die weiteren Erörterungen unerlässlich sind. Teilweise lassen sich Tendenzen ausmachen, den Unterschied zwischen der Analogie und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als nicht relevant anzusehen. 293 Doch eine solche Ansicht lässt sich wohl nur aufrechterhalten, wenn das Analogie-Modell der Begriffsjurisprudenz zugrunde gelegt wird. Denn bei diesem wird aus bestehenden Einzelregelungen ein allgemeiner Rechtssatz gebildet, aus dem sich dann der neu zu bildende Rechtssatz ableitet. Bei diesem Analogieverständnis besteht in der Tat kein großer Unterschied zu der Bildung allgemeiner Rechtsgrundsätze. 294 Zieht man als Vergleichsmaßstab aber das heutige Analogieverständnis heran, so ergibt sich ein anderes Bild. Die Analogie wird demnach als ein Schluss vom Besonderen auf das Besondere verstanden, hingegen die Freilegung allgemeiner Rechtsgrundsätze als Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine. 295 289 Simons, Leistungsstörungen im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis, S. 109. Vgl. auch Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 11 ff. 290 Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 15. 291 Simons, Leistungsstörungen im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis, S. 109 f. 292 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B. I.2. 293 Nawiasky, Allgemeine Rechtslehre, S. 146; Engisch, Einheit der Rechtsordnung, S. 77 f., Fn. 7. Vgl. auch Larenz, Methodenlehre, S. 384 f. 294 Das im Vergleich zum Analogie-Modell der Interessen- bzw. Wertungsjurisprudenz insoweit zu fehlen scheinende Element der Interessenlage findet sich bei allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht im Verfahren, sondern vielmehr dem Objekt als der Rechtsordnung immanenten Fundamentalnormen höchsten Rangs, vgl. oben 3. Kap., Fn. 227.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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Gegen diese Annahme wird insbesondere eingewandt, dass auch bei der Einzelanalogie durch Ermittlung der zwischen zu schließender Lücke und analog anzuwendender Norm bestehenden Gemeinsamkeiten ein Induktionsschluss gezogen werde. Bei der Gesamtanalogie zeige sich dies noch deutlicher, indem das zu übertragende Prinzip erst aus einer Vielzahl von Normen herausgelesen werden müsse. 296 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein möglicher Induktionsschluss im Rahmen der Analogie nicht Geltung für eine Vielzahl von Sachverhalten besitzt, wie es ein allgemeiner Rechtsgrundsatz hätte, sondern nur Mittel ist, um den im Wege der Analogie gesuchten Rechtssatz für einen konkreten Einzelfall zu erschaffen. 297 Der Unterschied in der Verwendung eines möglichen Induktionsschlusses liegt also in dem einerseits notwendigen Verfahrensschritt und andererseits in dem Endziel des Verfahrens. Der zivile Rechtssatz ist bei der Analogie Ausgangspunkt der Überlegungen. Für einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wäre er nur Indiz auf dessen übergeordnetes Bestehen. Während also die Analogie vor allem durch zwei Elemente bestimmt wird, nämlich den zu übertragenden Rechtssatz und dem daraus gebildeten analogen Rechtssatz, sind für die Übertragung aufgrund eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes nicht nur die vorhandenen Rechtssätze als Hinweise und der neu zuschaffende Rechtssatz als Element zum Schließen der Lücke relevant, sondern zusätzlich auch der allgemeine Rechtsgrundsatz als das dem Übertragungsverfahren bestimmende und zugrunde liegende Element. Der allgemeine Rechtsgrundsatz ist eine schon bestehende, elementare Rechtsnorm, die lediglich zu einer konkreten Anwendung kommt. Dies bedeutet gleichzeitig, dass sich die Verwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze als Rechtsquellenmethode darstellt, während die Analogie als eine Rechtsanwendungsmethode zu gelten hat. 298 Bei einem allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt es sich deshalb um eine direkte Rechtsanwendung, wo hingegen die Analogie zu einer entsprechenden Anwendung eines Rechtssatzes führt. 299 Die Analogie lässt wegen dieser Anknüpfung an einen bestehenden konkreten Tatbestand mit Rechtsfolge grundsätzlich keine Modifikationen zu. 300 Bei der Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze ist es hingegen unerlässlich, diese für eine praktische Anwendbarkeit konkret auszugestalten. Modifikationen liegen bei der Deduktion in ein Rechtsgebiet in der Natur der Sache begründet. Im Gegensatz zu dem Verfahren der Analogie 295

Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 81 m.w. N. Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, S. 68; Larenz, Methodenlehre, S. 384 f.; Obermayer, NJW 1966, 1885 (1890). 297 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 384. 298 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 82, 88; Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes, S. 71. 299 Weber, JuS 1970, 169 (170); Menger / Erichsen, VerwArch 61 (1970), 82 (89 f.). 300 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 296

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

sieht sich der Rechtsanwender einer größeren Freiheit ausgesetzt. 301 Dies zeigt sich auch anhand der Normstruktur. Während Tatbestands- und Rechtsfolgenmodifikationen bei der Analogie Einschränkungen unterworfen sind, 302 steht bei einem allgemeinen Rechtsgrundsatz dem „rechtsfolgenbegründenden Tatbestand die reine Rechtsfolge im engsten Sinne“ gegenüber. 303

G. Allgemeine Rechtsgedanken Nicht nur begrifflich eng verwandt mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind allgemeine Rechtsgedanken. Auch sie fußen auf allgemeinen Rechtsüberlegungen, die sich in konkreten Normen wiederfinden. I. Allgemeine Rechtsgedanken als rechtliche Kategorie Teilweise wird jedoch schon in Frage gestellt werden, ob, im Vergleich zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen, in allgemeinen Rechtsgedanken eine eigenständige rechtliche Kategorie zu erblicken ist. 304 Auch zu dem Verfahren der Analogie gibt es teilweise zumindest begriffliche Überschneidungen. 305 Davon abgesehen gibt es aber eine Vielzahl von Stimmen, die die allgemeinen Rechtsgedanken als eine eigenständige Kategorie anerkennen. 306 Diese Entwicklung nahm ihren Anfang zeitgleich mit dem aufkommenden Verständnis, dass öffentliches Recht und Privatrecht nicht zwangsläufig zwei vollständig zu unterscheidende Materien sind. 307

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Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes, S. 71. Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 303 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes, S. 72. 304 In begrifflicher Hinsicht relativ undifferenziert Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 168, 173, der neben „allgemeinen Rechtsgedanken“ auch von „allgemeinen Rechtssätzen“ oder „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ spricht. 305 Nach Hedemann, Die Flucht in die Generalklauseln, S. 43, handelt es sich bei allgemeinen Rechtsgedanken um eine „seltsame Bahn halber Analogie und halber Selbständigkeit“. Nach Collasius, Ausfüllung von Lücken im Normensystem des Verwaltungsrechts, S. 110 f., ist der Rückgriff auf allgemeine Rechtsgedanken lediglich eine neue Bezeichnung für den Analogieschluss. 306 BGH NJW 1976, 1218 (1219); NJW 1992, 114 (115); NJW 1989, 1281 (1281); NZV 1995, 352 (353); NZV 1988, 109 (110); BAG NJOZ 2002, 1106 (1111); VGH Mannheim NVwZ 1991, 583 (587); Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 404 ff.; Wertenbruch, JuS 1963, 180 (182 f.); Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 68; ders., DÖV 1971, 685 (687); Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 107; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 72 m.w. N. Vgl. auch Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (279). 302

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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Demnach sind allgemeine Rechtsgedanken „diejenigen Grundsätze, die zwar nicht unmittelbar auf das Rechts- oder Gerechtigkeitsprinzip zurückzuführen sind wie allgemeine Rechtsgrundsätze, aber doch einen positiv-rechtlich zum Ausdruck gekommenen Gedanken enthalten, der in seiner Bedeutung über das einzelne Rechtsgebiet, in dem er seine Regelung gefunden hat, hinausgeht“. 308 II. Verwendung von allgemeinen Rechtsgedanken Bei einem allgemeinen Rechtsgedanken besteht also ein konkreter Rechtssatz, der auf rechtlichen Überlegungen beruht, denen derart allgemein verbindliche Maßstäbe zugrunde liegen, die auch für die Lösung eigentlich vom Rechtssatz nicht erfasster Sachverhalte sachgerecht erscheinen. 309 Ebenso wie bei allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist die Verwendung eines allgemeinen Rechtsgedankens losgelöst von den typischen Strukturen der verschiedenen Teilrechtsgebiete wie öffentlichem Recht oder Privatrecht möglich. 310 In einem ersten Schritt ist demnach der in einer Norm enthaltene, positiv fixierte Rechtsgedanke zu extrahieren. 311 In einem zweiten Schritt ist zu fragen, ob der so gewonnene Rechtsgedanke allgemeiner Art ist. 312 Fraglich ist dabei aber, wann die Allgemeinheit eines Rechtsgedankens zu bejahen ist. 313 So wird gefordert, ein allgemeiner Rechtsgedanke müsse „im Kern für beide Rechtsgebiete [scil: 307 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.1. Vgl. auch Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (277). 308 Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 68; ders., DÖV 1971, 685 (687). Ähnlich Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 107; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 84 ff.; Schüle, VerwArch 38 (1933), 399 (405 ff.); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 7, die jedoch eine Deckungsgleichheit mit der Analogie sehen. Als Beispiele für einen allgemeinen Rechtsgedanken werden von Hardt, DÖV 1971, 685 (688), die § 133 BGB (Auslegung einer Willenserklärung), § 140 BGB (Umdeutung), § 162 Abs. 1 BGB (Verhinderung, Herbeiführung des Eintritts einer Bedingung), § 618 Abs. 1, 3 BGB (Schutz des Dienstverpflichteten gegen Gefahr für Leben und Gesundheit) oder § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) genannt. Zu § 618 Abs. 1, 3 BGB vgl. auch oben 3. Kap., Fn. 243. Insofern besteht eine gewisse Ähnlichkeit zu den besonderen Rechtsgrundsätzen nach Wolff, vgl. oben 3. Kap., Fn. 262. So auch Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 92. 309 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 88. 310 Vgl. RGZ 97, 43; Schüle VerwArch 38 (1933), 399 (405); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 7; Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 68; ders., DÖV 1971, 685 (687). Vgl. auch oben 3. Kap. 2. Abschn. F.III. 311 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 85. 312 BGH DB 1966, 701 (701). 313 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 114, fordert, dass die Annahme eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die Fälle echter Allgemein-

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

öffentliches Recht und Privatrecht] zutreffen“. 314 Andere verlangen eine Harmonisierung des Rechtsgedankens mit dem Normengefüge des Rechtsgebietes, in dem sich der Rechtsgedanke auswirken soll 315 oder seine Notwendigkeit für das publizistische Recht 316. Schließlich wird die Allgemeinheit eines Rechtsgedankens schon aus seiner Anwendbarkeit in einem anderen Teilrechtsgebiet gefolgert. 317 Nachdem das Reichsgericht zuerst die „Allgemeinheit“ ähnlich den dargestellten Beschreibungen verstanden hatte, forderte es später einschränkend, dass die positive Fixierung des Rechtsgedankens sich in einer Abfassung befinde, die eine Anwendbarkeit auch in anderen Teilrechtsgebieten erlaube. 318 Maßgeblich für das Feststellen eines „allgemeinen“ Rechtsgedankens erscheint, ob die in einem Rechtssatz gefundene Problem- und Interessenkonfliktslösung zusammen mit einer noch unbestimmten Vielzahl anderer, jeweils abweichender Sachverhalte einer identischen Sachproblematik unterliegt. 319 Die i. d. S. verwendete konkrete Norm ist deshalb nicht Quelle des allgemeinen Rechtsgedankens, sondern nur Beleg für ihn. Gleichzeitig ist der positiv formulierte Rechtssatz aber auch ausschließlicher Bezugspunkt für die Herleitung eines allgemeinen Rechtsgedankens. 320 Nach dem hier vertretenen Verständnis ist er Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung für eine bestimmte Art von Sachproblemen. Als Folge dessen sind allgemeine Rechtsgedanken vom Handeln des Gesetzgebers abhängig und für diesen disponibel. 321 Den gewonnenen allgemeinen Rechtssatz gilt es sodann auf den in Frage stehenden Sachverhalt anzuwenden. Greift man hierbei auf einen in einem Rechtssatz enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken zurück, so bedient man sich eines Induktionsschlusses. 322 Die bei dieser Rückgewinnung des Rechtsgedankens möglicherweise eingebüßten konkreten Elemente seiner textlich fixierten Normumgebung können bei einer erneuten Anwendung in einem anderen Rechtsgebiet wieder hinzugefügt werden. Aufgrund der methodischen Struktur, einen allgemeinen Rechtsgedanken in einen konkreten Sachverhalt einzuführen, sind zu dem Zeitpunkt aber sowohl Modifizierungen auf Tatbestandsebene als auch Rechtsfolgenebene gültigkeit beschränkt werden und sieht diese Voraussetzung in weniger Fällen als gegeben an, als mancherorts angenommen wird. 314 Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (287). 315 Collasius, Ausfüllung von Lücken im Normensystem des Verwaltungsrechts, S. 58. 316 Gowa, Die Rechtsnorm von Treu und Glauben im Verwaltungsrecht, S. 20. 317 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 87. 318 RGZ 97, 43 (44); WarnRspr 10 (1917), 73. Dem folgend Schüle, VerwArch 38 (1933), 399 (407). 319 Ähnlich Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, S. 5; Blume, Schuldrechtsähnliche Sonderverbindungen im öffentlichen Recht, S. 154 f. 320 Ebenso Hardt, DÖV 1971, 685 (688). A. A. RG WarnRspr 10 (1917), 73 (73 f.). 321 Hardt, DÖV 1971, 685 (688). 322 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 86.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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möglich. 323 Der gegebenenfalls konkretisierte allgemeine Rechtsgedanke kommt sodann als eine öffentlich-rechtliche Norm zur Anwendung. 324 III. Unterschiede und Abgrenzung zur Analogie Auf den ersten Blick scheinen Unterschiede zwischen allgemeinen Rechtsgedanken und dem Verfahren der Analogie schwerlich erkennbar. Auch allgemeine Rechtsgedanken bedienen sich maßgeblich eines argumentum a simili. 325 Zumindest für die praktischen Ergebnisse bedeutet dies tatsächlich eine weitgehende Übereinstimmung beider Vorgehensweisen. 326 Doch in theoretischer Hinsicht lassen sich Unterschiede ausmachen. Der hinter einer konkreten Anwendung stehende Rechtsgedanke besteht im Gegensatz zu dem Analogieschluss von vornherein. 327 Er muss nicht gebildet werden, sondern bedarf vielmehr der Freilegung. Als Folge dessen handelt es sich bei der Anwendung allgemeiner Rechtsgedanken nicht um eine analoge oder entsprechende, sondern eine direkte Anwendung einer Norm. 328 Ebenso wie bei allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist nicht auf eine Rechtsanwendungsmethode zurückzugreifen, sondern die Rechtsquellenlehre zu bemühen. 329 Allgemeine Rechtsgedanken gelten im Gegensatz zu der Analogie, die eine Aussage nur für einen bestimmten Fall zulässt, für eine unbestimmte Vielzahl von Konstellationen. Es liegt gerade kein Schluss des Besonderen auf das Besondere vor, wie es für die Analogie festgestellt werden konnte, 330 sondern vielmehr ein Vorgang der Induktion, mit dem der allgemeine Rechtsgedanke herausgehoben wird, und der anschließenden Deduktion, um diesen für den konkreten Sachverhalt anwendbar zu machen. 331 Für jeden dieser konkreten Anwendungsfälle bleibt dann auch eine Anpassung an die in Frage stehenden Verhältnisse und mit ihr eine Modifizierung des rechtlichen Rahmens, den der allgemeine Rechtsgedanke bildet, möglich, während sich die Analogie einem vergleichsweise starren Umfeld ausgesetzt sah. 332

323 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 108; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 86. 324 Schüle, VerwArch 38 (1933), 399 (407). 325 Zur Analogie vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 326 Dass dies jedoch nicht ausnahmslos gilt, stellt Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 89 m.w. N, dar. 327 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 108; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 88. 328 Schüle, VerwArch 38 (1933), 399 (408); Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, S. 70. 329 So auch Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 88. 330 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 331 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 88.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

IV. Unterschiede und Abgrenzung zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen Während zu dem Verfahren der Analogie im Hinblick auf das Ergebnis größtenteils keine Unterschiede auszumachen waren, bestehen zu allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Hinblick auf das Verfahren größtenteils keine Unterschiede. Auch dort handelte es sich um einen Schluss des Allgemeinen auf das Besondere, der im Einzelfall Modifikationen zuließ und der Rechtsquellenlehre zuzuordnen war. 333 Der entscheidende Unterschied ist aber in der Herkunft der allgemeinen Rechtsgrundsätze bzw. Rechtsgedanken zu sehen. Erstere sind so elementarer Natur, dass sie direkt dem Rechts- oder Gerechtigkeitsprinzip entstammen und unabhängig von einem entsprechenden Aufgreifen des Gesetzgebers bestehen. 334 Allgemeine Rechtsgedanken bedürfen zu ihrer Geltung hingegen der Anknüpfung an bestehende gesetzliche Regeln. Sie müssen im Gesetz zum Ausdruck gekommen sein und enthalten deshalb einen positiv-rechtlich gefestigten Gedanken, der rechtsgebietübergreifend anwendbar ist. 335 Gleichzeitig unterliegen sie damit aber auch der Disponibilität des Gesetzgebers. 336

H. Transformation Im Zusammenhang mit dem hier zu untersuchenden Prozess der Übertragung bzw. Begründung von Rechtselementen innerhalb eines eigentlich fremden Teilrechtsgebietes, findet sich auch der Hinweis auf den Vorgang der „Transformation“. 337 Bei der Transformation im hier interessierenden Sinne werden privatrechtliche Regeln in verwaltungsrechtliche Rechtsnormen umgearbeitet. Dabei wird am ursprünglich privatrechtlichen Denkmodell festgehalten, zugleich werden aber die Besonderheiten des Verwaltungsrechts bzw. Zielsachgebiets der Transformation beachtet. 338 Nach Hoffmann-Riem kann zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Transformation unterschieden werden. 339 332 Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 108; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 88. 333 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. F.II. 334 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. F. I. 335 Insofern besteht eine gewisse Ähnlichkeit zu den besonderen Rechtsgrundsätzen Wolffs, vgl. oben 3. Kap. Fn. 265, Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 125 f. 336 Hardt, DÖV 1971, 685 (688). 337 Faber, Verwaltungsrecht, § 18 IV; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (275, 305); Peczenik, Grundlagen der juristischen Argumentation, S. 79 f.; Greite, FR 2002, 945 (945). Vgl. auch BGHZ 40, 206 (212); Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 77; Oeser, Evolution und Selbstkonstruktion des Rechts, S. 148 ff.; Fleiner, Umbildung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht, S. 9 ff.; Brandenburg, JuS 1974, 710 (711).

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Bei einer indiziellen Transformation hat der Transfer lediglich indizielle Bedeutung, womit die Möglichkeit der aufnehmenden Teilrechtsordnung zu Anpassungen am stärksten vorhanden bleibt. 340 Im Rahmen einer respektierenden Transformation hat die aufnehmende Teilrechtsordnung Elemente der transformierten Regelung zu respektieren und kann sie dementsprechend nicht modifizieren. 341 Bei einer transformierenden Transformation schließlich werden die aufgenommenen Rechtselemente in die vorhandene Struktur der aufnehmenden Teilrechtsordnung, gegebenenfalls mit Modifikationen, integriert und zu eigenständigen Bestandteilen. 342 Anhand dieser verschiedenen Unterformen wird schon deutlich, dass die Transformation nicht mit dem Analogieschluss gleichzusetzen ist. 343 Anhand der von Hoffmann-Riem gegebenen Unterteilung der verschiedenen Arten der Transformationen ist erkennbar, dass damit lediglich ein Oberbegriff für eine Vielzahl von dogmatischen Arbeitsmethoden gegeben wird, zwischen denen im Verlauf der vorliegenden Untersuchung bisher genau unterschieden wurde. Die ansonsten auffindbaren Erklärungen über den Prozess der Transformation sind sogar noch allgemeiner, so dass damit letztendlich nur eine Beschreibung eines Vorgangs erreicht wird, als die Herausarbeitung dessen eigenständiger Dogmatik. Es fehlt an verlässlichen, rechtlichen Kategorien, auf die für eine praktische Rechtsnutzung der Transformation zurückgegriffen werden kann.

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Faber, Verwaltungsrecht, § 18 IV. Als Beispiele dafür werden von dems., Verwaltungsrecht, § 18 IV; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (305), der öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch (vgl. §§ 1004, 906 BGB), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. § 812 BGB), oder auch die Aufrechnung (vgl. § 389 BGB) genannt. Verstärkte Bedeutung hat die Transformation im Völkerrecht erlangt, wo sie die Umwandlung von Völkerrecht in nationales Recht beschreibt, Kunig, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, Kap. 2, Rn. 38; Schweitzer, Staatsrecht III, Rn. 424 ff.; Stein / von Buttlar, Völkerrecht, Rn. 183. Vgl. auch für das Verhältnis von Bundes- und Landesrecht Giegerich, DÖV 1989, 379. 339 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (305 ff.). Peczenik, Grundlagen der juristischen Argumentation, S. 79 f., unterscheidet zwischen der „Allgemein-Norm-Transformation“ und der „Einzel-Norm-Transformation“. Ersteres bezeichnet den Vorgang, von den Rechtsquellen aus ungeschriebene, allgemeinere Regeln und Prinzipien zu entwickeln (vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. F.II.). Zweites beschreibt die Bildung einer einzelnen Norm unter Zuhilfenahme einer allgemeinen Norm, gegebenenfalls auch als ein Erzeugnis einer Allgemein-Norm-Transformation. 340 So z. B. die Anwendung von Regelbeispielen des § 906 Abs. 1 BGB im öffentlichen Recht oder die Vorgabe von Wertungen oder Verfahren. 341 So z. B. privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte oder das zivilrechtliche Eigentum als Voraussetzung der ordnungsrechtlichen Zustandshaftung. 342 So z. B. die wechselseitige Übernahme von Rechtsfiguren. 343 Faber, Verwaltungsrecht, § 18 IV.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

Gleichwohl kann der Transformation das Potenzial, sich in das bisher erarbeitete Methodengefüge einzupassen, nicht abgesprochen werden. Die im Rahmen einer Transformation möglichen Modifikationen, Korrekturen und Neubildungen konkreter Rechtsnormen decken sich mit denen, die bei der Nutzung allgemeiner Rechtsgrundsätze oder Rechtsgedanken auftauchen. Dementsprechend können der Deduktionsschluss und die mit ihm verbundenen Anpassungen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes oder Rechtsgedankens zu einem konkret anwendbaren Rechtssatz durchaus als Form einer Transformation verstanden werden. 344 Damit kommt der Transformation aber keine methodische Selbständigkeit zu, sondern nur die Funktion eines Teilelements einer anderen Methodik. Die Transformation kann für sich alleine genommen die Willenserklärung nicht in das öffentliche Recht übertragen oder ihre dortige Existenz begründen.

I. Konkurrenz von allgemeinem Rechtsgrundsatz, allgemeinem Rechtsgedanken und Analogie Fraglich ist nun, welche dogmatische Methode der Anwendung der Willenserklärung im öffentlichen Recht zugrunde liegt. Nach dem bisher Dargestellten kommen dafür allgemeine Rechtsgrundsätze, allgemeine Rechtsgedanken sowie das Analogieverfahren in Betracht. I. Planwidrige Regelungslücke bzw. unzureichende positive Regelung als Grundvoraussetzung Diese drei in Frage stehenden Möglichkeiten versuchen allesamt für ein konkretes Rechtsproblem eine Lösung zu finden, die sich abseits der ausdrücklich positiv verankerten Rechtsnormen befindet. Für die Analogie ist deshalb die Voraussetzung einer planwidrigen Regelungslücke anerkannt. 345 1. Subsidiarität allgemeiner Rechtsgrundsätze und Rechtsgedanken Für die Anwendung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes bzw. Rechtsgedankens gilt mit der Subsidiarität eine vergleichbare Voraussetzung. Ein Rückgriff auf diese Aussagen allgemeiner Art ist nur zulässig, sofern keine andere geschriebene Rechtsquelle eine entsprechende Aussage trifft. 346 Wird von der Planwidrigkeit abgesehen, handelt es sich auch hierbei um die Frage nach einer Regelungslücke

344 So auch Peczenik, Grundlagen der juristischen Argumentation, S. 79 f.; Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (192). 345 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 25; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 385.

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innerhalb des sich aus den sonstigen Rechtsquellen zusammensetzenden Stamms objektiven Rechts. Eine Ausnahme hierzu liegt nur vor, wenn die sonstigen Rechtsquellen in einem so elementaren Widerspruch zu den Aussagen allgemeiner Rechtsgrundsätze stehen, dass sie als unverbindlich angesehen werden müssen. 347 Schon aus Gründen der Rechtssicherheit ist dieser Vorrang geschriebener Normen anzuerkennen. 348 Daneben steht die lediglich über einen Deduktionsschritt mittelbare Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze hinter der unmittelbaren Anwendung geschriebener Normen zurück. 349 Für die Anwendung allgemeiner Rechtsgedanken kann, besonders im Hinblick auf die erste Überlegung zu der Rechtssicherheit, keine andere Aussage getroffen werden. Die beiden Rechtsquellenmethoden verzichten also wegen ihrer von vornherein bestehenden Rechtsquellenqualität auf die gesteigerten Anforderungen der Rechtsfortentwicklungsmethode Analogie, die die Planwidrigkeit der Regelungslücke fordert. 2. Planwidrigkeit der Regelungslücke Die Lückenhaftigkeit des öffentlichen Rechts im Allgemeinen und des Verwaltungsrechts im Besonderen im Hinblick auf die Willenserklärung konnte schon dargelegt werden. 350 Für den Rückgriff auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz oder Rechtsgedanken würde dies der Anforderung der Subsidiarität genügen. Fraglich ist aber, ob die vorhandene Lücke auch als planwidrig bezeichnet werden muss. Anderenfalls würde schon aus diesem Grund die Anwendung einer Analogie zur Übertragung der Willenserklärung in das öffentliche Recht ausscheiden. 351 Die Planwidrigkeit einer Regelungslücke lässt sich auf verschiedenen Wegen feststellen. 352 Im Grundsatz kann dabei eine eher subjektiv oder eine eher objektiv verstandene Spielart verfolgt werden. 353 Für eine objektiv geprägte Planwidrigkeit 346 BGHZ 23, 175 (181); BVerwG DÖV 1955, 665 (665); Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (47); ders. / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 26, Rn. 4; Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrecht, S. 108; Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 91. 347 BVerfGE 3, 225 (232); 6, 132 (198 f.); 95, 96 (134); BGHZ 3, 94 (107). 348 BGHZ 23, 175 (181). 349 Wolff, in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 33 (47). 350 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A. I. 351 Denkbar wäre es, die für eine Analogie notwendige planwidrige Lücke wegen der Existenz eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes abzulehnen, vgl. dazu unten 3. Kap. 2. Abschn. J.II.5. An dieser Stelle soll davon unbeachtet nur die Planwidrigkeit als grundsätzliche Voraussetzung untersucht werden. Es würde zu weit führen, zu dem jetzigen Zeitpunkt schon eine der Möglichkeiten zur Begründung der Willenserklärung im öffentlichen Recht wegen des Vorhandenseins einer anderen auszuschließen, ohne dass deren Vorliegen erörtert wurde.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

ist entscheidend, dass eine geschriebene Norm bei Auslegung ihres Wortlauts eine bestimmte Regelung nicht enthält, obwohl die Gesamtrechtsordnung diese Regelung fordert. 354 Im Gegensatz dazu ist für eine subjektiv verstandene Planwidrigkeit auf die Intentionen des Gesetzgebers abzustellen. 355 Zumindest bei einer bewussten Nichtregelung durch den Gesetzgeber fällt es deshalb schwer, von einer Planwidrigkeit zu sprechen. 356 Willenserklärungen sind dem Rechtsanwender schon seit langem bekannt. Auch im öffentlichen Recht sind sie für Gesetzgeber, Rechtsprechung und Wissenschaft keine unbekannte Materie. 357 Dies legt den Schluss nahe, dass auch dem Gesetzgeber sehr wohl die Handlungsform öffentlich-rechtliche Willenserklärung bekannt war und er dennoch dem Verwaltungsverfahrensgesetz keine entsprechende Regelung beigefügt hat, mithin eine bewusste Regelungslücke vorliegt. So heißt es in der amtlichen Begründung 358 zum Verwaltungsverfahrensgesetz: „Außer den rechtserheblichen Formen abschließenden Verwaltungshandelns [...] kennt das Verwaltungsrecht eine Reihe weiterer Rechtsformen [...]. Diese [...] Rechtsformen können indes, wie der neueste Stand der wissenschaftlichen Diskussion hierüber zeigt, noch nicht als in ihrer Rechtsentwicklung und dogmatischen Verfestigung abgeschlossen betrachtet werden. Ihre abschließende Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz würde – anders als bei der inzwischen rechtlich und dogmatisch verfestigten Lehre vom Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichen Vertrag – vorzeitig die notwendige Rechtsfortbildung abschneiden und damit einer weiteren rechtsstaatlichen Durchdringung hinderlich sein.“ Daneben war der Gesetzesentwurf von dem Ziel geleitet, dass „im übrigen eine pauschale Festschreibung des materiellen Verwaltungsrechts [...] noch nicht erfolgen“ sollte. 359 Gerade bei solchen bewusst offen gelassenen Regelungskomplexen wird die unterschiedliche Herangehensweise beider Sichtweisen deutlich. 360 In objektiver Hinsicht erscheint es sachgerecht, die Rechtsordnung mit ihren ausdrücklich normierten Handlungsformen des Verwaltungsakts und öffentlich-rechtlichen 352 Vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 59 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 370 ff. 353 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 180 ff.; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 39, Fn. 100. 354 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 39; Engisch, in: Wegner (Hrsg.), FS Sauer S. 85 (101). 355 Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 186 f. Auf beide Aspekte abstellend Larenz / Wolf, BGB AT, § 4, Rn. 78. 356 Larenz, Methodenlehre, S. 370; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 386. Vgl. BGHZ 72, 85 (88). 357 Vgl. oben Einl., 1. Kap. 1. Abschn. B.II. 358 BT-Drs. 7/910, S. 41. 359 BT-Drs. 7/910, S. 41. 360 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 39, Fn. 100.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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Vertrages um die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung anzureichern. Einen Hinweis auf dieses Bedürfnis ist schon der entsprechenden Praxis zu entnehmen. Aus subjektiver Sicht liegt eine Verneinung der Planwidrigkeit durch die bewusste Nichtregelung nahe. Doch darf nicht übersehen werden, dass der Gesetzgeber gerade durch das Ziel geleitet wurde, eine weitere Entwicklung in der Rechtswissenschaft zu ermöglichen. Es wäre eine Verkehrung seiner Intentionen, würde man dies als Argument verwenden, eine für die weitere Entfaltung der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen notwendige Voraussetzung abzulehnen. Das Überlassen der Ausgestaltung einer bestimmten Regelung an den Rechtsanwender und Rechtswissenschaft steht deshalb auch in subjektiver Hinsicht einer planwidrigen Regelungslücke gleich (sog. legislatorisch lizenzierte Analogie). 361 II. Diskussion und Stellungnahme Fraglich ist also, welche Argumente für eine der verschiedenen dogmatischen Methoden ins Feld geführt werden können. 1. Vergleichbare Interessenlagen im Rahmen einer Analogie Um die Willenserklärung mittels eines Analogieschlusses als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht anwenden zu können, bedürfte es neben der vorhandenen planwidrigen Regelungslücke einer Vergleichbarkeit der Interessenlagen. Der Rückgriff auf eine Einzelanalogie scheint indes für das Schließen dieser Lücke zweifelhaft. So ist zumindest keine geschriebene zivilrechtliche Norm ersichtlich, die als Grundlage der Willenserklärung angesehen werden kann, sei es als ausdrückliche Befugnis zur Nutzung der Willenserklärung für das Zivilrechtssubjekt oder als Begriffsbestimmung, ähnlich dem § 35 VwVfG für den Verwaltungsakt. Dennoch lässt sich aber aus der Gesamtschau der §§ 116 ff. BGB das Instrument der Handlungsform Willenserklärung herauslesen. Möglich erscheint somit eine Gesamtanalogie zu der zivilrechtlich geregelten Willenserklärung. Dabei ist jedoch zuvorderst der maßgebliche Bezugspunkt für die Vergleichbarkeit der Interessenlagen im Rahmen der Analogie festzulegen. Man könnte den Schwerpunkt auf die Willenserklärung als Handlungsinstrument legen. Bei einer solchen Annahme müsste man davon ausgehen, dass zivilrechtlich die Willenserklärung für das Interesse eines Rechtssubjektes steht, die Möglichkeit zu 361 von Olshausen, in: Häberle / Morlok / Skouris (Hrsg.), FS Tsatsos, S. 448 ff.; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 463; Schmalz, Methodenlehre 3, Rn. 325; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 134 f.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

haben, ein Handlungsinstrument nutzen zu können, welches erlaubt, innere Absichten im Rahmen der Rechtsordnung 362 umzusetzen. 363 Dies würde zu der Frage führen, ob ein solches Interesse auch im öffentlichen Recht bestünde. Mit einer solchen Bezugspunktsetzung auf das Interesse eines Rechtssubjekts, mittels einer Willenserklärung innere Absichten im Rahmen der Rechtsordnung umzusetzen, würde aber das Endergebnis des gesamten Verfahrens, also die vorweggenommene Antwort auf die Frage, ob ein Bedarf für die Willenserklärung im öffentlichen Recht besteht, gleichsam zum maßgeblichen Leitweg in der Beantwortung der Frage nach einer vergleichbaren Interessenlage erhoben werden. Es würde ein Zirkelschluss drohen. Daneben würde das im Rahmen der Analogie zu prüfende Merkmal der Vergleichbarkeit von Interessenlagen erheblich an Bedeutung verlieren. Auch die Frage nach einer planwidrigen Regelungslücke konnte bei einer objektiven Deutung schon durch die Forderung der Gesamtrechtsordnung nach einer solchen Regelung beantwortet werden, mithin durch eine identische Überlegung. Die soeben dargestellte Möglichkeit, auf das Interesse eines Rechtssubjektes, mittels der Willenserklärung innere Absichten im Rahmen der Rechtsordnung umzusetzen, abzustellen, erlaubt jedoch nicht, die Eigenarten der konkreten Handlungsform zu beachten. Gerade diese besonderen Eigenarten sind es aber, die im Rahmen einer Interessenvergleichbarkeit zu überprüfen sind, ist doch die Analogie – grob gesprochen – ein Schluss des Besonderen auf das Besondere. Auch ist es gerade die Ähnlichkeit zu dem Analogie-Modell der Begriffsjurisprudenz, welches an Geeignetheit des soeben angedachten Bezugspunktes zweifeln lässt. Statt des formallogischen Schlusses und der begrifflichen Zuordnung zu einer rechtlichen Kategorie „Handlungsform“ müssen die mit der zivilrechtlichen Willenserklärung verbundenen Interessen und Wertungen vergleichbar sein mit den hinter der Lücke stehenden öffentlich-rechtlichen Bedürfnissen. Allzu häufig wird bei dieser Diskussion auf die Besonderheit des im Verwaltungsrecht vorhandenen Über- / Unterordnungsverhältnisses im Gegensatz zu dem zivilrechtlichen 362 Vgl. zu der Bedeutung dieses Merkmals als Geltungsgrund der Willenserklärung unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.1. 363 Wendet man sich dem Analogie-Modell der Begriffsjurisprudenz zu, kommt man zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen. Hierfür müsste man im Wege der Abstraktion einen allgemeinen Rechtssatz aufstellen. Festzustellen wäre, dass das zivilrechtliche Individuum mittels der Willenserklärung rechtliche Folgen herbeizuführen vermag. Auch juristische Personen des Zivilrechts können über ihre Organe Willenserklärungen in gleicher Weise als eigene Handlungsmöglichkeit nutzen. Abstrahiert man dieses Modell der zivilrechtlichen Willenserklärung, so erhält man einen der obigen Annahme vergleichbaren Rechtssatz. Auch die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist eine Deduktion dieses allgemeinen Rechtssatzes. Der Verwaltung als Rechtssubjekt wird ermöglicht, intern gebildete Absichten in der Außenwelt rechtlich verbindlich im Rahmen der Rechtsordnung herbeizuführen. Auf Basis der Begriffsjurisprudenz könnte man also einen Analogieschluss annehmen.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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Gleichordnungsverhältnis abgestellt. 364 Dieser Ausgangspunkt ist in seiner Bedingungslosigkeit nicht nur nicht haltbar, sondern versperrt gleichzeitig auch den Blick auf die tatsächlich zu vergleichenden Elemente. Die Willenserklärung kann als Mittel definiert werden, das dem Einzelnen ermöglichen soll, seine grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit über seinen (wahren) Willen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung zu verwirklichen. 365 Drei Merkmale sind dabei bestimmend: die grundrechtliche Handlungsfreiheit, ein Wille und eine privatautonome Rechtsordnung. Sinn und Zweck der zivilrechtlichen Willenserklärung war die rechtliche Verwirklichung dieser Elemente. Die zu schließende Lücke im öffentlichen Recht müsste durch ein vergleichbares Bedürfnis geprägt sein, um die Analogie zu ermöglichen. Das Vorhandensein privatautonomer Elemente innerhalb des Verwaltungsrechts wurde bereits abgelehnt. Fraglich ist aber, ob der der Verwaltung zukommende öffentlich-rechtliche Konkretisierungsspielraum eine vergleichbare Interessenlage bildet. Schon das Vorhandensein einer grundrechtlichen Handlungsfreiheit lässt sich für das öffentliche Recht nicht ausmachen. 366 Auch ist die Willensbildung innerhalb der Verwaltung durch wesentlich andere Faktoren gezeichnet als der Individualwille. 367 Werden diese Unterschiede fortgeführt, ist zu erkennen, dass der Wille der Verwaltung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts in ein Umfeld eingebettet ist, dass sich strukturell erheblich von der zivilrechtlichen Situation unterscheidet. Im öffentlichen Recht herrscht gerade keine Privatautonomie, sondern das Bestreben, Verwaltungsziele zu erfüllen. 368 Während die zivilrechtliche Privatautonomie dazu dient, dem Individualwillen die Möglichkeit rechtlicher Einflussnahme zu sichern, dient das öffentliche Recht der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung der herrschenden Rechtmäßigkeitsmaßstäbe. Gerade die Elemente, denen die Willenserklärung im Zivilrecht dienen soll, sind im Verwaltungsrecht nicht zu finden. Nach dem heute herrschenden Verständnis der Analogie als telelogischem Verfahren kann das Handlungsinstrument der Willenserklärung also nicht mittels ihrer Anwendung in das öffentliche Recht übertragen werden. 369

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Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärung von Privatpersonen, S. 59, 76; Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (280); vgl. auch Lenz, JR 1969, 370 (371). 365 Vgl. auch unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.5. 366 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.3. 367 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B. 368 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4. 369 A. A. offenbar Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 78 m.w. N. Soweit ersichtlich wird in der Literatur aber die abstrakte Frage nach dem Bestehen der Handlungsform „Willenserklärung“ im öffentlichen Recht nicht erör-

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

2. Willenserklärung keine ausschließlich und primär zivilrechtlich ausgeprägte Handlungsform Eine weitere Überlegung spricht gegen die Annahme eines Analogieschlusses. Dessen Folge wäre, dass das Modell der zivilrechtlichen Willenserklärung ins öffentliche Recht übernommen wird. Dem würde die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Willenserklärung ein genuin zivilrechtliches Instrument ist, das im öffentlichen Recht ein Abbild erhält. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung würde auf der zivilrechtlichen Willenserklärung basieren. Zweifelhaft ist, ob ein solches Hintergrundverständnis der tatsächlichen Situation gerecht wird. Die zivilrechtliche Willenserklärung ist Mittel des Einzelnen, um dessen grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit nach seinem eigenen Willen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung zu verwirklichen. Es hat sich gezeigt, dass der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung ein abweichendes Konzept zugrunde liegt. Schon diese grundlegende dogmatische Diskrepanz macht es schwierig, davon zu sprechen, die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung könne von ihrem zivilrechtlichen Pendant abgeleitet werden. Ebenfalls für solch einen Gedankenschluss wäre nötig, dass die Handlungsform der Willenserklärung offensichtlich und primär der Zivilrechtsordnung zugeordnet ist, während dem öffentlich-rechtlichen Teil der Rechtsordnung von seiner ursprünglichen Konzeption her eine Handlungsform wie die Willenserklärung fremd ist. Die erstere der beiden Erwägungen bleibt noch zu kommentieren, doch der zweiten Erwägung muss an dieser Stelle schon entgegengetreten werden. Das positivierte Verwaltungsrecht kennt mit dem Verwaltungsakt eine einseitige Handlungsform, die eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellt, und mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag eine zweiseitige Handlungsform, der das Merkmal der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung fehlt. Die für die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung maßgeblichen Kriterien 370 sind also im Verwaltungsrecht angelegt. Dementsprechend erscheint es auch fernliegend, einem Subjekt des Verwaltungsrechts die Möglichkeit abzusprechen, eine einseitige Erklärung abzugeben, die nicht gleichzeitig auch eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellt. Nicht nur das Zivilrecht geht ausdrücklich von der Existenz der Handlungsform einer Willenserklärung aus, auch im Verwaltungsrecht gibt es dafür deutliche Anzeichen.

tert, sondern stattdessen sich sogleich mit der Frage der rechtlichen Ausgestaltung der Handhabung einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung beschäftigt. 370 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. C. I.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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3. § 89 Einl. ALR als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes Der momentane Befund geht also dahin, dass beide Teilrechtsgebiete zumindest die einer Willenserklärung innewohnenden Strukturmerkmale kennen, ihre jeweiligen Ausprägungen in den Teilrechtsgebieten aber nicht vergleichbar sind. Fraglich ist, weshalb sowohl dem Zivilrecht als auch dem öffentlichen Recht die Strukturmerkmale der Handlungsform „Willenserklärung“ bekannt sind. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass mit der Handlungsform der Willenserklärung eine grundlegende rechtssystematische Aussage angesprochen ist, die in beiden Teilrechtsgebieten ihren Niederschlag findet. Die Willenserklärung dient in beiden Teilrechtsgebieten der Umsetzung eines im inneren Bereich eines Rechtssubjekts gebildeten Ziels unter Zuhilfenahme rechtlicher Möglichkeiten in der Außenwelt. Ohne eine solche Möglichkeit könnten die einem Rechtssubjekt eingeräumten Rechte nicht gegenüber anderen Rechtssubjekten ausgeübt werden. Diese grundsätzliche rechtsstrukturelle Aussage findet sich schon in der Einleitung des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten von 1794. Nach § 89 Einl. ALR sind denjenigen, denen die Gesetze ein Recht geben, durch die Gesetze auch die Mittel zu bewilligen, ohne welche das Recht nicht ausgeübt werden kann. Damit korrespondiert § 88 Einl. ALR, wonach jemand, soweit er ein Recht hat, befugt ist dieses in den gesetzmäßigen Schranken auszuüben. 371 In solcher Ausdrücklichkeit findet sich diese Aussage heutzutage in den verschiedenen Gesetzestexten zwar nicht mehr, doch geht die Rechtsordnung weiterhin selbstverständlich von ihrer Gültigkeit aus. 372 Die Zuerkennung von Rechten macht nur dann Sinn, wenn ein Rechtssubjekt auch selbständig die betreffenden Rechte ausüben kann. In gängigen Rechtstermini ausgedrückt besteht eine grundsätzliche rechtsstrukturelle Aussage dahingehend, dass die Rechtsfähigkeit mit der Handlungsfähigkeit einhergeht. 373 Für das Bürgerliche Gesetzbuch ist diese Aussage derart naturgemäß, dass es in den §§ 104 ff. BGB lediglich die Ausnahmen zu diesem Grundsatz, also Fragen der Geschäftsfähigkeit geregelt hat. Im öffentlichen Recht zeigt sich die allgemeine Gültigkeit dieses Grundsatzes durch die Definition eines subjektiven öffentlichen Rechts. Mit ihm ist die dem einzelnen Rechtssubjekt kraft öffentlichen Rechts eingeräumte Rechtsmacht be371 Vgl. desweiteren § 9 Erster Teil, Fünfter Titel ALR: „So weit jemand zu rechtsgültigen Willenserklärungen fähig ist, so weit kann er auch durch Verträge sich verpflichten.“ 372 So bestimmte § 1 des ersten Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches von 1887, dass bei Fehlen anwendbarer Vorschriften „die aus dem Geiste der Rechtsordnung sich ergebenden Grundsätze maßgebend“ sind, Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, S. 94. 373 Vgl. Köhler, BGB AT, § 20, Rn. 6.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

schrieben, vom Staat zur Verfolgung eigener Interessen ein bestimmtes Verhalten verlangen zu können. 374 Maßgeblich ist nicht nur das Vorliegen eines Rechts, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeit dieses Recht gegenüber dem Staat auszuüben. 375 Erst die Möglichkeit eines Rechtssubjekts, die ihm zustehenden Rechte auszuüben, macht aus dem Zusammentreffen einer Vielzahl von Rechten ein variables Rechtssystem. Ohne eine solche Fähigkeit wäre selbst der Gesetzgeber als Rechtssubjekt nicht in der Lage, Gesetze zu erlassen. Diese elementare Struktur besitzt eine derartige Allgemeinverbindlichkeit, dass sie ein grundlegendes Prinzip des Rechtssystems selbst darstellt und damit nicht nur einen aus dem positiven Recht entstammenden allgemeinen Rechtsgedanken. Wenn die Billigung von eigenen Rechten Wesen einer gerechten Rechtsordnung ist, so muss es auch die Möglichkeit ihrer Ausübung sein. 376 Die Ausübung der einem Rechtssubjekt zustehenden Rechten bestimmt sich nach dessen inneren Absichten. Im Rahmen der geltenden Gesetze kann dies durch den subjektiv getragenen und frei gebildeten Willen geschehen, wie es für Individuen des Privatrechts zutrifft, oder aufgrund einer komplexen Ordnung von Verwaltungszielen, wie es für Subjekte des Verwaltungsrechts gilt. Dieser inneren Zielbildung steht in der Außenwelt die Fähigkeit gleich, die eigenen Rechte zur Verfolgung des Ziels zu aktivieren und einzusetzen. 377 Bei diesem Zusammentreffen von Rechten und der Fähigkeit, diese Rechte auszuüben handelt es sich also um ein grundlegendes Aufbau- und Strukturprinzip. Es ergibt sich aus der Natur des Rechtssystems. Auch § 89 Einl. ALR ist Ausdruck dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes, nachdem Rechtssubjekte Handlungen vornehmen können, mit denen sie ihre inneren Ziele nach außen in rechtlicher Hinsicht umsetzen können. Sowohl die zivilrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Willenserklärung dient einer rechtlich verbind374 G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 41 ff.; Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, S. 9 ff., 21, 223 ff.; ders., in: Bachof / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 269 (274); Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (72 ff.); ders., in: ders. / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 287 (292); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 2; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 396; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 30; Haase / Keller, Grundlagen und Grundformen des Rechts, 104. 375 Vgl. Bachof, in: ders. / Drath / Gönnenwein / Walz (Hrsg.), GS W. Jellinek, S. 287 (293), der als Möglichkeiten dieser Rechtsausübung Beherrschungsrechte, Ansprüche oder Gestaltungsrechte angibt. 376 Vgl. Bleckmann, JuS 1988, 174 (175). 377 Vgl. Wiederkehr, JöR 52 (2004), 171 (186), der als Beispiele für die in einem allgemeinen Rechtsgrundsatz transportierten Gehalte Toleranz, Verantwortung, Solidarität oder Fairness angibt.

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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lichen Umsetzung innerer Ziele nach außen im Rahmen der bestehenden Gesetze, weshalb sich beide Erscheinungsformen als Konkretisierungen eines einheitlichen allgemeinen Rechtsgrundsatzes präsentieren. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz ist in seiner Reinform noch nicht subsumtionsfähig. Vielmehr bildet er eine programmatische Grundaussage der Rechtsordnung, die je nach Grundkonstellation verschiedensten Interessenkonflikten eine Lösung zuführen können muss. Es fehlen Konkretisierungen in jeder Hinsicht, z. B. mit welcher Intensität die inneren Ziele nach außen umgesetzt werden können und unter welchen Voraussetzungen sie die Rechtsordnung binden. 4. Möglichkeit der Übernahme abweichender Wertungen und Interessen Warum also sowohl im Zivilrecht als auch öffentlichen Recht zumindest die Grundstrukturen der Willenserklärung enthalten sind, kann durch einen Verweis auf einen entsprechenden und zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgrundsatz erklärt werden. Gleichzeitig bestehen zwischen beiden Konkretisierungen aber Unterschiede, die ein derartiges Gewicht angenommen haben, dass sie die für eine Analogie notwendige vergleichbare Interessenlage verhindern. Dies kann durch die Eigenarten eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes erklärt werden. In seiner Reinform fehlen ihm die Möglichkeiten, für konkrete Fälle angewendet zu werden. Notwendig ist dazu eine Deduktion, in deren Zuge der allgemeine Rechtsgrundsatz an das ihn aufgreifende Rechtsgebiet angepasst wird. Die Anpassung hat dabei zweierlei Aspekte zu berücksichtigen. Vordergründig ist die Bildung und Qualität der inneren Ziele unterschiedlich. Im Zivilrecht unterliegt die Willenserklärung als Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Privatautonomie, im öffentlichen Recht den Verwaltungszielen. Auch wenn die Auswirkungen dieser Unterschiede auf die rechtlichen Eigenarten begrenzt sein mögen, so setzten sie sich doch in dem zweiten zu betrachtenden Aspekt fort. Auch bei der rechtlichen Umsetzung der inneren Ziele sind Modifikationen der Teilrechtsgebiete notwendig. 378 Während für das Zivilrecht auch in diesem Bereich die Privatautonomie maßgeblich ist, ist für das öffentliche Recht unter anderem das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu beachten. Bezieht man die sich hieraus ergebenden Modifikationen ein, so wird verständlich, dass zwar beide Formen der Willenserklärung auf den gleichen allgemeinen Rechtsgrundsatz zurückführbar sind, ihre Konkretisierungen aber nicht mehr vergleichbar sind. Es handelt sich nicht um einen Schluss des Besonderen auf das Besondere. Vielmehr kann die Verbindung beider Willenserklärungen nur durch einen Rückschritt auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz erklärt werden, bei dem voneinander abweichende Wertungen, Modifikationen und Gesichtspunkte einbezogen werden. 378

Vgl. dazu noch 6. Kap., 7. Kap.

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

5. Fehlen einer planwidrigen Lücke bei Vorliegen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes Schließlich könnte, sieht man von den ohnehin nicht gegebenen Voraussetzungen für die Analogie ab, eine weitere Überlegung für den Rückgriff auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz sprechen. So wird vertreten, dass beim Bestehen konkretisierungsfähiger allgemeiner Rechtsgrundsätze die für eine Analogie notwendige Lücke gar nicht mehr bestünde und deshalb eine Analogie nicht mehr möglich sei. 379 Dies ist für den diesbezüglichen Aspekt des Verhältnisses von allgemeinen Rechtsgrundsätzen und Analogie zueinander aber nicht die einzig mögliche Antwort. Maurer geht davon aus, dass beide methodischen Verfahren sich nicht ausschließen, sondern gegenseitig ergänzen. 380 Nach Menger sollen allgemeine Rechtsgrundsätze auf die Fälle beschränkt bleiben, die Fragen des gesamten Rechts betreffen. 381 Um das Meinungsbild zu komplettieren geht Schack davon aus, dass vorrangig eine Analogie zu bilden ist, bevor auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückzugreifen ist. 382 Während sich die Unterschiede von allgemeinen Rechtsgrundsätzen und allgemeinen Rechtsgedanken vor allem auf den materiellen Gehalt und damit die Qualität ihrer Herkunft beziehen, sind die Unterschiede von allgemeinen Rechtsgrundsätzen und Analogie eher struktureller Herkunft. 383 Deshalb erscheint es sinnvoll, ein bestehendes Konkurrenzverhältnis beider Methoden nicht in einer naturgemäß schwer durchführbaren materiellen Abgrenzung zu suchen, sondern sich auf strukturelle Komponenten zu berufen. Denn zu bedenken ist, dass schon die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze bzw. Analogien auf einer wertenden Betrachtung der Interessen und des Sinn und Zwecks der zu lösenden Situationen beruht. Dieses ohnehin von der subjektiven Ansicht des Rechtsanwenders geprägte Verfahren, sollte nicht weiter versubjektiviert werden. Im Übrigen wird es oftmals notwendig sein, erst einmal zu prüfen, ob allgemeine Rechtsgrundsätze vorhanden sind, bevor eine materielle Abgrenzung vorgenommen werden kann. Bei dem hier vertretenen Verständnis von allgemeinen Rechtsgrundsätzen als unmittelbar dem Gerechtigkeits- oder Rechtsprinzip entstammenden Rechtssätzen, die sich unabhängig vom gesetzgeberischen Willen bilden, bestehen diese tatsächlich von vornherein und müssen nicht erst entwickelt werden. Insofern wäre 379

Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 63. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 31. 381 Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes, S. 73 f. 382 Schack, in: Hernmarck (Hrsg.), FS Laun, S. 275 (293); ebenso Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 92 m.w. N. 383 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. F. V. 380

2. Abschn.: Anwendung der Willenserklärung im Verwaltungsrecht

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der Schluss, durch sie werde die planwidrige Regelungslücke verhindert, durchaus möglich. Durch ihre Weite erscheinen allgemeine Rechtsgrundsätze aber in vielen Sachgebieten und Konstellationen anwendbar. Es bestünde die Gefahr, dass allzu oft die Analogie verdrängt werden würde. Darüber hinaus ist der bestehende allgemeine Rechtsgrundsatz für sich gesehen nicht anwendbar. Es muss erst eine nicht von vornherein bestehende Konkretisierung durchgeführt werden. Bezogen hierauf kann nicht davon gesprochen werden, es wäre keine Lücke vorhanden. Die Frage eines Vorrangs der verschiedenen Methoden bei Kollisionsfällen erscheint angesichts der Bandbreite der Möglichkeiten und der bisher doch als gering zu bezeichnenden Durchdringung nicht eindeutig beantwortbar. 384 Bezieht man vor allem die strukturellen Unterschiede beider Methoden ein, so fällt auf, dass einerseits bei dem Verfahren der Analogie an einen besonderen Rechtssatz angeknüpft wird, andererseits an einen allgemeinen Rechtsgrundsatz. In Anlehnung an die allgemeine Normkollisionsregel lex specialis derogat legi generali 385 könnte man zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz nur zurückkehren, wenn die Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen. Zwar spricht also die fehlende Vergleichbarkeit der Interessenlagen gegen eine Analogie, nicht jedoch schon das bloße Vorliegen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. 386 6. Ergebnis Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung findet die Begründung ihrer öffentlich-rechtlichen Existenz in einem allgemeinen Rechtsgrundsatz. 387 Es hat sich damit gezeigt, dass die Willenserklärung nicht vom Zivilrecht in das öffent384 Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 204, bezeichnet sie als „rechtsphilosophische Frage par excellence“. 385 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 6. 386 Kritisch zur These, allgemeine Rechtsgrundsätze würden eine Analogie ausschließen, auch de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 73. Nach seiner Ansicht sei nicht zu vergessen, dass immerhin erst ein Rückgriff auf eine in einem anderen Rechtsgebiet bestehende Regelung notwendig sei. In einem solchen Fall davon zu sprechen, es bestünde keine planwidrige Lücke, hält er für verfehlt. Für das Verständnis dieser Passagen ist aber darauf hinzuweisen, dass de Wall, der ansonsten durchaus zwischen allgemeinen Rechtsgrundsätze und allgemeinen Rechtsgedanken unterscheidet, an dieser Stelle die notwendige Unterscheidung nicht ganz deutlich macht und scheinbar eher allgemeine Rechtsgedanken behandelt. 387 So auch, jedoch ohne Begründung, Clausen, in: Knack, VwVfG, § 9, Rn. 25. Im Gegensatz dazu für die Annahme eines allgemeinen Rechtsgedankens Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 114. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 303, geht von einer Übertragung mittels einer Analogie aus. Mangels weiterführender Erläuterungen bleibt jedoch immer unklar, ob tatsächlich auf die grundsätzliche Zulässigkeit Bezug genommen wird oder nur eine Aussage über die rechtliche Behandlung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen gemacht wird. Anders Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 277, die die „Voraussetzungen der Zulässigkeit“

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3. Kap.: Willenserklärung im öffentlichen Recht

liche Recht zu übertragen ist, obwohl dies zu Beginn noch als naheliegende, weil historisch gewachsene Lösung angesehen werden musste. Als Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes ist sie schon von vornherein und von sich aus Element beider Teilrechtsordnungen. Sie ist im öffentlichen Recht kein Produkt eines derivativen Verfahrens, sondern besteht originär öffentlich-rechtlich.

behandeln, dies jedoch vor allem auf Fragen des Gesetzesvorbehalts beziehen. Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsprozessrechts, S. 110, befasst sich hingegen mit der „rechtlichen Behandlung der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ und Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 254, geht ebenfalls in sauberer Arbeitsweise davon aus, dass auf „verwaltungsrechtliche Willenserklärungen von Verwaltungsträgern [...] die Bestimmungen über privatrechtliche Willenserklärungen (§§ 116 ff., 133 ff. BGB) entsprechende Anwendung [finden]“ (Hervorhebung im Original).

4. Kapitel

Rechtsdogmatische Grundlagen Im Folgenden soll das dogmatische Fundament einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung näher untersucht werden. Dabei müssen diese Überlegungen am Kern ansetzen, den Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung und ihrer Herkunft. Aufbauend darauf ist das Wesen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zu skizzieren, bevor zum Schluss auf Fragen der Zurechnung einzugehen ist. Hilfestellung soll bei diesen Überlegungen von der Dogmatik der zivilrechtlichen Willenserklärung in Anspruch genommen werden, die ebenfalls eine Ableitung desselben allgemeinen Rechtsgrundsatzes darstellt.

1. Abschnitt

Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist auf die Herbeiführung einer rechtlichen Folge gerichtet. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass letztendlich die bezweckten Folgen, zumindest aber irgendwelche rechtlichen Folgen, auch tatsächlich erreicht werden. Ohne jetzt schon näher auf die Beschaffenheit der ausgelösten rechtlichen Folgen einzugehen, 1 soll vordergründig an dieser Stelle geklärt werden, warum die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung überhaupt rechtliche Wirkungen entfaltet. Das Bestehen der Handlungsform „einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung“ sowie ihre rechtliche Existenz und Zulässigkeit konnte bisher dargelegt werden. 2 Der entscheidende Anknüpfungspunkt für die hier zu untersuchenden Rechtswirkungen der Willenserklärung ist deshalb die konkrete, einzelne Willenserklärung und nicht die abstrakte Kategorie der Handlungsform Willenserklärung. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass es einzelne Willenserklärungen gibt, 1 2

Dazu unten 6. Kap. 3. Abschn. Siehe oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.6.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

die für sich keine Rechtswirkungen beanspruchen können. In späteren Phasen der Arbeit wird zu klären sein, wie einzelne Willenserklärungen beschaffen oder gerade nicht beschaffen sein müssen, damit sie keine Rechtswirkungen erzeugen. Der Gang der Untersuchung wird dabei so aufgebaut sein, dass in einem ersten Schritt für die Schaffung einer Vergleichsbasis die dogmatische Konstruktion bzw. der Grund der Rechtswirkungen für die zivilrechtliche Willenserklärung bestimmt wird, um danach der Frage nachzugehen, ob dieselbe Begründung oder ausweichend eine gleichwertige andere auch für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung bestehen kann. Die konkrete von einem Rechtssubjekt hervorgebrachte Willenserklärung setzt sich aus einem Willenselement und einer Erklärung zusammen, so dass sich schon deswegen für die Begründung der Rechtswirkungen allgemein auf eine dieser beiden Komponenten abstellen ließe. 3 Sollte sich dabei in zivilrechtlicher Hinsicht der Wille als maßgeblich herausstellen, so würde dies zur Frage führen, ob auch einer der oben skizzierten Willen in der Verwaltung 4 den entsprechenden Platz des privatautonomen Willen einnehmen könnte und so ebenfalls den Grund für die Rechtswirkungen darstellt. Würde sich hingegen die Erklärung und der darauf aufbauende Vertrauensschutz als erheblich herausstellen, könnte dies auch bei der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung maßgebliche Relevanz gewinnen und so die mögliche Komponente des Willens in der Verwaltung verdrängen.

A. Dogmatische Situation im Zivilrecht Die Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen stellt sich vor allem, wenn es um die Bewertung von fehlerhaft zustande gekommenen Willenserklärungen geht. Fehlt der Willenserklärung eine bestimmte Voraussetzung oder ein bestimmtes Element, so gilt es zu klären, ob von ihr dennoch Rechtswirkungen ausgehen können. Aus dieser Überlegung lassen sich Rückschlüsse für den Ursprung der Rechtswirkungen ableiten. Die Frage, worauf die Rechtswirkungen der Willenserklärung beruhen und wie dementsprechend fehlerhafte Erscheinungsformen zu beurteilen sind, ist ein im Zivilrecht schon seit dem gemeinen Recht mit entsprechend langer Tradition diskutierter Komplex. 5 Unter diesem Einfluss bezeichnet Hübner sie als die „Grundfrage der ganzen Lehre von der Willenserklärung“. 6 3

Zu der dementsprechenden Willens- und Erklärungstheorie vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. A.II.1. 4 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3. 5 Vgl. allgemeine Überblicke zum Streitstand beispielsweise bei Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.6; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 25 ff. Vgl. zur historischen Entwicklung des Streitstandes Eisenhardt, JZ 1986, 875 (877 f.); Schermaier, in: Historisch-Kritischer Kommentar BGB, §§ 116 –124, Rn. 3 ff. 6 Hübner, BGB AT, Rn. 674.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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I. „Geltungsgrund“ der Willenserklärung Die hier aufgegriffene Diskussion um die Rechtswirkungen und Folgen fehlerhafter Willenserklärungen wird in der Literatur häufig unter der Bezeichnung des „Geltungsgrundes“ geführt. 7 Die Frage nach dem „Geltungsgrund“ versucht – oberflächlich gesprochen – eine Antwort darauf zu finden, warum etwas gelten soll, also was der Grund für die Geltung einer rechtlichen Regelung ist. 8 In diesem Kontext soll nicht nur erörtert werden, ob eine Diskussion unter diesem Stichwort sachgerecht erscheint, sondern außerdem die der Bezeichnung zugeordnete Sache näher bestimmt werden. 1. Anknüpfungspunkte für Geltung einer Rechtsnorm Die schon zwangsläufig zusammenhängenden Fragen des Geltungsgrundes und der Geltung tauchen vor allem in rechtsphilosophischen und rechtstheoretischen Zusammenhängen auf. So beschreibt Kelsen den Geltungsgrund für Normen anschaulich mit dem Grund des „Befolgt- und Angewendet-werden-sollens“. 9 Für Larenz ist es das „So soll es Rechtens sein“. 10 Pawlowski stellt unter Bezugnahme auf Luhmann darauf ab, dass Recht gilt, weil es geändert werden kann. 11 Verlässt man aber solch plakative Ebenen und betrachtet vor dem Geltungsgrund die Frage, ob überhaupt eine Geltung besteht, stellt man fest, dass der Begriff der Geltung des Rechts die „zentrale Frage der Rechtswissenschaft und der Justiz“ 12 ausmacht. Dementsprechend kann im Rahmen der hier vorzunehmenden Untersuchung zu diesem Punkt lediglich eine kurze Wiedergabe der gängigen Position vorgenommen werden. Dabei kann zwischen drei verschiedenen Geltungsbegriffen unterschieden werden. 13 7

Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 2; Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.6; Brehmer, Wille und Erklärung, S. 15 ff.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 25. Anderenorts werden Begrifflichkeiten wie „Entstehungsgrund“, Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 3, oder „dogmatische Rechtfertigung“, Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 180 gewählt. Auch die öffentlich-rechtliche Literatur spricht im Zusammenhang mit „Rechtswirkungen“ häufig von Geltung und Geltungsgrund, Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 48, Rn. 10; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 16; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 43, Rn. 9; Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 43, Rn. 13; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 43, Rn. 158. Obermayer, VwVfG, § 43, Rn. 1, spricht von „Verbindlichkeit“. Vgl. auch Schmidt-De Caluwe, VerwArch 90 (1999), S. 49 (50). 8 Vgl. Brehmer, Wille und Erklärung, S. 37 ff. 9 Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 352. 10 Larenz, Methodenlehre, S. 253, aber ebenfalls für abstrakt-generelle Rechtssätze. 11 Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 868. 12 Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 332.

294

4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Nach dem soziologischen Geltungsbegriff gilt eine Norm dann, wenn sie befolgt wird oder ihre Nichtbefolgung sanktioniert wird. 14 In den Bereich der Rechtssoziologie fällt dann die Feststellung des Grades der Befolgung bzw. Sanktionierung bei Nichtbefolgung. Nach dem ethischen Geltungsbegriff ist die moralische Rechtfertigung einer Norm maßgeblich für ihre Geltung. 15 Alexy zufolge soll dies der Fall sein, wenn die inhaltliche Richtigkeit sich moralisch rechtfertigen lässt, was insbesondere durch Natur- und Vernunftrechtstheorien zu erreichen ist. 16 Der juristische Geltungsbegriff betrifft schließlich die genuin rechtlichen Fragen der Geltung einer Rechtsnorm. Dabei ist zumindest auch ein Mindestmaß an sozialer Wirksamkeit in diesen Begriff eingeschlossen, denn ohne jegliche soziale Anerkennung durch die Summe der Normadressaten kann eine Norm auch rechtlich nicht gelten. 17 Führt man eine rechtliche Geltung auf ihren Kernbereich zurück, so gilt eine Rechtsnorm, wenn sie vom zuständigen Organ in vorgesehener Weise erlassen wird und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. 18 Bei dieser juristisch interessierenden Definition fällt sofort auf, dass sie für abstrakt-generelle Rechtssätze geschaffen ist, nicht aber für konkret-individuelle Willenserklärungen. Solche sind nicht von Organen erlassen und ein dementsprechendes Verfahren gibt es auch nicht. Um den obigen Begriff der juristischen Geltung im Rahmen einzelner Willenserklärungen zu nutzen, wären umfangreiche 13

Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 139. Nach Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 337, ist zwischen faktischer, moralischer und juristischer Geltung zu unterscheiden, wobei die faktische die Stellung der soziologischen und die moralische die der ethische Geltung einnimmt. Vgl. auch Ryffel, Grundprobleme der Rechts- und Staatsphilosophie, S. 371 ff., zu juristischer, tatsächlicher und normativer Geltung. 14 Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 139. 15 Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 141. 16 Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 141 f. Nach Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 337, soll hingegen moralische Geltung vorliegen, wenn eine Norm aus Rechtsüberzeugung freiwillig befolgt wird. Zweifelhaft erscheint dabei aber, ob die individuell-persönliche Rechtsüberzeugung in jedem Fall die inhaltliche Richtigkeit herleiten kann. 17 Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 142. A. A. Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 337, der diese soziologische Komponente als nicht relevant ansieht. Nach ihm liegt rechtliche Geltung schon dann vor, wenn die betreffende Rechtsnorm staatlich gesetzt und staatlich durchgesetzt werden kann. Dies hat auch Auswirkungen auf den entsprechenden soziologischen Geltungsbegriff, der dann nur die Befolgung einer Norm, nicht aber dessen Sanktionierung umfasst. Die Frage, ob auch der ethische (bzw. moralische) Geltungsbegriff die rechtliche Geltung beeinflusst, mündet in dem Streit um den Zusammenhang von Recht und Moral. Während mit dem Positivismus im Sinne einer strikten Trennung von Recht und Moral eine Rechtsnorm jeden Inhalt annehmen kann, vgl. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 201, ist mit dem Nichtpositivismus sowohl eine begriffliche als auch normative Verbindung zwischen Recht und Moral vorhanden, vgl. Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 44. Eine weit bekannte Relevanz erlebt dieser Streit bei der Anwendbarkeit der sog. Radbruchschen Formel, vgl. dazu Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 18 ff.; Dreier, NJW 1986, S. 890 ff.; Hoerster, NJW 1986, S. 2480 ff. 18 Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 143.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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Modifikationen notwendig. So könnte vielleicht eine juristische Geltung der einzelnen Willenserklärung angenommen werden, wenn sie von einem Rechtssubjekt abgegeben wird, dem die Abgabe generell möglich ist, etwaige Wirksamkeitsvoraussetzungen beachtet sind und sie nicht gegen kollidierendes Recht verstößt, 19 mithin im Einklang mit der Rechtsordnung steht. 20 Dabei erscheint fraglich, ob selbst mit einer solchen Anpassung, zumindest für den Geltungsgrund, alle relevanten Elemente erfasst sind, denn die eingangs angedachten Komponenten des Willens und der Erklärung finden hierin keinen direkten und ausdrücklichen Niederschlag. 2. Zivilrechtliches Verständnis des Geltungsgrundes und Verhältnis zu Tatbestand und Rechtsfolge Der im zivilrechtlichen Rahmen behandelte Geltungsgrund geht weiter als die allgemeine Geltung einer Rechtsnorm. Während die Geltung die ihr gestellte Frage bejahen oder verneinen kann, soll der Geltungsgrund das Fundament der Geltung liefern. Er bleibt nicht bei einem „Ja“ stehen, sondern führt weiter aus: „Ja, denn ...“. Geltung und Geltungsgrund sollen deshalb nicht mit den gleichen Umständen charakterisiert werden, gleichwohl hängen sie dicht zusammen. Sie beschreiben unterschiedliche Aspekte einer Rechtsnormgeltung, so dass in manchen Fällen, auch wenn sie aufeinander bezogen sind, die Frage nach der Geltung auch ohne Darlegung des Geltungsgrundes beantwortet werden kann. 21 Die Geltung ist nicht nur Voraussetzung für das Bestehen einer Rechtsnorm, sondern gleichzeitig der Umstand, der der Rechtsnorm ihre rechtliche Qualität verleiht. 22 Die Geltung und der Geltungsgrund sollen keine Aussagen über den In19 Durch eine so verstandene Definition werden sofort zwei Probleme des juristischen Geltungsbegriffes deutlich. Zum einen kann „intern“ ein zuständiges Organ und Verfahren bzw. Möglichkeit und Wirksamkeitsvoraussetzungen nur durch die Rechtsordnung selbst definiert werden. Die Voraussetzung der Geltung einer Norm ist damit immer die Geltung einer anderen Norm, vgl. zu diesem sog. „Grundnormproblem“ Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 197; Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 155; zusammenstellend Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 282 ff. Zum anderen besteht „extern“ das beschriebene Problem der Abhängigkeit des juristischen Geltungsbegriffes von dem soziologischen und – beim Standpunkt des Nichtpositivisten – ethischen Geltungsbegriffes. 20 Genau genommen reduziert sich diese Definition auf die Möglichkeit der generellen Abgabe und die Übereinstimmung mit der Rechtsordnung, denn Wirksamkeitsvoraussetzungen und kollidierendes Recht sind in der Übereinstimmung mit der Rechtsordnung enthalten. 21 Sehr anschaulich wird das durch die Beschreibung des Geltungsgrundes von Kelsen, vgl. oben 4. Kap., Fn. 9. Nach ihm ist der Geltungsgrund der Grund des „Befolgt- und Angewendet-werden-sollens“ einer Norm. Vergleicht man dies mit dem soziologischen Geltungsbegriff, so ist für diesen zwar relevant, ob die Norm befolgt wird oder ihre Nichtbefolgung sanktioniert wird, denn dies lässt die Norm sozial gelten. Unerheblich für die Frage der sozialen Geltung ist aber, warum diese Norm befolgt wird.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

halt einer Rechtsnorm treffen, sondern nur, ob und warum diese rechtlich existiert. Sie sollen damit jeder Rechtsanwendung und Tatbestandsvoraussetzung vorausgehen. 23 Merkmale des Tatbestands hingegen sollen Bedingungen sein, die erfüllt sein müssen, damit die Norm anwendbar ist, also ihre Rechtsfolge eingreift. 24 Durch den Tatbestand sollen tatsächliche Umstände mit Geltung und Geltungsgrund einer abstrakten Rechtsnorm verbunden werden. Sobald die tatsächlichen Umstände im Wege der Subsumtion sich mit den Tatbestandanforderungen decken, greift die Rechtsfolge ein. Der Geltungsgrund führt die Geltung und damit Wirksamkeit der Rechtsfolge herbei, genauso wie er die Geltung des Tatbestands herbeiführt. Für sich alleine wirkt der Geltungsgrund nur „geltungsbegründend, nicht aber geltungsauslösend oder geltungsverknüpfend“. 25 Tatbestand und Rechtsfolge sind Mittel, um dem Geltungsgrund in die rechtliche Wirksamkeit zu überführen. 3. Begriffliches Fazit In der Sachfrage bestehen mit dem zivilrechtlich geprägten Begriff des „Geltungsgrundes“ zu der hier interessierenden Problematik kaum Differenzen. Es geht um die Begründung, warum die Vollendung des Tatbestands der Willenserklärung im konkreten Fall rechtliche Folgen herbeiführt. Obwohl also inhaltlich weitgehende Übereinstimmung gegeben ist, erscheint es dennoch nicht ratsam, mit dem Begriff des Geltungsgrundes zu operieren. Denn der damit untrennbar verbundene Begriff der Geltung steht sachlich zumindest in rechtstheoretischer Sicht auf einem gefestigten und breit angelegten Fundament. Er wird in der Regel im Rahmen abstrakt-genereller Rechtsnormen und Rechtssätze verwendet. Daraus resultiert eine gewisse Schwierigkeit, die mit ihm zusammenhängenden Erkenntnisse auf die Geltung einzelner Willenserklärungen anzuwenden. Diese erhöht sich durch die vielfältigen Ansätze einer Geltung, die auch bei dem Geltungsgrund zu berücksichtigen wären. Um diese im Rahmen der hier zu tätigenden Untersuchung aufgrund der sachlichen Fixierung der Fragestellung nicht notwendige Aufgabe auszusparen, soll nachfolgend nicht der rechtstechnisch schon stark beanspruchte Begriff des „Geltungsgrundes“ verwendet. Stattdessen soll weiterhin neutraler von dem Grund der Rechtswirkungen und ihrer dogmatischen Konstruktion gesprochen werden. II. Traditionelle Theorien Praktisch entzündet hat sich die Streitfrage nach dem Grund der Rechtswirkungen von Willenserklärungen seit jeher vor allem in den Situationen, in denen 22 23 24 25

Brehmer, Wille und Erklärung, S. 38. Brehmer, Wille und Erklärung, S. 39. Larenz, Methodenlehre, S. 271. Brehmer, Wille und Erklärung, S. 39.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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sich Wille und Erklärung nicht entsprechen. Auf die Frage, welchem Element der Willenserklärung in solch einer Konstellation der Vorrang einzuräumen ist, versuchten verschiedene Theorien, die auf dem Element der Erklärung, des Willens oder Kombinationen beider beruhen, eine Antwort zu geben. Auch wenn ihre Bedeutung mittlerweile stark eingeschränkt ist, so besaßen sie dennoch zumindest in der Vergangenheit ein großes Gewicht und kennzeichnen wie keine andere Ansicht die Grundpositionen in dem Streit um das Verhältnis von Wille und Erklärung. 1. Willens- und Erklärungstheorie Auf die Frage, ob der Wille oder die Erklärung das für die Rechtswirkungen und damit den Bestand der Willenserklärung maßgebliche Element ist, versuchten die Willens- und Erklärungstheorie eine Antwort zu geben. Aus dem gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts stammend, konnte sich die Willenstheorie bis hin zu den Anfängen des Bürgerlichen Gesetzbuches als herrschende Theorie halten. Schon von Savigny formulierte, aufbauend auf dem philosophischen Idealismus Kants, zur Mitte des 19. Jahrhunderts: „Der Wille muss als das einzig Wichtige und Wirksame gedacht werden“. 26 Anhänger fand dieses sog. Willensdogma vor allem in Windscheid 27, Enneccerus 28 und Zitelmann 29. Das Willensmoment sollte den entscheidenden und alleinigen Grund für die Rechtswirkungen der Willenserklärung liefern. 30 Ohne einen korrespondierenden Willen sei die Erklärung nichtig. Damit wäre auch ein deutlicher Vorrang des Erklärenden gegenüber dem Empfänger verbunden. Dieser mag zwar eine Äußerung vernehmen, sollte aber beim Erklärenden nicht ein entsprechender Wille vorhanden sein, hätte die vorhandene Äußerung keine Rechtswirkungen. Der Erklärung könne so nur das Wesen eines Beweiszeichens zugesprochen werden. 31 Diametral dem gegenüber steht die Erklärungstheorie. Schon recht früh kamen Zweifel gegenüber der Willenstheorie auf. Dies vor allem deshalb, weil der innere Wille dem Gegenüber in der Regel nicht erkennbar ist und diesem nur die Erklärung als Anhaltspunkt bleibt. Sollte sich diese nicht mit dem inneren Willen decken, bliebe dem Empfänger lediglich eine nichtige Erklärung. 32 Nachdem 26

von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts Bd. 3, S. 258. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts Bd. 1, § 75; ders., AcP 63 (1880), 72 ff. 28 Enneccerus, Rechtsgeschäft, Bedingung und Anfangstermin, S. 67 ff. 29 Zitelmann, in: Jher. Jb. 16 (1878), 357. 30 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 26. Larenz / Wolf spricht an entsprechender Stelle von dem alleinigen Grund für den „Eintritt der Rechtsfolge“. Auch nach dem obigen Verständnis eines Geltungsgrundes bestimmt über den Eintritt der Rechtsfolge der Tatbestand. Der Geltungsgrund soll über die Wirksamkeit entscheiden. 31 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 26. 27

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

schon Röver 33 den Standpunkt der Erklärungstheorie eingeleitet hatte, wandte sich vor allem Bähr gegen eine konsequente Willenstheorie. Nach Bähr soll derjenige, der „beim Contrahieren in einer ihm zurechenbaren Weise die äußere Erscheinung seines Willens hervorruft, so dass der ihm Gegenüberstehende bona fide Rechte daraus erlangt zu haben glaubt und glauben darf, [...] mit seiner Behauptung, dass ihm in Wirklichkeit der entsprechende Wille gefehlt habe, gar nicht gehört werden“. 34 Hierdurch formte sich die Erklärungstheorie zu einer Begründung dafür, dass die Erklärung und der durch sie geschaffene Vertrauensbestand den Grund der durch die Willenserklärung geschaffenen Rechtswirkungen bilden. 35 Somit war in Fällen, in denen zwar dem Erklärenden ein entsprechender Wille fehlte, er aber in zurechenbarer Weise eine Erklärung abgab, dennoch von einer wirksamen Willenserklärung auszugehen. Das Vertrauen etwaiger Empfänger auf die vernommene Erklärung wäre stärker zu gewichten als der Schutz des Erklärenden. Diese beiden Grundpositionen beeinflussten schon das Entstehen des Bürgerlichen Gesetzbuches, wobei sich in den verschiedenen Entwürfen auch die sich verschiebenden Meinungspole abzeichneten. 36 Der erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches war noch von den damals herrschenden Vertretern der Willenstheorie bestimmt. 37 Beim zweiten Entwurf hingegen hatte die Willenstheorie an Kraft verloren und so sah man davon ab, eine der beiden Grundpositionen im Bürgerlichen Gesetzbuch festzuschreiben. 38 Auch nach seinem Erlass war deshalb der Streit um das Verhältnis zwischen Wille und Erklärung nicht vorüber. Handelte dieser im 19. Jahrhundert noch davon, eine der beiden Theorien zu etablieren, so entwickelte er sich im 20. Jahrhundert zu einem Streit, trotz der dazu schweigenden gesetzgeberischen Motive die Willens- oder Erklärungstheorie als Grundgedanken des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuerkennen.

32 Jhering, in: Jher. Jb. 4 (1861), 1 (2), sieht bei der Willenstheorie „Unbilligkeiten“ und „praktische Trostlosigkeiten“. 33 Röver, Über die Bedeutung des Willens bei Willenserklärungen, S. 17 ff. 34 Bähr, in: Jher. Jb. 14 (1875), 393 (401 ff.). 35 Vgl. Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.6. 36 Vgl. Eisenhardt, in: JZ 1986, 875 (878). 37 „Die Rechtsordnung gewährt dem einzelnen die Möglichkeit, innerhalb gewisser, durch höhere Rücksichten bedingter Schranken seine rechtlichen Verhältnisse frei zu gestalten. Dem auf die Hervorbringung einer Rechtswirkung gerichteten Willen wird in Anerkennung dieses Willens Folge gegeben; die beabsichtigte Wirkung tritt ein, weil sie gewollt ist“, Motive zum BGB, Bd. I, S. 190. 38 Im Bürgerlichen Gesetzbuch wird der Einfluss von Willensmängel auf die Gültigkeit von Rechtsgeschäften „nicht nach einer bestimmten Theorie geregelt, sondern lediglich nach praktischen Gesichtspunkten, um den verschiedenen in Betracht kommenden Interessen tunlichst gerecht zu werden“, Mugdan I, S. 832.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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2. Geltungstheorie Die durch Larenz 39 aufkommende Geltungstheorie versuchte anhand der vorgegebenen Ansätze des Bürgerlichen Gesetzbuches einen neuen Weg einzuschlagen und von den Strukturen der Willens- oder Erklärungstheorie abzuweichen. Wo diese beiden Theorien in der Willenserklärung einen Dualismus zwischen Wille und Erklärung gesehen haben, sieht die Geltungstheorie eine funktionale Einheit bzw. Wesenseinheit. 40 In der Willenserklärung als „vom Willen getragener bestimmender Akt“ und „Akt zwischenmenschlicher, sozialer Kommunikation“ 41 realisiert sich der „rechtsgeschäftliche Wille allein in der Erklärung“ 42. Dies soll gleichzeitig bedeuten, dass ein nicht in der Erklärung veranlagter, sondern nur innerlich gebliebener Wille nicht berücksichtigt werden kann. 43 Im Gegensatz zur Willenstheorie nehme die Erklärung nicht nur die Stellung einer Mitteilung ein, sondern bekomme Geltungscharakter. 44 Grund der Rechtswirkungen sei demnach die „Erklärung als Vollzugsakt zusammen mit dem in ihr verkörperten Willen“. 45 Durch dieses Abstellen auf die Erklärung mit ihrem Inhalt wird die Geltungstheorie teilweise schon als Fortsetzung der Erklärungstheorie angesehen. 46 3. Berücksichtigung der im Bürgerlichen Gesetzbuch vorhandenen Situation Berücksichtigt man die im Bürgerlichen Gesetzbuch gegebene Situation, kann keine der angesprochenen Theorien in ihrer strikten Auffassung recht überzeugen. Nach § 116 S. 1 BGB ist eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen, obwohl nach der Willenstheorie das insgeheime Nichtwollen entscheidend für die Nichtgeltung der Willenserklärung sein müsste. 47 Auch müsste selbst bei einer vollständig abweichenden Erklärung das Gewollte Geltung erlangen, so dass man schon fast von einer Geltungserzeugung ohne Erklärung sprechen müsste. 39 Larenz, Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, S. 34 ff., 43; ders. / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 26. Vgl. auch Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 7; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 10. 40 Vgl. Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 7. 41 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 31, sieht deshalb in der Willenserklärung eine Doppelfunktion. 42 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 29. 43 Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 7; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 10. 44 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 29; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 10. 45 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 29. 46 Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 2; Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.7. 47 Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.6; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 26.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Auch die Ergebnisse der Erklärungstheorie passen nicht vollständig zum Gesetzestext. Nach § 118 BGB ist eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt, nichtig. In diesem Fall kann der Empfänger sich gerade nicht auf das Geäußerte verlassen, wie es aber eine stringente Umsetzung der Erklärungstheorie verlangen würde. 48 Die Geltungstheorie vermag zwar auf den ersten Blick einen Mittelweg zwischen diesen beiden Positionen finden, indem sie beide Elemente zur Geltung heranzieht, aber gleichzeitig schafft sie es nicht, das tatsächlich bestehende Abweichen zwischen Wille und Erklärung zu lösen. 49 Auch die Lösung der falsa demonstratio will mit der Geltungstheorie nicht vollständig gelingen. 50 Da gerade auf den objektiven Erklärungsgehalt der Willenserklärung abgestellt wird und nicht auf den inneren Willen, dürfte das herkömmliche Ergebnis der falsa demonstratio nicht erreichbar sein. Aufgrund dieser Patt-Situation der verschiedenen Theorien kann der Streit schon fast als eingeschlafen bezeichnet werden. Allgemein wird sich durch ein Verweis auf die Motive zum zweiten Entwurf abgeholfen, nachdem sich das Bürgerliche Gesetzbuch nicht für eine Theorie entschieden hat, sondern versucht, je nach Sachlage einen gerechten Ausgleich zu schaffen. 51 III. Grund der Rechtswirkungen in Kombination von Rechtsordnung und Wille Das Treffen einer differenzierenden Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Abweichen von Wille und Erklärung ergibt für die Lösung konkreter Fälle eine ausreichende Handlungsanleitung. Dennoch befreit dies die Willenserklärung nicht von einer theoretischen Grundlage der Rechtswirkungen. Dabei ist jedoch weniger von den dargestellten Theorien als Grundstein auszugehen als von der Gesetzessystematik. 52 Denn gerade durch eine mitunter zu sehr an Theorien entlangwandernde Sicht entsteht die Gefahr, dass die grundlegenden Positionen zwischen Rechtswirkung, Grund der Rechtswirkung (oder Geltung, Geltungsgrund), Tatbestand und Rechtsfolge ihre Abgrenzung zueinander ver48

Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 28. Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.6; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 3. 50 Vgl. Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 3. 51 Brox / Walker, BGB AT, Rn. 381; Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 1; Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 1; Hübner, BGB AT, Rn. 675. Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 5, merkt an, dass dennoch das Problem noch nicht gelöst sei. 52 So auch Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 6. 49

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lieren. 53 Konkret geht es um die Frage, warum eine den Anforderungen einer Willenserklärung genügende, tatsächlich vorliegende Äußerung, rechtlich wirksam ist oder gilt. Die tatsächliche Äußerung ist dabei Bezugspunkt des Grundes der Rechtswirkungen (oder Geltungsgrundes), da dieser an die Äußerung anknüpft und deren Wirksamkeit begründen will. Vom Vorliegen einer Äußerung ist insofern auszugehen, da sich ansonsten gar nicht die Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen stellen würde. 1. Ausgangspunkt der Geltung in Rechtsordnung Bei einem Vergleich des Vorhandenseins von Rechtswirkungen mit der für juristische Zwecke vor allem interessierenden juristischen Geltung 54 wird die juristische Geltung einer Willenserklärung bei ihrer Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsordnung anzunehmen sein. So könnte man, wie oben gesehen, als notwendige Voraussetzung formulieren, dass die Willenserklärung von einem Rechtssubjekt abgegeben wird, dem die Abgabe generell möglich ist, etwaige Wirksamkeitsvoraussetzungen beachtet sind und sie nicht gegen kollidierendes Recht verstößt. In diesem Sinne lässt sich als elementarer Ausgangspunkt erst einmal festhalten, dass eine Willenserklärung deshalb Rechtswirkungen aufweisen kann, weil die Rechtsordnung es so vorsieht. Der einzelnen Willenserklärung wird eine hierauf gerichtete Fähigkeit durch die Rechtsordnung zugewiesen. 55 Exemplarisch zeigt 53 So ist bei Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 1, „die Willenserklärung das rechtstechnische Mittel, dem rechtsgeschäftlichen Willen Geltung zu verschaffen.“ Bei Rn. 10 wird „in dem einheitlichen Tatbestand der Willenserklärung [...] der Wille zur Geltung des Erklärten verlautbart“. Bei Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 281, heißt es: „Die Frage nach den subjektiven Tatbestandsmerkmalen der Willenserklärungen ist in allen Rechtsordnungen Gegenstand eines heftigen Streits zwischen der Willens- und Erklärungstheorie. Im Kern handelt es sich darum, [...] ob Geltungsgrund der durch die Willenserklärungen ausgelösten Rechtsfolgen der tatsächliche subjektive Wille oder der aus dem äußeren Verhalten hervorgehende [...] Wille ist.“ Bei Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 8, heißt es unter der Überschrift „Tatbestandliche Erfordernisse“, man müsse, gehe man davon aus der innere Wille sei Grund der Rechtsfolge, folgerichtig alle subjektiven Elemente zum Wesen der Willenserklärung zählen (ohne dass Hefermehl dieser Ansicht ist) Bei Rn. 16 ist der rechtliche Ansatzpunkt nicht ein irgendwie gearteter psychologischer Wille, sondern der nach außen in Geltung gesetzte Rechtsfolgewillen. Vgl. Brehmer, Wille und Erklärung, S. 34 ff., zu weiteren Beispielen der „impliziten Verquickung von Tatbestand und Geltungsgrund“, wobei seine Beispiele wohl teilweise den zitierten Kontext überdehnen. 54 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A. I.1. 55 Vgl. zu einer nichtpositivistischen Einschränkung dieser juristischen Geltung Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 39 ff. Für die Willenserklärung kann eine solche Einschränkung aber nur anhand einzelner, konkreter Willenserklärungen erörtert werden und auch dann ermöglicht das positivierte „Treu und Glauben“ i. S. d. § 242 BGB eine

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

sich dies an der Bindung von Anträgen. Nach § 145 BGB ist der Erklärende an einen von ihm gemachten Antrag gebunden. Die Folge der Bindung tritt gerade deshalb ein, weil es die Rechtsordnung in § 145 BGB so vorsieht. Gäbe es die Rechtsordnung nicht, wäre man an eine entsprechende Äußerung auch nicht gebunden. Dies ist unverrückbarer Ausgangspunkt jeglicher Überlegungen zu den Rechtswirkungen der Willenserklärung. Gerade dies wird aber in großen Teilen der Literatur übergangen. 56 Gäbe es keine Rechtsordnung, gäbe es auch keine rechtlichen Willenserklärungen. Jede Willensäußerung wäre eine bloße Äußerung, ohne dass sich an sie rechtliche Folgen anknüpfen ließen. 2. Kein alleiniger Grund der Rechtswirkungen in Rechtsordnung Gerade für die einzelne Willenserklärung bleibt aber zu erwägen, ob die Rechtsordnung den alleinigen Grund der Rechtswirkungen darstellen kann. Ein weiteres Element könnte insofern der Wille sein, wie es auch die Überlegungen des historischen Gesetzgebers vorgesehen hatten. Seiner Vorstellung nach war „eine Privatwillenserklärung gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist“. 57 Fraglich ist, inwieweit das Element des Willens schon in der Rechtsordnung enthalten ist, so dass die Rechtsordnung letztendlich doch den alleinigen Grund der Rechtswirkungen einer Willenserklärung bildet. Die Rechtsordnung setzt begrifflich voraus, dass eine Willenserklärung besteht, deren Rechtsfolge gelten kann, was nach den obigen Maßstäben von der Rechtsordnung auch geregelt wird. Dies erklärt sich schon dadurch, dass es Aufgabe der Rechtsordnung ist, Instrumente zur Verwirklichung des Willens zur Verfügung zu stellen. 58 Durch das Anbieten der Handlungsform Willenserklärung könnte die Rechtsordnung gleichzeitig den Willen als Bestandteil dieses Instruments mit übernommen haben. Dies kann jedoch nicht überzeugen. Die hinter einer einzelnen Willenserklärung stehenden Intentionen sind zu vielfältig, als dass sie in der Rechtsordnung berücksichtigt werden könnten. Annehmbar wäre allenfalls die Aussage, die abstrakte Handlungsform der zivilrechtlichen Willenserklärung als solches fußt

Einschränkung, so dass eine nichtpostivistische Beschränkung an Bedeutung verliert. Vgl. auch oben 1. Kap. 2. Abschn. B.III.4.c.(1). 56 Vgl. anders aber Flume, in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (142). Auch Brehmer, Wille und Erklärung, S. 42, deutet dies vage an, ohne es jedoch näher auszuführen: „Grund und Grundlage einer jeden gesetzlichen Regelung ist das Gesetz als solches.“ 57 Motive zum BGB Bd. I, S. 126; Mugdan, I, S. 421; vgl. auch Medicus, BGB AT, Rn. 175; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 1; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.5, § 10.1. 58 Vgl. oben, 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5.; 4. Kap. Fn. 37.

