224 98 551MB
German Pages 786 Year 1936
Der Weltkrieg J9J4 bis
8
Im Auftrage des
Reichskriegsministeriums bearbeitet und herausgegeben von der
Forschungsanstalt für Kriegsund Heeresgeschichte *
Die militärischen Operationen zu Lande
Zehnter Band
Verlegt bei E. G. Mittler 6c Gohn Berlin im Jahre
Die Operationen
des Jahres 1916 bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung
Mit fünfundvierziy Aarten
und Skizzen *
Verlegt bei E. G. Mittler 6c Gohn
Verlin im Jahre
IT 25684
Alle Rechte aus dem Gesetze vom 19. Funi 1901
sowie das
llbersetzungsrecht sind
vorbehalten
Copyright 1936 by E. S. Mittler & Sohn, Berlin
Einführung zum zehnten Band. Als nach der Auflösung des Großen Generalstabes dessen Kriegsgeschichtliche Abteilungen im Reichsarchiv aufgingen, fiel diesem die Herausgäbe des amtlichen Werkes über den Weltkrieg zu. Die Bearbeitung lag in der Hand der Historischen Abteilung, aus der am 1. April 1935 die
Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte neu gebildet wurde. Diese führt das Werk, beginnend mit dem vorliegenden Bande, im Auftrage des Reichskriegsministeriums weiter.
Der Band umfaßt die Ereignisse des Jahres 1916 auf allen Kriegsschauplätzen bis zum Rücktritt des Generals von Falkenhayn. Dabei ist der
Schilderung der Kämpfe bei Verdun ein besonders breiter Raum zugebilligt worden, weil die ungewöhnlichen Schwierigkeiten und die Eigenart jenes für den Fortgang des Krieges besonders bedeutungsvollen Ringens erst dann ins richtige Licht treten, wenn die Einzelheiten der taktischen Kampfsührung dargestellt werden. Besonderer Dank für bereitwillige und wertvolle Unterstützung sei auch an dieser Stelle dem Kriegsarchiv in Wien sowie der Historie«! Seetion. Committee of Imperial Defenee in London, ausgesprochen.
Inhaltsverzeichnis. Die Operationen des Jahres 1916 bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung. Seite
I. Die Oberste 1915/1916
Heeresleitung
um
die
Jahreswende
A. Beurteilung der militärpolitischen Gesamtlage gegen Jahresende 1915 durch General von Falkenhayn
1
B. Weiterentwicklung der militärpolitischen Gesamtlage bis Anfang März 1916
17
C. Entstehung und Entwicklung des Operationsplanes für den Westen .
22
D. Gliederung des deutschen Feldheeres Mitte Februar 1916 ....
42
II. Pläne der
Gegner bis zum Beginn des Angriffs
auf Verdun 1. Die Konferenz von Chantilly am 8. Dezember 1915 2.
'
44
Der französisch-englische Angriffsplan .
.
.
.
49
3. Die Rüstungslage der West mächte Anfang 1916
52
III. Die Westfront bis zum Sommer 1916 A. Der Kampf um Verdun bis zum 11. Juli 1916
1. Einleitung und Kämpfe bis zum 28.Februar a) Angriffsplan und Vorbereitungen zum Angriff Die Festung Verdun Der Angriffsentwurf Eintreffen der Angriffskorps und taktische Angriffsvorberei¬ tungen Die Angriffsbefehle Die letzten Vorbereitungen b) Die Schlacht vom 21. bis 28. Februar Der Angriff am 21. Februar
Absichten Absichten Absichten Absichten Absichten Absichten Absichten
und und und und und und und
Befehle Befehle Befehle Befehle Befehle Befehle Befehle
für für für für für für für
den den den den den den den
54 56
61 64 68 72
22. Februar 23. Februar 24. Februar 25. Februar 26. Februar 27. Februar 28. Februar
und und und und und und und
Angriff. Angriff. Angriff. Angriff. Angriff. Angriff. Angriff.
74 78 81 35 91 97 100
Inhaltsverzeichnis.
vni
Seite
c) Vorgänge beim Feinde Die Oberste Führung bis zum 21. Februar Die Kampfhandlungen bis zum 25. Februar
103 104
Die Oberste Führung vom 22. bis 25. Februar ....
109
Die Kämpfe vom 25. bis 28. Februar
112
d) Betrachtungen
116
2. Die Leitung des weiteren Angriffs durch das Armee-Oberkommando und die Kämpfe auf dem O st u f e r
a) Die Ereignisse bis zum 18. März
b) Bildung der Angriffsgruppen Ost und West.
122
Kämpfe auf
dem Ostufer unter General von Mudra
132
Die Ereignisse bis Ende März Die Vorgänge beim Feinde bis Ende März
133 137
Gedankenaustausch mit der Obersten Heeresleitung ... Die Ereignisse vom 1. bis 15. April
140 143
c) Die Fortsetzung des Angriffs unter General von Lochow bis Mitte Mai Die Kämpfe vom 16. bis 20. April
Erwägungen über die Fortführung des Angriffs. 20. bis 29. April Die Kämpfe vom 21. April bis 12. Mai
Einstellung oder Fortführung des Angriffs? 13. bis 18. Mai d) Die Großkämpfe von Mitte Mai bis Anfang Juli Der französische Angriff am 22. Mai und die deutschen Gegenstöße bis Ende Mai Die Eroberung des Eaillette-Waldes und des Forts Vaux. 1. bis 7. Juni Die deutschen Angriffe vom 8. bis 19. Juni Der deutsche Angriff am 23. Juni Die Abwehrkämpfe vom 24. Juni bis 10. Juli und der Angriff am 11. und 12. Juli
148
152 157 162
168 175 181 185 195
3. D er Angriff auf dem We stuf er
a) Vorbereitung und erste Angriffe unter General von Goßler Der Stoß des linken Flügels über den Raben-Wald bis zum „Toten Mann"
Beginn des Angriffs auf dem rechten Flügel b) Die Fortführung der Angriffe unter General von Gallwitz Die Bildung der Angriffsgruppe West und die Kämpfe um Haucourt Der erste Angriff in breiterer Front am 9., 10. und 11. April
203
213
221 225
Französische Gegenangriffe und zweiter Angriff in breiterer Front am 22. April Der Sturm auf die Höhe 304
228 233
Inhaltsverzeichnis.
IX Seite
Die Eroberung des Gesamtblockes des Toten Mannes und von
Eumieres
.
.
.
.
242
Der Großangriff am 29. Mai auf der Höhe 304 und gegen Eaurettes-Höhe und -Wäldchen
Weitere
Angriffsabsichten
und
Abflauen
der
249
Kämpfe.
30. Mai bis 12. Juli
253
4. Betrachtungen
260
B. Die Nebenfronten bis Mitte Juni
270
IV. Die Oberste Heeresleitung vom Angriff auf Verdun bis zum Beginn der Somme-Schlacht A. Vis Anfang April
277
B. Von Anfang April bis Mitte Mai
293
C. Von Mitte Mai bis Ende Juni
310
V. Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni
325
VI. Die Westsront im Juli und August A. Die Schlacht an der Somme 1.
'
Der Angriffsplan der verbündeten Gegner .
.
2. Die deutsche 2. Armee in Erwartung des Angriff s 3. Der Verlauf der Schlacht a) Anfangserfolge der Gegner bis 18. Juli Der 1. bis 5. Juli Der 6. bis 18. Juli
b) Bildung der Heeresgruppe Gallwitz und Fortgang der Schlacht bis Ende Juli c) Die Schlacht im August 4. Betrachtungen
341
349 359
366 372 382
B. Die Kämpfe bei Verdun vom 13. Juli bis Ende August 1. Die Kämpfe bis Mitte August
2. Gegensätzliche
338
Anschauungen
innerhalb
389
des
Oberkommandos
3. Die Kämpfe in der zweiten Hälfte des August C. Die Nebenfronten von Mitte Juni bis Ende August
VII. Die Oberste Heeresleitung im Juli und August
398
402 406 411
Inhaltsverzeichnis.
X
Seite
VIII. Die Ostfront bis Ende August
A. Die russische März-Offensive 1. Die Front der Mittelmächte bis Mitte März .
424
2. Die
423
Angriffsvorbereitungen
3. Die Abwehrschlacht
der
Russen
an der Front des
.
.
Ober-
besehlshabersOst
433
B. Die Brussilow-Offensive bis Ende Juli 1. Vis zum Beginn des Angriffs a) Die Entwicklung der Lage bis Anfang Juni
b) Neue Angriffspläne der Russen, Ende März bis Anfang Juni 2. Die Kämpfe bis zum 23. Juni a) Die Abwehr an der österreichifch-ungarifchen Front bis zum 7. Juni b) Aussprache der Generalftabschefs in Verlin und die Kämpfe am 8. und 9. Juni
439 446
450 458
c) Ereignisse bis zum 15. Juni und Vereitstellung der Angriffsgruppe Kowel d) Die russische Führung vom 4. bis 16. Juni e) Der Gegenangriff der Heeresgruppe Linsingen vom 16. bis 23. Juni f) Ereignisse an den Anschlußfronten
463 469
473 479
3. Die verbündeten Heeresleitungen vom 10. bis 23. Juni
481
4. Verschiebung des Schwerpunktes der russischen
Operationen nach Süden a) Die russische Führung vom 13. bis 24. Juni
494
b) Abschluß des Angriffs der Heeresgruppe Linsingen, 24. Juni bis 18. Juli
497
Betrachtungen c) Neue Rückschläge auf dem Südflügel der österreichischungarischen Front und Bildung der Heeresgruppe Erzherzog
506
Karl. 24. Juni bis 15. Juli d) Fortgang der Kämpfe an der österreichisch-ungarischen Front
508
bis zum 27. Juli
514
C. Der deutsche Teil der Ostfront im Juni und Juli
516
D. Neugliederung der gesamten Front gegen Rußland 1. Bis zur Besprechung in Verlin am 18. Juli.
.
2. Bis zum Abschluß 27. IuliinPleß
am
der
Verhandlungen
.
523
529
3. Befehlsübernahme durch Generalfeldmarschall vonHindenburg undReibungen mit derObersten Heeresleitung
533
Inhaltsverzeichnis.
XI Seite
E. Endgültige Verlegung des russischen Schwerpunktes an die Süd-
westsront 1. Absichten der russischen Führung
538
2. Die Kämpfe vom 28. Juli bis 6. August a) Die Abwehrschlacht bei Kowel b) Die Abwehrkämpfe der ö.-u. 2. Armee und der Heeresgruppe Erzherzog Karl
540
546
3. Die Kämpfe vom 7. bis 28. August
a) Neue Pläne der russischen Führung b) Die Abwehr der Heeresgruppe Erzherzog Karl c) Die Abwehr an der Front des Oberbefehlshabers Ost und
549 550
dessen Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung .
554
F. Fragen der Gesamtführung des Ostkrieges im August
558
G. Betrachtungen
564
IX. Die Front gegen Italien A. Die Ereignisse bis Mitte März
568
B. Die Kämpfe bis Mitte Juli
1. Der österreichisch -ungarische angriff in Tirol
Durchbruchs-
a) Die Vorbereitungszeit Angriffsplan und Aufmarsch der Heeresgruppe Erzherzog Eugen b) Die Durchführung des Angriffs Die Schlacht bei Vielgereuth und Lafraun Die Schlacht bei Arfiero und Asiago
571
573 577 578
c) Gegenmaßnahmen der Italiener Die Abwehr
583
Die Gegenoffensive d) Betrachtungen
586 588
2. Ereignisse an der übrigen Front
590
C. Die sechste Isonzo-Schlacht vom 4. bis 16. August
1. Entschluß und Angriffsplan
591
2. Verlauf
593
X. Die
Ereignisse
am
Balkan und
an
der Front der
Türkei A. Die Entwicklung der Lage am Balkan
596
B. Der Krieg der Türkei
603
Inhaltsverzeichnis.
XII
Seite
XI. Die Weiterentwicklung auf sonstigen Gebieten der
Kriegführung 1.
Politische Lage und Friedensaussichten.
.
.
.
Hl?
2.
Der Krieg zur See und in den Kolonien .
.
.
.
61$
3. Der Krieg zur Luft 4. Eisenbahnen 5. Crsatzlage des Heeres und seine Versorgung mit Waffen und Munition
621 625
Crnährungslage XII. Der Rücktritt des
626
631
Generals von Falkenhayn
.
.
.
.
634
XIII. Rückblick auf die Kriegführung des Generals vonFalkenhayn
A. Der Herbst 1914 und das Jahr 1915
646
B. Das Jahr 1916
662
Nachweis des Schrifttums Personen Verzeichnis Truppenverzeichnis
678 682 692
Anlagen. 1. Deutsche und feindliche Artillerie beiVerdun und an der Somme 1916.
2. Zum Angriff auf Verdun. 3. Zur Schlacht an der Somme 1916.
4. Übersicht über das Kriegsjahr 1916 bis Ende August.
Inhaltsverzeichnis.
XIII
Rarcen und Skizzen. A. Kriegsleitung. Karte 1:
Die Kriegsschauplätze der Mittelmächte Ende August 1916.
Karte
1 : 10 200 000.
1a: Die Mächtegruppierung Ende August 1916.
B. Weste n. Karte
2:
Die Front gegen Frankreich.
Stand am 21. Februar 1916.
1 : 1 000 000.
Karte
3:
V er dun 1916.
1 :80 000.
Skizze 1:
Verdun - Ost.
Die Lage am 21. Februar.
Skizze 2:
Verdun-Ost.
Artillerieaufmarsch der Abschnitte A, B und C am
21. Februar. Skizze 3 u. 4: Verdun - Ost. bruar.
Skizze Skizze Skizze Skizze
5: 6: 7: 8:
Skizze 9:
Verdun-Ost. Verdun-Ost. Verdun-Ost. Verdun-Ost. bis 10. März.
Verdun.
Die Lage am 22. Februar.
Die Lage am 23. Fe¬
Die Lage am 24.Februar. Die Lage am 25.Februar. Die Lage am 26.Februar. Angriff des V.R.K, und XV.A.K. vom 25.Februar 1 :80 000.
Der Angriff des rechten Flügels der A.A.Strantz vom
25. Februar bis 8. März.
1 :80 000.
Skizze 10: Verdun-Ost. Kräfteverteilung der Angriffstruppen zwischen der Maas Skizze 11:
und Damloup vom 2. März bis 15. April. Verdun-Ost. Die Lage vom 16. April bis 27. Mai.
Skizze 12:
V e r d u n - O st. Die Lage vom 29. Mai bis 12. Juli.
Skizze 13: Verdun-Ost. Erstes Grunkreuzschießen in der Nacht 22./23. Juni. Skizze 14: Skizze 15:
Verdun-Ost. Die Lage vom 24. Juli bis 28.August. Verdun-West. Die Kämpfe vom 6. bis 30.März.
Skizze 16:
V e r d u n - W e st. Die Kämpfe im April.
Skizze 17:
V e r d u n - W e st. Die Kämpfe im Mai.
Karte
Die Front gegenFrankreich.
4:
Stand am 1. Zuli 1916 morgens.
1 : 1 000 000. Karte
5:
Skizze 18: Skizze 19: Skizze 20:
S o mm e. Die Lage am 1. Juli 1916.
1 :80000.
Somme. Die Lage am 5. und 8. Juli. Somme. Die Lage am 14. und 31. Juli. Somme. Die Lage am 19. Juli.
Skizze21 u.22: Somme. Die Lage am 7., 12. und 18.August. Skizze 23: Somme. Die Lage am 28. August.
Inhaltsverzeichnis.
C. Osten. Karte
6:
Die Front gegen Rußland am 18. März 1916.
Skizze24:
Die Abwehrkämpse am Narocz-See im März 1916.
Karte
DieVrussilow-Ossensive vom 4. bis 15. Juni 1916.
7:
Skizze25: Skizze26:
Der Gegenangriff bei Kowel vom 16. bis 23. Juni. Die Abwehrkämpfe im Vogen von Czartoryfk vom 5. bis 9. Juli.
Skizze27:
Der russische Einbruch nördlich der Lipa vom 16. bis 18. Juli. Die Abwehrkämpfe in der Bukowina und am Dniester von Ende Juni bis Anfang Juli.
Skizze28:
Skizze29: Die Abwehrkämpfe bei Varanowicze Anfang Juli. Skizze30: Die Abwehrkämpfe bei Vrody Ende Juli. Skizze31: Skizze32:
Die Abwehrkämpfe bei Kowel vom 28. bis 30. Juli. Die Abwehrkämpfe in der Bukowina und am Dniester
im August.
D. Italien. Skizze 33: Der ober italienische Kriegsschauplatz 1916. Skizze34: Italien. Die Tiroler Front 1916. Skizze35: Italien. Die Isonzo-Front 1916.
E. Türkei. Skizze 36:
Türkei. Die Kämpfe an der Kaukasus-Front.
Skizze 37: Türkei. Die Kämpfe in Ägypten.
Inhaltsverzeichnis.
XV
Abkürzungen. A. Abt. Abt A. Gr A. K A. O. K.
== = == =
Armee-Abteilung Abteilung Armeegruppe Armeekorps
... = Armee-Oberkommando
kauk
;= kaukasisch
Kav
= Kavallerie
K. D.
== Kavallerie-Division
Kdr
= Kommandeur
K. K.
— Kavallerie-Korps
Art.
= Artillerie
k. k
= f. unter k. u. k.
bayer
= bayerisch
K. Kdo.
= Korpskommando
Brig
= Brigade
Komm. Gen. = Kommandierender
Btl
= Bataillon
Bttr
= Batterie
Komp.
= Kompanie
General
Div
— Division
Kos
— Kosaken
Ers
= Ersatz
Kub
— Kuban
Esk
= Eskadron
k. u. k
= kaiserlich und königlich
Felda
= Feldartillerie
Feldmlt.
(Truppen des gemein¬ samen österr.-ungar. Heeres) im Unterschiede
... = Feldmarschalleutnant
(österr.-ung. Bezeichnung für Genlt.)
von k. k. (kaiserl.-königl.-
finnl
— finnländisch
F. K Fl Flak Fuha
= = = =
G
= Garde
M. G
= Maschinengewehr
gern
= gemischt
M. W
— Minenwerfer
Gen
= General
Mrs
Gen. Feldm.
^ Generalfeldmarschall
C. B. Ost
Feldkanone Flieger Flugabwehr-Kanone Fußartillerie
Gen. Kdo. .. = Generalkommando
Genlt.
= Generalleutnant
Genmaj.
... = Generalmajor
Gen. Ob.
.. = Generaloberst
österr.) und k. (königl.ungar.) Truppen £dst Ldw
— Landsturm = Landwehr
l. F. H
= leichte Feldhaubitze
Off österr
— Mörser
.. = Oberbefehlshaber Ost
= Offizier = österreichisch, Bezeichnung
für die österr. (k. k.) Teile des ö.-u. Heeres, im
Genst
= Generalstab
Frieden
G. K
— Gardekorps
im Kriege „Schützen-
Gr
— Gruppe
Division, -Brigade usw.
Gren
= Grenadier
Haub
= Haubitze
Hgr
H. K. K.
genannt ö.-u
— Heeresgruppe
...
Teile des gemeinsamen (k. u. k.) österr.-ungar.
— Honved, ungarische Teile
des österr.-ungar.
Heeres
— österreichisch-ungarisch,
Bezeichnung für die
Höherer Kavallerie-
Kommandeur Honv
„Landwehr"-,
Heeres Pi R. Br
— Pionier = Reserve-Fnfanterie-
= Reserve-Division
I. Br
— Fnfanterie-Brigade
I. D Inf.
= Infanterie-Division = Infanterie
R. D Regt
— Regiment
Kan
= Kanone
Res
= Reserve
Brigade
Inhaltsverzeichnis.
XVI R. K
= Reservekorps
Schütz. selbst.
= Schützen = selbständig
s. F. H.
= schwere Feldhaubitze
ung.
= Bezeichnung für die unga¬
rischen Teile (Honved) des ö.-u. Heeres Xlff
sib
= sibirisch
verst.
Terr
= Territorial
zsgs.
turk.
— turkestanisch
= Ussuri ...... = verstärkt
= zusammengesetzt
Auf Karten und Skizzen sind teilweise noch weitergehende Abkürzungen angewendet. So bedeuten dort arabische Ziffern (je nach ihrer Gröhe): Armeen, Divi¬ sionen, Brigaden oder Regimenter —römische Ziffern: Korps oder Bataillone; alles Weitere ergibt sich aus dem Text.
I. Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende
1915/1916
A. Beurteilung der militärpolitischen Gesamtlage gegen Jahresende
1915durchGeneralvonFalkenhayn. Karten 1, 2und 6.
Im Sommer 1915 hatte sich der Chef des Generalstabes des Feld- serbst isis. Heeres, General der Infanterie von Falkenhayn, eine Zeitlang der Hoffnung hingegeben, daß es der Diplomatie unter Ausnutzung der in
Galizien und Polen errungenen Waffenerfolge gelingen könne, Sonderfriedens-Verhandlungen mit Rußland einzuleiten, aus denen sich unter
Amständen Möglichkeiten für die Anbahnung eines allgemeinen Friedens ergeben würden'). Diese von der politischen Reichsleitung nicht geteilte Hoffnung war indessen schnell geschwunden. Schon Ende August gab General von Falkenhayn in einem durch den Gesandten von Treutler dem
Kanzler übermittelten Fernspruch seiner Ansicht Ausdruck, „daß unsere Gegner sich in gegenseitigem Einverständnis dazu entschlossen haben, ihr Heil in einem planmäßig durchgeführten Crschöpfungskriege zu suchen". Cr neige zu dieser Vermutung um so mehr, als sie nicht nur dem Charakter des Mannes, auf dem die Führung des Krieges gegen uns in
erster Linie ruhe, Lord Kitchener, sondern auch den Interessen unseres Hauptgegners England völlig entspreche. Gegen Jahresende war bei General von Falkenhayn jeder Zweisel darüber geschwunden, daß nur durch den militärischen Sieg unter Einsatz aller Kräfte der Kriegswille der Feinde gebrochen und der Weg zum Frieden frei gemacht werden könne. Nach einer Aussprache am 28. November äußerte er sich hierüber am 29. in einem Telegramm an den Reichskanzler wie folgt:
„Die Ansicht, daß es Deutschland freistehe, entweder durch Dokumentierung feiner Geneigtheit auf Bedingungen, die den Gegnern genehm sind, bald Frieden zu schließen oder den Krieg so lange fortzuführen, bis der Wille der Feinde zum Siege und damit auch zum Durchhalten des Krieges
gebrochen ist, selbst auf die Gefahr hin, daß Deutschland dabei den letzten Mann und den letzten Groschen einsetzen müßte, ist falsch. In Wirklichkeit haben wir jene Wahl nicht, sondern sind gezwungen, den letzterwähnten ') Band VIII, 6.604 ff. Weltkrieg. X, Band.
1
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
2
Herbst i9i5. Weg bis zum guten oder bitteren Ende zu gehen, ob wir wollen oder nicht.
Daß die Ansicht, wir hätten noch eine Wahl, überhaupt vertreten werden kann, beruht auf völliger Verkennung des ungeheuren Geschehens, an dem wir teilnehmen. Cs handelt sich nicht mehr um einen Krieg, wie wir ihn früher kannten, sondern der Krieg ist für alle Beteiligten mittlerweile zum Kampf um das Dafein im eigentlichen Sinne geworden. Derjenigen Partei, die in einem solchen Ringen, in dem es um das Höchste geht, mit Friedens-
anerbietungen hervortritt, ohne daß sie ganz sichere Anzeichen von seiten eines der Gegner hat, daß er nachzugeben bereit ist, zeigt verderbliche Schwäche, wenn sie ihre Vorschläge auch noch so vorsichtig faßt. Ich sage verderbliche Schwäche, weil das Anerbieten automatisch zur Schwächung des Willens zum Durchhalten beim eigenen Volk, der Kampfkraft beim Heere und zur Stärkung dieses Willens bei den Feinden führen muß".
Reichskanzler von Bethmann Hollweg verwahrte sich in feiner Antwort gegen die Annahme, daß er in dieser Frage einen anderen
Standpunkt als der Generalstabschef vertrete, betonte aber, daß er es für
geboten halte, etwaige Friedensneigungen, falls sie sich bei unseren Feinden zeigen sollten, zu unterstützen, da wir im Kampf um unser Dasein trotz aller
Zuversicht auf den Sieg unseres Heeres auf keine Waffe verzichten dürften, die die Kraft unserer Feinde schwäche. Ende iNs.
General von Falkenhayn hat seine Beurteilung der militärpolitischen Gesamtlage und die aus ihr gezogenen Schlüsse um Weihnachten 1915 in
schriftlichen Ausführungen niedergelegt, die ihm als Unterlage für einen Vortrag beim Kaifer dienten'). Im Mittelpunkt aller seiner Gedanken und Erwägungen steht dabei England. In ihm sieht er „den Erzfeind in diefem Kriege", der den Kriegswillen aller Verbündeten mit ungeheuerlichem Druck auf sie aufrechtzuerhalten weiß. „Zwar ist es gelungen, auch die englische Feste schwer zu erschüttern — der beste Beweis dafür ist der
bevorstehende Übergang zur allgemeinen Wehrpflicht). Cr ist aber auch ein Beweis, zu welchen Opfern England fähig ist, um das erstrebte Ziel, die dauernde Ausschaltung des ihm am gefährlichsten scheinenden Nebenbuhlers, ]) Die in Form einer Denkschrift gehaltenen Ausführungen sind abgedruckt bei von Falkenhayn, „Die Oberste Heeresleitung 1914/16 in ihren wichtigsten Ent¬ schließungen", S. 176 ff. In den Aktenbeständen des Reichsarchivs befindet sich die
Niederschrift nicht. Auch sind alle Bemühungen, sie ausfindig zu machen, erfolglos geblieben. Cs muß dahingestellt bleiben, ob General von Falkenhayn den Inhalt der Denkschrift dem Kaiser in Form einer einmaligen zusammenhängenden Darlegung oder
in verschiedenen zeitlich getrennten Abschnitten vorgetragen hat. Im folgenden wird die Niederschrift der Kürze halber „Weihnachtsdenkschrift"
genannt, die ihr entnommenen Sätze sind mit (W. D.) kenntlich gemacht. y S. 53.
Weihnachtsdenkschrift: England.