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allein auf der Rechtsordnung, denn das Instrument der Willenserklärung besitzt eine rechtliche Ausgestaltung, unabhängig von einem konkret sie ausfüllenden Willen. Erörtert werden soll aber der Grund der Rechtswirkungen einer jeden individuell-konkreten Willenserklärung. Diese hängen sowohl von einem Willen, als auch der Rechtsordnung ab. 59 Ohne Rechtsordnung läge bloß eine unjuristische Willensäußerung vor. Ohne Willen gäbe es zwar das abstrakte Instrument der Willenserklärung, jedoch keinen Grund dafür, warum die einzelne Willenserklärung Rechtswirkungen entfalten soll, wenn diese gerade dazu berufen ist, einen konkreten Willen umzusetzen. Die Rechtsordnung verlangt das Vorhandensein eines Willens, der rechtlich verwirklicht werden soll. Pointiert drückt dieses Zusammenspiel von Wille und Rechtsordnung Flume aus. „Die willentliche Entscheidung gilt, weil sie gewollt ist und der Wille des Einzelnen als solcher respektiert wird. [...] Der Geltungsgrund ist aber nur die Selbstbestimmung und ihre Anerkennung durch die Rechtsordnung.“ 60 An anderer Stelle 61 heißt es: „Man kann sinnvollerweise nicht die Frage stellen, ob die privatautonome Gestaltung des Einzelnen oder die Rechtsordnung der ‚eigentliche‘ Grund für die Geltung des privatautonomen Akts ist [...]. Beides, die privatautonome Gestaltung des Rechtsverhältnisses [...] und die Rechtsordnung [...] gehören als Rechtsgrund der Geltung des privatautonomen Akts [...] untrennbar zusammen. Die privatautonome Gestaltung hat einerseits nur Rechtswirksamkeit, wenn und soweit die Rechtsordnung dies bestimmt. Die Rechtsordnung bestimmt die Rechtsfolgen andererseits aber gemäß der privatautonomen Gestaltung deshalb, weil die Anerkennung der Privatautonomie als Teil der Anerkennung der Selbstbestimmung des Menschen ein Grundprinzip der Rechtsordnung ist.“ Auch wenn die Rechtsordnung richtigerweise einen Willen voraussetzt, so liegt dieser inhaltlich aber nicht schon mit Vorhandensein der Rechtsordnung vor. Der Wille muss für jede Willenserklärung erneut konkretisiert und aktualisiert werden. Der einer jeder Willenserklärung zugrunde liegende Wille ist einzigartig. Bei jeder neuen Willenserklärung kann sich ein Defekt ergeben. Wenn aber von den Rechtswirkungen der einzelnen Willenserklärung gesprochen werden soll, 59 Berücksichtigt man die angedachte juristische Geltung der konkret-individuelle Willenserklärungen nach den obigen Ausführungen, die dann als gegeben anzusehen war, wenn sie von einem Rechtssubjekt, dem die Abgabe generell möglich ist, mit entsprechenden Willen abgegeben wurde und dabei etwaige Wirksamkeitsvoraussetzungen beachtet sind und die Willenserklärung nicht gegen kollidierendes Recht verstößt, mithin im Einklang mit der Rechtsordnung steht, so ist für die einzelne, individuelle Willenserklärung die Verbindung zum zusätzlichen Element des „Willens“ über das Merkmal des „mit entsprechenden Willens abgegeben“ möglich. Für die Rechtswirkungen der einzelnen Willenserklärung ist nicht nur die Übereinstimmung und Bezugnahme auf die Rechtsordnung maßgeblich, sondern auch das sie mit einem entsprechenden Willen abgegeben wurde. 60 Flume, in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (141 f.). 61 Flume, BGB AT Bd. 2, § 1.2.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

ist genau dieser individuell-konkrete Wille für das Bestehen notwendig. Es wäre nicht sachgerecht und der Willenserklärung als Instrument zur Umsetzung des Willens nicht gerecht, würde man davon sprechen, schon durch die Rechtsordnung für sich gelte eine Willenserklärung. Auch hier hilft ein Zugriff auf die plakative Umschreibung des Geltungsgrundes von Kelsen: Der Geltungsgrund ist der Grund des „Befolgt- und Angewendet-werden-sollens“. 62 Gäbe man dem Willen in dieser Frage keinen eigenständigen Wert, so würde man damit übersehen, dass es der Wille ist, weshalb eine Willenserklärung abgegeben wird und Rechtsfolgen entfalten soll. 63 Die Rechtsordnung ist hingegen bei jeder Willenserklärung unverändert vorhanden. Es liegt nahe, insofern von dem abstrakten Grund der Rechtswirkungen „Rechtsordnung“ und dem konkreten Grund der Rechtswirkungen „Wille“ zu sprechen. 3. Qualifizierung des als Ausdruck der Privatautonomie bestehenden Willens Das Zivilrecht wird dominiert durch das Prinzip der Privatautonomie. 64 Durch die Anerkennung seiner Persönlichkeit genießt der Einzelne die Freiheit, die eigenen Rechtsverhältnisse eigenverantwortlich zu gestalten. Somit ist es der Wille des Einzelnen, der dessen individuelle Persönlichkeit im Außenverhältnis darstellt und verwirklicht. Voraussetzung für eine solch freie Ausübung des Willens ist die Garantie der dies ermöglichenden Handlungsform „Willenserklärung“. Die Willenserklärung ist also das Mittel, mit welchem dem aus der Menschenwürde resultierenden, zur Umsetzung der freiheitlich-individuellen Selbstbestimmung notwendigen Willen Rechtswirkung verschafft werden kann. 65 Doch auf was für einem Willen baut die Privatautonomie auf? Ist es der innere, tatsächliche Wille des Einzelnen, so wie er oben dargestellt werden konnte, 66 oder ein verobjektivierter Wille, wie er bei der normativen Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ermittelt wird? 67 Pawlowski ist für die Willenserklärung der Ansicht, der die Privatautonomie vermittelnde Wille sei ein „rechtlicher“ bzw. „vernünftiger“ Wille, und dementsprechend sei auch der Grund der Rechtswirkungen charakterisiert. 68 Anstatt der Privatautonomie als Begrenzung ein Element des Vertrauens62

Vgl. oben 4. Kap., Fn. 9. Dies gilt zumindest für die unproblematischen Fälle einer Willenserklärung. Zu der Geltung von Problemfällen, in denen trotz Abgabe ein Wille nicht vorhanden ist, vgl. unten 4. Kap., Fn. 103. 64 Vgl. ausführlich oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4. 65 Medicus, BGB AT, Rn. 175; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 4. 66 Vgl. oben 2. Kap. 1. Abschn. A. I. 67 Vgl. nur Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 9 ff. 68 Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 232 ff. 63

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schutzes gegenüberzustellen, sollen die Elemente Willen und Selbstverantwortung bzw. Vertrauensschutz in der Privatautonomie „gleichrangig und unverbunden“ nebeneinander stehen. 69 Diese beiden Elemente sollen sich sodann in einen vernünftigen oder rechtlichen Willen zusammenschließen, was gleichzeitig die Abkehr eines psychologischen Willens bedeutet. Dieser rechtliche Wille könne nach Pawlowski sehr viel besser den Grund der Rechtswirkungen für eine Willenserklärung darstellen, weil in ihm schon eine gewisse Rechtlichkeit aufgehe und so das „Prinzip der Richtigkeit“ enthalten sei. 70 An dieser Vorstellung wird insbesondere von Säcker eine Aufgabe der klaren Differenzierung zwischen der „normativen Leitidee der Privatautonomie“, die auf einem psychologischen Willen beruht, und der Verantwortung durch eine Verrechtlichung der Willensbildung bemängelt. 71 Bestünde die Privatautonomie aus einem rechtlichen und objektivierten Willen, so könnten die Momente der freien Selbstbestimmung und Persönlichkeitsentfaltung zumindest durch die Privatautonomie nicht mehr effektiv grundgesetzlich abgesichert werden. Ein rechtlicher Wille wäre schon durch seine Zusammensetzung einer rechtlichen Wertung und Einschränkung zugänglich. Es wäre dann lediglich ein schon rechtlich beeinflusster Wille über die Privatautonomie geschützt. Dieser Schutz könnte sich aber nur noch gegen kommende Beeinflussungen, nicht mehr aber gegen die Zusammensetzung zum nur als rechtlichen Willen geschützten Gut richten. Im Gegensatz dazu ist es aber gerade der psychologische Wille, der über die Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG im Zuge der Privatautonomie geschützt wird. Nur durch eine Bezugnahme auf den wirklichen Willen bleibt gewährleistet, dass in Problemfällen dem Einzelnen nicht ein rechtlicher Wille zugesprochen wird, der nichts mit dessen ursprünglichen Willen gemein hat. 72 Vollends wird der durch einen rechtlichen Willen hervorgerufene Bruch mit der Systematik der Willenserklärung im Recht der Anfechtung deutlich. Durch den Verzicht auf den wahren Willen wird die Annahme eines Irrtums erschwert, was Pawlowski dazu verleitet, auf eine sog. Mitleidstheorie zurückzugreifen und eine Anfechtung deshalb zuzulassen, weil die ansonsten geschaffene Rechtslage „nicht unserem Rechtsgefühl entspricht“. 73 Verglichen mit der Systematik der Grundrechte ergibt sich, dass durch die Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG der Schutzbereich für jeden Willen eröffnet wird. Der von Pawlowski vertretene verrechtlichte oder vernünftige Wille würde faktisch zu 69

Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 233. Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 233 unter Bezugnahme auf Flume, in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (142 ff.). 71 Säcker, in: Münchener Kommentar, BGB, Einleitung, Rn. 148. 72 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 214, Fn. 358a. 73 Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 308. 70

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

einer Begrenzung des Schutzbereichs führen. Dass nicht jeder erdenkbare Wille einer rechtlichen Umsetzung zugeführt werden kann, erscheint einsichtig. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht schon auf der Ebene des „Schutzbereichs“ abzusichern, sondern anderen Instrumenten vorbehalten. 74 Festzuhalten bleibt, dass durch die Privatautonomie der wahre Wille als Grund der Rechtswirkungen der Willenserklärung besteht. Für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung entsteht dadurch die Frage, ob der Grund ihrer Rechtswirkungen ebenfalls auf einem wahren Willen eines Individuums (mit-)beruht oder stattdessen durch andere Elemente hervorgerufen wird. Bevor dies zu erörtern ist, soll aber noch versucht werden, den Befund zum Grund der Rechtswirkungen einer zivilrechtlichen Willenserklärung abzurunden, damit auch in dieser Hinsicht eine Vergleichbarkeit mit der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung gewährleistet ist. 4. Weitere Gründe für eine Rechtswirkung neben Rechtsordnung und wahrem Willen Offen bleibt also die Frage, ob neben Rechtsordnung und Wille noch weitere Gründe für eine Rechtswirkung bestehen können. Anlass zu solchen Überlegungen geben zumindest solche Fälle, in denen das Erklärte nicht genau das Gewollte abdeckt, also eine defekte Willenserklärung vorliegt. Das allein mit einem wahren Willen und einem nicht näher dargelegten Einfluss der Rechtsordnung die Rechtswirkungen in solchen Fällen nur schwer begründet werden können, erscheint naheliegend. Das bisherige Fehlen der unstreitig in das Recht der Willenserklärungen hereinspielenden Vertrauensschutzelemente und auch die oben vorgenommenen Verweise auf Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches machen dies deutlich. 75 Es könnte daraus eine gewisse Neigung bestehen, eine Zweispurigkeit für die Rechtswirkungen der Willenserklärung anzunehmen. Ungestörte Willenserklärungen haben Rechtswirkungen, weil sie gewollt sind, hingegen gestörte Willenserklärungen aus einem anderen Grund. 76 a) „Bewegliche Systeme“ Ausgehend von der vergleichbaren Frage, warum rechtsgeschäftliche Verpflichtungen entstehen, hat sich eine Vielzahl von Modellen entwickelt, die neben dem Willen zur Begründung der Rechtswirkungen auf Momente wie Verschulden, Zurechnung, Vertrauens- oder Verkehrsschutz oder Verantwortung abstellen. 77 Vor 74

Vgl. unten 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4., vgl. auch 4. Kap. 1. Abschn. B.II.7. Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.II.3. 76 Vgl. Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (224). 75

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allem zurückgehend auf Wilburg 78 und Bydlinski 79 hat sich eine kombinatorische Methode „beweglicher Systeme“ entwickelt, in denen solch verschiedenste Faktoren zusammenkommen. 80 Bei Bydlinski sind dies der Gedanke der willentlichen Selbstbestimmung, der Gedanke der Verkehrssicherheit, der Gedanke der inhaltlichen Äquivalenz der vertraglichen Leistungen und Rechtsstellungen sowie die ethische Kraft der Vertragstreue. 81 Ein solches System erlangt seine Beweglichkeit dadurch, dass die Gewichtung der einzelnen Elemente nicht starr ist, sondern auch ein weniger ausgeprägtes Moment durch einen anderen, stärker prägenden Bestandteil ausgeglichen werden kann, wobei das konkrete Verhältnis je nach Einzelfall verschieden sein kann. 82 Ein „bewegliches System“ kann überzeugen, indem es ermöglicht, alle relevanten Aspekte einzubeziehen. Gleichzeitig hält es aber dem Rechtsanwender jegliche Kriterien für die Wertigkeit und Abstufung der einzelnen Elemente untereinander vor. 83 Diese Kritik führt Lobinger weiter, indem er aufgrund der fehlenden Schematisierung eine uneinheitliche Rechtsausübung durch den Richter befürchtet. 84 Die Gleichschaltung der Elemente sorgt auch dort für Bedenken, wo herkömmlich subjektive Momente, wie beispielsweise die Selbstbestimmung, mit herkömmlich objektiven Merkmalen, wie der Zurechnung oder dem Verkehrsschutz, zusammentreffen. Die Vermengung von objektiven und subjektiven Elementen schafft weitere Fragen. Können wirklich im Recht der Willenserklärung objektive und subjektive Elemente ohne weitergehende Regelung nebeneinander stehen? Nötigt nicht gerade die Willenserklärung als Mittel zur Umsetzung der selbstbestimmenden Privatautonomie dazu, Aussagen über die Wertigkeit einzelner Elemente zu treffen? Und falls dies geschieht, wie verhält sich dazu die Möglichkeit, dass das bewegliche System für jeden Sachverhalt eine neue Zusammensetzung findet? Macht es schließlich einen Unterschied für das Wesen der Willenserklärung, wenn seine Rechtswirkungen vollständig auf objektiven oder subjektiven Elementen 77 Vgl. Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 17 ff. m. w. N. 78 Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im Bürgerlichen Recht, S. 17. 79 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 122, 173 f. 80 Vgl. auch Canaris, in: Bydlinski / Krejci / Schilcher / Steininger (Hrsg.), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, S. 103 (110 f.). 81 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 122, 173 f. 82 Koller, in: Bydlinski / Krejci / Schilcher / Steininger (Hrsg.), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, S. 75 (79 ff.); Hönn, in: Bydlinski / Krejci / Schilcher / Steininger (Hrsg.), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, S. 87 (89 ff.); Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, S. 122 ff., 173 ff. 83 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 85. 84 Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 86 f.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

beruhen? 85 Gerade für die Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen der Willenserklärung bleibt ein „bewegliches System“ vage. Während es noch den Vorteil genießt, durch seine Offenheit und Allgemeinheit möglichst viele Fälle abdecken zu können, wird dies bei der Suche nach dem Kern der Willenserklärung zum Nachteil. b) Verortung einer Selbstverantwortung Anderenorts wird diese Bündelung von Elemente in die Privatautonomie verlagert, so dass dessen Bestandteil des wahren Willens ein Bestandteil der „Selbstverantwortung“ an die Seite gestellt ist. 86 Mit Durchsetzung der Erkenntnis, dass im Lichte einer Gesamtrechtsordnung der einzelne seine „Selbstherrlichkeit“ nur soweit ausleben kann, inwieweit er nicht mit der „Selbstherrlichkeit“ anderer in Konflikt gerät, hat sich die Rechtsgeschäftslehre immer weitergehenden sozialausgerichteten Bindungen unterworfen. 87 (1) Selbstverantwortung als Bestandteil des wahren Willens Eine Verortung der Verantwortungsmomente und damit Vertrauensschutzaspekte im Typus der Selbstverantwortung innerhalb der Privatautonomie kann jedoch nicht dahingehen, eine in dem wahren Willen des privatautonomen Individuums gegebenenfalls tatsächlich vorhandene Selbstverantwortung zu rechtlicher Relevanz zu erheben. Der wahre Wille entwickelt sich frei und bestimmt sich maßgeblich nach seinem jeweiligen Inhaber. Ein Wille – unbeachtlich seines konkreten Inhalts – ist zwangsläufig mit einem rechtsrelevanten Handeln positiv vorhanden. Ein Handeln ohne irgendeinen Willen ist für die hier in Frage stehenden Sachverhalte nicht anzunehmen. 88 Hingegen muss eine gleichgeartete Verantwortung nicht zwingend vorhanden sein. Bei vielen Teilnehmern des Rechtslebens herrscht ein Moral- und Ethikverständnis, dass zu einer Selbstverantwortung zwingt, dieses ist aber je nach Individuum verschieden stark ausgeprägt. 89 Was der eine aus Gründen der Selbst85 Bei Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 17, klingt dies – zwar ohne inhaltliche Differenzierungen – mit der Formulierung „finale“ und „normativ zugerechnete“ Willenserklärungen an. 86 Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.8; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 33 ff.; Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 422; Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, S. 233. Vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4.a. 87 Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.8; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 33 ff.; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 5. 88 Dies zeigt sich auch daran, dass ohne einen grundlegenden Handlungswillen schon tatbestandlich keine Willenserklärung zustande kommt; vgl. unten 4. Kap. 2. Abschn. A.IV. 89 Vgl. Säcker, in: Münchener Kommentar, BGB, Einleitung, Rn. 153.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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verantwortung ablehnt, braucht andere nicht einmal zu diesbezüglichen Überlegungen veranlassen. Um aus der Selbstverantwortung dann einen einheitlichen Schutz des Rechtsverkehrs abzuleiten, müsste die Selbstverantwortung normativ verrechtlicht werden. Die originär aus dem Individuum stammende moralische Verantwortung reicht dazu nicht aus, weil sie auch keine rechtliche Verbindlichkeit erlangen kann. Schon dann entsteht aber innerhalb der aus der persönlichen Handlungsfreiheit stammenden Privatautonomie mit dem wahren Willen und einer rechtlichen Verantwortung eine Ungleichheit. Die Verortung der Selbstverantwortung innerhalb des wahren Willens ließe sich nur über einen verrechtlichen Willen erreichen. 90 (2) Selbstverantwortung als Bestandteil der die Privatautonomie gewährleistenden Rechtsordnung Geltungsgrund der Willenserklärung ist der wahre Wille und die Rechtsordnung im Zusammenspiel. Die Funktion des privatautonomen Willens als Mittel zur Umsetzung der – plakativ dargestellten – Selbstherrlichkeit konnte dabei hinreichend dargelegt werden. 91 Die Rechtsordnung verschafft dem Willen Rechtswirkung, indem sie das Instrument der Willenserklärung anbietet. Es fragt sich aber, ob die Rechtsordnung darüber hinaus noch eine weitere Funktion hat. Die Rechtsordnung ist, soweit sie dem Willen des Einzelnen zu Rechtswirkung verhilft, Garant für die Verwirklichung der autonomen Freiheit und Selbstbestimmung, in der Form, in der sie die Menschenwürde voraussetzt. Dabei übernimmt die Rechtsordnung aber nicht nur eine positive Funktion, indem sie dem Einzelnen ein Instrumentarium an die Hand gibt und Möglichkeiten schafft, gewonnene Rechte notfalls zwangsweise durchzusetzen. 92 Gleichzeitig bildet die Rechtsordnung auch negativ die Grenze für die Durchsetzung der Privatautonomie, wie das bei Kant formulierte allgemeine Prinzip des Rechts beispielhaft zeigt: „Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit zusammen bestehen kann“ 93. Dieser Gedanke verdeutlicht das Zusammenspiel von Wille und Rechtsordnung. Aufgabe der Rechtsordnung, insbesondere des Privatrechts, ist es gerade, den Willen des Einen in Einklang mit der Freiheit aller Anderen zu bringen. 94 So 90

Dazu oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.3. Vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4. 92 Flume, BGB AT Bd. 2, § 1.2, bezeichnet die Rechtsordnung aus diesem Grund als „Korrelat“ der Privatautonomie. Vgl. auch Hönn, Jura 1984, 57 (57) und oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.2. 93 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 230. 94 Vgl.3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. 91

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

beschreibt Kant die Zielbestimmung aller Gesetze wie folgt: „Eine Verfassung von der größten menschlichen Freiheit nach Gesetzen, welche machen, dass jedes Freiheit mit der anderen ihrer zusammen bestehen kann [...], ist doch wenigstens eine notwendige Idee, die man nicht bloß beim ersten Entwurfe einer Staatsverfassung, sondern auch bei allen anderen Gesetzen zum Grunde legen muss“ 95. Die Rechtsordnung hat also die Aufgabe, ein System der Vereinbarkeit der vielen Willen miteinander zu bilden. 96 Unter dieser Prämisse bildet die Rechtsordnung die Begrenzung für den Ausgangspunkt des wahren Willens. Elemente des Vertrauens- oder Verkehrsschutzes gelangen über ihren Bestand in der Rechtsordnung in das Recht der Willenserklärung. Während der Wille es dem Individuum ermöglicht, sich selbst zu verwirklichen, trägt die Rechtsordnung dabei die Sorge, dass nicht andere in ihrer Freiheit belastet werden. Die Berücksichtigung der Interessen anderer wird so im Gegensatz zu einem verrechtlichten Willen dadurch erreicht, dass die Rechtsordnung als eine Art „Schranke“ den wahren Willen begrenzt. Bei dem oben verwendeten Begriff der „Selbstverantwortung“ 97 handelt es sich deswegen nicht um eine moralisch-ethische Selbstverantwortung, sondern einer Verantwortung, die sich jeder Teilnehmer des Rechtslebens von der Rechtsordnung auferlegen lassen muss. Bei einer bloßen unjuristischen Willensäußerung handelt der Erklärende vollständig nach seinem Willen. Nimmt er die Rechtsordnung in Anspruch, um aus dieser unverbindlichen Erklärung eine Rechtsfolgen herbeiführende Willenserklärung zu machen, so muss er sich gleichzeitig wegen der rechtlichen Verbindlichkeit gefallen lassen, dass etwaige Empfänger durch die Rechtsordnung geschützt werden und sein ehemals „selbstherrlicher“ Wille nunmehr rechtlichen Einschränkungen unterfällt. Dieser sich parallel steigernde rechtliche Gehalt von einerseits verbindlichen Folgen und andererseits Schutz etwaiger Empfänger wird auch deutlich durch die Abstufung zwischen Gefälligkeitsverhältnissen und Rechtsgeschäften. 98 Kritisch hinterfragt werden könnte noch, warum die Rechtsordnung Vertrauensund Verkehrsschutzaspekte beinhalten soll, nicht aber die Willensaspekte. 99 Dies muss sich durch den subjektiven Gehalt des Willens einerseits und den notwendigen objektiven Gehalt des Verkehrsschutzes andererseits erklären. Objektiv normative Elemente, die den wahren Willen des Einzelnen begrenzen, resultieren aus einer objektiven Rechtsordnung, innerhalb der sich der Einzelne mit seinem Willen bewegt. Dies verdeutlicht auch die maßgeblichen Unterschiede zwischen den die Rechtswirkung begründenden Wille und Rechtsordnung. Im Willen liegt 95

Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 373. Vgl. auch die Überlegungen zur Herleitung der Selbstverantwortung im Rahmen der Privatautonomie oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4.a. Vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. 97 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4.b.(1). 98 Vgl. dazu Larenz / Wolf, BGB AT, § 22, Rn. 24 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 185 ff. 99 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4.b.(1). 96

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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der Ausgangspunkt. Er ist subjektiv und autonom und zeichnet positiv die Handlungsfreiheit ab. Die Rechtsordnung ist hingegen objektiv und vorherbestimmt und begrenzt dadurch negativ die Willensausübung. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen „beweglichen Systemen“ oder einer im wahren Willen enthaltenen Selbstverantwortung bietet dies den Vorteil, klare Abgrenzungen zwischen dem Willen und seinen begrenzenden Momenten zu finden. Gleichzeitig findet sich die externe Willensausübung im rechtlichen Bereich in einer ähnlichen Situation wie die interne Willensbildung in Bezug auf Volition und Motivation. 100 Phasischsequentiell beginnt die Willenserklärung im wahren Willen, wird dann aber durch die Rechtsordnung begrenzt. Und auch diese Erkenntnis liefert einen weiteren Hinweis auf das Verhältnis von Wille und Rechtsordnung als Grund für die Rechtswirkungen der Willenserklärung. Für diese ist letztendlich entscheidend der Wille in dem Umfang und Rahmen, der ihm durch die Rechtsordnung zugemessen wird. 101 5. Zusammenfassung und Folgen Eine Willenserklärung entfaltet unter bestimmten Voraussetzungen Rechtwirkungen. Der Grund hierfür liegt im Willen des Erklärenden und der Rechtsordnung, wobei diese dergestalt verknüpft sind, dass die Rechtsordnung, allen voran die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB, das Maß der gestaltenden Kraft des Willens vorgeben. 102 Innerhalb des von ihr vorgegebenen Rahmens erlangt dasjenige Rechtswirksamkeit, was gewollt ist. 103 Daneben besteht der Grund der Rechtswirkungen in Vertrauensschutz- und Verantwortungsaspekten, für die jedoch eine 100

Vgl. dazu oben 2. Kap. 1. Abschn. A. Vgl. oben 4. Kap., Fn. 37. Aufgabe der Rechtsordnung ist es, Instrumente zur Verwirklichung des Willens zur Verfügung zu stellen. Für ein Abstellen auf den Willen auch Brehmer, Wille und Erklärung, S. 41 ff.; Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 89 ff. Für die Rechtsordnung als rahmenziehendes Element des die Rechtwirkung begründenden „Willens“ auch Sachs, VerwArch 76 (1985), 398 (400); vgl. auch Flume, in: von Caemmerer/Friesenhahn / Lange (Hrsg.), FS Deutscher Juristentag, S. 135 (142). 102 Die stets notwendige Erklärung ist zwingendes Element des Tatbestands und insofern selbstverständlich Grundvoraussetzung des Vorliegens einer Willenserklärung. Für die Rechtswirkungen ist jedoch weiter zu fragen, warum durch eine entsprechende Äußerung Rechtswirkungen erzeugt werden. Vgl. zu dem Unterschied zwischen Tatbestand und Rechtswirkungen auch oben 4. Kap. 1. Abschn. A. I.2. 103 Der umfängliche Prozess einer Falsifizierung dieser These würde im Rahmen dieser Untersuchung zu weit führen, vgl. aber umfassend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 109 ff. m. w. N. Dennoch soll auf einen Bereich gesondert eingegangen werden. Auch die scheinbare Wirksamkeit irrtümlicher abgegebener Willenserklärungen spricht nicht gegen diese Bedeutung des Willens. Gibt der Einzelne eine solche mit einem Irrtum behaftete Willenserklärung ab, stellt die Rechtsordnung als regelndes Prinzip und insofern willensbeschränkendes Moment zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder kann er die Willenserklärung so belassen, wie sie sich in irrtumsbehafteter Weise 101

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Einordnung als Bestandteile der Rechtsordnung am sachgerechtesten erscheint. Für die vorliegende Untersuchung ist dabei die (zumindest Mit-)Ursächlichkeit des wahren Willens für den Grund der Rechtswirkungen maßgeblich. Die Willenserklärung ist Mittel – und erreicht aus gerade diesem Grund auch Rechtswirkungen – um dem Einzelnen zu ermöglichen, seine grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit über seinen wahren Willen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung zu verwirklichen. Der wahre Willen des Individuums ist dabei maßgeblich für das rechtliche Können, weil von ihm abhängt, ob eine Äußerung vorliegt, die darauf gerichtet ist, einen rechtlichen Erfolg herbeizuführen. Der durch die Rechtsordnung vermittelte Vertrauensschutz wird in der Auslegung fortgeführt und die Rechtsordnung als solches bildet die Grenzen des rechtlichen Dürfens. Unter Berücksichtigung des dargelegten Verständnisses von Tatbestand, Rechtsfolge, Rechtswirksamkeit und Grund der Rechtswirkungen im Hinblick auf die Frage, warum eine tatsächliche Äußerung als Willenserklärung rechtliche Wirksamkeit entfaltet, hat sich außerdem eine vom herkömmlichen Verständnis abweichende Akzentuierung der traditionellen Theorien, insbesondere der Erklärungstheorie, ergeben. Da ein sinnlich wahrnehmbarer Erklärungsakt stets Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer Willenserklärung ist, 104 muss die Erklärungstheorie, sofern nach dem Grund der Wirksamkeit einer tatsächlich vorhandenen Äußerung gefragt wird, so verstanden werden, dass ihr zufolge Grund für die Rechtswirkungen lediglich die Rechtsordnung ist und daneben kein weiterer Grund besteht. 105 Der Theorienstreit zwischen Willens- und Erklärungstheorie dreht sich bei genauer Betrachtung folglich um die Frage, ob neben der Rechtsordnung noch ein weiterer Grund für die Rechtswirkungen besteht.

darstellt. Der für die Rechtswirkungen erforderliche Wille bildet sich, wenn auch „zähneknirschend“ im Nachhinein. Der Einzelne kann sich aber auch gegen eine Wirksamkeit seiner Willenserklärung entscheiden und eine Anfechtung vornehmen. Für einen solchen Fall erklärt § 142 Abs. 1 BGB die Willenserklärung als von Anfang an für nichtig. Sie muss also so behandelt werden, als hätte der Wille als Grund für die Rechtswirkungen niemals bestanden. Dass ohne eine nachträgliche Willensbildung die Anfechtungsmöglichkeit, insbesondere wegen dieser Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB, faktisch einer Nichtigkeit in nichts nachsteht, hat überzeugend Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, S. 133 ff., dargestellt. Die damit verbundene Wirksamkeit der irrtümlichen Willenserklärung bis zu einer willentlichen Entscheidung des Erklärenden über ihren Fortbestand stellt sich dann als regelungstechnische Notwendigkeit dar, Flume, BGB AT Bd. 2, § 22.4; Singer, Selbstbestimmung, S. 61 ff.; Ernst, NJW 1986, 401 (404). 104 Vgl. unten 4. Kap. 2. Abschn. A. I. 105 Vgl. auch die Situation im Verwaltungsrecht unten 4. Kap. 1. Abschn. B.II.2.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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B. Dogmatische Situation im Verwaltungsrecht Die Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung leitet sich aus einem allgemeinen Rechtsgrundsatz ab, aus dem auch die zivilrechtliche Willenserklärung resultiert. 106 Rechtssubjekte können Handlungen vornehmen, mit denen sie ihre inneren Ziele nach außen in rechtlicher Hinsicht umsetzen können. Als Konkretisierung dieses Grundsatzes konnte die zivilrechtliche Willenserklärung als Mittel definiert werden, das dem Einzelnen ermöglichen soll, seine grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit über seinen wahren Willen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung zu verwirklichen. Schon bei einem Blick auf die Merkmale einer grundrechtlichen Handlungsfreiheit, eines wahren Willens und einer privatautonomen Rechtsordnung wird deutlich, dass entscheidende Unterschiede zu der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung bestehen. 107 Gleichzeitig ergibt sich daraus, dass der dogmatische Hintergrund der zivilrechtlichen Willenserklärung nicht unbesehen ins öffentliche Recht übertragen werden kann. Die rechtliche Wirksamkeit einer hierunter fallenden zivilrechtlichen Willenserklärung findet ihren Grund unter anderem in einem im Rahmen der Rechtsordnung anerkannten wahren Willen des Individuums. Zwar bestehen mit dem Verwaltungswillen, dem Amtswalterwillen und dem Behördenwillen im Verwaltungsrecht verschiedene Komponenten, doch ein dem privatautonomen Willen vergleichbarer Wille fehlt. 108 Fraglich ist nun, in welcher Art und Weise sich diese im Rahmen einer Deduktion aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz gebildete Konstruktion im öffentlichen Recht darstellt. Zu klären ist also, was für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung der dem privatautonomen, wahren Willen des Individuums vergleichbare Grund der Rechtswirkungen ist. Im Zuge dieses Prozesses sind Modifikationen im Vergleich zu der zivilrechtlichen Situation nicht nur möglich, sondern wegen der grundsätzlichen strukturellen Verschiedenheit der beiden Teilrechtsordnungen auch unumgänglich. I. Befunde über die Berücksichtigung eines Willens im Verwaltungsrecht Auch wenn der privatautonome Wille, so wie er den zivilrechtlichen Grund der Rechtswirkungen gebildet hat, nicht einfach auch im öffentlichen Recht herangezogen werden kann, gibt es im Verwaltungsrecht gesetzlich normierte Regelungen, die sich auf einen Willen in der Verwaltung berufen, z. B. im Rahmen der §§ 38 Abs. 3 Var. 1, 44 Abs. 4 VwVfG. Es fragt sich, was den in diesen Bereichen 106 107 108

Vgl. ausführlich oben 3. Kap. 2. Abschn. J. Siehe oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.1. Vgl. umfassend oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3., 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

relevanten Willen ausmacht. Sobald dies bestimmt ist, gilt es zu untersuchen, ob ein vergleichbarer Wille auch als Grund der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung angesehen werden kann. 1. Teilnichtigkeit, § 44 Abs. 4 VwVfG Nach § 44 Abs. 4 VwVfG führt die Nichtigkeit eines Teils eines Verwaltungsakts zu der gesamten Nichtigkeit, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Mit dieser Regelung wird auf eine hypothetische Behördenentscheidung abgestellt. Dabei ist jedoch nicht ganz eindeutig, nach welchen Kriterien der hypothetische Erlass zu betrachten ist. Teilweise wird dazu eine subjektive Auffassung vertreten, dergestalt, dass auf den mutmaßlichen Willen der Behörde im Zeitpunkt des Erlasses abzustellen ist. 109 Andere wiederum verlangen objektiv, dass allein maßgeblich ist, ob der rechtmäßige Teil ohne den nichtigen Teil hätte erlassen werden dürfen oder logisch und sachlich sinnvoll ist. 110 Problematisch ist daran aber, dass ein Abstellen auf den mutmaßlichen Behördenwillen bei gebundenen Entscheidungen nicht greifen kann und ein objektives Betrachten Ermessensentscheidungen nicht in ihrem vollen Umfang erfassen kann. 111 Die mittlerweile h. M. fragt deshalb, wie sich eine objektive, vernünftige Behörde bei Kenntnis der Sachlage entschieden hätte. 112 109

Laubinger, VerwArch 73 (1982), 345 (365); Schenke, JuS 1983, 182 (184). Erichsen, VerwArch 66 (1975), 299 (310); Martens, DVBl. 1965, 428 (431). 111 Vgl. Stober, JA 1979, 416 (418); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 44, Rn. 195. 112 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 49; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 44, Rn. 196; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 44, Rn. 55; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 44, Rn. 61. Durch eine Verobjektivierung ist für gebundene Entscheidungen auch sogleich deutlich gemacht, dass sich eine sachlich entscheidende Behörde im Zweifel gesetzeskonform verhält, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 49. Teilweise wird versucht die Aussage des § 44 Abs. 4 VwVfG auch in anderen Rechtsfragen anzuwenden, Laubinger, VerwArch 73 (1982), 345 (365); Schenke, JuS 1983, 182 (184). Dies gilt besonders für die Frage der Teilbarkeit von Nebenbestimmungen. So soll eine darauf gerichtete Klage begründet sein, wenn die Nebenbestimmung rechtswidrig und abtrennbar ist. Die Abtrennbarkeit ist gegeben, wenn die Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmung nicht auf den Hauptteil übergreift, dieser also auch isoliert rechtmäßig ist. Nach Schenke, JuS 1983, 182 (184) liegt eine Übergreifen und damit ein gesamt rechtwidriger Verwaltungsakt vor, wenn die Behörde den (gegebenenfalls auch rechtmäßigen) Restverwaltungsakt ohne die rechtswidrige Nebenbestimmung nicht erlassen hätte, § 44 Abs. 4 VwVfG analog. Die Gegenansicht lehnt eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG ab und lässt den gesamten Verwaltungsakt rechtswidrig sein, wenn die Behörde den Restverwaltungsakt ohne rechtswidrige Nebenbestimmung nicht hätte erlassen dürfen, P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 36, Rn. 100; Erichsen, VerwArch 66 (1975), 299 (310); Stelkens, NVwZ 1985, 469 (471). 110

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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Diese Verobjektivierung ergibt sich aus dem Abstellen des § 44 Abs. 4 VwVfG nicht nur auf den Behördenwillen, sondern gleichzeitig auf eine objektive Wesentlichkeit. Es ist eine solche behördliche Entscheidung relevant, die aufgrund der objektiv festzustellenden Wesentlichkeit des nichtigen Teils getroffen worden wäre. 113 Mit der Abkehr von einem subjektiv-willenstheoretischen Ansatz ist sogleich festgeschrieben, dass der tatsächliche subjektive Wille der Behörde oder gar des entscheidenden Amtswalters unerheblich ist. 114 Anknüpfungspunkt für das rechtliche Weiterbestehen des Restverwaltungsakts ist vielmehr ein objektiver Wille. Dabei ist der Behördenwille der durch den Amtswalterwillen konkretisierte Verwaltungswille, der in der konkreten Entscheidung enthalten ist und nach außen getragen wird. Der in dem Verwaltungsakt enthaltene konkrete Behördenwille kann selbstverständlich Hinweise enthalten, was im Fall der Teilnichtigkeit gewollt ist. Indem sich der Behördenwille idealer Weise durch eine Konkretisierung des Verwaltungswillens bildet, sollten entsprechende Hinweise auch an einem objektiven und vernünftigen Maßstab ausgerichtet sein. Dies ist jedoch aufgrund der subjektiven Konkretisierung durch den Amtswalter nicht zwingend. Eine unzweifelhaft größtmögliche Objektivität findet sich im Verwaltungswillen, der aus der Menge derjenigen vertretbaren Entscheidungen entsteht, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele möglich sind. 115 Der Verwaltungswille kann eine Antwort darauf geben, ob eine bestimmte Entscheidung von einer objektiven, vernünftigen Behörde getroffen wäre. Für die Frage der Teilnichtigkeit ist also der Verwaltungswille in der hier vertretenen Form maßgeblich. 2. Zusicherung, § 38 Abs. 3 Var. 1 VwVfG Ganz ähnlich ist die Situation bei einer Zusicherung. Nach § 38 Abs. 3 Var. 1 VwVfG entfällt die Bindung an eine Zusicherung, sobald die Behörde bei Kenntnis einer nachträglich eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage die Zusicherung nicht gegeben hätte. Ebenso wie bei § 44 Abs. 4 VwVfG wird auf eiFür weitere Möglichkeiten, § 44 Abs. 4 VwVfG analog anzuwenden, vgl. Cöster, Kassation, Teilkassation und Reformation von Verwaltungsakten durch die Verwaltungs- und Finanzgerichte, S. 50 ff. Zu einer Verwendung eines allgemeinen Rechtsgedankens aus § 139 BGB, Erichsen, VerwArch 66 (1975), S. 299 (302 ff.). 113 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 44, Rn. 195. 114 Meyer, in: Knack, VwVfG, § 44, Rn. 55; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 44, Rn. 61; Roos, in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 40, Rn. 22; vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 49. Erichsen, VerwArch 66 (1975), 299 (306). 115 Dass der Verwaltungswille sowohl die Möglichkeit der Gesamtnichtigkeit als auch ein Weiterbestehen ermöglicht, erscheint nur theoretisch möglich, vgl. unten 7. Kap. 2. Abschn. B.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

ne hypothetische Behördenentscheidung abgestellt. Dementsprechend ebenso soll bei § 38 Abs. 3 Var. 1 VwVfG entscheidend sein, ob bei objektiver Betrachtung eine vernünftig handelnde Behörde die Zusicherung auch unter Berücksichtigung der veränderten Umstände abgegeben hätte. 116 Auch hier ist nicht der tatsächliche subjektive Wille der Behörde oder eingebundenen Individuen maßgeblich. 117 Der entscheidende Hintergrund für die Aufrechterhaltung einer Zusicherung findet sich auch hier vielmehr in der Übereinstimmung mit dem objektiven Verwaltungswillen. 3. Tatbestandselemente des Verwaltungsakts, § 35 S. 1 VwVfG Nach § 35 S. 1 VwVfG ist der Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die hoheitliche Maßnahme zur Regelung bildet zugleich das wesentliche Abgrenzungskriterium zur einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung. 118 Ob dieses Merkmal vorliegt, bestimmt sich nach dem Willen der Behörde. 119 Dieser ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. 120 Dabei ist aber nicht maßgeblich, was die Behörde tatsächlich subjektiv gewollt hat, sondern wie ihr Handeln unter Berücksichtigung von Treu und Glauben bei objektiver Auslegung analog §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines verständigen Empfängers zu verstehen war. 121 Diese Sicht aus dem Empfängerhorizont soll für den Bürger Klarheit bringen, worauf er sich bei der Handlung der Verwaltung einstellen muss und so Rechtssicherheit schaffen. 122 Damit ist der Rückgriff auf einen verobjektivierten Willen der Behörde in diesem Fall nicht Mittel, um einen Anknüpfungspunkt für die recht116 BVerwGE 97, 323 (330); Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs, VwVfG, § 38, Rn. 75; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 38, Rn. 33; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 38, Rn. 39; Baumeister, DÖV 1997, 229 (231). 117 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 38, Rn. 33; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 38, Rn. 39. 118 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(5). 119 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 22 m.w. N. 120 BVerwGE 67, 305 (307 f.); BVerwG NVwZ-RR 2000, 135 (135); LSG Erfurt, Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 39; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 12; Clausen, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, § 9, Rn. 25. 121 BVerwGE 41, 305 (306); 48, 279 (282); 49, 244 (247); 60, 144 (147); 67, 305 (308); OVG Berlin NVwZ-RR 1990, 194 (195); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18; Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 17. Vgl. ausführlich zur Auslegung unten 6. Kap. 6. Abschn. B. 122 BVerwGE 41, 305 (306); BVerwG NVwZ 1984, 36 (37); BayVBl. 1999, 411 (412); Kluth, NVwZ 1990, 608 (611) m. w. N. Vgl. auch Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 198.

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liche Wirkung einer Handlung zu bilden, sondern nur klarstellendes Moment, um Rechtssicherheit zu erzeugen. Dementsprechend steht bei der Auslegung eines Verwaltungsakts nicht primär das Vorhandensein von Tatbestandselementen aufgrund eines darauf gerichteten Willens in Frage. Vielmehr geht es darum, von was im Rechtsverkehr ausgegangen werden darf. 123 Die Auslegung eines Erklärungsakts ist nicht mit dem darauf bezogenen rechtlichen Können gleichzusetzen. Obwohl auch im hier abgehandelten Zusammenhang ein Wille in der Verwaltung eine Rolle spielen kann, ist eine Vergleichbarkeit mit der Suche nach dem Grund der Rechtswirkungen nicht gegeben. 4. Bekanntgabe eines Verwaltungsakts, § 41 VwVfG Nach § 41 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt an die Beteiligten bekanntzugeben. Dies ist gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG Voraussetzung, damit der Verwaltungsakt Wirksamkeit erlangt. Eine Bekanntgabe wiederum setzt einen Bekanntgabewillen voraus, der als Wille der Behörde zu einer Eröffnung des Verwaltungsakts an den Adressaten oder den Betroffenen verstanden wird. 124 Der Verwaltungsakt muss mit dem Willen der Behörde in den Rechtsverkehr gelangen. 125 Der Bekanntgabewille ergibt sich aus dem natürlichen Willen eines zuständigen Mitarbeiters der Behörde. 126 Im Gegensatz zu dem Bestehen einer Zusicherung oder den Auswirkungen der Teilnichtigkeit bezieht sich der Bekanntgabewille ausdrücklich nicht auf einen Behördenwillen, sondern auf den tatsächlichen Willen eines Bediensteten. Macht man sich erneut bewusst, dass tatsächlichen Handlungen, wie beispielsweise das Abschicken eines Briefs, in der Verwaltung nur von natürlichen Personen wahrgenommen werden können, erscheint dies auch konsequent. Gleichzeitig verdeutlicht dies aber auch, dass sich der Wille des Bediensteten bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts nicht auf eine Konkretisierung vorgegebener Ziele oder die Willensbildung in der Verwaltung bezieht, sondern dem Vornehmen einer tatsächlichen Handlung, die sich auf die Bekanntgabe einer Verwaltungszielkonkretisierung bezieht. Somit ist das Objekt des Willens nicht identisch mit dem in Frage stehenden Untersuchungsgegenstand. 123

Vgl. zu dem Unterschied von rechtlichem Können und Auslegung oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 124 BVerwGE 16, 165 (166 f.); 17, 148 (153); 22, 14 (15); BVerwG JZ 1964, 687 (687); BFH NVwZ 1987, 632 (632); NVwZ-RR 1991, 660 (661); OVG Münster NJW 1989, 120 (121); VG Bremen NVwZ-RR 1996, 550 (551); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 41, Rn. 5. 125 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4c. 126 BFHE 147, 205; Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 11; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 41, Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7a; Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 8.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

5. Wirksamkeit der Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts bzw. Geltungsgrund Genauso wie erörtert werden kann, warum die Folgen einer zivilrechtlichen Willenserklärung rechtlich gelten, kann dies auch für den Verwaltungsakt geschehen. Nach § 43 Abs. 1 VwVfG wird der Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, bekannt gegeben wird. Abs. 2 bestimmt, dass der Verwaltungsakt wirksam bleibt, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Zurückgehend auf das Bundesverwaltungsgericht wird dabei zwischen innerer und äußerer Wirksamkeit unterschieden. 127 Die äußere Wirksamkeit wird durch die Bindung des Adressaten oder Betroffenen an den Verwaltungsakt ausgelöst, also mit der ordnungsgemäßen Bekanntgabe. 128 Die innere Wirksamkeit bedeutet, dass der Verwaltungsakt die in seiner Regelung enthaltenen materiellen Rechtsfolgen tatsächlich auslöst. 129 Beim Verwaltungsakt muss damit zwischen dem Vorhandensein der Tatbestandselemente des § 35 S. 1 VwVfG, 130 einer äußeren und einer inneren Wirksamkeit unterschieden werden. Auffällig ist, dass auch beim Verwaltungsakt Schwierigkeiten bestehen, den genauen Grund der Rechtswirkungen auszumachen. So wird die Möglichkeit gesehen, dazu auf den Willen des den Verwaltungsakt erlassenden Beamten, einen „Behördenwillen“ oder die objektiven Rechtsnormen abzustellen. 131 Die hierzu bestehenden Überlegungen sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Stattdessen sollen sie in eine Erörterung über den Grund der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung punktuell einfließen, um ein möglichst ganzheitliches Bild zu erhalten.

127

BVerwGE 13, 1 (7); 55, 212 (215); BVerwG NVwZ 1983, 608 (608); VG Schleswig NordÖR 2002, 151 (151); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 43, Rn. 154 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43, Rn. 4 ff.; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 43, Rn. 6; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13, Rn. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 66. 128 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 43, Rn. 155; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43, Rn. 5; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 43, Rn. 6. 129 BVerwGE 13, 1 (7); 55, 212 (215); BVerwG NVwZ 1983, 608 (608); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 43, Rn. 157; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43, Rn. 6. 130 Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG. § 35, Rn. 36. Hiervon zu unterscheiden ist die Tatbestands- und Feststellungswirkungen, vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 48, Rn. 8. 131 P. Stelkens/U. Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG. § 35, Rn. 39. Vgl. zu weiteren Nachweisen zu diesem Streitstand umfangreich Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 18 ff.; Bull, Verwaltung durch Maschinen, S. 62 ff.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

319

II. Bestimmung des Grundes der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung Während sich bei der zivilrechtlichen Willenserklärung der Grund der Rechtswirkungen durch die Anknüpfung an Wille und Erklärung ohne realistische Alternativen aus diesen beiden Elementen im Zusammenhang mit der Rechtsordnung heraus entwickeln konnte, bieten sich für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung, wie auch schon bei der Frage nach einem Staatswillen oder dem Grund der Rechtswirkung des Verwaltungsaktes, mehr Möglichkeiten. 1. Rechtsordnung als Ausgangspunkt Ebenso wie für zivilrechtliche Willenserklärungen muss der Ausgangspunkt der Rechtswirkungen in der Rechtsordnung liegen. Staatliches Handeln kann deshalb Rechtswirkungen entfalten, weil es die Rechtsordnung so vorsieht. Dies gilt im Vergleich zu dem Handeln des zivilrechtlichen Individuums für den Rechtsstaat noch sehr viel eindringlicher. Hinter den Rechtswirkungen der zivilrechtlichen Willenserklärung stand maßgeblich die Anerkennung der Würde des Einzelnen durch Selbstverwirklichung. Zur Verrechtlichung dieses Bedürfnisses bedurfte es der Rechtsordnung. Das Handeln des Staates als juristische Person steht jedoch, wie auch schon im Zusammenhang mit der Privatautonomie dargestellt, vor einem anderen Ausgangspunkt. Für den Staat ist die Rechtsordnung nicht Umsetzungselement vorhandener Individualität. In Bezug auf staatliches Handeln ist die Rechtsordnung das entscheidende Mittel, um der Rechtsstaatlichkeit erst Konturen zu geben. 132 Die Rechtsordnung ist zwingende Voraussetzung für die Geltung der Handlungen eines Rechtsstaates. 133 2. Rechtsordnung alleiniger Grund der Rechtswirkungen Sogleich stellt sich aber die Frage, ob die Rechtsordnung den alleinigen Grund der Rechtswirkungen für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung bilden kann. 134 In dieser Vorstellung finden sich Anleihen zur zivilrechtlichen Erklärungstheorie wieder, die im Ergebnis für die rechtliche Wirksamkeit einer tatsächlichen Äußerung neben der Rechtsordnung keinen weiteren Grund fordert. 135 Für diese Auffassung spricht schon allgemein die durchgängig für das 132

Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 21 f. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 281. A. A. Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 15. „[...] die Akte der Verwaltung den Grund ihrer Geltung nicht dem Gesetz entnehmen.“ 134 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 16, „[...] Geltungsgrund und Gültigkeitsmaßstab von Handlungen der Verwaltung in erster Linie Gesetz und Recht sind [...]“; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (328) jeweils m.w. N. 135 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.5. 133

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Verwaltungshandeln bestehende Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG. Die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens durch die Verwaltung beruht in großen Teilen auf dem Vollzug von Gesetzen, so dass man dies auch für die Rechtswirkungen von einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen verwertbar machen könnte. Unterstützt werden kann dieser Gedanke durch einen Rückgriff auf Zurechnungsaspekte, die von der individuellen Persönlichkeit losgelöst sind, wie sie Kelsen schon vertreten hat. 136 Auch die Betrachtung des Verwaltungsakts könnte dies unterstützen. 137 Verwaltungsakte sind nach §§ 48, 49 VwVfG aufhebbar, wenn sie rechtswidrig sind oder besondere Umstände eintreten. Sieht man von der ohnehin immer bestehenden Möglichkeit ab, dass ein Rechtssatz die Aufhebbarkeit einer Rechtshandlung unter bestimmten Umständen ermöglicht, scheint ein wesentlicher Ansatzpunkt auch in dieser Systematik die Rechtswidrigkeit zu sein. Willenselemente spielen allenfalls eine untergeordnete Rolle. 138 Relativiert wird dieser Befund aber durch die besonderen Funktionen des Verwaltungsakts. Die diesen treffende Bestandskraft verhindert eine umfassendere Möglichkeit der Aufhebung. In diesem Sinne ist die Aufhebung im Widerspruchsverfahren, welches die Bestandskraft hinausschiebt, in sehr viel breiterem Maße möglich. So hat nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO ein Widerspruchsverfahren schon Erfolg bei der Rechtswidrigkeit oder auch Zweckwidrigkeit eines Verwaltungsakts. Das Fehlen von Willenselementen im Recht der Aufhebung des Verwaltungsakts ist so einerseits auffällig, andererseits könnte es aber auch durch die besonderen Funktionen des Verwaltungsakts erklärbar sein. Wie schon bei der zivilrechtlichen Willenserklärung muss aber die Bedeutung einer individuellen Entscheidung berücksichtigt werden. Die Rechtsordnung alleine führt nicht zu einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung. Ganz deutlich wird dies bei einem Vergleich mit einem gesetzesgebundenen Verwaltungsakt. Bei diesem ist, sofern der Tatbestand vorliegt, der Verwaltungsakt zu erlassen. 139 Auch hier ist zwar ein menschlicher Wille nötig, um den Verwaltungsakt bekanntzugeben, dieser bezieht sich jedoch auf die bloße Bekanntgabe 136

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1.b. In Parallelität hierzu wird auch die Rechtswirkung von Verwaltungsakten allein durch die Rechtsordnung begründet. Andersen, Ungültige Verwaltungsakte, S. 39, „Die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes entsprängen daher nicht irgendeinem Staatswillen oder einer Herrschermacht, sondern sie beruhen auf den objektiven Rechtsnormen.“ Ipsen, Widerruf gültiger Verwaltungsakte, S. 5, hält die französische Theorie, wonach der Verwaltungsakt „seine rechtserzeugende Kraft [...] lediglich aus der Norm des objektiven Rechts schöpft“, für „gradlinig und klarer“. Gygi, Verwaltungsrecht und Privatrecht, S. 41, „Was für die privatrechtliche Willensäußerung der wirkliche innere Wille bedeutet, ist für den Verwaltungsakt die Übereinstimmung mit dem Gesetz.“ Vgl. auch Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 183 f. 138 Vgl. auch sogleich 4. Kap. 1. Abschn. B.II.6.b. 139 Zu gebundenen einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen unten 4. Kap. 1. Abschn. B.II.6.c. 137

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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und nicht auf einen Willensinhalt der Verwaltung. 140 Bei einem im Ermessen stehenden Verwaltungsakt oder einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung tritt zu diesem Willen, die Bekanntgabe vorzunehmen und damit die Äußerung zu erzeugen, für die der Grund der Rechtswirkungen zu suchen ist, zusätzlich noch der Wille, eine inhaltliche Aussage zu treffen. Ohne diesen kann von einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung nicht gesprochen werden. Hinzu kommt, dass, je unbestimmter die rechtlichen Vorgaben für einen Bereich sind, desto weniger sie alleine den Grund der Rechtswirkungen bilden können. Das, was die Rechtsordnung offenlässt, muss von anderer Stelle wieder gefüllt werden. In durchnormierten Bereichen wäre es denkbar, dass die Rechtsordnung einen hinreichend ausdifferenzierten Grund für Rechtswirkungen bildet. In eigenständigen Bereichen der Verwaltung ist es aber gerade charakteristisch, dass sich die Rechtsordnung mit Handlungsvorgaben zurückzieht, um anderen Elementen entscheidendes Gewicht zukommen zu lassen. Die Rechtsordnung kann deshalb grundsätzlich nicht den alleinigen Grund der Rechtswirkungen für einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen bilden. 3. Staatliche Autorität Eng mit der Rechtsordnung verbunden ist die staatliche Autorität, die die Verwaltung für sich beanspruchen kann. Denkbar wäre, dies als Grund der Rechtswirkungen für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung anzusehen. Ansätze, die den typischen Gehalt des Verwaltungsrechts in einem Über- / Unterordnungsverhältnis ansiedeln, haben in weiten Bereichen ihre Berechtigung. Akzeptiert werden muss aber auch, dass mit solchen Denkfiguren der Charakter einer vor allem auf die Gefahrenabwehr konzentrierten Verwaltung in die Neuzeit transportiert wird. 141 Im demokratischen Verfassungsstaat sind die Bürger jedoch nicht nur das Objekt des verwaltungsrechtlichen Tätigwerdens, sondern ebenso mit Grundrechten ausgestattete Rechtssubjekte. 142 Oftmals herrscht im Verwaltungsrecht gerade kein Über- / Unterordnungsverhältnis, wie allein der öffentlich-rechtliche Vertrag nach § 54 VwVfG zeigt. 143 Es gibt auch Fälle, in denen der Staat nicht nur die öffentlich-rechtliche Rechtsord140

Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. B. I.4. Vgl. Ehlers, DVBl. 1986, 912 (913); Schnapp, DÖV 1986, 811 (813). 142 Wyduckel, Ius Publicum, S. 330. 143 Vgl. allgemein zum Über- / Unterordnungsverhältnis Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 119; 335 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 20; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 16; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 16; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 100 f.; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11, Rn. 16 ff. 141

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

nung durchsetzt, sondern ihr gleichsam wie ein Bürger unterliegt. 144 Und besonders für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung kann ein Subordinationsverhältnis nicht überzeugend herangezogen werden. Es ist gerade die hoheitliche Maßnahme zur Regelung, die die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung vom Verwaltungsakt abgrenzt. 145 Die Heranziehung einer staatlichen Autorität ist schon generell mit Zweifeln behaftet, für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung kann sie nicht als Grund der Rechtswirkungen Beachtung finden. 4. Erklärung Dann könnte aber die vom Empfänger vernommene Erklärung den Grund der Rechtswirkungen bilden, wie es auch schon die Erklärungstheorie für die zivilrechtliche Willenserklärung fordert. Dabei müssen die verschiedenen Ausgangspunkte zwischen Zivilrecht und Verwaltungsrecht beachtet werden. Die zivilrechtliche Privatautonomie gestattet Erklärungen jeglichen Inhalts abzugeben. Aus diesem Grund ist der Vertrauensschutz im Zivilrecht häufig lediglich ein rechtstechnisches Mittel, um die Sicherheit im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu erhöhen. 146 Auch ein Vertrauensbedürfnis ist ähnlich der Möglichkeit seinem eigenen Willen verbindlich zu verwirklichen, Grundbestandteil menschlichen Zusammenlebens. 147 Die Rechtsordnung vermag dies abzusichern. 148 Im Verwaltungsrecht besteht dagegen der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Für den Bürger sind die Entscheidungsbildungsverfahren und inneren Organisationsregeln der Verwaltung in der Regel schwerer zu erkennen, als wenn er einem zivilrechtlichen Vertragspartner gegenübersteht. Für den Rechtsstaat hat der Vertrauensschutz deshalb nicht nur Unterstützungs- und Umsetzungsfunktion, sondern stellt ein elementares Wesensmerkmal dar. 149 Auch die Grundrechte können als Begründung für einen Vertrauensschutz herangezogen werden. 150 Durch 144

Schnapp, DÖV 1986, 811 (813). Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(5). 146 Larenz / Wolf, BGB AT, § 2, Rn. 34. 147 Vgl. die Vorstellung Hobbes von der Gesellschaft oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c.(1). 148 Zum Vertrauensschutz als Bestandteil der Rechtsordnung, vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4. 149 Maurer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 79, Rn. 11; Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, S. 23 ff.; Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 1, dort auch kritischere Nachweise zur Bedeutung des Vertrauensschutzes. 150 BVerfGE 2, 237 (264 ff.); 3, 58 (150); 68, 287 (306); Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 141 ff.; Pieroth, JZ 1990, 279 (281); Muckel, JA 1994, 13 (15). Für andere mögliche Begründungen in Form des Rechtsstaatsprinzips, Sozialstaatsprinzips, Treu und Glauben oder des sog. „Estoppel“-Grundsatzes, vgl. Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 12 ff. 145

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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die unmittelbare verfassungsrechtliche Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG besteht eine durchgehende und praktisch sanktionierbare Verpflichtung, Vertrauensschutzaspekte zu achten. Auch wenn privatautonom eingegangene Verpflichtungen ebenso zu achten und erfüllen sind (Grundsatz „pacta sunt servanda“), so kann doch zumindest faktisch im Zivilrecht nicht mit der gleichen Selbstverständlichkeit auf den Eintritt begründet erwarteter Rechtsverhältnisse vertraut werden. Allzu häufig sieht sich die Zivilgerichtsbarkeit privatrechtlicher Streitigkeiten ausgesetzt, in denen Vertrauen enttäuscht wurde. 151 Ein Rückgriff auf Grundrechte, um den Vertrauensschutz gegenüber anderen Privatrechtssubjekten zu begründen, muss schließlich gänzlich fehlen. Man könnte also meinen, der Vertrauensschutz müsste im öffentlichen Recht stärker ausgeprägt sein, als im Zivilrecht. Gegen ein verstärktes Abstellen auf die Erklärung kann auch nicht der Einwand geltend gemacht werden, es würde damit das für das Verwaltungsrecht prägende Abstellen auf die Gesetzmäßigkeit umgangen werden. Zwar würde man durch ein Abstellen auf die Erklärung und ein Unberücksichtigtlassen des gewollten Inhalts die Anbindung an den für das Handeln der Verwaltung maßgeblichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit verlieren, aber auch der Vertrauensgrundsatz ist als solcher Bestandteil von Recht und Gesetz. Stattdessen müsste aber die mühsam ermittelte Eigenständigkeit der Verwaltung an Bedeutung verlieren. Bei einem Abstellen auf die Erklärung könnten die hinter ihr stehenden Motive nicht mehr berücksichtigt werden. Das Argument, dies sei für das Verwaltungsrecht wegen Fehlens privatautonomer Elemente auch nicht notwendig, kann indes nicht mehr überzeugen. Zwar kommt die Verwaltung nicht in den Genuss der Privatautonomie, dennoch hat sie einen eigenständigen Bereich, dessen Ausfüllung auch möglich sein muss. Das Abstellen auf die Erklärung führt aber im Ergebnis dazu, dass neben der Rechtsordnung keine weiteren Gründe für die Rechtswirkungen bestehen. Ohne die Fähigkeit, der Eigenständigkeit rechtliche Verbindlichkeit zu geben, wäre jegliche Eigenständigkeit lediglich ein Gedankenspiel. Auch im Verwaltungsrecht besteht deshalb ein Bedürfnis, das eigenständige Element als Bestandteil der Dogmatik einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung anzuerkennen. Damit ist der Geltungsgrund aber nicht in der Erklärung gefunden. Eine möglicherweise verstärkte Beachtung des Vertrauensschutzgrundsatzes kann sachgerechter über konkrete Anwendungsregeln berücksichtigt werden. 152

151 Selbstverständlich ist auch das öffentliche Recht nicht frei von solchen Streitigkeiten, doch ist zumindest dort ein dogmatisch abgesicherter und begründeter Anspruch vorhanden, dass sich die öffentliche Gewalt rechtstreu verhält, vgl. BVerwGE 36, 179 (181); 51, 69 (75); 77, 207 (211). 152 Vgl. z. B. die Auslegung 6. Kap. 6. Abschn. B.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

5. Zusammenspiel von einem Willen in der Verwaltung und eines Bürgers Teilweise wird für den Grund von Rechtswirkungen von Verwaltungshandlungen ein einvernehmliches Zusammenspiel von einem Willen in der Verwaltung und eines Bürgers angenommen. 153 Was für den öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Selbstverständlichkeit ist, soll auch für andere Handlungsformen maßgeblich sein. So sei es gerade für den anfechtbaren Verwaltungsakt erst eine Willensentscheidung des Bürgers, die den Fortbestand sichere. 154 Eine solche Sichtweise scheint verstärkt auf faktische Gegebenheiten abzustellen, als eine dogmatische Lösung zu konstruieren. In dem dargestellten Beispiel des anfechtbaren Verwaltungsakts besteht dieser sowohl, wenn der Bürger sich in Kenntnis der Anfechtbarkeit für ein Fortbestehen desselbigen entscheidet, als auch wenn der Bürger unbewusst das Fortbestehen dadurch wahrt, dass er die Anfechtbarkeit übersieht. Auch lassen sich unzählige einseitige Handlungsweisen vorstellen – auch Willenserklärungen –, in denen die Willensrichtung des Bürgers unerheblich ist. 155 In Einzelfällen kann es zutreffend sein, dass sowohl Bürger als auch Verwaltung einen Beitrag zum Grund der Rechtswirkungen und vor allem den letztendlichen Inhalt eines rechtlichen Akts liefern, doch kann die Verwaltung auf solche Art von Unterstützung nicht angewiesen sein. Im Übrigen würde auch durch eine solche Sichtweise noch offen bleiben, auf was für einen Willen in der Verwaltung abzustellen ist. 6. Wille in der Verwaltung Als Grund der Rechtswirkungen kommt schließlich – ähnlich zu der zivilrechtlichen Willenserklärung – ein Wille in der Verwaltung in Betracht, sei als Verwaltungs-, Amtswalter- oder Behördenwille. Für die zivilrechtliche Willenserklärung ist der Wille des Einzelnen maßgeblich, weil nur so die durch Grundrechte gebotene, anerkannte und geschützte Privatautonomie verwirklicht werden kann. 156 Im öffentlichen Recht besteht kein privatautonomer Wille, weshalb diese Argumentationsstruktur für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung nicht verwendet werden kann. Ungeachtet dessen hat aber auch die Verwaltung einen eigenständigen Bereich. 157 Und auch wenn in diesem Bereich Zielvorgaben

153 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 159 f.; Martens, Praxis des Verwaltungsverfahrens, S. 145 ff. 154 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 159. 155 Beispielsweise sei nur die Eingriffsverwaltung angeführt. 156 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.2. 157 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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existieren, die zu beachten sind, so obliegt der Verwaltung doch eine letztendliche Konkretisierung. Dieser öffentlich-rechtliche Konkretisierungsspielraum ist Ausdruck eines eigenständigen Bereichs der Verwaltung. Im Weiteren bedeutet dies auch, dass ein Willenselement typisch und konstituierend für ein Tätigwerden im eigenständigen Bereich ist. Nur durch den Rückgriff auf ein Willenselement kann die Eigenständigkeit umgesetzt werden. Denn die Zubilligung eines solchen Bereiches wäre sinnlos, bestünde nicht auch die Möglichkeit der konkreten und situationsangepaßten Ausfüllung durch eine individuelle Entscheidung. Sobald nicht nur ein Umsetzen genau vorgegebener Normen erwartet wird, ist die Beteiligung eines Willenselements notwendig. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung lebt geradezu von dieser relativen Normfreiheit im eigenständigen Bereich der Verwaltung. a) Verwaltungs-, Behörden- oder Amtswalterwille Der Verwaltungswille besteht aus der Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstsein, formalen Ordnungsregeln und vorhandenen materiellen Handlungsvorgaben und bildet die Menge derjenigen vertretbaren Entscheidungen ab, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele möglich sind. Hingegen ist der Amtswalterwille die Konkretisierung des Verwaltungswillens auf die letztendlich umzusetzende Entscheidung. Diese wird inhaltlich durch den konkreten Behördenwillen ausgedrückt. Er beschreibt damit nichts anderes, als den Inhalt des konkretisierten Verwaltungswillens, wie er ihn durch den Amtswalter gefunden hat. Der Behördenwille beschreibt den Inhalt dessen, was mit dem betreffenden Rechtsakt gewollt war. Der Unterschied zwischen Verwaltungs- und Behördenwille liegt also, sofern dieser Prozess fehlerfrei abläuft, lediglich in einer inhaltlichen Konkretisierung. Bei der Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen wird aber nicht auf inhaltliche Komponenten abgestellt, sondern auf ein abstraktes Element. 158 Es geht um das Problem, ob ein Wille vorhanden ist und so den Grund für die Rechtswirkungen liefern kann. Was der Inhalt dieses maßgeblichen Willens ist, mag in später aufkommenden Zweifelsfragen relevant werden, für die Bestimmung des Grundes der Rechtswirkungen jedoch nicht. Der Behördenwille ist deshalb an dieser Stelle zu vernachlässigen. Somit gilt es den Blick auf den Verwaltungswillen 159 und den individuellen Amtswalterwillen 160 als Grund der Rechtswirkungen zu richten. 158 Dass im Zivilrecht für den Grund der Rechtswirkungen mit der Frage argumentiert wird, ob der Inhalt des Willens oder der Erklärung bei Abweichungen Vorrang hat, ist nun keine Beachtung des Inhalts für den Grund der Rechtswirkungen, sondern bloß eine Folge der Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen. 159 Für den Verwaltungsakt wird diese Möglichkeit von Müller-Heidelberg, DVBl. 1961, 11 (12), vertreten, der anstatt der Begrifflichkeit „Verwaltungswille“ aber auf einen

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

b) Diskussion Ein Rückgriff auf den individuellen Amtswalterwillen würde am ehesten dem zivilrechtlichen Bild der Willenserklärung entsprechen. Auch dort war der individuelle Wille des Einzelnen maßgeblich. Bei der Bildung einer Dogmatik der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung geht es jedoch nicht um eine genaue Abbildung zivilrechtlicher Strukturen, sondern vielmehr um die Respektierung und Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Eigenarten. Im Verhältnis von Zivilrecht und öffentlichen Recht lagen diese Unterschiede unter anderem in der Privatautonomie des Einzelnen. 161 Es ist gerade nicht möglich, den der privatautonomen Selbstgestaltung dienenden Willen des Einzelnen auch als Grund der Rechtswirkungen für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung heranzuziehen. Zutreffend ist es hingegen, wie Rüping darstellt, dass zwingend ein Mensch willentlich aktiv werden muss, damit die Verwaltung im eigenverantwortlichen Bereich einen Rechtsakt erlassen kann und dieser Entstehungstatbestand eine verstärkte Beachtung bedarf. 162 Im Einklang mit dieser Linie wird gegen einen Verwaltungswillen vorgebracht, er sei nicht zu bestimmen. 163 Darüber hinaus soll es nicht möglich sein, einen Unterschied zwischen dem Willen des einzelnen Amtswalters und einem Verwaltungswillen anzunehmen. 164 Auch könnte ein Vergleich mit § 166 BGB 165, demnach für die rechtlichen Folgen eines Willensmangels oder der Kenntnis gewisser Umstände nicht auf die Person des Vertretenen, sondern „Behördenwillen“ abstellt. „Entscheidendes Kriterium für die rechtliche Relevanz eines Verwaltungsakts ist also nicht, ob er von einem physischen Funktionsträger, dem Beamten, so gewollt wurde, sondern dass der Verwaltungsakt in derjenigen Form, in der er erlassen wurde, in den ‚Behördenwillen‘ aufgenommen wurde.“ Auch wenn keine vollständige Übereinstimmung zu dem hier vertretenen Wesen eines Verwaltungswillens besteht, so ist zumindest die Verknüpfung eines konkret erlassenen Rechtsaktes mit einem übergeordneten Willen vergleichbar. 160 Für den Verwaltungsakt Zeidler, Über die Technisierung der Verwaltung, S. 13, der darauf abstellt, dass die hoheitliche Entscheidung „vom Willen eines Menschen getragen“ wird. Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S, 82, „ [...] die Verwaltungshandlung – soll sie normierbar und steuerbar sein – phänomenologisch von ihrem Entstehungstatbestand ausgehend erfasst werden muss. Dabei kann nicht übersehen werden, dass dieser Tatbestand von einem handlungsfähigen Subjekt gesetzt wird und nach den Regeln menschlich-psychologischer Entscheidungsfindung gebildet wird. Diese aber kann ohne einen Rekurs auf den Willen zu Handlung und Inhalt nicht geleistet werden.“ 161 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II. 162 Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 82. 163 Andersen, Ungültige Verwaltungsakte, S. 16. 164 Bull, Verwaltung durch Maschinen, S. 67. 165 Zur grundsätzlichen Möglichkeit eines Rückgriffs auf die zivilrechtlichen Vorschriften der Vertretung ausführlich noch unten 4. Kap. 3. Abschn. Speziell zur Möglichkeit, § 166 Abs. 1 BGB anzuwenden ebenfalls unten 6. Kap. 7. Abschn. D.

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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des Vertreters abzustellen ist, für eine Maßgeblichkeit des Willens des erklärenden Amtswalters sprechen. Dabei muss aber beachtet werden, dass die zivilrechtliche Vertretungssituation durch zwei grundsätzlich gleichermaßen rechtstechnisch fähige Subjekte geprägt ist. Im Normalfall haben Vertreter und Vertretener die gleichen rechtlichen Fähigkeiten und wären austauschbar, ohne dass dadurch die Möglichkeit der Vertretung unmöglich werden würde. Der Amtswalter im öffentlichen Recht ist hingegen allein von sich aus nicht in der Lage öffentlich-rechtlich zu handeln. Ebenso fehlt dem Verwaltungsträger die Fähigkeit, tatsächlich zu handeln. Ein Vergleich mit § 166 Abs. 1 BGB kann also nicht für die Maßgeblichkeit des Amtswalterwillen sprechen. Zwar ist wünschenswert, dass jeder Amtswalter objektive und rechtmäßige Entscheidungen trifft, doch kann dies nicht als realistisch angesehen werden. Der hier vertretene Verwaltungswille, der auf die Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstsein, formalen Ordnungsregeln und vorhandenen materiellen Handlungsvorgaben zurückgreift, kann durch die damit verbundene auch objektive Einfärbung der beiden letzteren Merkmale dieser Anforderung hingegen gerecht werden und muss nicht zwingend – wenn auch erstrebenswert – mit dem Willen des einzelnen Amtswalters übereinstimmen. Gleichzeitig knüpft er auch an die subjektiven Elemente der beteiligten Einzelwillen und einem Kollektivbewusstsein an, so dass trotz seiner fehlenden existenziellen Eigenständigkeit ein ausreichendes physisch reales Grundelement besteht. Auch die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung hat sich an den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts zu orientieren. Dabei ist auch der verstärkt das öffentliche Recht durchziehende Ordnungscharakter zu beachten. 166 Um sicherzustellen, dass auch die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung unter diesem Leitmotiv Anwendung findet, sollte auf einen Grund für die Rechtswirkungen zurückgegriffen werden, der so vielseitig beschaffen ist, dass er den notwendigen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu leisten vermag. Am effektivsten erscheint dies durch den Verwaltungswillen möglich, der vor allem über seinen Bestandteil der materiellen Handlungsvorgaben eine größtmögliche Beachtung einer Vielzahl von Interessen sicherstellt. Dieses Ergebnis wird bestätigt, sobald man sich den Grund für den Gedanken einer zeitlich und örtlich begrenzteren Geltung des öffentlichen Rechts vor Augen führt. Da die öffentlich-rechtlichen Regelungen im Gegensatz zu zivilrechtlichen eher auf den momentanen und aktuellen politischen Entscheidungen beruhen, muss dies auch für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung Anerkennung finden. Der im öffentlichen Recht in erheblichem Maße zu beachtende Wille des Gesetzgebers findet im Verwaltungswillen Niederschlag, nicht aber im Amtswalterwillen. 167 Auch die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist zur 166 167

Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Umsetzung von Verwaltungszielen berufen, die durch den Verwaltungswillen repräsentiert werden. Die Bedeutung der Willensentscheidung des Amtswalters verliert an Gewicht, sobald man das Umfeld in der Verwaltung für die Willensentscheidung betrachtet. Objektive und rechtmäßige Entscheidungen werden am vielversprechensten durch eine unpersönliche und austauschbare Entscheidungsfindung garantiert. Dies korrespondiert unter anderem mit der Fähigkeit des Menschen zu überindividueller Interessenverfolgung, der Unabhängigkeit des Amtes vom Wechsel der Amtswalter, dem zu leistenden Amtseid und der hierarchischen Einbindung in die Bürokratie. 168 Der Amtswalter handelt für die juristische Person, die als bloßes Rechts- und Gedankengebilde unmittelbar keine eigene Handlungsfähigkeit besitzt. Auch die Ausfüllung des öffentlich-rechtlichen Konkretisierungsspielraums durch den einzelnen Amtswalter ist lediglich Ausdruck eines eigenständigen Entscheidungsspielraums der Verwaltung, sich zur Inhaltsvervollständigung menschlicher Tätigkeit zu bedienen. Dies wird deutlich am Beispiel der bei Verwaltungsakten bestehenden inneren Wirksamkeit bzw. Rechtswirkung und der damit im Zusammenhang stehenden Möglichkeit, eine Bedingung oder Befristung beizufügen. Die Entscheidung hierfür wird zwar durch den einzelnen Amtswalter getroffen, die Möglichkeit dazu ergibt sich jedoch durch den eigenständigen Entscheidungsbereich der Verwaltung. Die Hinzufügung einer die innere Wirksamkeit herausschiebenden Nebenbestimmung ist Bestandteil der die Summe der vertretbaren Entscheidungen bildenden Handlungsmöglichkeiten. Vergleicht man die Situation weiter mit der Frage der Teilnichtigkeit oder dem Bestand einer Zusicherung, so wird dieses bestätigt. Der dort gesuchte ‚Behördenwille‘ ist in seinem verobjektivierten Zustand ebenfalls Bestandteil der die Summe der vertretbaren Entscheidungen bildenden Handlungsmöglichkeiten und damit des Verwaltungswillens. Bei den im Gesetz auffindbaren Bezügen zu einem Willen in der Verwaltung ist im Vergleich mit dem hier interessierenden Bereich gerade nicht auf den tatsächlichen subjektiven Willen des einzelnen Amtswalters abzustellen. 169 Entscheidend gegen einen Geltungsgrund des einzelnen Amtswalterwillens sprechen die Auswirkungen, sollte dieser geschäftsunfähig sein und somit nach 168

Vgl. Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 84 ff. So kommt auch Erichsen, VerwArch 66 (1975), 299 (306), zu der Feststellung: Dass „der subjektive Wille des mit der Amtswaltung betrauten Individuums eine Rolle spielt, dürfte bisher kaum behauptet oder – falls doch geschehen – ernsthaft in Erwägung gezogen worden sein“. Zwar ist ebenfalls nicht auf einen tatsächlichen subjektiven Willen der Behörde abzustellen, doch ist damit nach den hier vertretenen Strukturen der Behördenwille gemeint. Dessen mangelnde Bedeutung für den Geltungsgrund konnte schon dargelegt werden. Der Verwaltungswille hingegen ist durch seine Zusammensetzung Ausdruck eines objektiven Willens. 169

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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zivilrechtlicher Qualifikation keinen rechtswirksamen Willen bilden können. 170 Dies ist nach §§ 8 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 1 S. 1 BBG aber Voraussetzung für die Ausübung der Beamtentätigkeit. Maßgeblich ist in einem solchen Fall für das Außenverhältnis, dass der Bürger – sieht man einmal von offensichtlich erkennbaren Sachverhalten ab – die fehlende Geschäftsfähigkeit nicht erkennt und so mit dem Rechtsgedanken des § 14 S. 1 BBG Schutz genießt. 171 Zumindest im Verhältnis zum Bürger beruhen die Rechtswirkungen damit nicht auf dem Willen des handelnden Amtswalters. Gleiches zeigt sich an der Aufhebung von Verwaltungsakten. Auch wenn dieses System von den besonderen Funktionen des Verwaltungsakts abhängt, 172 so berechtigt allein eine Täuschung oder Bedrohung des Amtswalters nach § 48 VwVfG nicht zur Rücknahme. Entscheidend ist vielmehr, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Die Täuschung oder Drohung ist hingegen lediglich für das Vertrauen des Betroffenen relevant. Sie hat trotz ihrer direkten Auswirkungen auf den Willen des Amtswalters keinen unmittelbaren Einfluss auf den Tatbestand der Rücknahme. Maßgeblich für die Möglichkeit, einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen zu erlassen, ist der öffentlich-rechtliche Konkretisierungsspielraum, der sich aus dem eigenständigen Bereich der Verwaltung ergibt. 173 Der Konkretisierungsspielraum erfasst naturgemäß verschiedene Handlungsalternativen, zwischen denen es zu wählen gilt. Der gesuchte Grund der Rechtswirkungen muss deshalb die Möglichkeit sein, eigenverantwortlich zwischen verschiedenen zur Verfügung stehenden Alternativen zu wählen. Dieser Aspekt wird durch den Verwaltungswillen ausgedrückt. Er erfasst in noch nicht konkretisierender Weise eine Summe vertretbarer Entscheidungen. 174 Der Amtswalter ist in dieser Konstellation lediglich austauschbares Instrument der Konkretisierung. 175 Die Begründung eines eigenständigen Bereichs der Verwaltung setzt sich so im Grund der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung fort. 170

Umfangreicher dazu noch unten 7. Kap. 1. Abschn. B. V. Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 233; Knothe, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 104 – 115, Rn. 98. 172 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.2. 173 Vgl. Hoke, DÖV 1962, 281 (283). 174 Vgl. auch Erichsen, VerwArch 66 (1975), 299 (310) m.w. N. 175 Hiermit zeigt sich gleichzeitig ein weiteres Argument gegen die Analogie als Begründung der Handlungsform Willenserklärung im öffentlichen Recht, vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II. Als Grund der Rechtswirkungen für die zivilrechtliche Willenserklärung konnte der wahre Wille des Individuums angesehen werden. Dabei galt dies in einem durch die Rechtsordnung vorgegebenen Umfang, wobei über den Willen die grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung verwirklicht wird. Wollte man eine so verstandene zivilrechtliche Willenserklärung mittels einer Analogie ins öffentliche Recht übertragen, so würde ihr dort ihr Grund der Rechtswirkungen fehlen. Fraglich wäre sodann, ob eine Analogie zu einem Wechsel im Grund für die Rechtswirkungen berechtigt. 171

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

c) Ausnahme: Einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen gebundener Art Eine Ausnahme hierzu könnte sich jedoch bei einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen gebundener Art ergeben. Bei diesen besteht gerade kein Konkretisierungsspielraum. Dennoch liegt aber auch hier ein Verwaltungswille vor, der nur durch die materiellen Handlungsvorgaben auf eine Entscheidung reduziert ist. Genau genommen bildet damit auch für gebundene Erklärungen der Verwaltungswille den Grund der Rechtswirkungen. Besonderheiten ergeben sich nur durch seine spezielle Beschaffenheit. 7. Weitere Gründe für eine Rechtswirkung neben Rechtsordnung und Verwaltungswillen Auch wenn für die Gegenüberstellung von zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Willenserklärung vor allem das Element des Willens erörterungsbedürftig ist, stellt sich ebenso wie im Zivilrecht die Frage, ob daneben weitere Gründe für die Rechtswirkungen bestehen. Auch hier ist Ausgangspunkt dieser Überlegungen die Möglichkeit des Bestehens von Erklärungen, die nicht vollständig mit dem dahinterstehenden Grund der Rechtswirkungen übereinstimmen. Im Zivilrecht ergibt sich die mögliche Wirksamkeit entsprechender Willenserklärungen durch verschiedene Ausprägungen der zugrunde liegenden Rechtssätze, vor allem die §§ 119 ff. BGB. Obwohl im Verwaltungsrecht vergleichbare Vorgaben für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung fehlen, kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser die Rechtswirkungen fehlen, sobald sie sich nicht mit dem hierfür entscheidenden Verwaltungswillen in Deckung bringen lässt. Zur Begründung dieses Ergebnisses ist jedoch nicht auf gesetzliche Ausprägungen zurückzugreifen, sondern auf allgemeine Strukturen des öffentlichen Rechts. Zur Vermeidung von Widersprüchlichkeiten ist staatliches Handeln durch Beständigkeit gekennzeichnet, auf das sich der Bürger verlassen kann. 176 Diese Vertrauensschutzelemente sollen nicht nur ganz allgemein gewährleisten, dass der Teilnehmer am Rechtsverkehr auf längere Zeit planen und disponieren kann, 177 sondern gerade im öffentlichen Recht wegen der möglichen Dominanz des Staates im Besonderen einen Schutz des Bürgers bezwecken. 178 Diese Dominanz kann sich in zweierlei Hinsicht bemerkbar machen. Der moderne Leistungs- und Sozi176

Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 131. BVerfGE 76, 256 (350); Kisker, VVDStRL 32 (1973), 149 (161 ff.). 178 Maurer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 79, Rn. 12 ff. Allgemein zum Vertrauensschutz Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht; Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, 177

1. Abschn.: Rechtswirkungen

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alstaat begründet in bestimmten Lebensbereichen eine Abhängigkeit des Bürgers von staatlichen Hilfe- und Unterstützungsleistungen, dessen konstante Aufrechterhaltung zur gesicherten Lebensführung der betroffenen Bürger notwendig ist. 179 In der Eingriffsverwaltung, in dessen Rahmen der Staat sich einer übergeordneten Stellung bedienen kann, sichert der Vertrauensschutz die fortlaufende Beachtung der die staatlichen Gewalten bindenden Grundrechte. 180 a) Vertrauensschutz trotz fehlender hoheitlicher Maßnahme zur Regelung Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist zwar auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet, doch stellt sie dabei keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung dar, was für den Verwaltungsakt ein konstituierendes Merkmal ist. 181 Fraglich ist, ob auch die im Vergleich hierzu in rechtlicher Intensität zurückbleibende Handlungsform der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung beim Empfänger vertrauensschutzrelevante Momente begründen kann oder ob der Bürger, weil die Erklärung von vornherein gerade nicht darauf gerichtet ist, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen, auf ihren Bestand auch nicht vertrauen kann. 182 Unabhängig hiervon sind aber auch einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen darauf gerichtet, einen rechtlichen Erfolg herbeizuführen. Der maßgebliche Unterschied beider Handlungsformen liegt dabei in der Art und Weise der Herbeiführung der Rechtsfolgen. Während der Verwaltungsakt diese aus sich selbst heraus und in seinem Bestehen weitestgehend losgelöst von der zugrunde liegenden Rechtslage herbeiführt, vermag die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung lediglich konkret im Rahmen der ihr durch die Rechtsordnung vermittelten Fähigkeiten Rechtsfolgen herbeizuführen. 183 Dennoch vertraut auch ihr Empfänger darauf, dass die im Rahmen der fähigkeitbegründenden Regelungen möglichen und durch die Erklärung gewollten Rechtsfolgen auch tatsächlich erzeugt werden. In diesem Sinne werden für den Bürger, betrachtet er den Eintritt der Rechtsfolgen, i. d. R. keine Unterschiede zwischen Verwaltungsakt und einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärung, insbesondere unmittelbar rechtswirkenden, zu erkennen sein. 184 S. 154 ff.; Kisker, VVDStRL 32 (1973), 149; Püttner, VVDStRL 32 (1973), 194; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII, Rn. 64; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 292 ff. 179 Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, S. 23 ff. 180 Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, S. 26 ff. 181 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(5). 182 Genau genommen ergibt sich die Relevanz dieser Frage vor allem über die unterschiedlichen Rechtswirkungen von Verwaltungsakt und einfacher verwaltungsrechtlicher Willenserklärung, vgl. dazu unten 6. Kap. 3. Abschn. 183 Vgl. ausführlich oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1). 184 Vgl. auch unten 6. Kap. 4. Abschn. B.II.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Aus der Sicht des Bürgers besteht hingegen ein deutlicher Unterschied zu dem nicht auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichteten, informellen Verwaltungshandeln. Der Umstand, dass einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen keine hoheitliche Maßnahme zur Regelung darstellen, verhindert deshalb nicht, dass ein Empfänger auf ihren Bestand vertraut. b) Verortung der Vertrauensschutzelemente Im Zivilrecht bestehen verschiedene Konstruktionen, Elemente des Vertrauensschutzes – unabhängig von ihrer letztendlichen Zusammensetzung – im Gefüge des Grundes der Rechtswirkungen der Willenserklärungen zu verorten. Für die Vertrauensschutzelemente im öffentlichen Recht fällt auf, dass sie eine hohe dogmatische Verwurzelung aufweisen. 185 In der Rechtssprechung wurde der Vertrauensschutz vor allem durch das Bundesverwaltungsgericht aus dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet. 186 Das Bundesverfassungsgericht hat daneben auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip entstammende Rechtssicherheit oder die Grundrechte zurückgegriffen, um den Vertrauensschutz zu begründen. 187 Der Verwaltungswille, der bisher zusammen mit der Rechtsordnung als Grund der Rechtswirkungen anerkannt werden konnte, besteht aus der Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstsein, formalen Ordnungsregeln und vorhandenen materiellen Handlungsvorgaben und deckt inhaltlich die Menge derjenigen objektiv vertretbaren Entscheidungen ab, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele und Abstimmungsfaktoren möglich sind. 188 Sein überindividuell-objektiver Charakter wird maßgeblich durch materielle Handlungsvorgaben bestimmt, die erst dazu führen, dass er eine Menge an objektiv vertretbaren Entscheidungen abdeckt. Die den Verwaltungswillen mitbestimmenden materiellen Handlungsvorgaben umfassen dabei auch die dargestellten Vertrauensschutzelemente. Der Verwaltungswille beinhaltet somit die altruistische Verantwortung, für ihm zurechenbare Erklärungen auch dann einzustehen und die daraus resultierenden Folgen zu tragen, wenn sie mit seinen eigentlichen Intentionen nicht übereinstimmen. 189 Dies ist unabhängig vom konkretisierenden Amtswalterwillen. Grund für die Rechtswirkungen der 185

Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 2, Rn. 32. BVerwGE 8, 261 (269); 9, 251 (253 ff.); 10, 64 (68); 19, 188 (190); 27, 215 (217 f.); 29, 291 (295); 40, 147 (150). 187 Zum Rechtsstaatsprinzip BVerfGE 13, 261 (271); 15, 313 (319); 45, 142 (167 f.); 51, 356 (362); 59, 128 (152, 169); 74, 129 (152). Zu den Grundrechten BVerfGE 68, 287 (306); 69, 272 (309); 72, 155 (196); 72, 200 (241 ff.); 74, 129 (155); 95, 64 (86). 188 Umfassend hierzu oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. 189 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.4.b.(1). 186

2. Abschn.: Elemente des Willens

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einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung ist damit die Rechtsordnung und der Verwaltungswille, der Elemente des Vertrauensschutzes in sich trägt. Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Willenserklärung ist für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung der maßgebliche Wille verrechtlicht. Vertrauensschutzelemente begründen über ihn, nicht aber über die Rechtsordnung als solches die Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung.

2. Abschnitt

Elemente des Willens Sowohl für die einfache verwaltungsrechtliche als auch die zivilrechtliche Willenserklärung nehmen Willensaspekte eine dogmatisch entscheidende Position ein. Dies kann auch bei Betrachtung des Tatbestands festgestellt werden, wonach beide Erklärungen auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet sind. Zu klären ist nun, wie der Wille als Rechtsgrund näher beschaffen ist, also wie die allgemein für das Willenselement vorgenommene Aufschlüsselung konkret auszusehen hat und inwieweit diese Elemente einen Niederschlag finden.

A. Situation im Zivilrecht In zivilrechtlicher Hinsicht wird für das Element des Willens allgemein zwischen den drei Unterelementen des Handlungswillens, des Erklärungsbewusstseins und des Geschäftswillens unterschieden. 190 Im Gegensatz zu der schon an 190

Lehmann / Hübner, BGB AT, § 24 IV 1 b; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 84 ff; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 3 ff; Hübner, BGB AT, Rn. 664 ff.; Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 2 ff.; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 16 ff. Teilweise werden diese Elemente auch als innerer Tatbestand bezeichnet, vgl. zu den Begrifflichkeiten Hübner, BGB AT, Rn. 663; Singer, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 1; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 2; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 42; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 1, spricht vom subjektiven Tatbestand. Nach Bartholomeyczik, in: Ferid (Hrsg.), FS Ficker, S. 51 (76), bestehen nur zwei Elemente, nicht aber drei. Seiner Auffassung nach gehört das Erklärungsbewusstsein zum Geschäftswillen. Versteht man diese Elemente des Willens als inneren Tatbestand, kann daneben ein äußerer oder objektiver Tatbestand ausgemacht werden, vgl. Hübner, BGB AT, Rn. 663; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 2; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 42. Der äußere Tatbestand einer Willenserklärung wird durch die Erklärung gebildet. Dabei ist entscheidend, dass ein solches nach außen tretendes Verhalten vorliegt, das nach der Verkehrssitte oder Vereinbarung den Schluss auf den Willen zu einer bestimmten Rechtsfolge zulässt und dazu bestimmt erscheint, einen derartigen Willen anderen kundzutun, Brox / Walker, BGB AT, Rn. 88; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 1. Auf die Darstellung der verschiedenen Arten, in denen eine Erklärung abgegeben werden kann, soll an dieser Stelle verzichtet werden, vgl. dazu Larenz / Wolf,

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

anderer Stelle aufgezeigten Abneigung gegen psychologische Momente in rechtlichen Fragen beruht diese seit langem gebräuchliche Unterteilung erstaunlicherweise gleichwohl auf zur Zeit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden psychologischen Anschauungen. 191 I. Handlungswille Der Handlungswille ist darauf gerichtet, ein bestimmtes, äußeres Verhalten zu tätigen. 192 Damit scheiden unbewusste Handlungsweisen oder solche unter dem Zwang einer vis absoluta als Bestandteil einer Willenserklärung aus. 193 Auch kann der Handlungswille nicht fehlerhaft sein, vielmehr kann er nur vorhanden oder nicht vorhanden sein. 194 Bei Äußerungen bezieht sich dieser Wille nicht auf den Erklärungsinhalt. Ein sinnlich wahrnehmbarer Erklärungsakt gehört unumstritten zum Tatbestand, sowohl im Rahmen der Auslegung als auch des rechtlichen Könnens. 195 Ohne das Vorliegen einer Handlung, sei es durch ein Tun oder Unterlassen, das solch einen Erklärungsakt darstellt, kann von einer Willenserklärung nicht ausgegangen werden. Und diese Äußerung muss auch auf ein vom natürlichen Willen getragenen Verhalten beruhen, so dass der Handlungswille notwendiger Bestandteil des Tatbestands ist. 196 Deutlich wird dies dadurch, dass die auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung eine Willensäußerung ist, also eine auf einem menschlichen – einem wahren – Willen beruhende Äußerung. Ohne diese Rückführbarkeit auf einen menschlichen Willen fehlt es an einer entsprechenden Erklärung. 197 BGB AT, § 24, Rn. 14 ff.; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 6 ff.; Medicus, BGB AT, § 25; Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 5 ff. Zu diesbezüglichen Eigenheiten der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen vgl. unten 4. Kap. 2. Abschn. B. 191 Brox / Walker, BGB AT, Rn. 84; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 2 m.w. N. 192 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 16; Singer, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 27; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 15; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 84; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 3; Pawlowski, BGB AT, Rn. 446. 193 Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.2 a; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 17; Kramer, in: Münchener Kommentar, Vor § 116, Rn. 8. 194 Bartholomeyczik, in: Ferid (Hrsg.), FS Ficker, S. 51 (62). Aus dieser fehlenden Möglichkeit resultiert auch die Forderung Bartholomeycziks, das Wort Handlungswille durch Handlungsbewusstsein zu ersetzen. 195 BGH FamRZ 1964, 289 (289); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 116, Rn. 1; Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 9; Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (215); Hübner, BGB AT, Rn. 668; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 15 m.w. N. 196 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 116, Rn. 16; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 15; Hübner, BGB AT, Rn. 673; a. A. Kellmann, JuS 1971, 609 (613 f.). 197 Zu möglichen Formen der Verwaltungserklärung, siehe unten 7. Kap. 1. Abschn. C.

2. Abschn.: Elemente des Willens

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II. Erklärungsbewusstsein Der Wille, durch die abgegebene Äußerung eine Erklärung rechtlichen Inhalts abzugeben, wird durch das Erklärungsbewusstsein ausgedrückt. 198 Entscheidend ist das Bewusstsein, ganz generell im rechtsgeschäftlichen Bereich und nicht außerhalb davon zu handeln. 199 Notwendig ist ein Wille, am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilzunehmen. Eine konkrete Rechtsfolge braucht davon noch nicht umfasst zu sein. 200 Die Behandlung des Erklärungsbewusstseins ist weitaus umstrittener als die des Handlungswillens. Nach mittlerweile h. M. ist das Erklärungsbewusstsein nicht notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung, weshalb auch bei seinem Fehlen vom Vorliegen einer Willenserklärung auszugehen ist. 201 Grund hierfür soll der Wortlaut des § 119 Abs. 1 BGB sein, der dem Erklärenden ein Anfechtungsrecht gibt – und damit das Vorliegen einer Willenserklärung feststellt –, wenn eine Erklärung dieses Inhalts nicht abgegeben werden sollte. Dies ist bei einem fehlenden Erklärungsbewusstsein der Fall, 202 wobei gleichzeitig dem Erklärenden die Möglichkeit gegeben wird, sich in einer nachträglichen Willensbildung Klarheit zu verschaffen und gegebenenfalls eine Anfechtung vorzunehmen, um so einen gerechten Interessenausgleich herzustellen. 203 Damit verbunden ist jedoch nach h. M. die Einschränkung, dass eine Willenserklärung trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins nur dann vorliegt, wenn der Erklärende bei gehöriger Sorgfalt hätte 198

Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 17; Singer, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 28; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 6 ff.; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 55; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 85. 199 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 6; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 18. Im Gegensatz zum Handlungswillen hat sich an dieser Stelle der Begriff des „Bewusstseins“ durchgesetzt; vgl. abweichend aber Bartholomeyczik, in: Ferid (Hrsg.), FS Ficker, S. 51 (55). 200 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 6. 201 BGHZ 91, 324; 109, 171 (177); BGH NJW 2002, 363 (365); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 17; Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, § 119, Rn. 80; Medicus, BGB AT, Rn. 607; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 85; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 8; a. A. Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 20; Lehmann / Hübner BGB AT, § 34 III 1 b. Dieser Streit zeigt wie kein anderer die grundlegenden Positionen zwischen Willens- und Erklärungstheorie. Stellt man auf den Willen ab, liegt keine Willenserklärung vor, anders aber bei der Maßgeblichkeit der Erklärung. Aber auch hier muss darauf hingewiesen werden, dass die Frage nach dem Grund der Rechtswirkungen nicht mit dem Tatbestand gleichzusetzen ist. 202 Vgl. nur den Schulbuchfall der „Trierer Weinversteigerung“ bei Medicus, BGB AT, Rn. 605. 203 Vgl. umfangreich zum Streitstand und -verlauf Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, § 119, Rn. 81 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 607 ff. Auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser strittigen Frage muss wegen des Untersuchungsgegenstandes hier verzichtet werden. Vgl. zu der Situation bei der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung unten 6. Kap. 7. Abschn. B.III.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, mithin der Empfänger schutzwürdig ist. 204 Die h. M. geht also davon aus, dass trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins eine Willenserklärung vorliegt, wenn das Verhalten des Erklärenden als eine Willenserklärung verstanden werden durfte und der Erklärende dies hätte erkennen können. Fraglich ist aber, inwiefern damit auch Aussage über den Tatbestand getroffen ist. Denn die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Handlungsform benutzt werden kann, ist von der Frage zu trennen, ob der Rechtsverkehr eine bestimmte Handlung als Erscheinungsform einer solchen Handlungsform versteht, anders ausgedrückt ist zwischen dem rechtlichen Können und der Auslegung zu unterschieden. 205 Die h. M. geht davon aus, dass eine Auslegung dann das Vorhandensein einer Willenserklärung bestätigt, wenn das Verhalten des Erklärenden vom Empfänger als eine Willenserklärung verstanden werden durfte und der Erklärende dies hätte erkennen können. Gleichzeitig besteht darüber Einigkeit, dass eine Willenserklärung bei einer auf einen „rechtlichen“ Erfolg gerichteten Willensäußerung vorliegt. 206 Die damit auftauchenden Widersprüche sind offensichtlich. Auch an dieser Stelle ist also zwischen dem Tatbestand im Hinblick auf das rechtliche Können und die Auslegung zu unterscheiden. Im Rahmen des rechtlichen Könnens ist notwendig, schon wegen einer Abgrenzung zur Handlungsform des Realhandelns, dass eine Erklärung tatsächlich auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist. Ohne ein solches Erklärungsbewusstsein „kann“ der Erklärende keine Willenserklärung abgeben. Wird von ihm mit seiner Äußerung kein rechtliches Ziel verfolgt, so „kann“ er sich auch nicht der Handlungsform Willenserklärung bedienen und muss stattdessen auf Realhandeln, beispielsweise eine geschäftsähnliche Handlung, zurückgreifen. Dass eine „Auslegung“ der in Frage stehenden Handlung zu einem anderen Ergebnis kommen mag, ist davon zu trennen. Hierfür reicht aus, dass die Äußerung von einem verständigen Dritten als auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet aufgefasst wird. Aufzulösen ist diese Abweichung zwischen rechtlichem Können und Auslegung durch das Anfechtungsrecht. Sollte eine bestimmte Handlung als Willenserklärung ausgelegt werden, obwohl der Erklärende kein eigentlich notwendiges Erklärungsbewusstsein aufweist, so resultiert ihm daraus nach zutreffender h. M. eine Anfechtungsmöglichkeit. 207 Als Folge dessen kommt 204 BGHZ 91, 324; 109, 171 (177); BGH NJW 2002, 363 (365); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 17; Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 5; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 61 ff. Vgl. zu dieser „Erklärungsfahrlässigkeit“ Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (218 ff.); Brehmer, Wille und Erklärung, S. 141 ff.; Schermaier, in: Historisch-Kritischer Kommentar zum BGB, §§ 116 –124, Rn. 11. 205 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 206 Siehe nur oben 1. Kap. 2. Abschn. A.VI.

2. Abschn.: Elemente des Willens

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es – und insofern wird wieder eine Übereinstimmung mit den Vorgaben des rechtlichen Könnens erreicht – für das letztendliche Bestehen wieder entscheidend auf den Willen des Erklärenden an, das Anfechtungsrecht wahrzunehmen oder nicht. 208 III. Geschäftswille Der letztendliche Geschäftswille wird im Einzelnen verschieden definiert. So kennzeichnet er teilweise die Absicht, einen bestimmten, rechtlich gesicherten Erfolg herbeizuführen, 209 teilweise soll er darauf gerichtet sein, bestimmte Rechtsfolgen herbeizuführen 210. Gemeinsam ist diesen Definitionen, dass sie, im Gegensatz zu dem rechtlich vage bleibenden Erklärungsbewusstsein, den Geschäftswillen als rechtlich bestimmt ansehen, dabei aber nicht fordern, dass sich das Bewusstsein auf den rechtlichen Erfolg in allein Einzelheiten erstreckt. 211 Nicht ausreichend ist auch die Absicht auf einen bloß wirtschaftlichen Erfolg. 212 Auch die Notwendigkeit eines Geschäftswillens für den Tatbestand ist in der zivilrechtlichen Literatur umstritten. Da aber sowieso keine vollständige Vorstellung der gewollte rechtlichen Folgen erforderlich ist und die Irrtumsregeln der §§ 119 ff. BGB auch bei einem Irrtum des Geschäftswillens vom Vorliegen einer Willenserklärung ausgehen, wird von der h. M. ein Geschäftswille als nicht notwendig 207 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 116, Rn. 17; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 14; Larenz / Wolff, BGB AT, § 36, Rn. 25; Singer, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 34 m.w. N. 208 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.5. 209 Singer, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 29; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 4; Hübner, BGB AT, Rn. 666; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 9; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 86. 210 Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 3; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 86; Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 21; Pawlowski, BGB AT, Rn. 447; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 55. 211 Palm, in: Erman, BGB, Vor § 116, Rn. 4; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 19. Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 12, verwendet dafür die Formulierung „Parallelwertung in der Laiensphäre“. 212 Teilweise wurde früher auch ohne rechtlichen Bezug der Wille, einen bloß wirtschaftlichen Erfolg herbeizuführen, für ausreichend angesehen, vgl. Flume, BGB AT Bd. 2, § 4.2 c.; Lenel, JherJb 19 (1881), 154 (163); Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 – 144, Rn. 4. Um die Willenserklärung von bloßen Gefälligkeiten abzugrenzen, erscheint aber die Ausrichtung auf eine, wie auch immer beschaffene rechtliche Folge sachgerecht. Dieser Aspekt verleitet dazu, dass teilweise statt „Geschäftswille“ auch von „Rechtsfolgenwille“ oder „Rechtsbindungswillen“ gesprochen wird, vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 4; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 19. Damit wird zwar für Einzelfälle eine besondere Akzentuierung dieses Aspektes der Willenserklärung erreicht, relevante Abweichungen in sachlicher Hinsicht sind damit jedoch nicht verbunden, Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 55; Dilcher, in: Staudinger 12, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 22 m.w. N.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

angesehen. 213 Unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Tatbestands der Willenserklärung ist dieses Ergebnis sowohl im Rahmen der Auslegung als auch des rechtlichen Könnens zu bestätigen. Die Willenserklärung ist eben nur auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet, ohne dabei weitere Angaben konkretisierender Art für den gewollten Rechtserfolg zu machen. 214 Auch ohne Geschäftswillen sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Willenserklärung also zu bejahen. IV. Zusammenfassung und Fazit Nach der h. M. im Zivilrecht ist der Tatbestand einer Willenserklärung gegeben, bei einem auf einem natürlichen Willen beruhenden, dem Erklärenden zurechenbaren Verhalten, was von einem objektivierten Dritten als eine unmittelbar auf Erzielung einer Rechtsfolge des Zivilrechts geäußerte Erklärung verstanden wird. 215 Ein Erklärungsbewusstsein oder Geschäftswille soll für das tatbestandliche Vor213 Hübner, BGB AT, Rn. 679; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 15; Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 6. Im Übrigen wäre es auch nicht konsequent, dem Erklärungsbewusstsein keine konstituierende Wirkung zuzusprechen, einen Geschäftswillen, der eine rechtliche Folge erfasst, aber als notwendiges Tatbestandsmerkmal anzusehen. A. A. OLG Düsseldorf OLGZ 82, 240 (242); Eisenhardt, JZ 1986, 875 (879); Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, Vorbem zu §§ 116 –144, Rn. 21. Wenn Dilcher einwendet, die §§ 119 ff. BGB würden zwar einen Geschäftswillen voraussetzen, nicht aber einen irrtumsfreien, so ist das gesamte Erfordernis eines Geschäftswillens für den Tatbestand unnötig, da dies keine Auswirkungen hätte. Wenn das von Dilcher konstitutiv geforderte Erklärungsbewusstsein, also das Bewusstsein, eine rechtliche Regelung zu treffen, vorliegt, wird auch ein konkreter Wille auf die genauen rechtlichen Folgen vorliegen. Damit würden bei Vorliegen des Erklärungsbewusstseins gleichzeitig auch der Geschäftswille und damit eine Willenserklärung vorliegen. Sollte sich diese Verknüpfung von Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille als nicht richtig herausstellen, so könnte das Erklärungsbewusstsein ohne Geschäftswille vorliegen und Dilcher stünde vor der Situation, dass die §§ 119 ff. BGB zwar einen irrtumsbehafteten Geschäftswillen ausreichen ließen, nicht aber einen gänzlich fehlenden. Angesichts dieser Befunde gelangt man zu dem Schluss, dass die eingangs skizzierten und so vielerorts verfolgten „Tatbestands“-Erläuterungen (vgl. oben 4. Kap., Fn. 190) nicht zwingend den tatsächlichen Tatbestand abdecken. Wohl deshalb wird teilweise bei Erläuterungen der verschiedenen Willenselemente nicht mehr vom Tatbestand, sondern neutral von „Elementen“ oder „Willensinhalten“ der Willenserklärung gesprochen, vgl. Brox / Walker, BGB AT, Rn. 82 ff.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 2 ff. 214 Wollte man dagegen einwenden, anders ließe sich eine allgemeine Definition nicht formulieren, so sei zumindest auf die Möglichkeit hingewiesen, das Vorliegen einer Willenserklärung von der Gerichtetheit auf einen „bestimmten“ oder „konkreten“ rechtlichen Erfolg abhängig zu machen. Dies wird jedoch allgemein nicht gefordert. 215 Ebenso Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 13. Angesichts dieses Ergebnisses wird ein weiteres Problem deutlich, sollte man die Erklärung als Grund der Rechtswirkungen annehmen, wie es die Erklärungstheorie und hauptsächlich auch die Geltungstheorie machen, vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.II. Der Grund der Rechtswirkungen bestimmt, dass eine rechtliche Regelung in Form von Tatbestand und Rechtsfolge gilt. Dies kann bei der Willenserklärung nicht pauschal festgestellt werden, sondern muss für jede Willenserklärung neu geprüft werden. Wenn aber der Grund der Rechtswirkungen auch

2. Abschn.: Elemente des Willens

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liegen einer Willenserklärung unbeachtlich sein, so dass – sieht man einmal von dem natürlichen Handlungswillen ab – der Tatbestand frei von psychologischen Willens-Momenten ist. 216 Die Zurechnung kann unter verschiedenen Aspekten eintreten. Für die Zurechnung überhaupt notwendig ist, dass der Erklärende einen Handlungswillen aufweist. 217 Weiterhin liegt dann die Zurechnung vor, wenn der Erklärende ein mögliches Auffassen seiner Äußerung als Willenserklärung durch Dritte hätte erkennen und vermeiden können. 218 Möglich ist auch die Frage der Zurechnung mit Gedanken zum Risikoprinzip auszuformen. 219 Durch diese Aspekte wird das Gewicht des finalen Willens zugunsten einer bloß subjektiven Vermeidbarkeit des objektiven Erklärungsaktes zurückgedrängt. 220 Wird zwischen rechtlichem Können und der Auslegung unterschieden, ergibt sich ein differenziertes Bild. Der Handlungswille gehört in beiden Varianten zum Tatbestand, der Geschäftswille hingegen in beiden Varianten nicht. Das Erklärungsbewusstsein gehört für das rechtliche Können zum Tatbestand, nicht hingegen für die Auslegung. Das rechtliche Können, welches die Voraussetzung für das Bejahen einer Handlungsform bildet, muss neben einem Handlungswillen auch das Erklärungsbewusstsein umfassen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, entfaltet eine Willenserklärung grundsätzlich Rechtswirkungen. Der Grund dieser Rechtswirkungen liegt in dem hinsichtlich Umfangs und Rahmens durch die Rechtsordnung bestimmten Willen des Erklärenden. Dies bedeutet gleichzeitig, dass diese Rechtswirkungen in ausdrücklich angeordneten gesetzlichen Fällen, wie z. B. denen der §§ 119 ff. BGB, rückgängig gemacht werden. Kommt hingegen eine Auslegung aus der Sicht eines objektiven Dritten zu dem Ergebnis, dass eine Erklärung trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen zur Wirksamkeit des Tatbestands führt, kann nicht die Tatbestandserfüllung zugleich ihr Wirksamkeitsgrund sein. In dem Fall gäbe es nämlich keinen rechtswirksamen Tatbestand ohne dass der Tatbestand erfüllt ist, gleichzeitig aber auch keinen rechtswirksamen und damit erfüllbaren Tatbestand. 216 So auch Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 16; a. A. Eisenhardt, JZ 1986, 875 (879). Siehe auch die oben 4. Kap., Fn. 190, angeführten Werke, die unter dem Terminus „Tatbestand“ Fragen der verschiedenen Willenstypen erörtern. 217 Kritisch zu einer Verortung des Handlungswillens im Bereich der Zurechnung Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (221), der eher den Bereich des Verschuldens als betroffen ansieht. Wenn genau das eintrifft, was der Erklärende sich vorstellt, erscheint es aber unangebracht von Verschulden zu sprechen. Ihn trifft dann auch keine Schuld an etwas, sondern es ist einfach genau das passiert, was er geplant hat und was deshalb auch als sein Werk erscheint. Im Ergebnis ebenso Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 116, Rn. 8. 218 BGHZ 91, 324 (324); Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (219). 219 So Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (219) m.w. N. 220 Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (219).

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

des rechtlichen Könnens als Willenserklärung erscheint, 221 so muss die willentliche Entscheidung, da diese den Grund der Rechtswirkungen bildet, durch den Erklärenden nachgeholt werden können. 222 Entweder kann er analog den ausdrücklichen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Anfechtung vornehmen oder er lässt seine Handlung als Willenserklärung wirksam sein. Sollte sich jedoch das Vorliegen einer Willenserklärung lediglich durch eine Auslegung ergeben, muss die Möglichkeit bestehen, den Voraussetzungen des rechtlichen Könnens Geltung zu verschaffen. Die sich möglicherweise durch eine im Rahmen einer Auslegung als Willenserklärung qualifizierten Äußerung ergebenden negativen Folgen für den Erklärenden stellen sich als haftungsrechtliche Konsequenzen dar. Die dafür erforderliche Zurechnung ist bei einem fehlenden Handlungswillen abzulehnen. Zu dem wahren Willen als Grund der Rechtswirkungen kann weiter, je nach gesetzlicher Ausgestaltung, der konkrete rechtliche Erfolg gehören, der mit der Willenserklärung verfolgt wird. Sollte sich in dieser Hinsicht eine Abweichung zwischen einer Auslegung und dem diesbezüglichen Willen als Grund der Rechtswirkungen ergeben, ist ebenfalls eine Anfechtung möglich.

B. Situation im Verwaltungsrecht Die Einteilung der inneren oder subjektiven Elemente der zivilrechtlichen Willenserklärung in Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille knüpft an den Erklärenden an, der sowohl eigenständig einen Willen bildet, als auch diesen erklärt. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung weist demgegenüber die Besonderheit auf, dass sowohl der Verwaltungswille als Grund der Rechtswirkungen als auch der Amtswalterwille als notwendige Konkretisierung für die Willensbildung Relevanz besitzen. Verwaltungswille und konkretisierender Amtswalterwille können nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sondern bilden für die Abgabe einer Erklärung zwangsläufig eine Einheit. Die Willensbildung ist gerade nicht nur auf den subjektiven Willen einer einzelnen Person zurückzuführen. Gleichzeitig kann die Verwaltungsorganisation die Willensbildung und die anschließende Abgabe der Erklärung verschiedenen Personen zuweisen. Die nach außen eine bestimmte Entscheidung übermittelnde Person und die eigentlichen Entscheidungsträger müssen nicht identisch sein. Hinsichtlich der inneren Willenselemente ist es deshalb im Gegensatz zu der zivilrechtlichen Willenserklärung angezeigt, einerseits stärker zwischen der Willensbildung und der Abgabe zu differenzieren und dabei andererseits zu beachten, dass zwangsläufig mehrere Willenskomponenten beteiligt sind. 223 Gleichwohl ist der Rückgriff auf die dargestellten, 221 Bei diesem Vorgang hat sich die Auslegung an den Voraussetzungen des rechtlichen Könnens zu orientieren. 222 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. A.III.5.