Z
zu erreichen. Die Geschichte der Kämpfe Englands gegen die Niederlande,
Spanien, Frankreich und Napoleon wiederholt sich. Schonung hat Deutschland von diesem Gegner nicht zu erwarten, solange ihm noch irgendeine Hoffnung bleibt, an das Ziel zu kommen . . . England, in dem man ge-
wohnt ist, Chancen nüchtern abzuwägen, kann kaum hoffen, uns mit rein militärischen Mitteln niederzuringen. Es stellt seine Sache offenbar auf den Ermattungskrieg. Die Zuversicht, durch ihn Deutschland auf die Schultern zu zwingen, haben wir nicht brechen können. Aus ihr schöpft der Feind die Kraft, weiter zu ringen und dazu seine Gruppe dauernd zusammen-
zupeitschen" (W. D.). Aus dieser Bewertung Englands als der Seele alles Widerstandes zog General von Falkenhayn für das eigene Handeln den Schluß, daß der Krieg von Deutschland nur gewonnen werden könne, wenn es gelänge, Eng-
land so stark zu treffen und zu schwächen, daß es die bisherige Zuversicht verlöre, Deutschland durch den Ermattungskrieg auf die Schultern zu zwingen. Mit dem kurzen Satz: „England muß die Aussichtslosigkeit seines Beginnens vor Augen geführt werden", umriß der Generalstabschef Ziel und Aufgabe seiner künftigen Kriegführung. Diese mußte um so mehr stark offensiven Charakter tragen, als die wirtschaftliche Lage der Mittelmächte ein Abwarten in der Defensive auf unbemefsene Zeit nicht zuließ, vielmehr
die möglichst baldige Herbeiführung der Entscheidung notwendig machte. „Das Vermögen zum Durchhalten ist bei unseren Verbündeten begrenzt, das unserige immerhin nicht unbeschränkt. Möglicherweise wird der nächste oder, wenn Rumänien weiterliefert, der übernächste Winter, falls bis dahin keine Entscheidung gesichert ist, bei den Gliedern des Vierbundes Entbehrungs- und in deren Gefolge, wie ja immer, soziale und politische Krisen bringen. Sie müssen überwunden werden und werden überwunden werden
können. Zeit ist aber gewiß nicht zu verlieren" (W. D.). Der Generalstabschef prüfte dann eingehend die Frage, wie durch die Operationen zu Lande am stärksten auf England eingewirkt werden könne. Von vornherein schied er aus seinen Erwägungen einen Landungsversuch auf den Inseln des britischen Mutterlandes als unausführbar aus, ebenso auch entscheidungsuchende Unternehmungen gegen die Stützpunkte der britischen Weltmachtstellung im Orient. Von einem Vorgehen über den Suez-Kanal nach Ägypten oder gar von einer Ausdehnung
der Operationen im Irak nach Persien und Indien, wie sie GeneralfeldMarschall Freiherr von der Goltz früher mehrfach angeregt hatte, versprach er sich keine kriegsentscheidende Wirkung, ganz abgesehen von der Unmög¬ lichkeit, den Türken die erforderlichen personellen und materiellen Kräfte zuzuführen. Es genügte ihm, wenn im Sinne der am 24. November mit
4
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende >si5. dem türkischen Vizegeneralissimus Enver Pascha in Orsowa getroffenen
Vereinbarungen') durch begrenzte Unternehmungen auf den türkischen Kriegsschauplätzen in der islamitischen Welt der Glaube an die Verwund-
barkeit Englands wachgehalten, englische Kräfte fern vom Hauptkriegsschauplatz gebunden und Rückschläge des Verbündeten verhütet wurden. Auch einem Angriff auf Saloniki, über dessen Durchführung erst nach Klärung der Haltung Griechenlands entschieden werden sollte^), maß er vom Standpunkt der Gesamtkriegführung nur die Bedeutung einer Ablenkungsoperation bei, durch die britische und französische Kräfte an nichtkriegsentscheidender Stelle gefesselt würden.
Der Generalstabschef glaubte indessen, daß feine Ablehnung einer entscheidungsuchenden Offensive gegen die Engländer nicht nur für die Neben-
kriegsschauplätze gelten müsse, sondern daß auch auf dem Hauptkriegsschauplatz in Frankreich und Belgien gegenüber der britischen Front von einer Durchbruchsoperation großen Stils, wenigstens zu Beginn des kommenden Entscheidungskampfes, Abstand zu nehmen sei. Ihr Ziel könne immer nur „die so gut wie vollständige Vertreibung der Engländer vom Festlande, die
Zurückdrängung der Franzosen hinter die Somme" (W. D.) sein. Die dazu erforderlichen Kräfte ständen der deutschen Heeresleitung nicht zur Verfügung, ganz abgesehen davon, daß der nördliche Teil der britischen Front im Hinblick auf die Witterungsverhältnisse in Flandern bis ins mittlere Frühjähr für weitzielende Unternehmungen nicht in Frage käme. So unerwünscht ein solcher Verzicht gefühlsmäßig erscheinen mochte, so hielt General von Falkenhayn ihn doch in der Erwägung, „daß der Krieg mit eigenen Kräften auf dem europäischen Festlande für England im Grunde eine
Nebenhandlung sei" (W. D.), für erträglich, fofern es statt dessen gelang, die eigentlichen Werkzeuge Englands auf dem europäischen Kontinent, das französische, russische und italienische Heer, außer Gefecht zu setzen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei auf ein Nachgeben Englands zu rechnen, wenn es sich der Hilfe seiner Verbündeten beraubt und auf sich allein gestellt sehen würde. t'lber die Frage, welche Bedeutung unter diesem Gesichtspunkte einem Angriff gegen Italien zukomme, war General von Falkenhayn in einen
Meinungsaustausch mit dem Generalstabschef des österreichisch-ungarischen Heeres, Generaloberst von Conrad, eingetreten, der sich am 10. Dezember in einer Besprechung in Teschen sehr warm für diesen Gedanken 1) Band IX, S. 488/89. 2) Ebenda, S. 316.
Weihnachtsdenkschrift: England, Italien.
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eingesetzt und eine Offensive aus der Gegend von Trient gegen die Nordfront der Italiener vorgeschlagen hatte. General von Falkenhayn nahm am
folgenden Tage hierzu in ablehnendem Sinne schriftlich Stellung. Cr glaube nicht, daß die verbündete Heeresleitung in der Lage sei, die erforderlichen Kräfte, die er auf etwa 25Divistonen mit starker Artillerie berechnete, bereitzustellen, selbst wenn an der galizischen Front acht bis neun ihrer
Divisionen durch deutsche Truppen abgelöst würden. Eine solche Abgabe würde andererseits die deutschen Fronten überall zur Erstarrung bringen. Dies sei auf die Dauer nur zu ertragen, wenn von der Operation in Italien
eine Kriegsentscheidung erhofft werden könnte. „Euer Exzellenz glauben", so hieß es wörtlich, „das erwarten zu dürfen. Ich kann Ihre Meinung leider nicht teilen. Selbst wenn der Schlag glückte, trifft er Italien nicht tödlich. Rom ist, weil seine Heere im äußersten Nordosten des Landes eine meinetwegen schwere Niederlage erlitten, an sich durchaus nicht gezwungen, Frieden zu schließen. Es kann gegen den Willen der Entente, von der es bei seiner Versorgung mit Geld, Lebensmitteln und Kohlen
völlig abhängig ist, auch gar nicht Frieden schließen". Generaloberst von Conrad vermochte sich dieser Auffassung, die er übrigens im vergangenen Sommer selbst vertreten hatte'), jetzt nicht anzuschließen. In seiner Antwort vom 18. Dezember wies er zunächst kurz auf die verschiedenen Operationsmöglichkeiten hin, die für die Verbündeten in Frage kämen. Eine „Aktion gegen Nußland" halte er nicht für „durchschlagend genug", es sei denn, daß Rumänien an unsere Seite träte. Auch auf dem Balkan wäre ein Erfolg gegen die zur Zeit dort befindlichen Ententekräfte nicht kriegsentscheidend, es bliebe daher nur der französische
und der italienische Kriegsschauplatz. „Von diesen beiden habe ich ersteren als denjenigen bezeichnet, auf welchem ein offensiver Erfolg von weittragendster Bedeutung wäre. Da aber Euer Exzellenz selbst die Chancen sür einen solchen als nicht gegeben bezeichneten, stellte ich die Offensive gegen Italien zur Diskussion . . .
Was den Einfluß auf die e n d g ü l -
tig e Kriegsentscheidung betrifft, bin — wie gesagt — auch ich der Ansicht,
daß ein durchgreifender Erfolg in Frankreich noch mehr geeignet wäre, unseren Krieg siegreich zu beenden, als der Schlag gegen Italien. Ich glaube aber, daß diese Aktionen nur nacheinander zu machen sind . . .
Erst nach dem Schlag gegen Italien werden die für den entscheidenden Sieg in Frankreich notwendigen Kräfte verfügbar fein. Ich fage das keineswegs vom besonderen österreichisch-ungarischen Standpunkte, der die Niederwerfung Italiens i) Osterr. amtl. Werk: „Österreich-Ungarns letzter Krieg 1914—1918", Band III, 6.589.
s
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
E«de wi5. fordert, sondern ausschließlich in der Überzeugung, daß wir diesen Weg gehen müssen, um den gemeinsamen Existenzkampf unserer beiden Reiche siegreich zu beenden. Eine entscheidende Niederlage des italienischen Heeres im Nordosten des Königreichs mit Preisgabe des Gebietes bis zur Etsch würde Italien mit großer Wahrscheinlichkeit zum Friedensschluß zwingen, weil die Lage im Innern nach einem solchen Ergebnis des vermeintlichen nationalen Beutezuges gewiß unhaltbar wäre ... Ich erachte somit die Offensive gegen Italien als die notwendige Einleitung des endgültigen Ent--
scheidungskampfes, dessen Erfolg noch im Jahre 1916 zu erringen für die Monarchie aus mancherlei Gründen ein Gebot der Notwendigkeit ist . . .
Da der Uberschuß der deutschen Kräfte allein für eine abschließende Entscheidung an einer der Hauptfronten im Westen oder Osten kaum aus-
reichen dürfte, österreichisch-ungarische Kräfte aber für die Teilnahme an der Entscheidung oder für Ablösung deutscher Teile an anderer Stelle nicht ver-
fügbar würden, insolange Italien nicht abgetan ist, so müßte sich für uns beide jener unerträgliche Zustand ergeben, der das Erreichen eines positiven Kampfzieles ausschließt und es unseren gemeinsamen Feinden ermöglicht, den Krieg bis zu unserer Erschöpfung fortzusetzen". Generaloberst von Conrad berechnete dann den für die Tiroler Offensive für notwendig gehaltenen Kräftebedarf auf etwa 16 Infanterie-Divisionen und 90 schwere Batterien. Es sei erwünscht, daß hierfür von deutscher Seite vier Divisionen und 30 Batterien, ferner zur Freimachung österreichifch-ungarifcher Kräfte an der Ostfront weitere vier Divisionen gestellt würden. Sein Schreiben schloß mit den Worten: „Euer Exzellenz ersuche ich ergebenft, die Notwendigkeit, das Ziel, die Zeit und die Kraft für den von mir vorgeschlagenen Angriff nochmals zu überlegen und zu prüfen und mir sodann Ihren Standpunkt in dieser Frage mitzuteilen". General von Falkenhayn sah von schriftlicher Stellungnahme zu der abweichenden Auffassung des verbündeten Generalstabschef ab. Zu mündlicher Fortsetzung des Gedankenaustausches, die er statt dessen vorschlug, kam es infolge des gerade in den nächsten Tagen wegen Balkan-
Fragen eintretenden Bruches^) zwischen beiden Generalstabschefs nicht mehr. In der schon erwähnten Weihnachtsdenkschrift hat General von FalkenHayn für seine Ablehnung des Gedankens, Italien anzugreifen, eine im wesentlichen politische Begründung gegeben, die in mehrfacher Hinsicht über das hinausging, was er Generaloberst von Conrad gegenüber geltend ge-
macht hatte: „Dem Vorschlag kann nicht beigetreten werden. Seine Ver-
wirklichung würde lediglich Österreich-Ungarn Entlastung und ZukunftsBand IX, 6. 306 ff.
Weihnachtsdenkschrift: Italien, Rußland.
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vorteile bringen, nicht unmittelbar für den Gesamtkrieg. Selbst ein Abspringen Italiens von der Entente, das kaum denkbar ist, wird auf England keinen merklichen Eindruck machen. Die italienischen militärischen Leistungen sind so gering, Italien bleibt unter allen Umständen so stark unter der engtischen Fuchtel, daß es sonderbar wäre, wenn man sich in diesem Urteil täuschte. Außerdem ist der Italiener derjenige unserer Feinde, dessen innere Zustände ihm die aktive Fortführung des Krieges, wenn die österreichischungarische Armee einigermaßen ihre Pflicht weiter tut, bald unmöglich machen werden. Ob durch einen Angriff unsererseits diese wohltätige Ent-
Wicklung beschleunigt oder verlangsamt wird, weiß niemand. Es ist deshalb zweckmäßiger, sie nicht zu stören, zumal ein weiteres Festlegen österreichischungarischer Kräfte an der italienischen Front im Hinblick auf ihre Aufgaben
im Osten nicht erwünscht ist". Gleich ablehnend stand General von Falkenhayn dem Gedanken eines neuen Angriffs auf das russische Heer gegenüber. Er hielt eine entscheidungsuchende Offensive im Osten wegen der Witterung und der Vodenbefchaffenheit während der Wintermonate bis in den April hinein für aus-
geschlossen. Die „ganz unverhältnismäßigen Überspannungen der Truppe", die vor einem Jahre bei den Operationen in Masuren und in den Karpaten eingetreten waren, luden um so weniger zu einer Wiederholung ein, als die
schwierige Ersatzlage der Heimat, insbesondere auch der drückende Mangel an genügend vorgebildetem Führerpersonal, Neuaufstellungen großen Umfanges für absehbare Zeit verbot. Anter den verschiedenen Operationsmöglichkeiten, die sich vom Frühjahr an auf dem östlichen Kriegsschauplatz boten, zog der deutsche Generalstabschef nur einen Stoß in die reichen, als wirt-
schaftliche Kraftquellen wichtigen Gebiete der Ukraine in Betracht'), während ihm ein Vorgehen auf Moskau ins Uferlose zu führen schien und eine selbst erfolgreiche Operation auf die Millionenstadt Petersburg, „die wir aus unseren knappen Beständen versorgen müßten" (W. D.), keine Ent¬ scheidung versprach. Indessen auch dem Stoß in die Ukraine stellte sich das ernste Bedenken völlig unzureichender Verbindungen entgegen. Ein durchAm 4. November 1915 zeichnete Kriegsminister General Wild von Hohen-
dorn in seinem Privattagebuch auf: „Falkenhayn hält Operation aus Odessa für aussichtsreich; er erwägt sie wenigstens . . . Falkenhayn kam schließlich nochmals auf
Odessa zurück. Ich kann nicht zuraten. Wir haben uns schon einmal betreffs der Widerstandskraft der Russen, d. h. bezüglich ihres DurchHaltens sehr gründlich getäuscht. And vom rechten Flügel der jetzigen österreichischen Linie bis Odessa sind 600 Kilometer! Dazu die gefährdete linke Flanke beim Vormarsch. Dem ganzen Gedanken könnte man außerdem nur nähertreten im Bündnis und unter Mitwirkung von Rumänien; davon scheinen wir aber noch weit ab zu sein".
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
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Ende isis. schlagender Erfolg war nur zu erhoffen, wenn ein Vorgehen aus der Front
südlich der Rokitno-Sümpfe gegen Kiew von einem Flankenstoß aus Ru¬ mänien durch Vessarabien über den unteren Dniester begleitet wurde. Das setzte voraus, daß Rumänien entweder auf die Seite des Vierbundes
trat oder mit Waffengewalt niedergeworfen wurde. Auf den freiwilligen Anfchluß Rumäniens glaubte General von Falkenhayn, wie er dem Staats-
fekretär von Iagow am 15. Dezember mitteilte'), „in irgend absehbarer Zeit" nicht rechnen zu können. Auf der anderen Seite lehnte er aber auch den Gedanken eines gewaltsamen Vorgehens, den am 13. Dezember der deutsche
Militär-Attach« in Bukarest angeregt hattet, in diesem Zeitpunkte noch ab. In Anbetracht der Gesamtlage hielt er es für höchst unerwünscht, die Zahl der Gegner um einen neuen zu vermehren und auf den wirtschaftlichen
Nutzen zu verzichten, der aus den rumänischen Lieferungen gezogen werden
konnte. Cs galt also, Rumänien, erforderlichenfalls unter Anwendung schärfen diplomatischen Druckes, zur Innehaltung wirklicher Neutralität und normaler Handelsbeziehungen anzuhalten. Da das Land hiernach als operative Basis für ein Vorgehen durch Vessarabien über den Dniester nicht in Betracht kam, sah General von Falkenhayn von ernsthafter Erwägung der ganzen Operation in die Ukraine ab.
Sie wurde nur noch gelegentlich bei
Vorträgen vom Chef des Feldeisenbahnwesens, Generalmajor Groener, zur Sprache gebracht und befürwortet3). Eine Stellungnahme des südlich -) Band IX, S. 490. — 2) Ebenda.
3) In seinem Privattagebuch verzeichnete Generalmajor Groener: „4. Ianuar : Vortrag bei General von Falkenhayn. Operation gegen Mraine
—Vessarabien. General von Falkenhayn hält sie im Winter nicht für angängig, hat sich ja auch schon im Westen für die Verdun-Operationen festgelegt. Cr meinte, man könne im Frühjahr daran denken. „6. Ianuar : Bei einem Besuch des k. u. k. Feldeisenbahnchefs Straub in Pleß
Bahnverhältnisse in der Bukowina und Ostgalizien für eine Operation in die Akraine
besprochen. „9. Ianuar: In Kowno mit Ludendorff längeres Gespräch über politische und militärische Lage. Auch er hält die Ukraine-Operation für die einzige, die entscheidend wirken könne".
Hierzu sagt General Groener ergänzend in einer Zuschrift vom 12. November 1933: „Die Vorbereitungen und der Antransport der Truppen zur Operation gegen die Ukraine erforderten eine Reihe von Wochen wegen des wenig leistungsfähigen
Bahnnetzes. Da es aber nicht darauf ankam, die Operation so schnell wie möglich, d. h. noch in den Wintermonaten zu beginnen, blieb Zeit genug übrig für Heranführung und Versammlung der Truppen. Wie viele deutsche Divisionen eingesetzt werden mußten, ließ sich erst im Verlauf der Vorbereitungen übersehen. Die schwierigste Frage war die rumänische.
. . . Die Akraine-Operation stand in Konkurrenz mit dem
Angriff gegen Verdun. Da aber General von Falkenhayn sich bereits zu diesem ent-
schlössen hatte, blieb jene eine der vielen operativen Ideen, die bei den Vorträgen auftauchten und wieder verschwanden".
Weihnachtsdenkschrift: Rußland, Rumänien.
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der Rokitno-Sümpfe befehligenden Oberkommandos der Heeresgruppe Linsingen wurde nicht eingefordert. Im Stabe des Oberbefehlshabers Ost hielt der Generalstabschef, Generalleutnant Ludendorff, „die Akraine-Operation fttr die einzige, die entscheidend wirken könne"'). Da sie indessen außerhalb seines Befehlsbereichs lag, enthielt er sich einer entsprechenden Anregung bei der Obersten Heeresleitung. Mitentscheidend für die Einstellung des Generals von Falkenhayn war
sein Glaube, daß das russische Heer nach den schweren Niederlagen des letzten Jahres auch ohne neue offensive Kraftanstrengung der Mittelmächte kein gefahrdrohender Gegner mehr sei. In der Weihnachtsdenkschrift sagte er darüber: „Nach allen Berichten mehren sich die inneren Schwierigkeiten des Riesenreiches schnell. Wenn auch vielleicht eine Revolution im großen Stil nicht erwartet werden darf, so kann man doch vertrauen, daß Rußland durch seine inneren Röte in verhältnismäßig kurzer Frist gezwungen sein wird, einzulenken. Hierbei wird angenommen, daß es ihm
inzwischen nicht gelingen wird, seine militärische Reputation aufzufrischen. Das ist aber auch nicht zu besorgen. Im Gegenteil wird vermutlich jeder solcher Versuch mit seinen Verlusten die innere Auflösung nur
beschleunigen". General von Falkenhayn gab sich also der Hoffnung hin, daß von den
„eigentlichen Werkzeugen Englands auf dem europäischen Kontinent" zwei, das italienische und das russische Heer, ohne offensiven Gewaltdruck aus
innerpolitischen Verhältnissen in absehbarer Zeit sich selbst außer Gefecht fetzen würden. Vis dahin ergab sich für ihn als unschwer zu lösende Pflichtausgäbe, an den Fronten gegen Italien und Rußland etwaige Angriffe der
Feinde abzuschlagen. So blieb schließlich nur das französische Heer als Zielpunkt
der deutschen Offensive übrig. In ihm sah der Generalstabschef „das beste Schwert Englands" (W. D.). Es fragte sich, auf welchem Wege man versuchen sollte, es zu zerbrechen und dadurch dem französischen Volke „klar vor Augen zu führen, daß es militärisch nichts mehr zu hoffen" habe (W. D.). Das Mittel des operativen Massendurchbruchs erschien ihm gegenüber der französischen Front „ebenso zweifelhaft und über unsere Kraft gehend" (W. D.) wie gegenüber der britischen. Er glaubte aber, daß es auch ohne Inanspruchnahme dieses Mittels mit minderem Krafteinsatz gelingen könne, dem erstrebten Zwecke Genüge zu tun. Denn die Vor-
stellung von der ständig sinkenden Widerstandsfähigkeit Frankreichs, die ihn ') S. 8 Anm, 3 und Ludendorff, „Meine Kriegserinnerungen", S. 162/163.
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Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende 1315. bereits im Frühjahr und Sommer 1915 beherrscht hatte, steigerte sich gegen
Jahresende zu der Überzeugung, daß dessen militärische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den bisherigen Verlauf des Krieges „bis nahe an die Grenze des Erträglichen" (W. D.) geschwächt worden sei. Cs schien also nur noch darauf anzukommen, das französische Volk über diese Grenze hinauszudrängen und damit zur Aufgabe des Krieges zu bringen. Hierfür
hielt General von Falkenhayn die ihm zur Verfügung stehenden Kräfte für
ausreichend. „Hinter dem französischen Abschnitt der Westfront gibt es in Reichweite Ziele, für deren Behauptung die französische Führung gezwungen ist, den letzten Mann einzusetzen. Tut sie es, so werden sich Frankreichs Kräfte verbluten, da es ein Ausweichen nicht gibt, gleichgültig, ob wir das Ziel selbst erreichen oder nicht. Tut sie es nicht und fällt das Ziel in unsere Hände, dann wird die moralische Wirkung in Frankreich ungeheuer sein. Deutschland wird nicht gezwungen sein, sich für die räumlich begrenzte Operation so zu verausgaben, daß alle anderen Fronten bedenklich entblößt werden. Es kann mit Zuversicht den an ihnen zu erwartenden Entlastungs-
Unternehmungen entgegensehen, ja hoffen, Kräfte in genügender Zahl zu erübrigen, um den Angriffen mit Gegenstößen begegnen zu können. Denn
es steht ihm frei, seine Offensive schnell oder langsam zu führen, sie zeitweise abzubrechen oder sie zu verstärken, wie es seinen Zwecken entspricht. — Die
Ziele, von denen hier die Rede ist, sind Belsort und Verdun. Für beide gilt das oben Gesagte. Dennoch verdient Verdun den Vorzug. Roch immer liegen die französischen Linien dort in knapp 20Kilometer Ent¬ fernung von den deutschen Bahnverbindungen. Roch ist Verdun die mäch-
tigste Stütze für jeden feindlichen Versuch, mit verhältnismäßig geringem Kraftaufwand die ganze deutsche Front in Frankreich und Belgien unhaltbar zu machen. Die Beseitigung dieser Gefahr als Nebenziel ist mili-
tärisch so wertvoll, daß dagegen der bei einem Angriff auf Belfort sozusagen »nebenbei« abfallende politische Erfolg der Säuberung des südwestlichen
Elsaß leicht wiegt" (W. D.). Mit diesen Sätzen schloß General von Falkenhayn seine Weihnachtsdenkschrist. In ihrem Grundgedanken, daß die Entscheidung zu Lande aus dem westlichen Kriegsschauplatz fallen müsse und werde, entsprach sie ganz dem Standpunkt, den der Generalstabschef seit dem Tage vertreten hatte, an dem er nach der Marne-Schlacht die Leitung der Operationen über-
nahm. Immer wieder aber war bisher seine Absicht, diese Entscheidung aus eigener Initiative herbeizuführen, unter den zwingenden Verhältnissen des Mehrfrontenkrieges hinausgeschoben worden. Jetzt end¬ lich schienen ihm die Voraussetzungen in hinreichendem Maße gegeben, und
Weihnachtsdenkschrift: Frankreich.
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schien somit auch die Zeit gekommen, zur Tat zu schreiten. Der Angriff auf Verdun sollte den letzten gewaltigen Cnt-
scheidungskamps eröffnen und entfesseln. Wer die operativen Formen, in denen der Cntscheidungskämpf zum Austrag zu bringen war, enthielt die Weihnachtsdenkschrift nur allgemeine Andeutungen. General von Falkenhayn hatte sich aber hierüber in den letzten Monaten bestimmte Vorstellungen gebildet, die von seinen
früheren Ansichten in mancher Hinsicht abwichen. Die im Sommer 1915 noch stark zur Schau getragene Zuversicht, daß die Front trotz der erheblichen zahlenmäßigen Unterlegenheit des deutschen Westheeres allen Anstürmen der Gegner unbedingt standhalten würde, hatte nach der schweren Krise des 25.September 1915') und ihren Folgeerscheinungen der nüchternen Erkenntnis Platz gemacht, daß die Vruchsicherheit des deutschen Deiches ihre Grenzen habe. Daraus ergab sich als erste Vorbedingung für jede eigene Angriffshandlung die Notwendigkeit, die Deichlinie in ihrer ganzen Ausdehnung, vornehmlich aber an ihren empfindlichen Stellen, gegen alle drohenden Gefahren zu sichern. Da die in vorderer Linie eingesetzten Kräfte hierfür nicht genügten, war es notwendig, einen
gewissen Kraftzuschuß zurückzuhalten, der damit für offensive Verwendung wenigstens zunächst ausfiel. Eine weitere Einschränkung der für Angriffszwecke frei verfügbaren Heeresreserven ergab sich aus der Verantwortung des Leiters der deutschen Gesamtoperationen für die Standfestigkeit auch der übrigen Fronten der rings umlagerten Festung des Vierbundes. Cr mußte jederzeit in der Lage bleiben, den Verbündeten in unvorhergesehenen Not-
lagen auf anderen Kriegsschauplätzen auszuhelfen. Die Stärke der an der Westfront in vorderer Linie eingesetzten Kräfte betrug um die Jahreswende etwa 94 Divisionen. Die Zahl der im kom-
Menden Frühjahr für den westlichen Kriegsschauplatz verfügbaren Heeresreferven berechnete General von Falkenhayn in der Weihnachtsdenkschrift auf 25 bis 26 Divisionen, die nur dann noch um ein geringes vermehrt werden konnten, wenn man den deutschen Abschnitten in Mazedonien und
Galizien „gegen alle militärische und politische Überzeugung wie Vorsicht" (W. D.) über das beabsichtigte Maß hinaus Kräfte entzog. Mindestens ein Drittel dieser Heeresreserven glaubte der Generalstabschef, wie er in
seinem Buche berichtet), hinter den Frontabschnitten belassen zu müssen, ') Band IX, 6.53 ff. 2) von Falkenhayn, a. a. O., S. 190.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
12
Ende i9i5. gegen die er Entlastungsoffensiven für wahrscheinlich hielt.
An schwerer
Artillerie verfügte die Oberste Heeresleitung bald nach Ausstattung der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz für den Angriff auf Verdun wieder über 30 neuzeitliche Batterien. Das Herausziehen weiterer 62solcher Batterien für die Reserve der Obersten Heeresleitung aus der Westfront gegen Ersatz durch alte und Beute-Batterien war angeordnet.