2. Abschn.: Elemente des Willens

341

im Zivilrecht verwendeten Willenselemente nicht kategorisch ausgeschlossen, da diese vor allem auf psychologischen und nicht genuin zivilrechtlichen Überlegungen basieren. I. Innere Elemente bezogen auf die Abgabe der Erklärung (Zielverfolgungsphase) Die Abgabe der Erklärung nach außen findet in der Phase der Zielverfolgung statt. Dieser Vorgang wird oft, jedoch nicht zwingend, von den gleichen Personen vorgenommen, die auch den Verwaltungswillen durch ihre Willensentscheidung konkretisieren. Denkbar ist es ebenfalls, dass der für die Abgabe zuständigen Person die mitzuteilende Erklärung inhaltlich genau vorgegeben wird und diese lediglich den Vorgang der Mitteilung zu übernehmen hat. Verwaltungsintern besteht in einem solchen Fall zu diesem Zeitpunkt schon eine genaue Vorstellung, welchen Inhalt die Willenserklärung haben soll. 224 Es geht dann nur noch um deren Erklärung nach außen bzw. dem Adressaten gegenüber. An dieser Stelle bestehen deutliche Ähnlichkeiten zu den Elementen der zivilrechtlichen Willenserklärung. Der Handlungswille beschreibt, dass der erklärende Amtswalter tatsächlich eine Erklärung abgeben wollte. Dass es sich dabei um eine rechtliche Erklärung handelt, wird durch das Erklärungsbewusstsein ausgedrückt. Und schließlich formuliert der Geschäftswille den konkreten rechtlichen Inhalt der abgegebenen Erklärung, der sich idealerweise mit der Entscheidung deckt, die sich im vorhergehenden Vorgang der Willensbildung heraus kristallisiert hat. Dieser letztendlich in der Erklärung nach außen bzw. in Richtung auf den Empfänger transportierte, konkrete rechtliche Erklärungsinhalt stellt den Behördenwillen dar. II. Innere Elemente bezogen auf die Willensbildung (Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase) Während sich für die zivilrechtliche Willenserklärung die Willensbildung der einzelnen Person vor allem auf das Ergebnis des Willensbildungsprozesses konzentriert, ist dieser Vorgang der Zielsetzung und Zielabstimmung für verwaltende Tätigkeiten komplexer. Relevanz gewinnt er vor allem deshalb, weil der Verwaltungswille und nicht ein privatautonomer Wille des Einzelnen den Grund der Rechtswirkungen der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung darstellt. Der Verwaltungswille wird gebildet durch die Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstsein, formalen Ordnungsregeln und materiellen 223 Friedrichs, Der Allgemeine Teil des Rechts, S. 59. Vgl. zu dieser Unterteilung hinsichtlich des Verwaltungsakts Stelkens, in: ders. / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 8. 224 Zu der Bildung dieses Inhalts sogleich unten 4. Kap. 2. Abschn. B.II.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

Handlungsvorgaben. Inhaltlich bildet er diejenige Menge von vertretbaren Entscheidungen ab, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele möglich sind. Das Element des Handlungswillens entspricht auf diese Ebene am ehesten einem Bewusstsein zur Abstimmung. Es liegt eine Situation vor, die von Verwaltungszielen erfasst ist und die unter Beachtung der verschiedenen Ziele einer Regelung zugeführt werden soll. Im Gegensatz zum Handlungswillen, der z. B. bei Bewusstlosen oder vis absoluta fehlen kann, ist dieses Abstimmungsbewusstsein immer vorhanden. An einem Abstimmungsbewusstsein innerhalb des überindividuellen Verwaltungswillens könnte es nur dann fehlen, wenn es nicht notwendig ist, ein Ziel zu erreichen. Dies kann allerdings keinesfalls schon mit einem fehlenden Handlungsbedarf gleichgesetzt werden, denn ein solcher kann sich auch trotz der Notwendigkeit einer Zielabstimmung ergeben. 225 Bezogen auf den einzelnen Amtswalter mag dessen Wille zu Handeln fehlen, sobald aber verwaltende Tätigkeit möglich ist, muss sie stets verschiedene, zum Teil gegenläufige Ziele miteinander in Einklang bringen. Die Verwaltung, losgelöst von personellen Betrachtungen, „schläft nicht oder verliert das Bewusstsein“ und handelt dennoch. Ein Abstimmungsbewusstsein ist zumindest faktisch zwingend vorhanden. Das, was für die natürliche Person durch das Erklärungsbewusstsein ausgedrückt wird, also das Bewusstsein, eine Erklärung rechtlichen Inhalts abzugeben, entspricht auf die Verwaltung bezogen am ehesten der Konkretisierung durch den Amtswalter. Es ist der Wille des Amtswalters, der die vorhandene Abstimmungssituation unter Beachtung der verschiedenen Abstimmungsfaktoren einer rechtlichen Lösung zuführt. Sobald der Amtswalterwille in dieser Form einbezogen wird, muss nicht nur das mögliche Bewusstsein des Amtswalters zur Abstimmung beachtet werden, sondern auch mit welchem Inhalt die Abstimmung vorgenommen wurde. Man kann deshalb an dieser Stelle nicht von einem „Bewusstsein“ sprechen, sondern muss den gesamten Amtswalter„willen“ berücksichtigen. Schließlich bleibt dasjenige Element, was den Willen der Verwaltung ausmacht. Der Wille, eine Entscheidung zu treffen, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen, relevanten Verwaltungsziele möglich ist, nimmt auf dieser Ebene am ehesten die Stelle des Geschäftswillens ein. Anstatt einen Willen auf eine ganz bestimmte Rechtfolge zu haben, ist es gerade typisches Charakteristika des Verwaltungswillens, dass er sich, begründet durch den eigenständigen Bereich der Verwaltung und die Anknüpfung an die Summe der beteiligten Einzelwillen, auf verschiedene mögliche Entscheidungen beziehen kann. Die Verbindung zum Amtswalterwillen bleibt dergestalt bestehen, dass dessen Konkretisierung sich auf eine der durch den Verwaltungswillen vorgegebenen, vertretbaren Ent225 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(1). Der Wille zur Abstimmung muss nicht gesondert gebildet werden. Aus diesem Grund erscheint es auch angebrachter von einem bloßen Abstimmungsbewusstsein zu sprechen.

3. Abschn.: Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung

343

scheidungen beziehen sollte und der Verwaltungswille so für den Spielraum des konkretisierenden Amtswalterwillens eine Begrenzung bildet. 226 Während die inneren Elemente im Rahmen der Abgabe, also der Zielverfolgungsphase einer einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung wie eine zivilrechtliche Willenserklärung aus Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Behördenwille (Geschäftswille) bestehen, sind die inneren Elemente im Rahmen der Willensbildung zu unterteilen in Abstimmungsbewusstsein, Amtswalterwille und Verwaltungswille.

3. Abschnitt

Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung Nicht nur die verschiedenen inneren Elemente der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung lassen eine Aussage über das Verhältnis von Amtswalterund Verwaltungswillen zu. Auch ist zu bedenken, dass Träger der öffentlichen Verwaltung juristische Personen sind, die als solche nicht von sich aus handlungsfähig sind, sondern auf natürliche Personen angewiesen sind. Das Ausmaß, in dem das Tätigwerden natürlicher Personen juristischen Personen zugerechnet wird, gibt einen Hinweis, welcher Stellenwert und welche Bedeutung dem einzelnen Amtswalterwillen in der Verwaltung beizumessen ist. An dieser Stelle geht es aber nicht um die Frage der Zurechnung von Willenselementen, die für den Grund der Rechtswirkungen relevant werden könnten. 227 Zu klären ist vielmehr, wie die tatbestandliche Willenserklärung, die nach dem oben Gesagten das auf einem natürlichen Willen beruhende, dem Erklärenden zurechenbare Verhalten darstellt, was auf die Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist (rechtliches Können) bzw. von einem objektivierten Dritten als eine auf Erzielung einer Rechtsfolge geäußerte Erklärung verstanden wird (Auslegung), der Verwaltung zuzurechnen ist.

A. Funktionssubjekte in der Verwaltungsorganisation Der Begriff der öffentlichen Verwaltung wurde bisher ohne weitergehende Differenzierung verwendet. Darunter können aber verschiedene Organisationen und Subjekte verstanden werden, die Träger von Verwaltungsaufgaben sind. 228 Sofern man nur das Verhältnis zwischen Staat und Bürger bzw. anderen Rechtssubjekten 226

Vgl. zu diesbezüglichen Abweichungen unten 6. Kap. 7. Abschn. Dazu unten 6. Kap. 7. Abschn. 228 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 1; Schmidt-De Caluwe, JA 1993, 77 (85). 227

344

4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

betrachtet, mag eine solch oberflächliche Sichtweise ausreichend sein. In dieser Hinsicht lässt das sog. Außenrecht die interne Organisation der Verwaltung außer Acht und knüpft lediglich an Verwaltungsträger an. 229 Ebenfalls gezeigt hat sich aber, dass man unter Beibehaltung einer lediglich auf das Außenrecht zugeschnittenen Betrachtung nicht die Handlungsfähigkeit und insbesondere Willensbildung innerhalb von Verwaltungsträgern darstellen kann. Notwendig ist deshalb auch eine Untersuchung des sog. Innenrechts. Zu klären ist, wie Verwaltungsträger organisatorisch aufgebaut sind und wer in welchem Maße Anteil an der Willensbildung nimmt. Verwaltungsträger als grundsätzlich juristische Personen bedürfen ihrer Organe, um handeln zu können. 230 Organe sind diejenigen rechtlich geschaffenen Einheiten eines Verwaltungsträgers, die dessen Zuständigkeit für diesen wahrnehmen. 231 Organe sind dabei organisatorisch selbständige Einheiten mit einem bestimmten Zuständigkeitsbereich, der aber nicht aus eigenen, sondern zugewiesenen, fremden Zuständigkeiten gebildet wird. Während der Verwaltungsträger unmittelbare Eigenzuständigkeiten hat und damit Zurechnungsendsubjekt ist, besitzt das Organ lediglich transistorische Wahrnehmungszuständigkeiten, die es vermittelnd für den Verwaltungsträger wahrnimmt. 232 Menschen, die die den Organen zugewiesenen Zuständigkeiten ausüben, werden als Organwalter bezeichnet. 233 Das Amt im organisatorisch-funktionellen Sinne besteht nur organintern und nicht selbständig. 234 Es beschreibt den einer bestimmten natürlichen Person zur Wahrnehmung zugewiesenen Aufgabenbereich und bildet so die kleinste Verwaltungseinheit. 235 Die dem Amt zugewiesenen Aufgaben werden durch den Amtswalter wahrgenommen. Die Einbindung in das Amt bewirkt für den Amtswalter eine Trennung zwischen persönlich-individuellen und Amtsinteressen. 236 229 Vgl. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 186; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 4 f; Ein solches Verständnis als zu allgemein kritisierend Schmidt-De Caluwe, JA 1993, 115 (115 f.). 230 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 129 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 19; Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 69, Rn. 37. Keine juristische Person aber trotzdem ein Verwaltungsträger ist der Beliehene. 231 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 28; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 19. 232 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 23 f. Zu weitergehenden Differenzierungen Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 27 ff. 233 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 28; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 19. Zur Unterscheidung zwischen Organwaltern i. e. S. und i. w. S., vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 9 f. Für eine verstärkte Beachtung des „Mandats“ in der öffentlichen Verwaltung tritt Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 198, ein. Demnach bezeichnet das Mandat die Situation, „dass der Inhaber einer Zuständigkeit ein anderes öffentlich-rechtliches Subjekt beauftragt, die Kompetenz des Mandanten in dessen Namen auszuüben“. 234 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 37.

3. Abschn.: Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung

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Während der Organ-Begriff vor allem in der Theorie Verwendung findet, wird die Praxis durch den Begriff der Behörde bestimmt. 237 Behörde im funktionellen Sinne meint jedes Organ, soweit es zur hoheitlichen Wahrnehmung konkreter Verwaltungsmaßnahmen im Außenverhältnis berufen ist. 238 Möglich ist aber auch ein organisatorisch geprägtes Verständnis, nachdem Behörden die in die staatlichen Verwaltungshierarchien eingeordneten Organe darstellen. 239 Als Behörden sind deshalb zumindest Organe anzusehen, so dass es sich dabei begrifflich um einen „Unterfall der Organe“ 240 oder eine „Organ-Art“ 241 handelt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nach außen die Organe eines Verwaltungsträgers handeln. Dabei werden sie aber nicht für sich selbst, sondern für ihren Rechtsträger tätig und auch dieser wird gegebenenfalls berechtigt und verpflichtet. 242 Innerhalb eines Organs kann es verschiedene Ämter geben, die konkret zugewiesene Aufgaben wahrzunehmen haben. Die eingebundenen Amtswalter erfüllen zwar intern die Aufgaben, handeln dabei aber für ein Organ (und Organwalter), so dass dieses nach außen auftritt. 243

B. Dogmatik der Zurechnung Auch wenn die Notwendigkeit einer Zurechnung durch das Wesen der Verwaltungsträger als juristische Person gegeben ist, so ist noch offen, wie dies rechtsdogmatisch zu geschehen hat. Ebenso offen ist, was genau zugerechnet werden soll. Mögliche Gegenstände sind normatives und faktisches Tätigwerden sowie die Wissens- und Kenntniszurechnung. 244 An dieser Stelle der Untersuchung soll die Zurechnung von Willenselementen noch offen gelassen werden und nur 235 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 73; Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 69, Rn. 30; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 30. 236 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 73 I c; Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 84 ff. 237 Vgl. v. a. die §§ 1 Abs. 4, 3, 20, 35 VwVfG, § 3 LVwG-SH. 238 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 76 I c; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 29; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 32. 239 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 76 I d; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 29; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 32. 240 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 32. 241 Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 76 I a. 242 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 24. 243 Vgl. das Beispiel bei Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 31. 244 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 24 ff.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

allgemeine Aussagen der Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung getroffen werden. I. Vertreter- und Organtheorie In Ähnlichkeit zu der Frage des Geltungsgrundes der Willenserklärung ist auch die Dogmatik der Zurechnung seit jeher durch zwei widerstreitende Grundpositionen gekennzeichnet. 245 Nach der Vertretertheorie ist die juristische Person selbst nicht handlungs- und willensfähig, dies sind nur Dritte als ihre Vertreter. Die Organtheorie sieht die juristische Person als durch ihre Organe selbst handelnd und damit auch als Handlungs- und Willensträger an. 246 Historisch haben sich beide Ansätze aus dem Streit um die Rechtsnatur der juristischen Person entwickelt. Von Savigny hielt zwar die juristische Person für vermögensfähig, mangels eines denkenden und wollenden Wesens aber nicht für handlungsfähig und sah sie deshalb als auf einen Vertreter angewiesen an. 247 Ausgehend von der Organismustheorie 248 hielt von Gierke die juristische Person als Organismus für selbst handlungs- und willensfähig, wobei das Handeln und Wollen der Organe als solches ihres Verbandes galt. 249 Ebenso wie die Willensund Erklärungstheorie für die Willenserklärung durch die Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches weitgehend an Bedeutung verloren hat, ist auch der Stellenwert der Vertreter- und Organtheorie mittlerweile gesunken. 250 Insbesondere die §§ 31, 86, 89 BGB machen deutlich, dass eine juristische Person für Schäden, die durch Organe entstanden sind, haftet, mithin deliktsfähig ist. Auch wenn dies rechtspolitisch auf die Organtheorie zurückzuführen sein mag, 251 so kann darin keine allgemeingültige Aussage über eine der beiden Grundpositionen gesehen werden. 252 Es bleiben andere Sachverhalte, die unter Rückgriff auf die mit beiden Theorienströmungen verbundenen Aussagen zu lösen sind. 253 245 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 33, sprechen sogar davon, dass sich die Gefolgsleute beider Theorienströmungen zumindest im Privatrecht bis in die Gegenwart hinein „bekämpfen“. 246 Vgl. zu beiden Standpunkten zusammenfassend Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2; Beuthien, in: Lieb / Noack / Westermann (Hrsg.), FS Zöllner, S. 87 (89 ff.); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 33 ff. 247 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts Bd. 2, S. 282 f. 248 Dazu schon oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.1.a. 249 Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 623 ff. 250 Zur dogmatischen Frage der Zurechnung wollte der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Aussage treffen, so dass sich auch an dieser Stelle die Vergleichbarkeit zur Willens- und Erklärungstheorie zeigt; vgl. Mugdan I, S. 609. 251 Erstaunlich ist hierbei, dass sowohl Organtheorie als auch Organismustheorie auf die gleiche, besondere Anschauung über das Wesen der juristischen Person zurückgehen, sich aber nur eine von beiden (ansatzweise) durchsetzen konnte. 252 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 b; a. A. Hübner, BGB AT, Rn. 197.

3. Abschn.: Zurechnung der tatbestandlichen Erklärungshandlung

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In dieser Hinsicht hat sich zumindest im Zivilrecht die Organtheorie mittlerweile in den Vordergrund geschoben. 254 Die Organtheorie bietet eine größere Sachgerechtigkeit bei der Schließung der verbleibenden Fallkonstellationen. 255 Auch wenn schon öfters erkannt wurde, dass – so gesehen auf einer Linie mit der Vertretertheorie – nur Menschen verantwortlich wollen und handeln können, so stellt dennoch die Organtheorie überzeugend klar, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Handeln Dritter als Vertreter und Organhandeln. 256 Die juristische Person kann alleine von sich aus nicht handeln und ist deshalb auch nicht vergleichbar mit einem Menschen, der grundsätzlich selbständig rechtsverbindlich handeln kann und sich nur ausnahmsweise einen Vertreter nimmt. Eine juristische Person ist schon von Natur aus auf einen für sie handelnden Menschen angewiesen. Auch bei den Verwaltungsträgern des öffentlichen Rechts handelt es sich in der Regel um juristische Personen, die für ihre Handlungsfähigkeit Menschen benötigen. Nach h. M. findet ebenso wie im Zivilrecht die notwendige Zurechnung nach den Grundsätzen der Organtheorie statt. 257 Für sie sprechen nicht nur die obigen Überlegungen, sondern auch die im öffentlichen Recht vorhandene strikte Trennung von Amts- und Privatangelegenheiten. Der Vertreter gibt – verbleibt man im zu untersuchenden Bereich – eine eigene Willenserklärung ab. Gerade damit wäre aber die notwendige Trennung wieder aufgehoben. Die Tätigkeit von Verwaltungsträgern muss sich als Eigenhandeln darstellen. Das notwendige Heraushalten einer menschlichen Komponente gelingt am stärksten mit der Organtheorie. Greift man auf die obigen Erkenntnisse zum Verwaltungswillen zurück, so zeigt sich, dass dieser zwar an menschliche Willen zwingend anknüpft, aber inhaltlich eigenständig besteht. Der Verwaltungswille braucht aufgrund der Beeinflussung durch formale Ordnungsregeln und materielle Handlungsvorgaben gerade nicht den gleichen Inhalt haben, wie der Wille des einzelnen Amtswalters, obwohl auch dieser an der Bildung des Verwaltungswillens beteiligt ist. Auch hier zeigt sich wieder die im öffentlichen Recht allerorts vorhandene Trennung von Amts- und Privatsphäre, die vortrefflich durch die Organtheorie ausgedrückt wird. Dabei werden aber die Eigenarten insbesondere des Verwaltungsrechts zu berücksichtigen sein. 258

253 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 b; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 34. 254 BGH WM 1958, 557 (561); 1987, 286 (287); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II; Reuter, in: Münchener Kommentar, BGB, § 26, Rn. 11; Beuthien, NJW 1999, 1142 (1142). 255 Reuter, in: Münchener Kommentar, BGB, § 26, Rn. 11. 256 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 b. So auch schon von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 603 ff. 257 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 35; Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 14; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 206.

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4. Kap.: Rechtsdogmatische Grundlagen

II. Organschaftliche Vertretung Allgemein wird das durch die Organtheorie begründete Verhältnis zwischen juristischer Person und Organ als organschaftliche Vertretung bezeichnet. 259 Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, nach welchen Normen sich diese „dritte eigenständige Art der Vertretung“ richtet. 260 Es erscheint geradezu widersprüchlich, nach Ablehnung der Vertretertheorie, dennoch auf die §§ 164 ff. BGB abzustellen, doch darf nicht mit der Anerkennung von Grundaussagen der Organtheorie gleichzeitig eine voreilige Festlegung auf dogmatische Strukturen verbunden sein. 261 Es sind durchaus Gemeinsamkeiten zwischen beiden Formen der Zurechnung vorhanden. Zwar ist das Handeln durch Organe Eigenhandeln der juristischen Person und nicht eigenes Handeln des Vertreters, dennoch wird bei beiden Modellen im Namen des Vertretenen gehandelt. Auch für das Organhandeln verweist § 26 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB, nachdem der Vorstand eines Vereins die Stellung eines gesetzlichen Vertreters hat, auf die Regeln der Stellvertretung. 262 Obwohl dieser kein gesetzlicher Vertreter ist, so hat er die Stellung eines solchen. Nach h. M. sind wegen dieser Gemeinsamkeiten auf die organschaftliche Vertretung die Regeln der §§ 164 ff. BGB entsprechend anwendbar. 263 Dennoch erscheint eine teilweise Modifizierung der dargestellten Grundsätze für das Verwaltungsrecht unumgänglich. 264 258

Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 37, führen dies auf die häufig vorkommende Wahrnehmung von Aufgaben zurück, die inhaltlich der Verwaltung vorgegeben werden. 259 So z. B. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II; Hadding, in Soergel, BGB, § 26, Rn. 17; Schramm, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 164, Rn. 7. Kritisch zu diesem Begriff Beuthien, NJW 1999, 1142 (1142 f.). Bemängelt wird insbesondere, dass das Handeln des Organs als Eigenhandeln der juristischen Person gelte und sich diese dann nicht gleichzeitig auch noch vertreten lassen könne. Eigenhandeln und Stellvertretung würden sich begrifflich ausschließen. Vertreter zumindest i. S. d. §§ 164 ff. BGB könne auch nur eine natürliche Person sein, dies treffe auf Organe nicht zu. Ohne diese Einwände verkennen zu wollen, erscheint es aber zumindest im Rahmen der vorliegenden Untersuchung am sachdienlichsten, sich der vorhandenen Begrifflichkeiten zu bedienen, so i. E. auch Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II 1. 260 Schramm, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 164, Rn. 7. 261 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II 1. 262 Beuthien, in: Lieb / Noack / Westermann (Hrsg.), FS Zöllner, S. 87 (100). 263 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II 1; Beuthien, in: Lieb / Noack / Westermann (Hrsg.), FS Zöllner, S. 87 (101); ders., NJW 1999, 1142 (1144); Flume, BGB AT Bd. 1, 2. Teil, § 11 I; Schramm, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 164, Rn. 9. 264 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 37. So sind nach Beuthien, in: Lieb / Noack / Westermann (Hrsg.), FS Zöllner, S. 87 (101); ders., NJW 1999, 1142 (1144), wegen der Qualifizierung des Organhandelns als Eigenhandeln des jeweiligen Trägers die §§ 164 Abs. 1, Abs. 2, 164 Abs. 3 BGB nicht anwendbar. Aufgrund fehlender Minderjährigkeit eines Organs ist auch § 165 BGB nicht heranzuziehen. Ein Organ ist gleichzeitig Teil einer juristischen Person, so dass die Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB

4. Abschn.: Zusammenfassung

349

4. Abschnitt

Zusammenfassung Der wahre Willen des Individuums bildet einen wesentlichen Grund der Rechtswirkungen der zivilrechtlichen Willenserklärung. Für die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung tritt an dessen Stelle der Verwaltungswille. Während der für das Zivilrecht maßgebliche wahre Wille nicht von vornherein durch rechtliche Erwägungen beeinflusst wird, sondern erst später durch die Rechtsordnung eingeschränkt wird, orientiert sich der Verwaltungswille schon von sich aus an Gründen des Vertrauensschutzes und kann als verrechtlicht angesehen werden. Die Aufteilung der Willenselemente im Zivilrecht in Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswillen wird für das Verwaltungsrecht ersetzt durch die Differenzierung zwischen inneren Elementen bezogen auf die Willensbildung und inneren Elementen bezogen auf die Abgabe der Erklärung. Letztere entsprechen der zivilrechtlichen Situation, wobei sich der Geschäftswille als Behördenwille präsentiert. Erstere hingegen lassen sich in Abstimmungsbewusstsein, Konkretisierungswillen und Verwaltungswillen unterteilen. Der Tatbestand einer zivilrechtlichen/einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung beinhaltet das Vorliegen eines Handlungswillens, nicht jedoch eines Geschäftswillens bzw. Behördenwillens. Das Vorliegen eines Erklärungsbewusstseins im Tatbestand ist im Rahmen des rechtlichen Könnens notwendig, nicht aber im Rahmen der Auslegung. Eine diesen Tatbestand verwirklichende Äußerung kann über die Regeln der organschaftlichen Vertretung und somit eine entsprechende Anwendung der §§ 164 ff. BGB der Verwaltung zugerechnet werden.

Schwierigkeiten macht. Vgl. auch unten 6. Kap. 7. Abschn. D. Nach Beuthien, in: Lieb / Noack / Westermann (Hrsg.), FS Zöllner, S. 87 (102); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 II 1, sollen zumindest die Vorschriften der §§ 177 –181 BGB über den Vertreter ohne Vertretungsmacht sein anwendbar, dazu unten 6. Kap. 7. Abschn. B.II.

5. Kapitel

Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ Bisher konnten umfangreiche Erkenntnisse über die Entstehung und dogmatische Struktur der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung gesammelt werden. Dabei zeigten sich zahlreiche Unterschiede zur zivilrechtlichen Willenserklärung. Aufgrund dieser Verschiedenheiten ist zweifelhaft, ob der zivilrechtlich geprägte Begriff der „Willenserklärung“ tatsächlich eine angebrachte Bezeichnung für die vorhandenen Strukturen der betreffenden verwaltungsrechtlichen Handlungsform darstellt. 1

1. Abschnitt

Begriffsbildung im wissenschaftstheoretischen Verständnis Ein wissenschaftliches Vorgehen ohne klare Begriffsbildung hat wenig Aussicht auf Erfolg, weshalb die Verwendung von eindeutigen Begriffen, gerade für Geisteswissenschaften, unerlässlich ist. 2 Jeder Begriff ist untrennbar einer Sache zugeordnet. Ein Begriff ist in erster Linie ein Wort und als solches repräsentiert er eine Sache, ohne dabei jedoch Teil der körperlichen Substanz der Sache zu sein. 3 Problematisch ist aber, unter welchen Leitmotiven Sache und Begriff einander zuzuordnen sind oder anders ausgedrückt, das methodische Vorgehen bei der Begriffsbildung.

1 Zu der Notwendigkeit erst zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt in der Untersuchung eine tiefergehende Begriffsbestimmung vorzunehmen, de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 113. Vgl. allgemein zu wissenschaftlichen Begriffen und Definitionen von Savigny, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren; Weinberger, Rechtslogik, S. 368 ff. 2 Vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 28. 3 Henke, Recht und Staat, S. 128 f.

1. Abschn.: Begriffsbildung im wissenschaftstheoretischen Verständnis

351

Seit jeher stehen sich dafür zwei Grundpositionen gegenüber: der Realismus und der Nominalismus. 4 Im Kern geht es bei diesem sog. Universalienstreit um die Frage, ob der Begriff als etwas Selbständiges die ihm zugeordnete Sache prägt und dessen Wesen zum Ausdruck bringt (universalia ante rem bzw. in re) oder der Mensch frei über den Begriff einer Sache entscheiden kann, so dass ihm, abgesehen von seiner Bezeichnungsfunktion, keine weitere Bedeutung zukommt („universalia bzw. nomina post rem). 5 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erscheint es nicht möglich, sachliche Gründe zu finden, um eine der beiden Vorgehensweisen der anderen vorzuziehen. 6 Folglich soll die Tauglichkeit des Begriffs der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ über einzelne Herangehensweisen hinaus umfassend untersucht werden. Für eine wissenschaftliche Erörterung mag, um in zweckmäßiger Weise den Untersuchungsgegenstand sprachlich zu bestimmen, beispielsweise eine nominalistische Sichtweise wie geschaffen sein. 7 Daneben darf aber ebenfalls nicht übersehen werden, dass mit der täglichen Anwendung über die Begriffsverwendung zumindest gedanklich in aller Regel eine erste Aussage zu dem Wesen einer Sache gemacht wird, denn das Wesen einer Sache wird in alltäglicher und unjuristischer Hinsicht oftmals Ausgangspunkt der Überlegungen zu einer Begriffsbildung sein. Solch sprachliche Festsetzungen sollten, um ihren praktischen Bedürfnissen gerecht zu werden, unabhängig von ihrer prinzipiellen Grundausrichtung, „eindeutig, überschaubar, möglichst sparsam, dabei hinreichend ausdrucksreich und schließlich hinreichend exakt sein“. 8

4 Thiel, in: Seiffert / Radnitzky (Hrsg.), Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, S. 9; Kaufmann / Hassemer, Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie, S. 30 f., 53 f.; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 28; Henke, Recht und Staat, S. 129. 5 Koch / Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 134 ff.; Henke, Recht und Staat, S. 129; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 28; Thiel, in: Seiffert / Radnitzky (Hrsg.), Handlexikon Wissenschaftstheorie, S. 9. 6 Vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 28; Henke, Recht und Staat, S. 129 f. 7 Nach Henke, Recht und Staat, S. 130, besteht diese Notwendigkeit vor allem bei naturwissenschaftlichen Disziplinen, während Wissenschaften, die verstärkt im sozialen Umfeld des Menschen beheimatet sind, eher realistisch geprägt sind. 8 von Savigny, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren, S. 24.

352

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

2. Abschnitt

Argumente gegen den Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ Nachfolgend soll versucht werden darzulegen, dass der Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ unter den gerade aufgezeigten Voraussetzungen nicht sachgerecht ist.

A. Keine Ableitung von zivilrechtlicher Willenserklärung Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung beruht ebenso wie die zivilrechtliche Willenserklärung auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz. Es handelt sich deshalb um zwei voneinander unabhängige Konkretisierungen einer allgemein gültigen Kernaussage. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung wird damit nicht von der zivilrechtlichen Willenserklärung abgeleitet, wie es beispielsweise bei einer Analogie der Fall wäre. Damit kann aber auch die Verwendung des Begriffs einfache verwaltungsrechtliche „Willenserklärung“ nicht auf eine Begriffsanalogie zu der zivilrechtlichen Willenserklärung zurückgeführt werden. Würde man das Begriffsverständnis nominalistisch auffassen, also einer Sache durch die Menschen frei bestimmbaren Begriff zuweisen, so würde aber genau diese Beziehung zwischen den beiden Willenserklärungen in den Teilrechtsgebieten nahegelegt. Diese nominalistische Angleichung ließe sich wohl auch nur schwer durch die Abstammung beider Erscheinungsformen von dem gleichen allgemeinen Rechtsgrundsatz erklären. Ohne auf die in dieser Hinsicht noch näher anzustellenden Überlegungen jetzt schon eingehen zu wollen, erscheint fraglich, ob die mit der für eine konkrete Anwendung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes notwendigen Deduktion verbundenen Modifikationen nicht schon von sich aus eine begriffliche Gleichschaltung bei nominalistischem Verständnis verbieten.

B. Privatautonomie und Verwaltungsziele als unterschiedliche Grundstrukturen der die Willenserklärung beherbergenden Teilrechtsgebiete Bei einem stärker realistisch geprägten Verständnis des Begriffs der Willenserklärung liegen ihrer verwaltungsrechtlichen und zivilrechtlichen Erscheinungsform wesentlich voneinander zu unterscheidende Grundstrukturen in den sie beherbergenden Teilrechtsgebieten zugrunde. Zwar weist auch die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung, vor allem im Gegensatz zu dem Verwaltungsakt,

2. Abschn.: Argumente gegen den Begriff „Willenserklärung“

353

eine verringerte rechtliche Intensität auf, was vergleichbar der zivilrechtlichen Willenserklärung ist. Doch bildet im öffentlichen Recht die Willenserklärung ebenso ein staatliches Lenkungs- und Steuerungsmittel für die gesellschaftlichen Verhältnisse, wie jede andere verwaltungsrechtliche Handlungsform. 9 Zivilrechtlich gesehen handelt es sich bei der Willenserklärung hingegen um ein Mittel zur Verwirklichung des wahren Willens des Einzelnen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung. In Bezug auf die Struktur und das Wesen der beiden zu vergleichenden Formen der Willenserklärungen liegen hierin wesentliche Unterschiede. 10 Es erscheint deshalb zweifelhaft, ob diese grundsätzlichen Differenzierungen innerhalb der strukturellen Hintergründe, die sich freilich auch auf den konkreten Erklärungsakt auswirken, durch den identischen Begriff der „Willenserklärung“ sachgerecht abgebildet werden können, sofern ein realistisches Begriffsverständnis zugrunde gelegt wird.

C. Begriff der Willenserklärung irreführend Bei realistischer Betrachtung des Begriffs der „Willenserklärung“ ist weiterhin fraglich, ob auch die verwaltungsrechtliche Erscheinungsform tatsächlich als „Erklärung eines Willens“ 11 verstanden werden kann. Denn die Verschiedenheiten beider Erscheindungsformen beziehen sich nicht nur auf die Grundstrukturen und das Wesen, sondern im Besonderen auch auf die hinter der Erklärung stehenden Momente. So gibt das Element des Willens innerhalb des Begriffs der „Willenserklärung“ Anlass zu Irritationen. I. Keine vergleichbare Willens- und Willensbildungsstruktur zwischen Verwaltung und Privatrechtssubjekt Fraglich ist, ob der bisher entwickelte Wille innerhalb der Verwaltung tatsächlich einen derartigen Willen beschreibt, dass man bei einer realistisch geprägten Betrachtungsweise noch von einer Vergleichbarkeit mit dem Willen, der in dem Begriff der „Willenserklärung“ aufgegriffen wird, sprechen kann. Der Begriff der „Willenserklärung“ entstammt historisch dem Zivilrecht. 12 Lange bevor er Einzug in das öffentliche Recht nahm, verstand schon das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 nach §§ 1, 14 im Ersten Teil, Vierten Titel, die Willenserklärung als eine Äußerung dessen, was nach Absicht des Erklärenden geschehen oder nicht geschehen soll und die, sofern sie sich auf Sachen 9

Vgl. Ossenbühl, JuS 1979, 681 (681). Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.; 4. Kap. 4. Abschn. 11 Vgl. die Definition der Willenserklärung oben 1. Kap. 2. Abschn. 12 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B.II.; Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 468. 10

354

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

bezieht, nur im Privatrechtsverkehr abgegeben werden kann. Wie gesehen wird damit der Verwirklichung des wahren Willens im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung Geltung verschafft. Nicht nur diese Privatautonomie weicht erheblich von den im Verwaltungsrecht herrschenden Grundsätzen ab. Auch die konkreten Willensbildungsprozesse manifestieren sich mit voneinander abweichenden Merkmalen. 13 Materielle Handlungsgrenzen oder gar -vorgaben sucht man im Zivilrecht, sieht man von Fällen des Abschluß- oder Kontrahierungszwangs ab, 14 weitestgehend vergeblich. Das einzelne Privatrechtsindividuum ist bei der Willensbildung auch keinen formalen Ordnungsregeln unterworfen, wie es für die Verwaltung festzustellen war. Zwar gibt es im Zivilrecht juristische Personen, deren Willensbildungsstruktur mit denen juristischer Personen im öffentlichen Recht vergleichbar sein könnte, doch würde dies allenfalls für die formelle Struktur gelten, nicht aber die materiellen Vorgaben. Der zivilrechtliche Wille, für den der Begriff der „Willenserklärung“ bisher vor allem stand, beschrieb die Fähigkeit zu tun und lassen was der Einzelne wollte. Die Verwaltung unterliegt hingegen mit ihrer aus Art. 20 Abs. 3 GG resultierenden Bindung an Recht und Gesetz materiellen Handlungsvorgaben. Sie kann eben nicht tun und lassen was sie will, sondern hat sich an ihre rechtlichen Vorgaben zu halten und in diesem Rahmen die an sie gerichteten Verwaltungsziele umzusetzen. 15 Zwar ist zu bedenken, dass auch Entscheidungen der Verwaltung grundlegend und zwingend auf einem vom menschlichen Willen getragenen Prozess beruhen müssen und das unter anderem aus diesem Grund es noch hinnehmbar 13

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3. Durch den Abschluss- oder Kontrahierungszwang wird die aus der Privatautonomie resultierende Vertragsfreiheit eingeschränkt, Heinrichs, in: Palandt, BGB, vor § 145, Rn. 8; Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, vor § 145, Rn. 9 ff.; Eckert, in: Bamberger / Roth (Hrsg.), BGB Bd. 1, vor § 145, Rn. 12 ff.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 34, Rn. 22 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 477. Die Verwirklichung des wahren Willens kann in diesem Rahmen auf zweierlei Wegen eingeschränkt werden. Zum einen kann das einzelne Privatrechtssubjekt dazu verpflichtet sein, einen Vertrag mit einem bestimmten anderen Privatrechtssubjekt abzuschließen. Dieser Zwang ist Ausdruck des Verpflichtung des Gesetzgebers eine Rechtsordnung zu erschaffen, die jedem die Möglichkeit bietet, in den Genuss der für seinen Lebensunterhalt notwendigen Güter und Leistungen zu kommen, Larenz / Wolf, BGB AT, § 34, Rn. 31. Auch in diesem Abschlusszwang lässt sich letztlich die öffentlich-rechtliche Note des Grundrechte gewährenden Sozialstaates erblicken. Zum anderen können die privatautonomen Freiheiten in inhaltlicher Hinsicht eingeschränkt werden. Im Wege eines Inhaltszwangs verweigert die Rechtsordnung bestimmten unter Privatrechtssubjekten ausgehandelten Regelungen die rechtliche Anerkennung, vgl. vor allem §§ 134, 138 BGB. Auch bei dieser staatlichen Beeinflussung des Privatrechtsverkehrs zeigt sich die Wirkung ins Rechtliche umgesetzter politischer Grundentscheidungen öffentlich-rechtlicher Verfassungsinstitutionen. 15 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4. 14

2. Abschn.: Argumente gegen den Begriff „Willenserklärung“

355

erschien, auch staatliche Entscheidungsprozesse als „Willen“ zu beschreiben. 16 Wird darüber hinaus aber berücksichtigt, dass die zivilrechtliche Willenserklärung Ausdruck einer bestimmten Form von Willen und Willensbildung ist und dass ein verwaltungsrechtlicher Wille und dessen Bildung vom Wesen und Struktur grundlegend anders geprägt ist, 17 so fällt es unter realistischen Aspekten schwer, auch die verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Ausdruck desselben Willens zu bezeichnen, wie er der zivilrechtlichen Erscheinungsform zugrunde liegt. 18 II. Problem der gebundenen einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung Dieses Abweichen der verwaltungsrechtlichen Willensstruktur im Vergleich zu dem Willen, der dem zivilrechtlich geprägten Begriff der Willenserklärung zugrunde liegt, tritt bei einem weiteren Beispiel noch deutlicher hervor. Es konnten einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärungen ausgemacht werden, die inhaltlich gebunden sind. 19 Bei dieser Gruppe von Erklärungen zwingen die zielinternen und zielexternen Abstimmungsfaktoren gerade zu der Verfolgung eines bestimmten Verwaltungsziels und damit zur Abgabe einer bestimmten Erklärung. 20 Bei Vorliegen entsprechender gesetzlicher Ausgestaltungen kann jede hiervon abweichende Erklärung sich sogar als rechtswidrig herausstellen. 21 Dem entsprechenden Willen im Rahmen der zivilrechtlichen Willenserklärung ist eine derart weitreichende Einschränkung seiner Möglichkeiten fremd. Er bildet sich privatautonom und unabhängig. Überlegenswert wäre freilich, ob den im Verwaltungsrecht möglichen gebundenen Erklärungen deshalb keine besondere Beachtung beizumessen ist, weil auch im Zivilrecht der soeben angesprochene Abschlusszwang für eine entsprechende Einschränkung sorgen kann. Dazu ist jedoch zu sagen, dass der zivilrechtliche Abschlusszwang zwar im Ergebnis zu gleichen Auswirkungen führen kann. Er beruht aber auf einem grundlegend anderen Aufbau. Das Zivilrechtssubjekt ist prinzipiell in der Lage, seinen Willen frei und in jede Richtung zu entwickeln. 22 16

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.4. Dies mag in dieser Schärfe nicht für den Staatswillen gelten, dessen Wesen nicht durch materielle Handlungsvorgaben, sondern lediglich Handlungsgrenzen gekennzeichnet ist, vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 18 So auch Mayer-Maly / Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, § 139, Rn. 13. 19 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.1. 20 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. 21 Hingewiesen sei beispielsweise auf das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 BauGB, welches nur bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht erteilt werden darf, vgl. Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 36, Rn. 12; Grotefels, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 15, Rn. 37. 22 Vgl. zu dem Problem der Willensfreiheit oben 2. Kap. 1. Abschn. B. 17

356

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

Erst in einer zweiten Stufe wird der schon gebildete Wille gegebenenfalls in eine vorgegebene Richtung gezwängt bzw. ihm die rechtliche Geltung versagt. Hingegen ist die eine einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung abgebende Behörde schon bei der Bildung ihres Willens gezwungen, die sie einschränkenden Momente zu beachten. Sie kann nicht autonom einen Willen bilden, der später durch eine dritte, von ihr unabhängige Position beeinflusst wird, sondern ist durch die an sie gerichteten materiellen Handlungsvorgaben schon nicht vergleichbar autonom. Auch am Beispiel der gebundenen einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung zeigt sich also, dass der verwaltungsrechtliche Wille in wesentlichen Punkten von dem der zivilrechtlichen Willenserklärung zugrunde liegenden Willen abweicht.

D. Assoziationsgefahr Durch die Verwendung des Begriffs „Willenserklärung“ droht schließlich eine Assoziationsgefahr. Ursprünglich war der Rückgriff auf die zivilrechtliche Handlungsform der Willenserklärung davon geprägt, das lückenhafte Verwaltungsrecht zu schließen. 23 Die Schließung dieser verwaltungsrechtlichen Lücke durch die zivilrechtliche Willenserklärung bedingte selbstverständlich auch die Nutzung der dazu entwickelten und im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegten Anwendungsregeln. 24 Eine solche Nutzung konkreter Regeln und Vorgaben für die verwaltungsrechtliche Handlungsform der Willenserklärung bedingt aber in jedem Fall, dass die Möglichkeit des Rückgriffs auf die zivilrechtlichen Regelungen genauestens geprüft und erörtert wird. Auch eine Anpassung an verwaltungsrechtliche Strukturen darf nicht übergangen werden. Durch die Verwendung des Begriffs „Willenserklärung“ auch im Verwaltungsrecht wächst die Gefahr, dass die Regeln, nach denen diese Handlungsform behandelt wird, unreflektiert dem Zivilrecht entnommen werden. 25 Die verwaltungsrechtlichen Eigenarten könnten bei der oberflächlichen Annahme des Vorliegens einer „Willenserklärung“ unberücksichtigt bleiben. Der Missstand, dem eine nominalistische Begriffsbildung vorbeugen will, würde auch in dieser Konstellation drohen. Durch die Verwendung identischer Begriffe, obwohl die ihnen zugeordneten Sachen wesentlich anderen Regelungen unterworfen sind, wird die Bezeichnungsfunktion gestört. Ein sorgfältiges Arbeiten mit den bezeichneten Sachen wird 23 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B.II; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 111 f. 24 Dazu unten 6. Kap; 7. Kap. 25 So auch Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (300); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 112. Vg. zu Tendenzen einer solchen Assoziationsgefahr Gusy, BayVBl. 1985, 484 (490); Weides, Verwaltungsverfahren, S. 73; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 15 f.

2. Abschn.: Argumente gegen den Begriff „Willenserklärung“

357

erschwert, wenn schon die Verwendung ihrer Begriffe die Gefahr erhöht, zu inhaltlich unzutreffenden Schlussfolgerungen zu gelangen. Durch die Verwendung des Begriffs der „Willenserklärung“ droht eine Assoziationsgefahr, die zu der vorschnellen Benutzung zivilrechtlicher Regeln über ihre rechtliche Behandlung führen würde.

E. Zeitlicher Ablauf des Prozesses der Neubildung von Handlungsformen Aufgrund der bestehenden Zweifel muss hinterfragt werden, wie es überhaupt zu der Verwendung des Begriffs der einfachen verwaltungsrechtlichen „Willenserklärung“ kommen konnte. Dazu ist der Blick auf die verschiedenen Phasen ihrer Entstehungsgeschichte zu richten. 26 Es konnte die Lückenhaftigkeit des Verwaltungsrechts als Anfangspunkt dieses Prozesses ausgemacht werden. Das Bedürfnis, neben dem Verwaltungsakt nach einer konkret-individuellen, auf einen Rechtserfolg gerichteten aber dabei nicht mit der gleichen Regelungsmacht wie der Verwaltungsakt ausgestatteten Handlungsform, drängte zum Auffüllen der bestehenden Lücke. Dabei konnte auf den zivilrechtlichen Fundus bestehender Regelungen zurückgegriffen werden. Faber 27 beschreibt die Konsequenzen dieses Schrittes wie folgt: „Transformationsprozesse bringen es mit sich, dass Rechtnormen des Privatrechts mindestens zeitweise ein verwaltungsrechtliches Abbild bekommen, so dass ein Rechtsnormen-Zwillingspaar entsteht. Dies mag zu der Annahme verleiten, es gebe ein „Gemeinrecht“, also neben dem Privatrecht und dem Verwaltungsrecht eine dritte Schicht gemeinsamen Rechts; vermutlich handelt es sich aber doch nur um ein Durchgangsstadium in einem langwierigen Entwicklungs- und Differenzierungsprozess.“ Nach Middel 28 ist dem hinzuzufügen: „In der Entwicklungsgeschichte des Verwaltungsrechts erscheint der Analogieschluss vom privaten ins öffentliche Recht nach Schüle als vergangenes Stadium im historischen Prozess, der die Verselbständigung des öffentlichen Rechts beschreibt und als Phasen die Fiskustheorie, die Zeit der gemischt-rechtlichen Institute, die Analogie und die Lehre von den allgemeinen Rechtsgedanken umfasst. Für die Gegenwart können noch die eigenständigen öffentlich-rechtlichen Institute hinzugefügt werden. An dieser Stelle

26

Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B.II.; 3. Kap. 1. Abschn. A. Faber, Verwaltungsrecht, § 18 IV. 28 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 77. Vgl. auch Bull, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 545 (553). 27

358

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

soll nicht entschieden werden, ob es nicht besser sei, statt auf bürgerlich-rechtliche Gesetzesbestimmungen zurückzugreifen, selbständige verwaltungs-rechtliche Institute herauszubilden und für sie eigene öffentlich-rechtliche Rechtsregeln in Entsprechung zum Zivilrecht zu entwickeln. Denn für die Jetztzeit [scil: 1971] kommt es nicht so sehr auf eine begriffliche Abspaltung [Hervorhebung vom Verfasser] des öffentlichen vom privaten Recht an, sondern vielmehr auf das Anzeigen einer häufig bestehenden gleichen Sachproblematik in den beiden Rechtsgebieten.“ Dass sich zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Willenserklärung schon in ihren Grundlagen wesentlich unterscheiden, wurde bislang dargelegt. Sollte weiterhin der Begriff der „Willenserklärung“ auch im Verwaltungsrecht genutzt werden, erscheint es schwierig, diese Unterschiedlichkeiten dem Rechtsanwender bewusst zu machen und so eine Emanzipation vom Zivilrecht zu erreichen. Vielmehr erscheint mittlerweile die Durchdringung der materiellen Inhalte ein Stadium erreicht zu haben, bei dem auch eine „begriffliche Abspaltung“ angebracht erscheint. Auch der zeitliche Rahmen der Entwicklung der zu untersuchenden Handlungsform spricht gegen die Verwendung des Begriffs der „Willenserklärung“.

F. Fazit Der Begriff der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung ist für die hier zu untersuchende Handlungsform nicht mehr geeignet. Zum einen besteht eine Abweichung zwischen der allgemein mit dem Begriff Willenserklärung sowie seinem Teilelement des Willens verstandenen Bedeutung und der Struktur der zu untersuchenden verwaltungsrechtlichen Handlungsform. Zum anderen ist auch die bloße Bezeichnungsfunktion des Begriffs durch seine Parallelität zu dem zivilrechtlichen Begriff der Willenserklärung wegen einer daraus resultierenden Assoziationsgefahr erheblich gestört. Um die materiell vorhandene Eigenständigkeit der betreffenden Handlungsform deutlicher herauszuheben und ihre weitere Entwicklung zu fördern, ist ein Wechsel in den Begrifflichkeiten notwendig.

3. Abschn.: Die „Verwaltungserklärung“

359

3. Abschnitt

Die „Verwaltungserklärung“ Um die weitere Fortentwicklung der hier zu untersuchenden Handlungsform zu gewährleisten, soll für sie im Folgenden der Begriff der „Verwaltungserklärung“ verwendet werden.

A. Erfüllung allgemeiner Anforderungen durch den Begriff der „Verwaltungserklärung“ Ein solches Vorgehen setzt voraus, dass der Begriff der „Verwaltungserklärung“ schon die allgemeinen Anforderungen erfüllt, die an ihn für eine eigenständige Weiterentwicklung der Handlungsform zu stellen sind. Dies umfasst einerseits eine eindeutige begriffliche Eigenständigkeit, die eine klare Zuordnung der Sache sicherstellt. Bei Verwendung des Begriffs der „Verwaltungserklärung“ liegt nicht nur eine deutliche und fest umrissene Abgrenzung zu den sonstigen öffentlich-rechtlichen Handlungsformen vor, auch besteht keine Verwechslungsgefahr zu der zivilrechtlichen Willenserklärung. Darüber hinaus fügt sich der Begriff der Verwaltungserklärung bündig neben den des Verwaltungsakts oder auch Verwaltungsvorschriften in das verwaltungsrechtliche System der Handlungsformen ein. Bei einem begriffsrealistischen Verständnis steht der „Akt“ für eine Handlung, Vorgang oder Geschehen und beinhaltet eine Rückbildung auf den Begriff „Akten“. 29 Damit geht eine gewisse Verbindlichkeit und Dauerhaftigkeit einher, wie es für die Verwendung von Akten typisch ist. „Erklärung“ steht hingegen lediglich für Erläuterung oder Äußerung. 30 In Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage würde der Verwaltungsakt für einen umfassenderen Vorgang stehen, der unter anderem auch aus sich selbst heraus abschließende Rechtswirkungen enthält, während die Verwaltungserklärung sich nur auf die bloße Äußerung bezieht. Andererseits wird durch die Verwendung des Begriffs der „Verwaltungserklärung“ eine realistische Abbildung der ihm zugeordneten Sache erreicht. Durch die Entfernung des Elements „Willen“ wird die Gleichschaltung zu der zivilrechtlichen Willenserklärung verhindert. Es entsteht nicht schon durch die begriffliche Duplexität die Gefahr, allzu schnell auf zivilrechtliche Anwendungsregeln zurückzugreifen, ohne die verwaltungsrechtliche Situation ausreichend miteinbezogen 29 Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Bd. 1, S. 22 f.; Duden, Herkunftswörterbuch, S. 26 f. 30 Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Bd. 1, S. 662; Duden, Herkunftswörterbuch, S. 409.

360

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

zu haben. Der Austausch des Willenselements durch das Element der Verwaltung macht nicht nur deutlich, wer Urheber der Erklärung ist. Auch erfolgt sogleich der Hinweis auf die für diesen zwingende Bindung an Recht und Gesetz, welche sich gerade als maßgeblicher Unterscheidungspunkt zu der durch privatautonome Aspekte geleiteten zivilrechtlichen Willenserklärung erwiesen hat. Dabei behält der Begriff der „Verwaltungserklärung“ die Allgemeinheit, die er zu der Abdeckung der verschiedenen möglichen Erscheinungsformen benötigt. 31 Das Element der „Erklärung“ erscheint im Gegensatz dazu weniger veränderungsbedürftig, weil bis zum jetzigen Stand der Untersuchung sich keine Umstände gezeigt haben bzw. keine zu erwarten sind, die eine im Vergleich zum Zivilrecht abweichende Bewertung des Mittels der Äußerung zulassen. 32 Schließlich wird durch den Begriff der „Verwaltungserklärung“ eine im Gegensatz zu den bisherigen Bezeichnungen 33 erhebliche Vereinfachung und Kürzung erreicht. 34 Gleichzeitig darf wegen seiner Breite der Begriff der Verwaltungserklärung aber auch nicht als Oberbegriff für jegliche Erklärungen gleich welcher Art durch die Verwaltung verstanden werden, wie es teilweise dem Begriff der Willenserklärung widerfuhr. 35 So könnte auch der Begriff der „Verwaltungserklärung“ bei einem weiten Verständnis als Oberbegriff verschiedenster verwaltungsrechtlicher Erklärungen angesehen werden. 36 In den sich anschließenden Erörterungen wird dem Begriff der „Verwaltungserklärung“ die schon eingangs herausgearbeitete Definition zugeordnet. Eine Verwaltungserklärung ist damit ist die von der Verwaltung in gerade ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt abgegebene, auf unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsfolge, jedoch dabei nicht auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung, gerichtete Willensäußerung. 37

B. Die „Verwaltungserklärung“ im Sinne des Bundessozialgerichts Mit dem Begriff der „Verwaltungserklärung“ wird jedoch kein juristisches Neuland betreten. Auch das Bundessozialgericht verwendet in einigen Entscheidungen 31

Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II. Vgl. dazu unten 7. Kap. 1. Abschn. C. I. 33 Vgl. zu denen neben dem Begriff der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung verwendeten Begriffen oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.5. 34 Zu diesem Sinn der Begriffsbildung von Savigny, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren, S. 25. 35 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.5. 36 Zu einem solchen Verständnis sogleich unten 5. Kap. 3. Abschn. B. Denkbar wäre es sowohl Verwaltungsakte, Tatsachenmitteilungen und Auskünfte sowie die behandelten Verwaltungserklärungen i. e. S. unter den Begriff der Verwaltungserklärung i. w. S. zu fassen. 37 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. C I. 32

3. Abschn.: Die „Verwaltungserklärung“

361

diesen Terminus. 38 Fraglich ist, ob der Begriff hierdurch schon derart belegt ist, dass einer Benutzung im soeben dargelegten Sinne ein Hindernis entgegensteht. Teilweise ist die „Verwaltungserklärung“ des Bundessozialgerichts so zu verstehen, dass mit ihr innerhalb eines Versorgungsrechtsverhältnisses, also allgemeiner gesprochen einer Verwaltungsrechtsbeziehung, das Ergebnis einer normativen Bewertung in Form der Unterordnung von Einzelfallumständen unter bestimmte gesetzliche Merkmale festgehalten wird. 39 Sie stellen damit mehr als Meinungsäußerungen oder Auskünfte dar und haben das Ziel, zwischen den Beteiligten endgültig und verbindlich zu sein, mithin eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung aufweisen. 40 Genau genommen handelt es sich bei diesen Verwaltungserklärungen um Vorbescheide und damit Verwaltungsakte. 41 In neueren Entscheidungen ist jedoch eine Änderung dahingehend ersichtlich, dass nunmehr Verwaltungserklärungen gerade nicht auf eine verbindliche Entscheidung gerichtet sind, sondern lediglich eine Tatsachenmitteilung enthalten. 42 Schließlich gibt es Entscheidungen, in denen der Begriff zwar erwähnt wird, aber vollständig unklar bleibt, was mit ihm gemeint ist. 43 Ein durchgehend einheitliches Begriffsverständnis fehlt der Verwendung der „Verwaltungserklärung“ durch das Bundessozialgericht. Teilweise steht diese Bezeichnung ausdrücklich für einen Verwaltungsakt, teilweise ausdrücklich nicht. Jedes Mal, wenn eine Verwaltungserklärung auszumachen war, hätte man die zu benennende Sache auch unproblematisch mit herkömmlichen Begriffen bezeichnen können. Der dort verwendete Terminus „Verwaltungserklärung“ kann deshalb nur in einem unjuristischen Sinne verstanden werden und zwar dergestalt, dass er Erklärung, Äußerung oder Mitteilung der Behörde darstellt, ohne dass mit der Bezeichnung als Verwaltungserklärung schon eine rechtliche Aussage über sie getroffen wäre. Es handelt sich damit um die – durchaus mögliche – Verwendung des Begriffs in einem weiten Sinne, wie es auch schon bei dem Begriff der Willenserklärung zu beobachten war. Für die hier zu bezeichnende verwaltungsrechtliche 38 BSGE 19, 247 (250); 42, 178 (179); BSG NZS 1999, 498 (500); NJ 2002, 390 (392); Urteil v. 20. 12. 2001, Az: B 4 RA 50/01 R (zitiert nach Juris). Auch BGH NVwZ 1996, 821 (822) erwähnt den Begriff „Verwaltungserklärung“. In den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, auf die dort Bezug genommen wird, findet sich jedoch keine Hinweis auf „Verwaltungserklärungen“, so dass davon ausgegangen werden muss, dass der Bundesgerichtshof den Begriff in rein tatsächlicher Form verwendet. 39 BSGE 42, 178 (179 f.); ähnlich BSGE 19, 247 (250). 40 BSGE 42, 178 (179 f.); 19, 247 (250). 41 Vgl. zu Vorbescheiden BVerwG DVBl. 1982, 960 (961); Reichelt, Der Vorbescheid im Verwaltungsverfahren, S. 121 ff.; Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 25; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 63. 42 BSG NJ 2002, 390 (392); Urteil v. 20. 12. 2001, Az: B 4 RA 50/01 R (zitiert nach Juris). 43 BSG NZS 1999, 498 (500).

362

5. Kap.: Begriff der „einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“

Handlungsform ist jedoch der Begriff in einem engeren Sinne maßgeblich. 44 Durch die begriffliche Verwendung des Bundessozialgerichts besteht also keine Überschneidung oder gar Blockade.

C. Begriffliche Unterscheidung zwischen Verwaltungserklärung einer Behörde und verwaltungsrechtlicher Willenserklärung eines Bürgers Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung kann auch vom Bürger abgegeben werden. Die Bezeichnung der von Behörden verwendeten Willenserklärungen als „Verwaltungserklärungen“ würde aber zu einer begrifflichen Abweichung zu der von Bürgern benutzten verwaltungsrechtlichen Willenserklärung führen. In Umkehrung der Zweifel, ob tatsächlich zwei wesentlich unterschiedlich zu behandelnden Konkretisierungen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gleich bezeichnet werden können, 45 ist ebenfalls zu fragen, ob auch zwei wesentlich gleich zu behandelnde Erscheinungen, unterschiedlich bezeichnet werden können. Dazu müssten die öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen des Bürgers und die Verwaltungserklärungen einer Behörde aber tatsächlich wesentlich gleich behandelt werden. Hierbei fallen jedoch sofort die unterschiedlichen Strukturen auf, die beiden Typen von Erklärungen zugrunde liegen. Deshalb können auch die Erklärungen des Bürgers und der Verwaltung nicht als wesentlich gleich angesehen werden. Wollte man dennoch hierin einen Hinderungsgrund für die Bezeichnung der einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen der Behörde als „Verwaltungserklärungen“ sehen, würde man erneut durch eine unkritische Begriffsbezeichnung den Blick auf die maßgeblichen Strukturunterschiede erschweren. Dass Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung und des Bürgers unterschiedlich ausgestaltet und bezeichnet sind, ist, angesichts der jeweiligen Eigenschaften, die darin zur Geltung kommen, nicht ungewöhnlich. 46 Die durch den Begriff der „Verwaltungserklärung“ hervorgerufenen Unterschiede in den Bezeichnungen sind nicht hinderlich.

D. Begriffliche Grenze aus § 62 S. 2 VwVfG Fraglich ist noch, ob § 62 S. 2 VwVfG als eine begriffliche Grenze der Bezeichnung als „Verwaltungserklärung“ entgegensteht. Nach § 62 S. 2 VwVfG ist bei der 44 45 46

Vgl. von Savigney, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren, S. 23. Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J. Vgl. nur den Verwaltungsakt, die Verordnung oder die Satzung.

3. Abschn.: Die „Verwaltungserklärung“

363

Behandlung öffentlich-rechtlicher Verträge ergänzend zu den vorhandenen Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts auf die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches in entsprechender Weise zurückzugreifen. 47 Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrages kann also bei der Frage des Zustandekommens die Handlungsform Willenserklärung verwendet werden. Den Entwicklungsprozess der Handlungsform „Verwaltungserklärung“ würde es hemmen, wenn konkrete Erscheinungsformen der Handlungsform bei derselben rechtlichen Behandlung nur deshalb eine andere Bezeichnung hätten, weil sie im Zuge eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vorkämen. Zum einen enthält das Bürgerliche Gesetzbuch aber nur Regeln über die Behandlung der Willenserklärung. Dessen Auswirkungen und Folgen ändern sich für die Verwaltungserklärung nicht, nur weil diese einen anderen Begriff als die zivilrechtliche Willenserklärung trägt. Zum anderen enthält § 62 S. 2 VwVfG die Billigung, oder besser gesagt Pflicht, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die notwendige Anpassung der zu verwendenden Regeln an die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse wird durch den Begriff der Verwaltungserklärung gleichsam schon eingeläutet und erneut verdeutlicht. Insofern steht § 62 S. 2 VwVfG der Verwendung des Begriffs „Verwaltungserklärung“ nicht entgegen, sondern setzt eine solche Modifikation sogar voraus.

47

Zu der Problematik des § 62 S. 2 VwVfG oben 1. Kap. 2. Abschn. A. V.

6. Kapitel

Grundlegende Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung Allein die abstrakte Herleitung der Handlungsform der Verwaltungserklärung reicht zu einer praktischen Handhabung nicht aus. Über die Begründung ihrer bloßen Existenz im öffentlichen Recht sind für den Rechtsanwender Regeln über die konkrete Anwendung von essentieller Bedeutung. Während die Regelung „der“ Verwaltungserklärung schon erörtert werden konnte, sind nunmehr die Regelungen „über“ die Verwaltungserklärung zu untersuchen. Vorliegend geht es also um die Frage, nach welchen Regeln die Verwaltungserklärung praktisch zu benutzen ist. Nachfolgend sollen deshalb die bislang festgestellten abstrakten Aussagen hinsichtlich der Dogmatik und Struktur der Verwaltungserklärung in die konkreten Regeln über ihre rechtliche Behandlung einfließen und sie zu einem sachgerechten Regelungskomplex verdichten. Während die eingangs der Untersuchung erfolgte Kategorisierung sich am „rechtlichen Können“ orientierte, ist folgend allein das „rechtliche Dürfen“ maßgeblich. 1

1. Abschnitt

Begründung der konkreten Regeln für die Verwaltungserklärung Fraglich ist dabei an erster Stelle, woher konkrete Regeln für die Handhabung der Verwaltungserklärung stammen.

A. Gesetzliche Regelung vorhanden In einigen Fällen sind für die Verwaltungserklärung gesetzliche Regeln über ihre Handhabung vorhanden. Beispielsweise enthält § 36 BauGB konkrete Regeln über das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen und auch die Ausübung eines 1

Dazu oben 1. Kap. 2. Abschn. A I.

1. Abschn.: Begründung konkreter Regeln

365

Zurückbehaltungsrechts 2 ist teilweise geregelt. Soweit ersichtlich wird bei diesen Erscheinungsformen aber keine vollumfängliche Regelung ihrer Handhabung vorgenommen, sondern die Normierung konkreter Regeln beschränkt sich auf bestimmte Einzelfragen und ist lückenhaft. 3 Die dennoch vorhandenen gesetzlichen Regelungen können sich in zweierlei Arten darstellen. Ähnlich der Begründung der Herkunft der Rechtswirkungen können sie als originäre und eigenständige öffentlich-rechtliche Regelungen bestehen. 4 Möglich ist aber auch, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen eine gesetzliche Verweisung auf Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches enthalten. 5

B. Keine gesetzliche Regelung vorhanden Ausdrückliche gesetzliche Regelungen in diesem Bereich sind jedoch selten. In den meisten Fällen fehlt es an speziellen Vorgaben für die Nutzung der konkreten Erscheinungsform der Verwaltungserklärung, so dass diese Materie der Aufstellung allgemeiner Regelungen zugänglich wäre. Solche allgemeinen Regelungen könnten aus allgemeinen Strukturen des Verwaltungsrechts abgeleitet werden. 6 Daneben bietet sich die Möglichkeit, auf zwar ausdrücklich normierte, aber gleichwohl sachfremde Regelungen zurückzugreifen. Bei dieser letzteren Variante bieten sich erneute zwei Vorgehensweisen an. Zum einen könnte auf Regeln zurückgegriffen werden, die ausdrücklich für eine andere Handlungsform des Verwaltungsrechts geschaffen wurden, wobei sich vor allem der Verwaltungsakt anbieten würde. Dies würde den Vorteil bieten, dass zwar handlungsformspezifische Unterschiede bestehen, aber Gemeinsamkeiten in den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Strukturen existieren, die beiden Handlungsformen zugrunde liegen. Methodisch könnte dieser Weg über eine Analogie beschritten werden. Zum anderen könnten die Regeln für die Verwaltungserklärung an die zivilrechtliche Willenserklärung angelehnt werden. Dabei könnten sich gegebenenfalls handlungsformspezifische Ähnlichkeiten zeigen, gleichzeitig

2

Vgl. die Nachweise dazu oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.6. So enthalten § 36 BauGB oder die gesetzlich erwähnten Fälle eines Zurückbehaltungsrechts keine genaueren Angaben darüber, wie Fehler zu behandeln sind, ob die Erklärungen Nebenbestimmungen zugänglich sind oder wann genau deren Wirksamkeit beginnt, dazu unten 7. Kap. 4 Vgl. z. B. das Amtshilfeersuchen nach §§ 4 ff. VwVfG oder das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB. 5 Lampert, Verwalten durch Zurückbehalten, S. 284. Dazu auch oben 3. Kap. 2. Abschn. B. 6 Vgl. Hardt, Zur Rechtsnatur der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts; Schleifenbaum, Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als revisibles Bundesrechts. 3

366

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

müssten aber die zugrunde liegenden verschiedenen Grundstrukturen der beiden Rechtsgebiete in Einklang gebracht werden. Ein Rückgriff auf bestehende Regelungskomplexe des Zivilrechts findet seinen Ausgangspunkt in den oben schon dargestellten verschiedenen methodischen Vorgehensweisen. 7 Da eine unmittelbare Anwendung auch in der hier vorliegenden Frage aus den bekannten Gründen ausscheiden muss, eine Verweisung auf Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sich als Fall einer gesetzlichen Regelung darstellt und in den seltensten Fällen ersichtlich ist, dass konkrete Anwendungsregeln auf der Rechtsordnung immanente Fundamentalnormen zurückzuführen sind, ist davon auszugehen, dass sich die möglichen Vorgehensweisen in den überwiegenden Fällen auf eine Analogie und allgemeine Rechtsgedanken reduzieren. Dabei scheidet eine Analogie zu zivilrechtlichen Regelungen nicht schon deshalb aus, weil für die grundsätzliche Existenz der Handlungsform der Verwaltungserklärung eine Analogie zu der zivilrechtlichen Willenserklärung nicht anzunehmen war. 8 Auch wenn beide Handlungsformen auf unterschiedlichen dogmatischen Fundamenten stehen, so können sie dennoch in konkreten Einzelfragen vergleichbaren Interessenlagen ausgesetzt sein, beispielsweise in Fragen des Zugangs bzw. des Beginns der Rechtswirksamkeit, der Hinzufügung von Bedingungen und Befristungen oder bestimmter Formfragen. 9 Die Frage der Anwendbarkeit konkreter Regeln gewinnt ihre Bedeutung für die praktische Nutzung der Handlungsform und kann deshalb hieraus auch maßgebliche Erwägungen ableiten. In praktischer Hinsicht lassen sich zwischen den beiden hier konkurrierenden Methoden der Analogie und der allgemeinen Rechtsgedanken nur wenige Unterschiede ausmachen. 10 Bei weiterer Berücksichtigung des Umstands, dass nur die Entscheidung im Einzelfall letztendliche Sicherheit erzeugen kann, wird verständlich, warum sich allgemeine Vorgaben für die Form des Rückgriffs auf zivilrechtliche Vorschriften nur selten finden lassen. Aus gleichem Grund soll auch an dieser Stelle nicht in eine konkrete Prüfung eingetreten werden, sondern allenfalls die Suche nach allgemeinen Leitlinien im Vordergrund stehen. Bei den in der Literatur zu findenden Ansätzen ist, sofern auf diesen Punkt eingegangen wird, ein genereller Verweis auf die Analogie auszumachen. 11 Im Wege einer pragmatischen Vorgehensweise soll in dieser Untersuchung der mögliche Rückgriff auf zivilrechtliche Vorschriften vor allem im Wege der Ana7

Vgl. ausführlich 3. Kap. 2. Abschn. Siehe oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.1. 9 Ausführlich zu diesen drei Bereichen unten 7. Kap. 10 Oben 3. Kap. 2. Abschn. G.III. 11 Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, S. 110; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 189, 302, 869; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 I 1. Teilweise wird sogar auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgegriffen, dies jedoch ohne eine weitergehende Begründung, Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 277. 8

2. Abschn.: Grundvorgaben für die rechtliche Behandlung

367

logie geschehen. Dabei ergibt sich die Möglichkeit einer solch grundsätzlichen Ausrichtung auf eine der beiden fraglichen Methoden durch die praktische Identität ihrer Ergebnisse. Die Analogie bietet darüber hinaus den Vorteil, dass mit ihr eine weitestgehende Angleichung zum Rückgriff auf zivilrechtliche Vorschriften im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrages i. S. d. § 62 S. 2 VwVfG stattfindet. 12 Während die prinzipielle Möglichkeit einer Analogie zwischen dem Zivilrecht und dem öffentlichen Recht grundsätzlich allgemein anerkannt ist, 13 finden sich Erörterungen zu allgemeinen Rechtsgedanken vor allem anhand bestimmter Einzelfälle. Damit einhergehend kann sich die Analogie auf eine weitergehende dogmatische Durchdringung berufen, was ihre Anwendbarkeit auch im Rahmen später noch kommender Aspekte erheblich erleichtert. 14 Die vorliegende Untersuchung ist schließlich genötigt, die oben angedeutete allgemeine Leitlinie heranzuziehen, weil in ihrem späteren Verlauf zwar einzelne handlungsformspezifische Anwendungsregeln begutachtet werden sollen, die Erörterung aber jedes einzelnen Rückgriffs auf auch erscheinungsformspezifische Zivilrechtsnormen die Grenzen des Machbaren überschreiten würde. Die genaue Untersuchung konkreterer Erscheinungsformen ist anderen Arbeiten vorzubehalten. Bei den damit verbundenen erscheinungsformspezifischen Besonderheiten liegt es aufgrund ihrer jeweiligen speziellen Eigenarten i. d. R. eher fern, sie als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens zu verstehen. Aus diesem Grund erscheint es vertretbar und zu sachgerechten Ergebnissen führend, wenn der Analogie für die Frage des Rückgriffs auf das Zivilrecht zur Bildung konkreter Anwendungsregeln ein gewisser „Anwendungsvorsprung“ eingeräumt wird.

2. Abschnitt

Grundvorgaben für die rechtliche Behandlung der Verwaltungserklärung Bevor mit der Aufstellung allgemeiner Regeln über die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Handlungsform begonnen wird, sollen die bisher gewonnenen Untersuchungsergebnisse zu Grundvorgaben für diesen Prozess zusammengefasst werden. Sie sind bei der Formulierung allgemeiner Rechtmäßigkeitsbedingungen und konkreter Regeln über die Behandlung der Verwaltungserklärung zu beachten. Als maßgeblicher Faktor für die Herausarbeitung allgemeiner Regeln konnte die 12 Vgl. Henneke, in: Knack, VwVfG, § 62, Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 62, Rn. 8; Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 62, Rn. 22; Fehling, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 62 VwVfG, Rn. 8 f.; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 17. 13 Dazu 3. Kap. 2. Abschn. E.II. 14 Vgl. beispielsweise unten 6. Kap. 4. Abschn. B.II.

368

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Herstellung eines adäquaten und ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Anforderungen an die Tatbestandsebene und den damit korrespondierenden Rechtsund Fehlerfolgen ausgemacht werden. 15 Die Tatbestandsebene der Verwaltungserklärung kann mittlerweile als weitestgehend feststehend betrachtet werden. Sie ist auf eine Rechtsfolge gerichtet, nicht jedoch auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung. 16 An diesem Merkmal zeigt sich in deutlicher Weise der Unterschied zum Verwaltungsakt. Bei der Verwaltungserklärung handelt es sich also um eine Alternative zu einseitig-hoheitlichen Regelungen. 17 Bezogen auf die mit einer Erklärung gewollte rechtliche Intensität nimmt die Verwaltungserklärung eine Art Auffangfunktion ein. Durch ihre auf Tatbestandsebene geringeren Anforderungen gegenüber anderen Handlungsformen erscheint sie als flexibleres und weicheres Instrument. 18 Die entscheidenderen Grundaussagen für die Aufstellung rechtlicher Regeln über die Behandlung der Verwaltungserklärung zeigen sich auf der Ebene der Rechts- und Fehlerfolgen. 19 Der weite Tatbestand muss sich auch hier fortführen. Seine Auswirkungen dürfen nicht von erheblicher und schwerer Bedeutung sein. Insbesondere muss sich auf der Rechtsfolgenebene das für die Abgrenzung zum Verwaltungsakt maßgebliche Fehlen einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung niederschlagen. Andernfalls würde zu der Tatbestandsebene ein Missverhältnis entstehen. Eine derart beschränkte Rechts- und Fehlerfolgenebene zieht eine weitere Konsequenz nach sich. Durch die Begrenzung der möglichen rechtlichen Folgen können bei der normativen Ausprägung der Handlungsform Abstriche gemacht werden. 20 Generalisierende Regelungen mit weiten Spielräumen sind eher zulässig. Dies ergibt sich auch durch die vielfältigen konkreten Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung, denen die normativen Regelungen mit entsprechender Weite Rechnung tragen müssen. Neben den Auswirkungen auf die normative Durchdringung sowie die Reichweite und Wirkung der Rechts- und Fehlerfolgen beeinflusst das weite Tatbestandsverständnis auch die Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der Handlungsform Verwaltungserklärung. Nach § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen – und als solche kommen auch Verwaltungserklärungen in Betracht 21 – nur gleichzeitig mit denen gegen die Sachentscheidung zulässigen 15

Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. C. I. 17 Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (50). 18 Di Fabio, in: Becker-Schwarze / Köck / Kupka / von Schwanenflügel (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 47 (50). 19 Vgl. zu diesem Verhältnis für die Handlungsform des Verwaltungsakts P. Stelkens/ U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 31. 20 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. 16

3. Abschn.: Rechtswirkungen

369

Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Diese im Vergleich zu anderen Handlungsformen in manchen Fällen eingeschränkte Möglichkeit, von Rechtsbehelfen Gebrauch zu machen, lässt sich einerseits durch die grundsätzlich nur begrenzten Auswirkungen einer solchen behördlichen Verfahrenshandlung für den Bürger begründen. 22 Andererseits erscheint sie aber auch nur dann hinnehmbar, wenn der weite Tatbestand der Verwaltungserklärung konsequent auf der Ebene der Rechtsund Fehlerfolgen umgesetzt wird.

3. Abschnitt

Rechtswirkungen Die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung beruhen auf einem Zusammenspiel von Verwaltungswillen und Rechtsordnung. An dieser Stelle soll darauf eingegangen werden, welchen genauen Inhalt die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung aufweisen.

A. Herbeiführung der gewollten, (konkret-)erscheinungsformspezifischen Rechtswirkungen Die Verwaltungserklärung ist darauf gerichtet, Rechtsfolgen herbeizuführen. Dies muss dann auch als ihre maßgebliche Rechtswirkung angesehen werden. Die Rechtsordnung weist der einzelnen willentlichen Manifestation die Fähigkeit zu, die gewollten Rechtsfolgen im Rahmen der Rechtsordnung hervorzubringen. Der genaue Inhalt der Rechtsfolgen kann dabei variieren, sie weisen je nach konkreter Erscheinungsform spezifische Inhalte auf. So führt eine Aufrechnung andere Rechtsfolgen herbei als eine Zustimmung oder ein Amtshilfeersuchen. Sie können sich in einem Ge- oder Verbot oder einer Rechtsgestaltung niederschlagen. Dabei kann danach differenziert werden, ob diese Rechtsfolgen unmittelbar oder mittelbar eintreten.

B. Erweiterte (generell-)handlungsformspezifische Rechtswirkungen Fraglich ist jedoch, ob der Verwaltungserklärung über diese (konkret-)erscheinungsformspezifischen Rechtswirkungen hinaus erweiterte Rechtswirkungen zukommen.

21 22

Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A.III.1. Kopp / Schenke, VwVfG, § 44a, Rn. 1; Geiger, in: Eyermann, VwGO, § 44a, Rn. 1.

370

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

I. Mögliche Formen erweiterter handlungsformspezifischer Rechtswirkungen Rechtswirkungen, die über die bloße Herbeiführung der gewollten Rechtsfolgen hinausgehen, können vor allem beim Verwaltungsakt beobachtet werden. In seinen handlungsformspezifischen Funktionen realisieren sich Überlegungen, die sich schon in den Wesens- bzw. Tatbestandsmerkmalen des Verwaltungsakts angedeutet haben. Die vielleicht bedeutendste Form einer erweiterten Rechtswirkung des Verwaltungsakts liegt in seiner fehlerunabhängigen Rechtswirksamkeit. 23 Obwohl der Verwaltungsakt unter einem seine Rechtswidrigkeit herbeiführenden Fehler leidet, bleibt er gleichwohl rechtswirksam. Zusätzlich hat er die Rechtswirkung, dass er nach einer bestimmten Frist bestandskräftig wird und damit eine rechtlich weitgehend gesicherte Existenz erlangt. 24 Er kann von Betroffenen grundsätzlich nicht mehr angegriffen werden. Schließlich kann der Verwaltungsakt neben seiner eigentlichen Rechtsfolge zugleich unabhängig vom Bestehen des materiellen Anspruchs das Vollstreckungsrecht des Gläubigers tragen und damit Vollstreckungstitel sein. 25 II. Verwaltungserklärungen und erweiterte handlungsformspezifische Rechtswirkungen Die Möglichkeit einer Verwaltungserklärung, solche oder ähnliche Formen erweiterter Rechtswirkungen zu entwickeln, hängt maßgeblich von der gesetzlichen Lage ab. Hierzu ist auf die Elemente der Rechtsordnung zurückzugreifen, die der Verwaltungserklärung ihre Fähigkeiten zuweisen (vor allem Rechtssätze) und damit neben Willenselementen den Grund ihrer Rechtswirkungen bilden. Dies bedeutet, dass sich die Art und Weise der Rechtswirkungen einer konkreten Verwaltungserklärung nach der ihr zugrunde liegenden Rechtssituation richtet. Für Verwaltungserklärungen lassen sich einerseits keine Zuweisung finden, die der abstrakten Handlungsform die Fähigkeit zusprechen, fehlerunabhängig bestandskräftig zu sein oder einen vollstreckbaren Titel darzustellen und andererseits auch keine Aussagen finden, die einer einzelnen konkreten Erklärung 23 Dazu Meyer, in: Knack, VwVfG, § 43, Rn. 10; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 39; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 48, Rn. 10; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 662 ff. 24 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43, Rn. 29 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 50, Rn. 1 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 3 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 39. 25 Henneke, in: Knack, VwVfG, Vor § 35, Rn. 35; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 860 ff.; Arndt, Verwaltungsvollstreckung, S. 59 m.w. N.

3. Abschn.: Rechtswirkungen

371

entsprechende Fähigkeiten geben. 26 Für Verwaltungserklärungen mit originär öffentlich-rechtlicher Wirkung ergibt sich dies durch eine Auslegung der der einzelnen Verwaltungserklärung zugrunde liegenden Sach- und Regelungskomplexe. So kann beispielsweise die Auslegung einer Norm ergeben, dass die von ihr behandelte Erklärung keine weitergehenden handlungsformspezifischen Rechtswirkungen aufweist. Alternativ ist es möglich, dass durch die Erklärung schon in genereller Weise nicht die Merkmale des Verwaltungsakts erfüllt werden und so die Anwendung der besonderen handlungsformspezifischen Rechtswirkungen der §§ 43 ff. VwVfG versperrt ist. 27 Weist eine Verwaltungserklärung eine derivativ öffentlich-rechtliche Wirkung auf, so ergibt sich das Fehlen besonderer handlungsformspezifischer Rechtswirkungen durch den Charakter des Zivilrechts. Diesem sind schon allgemein einseitig gestaltende Regelungen fremd. 28 Fehlerunabhängige und bestandskräftige Rechtshandlungen, die gleichzeitig einen vollstreckbaren Titel darstellen, kennt es nicht. Dieser Mangel an ausdrücklichen Regelungen oder bloßen Hinweisen auf handlungsformspezifische Rechtswirkungen mag zwar der mangelnden Ausgestaltung der Handlungsform Verwaltungserklärung geschuldet sein. Der Spekulation über eine andere Handhabung muss jedoch eine Absage erteilt werden. Innerhalb einer Handlungsform muss die Verknüpfung zwischen Voraussetzungen und Rechtswirkungen ein adäquates Verhältnis widerspiegeln. 29 Eine Handlungsform, die weniger strenge Voraussetzungen als der Verwaltungsakt aufweist, gleichzeitig aber handlungsformspezifische Rechtswirkungen entwickeln kann, die auch beim Verwaltungsakt anzutreffen sind, muss als unverhältnismäßig qualifiziert werden. Außerdem gelingt nur bei einer konsequenten Ablehnung der hier diskutierten erweiterten Rechtswirkungen die Anpassung der Verwaltungserklärung an die restlichen bestehenden Handlungsformen. Innerhalb des Systems der verwaltungsrechtlichen Handlungsformen stellt sie ein rechtlich flexibles Einzelfallinstrument mit einer im Gegensatz zum Verwaltungsakt geringeren rechtlichen Intensität dar. 30 Aus diesem Grund müssen auch etwaige Überlegungen hinsichtlich einer Analogie in diesem Bereich abgelehnt werden. Aus den bisher dargestellten Gründen fehlt es zumindest an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Verwaltungserklärung vermag damit nur im Rahmen der Rechtsordnung die gewollten Rechtsfolgen 26 Zu denen sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Erfordernis einer Rechtsgrundlage unten 6. Kap. 4. Abschn. A. I.1. Für die Zusage vgl. Erfmeyer, DVBl. 1999, 1625 (1632). 27 Zu diesem Zusammenhang von Wesensmerkmalen und Funktionen oder Tatbestand und Rechtsfolge oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.a. 28 Vgl.1. Kap. 3. Abschn. A.II.11. 29 Siehe oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. 30 Vgl. oben 6. Kap. 2. Abschn.

372

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

herbeizuführen und weist keine davon unabhängigen handlungsformspezifischen Rechtswirkungen auf. 31 Im Vergleich mit dem Verwaltungsakt bedeutet dies, dass eine Verwaltungserklärung nicht fehlerunabhängige Wirksamkeit erreicht, allein durch Zeitablauf bestandskräftig wird oder ohne weitere Maßnahmen als Titel verwendet werden kann. Erhält der Bürger eine Verwaltungserklärung, muss er sich nicht dagegen zur Wehr setzen. Allein durch seine Untätigkeit entstehen grundsätzlich keine weiteren Rechtswirkungen. Das bedeutet, dass der Erklärende eine verbindliche Durchsetzung nur dann erreichen kann, wenn er, ebenso wie beim öffentlichrechtlichen Vertrag oder dem Realhandeln, eine prozessuale Klärung anstrebt. Im Gegensatz zum Verwaltungsakt ist nicht der Adressat einer Verwaltungserklärung in der Position, prozessual initiativ tätig zu werden, sondern der Erklärende. III. Konsequenzen für das rechtliche Können und Dürfen Die für die Verwaltungserklärung nicht vorhandene fehlerunabhängige Rechtswirksamkeit hat Konsequenzen für das Verhältnis von rechtlichem Können und Dürfen. Rechtliches Können und rechtliches Dürfen entsprechen sich. Die Verwaltung kann in einer Verwaltungserklärung nur das erklären, was sie auch darf. Eine Verwaltungserklärung, die rechtswidrig ist, ist zugleich unwirksam und nichtig. Hiervon zu unterscheiden ist die Lage beim Verwaltungsakt oder öffentlichrechtlichen Vertrag. Das auf diese Handlungsformen bezogene rechtliche Können ist größer als das rechtliche Dürfen. Durch die fehlerunabhängige Bestandskraft können Verwaltungsakte auch in solchen Fällen erklärt werden, in denen die Verwaltung keinen Verwaltungsakt erlassen darf. Auch öffentlich-rechtliche Verträge können trotz Rechtswidrigkeit wirksam sein. 32 Dies ist für die Verwaltungserklärung nicht möglich.

31

Dies schließt zumindest theoretisch nicht aus, dass einer konkreten Erscheinungsform der Verwaltungserklärung durch einen ihr zugeordneten Rechtssatz ausdrücklich eine den oben dargestellten Rechtswirkungen vergleichbare Rechtswirkung zugewiesen wird oder beispielsweise die Funktion, einen vollstreckbaren Titel bilden zu können bzw. fehlerunabhängig rechtswirksam zu sein, vgl. zu letzterem den Grundsatz der Planerhaltung in § 214 BauGB. 32 Aufgrund des Art. 100 GG zeigt sich dieser Unterschied von rechtlichem Können und Dürfen in Ansätzen auch für formelle Gesetze.

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

373

4. Abschnitt

Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage bei Verwendung der Verwaltungserklärung Bisher nicht geklärt werden konnte, ob die Nutzung der Handlungsform Verwaltungserklärung über die Beachtung des Vorrangs des Gesetzes hinaus einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Das Verbot, ohne gesetzliche Grundlage tätig zu werden, entstammt dem Vorbehalt des Gesetzes als Element des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. 33 Zwar ist dieser Gesetzesvorbehalt 34 nicht ausdrücklich in Art. 20 Abs. 3 GG genannt, doch ist seine Geltung trotz voneinander abweichenden Begründungen als zentrales Element des Rechtsstaatsprinzips anerkannt. 35 Bei der hier vorzunehmenden Erörterung kann sich freilich als problematisch erweisen, dass sie sich nicht auf eine spezielle Erscheinungsform der Verwaltungserklärung beschränkt. Ebenso wenig kann jede denkbare Erscheinungsform auf das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage hin untersucht werden. Ausgehend von dem grundlegenden Untersuchungsgegenstand soll vielmehr nach allgemein für jede Form der Verwaltungserklärung anwendbaren Regeln gesucht werden, die in solcher Gestalt einen Nutzen für die Typisierung der Handlungsform Verwaltungserklärung leisten.

A. Eröffnung des Anwendungsbereichs des Gesetzesvorbehalts Im Gegensatz zu dem uneingeschränkt und unbedingt geltenden Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes ist der Anwendungsbereich des weiter reichenden Gesetzesvorbehalts beschränkt. Im Kern handelt er von der Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Exekutive. 36 Nach Ossenbühl 37 gehört diese im Rahmen des Gesetzesvorbehalts zu stellende Abgrenzungsfrage zu den „ewigen Problemen des Verfassungsrechts“. Wegen der unter anderem aus diesen Gründen mehr als 33 BVerfGE 40, 237 (248 f.); 49, 89 (126); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VI, Rn. 55; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 44; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 115; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 107 ff.; Wehr, JuS 1997, 419 (419); Pietzcker, JuS 1979, 710 (711 ff.). 34 Zu der i. d. R. synonymen Verwendung von „Vorbehalt des Gesetzes“ und „Gesetzesvorbehalt“, Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 45. 35 Zu den verschiedenen Begründungen und Verortungen Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 805 m.w. N. 36 Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 126; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 7, 17. Vgl. auch oben 2. Kap. 2. Abschn. III.3.c. 37 Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 8.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

umfänglichen Behandlung in der Rechtswissenschaft kann an dieser Stelle nur auf die weitgehend feststehenden Anwendungsbereiche eingegangen werden. I. Eingriff in Freiheit und Eigentum Das klassische, althergebrachte Verständnis des Gesetzesvorbehalts hat sich im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt. 38 Dabei verbanden sich im Gesetzesvorbehalt wesentliche Gedanken des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips. Zum einen wurden die Befugnisse des herrschenden Monarchen zugunsten eines aus Mitgliedern des Volkes gewählten Parlaments beschränkt und zum anderen wurde das staatliche Handeln durch eine gesetzliche Grundlage auf ein berechenbares und vorhersehbares Fundament gestellt. 39 Aufgrund dieses klassischen Gesetzesvorbehalts ist für Eingriffe in Freiheit oder Eigentum des Bürgers eine Rechtsgrundlage notwendig. 40 Aus einer solchen Begründung des Gesetzesvorbehalts resultiert jedoch eine Eingrenzung. Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers sind nur bei Verwaltungserklärungen mit Außenwirkung möglich. 41 Beschränken sich die Rechtsfolgen einer Verwaltungserklärung auf den Innenrechtskreis, reichen sie also nicht über die Organisation eines Trägers öffentlicher Verwaltung hinaus, so kann sich ein Eingriff in Rechte des Bürgers als im Vergleich hierzu Außenstehenden schon von Natur aus nicht ergeben. Fraglich ist, ob dieses allenfalls im Außenverhältnis bestehende Erfordernis einer Rechtsgrundlage durch Verwaltungserklärungen ausgelöst wird. Nach dem klassischen Eingriffsbegriff lässt sich ein Eingriff annehmen bei einem Rechtsakt mit nicht bloß tatsächlicher Wirkung, der final intendiert ist, unmittelbar wirkt und mit Befehl und Zwang angeordnet bzw. durchgesetzt wird. 42 Die ersten drei Merkmale dieser Definition lassen sich für die Verwaltungserklärung relativ unpro38 Pietzcker, JuS 1979, 710 (711); Krebs, Jura 1979, 304 (304 f.); Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 108 ff. 39 Pietzcker, JuS 1979, 710 (712); Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 13 f. Zu der Handlungsformenlehre als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips oben 1. Kap. 1. Abschn. B. 40 BVerfGE 8, 155 (166 f.); Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 117 ff.; Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, S. 17 ff.; ders., Jura 1979, 304 (304 f.); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VI, Rn. 64; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 107; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 46 f.; Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 10; Wehr, JuS 1997, 419 (420); Kloepfer, JZ 1984, 685 (685 f.). 41 Siehe dazu oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.2. 42 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 82; ders., JuS 1995, 303 (304); Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 238; Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HStR V, § 111, Rn. 61; Bleckmann, Die Grundrechte, § 12, Rn. 34 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Vorb., Rn. 124;

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

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blematisch abhandeln. Die Verwaltungserklärung entfaltet im Gegensatz zu den Formen des Realhandelns i. w. S. und insbesondere den geschäftsähnlichen Handlungen nicht nur tatsächliche Wirkung, sondern gerade rechtliche Wirkung und ist somit Rechtsakt. 43 Ebenfalls ist die Verwaltungserklärung auf einen bestimmten Rechtserfolg gerichtet und damit final intendiert. Von der Art der Verwaltungserklärung hängt es ab, ob sie unmittelbare Rechtswirkung aufweist oder nicht. 44 Äußerst problematisch erscheint jedoch das Merkmal der Durchsetzbarkeit mit Befehl und Zwang, der sog. Imperativität. 45 Denn zumindest bei einer nur oberflächlichen Betrachtung besteht eine gewisse Nähe dieses Merkmals zu dem einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung. Letzteres musste im Rahmen einer Abgrenzung zu dem Verwaltungsakt für die Verwaltungserklärung jedoch abgelehnt werden. 46 Die Imperativität wird umso bedeutender, vergegenwärtigt man sich, dass sie als Oberbegriff von Befehl und Zwang das zentrale Element des klassischen Eingriffsbegriffs darstellt. 47 Bei einem Befehl wird in verbindlicher Weise dem Adressaten gegenüber eine Verhaltensanordnung erlassen. 48 Ein solcher Befehl muss sich jedoch nicht zwingend durch die den Kern dieser Untersuchung bildenden Einzelakte ergeben, sondern kann selbstverständlich auch durch abstrakt-generelle Ge- oder Verbote ergehen. 49 Staatlicher Zwang als zweites Element kann zum einen die Bedeutung haben, dass er die Durchsetzung eines Befehls ermöglicht, 50 zum anderen kann sich Zwang auch selbständig als imperative Maßnahme darstellen, sog. nicht befehlsakzessorischer Zwang. 51 Das Ziel des staatlichen Handelns liegt in einem solchen Fall nicht darin, den Adressaten zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, sondern in einer Veränderung dessen tatsächlicher Lebensumstände. 52 Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 175; Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 42 ff. 43 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.VI. 44 Zur Möglichkeit trotz einer nur mittelbaren Rechtswirkung einen Eingriff zu bejahen sogleich 6. Kap. 4. Abschn. A. I.2.b. 45 Dazu Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 11 f.; Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 25 f.; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 104, ders., JuS 1995, 303 (304). 46 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c. 47 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 104. 48 Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 12; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 104. 49 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 104. 50 Vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 16. 51 Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 34; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 29; Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 25; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 113 f., ders., JuS 1995, 303 (304). 52 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 113.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Der Wirkung von sowohl Befehl als auch Zwang ist dabei gemein, dass ein Einverständnis des Betroffenen nicht erforderlich ist. 53 Dabei muss sich diese Wirkung aus der fraglichen staatlichen Handlung ergeben, so dass eine „Identität von Regelung und Beeinträchtigung“ besteht. 54 1. Handlungsformspezifischer Eingriff Die Erfüllung des imperativen Merkmals könnte sich schon durch die Verwendung der Handlungsform Verwaltungserklärung als solcher ergeben, losgelöst von den konkreten Inhalten der einzelnen Erscheinungsformen. Fraglich ist also, ob schon eine eigenständige Rechtsgrundlage erforderlich ist, sobald eine Verwaltungserklärung abgegeben wird, also dieser Erlass einen eigenständigen Eingriff bilden kann, unabhängig von dem Inhalt der Erklärung. 55 Dabei muss auf die Merkmale des Rechtsakts, der Finalität und der unmittelbaren Wirkung nicht weiter eingegangen werden. Vereinzelt wird schon die Möglichkeit einer allgemeinen Begründung des Gesetzesvorbehalts für Handlungsformen als solches grundsätzlich abgelehnt. Eine in diesem Sinne notwendige Trennung zwischen Form und Inhalt sei nicht möglich. 56 Ein Verwaltungsakt beispielsweise werde erst dadurch existent, dass er einen bestimmten Inhalt bekomme und ein bestimmter Inhalt werde erst dadurch zu einem Eingriff, dass er in Form eines Verwaltungsakts ergehe. 57 Die bloße Verwendung einer Handlungsform als solches erfordere noch keine Rechtsgrundlage. Das Beispiel der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags zeigt jedoch, dass zwischen der Verwendung der Handlungsform als solcher und deren konkreten Inhalt in Bezug auf seine Zulässigkeit unterschieden werden kann. 58 Für die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur auf einer abstrakten Ebene mögliche Problematisierung soll mit der ganz h. M. der Unterscheidung zwischen Form und Inhalt gefolgt werden. 59 Denn bei einer Bejahung eines Eingriffs durch 53 Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 183 f.; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 34; Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 43 f.; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 113, ders., JuS 1995, 303 (304). 54 Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 12. Vgl. auch Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 28; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 105; Vgl. auch Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 202. 55 Vgl. zu der korrespondieren Diskussion beim Verwaltungsakt nur Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 41 ff. m.w. N. 56 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 4; Erichsen, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit I, S. 69. 57 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 4. 58 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 54, Rn. 25. 59 Vgl. nur die Nachweise bei Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 41 f.

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die Handlungsform Verwaltungserklärung ermöglicht dies schon eine generelle Aussage zu der Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage. Entscheidend für die Frage eines Eingriffs durch die abstrakte Handlungsform müssen ihre rechtlichen Wirkungen bzw. Funktionen sein. 60 Es muss eine handlungsformspezifische Funktion vorliegen, die ein imperatives Merkmal aufweist. So wird die von der wohl mittlerweile h. M. 61 angenommene abstrakte Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt im Grundsatz auf Ableitungen des Merkmals einer hoheitlichen Maßnahme zur Regelung, also der einseitig festgelegten, unabhängig von Rechtsmängeln bestehenden und verbindlichen Rechtsfolge gestützt. Konkret soll sich der Eingriffsgehalt des Verwaltungsakts aus seiner Titelfunktion, 62 seiner verbindlichen Konkretisierungs- und Individualisierungsfunktion, 63 der fehlerunabhängigen Bestandskraft 64 oder der sich für den Adressaten ergebende Anfechtungslast 65 ergeben. 66 Aufgrund ihrer konzeptionellen Grundausrichtung einer weiten und rechtlich flexiblen Handlungsform weist die Verwaltungserklärung keines dieser Merkmale auf. 67 Als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes bietet sie einem Rechtssubjekt lediglich einen abgesicherten Grundbestand, mit dem ein in der Außenwelt liegender rechtlicher Erfolg herbeigeführt werden kann. Ob und wie dieser Effekt eintritt, bestimmt sich im Einzelfall nach konkreten Normen, die einer Erklärung bestimmte Fähigkeiten zuweisen. Der reine Grundbestand, der durch die Verwaltungserklärung abgebildet wird, ermöglicht keine imperativen Maßnahmen. Fraglich ist, ob die Handlungsform Verwaltungserklärung dadurch einen imperativen Charakter und Eingriffsgehalt bekommt, dass ihr von bestimmten Normen potenziell die Fähigkeit zugewiesen wird, gestaltend und für den Empfänger bindend zu sein, also dadurch, dass die Möglichkeit unmittelbarer Rechtswirkung besteht. Gerade die gestaltende Wirkung und Bindung des Empfängers konnten als übereinstimmende Merkmale für einen mit Befehl und Zwang durchsetzbaren Rechtsakt herausgebildet werden. Die potenziell bestehende Fähigkeit, unmittel60

Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 42. Zu dieser Einschätzung kommt Scherzberg, JuS 1992, 205 (208). Vgl. Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 41 f. 62 OVG Lüneburg NVwZ 1989, 880 (881); VGH Mannheim NVwZ 1990, 388 (388); Osterloh, JuS 1983, 280 (283). 63 Drescher, DVBl. 1986, 729 (729); Pietzner, JA 1973, 413 (413). 64 Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument im öffentlichen Recht, S. 145. 65 Pietzner, JA 1973, 413 (413); Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 61. 66 Vgl. allgemein zu diesen Begründungen Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 42 ff. 67 Siehe oben 6. Kap. 3. Abschn. B. 61

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

bare Rechtswirkungen, möglicherweise gestaltender und bindender Art, hervorzurufen, ist jedoch keine für die Handlungsform Verwaltungserklärung typische Funktion. Sie entsteht erst durch eine auf einem Rechtssatz beruhende, spezielle Zuweisung. Die Handlungsform als solches erscheint damit als ein Träger der ihr zugewiesenen Rechtswirkungen. Die bloße Empfänglichkeit für eine Zuweisung solcher Art reicht aber noch nicht aus, einen Eingriffsgehalt anzunehmen. Der tatsächliche Eintritt der potentiellen Fähigkeiten mit unmittelbarer Rechtswirkung gestaltend und bindend zu sein, könnte sich in konkreten Situationen aus bestimmten Rechtssätzen ergeben. Die Handlungsform ist dadurch aber gerade nicht unabhängig von ihrem Inhalt und eigenständig darauf gerichtet, imperative Funktionen zu entfalten. 2. (Konkret-)erscheinungsformspezifischer Eingriff Zu betrachten ist sodann, ob sich Verwaltungserklärungen unter Beachtung der konkreten Situation, in denen sie abgegeben werden, als Eingriffe darstellen können. Zur Hilfe genommen werden können dabei wegen ihrer unterschiedlichen Herbeiführung von Rechtswirkungen die Kategorien der unmittelbar rechtswirkenden und mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen. a) Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen Verwaltungserklärungen dieser Untergruppierung erhalten ihre unmittelbaren Rechtswirkungen durch die Zuweisung eines konkreten Rechtssatzes. 68 Diese stellen sich dabei als für den Empfänger bindend dar. Der Adressat hat keine direkten Möglichkeiten, den Eintritt der Rechtswirkungen von eigenen oder dritten Rechtshandlungen abhängig zu machen. Die unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen erscheinen somit, sofern der Regelungsbereich eines Grundrechts bzw. subjektiven öffentlichen Rechts betroffen ist, 69 als Eingriff. Dabei stellt sich auch die für die Imperativität geforderte Identität von Regelung 70 und Beeinträchtigung ein, indem der abgegebenen Verwaltungserklärung ihre besonderen Rechtswirkungen durch einen Rechtssatz zugewiesen werden. 71 68

Siehe 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1); 4. Kap. 1. Abschn. A.III.1.; 6. Kap. 3. Abschn. B.II. 69 Davon kann angesichts der Weite der grundrechtlichen Schutzbereichssystematik in aller Regel ausgegangen werden. 70 Entscheidend für den hier verwendeten Begriff der Regelung ist, dass die Beeinträchtigung mit der rechtlichen Folge der staatlichen Maßnahme übereinstimmt, vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 10 ff. Insofern besteht eine Abweichung zu dem Begriff der „Regelung“ in § 35 S. 1 VwVfG. 71 Bei der hierzu oben, 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1), dargestellten Ansicht, dass die Erklärung erst einen Rechtssatz aktiviert, der daraufhin seine Rechtswirkungen abgibt,

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Konsequenz dieses Befunds wäre jedoch, dass Maßnahmen der Verwaltung, die jedes Privatrechtssubjekt ebenso vornehmen könnte, als Eingriffe zu qualifizieren sind. Auch Privatrechtssubjekte können Verwaltungserklärungen unmittelbar rechtswirkender Art abgeben. Dies kann aber die Eingriffsqualität entsprechender Verwaltungserklärungen nicht verhindern. Das Vorliegen eines Eingriffs ist im Besonderen an die Qualität und Eigenschaften des Handelnden geknüpft, 72 so dass diese unterschiedliche Betrachtung von Handlungen der Verwaltung und des Bürgers nicht verwunderlich sein kann. Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen, die von der Verwaltung abgegeben werden, stellen sich als Eingriff dar und benötigen eine Rechtsgrundlage. b) Mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen Auch für die Kategorie der mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen könnte der Bereich des Gesetzesvorbehalts betroffen sein. Neben dem Merkmal der Imperativität stellt für diese Gruppe von Verwaltungserklärungen aber auch die rechtliche Mittelbarkeit ein Hindernis dar. Mittlerweile besteht neben dem oben dargestellten klassischen Eingriffsbegriff eine den heutigen Gegebenheiten angepasste Form des Eingriffsbegriffs (sog. moderner Eingriffsbegriff). 73 Bei der Anwendung des modernen Eingriffsbegriffs erfahren die Kriterien des klassischen Eingriffsbegriffs eine Erweiterung, so dass demnach als Eingriff jedes staatliche Handeln zu bewerten ist, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht. 74 Obwohl in diesem Rahmen Einzelheiten nicht unumstritten sind und die Eingriffsprüfung dem Einzelfall vorbehalten sein muss, 75 kann festgehalten werden, dass auch die Verwendung mittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärungen hiernach prinzipiell einen Eingriff darstellen kann. Miterscheint es zumindest zweifelhaft, ob diese Anforderung erfüllt wäre. Für die Frage der Regelung käme danach zum einen die aktivierende und damit für die Auslösung des Prozesses notwendige Erklärung und zum anderen der Rechtswirkungen entfaltende und damit die Beeinträchtigung begründenden Rechtssatz in Betracht. 72 Vgl. nur die für die Anwendung der Grundrechte beim Verwaltungsprivatrecht maßgebliche Diskussion um die sog. „Flucht ins Privatrecht“. 73 Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 239; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373; Murswiek, NVwZ 2003, 1. 74 Vgl. BVerwGE 71, 183 (191 ff.); 90, 112 (119 f.); Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 240; Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, S. 22; LübbeWolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 70 f. 75 Vgl. Bleckmann, Die Grundrechte, § 12, Rn. 41 ff.; Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 47; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 104; Jarass, NVwZ 1984, 473 (476). Mit dem modernen Eingriffsbegriff kann auch eine Abgrenzung zwischen alltäglichen Bagatellen, bloß subjektiv empfundenen Belästigungen und tatsächlichen Eingriffen notwendig werden, Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 242.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

telbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen zeichnen sich dadurch aus, dass vor dem Eintritt der endgültigen Rechtswirkungen weitere, rechtserhebliche Maßnahmen notwendig sind. Ohne auf Einzelfragen einzugehen kann unterschieden werden, je nachdem wer diese weiteren Rechtsmaßnahmen vornimmt. (1) Weitere rechtserhebliche Maßnahmen durch Betroffenen Werden die für die Rechtswirkung noch notwendigen Maßnahmen durch den potenziell Betroffenen selbst vorgenommen, erscheint die Lage eindeutig. Durch die einverständliche Mitwirkung des potenziell Betroffenen kommt es zu keinem den Gesetzesvorbehalt begründenden Eingriff. 76 Dem wird in Teilen der Literatur entgegengehalten, dass die Vorstellung eines wirksamen Grundrechtsverzichts nur bedingt haltbar sei und dementsprechend das Erfordernis einer Rechtsgrundlage auch bei nachteiligen Einwirkungen auf Rechte des Bürgers, die mit Zustimmung des Betroffenen entstanden sind, gelten soll. 77 Bei der Problematik dieser Mitwirkungshandlungen scheint es sich weniger um ein Problem des einverständlichen Grundrechtsverzichts zu handeln, als denn eines der selbstbestimmten Rechtsgestaltung. 78 Die Vornahme einer Rechtshandlung, die die mit einer mittelbaren Verwaltungserklärung gewollten Rechtswirkungen letztendlich herbeiführt, stellt sich nicht als Hinnahme eines Eingriffs dar, sondern vielmehr als zulässiger Freiheitsgebrauch. Vergleichbar mit der Privatautonomie genießt der Bürger auch im öffentlichen Recht einen öffentlich-rechtlichen Entscheidungsspielraum. 79 Zu einem anderen Ergebnis könnte man kommen, sobald für die Nichtvornahme der Mitwirkungshandlung dem Bürger Zwang angedroht wird. 80 Ansonsten stellt sich jedoch die selbständige Herbeiführung der von der Verwaltung initiierten Rechtsfolgen als zulässiger Freiheitsgebrauch in einem öffentlich-rechtlichen Entscheidungsspielraum dar und berührt somit nicht den Vorbehalt des Gesetzes. (2) Weitere rechtserhebliche Maßnahmen durch ein von dem Betroffenen zu unterscheidendes Rechtssubjekt Hiervon abweichend präsentiert sich die Situation, wenn die für den Eintritt der Rechtsfolgen noch notwendigen Rechtshandlungen durch ein von dem Betroffenen zu unterscheidendes Rechtssubjekt herbeigeführt werden. Dies können Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts oder vom Empfänger zu unterscheidende 76

BVerwGE 42, 331 (335). Erichsen / Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 327 f. m.w. N. 78 So auch Scherzberg, JuS 1992, 205 (211); Bleckmann, NVwZ 1990, 601 (603). Vgl. auch Schmidt-Aßmann / Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, S. 127 ff. 79 Siehe dazu oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4.b.(2). 80 Scherzberg, JuS 1992, 205 (211). 77

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Rechtsubjekte des Zivilrechts sein. 81 Vordergründig stellt sich dies lediglich als eine zeitliche Verzögerung des Eintritts der Rechtswirkungen für den Empfänger dar. Daneben muss davon ausgegangen werden, dass dieser grundsätzlich keinen Einfluss auf den hinzutretenden Akteur hat, so dass sich für den Empfänger die verzögert eintretenden Rechtswirkungen ebenfalls als für ihn nicht beeinflussbar darstellen müssen. Es blieben zwar bei solch einer generellen Betrachtung Einzelfragen offen, ob beispielsweise bei Tätigung der noch erforderlichen Schritte durch Private ebenfalls ein Eingriff angenommen werden könnte oder ob erst die der Verwaltungserklärung nachfolgende Maßnahme einen Eingriff darstellen kann, doch kann zumindest festgehalten werden, dass ein Eingriff als möglich erscheint. II. Bereich der Leistungsverwaltung Daneben wird teilweise eine Rechtsgrundlage im Bereich der Leistungsverwaltung gefordert. In großen Teilen deckt sich eine solche Forderung mit der Lehre vom Totalvorbehalt. 82 Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass Verwaltungserklärungen auch in dem Bereich der Leistungsverwaltung eingesetzt werden, doch soll dies für die vorliegende Untersuchung keine weitergehende Relevanz gewinnen. Mit der h. M. soll vielmehr davon ausgegangen werden, dass in den verbleibenden Bereichen der Leistungsverwaltung, die noch keine gesetzliche Regelung erfahren haben, eine ausdrückliche Rechtsgrundlage grundsätzlich 83 nicht erforderlich ist. 84 Insoweit bestehen für die Verwaltungserklärung keine Besonderheiten. III. Regelung der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungsverfahrens Das Erfordernis eines Gesetzesvorbehalts kann bei Regelungen der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungsverfahrens bestehen. 85 Neben den aus dem 81 Da sich die hier erörterten Erklärungen im Außenrechtskreis bewegen, braucht auf Empfänger als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts nicht eingegangen zu werden. 82 Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c. 83 Etwas anderes muss beispielsweise dann gelten, wenn die Gewährung einer Leistung in Rechte Dritter eingreift, vgl. BVerwGE 90, 112 (126). 84 BVerwGE 6, 282 (287 f.); 20, 101 (102); 45, 8 (11); 58, 45 (48); VGH München Bay VBl. 1988, 466 (466); NVwZ 2000, 829 (830); Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 49. Vgl. ansonsten die Nachweise oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c. 85 BVerfGE 40, 237 (250 f.); Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 96 f.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 283; Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 69, Rn. 88; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 824; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 66; U. Stelkens, LKV 2003,

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Grundgesetz resultierenden speziellen Gesetzesvorbehalten im institutionellen Bereich (wie z. B. Art. 87 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 87d Abs. 1 GG) ergibt sich im heutigen Leistungsverteilungsstaat auch eine erhebliche Verzahnung der Ausübung subjektiver Rechte und den institutionellen Bereichen von Organisation und Verfahren, die die Unerlässlichkeit formell-gesetzlicher Regelungen in diesem Bereich begründen können. 86 Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für die Verwaltungserklärung könnte sich ergeben, wenn durch die Ausgestaltung dieser Handlungsform eine Regelung des Verwaltungsverfahrens vorgenommen werden würde. Ausschlaggebende Bedeutung gewinnt so die Reichweite eines Gesetzesvorbehalts für die Ausgestaltung von Verfahrensfragen. Diese müsste sich auch auf die Typisierung einer Handlungsform erstrecken. Ist schon die typisierende Normierung einer Handlungsform, unabhängig von deren Wesen und Eigenarten eine Maßnahme, die eine Rechtsgrundlage erforderlich macht? Im Zuge der Überlegungen, welche Regeln die Neuschaffung einer Handlungsform zu beachten hat, konnte festgehalten werden, dass ein Monopol für diese Tätigkeit nicht besteht. 87 Dies spricht bereits gegen das Erfordernis einer Rechtsgrundlage. Auch das konkrete Beispiel der seit jeher anerkannten Handlungsform Realhandeln zeigt, dass es keineswegs eine gesetzliche Grundlage für deren Bestehen geben muss. 88 Eine Begründung des Gesetzesvorbehalts könnte sich jedoch in allgemeinerer Hinsicht über die ihn begründenden Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats ergeben. Im Bereich des Verwaltungsorganisationsrechts wird das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung mit Demokratieaspekten dann begründet, wenn eine Verwaltungseinheit verselbständigt wird und damit eine diesbezügliche Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle verbunden ist. 89 Eine andere Überlegung zielt darauf ab, dass die Exekutive ohne parlamentarische Zustimmung keine Veränderungen ihres eigenen verfassungsrechtlichen Status und der verwaltungsorganisationsrechtlichen Gesamtstruktur herbeiführen darf. 90 Dass die festlegende Typisierung einer Handlungsform Veränderungen dieser Richtung und dieses Ausmaßes nach sich zieht, erscheint fernliegend. Weitere Elemente des Demokratieprinzips, die den Gesetzesvorbehalt begründen könnten, sind nicht ersichtlich. 489 (491); Schmidt-De Caluwe, JA 1993, 143 (144). Vgl. auch BVerfGE 53, 30 (65); 84, 59 (72). 86 Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 283. 87 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. 88 Davon unterschiedlich kann das Bedürfnis einer Rechtsgrundlage aufgrund eines Eingriffs in Rechte des Bürgers sein, sei es allgemein durch die Handlungsform oder ihre konkreten Erscheinungen, siehe oben 6. Kap. 4. Abschn. A. I. 89 Vgl. Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 262 ff. 90 Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 96.