Cin Versuch, die Stärke-
Verhältnisse durch Zurückgreifen auf Kräfte der Verbündeten zu bessern,
schien nicht empfehlenswert. Die österreichisch-ungarischen Truppen sah General von Falkenhayn „in ihrer Gesamtheit für die sehr harte Kampfart an der Westfront weder als besonders geeignet, noch als genügend vor-
gebildet'") an, noch weniger türkische und bulgarische. Bei letzteren sprachen auch politische Rücksichten gegen die Heranziehung. Die Westgegner standen nach den Berechnungen der Nachrichten-
Abteilung der Obersten Heeresleitung wesentlich günstiger. Die Gesamtzahl ihrer Divisionen betrug 150, wobei noch ins Gewicht fiel, daß sie im allgemeinen zahlenmäßig erheblich stärker waren als die deutschen. Von ihnen sollten sich 91 in der Front befinden, 59 — als Heeres-, Heeresgruppen- und Armee-Reserven — der feindlichen Führung zur Verfügung
stehen. Eine erhebliche Vermehrung der britischen Landstreitkräfte stand nach Einfügung der neugebildeten Kitchener-Verbände in nicht ferner Zeit in Aussicht. Angesichts dieser Stärkeverhältnisse gehörte für den deutschen Generalstabschef viel Kühnheit und Selbstvertrauen, vor allem aber auch unbedingte Zuversicht in die innere Güte und Überlegenheit des deutschen Soldaten dazu, um überhaupt am Angriffsgedanken festzuhalten. Er war sich klar darüber, daß die ihm zu Gebote stehenden Kräfte nicht hinreichten, um den Entscheidungskampf durch einen von Anfang an auf Durchbruch zielenden
Massenangriff auszutragen. Gegen einen solchen Versuch sprachen nach seiner Ansicht aber auch die mißglückten Massenstürme der Gegner an der
Westfront im verflossenen Kampfjahre. In der Weihnachtsdenkschrift sagte er darüber:
„Massendurchbruchsversuche gegen einen moralisch intakten,
gut bewaffneten und zahlenmäßig nicht erheblich unterlegenen Feind können auch bei größter Menschen- und Materialhäufung nicht als aussichtsvoll betrachtet werden. Dem Verteidiger wird es in den meisten Fällen gelingen, die eingedrückten Stellen abzuriegeln. Dies ist ihm leicht, wenn er sich zv.nl freiwilligen Ausweichen entschließt. Ihn daran zu hindern, ist
kaum möglich. Die Einbuchtungen, flankierender Feuerwirkung in hohem Maße ausgesetzt, drohen zum Massengrab zu werden. Die technischen i) von Falkenhayn, a. a. O., S. 191.
Weihnachtsdenkschrift: Stärkeverhältnis und Angriffsplan.
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Schwierigkeiten der Leitung und Versorgung der Massen darin werden
so groß, daß sie kaum überwindlich erscheinen". In diesen Ausführungen lag freilich nicht die grundsätzliche Ablehnung jeden taktischen Durchbruchsversuches. Auf Grund eigener, auf dem östlichen Kriegsschauplatz bei Gorliee und am Raren? gemachter Erfahrungen hielt General von Falkenhayn das Durchstoßen eines Stellungssystems und die
operative Ausbeutung dieses Erfolges auch in Zukunft für möglich. Es mußten aber bestimmte Voraussetzungen dafür gegeben sein: der Stoß durste ebensowenig auf einen unerschütterten, ebenbürtigen Gegner gerichtet werden wie auf einen solchen, der ohne weiteres zu freiwilligem Ausweichen in der Lage war. Auch durften die zum taktischen Durchbruch eingesetzten
Kräfte ein gewisses Stärkemaß nicht überschreiten, damit ihre planvolle, einheitliche Kampfführung und Versorgung noch gewährleistet blieb. Bei Beginn eines Großkampfes waren diese Voraussetzungen schwerlich in ihrer Gesamtheit vorhanden, sie ließen sich aber vielleicht durch eine Reihe von Kampfhandlungen zielbewußt herbeiführen, indem zunächst ein räumlich begrenzter Teilangriff an operativ empfindlicher Stelle den Feind so wuchtig traf, daß er nicht nur zum Einsatz und Verbrauch möglichst starker Reserven gezwungen, fondern auch zum Gegenangriff an der bedrohten Stelle oder zu Entlastungsangriffen an anderen Stellen herausgefordert wurde. Aus
der erfolgreichen Abwehr solcher Gegen- und Entlastungsstöße mit sorgfältig bemessenem Kräfteaufgebot konnte sich dann Gelegenheit zur entfcheidungsuchenden Operation an einer in ihrer Widerstandsfähigkeit gemin¬ derten Stelle und gegen eine Truppe ergeben, die durch die vorangegan-
genen Kampfhandlungen zermürbt, dem Durchbruch kein unüberwindliches Hindernis mehr entgegenzustellen vermochte'). Gewiß war dieser Gedankengang in der Weihnachtsdenkschrift nur
vorsichtig und unvollständig angedeutet. Seine Grundlinien sind aber doch in ihr erkennbar: Der Kräfteaufwand beim Angriff auf Verdun sollte sorg-
fältig begrenzt, der Kampf so planvoll und elastisch geführt werden, daß ausreichende Reserven übrigblieben, um den an anderen Frontteilen zu eri) Generalleutnant a. D. Tappen sagt in einer Zuschrift vom 9. Februar 1934: „Bezüglich der Vorbedingungen für den Gegenangriff an irgendeiner Stelle hat General von Falkenhayn sich den Verlauf folgendermaßen gedacht: Der Feind greift
nach längerem Trommelfeuer nach Zerstörung unserer Gräben an, wird zurückgeschlagen, greift wieder an und so fort, daß er nach einiger Zeit fertig ist. Dann setzt schlagartig unser Gegenangriff über das entstandene Trichtergelände an der nach
dem feindlichen Angriff günstigsten Stelle, also schon mehr im Sinne des Bewegungskrieges, ein, für den besondere Vorbereitungen, wie Ausgangsgräben u. dgl., sich
erübrigen".
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
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Ende 1915. wartenden Entlastungsunternehmungen mit Zuversicht durch Gegenstöße
begegnen zu können. Daß hierbei auch an die britische Front gedacht war, beweist der Satz, daß es sich nicht empfehle, „die englische Front im Westen
mit entscheidungsuchendem Angriff anzupacken, es sei denn, daß sich eine Gelegenheit dazu im Gegen st oß ergeben sollt e". Während er also dem französischen Heere bei Verdun eine tiefe Wunde
schlagen wollte, zog der deutsche Generalstabschef auch die Möglichkeit in Betracht, bei planvoller Handhabung der eigenen Kräfte im Endergebnis des Landkrieges eine gründliche Niederlage des Erzfeindes England zu buchen. Sicherlich hat er überhaupt erst in solchem Endergebnis die eigent-
liche Entscheidung auf dem Westkriegsfchauplatz gesehen. Schon am 5. Dezember war an alle Armeen des Westens und an die
Heeresgruppe Mackensen zur Weitergabe an im ganzen 25einzeln auf¬ geführte Infanterie-Divisionen
—
die Heeresreserven —
nachstehender
Befehl der Ober st en Heeresleitung ergangen:
„Seine Majestät erwartet, daß die Kommandeure aller Heeresreserven die ihnen zur Verfügung stehende Zeit auf das eifrigste ausnutzen, um die unterstellten Verbände in jeder Beziehung, also nicht nur für den Stellungs-, fondern auch für den Bewegungskrieg schlagfertig zu machen. Daß hierbei die Festigung straffer Mannszucht unter Förderung des Selbstgesühls und sorgfältigster Schonung des Ehrgefühls die unentbehrliche Grundlage der ganzen Arbeit ist, bedarf keiner näheren Erläuterung". Es war der Aufruf an die Truppe, daß nunmehr die Zeit der reinen Abwehr im Westen zu Ende sein solle und die Stunde des entscheidung-
suchenden Angriffs bevorstehe. Die Oberste Heeresleitung sah aber davon ab, für die Lösung dieser Aufgabe einheitliche, alle bisherigen Kriegserfahrungen auswertende Kampfvorschriften zu geben. Kampfverfahren und Ausbildung überließ sie den nachgeordneten Kommando-
stellen. Mit den Entschlüssen für die Führung der Operationen zu Lande war der Kriegsplan des Generals von Falkenhayn noch nicht erschöpft. Die
Weihnachtsdenkschrift behandelte auch die Frage der Seekriegführung und schlug die Wiederaufnahme des uneingeschränkten Unterseekrieges
vor.
In diesem sah der Generalstabschef vom Standpunkt
der Gesamtkriegführung sogar das „voraussichtlich wirksamste Kriegsmittel" (W. D.), weil es durch die Unterbindung der Zufuhr England an der „verwundbarsten Stelle" zu treffen versprach. Hatte er sich in der Lage des Früh-
jahrs und Sommers 1915 noch scharf gegen seine Anwendung ausgesprochen
Weihnachtsdenkschrift: Anterseekrieg.
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aus Sorge, daß bei einem Vruch mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika Bulgarien als Bundesgenosse nicht zu haben und damit der schwer
bedrängten Türkei nicht zu helfen sein werde'), so glaubte er jetzt, nach der siegreichen Beendigung des serbischen Feldzuges letzten Endes auch die Feindschaft Amerikas in Kauf nehmen zu dürfen^). „Gehen die bestimmten Zusagen der Marine dahin in Erfüllung, daß der unbeschränkte Unterseebootkrieg England innerhalb des Jahres 1916 zum Einlenken bringen muß, so ist selbst die Annahme einer feindlichen Haltung seitens der Vereinigten Staaten jetzt zu ertragen. Ihr Eingreifen in den Krieg kann nicht so schnell entscheidende Wirkung üben, daß es England, welches das Gespenst des Hungers und viele andere Nöte auf seiner Insel auftauchen sieht, zum Weiterkämpsen bewegen könnte. Dies erfreuliche Zukunftsbild wird durch einen Schatten getrübt. Voraussetzung bei ihm ist, daß die Marine sich nicht irrt. Erfahrungen in ausreichendem Maße gibt es auf diesem Gebiete nicht. Diejenigen, die wir haben, sind nicht durchaus ermutigend. Mittlerweile sind
andererseits die Grundlagen für die Berechnungen durch die Vermehrung der Zahl der Unterseeboote wie die fortgeschrittene Ausbildung ihrer Besatzungen wesentlich zu unseren Gunsten verschoben. Es wäre deshalb militärisch nicht zu rechtfertigen, wenn man weiterhin auf die Anwendung dieses voraussichtlich wirksamsten Kriegsmittels'verzichten wollte. Das Recht, es
rücksichtslos zu gebrauchen, steht nach dem rücksichtslosen Vorgehen Englands auf See Deutschland zur Seite. Die Amerikaner als heimliche Bundesgenossen der Engländer werden es nicht anerkennen. Ob sie sich
indessen gegenüber einer starken politischen Vertretung des Standpunktes Deutschlands deshalb entschließen werden, zu aktivem Handeln auf dem 1) Band VIII, S. 17. 2) über diesen Wandel in der Auffassung des Generals von Falkenhayn berichtete der Gesandte von Treutler dem Auswärtigen Amte zum ersten Male am
12. Dezember: „General von Falkenhayn nimmt der amerikanischen Frage gegenüber Plötzlich den Standpunkt ein, Amerika scheine doch einen Bruch zu wollen, unsere Situation sei jetzt eine andere, er halte nicht mehr daran fest, daß der Krieg mit Amerika unerträglich sei. Ich erwiderte ihm, daß politisch die Bedenken gegen einen
Vruch noch durchaus dieselben seien wie früher. Die Angelegenheit sei insofern noch ernster geworden, als genaue Kenner der Verhältnisse behaupten, daß der Abbruch der diplomatischen Beziehungen aller Wahrscheinlichkeit nach den Krieg selbst bedeute: wir müßten deshalb solange als möglich versuchen, den Bruch zu vermeiden; das Eintreten Amerikas in den Krieg würde zum mindesten die moralische Kraft unserer Feinde auf das unwünschenswerteste kräftigen und den Krieg voraussichtlich verlängern. General von Falkenhayn gab dies in der Form zu, daß er zwar sür den
Krieg den Bruch nicht mehr scheue, wohl aber für den Frieden. Ich hoffe, ihn überzeugt zu haben, daß es sich doch lohnt, gewisse Opfer zu bringen, um, soweit es an uns liegt, der Eventualität eines Krieges mit Amerika auszuweichen".
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Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende 1915. europäischen Festland überzugehen, ist zweifelhaft. Noch zweifelhafter ist, ob sie mit genügenden Kräften rechtzeitig eingreifen können. Der Verzicht auf den unbeschränkten Unterseebootkrieg hieße daher einen nach den Versicherungen der allein zuständigen Sachkenner sicheren Gewinn von unschätz¬ barem Wert aus Besorgnis vor einem, wenn auch schweren, so doch nur möglichen Nachteil preisgeben. Das ist in der Lage Deutschlands nicht
zulässig" (W. D.). Zur Klärung der Ansichten legte General von Falkenhayn in einer Vesprechung in Berlin am 3t). Dezember dem Großadmiral von Tirpitz
und dem Chef des Admiralftabes, Admiral von Holtzendorsf, die Frage vor, „ob nach Ansicht der Marine ein mit voller Wucht geführter Unterseebootkrieg ein fo wirksames Kriegsmittel wäre, daß die Nachteile, die ein Bruch mit Amerika mit sich bringen würde, in Kauf genommen werden könnten, und ob von einem uneingeschränkten Unterseebootskrieg zu erwarten sei, daß er England durch die wirtschaftlichen Schäden, die er ver°
Ursachen würde, etwa Ende 1916 zum Frieden geneigt machen würde". Nachdem der Admiralstabschef und der Staatssekretär des Reichsmarineamts zu den Ausführungen des Generalstabschefs in bejahendem Sinne
Stellung genommen hatten, wurde Übereinstimmung darüber erzielt, daß „militärische Gründe gegen die Wiederaufnahme des Unterseebootskrieges nicht bestehen", daß ferner „ein ohne alle Einschränkungen durchgeführter Unterseebootskrieg England bis Ende 1916 derart schädigen wird, daß es zum Frieden geneigt sein wird", und daß schließlich „der Unterseebootskrieg mit ausreichenden Mitteln und Aussicht auf vollen Erfolg Anfang März 1916 einsetzen kann'"). Im Gegensatz zu dieser Stellungnahme der Marinevertreter stieß der Generalstabschef mit seiner Forderung beim Reichskanzler und beim Staatssekretär Dr. Helfferich auf Widerstand. Obwohl er darauf hinwies, daß er durch militärische Schläge auf dem Lande allein den Krieg gegen England nicht zu Ende bringen könne, verharrten beide auf ihrem bisherigen Standpunkt, daß von der Anwendung dieses Kriegsmittels in uneingeschränkter Form Abstand genommen werden müsse, da sie zum Krieg mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika führen müsse. Bei solcher
Gegensätzlichkeit der Anschauungen hing die Entscheidung vom Obersten Kriegsherrn ab. l) Marine-Archiv, „Der Handelskrieg mit !l-Booten", Band III, S. 74.
17
Gedankenaustausch mit Generaloberst von Conrad.
B. Weiterentwicklung der militärpolitischen Gesamtlage bis Anfang März Karten
1,2und6.
Gegen Ende Januar 1916, als die Vorbereitungen zum Angriff aus
Januar/
Verdun bereits in vollem Gange waren, versuchte Generaloberst v o n C o n - 5e6raar 1916,
rad auf die Entschließungen des deutschen Generalstabschefs noch einmal im Sinne seiner auf die Niederwerfung der Italiener zielenden Pläne einzuwirken. Der vermittelnden Tätigkeit des im öfterreichifch-ungarifchen Hauptquartier befindlichen Generalmajors von Cramon war es zu danken, daß Generaloberst von Conrad durch ein am 22.Januar nach Pleß ge¬
richtetes Schreiben das frühere Verhältnis zu seinem deutschen Kollegen und damit die Grundlage zu einer Verständigung über die Weiterführung der Operationen wiederherzustellen suchte. General von Falkenhayn antwortete in entgegenkommendem Sinne. Zwei Zusammenkünfte, am 26. Januar und 3. Februar in Pleß, zwischen denen eine Besprechung mit dem
Oberbefehlshaber Ost in Lida') lag, gaben Gelegenheit zu eingehenden Aussprachen über die Kriegslage. Dabei wurden auch die von beiden ins Auge gefaßten Operationen berührt. Generaloberst von Conrad war bemüht, für die Offensive aus Tirol gegen die Italiener, von der er sich im kom-
Menden Frühjahr im Gegensatz zu einer solchen aus dem französischen Kriegsschauplatze schnellen und entscheidenden Erfolg versprach, die MitHilfe von vier deutschen Divisionen^) zu erlangen. General von Falkenhayn
lehnte dies nicht nur aus den fchon früher dargelegten Gründen, sondern auch unter Hinweis aus seine Pläne im Westen ab, die er damit dem Verbündeten zum ersten Male, wenn auch nur in allgemeinen Umrissen, an-
deutete. Frühestens nach Beendigung des Unternehmens gegen Saloniki erklärte er eine Unterstützung durch die dort zur Zeit festgelegten Divisionen für möglich. Er sei sich aber noch nicht schlüssig, ob die Weiterführung der Operationen auf dem Balkan zweckmäßig fei, so sehr er den Wunsch habe, daß die Truppen der Entente aus Griechenland vertrieben würden. Generaloberst von Conrad regte daraufhin den Einsatz türkischer Divisionen an der österreichisch-ungarischen Front an; es bestände dann die Möglichkeit, die
Angriffe in Italien und in Frankreich unabhängig voneinander zu führen.
Dagegen machte der deutsche Generalstabschef geltend, daß die türkischen 1) ©.426. 2) Dafür in Frage kommende deutsche Divisionen an der österr.-ung. Front S. 425, am Balkan S. 596. Weltkrieg. X. Band.
2
18
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Januar/ Truppen wegen noch nicht abgeschlossener Ausbildung und unvollkommener Februar. Ausrüstung nicht sofort verwendbar sein würden, war aber doch bereit, ihren Einsatz an der österreichisch-ungarischen Front zu vermitteln^). Andererseits suchte er das Bedenken des Generalobersten von Conrad zu beheben,
daß eine deutsche Offensive auf dem westlichen Kriegsschauplatz aus Mangel an Kräften keinen entscheidenden Erfolg zeitigen könne. Es sei eine goldene strategische Regel, den stärksten Feind zu schlagen. So brauche er keinen übermäßig großen Truppeneinsatz, weil er keinen Durchbruch mit eng zusammengeballten Massen versuchen wolle, wie die Franzosen es gegen die festungsartig ausgebauten Stellungen der Deutschen ohne Erfolg getan hätten. Es komme vielmehr darauf an, weniger starke, aber einheitlich geleitete Kräfte mit starker Artillerie anzusetzen. Er beabsichtige noch im Laufe des Februar im Westen in dieser Form zu schlagen und hoffe, bei günstigem Verlauf in 14 Tagen eine Entscheidung herbeizuführen. Daß dies bei Verdun geschehen sollte, teilte General von Falkenhayn nicht mit. Die Aussprachen der Generalstabschefs endeten insofern ergebnislos, als es keinem von beiden gelang, den anderen von der Richtigkeit seines VorHabens zu überzeugen und ihn zum Verzicht auf die eigenen Pläne zu bringen. Am 6. Februar befahl Generaloberst von Conrad dem Oberkommando der österreichisch-ungarischen Südwestfront, mit den Vorbereitungen zum Angriff aus Südtirol zu beginnen. An die deutsche Oberste Heeresleitung teilte er hierüber nichts mit. So gingen die Generalstabschess der verbündeten Heere in der Verfolgung verschiedener Ziele weiter getrennte Wege. Za««ar b.s Marz.
Die in den Aussprachen mit Generaloberst von Conrad ersichtlich zurückund unbestimmt behandelte Frage, ob und wie auf dem Valkan die
an der griechischen Grenze zum Stillstand gekommene Operation auf Saloniki fortgeführt werden sollte, sah General von Falkenhayn jetzt ganz im Blickfeld des großen Planes, mit dem er sich auf dem französischen Kriegsschauplatze trug. Danach durfte es nicht mehr zur Festlegung starker deutscher Kräfte aus unbemesiene Zeit auf einem Nebenkriegsschauplatz kommen. Nur baldiger und schneller Erfolg, der keine politischen VerWicklungen mit Griechenland brachte, paßte in die Rechnung des deutschen Generalstabschefs als Unternehmen, durch das Aufmerksamkeit und Kräfte der Feinde von den im Westen bevorstehenden Dingen abgelenkt werden konnten. Als in Griechenland infolge des immer stärker werdenden Druckes der Verbandsmächte die Stimmung von Regierung und Volk sich *) Weiteres S. 441 und 614.
Einstellung der Angriffsvorbereitungen gegen Saloniki.
13
zugunsten der Mittelmächte zu wenden schien, legte General von FalkenHayn am 13. Januar der Heeresgruppe Mackensen die Frage vor, ob es nicht möglich sei, mit geringerer Artillerie als der bisher für nötig erachteten schon am 1. oder wenigstens am 16. Februar anzugreifen'). Vei der einige Tage später stattfindenden Besprechung des Kaisers mit Zar Ferdinand von Bulgarien wurde Mitte Februar als frühester Zeitpunkt für den Beginn des Angriffs in Aussicht genommen. Am 24.Januar drängte General von Falkenhayn die Heeresgruppe scharf zu baldigem Angriff. Als dann aber deren Generalstabschef, Generalmajor von Geeckt, am 6. Februar erklärte, daß bis Mitte des Monats die volle Operationsbereitschaft nicht zu erwarten sei,
besorgte der deutsche Generalstabschef, daß ein durchschlagender Erfolg bei Saloniki erst zu einem Zeitpunkte zu erzielen sein würde, wo die Operationen an der Westfront bereits in vollem Flusse wären. Unter diesen Amständen sah er in der gleichzeitigen Durchführung einer zweiten, Kräfte und
Material beanspruchenden Angriffshandlung auf weitentlegenem Nebenkriegsfchauplatz die Gefahr einer Zersplitterung und Überspannung. Die Entscheidung über die Offensive auf Saloniki wurde zunächst auf die Zeit zwischen dem 10. und 15. März vertagt, und schließlich am 9. März, als der Angriff gegen Verdun bereits in vollem Gange war, dem Zaren Ferdinand der Vorschlag gemacht, von der Offensive auf Saloniki vorläufig ganz Abstand zu nehmen und die Stellungen an der griechischen Grenze um so
stärker zur Verteidigung auszubauen. General von Falkenhayn begründete
diesen Vorschlag folgendermaßen: „Der Beginn der entscheidungsuchenden Offensive gegen Saloniki könnte nach Lage der Verhältnisse bei den bulgarischen Truppen nicht vor Mitte Mai erfolgen. Dagegen reift infolge der jüngsten Ereignisse an der Westfront die Lage hier schnell der Entscheidung entgegen. Diese wird in
ununterbrochenen Kämpfen während der nächsten Monate herbeigeführt werden. Selbst wenn wir ihr ausweichen wollten, würden wir durch die
Gegner gezwungen werden, sie anzunehmen. Wir wollen ihr aber durchaus nicht aus dem Wege gehen. Vielmehr sind wir im Gegenteil der Überzeugung, daß der Möglichkeit, im Westen eine Entscheidung zu erreichen, der Vorzug vor jeder anderen Operation zu geben ist, solange auf den anderen Fronten nur der status quo erhalten bleibt. Wie hoch man zum
Beispiel auch einen Vorteil gegen Saloniki einschätzen will, mit den Folgen eines entscheidenden Schlages in Frankreich wird er niemals in Wettbewerb
treten können.
Freilich ist Voraussehung dabei, daß Deutschland nach
dem alten obersten Kriegsgesetz alle personellen und materiellen Kräfte, die ') Band IX, S. 318 ff.
20
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Januar auf anderen Kriegsschauplätzen irgend entbehrlich sind, zur Entscheidung bis Marz, zusammenfaßt. Eine Abgabe von Truppen oder weiterer schwerer Artillerie
an die Heeresgruppe Mackensen ist also für die nächste Zeit nicht ratsam. Im Gegenteil wird zu untersuchen sein, inwiefern die Heeresgruppe ihrerseits Kräfte entbehren kann, um sie für die Entscheidung abzugeben. Auch diese Tatsache spricht gegen Einleitung des Angriffs auf Saloniki. Gegen
ihn spricht ferner die durchaus zweifelhafte Haltung Griechenlands, das trotz aller meiner Bemühungen nicht zu bewegen gewesen ist, eine klare Stellung uns gegenüber einzunehmen". Zar Ferdinand erklärte hierzu ohne Bedenken sein Einverständnis. Bei den Zusammenkünften mit Generaloberst
von Conrad
am
26. Januar und 3. Februar in Pleß war auch die Möglichkeit gewaltsamen Vorgehens gegen Rumänien zur Sprache gekommen, ein Gedanke, der
dem österreichisch-ungarischen Generalstabschef angesichts seiner Pläne gegen Italien keineswegs willkommen war. General von Falkenhayn hatte dabei
im Gegensatz zu der in seiner Weihnachtsdenkschrift vertretenen Auffassung angedeutet, daß man gezwungen sein könne, in Bukarest ein Ultimatum zu stellen, falls die in Anbetracht der Wirtschaftslage unerläßlichen Getreidelieferungen aus Rumänien nicht regelmäßig eingingen. Schriftlich sagte er dem bulgarischen Generalstabschef, General Iekow, am 9. Februar die auf diplomatischem Wege zu erzielende Klärung darüber zu, ob Rumänien die Getreidelieferungen loyal durchführen wolle oder nicht. „Ist letzteres der Fall, so sind wir entschlossen, gemeinsam mit Waffengewalt Rumänien zur wohlwollenden Haltung zu zwingen." Die Entscheidung hierüber sollte bis zum 15. März fallen. Die Frage stand jetzt also in keinem Zusammenhang mehr mit dem früher erörterten, von General von Falken-
Hayn aber abgelehnten Gedanken eines Feldzuges in die Ukraine, für den die vorherige Inbesitznahme Rumäniens von hoher strategischer Bedeutung gewesen wäre. Im übrigen wurde für die Behandlung der
rumänischen Frage die gleiche dilatorische Form gewählt wie bezüglich des Verhaltens gegenüber Saloniki. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß der deutsche Generalstabschef auch hier, wie übrigens auch bei den Angriffsplänen des Oberbefehlshabers Oft'), die Festlegung deutscher Kräfte zum mindesten so lange vermieden sehen wollte, bis ein glücklicher Verlauf der Ereignisse an der Westfront größere Handlungsfreiheit auf den Nebenkriegsschauplätzen gestatten würde. Er lehnte daher eine Anregung des Kriegsministers, Generalleutnants von Wild, ab, ungeachtet des Angriffs -) S. 426.
Rumänien. Unterseekrieg,
21
auf Verdun und gleichzeitig mit ihm gewaltsam gegen Rumänien vor-
zugehen. Am 1. März teilte der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes,
von Iagow, auf Anfrage der Obersten Heeresleitung mit, der Deutsche Gesandte in Bukarest sei der Meinung, daß Ministerpräsident Bratianu die Zusicherung halten werde, gegenüber der deutschen Mächtegruppe eine wohlwollende ökonomische Politik zu befolgen und zu tun, was möglich sei, um den Handelsverkehr zu fördern, es sei denn, daß es uns im Kriege ganz schlecht ginge. Weitere Sicherheiten für die rumänische Neutralität wären kaum zu erreichen. Der Staatssekretär fügte hinzu, wenn nach Verdrängen der Entente aus Saloniki ein Vorstoß nach Vessarabien gemacht würde, dann wäre es seines Crachtens nicht ausgeschlossen, mittels eines Ultimatums Rumänien zum Mitgehen mit uns zu bringen. General von Fal-
kenhayn genügte indessen die kurz darauf übermittelte Nachricht, daß „der Getreidetransport aus Rumänien gut funktioniere", um am 4. März den
König der Vulgaren und General Iekow wissen zu lassen, daß die Notwendigkeit, gegen Rumänien Gewalt zu gebrauchen, nicht mehr bestehe. So-
weit überhaupt möglich, sei Sicherheit vorhanden, daß das Königreich „in wirklicher Neutralität verharre und der Aus- wie Durchfuhr nach Deutschland, Bulgarien oder der Türkei keine Schwierigkeiten mehr bereiten" werde.