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

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Eine Begründung über das Rechtsstaatsprinzip erscheint ebenso schwerlich vornehmbar. Denn die Handlungsformenlehre ist gerade Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips, indem sie vorhersehbare und einheitlich überprüfbare Strukturen schafft. 91 Mit dem Aufstellen einheitlicher Regeln gilt dies auch für die Verwaltungserklärung, so dass mit einer Typisierung dem Rechtsstaatsprinzip sogar gedient ist. Allein dadurch, dass vorliegend eine Typisierung einer Handlungsform betrieben wird, kann der Gesetzesvorbehalt nicht ausgelöst werden. IV. Sog. Wesentlichkeitstheorie Das schließlich zu nennende Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage aufgrund einer wesentlichen Regelung soll im Rahmen der nachfolgenden Überlegungen nicht weiter vertieft werden. 92 Denn die Wesentlichkeitstheorie lässt trotz ihrer im Grundsatz verständigen und einsichtsvollen Kernaussage, bedingt durch ihre Allgemeinheit, ein unscharfes Anwendungsfeld zurück, dem nur über eine weite Einzelfallkasuistik praktisch handhabbare Formen verliehen werden können. 93 Gerade auf die Erörterung solcher praktischen Einzelfälle muss im Rahmen dieser Prüfung aber verzichtet werden. Umstände, die nicht nur konkreter Natur sind, sondern darüber hinaus gerade einen gegebenenfalls zur Wesentlichkeit führenden allgemeinen Charakters haben und nicht gleichzeitig in eine der anderen, den Gesetzesvorbehalt begründenden Fallgruppen – wie beispielsweise der Eingriff in Freiheit und Eigentum – einzuordnen wären, sind nicht ersichtlich. Eine Rechtsgrundlage aufgrund einer wesentlichen Regelung ist somit unnötig. V. Zusammenfassung Die unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung mit Außenwirkung hat den Gesetzesvorbehalt zu beachten, soweit sie einen Eingriff in Freiheit und Eigentum darstellt. Gleiches kommt je nach Einzelfall für die mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung mit Außenwirkung dann in Betracht, wenn die für den Eintritt der Rechtswirkung notwendige rechtlich erhebliche Maßnahme von einem Rechtssubjekt vorgenommen wird, das von dem potenziell Betroffenen zu unterscheiden ist und sie sich als Eingriff in Freiheit und Eigentum darstellt. Alle anderen Verwaltungserklärungen bedürfen grundsätzlich keiner Rechtsgrundlage. 94

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Siehe oben 1. Kap. 1. Abschn. B. Zu der sog. Wesentlichkeitstheorie BVerfGE 33, 125 (158 f.); 33, 303 (333 f., 337, 346); 49, 89 (126); 61, 260 (275); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 11; Degenhardt, Staatsorganisationsrecht, Rn. 334 ff.; Wehr, JuS 1997, 419 (422 f.). 93 Vgl. BVerfGE 49, 89 (127); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 11. 92

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

B. Vorhandensein einer Rechtsgrundlage Als Rechtsgrundlage der herausgearbeiteten Gruppe von Verwaltungserklärungen kommen die Rechtssätze in Betracht, die ihnen ihre Fähigkeiten zuweisen. 95 Dabei kann unterschieden werden, je nachdem ob der betreffende Rechtssatz dem öffentlichen Recht oder dem Zivilrecht angehört. I. Vorhandene Gesetze im öffentlichen Recht Teilweise ergeben sich die einen Eingriff begründenden Rechtswirkungen einer Verwaltungserklärung durch die Zuweisung von Fähigkeiten 96 aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Rechtssatzes. 97 In einem solchen Fall ist dem Gesetzesvorbehalt mit dem entsprechenden Rechtssatz Genüge getan. Der Gesetzgeber hat durch seinen Erlass und seine Ausgestaltung klargemacht, dass eine entsprechend der Norm abgegebene Erklärung die fragliche Wirkung haben soll. Es handelt sich hierbei um originär öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen. II. Keine ausdrückliche Rechtsgrundlage vorhanden – Analogie als Rechtsgrundlage Der weitaus größere Teil der einen Eingriff darstellenden Verwaltungserklärungen kann sich jedoch nicht auf eine derart schnell und direkt zu findende Rechtsgrundlage des öffentlichen Rechts stützen. 98 Aber auch diese Art von Erklärungen gewinnt ihre Rechtswirkungen aus einem Rechtssatz. Hierbei handelt es sich um Normen des Zivilrechts, die spezifisch für die konkrete Erscheinungsform sind. 99 Obwohl eine direkte Anwendung nicht möglich ist, besteht jedoch für erscheinungsformspezifische Regeln grundsätzlich die Möglichkeit einer analogen Anwendung. 100 94 Ein hiervon abweichendes Ergebnis kann sich im Einzelfall beispielsweise über die Wesentlichkeitstheorie ergeben. Vgl. auch Mayer / Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 277. 95 Wäre ein Eingriff aufgrund handlungsformspezifischer Merkmale zu bejahen gewesen, müsste sich die Suche nach einer Rechtsgrundlage vor allem dem Vorgang der Deduktion des allgemeinen Rechtsgrundsatzes zuwenden, aus dem sich die Handlungsform der Verwaltungserklärung ergibt. 96 Siehe 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1); 4. Kap. 1. Abschn. A.III.1; 6. Kap. 3. Abschn. B.II. 97 So z. B. die straßenverkehrsrechtliche MPU-Anordnung, vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.8. 98 So z. B. die Aufrechungserklärung oder die Erklärung des Zurückbehaltungsrechts. 99 Also z. B. § 388 BGB für die Aufrechnung oder § 273 BGB für die Erklärung des Zurückbehaltungsrechts. 100 Vgl. oben 6. Kap. 1. Abschn.

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

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Erörterungswürdig ist dabei aber, ob ein analog herangezogener Rechtssatz eine taugliche Rechtsgrundlage sein kann, wobei die hier in Betracht kommenden Fälle alle unterhalb des Art. 103 Abs. 2 GG angesiedelt sind. Wegen des weiten Schutzbereichs der allgemeinen Handlungsfreiheit ist für eine Rechtsgrundlage zu fordern, dass sie Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung ist. Das Bundesverfassungsgericht hat der Ermächtigungsgrundlage eines belastenden Verwaltungsakts, die im Wege einer analogen Anwendung einer Norm gewonnen wurde, diese Qualität abgesprochen. 101 Für die näher bezeichnete Gruppe von Verwaltungsentscheidungen würde dies bedeuten, dass sie unter Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt erlassen werden und damit verfassungswidrig wären. Eine tragfähige Begründung für dieses Ergebnis sucht man in der bezeichneten Entscheidung jedoch vergeblich. Zwar wird auch das Rechtsstaatsprinzip allgemein und in seiner Konkretisierung als Bestimmtheitsgrundsatz zur Hilfe genommen, 102 doch scheint dies nicht vollständig die eigentliche Problematik zu beschreiben. Ausdrücklich geschriebene Rechtsgrundlagen können sich dem Vorwurf der Unbestimmtheit ebenso aussetzen wie analog gebildete Ermächtigungen. 103 Auch scheint die Entscheidung mit anderen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts in Konflikt zu geraten. So wurde ansonsten bei belastenden Maßnahmen die Begründung einer Analogie für grundsätzlich zulässig gehalten. 104 In einer weiteren Entscheidung, der wohl aufgrund der Formulierung des Leitsatzes Grundsatzcharakter zukommt, 105 heißt es, dass die „analoge Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften [...] von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden [ist]“. 106 Ebenso zulässig ist die Analogie zwischen dem öffentlichen Recht und Zivilrecht. 107 Ein Analogieverbot, wie es für das Strafrecht in Art. 103 Abs. 2 GG besteht, sucht man für das Verwaltungsrecht jedoch vergeblich. Sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch einfachgesetzlicher Ebene findet sich keine ausdrückliche Grenze für die Verwendung von Analogien bei (auch belastenden) Maßnahmen. 108 Darüber hinaus ist sogar festzustellen, dass sich im Verwaltungsrecht an vielen Stellen Analogien entwickelt haben, deren Zulässigkeit überwiegend nicht in 101 BVerfG NJW 1996, 3146. Ebenso Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 33; Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 1, § 8, Rn. 70; Konzak, NVwZ 1997, 872 (873). Für das Steuerrecht vgl. Offerhaus, BB 1984, 993 (996). Vgl. ansonsten de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 94, Fn. 17. 102 BVerfG NJW 1996, 3146 (3146). 103 Schwabe, DVBl. 1997, 352 (352). 104 BVerfGE 15, 226 (232). 105 Schwabe, DVBl. 1997, 352 (353). 106 BVerfGE 82, 6 (11 f.). 107 BVerfGE 82, 6 (11 f.); vgl. ausführlich oben 3. Kap. 2. Abschn. E.II. 108 Schmidt, VerwArch 97 (2006), 139 (155 ff.) m.w. N.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Zweifel gezogen wird, obwohl auch sie mit Belastungen für den Bürger verbunden sind. Zu denken ist beispielsweise an die analoge Anwendung der Klagebefugnis bei Fortsetzungsfeststellungsklagen, Widersprüchen oder Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO oder § 123 VwGO (und die damit verbundene Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten), die analoge Anwendung des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO auf Verkehrszeichen 109 oder aber der Widerruf eines Verwaltungsakts bei gerichtlicher Aufhebung der Auflage nach § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwVfG 110. Eine dogmatische Aufschlüsselung darüber, ob die Analogie tatsächlich den Anforderungen gerecht wird, die der Gesetzesvorbehalt an Ermächtigungsgrundlagen stellt, hat sich deshalb am Sinn und Zweck des Gesetzesvorbehalts zu orientieren. Dieser begründet sich gerade für Eingriffe in Freiheit und Eigentum aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip. 111 Die Analogie ist anerkannt als verfassungsmäßiger und zulässiger Weg der Rechtsfortbildung. 112 Es handelt sich bei ihr im Grunde genommen lediglich um eine Fortführung der Auslegung über den Wortlaut einer Norm hinaus. 113 Damit gehört sie zum Bereich des anerkannt rechtmäßigen Handwerkszeugs des Rechtsanwenders. Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG erschafft damit nicht nur die Möglichkeit einer analogen Anwendung, sondern kann sie dem Rechtsstaat sogar gebieten. 114 Für den betroffenen Bürger fordert das Rechtsstaatsprinzip weiter, dass die Belastung vorhersehbar ist. 115 Nun mag vom Bürger nicht erwartet werden, dass er zum einen die Lückenhaftigkeit des eigentlich seinen Lebensbereich regelnden Gesetzes erkennt und zum anderen den rechtsdogmatischen Schritt des Analogieschlusses vorhersieht. Konkret ist deshalb zu fragen, ob sich die Vorhersehbarkeit einer Regelung auf ihre rechtlich-dogmatischen Fragen oder nur ihre praktische Konsequenz im tatsächlichen Lebensbereich beziehen muss. Im Hinblick auf letzteres kann die Vorhersehbarkeit für den Bürger nicht verneint werden. Die analog angewendeten Regeln sind aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch hinreichend bekannt und die damit verbundene Lösung der ihnen zugrunde liegenden Situationen ebenfalls. 116 Im Gegensatz zum öffentlichen Recht stellen sich zivilrechtliche Situationen als grundsätzlich universeller dar. 117 Es erscheint eher fernliegend, dass der Bürger, nur weil Rechtsbeziehungen mit der 109 Vgl. Schoch, in: ders. / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 80, Rn. 123 m.w. N. 110 Vgl. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 49, Rn. 51 m.w. N. 111 Vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. A. I. 112 Siehe oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 113 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 100. 114 Vgl. oben 3. Kap., Fn. 230. 115 Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 27; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 81; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 829 f.

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

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Verwaltung bestehen, nicht damit rechnet, dass entsprechende Situationen nicht in einer zivilrechtlichen Vorgaben vergleichbaren Weise gelöst werden. Zumal der Bürger angesichts der sogar bei Juristen nicht unumstrittenen Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht kaum zu dem Schluss kommen wird, die ansonsten für ihn geltenden, zivilrechtlichen Vorschriften würden im Verhältnis zur Verwaltung nicht gelten. 118 Mangels hinreichend konkreter rechtlicher Kenntnisse ist für die Vorhersehbarkeit entscheidend, dass der Bürger die Lösung der tatsächlichen Lebenssituation vorhersieht. 119 Die inhaltliche Bestimmtheit, auf die die eingangs angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingegangen ist, obliegt der Prüfung des Einzelfalls und kann damit hier nicht weiter vertieft werden. Dem Rechtsstaatsprinzip ist auch bei der Begründung von Eingriffen auf eine Analogie damit grundsätzlich Rechnung getragen. Das Demokratieprinzip ist dann missachtet, wenn ein Eingriff entgegen dem gesetzgeberischen Willen vorgenommen wird. 120 Im Rahmen des Analogieschlusses wird dieses Erfordernis jedoch über die Voraussetzung der vergleichbaren Interessenlage eingehalten. Der Rechtsanwender trifft keine aus eigenen Motiven gelenkte Entscheidung, sondern versucht, den unvollständigen Bereich des geschriebenen Rechts unter Beachtung des gesetzgeberischen Willens aufzufüllen. 121 Andernfalls wäre die Analogie schon unzulässig. Auch eine Außerachtlassung des Demokratieprinzips ist bei einem Analogieschluss deshalb nicht zu befürchten. Dass diesen Aspekten der Analogieschluss gerecht wird, zeigt sich schließlich an dem Merkmal der vergleichbaren Interessenlagen. Sollten sich im Einzelfall die Eigenarten des öffentlichen Rechts in einer analog angewendeten Norm nicht wiederfinden, so fehlt es schon an dem die Analogie begründenden Merkmal. Wenn allerdings eine Analogie zulässig ist, so müssen im Umkehrschluss auch die besonderen Eigenarten des öffentlichen Rechts, also unter anderem auch Teile der oben angeführten Rechtsstaat- und Demokratieprinzipelemente, beachtet sein. Vorbehaltlich der in jedem Einzelfall zu prüfenden Analogiefähigkeit der einzelnen Vorschriften kann die analoge Heranziehung einer gesetzlichen Regelung also im Einzelfall eine taugliche Rechtsgrundlage darstellen, sofern die heranzuziehenden Regelungen 116 So ist für den Bürger z. B. vorhersehbar, dass eine von ihm bestehende Forderung gegenüber der Verwaltung gegebenenfalls mit einer an ihn gerichteten Forderung der Verwaltung verrechnet wird (Aufrechnung). Ebenso ist z. B. vorhersehbar, dass sich die Verwaltung darauf berufen kann, nur dann leisten zu müssen, wenn auch der bürgerliche Gläubiger seiner Pflicht gegenüber der Verwaltung nachkommt (Zurückbehaltungsrecht). 117 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.2. 118 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 101. 119 Gern, DÖV 1985, 558 (563); ders., NVwZ 1995, 1145 (1148); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 103, beschreiben dies anschaulich als „Parallelwertung in der Laiensphäre“. 120 Gern, NVwZ 1995, 1145 (1147 f.). 121 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 436; Schwabe, DVBl. 1997, 352 (352).

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

geeignet und ausreichend sind, gerade auch diejenigen Besonderheiten zu erfassen, die den fraglichen Regelungszusammenhang kennzeichnen. 122 III. Gewohnheitsrechtlich anerkanntes Richterrecht 123 Selbst wenn man die Qualität analoger Vorschriften als Rechtsgrundlage nicht im gleichen Umfang ziehen wollte, so hat man dennoch die mit der analogen Anwendung von zivilrechtlichen Regelungen im Verwaltungsrecht verbundene Entwicklungsgeschichte zu beachten. 124 Mittlerweile kann es zumindest für die typischerweise im Rahmen einer Verwaltungserklärung verwendeten Analogien als zulässig angesehen werden, i. d. S. von einer richterrechtlich anerkannten und dabei gewohnheitsrechtlich verfestigten Grundlage auch für belastende Handlungen zu sprechen. 125 Ein solcher Schritt kann aber nur für eine Analogie zu zivilrechtlichen Vorschriften gelten und den damit verbundenen Konsequenzen in Form eines Eingriffs sowie der dafür notwendigen Rechtfertigung. Dabei hat es den Anschein, dass das maßgebliche Gewicht nicht auf die letzteren öffentlich-rechtlichen Elemente gelegt wird, sondern allein auf die grundsätzliche, diesbezügliche Zulässigkeit des Rückgriffs auf das Zivilrecht. Bei dem sog. Richterrecht 126 wird mit den Gruppen des lückenfüllenden, gesetzeskonkretisierenden, gesetzesvertretenden und gesetzeskorrigierenden Richterrechts zwischen verschiedenen Arten unterschieden. 127 Die Analogienbildung als für die Rechtsanwendung unverzichtbare Rechtsergänzungs- oder Rechtsfortbil122 BVerwGE 101, 51 (54); BFH NVwZ 1984, 823; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 436; Schwabe, DVBl. 1997, 352 (352); Forsthoff, Verwaltungsrecht I, S. 166 f.; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 151 ff.; Gern, DÖV 1985, 558 (563). Vgl. auch ders., NVwZ 1995, 1145 (1148), der einschränkend verlangt, dass mit Sicherheit prognostiziert werden kann, welche Regelung der Gesetzgeber geschaffen haben würde, hätte er die Lücke zu schließen gehabt. Kritisch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 31; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 22, Rn. 48; von Heinegg, NVwZ 1992, 522 (526). 123 Die Beziehung dieser beiden Elemente wird nicht immer als vollständig getrennt aufgefasst. Nach Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 70, ist Gewohnheitsrecht nichts anderes als Richterrecht. Teilweise wird aus einem solchen Ansatz gefolgert, eine praktische Verbindlichkeit erlangt Gewohnheitsrecht erst durch eine richterliche Bestätigung, Esser, in: ders. / Thieme (Hrsg.), FS von Hippel, S. 95 (124); Adomeit, Rechtsquellenfrage im Arbeitsrecht, S. 56. Andere gehen davon aus, dass Richterrecht erst dann rechtlich vollumfängliche Verbindlichkeit erlangt, wenn es zum Gewohnheitsrecht geworden ist, Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 545. Vgl. auch Müller, Richterrecht, S. 111 f. Das Verhältnis beider Elemente kann vorliegend nicht aufgeklärt werden. Für die folgende Erörterung reicht es aus, dass Voraussetzungen beider Bestandteile eingehalten sind. 124 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. A. 125 Zu der gewohnheitsrechtlichen Anerkennung richterrechtlicher Entscheidungen vgl. Müller, Richterrecht, S. 111 m.w. N.

4. Abschn.: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

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dungsmethode gehört dabei zu der Kategorie des lückenfüllenden Richterrechts, wie auch ein Rekurs zu dem Analogietatbestand verdeutlicht. Die Notwendigkeit der Lückenfüllung im allgemeinen Verwaltungsrecht und die daraus resultierende „Offenheit“ 128 dieser Materie für normative Ergänzungen, konnte schon hinreichend dargelegt werden. Auch wenn die mit dem Richterrecht verbundenen Uneinigkeiten in letzter Zeit zurückgegangen sind, 129 so kann trotz bestehender Restunsicherheiten zumindest die Fallgruppe dieses lückenfüllenden Richterrechts als weitestgehend gesichert angesehen werden. 130 Für die Vielzahl der gerichtlichen Entscheidungen, die die Heranziehung zivilrechtlicher Vorschriften und ihrer Rechtswirkungen für öffentlich-rechtliche Verwaltungserklärungen behandeln, kommt darüber hinaus in Betracht, dass sie sich durch eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung mittlerweile ausreichend rechtlich verfestigt haben. Der fließende Übergang zwischen einzelnen gerichtlichen Entscheidungen, einer ständigen Rechtsprechung und schließlich gewohnheitsrechtlicher Anerkennung hat zumindest in manchen Sachbereichen wie dem der öffentlich-rechtlichen Aufrechnung schon lange das Anfangsstadium der Rechtsfortentwicklung überschritten. Auch dieser Aspekt der Überlegung kann nicht in Einzelheiten für jede Art von Verwaltungserklärung angenommen werden. Im Einzelfall sind die Voraussetzungen stets zu prüfen. Sobald als Anknüpfungspunkt aber die allgemeine Heranziehung zivilrechtlicher Vorschriften für die Verwaltungserklärung angenommen wird, kann eine durchgehende und einheitliche Gerichtstätigkeit erblickt werden. 131 Gewohnheitsrecht entsteht durch eine längere und gleichmäßige Übung und die Überzeugung der Beteiligten, dass diese Übung rechtlich geboten ist. 132 Die ersten Gerichtsurteile zu einem zwar in der dogmatischen Einordnung noch unsicheren Rückgriff 126 Dazu allgemein Bydlinski, JZ 1985, 149; Ipsen, Richterrecht und Verfassung; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 61, Rn. 35 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 21 ff.; Müller, Richterrecht, jeweils m.w. N. 127 Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 61, Rn. 36; vgl. mit geringen Abweichungen Ipsen, Richterrecht und Verfassung, S. 63 ff. 128 Mußgnug, in: Hochschullehrer der Juristischen Fakultät Heidelberg (Hrsg.), FS Juristische Fakultät Universität Heidelberg, S. 203 (217). 129 Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 76 ff., insbes. 78; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 61, Rn. 40. 130 BVerfGE 13, 153 (164); 34, 269 (287); 49, 304 (318); 69, 315 (371 f.); 82, 286 (304); Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 77; ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 61, Rn. 37; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 435 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 35; kritisch zu der Bestimmung der Lückenfüllung Hillgruber, JZ 1996, 118 (119 ff.). 131 Mit der Möglichkeit eines gewohnheitsrechtlich anerkannten Richterrechts soll keine Aussage zu der umstrittenen Frage gemacht werden, ob Richterrecht eine selbständige Rechtsquelle darstellt, vgl. dazu Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 74 ff.; Bydlinski, JZ 1985, 149 jeweils m.w. N.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

auf zivilrechtliche Vorschriften für Bereiche des Verwaltungsrechts entstammen dem Beginn des 20. Jahrhunderts. 133 Die damit verbundene Diskussion in der Literatur hat spätestens seit Ende des Zweiten Weltkriegs diese Entscheidung mitgetragen. Insofern erscheint die Annahme einer gewohnheitsrechtlich anerkannten Ausprägung des Richterrechts, sich der analog angewendeten Vorschriften des Zivilrechts als Rechtsgrundlage zu bedienen, mittlerweile zumindest möglich.

5. Abschnitt

Zulässigkeit der verschiedenen Kategorien der Verwaltungserklärung Die Verwaltungserklärung konnte eingangs der Untersuchung hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen in die verschiedenen Kategorien gebunden/nicht gebunden, Innenrechtskreis / Außenrechtskreis, originär öffentlich-rechtlich / derivativ öffentlich-rechtlich und unmittelbar rechtswirkend/mittelbar rechtswirkend eingeteilt werden. Dabei war jede ihrer konkreten Erscheinungsformen in jeweils eine dieser Kategorien einzuteilen. 134 Fraglich ist, ob jede sich aus dieser Kombination ergebende Verwaltungserklärung in jedem konkreten Sachverhalt zulässig ist, also eine durchgängige Freiheit für die Verwaltung hinsichtlich der von ihr verwendbaren Handlungsformen besteht, oder ob eine solche Handlungsformenwahlfreiheit nur in eingeschränkter Weise vorhanden sein kann. 135 Diese Frage stellt sich vor allem im Verhältnis der Verwaltungserklärung zu anderen Handlungsformen, aber auch im Verhältnis verschiedener Verwaltungserklärungen untereinander.

132 BVerfGE 34, 293 (303 f.); 61, 149 (203); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 25, Rn. 12; Freitag, Gewohnheitsrecht im Rechtssystem, S. 40 ff.; Maurer, Allgemeines Vewaltungsrecht, § 4, Rn. 25; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 61, Rn. 42; Gröpper, DVBl. 1969, 945 (945). Bei einer Verbindung von Gewohnheitsrecht und Richterrecht wird teilweise auch vertreten, dass das Zeitmoment bei sog. Durchbruchsentscheidungen unbeachtlich sei, vgl. Larenz, in: Fasching / Kralik (Hrsg.), FS Schima, S. 247 (261). Zu Eingriffen aufgrund von Gewohnheitsrecht bzw. einer richterrechtlichen Anerkennung vgl. Witthohn, Gewohnheitsrecht als Eingriffsermächtigung; Kortgen, Probleme des Gewohnheitsrechts. 133 Vgl. die Nachweise oben 3. Kap. 1. Abschn. A.; 3. Kap. 2. Abschn. E.II. 134 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI. 135 Nur zur Klarstellung soll darauf hingewiesen werden, dass die konkrete Verwendung einer Handlungsform auch an anderen Fehlern leiden kann, als der sich möglicherweise aus einer Konkurrenz zu anderen Handlungsformen ergebenden Unzulässigkeit ihrer Verwendung.

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 391

A. Möglichkeit einer Konkurrenzsituation Die Frage des Vorrangs einer Handlungsform gegenüber einer anderen kann sich nur dann stellen, wenn beide in eine Konkurrenzsituation zueinander treten. Dafür ist nicht nur erforderlich, dass eine konkrete Erklärung oder Handlung auf der Ebene des rechtlichen Könnens die Wesensmerkmale bzw. Tatbestände von zwei Handlungsformen erfüllen kann, 136 sondern zusätzlich dass die beiden in den jeweiligen Formen bestehenden Erklärungen oder Handlungen im konkreten Fall auch auf der Ebene des rechtlichen Dürfens rechtmäßig sind. Während sich die Abgrenzung der verschiedenen Handlungsformen untereinander auf das rechtliche Können bezog, so ist für das Entstehen einer Konkurrenzsituation das rechtliche Dürfen maßgeblich. Sollte eine der beiden zu betrachtenden Handlungsformen in der konkreten Situation nicht rechtmäßig sein können, so kann nicht von einer Konkurrenzsituation ausgegangen werden. Schon wegen des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 Abs. 3 GG gewinnt die Betrachtung des Verhältnisses von beispielsweise rechtmäßiger Verwaltungserklärung und rechtswidriger, theoretisch konkurrierender Handlungsform wie der eines Verwaltungsakts keine Bedeutung. Die Entscheidung für eine Handlungsform, die in der konkreten Situation in keine rechtmäßige Form gebunden werden kann, kann im Rechtsstaat keine Alternative zu einer rechtmäßigen Handlungsform darstellen. Fraglich ist dann, unter welchen Voraussetzungen eine Konkurrenz zwischen zwei Handlungsformen angenommen werden kann. Entscheidend muss im Grundsatz das von ihnen verfolgte Ziel sein. Das Bejahen einer Konkurrenzsituation hängt dann jedoch von einer näheren Definition dieses Ziels ab. Wann verfolgen zwei konkrete Erscheinungsformen unterschiedlicher Handlungsformen das gleiche Ziel? Je detaillierter dieses Ziel beschrieben wird, desto seltener liegt eine Konkurrenzsituation vor, je weiter ein verfolgtes Ziel verstanden wird, desto öfter bestehen Konkurrenzsituationen. Zur Erhaltung der Unterschiede der verschiedenen Handlungsformen sollte weniger die unmittelbare Heranziehung der handlungsformspezifischen Rechtswirkungen im Vordergrund stehen, denn ansonsten wären aufgrund ihrer zwangsläufig unterschiedlichen Wesensmerkmale keine konkreten Fälle ersichtlich, in denen zwei Handlungsformen miteinander konkurrieren könnten. Maßgeblich müssen vielmehr vor allem die erscheinungsformspezifischen Ziele sein. Eine Konkurrenzsituation liegt also vor, wenn zwei Erscheinungsformen unterschiedlicher Handlungsformen das gleiche erscheinungsformspezifische Ziel auf ihre handlungsformspezifische Art erreichen können. Handlungsformspezi136

Dass solche Fälle durchaus vorliegen können, konnte oben schon gezeigt werden, vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

fische Unterschiede verhindern damit nicht schon per se eine Konkurrenzlage, jedoch kann das konkret verfolgte Ziel mittelbar durch handlungsformspezifische Merkmale beeinflusst werden. Als in diese Richtung gehend könnte auch § 54 S. 2 VwVfG bewertet werden. Die Klarstellung einer Alternativität zwischen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag ist nur dann notwendig, wenn beide Handlungsformen unabhängig ihrer handlungsformspezifischen Eigenarten in eine Konkurrenzsituation eintreten könnten. Legt man einem verwaltungsrechtlichen System der Handlungsformen die oben aufgezeigten Kriterien zugrunde, 137 so scheiden für manche Handlungsformen jedoch schon in offensichtlicher Weise mögliche Konkurrenzlagen aus. Es erscheint beispielsweise fernliegend, dass ein bestimmtes Verwaltungsziel alternativ durch den Erlass einer Verordnung als auch Realhandeln erreichbar ist. Diese beiden Handlungsformen sind, bedingt durch ihre Wesensmerkmale (rechtlicher oder tatsächlicher Erfolg, abstrakt-genereller oder konkret-individueller Bezug), nicht in der Lage, das gleiche erscheinungsformspezifische Ziel zu erreichen. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die für das Herausbilden der verschiedenen Handlungsformen entscheidenden inneren funktionalen Kriterien 138 sich in der Bewertung der Konkurrenz von Handlungsformen untereinander aufgrund ihrer Systematisierungsleistung zwangsläufig fortsetzen und deshalb mittelbar über die erscheinungsformspezifischen Ziele eine Konkurrenzlage verhindern können. Bei der Verwaltungserklärung handelt es sich um eine konkret-individuelle und auf einen rechtlichen Erfolg gerichtete Handlungsform. Damit erscheint eine Konkurrenzsituation mit der abstrakt-generellen Verordnung oder dem auf einen tatsächlichen Erfolg gerichteten Realhandeln eher fernliegend.

B. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen den Handlungsformen der Verwaltungserklärung und des Verwaltungsakts Fraglich ist nun, ob die Verwaltung frei zwischen den beiden Handlungsformen Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt wählen kann. I. Vorliegen einer Konkurrenzsituation zwischen Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt Der Verwaltungsakt weist wie die Verwaltungserklärung ebenfalls die funktionalen Kriterien des konkret-individuellen Bezugs und der Herbeiführung eines 137 138

Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. C.II. Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II.

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 393

rechtlichen Erfolgs auf. 139 Sieht man von der rechtlichen Intensität ab, die sich beim Verwaltungsakt in der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung niederschlägt, muss die Verwaltungserklärung im Vergleich dazu als eine generelle Handlungsform angesehen werden. Wegen dieser großflächigen Überschneidungen kommt deshalb eine Konkurrenzlage zwischen beiden Handlungsformen in Betracht. Aufgrund genau dieser weiten Anwendungsmöglichkeiten und der geringen Anforderungen einer Verwaltungserklärung erscheint die Erörterung möglicher Konkurrenzlagen ohne weitergehende Differenzierungen innerhalb ihrer Handlungsform jedoch zu generell und allgemein. Zu unterschiedlich können ihre konkreten Erscheinungsformen sein, als dass bei grundlegender Betrachtung nur der Verwaltungserklärung schon allgemeine Aussagen getroffen werden könnten. Für eine detailliertere Untersuchung ihrer Beziehung zu dem Verwaltungsakt müssen die verschiedenen Kategorien der Verwaltungserklärung zur Hilfe genommen werden. Unterschieden werden konnte dabei zwischen gebundenen und nicht gebundenen Verwaltungserklärungen. Nun gibt es freilich auch den Unterschied zwischen gebundenen und nicht gebundenen Verwaltungsakten. Allein aus der Aussage, es handle sich in einem konkreten Fall um eine gebundenen bzw. nicht gebundene Erklärung lässt sich jedoch noch keine Konkurrenzsituation begründen. Bei gebundenen Erklärungen besteht eine Pflicht zur Erklärung und es könnte dementsprechend allenfalls eine Normkollision innerhalb des geschriebenen Recht vorliegen. Nicht gebundene Erklärungen kennzeichnen hingegen lediglich, dass ein eigenständiger Entscheidungsbereich der Verwaltung vorliegt, welcher alleine nicht hinreichend konkret für eine Konkurrenzsituation ist, da er bei den meisten Handlungsformen gegeben ist. Auch bei der Differenzierung zwischen Erklärungen im Innenrechtskreis und Außenrechtskreis fällt das Hervorheben einer rivalisierenden Handlungsform schwer. Im Außenrechtskreis sind zwar die meisten der anderen verwaltungsrechtlichen Handlungsformen angesiedelt, wie Verordnung oder Verwaltungsakt, doch ist nicht ersichtlich, dass allein durch dieses Merkmal schon ein hinreichend konkretes Konkurrenzverhältnis besteht. In Bezug auf Handlungsformen im Innenverhältnis kommt neben der abstrakt-generellen Verwaltungsvorschrift insbesondere die Einzelweisung in Betracht. 140 Letztere weist dermaßen viele Merkmale einer Verwaltungserklärung auf, dass sie sich nach der hier vertretenen Ansicht nicht nur in einem Konkurrenzverhältnis zu der Verwaltungserklärung befindet, sondern sogar als eine ihrer Erscheinungsformen darstellen kann. 141 139 Vgl. zu der in Bezug auf die rechtliche Intensität der Verwaltungserklärung bestehende Art Auffangfunktion, oben 6. Kap. 2. Abschn. 140 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, vor § 9; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 80; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 41; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 39 ff. 141 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. A.III.4.

394

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Aber selbst wenn man diesem Befund nicht folgen wollte, so fehlt es alternativ bisher an einer ausreichenden dogmatischen Ausgestaltung einer eigenständigen Handlungsform „Einzelweisung“, die den Rechtsanwender in die Lage versetzen würde, die Konkurrenzsituation beider Handlungsformen aufzulösen. Für das Herauskristallisieren einer echten Konkurrenzlage bleibt somit nur die Unterscheidung zwischen unmittelbar rechtswirkenden und mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen. Bei mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen stellt sich die beabsichtigte Rechtsänderung erst nach weiteren rechterheblichen Maßnahmen des Erklärenden, Empfängers oder Dritter ein. 142 Für den am ehesten mit der Verwaltungserklärung konkurrierenden Verwaltungsakt lässt sich feststellen, dass er seine rechtliche Wirkung unmittelbar aus sich selbst heraus erzeugt und sie dabei von der zugrunde liegenden materiellen Rechtslage abhebt. Mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen müssen für eine Konkurrenz mit dem Verwaltungsakt also ausscheiden. Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen entfalten ihre Rechtswirkungen ohne weitere Zwischenschritte. 143 Dies geschieht, indem die Verwaltungserklärung darauf gerichtet ist, die ihr durch eine gesetzliche Fähigkeit zugewiesene Rechtswirkung herbeizuführen. Sowohl diese durch die Verwaltungserklärung herbeigeführten Rechtswirkungen als auch die des Verwaltungsakts entstehen jedoch unmittelbar, d. h. ohne weitere Zwischenschritte, und für den Empfänger bindend. Durch die Herbeiführung eines identischen Ergebnisses bietet sich der Verwaltung die Möglichkeit, ihre Ziele sowohl durch Verwaltungserklärung als auch Verwaltungsakt zu erreichen, obwohl mit beiden Alternativen unterschiedliche handlungsformspezifische Eigenarten verbunden sind. Diese Unterschiede müssen für den Adressaten aber nicht zwingend offensichtlich sein, denn er wird vor allem den unmittelbar eintretenden Rechtswirkungen Beachtung schenken. Vor allem resultieren die vergleichbaren Rechtswirkungen jeweils in der Annahme eines Eingriffs. 144 Eine Bestätigung erfährt dieses Ergebnis durch die schon vorher gemachte Beobachtung, dass einige der bisher untersuchten konkreten Erklärungen sich zwar in der Regel als Verwaltungserklärungen darstellten aber dies nicht gleichzeitig zur Folge hatte, dass die Verwaltung auf die Möglichkeit verzichten musste, einen Verwaltungsakt zu erlassen. 145 Aufgrund dieser möglichen Parallelität von Erscheinungsformen auf der Ebene des rechtlichen Könnens ist eine Regelung auf der Ebene des rechtlichen Dürfens notwendig. Durch die vergleichbar eintretenden Rechtswirkungen begründet sich ein praktisches Konkurrenzverhältnis zwischen unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen und Verwaltungsakten. 142 143 144 145

Siehe oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.3. Siehe oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.3. Vgl. dazu oben 6. Kap. 4. Abschn. A. I. Siehe oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 395

1. Darstellung der allgemeinen Situation Am Ausgangspunkt einer Wahlfreiheit zwischen verschiedenen verwaltungsrechtlichen Handlungsformen steht die Überlegung, dass zur Erreichung eines Verwaltungsziels mehrere Handlungsformen geeignet sein können. 146 Dabei geht es nicht um die leicht hiermit zu verwechselnde Frage, ob die Verwaltung sich öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Handlungsformen bedient. 147 Bei einer Verwendung des Begriffs „Willenserklärung“ mag diese Überlegung, vergleichbar mit der Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichem Vertrag, noch an erster Stelle stehen, doch soll die schon durchgeführte Diskussion der Begrifflichkeiten gerade dieser Gefahr vorbeugen. Der hier interessierende Problemkreis eröffnet sich erst, sobald feststeht, dass öffentliches Recht zur Anwendung kommt, aber noch nicht geklärt ist, im Rahmen welcher Handlungsform dies zu geschehen hat. 148 Die hiermit einhergehenden Ungewissheiten erscheinen noch nicht ansatzweise geklärt. 149 So ist es exemplarisch, dass in dem dreibändigen Lehrbuch von Wolff/Bachof / Stober 150 der Behandlung des eigentlichen Problems ganze fünf Zeilen gewidmet werden. Trotz dieses nur oberflächlichen Aufgreifens der Materie bejaht die wohl h. M. eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Handlungsformen. 151 Das Ablehnen eines „generellen Formenzwangs“ wird mit der ausdrücklichen Festschreibung von vereinzelten Handlungsformenverboten begründet. 152 Diese Vorgaben, die sowohl in positiver als auch negativer Form vorkommen können, 146

Gusy, Jura 1985, 578 (579). Hierzu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 64 ff.; Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 91 ff.; von Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (599 ff.); Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, S. 130; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 33. 148 Vgl. Ossenbühl, JuS 1979, 681 (686). 149 Vgl. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535); Ossenbühl, JuS 1979, 681 (686); Gusy, Jura 1985, 578 (579); Bull, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 545 (550); Rupp, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), FS BVerwG, S. 539 (547); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 133; Zimmer, Jura 1980, 242 (249). Obwohl das Problem relativ häufig aufgezeigt wird, erschöpfen sich die diesem folgenden Ausführungen in der Regel im Themenkomplex der Wahlmöglichkeit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. 150 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 23, Rn. 12. 151 BVerwGE 29, 310 (312); 48, 279 (282); OVG Lüneburg OVGE 26, 437 (438); Bull, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 545 (550); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535); Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 133. Auch bei diesen Vertretern ist jedoch festzustellen, dass sie sich trotz teilweise gegenteiliger Anzeichen größtenteils nur mit der Wahlfreiheit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht beschäftigen. 152 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535); Bull, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 545 (550); Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628). So z. B. positiv die formale Beamtener147

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

stellen gleichzeitig einen ersten Anhaltspunkt für die Auflösung von Konkurrenzverhältnissen zwischen verschiedenen Handlungsformen dar. 153 Eine vergleichbare Wirkung mittelbarer Art würden die aus der Handlungsformenlehre entstammenden und gesetzlich fixierten Bewirkungssperren haben, nachdem der Eintritt bestimmter Wirkungen an den Einsatz bestimmter Handlungsformen geknüpft ist. 154 Fehlen nun solch spezielle Aussagen, soll vor allem auf die allgemeine Vorschrift des § 10 VwVfG zurückzugreifen sein. 155 In Übereinstimmung mit der h. M. bestimmt § 10 S. 1 VwVfG, dass das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden ist, soweit in dieser Hinsicht keine besonderen Rechtsvorschriften bestehen. Diesem gesetzlichen, wenn auch vagen Hinweis auf eine Wahlfreiheit folgt in § 10 S. 2 VwVfG die Vorgabe, dass das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Für die h. M. wird die Ausübung des durch diese Vorschriften gewährten Ermessens durch konkrete Umstände des Einzelfalls bestimmt, nicht aber abstrakte Strukturen. 156 Eine maßgebliche Bedeutung kommt dabei Faktoren wie der Zweckmäßigkeit und Effizienz zu. 157 Auch soll eine Orientierung an der Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit der Verwaltung sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stattfinden, insbesondere mit der Maßgabe, die am besten geeignete Handlungsform mit einem für den Bürger wirksamen Rechtsschutz zu finden. 158 Im Zuge dieser Überlegungen können auch die Dringlichkeit der zu erledigenden Verwaltungsaufgabe und die darauf bezogene Reaktionsfähigkeit mit den möglichen Handlungsformen durch die Verwaltung Bedeutung haben. 159 Des Weiteren könnte mit einzubeziehen sein, ob wegen erheblicher Dispositionen der Beteiligten ein Bedürfnis nach einer Handlungsform mit erhöhter Bindungswirkung besteht oder der Gleichheitssatz und die Verwaltungspraxis sich auswirken. 160 Nach der h. M. besteht also eine grundsätzliche Wahlfreiheit hinsichtlich der nennung nach § 5 BRRG oder negativ die Handlungsformverbote, auf die § 54 S. 1 VwVfG Bezug nimmt. 153 In dem hier bisher dargestellten Sinne ließe sich auch vertreten, dass durch die entsprechenden Normen eine Verwendung bestimmter Handlungsformen schon rechtswidrig wäre und somit keine echte Konkurrenzsituation im obigen Sinne entstehen könnte. 154 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535), der das Beispiel der Ordnungsfunktion des Bebauungsplans nach § 8 Abs. 1 BauGB an die Handlungsform der Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB knüpft. Diesem folgend Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 133, Fn. 25. Vgl. auch von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (177). 155 Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535), Grandtner, Die Aufrechnung als Handlungsinstrument der Verwaltung, S. 133, Fn. 25. 156 Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628). 157 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 23, Rn. 13; Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 (535). 158 Clausen, in: Knack, VwVfG, § 10, Rn. 7; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 10, Rn. 15. 159 Zimmer, Jura 1980, 242 (250).

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 397

Handlungsformen, die im Einzelfall anhand konkreter Umstände zu überprüfen ist. Die der h. M. gegenüberstehenden Skeptiker verweisen vor allem auf rechtsstaatliche Gründe und dogmatische Hürden, die gegen eine grundsätzlich uneingeschränkte Handlungsformenwahlfreiheit spreche. 161 An einer Wahlfreiheit wird vor allem bemängelt, dass mit ihr die Verwaltung die Kontrolle über die mit der Handlungsform verbundenen Typisierungen gewinnt. Mit der Wahl für eine bestimmte Handlungsform wird gleichzeitig über ihre Begriffs- und Anwendungsvoraussetzungen, Rechts- und Fehlerfolgen und insbesondere rechtliche Bindungen entschieden. 162 Während also die h. M. den Umstand der Rechtsbindung als ein bei der Wahl möglicherweise zu beachtendes Kriterium ansieht, wird es von ihren Kritikern als maßgeblicher Grund angesehen, eine grundsätzliche Wahlfreiheit abzulehnen. Gegen eine bei Fehlen spezieller Regeln aus § 10 VwVfG resultierende Wahlfreiheit kann zumindest nicht sprechen, dass diese Norm auf den Begriff des Verwaltungsverfahrens in § 9 VwVfG Bezug nimmt. Zwar liegt nach § 9 VwVfG ein Verwaltungsverfahren nur bei einer Tätigkeit vor, die auf Erlass eines Verwaltungsakts oder Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist, doch muss der Aussage des § 10 VwVfG eine derartig allgemeine Wirkung zugemessen werden, dass sie auch bei der Verwendung anderer Handlungsformen zu beachten ist. 163 Zweifelhaft könnte jedoch sein, ob sich die Aussagen des § 10 VwVfG schon in jedem Fall auch auf die Handlungsformenwahl beziehen müssen. Nach § 9 VwVfG liegt ein Verwaltungsverfahren nur vor, wenn eine Behörde eine nach außen wirkende Tätigkeit vornimmt, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Für den Fall, dass sich die Behörde also noch nicht für die Prüfung eines Verwaltungsakts oder öffentlich-rechtlichen Vertrages entschlossen hat, sondern auch noch alternative Handlungsformen sieht, muss die behördliche Tätigkeit auch noch nicht auf 160 Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628); vgl. auch Reckers, Gesetzeswidrige und gesetzesabweichende Regelungen in Verwaltungsverträgen zwischen Bürger und Staat, S. 87. 161 Bachof, JZ 1966, 58 (60); Reckers, Gesetzeswidrige und gesetzesabweichende Regelungen in Verwaltungsverträgen zwischen Bürger und Staat, S. 81; Ossenbühl, JuS 1979, 681 (686) m.w. N. Auch bei diesen Literaturstimmen ist jedoch kritisch anzumerken, dass sie sich teilweise mehr gegen eine Wahlfreiheit zwischen den Teilrechtsordnungen wenden, als denn einzelnen Handlungsformen. 162 Gusy, Jura 1985, 578 (582); Ossenbühl, JuS 1979, 681 (686); Reckers, Gesetzeswidrige und gesetzesabweichende Regelungen in Verwaltungsverträgen zwischen Bürger und Staat, S. 81. 163 BT-Drs. 7/910, S. 42; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 10, Rn. 5 f., wo der Gehalt des § 10 VwVfG als „Ausdruck allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze“ bezeichnet wird.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

die in der Norm angesprochenen Fälle gerichtet sein. Nicht zu einem Verwaltungsverfahren gehören dementsprechend Maßnahmen, die vor der Prüfung der Voraussetzungen und der Vorbereitung eines konkreten Verwaltungsakts bzw. öffentlich-rechtlichen Vertrages liegen. 164 Unter systematischem Hinweis auf die Voraussetzungen der Prüfung, Vorbereitung und Erlass eines Verwaltungsakts oder öffentlich-rechtlichen Vertrages in § 9 VwVfG bedürfte es zumindest einer weitergehenden Auseinandersetzung, ob § 10 VwVfG tatsächlich auch schon die Wahl einer bestimmten Handlungsform erfasst. 165 Der Mangel an Aufmerksamkeit, der allgemein diesem Problem entgegengebracht wird, mag dadurch begünstigt werden, dass es in praktischer Sicht nur wenige Konkurrenzsituationen gibt, die zu einer Problematisierung einer Handlungsformenwahlfreiheit anregen. Solche können vor allem bei dem Zusammentreffen von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag sowie Verwaltungsakt und Verordnung vorkommen. Deren Veranschaulichung soll aufklären, ob die im Rahmen dieser Konkurrenzverhältnisse verwendeten Überlegungen auch für die hier zu untersuchende Situation einen Beitrag leisten können. a) Das Verhältnis von Verwaltungsakt und Verordnung im Speziellen Mögliche Konkurrenzsituationen zwischen Verwaltungsakt und Verordnung beziehen sich wegen der konkret-individuellen Ausrichtung des Verwaltungsakts i. d. R. nicht auf seine klassischen Erscheinungsformen, sondern vielmehr auf die Form der Allgemeinverfügung. In praktischer Hinsicht kann es sich dabei beispielsweise um Verkehrszeichen 166, Typenzulassungen 167, Einrichtungen von Flugsperrgebieten 168 oder rechtsverbindliche Pläne 169 handeln. Bei der Betrachtung dieses Verhältnisses tauchen zwei Problemkreise auf. Zum einen wird erörtert, ob der Gesetzgeber bestimmten praktischen Handlungen eine bestimmte Handlungsform zuweisen kann. 170 Dies wird größtenteils bejaht. 171 Die Freiheit des Gesetzgebers, in bestimmten Situationen bestimmte 164

Clausen, in: Knack, VwVfG, § 9, Rn. 14. Dafür spricht zugegebenermaßen die Allgemeinheit der in § 10 VwVfG enthaltenen Vorgaben und die oben skizzierte Weite seiner Anwendbarkeit. 166 BVerwGE 27, 181 (182 ff.); 59, 221 (224); Prutsch, JuS 1980, 566 (567 ff.). 167 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 21. 168 OLG Celle NJW 1972, 1767; Zimmer, Jura 1980, 242 (250). 169 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 21. 170 So wird z. B. vertreten, dies sei mit der Regelung der Allgemeinverfügung durch den Gesetzgeber in § 35 S. 2 VwVfG und seiner Begründung für Verkehrszeichen erfolgt, Maurer, JuS 1976, 485 (490); Prutsch, JuS 1980, 566 (571). Nach BVerwGE 70, 77 (78 ff.), hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, dass Schutzbereichsanordnungen nach § 2 Schutzbereichsgesetz als Allgemeinverfügungen ergehen. 165

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 399

Handlungsformen festzulegen, darf aber wegen des grundgesetzlich festgeschriebenen Prinzips der Funktionentrennung nicht so weit gehen, dass der Gesetzgeber verwaltende Tätigkeit an sich zieht oder rechtsetzende Tätigkeit bedingungslos der Verwaltung zuweist. 172 Aus der Funktionentrennung zwischen Rechtsetzung und Verwaltung lassen sich deshalb strukturlogische Grenzen einer solchen Handlungsformenzuweisung herausbilden. Hat jedoch der Gesetzgeber in zulässiger Weise eine bestimmte Handlungsform für eine konkrete Tätigkeit festgelegt, stellt sich das Problem eines Konkurrenzverhältnisses tatsächlich nicht mehr. Allenfalls kann die Schwierigkeit darin liegen, die Aussage des Gesetzgebers korrekt zu deuten und auszulegen, 173 ansonsten besteht aber ein Handlungsformenge- oder verbot im obigen Sinne. Zum anderen kann sich das Problem auf Seiten der Verwaltung stellen, wenn ihr prinzipiell die Möglichkeit offen steht, sowohl Verordnung als auch Verwaltungsakt zu nutzen. Aber auch in einer solchen Konstellation besteht das Problem nur begrenzt. Ohne eines ermächtigenden Gesetzes i. S. d. Art. 80 Abs. 1 GG ergibt sich die Möglichkeit des Erlasses einer Verordnung nicht. In diesem Fall hat sich der Gesetzgeber im Rahmen seines oben beschriebenen Spielraums für eine bestimmte Handlungsform entschieden. Die damit verbundenen Verfahrensund Formvoraussetzungen dürfen durch die Verwaltung nicht eigenmächtig übergangen werden. 174 Der Gesetzesvorrang gebietet der Verwaltung auch, sich bei Bestehen bestimmter Rechts- oder Ermächtigungsgrundlagen an deren Voraussetzungen zu halten, da ansonsten eine rechtliche Maßnahme ohne Beachtung der gesetzlichen Vorgaben vorgenommen werden würde. 175 Diese gesetzliche Ermächtigungsgrundlage setzt damit die in der Handlungsformenlehre enthaltenen Garantiegehalte in Form einer Bewirkungssperre und Schutzauftrages um. 176 Damit korrespondiert die teilweise vertretene Ansicht, durch die erhöhten Anforderungen, die an den Erlass einer Verordnung zu stellen wären, werde ein höheres Legitimationsniveau erreicht. 177 Situationen, in denen im Zuge der Auslegung unklar bleibt, ob ein praktisches Tätigwerden der Verwaltung von der Verordnungsermächtigung erfasst ist, sollten wegen des Bestimmtheitserfordernisses des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG nur theoretisch vorkommen. Wegen der mit der Handlungsform der Verordnung verbundenen 171

BVerwGE 11, 14 (16); 70, 77 (82), zweifelnd von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S 167 (178) m.w. N. 172 von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S 167 (177 ff.). 173 Vgl. zu einem solchen Fall BVerwGE 70, 77. 174 von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (177 ff.). 175 Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 62, Rn. 4 f. 176 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B. 177 Zimmer, Jura 1985, 242 (251); vgl. auch von Mutius, in: Menger (Hrsg.), FS H. J. Wolff, S. 167 (193).

400

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Verfahrens- und Strukturvoraussetzungen stellt sich ihr Verhältnis zu dem Verwaltungsakt weniger als ein Konkurrenzproblem, als denn ein Auslegungsproblem dar. b) Das Verhältnis von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag im Speziellen Vordergründig erscheint das mögliche Konkurrenzproblem zwischen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag vom Gesetz gesehen und einer Lösung zugeführt. Nach § 54 S. 2 VwVfG kann eine Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, gegenüber dem sie sonst einen Verwaltungsakt erlassen würde. 178 Auch aus dieser positiv normierten Feststellung lässt sich jedoch keine allumfängliche Wahlfreiheit ableiten. Schon fraglich ist, ob mit der allgemein als missglückt empfundenen Formulierung 179 tatsächlich eine Wahlfreiheit normiert oder nur die Zulässigkeit des subordinationsrechtlichen Vertrages klargestellt werden sollte. 180 Aber selbst wenn Ersteres der Fall wäre, so muss als Ausgangspunkt auch hier die Gesetzesbindung der Verwaltung angesehen werden. Eine aus § 54 S. 2 VwVfG möglicherweise resultierende Wahlfreiheit kann keinen der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit entsprechenden Gehalt erreichen. 181 Auch im Rahmen des Verhältnisses von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag führt die Kritik an der durch eine Wahlfreiheit der Handlungsformen entstehenden Wahl der Rechtsbindungen zu der Forderung, dass die Möglichkeit, zwischen beiden Handlungsformen wählen zu können, nicht zu einer Verschlechterung des Bürgers führen dürfe. 182 Insbesondere darf der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht zu der Umgehung gesetzlich gebundener Einschränkungen der Staatsgewalt führen. 183 Auch in diesen Überlegungen zeigen sich die Auswirkungen der aus der Handlungsformenlehre resultierenden Bewirkungssperren. Damit sind die schon oben durch konkrete Umstände des Einzelfalls aufgezeigten Kriterien für eine Auswahl entscheidend. 184 178 Kritisch zu dem Wert, den der Passus des § 54 S. 1 VwVfG, demnach der öffentlichrechtliche Vertrag zulässig sei, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen würden, in der Frage der Zulässigkeit der Handlungsform gewinnt, Rupp, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), FS BVerwG, S. 539 (547 f.). 179 Bullinger, DÖV 1977, 812 (813 Fn. 3); Degenhardt, NVwZ 1982, 71 (72); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 1; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 48. 180 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 1; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 54, Rn. 48. 181 Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628); vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4. 182 Gusy, Jura 1985, 578 (584). 183 Vgl. Meyer-Hesemann, DVBl. 1980, 869 (872 f.).

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 401

2. Bestehen einer Handlungsformenhierarchie zwischen unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt Für die in Gang befindliche Untersuchung bleibt zu klären, ob zwischen Verwaltungsakt und unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärung, die allein für eine Konkurrenzsituation in Betracht kamen, 185 unter Maßgabe der bisher gewonnenen Erkenntnisse über die Struktur der Entscheidungsmechanismen zwischen verschiedenen Handlungsformen eine Form der Hierarchie zwischen beiden Typisierungen erkennbar ist. a) Verwendung der allgemein gewonnenen Ergebnisse Im Rahmen dieser Überlegungen soll vor allem auf die bisher hervorgehobenen Strukturen zurückgegriffen werden. Zuvorderst ist dabei speziellen, gesetzlich festgeschriebenen Handlungsformenge- oder -verboten Beachtung zu schenken. Solche geschriebenen Regeln sind jedoch im Verhältnis Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt, ebenso wie lediglich mittelbare Bewirkungssperren, nicht ersichtlich. Ebenso wenig gibt es gesetzliche Aussagen, die auf eine Wahlfreiheit abzielen, wie es je nach Verständnis aus § 54 S. 2 VwVfG herauslesbar ist. Gesetzliche Vorgaben, die sich in den Konkurrenzfragen zwischen anderen Handlungsformen durchaus als hilfreich erwiesen hatten, bestehen für das Verhältnis von Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt nicht. Geht man weiter in durchaus verständlicher Weise davon aus, dass der § 10 VwVfG eine generelle Aussage enthält, die Allgemeingültigkeit besitzt, so ist vor allem auf in diesem Zusammenhang auftauchende Faktoren einzugehen, wie die Verhältnismäßigkeit, Zweckmäßigkeit oder Effizienz. Neben Indikatoren, die sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergeben, können abstrakte Gründe eine ausschlaggebende Rolle spielen. Entscheidend für diese Faktoren ist, dass sie sich aus der Struktur der betreffenden Handlungsform ergeben. Zu beachten sind also Umstände, die die Verwendung einer Handlungsform im Verhältnis zu einer anderen, gemessen an den in § 10 VwVfG als Ausdruck einer allgemeinen Regel normierten Gründen, generell unzweckmäßig machen.

184

Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628). Sofern man mit der Rechtsprechung davon ausgeht, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Dienstherr dem Beamten insgesamt hoheitlich übergeordnet ist und deshalb seine Rechtsbeziehungen zum Beamten grundsätzlich durch Verwaltungsakt regeln kann, vgl. BVerwGE 19, 243 (246); 28, 1 (4); 37, 314 (319); Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, S. 95 f. m.w. N., könnte sich beispielsweise eine solche Konkurrenzsituation bei einer dort angesiedelten Aufrechnung ergeben. Daneben könnten sich praktische Fälle im Bereich der Leistungsverwaltung ergeben. 185

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Bei einer Anknüpfung an die Strukturen der einzelnen Handlungsformen wird deutlich, dass diese nicht nur für die innere Typisierung einen beachtlichen Wert darstellen, sondern auch übergreifend für das Verhältnis der verschiedenen Handlungsformen untereinander. Die Verwendung abstrakter Gründe erscheint darüber hinaus nur konsequent, da die Handlungsformenlehre aus abstrahierenden Mechanismen ihre Rechtfertigung bezieht und sie nur, soweit sie auch mit ihren Mitteln Lösungen für Konkurrenzprobleme anbietet, vollumfängliche Aussagen zu einzelnen Handlungsformen erbringen kann. (1) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz In solch genereller Hinsicht könnte für die Verwaltungserklärung schon die Verhältnismäßigkeit sprechen. Die Nutzung einer Verwaltungserklärung könnte gegenüber dem Adressaten ein milderes Mittel darstellen, die Nutzung eines Verwaltungsakts in einer Konkurrenzsituation wäre damit nicht erforderlich. 186 Auf den ersten Blick könnte die fehlerunabhängige Wirksamkeit und Bestandskraft letzterer Handlungsform diesen Schluss nahe legen. Die Erforderlichkeit eines bestimmten Verwaltungshandelns ist dann zu verneinen, wenn es ein milderes, die Rechte des Adressaten weniger intensiv beschränkendes Mittel gibt, dass das Ziel der staatlichen Maßnahme ebenso effektiv erreicht. 187 Gerade der letzte Passus der Definition führt dazu, dass für die Bejahung eines relativ milderen Mittels mit einer Geeignetheitskontrolle zu beginnen ist. 188 Nur Ausweichmittel, die eine eindeutig gleichwertige Alternative darstellen und zur Zielerreichung tatsächlich ebenso geeignet sind, kommen überhaupt für die Annahme eines relativ milderen Mittels in Betracht. 189 Während also für die Geeignetheit einer Maßnahme ausreicht, dass das Erreichen des gewünschten Ziels gefördert wird bzw. die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts erhöht wird ohne dabei höchstmögliche Optimalität zu erreichen, 190 ist für eine gleich wirksame Maßnahme zu fordern, dass sie eine „eindeutig gleichwertige Alternative“

186 In diese Richtung Eyermann / Fröhler, VwGO, § 40, Rn. 10; Krebs, DÖV 1989, 969 (974). Gegen einen Vorrang des Verwaltungsakts VGH München BayVBl. 1962, 284 (285). 187 Vgl. BVerfGE 17, 269 (279 f.); 19, 342 (351 ff.); 53, 135 (145 ff.); 67, 157 (177); 81, 156 (192 ff.); 85, 97 (107 f.); 91, 207 (222 f.); 92, 277 (327); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 152; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII, Rn. 75; Kunig, in: von Münch/ Kunig (Hrsg.), GG, Vorb. Art. 1 –19, Rn. 55; Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, S. 54 ff.; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 66 f. 188 Stern, in: ders. (Hrsg.), Staatsrecht Bd. III/2, S. 780. 189 BVerfGE 25, 1 (20); 30, 292 (319); 77, 84 (109 ff.); 81, 70 (91); Stern, in: ders. (Hrsg.), Staatsrecht Bd. III/2, S. 780; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 152; SchulzeFielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 183; Höfling / Krings, JuS 2000, 625 (628); Pauly, DVBl. 1991, 521 (523). 190 Näher dazu unten 6. Kap. 6. Abschn. C.III.1.

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 403

darstellt, 191 „dieselbe Steigerung der Erfolgswahrscheinlichkeit“ bietet 192 oder denselben „Geeignetheitsgrad“ bzw. „Tauglichkeitsgrad“ aufweist. 193 Hierfür sind Kriterien wie die Eigenart und Intensität der Belastung, die Zahl der Betroffenen und gegebenenfalls die Art der Einwirkungen auf Dritte oder Nebenwirkungen heranzuziehen. 194 Aufgrund der vergleichbar eintretenden Rechtswirkungen besteht in der Tat eine gewisse Neigung, eine Wirksamkeit gleichen Niveaus anzunehmen, doch kann dies nur ein Aspekt der Geeignetheit sein. Berücksichtigt werden müssen auch die handlungsformspezifischen Wirkungen. Der Verwaltungsakt mit seiner Titelfunktion ermöglicht der Verwaltung eine selbständige Vollstreckung grundsätzlich ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe. Die Verwaltungserklärung käme nur dann als gleich wirksame Alternative in Betracht, wenn sich der Bürger einer Art sofortigen Vollstreckung unterwerfen würde, wie es beispielsweise beim öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 61 Abs. 1 S. 1 VwVfG möglich ist. Die Verwaltungserklärung kann so zwar als ein gegenüber dem Verwaltungsakt milderes Mittel bezeichnet werden, diese Milde gilt jedoch ebenso für die Wirksamkeit und Geeignetheit der Zielerreichung. Beide Handlungsformen vermögen zwar das gleiche Ziel ohne weitere Zwischenschritte zu erreichen, dies aber mit unterschiedlichen Wirkungsgraden. Aufgrund der strukturellen Unterschiede in Bezug auf die Wirksamkeit beider Handlungsformen kommt die Verwaltungserklärung deshalb nicht als grundsätzlich milderes Mittel in Betracht. Dieser Aspekt kann also nicht für einen Vorrang der Verwaltungserklärung gegenüber dem Verwaltungsakt sprechen. (2) Zweckmäßigkeit und Effizienz Neben dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist für die Wahl zwischen verschiedenen Handlungsformen auch auf die Zweckmäßigkeit und Effizienz der in Betracht kommenden Möglichkeiten abzustellen. Der auf die handlungsformspezifischen Rechtswirkungen zurückgehende Grad des Verwaltungsakts an Zweckmäßigkeit und Effizienz steht grundsätzlich über der im Vergleich dazu weniger geeigneten Verwaltungserklärung. Die gesteigerte Zweckmäßigkeit und Effizienz des Verwaltungsakts spricht deshalb dafür, ihm einen abstrakten Vorrang gegenüber der Verwaltungserklärung einzuräumen.

191

BVerfGE 77, 84 (111); vgl. auch BVerfGE 25, 1 (20); 30, 292 (319); 81, 70 (91). Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 152. 193 Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 66 f. 194 Vgl. Stern, in: ders. (Hrsg.), Staatsrecht Bd. III/2, S. 781; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 152; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 183; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 66; Grabitz, AöR 98 (1973), 568 (574); Gentz, NJW 1968, 1600 (1604). 192

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

b) Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze nur bei Fehlen anderer geschriebener Rechtsquellen Die Existenz der Verwaltungserklärung beruht auf der Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. 195 Dieses Verfahren beschreibt nach h. M. den Rückgriff auf eine zwar hochrangige, aber dennoch ungeschriebene Rechtsquelle. Auch sie tritt dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu anderen, vornehmlich geschriebenen Rechtsquellen. 196 Ein Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze ist nur zulässig, sofern keine andere geschriebene Rechtsquelle eine entsprechende Aussage trifft. 197 Im Gegensatz zu der Verwaltungserklärung besteht für den Verwaltungsakt in § 35 S. 1 VwVfG eine geschriebene, gesetzliche Anerkennung. Wird nur das Konkurrenzverhältnis zweier konkreter Erscheinungsformen der beiden Handlungsformen betrachtet, könnte es zwar schwerfallen, dem abstrakten Umstand, dass der Verwaltungsakt als Produkt einer geschriebenen Rechtsquelle gegenüber der Verwaltungserklärung als Ausfluss eines ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsatzes Vorrang genießt, Bedeutung zuzuschreiben. Es kann schließlich wegen eines konkreten Einzelfalls nicht an der grundlegenden Ableitbarkeit der Verwaltungserklärung gezweifelt werden. Übersehen werden darf jedoch nicht, dass sich auch abstrakte Gründe zur Lösung von Konkurrenzverhältnissen als hilfreich erwiesen haben und sich ohne weiteres auf Einzelfälle auswirken können. Zu dem der Verwendung einer Verwaltungserklärung grundlegenden Komplex gehört i. d. S. auch untrennbar die Frage der Herleitung ihrer Anwendbarkeit als Handlungsform. Auch wenn sich aus der Nachrangigkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze keine abschließende und unbedingte Regel gewinnen lässt, so spricht doch die grundlegende Ableitung der Verwaltungserklärung aus ungeschriebenen Rechtsquellen dafür, in Konkurrenzfällen auf die gesetzlich fixierte Handlungsform des Verwaltungsakts zurückzugreifen. In Fällen, in denen der mit einer unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärung bezweckte Erfolg auch mit der gesetzlich geregelten Handlungsform des Verwaltungsakts zu erreichen ist, bedarf es keiner Herleitung der Verwaltungserklärung aus einem allgemeinen Rechtsgrundsatz. 198

195

Vgl. umfangreich oben 3. Kap. 2. Abschn. J. BGHZ 23, 23, 175 (181); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 26, Rn. 4 m.w. N. 197 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J. I.1. 198 Eine weitere mögliche Anwendung dieser Art von Subsidiarität ließe sich für den Fall andenken, dass die Handlungsform der Verwaltungserklärung über einen allgemeinen Rechtsgrundsatz schon nicht begründet werden könnte, wenn gleichzeitig eine geschriebene Rechtsquelle gleichen Inhalts besteht. 196

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 405

c) Umgehung der Bewirkungssperre des Verwaltungsakts Eine Bewirkungssperre knüpft die Anwendung bestimmter Handlungsformen an vorgegebene Begriffs- und Anwendungsvoraussetzungen. 199 Sollten diese nicht erfüllt sein, ist der Verwaltung die Nutzung der Handlungsform versperrt. Neben der Bewirkungssperre ist die Handlungsformenlehre einem Schutzauftrag zugunsten des Bürgers ausgesetzt, indem sie zwischen den Anwendungsvoraussetzungen einer Handlungsform und ihren Rechtswirkungen ein adäquates Verhältnis zu wahren hat. Dieses wird bestimmt durch Elemente wie Bestandskraft, Wirksamkeit, Anfechtungslast oder Vertrauensschutz. Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen führen ihre Rechtswirkungen in einer Art und Weise herbei, wie es ansonsten aus Sicht des Bürgers für Verwaltungsakte typisch ist. Zwar gehen die Rechtswirkungen bei der Verwaltungserklärung von der Zuweisung bestimmter Fähigkeiten durch einen Rechtssatz aus, während die Wirkungen des Verwaltungsakts aus ihm selbst heraus eingreifen, doch bedeutet dies für den Adressaten regelmäßig keinen spürbaren Unterschied. In beiden Fällen tritt die Rechtswirkung ohne weitere Zwischenschritte ein. Dieser Grund konnte dementsprechend als maßgeblich für eine Konkurrenzlage angesehen werden. Wesentliches Moment der Handlungsformenlehre war nicht nur, die Verwaltung an einer Austauschbarkeit der inhaltlichen Merkmale der einzelnen Handlungsformen zu hindern, sondern auch eine solche Austauschbarkeit durch Wechsel zwischen Handlungsformen mit ähnlichen Wirkungen zu verhindern. 200 Durch ein Umschwenken auf die Verwaltungserklärung könnte die Verwaltung aus Sicht des Bürgers eine dem Verwaltungsakt in bestimmten Bereichen vergleichbare Wirkung herbeiführen, ohne an dessen besondere Voraussetzungen gebunden zu sein. Die Sicherung einer effektiven Bewirkungssperre des Verwaltungsakts drängt dazu, der Verwaltung den Weg zu unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen bei ebenfalls bestehender Handlungsmöglichkeit durch Verwaltungsakt zu versperren. d) Verwaltungsakt als Handlungsform mit größerer Rechtsklarheit Darüber hinaus muss zweifelhaft sein, ob der Adressat mit dem Erlass eines Verwaltungsakts nicht in eine Situation versetzt wird, die ihn im Vergleich zum Erhalt einer Verwaltungserklärung eine größere Rechtsklarheit bietet. Berücksichtigt man die Ableitung der Verwaltungserklärung aus ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen, so strahlt die gesetzliche Normierung der Handlungsform Ver199 200

Siehe oben 1. Kap. 1. Abschn. B. Pauly, DVBl. 1991, 521 (523); Vgl. auch oben 1. Kap. 1. Abschn. B.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

waltungsakt, die auch Verfahrensvoraussetzungen sowie Rechts- und Fehlerfolgen umfasst, eine größere Rechtssicherheit aus. 201 Die Fähigkeit, mit dem Verwaltungsakt einen konkret-individuellen Sachverhalt einseitig in abschließender Weise zu regeln, ist nicht nur Voraussetzung für eine schnelle und effektive Verwaltungstätigkeit, die den Massen der zu erledigenden Aufgaben gewachsen ist, sondern bedeutet zugleich für den Bürger auch einen Vorsprung an Rechtssicherheit. 202 Schon Otto Mayer 203 ging davon aus, dass der Erlass eines Verwaltungsakts dem Bürger gegenüber ein Fixpunkt in seinen vielfältigen Beziehungen zu der öffentlichen Verwaltung darstellt, die „dem Einzelnen Halt gewähren und ihn darüber sicherstellen [soll], wohin es geht.“ Durch die mit hoheitlicher Wirkung versehene Verfügung weiß der Bürger genau, wie es um seine verwaltungsrechtliche Position und die sich daran für ihn anschließenden Möglichkeiten bestellt ist. Die Nutzung der gesetzlich geregelten Handlungsform Verwaltungsakt gewährt dem Bürger im Vergleich zu der Verwaltungserklärung eine größere Rechtssicherheit. e) Weitestgehende Einschränkung der rechtlichen Wirkung der Verwaltungserklärung Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt bewirken aufgrund ihrer Unmittelbarkeit eine in dieser Hinsicht vergleichbare Herbeiführung ihrer Rechtswirkungen. Entscheidend für die Schaffung einer in sich ausgewogenen Handlungsform muss das Vorhandensein eines adäquaten Verhältnisses zwischen den Anforderungen an die Tatbestandsebene und den daraus resultierenden Rechts- bzw. Fehlerfolgen sein. 204 Hat also die unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung eine dem Verwaltungsakt vergleichbare Rechtswirkung, so kann dies, um ein adäquates Tatbestands- / Rechtsfolgenverhältnis sicherzustellen, zum einen durch eine Erhöhung der Tatbestandsanforderungen ausgeglichen werden. Die Feststellung gewisser Grundvorgaben für die rechtliche Behandlung der Verwaltungserklärung hatte ergeben, dass die Tatbestandsebene in groben Zügen schon feststeht. Möglich bliebe es freilich, weitere Verfahrens- oder Formvoraussetzungen einzuführen, wie z. B. eine Rechtsmittelbelehrung (vgl. § 58 VwGO), das Gebot einer Anhörung (vgl. § 28 VwVfG) oder eine strenge Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes 201

BGHZ 23, 175 (181). Diese Funktion wird in der Literatur auch „Klarstellungs- und Stabilisierungsfunktion“ genannt, vgl. Rüfner, VVDStRL 29 (1970), 187 (205); Vogel, VVDStRL 28 (1970), 268 (269); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 40; Fiedler, AöR 105 (1980), 79 (99); Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 186 f.; Rupp, DVBl. 1963, 577 (578); Martens, DVBl. 1968, 322 (323 f.). 203 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 93. 204 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. C.II. 202

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 407

(vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG). Die bisher skizzierte Grundkonzeption der Verwaltungserklärung sah jedoch vor, dass sie, in Relation zu anderen Handlungsformen, den Platz einer weiten, flexiblen und in ihren Rechtswirkungen abgestuften Handlungsform einnimmt. Strengere Tatbestandsvoraussetzungen würden sich dafür kontraproduktiv auswirken. Einer gewissen Schieflage zwischen Tatbestandsanforderungen und Rechtswirkungen kann dann zum anderen durch eine Absenkung der Rechtswirkungen begegnet werden. Für die unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen ließe sich dies durch ein Prinzip der Subsidiarität gegenüber dem Verwaltungsakt erreichen. Die unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung soll gerade nicht den Platz des Verwaltungsakts einnehmen, weshalb ihre Anwendung zugunsten des Verwaltungsakts, dessen Tatbestandsvoraussetzungen seinen Rechtswirkungen Rechnung tragen, zurücktreten sollte. Als Folge wären die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärungen eingeschränkt. f) Kein Rechtsschutzbedürfnis bei sich möglicherweise einer Verwaltungserklärung anschließender Klage Schließlich bleibt ein letzter Punkt zu klären. Der weitere Verfahrensweg eines umstrittenen Verwaltungsakts wird durch die Verwaltungsgerichtsordnung mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorgezeichnet. Für die Verwaltungserklärung fehlen vergleichbare Anhaltspunkte, so dass zum jetzigen Zeitpunkt vieles dafür spricht, die allgemeine Leistungsklage als probates Mittel ihrer Durchsetzung anzusehen. 205 Zweifelhaft ist, ob einer durch die Verwaltung betriebenen, auf Durchsetzung einer Verwaltungserklärung gerichteten Klage das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zuzusprechen ist, obwohl die Verwaltung die Möglichkeit hätte, sich durch den alternativen Erlass eines Verwaltungsakts selbst einen Titel zu verschaffen und diesen eigenständig durchzusetzen. Die Rechtsprechung bejaht trotz der dargestellten Umstände in solchen Fällen das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungs- oder Feststellungsklage. 206 Dies sei zumindest dann anzunehmen, wenn auch bei Erlass eines Verwaltungsakts ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen sei. 207 Eine solche Ansicht ist jedoch vielfältiger Kritik ausgesetzt. Keineswegs ist ersichtlich, inwiefern der Adressat bei Erlass eines Verwaltungsakts tatsächlich Widerspruch und Anfechtungsklage erhebt. Im Übrigen sei angemerkt, dass mit 205 Allgemein zu der prozessualen Behandlung der Verwaltungserklärung unten 7. Kap. 3. Abschn. 206 BVerwGE 24, 225 (227); 25, 280 (290); 28, 1 (1); 153 (154); 29, 310 (312). 207 BVerwGE 24, 225 (227); 25, 280 (290 f.); 29, 310 (312).

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

einer solchen Annahme nicht nur vom Bürger ein bestimmtes Verhalten als sicher erwartet wird, sondern – in äußerst bedenklicher Weise – ebenfalls ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung vorausgesetzt wird, nämlich die Ablehnung eines noch nicht eingereichten Widerspruchs. Schon um der Verwaltung die Kritik zu ersparen, die Widerspruchsentscheidung stehe ohnehin schon fest und dem Bürger werde eine zweite Überprüfungsinstanz genommen, 208 sollte verstärkt auf die Anfechtungsklage hingewirkt werden. Andernfalls erstreckt sich die Wahlmöglichkeit der Verwaltung nicht nur auf beide Handlungsformen, sondern darüber hinaus auch auf die Inanspruchnahme entweder judikativer oder exekutiver Verfahren. 209 Nach den gängigen prozessualen Strukturen kann auch die Verwaltung erst dann gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, wenn sie ihre eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Eine Leistungs- oder Feststellungsklage ist also bei daneben bestehender Möglichkeit eines Verwaltungsakts wegen Fehlen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht zulässig. 210 Auch wegen der prozessualen Folgeprobleme sollte ein Vorrang des Verwaltungsakts gegenüber der Verwaltungserklärung angenommen werden. II. Ergebnis Zwischen unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt besteht eine Handlungsformenhierarchie. Aufgrund dieser ist die unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung bei gleichzeitiger Möglichkeit, einen Verwaltungsakt zu erlassen, nicht zulässig. 211 Es ist vorrangig die Handlungsform des Verwaltungsakts zu verwenden. Die in diesem Verhältnis maßgebliche Konkurrenzlage besteht aber nicht zu mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen, denn deren Rechtswirkungen sind mit denen eines Verwaltungsakts nicht vergleichbar.

C. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen Verwaltungserklärung und öffentlich-rechtlichem Vertrag Eine Konkurrenzsituation zwischen der Verwaltungserklärung und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag erscheint theoretisch möglich, dabei aber nicht gesteigert praxisrelevant. Es ist durchaus denkbar, dass ein erscheinungsformspezifisches 208 Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 17, Rn. 18; Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, Vorb § 40, Rn. 85. 209 BSG NJW 1987, 1846 (1847). 210 Bachof, JZ 1966, 58 (60 f.); Henrichs, NJW 1964, 2366 (2368); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 17, Rn. 18; Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, Vorb § 40, Rn. 85. 211 Zu den Folgen einer unzulässigen Verwendung sogleich 6. Kap. 6. Abschn. C. V.

5. Abschn.: Zulässigkeit verschiedener Kategorien der Verwaltungserklärung 409

Ziel durch die Verwaltung sowohl einseitig per Verwaltungserklärung als auch zweiseitig mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags erreicht werden kann. Dies kann zwar je nach Handlungsform zu Veränderungen in der Art und Weise der Herbeiführung der Rechtswirkungen führen, wobei diese sich vor allem auf den Unterschied zwischen Einseitigkeit und Zweiseitigkeit konzentrieren, gleichwohl bleibt aber das erscheinungsformspezifische Ziel auf beiden Wegen erreichbar. Auch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrags lässt sich feststellen, dass die Verwaltungserklärung im Gegensatz zum Vertrag auf der Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beruht und nicht gesetzlich geregelt ist, was für ein Zurücktreten der Verwaltungserklärung spricht. Ebenfalls für eine Subsidiarität der Verwaltungserklärung könnte sprechen, dass nach § 59 VwVfG beim öffentlich-rechtlichen Vertrag wie beim Verwaltungsakt das rechtliche Können das rechtliche Dürfen übersteigt. Während dies jedoch im Verhältnis von Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt auf der Ebene der Rechtswirkungen zu berücksichtigen war, 212 kann dies innerhalb der Verwaltungserklärung und des öffentlich-rechtlichen Vertrags durch dessen zwingendes Schriftformerfordernis gemäß § 57 VwVfG auf der Tatbestandsebene berücksichtigt werden. Eine daraus resultierende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Verwaltungserklärung ist nicht angezeigt. Einen weiteren Anhaltspunkt für die Zulässigkeit der verschiedenen Handlungsformen gibt § 54 S. 2 VwVfG. 213 Demnach besteht eine Austauschbarkeit von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag. Hieraus könnte schon gefolgert werden, dass eine Austauschbarkeit zwischen öffentlichrechtlichem Vertrag und der der rechtlich weniger intensiven Verwaltungserklärung erst Recht zulässig wäre. Der ausschlaggebende Aspekt für eine Wahlfreiheit muss schließlich in der Zweiseitigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags liegen. Die Konkurrenz zu einer solch ausgestalteten Handlungsform führt dazu, dass die Verwaltung die Wahl hat, ein Stück ihrer Freiheit und Gestaltungskraft an den Bürger abzutreten. Trotz der Zweiseitigkeit geht es im öffentlichen Recht jedoch nicht darum, dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, seine freiheitlich-privatautonomen Interessen mit anderen Positionen in Einklang zu bringen. Vielmehr ist die Verwaltung zu dieser Ordnung des gesellschaftlichen Lebens berufen. 214 Das öffentliche Recht dient der Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens und dem darauf aufbauenden Verwaltungswillen. Deren Verwirklichungsmöglichkeiten sinken, sobald Rechtssubjekten, die von einem individuellen Willen geleitet werden, beteiligt werden. Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist trotz seiner Positivierung im Gegensatz zum Verwaltungsakt nicht vorrangig gegenüber der Verwaltungserklärung zu verwenden. Vielmehr besteht eine handlungsformenbezogene Wahlfreiheit. 212 213 214

Vgl. oben 6. Kap. 5. Abschn. B. I.2.e. Dazu oben 6. Kap. 5. Abschn. B. I.1.b. Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

D. Bestehen einer Wahlfreiheit zwischen originär öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung und derivativ öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung Ebenfalls praktisch kaum relevant erscheint die Auflösung einer Konkurrenzsituation zwischen originär öffentlich-rechtlicher und derivativ öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung. 215 Nach den allgemeinen Grundsätzen ist in einer solchen Situation das ausdrücklich für diesen Fall vorgesehene und gesetzlich fixierte öffentliche Recht der entsprechenden Anwendung der zivilrechtlichen Regelungen vorzuziehen. Derivativ öffentlich-rechtliche Verwaltungserklärungen dürfen nicht verwendet werden, sofern für das erscheinungsformspezifische Ziel auch eine originär öffentlich-rechtliche Verwaltungserklärung möglich ist.

6. Abschnitt

Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab Eine allgemein geltende Pflicht zu rechtmäßigem Handeln statuiert Art. 20 Abs. 3 GG. Im Gegensatz zu dem Vorbehalt des Gesetzes gilt dieser Vorrang des Gesetzes als Verbot, nicht gegen höherrangiges Recht zu verstoßen, für jegliches staatliches Handeln. 216 Daneben sind an dieser Stelle Kriterien für die Ausübung eines möglichen Konkretisierungsspielraums und Maßstäbe für eine gerichtliche Kontrolle darzulegen.

A. Maßgebliche Kriterien für die Rechtmäßigkeit und Überprüfungsmaßstab Die Frage der grundlegenden Kriterien, die für die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungserklärung entscheidend sind, ist eine Frage nach dem rechtlichen Dürfen. Das rechtliche Dürfen bestimmt sich nach einzelnen Elementen der Rechtsordnung, die im Folgenden darzustellen sind. Im Grundsatz muss für die Beurteilung einer rechtmäßigen Verwaltungserklärung die Form entscheidend sein, in der sie abgegeben wurde. Diese durch Auslegung ermittelte Form ist anhand der sogleich noch näher zu spezifizierenden Rechtsnormen zu überprüfen. Die von 215 Denkbar könnte beispielsweise eine Konkurrenzsituation zwischen einem polizeirechtlich geregelten Zurückbehaltungsrecht und einem solchen sein, welches sich unter Rückgriff auf ein zivilrechtliches Zurückbehaltungsrecht bildet. 216 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 2. Vgl. auch Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 158.

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

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Rechtsnormen unberührt gelassenen Spielräume können grundsätzlich nicht überprüft werden. 217 Dementsprechend endet die Rechtmäßigkeitskontrolle dort, wo rechtliche Maßstäbe aufhören. 218 In Bezug auf die verschiedenen zeitlichen Phasen der Umsetzung eines Verwaltungsziels bedeutet dies, dass Fehler in der Zielbildung und Zielabstimmung im Grundsatz interne Fehler sind. Die Abgabe findet im Rahmen der Zielverfolgung statt, so dass auch lediglich die sich in dieser Phase niederschlagenden Elemente für eine Rechtmäßigkeit entscheidend sind. 219 Im Hinblick auf die verschiedenen Willensstadien innerhalb einer Verwaltungszielkonkretisierung ist damit grundsätzlich nur der dem Empfänger erklärte Behördenwille und dessen Übereinstimmung mit dem geltenden Recht maßgeblich, nicht aber der eigentliche Prozess der Verwaltungszielkonkretisierung, der dem Behördenwillens vorgeht.

B. Auslegung An diesem Prüfungsmaßstab sind die Form, in der die Verwaltungserklärung abgegeben wurde, und der Inhalt des in ihr zum Adressaten transportierten Behördenwillens zu messen. Die Ermittlung des beinhalteten Behördenwillens hat sich mittels einer Auslegung zu ergeben. 220 I. Rechtliche Grundlagen der Auslegung Die Regeln der Auslegung werden von der Rechtsordnung ausdrücklich in den §§ 133, 157 BGB normiert. Demnach ist bei einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Verträge sind so auszulegen, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Diese Grundsätze sind auch für Rechtshandlungen im öffentlichen Recht anzuwenden. 221 Ebenso wie im Zivilrecht ist für die Auslegung einer Erklärungshandlung deshalb nicht maßgeblich, was die Behörde gewollt hat, sondern wie ihr Handeln 217 Papier, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR V, § 154, Rn. 61. Vgl. aber auch die Ausnahmen unten 6. Kap. 6. Abschn. D. 218 Bettermann, AöR 96 (1971), 528 (559); Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 71. Vgl. zu dem alternativen Maßstab der Pflichtwidrigkeit des Verwaltungshandelns Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 225 ff.; Martens, Praxis der Verwaltungsverfahrens, Rn. 7. 219 Vgl. oben 4. Kap. 2. Abschn. B. I. 220 BVerwGE 48, 279 (281); 49, 244 (247); 60, 144 (146 f.); 67, 305 (307 f.); BVerwG NVwZ-RR 2000, 135 (135); LSG Erfurt, Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 35, Rn. 39; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 12; § 38, Rn. 17; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 9, Rn. 25; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 16 ff. m.w. N.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

unter Berücksichtigung von Treu und Glauben bei objektiver Auslegung aus der Sicht eines verständigen Empfängers zu verstehen war. 222 Diese im Rahmen der §§ 133, 157 BGB anzuwendende Lehre vom Empfängerhorizont stellt jedoch ebenso wenig auf das vom Empfänger tatsächlich Verstandene ab, wie sie auf das vom Erklärenden tatsächlich Gewollte abstellt. 223 Vielmehr ist maßgeblich, was ein objektiver und verständiger Empfänger bzw. Dritter in der Lage des konkreten Empfängers verstehen durfte, wobei es auch passieren kann, dass das so Ermittelte vom tatsächlich Verstandenen des Empfängers abweicht. 224 Eine Auslegung kann im Recht der Verwaltungserklärung in zweierlei Hinsicht relevant werden: zum einen für die Frage, ob tatsächlich eine Verwaltungserklärung vorliegt, und zum anderen für die Frage, welchen Inhalt diese aufweist. II. Ermittlung des Vorliegens einer Verwaltungserklärung durch Auslegung Die Merkmale des rechtlichen Könnens stellen die Voraussetzungen dar, die eingehalten werden müssen, damit die Verwaltung mittels einer bestimmten Handlungsform handeln kann. Davon unabhängig kann es aber passieren, dass sich aus Sicht eines objektiven Dritten eine bestimmte Handlung als Erscheinungsform einer typisierten Handlungsform darstellt, obwohl deren Voraussetzungen des rechtlichen Könnens nicht eingehalten worden sind. Für die Verwaltungserklärung ergibt sich in dieser Hinsicht vor allem ein Nebeneinander mit dem Verwaltungsakt. Dabei hatte sich gezeigt, dass der Unterschied in den Voraussetzungen des rechtlichen Könnens beider Handlungsformen maßgeblich in subjektiven Intentionen der handelnden Stelle begründet liegt. 225 Dies führt dazu, dass in praktischer 221 RGZ 91, 423 (426); BVerwGE 41, 305 (306); 48, 279 (281 f.); 49, 244 (247); 57, 26 (29); 60, 144 (146 f.); 60, 223 (228 f.); 67, 305 (307 f.); 99, 101 (103); 100, 206 (207); 106, 187 (189); BGHZ 86, 104 (110); VGH Kassel NVwZ-RR 2000, 557 (557); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 12; Kluth, NVwZ 1990, 608 (610); Krause, VerwArch 61 (1970); 297 (322); Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 4. 222 BVerwGE 41, 305 (306); 48, 279 (282); 49, 244 (247); 60, 144 (147); 67, 305 (308); OVG Berlin, NVwZ-RR 1990, 194 (195); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18; Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 17. 223 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18; Kluth, NVwZ 1990, 608 (610); Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, § 133, Rn. 31; Rüthers / Stadler, BGB AT, § 18, Rn. 12; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 104; Brehm, BGB AT, Rn. 404. 224 VGH Mannheim NVwZ-RR 1990, 535 (538); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43; Schoch, ZfS 1998, 129 (136); Dilcher, in: Staudinger 12, BGB, § 133, Rn. 31; Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 133, Rn. 14; Rüthers / Stadler, BGB AT, § 18, Rn. 12; Brehm, BGB AT, Rn. 404. 225 Siehe oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(5).

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

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Hinsicht beide Handlungsformen zum Teil schwer unterscheidbar sind und manche konkrete Erklärungen in beiden Handlungsformen abgegeben werden können. 226 Für diesen Einzelfall ist deshalb eine Auslegung notwendig, um eine Zuordnung zu erreichen. 227 1. Allgemeine Kriterien für die Auslegung Bevor eine Auslegung vorgenommen werden kann, sind die dafür relevanten Kriterien und Maßstäbe festzuhalten. Für den Verwaltungsakt wird in diesem Rahmen oftmals zwischen formellem und materiellem Verwaltungsaktbegriff unterschieden. 228 Der Gewinn dieser Differenzierung erscheint aber begrenzt. Während der materielle Verwaltungsaktsbegriff an die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG anknüpfen soll, ist eine Definition des formellen Verwaltungsaktbegriffs schwerlich auffindbar. Wie sollte auch ein formeller Verwaltungsaktbegriff gebildet werden können, wenn § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG bestimmt, dass ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden kann? Die in der Literatur näher spezifizierten formellen Verwaltungsaktbegriffe stellen dementsprechend auch auf andere Aspekte ab. So soll der formelle Verwaltungsaktbegriff kennzeichnen, dass eine Erklärung aufgrund ihrer Form von ihrem Adressaten als Verwaltungsakt verstanden werden muss. 229 Mit einer so verstandenen Definition wird deutlich, dass es sich bei dem formellen Verwaltungsaktbegriff genau genommen um nichts anderes als das Ergebnis eines Auslegungsvorgangs handelt. Bei diesem ist neben den eigentlichen Merkmalen des Verwaltungsakts auch dessen Erscheinungsbild zu bewerten. Anstatt zu versuchen, zwischen materiellem und formellem Verwaltungsaktbegriff zu unterscheiden, sollte stattdessen vielmehr auf die Unterscheidung zwischen objektiv notwendigen Voraussetzungen bzw. einer objektiv allumfassenden ex post Betrachtung und einer verständigen Würdigung aus Empfängersicht eingegangen werden, also der Unterscheidung zwischen rechtlichem Können und Auslegung.

226 Bachof, JZ 1966, 58 (60 f.). Zu praktischen Beispielsfällen vgl. BVerwGE 48, 279 (281); 41, 305 (306); NVwZ 1984, 36 (37); BayVBl. 1999, 411 (412); LSG Erfurt, Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris). 227 BVerwGE 67, 305 (307 f.); BVerwG NVwZ-RR 2000, 135 (135); LSG Erfurt, Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 39; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 12; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 9, Rn. 25. 228 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 46, Rn. 27 ff.; Schenke, NVwZ 1990, 1009; ders., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 231 ff.; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 14; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 16 ff. 229 So P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 14; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 46, Rn. 27.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Eine solche zu Missverständnissen führende Vorgehensweise hatte sich auch schon bei der Bedeutung eines fehlenden Erklärungsbewusstseins für die zivilrechtliche Willenserklärung gezeigt. 230 Bei Vorliegen eines auf einem natürlichen Willen beruhenden, dem Erklärenden zurechenbaren Verhalten, was von einem objektiven Dritten als eine unmittelbar auf Erzielung einer Rechtsfolge des Zivilrechts geäußerte Erklärung verstanden wird, kann das Vorliegen einer Willenserklärung nur durch eine Auslegung bejaht werden, aber nicht weil die Voraussetzungen des rechtlichen Könnens erfüllt sind. 231 Denn in letzterer Hinsicht ist eine Willenserklärung eine willentliche Äußerung, die auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Dieses Problem muss immer dann verstärkt auftauchen, wenn der entscheidende Unterschied im rechtlichen Können zweier Handlungsformen lediglich subjektiver Natur ist. Dies ist auch im Verhältnis Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt der Fall. Das gegenüber der Verwaltungserklärung bestehende „Mehr“ im rechtlichen Können des Verwaltungsakts zeigt sich an seinem Merkmal der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung, 232 also entscheidend vor allem danach, worauf die Äußerung gerichtet ist. Für Dritte ist das Vorliegen dieses Merkmals nicht ohne weiteres erkennbar, weshalb sich ihnen und dem Rechtsverkehr keine andere Möglichkeit als eine Auslegung bietet. Nur weil aber ein bestimmtes Merkmal für einen anderen als den Erklärenden nicht problemlos erkennbar ist, führt dies noch nicht dazu, dass die Voraussetzungen des rechtlichen Könnens daran angepasst werden müssten. Das rechtliche Können ist bereits Anknüpfungspunkt für die Auslegung. 233 Entscheidend ist dann, ob sich die fragliche Erklärungshandlung bei objektiver Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Empfängers als eine Verwaltungserklärung darstellt. In Abgrenzung zum Verwaltungsakt konkretisiert sich die Auslegung darauf, ob die fragliche Erklärungshandlung als eine auf die Setzung einer verbindlichen Rechtsfolge und auf fehlerunabhängige Rechtsbeständigkeit abzielende Äußerung zu verstehen ist. 234 Die Abgabe der Erklärungshandlung 230

Siehe oben 4. Kap. 2. Abschn. A.IV. Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 13. Vgl. auch BGHZ 91, 324 (326 ff.); 109, 171 (177); BGH NJW 2002, 363 (365); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 116, Rn. 17; Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 5; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 61 ff. Vgl. zu dieser „Erklärungsfahrlässigkeit“ Hepting, in: Rechtswissenschaftliche Fakultät Uni Köln (Hrsg.), FS Uni Köln, S. 209 (218 ff.); Brehmer, Wille und Erklärung, S. 141 ff.; Schermaier, in: Historisch-kritischer Kommentar BGB, §§ 116 – 124, Rn. 11. 232 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1); 6. Kap. 3 Abschn. B.III. 233 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18. Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 234 BVerwGE 44, 1 (2); 72, 265 (267); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 14; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 20. Vgl. zu der für die Bildung dieser Differenzierung maßgebliche Abgrenzung im Rahmen des rechtlichen Könnens oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1). 231

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

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bildet den maßgeblichen Zeitpunkt hierfür, wobei neben derzeit bekannten und erkennbaren Umständen auch nachträglich bekannt und erkennbar gewordene Umstände berücksichtigt werden können. 235 Die allgemeine Grenze der Auslegung ist in dem ausdrücklich erklärten und erkennbaren Behördenwillen zu sehen. 236 Das bedeutet freilich nicht, dass die Einbindung einer Erklärung in einen besonderen, nach außen erkennbaren Rahmen das Vorliegen bestimmter inhaltlicher Kriterien bedingt. 237 Die Auslegung (bzw. der formelle Verwaltungsaktbegriff) kann nicht über die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG verfügen. Sie soll eben nur anhand begleitender Umstände versuchen, eine Aussage zu treffen, ob die Merkmale des rechtlichen Könnens aus der Sicht eines objektiven Empfängers bei verständiger Würdigung vorliegen oder nicht. Diese Umstände, die für sich gesehen nicht zwingend sein müssen, können zum Beispiel in der Bezeichnung der Erklärungshandlung liegen. Die Verwendung von Begriffen wie „Bescheid“, „Verfügung“ oder „Anordnung“ deutet auf die hinter einem Verwaltungsakt stehenden Merkmale hin. 238 Im Gegensatz dazu kann gerade im Bereich der Leistungseinforderung die Verwendung zivilrechtlicher Begriffe ein Hinweis einerseits nicht nur auf eine zivilrechtliche Ausgestaltung eines Rechtsverhältnisses, sondern andererseits auch auf Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlicher Wirkung sein. 239 Weitere vom Standpunkt eines Empfängers zu bemerkende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verwaltungsakts sind das Beifügen eine Rechtsmittelbelehrung 240 oder eine besondere Begründung 241. Hierbei ist jedoch wieder zu beachten, dass Umstände, wie das 235 BVerwGE 57, 158 (161); BVerwG DVBl. 1990, 371 (375); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 18. Für den Verwaltungsakt P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43. 236 VGH München BayVBl. 1987, 693 (694); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43. Für diese Grenze der Auslegung bei Gesetzen vgl. BVerfGE 4, 74 (83); 47, 109 (121); 73, 206 (235); 85, 69 (73); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Einführung, Rn. 40 m.w. N. 237 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 44, „Eine abstrakt-generelle Regelung wird etwa nicht zu einer Einzelfallregelung, weil sie als Allgemeinverordnung bezeichnet und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen bekannt gegeben wird [...].“ 238 BVerwGE 57, 26 (30); 100, 206 (207); Urteil v. 15. 12. 1993, Az: 10 A 1/91 (zitiert nach Juris); BayVBl. 1999, 411 (412); OVG Koblenz NJW 1990, 1194 (1195); VGH München BayVBl. 1975, 590 (591); BayVBl. 1987, 693 (694); BayVBl. 1995, 308 (308). 239 Vgl. BVerwGE 41, 305 (307); BVerwG BayVBl. 1999, 411 (412). 240 BVerwGE 29, 310 (313); 44, 1 (2); 48, 279 (282); 78, 3 (4); BVerwG Urteil v. 15. 12. 1993, Az: 10 A 1/91 (zitiert nach Juris); BayVBl. 1999, 411 (412); VGH Kassel NVwZ-RR 2000, 557 (557); Kluth, NVwZ 1990, 608 (611). 241 LSG Erfurt Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); BVerwG BayVBl. 1999, 411 (412). Vgl. auch P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 44a.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung oder Begründung, einen Verwaltungsakt zwar eventuell rechtswidrig machen, nicht aber dessen Vorliegen ausschließen müssen. In inhaltlicher Hinsicht können sich Indizien für eine gewollte hoheitliche Maßnahme zur Regelung daraus ergeben, dass auf eine entsprechende öffentlichrechtliche Rechtsgrundlage verwiesen wird 242 oder die Verwaltungsvollstreckung angedroht wird 243. Im Gegensatz dazu kann zwar die Vorgehensweise, ein Begehren in eine höfliche Form zu kleiden, ein Hinweis für eine Verwaltungserklärung sein, muss aber auch einem Verwaltungsakt nicht entgegenstehen. 244 Schließlich können auch die Existenz eines im späteren Verlauf von der Behörde durchgeführten Widerspruchsverfahrens oder Einlassungen in einem gegebenenfalls erlassenen Widerspruchsbescheid berücksichtigungsfähig sein. 2. Besondere Zweifelsregelungen Trotz solcher Anhaltspunkte wird sich in vielen Fällen aufgrund der möglichen tatsächlichen Ähnlichkeit beider Handlungsformen keine eindeutige Auslegung ergeben. Für solche Fälle bestehen Zweifelsregelungen, die dem Rechtsanwender Hilfe leisten können. a) Gesetzeskonforme Auslegung Bei Bestehen mehrerer möglicher Auslegungsvarianten kann darauf abgestellt werden, rechtswidrige Möglichkeiten auszuschließen. 245 Dieses Gebot gesetzeskonformer Auslegung führt zu einer Fokussierung der Auslegung auf rechtlich zulässige Ergebnisse. Rechtswidrige Auslegungsmöglichkeiten sind nicht anzunehmen. Für das Verhältnis von Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt bedeutet

242

Vgl. BVerwGE 41, 305 (306). Vgl. BVerwGE 29, 310 (313). 244 BVerwGE 29, 310 (313); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 44a. 245 Vgl. VGH München BayVBl. 1980, 501 (502); OVG Münster DVBl. 1984, 1081 (1082); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 36, Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 19; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 48; Kluth, NVwZ 1990, 608 (610); a. A. Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 140, die, nicht ohne ein überzeugendes Moment darauf hinweist, dass das Gebot gesetzeskonformer Auslegung im Zweifel den Bürger eine Anforderung auferlegt, die nicht einmal die handelnde Behörde erfüllen konnte. Außerdem würde dieses Vorgehen die Unbegründetheit möglicher Klagen schon vorwegnehmen. Ihr Einwand der Unhaltbarkeit der Vorstellung, dass das Unerlaubte nicht wirklich geschehen sei, weil es nicht erlaubt ist, mag bei simpler Betrachtung ebenfalls zutreffen. Einen Schritt vorher anzusetzen ist jedoch ohne weiteres möglich. Der Verwaltungswille will nichts, was nicht auch rechtmäßig ist, vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 243

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

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dies, dass im Zweifel keine rechtswidrigen Erscheinungsformen der betreffenden Handlungsformen anzunehmen sind. b) Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung Des Weiteren können Zweifelssituationen durch eine sachgerechte Risikoverteilung geklärt werden. 246 Die Möglichkeit der Verwaltung, sich eines regelnden, vollstreckbaren und bestandskräftig werdenden Bescheids zu bedienen, ist eine weitreichende Handlungsform. 247 Wenn sich die Verwaltung dieses regelnden Handelns bedienen will, ist auch zu verlangen, dass der Regelungscharakter dem Betroffenen unmissverständlich deutlich gemacht wird. 248 Deshalb kann in Zweifelsfällen darauf abgestellt werden, dass Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen, so dass im Zweifel das Vorteilhaftere für den Bürger anzunehmen ist. 249 Im Hinblick auf die Annahme des Vorteilhafteren für den Bürger kann zwischen zwei verschiedenen Situationen unterscheiden werden. (1) Belastende Situationen Bei belastenden Situationen würde die Annahme eines Verwaltungsakts dazu führen, dass der Empfänger Widerspruch und gegebenenfalls Anfechtungsklage erheben müsste, um den Eintritt der Bestandskraft und eine mögliche Verwaltungsvollstreckung zu verhindern. 250 Dabei führt die Anfechtungsklage als klassischer 246 BVerwGE 41, 305 (306); BVerwG NVwZ 1984, 36 (37); BayVBl. 1999, 411 (412); Kluth, NVwZ 1990, 608 (611) m.w. N. 247 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 39 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13, Rn. 1 ff. 248 BVerwGE 48, 279 (281); LSG Erfurt Urteil v. 22. 6. 2000, Az: L 2 RA 721/99 (zitiert nach Juris); Kluth, NVwZ 1990, 608 (611). 249 BVerwGE 41, 305 (306); 48, 279 (281 f.); 60, 223 (229); BVerwG NVwZ 1984, 36 (37); NJW 1989, 53 (54); BayVBl. 1999, 411 (412); VGH Kassel DVBl. 1974, 877 (879); VGH München LKV 1998, 67 (67); OVG Münster NVwZ-RR 1999, 786 (786); OLG Düsseldorf NJW 2001, 686 (688); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 198; Kluth, NVwZ 1990, 608 (611); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 48; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 19. A. A. auch hier Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 143 f., die bemängelt, dass der Bürger in ein Dilemma gerät, weil die Behörde die fraglicher Erklärung unter Umständen anders auslegt, als er es getan hat. Dies ist aber eine für jede Auslegung bestehende Gefahr, die nicht nur den Empfänger, sondern auch den Erklärenden trifft. Bei einer Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten kann es eben passieren, dass dabei etwas anderes herauskommt, als der Erklärende gewollt hat und etwas anderes als der Empfänger tatsächlich verstanden hat. Die sich für Rüping, Verwaltungswille und Verwaltungsakt, S. 144, daraus ergebende Schlussfolgerung, in Zweifelsfällen sei der Verwaltungsakt [scil. die Erklärung] rechtswidrig, kann nicht überzeugen. Der Vorgang der Auslegung hat für sich gesehen nichts mit der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme zu tun, vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 250 Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 45 ff.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Fall der Gestaltungsklage dazu, dass das Gericht unmittelbar den betreffenden Verwaltungsakt aufhebt und der Bürger nicht auf eine Vollstreckung des Urteils angewiesen ist. 251 Würde es sich hingegen lediglich um eine Verwaltungserklärung handeln, so würde nicht die Gefahr einer Bestandskraft und selbständigen Vollstreckbarkeit bestehen. 252 Dafür bräuchte es weiterer Schritte des Erklärenden. 253 Der Bürger müsste nicht die im Rahmen des Verwaltungsakts beschriebenen Mittel ergreifen. Zwar hätte der Bürger im Falle eines Verwaltungsakts ein größeres Rechtsschutzinstrumentarium zur Verfügung, doch steht dies in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den weitreichenderen Rechtswirkungen des Verwaltungsakts. Die für die Verwaltungserklärung geringeren Rechtsschutzmöglichkeiten sind handlungsformentypisch, da eine solche Erklärung weniger intensive Rechtswirkungen aufweist. Aus diesem Grund konnte sie auch kein milderes Mittel mit gleicher Wirksamkeit im Vergleich zum Verwaltungsakt darstellen. 254 Aufgrund ihrer geringeren Rechtswirkungen ist sie ein weniger geeignetes Mittel und damit für den Bürger vorteilhafter. In belastenden Situationen ist bei einem nicht eindeutigen Auslegungsergebnis einer Erklärung im Zweifel eine Verwaltungserklärung anstatt eines Verwaltungsakts anzunehmen. (2) Begünstigende Situationen Anders muss sich die Lage aber bei begünstigenden Situationen darstellen. Soll die Rechtslage des Bürgers positiv beeinflusst werden, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bürger sich ebenso kategorisch dagegen wehrt, wie gegen belastende Maßnahmen. Ganz im Gegenteil liegt es in seinem Interesse, wenn die fragliche Rechtserklärung bestandskräftig wird und er sich auf ihre Gültigkeit verlassen kann. In solchen Situationen ist also die Annahme eines Verwaltungsakts vorteilhafter für den Adressaten. Besitzt die auszulegende Erklärung einen für den Bürger begünstigenden Inhalt, so stellt sie sich im Zweifel als Verwaltungsakt dar. (3) Kollision der Zweifelsregelungen Im Verhältnis von unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen und Verwaltungsakten können beide Zweifelsregelungen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Sollten für sich gesehen noch die konkreten Erscheinungen beider Handlungsformen rechtmäßig sein, so führt die Handlungsformenhierarchie dazu, dass im Verhältnis von Verwaltungsakt und unmittelbar rechtswirkender Verwal251 252 253 254

Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 13, Rn. 9, 14. Vgl. oben 6. Kap. 3. Abschn. B. I. Dazu unten 7. Kap. 3. Abschn. B. Siehe oben 6. Kap. 5. Abschn. B. I.2.a.(1).

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

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tungserklärung allein der Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Das Gebot der gesetzeskonformen Auslegung legt also in solchen Fällen die Annahme eines Verwaltungsakts nahe. Im Gegensatz dazu kann in belastenden Situationen das Prinzip, dass Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen, dazu führen, dass eine Verwaltungserklärung anzunehmen ist. Im Ergebnis kann sich der Bürger in entsprechenden Situationen aber nicht darauf berufen, dass die für ihn günstigere aber gleichzeitig rechtswidrige Auslegungsmöglichkeit gilt. Der Bürger hat keinen Anspruch darauf, Adressat einer rechtswidrigen Erklärung zu sein. Bei einer Kollision hat die Zweifelsregelung der gesetzeskonformen Auslegung Vorrang vor der Annahme, dass Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen. III. Auslegung des Inhalts einer Verwaltungserklärung Die Auslegung hat sich gegebenenfalls am Inhalt einer Verwaltungserklärung fortzusetzen. Dabei ist ebenso aus der Sicht eines verständigen Empfängers nach dem Inhalt der betreffenden Erklärung zu fragen. Berücksichtigungsfähig hierfür können auch vorhergehende Korrespondenz mit der Behörde oder deren Verwaltungsvorschriften sein. 255 Bei Zweifelsfragen kann, wie bei der Bestimmung der konkret vorliegenden Handlungsform, darauf zurückgegriffen werden, dass sich die Verwaltung im Zweifel rechtmäßig verhält oder Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen. Fraglich ist aber, ob in Fällen, in denen eine Erklärungshandlung (im Besonderen eine Verwaltungserklärung) keinen direkten und unmittelbaren Adressaten aufweist, eine Auslegung auch aus Sicht eines objektiven Empfängers betrieben werden muss. Für das Zivilrecht ist bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen zwar auch der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen, doch braucht sich hierbei mangels eines Empfängers nicht an dessen verständiger Sicht orientiert zu werden. 256 Es können vielmehr alle Umstände herangezogen werden, die einen Schluss auf den wirklichen Willen des Erklärenden zulassen. Davon sind im Zivilrecht Erklärungen an die Allgemeinheit zu unterscheiden. Die Auslegung solcher Erklärungen, die zwar keinen bestimmten Empfänger haben, jedoch für eine Vielzahl von Personen Bedeutung erlangen können, soll sich nach der Verständnismöglichkeit des betroffenen Personenkreises richten. Zu berücksichtigen für eine Auslegung aus dem objektiven Empfängerhorizont sind deshalb all die Umstände, die für jeden Angehörigen dieser Personengruppe zumindest erkennbar waren. 257 Von der Auslegung aus der Sicht eines objektiven Empfängers werden im Zivilrecht also bei entsprechenden Voraussetzungen Ausnahmen gemacht.

255 256 257

P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 47. Larenz / Wolff, BGB AT, § 28, Rn. 94 m.w. N. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 12 m.w. N.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Eine vergleichbare Situation ergibt sich im öffentlichen Recht für adressatenlose Verwaltungsakte 258 (z. B. eine Widmung). Für die Auslegung dieser Erklärungen soll im Gegensatz zu manchen Erklärungshandlungen im Zivilrecht aber nicht auf die interne Willensbildung zurückgegriffen werden, sondern ebenfalls der nach außen erklärte Behördenwille maßgeblich sein, so wie er bei objektivem Verständnis durch die von der Erklärung faktisch Betroffenen zu verstehen ist. 259 Für die Auslegung einer „nicht empfangsbedürftigen“ 260 Verwaltungserklärung (z. B. einer Auslobungserklärung), stellt sich also die Frage, ob auf die Sicht eines verständigen Empfängerhorizonts, ähnlich wie im Zivilrecht, zu verzichten ist. Während es der Bürger im Zivilrecht oftmals aber selbst entscheiden kann, inwieweit er in Kontakt mit anderen Rechtssubjekten tritt und dementsprechend sich dem Wirkkreis nicht empfangsbedürftiger Erklärungshandlungen aussetzt, sind diese Entscheidungsmöglichkeiten des Bürgers im Verwaltungsrecht häufig stark eingeschränkt. 261 Oftmals kann er sich solch ungewisser Erklärungen nicht entziehen. Diese mangelnde Entzugsfähigkeit von staatlicher Einflussnahme wird grundsätzlich durch das rechtsstaatliche Element der Rechtssicherheit in Form der Beständigkeit staatlicher Handlungen aufgefangen. 262 Bei einem alleinigen Abstellen auf die nicht erkennbaren inneren Willensmomente in der Verwaltung könnte aber nur schwerlich einem schutzwürdigen Vertrauen des Bürgers Genüge getan werden. 263 Darüber hinaus erscheint bei der Auslegung von Verwaltungserklärungen und allgemein öffentlich-rechtlichen Erklärungshandlungen auch aus anderen Gründen ein größerer Schutz des Bürgers angezeigt. Hinreichend dargelegt werden konnte, dass ebenso wie im Zivilrecht auch im öffentlichen Recht jedes Aktivwerden der Verwaltung auch immer eines Willenentschlusses eines Menschen bedarf. Ein Tätigwerden der öffentlichen Verwaltung ohne menschlichen Beitrag ist nicht denkbar. 264 Ein grundlegender Unterschied ist jedoch, dass die Beteiligten im Verwaltungsrecht nicht als individuelle Privatpersonen tätig werden, sondern 258 Hinzuweisen ist auf einen Unterschied zwischen adressatenlosen und nicht empfangsbedürftigen Erklärungshandlungen. Während erstere tatsächlich keine natürliche oder juristische Person als Adressaten aufweisen, kann dies bei nicht empfangsbedürftigen Erklärungshandlungen durchaus der Fall sein. Diese bedürfen aber lediglich zu ihrer Wirksamkeit nicht des Empfangs durch Dritte, sondern sind wirksam mit Abgabe, vgl. Larenz / Wolff, BGB AT, § 28, Rn. 94. 259 VGH München BayVBl. 1998, 596 (596 f.); OVG Münster NJW 1976, 820 (821); NVwZ-RR 2000, 462 (463); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 43. 260 Hierzu noch unten 7. Kap. 2. Abschn. A. I. 261 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4.b.(2). 262 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, S. 23 ff. 263 Vgl. zu diesem subjektiven Vertrauensschutz Maurer, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III, § 79, Rn. 4.

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im Rahmen ihrer Aufgaben innerhalb der Verwaltungsorganisation. Während im Zivilrecht gängigerweise der Erklärende das Erklärte auch selbst will, muss dies bei der öffentlichen Verwaltung nicht der Fall sein. Möglich ist auch, dass der Erklärende willentlich mit der Entscheidung nichts zu tun hat und nur organisatorisch dazu berufen ist, die Erklärung abzugeben. 265 Durch die Einbindung einer Vielzahl von Menschen in die Arbeitsabläufe der öffentlichen Verwaltung kann der Empfänger niemals genau sagen, wessen willentliches Aktivwerden sich bei der Abgabe einer Erklärung – quasi als Katalysator – ausgewirkt hat. Die bestehenden, teil komplexen organisatorischen Innenregelungen werden gewöhnlich nicht nach außen in Kenntnis gebracht. Der Empfänger einer Verwaltungserklärung weiß deshalb grundsätzlich nicht, welcher Amtswalter einen Willensbeitrag zu der Handlung geleistet hat. Das bedeutet, dass im öffentlichen Recht sowohl der Inhalt des inneren Willens nicht erkennbar sein muss, als auch die Person, die diesen gegebenenfalls gebildet hat. Während im zivilrechtlichen Rechtsverkehr grundsätzlich nur das Objekt der Willensbildung für Dritte nicht eindeutig feststellbar ist, ist öffentlich-rechtlich i. d. R. Objekt und Subjekt nicht erkennbar. Soll die Verwaltungserklärung rechtliche Folgen auch für Dritte herbeiführen, dann kann dies schwerlich an den für Dritten nicht erkennbaren Willensinhalten festgemacht werden. Wenn der Rechtsverkehr schon mit einer gesteigerten Unwissenheit belastet ist, muss er – ebenso wie im Zivilrecht – sich auf den aus objektiver Sicht erklärten Inhalt der Willenserklärung, unabhängig von den tatsächlichen Willensinhalten, berufen können. Verwaltungserklärungen sind deshalb stets aus der Sicht eines objektiven Dritten auszulegen.

C. Höherrangiges Recht Ein so durch Auslegung gefundener Bestand einer Verwaltungserklärung ist für das rechtliche Dürfen an höherrangigem Recht zu messen. Bei der Aufstellung der für den Gesetzesvorrang relevanten Kriterien können an dieser Stelle jedoch lediglich abstrakte Kategorien berücksichtigt werden. Die Erörterung einzelner Erscheinungsformen oder gar konkreter Erklärungen ist nicht möglich. 264 Vgl. oben 2, Kap. 2. Abschn. B.II.3. Selbst bei automatisierter Verwaltungstätigkeit ist dies anzunehmen, denn jedes Tätigwerden einer automatischen Einrichtung oder EDVAnlage bedarf, zumindest solange es noch keine selbständige künstliche Intelligenz gibt, eines menschlichen Initierungsakts, wie z. B. der Programmierung. Vgl. zu automatisierter Verwaltung Bull, Verwaltung durch Maschinen; Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung; Lazaratos, Rechtliche Auswirkungen der Verwaltungsautomation auf das VwVf. 265 Vgl. oben die Aussage von Isensee, 2. Kap., Fn. 30. „Das ‚Innenleben‘ der juristischen Personen ist kein psychischer Prozess, sondern ein sozialer: die Koordination äußeren Verhaltens von Menschen, ein rechtlich geleitetes Spiel mit verteilten Rollen.“ Vgl. auch oben die Einteilung in die inneren Elemente bezogen auf die Abgabe der Erklärung und die Willensbildung 4. Kap. 2. Abschn. B.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Teilweise wird die Prüfung der folgenden Aspekte nicht eigenständig betrieben, sondern in den Rahmen einer Ermessensprüfung verlegt und dort als Ermessensüberschreitung problematisiert. 266 Hier soll zum Zweck der Übersichtlichkeit das höherrangige Recht in einem selbständigen Umfeld dargestellt werden. Für den materiellen Inhalt ergeben sich dadurch keine Unterschiede. I. Grundrechte Die durch Grundrechte gewährten subjektiven Rechte genießen durch ihren Verfassungsrang eine überragende Stellung. 267 Dabei erscheint es am ehesten denkbar, dass Grundrechte in ihrer Funktion als liberal-freiheitsrechtliche Abwehrrechte für belastende Verwaltungserklärungen relevant werden. Hieraus ergibt sich vor allem für die einen Eingriff darstellenden unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen eine Vielzahl von Berührungspunkten. 268 In Bezug auf verwaltungserklärungsspezifische Belastungen ist zum Beispiel an das Recht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG zu denken, die in einem engen Zusammenhang mit von der Verwaltung erklärten Aufrechnungen oder Zurückbehaltungsrechten stehen können. Das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht kann in dem Bereich der Informations- und Auskunftserteilung betroffen sein. Darüber hinaus ist je nach Einzelfall eine Betroffenheit des gesamten Grundrechtsspektrums denkbar. Insbesondere ist auf den generellen Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG hinzuweisen. In seltensten Fällen kann sich ein Verstoß gegen Grundrechte auch in den Bürger begünstigenden Situationen ergeben. 269 Dies kommt für die Stundung einer Forderung oder gar ihren Verzicht in Betracht. II. Normen des einfachen Rechts Neben den Grundrechten sind die Normen des einfachen Rechts zu beachten. Hierunter sind nicht nur formelle Parlamentsgesetze zu zählen, sondern auch materielle Verordnungen oder Satzungen sowohl des Bundes- als auch des Landesrechts. 270 Allgemein gewinnen dabei für die Rechtmäßigkeit von Verwaltungserklärungen zwei Gruppen von Normen Bedeutung.

266

BVerwGE 42, 133 (134); Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 40, Rn. 33 ff.; anders Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 23. 267 Vgl. Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 56. 268 Vgl. allgemein Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 85 ff.; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 40, Rn. 38 f. 269 Zu dem Charakter der Grundrechte als Leistungsrechte vgl. Murswiek, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR V, § 112; Breuer, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerwG, S. 89.

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Dies sind zum einen die Normen, die Verwaltungserklärungen ihre Fähigkeiten zuweisen. Unabhängig von der Frage, ob die mit ihnen in Verbindung stehende Verwaltungserklärung einer Rechtsgrundlage bedarf und ob der betreffende Rechtssatz diese Funktion ausfüllen kann, beinhalten diese Normen auch Schranken für Verwaltungserklärungen. So enthält der Verweis in § 36 Abs. 2 S. 1 BauGB, nachdem für die Erteilung des baurechtlichen gemeindlichen Einvernehmens die Gründe der §§ 31, 33, 34, 35 BauGB maßgeblich sind, gleichzeitig das Verbot, sich bei der Versagung der Erklärung auf andere Gründe zu stützen. Auch das Beispiel der öffentlich-rechtlichen Aufrechnung enthält solche Begrenzungen. Analog § 393 BGB darf gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht aufgerechnet werden und analog § 394 S. 1 BGB darf gegen eine unpfändbare Forderung nicht aufgerechnet werden. Verstößt eine Verwaltungserklärung gegen eine solche Norm, ist sie rechtswidrig und damit unwirksam. In einem solchen Fall wird der Verwaltungserklärung durch den betreffenden Normenkomplex nicht die Fähigkeit zugewiesen, die in Frage stehenden Rechtswirkungen zu erzeugen. Die Verwaltungserklärung darf rechtlich nicht abgegeben werden. Zum anderen kommen als Normen des einfachen Rechts insbesondere die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts in Frage. Dabei wird noch im Einzelfall zu klären sein, inwieweit sich Verwaltungserklärungen beispielsweise an das Anhörungsgebot nach § 28 VwVfG oder gar in entsprechender Weise an Normen des dritten Teils des Verwaltungsverfahrensgesetzes über den Verwaltungsakt zu halten haben. 271 III. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Die bisher aufgezeigten Grenzen des Verwaltens durch Verwaltungserklärungen erscheinen verstärkt in konkreten Fällen aufzutreten, als denn eine breit angelegte und generelle Einschränkung darzustellen. Deshalb gewinnt der für die einzelne Verwaltungserklärung zu beachtende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz umso mehr an Bedeutung. 272 In seinen Anwendungsbereich fallen zumindest die einen Eingriff darstellenden unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärun270 BVerfGE 78, 214 (227); 80, 257 (265); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VI, Rn. 51; Jarass in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 38; a. A. Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 37; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 263. 271 Dazu unten 7. Kap. 1. Abschn. B.IV. 272 Dazu allgemein von Krauss, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; ders., DVBl. 1985, 97; Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 145 ff.; ders., in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 762 ff.; Hofman, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 73 ff.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 308 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 169 ff.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

gen im Außenbereich. 273 Auch wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Verfassungsrechtsprechung vor allem im Zusammenhang mit legislativen Grundrechtseingriffen angewendet wird, 274 so bindet er aufgrund seiner grundlegenden Qualität 275 auch alle anderen Staatsorgane und muss insbesondere in nur unzureichend gesetzlich geregelten Bereichen wie dem Recht der Verwaltungserklärung als Leitlinie staatlichen Handelns Anwendung finden. 276 Auch wenn die ersten Ansätze eines Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bis in die Gerechtigkeitsvorstellungen der Antike zurückzuverfolgen sind, 277 so konnte sich eine weitgehend gesicherte Bestandaufnahme seiner einzelnen Elemente erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts herausbilden. 278 Eine staatliche Maßnahme muss hiernach zur Erreichung eines bestimmten (legitimen) Ziels geeignet, erforderlich und schließlich in Abwägung mit den durch die Maßnahme betroffenen Rechtsgütern oder Interessen angemessen bzw. verhältnismäßig i. e. S. sein. 279 1. Geeignetheit Die Geeignetheit einer Maßnahme kann für sich alleine nicht bestimmt werden. Sie benötigt zwangsläufig die Umschreibung eines angestrebten Erfolgs. Hierbei hat es sich, so wird teilweise gefordert, um einen legitimen Zweck zu handeln. 280 Der Zweck einer staatlichen Maßnahme bestimmt sich durch den dahinter stehenden Willen. Für das Handeln der Verwaltung geschieht dies durch die Setzung und 273 Vgl. Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 316; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 81. Für eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Maßnahmen, die keinen Eingriff in Rechte des Bürgers darstellen, Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 30, Rn. 6, 8. Zu der umstrittenen Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Innenbereich ausdrücklich BVerfGE 81, 310 (338); vgl. ansonsten BVerfGE 83, 363 (381 ff.); DVBl. 1989, 300 (304); Kenntner, DÖV 1998, 701 (708 ff.); Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1303). 274 Vgl. Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 148, unter Hinweis auf Schneider, in: Starck (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerfG Bd. 2, S. 390 (397); Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 786, Fn. 144. 275 Zu der Herkunft und Begründung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Sachs, in: Stern, Staatsrecht III/2, S. 762 ff. 276 Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 316; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 148; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 81. 277 Vgl. Wieacker, in: Lutter / Stimpel / Wiedemann (Hrsg.), FS Fischer, S. 867 (867). 278 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 775. 279 BVerfGE 30, 292 (316 f.), 33, 171 (187); 63, 88 (115); 67, 157 (173 ff.); 70, 278 (286); 78, 38, (50); 80, 1 (24); 96, 10 (23 ff.); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII, Rn. 73 ff.; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 149 ff.; Hofman, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 73 f.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 83 ff.; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 776. 280 Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 172.

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Abstimmung von Verwaltungszielen. 281 In dessen Rahmen haben sich verschiedene Elemente hervorgetan, so der Verwaltungswille, der Amtswalterwille und der Behördenwille. 282 Fraglich ist nun, welcher dieser Willen für die Bestimmung des Zwecks einer Maßnahme entscheidend ist. Der Verwaltungswille beschreibt die Summe der in einer bestimmten Situation objektiv vertretbaren Entscheidungen. Der Amtswalterwille trifft innerhalb dieser Summe eine Konkretisierung auf eine letztendlich zu verfolgende Entscheidung. Diese konkrete Entscheidung wird durch den Behördenwillen wiederum nach außen getragen. Die Legitimität des Verwaltungswillens wird sichergestellt durch den originär staatlich-gesellschaftlichen, zielexternen Abstimmungsfaktor der Rechtmäßigkeit. 283 Gleichzeitig bildet der Verwaltungswille nicht nur eine bestimmte Entscheidung ab, sondern den Bereich in einer konkreten Situation möglicher Entscheidungen. Damit fällt es schwer, nur einen bestimmten Zweck festzustellen. Der Verwaltungswille ist gerade noch nicht auf eine bestimmte Entscheidung konkretisiert. Die Legitimität des Zwecks bestimmt sich nicht nach dem Verwaltungswillen. Dessen notwendige Konkretisierung wird zwar durch den Amtswalterwillen herbeigeführt, doch handelt es sich hierbei um einen rein verwaltungsinternen Prozess. Im Verhältnis zu dem von der Entscheidung Betroffenen bildet der Behördenwille die konkretisierende Zielabstimmung durch den Amtswalter ab, die letztlich hinter der Zielverfolgung steht. Entscheidend für das Herausarbeiten eines bestimmten Zwecks und dessen Legitimität ist also der konkrete Behördenwille. 284 Ist der Behördenwille auf einen illegitimen Zweck gerichtet, so ist die Maßnahme ungeeignet. 285 Zur Erreichung eines legitimen Zwecks ist eine Maßnahme geeignet, wenn mit ihrer „Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann“ bzw. die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der angestrebte Erfolg eintritt. 286 Hieran anknüpfend könnte sich für die Handlungsform der Verwaltungserklärung ihre verhältnismäßig geringe rechtliche Intensität und Durchnormierung auswirken. In diesem Sinne ist zu fragen, ob sich der gewünschte Erfolg mit einer Verwaltungserklärung überhaupt erreichen lässt. Sollte dabei das Verhältnis zum Verwaltungsakt relevant werden, ist jedoch dessen Vorrang gegenüber der Verwaltungserklärung zu beachten. Für die Geeignetheit der Handlungsform Verwaltungserklärung spricht, dass das verwendete 281

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.c. Zu diesen ausführlich oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3. 283 Ausführlich dazu oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(b). 284 Siehe oben 6. Kap. 6. Abschn. A. 285 Vgl. Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 777 m.w. N. 286 BVerfGE 96, 10 (23); 30, 292 (316); 33, 171 (187); 67, 157 (173); Hofman, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 73; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 283; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 314. 282

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Mittel nicht zwingend das optimalste, bestmögliche oder geeignetste sein muss. 287 Die im Vergleich zu anderen Handlungsformen geringe rechtliche Intensität der Verwaltungserklärung führt damit nicht zu einer grundsätzlichen Ungeeignetheit. Aufgrund der hieran zu stellenden geringen Anforderungen wird auch im konkreten Fall eine Verwaltungserklärung grundsätzlich den angestrebten Erfolg bzw. die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts fördern und damit geeignet sein. 2. Erforderlichkeit Der Einsatz eines bestimmten Mittels ist dann erforderlich, wenn es kein milderes, weniger belastendes Mittel mit gleicher Wirksamkeit gibt. 288 Die Verwaltungserklärung, sei es mit mittelbarer oder unmittelbarer Rechtswirkung, ist von ihrer Grundkonzeption ein vergleichsweise mildes Mittel. 289 Weniger belastend wäre gegebenenfalls informelles Verwaltungshandeln, doch kann dies nicht die gleiche Wirkung aufweisen. 290 Aufgrund dieser bei jeder Typisierung aus rechtsstaatlichen Gründen gebotenen individuellen Koppelung von Rechtswirkungen und Bewirkungsvoraussetzungen kann eine Handlungsform gegenüber einer anderen nur schwerlich ein milderes Mittel darstellen. 291 Durch die verschiedenen Rechtswirkungen konnte sich auch die Verwaltungserklärung gegenüber dem Verwaltungsakt als kein prinzipiell milderes Mittel erweisen. 292 Bezogen auf mögliche Einzelfälle erscheinen die Wirkungen der Verwaltungserklärung aber als nicht derart schwerwiegend, dass sich allzu häufig vergleichbare Alternativen anbieten sollten. 3. Verhältnismäßigkeit i. e. S. bzw. Angemessenheit Schließlich ist im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Verhältnismäßigkeit i. e. S. bzw. die Angemessenheit zu prüfen. Es handelt sich dabei um eine Abwägung zwischen denen durch die Maßnahme belasteten Rechtspositionen und den geförderten Gemeinwohlbelangen. 293 Eine generelle Besonderheit ergibt sich hierdurch für Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtli287 Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII, Rn. 74; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 60; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III/2, S. 776 f.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 84. 288 Siehe oben 6. Kap., Fn. 187. 289 Vgl. oben 6. Kap. 2. Abschn. 290 Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.VI.3. 291 Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B. 292 Siehe oben 6. Kap. 5. Abschn. B. I.2.a.(1). 293 BVerfGE 76, 1 (51); 83, 1 (19); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII, Rn. 76; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 86; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 289 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 180 ff.; Kunig, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Vorb. Art. 1 –

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cher Wirkung. Ihren zivilrechtlichen Erscheinungsformen ist zwar der öffentlichrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unbekannt, stattdessen kann ihre Ausübung aber nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB eingeschränkt werden. Die dort entwickelten Fallgruppen können auch im Rahmen der Prüfung einer Verhältnismäßigkeit i. e. S. zur Geltung kommen. 294 Das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB greift dann ein, wenn beispielsweise der Rechtsausübende die eigene Rechtsstellung unredlich erworben hat, 295 ihm ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt, 296 wenn nur eine geringfügige Interessenverletzung vorliegt 297 oder sich der Erklärende widersprüchlich verhält (venire contra factum proprium) 298. Im Besonderen ergibt sich ein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts 299 wenn der Leistungsverpflichtete für seinen Gegenanspruch ausreichende Sicherheiten besitzt 300 oder wenn der Schuldner wegen einer unverhältnismäßig geringen Forderung die gesamte Leistung zurückbehält 301. Auch für die Aufrechnung ergeben sich besondere Ausgestaltungen einer unzulässigen Rechtsausübung. 302 Beispielsweise ist die Aufrechnung gegen eine Schadensersatzforderung wegen unberechtigter Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern unzulässig. 303 IV. Sonstige Ausformungen des Rechtsstaatsprinzips Daneben zieht der Gesetzesvorrang der Abgabe von Verwaltungserklärungen weitere, aus dem Rechtsstaatsprinzip entstammende Grenzen. 304 Dabei handelt es sich um das einen sachlichen Grund für eine Unterscheidung verlangende Will19, Rn. 55; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 146. Vgl. auch den Abstimmungsvorgang bei Verwaltungszielen 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d. 294 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 273, Rn. 18. Zu den einzelnen Fallgruppen ders., in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 42 ff.; Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242, Rn. 176 ff. 295 BGHZ 57, 108 (111); BGH NJW 1971, 1126 (1126). 296 BGHZ 10, 69 (75); 29, 113 (117); 110, 30 (33). Hierunter erfasst ist auch das Fehlen eines schutzwürdigen Interesses, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren ist (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est). 297 BGHZ 21, 122 (136). 298 RGZ 144, 89 (92); BGHZ 32, 273 (279); 94, 334 (354); BGH NJW 1992, 834 (834). 299 Allgemein dazu Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 273, Rn. 18. 300 BGHZ 7, 123 (127). 301 RGZ 61, 128 (133). 302 Allgemein dazu Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 387, Rn. 15; Schlüter, in: Münchener Kommentar, BGB, § 387, Rn. 61 f. 303 OLG Düsseldorf WM 1996, 1856. 304 Vgl. die umfangreiche Zusammenstellung bei Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 30, Rn. 7 ff.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

kürverbot, 305 den Grundsatz des Vertrauensschutzes, 306 das die sachlichen den objektiv minderwertigen Gründen höher gewichtende (planungsrechtliche) Abwägungsgebot, 307 das Bestimmtheitsgebot 308, Selbstbindungen der Verwaltung 309 oder das Verbot der sachwidrigen Koppelung. 310 V. Handlungsformenhierarchie Schließlich führt auch ein Verstoß gegen die Handlungsformenhierarchie die Rechtswidrigkeit einer Verwaltungserklärung herbei. Ist in einer konkreten Situation gleichzeitig der Erlass eines Verwaltungsakts in rechtlich zulässiger Weise möglich, wird dadurch die Abgabe einer unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärung ausgeschlossen. In einer solchen Konstellation sind Verwaltungserklärungen rechtswidrig.

D. Rechtliche Grenzen des Ausfüllens des Konkretisierungsspielraums Neben dem zu beachtenden höherrangigen Recht könnte darüber hinaus auch die Ausfüllung des öffentlich-rechtlichen Konkretisierungsspielraums anhand bestimmter Regeln zu geschehen haben. Bei der durch den Willen eines Amtswalters betriebenen Konkretisierung des aus der Summe der vertretbaren Entscheidungen gebildeten Verwaltungswillens handelt es sich um einen verwaltungsinternen Prozess. Für das im Rahmen der Zielverfolgung entscheidende Produkt dieses Prozesses ist grundsätzlich der Behördenwille maßgeblich. In dessen Rahmen sind prinzipiell nur solche Fehler beachtlich, die die Rechtswidrigkeit herbeiführen. 311 Zu erörtern ist nun, ob – und gegebenenfalls inwieweit – dem oben aufgezeigten System der Verwaltungszielkonkretisierung rechtliche Grenzen auferlegt werden, die sich auch auf die konkrete Bildung des erklärten Behördenwillens auswirken. Fraglich ist also, wie der durch die Konkretisierung von Verwaltungszielen gebildete und mit der Verwaltungserklärung erklärte Behördenwille beschaffen sein muss, um den Rechtmäßigkeitsanforderungen zu genügen, also inwieweit eine Vorwirkung der Rechtmäßigkeitsanforderungen an die eingangs dieses Ab305

BVerfGE 69, 161 (168); 83, 1 (23); 91, 118 (123 f.); 96, 189 (203). BVerfGE 49, 168 (184); BVerwG NJW 1980, 2763 (2764). 307 BVerwGE 34, 301 (305); 45, 309 (314). Vgl. auch BVerwGE 48, 56 (63 ff.); 75, 214 (232); von Mutius, Jura 1987, 92 (101). 308 Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 829; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 132 ff. 309 Ossenbühl, DVBl. 1981, 857. 310 BVerwGE 42, 331 (338 f.); BVerwG DÖV 1993, 622 (624). 311 Vgl. zu dem Auseinanderfallen von Wille und Erklärung sogleich unten 6. Kap. 7. Abschn. 306

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schnitts aufgezeigte, eigentlich nur verwaltungsinterne Phase der Zielsetzung und Zielabstimmung stattfindet. Ausgangspunkt der Überlegungen ist damit der Grundzustand eines offenen Systems der Verwaltungszielkonkretisierung, 312 in den rechtliche Anforderungen verschiedensten Umfangs über den Abstimmungsfaktor der Rechtmäßigkeit einfallen. I. Gebundene Verwaltungserklärungen Bei gebundenen Verwaltungserklärungen 313 zeigt sich ein Extrempunkt der möglichen Beeinflussung der Verwaltungszielkonkretisierung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind soweit vorherbestimmt, dass rechtlich gesehen nur eine Entscheidung vertretbar ist. Das bedeutet, dass auch der in dieser Situation vorhandene Verwaltungswille sich entgegen seiner sonstigen Beschaffenheit auf nur eine Entscheidung reduziert. 314 Der Inhalt des Verwaltungswillens und das rechtlich Zulässige sind identisch. Der Abstimmungsfaktor der Rechtmäßigkeit kann keine größere Bedeutung erhalten. Damit muss auch die durch den Amtswalter vorzunehmende Konkretisierung, also die Bildung des Behördenwillens, auf diese eine Entscheidung abzielen. Einen weitergehenden Konkretisierungsspielraum, sei es für das „Ob“ als auch das „Wie“ einer Maßnahme, gibt es nicht. Ein Beispiel dafür ist das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 oder § 14 Abs. 2 BauGB. Sind die genau vorherbestimmten Tatbestandsvoraussetzungen gegeben, so ist das Einvernehmen zu erklären. Verwaltungserklärungen, die mit dieser gesetzlichen Wertung nicht übereinstimmen, müssen als rechtswidrig qualifiziert werden. Der enthaltene Behördenwille muss auf die Herbeiführung dieser einen Entscheidung gerichtet sein. II. Nicht gebundene Verwaltungserklärungen Für die Gruppe der nicht gebundenen Verwaltungserklärungen sind die zu erfüllenden rechtlichen Vorgaben weniger streng. Dabei kann unterschieden werden, je nachdem ob die Verwaltungserklärung lediglich dem Gesetzesvorrang unterfällt oder sich auch nach den strengeren Anforderungen des Gesetzesvorbehalts richten muss. 1. Bereich des Gesetzesvorrangs Das im Vergleich zu den gebundenen Verwaltungserklärungen gegenläufige Extrem findet sich für die nicht gebundenen Verwaltungserklärungen im Bereich des 312 313 314

Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2. Zu dieser Einteilung oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.1. Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Gesetzesvorrangs. Es handelt sich hierbei um die sog. gesetzesfreie Verwaltung. 315 Bei dieser besteht ein Bereich der Verwaltungstätigkeit, in dem der Gesetzesvorbehalt nicht ausgelöst wird und auch keine gesetzlichen Vorschriften bestehen, die es zu beachten gilt. In Verbindung mit der Ablehnung eines Totalvorbehalts ergeben sich daraus Sachbereiche, in denen die Verwaltung ihre Verwaltungstätigkeit frei gestalten kann. Die Verwaltung befindet sich in einem eigenständigen Bereich. 316 Der Vorgang der Verwaltungszielkonkretisierung ist hierbei weitgehend unbelastet. Im Hinblick auf die Ausübung eines Konkretisierungsspielraums sind insofern keine Besonderheiten zu beachten. Dabei läuft jedoch der Abstimmungsfaktor Rechtmäßigkeit nicht vollständig leer. 317 Auch gesetzesfreie Verwaltung hat sich – und insofern ist diese Bezeichnung irreführend – immer noch an höherrangiges Recht zu halten. 318 Entscheidend für Verwaltungserklärungen dieser Art ist damit lediglich die Einhaltung der obigen, allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen. Die Bildung des Behördenwillens muss nur diesen allgemeinen und generellen Anforderungen gerecht werden. 2. Bereich des Gesetzesvorbehalts Eine Mittelstellung zwischen den Extremen der gebundenen und gesetzesfreien Verwaltung nehmen die nicht gebundenen Verwaltungserklärungen ein, die den Gesetzesvorbehalt zu beachten haben. Hierbei kann unterschieden werden zwischen Verwaltungserklärungen mit originär und derivativ öffentlich-rechtlicher Wirkung. a) Verwaltungserklärungen mit originär öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen Verwaltungserklärungen mit originär öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen beruhen auf einem ausdrücklichen Rechtssatz des öffentlichen Rechts. Aufgrund der Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage handelt es sich jedoch nicht um den Bereich gesetzesfreier Verwaltung. Ebenso kann für diese Art von Verwaltungserklärungen aufgrund der jeweiligen Formulierung ihrer korrespondierenden Rechtssätze eine gebundene Verwaltung ausgeschlossen werden In Betracht kommt in diesen Fällen also eine durch Ermessen gelenkte Verwaltung. Nach § 40 VwVfG ist für eine Ermessensausübung entscheidend, dass 315 Dazu Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 767 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 25; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 31; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 30, Rn. 5 ff. 316 Dazu oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c. 317 Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 767 m.w. N. 318 Allgemein Kniesch, NJW 1961, 2190.

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die Behörde zu ihr ermächtigt ist. Eine direkte Anwendung des § 40 VwVfG muss indes ausscheiden. Sein Standort im Dritten Teil des Verwaltungsverfahrensgesetzes, der Regeln über den Verwaltungsakt beinhaltet, macht dies deutlich. Gleichwohl wurde im Gesetzgebungsprozess die ursprüngliche Fassung, nach der die Behörde ermächtigt war, nach ihrem Ermessen „zu entscheiden“, gegen die Formulierung „zu handeln“ ausgetauscht, um damit auszudrücken, dass auch bei anderen Handlungsformen und in anderen Sachbereichen Ermessen auftreten kann. 319 Demzufolge ist zumindest die Grundaussage des § 40 VwVfG entsprechend auch für Verwaltungserklärungen nutzbar. 320 In denen für Verwaltungserklärungen relevanten Normen fehlt es aber oftmals an einer ausdrücklichen Festschreibung des Ermessens, so dass stattdessen eine Auslegung der Norm vorgenommen werden muss. 321 Über den Wortlaut kann sich die Einräumung eines Ermessens durch Wörter wie „kann“, „darf“, „berechtigt“ oder „befugt“ oder auch die Nichteinräumung durch Formulierungen wie „ist zu“ oder „muss“ ergeben. 322 Ansonsten kann sich durch Umkehrschlüsse entsprechender Formulierungen oder letztendlich der Systematik einer Norm und ihres Sinn und Zwecks eine Einräumung des Ermessens ergeben. 323 Beispiele hierfür sind das Amtshilfeersuchen, das in § 5 VwVfG davon spricht, dass eine Behörde um Amtshilfe ersuchen „kann“. Ebenso heißt es in den polizeirechtlichen Normen über die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts relativ übereinstimmend, dass die Herausgabe der Sache von der Zahlung geschuldeter Beträge abhängig gemacht werden „kann“. 324 Ermessen kommt damit als eine wesentliche Erscheinungsform nicht gebundener Verwaltung daher, denn ausgehend von der Verwaltungsaufgabe des Gesetzesvollzugs liegt damit eine Befreiung von gesetzlichen Bindungen vor. Gleichzeitig handelt es sich bei der Ermessensverwaltung aber auch nicht um gesetzesfreie Verwaltung, denn ausgehend von einem eigenverantwortlichen Bereich der Verwaltung liegt eine Einschränkung vor. Trotz einer fehlenden vollumfänglichen Bindung, wie sie für gebundene Verwaltungserklärungen vorliegt, ist auch Ermessensausübung in diesem technisch319

BT-Drs. 7/4494, S. 8. Vgl. Rode, § 40 VwVfG und die deutsche Ermessenslehre, S. 121 ff.; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 40, Rn. 7 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 3 f.; Hill, NVwZ 1985, 449 (450). 321 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 21; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 9; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 41. 322 Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 12; Wolff / Bachof / Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 31, Rn. 35 ff. 323 BVerwGE 15, 251 (254); 23, 25 (29); 44, 339 (342); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 41. 324 OVG Münster DVBl. 1983, 1074 (1075). Vgl. im Einzelnen oben 1. Kap. 3. Abschn. A.II.6. 320

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

rechtlichen Sinne immer nur unter der Beachtung bestimmter Voraussetzungen möglich. 325 Dabei ist nach der überwiegenden Ansicht zwischen drei möglichen Fehlerarten zu unterscheiden. 326 Bei dem Fehler des Ermessensnichtgebrauchs übt die Behörde das ihr zustehende Ermessen – aus welchen Gründen auch immer – nicht aus, sondern verfolgt von vornherein eine für sie feststehende Entscheidung. 327 Die das Ermessen ausübende Verwaltung muss ihr Ermessen zur Vermeidung eines Ermessensnichtgebrauchs also auch tatsächlich ausgeübt haben. § 40 VwVfG deutet dies mit den Worten „hat sie ihr Ermessen [...] auszuüben“ an. Bei der Bildung des Behördenwillens muss die Verwaltung erkannt haben, dass sie die Möglichkeit mehrerer objektiv vertretbarer Entscheidungen hat und der Amtswalter muss in diesem Bewusstsein seine Konkretisierung vorgenommen haben. § 40 VwVfG fordert weiter, dass die Behörde bei einer Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Dies ist nicht der Fall, wenn eine Entscheidung getroffen wird, die nicht mehr im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung liegt. 328 Sofern ein Verstoß gegen Grundrechte oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht eigenständig geprüft wird, sind diese Elemente der Ermessensüberschreitung zuzuordnen. 329 Für die Bildung des Behördenwillens bedeutet dies, dass über den Abstimmungsfaktor der Rechtmäßigkeit die Grenze der zur Ermessensbetätigung ermächtigenden Norm direkten Einfluss bekommt. Schließlich darf eine Ermessensentscheidung nicht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsnorm widersprechen und muss sich von ihren Zielvorstellungen leiten lassen. Ansonsten liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. 330 Die Bildung des Behördenwillens muss den Zweck der Ermessensermächtigung beachten.

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Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 214. Vgl. statt vieler Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 31, Rn. 45 ff.; Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 15 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 19 ff.; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 40, Rn. 43 ff.; Alexy, JZ 1986, 701. Rechtsvergleichend Bleckmann, Ermessensfehlerlehre. 327 Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 40, Rn. 23; Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 16; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 60. 328 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 31, Rn. 46; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 20; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 75. 329 Vgl. oben 6. Kap. 6. Abschn. C. 330 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 40, Rn. 47; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40, Rn. 60; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 22. 326

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b) Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen Fraglich ist, wie sich diese Situation bei Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen darstellt, also bei Verwaltungserklärungen, die auf privatrechtlichen Rechtssätzen beruhen. Die Figur der im Ermessen stehenden öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit ist dem Zivilrecht unbekannt. (1) Vorliegen von Ermessen Bedingt durch die analoge Anwendung der zivilrechtlichen Rechtssätze im öffentlichen Recht und ihre dadurch entstehende Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht ist zumindest das Fundament gelegt, um auch diese Verwaltungserklärungen einer Ermessensbetätigung im oben beschriebenen Sinne zugänglich zu machen. Gleichwohl fehlt es, betrachtet man beispielsweise die in dieser Untersuchung typischerweise herangezogenen Regelungen der §§ 273, 389 BGB, an einer ausdrücklichen oder zumindest aus dem Wortlaut herauslesbaren Einräumung eines Ermessensspielraums. Neben dem zu betrachtenden systematischen Zusammenhang kann eine öffentlich-rechtliche Norm jedoch auch dadurch Ermessen einräumen, dass sie von einer bestimmten Verpflichtung entbindet und gleichzeitig das betreffende Handeln nicht verbietet. 331 Das Fehlen ermessensbezogener Formulierungen oder Systemaussagen in zivilrechtlichen Rechtssätzen resultiert aus den vom öffentlichen Recht abweichenden zivilrechtlichen Grundstrukturen. Es ist tragendes Prinzip des Zivilrechts, dass das Privatrechtssubjekt privatautonom die ihn betreffenden Rechtsverhältnisse regeln kann. 332 Es genießt dabei Freiheiten, die noch über die Maßstäbe des öffentlichrechtlichen Ermessens hinausgehen. Die privatrechtlichen Rechtssätze erwähnen deshalb die Einräumung eines Entscheidungsspielraums nicht näher, denn sein Vorhandensein ergibt sich schon zwangsläufig aus der Privatautonomie. Als Folge dessen gestalten diese Rechtssätze nur rechtstechnisch Handlungsmöglichkeiten eines Rechtssubjekts aus, ohne auch gleichzeitig eine Aussage über die hinter diesen Handlungen stehenden Motiven zu treffen. 333 Die Begründung eines Ermessensspielraums für Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlicher Wirkung müsste sich also unabhängig des konkreten Zuweisungsrechtssatzes ergeben. Grundvoraussetzung dafür ist ein Mindesttat331 BVerwGE 84, 375 (386); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 22. 332 Umfangreich zu diesem Unterschied oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.4.b. 333 Vgl. Rode, § 40 VwVfG und die deutsche Ermessenslehre, S. 130 f. Vgl. auch oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

bestand, dessen Erfüllung der Ermessensausübung vorgeht. 334 Dieses Erfordernis weisen die in Betracht kommenden zivilrechtlichen Rechtssätze auf. Der hier betroffene Bereich des Gesetzesvorbehalts verlangt weiter, dass die Verwaltung eine positive Ermächtigung zur Abgabe von Verwaltungserklärungen besitzt. Obwohl diese Anforderung erfüllt ist, 335 finden sich in ihr dennoch keine Vorgaben über die Art und Weise, wie sich die Rechtsfolge ergibt. Sollte es sich bei diesen Fällen um Formen gebundener Entscheidungen handeln, so würde eine Anwendung mangels inhaltlich bestimmter Vorgaben im Hinblick auf die zu vollziehende Rechtsfolge scheitern. Bei der Anwendung des Verwaltungsermessens an Stelle der schon technisch nicht möglichen, gebundenen Verwaltung wäre sichergestellt, dass einzelfallgerechte und sachnahe Lösungen für konkrete Problemlagen getroffen werden. 336 Dieses Bedürfnis stellt sich auch bei der Nutzung von Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Wirkungen. Die Annahme eines Ermessensspielraums stellt deshalb eine sachgerechte Lösung für die Zwischenstellung dar, die von den fraglichen Verwaltungserklärungen eingenommen wird, indem sie einerseits aufgrund der Beschaffenheit der ihnen ihre Fähigkeiten zuweisenden Rechtssätze nicht die Strenge gebundener Verwaltungserklärungen aufweisen und andererseits aufgrund des Gesetzesvorbehalts auch keine derartigen Freiheiten aufweisen, wie Verwaltungserklärungen im Bereich der gesetzesfreien Verwaltung. Die Bildung des Behördenwillens bei Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen richtet sich deshalb zumindest nach einem dem Ermessen vergleichbaren Muster. 337 (2) Modifikationen für Ermessensspielraum und -fehler Gleichwohl ergeben sich aus den soeben dargelegten Besonderheiten des Rückgriffs auf Vorschriften des Zivilrechts einige Modifikationen für die rechtliche Behandlung dieses Ermessensspielraums. Am deutlichsten tritt dies bei dem Ermessensfehlgebrauch zu Tage. Die Anforderung, dass die Bildung des Behördenwillens dem Zweck der Ermessensermächtigung entsprechen muss, kann dann nicht bewertet werden, wenn die zugrunde liegenden Ermächtigungen keinen besonderen Zweck verfolgen. Die Vorschriften des Zivilrechts sind in dieser Hinsicht motivationsneutral. Maßgeblich müssen damit die übergeordneten Verwaltungsziele sein. Dies bedeutet, dass eine zweck334 Ossenbühl, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 11; a. A. Rode, § 40 VwVfG und die deutsche Ermessenslehre, S. 131. 335 Vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. 336 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40, Rn. 13 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 13 ff.; von Mutius, Jura 1987, 92 (93). 337 So auch Rode, § 40 VwVfG und die deutsche Ermessenslehre, S. 111 ff.; vgl. auch Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 40, Rn. 7 ff.

6. Abschn.: Gesetzesvorrang und Rechtmäßigkeitsmaßstab

435

widrige Ermessensausübung sich an den Verwaltungszielen orientiert. Inwieweit aber Abweichungen von dem die Verwaltungsziele bildenden Verwaltungswillen Relevanz entwickeln können, wird noch zu erörtern sein. 338 Festzuhalten ist aber, dass die Anforderung, die Verwaltungsziele umzusetzen und sich dementsprechend an ihnen zu orientieren, für jede Verwaltungserklärung, also auch für Verwaltungserklärungen im Bereich des Gesetzesvorrangs gilt. Mangels eines besonderen Zwecks der zivilrechtlichen Vorschrift besteht im Bereich des Ermessensfehlgebrauchs eine praktische Annäherung an die Behandlung von Verwaltungserklärungen im Rahmen der sog. gesetzesfreien Verwaltung. Auch der Fehler der Ermessensüberschreitung läuft weitestgehend leer. Die dafür wichtigen Grenzen leiten sich aus der zum Ermessen ermächtigenden Norm ab. Diese Grenzen des die Fähigkeit zuweisenden Rechtssatzes gilt es als Vorrang des Gesetzes aber generell für jede Verwaltungserklärung zu beachten. 339 Insofern besteht erneut eine Vergleichbarkeit mit Verwaltungserklärungen im Bereich des Gesetzesvorrangs. Eine gewisse eigenständige Bedeutung kann schließlich der Ermessensausfall gewinnen. Fehlt es in der Verwaltung am Bewusstsein, einen eigenen Entscheidungsspielraum zu haben, kann dem Sinn und Zweck des Verwaltungsermessens, also der Einzelfallgerechtigkeit, keine Bedeutung verschafft werden. Ein Ermessensausfall ist also in herkömmlicher Weise zu beachten. Im Ergebnis ist aber festzustellen, dass Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen, obwohl sie den Regeln der Ermessensausübung unterliegen, aufgrund der Besonderheiten ihrer zivilrechtlichen Rechtssätze in weiten Teilen mit den weniger strengen Anforderungen der Verwaltungserklärungen im Rahmen der gesetzesfreien Verwaltung übereinstimmen. Die Normen des Zivilrechts beinhalten somit für den Verwender einer Verwaltungserklärung im Vergleich zu öffentlich-rechtlichen Rechtssätzen weniger Anforderungen, die für die Ermessensausübung zu beachten sind. Erhebliche Verluste in Bezug auf die Dichte der Rechtmäßigkeit sind hierdurch jedoch nicht zu erwarten. Einerseits (im Hinblick auf eine Ermessensüberschreitung) lassen sich die entsprechenden zivilrechtlichen Normen durch ihre Anknüpfung an bestimmte Ansprüche schon von Natur aus nicht mit einer beliebigen Reichweite nutzen, was auch im Tatbestand zur Geltung kommt. Andererseits ist (im Hinblick auf den Ermessensfehlgebrauch) die Berücksichtigung der hinter einer Verwaltungserklärung stehenden Motive und deren Abgleichung mit öffentlich-rechtlichen Notwendigkeiten ausreichend durch andere Mechanismen berücksichtigt, wie z. B. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit einem legitimen Ziel, das Abwägungsgebot, das Willkürverbot oder das Verbot der sachwidrigen Koppelung.

338 339

Dazu sogleich unten 6. Kap. 7. Abschn. Vgl. oben 6. Kap. 6. Abschn. C.II.

436

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

III. Zusammenfassung Im Hinblick auf die Ausübung des Konkretisierungsspielraums lassen sich bei Verwaltungserklärungen drei Abstufungen feststellen. Zum einen gibt es aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorschriften gebundene Verwaltungserklärungen. Zum anderen existieren nicht gebundene Verwaltungserklärungen im Bereich des Gesetzesvorrangs, die Ausdruck einer gesetzesfreien Verwaltung sind. Schließlich gibt es nicht gebundene Verwaltungserklärungen im Bereich des Gesetzesvorbehalts, deren Verwendung den Ermessensregeln unterliegt. Innerhalb dieser letzten Gruppe nähert sich die Behandlung solcher Erklärungen, die derivativ öffentlich-rechtliche Rechtswirkungen aufweisen, jedoch praktisch den gesetzesfreien Verwaltungserklärungen an.

7. Abschnitt

Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente Schließlich bleibt zu klären, welche Fehler es im Rahmen der Willensmomente geben kann und ob bzw. wie sie sich auswirken können. Für die zivilrechtliche Willenserklärung können diese in vielfältiger Art vorliegen, wobei je nach Einzelfall eine Anfechtung der Willenserklärung dadurch zulässig wird oder nicht. 340 Im Rahmen des Verwaltungsakts verhindert schon dessen Bestandskraft allzu große Erwägungen über Fehler im Rahmen der Willensmomente und vor allem ihre mögliche Relevanz. 341 Eine solche Bestandskraft genießt die Verwaltungserklärung nicht. Fehler im Rahmen der Willensbildung könnten also grundsätzlich auch für den Bestand der Verwaltungserklärung relevant werden. Gleichwohl soll an diesem Punkt der Untersuchung erst einmal nur geprüft werden, welche Typen von Fehlern auftauchen können und ob diese Relevanz gewinnen können. Wie relevante Fehlerarten konkret zu behandeln sind, soll davon getrennt erörtert werden. 342 Entscheidend für einen Fehler muss ein unbewusstes Abweichen von Wille und Erklärung sein. 343 Zur Feststellung eines solchen Abweichens ist der ausgelegte Erklärungsinhalt mit den tatsächlich hinter der Erklärung stehenden Motiven zu vergleichen. Sollte sich der ausgelegte Erklärungsinhalt als rechtswidrig herausstellen, so ist die Verwaltungserklärung schon nichtig und unwirksam. Einzig 340 341 342 343

Vgl. die Zusammenstellung bei Larenz / Wolff, BGB AT, § 36. Vgl. aber Höhe, DÖV 1962, 281. Siehe unten 7. Kap. 2. Abschn. B. Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 119, Rn. 7.

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

437

entscheidend kann an dieser Stelle also der Bereich fehlerbehafteter aber gleichzeitig noch rechtmäßiger Verwaltungserklärungen sein. Die Darstellung der möglichen Fehler soll sich dabei im Folgenden an den verschiedenen Willenselementen der Verwaltungserklärung orientieren, die schon herausgearbeitet werden konnten. 344 Als maßgeblicher Ausgangspunkt einer jeden Fehlerlehre der Verwaltungserklärung muss darüber hinaus der Verwaltungswille als Grund der Rechtswirkungen in Erinnerung gerufen werden. 345 An dieser Stelle soll dabei lediglich abgegrenzt werden, welche Fehler im Rahmen der Willensmomente überhaupt relevant sind. Einem späteren Zeitpunkt der Untersuchung bleibt es vorbehalten zu klären, wie auf diese relevanten Fehler zu reagieren ist.

A. Fehler bei der Willensbildung (Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase) Eine grobe Einteilung lässt eine Grenzziehung zwischen Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase auf der einen Seite und der Zielverfolgungsphase auf der anderen Seite zu. Die an dieser Stelle zu begutachtende Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase hat den eigentlichen Prozess der Willensbildung zum Inhalt, während die sich daran anschließende Zielverfolgungsphase die willentliche Umsetzung der gefundenen Entschlüsse dokumentiert. Innerhalb der Zielsetzungsund Zielabstimmungsphase besteht ein Abstimmungsbewusstsein, ein konkretisierender Amtswalterwille und der Verwaltungswille. Bei der Diskussion der damit in Zusammenhang stehenden möglichen Fehler ist vorauszusetzen, dass innerhalb der Zielverfolgungsphase keine weiteren Fehler entstehen. I. Fehlendes Abstimmungsbewusstsein Der erste denkbare Fehler kann in diesem Bereich in einem fehlenden Abstimmungsbewusstsein liegen. Nach außen erscheint ein Verhalten eines Amtswalters als Abgabe einer Verwaltungserklärung, tatsächlich hat es jedoch schon an der elementarsten Voraussetzung zum Verwaltungshandeln gefehlt. Es liegt eine Situation vor, in der es schon tatsächlich nicht möglich ist, zumindest ein bestimmtes Verwaltungsziel zu erreichen und dementsprechend das Bewusstsein fehlt, eine Auseinandersetzung mit Verwaltungszielen vorzunehmen. Es gibt schon durch die Grundsituation keinen Bedarf für die Verwaltung in irgendeiner Hinsicht aktiv zu werden. Ein solcher Befund wäre zwar bei optimalem Verlauf auch durch den einzelnen Amtswalter zu beachten, der daraufhin nicht tätig wird, doch geschieht dies nicht 344 345

Vgl. oben 4. Kap. 2. Abschn. B. Vgl. oben 4. Kap. 4. Abschn.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

automatisch. Ein nach außen gerichtetes Tätigwerden eines Amtswalters beruht immer auf einer eigenständigen und unabhängigen Willensentscheidung. Auch in dem hier dargestellten Fall kann es also passieren, dass zwar objektiv nicht einmal ein Anlass zum Tätigwerden der Verwaltung besteht, trotzdem aber ein Amtswalter eine Handlung vornimmt. Gleichwohl muss dieser Fehlertyp theoretischer Natur bleiben. Angesichts der Vielfalt von Verwaltungszielen ist es schlechterdings nicht vorstellbar, dass es Situationen des gesellschaftlichen Lebens gibt, die keiner Zielabstimmung bedürfen. 346 Das Problem eines fehlenden Abstimmungsbewusstseins ist also aus tatsächlichen Gründen irrelevant. II. Fehlender Verwaltungswille Aufgrund des praktisch nicht fehlenden Abstimmungsbewusstseins kann auch der Verwaltungswille nicht fehlen. Überall dort wo die Notwendigkeit einer Abstimmung zwischen verschiedenen Verwaltungszielen besteht, bildet der überindividuell-subjektive Verwaltungswille auch eine Summe von in der konkreten Situation vertretbaren Entscheidungen heraus. Fehler im Bereich der Willensbildung müssen sich also auf den Amtswalterwillen reduzieren, der als einziges Element allein einer menschlichen Entscheidung zugänglich ist. III. Konkretisierungswille außerhalb Verwaltungswille Fraglich ist also die Behandlung von Fällen, in denen der konkretisierende Amtswalterwille ein Ergebnis findet, dass sich außerhalb des Verwaltungswillens befindet. Da hier anzunehmen ist, dass keine weiteren Fehler bei der Abgabe der Erklärung stattfinden, befindet sich dementsprechend aufgrund einer konsequenten Umsetzung auch der in der Verwaltungserklärung enthaltene Behördenwillen außerhalb des Verwaltungswillens. Der Verwaltungswille besteht aus der Menge derjenigen vertretbaren Entscheidungen, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele möglich sind. 347 Praktisch zu ermitteln ist dieser Verwaltungswille durch die Frage, ob die betreffende Handlung von einer verständigen Behörde in dieser Situation vorgenommen wäre. Auch an dieser Fragestellung wird deutlich, dass der Verwaltungswille sich je nach – vor allem – rechtlicher Ausgestaltung, auf verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten beziehen kann. 348 Gerade im durchgehend unnormierten Recht der Verwaltungserklärung sind der Verwaltung 346 347 348

Siehe oben 4. Kap. 2. Abschn. B.II. Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3. Vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.3.

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

439

oftmals mehrere Möglichkeiten des Handelns offen gelassen. Die Entscheidung, welche konkret nach außen getätigt werden soll, kann nur ein Mensch treffen und obliegt dementsprechend dem einzelnen Amtswalter. Dessen Willensentscheidungsmöglichkeiten bestehen jedoch unabhängig des Verwaltungswillensinhalt, auch wenn er diesen zu beachten hat. Es kann also vorkommen, dass der Amtswalter aufgrund unterschiedlichster Umstände eine Konkretisierung vornimmt, die vom Verwaltungswillen nicht abgedeckt wird, trotzdem aber umgesetzt und verfolgt wird. In einem solchen Fall besteht eine rechtmäßige 349 Verwaltungserklärung, also eine willentliche Äußerung auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet, die aber von einer verständigen Behörde in dieser Situation nicht abgegebenen worden wäre. Das bedeutet auch, dass der (konkrete) Grund der Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung, der Verwaltungswille, nicht mit der Erklärung übereinstimmt. Zu klären ist aber, ob dieses Abweichen vom Verwaltungswillen schon zur Unwirksamkeit führen soll. Hierfür spricht sicherlich, dass der Verwaltungswille den Grund der Rechtswirkungen darstellt und als solcher nicht beachtet ist, also eigentlich die Rechtswirkungen auch nicht herbeiführen kann. Dagegen spricht aber, dass in den vorliegenden Fällen eine Auslegung zu dem Ergebnis kommen würde, dass ein objektiver Dritter von dem Vorliegen einer Verwaltungserklärung ausgehen dürfte. Zu bewerten ist, ob dem Rechtsverkehr ein solches Vertrauen abgesprochen werden darf, weil die Verwaltungserklärung einen Inhalt hat, der nicht mit dem Verwaltungswillen übereinstimmt. Schon aufgrund der fehlenden Einsichtsmöglichkeiten des Einzelnen in die Verwaltung ist dies zu verneinen. Sollte der Prozess der Auslegung das Vorliegen einer Verwaltungserklärung bestätigen, darf der Adressat grundsätzlich darauf vertrauen. Der Verwaltungswille beinhaltet dementsprechend, dass die von ihm getragene Rechtshandlung auch dann wirksam sein soll, wenn sie zwar mit seinen eigentlichen Intentionen nicht übereinstimmt, der Empfänger aber in schutzwürdiger Weise auf sie vertrauen durfte. 350 Dies lässt sich auch daran erkennen, dass sowohl im Rahmen der Auslegung als auch – sollten im Rahmen der Zielverfolgung keine weiteren Fehler hinzukommen – im Rahmen des rechtlichen Könnens der Tatbestand der Verwaltungserklärung gegeben ist. 351 Im Rahmen der Auslegung ist der Tatbestand der Verwaltungserklärung gegeben und sollten keine weiteren Fehler in der Zielverfolgungsphase hinzukommen, ist auch im Rahmen des rechtlichen Könnens der Tatbestand vollendet. Bei der hierdurch hervorgerufenen Wirksamkeit kann es sich allerdings nur um eine vorläufige Wirksamkeit handeln, denn die Verwaltung muss in einem solchen 349 Das muss Grundvoraussetzung sein, um Fehler im Rahmen der Willensbildung überhaupt relevant werden zu lassen. 350 Oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.7.b. 351 Vgl. oben 4. Kap. 2. Abschn. A.IV.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

Fall die Möglichkeit erhalten, dem Wirkungsgrund Geltung zu verschaffen. 352 Führt der konkretisierende Amtswalterwille zu einem Ergebnis, das außerhalb des Verwaltungswillens liegt, handelt es sich um einen relevanten Fehler. Dementsprechend ist auch der teilweise vorgetragenen Schlussfolgerung entgegenzutreten, die Bedeutung des hinter der Verwaltungserklärung stehenden Willens sei im Rahmen des Rechtmäßigen zu relativieren. 353 Als Konsequenz dieser Ansicht wären Amtswalterwillenabweichungen unbeachtlich, sofern sie immer noch rechtmäßige Ergebnisse produzieren würden. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Rechtsordnung der alleinige Grund der Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung wäre. 354 Da aber der dogmatische Kern der Verwaltungserklärung sowohl in der Rechtsordnung als auch im Verwaltungswillen zu sehen ist, ist die Bedeutung des Willens nicht im Rahmen des Rechtmäßigen, sondern im Rahmen des Verwaltungswillens zu relativieren. Von dieser Fallgruppe können sodann auch Fehler erfasst werden, die im Recht der zivilrechtlichen Willenserklärung als sog. bloße Motivirrtümer unbeachtlich wären. Motivirrtümer haben ihren Ursprung in den Motiven, die ein Rechtssubjekt des Privatrechts dazu bewegen, ein bestimmtes Rechtsgeschäft vorzunehmen. 355 Insofern besteht eine Ähnlichkeit zu den hinter dem Verwaltungshandeln stehenden „Motiven“, den Verwaltungszielen und dem daraus resultierenden Verwaltungswillen. Das aber im Gegensatz zum Zivilrecht im Verwaltungsrecht solche „Motivirrtümer“ grundsätzlich eine größere Relevanz besitzen, lässt sich durch strukturelle Gründe der beiden Teilrechtsordnungen erklären. Die privatautonomen Motive des Privatrechtssubjekts können sich auch ohne rationell erkennbare Gründe ständig ändern. Sie würden dementsprechend bei einer Beachtlichkeit im Rechtsverkehr eine erhebliche Unsicherheitsquelle darstellen und müssen stattdessen als eigenes Risiko getragen werden. Im Gegensatz dazu genießt die Verwaltung keine Privatautonomie, sondern hat sich an die auch durch Gesetze vorgegebenen Verwaltungsziele zu halten. Da die Verwaltung gerade nicht frei ist in der Bildung ihrer Handlungs „motive“, können diese auch nicht in gleichem Umfang für unbeachtlich erklärt werden. Tatsächlich sind sie sogar entscheidende Quelle für die Gesamtheit des Verwaltungshandelns. IV. Konkretisierungswille innerhalb Verwaltungswille falsch Den Fehler, dass der konkretisierende Amtswalterwille ein falsches Ergebnis innerhalb des Verwaltungswillens findet, kann es schon strukturlogisch nicht ge352

Vgl. oben 4. Kap., Fn. 103. Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23, Rn. 16; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (328). Vgl. außerdem die Nachweise oben 4. Kap. B.II.2. 354 Dazu umfangreich oben 4. Kap. B.II.2. 355 Larenz / Wolf, BGB AT, § 36, Rn. 2. 353

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

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ben. Zur Klarstellung soll dennoch auf diese Situation eingegangen werden. Der Verwaltungswille beschreibt die Menge an vertretbaren Entscheidungen, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele möglich sind. Innerhalb dieser Summe an Entscheidungen gibt es keine falschen Entscheidungen mehr. Der Verwaltungswille begrenzt lediglich einen Bereich vertretbarer Entscheidungen, ohne weitergehende Aussagen zu seinem Inhalt zu machen. Alle umfassten Entscheidungsmöglichkeiten sind gleichrangig vertretbar und der Kategorie „falsch“ nicht zugänglich. Selbstverständlich kann es vorkommen – und genau genommen ist der Verwaltungswille als Ausdruck eines eigenständigen Bereichs der Verwaltung auch darauf angelegt –, dass ein anderer Amtswalter als der im konkreten Fall handelnde, eine abweichende Konkretisierung vorgenommen hätte. Solange sich die getroffene Konkretisierung aber innerhalb des Verwaltungswillens befindet, sind Vorstellungen eines Fehlers der beschriebenen Art irrelevant und die Verwaltungserklärung ist vollumfänglich wirksam. Essentiell für Fehler im Rahmen der Zielsetzung und Zielabstimmung ist die Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen. V. Fehlender Konkretisierungswille Schließlich kann eine abgegebene und durch Auslegung auch als solche erkannte Verwaltungserklärung in der Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase unter einem fehlenden Konkretisierungswillen leiden. Obwohl noch keine Konkretisierung innerhalb der Summe der vertretbaren Entscheidungen vorgenommen wurde, besteht schon eine abgegebene Verwaltungserklärung. Normalerweise kann davon ausgegangen werden, dass ein solcher Fehler mit weiteren Fehlern im Bereich der Abgabe der Erklärung einhergeht. Da an dieser Stelle aber jeder Fehler isoliert betrachtet werden soll, wird ein fehlender Konkretisierungswille realistisch nur dann auftauchen, wenn konkretisierender Amtswalter und erklärender Amtsträger personenverschieden sind. Während also der erklärende Amtswalter davon ausgeht, eine Entscheidung zur Übermittlung an den Adressaten in korrekter Weise erhalten zu haben, fehlt es tatsächlich noch an einer Entscheidungsfestlegung. Die Relevanz dieses Fehlertypen hängt davon ab, ob die in der Erklärung (gegebenenfalls unwissentlich) konkludent vom erklärenden Amtswalter vorgenommene Konkretisierung sich innerhalb des Verwaltungswillens befindet. Dem zur Konkretisierung berufenen Amtswalter wurde unter Verstoß gegen die interne Aufgabenverteilung die Konkretisierung durch den Vorgang des Äußerns abgenommen. Dass dieser Vorgang intern durch einen unzuständigen Amtswalter vorgenommen wurde, ist für den hier zu untersuchenden Fehler unbeachtlich, sofern sich der mit der Verwaltungserklärung erklärte Behördenwille innerhalb des Verwaltungswillens befindet. Anders ausgedrückt ist zu fragen, ob dem konkretisierenden Amtswalter dessen Arbeit fehlerfrei „abgenommen“ wurde.

442

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

B. Fehler bei der Abgabe bzw. Bekanntgabe der Erklärung (Zielverfolgungsphase) – Bekanntgabewillen In der für die Abgabe der Verwaltungserklärung entscheidenden Zielverfolgungsphase sind die Willensmomente eines einzelnen mit der Abgabe betrauten Amtswalters entscheidend. Für den Verwaltungsakt werden diesen Willensmomente übergreifend als Bekanntgabewille bezeichnet. Da es sich auch bei der Verwaltungserklärung wie bei dem Verwaltungsakt um eine willentliche Abgabe einer Erklärung durch die Verwaltung handelt, soll an dieser Kategorie festgehalten werden. Zur näheren Untersuchung möglicher Fehler im Rahmen der Abgabe der Erklärung kann der Bekanntgabewille in die Zuständigkeit zu seiner Umsetzung und, angelehnt an die Abgabe zivilrechtlicher Willenserklärungen, weiter in Handlungswillen, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswillen bzw. Behördenwillen unterteilt werden. 356 Dabei ist auch für die folgenden Fehler davon auszugehen, dass sie einzeln zu betrachten sind und nicht im Zusammenspiel mit weiteren Fehlern vorliegen. I. Fehlende Zuständigkeit bzw. Zeichnungsbefugnis zur Abgabe Nicht unproblematisch ist die Konsequenz eines Fehlens der Zuständigkeit zur Umsetzung des Bekanntgabewillens. Erfasst sind von dieser Fallgruppe Situationen, in denen ein Wille ordnungsgemäß gebildet wurde und dann als Erklärung mit entsprechendem Bekanntgabewillen in den Rechtsverkehr gebracht wird, jedoch von einer Person, die hierfür nicht zuständig war. 357 Das Fehlen dieser sog. funktionellen Zuständigkeit 358 alleine hat dabei regelmäßig keinen Einfluss auf eine abgegebene Erklärung. Da für den Rechtsverkehr grundsätzlich nicht erkennbar ist, wer für eine konkrete Erklärung zuständig ist, kann dies auch nicht deren Wirksamkeit berühren. 359 Hiervon zu unterscheiden ist aber die Zeichnungsbefugnis. Sie wird verstanden als das Recht eines Amtswalters, seine Behörde außenwirksam zu vertreten. 360 Fehlt es einem Amtswalter an einer solchen Vertretungsmacht, können der Behörde dessen Erklärungen nicht wirksam zugerechnet werden. 361 Über diesen Punkt

356

Vgl. oben 4. Kap. 2. Abschn. A. Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7a. 358 Vgl. dazu unten 7. Kap. 1. Abschn. A.III.2. 359 BVerwGE 26, 31 (36); OVG Münster DVBl. 1974, 596 (597); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7a; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 50. 360 Kübler, Die Zeichnungsbefugnis im Verwaltungsrecht, S. 2; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 10; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7a. 357

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

443

hinaus fraglich ist aber, wann trotz Fehlens der Zeichnungsbefugnis der Rechtsschein einer solchen aus Verkehrsschutzgründen angenommen werden kann. 362 Nach der Rechtsprechung ist Anknüpfungspunkt hierfür stets eine tatsächlich vorhandene Zeichnungsbefugnis. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet sodann als ausreichend, dass der Amtswalter durch die Zeichnungsbefugnis in einer Stellung oder Rangstufe steht, aus der heraus die fraglichen Erklärungen innerhalb der Behörde regelmäßig wahrgenommen werden. 363 Schwierige und für den Außenstehenden nicht erkennbare Kompetenzabgrenzungen sollen im Verhältnis nach außen nicht zu einer Einschränkung der Zeichnungsbefugnis führen. 364 Der Bundesfinanzhof stellt für das im Außenverhältnis entscheidende Bestehen des Rechtsscheins einer Zeichnungsbefugnis darauf ab, ob die Überschreitung lediglich ein solches Maß aufweist, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise möglich, nicht schwerwiegend und nicht offensichtlich war. 365 Ist jedoch dem Handelnden niemals eine Zeichnungsbefugnis erteilt worden, so sollen diese Möglichkeiten des Rechtsscheins nicht in Betracht kommen. 366 Aufgrund des Vertrauensschutzes des Bürgers und dessen fehlender Möglichkeit, Einsicht zu nehmen in die internen Vorgänge der Verwaltung, sollte der Rechtsschein der Zeichnungsbefugnis, der zu einer wirksamen Erklärung führt, weit ausgelegt werden. 367 Im Ergebnis entstünde so eine weitgehende Angleichung mit den Konsequenzen einer fehlenden internen Zuständigkeit. Die Unwirksamkeit einer Verwaltungserklärung ließe sich in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 173 BGB vor allem dann annehmen, wenn der Empfänger der Erklärung von dem Überschreiten der Zeichnungsbefugnis Kenntnis hat oder mit dem Erklärenden kollusiv zusammengewirkt hat. 368 Sollte sich – nicht nur aus diesen Gründen – im Einzelfall die Unwirksamkeit einer Verwaltungserklärung ergeben, bliebe stets die Möglichkeit, auf staatshaftungsrechtliche Grundsätze zurückzu361

Vgl. oben 4. Kap. 3. Abschn. B. Zu der weitgehenden Gleichbehandlung von schriftlichen und mündlichen Erklärungen Kübler, Die Zeichnungsbefugnis im Verwaltungsrecht, S. 43 ff. 362 Ausführlich dazu Kübler, Die Zeichnungsbefugnis im Verwaltungsrecht, S. 331 ff. Vgl. zum Folgenden auch P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 11. 363 BVerwGE 3, 199 (203); 26, 31 (36). 364 BVerwGE 26, 31 (36); BVerwG DÖV 1966, 202 (205). 365 BFHE 125, 347 (350); 147, 205 (208); 152, 32 (34); vgl. auch BFHE 132, 219 (221); 150, 70 (72). 366 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 11. 367 In diese Richtung OLG Frankfurt NJW 1976, 337 (338); Schöning, Rechtliche Auswirkungen der Technisierung der Verwaltung auf das System der öffentlichrechtlichen Ersatzleistungen, S. 96. 368 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 11; vgl. auch Köhler, BGB AT, § 11, Rn. 63. Vgl. zur organschaftlichen Vertretung oben 4. Kap. 3. Abschn. B.

444

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

greifen. 369 Des Weiteren ergibt sich hier die Möglichkeit der Annahme eines Vertreters ohne Vertretungsmacht. 370 II. Fehlender Handlungswille Dem erklärenden Amtswalter kann der Handlungswille fehlen. In einem solchen für das Verwaltungshandeln wohl praxisfernen Fall geht der Rechtsverkehr zwar von einer Verwaltungserklärung aus, tatsächlich wollte der „abgebende“ Amtswalter aber keine Erklärungshandlung vornehmen. Eine solche Konstellation muss als nicht zurechenbarer Nichtakt (bzw. „Nichterklärung“) gewertet werden. 371 Es liegt nicht einmal der oben skizzierte Tatbestand einer Verwaltungserklärung vor, also die zurechenbare Willensäußerung. III. Fehlendes Erklärungsbewusstsein Eine gesteigerte Bedeutung muss ein fehlendes Erklärungsbewusstsein gewinnen. Der die Erklärung abgebende Amtswalter wollte zwar eine Handlung vornehmen, jedoch dieser keinen rechtlichen Gehalt beimessen. In der Regel wird einer solchen Situation schon eine vorhergehende Willensbildung fehlen, denn sobald diese vorliegt, kann man grundsätzlich auch davon ausgehen, dass darauf beruhende Handlungen auch mit rechtlichem Bewusstsein vorgenommen werden. Daneben sind aber auch Situationen denkbar, in denen zwar eine Willensbildung fehlerfrei vorgenommen wurde, die anschließende Abgabe der Erklärung aber unter einem fehlendem Erklärungsbewusstsein leidet. Hierzu könnten auch die im Zivilrecht sog. Fälle einer abhandengekommenen Willenserklärung gehören, 372 bei denen eine vom Erklärenden willentlich vorgefertigte Erklärung ohne dessen Willen, weil er z. B. noch abwarten möchte oder über Änderungen nachdenkt, in den Rechtsverkehr gelangt. Sofern hierbei der die Abgabe der Erklärung veranlassenden Person die Zeichnungsbefugnis fehlt und diese sich für den Rechtsverkehr auch nicht durch einen entsprechenden Rechtsschein ergibt, fehlt es schon an der Wirksamkeit der Erklärung. 373 Ist eine wirksame Zurechnung aber gegeben, kommt es entscheidend auf die Auslegung der fraglichen Erklärungshandlung an. Kommt diese zum Ergebnis, dass eine Verwaltungserklärung vorliegt, muss einerseits der daraus resultierende 369

Dazu unten 7. Kap. 4. Abschn. Vgl. oben 4. Kap. 3. Abschn. B.II. 371 Auch hier würde sich gegebenenfalls die Möglichkeit bieten, auf staatshaftungsrechtliche Ansprüche zurückzugreifen. 372 Hierzu auch 7. Kap. 2. Abschn. A.II.3.e. 373 Vgl. die obigen Fälle einer fehlenden Zeichnungsbefugnis 6. Kap. 7. Abschn. B. I. 370

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

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Vertrauensschutz berücksichtigt werden. Andererseits ist zu beachten, dass eine Diskrepanz zu dem tatsächlichen Willen des erklärenden Amtswalters besteht. Entscheidender Grund hinter den Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung war jedoch der Verwaltungswille und nicht der Wille des einzelnen (abgebenden) Amtswalters. Das bedeutet, dass dessen Mängel innerhalb des bestehenden Verwaltungswillens irrelevant sind. Gleichzeitig befreit dies aber nicht von der Anbindung an den Verwaltungswillen. Entscheidend ist damit auch in dieser Fallgruppe, ob die „vorgenommene“ Erklärung sich im Rahmen des Verwaltungswillens bewegt, ob also eine verständige Behörde in der konkreten Situation eine Verwaltungserklärung mit dem entsprechenden Inhalt abgegeben hätte. Ist dies zu bejahen, handelt es sich um einen irrelevanten Fehler, mithin eine vollumfänglich wirksame Verwaltungserklärung, ansonsten liegt zwar eine wirksame Verwaltungserklärung vor, bei deren Bekanntgabe aber ein relevanter Fehler geschehen ist. Die hieraus resultierende Situation der weitestgehenden Unbeachtlichkeit der die Erklärung abgebenden Person ähnelt der zivilrechtlichen Situation von Boten. Für die Anfechtung wegen falscher Übermittlung nach § 120 BGB ist ebenfalls die Abweichung vom Willensinhalt des Hintermannes entscheidend. Die die Übermittlung tatsächlich vornehmende Person ist lediglich eine Art Instrument, dessen Handeln sich der Hintermann zurechnen lassen muss. IV. Fehlerbehafteter Behördenwille Im Bereich der Abgabefehler muss der fehlerbehaftete Behördenwille den größten Stellenwert einnehmen. Im Zivilrecht sind unter den fehlerhaften Geschäftswillen viele praktisch wichtige Willensmängel zu fassen, wie z. B. der Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 Var. 2 BGB), der Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Var. 1 BGB), der Identitätsirrtum, der Kalkulationsirrtum oder der Rechtsfolgeirrtum. Auch ein Amtswalter kann sich Versprechen oder Verschreiben und etwas anderes erklären, als er eigentlich wollte, ebenso wie er die von ihm umzusetzenden Vorgaben falsch verstehen kann und somit eine Erklärung abgeben kann, über deren Inhalt er sich irrt. Wie bei den anderen Fehlertypen ist auch für einen fehlerbehafteten Behördenwillen aber trotzdem maßgeblich, ob er sich noch im Rahmen des Verwaltungswillens befindet. 1. Behördenwille außerhalb Verwaltungswille Liegt der Behördenwille außerhalb des Verwaltungswillens, handelt es sich auch hier zwar um eine wirksame Erklärung, gleichwohl aber auch um einen relevanten Fehler. Eine verständige Behörde hätte in der konkreten Situation keine Verwaltungserklärung mit dem fraglichen Inhalt abgegeben.

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6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

2. Behördenwille innerhalb Verwaltungswille, Rechtsgedanke des § 42 VwVfG Ausnahmsweise ergibt sich aber auch bei Behördenwillen, die zwar von der Amtswalterkonkretisierung abweichen, aber trotzdem noch innerhalb des Verwaltungswillens liegen, die Möglichkeit einer Beachtlichkeit. Hierzu kann auf den allgemeinen Rechtsgedanken 374 des § 42 VwVfG zurückgegriffen werden. 375 Nach § 42 S. 1 VwVfG kann die Behörde, Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Die Möglichkeit dieser Berichtigung besteht nicht bei Irrtümern, die im Bereich der Willensbildung aufgetreten sind, 376 weshalb eine Verwendung dieses Rechtsgedankens ausschließlich bei fehlerbehafteten Behördenwillen im Rahmen der Abgabe einer Verwaltungserklärung in Betracht kommt. Für eine Beachtlichkeit von Schreibfehlern, Rechenfehlern oder ähnlichen Unrichtigkeiten, obwohl sie sich innerhalb des Verwaltungswillens bewegen, ist Voraussetzung, dass sie offenbar sind. Das bedeutet, dass der Irrtum klar erkennbar und „ins Auge springen“ muss. 377 Entscheidender Maßstab sind auch hier die Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Beteiligten. 378

C. Falsche Handlungsform Schließlich kann es vorkommen, dass die Auslegung das Vorliegen einer anderen Handlungsform ergibt, als der hinter der Abgabe der Erklärungshandlung stehende Verwaltungswille wollte. 379 In einem solchen Fall sind die Regeln der sich durch die Auslegung ergebenden Handlungsform maßgeblich. Sollte also eine Verwaltungserklärung abgegeben werden, die aber als Verwaltungsakt er374

Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 4 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 42, Rn. 4; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 42, Rn. 1, 4; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 42, Rn. 2. Vgl. auch BVerwG NJW 1976, 532; VerwRspr 31, 285 (286); OVG Bremen DÖV 1974, 353 (354). Vgl. auch BGHZ 106, 370 (372). 375 Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten werden selbstverständlich schon aufgrund der notwendigen Offenkundigkeit des Fehlers meistens dazu führen, dass gleichzeitig eine Abweichung vom Verwaltungswillen vorliegt. 376 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 8. Deutlicher insofern der parallele § 129 AO, der von offenbaren Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsakts spricht. 377 BT-Drs. 7/910, S. 62; BVerwGE 40, 212 (216); 48, 336 (338); Jachmann, Die Berichtigung offenbar unrichtiger Verwaltungsakte gemäß § 42 VwVfG, S. 32 ff.; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 22. 378 Jachmann, Die Berichtigung offenbar unrichtiger Verwaltungsakte gemäß § 42 VwVfG, S. 64 f.; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 24. Siehe auch oben 6. Kap. 6. Abschn. B.II.1. 379 Vgl. dazu oben 6. Kap. 6. Abschn. B.II.

7. Abschn.: Typologie der Fehler im Rahmen der Willensmomente

447

scheint, so ist die Erklärung auch wie ein Verwaltungsakt zu behandeln. 380 Ebenso sind gewollte Verwaltungsakte, die wie eine Verwaltungserklärung erscheinen, wie eine solche zu behandeln. Dies beinhaltet, dass Erklärungen, die aufgrund einer Auslegung als Verwaltungserklärungen daherkommen, auch den soeben beschriebenen Fehlern unterliegen können.

D. Vereinbarkeit dieser Fehlertypologie mit den Regeln der organschaftlichen Vertretung Die dargestellte Typologie der Fehler müsste auch mit den Regeln über die organschaftliche Vertretung vereinbar sein. Hiernach sollen die Regeln der §§ 164 ff. BGB entsprechend anzuwenden sein. 381 Dies beinhaltet gleichzeitig die Beachtung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten. Die beschriebene Typologie rückt den überindividuellen Verwaltungswillen in den Mittelpunkt einer auf Willensmomente bezogenen Fehlerlehre. Sie führt damit die Feststellung, dass der Verwaltungswille, im Gegensatz zu dem wahren Willen des erklärenden Individuums bei der zivilrechtlichen Willenserklärung, der maßgebliche Grund der Rechtswirkungen bei der Verwaltungserklärung ist, konsequent fort. Abzustellen ist nicht auf den Willen des einzelnen Amtswalters, sondern den Verwaltungswillen. Nach § 166 Abs. 1 BGB kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Würde diese Norm auf die organschaftliche Vertretung im öffentlichen Recht angewendet werden, müsste sich die Feststellung von Willensmängeln am einzelnen Amtswalter ausrichten, nicht aber dem Verwaltungswillen. § 166 Abs. 1 BGB steht der bisher aufgefundenen Willensstrukturen und darauf basierenden Fehlertypologie entgegen. Zu erörtern ist folglich, ob sich der im Rahmen der organschaftlichen Vertretung generelle Verweis auf eine entsprechende Anwendung der §§ 164 ff. BGB auch auf § 166 Abs. 1 BGB erstreckt. 382 Zuvörderst ist zwischen dem maßgeblichen Ansatzpunkt für Willensmängel und der Wissenszurechnung zu unterscheiden. Die Wissenszurechnung ist nicht nur im Zivilrecht, sondern auch im öffentlichen Recht ein anerkannter Vorgang. 383 Dies kann über eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 Var. 2 BGB 380

P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35, Rn. 46. Siehe oben 4. Kap. 3. Abschn. B.II. 382 Vgl. zu Fällen einer Abweichung dieses generellen Rückgriffs auf die §§ 164 ff. BGB oben 4. Kap. 3. Abschn. B.II. 383 Henning, Wissenszurechnung im Verwaltungsrecht; Waltermann, AcP 192 (1992), 181; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 58 ff. jeweils m.w. N. 381

448

6. Kap.: Grundlegende Fragen der Rechtmäßigkeit

geschehen. 384 Zweifelhaft erscheint hingegen der Rückgriff auf die Regelung über den Willen des Vertreters als maßgeblichen Ansatzpunkt für Willensmängel. Hinzuweisen ist auf die obige Feststellung, dass der Verwaltungswille im Vergleich zum Willen des Amtswalters den maßgeblichen Grund der Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung bildet. Eine andere Sichtweise würde zu dem kaum begründbaren Ergebnis führen, dass in einem Fall, in dem ein Amtswalter etwas Rechtswidriges erklären wollte, tatsächlich aber etwas Rechtmäßiges erklärt, ein Irrtum vorliegt, der, zumindest nach zivilrechtlichen Maßstäben, zu einer Anfechtung berechtigen könnte. Ein Abstellen auf den Willen des einzelnen Amtswalters würde die Fehlertypologie im Rahmen der Willensmomente vollständig von den Kriterien der Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit und des öffentlichen Interesses ablösen. § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB liegt ein grundlegend anderes Konzept zugrunde, als die öffentlich-rechtliche Struktur fordert. Im Rahmen der organschaftlichen Vertretung ist deshalb auf eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB zu verzichten. Abzustellen ist nicht auf den Willen des Amtswalters, sondern den Verwaltungswillen.

8. Abschnitt

Zusammenfassung Im Hinblick auf den Bestand von Verwaltungserklärungen haben sich vor allem drei mögliche Stufen herauskristallisiert. Verwaltungserklärungen können sich inhaltlich innerhalb des Verwaltungswillens befinden. Dies bedeutet gleichzeitig, dass aufgrund der Konzentration des Verwaltungswillens auf rechtmäßige Inhalte 385 auch die Verwaltungserklärung rechtmäßiger Natur ist. Eine zweite Stufe ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Verwaltungserklärung zwar außerhalb des Verwaltungswillens befindet, gleichzeitig aber rechtmäßig ist. 386 Diese Fälle sind durch die Fehlertypologie im Rahmen der Willensmomente beschrieben. Ihnen fehlt eine Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen als dem Grund der Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung. Dieser grundsätzlich vorhandene Dualismus von Verwaltungswille und Amtswalterwille gewinnt im Recht der Verwaltungserklärungen gerade deshalb eine besondere Bedeutung, weil die Rechtsordnung im Gegensatz zu anderen Handlungsformen weniger Vorgaben für 384

Henning, Wissenszurechnung im Verwaltungsrecht, S. 160. Vgl. dazu oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.2. 386 Zur praktischen Behandlung dieser Gruppe von Verwaltungserklärungen unten 7. Kap. 2. Abschn. B. 385

8. Abschn.: Zusammenfassung

449

die Verwendung der Verwaltungserklärung gibt. Eine letzte Stufe bildet die rechtswidrigen Verwaltungserklärungen ab. Diese sind mit Rechtswidrigkeit nichtig und unwirksam. Eine fehlerunabhängige Bestandskraft wie für den Verwaltungsakt und damit verschiedene Kategorien der Rechtswidrigkeit existieren nicht.

7. Kapitel

Anwendungsbezogene Fragen der Rechtswirkungen und Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung Die Handlungsform der Verwaltungserklärung ist ohne konkrete Regeln über ihre Handhabe nicht nutzbar. Zu diesem Regelungskomplex gehört insbesondere auch die Aufstellung von Fehlerfolgen, die sich allgemein für eine Handlungsform als wesentlich erwiesen haben. 1 Zur Herleitung solch konkreter Regeln konnten, sofern keine vorhandenen ausdrücklichen Regeln vorgehen, verschiedene Anknüpfungspunkte herausgebildet werden. 2 Einerseits ist prinzipiell ein Rückgriff auf Anwendungsregeln über andere Handlungsformen des Verwaltungsrechts möglich, andererseits kann auch ein Rückgriff auf zivilrechtliche Vorschriften über die Willenserklärung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Gerade letzteres bedeutet aber nicht, dass eine einseitige Orientierung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches angezeigt ist. 3 Denn die Gefahr einer vorschnellen Anlehnung an zivilrechtliche Wertungen würde hiermit Vorschub geleistet werden. 4 Daneben ist auch festzustellen, dass aus zivilrechtlicher Sicht die Willenserklärung nach anderen Strukturen aufgebaut und erörtert wird, als es allgemein für verwaltungsrechtliche Handlungsformen gelten kann. In diesem Sinne ist die Einteilung in formelle und materielle Voraussetzungen dem Zivilrecht weitestgehend fremd. Für die öffentlich-rechtlichen Handlungsformen stellt es hingegen ein wesentliches Charakteristikum dar. 5 Für die in der Literatur vereinzelt zu findenden Ansätze, konkrete Anwendungsregeln aufzustellen, ergibt sich mitunter das Problem, dass von der „verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ im weitesten Sinne ausgegangen wird. 6 Dies muss 1

Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. Vgl. oben 6. Kap. 1. Abschn. 3 Vgl. zu dieser Vorgehensweise de Wall, Die Anwendbarkeit zivilrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, passim. 4 Hierzu oben 5. Kap. 2. Abschn. D. 5 Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 104; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 2; Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 2; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 569. 6 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 1 f.; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608); Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 103. 2

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

451

zwangsläufig zur Folge haben, dass die von diesem Begriff umschlossenen Handlungsakte zu vielfältig sind, als dass es möglich wäre, für ihre Nutzung einheitliche Regeln aufzustellen. 7 Daneben taucht das Problem auf, dass größtenteils die oben beschriebene Orientierung an den Fallgruppen und Kategorien des Zivilrechts erfolgt. 8 Im Folgenden wird deshalb die Untersuchung an die gängigen öffentlich-rechtlichen Strukturen angelehnt. Das bedeutet, dass es sowohl eine formelle als auch eine materielle Komponente gibt, die nachkommend in einer möglichst umfassenden Untersuchung angesprochen wird. In diesem Sinne findet auch keine Beschränkung auf reine Rechtmäßigkeitsanforderungen statt, sondern es wird vielmehr versucht, in genereller Weise mögliche Problempunkte anzusprechen. Abgerundet wird der vorliegende Untersuchungsteil durch eine einleitende Erörterung der prozessualen Zusammenhänge und haftungsrechtlichen Wertungen.

1. Abschnitt

Formelle Gesichtspunkte Die Verwaltungserklärung ist eine verwaltungsrechtliche Handlungsform und als solche unterliegt sie formellen Voraussetzungen, die sich in Zuständigkeit, Verfahren und Form aufteilen. 9

A. Zuständigkeit Die Zuständigkeit trifft eine Aussage darüber, welcher staatlichen Stelle welche öffentliche Aufgabe zur Wahrnehmung zugeordnet ist. 10 Die Beachtung des Zuständigkeitsgefüges gewährleistet, dass für den Bürger erkennbar ist, wer bei der Vielzahl von Verwaltungsträgern und Verwaltungsbehörden die ihn betreffende Verwaltungstätigkeit ausübt. Dies fördert nicht nur ein an rechtsstaatlichen Maßstäben messbares Verwaltungsverfahren, sondern auch, dass die praktische 7

Dazu schon oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.5. Kluth, NVwZ 1990, 608 (613 f.), thematisiert unter anderem die Komplexe „Zugang“, „Bindung und Widerruf“ sowie „Anfechtungsmöglichkeiten“. Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 12, 15, erhebt die „Auslegung“ und die „Anfechtung“ zu Schwerpunkten seiner Darstellung. 9 Für diese Einteilung auch Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 104. 10 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 35; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 44. Vgl. umfassend Adami, Zuständigkeit, Unzuständigkeit und Unzuständigkeitsfolgen in der staatlichen Verwaltungsorganisation; Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie. 8

452

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Arbeitsaufteilung zwischen den staatlichen Stellen geklärt ist und gleichzeitig diejenige staatliche Stelle mit der Aufgabe betraut ist, die die besten Voraussetzungen für eine richtige Entscheidung besitzt. 11 Der Zuständigkeit kommt somit eine Zuordnungs- und Abgrenzungsfunktion zu. 12 Unterschieden werden kann dabei zwischen der Zuständigkeit in sachlicher, instanzieller, funktioneller und örtlicher Hinsicht sowie der Verbandskompetenz. 13 Um dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregelung gerecht zu werden und ein größtmögliches Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist jeweils entscheidender Zeitpunkt für die Feststellung der Zuständigkeit der Moment, in dem die Behörde mit dem Willen, eine rechtswirksame Erklärung abzugeben, handelt. 14 Wie bei anderen Handlungsformen auch, ist also die Abgabe der Verwaltungserklärung maßgeblicher Zeitpunkt für die nachfolgenden Ausführungen. 15

11 Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 2, § 10, Rn. 42; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 37; vgl. oben 2. Kap. 2. Abschn. A.III.3.c.(4)(e). 12 Adami, Zuständigkeit, Unzuständigkeit und Unzuständigkeitsfolgen in der staatlichen Verwaltungsorganisation, S. 9. 13 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 4 ff.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 35 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 47 ff. Teilweise werden die Begriffe „Zuständigkeit“ und „Kompetenz“ synonym verwendet, vgl. Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie, S. 125 f. m. w. N. Nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis ist jedoch, vor allem zurückgehend auf Wolff / Bachoff, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 72 I b, c, zwischen Zuständigkeit und Kompetenz zu unterscheiden. Beide Begriffe beschäftigen sich mit der Aufgabenverteilung innerhalb eines organisatorischen Systems. In diesem Sinne bildet die „Zuständigkeit“ die Befugnis und Verbindlichkeit sowie deren Grenzen zur Wahrnehmung von Aufgaben und die Kompetenz die Summe der durch die Zuständigkeit herausgehobenen Aufgaben, Befugnisse und Pflichten, Wolff / Bachoff, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 72 I b, c; Rasch, Die staatliche Verwaltungsorganisation, S. 137; Oldiges, DÖV 1989, 873 (874). Die Kompetenz bezeichnet so den Gegenstand der Zuständigkeit selbst. Hingegen wird unter einer „Befugnis“ eine für den Einzelfall bestehende, rechtliche Ermächtigung zur Aufgabenwahrnehmung verstanden, vgl. Adami, Zuständigkeit, Unzuständigkeit und Unzuständigkeitsfolgen in der staatlichen Verwaltungsorganisation, S. 34; Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 2, § 10, Rn. 42. Eine Befugnis zur Abgabe einer Verwaltungserklärung braucht jedoch nicht zwingend ausdrücklich im Gesetz geschrieben sein, vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. B.II. Durch eine Analogie zu Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ist es möglich, dass für eine Behörde zwar eine Befugnis besteht, obwohl damit keine Zuständigkeitsregelung verbunden ist. Ein Recht, das die Verwaltung hat, kann sie, sofern dies notwendig ist, bei Vorliegen einer Befugnis auch ausüben. 14 Dieser Zeitpunkt kann, muss jedoch nicht mit dem Zeitpunkt des Beginns der Wirksamkeit der Verwaltungserklärung übereinstimmen, vgl. dazu unten 7. Kap. 2. Abschn. A. 15 Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 27.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

453

I. Erklärungsfähigkeit Bevor näher auf die einzelnen Arten der Zuständigkeit einzugehen ist, muss kurz die generelle Fähigkeit, eine Verwaltungserklärung abzugeben, angesprochen werden, die den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsorganisationsrechts folgt. Der Rechtsträger als juristische Person ist zwar rechtsfähig, nicht aber handlungsfähig. Für ihn handeln seine Organe. Die daneben bestehenden Behörden werden in der Regel als ein Unterfall eines Organs angesehen. Zwar ist der Behördenbegriff umstritten, 16 doch haben sich zumindest zwei grundsätzliche Verständnispole herausgebildet. Behörden im organisatorischen Sinne sind die in die staatliche Verwaltungshierarchie eingeordneten Organe sowie die Vollzugsorgane der nichtstaatlichen Verwaltungsträger. 17 Behörden im funktionellen Sinne sind dagegen alle Organe, wenn und soweit sie zur hoheitlichen Durchführung konkreter Verwaltungsmaßnahmen im Außenverhältnis berufen sind. 18 Basierend auf diesen allgemeinen Grundsätzen können sowohl Organe als auch Behörden Verwaltungserklärungen abgeben. Im Folgenden wird der Einheitlichkeit halber nur auf den Begriff der Behörde abgestellt. II. Verbandskompetenz Die Verbandskompetenz knüpft nicht an eine bestimmte, nach außen handelnde Behörde, sondern einen Rechtsträger an. 19 Für ausdrücklich normierte Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung wirft die Bestimmung der Verbandskompetenz keine allzu großen Schwierigkeiten auf. Sie ergibt sich aus dem Gesetz. Dies gilt zumindest in inzidenter Weise auch dann, wenn das Gesetz lediglich die Behördenzuständigkeit regelt. Bei gesetzlich nicht geregelten Erscheinungsformen muss auf den grundlegenden Sinn und Zweck der Handlungsform zurückgegriffen werden. Die Verwaltungserklärung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, nach dem Träger von Rechten und Pflichten Erklärungen abgeben können, um ihre inneren 16 Vgl. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 76 I c; Rasch, VerwArch 50 (1959), 1 (8 ff.). 17 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 29; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 32; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 200; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 66; vgl. auch Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 76 I d; Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 44. 18 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 29; Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 385; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 202; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 32. 19 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 6; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 3; Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 2, § 10, Rn. 43.