Während es so dem deutschen Generalstabschef gelang, den im Westen geplanten Entscheidungsschlag nicht nur unbeeinflußt von den Wünschen
der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, sondern auch unter Vermeidung gleichzeitiger Offensivoperationen auf dem südöstlichen Kriegsschauplatze ins Werk zu setzen, drohte ein äußerst wichtiger Bestandteil seines Gesamtplanes, die Mitwirkung der Seekriegführung, hinfällig zu werden. In der Frage des uneingeschränkten Unterseekrieges, dem General von Falkenhayn im Rahmen der Gesamtkriegführung beson-
ders hohe, geradezu entscheidende Bedeutung zumaß, stand er gemeinsam mit den verantwortlichen Persönlichkeiten der Marine nach wie vor in
scharfem Gegensatz zu den Auffassungen der politischen Reichsleitung. Auch der Oberste Kriegsherr erhob bei einem Vortrag am 10. Januar gegen den
Vorschlag des Generalstabschefs, sobald als möglich die Unterseewaffe in rücksichtsloser Form einzusetzen, das Bedenken, daß dadurch die Vereinigten Staaten von Nordamerika offen auf die Seite unserer Feinde getrieben würden. Die Entscheidung wurde hinausgeschoben. Am 13. Februar legte General von Falkenhayn dem Reichskanzler auf dessen Ersuchen noch einmal ausführlich seinen Standpunkt klar:
22
Ja««ar bis Marz.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
„Der uneingeschränkte Unterseebootkrieg ist das einzige Kriegsmittel, dessen Anwendung England sicher und unmittelbar in seinen Lebensbedingungen getroffen werden kann. Die Wirksamkeit des Mittels erachte
ich nach der dienstlichen Erklärung des Chefs des Admiralstabes für gegeben. Gegen den Gewinn, den uns die Sicherheit, England niederzuringen, bringt, kann der Nachteil nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen, daß die Möglichkeit dadurch hervorgerufener Verwicklungen mit Neutralen besteht; und zwar um so weniger, als sich die Verwirklichung der Möglich-
keit durch zweckmäßige politische und diplomatische Vorbereitung sehr wohl hinhalten, vielleicht sogar ausschalten läßt. . . Aus vorstehenden Vetrach-
tungen ergibt sich meiner Ansicht nach, daß die Kriegsleitung gar nicht das Recht hat, auf den Unterseebootkrieg zu verzichten. Ist das aber der Fall, so kann auch der politischen Leitung nicht das Recht zustehen, der Kriegsleitung die Anwendung des zum Siege notwendigen Kriegsmittels unmöglich zu machen. Man braucht sich ja nur unsere wahrscheinliche Lage im nächsten Winter ohne Unterseebootkrieg zu vergegenwärtigen, um die Richtig-
keit der eben aufgestellten Behauptung zu erkennen. Ob eine solche Lage eintreten wird, ist eine andere Frage. Ich glaube es nicht. Denn ich halte es für sicher, daß schon während der allmählichen Zuspitzung der Lage in den nächsten Monaten die Macht der Verhältnisse auch die heute am meisten widerstrebenden Faktoren dazu bringen wird, dem Unterseebootkrieg zuzustimmen. Dann wird er aber nicht mehr die furchtbare Waffe gegen England sein, die er heute darstellt. Aus dem kräftigen Hieb, den wir jetzt
damit führen können, wird dann eine schwächliche Parade geworden sein. Eine derartige Entwicklung zulassen, hieße weder nach unseren besten Überlieferungen, noch nach gesunden Kriegsregeln handeln und würde letzten Endes uns vor den Verwicklungen mit übelwollenden Neutralen doch nicht
bewahren. Ich halte daher nach Pflicht und Gewissen den Beginn des un° eingeschränkten Unterseebootkrieges, sobald er möglich wird, also nach Angabe der Marine von Mitte März ab, für geboten".
C. Entstehung und Entwicklung des Gperationsplanes für den N>esten. Karten 2 und 3.
Ende i9i5.
Bei dem Entschluß des Generals von Falkenhayn, den Entscheidungs-
kämpf aus dem westlichen Kriegsschauplatze durch frühzeitigen Angriff an einer für den Feind besonders empfindlichen Stelle zu entfesseln, hatten die Gegenden von V e r d u n und V e l f o r t
als Kampfgelände in enger
Anterfeekrieg. Operationsplan für den Westen.
23
Wahl gestanden. Auf das Oberelsaß als natürliches Ausfalltor für eine Offensive gegen den an die Schweiz angelehnten rechten Heeresflügel der
Franzosen hatten sich die Blicke des deutschen Generalstabschefs seit dem Sommer 1915 bereits zu wiederholten Malen gerichtet. Am 3. Dezember
war der Oberste Kriegsherr seinem Vorschlage beigetreten'), den großen Waffengang durch einen überraschenden Schlag im Sundgau^) in der Richtung auf Belsort einzuleiten, der zunächst die Säuberung des letzten Stückes deutschen Reichsgebietes vom Feinde herbeiführen sollte. Neben diesem
schon seit längerer Zeit in Vorbereitung befindlichen Angriffe (Deckname „Schwarzwald") war aber noch ein anderer, räumlich weit abgetrennt, in
den Argonnen (Deckname „Waldfest") ins Auge gefaßt worden, während vorbehalten blieb, ob gleichzeitig im Südteil der Vogefen eine „ScheinOperation" (Deckname „Kaiserstuhl") zu machen sein würde. Welche Zwecke General von Falkenhayn mit diesen Unternehmungen
verfolgt hat, läßt sich mit Sicherheit nicht mehr feststellen.
Cs scheint
seine Absicht gewesen zu sein, im Oberelsaß die Operation in der Richtung auf Velfort so weit zu führen, daß eine ernste Bedrohung des Platzes
eintrat, ohne indessen zum anschließenden Angriff auf die Festung selbst unbedingt gezwungen zu sein. Wenigstens ist letztere Absicht nirgends
ausgesprochen'). Offenbar sollten die Feinde durch das Vorgehen im Sundgau in Ver¬ bindung mit dem gleichzeitigen Unternehmen in den Argonnen, dem auch >) Band IX, S. 491. — 2) Südlichstes Elsaß. 3) Die Angabe des Generals von Falkenhayn in seinem Werke (a. a. O., S. 188),
daß geraume Zeit vor der Bekanntgabe seines Entschlusses zum „Angriff im MaasGebiet mit Richtung auf Verdun" bei der Armee-Abteilung Gaede im Oberelsaß „umfassende Angriffsvorbereitungen zur Irreführung nicht nur der Feinde, sondern auch der Freunde" angeordnet worden seien, läßt sich gegenüber den im Bande IX, S. 491, veröffentlichten Tagebuch-Auszeichnungen des Generalobersten von Plessen und des
Generalmajors Tappen nicht auf den Zeitpunkt Anfang Dezember beziehen. Sie gilt erst für ein späteres Stadium (S. 29). Die Generale Schmidt von Knobelsdorf und Tappen haben in Zuschriften übereinstimmend betont, daß eine entscheidungsuchende Operation im Oberelsaß, wie sie ein Angriff auf die Festung Belfort darstellte, nicht beabsichtigt gewesen sei. Der Kriegsminister General von Wild zeichnete in seinem Privattagebuch auf: „4. November. Falkenhayn meint, man könne vor der großen Offensive mit einer kleineren
das Elsaß säubern. Dafür bin ich nicht, so hübsch es wäre, den letzten Fußbreit deutschen Bodens zu reinigen; aber wir dürfen keine Extratouren ohne ausfchlaggebenden Erfolg tanzen . . . Am 11. Dezember. Gestern und vorgestern lange mit Falkenhayn über Fortführung des Krieges konferiert . . . Mit Velfort ziehe ich den
Elsaß-Plan vor Verdun vor. bin ich für Verdun".
Ohne Velfort (und das ist mir das Wahrscheinliche)
24
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende 1915. nur ein begrenztes Ziel — Vorschieben der deutschen Stellungen um drei
bis vier Kilometer — zugedacht war, zu Gegenangriffen großen Stils her-
ausgefordert und damit zu starkem Kräfteeinsatz und Verbrauch verleitet werden. General von Falkenhayn mochte hoffen, daß sie sich dabei erheblich schwächen würden, womit die Vorbedingung für eine entscheidungsuchende deutsche Gegenoffensive geschaffen werden konnte.
Wenige Tage, nachdem das Armee-Oberkommando 5, zugleich Oberkommando der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, dem auch die Armee-Abteilungen Strantz, Falkenhausen und Gaede unterstanden'), am 4. Dezember die Weisung erhalten hatte, die Durchführung der Anternehmen „Waldfest" und „Schwarzwald" in Aussicht zu nehmen, wurde General von Falkenhayn wankend. Am 9. Dezember erging an das Armee-
Oberkommando eine telegraphische Benachrichtigung, daß über beide Anternehmungen endgültig erst nach nochmaliger mündlicher Beratung mit dem Generalstabschef der 5. Armee, der zu diesem Zwecke nach Verlin gebeten wurde, entschieden werden könne. Es sei bedenklich, bei großen Offensiven den Nachdruck gleichmäßig auf mehrere Stellen zu legen. „Ich stelle daher zur Prüfung", so hieß es weiter, „ob nicht entweder »Schwarzwald« zuUngunsten von »Waldfest« noch erheblich verstärkt werden könnte, was natürlich von den Geländeverhältnissen, z. V. Möglichkeit des Aufstellens der stärkeren Artillerie, abhängt, oder ob unter Verzicht auf »Schwarzwald« das »Waldfest« zu einem großzügigen, mit allen erschwinglichen Mitteln auszustattenden Unternehmen um den auch dort winkenden wertvollen Preis
ausgebaut werden soll". Damit brach sich ein neuer Gedanke Bahn. Die äußere Form des Entweder-Oder der Fragestellung konnte kaum die Tatsache verschleiern, daß General von Falkenhayn im Begriffe stand, sich von dem OberelsaßUnternehmen ab- und dem Argonnen-Angriff zuzuwenden. Wurden auf diesen „alle erschwinglichen Mittel" vereinigt, so führte der zu erwartende Erfolg so deutlich zu einer Umfassung der Festung Verdun von drei Seiten her, daß er nahezu zwangsläufig den Angriff auf die Festung selbst nach sich zog.
Schon ein Einbruch bis etwa in die Gegend von Elermont en Ar-
gönne bedeutete eine so starke Bedrohung der Festung, daß die Franzosen, wollten sie diese nicht preisgeben, gezwungen wurden, unter ungünstigen Umständen die äußerste Kraft an die Behauptung ihres Bollwerkes zu setzen.
So trat an die Stelle einer Herausforderung, die dem Gegner
zwar den Entschluß zu Gegenangriffen nahelegte, jedoch freiließ, wo und wann er sie führen wollte, die Aufzwingung von Ort und Zeit unter Um-
ständen, wie sie der deutschen Führung willkommen sein mußten. Gliederung des Westheeres S. 42.
Operationsplan für den Westen: Belfort, Argonnen.
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Dieser Wandel der Auffassung hatte sich bereits vor Absendung des Telegramms vom 9. Dezember an das Armee-Oberkommando 5in ein¬
gehenden Besprechungen angebahnt und vollzogen, die General von FalkenHayn am 8. Dezember mit dem Chef der Operationsabteilung, General-
major Tappen, „über den Angriffspunkt auf der Westfront"') gehabt hatte. Cs lag nur in der Linie des leitenden Gedankens für die geplanten Ent-
fcheidungskämpfe, wenn hierbei außer der Erweiterung des ArgonnenAngriffs gewaltsames Vorgehen unmittelbar gegen die Festung Verdun selbst als „großzügiges, mit allen erschwinglichen Mitteln auszustattendes Unternehmen um den auch dort winkenden wertvollen Preis" in den Kreis der Überlegungen gezogen wurde. Schließlich trat es ganz in den Vorder-
grund; der ursprüngliche „Waldsest"-Gedanke verschwand. Dabei sprach der Vorteil mit, daß die von Verdun aus jederzeit mögliche Bedrohung der deutschen rückwärtigen Verbindungen in Frankreich und Belgien am sichersten ausgeschaltet wurde, wenn man das operative Ausfalltor selbst wegnahm. So formte sich bald der feste Entschluß — ob bereits am 8. Dezember als
Ergebnis der Besprechungen mit General Tappen, wie dieser meint'), oder erst in den nächsten Tagen, wie man auf Grund der Tagebuchaufzeichnungen des Generals von Wild") anzunehmen geneigt ist, kann dahingestellt bleiben.