454

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Ziele in rechtlich verbindlicher Weise umzusetzen oder zu gestalten und damit eine Ausübung ihrer Rechte und Pflichten zu erreichen. 20 Dies zeigt sich auch daran, dass die Verwaltungserklärung auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist. Das bedeutet, dass sich die Frage der Verbandskompetenz für eine Verwaltungserklärung zu der Frage der Inhaberschaft der Verfügungsmacht des in ihr angestrebten Rechtserfolges wandelt. Sofern ein Verband Träger eines bestimmten Rechts 21 oder einer bestimmten Pflicht ist, können durch seine Behörden (bzw. Organe) im Rahmen des (materiell) Zulässigen auch hierauf bezogene Verwaltungserklärungen abgeben werden. 22 Zum maßgeblichen Kriterium erwächst damit die Beziehung zwischen Rechts- bzw. Pflichteninhaberschaft und des mit der Verwaltungserklärung angestrebten rechtlichen Erfolgs. Der angestrebte Rechtserfolg muss in den Rechts- und Pflichtenkreis des betreffenden Verwaltungsrechtsträgers fallen. Nur so kann die Verwaltungserklärung als Mittel zur Ausübung und Umsetzung eigener Rechte und Pflichten erscheinen. Derjenige Verband hat die Kompetenz für eine nicht ausdrücklich geregelte Verwaltungserklärung, der auch Träger der Rechte und Pflichten ist, auf die in ihr Bezug genommen wird. III. Behördenzuständigkeit Im Gegensatz zu der Verbandskompetenz beziehen sich sachliche, instanzielle, funktionelle und örtliche Zuständigkeit auf Behörden. 23 Die bisherige Bestimmung der Verbandskompetenz klärt noch nicht die Frage, welche Behörde für den betreffenden Rechtsträger dessen Rechte und Pflichten ausüben soll. 1. Sachliche Zuständigkeit Die sachliche Zuständigkeit betrifft die Aufteilung der verschiedenen Behörden im Hinblick auf gegenständliche Tätigkeitsbereiche und die darauf bezogene Einteilung einer wahrzunehmenden Aufgabe. 24 Eine allgemeine Regel, wie in 20

Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.3. Kritisch zur Verwendung des Begriffs „Rechts“ für organisationsrechtliche Einheiten des Verwaltungsrechts, Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 237. An dieser Stelle soll jedoch mit dieser Wortwahl dem hergebrachten, allgemeinen Verständnis Rechnung getragen werden, dass ein Rechtsträger Träger von Rechten und Pflichten ist. Zumindest für Verwaltungserklärungen, die nicht den Vorbehalt des Gesetzes auslösen, soll mit dem Begriff „Recht“ zudem die eigenverantwortliche Gestaltungsmöglichkeit der Verwaltung ausgedrückt werden. Daneben ist zu beachten, dass die fragliche Fallgruppe vor allem Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlicher Wirkung enthält und somit eine enge Beziehung zu klassischen „Rechten“ des Bürgerlichen Gesetzbuches besitzt. 22 Vgl. Knemeyer, DÖV 1970, 596 (597 f.); ders., DÖV 1971, 303 (304); Ehlers, DÖV 1977, 737 (738). 23 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 6; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 4. 21

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

455

§ 3 VwVfG für die örtliche Zuständigkeit, ist aufgrund der Vielfalt der öffentlichen Aufgaben und Tätigkeitsbereiche nicht vorhanden. Dennoch bedarf es schon für die praktische Nutzung der Verwaltungserklärung einer Zuständigkeitsregelung, die klärt, wer für die Vornahme einer konkreten Verwaltungserklärung vorgesehen ist. In dem vorliegenden Kontext soll die sachliche Zuständigkeit in einem weiten Sinne verstanden werden, so dass auch die instanzielle Zuständigkeit mit erfasst ist. 25 Diese weist die betreffende Sachaufgabe in einem hierarchischen Behördenaufbau einer bestimmten Verwaltungsebene zu und wird typischerweise zusammen mit der sachlichen Zuständigkeit bestimmt. 26 Ebenso wie sich der Gesetzgeber des Verwaltungsverfahrensgesetzes angesichts der Breite der öffentlichen Tätigkeitsbereiche der Schwierigkeit einer allgemeinen Normierung ausgesetzt sah, erschwert die mögliche Vielfalt der Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung die Erörterung ihrer Zuständigkeitsfragen. Zu den beiden Arten der Zuständigkeit können, weil sie von einzelnen konkreten Erscheinungsformen abhängen, an dieser Stelle nur allgemeine Aussagen getätigt werden. a) Ausdrückliche Regelungen vorhanden Eine unproblematische Situation ergibt sich in den Fällen, in denen für die konkrete Erscheinungsform der Verwaltungserklärung eine gesetzliche Regelung vorhanden ist. Auch wenn die sachlich zuständige Behörde mitunter nicht ausdrücklich benannt ist, so lässt sie sich zumindest aus dem Sinnzusammenhang und der Normsystematik durch Auslegung ermitteln. Zwar sind bei den bisher dargestellten Verwaltungserklärungen wenige Erscheinungsformen dabei, die auf einen bestimmten Sachbereich beschränkt sind, doch lassen sich trotzdem aus dem Gesetz detaillierte Zuständigkeitsregelungen entnehmen. So enthält beispielsweise § 36 BauGB i. V. m. den landesrechtlichen Gemeindeordnungen Angaben dazu, welche Behörde für die Erteilung des baurechtlichen gemeindlichen Einvernehmens zuständig ist, aus den §§ 4 ff. VwVfG ergibt sich, welche Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen um Amtshilfe ersuchen kann, und die jeweili24 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 36; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 573; Loeser, System des Verwaltungsrechts Bd. 2, § 10, Rn. 44. 25 So auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5a; Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 3, Rn. 8; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 3; Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 10, Rn. 5; Hoffmann, in: Obermayer, VwVfG, § 3, Rn. 5; Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie, S. 155. 26 Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 3, Rn. 8; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5a; Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 36; Kastner, in: Hk-VerwR / VwVfG, VwVfG, § 3, Rn. 8; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 63.

456

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

gen Landesregelungen enthalten Angaben, welche Behörde für fachaufsichtliche Weisungen zuständig ist. b) Ungeschriebene Regelungen Während also bei Verwaltungserklärungen mit originär öffentlich-rechtlichen Wirkungen grundsätzlich eine ausdrückliche Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit vorhanden ist, fehlen bei vielen anderen Erscheinungsformen aber vergleichbare Vorgaben. Insbesondere bei Verwaltungserklärungen, bei denen die Rechtswirkungen nicht direkt auf öffentlich-rechtliche Vorschriften beziehen, also lediglich derivativ öffentlich-rechtlicher Art sind, fehlt eine ausdrückliche Regelung der Zuständigkeit. (1) Herleitung der Zuständigkeit Entscheidend für diese Verwaltungserklärungen muss sein, dass sie auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet sind und sich damit wie gesehen auf Rechte und Pflichten beziehen. Insofern kann innerhalb dieser Gruppe von Verwaltungserklärungen zwischen zwei verschiedenen Arten unterschieden werden: Verwaltungserklärungen ohne geschriebene Zuständigkeitsregelungen können sich auf die Geltendmachung von Rechten beziehen 27 oder eine Selbstverpflichtung herbeiführen, unabhängig der Frage inwieweit Dritte hieraus verbindliche Rechte ableiten können. 28 Für die Zuständigkeit in der ersten Fallgruppe ist notwendig, dass der Träger der handelnden Behörde in einem ersten Schritt tatsächlich Inhaber der geltendgemachten Rechte ist, also die Verbandskompetenz gegeben ist. Für die darüber hinaus gehende Zuständigkeit der für den Rechtsträger handelnden Behörde ist in einem zweiten Schritt entscheidend, dass sie zur Wahrnehmung des fraglichen Rechts berufen ist, also die Zuständigkeit dafür besitzt. Ausreichend ist dabei, dass die Behörde allgemein zur Wahrnehmung der fraglichen Art von Rechten zuständig ist. Es ist nicht auf das konkret-individualisierte Recht abzustellen, so dass durchaus verschiedene Behörden eines Trägers zur Wahrnehmung eines bestimmten Rechts zuständig sein können. Auch die sachliche Zuständigkeit der Behörde ergibt sich somit aus der Zuständigkeit für die generelle Ausübung und Gestaltung der betreffenden Art von Rechten des Verwaltungsrechtsträgers, auf die in der Verwaltungserklärung Bezug genommen wird. Folgerichtig handelt es sich bei den aus der Gruppe der bisher aufgefundenen Erscheinungsformen hier relevanten Verwaltungserklärungen um solche, bei denen von vornherein und unabhängig der Verwaltungser27 28

Z. B. die Erklärung des Zurückbehaltungsrechts oder die Aufrechungserklärung. Z. B. die Auslobungserklärung oder die Zusage.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

457

klärung die durch die mit der Verwaltungserklärung geltendgemachten Rechte einem Verwaltungsrechtsträger zustehen und eine Behörde des Trägers hierfür die Zuständigkeit hat. Notwendig ist eine Zuständigkeit der Behörde bezogen auf das in der Verwaltungserklärung enthaltene Recht, nicht jedoch auf die Geltendmachung des Rechts in Form der Verwaltungserklärung. So besteht das Recht, Geld aufgrund eines besonderen Tatbestands einzuziehen, unabhängig von der Möglichkeit, mit der daraus resultierenden Forderung gegenüber einer Forderung des Bürgers aufzurechnen, z. B. aus § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG oder Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes und entsprechenden Landesregelungen. Ebenso verhält es sich bei Forderungen, die im Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts geltend gemacht werden. Das Bestehen einer Behördenzuständigkeit unabhängig von der konkreten Verwaltungserklärung kommt damit vor allem aus geschriebenen Normen. Die Zuständigkeit zu solch einer Verwaltungserklärung ist gegeben, wenn sie sich auf ein Recht bezieht, zu dessen Ausübung und Geltendmachung die erklärende Behörde unabhängig der konkreten Erklärung zuständig ist. 29 Die konkrete Behörde gewinnt ihre Zuständigkeit so aus einer Art Annex zu ohnehin bestehenden Zuständigkeiten. Eine erschöpfende Prüfung für jegliche Erscheinungsformen kann an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Soweit ersichtlich bestehen jedoch durchweg diese fraglichen Zuständigkeiten. Sollte eine Behörde tatsächlich einmal keine Zuständigkeit zur Ausübung eines ihrem Träger zustehenden Rechts haben, fehlt ihr zwangsläufig auch die Zuständigkeit, dieses Recht im Rahmen einer Verwaltungserklärung geltend zu machen. 30 Daneben gibt es Verwaltungserklärungen, bei denen eine Selbstverpflichtung erklärt wird. Ist die betreffende Selbstverpflichtung gesetzlich näher ausgestaltet, so ist entscheidend, ob die erklärende Behörde nach der Rechtslage für den Inhalt der Verpflichtung zuständig ist. In einem solchen Fall besteht für sie auch die Zuständigkeit, eine Selbstverpflichtung mittels Verwaltungserklärung zu erklären. Diese Zuständigkeit besteht unabhängig etwaiger gesetzlicher Voraussetzungen der fraglichen Verpflichtung, denn diese betreffen die materielle Rechtmäßigkeit. Die Frage der Zuständigkeit ist hiervon getrennt zu betrachten. Auch hier ist nicht entscheidend, ob die Behörde der erklärten Selbstverpflichtung tatsächlich nachkommen kann. Sollte eine entsprechende Regelung hinsichtlich der in Frage stehenden Verpflichtung nicht vorhanden sein, so kann grundsätzlich jede Behörde diesbezügliche Verpflichtungen mittels Verwaltungserklärung abgeben.

29

Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 52 f. Fehlt einer Behörde beispielsweise die Zuständigkeit, eine bestimmte Forderung einzuziehen, kann sie mit dieser Forderung auch nicht gegenüber einer Forderung des Bürgers aufrechnen. 30

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

(2) Anwendung des Gesetzesvorbehalts und dogmatische Begründung der Zuständigkeitsregelung Zweifelhaft ist jedoch, ob eine solche Begründung der Zuständigkeit den allgemeinen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts, sofern dessen Anwendungsbereich eröffnet ist, gerecht wird. 31 Bei der Auseinandersetzung mit dieser umstrittenen Frage fand über die Zeit ein Wandel in den Meinungspositionen statt. 32 Zu Beginn der Diskussion, beeinflusst durch spätkonstitutionalistische Vorstellungen, 33 wurde die Geltung des Gesetzesvorbehalts verstärkt abgelehnt. 34 Mittlerweile hat sich der Befund gewandelt und es wird, vor allem in der Literatur, auf die Wesentlichkeitstheorie abgestellt. 35 Selbst bei Anlegung dieses strengeren Maßstabes ergeben sich aber keine Bedenken für die obige Begründung der Zuständigkeit. Sollte die Behörde eine Selbstverpflichtung erklären, so handelt es sich, zumindest gegenüber dem möglicherweise daraus Begünstigten um eine Form der Leistungsverwaltung, die den Anwendungsbereich des Gesetzesvorbehaltes grundsätzlich nicht eröffnet. 36 Bei der Ausübung von Rechten steht dem Träger der handelnden Behörde die diesbezügliche Fähigkeit zu. Daneben konnte festgestellt werden, dass die Analogie zu einer zivilrechtlichen Norm eine zulässige Rechtsgrundlage für die erscheinungsformspezifischen Rechtsfolgen sein kann. 37 Die bloße Fähigkeit muss zwar für sich gesehen keine Befugnis der Ausübung oder Geltendmachung enthalten. Ebenso beinhaltet eine Befugnis, wie sie bei gesetzlich ungeschriebenen Erscheinungsformen mit derivativ öffentlich-rechtlicher Wirkung gegeben ist, nicht gleichzeitig auch das betreffende Recht, sondern nur das Mittel seiner Ausübung. Doch ergibt sich eine Kombination dergestalt, dass dem Träger eines Rechts gleichzeitig durch eine andere Vorschrift die dem Gesetzesvorbehalt genügende Möglichkeit eingeräumt wird, dieses Recht in einer bestimmten Art und Weise 31 Allgemein zu der Frage des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 7; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 9 jeweils m.w. N. 32 Allgemein zum Streitstand Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 3, Rn. 4; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 3, 7; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 9 jeweils m.w. N. Vgl. klärend zu dieser Frage die Vorschrift des § 25 Abs. 2 LVwG SH. 33 Stettner, Grundfragen der Kompetenzlehre, S. 346. 34 BVerfGE 8, 155 (167); 40, 237 (250); BVerwGE 36, 91 (94); 36, 327 (328 f.); BVerwG BayVBl. 1972, 161 (161); DÖV 1975, 208 (208); Borgs, in: Meyer / Borgs, VwVfG, § 3, Rn. 2. 35 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 7; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 9; Stettner, Grundfragen der Kompetenzlehre, S. 350; Adami, Zuständigkeit, Unzuständigkeit und Unzuständigkeitsfolgen in der staatlichen Verwaltungsorganisation, S. 89 f.; Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 10, Rn. 15; Obermayer, NJW 1987, 2642 (2646). 36 Vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. A.II. 37 Oben 6. Kap. 4. Abschn. B. Zu dem Unterschied zwischen erscheinungsformspezifischen und handlungsformspezifischen Rechtswirkungen oben 6. Kap. 3. Abschn.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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wahrzunehmen. Die erscheinungsformspezifische Analogie zum Zivilrecht knüpft ihre Geltendmachung an den Vorbehalt, Träger des fraglichen Rechts zu sein. Die fragliche Befugnis kann also nur von derjenigen Stelle ausgeübt werden, die auch Träger des Rechts ist. Die Trägerschaft eines Rechts und die Zuständigkeit zu dessen Ausübung i. V. m. mit der Analogie zum Zivilrecht, die die Rechtsgrundlage für die erscheinungsformspezifischen Rechtsfolgen darstellt, enthält also gleichzeitig auch eine ausreichende Regelung der Zuständigkeit für die Abgabe einer Verwaltungserklärung. 2. Funktionelle Zuständigkeit Die funktionelle Zuständigkeit betrifft die Frage, wer innerhalb einer sachlich und damit nach dem oben Gesagten auch instanziell zuständigen Behörde die fragliche Aufgabe wahrzunehmen hat. 38 Es handelt sich dabei um eine Regelung der behördeninternen Struktur. Da Zuweisungsobjekt der Zuständigkeitsbestimmungen lediglich die Behörde als solches ist, bedarf es stets einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wenn über diesen generellen Gehalt hinaus innerhalb der Behörde die Aufgabenerledigung von einer besonderen Stelle wahrgenommen werden soll. 39 Im Recht der geschriebenen Verwaltungserklärungen ist eine solche funktionelle Zuständigkeitsregelung nicht ersichtlich. Auch ist, unbeachtlich der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung, kein allgemeiner Grund auszumachen, weshalb für ungeschriebene Verwaltungserklärungen eine besondere funktionelle Zuständigkeit angenommen werden sollte. Innerhalb einer zuständigen Behörde richtet sich Zuständigkeit also nach der allgemeinen internen Geschäftsverteilung. 3. Örtliche Zuständigkeit – Anwendung des § 3 VwVfG Als einzige Kategorie der Zuständigkeit ist die örtliche Zuständigkeit in § 3 VwVfG geregelt. 40 Von Teilen der Literatur wird der Wert dieser normierten Zuständigkeitsregelung für die vorliegende Handlungsform aber bezweifelt, weil sich § 3 VwVfG nur auf Behörden beziehen soll, deren Verwaltungstätigkeit darauf abzielt einen Verwaltungsakt zu erlassen oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen. 41 Ein weitergehender Anwendungsbereich sei nicht gegeben.

38 Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52, Rn. 35; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21, Rn. 50; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5b. 39 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5b. 40 Vgl. auch die entsprechenden Regelungen in den allgemeinen Landesverwaltungsgesetzen. 41 Hoffmann, in: Obermayer, VwVfG, § 3, Rn. 1; Schleicher, DÖV 1976, 550 (551).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Zwar gilt ein Großteil der im Verwaltungsverfahrensgesetz enthaltenen Regeln im Einklang mit § 9 VwVfG, demnach ein Verwaltungsverfahren definiert ist als die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und der Erlass eines Verwaltungsakts oder Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, ausdrücklich nur für diese beiden Handlungsformen. Den generellen Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetz legt § 1 Abs. 1 aber mit der öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit fest, die bedeutend weiter geht, als der Begriff des Verwaltungsverfahrens aus § 9 VwVfG. 42 Das Verwaltungsverfahrensgesetz geht damit in systematischer Hinsicht von einem – wenngleich auch kurzen – allgemeinen Teil aus und sich anschließenden, verschiedenen besonderen Teilen, in denen jeweils einzelne Handlungsformen oder Verfahrensarten Regelungsgegenstand sind. 43 Diese weitgehende Ausrichtung an Handlungsformen stimmt insofern auch mit der Vorstellung des Gesetzgebers überein, im Verwaltungsverfahrensgesetz bewusst nur ausgewählte Handlungsformen geregelt haben zu wollen. 44 Nur durch das Bestehen eines allgemein geltenden Einführungsteils ist sichergestellt, dass die ungeregelten Handlungsformen dennoch dem verbleibenden prinzipiellen Rechtsregime des Verwaltungsverfahrensgesetzes unterstehen. Folgerichtig wird der Anwendungsbereich des § 3 VwVfG nicht durch § 9 VwVfG, sondern ausdrücklich durch § 1 Abs. 1 VwVfG bestimmt. Diesem Verständnis steht auch in praktischer Hinsicht nichts entgegen, denn § 3 VwVfG ist insbesondere in Abs. 1 derart umfassend und allgemein ausgestaltet, dass er auch für andere Handlungsformen als den Verwaltungsakt und den öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Lösung finden kann. § 3 VwVfG ist damit auf die Verwaltungserklärung unmittelbar anwendbar. 45 Die örtliche Zuständigkeit ist folglich im Einzelfall über den Katalog des § 3 Abs. 1 VwVfG zu bestimmen. Bei gesetzlich geregelten Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung sind in dieser Hinsicht keine Besonderheiten zu verzeichnen. Für gesetzlich nicht geregelte Fälle sollte versucht werden, eine Zuständigkeitsbegründung über das Recht zu erreichen, welches mit der Verwaltungserklärung ausgeübt wird. Anknüpfungspunkt hierfür wären beispielsweise die Merkmale „Recht“ oder „Rechtsverhältnis“ aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG oder die „natürliche“ oder „juristische Person“ des § 3 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG, zu der ein Rechtsverhältnis besteht. Örtlich zuständig wäre dann wie bei der sachlichen 42 Vgl. P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1, Rn. 71; Kastner, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 1, Rn. 39 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 1, Rn. 5 ff. 43 Auch wenn der Teil II des Gesetzes die Überschrift „Allgemeine Vorschriften über das Verwaltungsverfahren“ trägt, so sorgt doch die begrenzende Definition des § 9 VwVfG dafür, dass die enthaltenen Vorschriften zumindest einen begrenzteren Anwendungsbereich haben, als der Teil I des Gesetzes. 44 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J. I.2. 45 Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 3, Rn. 1; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 2; Meyer, in: Knack, VwVfG, vor § 3, Rn. 33.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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Zuständigkeit diejenige Behörde, die zuständig ist, die fragliche Art von Rechten wahrzunehmen. Gerade aufgrund der weiten Möglichkeiten des Katalogs des § 3 Abs. 1 VwVfG ist es möglich, dass für mehrere Behörden eine örtliche Zuständigkeit gegeben ist. In einem solchen Fall der Mehrfachzuständigkeit ist zu verhindern, dass eine Behörde örtlich zuständig wird, deren Träger nicht auch Inhaber der in der Verwaltungserklärung beinhalteten Rechte oder Pflichten ist. Von selbst versteht sich, dass die Ausübung eines Rechts durch eine Behörde nicht einer anderen Stelle zugewiesen werden kann, als der, die auch Inhaber des betreffenden Rechts ist. Sollte nicht also schon die ebenfalls notwendige sachliche Zuständigkeit einen solchen Fall zugunsten der zutreffenden Behörde auflösen, ist ein entsprechendes Ergebnis mittels der Anwendung der Regelung über die Mehrfachzuständigkeit des § 3 Abs. 2 VwVfG möglich. Um zu gewährleisten, dass eine Behörde örtlich zuständig ist, deren Träger auch Inhaber der fraglichen Rechte und Pflichten ist, sollte für die fachlich zuständige Aufsichtsbehörde nach § 3 Abs. 2 S. 2 VwVfG bei ihrer diesbezüglichen Entscheidung eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten dieser Behörde angenommen werden. 46 Es findet damit eine in der Natur der Sache liegende Angleichung von sachlicher und örtlicher Zuständigkeit statt. Bei Vorliegen von Spezialregeln zur örtlichen Zuständigkeit gehen diese nach § 1 Abs. 1 VwVfG den allgemeinen Regeln vor. IV. Folgen eines Zuständigkeitsfehlers Erörterungsbedürftig bleibt nun, welche Folgen ein Verstoß gegen diese Zuständigkeitsvorschriften für die Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung hat. 1. Fehlende Verbandskompetenz, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit Liegt keine Verbandskompetenz vor, so bedeutet dies, dass der Träger der handelnden Behörde nicht Träger der Rechte und Pflichten ist, auf die die Verwaltungserklärung Bezug nimmt. Fehlt es an der sachlichen Zuständigkeit hat dies entweder wegen der Verknüpfung von Rechts- bzw. Pflichteninhaberschaft und sachlicher Zuständigkeit die gleiche Konsequenz oder es liegt ein Verstoß gegen geschriebene Normen vor. In allen Fällen ist die Verwaltungserklärung rechtswidrig und damit unwirksam. Da Zuweisungsobjekt der Zuständigkeitsregelungen nur die Behörde als solches ist, führt ein Fehler in der funktionellen Zuständigkeit grundsätzlich nicht zu einer Rechtsverletzung. 47 46 47

Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 38. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 3, Rn. 5b.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

2. Fehlende örtliche Zuständigkeit – Analogie zu § 46 VwVfG Fraglich ist jedoch, wie die fehlende örtliche Zuständigkeit zu bewerten ist. 48 Für den Verwaltungsakt ist diese Situation in § 46 VwVfG geregelt. Demnach kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht alleine deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Auch bei der Verwaltungserklärung könnte sich diese Fehlerfolge über eine Analogie zu § 46 VwVfG ergeben. 49 Das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke ist für das Recht der Verwaltungserklärung im Allgemeinen sowie die Frage ihrer Zuständigkeit und darauf aufbauenden Konsequenzen im Besonderen allgegenwärtig. 50 Maßgeblich muss somit die Vergleichbarkeit der hinter den verschiedenen Sachverhalten stehenden Interessen sein. Sollte sich § 46 VwVfG als eine Regelung über die besonderen Rechtswirkungen des Verwaltungsakts darstellen, die gerade darauf abzielt dessen Bestandskraft und Durchsetzbarkeit trotz eines Fehlers aufrechtzuerhalten, so müsste man sie als eine auf den Verwaltungsakt zugeschnittene Regelung klassifizieren. Hierfür spricht der systematische Standort im 2. Abschnitt des 3. Teils des Verwaltungsverfahrensgesetzes, der ausweislich der Überschrift gerade Regeln über die Bestandskraft enthält. Eine Vergleichbarkeit der Interessenlage müsste dann mangels der Bestandskraft der Verwaltungserklärung abgelehnt werden. Allgemein wird der Sinn und Zweck des § 46 VwVfG aber in anderen, verwaltungsaktunabhängigen Aspekten gesehen. § 46 VwVfG soll gerade Ausdruck der dem deutschen Verwaltungsrecht traditionell innewohnenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Funktion sein, dem materiellen Recht zu dienen. 51 Dem Verwaltungsverfahren kommt folglich kein Selbstzweck zu. 52 Aus verfahrensökonomischen Gründen hat das fehlerhafte Verwaltungsverfahren gegenüber der richtigen materiell-sachlichen Entscheidung zurückzutreten. 53 48 Dabei scheint diese Möglichkeit bei realistischer Betrachtung nicht allzu oft vorzukommen. Notwendig wäre ein Verwaltungsrechtsträger, der mehrere sachlich zuständige Behörden hat, deren Tätigkeit jedoch auf verschiedene örtliche Verwaltungsbezirke gerichtet ist. Bei Kommunen wird dies wohl kaum vorkommen, so dass allenfalls Behörden des Bundes oder der Länder übrig bleiben. Weiter müssten dann verschiedene Bundes- oder Landesbehörden bestehen, die gleichzeitig sachlich zuständig sind, so dass tatsächlich ein Fehler nur in der örtlichen Zuständigkeit auftreten kann. 49 Zu den Voraussetzungen der Analogie umfangreich oben 3. Kap. 2. Abschn. E. I. 50 Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J. I.2. 51 Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 586 ff.; Martin, Heilung von Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren, S. 42 f.; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 8; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 5; Schmitz / Olbertz, NVwZ 1999, 126 (128 f.); Bonk, NVwZ 1997, 320 (322). 52 Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 5; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 8.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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Wie beim Verwaltungsakt wäre die Verwaltung auch bei der Verwaltungserklärung durch eine (analoge) Anwendung des § 46 VwVfG in der Lage, bei Vorliegen eines Fehlers in der örtlichen Zuständigkeit auf eine zweite Erklärung inhaltsgleicher Art zu verzichten. Darauf hat auch keinen Einfluss, dass die Verwaltungserklärung andere Rechtswirkungen als der Verwaltungsakt hat, die sich unter Umständen auf die nähere Ausgestaltung der prozessualen Aufarbeitung auswirken könnten. Unabhängig der Frage, wer der Beteiligten in die Position gedrängt ist, wegen einer Streitigkeit im Zusammenhang mit einer konkreten Erscheinungsform der beiden Handlungsformen ein Gericht anzurufen, 54 bestünde ohne (analoge) Anwendung des § 46 VwVfG die Notwendigkeit, ein zweites Mal den Erklärungstatbestand zu vollenden. Die in § 46 VwVfG enthaltene Konsequenz, dass ein Verwaltungsakt, der unter einem der dort näher beschriebenen Fehler leidet, den Betroffenen nicht in seinen Rechten verletzt, 55 besteht unabhängig der Eigenarten der Handlungsform Verwaltungsakt. 56 Auch für die Verwaltungserklärung bestünde bei einem alleinigen Fehler der örtlichen Zuständigkeit durch die analoge Anwendung des § 46 VwVfG ein verfahrensökonomischer Vorteil, so dass diese möglich erscheinen muss. 57 Nach § 46 VwVfG ist solch ein Fehler aber nur unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts der Norm können hiervon keine Fehler in der sachlichen Zuständigkeit oder der Verbandskompetenz erfasst sein. Gleichzeitig bedeutet dies in praktischer Hinsicht, dass eine tatsächliche Anwendung nur dann in Frage kommt, wenn die handelnde örtlich unzuständige Behörde gleichzeitig sachlich zuständig ist. 58 Aufgrund der Anknüpfung der sachlichen Zuständigkeit an die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten, auf die in der Verwaltungserklärung Bezug genommen wird, wird eine örtlich unzuständige Behörde i. d. R. aber auch sachlich unzuständig sein. Ergibt sich aber tatsächlich die Möglichkeit, die Voraussetzungen des § 46 VwVfG zu prüfen, so sind auch bei einer analogen Anwendung die rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken zu beachten. 59 An die „Offensicht53 BVerwGE 65, 287 (290); 90, 25 (33); P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 46, Rn. 1; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 2; Martin, Heilung von Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren, S. 43. 54 Hierzu unten 7. Kap. 3. Abschn. A. Für den Widerspruch trifft aufgrund des § 68 VwGO den Bürger diese „Anfechtungslast“. 55 Zu den teilweise umstrittenen Rechtsfolge des § 46 VwVfG, vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 41 ff. m.w. N. 56 Zur Allgemeinheit der dargestellten Argumentationsmuster Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 586 ff. 57 Im Einklang damit wird § 46 VwVfG auch als „Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze“ angesehen, Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 10 m.w. N. 58 Siehe oben Kap. 7, Fn. 48.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

lichkeit fehlender Beeinflussung“ des Verwaltungsverfahrensergebnisses, die die Kausalität anspricht, sollte vor allem unter der Beachtung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ein strenger Maßstab angelegt werden. 60 Ein Fehler in der örtlichen Zuständigkeit hat zumindest dann keinen Einfluss, wenn eine rechtliche Alternativlosigkeit bestand. 61 Darüber hinaus ist nicht unumstritten, ob auch eine tatsächliche Alternativlosigkeit zur Anwendung des § 46 VwVfG führt. 62 Der Tatbestand des § 46 VwVfG sollte nicht nur wegen der obigen Bedenken restriktiv ausgelegt werden. Auch muss beachtet werden, dass der für eine örtlich zuständige Behörde möglicherweise bestehende Entscheidungsspielraum zum einen aufgrund ihrer größeren Ortsnähe und zum anderen aufgrund gegebenenfalls bestehender Vorentscheidungen maßgeblich beeinflusst wird. 63 Als Folge dessen ist ein unbeachtlicher Fehler im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit wohl nur bei gebundenen Verwaltungserklärungen und solchen, bei denen sich der Verwaltungswille im konkreten Fall auf eine einzige objektiv vertretbare Entscheidung reduziert hat, denkbar. V. Zusammenfassung Die Zuständigkeit für Verwaltungserklärungen verschiebt sich abseits der geschriebenen Regeln auf die Trägerschaft der mit ihnen ausgeübten Rechte und eingegangenen Pflichten sowie deren generelle Zuständigkeit. Fehler in der Zuständigkeit führen zur Rechtswidrigkeit der Verwaltungserklärung, wobei eine Ausnahme für Fehler der örtlichen Zuständigkeit durch eine analoge Anwendung des § 46 VwVfG gemacht werden kann.

59 Vgl. P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 46, Rn. 5 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 4 ff. jeweils m.w. N. 60 P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 46, Rn. 90; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 34; Schmitz / Wessendorf, NVwZ 1996, 955 (958). 61 P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 46, Rn. 79 ff.; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 626; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 28 ff.; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 22 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 26 ff.; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 46, Rn. 23; Schöbener, Die Verwaltung 33 (2000), 447 (471 ff.). 62 Gegen eine Anwendung bei tatsächlicher Alternativlosigkeit Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 626. Für eine solche Anwendung P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 46, Rn. 79 ff.; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 28 ff.; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 22 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 26 ff.; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 46, Rn. 23. 63 Meyer, in: Knack, VwVfG, § 46, Rn. 31.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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B. Verfahren Konstituierendes Merkmal einer Handlungsform sind die mit ihr in einem Zusammenhang stehenden, einheitlichen Verfahrensweisen. 64 Dementsprechend unterliegt auch die Verwaltungserklärung generellen Verfahrensanforderungen. Aufgrund der Existenz verschiedenster „Verwaltungsverfahren“, deren Inhalt zwar teilweise gesetzlich normiert ist, in solchen Fällen aber auch einen nur begrenzten Anwendungsbereich aufweist, 65 fällt es schwer, die hier auftauchenden Begriffe des „Verfahrens“ oder „Verwaltungsverfahrens“ durch allgemeingültige und gleichzeitig detailreiche Aussagen näher zu bestimmen. 66 So ließe sich allenfalls sagen, dass ein Verwaltungsverfahren ein strukturierter Vorgang der Informationsgewinnung und -verarbeitung ist, für den ein Träger öffentlicher Verwaltung die Verantwortung hat und der der Gewinnung einer Verwaltungsentscheidung dient. 67 Angelehnt an § 9 VwVfG bedeutet dies für das der Verwaltungserklärung vorhergehende Verfahren, dass es die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass einer Verwaltungserklärung umfasst. Das Verwaltungsverfahren erfüllt in dieser Gestaltung, obwohl es lediglich eine dem materiellen Recht dienende Funktion hat, 68 zugleich einen Beitrag zur Sicherung rechtsstaatlicher Grundsätze. 69 I. Verfahrensbeginn Für den Beginn des Verfahrens, an dessen Abschluss eine Verwaltungserklärung abgegeben wird, gelten keine Besonderheiten. Zwar erstreckt sich die Regelung des § 22 VwVfG direkt lediglich auf Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Verwaltungsakten und öffentlich-rechtlichen Verträgen, doch ist ihr Inhalt sinngemäß auch darüber hinaus anwendbar. 70 Dementsprechend kann sich ein Verfahrensbeginn von Amts wegen ergeben, 71 auf einen Antrag hin 72 oder nach

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Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. B. Wie z. B. der schon öfter herangezogene § 9 VwVfG oder § 8 SGB X. 66 Martin, Heilung von Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren, S. 17 f. 67 Martin, Heilung von Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren, S. 18; Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 193 ff.; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 46 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR III 1, § 70, Rn. 1. 68 Vgl. oben 7. Kap. 1. Abschn. A.IV.2. 69 Vgl. Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 1, Rn. 12 ff. 70 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 22, Rn. 6; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 22, Rn. 7, die davon ausgehen, es handle sich um einen „Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken“. 71 Z. B. bei dem baurechtlichen gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 BauGB. 72 Denkbar z. B. bei einer Zusage oder einem Verzicht. 65

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

pflichtgemäßem Ermessen, 73 sofern die Behörde nicht nur auf einen Antrag hin tätig werden darf. 74 II. Untersuchungsgrundsatz Der Untersuchungsgrundsatz ist eine der wesentlichen Strukturen des Verwaltungsverfahrens. In diesem Sinne erklärt § 24 Abs. 1 VwVfG näher, dass die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt und Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt. Nach Abs. 2 hat die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände, auch wenn sie für die Beteiligten günstige Umstände darstellen, zu berücksichtigen. Der Untersuchungsgrundsatz leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und dort insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Gebot des fairen Verfahrens her. 75 Auch wenn § 9 VwVfG den direkten Anwendungsbereich auf Verwaltungsverfahren in Zusammenhang mit Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichen Vertrag beschränkt, so sind dennoch die im Untersuchungsgrundsatz enthaltenen Wertungen, unabhängig der Begründung, auch abseits dieses Rahmens zu berücksichtigen. 76 Das Recht der Verwaltungserklärungen wird ebenfalls vom Untersuchungsgrundsatz bestimmt. III. Mitwirkung durch den Adressaten, Dritte oder andere Behörden Diese Beachtung rechtsstaatlicher Strukturen kann es auch für die Verwaltungserklärung erforderlich machen, dass vor ihrer Verwendung eine Mitwirkungshandlung des Adressaten, Dritter oder anderer Behörden erfolgen muss. Der Anwendungsbereich für solche Mitwirkungshandlungen erscheint aber gering. Zwar weisen gerade mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen die Besonderheit auf, dass sie zum Eintritt des von ihnen herbeizuführenden rechtlichen Erfolges weitere rechtlich erhebliche Zwischenschritte benötigen, 77 doch hängt davon nicht die rechtliche Existenz der Verwaltungserklärung ab. Diese Art 73 Die Abgabe des Großteils der vorgefundenen Erscheinungsformen steht im pflichtgemäßen Ermessen der handelnden Behörde. 74 Unter den bisher ausgemachten Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung sind keine ersichtlich, die nur auf einen Antrag hin abgegeben werden dürfen. 75 BVerfG NJW 2004, 1022 (1025); P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 24, Rn. 1; Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 1, Rn. 9; Brühl, JA 1992, 193 (196). 76 P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 24, Rn. 13 („Grundgedanke“); Engelhardt, in: Obermayer, VwVfG, § 24, Rn. 3 ff. („ungeschriebene Grundsätze“); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 24, Rn. 4 (Anwendung aufgrund „allgemeiner Rechtsgedanken sinngemäß-analog“); Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 24, Rn. 1 („allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze“). 77 Vgl. oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.3.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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von Mitwirkungshandlungen wirkt sich erst in dem Zeitraum nach Abgabe der Verwaltungserklärung aus, ist aber keine unmittelbare Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verwaltungserklärung. Hingegen war für unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen gerade kein weiterer Zwischenschritt für den Eintritt des rechtlich gewünschten Erfolges erforderlich. Konkrete Beispiele für Mitwirkungshandlungen als echte Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verwaltungserklärung konnten im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht gefunden werden, 78 gleichwohl erscheint ihre Existenz durchaus denkbar. So wäre z. B. möglich, dass für eine Zusage erforderlich ist, dass in Bezug auf die zugesagte Verwaltungshandlung eine andere Behörde oder Dritte ihr Einverständnis erklären. Zurückzuführen wird diese weitgehend fehlende Notwendigkeit, eine Mitwirkungshandlung von Empfänger, Dritten oder andere Behörden vor Abgabe der Verwaltungserklärung abzuwarten, auf die einerseits im Gegensatz zu anderen Handlungsformen nur begrenzten Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung 79 und andererseits durch die regelmäßige Beschränkung der Rechtswirkungen auf die erklärende Behörde und ein weiteres Rechtssubjekt. IV. Bedürfnis einer Anhörung Für die Verwaltung kann nicht nur das Erfordernis bestehen, eine Mitwirkungshandlung des Adressaten abzuwarten, sondern auch, diesen vor ihrem Handeln anzuhören. Eine darauf gerichtete Pflicht besteht nach § 28 VwVfG ausdrücklich vor Erlass eines Verwaltungsakts. Auf Verwaltungserklärungen ist diese Vorschrift ebenso wenig direkt anwendbar wie es, soweit ersichtlich, 80 Regelungen gibt, die für konkrete Fälle von Verwaltungserklärungen eine Anhörung vorschreiben. 1. Möglichkeit einer Analogie zu § 28 VwVfG Für die Beantwortung der Frage, ob auch vor der Abgabe einer Verwaltungserklärung eine Anhörung vorzunehmen ist, muss deshalb auf die Analogie zurückgegriffen werden. Erneut muss dabei Schwerpunkt der Überlegungen nicht das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, sondern die Vergleichbarkeit der Interessenlagen sein.

78 Aus diesem Grund wird von der Erörterung einer analogen Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5 VwVfG an dieser Stelle abgesehen. 79 Vgl. oben 6. Kap. 2. Abschn. 80 Vgl. aber die Regelung des § 24 Abs. 2 Nr. 7 SGB X, der eine Anhörung für entbehrlich erklärt, sofern gegen oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet wird.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

a) Zugrunde liegende Interessenlage bei § 28 VwVfG Zunächst gilt es also, die dem § 28 VwVfG zugrunde liegende Interessenlage aufzudecken. Auch ohne ein tiefergehendes Befassen hiermit lassen sich zwei mögliche Ansätze vorstellen: Zum einen könnte die Anhörungspflicht des § 28 VwVfG ausweislich ihres ausdrücklichen Bezugs an die formelle Handlungsform des Verwaltungsakts anknüpfen. Zum anderen wäre auch denkbar, dass die Anhörung, unabhängig der Handlungsform Verwaltungsakt, an die materiellen Wirkungen der fraglichen Handlung anknüpft. Für den Fall der ersten Variante stünden einer Analogie zur Verwaltungserklärung erhebliche Schwierigkeiten im Wege. Für die konkrete Bestimmung der hinter der einfachgesetzlichen Ausprägung der Anhörung stehenden Grundstrukturen gibt es verschiedene Vorstellungen. Überwiegend wird das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage der Anhörungspflicht herangezogen. 81 Daneben wird vielfach auf die Garantie der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG abgestellt. 82 Unter diesem Aspekt kann der Bürger nicht lediglich als Objekt des Verwaltungsverfahrens angesehen werden. 83 Vielmehr dienen die verfahrensrechtlichen Grundsätze und insbesondere die Pflicht zur Anhörung auch dem effektiven Individualrechtsschutz und der Sicherung der Grundrechte. 84 Dies gewährleistet die Anhörung gerade dadurch, dass sie für beide Seiten im Verfahren zugleich ein Beweismittel und eine Möglichkeit der Sachverhaltsaufklärung darstellt. 85 Das Auffinden der richtigen Entscheidungen ermöglicht eine Gleichbehandlung aller Bürger und verhindert so behördliche Willkür. Durch die Anhörung gewinnt das Verhältnis des Bürgers zum moder81 BVerfGE 9, 83 (95); 27, 88 (103); 65, 171 (174 ff.); BVerfG NJW 2000, 1709 (1709); VGH Kassel NJW 1956, 1940 (1941); Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 2; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 3; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 3a; Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 3; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 178; Hochhuth, NVwZ 2003, 30 (30); Krasney, NVwZ 1986, 337 (337); Schilling, VerwArch 78 (1987), 45 (46); Mandelartz, DVBl. 1983, 112 (112); Clausen, in: Knack, VwVfG, § 28, Rn. 3 m.w. N. Nach Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 37, Rn. 13, ist die Pflicht zur Anhörung ein „fundamentaler rechtsstaatlicher Grundsatz“. 82 Wintrich, BayVBl. 1957, 137 (139); Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 3; Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 2; Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 3. Weitere Möglichkeiten der Ableitungen sollen sich aus dem Sozialstaatsprinzip, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie Art. 103 Abs. 1 GG ergeben, vgl. insgesamt Schilling, VerwArch 78 (1987), 45 (46) m.w. N. Zu einer Herleitung aus Art. 103 Abs. 1 GG sowie dem Verhältnis der verwaltungsrechtlichen Anhörungspflicht zu diesem grundgesetzlichen Schutzgehalt Feuchthofen, DVBl. 1984, 170 (172 ff.). 83 Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 16; Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 2. 84 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 1; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 1; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 28, Rn. 3; Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 3.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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nen Verwaltungsstaat an Vertrauen und es tritt ein „Befriedigungseffekt“ ein. 86 Es zeigt sich damit, dass die Anhörungspflicht nach § 28 VwVfG weniger von den handlungsformbedingten Eigenarten des Verwaltungsakts geleitet wird, als vielmehr von den Rechten und der Stellung des Bürgers sowie den Geboten eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens. b) Situation bei Verwaltungserklärung Das Rechtsstaatsprinzip, auf das unter anderem die Anhörungspflicht des § 28 VwVfG zurückgeht, verpflichtet und beeinflusst selbstverständlich auch die Handlungsform der Verwaltungserklärung. Dass dies ebenso für die Garantie der Menschenwürde gilt, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Die darauf bezogenen Ziele der Anhörung – Sachverhaltsaufklärung, das Finden einer richtigen Entscheidung, die Verhinderung staatlicher Willkür und die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Verwaltung und Bürger – sind uneingeschränkt auch im Rahmen der Verwaltungserklärung zu verfolgen. Insofern verwundert es kaum, dass die Pflicht zur Anhörung im Verwaltungsverfahren als allgemeiner Rechtsgedanke bzw. -grundsatz 87 anerkannt ist. 88 So soll eine Anhörung überall dort notwendig sein, wo die Verwaltung über widerstreitende Interessen die Letztentscheidungsbefugnis hat. 89 Fraglich ist allerdings, ob bei Verwendung der Verwaltungserklärung eine Anhörung notwendig ist, um Grundrechte zu sichern und Individualrechtsschutz zu gewähren. Hierbei ist zu differenzieren. Für mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen ist dies prinzipiell zu verneinen. Bei ihnen braucht es für den Eintritt der Rechtswirkungen einen weiteren rechtserheblichen Akt. Zumindest wenn dieser durch den Adressaten selbst vorzunehmen ist, wird man mit der Verwaltungserklärung für sich gesehen keine mögliche Verletzung der Grundrechte 85

Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 16; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 1, 3; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 1; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 28, Rn. 3; Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 3. 86 Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 16; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 2; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 1; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 178. 87 Die Terminologie wird an dieser Stelle lediglich übernommen und nicht nach den obigen Kriterien überprüft und bewertet, vgl. zu diesen näher oben 3. Kap. 2. Abschn. 88 Vgl. BVerwGE 27, 295 (298 ff.); 2, 343 (343); 6, 69 (69 ff.); VGH Kassel NJW 1956, 1940 (1941); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 4; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 8; Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, § 28, Rn. 2; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19, Rn. 20; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 483. Auch im Europarecht wird das Recht auf Gehör als ein fundamentaler Grundsatz im Verwaltungsverfahren angesehen, der auch dann gilt, wenn er nicht ausdrücklich geregelt ist, EuGH DVBl. 1987, 230 (231). 89 VGH Kassel NJW 1956, 1940 (1941).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

und die Notwendigkeit des Individualrechtsschutzes annehmen können, die das Erfordernis einer Anhörung auslöst. 90 Der Sachverhaltsaufklärung ist die Behörde auch ohne Festschreibung einer Anhörung verpflichtet 91 und die Vornahme richtiger Entscheidungen sowie das Verbot staatlicher Willkür sind Vorgaben, denen sich die Verwaltung ohnehin nicht entziehen kann. 92 Eine Verbesserung des Verhältnisses von Verwaltung und Bürger wird schon dadurch anzunehmen sein, dass sich die Behörde einer nur mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärung bedient. Bei unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen ist eine andere Situation gegeben. Hier tritt die Rechtswirkung ohne weitere Zwischenschritte allein durch die Entscheidung der handelnden Behörde ein. Zwar beansprucht bei dieser Konstruktion nicht die Erklärung als solches für den Adressaten Verbindlichkeit, wie es beim Verwaltungsakt der Fall ist, doch ist aus der Sicht des Bürgers dieser dogmatische Unterschied nicht erkennbar. Auch bei unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen hat der Adressat keine Möglichkeit, den Eintritt der Rechtswirkungen zu beeinflussen. 93 Die staatliche Handlung und die Beeinträchtigung sind identitätsgleich. Nur durch eine Erweiterung der Anhörungsverpflichtung auf diese Fälle wird die Entwicklung nachgezogen, die mit der Erweiterung des Eingriffsbegriffs seit Jahrzehnten stattfindet. 94 Die Verpflichtung, vor der Abgabe der zu betrachtenden Gruppe von Verwaltungserklärungen, eine Anhörung vorzunehmen, gestaltet den Grundrechtsschutz effektiver und stellt die Grundrechte unter größeren Schutz. Zumindest bei unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen ist also der Bürger vor Abgabe anzuhören. 2. Besondere Voraussetzungen der Anhörung vor Verwaltungserklärungen Besondere Voraussetzungen für die Anhörung bei Verwaltungserklärungen, die von den allgemeinen Voraussetzungen des § 28 VwVfG abweichen, sind nicht gegeben. Erforderlich ist, dass die Verwaltungserklärung in Rechte eines Beteiligten, also i. d. R. des Adressaten, eingreift. 95 Hier ist zumindest praktisch eine Gleichschaltung mit dem Anwendungsbereich des Gesetzesvorbehalts gegeben. Die Analogie schließt die Möglichkeiten des § 28 Abs. 2 VwVfG ein, von einer 90

Vgl. dazu oben 6. Kap. 4. Abschn. A. I.2.b.(1). Siehe soeben 7. Kap. 1. Abschn. B.II. 92 Vgl. zu diesen Formalzielen oben 2. Kap. 2. Abschn. B.II.2.d.(2)(b). 93 Vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. A. I.2.a. 94 Hochhuth, NVwZ 2003, 30 (30 f.). 95 Zu dem „Eingriff in Rechte eines Beteiligten“, Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 28, Rn. 30 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 24; Ehlers, Jura 1996, 617 (618); Krasney, NVwZ 1986, 337 (338). Dort auch die mögliche Erweiterung für Eingriff in rechtlich geschützte Interessen. 91

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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Anhörung abzusehen. An dieser Stelle ist lediglich auf die dortige Nr. 2 einzugehen. 96 Demnach ist eine Anhörung entbehrlich, wenn ansonsten eine für die Entscheidung maßgebliche Frist in Frage gestellt würde. Dies muss auch für die Fälle gelten, in denen sich eine Verjährungsfrist 97 lediglich aus einer möglichen Analogie zu Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt. 98 3. Folgen einer versäumten Anhörung – Analogie zu § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG Nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG kann eine fehlende Anhörung für einen Verwaltungsakt bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Damit sollen die Erfolgsaussichten von Rechtsbehelfen, die nur auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt werden, eingeschränkt werden. 99 Auch hiermit wird der Verfahrenseffizienz Rechnung getragen. 100 Zwar erscheint es aufgrund ihrer fehlenden Vollstreckbarkeit durch die Verwaltung selbst möglich, dass der Bürger gegen eine Verwaltungserklärung keinen Rechtsbehelf einzulegen braucht, sondern vielmehr die erklärende Behörde bei Nichtbefolgung ein Gerichtsverfahren anstrebt, doch ändert dies kaum etwas daran, dass die gegebenenfalls vorhandenen, nur auf einer Verletzung der Anhörungspflicht basierenden Verteidigungsaussichten eingeschränkt werden und das Verfahren so effizienter ausgestaltet wird. Dementsprechend erscheint es sachgerecht, auch die Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG auf die Verwaltungserklärung analog anzuwenden. 101 Dem steht auch nicht die verbreitete Kritik an dieser Vorschrift entgegen, die sich besonders auf die Ausweitung der zeitlichen Möglichkeit zur Heilung erstreckt, da sich diese handlungsformunabhängig artikuliert. 102 V. „Geschäftsunfähigkeit“ des handelnden Amtswalters Rechtssubjekten des Zivilrechts ist es nach §§ 104 f. BGB verwehrt, wirksame zivilrechtliche Willenserklärungen abzugeben, sofern sie geschäftsunfähig sind. Unklar ist aber, wie sich eine nach diesen Maßstäben vorhandene Geschäfts96 Zu der Frage, ob eine der Allgemeinverfügung vergleichbare Verwaltungserklärung anzunehmen ist unten 7. Kap. 2. Abschn. A.III. 97 Dazu unten 7. Kap. 2. Abschn. E. 98 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 28, Rn. 62a; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 28, Rn. 38. 99 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 45, Rn. 23. 100 Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 596. 101 Vgl. Hochhuth, NVwZ 2003, 30 (32). 102 Vgl. Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 45, Rn. 36 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 45, Rn. 34 f. jeweils m.w. N.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

unfähigkeit eines Amtswalters auf die Wirksamkeit von ihm abgegebener verwaltungsrechtlicher Erklärungen auswirkt. Für den in ein Verwaltungsverfahren einbezogenen Bürger erscheinen die Konturen dieser verwaltungsrechtlichen Geschäftsfähigkeit (auch sog. Verwaltungsfähigkeit) durch die Handlungsfähigkeit des § 12 VwVfG sowie breiter angelegte Auseinandersetzungen mit diesem Thema als weitgehend geklärt. 103 Für den handelnden Amtswalter wäre eine Analogie zu den §§ 104 f. BGB denkbar. Als Konsequenz wäre eine Verwaltungserklärung, die von einem geschäftsunfähigen Amtswalter abgegeben wird, unwirksam. Im Gegensatz zu den bisherigen Fallgruppen eines Analogieschlusses muss allerdings an dieser Stelle schon das Vorhandensein einer planwidrigen Regelungslücke bezweifelt werden. Zumindest für Beamte, die schon bei Ernennung (unerkannt) geschäftsunfähig sind, ergibt sich aus § 14 S. 1 BBG eine Gültigkeit der vorgenommenen Amtshandlungen. Zwar kann diese Regelung auch so verstanden werden, dass nicht alleine durch eine nichtige oder zurückgenommene Ernennung die Erklärung eines geschäftsunfähigen Beamten unwirksam wird, andere Gründe aber sehr wohl dazu führen können. Auch wären Fälle später eintretender Geschäftsunfähigkeit nicht erfasst. Aber selbst bei der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke ist das Bejahen einer vergleichbaren Interessenlage mit Zweifeln behaftet. Die zivilrechtlichen Regeln über die Geschäftsunfähigkeit dienen neben der Rechtssicherheit dem Schutz derjenigen Personen, die nicht in der Lage sind, die möglichen belastenden Verpflichtungen, die durch die Teilnahme am Rechtsverkehr entstehen können, vollständig zu erfassen. 104 Durch die Handlungen eines Amtswalters wird jedoch sein Verwaltungsträger verpflichtet. 105 Der konkreten, natürlichen Person droht in dieser Hinsicht keine Belastung, da sie sich nicht selbst verpflichtet. Auch für den Fall des staatshaftungsrechtlichen Schadensersatzes statuiert Art. 34 S. 1 GG eine Verpflichtung des Verwaltungsträgers, nicht aber des handelnden Amtswalters. Selbst wenn der Amtswalter die volle persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen trägt, so ist für den möglichen Rückgriff gegen ihn ebenfalls die Geschäftsunfähigkeit zu berücksichtigen. Der handelnde Amtswalter benötigt grundsätzlich keinen Schutz, der dem eines Geschäftsunfähigen im Zivilrecht vergleichbar ist. Auch ist für die Zurechnung einer fraglichen Handlung nicht ausschlaggebend, ob der Amtswalter „einen vernünftigen Willensentschluss ge103 Middel, Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 145 ff.; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (310 ff.); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 183 ff.; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 32, Rn. 43. 104 Knothe, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 104 – 115, Rn. 19 ff.; Schmitt, in: Münchener Kommentar, BGB, Vor § 104, Rn. 2; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 104, Rn. 3; Larenz / Wolf, BGB AT, § 25, Rn. 1; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 260. 105 Dazu oben 4. Kap. 3. Abschn. B.II.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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fasst, sondern ob er von einer hoheitlichen Kompetenz Gebrauch gemacht hat“. 106 Eine Analogie zu den §§ 104 f. BGB ist abzulehnen. 107 Die Verwaltungserklärung ist nicht deshalb unwirksam, weil der sie erklärende Amtswalter geschäftsunfähig ist. Da ihre Rechtswirkungen auf dem hiervon unabhängig zu betrachtenden Verwaltungswillen basieren, ist die Übereinstimmung des Amtswalterwillens mit diesem zu kontrollieren, nicht aber primär dessen Zustandekommen und Fehlerlosigkeit. 108 VI. Folgen eines Verfahrensfehlers – Analogie zu § 46 VwVfG Ein Verfahrensfehler kann ebenso wie ein Fehler der örtlichen Zuständigkeit über die analoge Anwendung des § 46 VwVfG unbeachtlich sein. 109 Dies kann sich beispielsweise auf die Mitwirkung eines nach § 20 Abs. 1 VwVfG befangenen Amtsträgers oder einer Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 25 VwVfG erstrecken. 110

C. Form Schon der Begriff einer Handlungsform macht deutlich, dass damit eine Sammlung von verschiedenen Handlungen gemeint ist, die sich (unter anderem) nach denselben Formbestimmungen richtet. In dieser Hinsicht haben sich Verwaltungserklärungen als Ausübung öffentlicher Gewalt grundlegend nach dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot zu richten. Für Verwaltungsakte ergibt sich dies einfachgesetzlich aus § 37 Abs. 1 VwVfG und für zivilrechtliche Willenserklärungen klingt dies zumindest im Ergebnis in den §§ 154, 155 BGB an. Auch Verwaltungserklärungen müssen derart inhaltlich präzise sein, dass der Bürger erkennen kann, was die staatliche Handlung bezwecken möchte. 111 Aufgrund der

106

Bull, Verwaltung durch Maschinen, S. 62. So auch Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 233; Knothe, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§ 104 –115, Rn. 98; Bull, Verwaltung durch Maschinen, S. 62; Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 167; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 166 f., 273. A. A. Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte, S. 290 ff.; Zeidler, Über die Technisierung der Verwaltung, S. 37, Anm. 36; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 2, S. 738. 108 Umfangreich hierzu oben 6. Kap. 7. Abschn. 109 Siehe oben 7. Kap. 1. Abschn. A.IV.2. 110 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 46, Rn. 17, mit weiteren Beispielen. 111 Vgl. BVerfGE 31, 255 (264); 37, 132 (142); 45, 400 (420); 62, 169 (183); 83, 130 (145); 87, 234 (263); BVerwGE 96, 110 (111); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art 20 VII, Rn. 63; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 25, 29; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 126 ff.; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 829 f.; Sommermann, in: von Mangoldt/Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 289 ff.; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 60 ff., 76. 107

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

allgemeinen Ableitung aus dem Rechtsstaatsprinzip bedarf es hierzu jedoch keines Rückgriffs auf einfachgesetzliche Ausprägungen dieses Grundsatzes. I. Grundsätzlich zulässige Ausdrucksmittel der Verwaltungserklärung Sowohl die zivilrechtliche Willenserklärung als auch der Verwaltungsakt sind grundsätzlich formfrei und damit einer breiten Vielfalt an Ausdrucksmitteln zugänglich. 112 Es ist kein Grund ersichtlich, insbesondere nicht aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen, weshalb nicht auch die Verwaltungserklärung grundsätzlich formfrei möglich sein sollte. Das bedeutet, dass es der Behörde freigestellt ist, in welcher Form sie von einer Verwaltungserklärung Gebrauch macht. In erster Linie stellt sich ihr die Wahl, diese mündlich oder schriftlich vorzunehmen. Eine mündliche Verwaltungserklärung ist bei einer direkten Ansprache des Adressaten mittels Stimmgebrauch gegeben. 113 Ein schriftliches Ausdrucksmittel setzt die handschriftliche oder maschinelle Verkörperung eines Gedankeninhalts durch Buchstaben oder Zahlen voraus. 114 Prinzipiell ist in solchen Fällen der Wille unmittelbar der Erklärung zu entnehmen. Möglich ist es aber auch, dass die Erklärung nicht ausdrücklich vorgenommen wird, sondern nur konkludent, also durch ein bestimmtes Verhalten, aus dem mittelbar im Zusammenhang mit den Begleitumständen auf einen konkreten Behördenwillen 115 zu schließen ist. 116 Für sich alleine enthält das konkludente Verhalten hingegen keinen bestimmten Erklärungswert. 117 Gerade bei diesen Formen konkludenter Verwaltungserklärungen ist auf die bisher erarbeiteten Auslegungsgrundsätze hinzuweisen. 118 Die Auslegung allein des konkludenten Verhaltens kann zu keinem Erfolg führen, weshalb zwingend ei112 Für den Verwaltungsakt § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG. Für die zivilrechtliche Willenserklärung Hertel, in: Staudinger, BGB, § 125, Rn. 3; Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 125, Rn. 1; Einsele, in: Münchener Kommentar, BGB, § 125, Rn. 1; Larenz / Wolf, BGB AT, § 27, Rn. 1; Rüthers / Stadler, BGB AT, § 24, Rn. 1; Köhler, BGB AT, § 12, Rn. 1. 113 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 37, Rn. 37; Janßen, in: Obermayer, VwVfG, § 37, Rn. 18. 114 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 37, Rn. 36; Janßen, in: Obermayer, VwVfG, § 37, Rn. 16. 115 Vgl. zu den unterschiedlichen Willenselementen im Rahmen der Verwaltungserklärung oben 4. Kap. 2. Abschn. B. 116 Vgl. BVerwGE 26, 161 (164); VG Hannover NJW 1984, 1644 (1644); Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 217; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 31; Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 17; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 90. Zu der Zulässigkeit konkludenten Verhaltens beim Verwaltungsakt P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 37, Rn. 39a; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 37, Rn. 19. 117 Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 17. 118 Siehe oben 6. Kap. 6. Abschn. B.II.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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ne erweiternde Berücksichtigung der begleitenden Umstände erforderlich ist. Das damit verbundene Anwachsen der zu berücksichtigenden Auslegungsfaktoren, die obendrein keine ausdrücklichen Erklärungsinhalte aufweisen, wird grundsätzlich einhergehen mit einem Anwachsen unsicherer Auslegungsergebnisse. In diesen Fällen muss die Zweifelsregelung, dass bei Auslegungen Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen, an Gewicht gewinnen. Aufgrund des aber generell zu beachtenden Bestimmtheitsgebots, das dieser Tendenz entgegengesetzt ausgerichtet ist, sollte auf konkludente Verwaltungserklärungen, trotz ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit, so weit wie möglich verzichtet werden. II. Besondere Formvorschriften im Einzelfall Diese grundsätzlich zulässigen Ausdrucksmittel stehen unter dem Vorbehalt einer spezielleren Regelung. Von den aufgefundenen Erscheinungsformen ist jedoch nur ein kleiner Teil ausdrücklich gesetzlich normiert. Dementsprechend konnte bei der bisherigen Bestandsaufnahme keine vorrangig anzuwendende Vorschrift gefunden werden, die die Verwendung einer besonderen Form für eine Verwaltungserklärung vorgibt. III. Schweigen als Verwaltungserklärung Als Ausdrucksmittel einer Erklärung kann auch ein bloßes Schweigen in Betracht kommen. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form des grundsätzlich durch aktiven Tun vermittelten konkludenten Handelns. 119 In höchstem Maße problematisch ist dabei regelmäßig, ob in einem Schweigen überhaupt der Wille enthalten ist, einen rechtlichen Erfolg herbeizuführen. Im Hinblick auf die zivilrechtliche Willenserklärung wird folglich ein Schweigen grundsätzlich nicht als rechtsgeschäftliche Erklärung gewertet bzw. als ablehnende negative Willenserklärung verstanden. 120 Auch ein Verwaltungsakt kommt nach allgemeiner Ansicht nicht schon durch ein bloßes Schweigen zustande, sondern ist, um dem Rechtsschutzbedürfnis des Bürgers gerecht zu werden, in einer ausdrücklicheren Form zu erklären. 121 Ansonsten bestünden schon Schwierigkeiten, den Zeitpunkt der nach § 41 VwVfG notwendigen Bekanntgabe genau zu 119

Larenz / Wolf, BGB AT, § 24, Rn. 20. OLG Koblenz NJW 2001, 1948 (1949); Heinrichs, in: Palandt, BGB, Einf v § 116, Rn. 7; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Vor § 116, Rn. 32; Flume, BGB AT Bd. 2, § 5.2; Larenz / Wolf, BGB AT, § 28, Rn. 67 ff.; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 91. Vgl. auch Kramer, Jura 1984, 235 (242), demnach von einer Willenserklärung durch Schweigen nur dann gesprochen werden könne, wenn dieses entweder zwischen den Parteien vereinbartes Erklärungszeichen und damit eine ausdrückliche Willenserklärung ist oder das Schweigen bei Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung aus Sicht eines objektiven Dritten als Ausdruck eines rechtsgeschäftlichen Willens zu verstehen ist. 120

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

bestimmen. Durch die im Vergleich zum Verwaltungsakt begrenzteren Rechtswirkungen und die daraus resultierenden prozessualen Erleichterungen, die eine Verwaltungserklärung aufweist, geht mit ihr jedoch auch ein geringeres Rechtsschutzbedürfnis des Adressaten einher. In diesem Punkt besteht mithin kein prinzipielles Argument gegen die Annahme einer Verwaltungserklärung durch Schweigen. Hinzu kommt der gegenüber staatlichem Handeln bestehende Vertrauensschutz. 122 Für Fälle behördlichen Schweigens kann zwischen zwei verschiedenen Strukturen unterschieden werden: Situationen, in denen das behördliche Schweigen direkt und ohne weiteres Abwarten zu einer Verwaltungserklärung führt und Situationen, in denen die Annahme einer rechtlich verbindlichen Erklärung erst durch die Hinzuziehung eines verstrichenen Zeitraums möglich erscheint. 1. Behördliches Schweigen ohne relevante Zeitkomponente In der ersten Konstellation schweigt die Behörde in dem Zeitpunkt, in dem von objektiven Dritten die Abgabe der fraglichen Verwaltungserklärung erwartet werden kann. Fraglich ist, ob ohne Berücksichtigung einer möglicherweise verstrichenen Zeitspanne unmittelbar das Vorliegen einer Verwaltungserklärung angenommen werden kann. Zivilrechtlich würde dieser Situation beispielsweise die Annahme eines Antrags durch Schweigen entsprechen. Ein Zeitfaktor ist hier unerheblich. Entscheidend in solchen Situationen ist der Vorgang der Auslegung. Sollte unter Berücksichtigung etwaiger Begleitumstände auf das Vorliegen einer Verwaltungserklärung geschlossen werden können, so ist diese anzunehmen. 123 Die bestehenden Zweifelsregelungen bei undeutlichen Auslegungsergebnissen sind in ihrer Wirkung dabei aber einzuschränken. Liegt tatsächlich nach Auslegung des Sachverhalts nur ein Schweigen vor, so ist dies als ablehnende bzw. nicht vorhandene Verwaltungserklärung zu verstehen. Keinesfalls darf ein Schweigen zu einer zweifelhaften Situation gemacht werden, mit dem Ergebnis, dass dann das Günstigere für den Bürger, also eventuell das Vorliegen einer Verwaltungserklärung, anzunehmen ist. Vielmehr ist dem Bestimmtheitsgebot stärkeres Gewicht zu verleihen, indem tatsächlich eine Erklärung zu verlangen ist, bei der eindeutig und präzise ihr Zweck zu erkennen ist. 124 Lässt sich aus den Begleitumständen nichts 121 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 37, Rn. 21; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35, Rn. 86; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 37, Rn. 28; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 12. 122 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.7. 123 Vgl. zur Auslegung oben 6. Kap. 6. Abschn. B. 124 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 122.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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entnehmen, so ist ein verbleibendes Schweigen nicht als Verwaltungserklärung zu verstehen. Faktisch führt dies dazu, dass entweder eine Auslegung aller Umstände dem Schweigen einen besonderen Erklärungsinhalt beimisst und damit zu einer konkludenten Erklärung führt oder ein echtes Schweigen ohne erkenntnisverschaffende Begleitumstände vorliegt, welches dann grundsätzlich nicht als Verwaltungserklärung zu qualifizieren ist. Ansonsten stünde ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot im Raume. Abweichungen von diesem Grundsatz sind in zweierlei Hinsicht denkbar. Zum einen erscheint es möglich, dass sich die Beteiligten von vornherein einigen, einem Schweigen einen bestimmten Erklärungsinhalt beizumessen. 125 Sofern dies im Einzelfall mit dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Einklang steht, ist es nicht zu beanstanden. Zum anderen ist es denkbar, dass bei Vorliegen eines Schweigens eine Verwaltungserklärung fingiert wird. So bestimmt z. B. § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB, dass das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist verweigert wurde. 2. Behördliches Schweigen mit relevanter Zeitkomponente Daneben sind auch Sachverhalte vorstellbar, in denen erst nach Ablauf einer bestimmten Zeitkomponente das Vorliegen einer rechtlich verbindlichen Erklärung erörtert werden kann. a) Möglichkeiten rechtlicher Einbindung behördlichen Schweigens mit relevanter Zeitkomponente Ein so geartetes behördliches Schweigen kann in vielen Lebenssachverhalten vorkommen, z. B. bei Emissionen, Hausbesetzungen, Geschwindigkeitsüberschreitungen oder baurechtswidrigen Gebäuden. 126 Die umfangreichste Aufarbeitung dieses Komplexes herrscht dabei im Umweltrecht und dort insbesondere im Wasserrecht. 127 Für die nähere Untersuchung der Möglichkeiten einer rechtlichen Einbindung behördlichen Schweigens soll unter anderem die in diesem Bereich aufzufindende sog. Duldung 128 herangezogen werden und daneben auf den ähnli-

125

Vgl. für das Zivilrecht oben Kap. 7, Fn. 120. Robbers, DÖV 1987, 272 (278). 127 Helberg, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, § 3, Rn. 100. Vgl. allgemein zur wasserrechtlichen Duldung Nisipeanu, Abwasserrecht, D IV 2 g; Breuer, Wasserrecht, Rn. 479 ff.; Czychowski / Reinhardt, WHG, § 7, Rn. 15. 128 Dabei ist die Duldung keine eigenständige verwaltungsrechtliche Handlungsform, sondern vielmehr ein Sammelbegriff für unterschiedliche Erscheinung verschiedener gän126

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

chen und allgemeineren Sachverhalt der Verwirkung behördlicher Eingriffsbefugnisse zurückgegriffen werden. 129 (1) Strukturmerkmale behördlichen Schweigens Obwohl die Duldung auch bei der Strafrechtsnorm der Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB für die Frage der Tatbestandlichkeit relevant wird, 130 begegnen dem Rechtsanwender schon bei dessen Begriff und der Einteilung in inhaltlich normative Kategorien erste Unklarheiten. Eine Duldung beschreibt, dass sich der Staat trotz ausreichender Kenntnis in einer Situation des Hinnehmens befindet und für den einzelnen Bürger dadurch eine Erweiterung seiner Rechtsposition in Frage steht. 131 Die Verhaltensweisen, in denen sich eine Duldung ausdrücken kann, sind dabei ebenso vielfältig wie die Motive, die hinter einer Duldung stehen können. 132 Auch bei der Verwirkung behördlicher Eingriffsbefugnisse sieht sich der Bürger einer Situation ausgesetzt, in der die Behörde, trotz möglicherweise bestehenden Wissens um ein rechtlich erlaubtes Eingreifen, nicht aktiv wird und der Bürger auf den Fortbestand dieses Zustands des Nichteingreifens vertraut. 133 Wird also die hier relevante Situation des behördlichen Schweigens als das Unterlassen behördlichen Einschreitens gegen einen rechtswidrigen Zustand in Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts verstanden, so ist als Gemeinsamkeit festzustellen, dass sich darin drei Elemente vereinen. 134 Es muss ein kognitives Element vorliegen, dass die zuständige Behörde Kenntnis von allen Umständen giger Handlungsformen, Fluck, NuR 1990, 197 (198); Heider, NuR 1995, 335 (336); Nisipeanu, ZfW 1990, 365 (372). 129 Auch wenn vom Begriff her das behördliche Schweigen auf ein verbales Nichtstun ausgerichtet zu sein scheint, so müssen ebenso die diesbezüglich weiteren Sachverhalte der Duldung und des Verwirkens behördlicher Eingriffsbefugnisse davon erfasst sein. Dies gilt an dieser Stelle umso mehr, als das bei einem bloßen Vorliegen eines verbalen Nichtstuns aber gleichzeitigem Vorhandensein anderer Erklärungstatbestände, sich das Problem der Bewertung des behördlichen, nur verbalen Schweigens nicht stellen würde. Das hier zu untersuchende Schweigen ist folglich nicht auf verbale Formen begrenzt, sondern allumfassend sinngemäß gemeint. 130 Vgl. Dahs / Pape, NStZ 1988, 393 (393 ff.); Schall, NStZ 1992, 209 (214 f.). 131 Vgl. Robbers, DÖV 1987, 272 (278 f.); Heider, NuR 1995, 335 (336); Randelzhofer / Wilke, Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns, S. 54 ff. 132 Heider, NuR 1995, 335 (336 f.); Nisipeanu, AbwasserR, D IV 2 g; ders., ZfW 1990, 365 (369). 133 Vgl. Erfmeyer, VR 1999, 48 (52 ff.). 134 Vgl. Heider, NuR 1995, 335 (336), der jedoch nur von zwei Elementen ausgeht und eine zeitliche Komponente nicht berücksichtigt. An dieser Stelle zeigt sich auch, dass bei genauer Betrachtung die Termini der „Duldung“ und der „Verwirkung behördlicher Eingriffsbefugnisse“ zwar nicht zwingend vollkommen identische, aber dennoch sich teilweise inhaltlich überschneidende Sachverhalte beschreiben, die lediglich aus verschiedenen Richtungen betrachtet werden.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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hat, die ihr Eingreifen rechtfertigen und möglich machen würden. Ebenso muss ein voluntatives Element vorliegen, aufgrund dessen die Behörde die willentliche Entscheidung trifft, von diesen kognitiv bekannten Möglichkeiten keinen Gebrauch zu machen. 135 Schließlich muss ein zeitliches Element vorliegen, das anzeigt, dass seit Entstehen der behördlichen Handlungsmöglichkeiten ein langer Zeitraum verstrichen ist. 136 (2) Zulässigkeit des Ableitens rechtsverbindlicher Aussagen Es müsste zulässig sein, aus dieser Form des behördlichen Schweigens verbindliche Rechtsaussagen abzuleiten. Teilweise wird hiergegen schon eingewendet, dass für die Duldung eine gesetzliche Ermächtigung notwendig sei, diese aber tatsächlich nicht vorhanden sei. 137 Ob ein so geartetes behördliches Schweigen aber tatsächlich diese Konsequenzen nach sich zieht, muss bezweifelt werden. Duldet die Behörde einen rechtswidrigen Zustand mittels eines Schweigens, stellt dies für den Bürger erst einmal eine Begünstigung dar, die eine gesetzliche Grundlage prinzipiell nicht erfordert. 138 Aber auch wenn eingewandt wird, dass eine Duldung gerade in der Praxis des Umweltrechts häufig von zusätzlichen Leistungen des Bürgers abhängt, 139 so vermag dies hieran nichts zu ändern. Sollte die Behörde ihr Schweigen tatsächlich von einer Art „Bedingung“ oder „Auflage“ abhängig machen, so wird hierfür regelmäßig eine gesetzliche Ermächtigung bestehen, immerhin ist der Sachverhalt der Duldung gerade dadurch gekennzeichnet, dass ein alternatives behördliches Handeln rechtlich zulässig wäre. Daneben wäre denkbar, dass der Bürger diese Einschränkung eigenverantwortlich hinnimmt, um in den Genuss der Duldung zu gelangen. Schließlich ist zu bedenken, dass der Behörde in den fraglichen Fällen grundsätzlich im Rahmen des Opportunitätsprinzips Ermessen zugebilligt ist. 140 Die Möglichkeit, nicht eingreifen zu müssen, ist gerade Ausdruck dieses Prinzips. Ein behördliches Schweigen im obigen Sinne verstößt also nicht schon gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

135 Randelzhofer / Wilke, Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns, S. 54 ff.; Nisipeanu, Abwasserrecht, D IV 2 g. 136 Erfmeyer, VR 1999, 48 (52). Dieser fordert außerdem noch ein Umstandsmoment, welches erweiternde besondere Umstände in sich trägt. 137 Hallwaß, Die behördliche Duldung als Unrechtsausschließungsgrund im Umweltstrafrecht, S. 40 ff.; vgl. auch Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln und Umweltstrafrecht, S. 83 f. 138 Vgl. oben 6. Kap. 4. Abschn. A.II. 139 Hallwaß, Die behördliche Duldung als Unrechtsausschließungsgrund im Umweltstrafrecht, S. 43. 140 Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln und Umweltstrafrecht, S. 84 f.; Heider, NuR 1995, 335 (336).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Von den gleichen Kritikern wird ebenfalls vorgebracht, die Ableitung rechtlich verbindlicher Aussagen aus behördlichem Schweigen verstoße gegen den Vorrang des Gesetzes. 141 Zwar mag es im Einzelfall Normen geben, 142 die bei der Anerkennung einer rechtlich wirksamen Duldung in ihren Voraussetzungen umgangen oder aufgeweicht werden, doch findet sich zumindest keine ausdrückliche und grundsätzliche Norm, die ein behördliches Schweigen für unzulässig erklärt. Eine Umgehung gesetzlicher Vorschriften ist auch nur dann zu befürchten, wenn das behördliche Schweigen die gleichen Rechtswirkungen wie sonstige Verwaltungshandlungen hätte. 143 Auch wenn auf diese bisher nicht eingegangen wurde, so müssen die Rechtswirkungen einer Duldung in Konkurrenz zu denen eines gesetzlichen Genehmigungsverfahrens schon wegen dessen formalen Charakters zurückfallen. Ebenfalls ist ein Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes nicht ohne weiteres zu befürchten. Fraglich ist in der vorliegenden Fallgruppe dann, wie sich das zeitliche Element neben dem voluntativen und kognitiven Element auswirkt. Zwar ändert dieses nichts an der fehlenden Erkennbarkeit, ob ein Schweigen Ausdruck einer stattgefundenen Interessenabwägung oder nur eines Vergessens ist. 144 Es könnte aber ein Gegengewicht zu einem fehlenden Kundgebungsakt der Verwaltung einnehmen, sei dieser ausdrücklich oder konkludent. Denn in entsprechenden Sachverhalten wäre der Bürger einer permanenten rechtlichen Unsicherheit ausgesetzt, obwohl alle für das Schaffen einer sicheren Lage nötigen Umstände bekannt wären. 145 Dabei ist auch zweifelhaft, ob betroffenen Bürgern tatsächlich immer Möglichkeiten zur Verfügung stehen, der Unsicherheit abzuhelfen. Letztendlich entscheidet die Behörde über ihr Handeln und im Recht der Verwaltungserklärungen ist dies sehr viel weniger zeitlich abschließend fixiert, als beispielsweise im Recht des Verwaltungsakts. Im Verwaltungsrecht bestehen verschiedene Ausformungen, die dem Bürger erlauben, sich auf die Kontinuität staatlichen Verhaltens zu berufen. So bezieht sich das Verbot des venire contra factum proprium auf widersprüchliches Verhalten. 146 141 Hallwaß, Die behördliche Duldung als Unrechtsausschließungsgrund im Umweltstrafrecht, S. 45 ff.; vgl. auch Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln und Umweltstrafrecht, S. 85 ff. m.w. N. 142 Vgl. die Beispiele bei Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln und Umweltstrafrecht, S. 85; Hallwaß, Die behördliche Duldung als Unrechtsausschließungsgrund im Umweltstrafrecht, S. 46 f. 143 Heider, NuR 1995, 335 (336). 144 VGH Mannheim, NJW 1990, 3163 (3163). Auch wenn die Behörde lediglich vergessen hätte, über den fraglichen Sachverhalt zu entscheiden, so bedeutet dies nicht, dass eine Situation fehlenden Abstimmungsbewusstseins gegeben wäre, vgl. oben 4. Kap. 2. Abschn. B.II. Trotz individuellen Vergessens hätte die Verwaltung eine Vorstellung davon, wie in entsprechenden Situationen zu verfahren wäre. 145 Wernicke, NJW 1976, 1223 (1224).

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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Die Selbstbindung der Verwaltung wird durch eine ständige Verwaltungspraxis erzeugt und kann über Art. 3 Abs. 1 GG Geltung erlangen. 147 Schließlich kann beständiges staatliches Verhalten zu Vertrauensschutz führen. 148 Ohne auf einzelne Voraussetzungen näher eingehen zu wollen, kann festgehalten werden, dass das Vorliegen einer rechtlichen Verbindlichkeit durch behördliches Schweigen zumindest möglich erscheint. 149 b) Vorliegen der Merkmale einer Verwaltungserklärung Fraglich ist aber, ob die aus einem solchen behördlichen Schweigen ableitbare rechtliche Verbindlichkeit auch in der Handlungsform einer Verwaltungserklärung erscheinen kann. Praktisch problematisch wäre hierbei der Zeitpunkt, ab wann vom Vorliegen einer Verwaltungserklärung ausgegangen werden muss. Durchaus möglich ist, dass zu diesem Zeitpunkt ein entsprechender Wille der Behörde nicht vorlag. In dieser Hinsicht ist es gerade kennzeichnend für die dargestellten Begründungen – eines Berufens auf die Kontinuität staatlichen Handelns, insbesondere das Verbot des venire contra factum proprium –, dass ein möglicherweise entgegengesetzter Wille des Staates nicht zu berücksichtigen ist. Dem Schweigen wird gleichsam von außen und unabhängig der damit verbundenen Zielrichtung eine bestimmte Bedeutung verliehen. Das vorhandene kognitive Element muss somit nicht enthalten, in rechtlich verbindlicher Weise schweigen zu wollen, sondern lediglich, tatsächlich zu schweigen. Gemessen an den Handlungsformmerkmalen fehlt es dieser Art behördlichen Schweigens damit grundsätzlich an dem Willen, einen rechtlichen Erfolg herbeizuführen. Stattdessen knüpft lediglich die Rechtsordnung eine bestimmte rechtliche Folge an das Schweigen, unabhängig von einem darauf gerichteten Rechtswillen. Sollte ein behördliches Schweigen über einen längeren Zeitraum also verbindliche Rechtswirkungen entfalten, so handelt es sich dabei um ein Realhandeln i. w. S., genauer um eine geschäftsähnliche (Nicht-)Handlung. 150

146 Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 131; Looschelders / Otzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 286 ff., 1064 ff. 147 Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 84; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 24. 148 Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR II, § 26, Rn. 81; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 131. 149 Vgl. auch Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip, S. 363, der darauf hinweist, dass allein der Vertrauensschutz keine unbeschränkte Bindung in der Zukunft herbeiführt. 150 Für Realhandeln auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 57, Rn. 15; Robbers, DÖV 1987, 272 (278); vgl. auch Randelzhofer / Wilke, Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns, S. 34, 57.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

3. Zusammenfassung Gegen die Annahme einer Verwaltungserklärung durch behördliches Schweigen spricht grundlegend das Bestimmtheitsgebot. Erst durch das Hinzukommen eines zeitlichen Moments eröffnet sich die Möglichkeit, einem Schweigen rechtsverbindliche Aussagen zuzusprechen. In einem solchen Fall handelt es sich aber mangels eines auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Willen nicht um eine Verwaltungserklärung, sondern ein Realhandeln in Form einer geschäftsähnlichen (Nicht-)Handlung. IV. Mechanisierte und elektronische Erklärungen Keine relevanten Besonderheiten bestehen bei mechanisierten und elektronischen Verwaltungserklärungen im Vergleich zu anderen Handlungsformen, insbesondere dem Verwaltungsakt. Für zivilrechtliche Willenserklärungen finden sich erste diesbezügliche Ansätze in den §§ 126a, 126b BGB. Das Erstellen von Verwaltungserklärungen in einem mechanisierten und automatisierten Prozess ist möglich, unterliegt dabei aber freilich rechtsstaatlichen Anforderungen. 151 Besonderes Gewicht ist der Verständlichkeit einer so hergestellten Erklärung beizumessen. Nach den obigen Auslegungsregeln gehen diesbezügliche Unklarheiten zu Lasten der Behörde. Aufgrund des allgemein für Verwaltungshandeln eröffneten Anwendungsbereichs des § 3a VwVfG sind auch elektronische Verwaltungserklärungen möglich. 152 Voraussetzung ist jedoch, dass der Empfänger der Verwaltungserklärung hierfür einen Zugang i. S. d. § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet hat. 153 V. Begründung Ein schriftlicher Verwaltungsakt ist nach § 39 VwVfG grundsätzlich zu begründen. Hingegen braucht eine zivilrechtliche Willenserklärung als Ausdruck der Privatautonomie nicht begründet werden. Innerhalb dieser beiden gegenüberstehenden Positionen gilt es die Verwaltungserklärung einzuordnen.

151 Vgl. Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 7. Zu der Ersetzung der Unterschrift, vgl. BVerfG NJW 1994, 575. 152 Vgl. oben 7. Kap. 1. Abschn. A.III.3. 153 Zu den Voraussetzungen einer Zugangseröffnung Kopp / Ramsauer, VwVfG, §3a, Rn. 6 ff.; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 3a, Rn. 28 ff.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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1. Möglichkeit einer Analogie zu § 39 VwVfG Eine Begründungspflicht könnte sich über eine Analogie zu § 39 VwVfG ergeben. Die hierfür notwendige planwidrige Regelungslücke ist gegeben. a) Zugrunde liegende Interessenlage bei § 39 VwVfG Die Begründungspflicht des § 39 VwVfG weist klare Funktionen auf. 154 Als Konkretisierung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und des verfassungsrechtlichen Rechts auf Gehörs soll die Begründung dem Bürger die Möglichkeit geben, die relevanten Motive für den Erlass eines Verwaltungsakts zu erkennen und hierauf bezogen die Möglichkeit und Effektivität eigenen Rechtsschutzes einschätzen zu können. 155 Auch für eine spätere prozessuale Aufarbeitung dient sie der Klarstellung und Dokumentation der Beweggründe für das Handeln der Verwaltung. 156 Um den Gang vor die Gerichte zu vermeiden, soll die Begründung die Akzeptanz des Bürgers für die Verwaltungsentscheidung fördern und so zu einem fairen und auf Dialog ausgerichteten Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger als Partnern beitragen. 157 Schließlich soll sich auch die Behörde durch die Begründungspflicht die entscheidenden Motive noch einmal vor Augen führen und so eine Selbstkontrolle durchführen. 158 b) Situation bei Verwaltungserklärung Handlungsformunabhängig wird auch bei der Begründungspflicht des § 39 VwVfG eine erweiternde Anwendung für einzelfallbezogene Maßnahmen aufgrund eines allgemeinen Rechtsgedankens 159 oder allgemeiner Rechtsgrundsät154

Allgemein Schwab, Die Begründungspflicht nach § 39 VwVfG, S. 17 ff. BVerwGE 61, 200 (210); 75, 214 (239); 84, 375 (388); 91, 262 (267 f.); VGH Mannheim VBlBW 1989, 335 (337 f.); Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 9; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 6; Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 1, Rn. 10; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 39, Rn. 2a; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 39, Rn. 5; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 294. 156 BVerwGE 62, 330 (340); 91, 262 (268); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 6; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 39, Rn. 5; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 294. 157 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 6; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 39, Rn. 2a; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 12; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 39, Rn. 5. 158 BVerwGE 91, 262 (267); Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 9; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 12; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 39, Rn. 9; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 39, Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 39, Rn. 2a; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 294. 155

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

ze 160 diskutiert. Die Rechtsprechung hat sich aber solch einer umfassenden Auffassung bisher nicht angeschlossen. 161 Für die Vergleichbarkeit der Interessenlagen lässt sich zwischen mittelbar und unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen unterscheiden. Erstere erzeugen für sich gesehen ohne weitere Zwischenschritte keinen Eingriff in Grundrechte. Ein später kommendes prozessuales Aufarbeiten kann zwar auch die betreffende mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung zum Gegenstand haben, wird sich aber in aller Regel auf den der Verwaltungserklärung noch folgenden Rechtsakt konzentrieren, der erst die Rechtswirkungen herbeigeführt hat. Da sich der Rechtsschutz damit grundsätzlich auf nach der Verwaltungserklärung stattfindende Maßnahmen bezieht, ist die Interessenlage in dieser Hinsicht nicht vergleichbar. 162 Der Bürger bedarf zumindest für die Wahrung seines Rechtsschutzes bei mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen keine dem Verwaltungsakt vergleichbare Begründung. Diese ist aufgrund des gesunkenen Bezugs des Rechtsschutzes zur mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärung – gegebenenfalls auch aufgrund des § 44a VwGO – nicht erforderlich. Die in einem späteren Prozess möglicherweise notwendige Kenntnis der verwaltungsinternen Beweggründe ergibt sich auch durch die Grundsätze einer vernünftigen Aktenführung und ergänzend Akteneinsichtsrechten. Die Verwendung mittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärungen ist für sich betrachtet schon Ausdruck eines partnerschaftlichen und fairen Verhältnisses zwischen Verwaltung und Bürger. Eine Begründungspflicht aufgrund einer Analogie zu § 39 VwVfG besteht nicht. Unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen können hingegen einen Eingriff in Grundrechte darstellen. Um dem Bürger für einen Prozess ausreichende Informationen zukommen zu lassen, ließe sich eine vergleichbare Interessenlage und damit eine Begründungspflicht vertreten. Dabei dürfen aber nicht die prozessualen Grundstrukturen außer Acht gelassen werden, die sich einer unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärung anschließen. Aus sich heraus lässt sich diese, im Gegensatz zum Verwaltungsakt, nicht selbständig durchsetzen. Im Einklang damit ist es aber auch nicht der Bürger, der sich gegen eine Verwaltungserklärung zur Wehr setzen muss, will er rechtliche Nachteile vermeiden, sondern vielmehr 159 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 8; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 5. 160 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 39, Rn. 8; in diese Richtung auch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 294. 161 Vgl. BVerfGE 24, 268 (274 ff.); BVerfG NJW 1992, 3033 (3033). Vgl. außerdem die Nachweise bei P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 8; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 5. A. A. Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 39, Rn. 12. 162 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 8a; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 5, die darauf abstellen, dass die betreffende Einzelmaßnahme belastenden Charakter hat.

1. Abschn.: Formelle Gesichtspunkte

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die Verwaltung, die die Verwaltungserklärung vor Gericht durchsetzen muss. Der Bürger trägt in der vorliegenden Konstellation keine Anfechtungslast. Sobald die Verwaltung die letztendliche Durchsetzung vorantreibt, muss sie auch den prozessualen Antrag begründen, der erst dafür sorgt, dass der Bürger sich mit der Sache inhaltlich auseinanderzusetzen hat. Auch ohne Begründungspflicht wird der Rechtsschutz des Bürgers bei ummittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen folglich nicht eingeschränkt. 163 Selbst wenn die Behörde entgegen rechtsstaatlicher Grundsätze ihr Handeln erstmalig zu diesem Zeitpunkt selbst kontrolliert, so wäre es ihr dennoch nicht verwehrt, die mit der Verwaltungserklärung bezweckten Änderungen der Rechtslage rückgängig zu machen oder zumindest auf ihre Durchsetzung zu verzichten. Der zeitliche Abstand zwischen Abgabe und (erneuter) Kontrolle bei der gerichtlichen Antragseinreichung könnte sich darüber hinaus positiv auswirken. Für die Dokumentationsfunktion gelten die schon dargelegten Überlegungen. Aufgrund der elementar verschiedenen prozessualen Strukturen erscheinen die relevanten Interessenlagen nicht vergleichbar. Es erscheint auch für unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen deshalb nicht angebracht, eine Vergleichbarkeit mit der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Situation anzunehmen. 2. Kein zwingendes Erfordernis Auch wenn eine Analogie zu § 39 VwVfG nicht angezeigt ist, so bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass eine Begründung für Verwaltungserklärungen unzulässig ist. Das Gebot einer fairen und partnerschaftlichen Verwaltung besteht unabhängig einer bestimmten Handlungsform. 164 Da bei der Verwaltungserklärung zumindest grundsätzlich eine Begründung möglich ist, 165 erscheint es auch sachgerecht für die Verwaltung, diese zumindest bei unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen zu erteilen, ohne daraus gleichzeitig eine Rechtspflicht zu machen.

163 Und selbst beim Verwaltungsakt ermöglicht § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG bis in den Prozess hinein das Abgeben einer nachträglichen Begründung. 164 Vgl. BVerfGE 45, 297 (335), „Die Notwendigkeit des Gesprächs zwischen Verwaltung und Bürger entspricht dem grundgesetzlichen Verständnis der Stellung des Bürgers im Staat.“ 165 Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 39, Rn. 8c; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 39, Rn. 6, demnach bei Realakten aus praktischen Gründen keine Begründungspflicht gegeben sei. Grenzt man Realakte und Rechtshandlungen zutreffend danach ab, ob die fragliche Handlung auf einen tatsächlichen oder rechtlichen Erfolg gerichtet ist, vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.VI, so kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, bei Realakten sei eine Begründung schon aus praktischen Gründen ausgeschlossen. Am deutlichsten wird dies bei geschäftsähnlichen Handlungen.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Oftmals wird sich eine Begründung jedoch schon zumindest durch Auslegung aus dem Inhalt der Verwaltungserklärung ergeben. 166 Als Ausdruck eines konsensualen Verhältnisses zwischen Verwaltung und Bürger sollten unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen begründet werden. Im Rahmen einer solchen Soll-Begründung können auch den Entbehrlichkeitsgründe des § 39 Abs. 2 VwVfG vergleichbare Sachverhalte berücksichtigt werden und Erklärungen, bei denen sich die Begründung schon aus der Natur der Sache ergibt. 167 VI. Folgen eines Formfehlers – Analogie zu § 46 VwVfG Auch für mögliche Formfehler ergibt sich nach den bisherigen Ausführungen eine Analogie zu § 46 VwVfG. 168

2. Abschnitt

Materielle Gesichtspunkte Im Folgenden sollen diejenigen materiellen Aspekte untersucht werden, die für jede Verwaltungserklärung relevant werden können, unabhängig ihres konkreten Inhalts. Nicht erneut eingegangen wird dabei auf die materiellen Überlegungen zu den Rechtswirkungen, dem Gesetzesvorbehalt und Gesetzesvorrang, dem Verhältnis zum Verwaltungsakt und den rechtlichen Grenzen des Konkretisierungsspielraums. Die Zuordnung in formelle und materielle Gesichtspunkte orientiert sich an klassischen Strukturen und hat primär darstellungsbezogene Gründe. Es kann und soll deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass für die folgenden Aspekte auch eine andere Einteilung möglich ist, insbesondere in Bezug auf die Rechtmäßigkeit. Auch für die Behandlung der kommenden materiellen Gesichtspunkte stellt sich dabei jeweils grundsätzlich die Frage, ob die Verwaltungserklärung eher mit dem Verwaltungsakt oder der zivilrechtlichen Willenserklärung vergleichbar ist. 169

166

Dass beispielsweise ein Amtshilfeersuchen (allerdings gegenüber einer anderen Behörde) aufgrund fehlender eigener Ressourcen abgegeben wird oder eine Aufrechnung aufgrund des Bestehens gegenseitiger Forderungen und der Arbeitserleichterung erklärt wird, wird sich regelmäßig aus den konkreten Erklärungen ergeben. 167 Aufgrund der fehlenden Relevanz wird die theoretisch mögliche Analogie zu § 46 VwVfG an dieser Stelle nicht weiter vertieft, vgl. oben 7. Kap. 1. Abschn. A.IV.2. 168 Siehe oben 7. Kap. 1. Abschn. A.IV.2. 169 Vgl. grundsätzlich Riedl, in: Obermayer, VwVfG, vor § 9, Rn. 121.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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A. Beginn der Wirksamkeit Die vorliegende Untersuchung hat sich bisher mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Verwaltungserklärung wirksam ist, allerdings noch nicht mit der Frage, ab wann eine Verwaltungserklärung wirksam ist. Die den Beginn der Wirksamkeit auslösenden Umstände bilden die entscheidende Grenze zwischen dem Verwaltungsinternum und der rechtsfolgenauslösenden Handlungsform. 170 Der Beginn der Wirksamkeit ist damit wesentliches Element des Verwaltungsverfahrens und gleichzeitig Voraussetzung für die rechtliche Existenz der Verwaltungserklärung. I. Verortung des Beginns der Wirksamkeit der Verwaltungserklärung in bestehenden Strukturen Der Zeitpunkt des Beginns ihrer Wirksamkeit ist für jede Handlungsform relevant. Zuvorderst ist die Möglichkeit zu erörtern, für diesen Aspekt der Verwaltungserklärung eine Anleihe zu bestehenden Strukturen zu nehmen. 1. Möglichkeit einer Analogie zu § 41 VwVfG Ebenso wie bei anderen konkreten Handhabungsregeln könnte sich der Beginn der Wirksamkeit über eine Analogie zu § 41 VwVfG ergeben, der die Bekanntgabe des Verwaltungsakts zum Gegenstand hat. Diese Regelung ist geleitet durch das Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs und eines effektiven verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. 171 Die in diesem Bereich bestehenden elementaren Unterschiede zwischen Verwaltungsakt und Verwaltungserklärung konnten bereits aufgezeigt werden. Umso hinderlicher ist es, wenn § 41 VwVfG detailliert auf die Situation des Verwaltungsakts zugeschnittene Regelungen enthält. Die in Abs. 2 enthaltene 3-TagesFiktion bei der Übermittlung elektronischer oder schriftlicher Verwaltungsakte durch die Post im Inland gewinnt ihre Bedeutung durch die Auslösung der Rechtsbehelfsfristen und dient so der Rechtssicherheit und Verwaltungseffizienz. 172 Die Notwendigkeit zur Einhaltung von Rechtsbehelfsfristen besteht bei der Verwaltungserklärung aber nicht. Auch die Vorschrift des Abs. 4 mit ihren Regelungen zu einer öffentlichen Bekanntmachung ist auf den Verwaltungsakt ausgerichtet, indem sie auf einen verfügenden Teil oder die Begründung abstellt. Darüber hinaus soll sich ohnehin die Bekanntgabe nach § 41 VwVfG nur auf den verfügenden bzw. feststellenden Teil des Verwaltungsakts beziehen. 173 Die Verwaltungserklä170 171 172

Henneke, in: Knack, VwVfG, § 41, Rn. 5. Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 4. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 42 f.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

rung weist keinen dem Verwaltungsakt vergleichbaren verfügenden Teil auf. Auch besteht für sie keine Begründungspflicht. Darüber hinaus erscheinen Verwaltungserklärungen, die rein textlich derart umfangreich sind, dass sie nicht als Ganzes öffentlich bekanntgegeben werden, eher unwahrscheinlich. Eine erweiternde Anwendung des § 41 VwVfG ließe sich somit allenfalls für selbständig anfechtbare Maßnahmen annehmen, 174 da hier insofern zumindest eine prozessuale Vergleichbarkeit gegeben wäre. Doch eine analoge Anwendung für die Verwaltungserklärung erscheint aufgrund der Verschiedenheit zwischen ihr und dem Verwaltungsakt im prozessualen Bereich und der darauf bezogenen detaillierten Ausgestaltung des § 41 VwVfG nicht möglich. 175 2. Kategorie der „Bekanntgabe“ Fraglich ist dann, ob die im Zusammenhang mit dem Beginn der Wirksamkeit stehenden Vorgänge bei der Verwaltungserklärung trotzdem in die Struktur der „Bekanntgabe“ eingebunden werden können. Für den Verwaltungsakt werden diese durch § 41 VwVfG unter dem Terminus der „Bekanntgabe“ zusammengefasst. Bei der zivilrechtlichen Willenserklärung benennt § 130 BGB diese Schritte, vor allem ausgerichtet auf das Ergebnis, als „Wirksamwerden“. Möglicherweise könnte einer Einbindung in die Struktur der Bekanntgabe schon entgegenstehen, dass die Analogie zu der entsprechenden Vorschrift des § 41 VwVfG abgelehnt werden musste. Insofern könnte es unverständlich erscheinen, gleichzeitig einen Analogieschluss zu § 41 VwVfG nicht anzunehmen und dennoch von einer „Bekanntgabe“ zu sprechen. Bekanntgabe kann jedoch auch als Oberbegriff verstanden werden, der nicht nur die ureigenste Variante der tatsächlichen Bekanntgabe, sondern auch Formen der Verkündung, Eröffnung oder Mitteilung umfasst. 176 Das Verwaltungsverfahrensgesetz definiert einen solchen allgemeinen Begriff der Bekanntgabe nicht, 177 sondern erläutert in § 41 VwVfG nur die Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Trotzdem wird der Begriff der Bekanntgabe allgemein auch für andere 173 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 3b; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 2b. 174 Vgl. BVerwGE 71, 63 (72); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 3; Schwarz, in: HkVerwR / VwVfG, § 41, Rn. 4. 175 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 3a; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 4; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 3. Für die Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgedankens in Abs. 1 und die fehlende Analogiefähigkeit der sonstigen Absätze Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 4, 43. 176 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 7. 177 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 6; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 7.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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öffentlich-rechtliche Handlungsformen wie die Verordnung 178 oder Satzung 179 benutzt. Dabei wird diese Bezeichnung unabhängig eines Analogieschlusses zu § 41 VwVfG verwendet, der auch im Rahmen dieser beiden letztgenannten Handlungsformen schon mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht möglich ist. Es fällt somit auf, dass die dem Beginn der Wirksamkeit vorhergehenden Umstände bei allen auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten und einseitigen Handlungsformen der Verwaltung als „Bekanntgabe“ bezeichnet werden. Auch die Verwaltungserklärung ist auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet und einseitiger Natur. Versteht man „Bekanntgabe“ als „Kundgabe bestimmter Tatsachen“ wird dadurch angemessen zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Entscheidung über Abgabe und Inhalt der Verwaltungserklärung ebenso um einen einseitigen Vorgang handelt. Gleichzeitig wird durch die Verwendung des Begriffs der „Bekanntgabe“ die Verwaltungserklärung in die Nähe zum öffentlichen Recht gerückt und so einer möglichen Assoziationsgefahr vorgebeugt. Trotz der nicht möglich erscheinenden Analogie zu § 41 VwVfG sollen die für den Beginn der Wirksamkeit notwendigen Schritte auch für die Verwaltungserklärung unter dem Begriff „Bekanntgabe“ behandelt werden. 3. Generelle Kategorien zur näheren Bestimmung der Bekanntgabevoraussetzungen Zu klären ist sodann, welches die maßgeblichen Kategorien für den Beginn der Wirksamkeit sind. 180 Im Rahmen der zivilrechtlichen Willenserklärung wird hierfür nach den §§ 130 ff. BGB zwischen empfangsbedürftigen und nicht empfangsbedürftigen Erklärungen unterschieden. 181 Auch für die Wirksamkeit verwaltungsrechtlicher Erklärungsakte wird diese Unterscheidung herangezogen, 182 teilweise wird stattdessen aber auch bezweifelt, dass es im öffentlichen Recht nicht 178 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13, Rn. 13; Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 7; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Rn. 336. 179 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 639; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 282 ff.; von Mutius, Kommunalrecht, Rn. 362. 180 Mit dem mittlerweile allgemeinen Verständnis wird hierbei im Grundsatz von der Empfangstheorie (Wirksamkeit mit Empfangen der Äußerung durch den Adressaten) zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts des Beginns der Wirksamkeit ausgegangen. Bei diesem vor allem im 19. Jahrhundert geführten Streit bestand neben der Empfangstheorie die Möglichkeit, auf die Äußerungstheorie abzustellen (Wirksamkeit, sobald der Wille seine äußeren Gestalt gewinnt), die Entäußerungs- bzw. Übermittlungstheorie (Wirksamkeit wenn Absendung der Äußerung in Richtung auf den Empfänger) oder die Vernehmungstheorie (Wirksamkeit bei inhaltlich richtiger Kenntnisnahme durch Empfänger), vgl. allgemein Singer / Benedict, in: Staudinger, BGB, § 130, Rn. 1 ff. 181 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 130, Rn. 1; Einsele, in: Münchener Kommentar, BGB, § 130, Rn. 1, 5; Flume, BGB AT Bd. 2, § 14.1; Medicus, BGB AT, Rn. 257 ff.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

empfangsbedürftige Erklärungen gibt. 183 Zu überlegen gilt deshalb, ob sich diese Kategorien auch für die Bekanntgabe der Verwaltungserklärung als sachgerecht erweisen können. Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen, wie z. B. die Eigentumsaufgabe nach § 959 BGB, das Testament nach § 2247 BGB oder die Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden nach § 151 BGB 184 stellen im Zivilrecht nicht den Regelfall dar. 185 Bei ihnen soll es auf die Wahrnehmung durch einen Erklärungsempfänger nicht ankommen. 186 Diesem Umstand liegt das privatautonome Verständnis des Einzelnen zugrunde, welches das Zivilrecht prägt und weshalb dieses vor allem solche Regelungen zur Verfügung stellt, mit denen ein selbständiger und eigenmächtiger Ausgleich zwischen verschiedenen Privatrechtssubjekten möglich ist. 187 Das beinhaltet, dass der Einzelne rechtliche Entscheidungen bezogen auf sich selbst treffen kann, die typischerweise andere Privatrechtssubjekte nicht wesentlich berühren. 188 Das öffentliche Recht sieht sich einer anderen Situation ausgesetzt. Der Staat handelt nicht zum Selbstzweck, sondern im öffentlichen Interesse. 189 Im Zuge der Organisation und Gestaltung des Zusammenlebens seiner Bürger aus einer überindividuellen Position heraus bleibt es nicht aus, dass der Staat Verpflichtungen an Einzelne oder die Gesamtheit der Bürger ausspricht. Während der Bürger auf sich selbst bezogen rechtlich wirkt, ist dies dem Staat fremd. Haben die Handlungen des Staates also zum Ziel, das Zusammenleben der rechtlich von ihm zu unterscheidenden Bürger zu organisieren, 190 müssen seine Entscheidungen diesen auch kenntlich gemacht werden. Hierin konkretisiert sich ein rechtsstaatliches Gebot. 191 Eine andere Praxis hat keine Chancen auf bürgerliche Akzeptanz, weil sie den Bürger zum bloßen Objekt des staatlichen Handelns macht. 192

182

P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4a; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (319 f.); de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 124. 183 Kormann, Annalen des Deutschen Reichs, 114 (115); Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 38 m.w. N. 184 Zu der Nichtanwendbarkeit dieser Vorschrift im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrags Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 62, Rn. 24. 185 Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 10. 186 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 130, Rn. 1. 187 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. 188 Singer / Benedict, in: Staudinger, BGB, § 130, Rn. 11. 189 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.5. 190 „Organisieren“ muss in diesem Zusammenhang vor allem die Verschaffung von Freiheiten für die Bürger bedeuten. 191 Vgl. BVerfGE 65, 283 (290 f.). 192 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 1.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Diesen rechtsstaatlichen Anforderungen widerspricht die Vorstellung nicht empfangsbedürftiger staatlicher Handlungen, wobei Empfangsbedürftigkeit i. d. S. nicht so verstanden werden darf, dass der Eintritt der Rechtswirkungen von der tatsächlichen Kenntnisnahme abhängig ist. 193 Eine nicht empfangsbedürftige Verwaltungserklärung wäre vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass sie ohne Rücksicht darauf, ob der Bürger die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte, Rechtswirkungen entfalten würde. Hingegen ist schon zum Schutz des Rechtsverkehrs Empfangsbedürftigkeit i. d. S. dadurch beschrieben, dass der Adressat unter normalen Umständen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte. 194 Auch für die von Teilen der Literatur als möglich erachteten nicht empfangsbedürftigen Verwaltungsakte reicht – gegenläufig zu dem eigentlichen Zweck der Unterscheidung empfangsbedürftiger und nicht empfangsbedürftiger Erklärungen aus dem Zivilrecht – die bloße Abgabe deshalb nicht aus. 195 Dies macht das Erfordernis der Bekanntgabe an diejenigen, die von dem Verwaltungsakt betroffen sind, in § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG deutlich. Verwaltungserklärungen sind ebenso wie der Verwaltungsakt auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet. Bei sämtlichen der bisher aufgefundenen Erscheinungsformen wirkt sich dieser Rechtserfolg auf verschiedene Rechtssubjekte aus, so dass die Verwaltungserklärung schon zur tatsächlichen Verwirklichung dieses Ziels den beteiligten Rechtssubjekten zur Kenntnis gebracht werden muss. 196 Allein durch die Offenlegung der auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Äußerung wird die Möglichkeit eröffnet, diesen im Rechtsverkehr zu verwirklichen. Bei unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen ergibt sich dies aus der Natur der Sache. Mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen führen den Rechtserfolg erst nach weiteren rechtlich erheblichen Handlungen herbei. Ohne deren Offenbarung werden die weiteren Handlungen regelmäßig gar nicht erst eintreten. Es kann an dieser Stelle nicht definitiv ausgeschlossen werden, dass es bei der unterschiedlichen Reichweite der Informationsvoraussetzungen gegenüber den Bürgern im öffentlichen Recht Erklärungen gibt, die den im Zivilrecht bekannten 193 So aber anscheinend de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 124. 194 BVerwGE 10, 293 (294); BFH NJW 200, 1742 (1742); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 14; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 12; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7b; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 9; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 41, Rn. 15; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 69; Einsele, in: Münchener Kommentar, BGB, § 130, Rn. 16; Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 130, Rn. 5; Singer / Benedict, in: Staudinger, BGB, § 130, Rn. 39; Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 130, Rn. 5; Larenz / Wolf, BGB AT, § 26, Rn. 11; Flume, BGB AT Bd. 2, § 14.1; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 149. Vgl. auch BT-Drs. 7/910, S. 62; OVG Hamburg NJW 2000, 2616. 195 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4a. 196 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 1a.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen vergleichbar sind. Aufgrund der aus strukturellen Vorgaben resultierenden Anforderungen an eine Öffentlichmachung staatlicher Entscheidungen erscheint aber die Kategorie empfangsbedürftig und nicht empfangsbedürftig weniger geeignet, die Besonderheiten des Verwaltungsrechts aufzunehmen, als denn eine Unterscheidung zwischen individueller Bekanntgabe und öffentlicher Bekanntmachung. II. Individuelle Bekanntgabe – Grundsätze des § 130 BGB 197 Die individuelle Bekanntgabe muss für die Verwaltungserklärung als Grundsatzanforderung angesehen werden. Diese Form der Bekanntgabe ist notwendig, wenn die mit der Verwaltungserklärung bezweckten Rechtswirkungen sich auf individuell bestimmte Rechtssubjekte beziehen sollen. Sofern der gewollte Empfängerkreis von vornherein klar bestimmt werden kann, muss die Verwaltungserklärung auch diesen zur Kenntnis gebracht werden. Dies richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen über den Zugang entsprechend § 130 BGB. 198 1. Abgabe Eine Verwaltungserklärung ist abgegeben, wenn der Erklärende ihren Inhalt erkennbar in Richtung auf den Empfänger geäußert hat. 199 Hinter dieser Äußerung muss ein entsprechender Bekanntgabewillen stehen. 200 Dieser muss umfassen, ob die Äußerung bekanntgegeben werden soll sowie wann und an wen dies geschehen soll. 201 Entscheidend für das zur wirksamen Abgabe notwendige Vorliegen des Bekanntgabewillens ist die objektive Sicht aus der Position des Empfängers heraus. Wenn im Rahmen einer Auslegung der behördlichen Äußerung davon ausgegangen werden darf, dass diese dem Empfänger zum jetzigen Zeitpunkt 197

Wie auch bei anderen Rückgriffen auf das Zivilrecht soll an dieser Stelle nicht näher beleuchtet werden, welche konkrete Form dieser Rückgriff hätte. 198 VGH München UPR 2001, 38 (38); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 3a; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 4; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn. 4; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 3; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 125. 199 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 130, Rn. 4; Einsele, in: Münchener Kommentar, BGB, § 130, Rn. 13; Singer / Benedict, in: Staudinger, BGB, § 130, Rn. 28; Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 130, Rn. 5; Larenz / Wolf, BGB AT, § 26, Rn. 2; Flume, BGB AT Bd. 2, § 14.1; Medicus, BGB AT, Rn. 263 ff.; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 142 ff.; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 12; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4c. 200 Dazu oben 4. Kap. 2. Abschn. B. I.; 6. Kap. 7. Abschn. B. 201 FG München NVwZ-RR 1990, 525 (526); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4c; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 7.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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bekanntgemacht werden sollte, liegt eine wirksame Abgabe vor. 202 Bei schriftlichen Verwaltungserklärungen kann grundsätzlich aus der Unterschrift auf den Bekanntgabewillen geschlossen werden. 203 2. Zugang Der Zugang der Verwaltungserklärung ist nach den in § 130 BGB enthaltenen Grundsätzen erfolgt, wenn der Adressat unter normalen Umständen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte. 204 Hierbei kann zwischen dem Zugang bei abwesenden und anwesenden Personen unterschieden werden, wobei wiederum in beiden Fallgruppen zwischen schriftlichen (bzw. verkörperten) und mündlichen (bzw. nicht verkörperten) Erklärungen unterschieden werden kann. Eine schriftliche Verwaltungserklärung unter Abwesenden geht in dem Zeitpunkt zu, in dem der Empfänger unter normalen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen konnte. 205 Mündliche Verwaltungserklärungen unter Abwesenden sind denkbar beim Einsatz von Boten. 206 Unter Anwesenden erlangt der Empfänger die Möglichkeit, Kenntnis von einer schriftlichen Erklärung zu nehmen, bei Übergabe. 207 Im Zuge der bisher verwendeten Empfangstheorie soll von dem Zugang einer mündlichen Erklärung unter Anwesenden dann ausgegangen werden, wenn der Erklärende vernünftigerweise keinen Zweifel daran haben konnte, dass der Empfänger die Erklärung verstanden hat (auch sog. abgeschwächte Vernehmungstheorie). 208 3. Sonderfälle Im Bereich der Bekanntgabe bestehen bei Verwaltungsakt und zivilrechtlicher Willenserklärung verschiedene Sonderfälle, deren Behandlung es auch für die Verwaltungserklärung zu untersuchen gilt.

202 Vgl. die Beispiele bei Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 5 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7 m.w. N. 203 Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 4c; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 7; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 8. 204 Vgl. die Nachweise oben Kap. 7, Fn. 194. 205 BGHZ 67, 271 (275); 137, 205 (208) st. Rspr; Einsele, in: Münchener Kommentar, BGB, § 130, Rn. 19. 206 Vgl. zu den Einzelheiten hierzu Heinrichs, in: Palandt, § 130, Rn. 8 f. 207 Brox / Walker, BGB AT, Rn. 155. 208 Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 130, Rn. 21; Larenz / Wolf, BGB AT, § 26, Rn. 36.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

a) Zugangsfiktion des § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG Nach § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wurde, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Auf diese 3-Tages-Fiktion konnte oben schon eingegangen werden. Ihr liegt eine der Situation zugrunde, die sich für die Verwaltungserklärung nicht ausmachen lässt, so dass eine Analogie zu dieser Vorschrift abgelehnt werden musste. 209 b) Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz Das Verwaltungszustellungsgesetz ist Bestandteil des allgemeinen Verwaltungsrechts und insofern nicht an die Verwendung einer bestimmten Handlungsform geknüpft, auch wenn es häufig in Verbindung mit Verwaltungsakten Anwendung findet. § 2 Abs. 1 VwZG definiert die Zustellung als die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der nach dem Verwaltungszustellungsgesetz bestimmten Form. Nach § 1 Abs. 2 VwZG wird zugestellt, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist. 210 Eine Rechtsvorschrift, die für eine Erscheinungsform der Verwaltungserklärung die Zustellung anordnet, konnte nicht aufgefunden werden. Dies geht einher mit den niedrigeren Rechtswirkungen, die eine Verwaltungswirkung entfaltet. Gleichwohl könnte durch eine behördliche Anordnung auch die Zustellung einer Verwaltungserklärung bestimmt werden. Die mit dieser Entscheidung einhergehende Beweissicherung kann auch für die Bekanntgabe einer Verwaltungserklärung angezeigt sein. 211 c) Aufgabe des Bekanntgabewillens Generell ist umstritten, wie sich ein fehlender Bekanntgabewillen auswirkt. 212 In der Rechtssprechung wird teilweise vertreten, dass für die Wirksamkeit einer Erklärungsabgabe diese vom Bekanntgabewillen getragen sein müsse und bloße Zurechenbarkeit nicht ausreiche. 213 Bisher wurde schon an verschiedenen Stellen deutlich, dass durch die regelmäßig fehlende Möglichkeit des Bürgers, Einblick in innerbehördliche Entscheidungsprozesse zu nehmen, und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Verlässlichkeit staatlichen Handelns in

209 210 211 212 213

Siehe oben 7. Kap. 2. Abschn. A. I.1. Vgl. auch die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen. Vgl. Engelhardt / App, VwZG, § 1, Rn. 9 f.; Sadler, VwZG, § 1, Rn. 12. Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 6 f. BFHE 155, 466 (468); 180, 538 (540).

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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der vorliegenden Untersuchung von einer grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Zurechnung und Auslegung ausgegangen wird. 214 Vor allem im Rahmen der Finanzgerichtsbarkeit wird jedoch zugelassen, dass ein bestehender Bekanntgabewillen auch wieder aufgegeben werden kann, solange die dazugehörige Erklärung noch nicht den Herrschaftsbereich der Behörde verlassen hat. Die Erklärung werde unwirksam, selbst wenn es nicht mehr möglich sei, das Verlassen des Herrschaftsbereichs durch die Erklärung aufzuhalten. 215 Aus der Sicht des Empfängers kann dies kaum überzeugen. Für ihn ist die fehlende Wirksamkeit durch die Aufgabe des Bekanntgabewillens, selbst wenn diese – wie von der Rechtssprechung gefordert – eindeutig dokumentiert ist, nicht ersichtlich. Ebenso wenig erscheint verständig, warum bei einen Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätzen über den Zugang entsprechend § 130 BGB einer Behörde eine über den Gehalt des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB analog hinausgehende Möglichkeit gegeben werden soll, sich von einer abgegebenen Erklärung ohne besonderen Grund wieder zu trennen. Nach den Zurechnungs- und Auslegungsgrundsätzen ist somit die Aufgabe des Bekanntgabewillens nur dann beachtlich und die Wirksamkeit hindernd, wenn dem Empfänger vor oder gleichzeitig mit Zugang der eigentlichen Erklärung auch die Aufgabe des Bekanntgabewillens bekanntgemacht wird. d) Fehlendes Erklärungsbewusstsein bei Abgabe Ein bei der Abgabe fehlendes Erklärungsbewusstsein wurde oben schon abgesprochen. 216 Maßgeblich muss auch bei diesen Fällen eine Auslegung der fraglichen Erklärung sein. Stellt sich diese für den Empfänger als Verwaltungserklärung dar, ist diese auch wie eine solche zu behandeln und damit wirksam. Davon zu unterscheiden sind jedoch Konstellationen, in denen der dann vorliegende Erklärungsinhalt nicht vom Verwaltungswillen abgedeckt ist. In dem Fall liegt zwar eine wirksame Verwaltungserklärung vor, die aber unter einem relevanten Fehler leidet. e) Abhandengekommene Verwaltungserklärungen Bei einer abhandengekommenen Verwaltungserklärung sind verschiedene Situationen denkbar. Kommt die Erklärung in den Rechtsverkehr, obwohl der veranlassende Amtswalter keine Erklärungshandlung vornehmen wollte, liegt aufgrund des fehlenden Handlungswillens eine nicht zurechenbare Erklärung vor (Nichterklärung). Veranlasst ein Dritter die Abgabe, kommt es darauf an, ob diese 214 Vgl. nur oben 6. Kap. 6 Abschn. B. So auch P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 6a. 215 BFHE 155, 466 (468); 180, 538 (540); BFH NVwZ 2001, 599. 216 Siehe oben 6. Kap. 7. Abschn. B.III.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Person eine Zuständigkeit bzw. Zeichnungsbefugnis zur Abgabe entsprechender Erklärungen hatte. Ist dies nicht der Fall kann die Erklärung der Behörde nicht zugerechnet werden. In diesen Fällen besteht davon unabhängig jedoch die Möglichkeit, staatshaftungsrechtlich vorzugehen. Besaß die die Abgabe veranlassende Person hingegen eine generelle Zuständigkeit bzw. Zeichnungsbefugnis zur vergleichbaren Außenvertretung oder wollte der Amtswalter handeln, wusste aber nicht, dass er eine rechtliche Erklärung abgeben würde, fehlt ihm das Erklärungsbewusstsein und es ist erneut die Auslegung der Erklärungshandlung entscheidend. Erscheint diese für einen vernünftigen Empfänger wie eine Verwaltungserklärung, so liegt eine wirksame, von der Behörde abgegebene Erklärung vor. Ein relevanter Fehler kann sich durch ein Abweichen vom Verwaltungswillen ergeben. III. Öffentliche Bekanntmachung Anstatt auf die Kategorie der nicht empfangsbedürftigen Erklärungen abzustellen, sollen im Folgenden öffentlich bekanntzumachende Verwaltungserklärungen behandelt werden. Die praktische Relevanz dieser Art der Herbeiführung der Wirksamkeit erscheint jedoch gering. Von den bisher aufgefundenen konkreten Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung scheint einzig die Auslobung von ihrem grundsätzlichen Wesen her eine öffentliche Bekanntmachung zu erfordern. 1. Genereller Anwendungsbereich Die individuelle Bekanntgabe konnte als Grundsatzanforderung für den Beginn der Wirksamkeit umrissen werden. Fraglich ist, unter welchen generellen Voraussetzungen auf sie verzichtet werden kann und stattdessen eine öffentliche Bekanntmachung tauglich ist. Auf eine öffentliche Bekanntgabe muss dann zurückgegriffen werden, wenn sich die Verwaltungserklärung an einen im Vorfeld nicht bestimmbaren Kreis von Personen richtet. 217 Hier bestehen Ähnlichkeiten zu der personenbezogenen Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 Var. 1 VwVfG oder der zivilrechtlichen Offerte ad incertas personas 218 (Angebot an unbestimmten Personenkreis). 219 Die

217 Die meisten Verwaltungserklärungen beziehen sich auf vorhandene konkrete Rechte und Pflichten. Diese bestehen in aller Regel nur einem Rechtssubjekt gegenüber. Aus diesem Grund kann eine Verwaltungserklärung grundsätzlich nicht gleichzeitig einen konkreten Rechtserfolg herbeiführen wollen und einen generell zu bestimmenden Empfängerkreis aufweisen. So wird beispielsweise eine Aufrechnung gegenüber dem Inhaber der betreffenden Forderung erklärt. Eine Ausnahme bildet wie erwähnt die Auslobung. 218 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 22.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Abgrenzung solcher Verwaltungserklärungen zu Rechtssätzen ergibt sich durch die Konkretheit des geregelten Sachverhalts. 220 Aber auch wenn der Kreis der Empfänger von vornherein bestimmt ist, kann eine individuelle Bekanntgabe als nicht sachgerecht erscheinen. Dann nämlich, wenn dieser Kreis viel zu groß ist, als dass es zweckmäßig wäre, jedem einzelnen Empfänger die Verwaltungserklärung individuell bekannt zu machen. Allein das Kriterium der großen Zahl von Empfängern und daraus resultierende Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründe werden zwar für eine öffentliche Bekanntmachung eines Verwaltungsakt gemäß § 41 Abs. 3 VwVfG von der h. M. als nicht ausreichend angesehen. 221 Doch sind für die in den Rechtswirkungen zurückbleibenden Verwaltungserklärungen geringere Anforderungen zu stellen. Für sie erscheint es gerechtfertigt, auch die praktische Handhabung mit einzubeziehen. Anhaltspunkte, wann eine individuelle Bekanntgabe unzweckmäßig erscheint, bieten die §§ 18 Abs. 1 S. 1, 69 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2, 74 Abs. 5 S. 1 VwVfG. Spätestens wenn die dort zum Maßstab erklärte Zahl von 50 Empfängern überschritten wird, sollte eine öffentliche Bekanntmachung vorgenommen werden. Schließlich ist eine öffentliche Bekanntmachung durchzuführen, wenn dies durch eine spezielle Rechtsvorschrift angeordnet wird. 2. Durchführung der öffentlichen Bekanntmachung Aufgrund der geringen praktischen Relevanz soll sich an dieser Stelle auf die Darstellung von Eckpunkten beschränkt werden. Die öffentliche Bekanntmachung muss in einer Art und Weise durchgeführt werden, die sicherstellt, dass ein möglichst großer Teil der durch die Verwaltungserklärung Berührten Kenntnis von ihr erlangt. Zur Bestimmung des örtlichen Umfangs der Bekanntmachung kann im Zweifel der örtliche Zuständigkeitsbereich der handelnden Behörde herangezogen werden. 222 Jedermann muss aus der öffentlich bekannt gemachten Verwaltungserklärung ohne größere Schwierigkeiten erkennen können, inwieweit der damit herbeigeführte rechtliche Erfolg auch ihn betrifft. Dies wäre z. B. möglich durch einen behördlichen Aushang oder die Nutzung von Tageszeitungen. Für die sich möglicherweise anschließende gerichtliche Geltendmachung ist eine angemessene Zeit abzuwarten. 219 Bei Vorliegen konkreter Fälle wäre auch zu überlegen, ob im Recht der Verwaltungserklärungen sachbezogenen Allgemeinverfügungen entsprechende Erscheinungsformen bestehen, die ebenfalls eine öffentliche Bekanntmachung erfordern. 220 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 17 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 103. 221 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 41, Rn. 80; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 35, Rn. 48; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 41, Rn. 51; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 41, Rn- 31. 222 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 53, str.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

B. Bindung an Verwaltungserklärung Die Wirksamkeit einer Verwaltungserklärung steht in einem engen Zusammenhang mit der Bindung des Erklärenden an seine Äußerung. Dass aber auch das Lösen von einer bindenden Rechtshandlung keinesfalls ausgeschlossen ist, ist allgemein bekannt. Für den Verwaltungsakt ermöglicht die Rücknahme nach § 48 VwVfG und der Widerruf nach § 49 VwVfG eine Aufhebung der Wirksamkeit. Die Nichtigkeit einer zivilrechtlichen Willenserklärung kann sich gemäß §§ 119 ff. i. V. m. § 142 BGB über eine Anfechtung ergeben. Auch der öffentlich-rechtliche Vertrag kann nach § 60 VwVfG gekündigt werden oder nach § 62 VwVfG i. V. m. den entsprechenden zivilrechtlichen Vorschriften angefochten werden. I. Möglichkeit, die Bindung von Rechtsakten aufzulösen Für die Verwaltungserklärung bestehen keine derart geschriebenen Regeln, die die Auflösung der aus ihr resultierenden Bindung zum Gegenstand haben. Vorrangig muss somit die Frage im Raum stehen, warum sich der Staat von einer bindenden Entscheidung wieder lösen kann. Für die zivilrechtliche Willenserklärung ergibt sich dies grundlegend aus der Privatautonomie. Die grundrechtlich abgesicherte Freiheit, eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob, mit wem und mit welchem Inhalt eine Rechtsbindung eingegangen wird, muss zwangsläufig auch das Recht enthalten, sich hiervon wieder zu lösen oder gegenläufige Entscheidungen zu treffen. 223 Die Privatautonomie ist so in ihrem Wirken nicht auf eine bestimmte Richtung beschränkt und gleichzeitig zwingend darauf ausgerichtet, bestehende Bindungen nicht auch wieder lösen zu können. Der Staat kann sich nicht auf die Grundrechte oder die Privatautonomie berufen. Aufgrund der ihm zukommenden staatlichen Souveränität verfügt er jedoch über die Rechtsmacht, vorhergehende Rechtshandlungen zu ändern oder aufzuheben. 224 Das Vorhandensein dieser Rechtsmacht zeigt sich auch durch die allgemein anerkannte Auslegungsregel „lex posterior derogat legi priori“. 225 Für den Bereich der Verwaltung mündet dieser Ausfluss staatlicher Souveränität in dem modernen sozialstaatlichen Erfordernis, sich den in ihren Prioritäten wechselnden Verwaltungszielen schnell und flexibel anpassen zu können. 226 Es erscheint deshalb selbstverständlich, dass eine den Erklärenden bindende Handlungsform der Möglichkeit 223 224 225 226

Bleckmann, JuS 1988, 174 (175). Bleckmann, JuS 1988, 174 (175). Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 6. Vgl. Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), 8; Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

499

bedarf, auch unvorhergesehene Situationen zu beachten und die Wirksamkeit der Erklärung gegebenenfalls von deren Lösung abhängig zu machen. Dies zeigt sich auch durch den allgemeinen Rechtsgrundsatz, auf dem die Verwaltungserklärung beruht. Die Möglichkeit, eine rechtliche Umsetzung innerer Ziele in der Außenwelt herbeizuführen, kann auch beinhalten, sich von abgegebenen Erklärungen wieder zu lösen. 227 Auch das Auflösen rechtlicher Bindungen kann ein gewollter rechtlicher Erfolg sein. Die Fähigkeit, nicht nur Träger von Rechten zu sein, sondern gleichzeitig diese auch auszuüben, muss sich auch auf die eingegangenen Bindungen erstrecken. Unabhängig der in §§ 48, 49 VwVfG für den Verwaltungsakt benannten Möglichkeiten steht dem Staat damit grundsätzlich die Möglichkeit zu, sich von Bindungen, die durch Rechtsakte entstanden sind, wieder zu lösen. II. Determinanten für das Auflösen der Bindung Die Frage nach der Bindung an eine Rechtshandlung kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, sondern richtet sich, abhängig der Handlungsform, nach verschiedenen Voraussetzungen. Die Bindung definiert sich somit über die Möglichkeiten, im Nachhinein die Rechtswirkungen einseitig wieder aufzuheben oder rückgängig zu machen. 1. Erklärenden- und empfängerbezogene Determinanten Zu erörtern ist, von welchen Determinanten die Möglichkeit der Auflösung der Bindungen von Verwaltungserklärungen abhängt. Hinter ihren Rechtswirkungen steht maßgeblich der Verwaltungswille. Dieser muss vorliegen, damit die Verwaltungserklärung Rechtswirkungen entfaltet. Besteht in dieser Hinsicht eine Abweichung, muss die Behörde die Möglichkeit erhalten, eine Deckungsgleichheit herzustellen, was durch das Auflösen der von der Verwaltungserklärung ausgehenden Bindungen möglich wird. Für die erklärende Behörde ist maßgeblicher Determinant also das Übereinstimmen des Erklärten mit dem Verwaltungswillen, der den Grund der Rechtswirkungen bildet. Daneben richtet sich die Verwaltungserklärung an einen oder mehrere Adressaten und der mit ihnen bezweckte Rechtserfolg wirkt sich auf diese Rechtssubjekte aus. Die Auflösung der von der Verwaltungserklärung ausgehenden Bindungen berührt damit auch die Adressaten in ihrem Rechtskreis. Die Voraussetzungen für ein einseitiges Auflösen der Bindungen können folglich nicht ohne Berücksichtigung der Rechtsstellung der Adressaten bestimmt werden.

227

Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.3.

500

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Die Verwaltungserklärung ist keine zweiseitige Handlungsform, sondern wird einseitig von der Behörde unter Inanspruchnahme nur dem Staat zustehender Besonderheiten und ihn treffender Verpflichtungen erlassen. Wie allgemein bei staatlichen Handlungen kann sich der Einzelne auf einen Schutz seines Vertrauens berufen, dass Behörden ihm gegenüber beständig und widerspruchsfrei auftreten. 228 Der Adressat einer Verwaltungserklärung kann deshalb darauf vertrauen, dass diese von Dauer ist und ihre Rechtswirkungen auch tatsächlich wirksam entfalten wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Vertrauensschutz ist damit ein wesentlicher Faktor zur Bestimmung der Voraussetzungen einer Auflösung der Bindungen von Verwaltungserklärungen. Daneben kann sich aus der Verwaltungserklärung eine Sonderbeziehung ergeben. 229 In einem solchen Fall entsteht durch die Bekanntgabe ein Verwaltungsrechtsverhältnis, welches dem Adressaten ein subjektives-öffentliches Recht gewährt. 230 Regelmäßig geschieht dies bei Selbstverpflichtungen der Behörde, die sich für den Empfänger als Begünstigung darstellen. Das Auflösen der Bindung des Erklärenden bedeutet gleichzeitig das Ende des subjektiven-öffentlichen Rechts des Empfängers. Damit kann als Drittes auch ihr jeweiliger Inhalt als Voraussetzung für das Lösen von einer Verwaltungserklärung relevant werden. Das Auflösen der von einer Verwaltungserklärung ausgehenden Bindungen ist folglich durch die widerstreitenden Kräfte gekennzeichnet, einerseits dem Verwaltungswillen Geltung zu verschaffen und andererseits ein mögliches Vertrauen sowie aus der Erklärung resultierende Rechte des Empfängers zu bewahren. 2. Berücksichtigung im Prozess der Aufhebung Damit ist jedoch nicht schon geklärt, in welcher Art und Weise diese Determinanten zu berücksichtigen sind. Der Prozess des einseitigen Lösens der von einem Rechtsakt ausgehenden Bindungen kann allgemein in zwei Phasen unterteilt werden. Auf einer Primärebene muss sich mit der tatsächlichen Aufhebung der Rechtswirksamkeit auseinandergesetzt werden. Dem kann sich eine Sekundärebene anschließen, auf der dem Empfänger eine Entschädigung für den Verlust der Bestandskraft gewährt wird. Im Zivilrecht zeigt sich dies durch die Anfechtung nach §§ 119 f. BGB und den Ersatz des Vertrauensschadens gemäß § 122 BGB. Auch für Rücknahme und Widerruf ist solch eine Sekundärebene in §§ 48 Abs. 3, 49 Abs. 6 VwVfG vorgesehen.

228

Siehe dazu schon oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.7. Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 16 ff. 230 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 24 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 16. Dies kann beispielsweise bei der Zusage oder Auslobungserklärung der Fall sein. 229

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

501

Der auf die erklärende Behörde bezogene Determinant muss auf der Primärebene berücksichtigt werden. Er ist Triebfeder der Aufhebung und muss sich konkret in deren Voraussetzungen widerspiegeln. Auf der Sekundärebene können seine Auswirkungen vernachlässigt werden, weil zum einen die Sekundärebene erst durch den erfolgreichen Abschluss der Primärebene entsteht und zum anderen diese dem Empfänger einen Ausgleich gewähren soll und somit maßgeblich auf diesen abzustellen hat. So ist es bei allen anderen angesprochenen Arten der Auflösung von Rechtsbindungen ebenso zu registrieren. Das bedeutet aber keinesfalls zwangsläufig für die dem Bereich des Empfängers zuzuordnenden Determinanten, dass sie lediglich auf der Sekundärebene Auswirkungen entfalten. Ein mögliches Vertrauen des Empfängers bezieht sich direkt auf den Bestand des Rechtsaktes und damit auf die Primärebene. Auch subjektiveöffentliche Rechte entstehen durch die Verwaltungserklärung und gehen mit ihrer Aufhebung wieder unter. Die auf den Empfänger bezogenen Determinanten können für beide Ebenen relevant werden, so dass fraglich ist, wie sich ihr konkretes Vorliegen im Einzelfall auf die beiden Ebenen verteilt. Bei einem Vergleich mit den zivilrechtlichen Anfechtungsregeln und verwaltungsrechtlichen Aufhebungsregeln der §§ 48, 49 VwVfG fällt auf, dass das konkrete Vorliegen der dem Bereich des Empfängers zuzuordnenden Determinanten für die zivilrechtliche Primärebene grundsätzlich unbeachtlich ist und nur für den Vertrauensschaden gemäß § 122 BGB Relevanz gewinnen kann. Zwar können unter Umständen Erwägungen des Vertrauensschutzes, also empfängerbezogene Determinanten, auch im Ermessen des Widerrufs nach § 49 VwVfG eine Rolle spielen, davon unabhängig wird das im Einzelfall bestehende Vertrauen aber für die Widerrufsgründe des § 49 Abs. 2 VwVfG nicht herangezogen, sondern erst auf der Sekundärebene relevant. Bei der Rücknahme hingegen sind diese konkreten Umstände des Einzelfalls nach § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG schon für die Aufhebungsentscheidung auf Primärebene maßgeblich. Generell lässt sich feststellen, dass eine Beachtung der empfängerbezogenen Determinanten auf beiden Ebenen zwar technisch möglich, 231 doch praktisch von keiner gesteigerten Bedeutung ist. Eine Berücksichtigung der Einzelfallumstände erst auf der Sekundärebene, wie es z. B. die zivilrechtliche Anfechtung oder auch weitgehend der Widerruf nach § 49 VwVfG vorsieht, bietet den Vorteil, dass die daraus resultierenden Regeln in ihren Aussagen klar durchschaubar bleiben und leicht anzuwenden sind. Der eigentliche Prozess der Aufhebung kann ohne eine möglicherweise ausufernde und schwierige Betrachtung der Situation des Empfängers und damit effektiv durchgeführt werden. Bei einer solchen Berücksichtigung der empfängerbezogenen Determinanten auf der Primärebene in einer 231 Bei der Rücknahme ist sowohl für die eigentliche Rücknahme als auch den Ausgleich des Vermögensnachteils zu prüfen, ob das Vertrauen des Begünstigten unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist.

502

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

lediglich abstrakten Form könnte vollumfänglich das eigentliche Ziel der Aufhebung – für die Verwaltungserklärung das Herstellen einer Übereinstimmung des Erklärten mit dem Verwaltungswillen – verwirklicht werden. Gleichzeitig werden die Positionen des Empfängers in einer abstrakten Form berücksichtigt. Vergegenwärtigt man sich, dass § 48 VwVfG, im Vergleich zu den anderen Arten des Auflösens der Bindungen von Rechtsakten, durch das Gegenüber von Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und Bestandsinteresse des Bürgers einem sehr viel stärkeren Spannungsverhältnis ausgesetzt ist, wird deutlich, dass allein die dortige Berücksichtigung des konkreten Vorliegens schutzwürdigen Vertrauens auf der Primärebene im Gegensatz zu einer abstrakten Betrachtung sachgerechte Ergebnisse herbeizuführen vermag. Bei genauerem Hinsehen ist aber sogar die Primärebene der Rücknahme nach § 48 VwVfG teilweise abstrahiert, weil die Prüfung schutzwürdigen Vertrauens nur bei bestimmten begünstigenden Verwaltungsakten vorzunehmen ist. Für die folgenden Überlegungen zur Verwaltungserklärung sollen die obigen Determinanten auf der Primärebene der Aufhebung nur in einer abstrakten Form berücksichtigt werden und erst auf der Sekundärebene konkret betrachtet werden. 232 III. Aufhebung 233 einer Verwaltungserklärung, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen hat Maßgeblicher Determinant für die Aufhebung einer Verwaltungserklärung ist folglich die Schutzwürdigkeit der durch sie hervorgerufenen Position. Zuerst soll die Möglichkeit untersucht werden, Verwaltungserklärungen aufzuheben, aus denen keine schutzwürdige Position hervorgegangen ist.

232

Zu einem hierauf bezogenen konkreten Fall sogleich 7. Kap. 2. Abschn. B.III.1.b. Im Folgenden soll für den generellen Vorgang des einseitigen Auflösens der von einer Verwaltungserklärung ausgehenden Bindung durch den Erklärenden, ohne dabei auf die Anforderungen konkreter rechtlicher Normen einzugehen, der Begriff „Aufhebung“ verwendet werden. Vergleichbare Termini wie „Rücknahme“, „Widerruf“ oder „Anfechtung“ sind allesamt durch Normen in ihren Eigenarten bestimmt. Um nicht schon durch die Begriffswahl eine materielle Vorzeichnung in diese Richtung zu gefährden, soll deshalb von diesen Begriffen für eine allgemeine Bezeichnung Abstand genommen werden. Das bedeutet aber nicht, dass diese Begriffe an späterer Stelle für die Bestimmung näherer Voraussetzungen nicht wieder auftauchen können. Auch der Begriff der „Aufhebung“ wird zwar in § 43 Abs. 2 VwVfG im Zusammenhang mit dem Verwaltungsakt verwendet, doch deutet der dortige Textbezug gerade auf ein weites Begriffsverständnis hin. „Aufhebung“ soll an dieser Stelle, ähnlich wie für den Verwaltungsakt, als untechnischer Oberbegriff verstanden werden. Vgl. auch Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 24. 233

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

503

1. Fallgruppen Dazu bedarf es einer Bestimmung, wann dies für eine Verwaltungserklärung der Fall ist. Hierzu ist auf die empfängerbezogenen Determinanten nach dem soeben Dargestellten lediglich in einer abstrakten Form einzugehen. a) Verwaltungserklärungen mit verwaltungsinternen Rechtswirkungen Das Fehlen einer schutzwürdigen Position ist Folge einer Verwaltungserklärung mit lediglich verwaltungsinterner Rechtswirkung. 234 Hierunter fallen Erklärungen, die an eine andere Behörde oder einen einzelnen Amtswalter gerichtet sind. Neben dem Rechtsstaatsprinzip kann der Vertrauensschutzgedanke aus den Grundrechten abgeleitet werden, die anderen Trägern öffentlicher Gewalt nicht zustehen. 235 Dementsprechend hat der Vertrauensschutz die Funktion, den Bürger vor den staatlichen Eingriffsmöglichkeiten zu schützen, nicht aber den Staat vor sich selbst zu schützen. 236 Verwaltungshandlungen gegenüber einer anderen Behörde berühren nicht deren rechtlich geschützte Interessen, sondern bezwecken eine materiell rechtmäßige Verwaltungstätigkeit. 237 Auch eine Behörde in der Adressatenstellung, die dazu berufen ist, öffentliche Aufgaben zu erfüllen, bleibt dem öffentlichen Interesse verpflichtet, welches durch eine Aufhebung gerade verwirklicht werden soll. 238 Die ausgehenden Rechtswirkungen sprechen die Behörde bzw. ihren Rechtsträger nicht im eigenen Rechts- und Pflichtenkreis an, sondern lediglich deren Verwaltungsfunktion. 239 Als solches sind sie Bestandteil der staatlichen Verwaltungsorganisation und können sich nicht auf den Schutz berufen, der einem Bürger vergleichbar ist. Durch die Reduzierung der Rechtswirkungen auf die Verwaltungsfunktion kommt auch eine Verletzung subjektiver-öffentlicher Rechte durch die Aufhebung nicht in Betracht. Ebenso stellt sich die Situation für den einzelnen Amtswalter dar. Verwaltungserklärungen, die darauf gerichtet sind, lediglich verwaltungsinterne Rechtswirkungen zu erzeugen, begründen keine schutzwürdige Position. 240

234

Vgl. die Einteilung oben 1. Kap. 3. Abschn. B.VI.2. Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.7.b. 236 BVerwGE 23, 25 (30). 237 de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 151. 238 BSG NVwZ-RR 1990, 338 (339); OVG München NVwZ 2000, 829 (830). 239 So z. B. das Amtshilfeersuchen, die Erklärung des baurechtlichen gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB oder fachaufsichtliche Weisungen. 240 BVerwGE 23, 25 (30); 27, 215 (217 f.); 60, 208 (211); BSG NVwZ-RR 1990, 338 (339); OVG Koblenz NVwZ 1988, 448 (449); OVG München NVwZ 2000, 829 (830); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 142a; Meyer, in: Knack, 235

504

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Diese Fallgruppe ist jedoch dann nicht gegeben, wenn sich die beiden beteiligten Behörden wie Bürger und Staat gegenübertreten und dabei einander widerstreitende Interessen wahrnehmen. 241 Entsprechendes ist für Amtswalter anzunehmen, sobald diese nicht nur in ihrer Funktion als Teil der Verwaltung angesprochen sind, sondern die fragliche staatliche Handlung darauf abzielt, ihren persönlichen Rechtskreis zu berühren. Dabei ist aber darauf hinzuweisen, dass in beiden Situationen oftmals schon keine Verwaltungserklärung mehr vorliegen wird, sondern vielmehr ein Verwaltungsakt, der auf Außenwirkung gerichtet ist. b) Verwaltungserklärungen mit belastenden Rechtswirkungen An einer schutzwürdigen Position fehlt es auch bei Verwaltungserklärungen mit belastenden Wirkungen. Für den Bürger ist ein Wegfall einer belastenden Verwaltungserklärung mit positiven Folgen verbunden. Ein Interesse am Bestand von belastenden Verwaltungserklärungen besteht generell nicht. 242 Charakteristisch für diese Art von Rechtshandlungen ist es auch, dass mit der Belastung gerade keine subjektiven-öffentlichen Rechte für den Bürger einhergehen, die bei einer Aufhebung verloren gehen würden. Fraglich ist aber, ob ein Vertrauen auf eine belastende Verwaltungserklärung dann schutzwürdig wird, wenn der Empfänger im konkreten Fall schon (vermögenswerte) Dispositionen getroffen hat, die bei einer Aufhebung ihren Sinn verlieren würden. Das Zivilrecht trifft hierzu keine Aussage, weil für dieses die Unterscheidung zwischen belastenden und begünstigenden Erklärungen von keiner Relevanz ist. Rücknahme und Widerruf nach §§ 48, 49 VwVfG orientieren sich, zumindest vom Wortlaut des Gesetzes her, nur an den Kategorien begünstigend und belastend und berücksichtigen ein mögliches Vertrauen des Empfängers auf belastende Verwaltungsakte in keiner besonderen Weise. Die darüber hinaus bestehende Möglichkeit bei dieser Konstellation dem Empfänger einen Vermögensausgleich für die Aufhebung zu gewähren, wird nicht einhellig beurteilt. 243 Prinzipiell bieten sich zwei Möglichkeiten, auf einen entsprechenden Sachverhalt zu reagieren. Zum einen könnte sich die Aufhebung einer solchen Verwaltungserklärung ausnahmsweise nach den Regeln über die Aufhebung von VwVfG, § 48, Rn. 48; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 48, Rn. 48; weitergehend Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 85. 241 Vgl. BGHZ 116, 312 (315); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 70. Für eine vergleichbare Ausnahme auch Meyer, in: Knack, VwVfG, § 48, Rn. 48. Vgl. auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1991, 79 (80); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 85. 242 Vgl. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 53; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 48; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 47. 243 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 56, § 49, Rn. 122; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49, Rn. 24; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 49, Rn. 85.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Verwaltungserklärungen, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen haben, richten. Damit wäre eine Auswirkung auf der Primärebene gegeben. Zum anderen könnte aber auch weiterhin vom Fehlen einer schutzwürdigen Position bei belastenden Rechtswirkungen ausgegangen werden, um dann auf einer Sekundärebene gegebenenfalls einen Vermögensausgleich vorzunehmen. Auch wenn im Bürgerlichen Gesetzbuch und Verwaltungsverfahrensgesetz keine dieser Varianten in solcher Allgemeinheit umgesetzt ist, so lässt sich, vor allem durch § 122 BGB und § 48 Abs. 3, § 49 Abs. 6 VwVfG 244 eine leichte Tendenz zu der zweiten Variante erkennen. Die in diesen Konstellationen zum Ausdruck kommenden empfängerbezogenen Determinanten sollen auf der vorliegenden Primärebene lediglich in abstrakter Form berücksichtigt werden, 245 was gegen eine ausnahmsweise Schutzwürdigkeit einer konkreten Vertrauensbetätigung im Umfeld der eigentlichen Aufhebung von belastenden Verwaltungserklärungen spricht. Dieses Beispiel macht darüber hinaus deutlich, dass eine konkrete Betrachtung der empfängerbezogenen Determinanten auf Primärebene für den Bürger nicht ausschließlich mit Vorteilen verbunden ist. Die Aufhebung einer den Empfänger belastenden Verwaltungshandlung ist i. d. R. nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich, weil die empfängerbezogenen Determinanten eine schutzwürdige Position hervorgerufen haben. Belastung und Vertrauen führen in solchen Situationen grundsätzlich zu gegenläufigen Interessen. Eine schutzwürdige Position bei belastenden Verwaltungserklärungen wird darüber hinaus regelmäßig über finanzielle Dispositionen entstehen. Diese könnten unabhängig der Voraussetzungen der Aufhebung auch auf einer Sekundärebene berücksichtigt werden. Belastende Verwaltungserklärungen bewirken damit unabhängig der konkreten Umstände keine schutzwürdige Position beim Empfänger auf Primärebene. Auch an dieser Stelle fällt auf, dass ein für die Aufhebung staatlicher Rechtsakte maßgebliches Kriterium dem Zivilrecht unbekannt ist. Die Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB besteht unabhängig einer etwaigen Belastung oder Begünstigung durch die betreffende Willenserklärung. Hingegen erhebt das Verwaltungsrecht diese Unterscheidung zu einem wesentlichen Aspekt im System von Rücknahme und Widerruf gemäß §§ 48 f. VwVfG. Durch diese Differenzierung ist sichergestellt, dass den gegenüber dem Staat geltend zu machenden Grundrechten ebenso wie dem Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts ausreichend Rechnung getragen wird und so wesentliche Strukturprinzipien des öffentlichen Rechts zur Geltung kommen. 246 Zwar ist dies für das durch die Privatautonomie bestimmte 244 Wenngleich nach h. M. jedoch eine erweiternde Anwendung der genannten Vorschriften auf den hier zu diskutierenden Fall abzulehnen ist, vgl. die Nachweise oben Kap. 7, Fn. 243. 245 Vgl. oben 7. Kap. 2. Abschn. B.II. 246 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Zivilrecht unerheblich, doch hat sich die Verwaltungserklärung als öffentlichrechtliche Handlungsform an diesen Kriterien zu orientieren. c) Aufhebung zugelassen durch Rechtsvorschrift An einer schutzwürdigen Position wird es auch fehlen, wenn der Empfänger mit einer Aufhebung rechnen konnte. In Anlehnung an § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 6 S. 1 VwVfG ist dies zumindest dann der Fall, wenn eine Rechtsvorschrift die Aufhebung der Verwaltungserklärung für zulässig erklärt. Die Behörde braucht bei Vorliegen einer solchen gesetzlichen Ermächtigung prinzipiell keine weiteren Gründe einzuhalten, 247 sondern kann die betreffende Handlung frei aufheben. Eine Ausnahme ist dann zu machen, wenn die fragliche Rechtsvorschrift ausdrücklich besondere Voraussetzungen für die Aufhebung aufstellt. Der Empfänger hat in einem solchen Fall keinen Einfluss auf die Aufhebung. Für ihn ist von vornherein durch die gesetzliche Lage erkennbar, dass die Behörde eine an ihn gerichtete Verwaltungserklärung jederzeit wieder aufheben kann. Ihm ist es vernünftigerweise daher nicht möglich, sich auf den Bestand der Erklärung einzustellen. Die Möglichkeit einer durch Rechtsvorschrift zugelassenen Aufhebung besteht beispielsweise für die Auslobungserklärung analog § 658 BGB. Ob sich daneben ein vergleichbarer Fall einer schutzunwürdigen Position durch die Erklärung eines konkreten Vorbehalts der Aufhebung ergibt, wird noch zu erörtern sein. 248 2. Tatbestandsvoraussetzungen Aufbauend auf dem Umstand, dass keine schutzwürdige Position beim Empfänger besteht, sind die Voraussetzungen der Aufhebung einer entsprechenden Verwaltungserklärung zu bestimmen. a) Anwendung des Gesetzesvorbehalts Die Aufhebung einer belastenden Verwaltungserklärung stellt grundsätzlich keinen Eingriff in Freiheit und Eigentum dar, sondern erweist sich als Erweiterung des bürgerlichen Rechtskreises. Dies gilt umso mehr für Behörden, als dass diese nicht einmal Träger der betreffenden Rechte sind. Dass für Behörden im Gegenzug durch die Aufhebung einer Verwaltungserklärung der institutionelle Gesetzesvorbehalt zur Anwendung kommt, ist nicht anzunehmen. Sonstige Gründe, die den Gesetzesvorbehalt eröffnen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. 247 248

Vgl. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 49, Rn. 43. Dazu unten 7. Kap. 2. Abschn. D.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Einer Rechtsgrundlage für die Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen hat, bedarf es also nicht. Die hier zu behandelnde Art von Verwaltungserklärungen ist frei aufhebbar. Dieses hat sich lediglich nach dem Gesetzesvorrang zu richten. b) Aufhebungserklärung Die Aufhebung erfordert eine entsprechende Erklärung. Da die Verwaltungserklärung in ihren Rechtswirkungen nicht nur auf den Erklärenden beschränkt ist, muss ihre Aufhebung auch den von ihr Betroffenen bekanntgegeben werden. Dies hat nach dem actus-contrarius Gedanken ebenfalls in der Handlungsform der Verwaltungserklärung zu geschehen. 249 Dabei sind die Formvorschriften der aufzuhebenden Verwaltungserklärung auch für die Aufhebung zu beachten. Als Alternative zu einer Verwaltungserklärung würde vor allem der Verwaltungsakt in Betracht kommen, doch erscheint es nicht sachgerecht, davon auszugehen, dass die positive Eröffnung einer Verwaltungsentscheidung in Form der Verwaltungserklärung vorgenommen wird, ihre Aufhebung jedoch mittels eines Verwaltungsakts zu geschehen hat. Der Verwaltung wird zwar durch den auch in § 89 ALR aufzufindenden allgemeinen Rechtsgrundsatz und der staatlichen Souveränität die Rechtsmacht verliehen, sich von den Bindungen bestehender Rechtsakte wieder zu lösen. Darüber hinausreichende Möglichkeiten werden ihr hierdurch prinzipiell jedoch nicht eingeräumt. Ebenso wenig wie die zugrunde liegenden Sach- und Regelungskomplexe für die konkreten Erscheinungsformen einer Verwaltungserklärung die Fähigkeit zuweisen, weitergehende Rechtswirkungen zu entfalten, 250 verlangen dieselben Regelungskomplexe auch für das Auflösen der mit ihrer Hilfe entstandenen Bindungen keine weitergehende Rechtsmacht. Dies würde dem obigen Grundsatz, dass zu der Fähigkeit, Rechte auszuüben, auch die Fähigkeit gehört, sich von eingegangenen Bindungen wieder zu lösen, 251 widersprechen. Für die Abgabe eines Verwaltungsakts fehlt es damit an der Zuweisung einer entsprechenden Fähigkeit. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich die Verwaltung hierüber nicht tatsächlich hinwegsetzen kann. Das auf den Verwaltungsakt bezogene rechtliche Können ist größer als das rechtliche Dürfen. 252 Die Verwaltung kann also einen Verwaltungsakt erlassen, dessen Rechtmäßigkeit nach den allgemeinen Kriterien zu prüfen ist.

249

Vgl. Bleckmann, JuS 1988, 174 (174 ff.). Vgl. oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c.(1); 4. Kap. 1. Abschn. A.III.1.; 6. Kap. 3. Abschn. B.II. 251 Vgl. oben 7. Kap. 2. Abschn. B. I. 252 Hierzu oben 6. Kap. 3. Abschn. B.III. 250

508

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

c) Rechtmäßigkeit Inhaltlich ist der Aufhebungsvorgang nur an dem Gesetzesvorrang auszurichten. 253 Die Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen hat, muss also ihrerseits rechtmäßig sein. Hierfür ist vor allem Voraussetzung, dass die Aufhebung keinen rechtswidrigen Zustand schafft. Da die aufzuhebende Verwaltungserklärung keine schutzwürdige Position hervorgerufen hat, kommt für die Schaffung eines rechtswidrigen Zustands durch die Aufhebung aber nur eine begrenzte Anzahl von Gründen in Betracht. 254 Hinsichtlich der Entscheidung über die Aufhebung befindet sich die Behörde im Bereich der sog. gesetzesfreien Verwaltung. 255 Die Verwaltungserklärung ist frei aufhebbar. Weitergehend ist wie bei anderen Verwaltungsentscheidungen auch der Verwaltungswille zu beachten. Die Aufhebung kann dementsprechend auch dazu führen, dass zwei vom Verwaltungswillen abgedeckte Entscheidungen miteinander ausgetauscht werden. Bezogen auf Verwaltungserklärungen, die nur verwaltungsinterne Rechtswirkungen aufweisen, ist festzustellen, dass es sich bei ihnen oftmals um Zustimmungen oder Einverständnisse gegenüber anderen Behörden handelt. Hierbei tritt durch die Aufhebung ein rechtswidriger Zustand ein, wenn die Verwaltungsmaßnahme, auf die sich die aufzuhebende Verwaltungserklärung als Zustimmung oder Einverständnis bezog, mittlerweile erlassen wurde. 256 Eine Aufhebung ist dann nur solange möglich, wie noch keine abschließende Entscheidung von einer anderen Behörde getroffen wurde. Einer bestehenden Verwaltungsmaßnahme kann die Rechtmäßigkeit nicht dadurch entzogen werden, dass eine Verwaltungserklärung, die für diese die Qualität einer Rechtmäßigkeitsvoraussetzung aufweist, aufgehoben wird.

253

Für das Amtshilfeersuchen Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 4, Rn. 31; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 4, Rn. 14; Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 4, Rn. 22. Für das baurechtliche gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 BauGB, BGH DVBl. 1971, 319 (319 f.); VGH Kassel NVwZ 1993, 908; Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 36, Rn. 32; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 36, Rn. 20; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 36, Rn. 16; Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 36, Rn. 8. Zu dem Sonderproblem der Fiktion nach § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB und dessen Auswirkungen auf die Aufhebung, vgl. auch BVerwG NVwZ 1997, 901. 254 Denkbar wäre z. B., dass die Rechtslage, wie sie durch die aufzuhebende Verwaltungserklärung geschaffen wird, von der Rechtsordnung gefordert wird. Des Weiteren ist der auch im öffentlichen Recht anzuwendende Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. 255 Vgl. oben 6. Kap. 6. Abschn. D.II.1. 256 Für öffentlich-rechtliche Willenserklärungen des Bürgers vgl. Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 100 ff.; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 106 ff., die teilweise auf § 183 BGB abstellen, nachdem die vorherige Zustimmung bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich ist.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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3. Rechtsfolge Durch die Aufhebung entfaltet die Verwaltungserklärung keine Rechtswirkungen mehr. Von Interesse ist hierbei der Zeitpunkt, ab wann dies der Fall ist. Die für andere Handlungsformen gesetzlich normierten Regelungen, eine Lösung von Rechtsbindungen herbeizuführen, bieten verschiedenste Möglichkeiten an. Für die zivilrechtliche Anfechtung bestimmt § 142 Abs. 1 BGB, dass ein angefochtenes Rechtsgeschäft als von Anfang an nicht anzusehen ist. Der Widerruf eines Verwaltungsakts wirkt nach § 49 Abs. 1 VwVfG hingegen für die Zukunft. Die Regelung der Rücknahme bestimmt in § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG sogar, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden kann. Die Verwaltungserklärung, die keine schutzwürdige Position hervorruft, bewegt sich im sog. gesetzesfreien Bereich. Als Folge dessen bestehen keine Einschränkungen für die Aufhebung in zeitlicher Hinsicht. Der Verwaltung kann so frei entscheiden, auf welchen Zeitpunkt sie die Aufhebung bezieht. Haben sich die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung schon erledigt, dann würde eine Aufhebung ex-nunc ins Leere laufen. In einem solchen Fall ist eine rückwirkende Aufhebung erforderlich, um auch einen Grund zu schaffen, die entstandenen Rechtsänderungen aufzuheben bzw. rückgängig zu machen. Einer Aufhebung ex-tunc schließt sich dann eine Folgenbeseitigung an. Bei Verwaltungserklärungen mit Dauerwirkung kann sowohl eine Aufhebung ex-tunc oder ex-nunc angebracht erscheinen. 257 IV. Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen hat Unter gänzlich anderen Vorzeichen steht die Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die zum Entstehen einer schutzwürdigen Position geführt hat. Dies ist abseits der oben angesprochenen Fallgruppen anzunehmen, also vor allem in Situationen, in denen dem Empfänger aus der Verwaltungserklärung eine Begünstigung erwächst. Ausnahmsweise ist dies auch zwischen Behörden denkbar, wenn sich diese wie Staat und Bürger gegenüberstehen und widerstreitende Interessen wahrnehmen.

257 Die gesetzliche Lage kann in Einzelfällen dazu führen, dass auch bei einer Aufhebung ex-nunc den Urherber der Verwaltungserklärung eine Art Folgenbeseitigung trifft, wie etwa die Aufhebung des Amtshilfeersuchens, die zu der Kostenpflicht des § 8 VwVfG führen kann, vgl. Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 4, Rn. 31; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 4, Rn. 14.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

1. Anwendung des Gesetzesvorbehalts Die Verwaltungserklärung stellt sich in einem solchen Fall nicht nur als tatsächliche Begünstigung dar, sondern lässt zugleich ein Verwaltungsrechtsverhältnis bzw. eine Sonderverbindung zwischen den Beteiligten entstehen, welches für den Empfänger Rechte und dem Verwaltungsträger Pflichten zur Folge hat. Regelmäßig darf der Empfänger auf den Bestand der aus der Verwaltungserklärung ihm zukommenden Rechte vertrauen und dieses Vertrauen wird sich grundsätzlich auch als schutzwürdig erweisen. Da die Aufhebung zu einer Verkürzung der Rechtsposition des Empfängers führt, ist der Anwendungsbereich des Gesetzesvorbehalts eröffnet und eine Rechtsgrundlage notwendig. 2. Rückgriff auf bestehende Strukturen Ausdrückliche Regelungen für die Verwaltungserklärung bestehen nicht. Die Zulässigkeit einer entsprechenden Aufhebung könnte sich einerseits durch eine rechtliche Verfestigung der obigen Überlegungen zur Möglichkeit ergeben, die Bindungen von Rechtsakten aufzulösen. 258 Angesichts der Fülle von Regeln zu anderen Handlungsformen könnte sich die Rechtsgrundlage für die Möglichkeit, die Bindung der Verwaltungserklärung aufzulösen, andererseits durch einen Rückgriff auf handlungsformfremde Regelungskomplexe ergeben. 259 Hierbei müssen die Vorschriften für die zivilrechtliche Willenserklärung und den Verwaltungsakt von besonderer Relevanz sein. Die für eine diesbezügliche Analogie notwendige planwidrige Regelungslücke ist vorhanden. a) Actus-contrarius-Doktrin als Rechtsgrundlage Teilweise wird davon ausgegangen, dass die actus-contarius-Lehre, die auch schon zur Begründung der Möglichkeit, die Bindung von Rechtsakten aufzulösen, herangezogen wurde, darüber hinaus auch die rechtliche Ermächtigungsgrundlage für eine Aufhebung bildet. 260 Diese Lehre mag durchaus eine tragfähige Begründung sein, weshalb dem Staat die Möglichkeit einer Aufhebung zuzusprechen ist. Ob sie jedoch auch zugleich die rechtliche Grundlage dafür bilden kann, erscheint mehr als zweifelhaft. Soweit ersichtlich, ist die actus-contrarius-Doktrin über die Verwendung als bloße Begrifflichkeit hinaus in einer allgemeinen Fassung mit greifbaren rechtlichen Konturen durch den Gesetzgeber nirgendwo erwähnt oder sogar anerkannt. Infolge 258

Vgl. oben 7. Kap. 2. Abschn. B. I. Dass insofern eine Analogie zu bestehenden Regelungen eine zulässige Rechtsgrundlage darstellen kann, wurde schon erörtert, vgl. oben 6. Kap. 4 Abschn. B.II. 260 Bleckmann, JuS 1988, 174 (176). 259

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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dessen erscheint sie als Rechtsgrundlage für den Eingriff in den Rechtskreis des Bürgers zu unbestimmt. 261 Zwar kann über die Verbindung mit dem Erstakt ein Rückschluss auf formelle Voraussetzungen wie Zuständigkeit, Verfahren oder Form gezogen werden, doch die materiellen Anforderungen an den actus-contrarius klärt dies nicht. Die actus-contrarius Doktrin erscheint in rechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, als dass sie eine taugliche Rechtsgrundlage für die Aufhebung begünstigender Rechtsakte darstellen könnte. b) Rücknahme nach § 48 VwVfG Eine Auflösung der sich durch die Bekanntgabe der Verwaltungserklärung ergebenden Bindungen könnte sich durch einen Rückgriff auf die Regeln über eine Rücknahme nach § 48 VwVfG ergeben. Relativ offensichtlich scheint jedoch bei dieser Konstellation ein Rückgriff aufgrund der verschiedenen Grundausrichtungen nicht möglich. Die Rücknahme gemäß § 48 VwVfG verlangt das Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Die Norm ist folglich auf die Behandlung des Problems eines gleichzeitigen Zusammentreffens von Rechtswidrigkeit und Rechtswirksamkeit ausgerichtet. 262 Durch die Rücknahme wird die Bestandskraft eines Verwaltungsakts durchbrochen. 263 Für die Verwaltungserklärung hingegen führt ihre Rechtswidrigkeit schon zur Unwirksamkeit. 264 Eine Rechtswidrigkeit bei gleichzeitiger Rechtswirksamkeit kann nicht bestehen. § 48 VwVfG dient einer Handlungsform, die in den für die Norm relevanten Bereichen vollkommen anderen Mechanismen unterfällt als die Verwaltungserklärung. Ein Rückgriff auf § 48 VwVfG kommt nicht in Betracht. 265 c) Widerruf nach § 49 VwVfG Stattdessen könnte aber der Widerruf gemäß § 49 VwVfG für das Problem der Bindung der Verwaltungserklärung Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Der Widerruf hat einen rechtmäßigen Verwaltungsakt zum Gegenstand, so dass in dessen Rahmen das Problem der gleichzeitigen Rechtswidrigkeit und Rechtswirksamkeit nicht auftaucht. Der Widerruf knüpft aber an Umstände an, die erst nach Erlass des Verwaltungsakts auftreten und stellt eine Möglichkeit dar, auf rechtliche oder tatsächliche Änderungen zu reagieren. 266 Vorausgesetzt ist also das Vorliegen eines Verwaltungsakts, dessen Rechtswirkungen sich nicht in einem einmaligen Auftre261

Zugestehend auch Bleckmann, JuS 1988, 174 (176). Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 59; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 48, Rn. 29. 263 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 1; Kastner, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 48, Rn. 1. 264 Vgl. oben 6. Kap. 3 Abschn. B. 265 Vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 24. 262

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

ten erschöpfen und sich damit erledigt haben, sondern von einer gewissen Dauer sind. 267 Durch die Möglichkeit, auch nach Erlass noch Änderungen am Verwaltungsakt vorzunehmen, kann sichergestellt werden, dass zu jedem Zeitpunkt seiner Rechtswirkungen gleichzeitig auch die Voraussetzungen seines Erlasses vorliegen. 268 Im Widerruf spiegeln sich damit Elemente der clausula rebus sic stantibus wieder. 269 Da die betreffenden Rechtswirkungen von der Verwaltung ausgehen und ihr zuzurechnen sind, ist der Widerruf ein Instrument, das der Einhaltung des Gesetzesvorrangs sowie Umsetzung und Verwirklichung des Verwaltungswillens dient. Auch bei Verwaltungserklärungen sind konkrete Erscheinungsformen denkbar, die über einen längeren Zeitraum hinweg Rechtswirkungen entfalten, so die Auslobungserklärung oder die Erklärung eines Zurückbehaltungsrechts. Zwar wird die Verwaltungserklärung nicht wie der Verwaltungsakt von sich aus bestandskräftig, doch vermag sie ebenfalls die beteiligten Rechtssubjekte zu binden. Deshalb kann auch bei ihr das Bedürfnis auftauchen, eine einmal erklärte Verwaltungserklärung an eine geänderte Sach- oder Rechtslage anzupassen. Im Gegensatz zum Verwaltungsakt ist aber der Anwendungsbereich dieses Bedürfnisses geringer. Denn führt die Änderung der Sach- oder Rechtslage dazu, dass die betreffende Verwaltungserklärung nicht mehr rechtmäßig ist, so ist sie im Gegensatz zum Verwaltungsakt auch nicht mehr wirksam und das Bedürfnis einer Anpassung an die geänderten Verhältnisse hat sich erübrigt. In einem solchen Fall ist eine neue Verwaltungserklärung zu erlassen. Bei einer Verwaltungserklärung mit Dauerwirkung, die einer Änderung der Sach- oder Rechtslage ausgesetzt ist, kann eine Anpassung ihrer Rechtswirkungen also nur zur Sicherstellung der Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen als Grund der Rechtswirkungen dienen, nicht aber der Einhaltung des Gesetzesvorrangs, weil die Verwaltungserklärung so weitgehenden Änderungen der Sach- oder Rechtslage gegenüber nicht resistent ist. Trotz dieses gegenüber dem Verwaltungsakt verringerten Anwendungsbereichs der Verwaltungserklärung erscheinen die zugrunde liegenden Interessenlagen vergleichbar. Maßgeblicher Grundgedanke bei beiden Handlungsformen sind die über einen längeren Zeitraum bestehenden Rechtswirkungen, die an Änderungen der Sach- oder Rechtslage anzupassen sind. Die handlungsformübergreifende Allgemeinheit dieser Interessenlage hat dementsprechend nicht nur dazu geführt, dass 266

Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 49, Rn. 2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49, Rn. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 11; vgl. auch Ipsen, Widerruf gültiger Verwaltungsakte, S. 132 ff. 267 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49, Rn. 10; Kastner, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 49, Rn. 5. Vgl. zu dem Andauern von Rechtswirkungen Felix, NVwZ 2003, 385 (386). 268 Frohn, Jura 1993, 393 (393). 269 Ipsen, Widerruf gültiger Verwaltungsakte, S. 132 ff.; Fiedler, VerwArch 67 (1976), 125 (138 ff.).

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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die Möglichkeit eines Widerrufs für den Verwaltungsakt als gewohnheitsrechtlich geltender Grundsatz angesehen wird, 270 sondern eine darüber hinausgehende Anwendung aufgrund einer Analogie bzw. als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch für Handlungsformen ohne Verwaltungsaktcharakter als möglich erachtet wird. 271 Für Verwaltungserklärungen mit Dauerwirkung erscheint es möglich, eine Aufhebung aufgrund von Umständen, die nach der Bekanntgabe auftreten, auf einen Analogie zu § 49 VwVfG zu stützen. d) Zivilrechtliche Anfechtung nach §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 142 BGB Zur Möglichkeit, die Regeln über die Anfechtung nach den §§ 119 ff., 142 BGB verwaltungsrechtlich zu nutzen, besteht ein konfuses Meinungsbild. Dies ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Viele Ausführungen zu Verwaltungserklärungen (dort i. d. R: einfachen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen) behandeln das Problem der Anfechtung im Verwaltungsrecht, trotz seiner scheinbar zentralen Stellung, gar nicht oder nur in einer allgemeinen Weise. 272 Die vorhandenen Überlegungen befassen sich größtenteils mit der Anfechtung öffentlich-rechtlicher Erklärungen des Bürgers, nicht aber solcher der Behörde. 273 Teilweise wird schon aufgrund der Anlehnung an den zivilrechtlichen Begriff der Willenserklärung die Möglichkeit einer Anfechtung generell bejaht. 274 Vereinzelt wird sogar noch weitergehend die Relevanz für Erklärungen einer Behörde abgelehnt. 275 Schließlich verhindert die Verwendung des Begriffs der Willenserklärung i. w. S. eine ertragreiche Auseinandersetzung mit dem möglichen Rückgriff auf die zivilrechtlichen Regelungen der Anfechtung. 276 270

BVerwG NJW 1977, 1838. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49, Rn. 13, 16. Vgl. auch VGH Mannheim NVwZ 1991, 79 (80). 272 Zu Letzterem vgl. Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 15 f.; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 308; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 4. 273 BVerwGE 37, 19 (20); OVG Koblenz NVwZ 1984, 316 (317); VGH Mannheim NJW 1985, 1723; OVG Lüneburg OVGE 16, 355 (359); RGZ 134, 162 (171 f.); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 22, Rn. 78; Middel, Öffentlichrechtliche Willenserklärungen von Privatpersonen, S. 112; Schnell, Der Antrag im Verwaltungsverfahren, S. 145 ff.; Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (326 ff.); Küchenhoff, in: Inst. für Staatslehre und Politik Mainz (Hrsg.), FS Laforet, S. 317 (322 f.); Schmidt-De Caluwe, Jura 1993, 399; Stelkens, NuR 1985, 213 (220); Stichelberger, BayVBl. 1980, 393; Kurz, BayVBl. 1980, 587. 274 Gusy, BayVBl. 1985, 484 (490); Weides, Verwaltungsverfahren, S. 73; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 15 f., teilweise jedoch für die öffentlich-rechtliche Willenserklärung des Bürgers. Vgl. auch oben 5. Kap. 2. Abschn. D. 275 Nach Kluth, NVwZ 1990, 608 (613), soll sich das Problem der Anfechtung „nur bei Willenserklärungen des Bürgers und bei Erklärungen zwischen Verwaltungsträgern“ stellen. 271

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Die typische zivilrechtliche Anfechtungssituation i. S. d. § 119 BGB stellt auf das Vorliegen eines Irrtums beim Erklärenden ab. Dieser beruht auf einem Abweichen des Gewollten vom Erklärten. 277 Damit wird einem maßgeblichen Grund der Rechtswirkungen der Willenserklärung Rechnung getragen, der im wahren Willen des Erklärenden liegt. 278 Der Verwaltungserklärung liegt hierzu eine abweichende Konstellation zugrunde. 279 Nicht der wahre Wille des erklärenden Amtswalters, sondern der hinter der Entscheidung stehende überindividuelle Verwaltungswille bildet den Grund der Rechtswirkungen. Während die Willenselemente des Erklärenden bei der zivilrechtlichen Willenserklärung von entscheidender Bedeutung sind, rücken sie bei der Verwaltungserklärung in den Hintergrund. Das Vorliegen eines Irrtums als Abweichen des Erklärten vom wahren Willen des Erklärenden ist für die Verwaltungserklärung nicht primär relevant. 280 Diese scheinbare Unvergleichbarkeit ist jedoch nur vordergründiger Natur. Durch die zivilrechtliche Anfechtung wird dem Grund der Rechtswirkungen Geltung verschafft. Entscheidend für das Vorliegen des Anfechtungsrechts ist das Abweichen des Erklärungsinhalts vom Grund der Rechtswirkungen (was für das Zivilrecht zu Recht gleichgesetzt wird mit dem wahren Willen des Erklärenden), welches zivilrechtlich als „Irrtum“ bezeichnet wird. Durch diese Beachtung des wahren Willens führt die Willenserklärung Rechtswirkungen herbei. Die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung basieren zwar nicht auf dem wahren Willen des Erklärenden, doch stattdessen auf dem Verwaltungswillen. 281 Auch diesem muss Geltung verschafft werden, um die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung herbeizuführen. Den einzig relevanten Unterschied zwischen der zivilrechtlichen Willenserklärung und der Verwaltungserklärung bildet die jeweilige Willenskonzeption, die zu verschiedenen Anknüpfungspunkten für das Feststellen einer Abweichung vom Erklärten führt. Bei einer analogen Anwendung des Anfechtungsrechts nach §§ 119, 142 BGB auf die Verwaltungserklärung würde dieses ebenfalls die Funktion haben, dem Grund der Rechtswirkungen Geltung zu verschaffen. Der Begriff des Irrtums, der allgemein mit dem wahren Willen eines Individuums in Verbindung gebracht wird, darf insofern nicht überbewertet werden, kennzeichnet er doch auch nur die eigentlich entscheidende Interessenlage, darauf hinzuwirken, dass 276 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22, Rn. 2, 15; Kluth, NVwZ 1990, 608 (608, 613). 277 Larenz / Wolf, BGB AT, § 35, Rn. 36; Brox / Walker, BGB AT, Rn. 407. 278 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. III.5. 279 Dieses Problem deutet sich auch bei Kluth, NVwZ 1990, 608 (613), an, nachdem es schwierig sei festzustellen, auf welchen „Willen“ für eine Anfechtungsmöglichkeit der Behörde abzustellen sei. 280 Vgl. oben 6. Kap. 7. Abschn. 281 Vgl. oben 4. Kap. 1. Abschn. B.II.6.b.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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der Erklärungsinhalt mit dem Grund der Rechtswirkungen übereinstimmt. Dieses Bedürfnis besteht sowohl bei der zivilrechtlichen Willenserklärung als auch der Verwaltungserklärung. Konkret scheint die Regelung über den Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB am besten geeignet zu sein, auch für die Verwaltungserklärung und den Verwaltungswillen angewendet zu werden. 282 Für den Tatbestand bedeutet dies, dass bei der Abgabe der Verwaltungserklärung der Verwaltungswille eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte. Eine Analogie zu §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 142 BGB kommt als Rechtsgrundlage für eine Aufhebung von Verwaltungserklärungen aufgrund von Umständen in Betracht, die bei der Abgabe vorliegen. Daneben können auch Umstände berücksichtigt werden, die zwar vor der Abgabe aufgetreten sind, sich aber bei der Abgabe noch auswirken. Unerheblich ist, ob es sich dabei um eine Verwaltungserklärung mit Dauerwirkung handelt. 3. Aufhebung wegen Umständen nach Abgabe der Verwaltungserklärung Im Gegensatz zur Aufhebung von Verwaltungserklärungen, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen haben und frei aufhebbar waren, unterliegt die Aufhebung der hier zu behandelnden Gruppe von Erklärungen strengeren Voraussetzungen. Begonnen wird mit der Aufhebung aufgrund von Umständen, die erst nach der Abgabe der Verwaltungserklärung aufgetreten sind. 283 a) Tatbestandsvoraussetzungen Rechtsgrundlage hierfür ist eine Analogie zu § 49 Abs. 1 VwVfG. Auch diese Aufhebung muss ebenso wie die bisher behandelten Formen der Aufhebung mittels einer Verwaltungserklärung bekannt gemacht werden. 284 282 Zumindest für die Phase der Zielverfolgung, also für Fehler bei der Abgabe der Verwaltungserklärung, könnte auch eine entsprechende Anwendung des § 120 BGB in Betracht kommen. Zwar ist diese Phase dadurch gekennzeichnet, dass der betreffende Amtswalter keine weitere Aufgabe hat, als die schon getroffene Verwaltungsentscheidung abzugeben, doch ist auch dieser Schritt noch von der „Abgabe“ des § 119 Abs. 1 BGB umfasst. Selbst wenn für diesen Bereich statt einem Rückgriff auf § 119 Abs. 1 BGB ein solcher auf § 120 BGB vorgezogen werden würde, ergäben sich inhaltlich keine gravierenden Unterschiede. 283 Auch an dieser Stelle zeigt sich ein Unterschied zum Zivilrecht. Das dortige Anfechtungsrecht stellt nur auf Umstände ab, die schon bei der Abgabe der Willenserklärung vorgelegen haben. Nachträglich eintretende Umstände können allenfalls über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB berücksichtigt werden. Dann ist jedoch Anknüpfungspunkt das Vorliegen eines Vertrages, nicht aber einer Willenserklärung.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

(1) Aufhebungsgrund – Änderung der Sach- oder Rechtslage Die Aufhebung hat zur Folge, dass der Empfänger eine schutzwürdige Position verliert. Entsprechende Verwaltungserklärungen können deshalb nicht frei aufgehoben werden, vielmehr muss ein Aufhebungsgrund vorliegen, der der durch die Erklärung geschaffenen schutzwürdigen Position entgegengestellt werden kann. In Anlehnung an § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4 VwVfG kann ein solcher Aufhebungsgrund in Änderungen der Sach- oder Rechtslage erblickt werden. Für Verwaltungserklärungen mit Dauerwirkung ergibt sich hiermit die Möglichkeit, eine Übereinstimmung mit einem gewandelten Verwaltungswillen herbeizuführen und so dem Grund der Rechtswirkungen Geltung zu verschaffen. Dabei ist jedoch noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit dieser Anpassung praktisch eher selten vorkommen wird. Änderungen der Sach- oder Rechtslage werden sich i. d. R. derart auf die Rechtmäßigkeit einer Erklärung auswirken, dass diese unwirksam wird. Der Anwendungsbereich beschränkt sich so auf eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, die zwar die Wirksamkeit einer Verwaltungserklärung nicht berührt, dafür aber ihre Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen. 285 Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist unerheblich, wenn auch nach dieser Änderung die fragliche Verwaltungserklärung noch mit dem Verwaltungswillen als Grund der Rechtswirkungen übereinstimmt. (2) Rechtmäßigkeit Die Aufhebung darf nicht dazu führen, dass eine rechtswidrige Lage entsteht. Aufgrund der Anwendung des Gesetzesvorbehalts handelt die Behörde nicht im Bereich der sog. gesetzesfreien Verwaltung, sondern hat die Ermessensgrenzen zu beachten. 286 Ansonsten hat sie ihre Entscheidung nach den schon dargestellten Strukturen zu treffen. Fraglich ist aber, ob eine bestimmte Frist für die Erklärung der Aufhebung besteht. Zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht zeigen sich in dieser Hinsicht ebenfalls wesentliche Unterschiede. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB erlaubt die Anfechtung nur unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern. Hingegen ist nach §§ 49 Abs. 2 S. 2, 48 Abs. 4 VwVfG der Widerruf eines Verwaltungsakts innerhalb eines Jahres seit Kenntnisnahme der den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen möglich. 287 284

Vgl. hierzu die obigen Ausführungen 7. Kap. 2. Abschn. B.III.2.b. Zu Einzelheiten einer Änderung der Sach- oder Rechtslage können die entsprechenden Kommentierungen zu § 49 VwVfG zumindest als Maßstab herangezogen werden. Bei einer Änderung der Rechtslage ist das im Vertrauensschutz angesiedelte besondere Problem der Rückwirkung zu beachten. 286 Vgl. oben 6. Kap. 6. Abschn. D.II.2. 287 Zu den hieraus resultierenden Problemen hinsichtlich der Jahresfrist, vgl. Kopp, DVBl. 1990, 663; Weides, DÖV 1985, 431. 285

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Diese Frist dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit und begrenzt die Möglichkeit des Widerrufs zum Schutz des Vertrauens der Beteiligten auf ein Jahr. 288 Daneben zeigen sich in dieser Regelung Grundzüge einer Verwirkung. 289 Diese Überlegungen können auch für die Aufhebung der Verwaltungserklärung fruchtbar gemacht werden, denn eine dem § 121 Abs. 1 S. 1 BGB vergleichbare Frist erscheint zu kurz. Für eine der zivilrechtlichen Lage gegenüber verlängerte Frist spricht, dass der Behörde ein gewisser Zeitraum zuzubilligen ist, in dem sich der Verwaltungswille auf die geänderte Sach- oder Rechtslage einstellen kann. Schon aufgrund der Struktur der Willensbildung in der Verwaltung nimmt dies einen sehr viel längeren Zeitraum ein, als ein Individuum benötigen würde. Zu bedenken ist aber gleichzeitig auch, dass für die Überprüfung einer Verwaltungserklärung i. d. R. erheblich weniger Normen heranzuziehen sind, als bei der Auseinandersetzung mit einem Verwaltungsakt. Es kommt vielmehr entscheidend auf die Bildung des Verwaltungswillens an. Im Gegensatz zu einer Verwaltungserklärung erscheint das mit dem Verwaltungsakt zusammenhängende Verfahren außerdem förmlicher, so dass fraglich ist, ob für die Verwaltungserklärung tatsächlich eine Jahresfrist notwendig ist. Die Annahme einer kürzeren Frist von beispielsweise drei Monaten 290 erscheint folglich nicht geeignet, die Fähigkeit einer Behörde zur Zielabstimmung zu gefährden. b) Rechtsfolge Analog § 49 Abs. 1 S. 1 VwVfG wirkt die Aufhebung aufgrund eines Umstands, der nach Abgabe auftritt, für die Zukunft. Nicht nur der Analogieschluss drängt zu dieser Rechtsfolge, sondern auch die schutzwürdige Position des ursprünglichen Verwaltungserklärungsempfängers gilt es zu beachten. Die Aufhebung soll sicherstellen, dass zu jedem Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Erklärung die Anforderungen, die schon bei ihrer Abgabe bestanden, beachtet werden. Eine Aufhebung ist folglich auch erst frühestens ab Änderung der Sach- oder Rechtslage erforderlich.

288 BVerwGE 66, 61 (63); BVerwG NVwZ 1988, 349 (350); BSG DVBl. 1994, 1247 (1248); VGH Mannheim NVwZ 1984, 382 (382); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 205; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 146; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 48, Rn. 72; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 48, Rn. 87. Vgl. auch BT-Drs. 7/910, 71. 289 OVG Berlin NJW 1983, 2156 (2157); VGH München NVwZ 1984, 735 (736); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 147. 290 Vgl. die Bearbeitungsfrist aus § 75 S. 2 VwGO.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

4. Aufhebung wegen Umständen vor und bei Abgabe der Verwaltungserklärung Die Aufhebung von Verwaltungserklärungen, die eine schutzwürdige Position haben entstehen lassen aufgrund von Umständen, die vor oder bei der Abgabe aufgetreten sind, unterliegt ebenfalls strengeren Voraussetzungen. Es handelt sich hierbei um die auch von den zivilrechtlichen Anfechtungsregeln typischerweise erfasste Konstellation. a) Tatbestandsvoraussetzungen Als Rechtsgrundlage kann dementsprechend §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 142 BGB analog angewendet werden. Wie bei den anderen Varianten der Aufhebung auch, ist zu diesem Zweck eine Aufhebungserklärung der obigen Art notwendig. (1) Aufhebungsgrund – Relevanter Fehler (Abweichen vom Verwaltungswillen) Der auch in diesem Fall notwendige Aufhebungsgrund liegt vor, wenn der durch eine Auslegung ermittelte Inhalt der Verwaltungserklärung nicht mehr vom Verwaltungswillen abgedeckt ist. 291 Ein solcher relevanter Fehler ist aufgrund verschiedener Situationen möglich. 292 Unerheblich hierfür ist, ob der Aufhebungsgrund in der Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase oder der Zielverfolgungsphase angelegt ist. Der Behörde wird mit dem Anfechtungsgrund die Möglichkeit gegeben, die ihr zuzurechnende Erklärung mit dem Verwaltungswillen als Grund der Rechtswirkungen in Einklang zu bringen. Eine durchgeführte Aufhebung vollendet die Konsequenzen aus der Tatsache, dass der Verwaltungserklärung der Grund ihrer Rechtswirkungen fehlt. (2) Rechtmäßigkeit Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ist auf die schon gemachten Ausführungen zu der Aufhebung einer Verwaltungserklärung, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen hat, zu verweisen. 293 Obwohl die hier vorliegende Fallgruppe von Erklärungen am ehesten den nach § 119 BGB anfechtbaren Willenserklärungen entspricht, erscheint es nicht sachgerecht, die Frist des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB analog anzuwenden.

291 292 293

Vgl. Hoke, DÖV 1962, 281 (281 f.). Vgl. die Zusammenstellung der möglichen Fehler oben 6. Kap. 7. Abschn. Oben 7. Kap. 2. Abschn. B.III.2.c.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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Der zeitliche Rahmen, den die Abstimmung von Verwaltungszielen in Anspruch nimmt, könnte mit einer Pflicht zur unverzüglichen Geltendmachung nicht in Einklang gebracht werden. Gleichzeitig erscheint aber auch das mehr als mittelfristige Hinauszögern der zu treffenden Entscheidung nicht notwendig. Der den Maßstab für die Aufhebung bildende Verwaltungswillen steht schon vor Abgabe der Verwaltungserklärung fest. Für die Feststellung, es liege eine Abweichung vom Verwaltungswillen vor, ist die Kenntnis von diesem zwangsläufig vorhanden. Eine Gleichschaltung mit der Frist für die vorhergehende Art der Aufhebung stellt sicher, dass nicht die Möglichkeit besteht, durch Vorschieben von Gründen die Anwendung einer kürzeren Frist zu vermeiden. Eine Frist von drei Monaten erscheint weiterhin angebracht. b) Rechtsfolge Die Abweichung des Erklärten vom Verwaltungswillen bestand in der vorliegenden Konstellation seit Abgabe der Verwaltungserklärung. Insofern erscheint es angezeigt, der darauf beruhenden Aufhebung ex-tunc Wirkung zuzusprechen, wie es auch in § 142 Abs. 1 BGB als Rechtsfolge des analog als Rechtsgrundlage herangezogenen § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB normiert ist. 5. Sonderfälle Die bisherigen Erörterungen bedürfen der Ergänzung einiger Sonderfälle, um ein ganzheitliches Bild zu ergeben. a) Möglichkeit einer Teilaufhebung Sofern die Situation es zulässt, ist statt einer vollständigen Aufhebung der Verwaltungserklärung auch eine Teilaufhebung möglich. Für die Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten ist dies nach §§ 48 Abs. 1 S. 1, 49 Abs. 1 VwVfG ebenso möglich wie für die Anfechtung von zivilrechtlichen Willenserklärungen. 294 Während die Frage, ab wann die Aufhebung wirksam wird, die Übereinstimmung des Verwaltungswillens mit dem Erklärten in zeitlicher Hinsicht zum Gegenstand hat, deckt die Möglichkeit der Teilaufhebung dieselbe Frage in inhaltlicher Hinsicht ab. 295 Eine Teilaufhebung führt zu einer Veränderung der unvermindert fortbestehenden Rest-Verwaltungserklärung.

294 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 142, Rn. 1; Mayer-Maly / Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, § 143, Rn. 11; Larenz / Wolf, BGB AT, § 44, Rn. 41; Flume, BGB AT Bd. 2, § 31.4. 295 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 12 ff.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Voraussetzung für eine Teilaufhebung in sachlicher Hinsicht ist die Teilbarkeit des Inhalts oder der damit verbundenen Folgen. 296 Der Aufhebungsgrund muss für den abgrenzbaren Teil gegeben sein. Bei einer nur teilweisen Aufhebung ist darauf zu achten, dass für das Vorliegen einer schutzwürdigen Position weniger das Vorliegen einer Verwaltungserklärung mit begünstigender oder belastender Wirkung entscheidend ist, sondern vielmehr wie sich die Teilaufhebung auswirkt. 297 Die negative Änderung einer belastenden Verwaltungserklärung stellt sich für den Bürger als Verschlechterung dar, weshalb eine schutzwürdige Position betroffen wäre. Entsprechend ist auch die positive Änderung einer begünstigenden Verwaltungserklärung als Verbesserung anzusehen. b) Bewusstes Abweichen vom Verwaltungswillen Weitgehend ungeklärt erscheint die nun anzusprechende Situation, die bei einem bewussten Abweichen des erklärenden Amtswalters vom Verwaltungswillen entsteht. Grundvoraussetzung ist auch hier, dass die Verwaltungserklärung nicht schon rechtswidrig und damit unwirksam ist. In einem ersten Schritt ist die Zurechnung einer solchen Verwaltungserklärung zu behandeln. Sollte sich diese durch das bewusste Abweichen vom Verwaltungswillen der Verwaltung nicht zurechnen lassen, besteht für diese auch nicht das Bedürfnis der Aufhebung. Aufgrund der in diesem Bereich anzuwendenden Grundsätze über die organschaftliche Vertretung könnte die Zurechnung aufgrund einer Analogie zu § 179 BGB scheitern. 298 Der erklärende Amtswalter wäre persönlich Zurechnungsendpunkt der Verwaltungserklärung. Aufgrund der Differenzierung zwischen der Vertretung im Innen- und Außenverhältnis ist dieser Vorstellung jedoch entgegenzutreten. 299 Das bewusste Abweichen vom Verwaltungswillen stellt ohne Zweifel eine Überschreitung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis dar. Diese berührt für sich betrachtet aber noch nicht die wirksame Zurechnung im Außenverhältnis. 300 Aus Gründen der Rechtssicherheit können die Erklärungen eines Amtswalters auch bei Überschreiten seiner aus dem Innenverhältnis resultierenden Befugnisse der Behörde zugerechnet werden. Ebenso wie bei der Frage der fehlenden Zeichnungsbefugnis wird man auf die grundsätzlich bestehende Möglichkeit des wirksamen Abgebens von Erklärungen 296

OVG Berlin NVwZ 1993, 593; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 110; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 49; Laubinger, VerwArch 73 (1982), 345 (346). 297 BVerwGE 30, 132 (133); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 15 m.w. N. 298 Vgl. oben 4. Kap. 3. Abschn. B.II. 299 Zu dieser Differenzierung Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 83, Rn. 38 ff. 300 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 46, Rn. 135 ff.; Köhler, BGB AT, § 11, Rn. 63.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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für die Behörde abstellen müssen. 301 Eine Ausnahme könnte auch hier gemacht werden, wenn der Empfänger von dem bewussten Abweichen vom Verwaltungswillen Kenntnis hat oder kollusiv mit dem erklärenden Amtswalter zusammenarbeitet. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine solche Verwaltungserklärung nach den obigen Grundsätzen aufgehoben werden kann. Im Zivilrecht ist auf diese Situation § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB zugeschnitten, demnach für Willensmängel auf die Person des Vertreters abzustellen ist. Im Zuge der sich aus der Anwendung der Grundsätze einer organschaftlichen Vertretung im öffentlichen Recht ergebenden Modifikationen musste die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift abgelehnt werden. 302 Die Möglichkeit der Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 Var. 2 BGB ist jedoch auch im öffentlichen Recht anerkannt. Fraglich ist, ob sich über eine Zurechnung des Wissens des bewusst falsch erklärenden Amtswalters ein Ausschluss der Aufhebung ergibt. Eine Wissenszurechnung kann sich im Rahmen des § 119 Abs. 1 BGB auf die Kausalität des Irrtums auswirken, sofern die Erklärung auch bei „Kenntnis der Sachlage“ abgegeben worden wäre. 303 Auch wenn eine analoge Anwendung des § 119 Abs. 1 BGB als Rechtsgrundlage für eine Aufhebung dient, scheint dieser Teil für das Verwaltungsrecht nicht zu passen. Bei vollständiger Kenntnis der Sachlage hätte ein unbewusst vom Verwaltungswillen abweichender Amtswalter die fragliche Erklärung nicht abgegeben und damit läge die notwendige Kausalität vor. Das besondere eines bewusst handelnden Amtswalters ist aber gerade, dass er die Sachlage kennt und trotzdem eine abweichende Erklärung abgibt. Bezogen auf den entscheidenden Verwaltungswillen ergibt sich die Kausalität damit schon durch das Abweichen des Erklärenden. Aufgrund der fehlenden Anwendung des § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB findet ein Auseinanderfallen von maßgeblichem Willen und willentlicher Erklärung statt, was zu der Aushöhlung dieses Kausalitätskriteriums führt. Darüber hinaus ist auch zweifelhaft, ob ein Ausschluss der Anfechtung eine sachgerechte Antwort auf einen bewusst abweichend erklärenden Amtswalter darstellt. Der nicht vorgenommene Analogieschluss zu § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB ist Folge des Verwaltungswillens als Grund der Rechtswirkungen. Auch wenn eine Abweichung hiervon in einer konkreten Erklärung bewusst herbeigeführt wurde, ändert das nichts daran, dass dieser ein maßgeblicher Grund der Rechtswirkungen fehlt. Ein Ausschluss der Anfechtung würde dazu führen, dass die Behörde eine ihr zuzurechnende Erklärung nicht mehr beeinflussen kann, obwohl sie nicht dem Verwaltungswillen entspricht. Die Möglichkeit der Aufhebung würde von der praktisch schwierigen Feststellung abhängen, ob das Abweichen vom Verwal301 302 303

Vgl. oben 6. Kap. 7. Abschn. B. I. Oben 6. Kap. 7. Abschn. D. Schramm, in: Münchener Kommentar, BGB, § 166, Rn. 38.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

tungswillen bewusst oder unbewusst war. Um den Verwaltungswillen als Grund der Rechtswirkungen zu beachten, sollte Folge eines bewussten Abweichens vom Verwaltungswillen nicht die Nichtaufhebbarkeit sein. 304 6. Entschädigung auf Sekundärebene Bisher wurden in der Ausgestaltung des Prozesses der Aufhebung vor allem erklärendenbezogene Determinanten berücksichtigt. Empfängerbezogene Determinanten wie der Vertrauensschutz oder subjektive-öffentliche Rechte wurden lediglich abstrakt miteinbezogen. Um diesem bisher bestehenden Ungleichgewicht zwischen den Positionen des Erklärenden und Empfängers entgegenzuwirken, erscheint es sachgerecht, die Möglichkeit des oben schon angedeuteten Entschädigungsanspruchs auf einer Sekundärebene näher zu betrachten. a) Anspruchsgrundlage – § 49 Abs. 6 VwVfG analog Als „Revolutionierung des gesamten Verwaltungsrechts“ hatte Forsthoff noch die Möglichkeit bezeichnet, den Anspruch auf Vertrauensschaden nach § 122 BGB ins öffentliche Recht zu übertragen. 305 Tatsächlich wird ein solcher im Bürgerlichen Gesetzbuch seit jeher vorhandener Ausgleichsanspruch aber in vergleichbarer Form auch für die Rücknahme und den Widerruf in §§ 48 Abs. 3, 49 Abs. 6 VwVfG gewährt, sofern der Aufhebung ein schutzwürdiges Vertrauen des Empfängers gegenübersteht. Für die Verwaltungserklärung besteht keine solche geschriebene Regel. Dennoch kann sich auch bei ihr der Empfänger in einer schutzwürdigen Position befinden, die dem Verwaltungswillen als Grund der Rechtswirkungen gegenüber steht. 306 Gerade am Beispiel der möglicherweise in einer Verwaltungserklärung enthaltenen subjektiven-öffentlichen Rechte für den Bürger, die bei einer Aufhebung allein wegen eines Mangels aus der Sphäre 307 des Erklärenden verloren gehen, zeigt sich, dass eine einseitige Aufhebung durch den Erklärenden unverhältnismäßig und unbillig sein kann, wenn kein Ausgleichsanspruch besteht. 308 Das bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem – vermittelt durch Vertrau304 Zu den daraus folgenden Konsequenzen unten, 7. Kap 4. Abschn. A.III. Bei dieser Konstellation besteht freilich eine gewisse Nähe zum Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Diesem wird aber dadurch begegnet, dass ein bewusstes Abweichen vom Verwaltungswillen bedingt durch dessen Elemente zwangsläufig als die abweichende Entscheidung einer Einzelperson erscheinen muss, die von der restlichen Verwaltung nicht gewollt war. 305 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 240. 306 Vgl. oben 7. Kap. 2. Abschn. B.II.1. 307 Zu diesem Sphärengedanken Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, § 122, Rn. 3 m.w. N. 308 BT-Drs. 7/910, S. 71, 73.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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ensschutz und subjektive-öffentliche Rechte – aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip entstammenden Interesse des Bürgers an einem Weiterbestehen der Verwaltungserklärung und dem Interesse der Verwaltung, den Verwaltungswillen zur Geltung zu bringen, wäre unangemessen zugunsten des Staates aufgelöst. Gemessen an den Wirkungen, die eine Verwaltungserklärung entfalten kann, und den Konsequenzen, die bei einer einseitigen Aufhebung durch den Staat aufgrund einer aus der staatlichen Sphäre stammenden Ursache ohne einen Entschädigungsanspruch entstehen würden, kann das von der Handlungsformenlehre als Anforderung aufgestellte adäquate Verhältnis zwischen Tatbestand und Fehlerfolgen nicht mehr als gesichert angesehen werden. 309 Dementsprechend kann ein Entschädigungsanspruch das Äquivalent für eine in Bezug auf konkrete Interessen des Empfängers unabhängige Aufhebung darstellen. 310 Der Erklärende muss sich bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Möglichkeit „erkaufen“, an eine einmal von ihm abgegebene Erklärung nicht mehr gebunden zu sein. Um die Möglichkeit der einseitigen Aufhebung zu gewähren, ist also gleichzeitig die Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs auf Sekundärebene erforderlich. Die daraus entstehende Lücke im Recht der Verwaltungserklärungen könnte durch eine Analogie zu schon vorhandenen Regelungen geschlossen werden. Hier bieten sich vor allem die schon genannten Normen des § 122 BGB sowie § 49 Abs. 6 VwVfG an, weil die damit in einem Kontext stehenden Rechtsgrundlagen zur Aufhebung bzw. Anfechtung ebenfalls analog angewendet wurden. Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, die Möglichkeit des einseitigen Lösens von den Bindungen eines Rechtsakts für andere beteiligte Rechtssubjekte dadurch abzumildern, dass diese eine finanzielle Entschädigung erhalten. 311 Damit wird schon deutlich, dass eine Identität zwischen dem Grund für die Notwendigkeit eines Entschädigungsanspruchs und den den bestehenden Regelungen zugrunde liegenden Motiven vorhanden ist. Manche Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung können von der Verwaltung auch im Rahmen privatrechtlicher Betätigung als zivilrechtliche Willenserklärung abgegeben werden. Es wäre nicht einsichtig, warum der Staat bei einer teilweise vorhandenen Wahlfreiheit zwischen beiden Teilrechtsordnungen einmal einen Vertrauensschaden für die Anfechtung zu leisten hat, ein anderes Mal hingegen für eine Aufhebung einer Verwaltungserklärung nicht. Auch innerhalb des Verwaltungsrechts ist festzustellen, dass eine Behörde in bestimmten Situationen sowohl einen Verwaltungsakt als auch eine Verwaltungserklärung abgeben kann. 312 Für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts wäre ein Ausgleich zu leisten, für die Aufhebung einer Verwaltungserklärung nicht. Im Hin309

Vgl. oben 1. Kap. 1. Abschn. C.II. Vgl. BT-Drs. 7/910, S. 71. 311 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 139; Maurer, in: Schmitt Glaeser (Hrsg.), FS Boorberg, S. 223 (251). Näher dazu oben 7. Kap. 2. Abschn. B.II.2. 310

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

blick auf die Gleichbehandlung des Bürgers stünden einer solchen Handhabung Zweifel gegenüber. Aufgrund der vergleichbaren Interessenlagen bei den verschiedenen Handlungsformen ist auch bei der Aufhebung der Verwaltungserklärung eine Entschädigung analog § 49 Abs. 6 VwVfG 313 möglich. 314 b) Tatbestandsvoraussetzungen Voraussetzung für eine Entschädigung ist analog § 49 Abs. 6 S. 1 VwVfG, dass der Betroffene einen Vermögensnachteil erlitten hat, weil er auf den Bestand der Verwaltungserklärung vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. 315 Hierbei ist konkret auf die Schutzwürdigkeit im Einzelfall einzugehen. Grundsätzlich wird diese bei der Aufhebung von Verwaltungserklärungen, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen haben, zu bejahen sein. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch beim Empfang einer belastenden Verwaltungserklä312

Wenngleich in betreffender Situationen nicht beide Handlungsformen auch rechtmäßig sein müssen, vgl. oben 6. Kap. 5. Abschn. 313 Wie Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 38, feststellt, wird die umstrittene Einteilung dieses Anspruchs in die staatshaftungsrechtlichen Kategorien nur selten diskutiert. Nach VG Schleswig SH Anz. 1972, 27 (27); Meyer, in: Knack, VwVfG, § 48, Rn. 117, handelt es sich systematisch um einen Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs. Dies erscheint zweifelhaft, da der Folgenbeseitigungsanspruch einen rechtswidrigen Zustand voraussetzt, Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 12, Rn. 38. Es handelt sich bei der Entschädigung nach einer Aufhebung zwar um eine Folgenbeseitigung i. w. S., doch ist die Aufhebung als vorhergehendes Handeln vom Gesetz vorgesehen und rechtmäßig. Auch ein Abstellen auf den vorhergehenden Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsakts mit Schmidt, JuS 1973, 529 (534), erscheint nicht erfolgversprechend, da die finanzielle Entschädigung nicht Folge des Erlasses, sondern der Aufhebung des Verwaltungsakts ist, vgl. Maurer, in: Schmitt Glaeser (Hrsg.), FS Boorberg, S. 223 (252, Fn. 80) m.w. N. Ders., in: Schmitt Glaeser (Hrsg.), FS Boorberg, S. 223 (252), geht davon aus, dass es sich um einen Enteignungsentschädigungsanspruch handelt. Das würde jedoch voraussetzen, dass die nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz gewährte Entschädigung deckungsgleich mit dem Schutzbereich des Art. 14 GG ist. Nach dem mittlerweile herrschenden Verständnis der Enteignungsdogmatik erscheint diese Lösung ohnedies nicht mehr angebracht, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 38. Es bleibt damit die Qualifizierung als Anspruch sui generis, Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 192; § 49, Rn. 124; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 140; § 49, Rn. 78. Dabei wird eine Anlehnung an die Grundsätze des Entschädigungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Aufopferung bzw. enteignenden bzw. enteignungsgleichen Eingriffs gesehen, Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 140; § 49, Rn. 78. Auch handelt es sich um einen Anspruch wegen einer ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums, Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 140; § 49, Rn. 78. 314 Aufgrund der den §§ 49 Abs. 6, 48 Abs. 3 VwVfG, 122 BGB innewohnenden größtenteils identischen Wertungen erscheint auch ein Rückgriff auf einen in diesen Normen konkretisierten allgemeinen Rechtsgedanken möglich. Auch eine Analogie zu § 122 BGB könnte denkbar sein. 315 Zu Einzelheiten können die entsprechenden Kommentierungen zu § 49 Abs. 6 VwVfG herangezogen werden.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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rung ein Vermögensnachteil aufgrund eines schutzwürdigen Vertrauens entstehen kann. 316 Auch kann ein im konkreten Fall vorliegendes Mitverschulden berücksichtigt werden. 317 Eine besondere Form des Mitverschuldens liegt vor, wenn die Abgabe und Aufhebung durch eine Täuschung oder Drohung beeinflusst wurde. Verwaltungserklärungen, denen eine Täuschung oder Drohung vorausgegangen ist, können für den Erklärungsempfänger im konkreten Fall keine schutzwürdige Position hervorrufen. Dies muss zumindest in den Fällen gelten, in denen die Täuschung oder Drohung auch vom Erklärungsempfänger ausgegangen ist. 318 Derjenige, der in den Entscheidungsprozess der Verwaltung vorsätzlich durch unredliches Verhalten eingreift, kann nicht darauf vertrauen, dass die so gefundenen Entscheidungen von Bestand wären. 319 Zu Zweifeln könnte führen, dass dieser Aspekt auf der Primärebene bisher nicht berücksichtigt wurde. Dort ist jedoch allein die Übereinstimmung des Erklärten mit dem Verwaltungswillen entscheidend. Es ist gerade nicht der individuelle Wille des Amtswalters, der den Grund der Rechtswirkungen einer Verwaltungserklärung bildet und so den entscheidenden Maßstab für ihre Aufhebung bildet. Grund für die Aufhebung ist nicht die Täuschung oder Drohung, sondern die fehlende Deckungsgleichheit mit dem Verwaltungswillen. Dies hat zur Konsequenz, dass eine durch Täuschung oder Drohung beeinflusste Verwaltungserklärung dann nicht aufgehoben werden kann, wenn sie im Einklang mit dem Verwaltungswillen steht, wobei eine solche Konstellation eher theoretischer Natur zu sein scheint. Fraglich ist, inwieweit die fehlende Einlegung von Rechtsmitteln dem Betroffenen angelastet werden kann. Zwar zeigt die gesetzgeberische Wertung des § 48 VwVfG, dass auch bei der Rücknahme rechtswidriger und damit widerspruchsfähiger Verwaltungsakte ein finanzieller Ausgleich möglich ist, doch kann hierfür die vorhergehende Ausschöpfung von Rechtsbehelfen notwendig sein. 320 Bei der Verwaltungserklärung könnte dies ebenfalls über ein Mitverschulden berücksichtigt werden. Der Empfänger einer Verwaltungserklärung ist jedoch nicht in der Position, prozessual initiativ tätig zu werden. Die Festlegung einer Pflicht bzw. Obliegenheit, gerichtet auf das Einlegen von Rechtsmitteln, würde die ursprüngliche Ausgangssituation ins Gegenteil verkehren. Will die Behörde ihre 316

Vgl. oben 7. Kap. 2. Abschn. B.III.1.b. Zur Rechtslage bei §§ 48, 49 VwVfG oben Kap. 7, Fn. 243. 317 VGH München BayVBl. 1996, 374 (375); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49, Rn. 82. 318 Zu Einzelheiten der Täuschung und Drohung können die entsprechenden Kommentierungen zu § 48 VwVfG zumindest als Maßstab herangezogen werden. 319 BVerfGE 59, 128 (171). 320 VGH München BayVBl. 1996, 374 (375); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 198; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 141; Schenke, DÖV 1983, 320 (328 f.); Schoch, DVBl. 1990, 549 (553).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Erklärung durchsetzen, muss sie notfalls den Weg zu den Gerichten beschreiten. Dem Bürger steht kein dem Widerspruch vergleichbares Instrument zur Verfügung, welches eine Selbstkontrolle der Verwaltung herbeiführt. Dass darüber hinaus vom Empfänger zu fordern ist, eine Verwaltungserklärung durch ein Gericht auf Fehler der Behörde untersuchen zu lassen, erscheint unangemessen. Zwar wurde es bisher nicht geklärt, doch erscheint es schließlich zweifelhaft, ob der Bürger gegen eine rechtmäßige Verwaltungserklärung – und solche kommen für eine Aufhebung von vornherein nur in Betracht – überhaupt Rechtsmittel einlegen kann. 321 c) Anspruchsinhalt Der Bürger hat analog § 49 Abs. 6 S. 2 i. V. m. § 48 Abs. 3 S. 3 VwVfG einen Anspruch auf das sog. negative oder Vertrauensinteresse, wobei das positive oder Erfüllungsinteresse die Obergrenze bildet. 322 Nicht angebracht erscheint es jedoch die Vorschrift des § 49 Abs. 6 S. 2 i. V. m. § 48 Abs. 3 S. 4 VwVfG analog anzuwenden. Demnach wird der zu entschädigende Vermögensnachteil durch die Behörde festgesetzt, also mittels eines Verwaltungsakts. 323 Für die mittels eines Verwaltungsakts durchgeführte Aufhebung eines Verwaltungsakts erscheint dies sachgerecht, in einer von Verwaltungserklärungen geprägten Situation wirkt ein solcher Verwaltungsakt jedoch eher wie ein Fremdkörper. Die Entschädigung wegen der Aufhebung einer Verwaltungserklärung ist vom Bürger einzufordern und notfalls vor Gericht geltend zu machen, um so eine Chancen- und Waffengleichheit zwischen der Handlungsform Verwaltungserklärung und ihren Folgen für den Bürger herbeizuführen.

C. Inhaltsmodifikationen einer Verwaltungserklärung Der konkrete Inhalt einer Verwaltungserklärung wird durch den Erklärenden bestimmt. Es kann aber Fälle geben, wo von dem vom Erklärenden gewollten Inhalt durch den Rechtsverkehr abgewichen wird oder sogar eine Verwaltungserklärung hierdurch erst entsteht.

321

Dazu noch unten 7. Kap. 3. Abschn. C. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 48, Rn. 194; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 143; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 37. Vgl. zu weiteren Einzelheiten die entsprechenden Kommentierungen zu §§ 48, 49 VwVfG. 323 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 48, Rn. 144 m.w. N. 322

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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I. Auslegung Die bedeutendste Methode in diesem Zusammenhang ist die Auslegung. Sie erlaubt dem Rechtsverkehr, den Sinngehalt einer Erklärung der Verwaltung zu ermitteln und so ihren maßgeblichen Inhalt zu beeinflussen. Die Auslegung geht damit der Möglichkeit, Verwaltungserklärungen aufzuheben, zwangsläufig vor. Dies kann nicht nur zu Abweichungen im Inhalt einer Verwaltungserklärung führen, sondern auch dazu, dass eine Erklärung als Verwaltungserklärung zu verstehen ist, selbst wenn eine andere Handlungsform verwendet werden sollte. Fragen der Auslegung wurden schon behandelt, 324 weshalb sie an dieser Stelle nicht erneut vertieft werden sollen. II. Offenbare Unrichtigkeiten Ebenfalls schon thematisiert wurde die Behandlung offensichtlicher Fehler. 325 In diesem Rahmen kann auch für Verwaltungserklärungen der § 42 VwVfG zugrunde liegende allgemeine Rechtsgedanken angewendet werden, der Parallelen zur Auslegung aufweist. So führt die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nur zur Klarstellung von dem, was tatsächlich gewollt war und bisher nur unzureichend in der Erklärung zum Ausdruck gekommen ist. 326 Als Konsequenz wird für die Verwaltungserklärung aufgrund deren fehlender Bestandskraft schon oftmals die bloße Auslegung der Erklärung für die Behebung eines offensichtlichen Fehlers ausreichend sein. 327 Sollte dies nicht der Fall sein, kann das tatsächlich gewollte von Seiten der Behörde durch eine Berichtigung zusätzlich klargestellt werden. 328 Die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten präsentiert sich so als eine auf formale Aspekte ausgerichtete Unterstützung der Auslegung. Wie auch die Auslegung geht die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten der Aufhebung vor, denn diese bezieht sich ebenfalls auf den maßgeblichen Inhalt einer Erklärung und stellt keine Reaktion auf einen tatsächlich vorhandenen Fehler in der Erklärung dar. 329 Voraussetzung für eine Berichtigung ist, dass die Verwaltungserklärung nicht schon rechtswidrig ist, denn dann wäre der Anwendungsbereich für die Umdeutung eröffnet. Nicht möglich ist also die Berichtigung solch offensichtlicher 324

Ausführlich dazu oben 6. Kap. 6. Abschn. B. Dazu oben 6. Kap. 7. Abschn. B.IV.2. 326 BSG NVwZ-RR 1991, 1 (1); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 2; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 42, Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 42, Rn. 5. 327 Zum Aspekt der Bestandskraft Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 1. 328 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 2. 329 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 36, Rn. 30. Vgl. zur Bedeutung der Auslegung auch oben 1. Kap. 2. Abschn. A. I. 325

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Fehler, die zur Rechtswidrigkeit der Verwaltungserklärung führen. 330 Läge ein die Rechtswidrigkeit herbeiführender Fehler vor, wäre die Verwaltungserklärung von vornherein unwirksam und würde damit keinen Anknüpfungspunkt für die Berichtigung bieten. Im Gegensatz zur Aufhebung von Verwaltungserklärungen ist das Vorliegen einer schutzwürdigen Position für die Berichtigung unerheblich. Aufgrund der Offensichtlichkeit des Fehlers kann sich der Empfänger auch nicht auf eine schutzwürdige Position berufen und eine finanzielle Entschädigung wie bei der Aufhebung verlangen. 331 III. Umdeutung Die weitreichenste Möglichkeit der Inhaltsänderung einer Erklärung bietet die Umdeutung. Für den Verwaltungsakt erlaubt § 47 VwVfG einen fehlerhaften Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umzudeuten, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Entsprechendes regelt § 140 BGB, demnach für den Fall, dass ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, das letztere gilt, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Für die Verwaltungserklärung fehlt freilich eine ausdrückliche Regelung. Schon die teilrechtsgebietübergreifenden Ähnlichkeiten zwischen § 47 VwVfG und § 140 BGB lassen jedoch erahnen, dass sich das Verfahren der Umdeutung nicht ausschließlich aus den normierten Rechtssätzen ergibt. Die Umdeutung oder auch sog. Konversion war schon lange vor dem Erlass des Bürgerlichen Gesetzbuches oder Verwaltungsverfahrensgesetzes ein anerkanntes Rechtsinstitut, 332 das durch die jeweilige Gesetzesfassung kodifiziert werden sollte. 333 Mit dessen Hilfe soll verhindert werden, dass eine einmal willentlich getroffene Regelung nicht unnötig rückgängig gemacht werden muss, wenn sie gleichzeitig die Anforderungen eines anderen Rechtsakts erfüllt. 334 Dieser verfahrensökonomische Gedanke greift für 330 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 49, 70; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 1; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 42, Rn. 7. 331 BVerwGE 40, 212 (216); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 42, Rn. 2; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 42, Rn. 1; Badura, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 38, Rn. 51. 332 Zu der historischen Entwicklung Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 27 ff. 333 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 6. 334 BT-Drs. 7/910, S. 66; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 1; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 1; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 4; Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 17 ff.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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die Verwaltungserklärung zwar nicht in Hinsicht auf eine ersparte Aufhebung ein, 335 da eine Verwaltungserklärung mit einem Rechtsfehler schon unwirksam ist und nicht aufgehoben werden braucht, doch kann auch für sie eine Umdeutung das Verfahren zur Abgabe einer zweiten Verwaltungserklärung ersparen. 336 Die Behörde hat hierdurch weniger Arbeitsaufwand und daneben können Vorteile für den Bürger entstehen, wenn beispielsweise die Umdeutung einer Begünstigung in Frage steht. 337 Die mit dem Rechtsinstitut verbundenen Ziele gelten mithin auch für die Verwaltungserklärung. Durch das Aufgreifen der gleichen Strukturen sowohl in § 140 BGB als auch § 47 VwVfG und der Berücksichtigung, dass diese sich auch schon vor ihrer Kodifizierung als ein anerkanntes rechtsmethodisches Verfahren präsentiert haben, erscheint eine Anwendung für Verwaltungserklärungen am ehesten aufgrund eines allgemeinen Rechtsgedankens passend. 338 Die Unterscheidung zwischen Umdeutung und Auslegung lässt sich anhand von zwei Kriterien klar vornehmen. Zum einen versucht die Auslegung den wahren Willen und die Umdeutung den hypothetischen Willen hinter einer Erklärung zu ermitteln. 339 Übertragen auf die Strukturen der Verwaltungserklärung bedeutet dies, dass die Auslegung den Behördenwillen ermittelt, während die Umdeutung sich am Verwaltungswillen orientiert. Zum anderen ist eine Auslegung vorzunehmen, um den Zweck der Verwaltungserklärung zu erschließen und so ihre Fehlerhaftigkeit zu untersuchen. 340 Die Auslegung hat somit Vorrang vor einer Umdeutung. 341 Im Vergleich zur Berichtigung von offenbaren Unrichtigkeiten ist festzustellen, dass letztere den Bestand des Rechtsakts unverändert lässt und nur 335

Vgl. Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 2. Wobei eingewendet werden könnte, dass die Abgabe einer Verwaltungserklärung und die tatsächliche Geltendmachung der Umdeutung sich in ihrem Aufwand ähneln. Zu der umstrittenen Rechtsnatur der Umdeutung in dieser Hinsicht Samalee, Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 155 ff.; Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 107 ff. Vgl. auch Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 8, der sogar die Qualifikation als „öffentlich-rechtliche Willenserklärung“ in Betracht zieht. Dieser Einwand ist aber grundsätzlicher Natur für die Umdeutung und könnte auch bei der direkten Anwendung des § 47 VwVfG vorgetragen werden. Für die Qualifikation als Verwaltungsakt vgl. Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 8 m.w. N. 337 Laubinger, VerwArch 78 (1987), 207 (217). 338 So auch Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 2 f.; Schütz, MDR 1954, 459 (461); für eine Analogie zu § 140 BGB Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 10; zweifelnd zwischen Anwendung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes und einer Analogie zu § 140 BGB BVerwGE 48, 81 (83); Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 5; Laubinger, VerwArch 78 (1987), 207 (208); allgemein Samalee, Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 167 f.; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 47, Rn. 4. 339 Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 68 ff.; Samalee, Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 1 ff.; Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 60, Rn. 6; Laubinger, VerwArch 78 (1987), 207 (218); Lüdemann / Windthorst, BayVBl. 1995, 357 (358). 340 Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 11. 336

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

der „äußeren Fehlerhaftigkeit“ abhilft, während die Umdeutung einen fehlerhaften Rechtsakt durch einen anderen ersetzt. 342 Voraussetzung für eine Umdeutung ist die Fehlerhaftigkeit eines Rechtsakts, die entweder als formelle oder materielle Rechtswidrigkeit erscheint. 343 Die nach h. M. für den Verwaltungsakt bestehende Möglichkeit, auch einen nichtigen Verwaltungsakt umzudeuten, 344 findet im Recht der Verwaltungserklärungen keine Entsprechung. Während im Rahmen einer direkten Anwendung des § 47 VwVfG die Optimierung eines rechtmäßigen Verwaltungsakts nicht möglich ist, wäre aber zu überlegen, 345 ob in dieser Hinsicht der Anwendungsbereich für die Verwaltungserklärung zu erweitern ist. Maßstab für die Aufhebung einer Verwaltungserklärung ist der Verwaltungswille, weshalb dies auf die Umdeutung übertragen werden könnte. Dann wären auch solche Verwaltungserklärungen umdeutbar, die zwar rechtmäßig sind, nicht aber mit dem Verwaltungswillen übereinstimmen. Als ausschlaggebend muss jedoch bewertet werden, dass für sämtliche gesetzliche Konkretisierungen des zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedankens die Rechtswidrigkeit des betreffenden Rechtsakts erforderlich ist. Deshalb sollte von dieser Anforderung auch für die Verwaltungserklärung nicht abgewichen werden. Der bezweckte Erfolg und die Wirkungen des umgedeuteten Rechtsakts müssen mit denen des ursprünglichen vergleichbar sein, wobei es unschädlich ist, wenn diese weniger weitgehend sind. 346 Der so gewonnene Rechtsakt muss rechtmäßig sein und darf sich als aliud zum umgedeuteten Rechtsakt darstellen, nicht jedoch als ein Plus. 347 Der neue Rechtsakt darf für den Betroffenen keine ungünstigeren Wirkungen haben. Des Weiteren ist eine Gleichheit in Bezug auf die formellen Voraussetzungen beider Rechtsakte nötig. Trotz Vorliegens dieser Merkmale kann eine Umdeutung ausgeschlossen sein, wie durch §§ 47 Abs. 2 VwVfG, 140 Hs. 2 BGB deutlich wird. Anstatt eines 341 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 8; Schwarz, in: HkVerwR / VwVfG, § 47, Rn. 7; Laubinger, VerwArch 78 (1987), 207 (218); Lüdemann / Windthorst, BayVBl. 1995, 357 (358). 342 Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 72; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 6; Samalee, Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 33 f. 343 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 31; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 47, Rn. 7; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 12. 344 VGH Mannheim NVwZ 1985, 349 (349 f.); Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 174; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 31; Lüdemann / Windthorst, BayVBl. 1995, 357 (358); a. A. Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 13; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 47, Rn. 8 m.w. N. 345 BVerwGE 80, 96 (98); 98, 298 (304); VGH Mannheim NVwZ 1990, 692; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 31; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 12. 346 Vgl. zu dieser Anforderungen die entsprechenden Kommentierungen zu § 47 VwVfG. 347 Vgl. Mayer-Maly / Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, § 140, Rn. 15.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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hypothetischen Willens besteht als eine Art subjektive Grenze der Verwaltungswille. Eine Umdeutung in eine Verwaltungserklärung darf nur dann vorgenommen werden, wenn diese mit dem Verwaltungswillen übereinstimmt. Die Umdeutung einer rechtswidrigen in eine rechtmäßige Verwaltungserklärung ist unproblematisch möglich und stellt den Grundanwendungsfall dieses Instituts dar. Daneben sind jedoch verschiedene Konstellationen denkbar, die einer gesonderten Untersuchung bedürfen. 1. Umdeutung zwischen öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärung und zivilrechtlicher Willenserklärung Die Umdeutung öffentlich-rechtlicher Verwaltungserklärungen in zivilrechtliche Willenserklärungen und umgekehrt wirft Schwierigkeiten auf. Freilich können beide Handlungsformen in ihren konkreten Ausgestaltungen eine größtmögliche Identität annehmen, wie das Beispiel der Aufrechnung oder des Zurückbehaltungsrechts zeigt. Auch konnte die Übertragung abstrakter Rechtsinstitute zwischen beiden Teilrechtsordnungen als zulässig angesehen werden und teilweise können sich die Rechtsfolgen eines Rechtsakts in beiden Bereichen auswirken, trotzdem sind öffentliches Recht und Zivilrecht voneinander getrennt und eigenständig. 348 Öffentliches Recht und Zivilrecht sind demnach nicht deckungsgleich und auch nicht in dem jeweiligen anderen Rechtsgebiet enthalten. Dies wird umso deutlicher bei der Überlegung, dass auch eine öffentlich-rechtliche Forderung eben mit einer Aufrechnung oder einem Zurückbehaltungsrecht öffentlich-rechtlicher Art zu begegnen ist, nicht aber dem zivilrechtlich Entsprechenden. Die konkreten Erscheinungsformen einer Verwaltungserklärung aus den verschiedenen Teilrechtsgebieten sind nicht auf ein gleiches Ziel gerichtet. 349 Sie unterscheiden sich in elementaren Gesichtspunkten, 350 was sich in verschiedenen Verfahrensoder Formvoraussetzungen fortsetzen kann. Die Umdeutung einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungserklärung in eine zivilrechtliche Willenserklärung ist folglich nicht möglich. 351 2. Umdeutung rechtswidriger Verwaltungserklärung in rechtmäßigen Verwaltungsakt Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt gleichen sich in vielen Punkten. Es könnte also die Umdeutung einer rechtswidrigen Verwaltungserklärung in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt möglich sein. Oftmals wird sich diese Frage 348 349 350 351

Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.IV.1. Ule / Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70, Rn. 47 m.w. N. Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II. So auch Küchenhoff, BayVBl. 1958, 325 (325).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

schon praktisch nicht stellen, da der Grund, der die Rechtswidrigkeit einer Verwaltungserklärung herbeiführt, in den meisten Fällen auch beim Verwaltungsakt zur Rechtswidrigkeit führen würde. Dies ist schon deshalb anzunehmen, weil die Rechtmäßigkeitsanforderungen eines Verwaltungsakts grundsätzlich höher sind, als die einer Verwaltungserklärung. Eine Ausnahme hierzu würde sich allerdings dann ergeben, wenn die Verwaltungserklärung rechtswidrig ist, weil in der betreffenden Situation eine Pflicht zur Verwendung eines Verwaltungsakts besteht. Der Grund der Rechtswidrigkeit würde sich dann gerade nicht auf einen Verwaltungsakt erstrecken. Aber auch in solchen Ausnahmekonstellationen erscheint die Umdeutung in offensichtlicher Weise nicht möglich. Schon bei verschiedenen Anlässen konnten die unterschiedlichen Rechtswirkungen von Verwaltungsakt und Verwaltungserklärung herausgestellt werden. Während die Verwaltungserklärung nur darauf gerichtet ist, die im Rahmen eines bestimmten Rechtssatzes möglichen Rechtswirkungen herbeizuführen, ist der Verwaltungsakt darüber hinausgehend darauf gerichtet, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. 352 Die Intention, die weitreichenderen Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts eintreten lassen zu wollen, ist nicht in den hinter einer Verwaltungserklärung stehenden Absichten enthalten. Die Umdeutung einer rechtswidrigen Verwaltungserklärung in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt ist nicht möglich. 353 3. Umdeutung rechtswidrigen oder nichtigen Verwaltungsakts in rechtmäßige Verwaltungserklärung Stattdessen könnte aber die gegenläufige Umdeutung eines rechtswidrigen oder nichtigen Verwaltungsakts in eine rechtmäßige Verwaltungserklärung zulässig sein. Jedoch auch in dieser Fallgestaltung scheint es schon praktisch in den meisten Fällen gar nicht zu einer Umdeutung kommen zu können. Aufgrund der Handlungsformenhierarchie ist bei gleichzeitiger rechtlicher Zulässigkeit von Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt die letztere Handlungsform vorzuziehen. Als Folge ist eine dennoch abgegebene Verwaltungserklärung unwirksam. 354 Eine Umdeutung würde also nur dann möglich werden, wenn sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts schon ganz prinzipiell und unabhängig der Umstände des Einzelfalls im abstrahierten Lebenssachverhalt ergeben würde, weil etwa die grundsätzliche Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts fehlt. In allen anderen Fällen wäre die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts behebbar, der Ver352

Dazu oben 1. Kap. 2. Abschn. A.III.4.c. Vgl. VGH Mannheim NVwZ 1990, 225 (226); Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 4; Meyer, in: Knack, VwVfG, § 47, Rn. 5. 354 Vgl. oben 6. Kap. 5. Abschn. B.II. 353

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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waltungsakt in der fraglichen Lebenssituation damit prinzipiell zulässig und die Verwaltungserklärung aufgrund der Handlungsformenhierarchie nicht möglich. Für die somit verbleibenden Fälle findet sich teilweise die Ansicht, eine Umdeutung dürfe keine Änderung der Handlungsform zur Folge haben. 355 Bei einer direkten Anwendung des § 47 VwVfG mag dies zutreffen, doch hiervon abgesehen bietet sich daneben noch die Möglichkeit, eine Umdeutung auf den schon herausgearbeiteten, allgemeinen Rechtsgedanken zu stützen, der sich in den §§ 140 BGB, 47 VwVfG lediglich konkretisiert. 356 Dennoch hat der VGH München zu der verbleibenden Frage entschieden, dass eine durch Verwaltungsakt verfügte Aufrechnung sowohl keine rechtsgeschäftliche Aufrechnung „beinhalte“ als auch nicht in eine rechtsgeschäftliche Aufrechnung umgedeutet werden könne. 357 Aufgrund der verschiedenen Rechtswirkungen beider Handlungsformen sei die Verwaltungserklärung nicht auf das gleiche Ziel gerichtet wie der Verwaltungsakt. 358 Sofern die mittels eines Verwaltungsakts aufrechnende Behörde eine von der gesetzlichen Ausgestaltung der §§ 387 ff. BGB abweichende Aufrechnungslage und -abwicklung herbeiführen möchte, könnte dieser Einwand berechtigt sein. In vielen Fällen wird jedoch auch ein Verwaltungsakt die Rechtslage herbeiführen sollen, von der das Gesetz ausgeht und an der sich auch die Verwaltungserklärung orientiert. Dies muss deshalb einer Betrachtung des Einzelfalls vorbehalten sein. Bei einer allgemeineren Erörterung ist festzustellen, dass die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts über die einer Verwaltungserklärung hinausgehen. Letztere ist nur darauf gerichtet, die im Rahmen eines Rechtssatzes möglichen Rechtswirkungen herbeizuführen. Im Gegensatz dazu vermag der Verwaltungsakt die Rechtswirkungen unabhängig der zugrunde liegenden materiellen Ausgestaltung aus sich selbst heraus zu begründen. Fraglich ist aber, ob dieser Unterschied in den Strukturen der Handlungsformen auch identisch mit dem Verfolgen von ungleichartigen Verwaltungszielen ist. Zwar weist der Verwaltungsakt mit seiner Vollstreckbarkeit und Bestandskraft andere handlungsformspezifische Rechtswirkungen als die Verwaltungserklärung auf, aber beide Handlungsformen sind auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet und dabei einseitig und (grundsätzlich) konkret-individueller Natur. Die Besonderheiten des Verwaltungsakts ergänzen diesen Befund ohne ihn wesentlich zu verändern. Die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung sind zwar weniger weitgehend als die des Verwaltungsakts, gleichwohl aber in ihnen enthalten. In Bezug auf die materiellen Ziele, die verfolgten Interessen und die erscheinungsformspezifischen Rechtswirkungen werden zwischen Erscheinungsformen beider Handlungsformen i. d. R. keine Unterschiede festzustellen sein. 359 Neben dieser Gleichheit in Zielen und der weniger 355 356 357 358

Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 2; Schwarz, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 47, Rn. 4. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 28. VGH München BayVBl. 1995, 565. VGH München BayVBl. 1995, 565 (566).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

weitgehenden Wirkungen ist noch zu betonen, dass in der hier diskutierten und verbleibenden Fallkonstellation ein Lebenssachverhalt gegeben ist, in dem der Verwaltungsakt schon prinzipiell nicht verwendet werden kann. Aufgrund der großen Überschneidungen beider Handlungsformen in Zielen und Wirkungen erscheint es gerechtfertigt, in den beschriebenen Fällen eine Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts zu einer Verwaltungserklärung zuzulassen, gleichwohl ist eine Prüfung der Gleichheit im Einzelfall notwendig. 360

D. Nebenbestimmungen Ein Verwaltungsakt kann nach § 36 VwVfG mit Nebenbestimmungen erlassen werden. Für die zivilrechtliche Willenserklärung sind in den §§ 158, 163 BGB ähnliche Möglichkeiten vorgesehen. Auch die Verwaltungserklärung könnte dementsprechend mit vergleichbaren Nebenbestimmungen abgegeben werden. I. Bedingungen und Befristungen Eine Bedingung knüpft die Rechtswirkungen einer rechtlichen Erklärung auflösend oder aufschiebend an ein zukünftiges, ungewisses Ereignis. 361 Die entsprechende gesetzliche Regelung findet sich für den Verwaltungsakt in § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG und für die zivilrechtliche Willenserklärung in § 158 BGB. Hingegen sind bei einer Befristung die Rechtswirkungen aufschiebend oder auflösend mit einem bestimmt eintretenden Zeitpunkt (sog. Anfangs- oder Endtermin) verbunden, 362 was in § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG, § 163 BGB geregelt ist. Bei einer Vergleichbarkeit der Interessenlagen erscheint eine analoge Anwendung einer dieser Regelungen für die Verwaltungserklärung möglich. 363 Die zivilrechtliche Möglichkeit einer Bedingung oder Befristung ist Ausdruck der privatautonomen Fähigkeit, eine individuelle Abweichung vom grundsätzlich 359

Vgl. zu diesen Kriterien Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 13. In diese Richtung auch Ehlers, NVwZ 1983, 446 (450); ders., JuS 1990, 777 (779, Fn. 24); a. A. VGH München BayVBl. 1995, 565 (566). Offen gelassen bei Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 47, Rn. 25, 28. 361 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 158, Rn. 1; Westermann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 158, Rn. 8; Larenz / Wolf, BGB AT, § 50, Rn. 1; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 38; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 19; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 32 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 6. 362 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 163, Rn. 3; Westermann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 163, Rn. 2; Larenz / Wolf, BGB AT, § 50, Rn. 58; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 13; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 15; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 32 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 6. 363 Auf die Erörterung einer planwidrigen Regelungslücke wird an dieser Stelle aufgrund der bisher getätigten Ausführungen verzichtet. 360

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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zeitgleichen Eintreten von Rechtsgeschäft und Rechtswirkungen vorzunehmen. 364 Während sich die privatautonome Vertragsfreiheit ansonsten auf den Gegenstand des Rechtsgeschäfts und den Geschäftspartner bezieht, kann durch eine Bedingung oder Befristung auch eine Zeitkomponente bzw. ein sonstiges Ereignis einbezogen werden. Im Verwaltungsrecht haben diese beiden Mittel nicht den Zweck, die Verwirklichung der Privatautonomie zu unterstützen, sondern die einzelfallbezogene Anpassung und Feinsteuerung eines Rechtsakts zu ermöglichen. 365 Ihr Einsatz wird gelenkt durch zielinterne und vor allem zielexterne Abstimmungsfaktoren, wie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder den Schutz der Grundrechte. 366 Die im Verwaltungsrecht und Zivilrecht ausdrücklich normierten Möglichkeiten, eine Bedingung oder Befristung zu verwenden, verfolgen somit, als Fortsetzung der grundsätzlichen Verschiedenheit beider Teilrechtsgebiete, unterschiedliche Zwecke. 367 Dagegen spricht auch nicht, dass auf einen ersten Blick sowohl Bedingung als auch Befristung im Verwaltungsrecht und Zivilrecht in technisch ganz ähnlicher Weise umgesetzt worden sind. Die verschiedenen Zwecke zeigen sich dann auch weniger in den Definitionen der beiden „Nebenbestimmungen“, sondern vielmehr in ihren Verwendungsvoraussetzungen. Für einen Vergleich mit der Verwaltungserklärung kommen mithin nur die Bedingungen und Befristungen im Rahmen des Verwaltungsakts in Betracht. Die privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten, die hinter den zivilrechtlichen Ausprägungen dieser beiden Zusätze stehen, sind mit den Strukturen der hier zu untersuchenden Handlungsform nicht vergleichbar. Die wesentlichen Gedanken, die der Bedingung und Befristung beim Verwaltungsakt zugrunde liegen, sind unabhängig seiner handlungsformspezifischen Wirkungen und knüpfen stattdessen allgemein an Merkmale verwaltungsrechtlichen Handelns an. Diese sind auch bei der Handlungsform der Verwaltungserklärung zu beachten und folglich vergleichbar. Bedingung und Befristung sind also in Analogie zu § 36 Abs. 2 Nr. 1, 2 VwVfG auch für die Verwaltungserklärung möglich, 368 ohne damit gleichzei364 Westermann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 158, Rn. 1; Larenz / Wolf, BGB AT, § 50, Rn. 1. 365 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 1; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 47, Rn. 1; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 2; Störmer, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 36, Rn. 2; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 4. 366 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 47, Rn. 1. 367 Vgl. oben 3. Kap. 1. Abschn. B.II. 368 A. A. P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 57, die eher einen Rückgriff auf den „dem Privatrecht zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedanken“ als gegeben sehen, als eine Anwendung des in § 36 VwVfG enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken. Statt einer Analogie einen allgemeinen Rechtsgedanken anzunehmen, erscheint durchaus vertretbar, vgl. oben 6. Kap. 1 Abschn. B. Das dort vertretene Ergebnis, eher eine Annäherung an die privatrechtliche Situation als sachgerecht anzusehen, wird jedoch beispielhaft begründet allein anhand der Nebenbestimmung der Auflage, deren Situation gesondert von Bedingung und Befristung zu betrachten ist.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

tig schon die konkreten Voraussetzungen ihrer Verwendung näher bestimmt zu haben. 369 II. Vorbehalt der Aufhebung Bei einer fortgesetzten Orientierung an den verwaltungsrechtlichen Nebenbestimmungen fällt die Möglichkeit auf, gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG einen Verwaltungsakt mit dem Vorbehalt eines Widerrufs zu erlassen. Diese Regelung scheint auf den Verwaltungsakt zugeschnitten zu sein, der nach Erlass bestandskräftig wird und deshalb nur unter bestimmten Voraussetzungen wieder aufgehoben werden kann, indem von vornherein eine mögliche Aufhebung vorgesehen wird und dem Adressaten auch bekanntgegeben wird. Dieser kann kein schutzwürdiges Vertrauen entwickeln, weil er schon von Erlass des Verwaltungsakts an mit der Aufhebung rechnen muss. 370 Bei einem Vergleich mit anderen Nebenbestimmungen fällt jedoch auf, dass der Vorbehalt eines Widerrufs bzw. einer Aufhebung zumindest im Rahmen anderer Handlungsformen auch als eine auflösende Bedingung (Erklärung des Widerrufs) verstanden werden kann. 371 Bei der zivilrechtlichen Willenserklärung ist die Möglichkeit eines solchen Vorbehalts ebenfalls vorgesehen. Nach § 145 BGB ist jemand an einen von ihm abgegebenen Antrag zur Schließung eines Vertrags gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat. Dieses Recht, die Bindungswirkung des eigenen Antrags auszuschließen, kann auch als Widerrufsvorbehalt zu verstehen sein. 372 Durch die Nähe des Widerrufsvorbehalts zu einer auflösenden Bedingung erscheint auch dieser in Analogie zu § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG möglich. Seine Verwendung stellt sich als eine Verkürzung der Verwaltungserklärung dar, die durch ihn mit einem weniger weitreichenden Inhalt abgegeben wird. III. Auflagen Bei den Nebenbestimmungen des Verwaltungsakts nimmt die Auflage eine Sonderstellung ein. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG wird sie nicht wie die bisherigen Formen einer Nebenbestimmung mit einem Verwaltungsakt „erlassen“, sondern mit ihm „verbunden“. Die Auflage wird dementsprechend als eine mit 369

Dazu sogleich 7. Kap. 2. Abschn. D.IV. Störmer, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 36, Rn. 22. 371 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 21; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 5; a. A. Störmer, in: HkVerwR / VwVfG, § 36, Rn. 23. 372 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 145, Rn. 4; Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, § 145, Rn. 7. 370

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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dem Verwaltungsakt verbundene, selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnung verstanden. 373 Von der wohl h. M. wird die Auflage aufgrund dieser selbständigen Erzwingbarkeit ihres Inhalts als Verwaltungsakt verstanden. 374 Im Gegensatz zu der Bedingung hat die Erfüllung der selbständigen Auflage deshalb keine unmittelbare Bedeutung für die Wirksamkeit des Haupt-Verwaltungsakts. 375 Im Zivilrecht ist die Auflage nicht generell normiert, sondern nur für einzelne Erscheinungsformen der Willenserklärung vorgesehen, so in § 525 BGB für die Schenkung und in §§ 1940, 2192 BGB für das Testament und Vermächtnis. Die typischerweise von der Auflage erfasste Konstellation der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung wird im Zivilrecht in aller Regel durch zweiseitige Verträge erreicht, weshalb der Auflage im Gegensatz zum Verwaltungsrecht eine geringere Praxisrelevanz zuzusprechen ist. Für die Verwaltungspraxis gewinnt die Auflage ihre elementare Bedeutung durch ihre selbständige Vollstreckbarkeit. 376 Bei einer Verknüpfung mit einer Verwaltungserklärung würde dies aber dazu führen, dass die „Nebenbestimmung“ weitreichendere Rechtsfolgen als der damit verbundene Hauptakt aufweist. Dies gilt selbst bei der Verneinung der Verwaltungsaktqualität, da die besonderen Rechtswirkungen der Auflage im Bereich der Bestandskraft, Bindungswirkung und Vollstreckbarkeit ihr unabhängig ihrer Einordnung als Verwaltungsakt zugesprochen werden. 377 Neben diesem Fehlen der typischen Nebenbestimmungsstruktur ist auch fraglich, ob es ein praktisches Bedürfnis für Verwaltungserklärungen mit Auflagen gibt. Aufgrund der Handlungsformenhierarchie tritt die Verwaltungserklärung hinter den Verwaltungsakt zurück, so dass in den charakteristischen Fällen der Verwendung einer Auflage ohnehin der Verwaltungsakt zu benutzen ist. Hinzu kommen die weniger intensiven Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung als Auffanghandlungsform, denen eine selbständig vollziehbare Auflage als Nebenbestimmung zuwiderlaufen würde. Die generelle Möglichkeit, eine Ver373

BVerwG 41, 178 (180 f.); VGH Kassel NVwZ-RR 1990, 128 (132); P. Stelkens/ U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 27a; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 29; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 41; Störmer, in: Hk-VerwR / VwVfG, § 36, Rn. 27; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 6; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 9. 374 BVerwG NVwZ 1990, 855 (856); P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 32; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 31; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 47, Rn. 9; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 9; a. A. Meyer, in: ders. / Borgs, VwVfG, § 36, Rn. 19; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 7; Schenke, JuS 1983, 182 (183). 375 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 43; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 34; Janßen, in: Obermayer, VwVfG, § 36, Rn. 21; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 7. 376 P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 32. 377 Henneke, in: Knack, VwVfG, § 36, Rn. 41; P. Stelkens/U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 36, Rn. 33; Erichsen, Jura 1990, 214 (217).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

waltungserklärung mit einer Auflage zu versehen, erscheint nach alldem nicht notwendigerweise angezeigt. 378 Davon unabhängig ist jedoch durchaus vorstellbar, dass für einzelne konkrete Erscheinungsformen der Verwaltungserklärung, auch wenn dies soweit ersichtlich bisher nicht geschehen ist, die Möglichkeit einer Auflage speziell gesetzlich geregelt wird. IV. Rechtmäßigkeit einer Nebenbestimmung Eine Nebenbestimmung zu einer Verwaltungserklärung kann nicht wie bei der zivilrechtlichen Willenserklärung als Ausdruck der Privatautonomie verstanden werden. Stattdessen muss ihre Abgabe an die verwaltungsrechtlichen Strukturen angepasst werden. Aufgrund der Analogie zu § 36 Abs. 2 Nr. 1 –3 VwVfG ist deshalb zwischen zwei Gruppen von Verwaltungserklärungen zu unterscheiden. Gebundene Verwaltungserklärungen dürfen nur dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist oder damit ein Hinderungsgrund für die Abgabe ausgeräumt wird. 379 Für nicht gebundene Verwaltungserklärungen hat die Behörde bei der Verwendung entweder die Grenzen des Ermessens zu beachten, sofern der Bereich des Gesetzesvorbehalts eröffnet ist, oder sie bewegt sich im Raum der sog. gesetzesfreien Verwaltung. 380 Die Nebenbestimmung muss in jedem Fall dem Zweck der Verwaltungserklärung dienen. 381 In den Rechtmäßigkeitsanforderungen an eine Nebenbestimmung setzen sich so die im Vergleich zum Verwaltungsakt geringeren Voraussetzungen fort.

E. Verjährung und Verwirkung Bei Verwaltungserklärungen mit derivativ öffentlich-rechtlichen Rechtswirkungen stellt sich die Frage der Verjährung. Hierbei bietet sich in erster Linie eine Analogie zu den entsprechenden zivilrechtlichen Vorschriften an. Die primär mit dem zivilrechtlichen Institut der Verjährung verfolgten Ziele des Schuldnerschutzes und der Verwirklichung von Rechtsfrieden und -sicherheit 382 bestehen auch bei der Inanspruchnahme von Bürgern aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Dieser Gedanke hatte sich auch schon bei der Erörterung der Verwirkung gezeigt. 383 378

In diese Richtung auch Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 36, Rn. 36; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 36, Rn. 40. 379 Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 36, Rn. 41. 380 Zu den daraus resultierenden Anforderungen an die Rechtmäßigkeit oben 6. Kap. 6. Abschn. 381 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 36, Rn. 54 ff. 382 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Überbl v § 194, Rn. 8 f. 383 Dazu oben 7. Kap. 1. Abschn. C.III.

2. Abschn.: Materielle Gesichtspunkte

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F. Teilrechtswidrigkeit Die Folge eines Fehlers einer Verwaltungserklärung wird in den meisten Fällen ihre Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit sein. Etwas anderes könnte sich jedoch ergeben, wenn sich der betreffende Fehler nur auf einen Teil der Verwaltungserklärung auswirkt. In dieser Hinsicht erscheint auch eine Teilrechtswidrigkeit möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass der fehlerhafte Teil von der Verwaltungserklärung abtrennbar ist und der verbleibende Teil rechtmäßig ist. 384 Fraglich ist, ob darüber hinaus ein Willensmoment in die Frage der Teilrechtswidrigkeit mit einzubeziehen ist. § 139 BGB erklärt für entsprechende zivilrechtliche Fälle, dass bei einer Teilnichtigkeit das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Grundsätzlich geht das Bürgerliche Gesetzbuch also von einer Gesamtnichtigkeit aus, sofern der mutmaßliche Parteiwille nicht ein anderes Ergebnis nahelegt. 385 Aufgrund der Privatautonomie soll den Beteiligten kein Rechtsgeschäft aufgedrängt werden, dass sie nicht haben wollten. 386 Im Verwaltungsrecht richtet sich der Inhalt einer Verwaltungserklärung nicht nach privatautonomen Entscheidungsstrukturen, sondern Verwaltungszielen. Deshalb braucht nicht davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich jede von der ursprünglichen Verwaltungserklärung abweichende Erklärung allein schon wegen ihrer Abweichung nicht gewollt ist. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass der verbleibende Teil einer Verwaltungserklärung, der auch alleinstehend rechtswirksam wäre, grundsätzlich wirksam bleiben soll und nur ausnahmsweise in die Rechtswidrigkeit miteinbezogen wird. 387 Für die daraus resultierende Beachtung des Verwaltungswillens ist erneut zwischen gebundenen und nicht gebundenen Verwaltungserklärungen zu differenzieren. Bei nicht gebundenen Verwaltungserklärungen ist die verbleibende RestVerwaltungserklärung auf ihre Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen zu kontrollieren. Bei gebundenen Verwaltungserklärungen ist zwar ebenfalls der Verwaltungswille entscheidend, doch ist dieser aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung auf eine einzelne vertretbare Entscheidung reduziert. Im Endeffekt ist

384

Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 30; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 46 f. Vgl. auch oben 7. Kap. 2. Abschn. B.IV.5.a. 385 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 139, Rn. 1; Mayer-Maly / Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, § 139, Rn. 1. 386 Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 139, Rn. 1; Larenz / Wolf, BGB AT, § 45, Rn. 1. 387 BT-Drs. 7/910, S. 65; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 31.

540

7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

deshalb zu fragen, ob die verbleibende Verwaltungserklärung mit der gesetzlichen Lage übereinstimmt.

3. Abschnitt

Prozessuale Gesichtspunkte Neben den formellen und materiellen Aspekten bedarf die Handlungsform der Verwaltungserklärung auch einer prozessualen Aufarbeitung. Nur so können die einem Rechtssubjekt zugebilligten Rechte von diesem auch in letzter Konsequenz ausgeübt und durchgesetzt werden. 388 Ohne die Möglichkeit, eine unabhängige, gerichtliche Klärung in Anspruch zu nehmen, könnte der auch der Verwaltungserklärung zugrunde liegende allgemeine Rechtsgrundsatz, der eine außenbezogene rechtliche Umsetzung der inneren Ziele zum Gegenstand hat, nicht vollständig verwirklicht werden.

A. Grundsätzliche Systematik Die grundsätzliche prozessuale Systematik, die der Verwaltungserklärung zugrunde liegt, unterscheidet sich elementar von der, die mit dem im Verwaltungsrecht allzu präsenten Verwaltungsakt einhergeht. Bei diesem trägt vor allem aufgrund der von allein eintretenden, fehlerunabhängigen Bestandskraft der Betroffene die Anfechtungslast. Die Behörde braucht gerichtliche Hilfe für die Durchsetzung nicht in Anspruch zu nehmen und kann auch eigenständig den Verwaltungsakt vollstrecken. Die Initiative im prozessualen Bereich liegt beim Betroffenen. Die grundlegende Situation bei der Verwaltungserklärung ist jedoch diametral entgegengesetzt. Diese wird allein durch Zeitablauf nicht bestandskräftig oder gar selbständig vollstreckbar. 389 Zweifelt also der Betroffene an der Rechtmäßigkeit und weigert sich dementsprechend der Verwaltungserklärung nachzukommen, muss die Behörde wie beim öffentlich-rechtlichen Vertrag 390 gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Betroffene kann abwarten und sieht sich nicht der Gefahr ausgesetzt, durch Untätigbleiben Nachteile hinnehmen zu müssen. Bei der

388

Vgl. oben 3. Kap. 2. Abschn. J.II.3. Vgl. oben 6. Kap. 3. Abschn. B.II. 390 Dazu BVerwGE 50, 171 (175); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rn. 55; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28, Rn. 1; Bull / Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 875. 389

3. Abschn.: Prozessuale Gesichtspunkte

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Verwaltungserklärung liegt die Initiative für den prozessualen Bereich bei der Behörde.

B. Rechtsschutzmöglichkeiten der Behörde Dementsprechend ist vorrangig auf die der Behörde gegebenen Möglichkeiten des Rechtschutzes einzugehen. Neben den durch die Verwaltungsgerichtsordnung eingeräumten Hilfsmitteln bietet sich für die Behörde auch der Einsatz von Verwaltungsakten an. I. Durchsetzung mittels Verwaltungsakts Auch wenn es kein Rechtsschutz im klassischen Sinne darstellt, so ist doch zu überlegen, ob nicht die Behörde die durch eine Verwaltungserklärung entstehenden Rechtswirkungen bei fehlender Kooperation des Betroffenen mittels eines Verwaltungsakts durchsetzen kann. Für den zumindest von der prozessualen Grundstruktur vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Vertrag wird dies meist mit der Begründung abgelehnt, die Behörde könne sich von der einvernehmlich eingegangenen Ebene der Gleichordnung nicht einseitig wieder trennen, sofern nicht eine spezielle gesetzliche Regelung vorhanden ist. 391 Da die relevanten Rechte und Pflichten schon durch den Vertrag konkretisiert wurden, würde ein erlassener Verwaltungsakt lediglich eine Vollstreckungsfunktion aufweisen. Seine eigentliche Funktion der Konkretisierung abstrakt-genereller Normen würde nicht ausgefüllt werden. 392 Die auch für die Behörde bestehende Notwendigkeit, zur Durchsetzung betreffender Ansprüche den gerichtlichen Weg einzuschlagen, ist so eine handlungsformspezifische Eigenart des öffentlich-rechtlichen Vertrags. 393 Einhergehend damit erlaubt § 61 Abs. 1 VwVfG die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung für jede Vertragspartei. 394 Die grundsätzliche Unmöglichkeit, Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Verträgen mittels eines Verwaltungsakts durchzusetzen, besteht, obwohl öffentlichrechtlicher Vertrag und Verwaltungsakt in einer Handlungsformenalternativität 391 BVerwGE 50, 171 (174 f.); 59, 60 (62); 82, 278 (283); 89, 345 (348); VGH Kassel JuS 1970, 143 (144); Henneke, in: Knack, VwVfG, § 61, Rn. 2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 61, Rn. 6; Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), § 61, Rn. 8; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 6; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28, Rn. 1; Erichsen, VerwArch 68 (1977), 65 (71 f.); Menger, VerwArch 69 (1978), 93 (101). 392 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 6. 393 BVerwGE 50, 171 (175). 394 Vgl. BVerwGE 50, 171 (175).

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

zueinander stehen. Zwischen Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt herrscht darüber hinaus teilweise sogar eine Handlungsformenhierarchie zugunsten letzterem. 395 In Situationen, in denen sowohl eine unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung als auch ein Verwaltungsakt prinzipiell rechtlich möglich wären, ist der Verwaltungsakt vorrangig zu verwenden. Als Konsequenz wäre die unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung unzulässig. Die prinzipielle rechtliche Möglichkeit zum Erlass eines Verwaltungsakts entsteht nicht schon aus einer vorhergehenden Verwaltungserklärung. Sollte aber stattdessen eine gesetzliche Grundlage zum Erlass eines Verwaltungsakts vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass diese auch materiell-inhaltlich den Gehalt der vorhergehenden Verwaltungserklärung mit umfasst, weil die Funktion des Verwaltungsakts gerade nicht nur die Vollstreckung, sondern auch Normkonkretisierung ist. Wenn also der Erlass eines Verwaltungsakts zur Durchsetzung der aus einer Verwaltungserklärung stammenden Rechte und Pflichten aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung zulässig wäre, kann davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit zum Erlass auch schon bei Abgabe der Verwaltungserklärung bestand. Die daraus resultierende Handlungsformenkonkurrenz würde zur Unzulässigkeit der Verwaltungserklärung führen. Dies würde zwar die Rechtmäßigkeit eines nachfolgenden Verwaltungsakts nicht berühren, doch dieser würde auch nicht als Durchsetzung einer Verwaltungserklärung erscheinen. Die Möglichkeit, dass ein Verwaltungsakt Rechte und Pflichten aus unmittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen durchsetzt, ist damit schon theoretisch ausgeschlossen, weil die vorhergehende Verwaltungserklärung unwirksam wäre. Bei nur mittelbar rechtswirkenden Verwaltungserklärungen wäre die Möglichkeit eines durchsetzenden Verwaltungsakts aufgrund der fehlenden Handlungsformenhierarchie nicht schon von vornherein ausgeschlossen. In diesen Fällen steht der Verwaltung vielmehr eine freie Wahl der Handlungsform zu. Diese Wahlfreiheit führt aber dazu, dass die Verwaltung, ebenso wie bei der Verwendung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, an ihre Entscheidung gebunden ist. Das Einlassen auf eine nur mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärung und die damit verbundenen Konsequenzen, wie eine weitgehende Waffengleichheit 396 zwischen Bürger und Verwaltung, können von der Behörde nicht wieder einseitig umgekehrt werden. Für beide der hier angesprochenen Arten von Verwaltungserklärungen ist die Frage der Durchsetzung der aus ihr stammenden Rechte und Pflichten mittels eines Verwaltungsakts also ohne Relevanz.

395 396

Dazu oben 6. Kap. 5. Abschn. B.II. Hierauf abstellend BVerwGE 50, 171 (175).

3. Abschn.: Prozessuale Gesichtspunkte

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II. Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung Durch die fehlende Möglichkeit, sich eines Verwaltungsakts zu bedienen, ist die allgemeine Leistungsklage der primäre Weg zur gerichtlichen Durchsetzung von Rechten und Pflichten aus einer Verwaltungserklärung. Hierbei ergeben sich keine nennenswerten Besonderheiten. Die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung sind öffentlich-rechtlicher Natur, 397 so dass der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet ist. In Übereinstimmung mit der Handlungsformenhierarchie fehlt für die Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Behörde auch einen Verwaltungsakt hätte erlassen können. Der gerichtliche Prüfungsmaßstab beschränkt sich auf die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungserklärung, nicht jedoch auf ihre Übereinstimmung mit dem Verwaltungswillen. Alternativ zu einer allgemeinen Leistungsklage kann die Verwaltung auch eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO erheben. Hierbei ist aber die Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO zu beachten. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu stellen.

C. Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen Obwohl die prozessuale Initiative für eine Verwaltungserklärung bei der abgebenden Behörde liegt, bedeutet das nicht, dass für den Betroffenen jegliche diesbezügliche Möglichkeiten ausgeschlossen sind. I. Rechtsbehelfe gegenüber der Verwaltung Beim Verwaltungsakt ist dem Gerichtsverfahren das Widerspruchsverfahren vorgeschaltet. Im Rahmen der Verwaltungserklärung bestehen entsprechende förmliche Rechtsbehelfe nicht. Gegenüber der Verwaltung bleiben dem Betroffenen somit nur formlose Rechtsbehelfe. 398 Insbesondere existiert kein formalisiertes Verfahren für den Fall, dass eine Verwaltungserklärung zwar rechtmäßig aber außerhalb des Verwaltungswillens besteht. Hier bleibt dem Betroffenen nur ein formloser Antrag auf Aufhebung. Ein Widerspruch kann ausnahmsweise dann zulässig werden, wenn sich eine behördliche Äußerung, die als Verwaltungserklärung gewollt war, für einen objektiven Empfänger als Verwaltungsakt darstellt.

397

Umfangreich dazu oben 1. Kap. 2. Abschn. A.II. Vgl. auch 3. Kap. 2. Abschn. E.II. Vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 49, Rn. 77; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 7 f. 398

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

II. Gerichtliche Rechtsbehelfe Sofern der Betroffene nicht auf eine Durchsetzung durch die Behörde warten möchte, steht auch ihm die Möglichkeit einer allgemeinen Leistungsklage oder allgemeinen Feststellungsklage zu. Im Gegensatz zu den Rechtsbehelfen der Behörde wird sich für den Betroffenen jedoch öfter eine allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO anbieten. Eine Anfechtungsklage kann ausnahmsweise unter den obigen Voraussetzungen möglich sein. Eine Einschränkung der Möglichkeiten des Betroffenen, gerichtliche Rechtsbehelfe in Anspruch zu nehmen, ergibt sich über § 44a S. 1 VwGO. Demnach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Hierdurch soll ein verzögerndes Gerichtsverfahren verhindert werden, wenn noch nicht abschließend ersichtlich ist, ob der der Betroffene durch die letztendliche Sachentscheidung tatsächlich beschwert ist. 399 Durch diese Norm ausgeschlossen sind nicht nur Anfechtungsklagen, sondern auch allgemeine Leistungsklagen und Feststellungsklagen. 400 Als tatbestandlich angesehen werden können solche Handlungen der Verwaltung, die im Zusammenhang mit einem begonnen aber noch nicht abgeschlossenen Verfahren stehen, an dessen Ende eine behördliche, gerichtlich überprüfbare Sachentscheidung steht und die dieses Verfahren fördern aber nicht abschließen. 401 Die behördliche Verfahrenshandlung i. S. d. § 44a VwGO wird damit kaum an eine bestimmte Handlungsform geknüpft sein. 402 Bei Verwaltungserklärungen erstreckt sich § 44a VwGO vor allem auf solche mit mittelbar rechtswirkendem Charakter.

4. Abschnitt

Haftungsrechtliche Gesichtspunkte Schließlich kann die Abgabe einer Verwaltungserklärung auch zu haftungsrechtlichen Fragen führen. Hiermit gemeint sind jedoch nicht die Entschädigungen auf Sekundärebene als Folge der Aufhebung einer Verwaltungserklärung. 403 399 Stelkens, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 44a, Rn. 3 f.; Kopp / Schenke, VwGO, § 44a, Rn. 1. 400 Kopp / Schenke, VwGO, § 44a, Rn. 4; von Nicolai, in: Redeker / von Oertzen, VwGO, § 44a, Rn. 2. 401 Stelkens, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 44a, Rn. 8. Vgl. auch Ziekow, in: Sodan / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 44a, Rn. 27 ff., 37 ff.; Kopp / Schenke, VwGO, § 44a, Rn. 3. 402 So auch Ziekow, in: Sodan / Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 44a, Rn. 38 f.; Stelkens, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 44a, Rn. 15 m.w. N. 403 Dazu oben 7. Kap. 2. Abschn. B.IV.6.

4. Abschn.: Haftungsrechtliche Gesichtspunkte

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A. Amtshaftung Der bedeutendste Anspruch des Staatshaftungsrechts ist der Amtshaftungsanspruch gemäß Art. 34 S. 1 GG, § 839 BGB. Voraussetzung hierfür ist neben der Ausübung eines öffentlichen Amts unter anderem die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht. I. Rechtswidrige Verwaltungserklärung Rechtswidrige Verwaltungserklärungen verletzen die Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten. 404 Diese Pflicht wird i. d. R. auch zumindest den Adressaten persönlich und sachlich betreffen, so dass der Drittbezug gegeben ist. Gerade bei Verwaltungserklärungen könnte jedoch zum Problem werden, dass diese bei Rechtswidrigkeit keine Rechtswirkungen entfalten. Der Betroffene erleidet nicht deshalb einen Nachteil, weil die Rechtsordnung der rechtswidrigen Verwaltungserklärung besondere Rechtsfolgen beimisst, sondern weil er im Vertrauen auf den Bestand der Erklärung selbst bestimmte Dispositionen trifft. Etwaige Schäden werden also genau genommen nicht durch die erklärende Behörde, sondern durch den Betroffenen selbst veranlasst. Zu klären ist also, unter welchen Voraussetzungen der Amtshaftungsanspruch nicht besteht, wenn der Betroffene als eigene Reaktion auf eine rechtswidrige und damit rechtlich unwirksame Verwaltungserklärung sich für ihn negativ auswirkende Handlungen vornimmt. Vorweggenommen sei, dass dies das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs grundsätzlich nicht wird verhindern können, weil die Ersatzpflicht sich sowohl auf die unmittelbare wie auch mittelbare Verursachung erstreckt. 405 Gleichwohl ist bei der diesbezüglichen Begründung zwischen zwei Komplexen zu unterscheiden. Einerseits gilt es, einen Anknüpfungspunkt für das Verhalten des Betroffenen zu finden. In den Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs bieten sich hierfür die objektive Zurechnung sowie das Mitverschulden an. Bei Ersterem kann über die Fallgruppe der psychisch vermittelten Kausalität schon generell das Verhalten des Betroffenen einen Ausschluss des Anspruchs zur Folge haben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Schaden nach Art und Entstehung außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegt und nicht unter den Schutzzweck der Norm fällt. 406 Eine flexiblere Berücksichtigung erlaubt die Kategorie des Mitverschuldens nach

404 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 43 f.; Stein / Itzel / Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, Rn. 41; Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 9, Rn. 65 f.; Wurm, in: Staudinger, BGB, § 839, Rn. 124 ff. 405 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Vorb v § 249, Rn. 72; Oetker, in: Münchener Kommentar, BGB, § 249, Rn. 94. 406 Heinrichs, in: Palandt, BGB, Vorb v § 249, Rn. 77; Schiemann, in: Staudinger, BGB, § 249, Rn. 27 ff.; Oetker, in: Münchener Kommentar, BGB, § 249, Rn. 115 ff.

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

§ 254 BGB. Hierbei entfällt der Amtshaftungsanspruch nicht in pauschaler Weise, sondern es findet lediglich eine Kürzung des Anspruchsumfangs statt. Andererseits ist ein Maßstab von Nöten, der gerade für die Frage des Mitverschuldens verlässliche Anhaltspunkte dafür gibt, wann das Verhalten des Betroffenen auf eine rechtswidrige Verwaltungserklärung diesem negativ anzurechnen ist. Eine Aussage hierzu trifft § 839 Abs. 3 BGB. Demnach entfällt die Ersatzpflicht, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Zwar kann dem Betroffenen die Nichteinlegung von Rechtsmitteln gegen eine Verwaltungserklärung aufgrund der obigen prozessualen Strukturen nicht zur Last gelegt werden, doch muss der Betroffene auch bei der Verwaltungserklärung entscheiden, ob er sie befolgt oder sich ihrem Inhalt verweigert und es so gegebenenfalls auf eine gerichtliche Klärung ankommen lässt. Maßgeblich für die Frage der objektiven Zurechnung bzw. des Mitverschuldens muss sein, ob diese Entscheidung des Betroffenen nachvollziehbar und vertretbar ist. Hierfür können die gleichen Kriterien herangezogen werden, die auch schon für die Einlegung von Rechtsmitteln nach § 839 Abs. 3 BGB herangezogen werden. Die Prüfung der diesbezüglichen Vorwerfbarkeit hat unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf eine solche Umsicht und Sorgfalt abzustellen, die von Angehörigen des Verkehrskreises, dem auch der Verletzte angehört, erwartet werden kann. 407 Allgemein darf sich der Bürger darauf verlassen, dass sich die Verwaltung rechtstreu verhält und es kann ihm nicht zur Last gelegt werden, wenn er nicht klüger ist, als der handelnde Amtswalter. 408 Bei fehlender Rechtskenntnis hat der Betroffene jedoch Rechtsrat einzuholen. 409 Das Befolgen einer Verwaltungserklärung kann dem Betroffenen dann nicht nachteilig angelastet werden, wenn nach objektiver Sachprüfung kein Anlass bestanden hat, von der Rechtswidrigkeit auszugehen. 410 Vielmehr müssen Hinweise gegeben sein, die eine Amtspflichtverletzung nahe legen. 411 Ebenso wie bei der Aufhebung von Verwaltungserklärungen nimmt damit das Vertrauen des Betroffenen eine zentrale Position ein, wobei für die Amtshaftung jedoch nicht wie bei der Aufhebung

407 Wurm, in: Staudinger, BGB, § 839 BGB, Rn. 357; Stein / Itzel / Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, Rn. 217. 408 BGHZ 108, 224 (230); 113, 17 (25); 130, 332 (339); Wurm, in: Staudinger, BGB, § 839 BGB, Rn. 357; Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10, Rn. 68; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 96. 409 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 96; Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10, Rn. 68; Stein / Itzel / Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, Rn. 219. 410 Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10, Rn. 69. 411 BGHZ 28, 104 (106 f.); Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftungsrecht, § 10, Rn. 69.

4. Abschn.: Haftungsrechtliche Gesichtspunkte

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auf generelle Kategorien, sondern wie bei der Entschädigung auf den Einzelfall abzustellen ist. II. Keine Zeichnungsbefugnis oder fehlender Handlungswille Eine anders gelagerte Situation ergibt sich, wenn eine Verwaltungserklärung aufgrund einer fehlenden Zeichnungsbefugnis oder eines fehlenden Handlungswillens der Behörde nicht zugerechnet werden kann. 412 Die Frage der Rechtmäßigkeit der Verwaltungserklärung ist aufgrund der fehlenden Zurechnung nebensächlich. Stattdessen kommt eine Verletzung der Amtspflicht zu zuständigkeitsgemäßen Verhalten oder der Pflicht, keine ungesicherten Vertrauenstatbestände zu schaffen, in Betracht. 413 Letzteres erfordert die Begründung einer schutzwürdigen Position im Einzelfall. In beiden Fällen ist darüber hinaus erforderlich, dass die betreffende Amtspflicht durch jemanden verletzt wird, der ein öffentliches Amt ausübt. Auch wenn sich die schadensstiftende Äußerung durch eine nicht in der Verwaltung beschäftigte Person ergibt, ist für den Amtshaftungsanspruch die Anknüpfung an ein öffentliches Amts notwendig. Sollte die Äußerung nicht von einer Person stammen, die ein öffentliches Amt ausübt, wäre zu untersuchen, ob eine entsprechende Person die Äußerung ermöglicht bzw. nicht verhindert hat. III. Bewusst aufhebbare Verwaltungserklärung Die Aufhebung einer Verwaltungserklärung löst keinen Amtshaftungsanspruch aus. Zum einen war die betreffende Erklärung rechtmäßig, denn ansonsten kann schon eine Aufhebung nicht in Betracht gekommen sein. Zum anderen ist die Aufhebung ein von der Rechtsordnung zugelassenes Instrument, dessen Nutzung keinen Amtshaftungsanspruch auslöst. Ein Sonderfall kann sich aber bei Verwaltungserklärungen ergeben, die deshalb aufhebbar sind, weil der erklärende Amtswalter bewusst eine zwar rechtmäßige, aber dennoch nicht vom Verwaltungswillen abgedeckte Erklärung abgibt. Bisher konnte festgestellt werden, dass auch eine bewusst vom Verwaltungswillen abweichende Verwaltungserklärung aufhebbar ist. 414 Zwar besteht die Möglichkeit der Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 Var. 2 BGB, doch ist entgegen § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB nicht auf den Willen des Amtswalters abzustellen. 415 Fraglich ist also, auf welche Art und Weise das Wissen des erklärenden Amtswalters zu berücksichtigen ist. Der zusammen mit § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB als 412

Dazu oben 6. Kap. 7. Abschn. B. I. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 44; Stein / Itzel / Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, Rn. 42, 54. 414 Dazu oben 7. Kap. 2. Abschn. B.IV.5.b. 415 Vgl. oben 6. Kap. 7. Abschn. D. 413

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7. Kap.: Anwendungsbezogene Fragen der Rechtmäßigkeit

Rechtsgrundlage analog anzuwendende § 142 BGB erklärt in Abs. 2, dass derjenige, der die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, bei erfolgter Anfechtung so behandelt wird, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen. Bezweckt wird damit eine Regelung des Gutglaubensschutzes, die durch die Rückwirkung des Abs. 1 notwendig wird. 416 Auch die Aufhebung von Verwaltungserklärungen wirkt ex-tunc, so dass eine Berücksichtigung möglicher Bösgläubigkeit auch im öffentlichen Recht angezeigt erscheint. Die Hauptanwendungsfälle des § 142 Abs. 2 BGB liegen zwar trotz des insofern offenen Wortlauts bei Dritten, weil zivilrechtlich etwaiges Wissen des Erklärenden schon im Tatbestand der Anfechtung berücksichtigt werden kann. Für das Verwaltungsrecht gewinnt die Norm wegen des fehlenden Abstellens auf den Willen des erklärenden Amtswalters jedoch besondere Bedeutung. Die aus diesen Gründen sachgerecht erscheinende Analogie auch zu § 142 Abs. 2 BGB führt i. V. m. § 166 Abs. 1 Var. 2 BGB analog dazu, dass nicht nur der erklärende Amtswalter von der Aufhebbarkeit wusste, sondern auch die Verwaltung sich dieses Wissen zurechnen lassen muss. Wird die Verwaltungserklärung später aufgehoben, wird die Behörde analog § 142 Abs. 2 BGB so behandelt, als hätte sie die Nichtigkeit gekannt. Die aufgehobene Verwaltungserklärung ist somit analog § 142 Abs. 2 BGB als von vornherein bekannt unwirksame und rechtswidrige Verwaltungserklärung zu behandeln, deren Erklärung die entsprechenden amtshaftungsrechtlichen Konsequenzen auslöst.

B. Sonstige staatshaftungsrechtliche Ansprüche Neben der Amtshaftung kann der durch eine Verwaltungserklärung im Einzelfall Betroffene weitere Ansprüche geltend machen. So kommt vor allem der Folgenbeseitigungsanspruch oder der Schadensersatzanspruch aus verwaltungsrechtlichen Sonderbeziehungen in Betracht. 417 Beide setzen die Rechtswidrigkeit einer Verwaltungserklärung voraus und können so zu dem schon oben angesprochenen Problem führen. Eine besondere Bedeutung kann der Anspruch wegen enteignenden Eingriffs gewinnen. Dieser verlangt keine rechtswidrige Verwaltungshandlung und kann somit auch bei wirksamen Verwaltungserklärungen vorliegen, sofern die Verwaltungserklärung für den Betroffenen ein Sonderopfer darstellt. 418

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Mayer-Maly / Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, § 142, Rn. 19. Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 286 ff.; 336 ff. Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 276 ff.

Zusammenfassung 1. Bei der (Neu-)Bildung von Handlungsformen sind vor allem funktionale Kriterien zu verwenden, die sicherstellen, dass ein adäquates Verhältnis zwischen Handlungs- und Erfolgspol sowie zwischen Wesens- bzw. Tatbestandsmerkmalen und Funktionen bzw. Rechtsfolgen besteht. Handlungsformen des Verwaltungsrechts beschreiben verschiedene Strukturen, die unabhängig vom konkreten Inhalt des Handelns, gleiche Verfahrensweisen, Funktionen und Rechtsfolgen besitzen. Ein abgeschlossener Kanon verwaltungsrechtlicher Handlungsformen besteht nicht. Verwaltungsrechtliche Handlungsformen lassen sich stets nach den Merkmalen des Einzelfalls, der unmittelbaren Rechtwirkung nach außen, der hoheitlichen Maßnahme zur Regelung, der Einseitigkeit und des Gebiets des öffentlichen Rechts beschreiben. Das vorhandene offene System von Handlungsformen orientiert sich an einem einheitlichen und geschlossenen Katalog von Merkmalen und erfährt hierdurch wiederum eine gewisse Begrenzung. 2. Im Hinblick auf die Betrachtung und Abgrenzung von Handlungsformen ist zwischen dem rechtlichen Können, dem rechtlichen Dürfen und der Auslegung zu unterscheiden. Das rechtliche Können bezieht sich auf die Voraussetzungen, die eine bestimmte Handlung aufweisen muss, damit sie als Erscheinungsform einer typisierten Handlungsform gelten kann. Das rechtliche Dürfen benennt hingegen die Voraussetzungen, die bestehen, um eine konkrete Erscheinungsform einer bestimmten Handlungsform in einer bestimmten Situation zu nutzen. Die Auslegung vermittelt zwischen diesen beiden Positionen, indem sie anhand der Voraussetzungen des rechtlichen Könnens das Vorliegen der Erscheinungsform einer Handlungsform in einer konkreten Situation untersucht, damit anschließend dessen Voraussetzungen bezogen auf das rechtliche Dürfen geprüft werden können. 3. Die Verwaltungserklärung bildet eine eigenständige Handlungsform des Verwaltungsrechts. Die Verwaltungserklärung ist die von der Verwaltung in gerade ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt einseitig abgegebene, auf Herbeiführung einer Rechtsfolge im Einzelfall, nicht jedoch auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung gerichtete Willensäußerung. In Abgrenzung zu zivilrechtlichen Willenserklärungen liegt eine Verwaltungserklärung vor, wenn ihr Erklärender oder

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Zusammenfassung

Empfänger ein Träger öffentlicher Gewalt in gerade dieser Eigenschaft ist oder das Rechtsverhältnis, das die Verwaltungserklärung begründet, ändert oder aufhebt, öffentlich-rechtlicher Natur ist, also maßgeblich durch Normen des öffentlichen Rechts beeinflusst wird. In Abgrenzung zum Verwaltungsakt ist eine Verwaltungserklärung dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht auf eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung gerichtet ist, also nicht darauf gerichtet ist, eine einseitig festgelegte, unabhängig von Rechtsmängeln bestehende und verbindliche Rechtsfolge zu setzen. Aufgrund dieses subjektiven Moments der Abgrenzung entscheidet die handelnde Behörde im Rahmen des rechtlichen Könnens über das Vorliegen einer Verwaltungserklärung oder eines Verwaltungsakts. Viele tatsächliche Erklärungshandlungen können sich deshalb in der Praxis sowohl als Verwaltungserklärung als auch Verwaltungsakt darstellen. Die Verwaltungserklärung unterscheidet sich vom öffentlich-rechtlichen Vertrag durch ihre Einseitigkeit. Im Gegensatz zum Realhandeln, das die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolgs bezweckt, ist die Verwaltungserklärung auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet. Die Verwaltungserklärung ist darüber hinaus in Untergruppen einzuteilen, je nachdem ob ihre Rechtswirkungen gebunden oder nicht gebunden sind, auf Außenwirkung oder Innenwirkung gerichtet sind, unmittelbar rechtswirkend oder mittelbar rechtswirkend sind und originär öffentlich-rechtlich oder derivativ öffentlich-rechtlich sind. 4. Maßgebliches Moment bei der Entwicklung verwaltungsrechtlicher Handlungsformen war eine Anlehnung an das Zivilrecht. Mit der Verrechtlichung der Verwaltung im 19. Jahrhundert entwickelten sich vermehrt typisierte Handlungsformen. Die Entwicklungs- und Strukturierungsarbeiten im Rahmen der Handlungsformenlehre wurden vor allem durch die Verwaltungsrechtswissenschaft vorgenommen. Ein Rückgriff auf das zu diesem Zeitpunkt stärker durchnormierte Privatrecht erlaubte eine zügige Weiterentwicklung des allgemeinen Verwaltungsrechts und seiner Handlungsformen. Auch die Handlungsform der Verwaltungserklärung erfuhr ihre größte Aufmerksamkeit zu diesem Zeitpunkt, also um die Jahrhundertwende und den Beginn des 20. Jahrhunderts herum. In der Folgezeit wurde jedoch in erheblichem Maße die Entwicklung des Verwaltungsakts vorangetrieben, mit der Folge, dass die Entwicklung anderer Handlungsformen im Vergleich dazu stark abfiel. Auch das Interesse an einem Rückgriff auf zivilrechtliche Regelungen nahm mit der fortschreitenden Kodifizierung des allgemeinen Verwaltungsrechts ab. 5. Auch wenn sowohl die zivilrechtliche Willenserklärung als auch die Verwaltungserklärung beide im Ausgangspunkt als Willensäußerungen auf einen rechtlichen Erfolg erscheinen und in ihrer Entwicklungsgesichte vielfältige Berührungspunkte bestehen, so kann die alternativ für die Verwaltungserklärung bestehende Bezeichnung als einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung nicht verwendet werden.

Zusammenfassung

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Die Verwaltungserklärung stellt sich nicht als Ableitung von der zivilrechtlichen Willenserklärung dar, sondern beiden stehen als Ableitung aus demselben allgemeinen Rechtsgrundsatz selbständig nebeneinander. Privatautonomie und Verwaltungsziele stehen als vollständig unterschiedliche Grundstrukturen der beiden Teilrechtsgebiete hinter der zivilrechtlichen Willenserklärung und der Verwaltungserklärung. Der Begriff der Willenserklärung für die Verwaltungserklärung wäre irreführend, da zwischen Verwaltung und Privatrechtssubjekt keine vergleichbare Willensstruktur besteht und im Verwaltungsrecht gebundene Verwaltungserklärungen existieren. Mit der Verwendung des Begriffs der „(einfachen) verwaltungsrechtlichen Willenserklärung“ entsteht eine Assoziationsgefahr. Der zeitliche Prozess der Neubildung von Handlungsformen drängt zu einer eigenständigen Begrifflichkeit. 6. Öffentliches Recht und Zivilrecht bestehen als Teilrechtsordnungen getrennt und eigenständig nebeneinander. Die geltende Rechtsordnung ist nicht darauf angelegt, zwischen diesen beiden Bereichen nicht zu unterscheiden. Die Überlegungen zu einem Allgemeinen Teil des Rechts können nicht einen solchen Konkretisierungsgrad erreichen, dass sich daraus praktisch handhabbare Regelungen für die Verwaltungserklärung ableiten ließen. Auch die Lehre vom öffentlichen Bereich ist zu weit und unbestimmt, als dass daraus weiterführende rechtliche Ableitungen gefolgert werden könnten. 7. Zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht bestehen erhebliche Wesensverschiedenheiten. Das Zivilrecht ist historisch von dem Ziel geprägt, ein einheitliches System vernunftgeleiteter Normen zu entdecken, während das öffentliche Recht maßgeblich durch den jeweiligen gesetzgeberischen Willen bestimmt wird. Dementsprechend ist die Geltung des öffentlichen Rechts örtlich und zeitlich begrenzter. Regelungen des Zivilrechts sind motivationsneutral, während Normen des öffentlichen Rechts grundsätzlich dem öffentlichen Interesse dienen. Die das Zivilrecht bestimmende Privatautonomie dient der Anerkennung der Würde des Einzelnen und deren selbstverantwortlicher Verwirklichung. Hingegen dient die Verwaltung der Umsetzung des Verwaltungswillens. Mögliche Entscheidungsspielräume der Verwaltung ergeben sich nicht aus der eigenen Selbstherrlichkeit, sondern der Notwendigkeit, Staats- und Verwaltungsziele tatsächlich umzusetzen. Das Zivilrecht ist eine gleichrangige Teilrechtsordnung, das öffentliche Recht ist eine Teilrechtsordnung, die auf die Ordnung der Gleichrangigkeit gerichtet ist. Trotzdem bestehen zwischen beiden Teilrechtsordnungen Beeinflussungen, wie das Verwaltungsprivatrecht, die Zweistufentheorie, privatrechtsgestaltende Hoheitsakte oder mittelbare Grundrechtswirkung.

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Zusammenfassung

8. Der Wille der Verwaltung wird durch einen Verwaltungswillen gebildet. Der Verwaltungswille besteht aus der Summe der beteiligten Einzelwillen, einem Kollektivbewusstsein, formalen Ordnungsregeln und materiellen Handlungsvorgaben. Insofern ist es möglich, zwischen individuellen und überindividuellen Willen zu unterscheiden. Überindividuelle Willen begründen ihre Existenz aus den Einzelwillen der teilhabenden Individuen. Der Verwaltungswille ist so zwar inhaltlich eigenständig, nicht aber existenziell eigenständig. In diesem Bereich kann sich einer soziologischen und psychologischen Herangehensweise bedient werden. Dem Verwaltungswillen liegen Verwaltungsziele zugrunde, deren Konkretisierung im Rahmen eines systemtheoretischen Ansatzes beschrieben werden kann. Der Verwaltungswille umfasst inhaltlich so die Menge derjenigen objektiv vertretbaren Entscheidungen, die in der konkreten Handlungssituation durch die verschiedenen relevanten Verwaltungsziele und Abstimmungsfaktoren möglich sind. Der Amtswalterwille des Einzelnen führt eine Konkretisierung des objektiven Verwaltungswillens auf ein zu verfolgendes Ziel herbei. Der Behördenwille beschreibt den Inhalt, den eine behördliche Entscheidung aufgrund der Konkretisierung des Amtswalters letztendlich besitzt. Sowohl die Bildung eines individuellen als auch eines überindividuellen Willens können durch ein phasisch-sequentielles Konzept beschrieben werden. Für das Individuum besteht die Willensbildung aus den Phasen Wünschen, Wählen, Wollen, für die Verwaltung hingegen aus den Phasen Zielsetzung, Zielabstimmung, Zielverfolgung. Ein eigenständiger Bereich der Verwaltung, in dem diese Verwaltungszielkonkretisierung stattfindet, lässt sich nicht im Hinblick auf bestimmte Sachbereiche feststellen, sondern nur im Hinblick auf eine institutionelle Funktionsstruktur. 9. Die Existenz und Anwendung der Verwaltungserklärung im öffentlichen Recht ergibt sich aufgrund eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. Zu unterscheiden ist zwischen der Regelung der Handlungsform Verwaltungserklärung als solcher und der Ausgestaltung ihrer konkreten Anwendungsregeln. Eine unmittelbare oder direkte Anwendung zivilrechtlicher Regelungen im öffentlichen Recht ist nicht möglich. Die Anwendung der Verwaltungserklärung stellt sich nicht als Analogie zur zivilrechtlichen Willenserklärung dar, weil die zivilrechtliche Willenserklärung Mittel ist, um dem Einzelnen zu ermöglichen, seine grundrechtlich abgesicherte Handlungsfreiheit über seinen wahren Willen im Rahmen einer privatautonomen Rechtsordnung zu verwirklichen. Diese Interessenlage besteht nicht für die Verwaltungserklärung. Auch das öffentliche Recht geht in seinen Grundstrukturen von der Existenz der Verwaltungserklärung aus, weshalb diese nicht als auf der zivilrechtlichen Willenserklärung basierend angesehen werden kann. Die Existenz der Verwaltungserklärung geht auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz zurück, nach dem Rechtssubjekte Handlungen vornehmen können, mit denen sie ihre inneren Ziele nach außen in rechtlicher Hinsicht umsetzen können. Ausdruck dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes ist auch § 89 Einl. ALR.

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Sowohl zivilrechtliche Willenserklärung als auch Verwaltungserklärung beruhen so auf dem identischen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wobei ihre jeweiligen Konkretisierungen dazu geführt haben, dass sie nicht mehr vergleichbar sind. Die Verwaltungserklärung stellt sich nicht als eine Übertragung der zivilrechtlichen Willenserklärung dar, sondern als eigenständig öffentlich-rechtlich. Konkrete Anwendungsregeln für die Verwaltungserklärung werden hingegen oftmals durch eine Analogie gebildet. 10. Es besteht ein Unterschied zwischen dem Grund der Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung und denen der zivilrechtlichen Willenserklärung. Im Ausgangspunkt entfaltet jede Rechtshandlung deshalb Rechtswirkungen, weil die Rechtsordnung ihr diese Fähigkeit durch eine bestimmte Norm zuweist. Für sich alleine gesehen reicht dieser Grund für konkrete Verwaltungserklärungen bzw. Willenserklärungen jedoch nicht aus. Für die zivilrechtliche Willenserklärung kommt als Grund der Rechtswirkungen weiter der Wille des Individuums hinzu. Zum effektiven Schutz der privatautonomen Eigenschaften des Einzelnen handelt es sich hierbei nicht um einen verrechtlichten oder vernünftigen, sondern um den wahren Willen. Im Zivilrecht enthält die Rechtsordnung darüber hinaus unter anderem Vertrauensschutzaspekte, die zu einer Einschränkung der Umsetzungsmöglichkeiten des wahren Willens führen. Auch für die Verwaltungserklärung tritt neben die Rechtsordnung als Grund der Rechtswirkungen ein weiterer Aspekt. Dies übernimmt jedoch nicht der Amtswalterwille oder Behördenwille, sondern der Verwaltungswille. Nur mit ihm kann gewährleistet werden, dass der Wille des Gesetzgebers Beachtung findet, der Ordnungscharakter des öffentlichen Rechts durchgesetzt wird und eine unpersönliche und austauschbare Entscheidungsfindung garantiert wird. Der tatsächliche subjektive Wille beteiligter Amtswalter ist für Rechtswirkungen einer Verwaltungserklärung irrelevant. Vertrauensschutzelemente finden sich im öffentlichen Recht im Verwaltungswillen, der durch seinen objektiven Charakter im Gegensatz zum individuellen Willen des Zivilrechts verrechtlicht und vernünftig ist. Für den Beginn der Rechtswirkungen ist nicht zwischen empfangsbedürftigen und nicht empfangsbedürftigen Verwaltungserklärungen zu unterscheiden, sondern der individuellen Bekanntgabe, die sich an den Grundsätzen des § 130 BGB orientiert, und der öffentlichen Bekanntmachung. 11. Für den Tatbestand der Verwaltungserklärung oder der Willenserklärung ist zwischen dem rechtlichen Können und der Auslegung zu unterscheiden. Ein wahrnehmbarer Erklärungsakt gehört in jeder Variante zum Tatbestand. Im Hinblick auf die zivilrechtlichen Willenselemente wird allgemein zwischen Handlungswillen, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswillen unterschieden. Das Vorliegen eines Handlungswillens gehört zum Tatbestand, hingegen das Vorliegen des Geschäftswillens nicht. Für das Erklärungsbewusstsein ist zu unterscheiden. Im Rahmen des rechtlichen Könnens gehört es zum Tatbestand, im Rahmen der

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Auslegung hingegen nicht. Wenn sich durch eine Auslegung das Vorliegen einer Willenserklärung ergibt, muss dem Erklärenden durch eine Anfechtung die Möglichkeit gegeben werden, dem eigentlichen Grund der Rechtswirkung Geltung zu verschaffen. Für die Verwaltungserklärung ist zwischen der Abgabe der Erklärung oder Zielverfolgungsphase und der Willensbildung oder Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase zu unterscheiden. Der in der Zielverfolgungsphase handelnde Amtswalter weist ebenfalls einen Handlungswillen, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswillen bzw. Behördenwillen auf. In der Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase gibt es ein Abstimmungsbewusstsein, den konkretisierenden Amtswalterwillen und den Verwaltungswillen. 12. Der Verwaltung wird das Handeln ihrer Amtswalter im Rahmen einer organschaftlichen Vertretung zugerechnet. Im Rahmen dieser werden die §§ 164 ff. BGB entsprechend angewendet, wobei die Eigenarten des öffentlichen Rechts zu beachten sind. Dies beinhaltet eine entsprechende Anwendung der Wissenszurechnung des § 166 Abs. 1 Var. 2 BGB. Für Fragen des Willens ist jedoch nicht auf den handelnden Amtswalter abzustellen, sondern vielmehr auf die im Hintergrund stehende Verwaltung und ihren Verwaltungswillen. Eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 Var. 1 BGB ist nicht möglich. Eine nach zivilrechtlichen Maßstäben vorliegende Geschäftsunfähigkeit eines Amtswalters ist für die Abgabe einer Verwaltungserklärung grundsätzlich unbeachtlich. Die Zuständigkeit für Verwaltungserklärungen ergibt sich, sofern sie nicht gesetzlich geregelt ist, über die Trägerschaft der Rechte und Pflichten, auf die sich der mit der Verwaltungserklärung gewollte rechtliche Erfolg bezieht. 13. Die Rechtswirkungen der Verwaltungserklärung beschränken sich auf ihren konkreten, erscheinungsformspezifischen Inhalt. Die Rechtswirkungen einer Verwaltungserklärung werden dadurch herbeigeführt, dass ein Rechtssatz dem Erklärenden die entsprechende Fähigkeit zuweist. Es bestehen keine Normen, die der Verwaltungserklärung die Fähigkeit zuweisen, erweiterte handlungsformspezifische Rechtswirkungen zu entfalten. Die Verwaltungserklärung ist deshalb nicht wie der Verwaltungsakt fehlerunabhängig rechtswirksam, allein durch Zeitablauf bestandskräftig oder ein eigenständiger Titel. Während beim Verwaltungsakt das rechtliche Können das rechtliche Dürfen übersteigt, entsprechen sich bei der Verwaltungserklärung rechtliches Können und rechtliches Dürfen. Eine rechtswidrige Verwaltungserklärung ist unwirksam. Bei der Verwaltungserklärung besteht keine dem Verwaltungsakt vergleichbare Anfechtungslast, vielmehr liegt die prozessuale Initiative beim Erklärenden. Die Verwaltung kann eine Verwaltungserklärung nicht mittels eines Verwaltungsakts durchsetzen. Sie hat sich stattdessen einer allgemeinen Leistungsklage bzw. einer Feststellungsklage zu bedienen.

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14. Der für die Frage der Rechtswidrigkeit einer Verwaltungserklärung maßgebliche Inhalt ergibt sich über eine Auslegung. Die im Rahmen der §§ 133, 157 BGB anzuwendende Lehre vom Empfängerhorizont erstreckt sich auch auf Rechtshandlungen im öffentlichen Recht. Diese Auslegung kann sowohl in Bezug auf das Vorliegen einer bestimmten Handlungsform als auch den Inhalt einer bestimmten Erklärungshandlung herangezogen werden. Im Zweifel ist eine gesetzeskonforme Auslegung vorzunehmen. Daneben wirken sich Unklarheiten im Zweifel zu Lasten der erklärenden Behörde aus. Bei einer Kollision hat die Zweifelsregelung der gesetzeskonformen Auslegung Vorrang vor der Annahme, dass Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen. Die Verwaltungserklärung kann grundsätzlich formfrei verwendet werden. Schweigen kann zwar rechtliche Verbindlichkeit erlangen, grundsätzlich jedoch nicht in Form einer Verwaltungserklärung. Für die rechtliche Überprüfung des Ausfüllens des Konkretisierungsspielraums durch eine Verwaltungszielkonkretisierung ist zwischen gebundenen Verwaltungserklärungen, nicht gebundenen Verwaltungserklärungen, die dem Gesetzesvorrang unterfallen, und nicht gebundenen Verwaltungserklärungen, die den Gesetzesvorbehalt beachten müssen, zu unterscheiden. Bei gebundenen Verwaltungserklärungen kann die Übereinstimmung mit der gesetzlichen Rechtsfolge kontrolliert werden. Nicht gebundene Verwaltungserklärungen, die dem Gesetzesvorrang unterfallen, bewegen sich im Bereich der sog. gesetzesfreien Verwaltung, so dass im Ergebnis lediglich das Einhalten des Gesetzesvorrangs kontrolliert werden kann, grundsätzlich aber nicht der Prozess des Ausfüllens des Konkretisierungsspielraums. Nicht gebundene Verwaltungserklärungen, die den Gesetzesvorbehalt beachten müssen und originär öffentlich-rechtliche Rechtswirkungen aufweisen, müssen sich an die Regeln der Ermessensausübung halten. Weisen sie derivativ öffentlich-rechtliche Rechtswirkungen auf, gelten für sie prinzipiell zwar ebenfalls die Regeln der Ermessensausübung, doch nähern sich diese faktisch dem gesetzesfreien Bereich an. Für rechtswidrige Verwaltungserklärungen kommen staatshaftungsrechtliche Ansprüche in Betracht. 15. Nach außen gerichtete unmittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen bewegen sich im Bereich des Gesetzesvorbehalts und bedürfen einer Rechtsgrundlage. Das Erfordernis einer Rechtsgrundlage ergibt sich nicht durch handlungsformspezifische, sondern erscheinungsformspezifische Rechtswirkungen einer Verwaltungserklärung. Der Empfänger hat auf die unmittelbar eintretenden Rechtswirkungen dieser Verwaltungserklärungen keinen Einfluss, was bei belastenden Erklärungen einen Eingriff in Freiheit und Eigentum hervorruft. Daneben können unter gewissen Umständen auch nur mittelbar rechtswirkende Verwaltungserklärungen diesen Anforderungen unterliegen. Die Rechtsgrundlage kann entweder in einer geschriebenen Norm des öffentlichen Rechts gefunden werden oder in den analog

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herangezogenen zivilrechtlichen Vorschriften, die die erscheinungsformspezifischen Rechtswirkungen begründen. Dieser Rückgriff auf zivilrechtliche Regelungen als Rechtsgrundlage ist darüber hinaus mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt. Vor unmittelbar rechtswirkenden und nach außen gerichteten Verwaltungserklärungen bedarf es einer Anhörung und sie sollten mit einer Begründung versehen werden. 16. Der Verwaltungswille bildet für den Bestand von Verwaltungserklärungen das zentrale Element. Im Rahmen der Zielsetzungs- und Zielabstimmungsphase kann ein Abstimmungsbewusstsein ebenso wie der Verwaltungswille nur theoretisch fehlen. Sollte der konkretisierende Amtswalterwille zu einem Ergebnis führen, das nicht mit dem Verwaltungswillen übereinstimmt, kann die entsprechende Verwaltungserklärung aufgehoben werden. Eine solche Verwaltungserklärung wird aufgrund des sie tragenden, verrechtlichten Verwaltungswillens und der Vollendung des Tatbestands nicht unwirksam. Auch in der Zielverfolgungsphase ist für Fehler des erklärenden Amtswalter entscheidend, ob die von ihm nach außen gegebene Verwaltungserklärung mit dem Verwaltungswillen übereinstimmt. Für die Aufhebung von Verwaltungserklärungen ist danach zu unterscheiden, ob bei einer abstrakten Betrachtung eine schutzwürdige Position hervorgerufen wurde. Die Aufhebung von Verwaltungserklärungen, die keine schutzwürdige Position hervorgerufen haben, bedarf keiner Rechtsgrundlage und hat sich lediglich am Vorrang des Gesetzes auszurichten. Verwaltungserklärungen, die eine schutzwürdige Position hervorgerufen haben, können entweder wegen Umständen vor und bei der Abgabe oder nach der Abgabe aufgehoben werden. Für Umstände vor und bei der Abgabe ist Rechtsgrundlage §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 142 BGB analog und notwendig ist das Vorliegen einer Abweichung des in der konkreten Verwaltungserklärung enthaltenen Behördenwillens vom Verwaltungswillen. Für Umstände nach der Abgabe ist als Rechtsgrundlage auf eine entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 1 VwVfG abzustellen und maßgeblich als Aufhebungsgrund ist eine Änderung der Sachoder Rechtslage. Auch bei einer vom Amtswalter bewusst vorgenommenen Abweichung vom Verwaltungswillen ist eine Aufhebung möglich. Beim konkreten und nicht lediglich abstrakten Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens hat der Empfänger analog § 49 Abs. 6 S. 1 VwVfG Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, begrenzt durch das Erfüllungsinteresse. Die Aufhebung einer bewusst aufhebbaren Verwaltungserklärung löst analog § 142 Abs. 2 BGB staatshaftungsrechtliche Ansprüche aus. 17. Das Verhältnis von Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt ist durch einen Vorrang des Verwaltungsakts gekennzeichnet. Bei Bestehen einer Konkurrenzsituation zwischen unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärung und Verwaltungsakt, die dadurch gekennzeichnet ist,

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dass in der betreffenden Situation beide Handlungsformen in rechtlich zulässiger Weise das gleiche erscheinungsformspezifische Ziel erreichen können, ist die Verwendung unmittelbar rechtswirkender Verwaltungserklärungen unzulässig. Der Verwaltungsakt ist im Vergleich zur Verwaltungserklärung zweckmäßiger und effizienter und als ausdrücklich geschriebene Handlungsform einer solchen, die erst durch den Rückgriff auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gebildet werden kann, vorzuziehen. Eine Verwendung der Verwaltungserklärung könnte die Bewirkungssperre des Verwaltungsakts umgehen. Der Verwaltungsakt besitzt eine größere Rechtsklarheit und einer im Zusammenhang mit einer Verwaltungserklärung vorgenommenen allgemeinen Leistungsklage würde das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlen. Zwischen Verwaltungserklärung und öffentlich-rechtlichem Vertrag besteht eine Wahlfreiheit. In der Konkurrenz von originär und derivativ öffentlich-rechtlichen Verwaltungserklärungen dürfen letztere nicht verwendet werden. Ein rechtswidriger oder nichtiger Verwaltungsakt kann im Einzelfall in eine Verwaltungserklärung umgedeutet werden. Eine rechtswidrige Verwaltungserklärung kann nicht in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, ebenso wenig wie eine Umdeutung zwischen Verwaltungserklärungen und zivilrechtlichen Willenserklärungen stattfinden kann.

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Personenverzeichnis Alexy, Robert 207, 294 Bähr, Otto 297 Bierling, Ernst Rudolf 150 Bull, Hans Peter 196 Bullinger, Martin 224 Burke, Edmund 147 Bydlinski, Franz 307 Detterbeck, Steffen 112 Easton, David 198 Ehlers, Dirk 43 Eichhorn, Peter 213 Ennecerus, Ludwig 297 Faber, Heiko 357 Fichte, Johann Gottlieb 161 Flume, Werner 241, 303 Forsthoff, Ernst 522 von Gierke, Otto

161, 346

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 149, 231 Herzog, Roman 175 Hobbes, Thomas 203 Hofacker, Wilhelm 251 Hoffmann-Riem, Wolfgang 276 Hübner, Heinz 292 von Ihering, Rudolf 30 Ipsen, Hans-Peter 249 Jellinek, Walter 46, 255 Jesch, Dietrich 177 Kant, Immanuel 235, 239, 297, 309 Kaufmann, Erich 149, 223

Kelsen, Hans 144, 147, 155, 162, 163, 293, 304, 320 Kopp, Ferdinand 129 Kormann, Karl 223 Krause, Peter 101, 127, 245 Krüger, Herbert 147 Küchenhoff, Günther 58, 125 Larenz, Karl 232, 293, 299 Lobinger, Thomas 307 Luhmann, Niklas 166, 293 Mäding, Erhard 196 Maurer, Hartmut 288 Mayer, Franz 129 von Mayer, Friedrich Franz 46 Mayer, Otto 38, 45, 222, 251, 406 Menger, Christian-Friedrich 269, 288 Middel, Dieter 357 Mohl, Robert 231 Müller-Thoma, Frank 230 Obermayer, Klaus 128 Ossenbühl, Fritz 373 Parsons, Talcott 198 Pauly, Walter 36 Pawlowski, Hans Martin 293, 305 Peine, Franz-Joseph 87 Pestalozza, Christian 34 Preuß, Ulrich 230 Radbruch, Gustav 232 Rousseau, Jean-Jacques 148 Röver, Wilhelm 297 Rüping, Uta 193, 326 Rupp, Hans Heinrich 178

Personenverzeichnis Säcker, Franz-Jürgen 305 von Savigny, Friedrich Carl 297, 346 Schack, Friedrich 288 Scharpf, Fritz W. 207 Schmidt, Detlef 256 Schmidt-Aßmann, Eberhard 39, 52 Scholz, Rupert 193 Schüle, Adolf 357 Schuppert, Gunnar Folke 231 Siedentopf, Heinrich 213 von Stein, Lorenz 231 Thiele, Wolfgang 232 Thieme, Werner 197, 207

Uhlenbrock, Henning 171 Ulpianus, Domitius (Ulpian) 221 Wahl, Rainer 33 de Wall, Heinrich 129 Weber, Max 166, 214 Wiethölter, Rudolf 225 Wilburg, Walter 307 Wilke, Dieter 193 Windscheid, Bernhard 297 Wolff, Hans Julius 64, 150, 267 Wundt, Wilhelm 138 Zitelmann, Ernst 297

605

Sachwortverzeichnis Abgabe 492 Abstimmungsbewusstsein 437 actus-contrarius 507, 510 Allgemeine Rechtsgedanken 272 Allgemeine Rechtsgrundsätze 263, 276 Allgemeine Rechtsgrundsätze, Subsidiarität 278, 288 Allgemeiner Teil des Rechts 227, 269 Allgemeinverfügung 398, 496 Amtshaftung 544 Amtshilfe 105 Amtswalter 471 Amtswalterwille 216, 325 Analogie 257, 270, 275, 366 Anfechtung 513 Angemessenheit 426 Anhörung 467 Anhörung, Ladung 118 Assoziationsgefahr 356 Attest 118 Auffangordnungen 250 Aufgabe 195 Aufhebung 502 Aufhebung, Entschädigung 522 Aufhebungsvorbehalt 536 Auflage 536 Aufrechnung 106, 423 Ausdrucksmittel 474 Auskunft 92 Auslegung 54, 317, 411, 527 Auslegung, Zweifelsregelungen 416 Auslobung 107 Außenwirkung 132 Beamtentum 185 Bedingung 534

Befehl 45, 375 Befristung 534 Begriff 350 Begründung 482 Behörde 453 Behördenwille 325, 445 Bekanntgabe 488 Bekanntgabewille 442 Bekanntgabewillen, Aufgabe 494 Besoldungsmitteilung 108 Betätigungserklärung 125 Bewirkungssperre 39, 405 Bürokratie 214 Demokratieprinzip 387 Drohung 525 Duldung 477 Eigenverantwortlicher Bereich 175, 180 Eingriff 374, 379 Einverständnis 115 elektronische Erklärung 482 Empfindungen 94 Entscheidungstheorie 193, 211 Erforderlichkeit 426 Erfüllungsinteresse 526 Erklärungsbewusstsein 335, 444 Erklärungsbewusstsein, fehlendes 495 Erklärungsfähigkeit 453 Erklärungsirrtum 445 Erklärungstheorie 297 Ermessen 430, 433 Fachaufsicht, Weisung 120 Fehlerfolgenlehre 39 Fiskustheorie 222 Forderungsstundung 112

Sachwortverzeichnis

607

formale Organisation 159 Formvoraussetzungen 473 Funktionsgerechte Organstruktur 186

Handlungswille 334, 444, 547 Herrschaftsvertrag 222 Hoheitliche Maßnahme zur Regelung 74

Garantiegehalt 39 Geeignetheit 424 Geltung 235 Geltungsgrund 293 Geltungstheorie 299 Gemeinrecht 227 Gemeinschaft 146 Gerechtigkeit 236 geschäftsähnliche Handlung 91, 115 Geschäftsunfähigkeit 471 Geschäftswille 337 Gesellschaft 146 Gesellschaftsvertrag 148 gesetzesfreie Verwaltung 430 Gesetzesvorbehalt 36, 40, 172, 373, 384, 430, 458, 510 Gesetzesvorbehalt, Analogie 384 Gesetzesvorrang 35, 410 Gewaltenteilung 183 Gewohnheitsrecht 256, 388 groupthink 152 Grundrechte 238, 422 Grundrechtsverzicht 380

Identitätsirrtum 445 Imperativität 375 informelles Verwaltungshandeln 93 Inhaltsirrtum 445 Innenwirkung 132 Institutionelle Funktionsstruktur 187 Interesse, negatives 526 Interesse, positives 526 Interessentheorie 60

Haftung 544 Handlungsformen 32 Handlungsformen, Bildung 52 Handlungsformen, Funktion 38, 72 Handlungsformen, Konkurrenzsituation 391 Handlungsformen, numerus-clausus 49 Handlungsformen, System 100 Handlungsformen, Tatbestand 72 Handlungsformen, Wahlfreiheit 390 Handlungsformenabgrenzung 33 Handlungsformenabgrenzung, Rechtsfolgen 57 Handlungsformenhierarchie 428, 401 Handlungsformenlehre 41

Kalkulationsirrtum 445 Kernbereich 184 Kollektiv 143 Kollektivbewusstsein 151 Konkretisierungswille 438 Legitimation 177 Lehre vom öffentlichen Bereich 230 Leistungsbescheid 115 Leistungsverwaltung 381 mechanisierte Erklärung 482 Meinungskundgabe 92 Menschenwürde 242 Mitleidstheorie 305 Mitwirkungshandlungen 466 MPU-Anordnung 111 Musterung 118 Nebenbestimmung 97, 534 Nichterklärung 444 Nominalismus 351 Normen 197 öffentliche Bekanntmachung 496 öffentlich-rechtlicher Konkretisierungsspielraum 428, 244 öffentlich-rechtlicher Vertrag 28, 46, 89, 108, 400 Organ 344

608

Sachwortverzeichnis

Organismustheorien 161 Organschaftliche Vertretung 348, 447 Organtheorie 346 Pareto-Optimalität 212 Privatautonomie 239, 304, 352 Privatrecht 221, 233, 292 privatrechtsgestaltender Hoheitsakt 249 Privileg 46 Prozesserklärung 96 Publifizierung 248 Rahmenbedingungen 197 Realhandeln 46, 87, 91 Realismus 351 rechtliches Dürfen 54, 372 rechtliches Können 54, 104, 372, 412 Rechtsbegriffe 34 Rechtsbehelf 543 Rechtsfolgeirrtum 445 Rechtsfolgen, mittelbare 78 Rechtsfolgen, unmittelbare 78 Rechtsform 33 Rechtsgrundlage siehe Gesetzesvorbehalt Rechtsordnung 300, 319 Rechtsquelle 36 Rechtsschutz 541 Rechtsschutzbedürfnis 407 Rechtsstaatsprinzip 386 Rechtswirkung 130, 369 Rechtswirkung siehe auch Rechtsfolgen Rechtswirkung, derivativ öffentlich-rechtliche 133 Rechtswirkung, erscheinungsformspezifische 369, 378 Rechtswirkung, gebundene 131, 330 Rechtswirkung, handlungsformspezifische 369, 376 Rechtswirkung, mittelbare 133, 379 Rechtswirkung, nicht gebundene 131 Rechtswirkung, originär öffentlich-rechtliche 133 Rechtswirkung, unmittelbare 133, 378

Regelungscharakter 36 Regelungslücke 278, 288 Richterrecht 388 Richtungserklärung 125 Römisches Recht 221, 233 Rücknahme 511 Satzung 88 Schweigen 475 Selbstverantwortung 308 Selbstverwaltung 120 Soziale Gruppe 145 Speicherfunktion 39 Staatswille 159, 170, 243 Staatszielbestimmung 194 Subjektstheorie 64 Subordinationstheorie 63, 69 Systemtheorie 166, 198 Täuschung 525 Teilaufhebung 519 Teilnichtigkeit 314 Teilrechtsordnungen 221, 232 Teilrechtswidrigkeit 539 Totalvorbehalt 175 Transformation 276 Typisierung 33 Übersummenprinzip 153 Umdeutung 528 Universalienstreit 351 Unrichtigkeiten, offenbare 527 Untersuchungsgrundsatz 466 Verbandskompetenz 453 Verfahrenshandlungen 97, 118 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 402, 423 Verjährung 538 Verordnung 88, 398 Vertragsprinzip 114 Vertrauensinteresse 526 Vertrauensschutz 306, 322, 331, 427, 443, 500, 524 Vertretertheorie 346

Sachwortverzeichnis Verwaltung 32 Verwaltungsakt 27, 68, 398, 541 Verwaltungsakt, Bekanntgabe 317 Verwaltungsakt, Erklärung einer Behörde 73 Verwaltungsakt, feststellender 82 Verwaltungsakt, mitwirkungsbedürftiger 115 Verwaltungsakt, Tatbestand 316 Verwaltungsakt, unmittelbare Rechtswirkung 73 Verwaltungserklärung 359, siehe auch Willenserklärung Verwaltungserklärung, abhandengekommene 495 Verwaltungserklärung, Aufhebung 502 Verwaltungserklärung, Bindung 498 Verwaltungserklärung, empfangsbedürftig 489 Verwaltungserklärung, gebundene 429 Verwaltungserklärung, nicht empfangsbedürftig 489 Verwaltungserklärung, Rechtmäßigkeit 364 Verwaltungshierarchie 210 verwaltungsinterne Anweisungen 122 Verwaltungsprivatrecht 248 Verwaltungsrechtsverhältnis 43, 62 Verwaltungsträger 344 Verwaltungsverantwortung 193, 211 Verwaltungsverfahren 465 Verwaltungsverfahren, Beginn 465 Verwaltungsvorbehalt 181 Verwaltungsvorschrift 113 Verwaltungswille 143, 170, 216, 313, 325, 438 Verwaltungswille, Determination 173 Verwaltungswille, Zielverfolgung 341 Verwaltungsziele 194, 239, 243, 352 Verwaltungsziele, Bildung 202 Verwaltungsziele, Formalziele 209 Verwaltungsziele, Sachziele 209 Verwaltungsziele, Zielabstimmung 206, 341

609

Verwaltungsziele, Zieldimension 205 Verwaltungsziele, Zielhierarchie 205 Verwaltungsziele, Zielverfolgung 216 Verweisung 255 Verwirkung 478, 538 Verzicht 114 Volition 138 Volkswille 148 volonté générale 148 Vorbereitungshandlungen 118 Wesentlichkeitstheorie 383 Widerruf 511 Widerspruchsverfahren 543 Wiederaufgreifen des Verfahrens 119 Wiederholende Verfügung 119 Wille 135, 353 Willensbildung 137, 194, siehe auch Verwaltungsziele Willensbildung, Fehler 436 Willenserklärung, Begriff 85 Willenserklärung, Bürger 96 Willenserklärung, gebunden 330, 335 Willenserklärung, öffentlich-rechtliche 29, 78 Willenserklärung, privatrechtliche 56 Willenserklärung, Tatbestand 295 Willenserklärung, verwaltungsrechtliche 94 Willensfreiheit 140, 173 Willenstheorie 297 Willkürverbot 427 Wirksamkeit, äußere 318 Wirksamkeit, Beginn 487 Wirksamkeit, innere 318 Wirkungserklärung 125 Wissenserklärung 92 Zahlungsaufforderung 115 Zeichnungsbefugnis 110, 442, 547 Ziel 194 Zugang 493 Zugangsfiktion 494 Zurechnung 343

610 Zurückbehaltungsrecht 109 Zusage 117 Zusicherung 117, 315 Zuständigkeit 442, 451 Zuständigkeit, funktionelle 459 Zuständigkeit, örtliche 459 Zuständigkeit, sachliche 454

Sachwortverzeichnis Zuständigkeitsfehler 461 Zustellung 494 Zustimmung 115 Zwang 375 Zweck 197 Zweckmäßigkeit 403 Zweistufentheorie 249