Die Genehmigung des Obersten Kriegsherrn holte der Generalstabsches bald darauf bei einem ausführlichen Vortrage während einer Eisenbahnsahrt nach dem östlichen Kriegsschauplatz ein^). Nach Rückkehr von dieser Reise hatte er am 14. und 15.Dezember mit General Schmidt von Knobelsdorf ein-
gehende Unterredungen in Berlin. Sein Entschluß begegnete einer durchaus zustimmenden Auffassung, die der Generalstabschef der 5.Armee sich selbst bereits nach Empfang des Telegramms vom 9. Dezember gebildet 1) Tagebuchnotiz des Generalmajors Tappen vom 8. Dez. 1915. 2) Zuschrift des Generalleutnants a.D. Tappen vom 9.Febr. 1934: „Ich glaube mich bestimmt zu erinnern, daß die Entscheidung über das Verdun-Unternehmen bei der Besprechung am 8. Dezember gefallen ist. Gerade der Wortlaut meiner Eintragung »lange« Besprechungen über »Angriffspunkt« läßt dies in meiner Crinnernng klar als Tatsache erstehen. Ich glaube nicht, daß General von Falkenhayn nach der Besprechung vom 8. Dezember noch geschwankt hat". In einem am späten Abend des 9. Dezember an das Armee-Oberkommando 5 abgesandten Telegramm sagte
Generalmajor Tappen andererseits, daß „ein bindender Entschluß noch nicht gefaßt" sei.
In einer Zuschrift vom 25.August 1935 begründet Generalleutnant a. D.
Tappen dies damit, daß der entscheidende Vortrag beim Kaiser noch nicht statt-
gefunden hatte. 3) Vgl. S. 23. ") Mitteilung des Oberstleutnants a. D. Niemann vom 28. Febr. 1934. Die betreffende Fahrt hat vom 19. Dezember 1915 abends bis zum 12. nachmittags stattgefunden. Vgl. Band VIII, S. 549.
26
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende 1915. hatte. Die Besprechungen betrafen daher in der Hauptsache die Frage der
Durchführung des Angriffs auf Verdun. Hierbei ergaben sich freilich Verschiedenheiten der Auffassung. Aktenmäßige Angaben über die Besprechungen liegen nur von seiten des Armee-Oberkommandos 5vor. In dessen Kriegstagebuch findet sich unter dem 16. Dezember folgende Eintragung von der Hand des Generals
Schmidt von Knobelsdorf: „Armeechef trägt Chef der Armee^) seinen Angriffsplan gegen Verdun vor. Armeechef hält einen Angriff auf beiden Maas-Afern (Raum des VI. [27VT.] und V, Reservekorps) für erforderlich, v. F. erklärt Angriff auf westlichem Maas-Ufer infolge Kräfteund Artilleriemangel für nicht ausführbar. Es werden fünf Korps') von v. F. bewilligt". Eine am 17. Dezember von General Schmidt von Kno-
belsdorf gezeichnete Aktennotiz lautet: „Vorgang. Am 9. Dezember bittet Chef des Generalstabs des Feldheeres Armeechef zur nochmaligen Vesprechung in Angelegenheit »Schwarzwald« und »Waldfest« nach Verlin in der Zeit vom 14. bis 17. Dezember. In dem Telegramm vom 9. Dezember wird vom Chef des Feldheeres dabei die Frage aufgeworfen, ob es
nicht zweckmäßig sei, »Schwarzwald« zugunsten eines Unternehmens gegen Verdun') im großen Stil fallen zu lassen. Am 14. Dezember Besprechung. Armeechef entscheidet sich, da Chef des Feldheeres genügend Truppen und Material zusagt und politische Gründe betreffs Säuberung des Elsaß z. Zt. nicht vorliegen, für Unternehmen Verdun. Eingehende Besprechung mit Exzellenz von Falkenhayn und General Tappen hierüber. Am 15. Dezember zweite Besprechung. Da Oberste Heeresleitung nach Prüfung der zur Ver-
fügung stehenden Mittel nicht genügend Kräfte zur Verfügung stellen kann, um den Angriff auf Verdun, wie vom Armeechef geplant, von Norden,
Nordwesten und Nordosten gleichzeitig zu machen, entscheidet sich Armeeches für Angriff beginnend beim V. Reservekorps und dann folgend. Die zu erreichende Linie bleibt in beiden Fällen die gleiche". Eine vom 13. Dezember, also einen Tag vor Beginn der Berliner
Besprechungen datierte Karteneinzeichnung des Armee-Oberkommandos 5 gibt die Absichten wieder, mit denen sich General Schmidt von Knobelsdorf getragen hatte. Sie läßt erkennen, daß er die Offensive gleichzeitig aus beiden Maas-Usern, von Varennes bis Ornes, und sehr bald darauf bis in die Woevre-Ebene ausgreifend, führen wollte.
Die Gegend von
*) D, h, dem Chef des Generalstabes des Feldheeres. 2) III., XV., XVIII. A. K., VII. und XXII. R. K. 3) Nach dem Wortlaut des Telegramms trifft das nicht zu. Dort ist der Rame Verdun nicht genannt; aber der Generalstabschef der 5.Armee erriet die Absicht des Generals von Falkenhayn.
Operationsplan für den Westen: Verdun.
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Avocourt und die großen Wälder südlich davon wurden vorläufig ausgespart, um später, wenn die Südgrenze des Angriffs erreicht war, durch beiderseitige Umfassung genommen zu werden. Der erweiterte „Waldfest"-Gedanke war hier also noch als gleichzeitige, wenn auch zunächst
noch räumlich getrennte Kampfhandlung im Rahmen der vorgeschlagenen Gesamtoperation erhalten geblieben. Als Endziel galt die Erreichung einer Linie, die die Argonnen aus der Gegend südlich von La Chalade in
östlicher Richtung durchquerte, über Aubrsville und entlang der südlichen Fortslinie von Verdun bis Dugny lief, um darauf Maas aufwärts den Anschluß an die deutsche Stellung bei St. Mihiel zu finden. General Schmidt von Knobelsdorf hat zu diesen aktenmäßigen Unter-
lagen aus seiner Erinnerung nachstehende Erläuterungen gegeben'): „FalkenHayn war fest entschlossen, er legte mir eine Karte vor und zeigte auf ihr innerhalb der Stellung des V.ReservekorpsdenAbschnitt,ausdemder
Angriff zu erfolgen habe. Ich entsinne mich genau, daß ich ihn fest ansah und fragte, ob das alles sei, und ob nicht auf dem westlichen Maas-Ufer gleichzeitig anzugreifen sei. Das wurde abgelehnt mit der Begründung, daß dazu weder Truppen noch ausreichende Artillerie verfügbar wären. Am IS. kam ich auf meinen Vorschlag zurück, völliger Mißerfolg. Da war nichts mehr zu machen. Ich erklärte Falkenhayn, daß wir auf dem östlichen MaasUfer mit mindestens der halben französischen Armee würden kämpfen müssen. Ich behielt mir Überlegung vor und fuhr nach Stenay zurück. Truppen und viel Munition stellte Falkenhayn in Aussicht. Anfang Februar sollte der Angriff stattfinden. Alle weiteren Details wurden von Stenay zwischen Armee-Oberkommando 5 und Oberster Heeresleitung geregelt". Der Chef der Operationsabteilung, Generalmajor Tappen, war in gleichem Sinne wie General Schmidt von Knobelsdorf dafür eingetreten, daß der Angriff auf Verdun von vornherein auf beiden Ufern gleichzeitig geführt werden sollte. General von Falkenhayn lehnte das indessen auch ihm gegenüber ab, da er besorgte, daß bei einer so starken Verausgabung der Kräfte gleich zu Beginn der Kampfhandlungen und ihrer Festlegung an einer bestimmten Stelle nicht ausreichende Truppen zur Abwehr von Entlastungsangriffen und einer etwa daran anschließenden Gegen-
offensive verfügbar bleiben würden. „Auf mein wiederholtes Drängen", schreibt General Tappen^), „hat mir General von Falkenhayn schließlich in sehr erregtem Tone geantwortet: »Ich trage die Verantwortung. Ich habe keine Lust, wieder in eine Lage zu kommen, wie im Herbst vorigen Jahres bei der Ehampagne-Schlacht. Ich tue es nicht«". ') Zuschrift vom 28. Dez. 1933.
2) Zuschrift vom 9. Febr. 1934.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
28
Ende IM5.
In seinem nach dem Kriege verfaßten Werke') hat General von Fal -
kenhayn die Gründe auseinandergesetzt, die ihn dazu veranlagen, den
Angriff auf Verdun zunächst auf das östliche Maas-Ufer zu beschränken. „Der spitze, weit ausspringende Winkel, den die feindliche Front nordöstlich von der Panzerfeste Douaumont bildete, bot von Anfang an Um-
fassungsmöglichkeiten, wie sie im Stellungskrieg sonst kaum zu finden sind. Cs bestand auch die Hoffnung, den bedeutenden Vorteil der umfassenden Wirkung bei der weiteren Entwicklung der Operation dauernd aufrechterhalten zu können". Zwar habe er nicht die Gefahr verkannt, daß beim Vorwärtsschreiten östlich der Maas bald eine unbequeme artilleristische Fernflankierung vom Westufer drohe, die nur durch Vorschieben der deutschen
Stellungen, also durch Angriff auch auf dem Westufer, abgeschwächt werden konnte. Da indessen für diesen rein frontal in ungünstigem Gelände zu
führenden Angriff nur verhältnismäßig wenig Kräfte zur Verfügung standen, sei fein Gelingen zweifelhaft gewesen, falls er gleichzeitig mit dem Angriff auf dem östlichen Afer begonnen wurde. Mehr Erfolg habe er sich davon versprochen, wenn das Vorgehen westlich der Maas dem Hauptstoß auf dem anderen Ufer zeitlich nachfolgte, da dessen mit Sicherheit erwarteten
großen Anfangserfolge flankierende Wirkung ermöglichen und das frontale Vorwärtskommen auf dem Westufer erleichtern würden. „Der Generalstabschef entschied sich deshalb dafür, den Westangriff später als den Hauptstoß beginnen zu lassen. Das brachte auch den Vorteil mit sich, daß die für die Operation westlich des Flusses in Aussicht genommenen Truppen^)
vorläufig noch nicht festgelegt wurden, sondern für den Fall eines großen Entlastungsversuches an anderen Frontstellen zur Verfügung blieben. Mit
derartigen Entlastungsversuchen mußte nach allen bisherigen Erfahrungen unbedingt gerechnet werden". Von einem schriftlichen Befehl an das Armee-Oberkommando 5 sah General von Falkenhayn aus Gründen der Geheimhaltung ab, die er auf
das strengste gewahrt wissen wollte. Nach Rückkehr des Generals Schmidt von Knobelsdorf nach Stenay erklärte sich der Oberbefehlshaber der 3. Armee, Generalleutnant Kronprinz Wilhelm, mit der von
seinem Generalstabschef vertretenen Auffassung einverstanden. Eine nochmalige Geltendmachung der Gründe, die auch nach seiner Ansicht für einen gleichzeitigen Angriff auf beiden Maas-Ufern sprachen, wurde aber für 1) von Falkenhayn, a, a. O., S. 192 ff.
2) Bereits in Stellung befindliches VI. Reservekorps und hinter der 3. Armee in der Champagne in Reserve stehendes X. Reservekorps sowie entsprechende schwere Artillerie.
Operationsplan für den Westen: Verdun.
29
aussichtslos gehalten. Das Oberkommando faßte das Ergebnis der 33er* liner Besprechungen als bindenden Befehl dahin auf, „die Festung Verdun in beschleunigtem Verfahren fortzunehmen"'), und ging unverzüglich an die
streng geheime Vorbereitung des Angriffs, während die Oberelfaß-Operation von nun an nur noch als Scheinunternehmen zur Irreführung für
Feind und Freund möglichst auffällig weiter vorbereitet werden sollte. In einer Besprechung in Msziöres, an der außer den Generalen Jahreswende von Falkenhayn, Schmidt von Knobelsdorf und Tappen auch der Chef 1915/16' des Feldeisenbahnwesens, Generalmajor Groener, teilnahm, wurden am 23. Dezember nähere Bestimmungen über die Vorbereitung des Angriffs
auf Verdun getroffen, insbesondere auch über umfangreiche Eisenbahnarbeiten. Am 6. Januar legte General Schmidt von Knobelsdorf persönlich in Berlin dem Chef des Generalstabes des Feldheeres die Ausarbeitungen des Angriffsplanes, des Artillerie-Aufmarsches, der Kräfteverteilung und der Munitionsforderungen vor. Sie wurden nach Vortrag beim Obersten
Kriegsherrn genehmigt. Im übrigen überließ die Oberste Heeresleitung in den nächsten Wochen die Vorbereitungen ganz dem selbständigen Ermessen des mit der Durchführung betrauten Armee-Oberkommandos. Nur wachte sie streng darüber, daß im ersten Ansatz das Maß der von ihr zur
Verfügung gestellten Kräfte und Mittel nicht überschritten wurde. Desto eifriger beschäftigte den verantwortlichen Leiter der Gesamtoperationen von jetzt an die Frage, welche strategische Auswirkung auf die Gesamtlage an der We st front der Angriff auf Verdun voraussichtlich ausüben werde. Da er bei der Wahl des Angriffspunktes von der Überzeugung ausgegangen war, daß die Franzosen alles daransetzen würden, das bedrohte Bollwerk Verdun zu behaupten, so
glaubte er, daß sie ihre verfügbaren Reserven wenn nicht ausschließlich, so doch zum weitaus größten Teil nach und nach in den dortigen Kampf werfen würden. Gelang es der deutschen 5. Armee, ihren Schlag überraschend, schnell und mit der nötigen Wucht mindestens so weit durchzuführen, daß der Fall der Festung in drohende Nähe rückte, so war es wenig wahrscheinlich, daß die Franzosen an anderer Stelle zu einem wirksamen Ent-
lastungsangriff großen Stils schreiten würden. Um so mehr aber meinte General von Falkenhayn mit einem solchen seitens der Engl ä n d e r rechnen zu sollen, mochten sie bei ihrer augenblicklichen Unfertigkeit wollen oder nicht. Dieser sicheren Erwartung gab er am 8. Januar in einer
Aussprache mit dem dazu nach Berlin berufenen Generalstabschef der 6.58.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
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S. Januar. 6. Armee, Generalleutnant von Kühl, Ausdruck.
Cr dachte dabei an
erster, wenn nicht einziger Stelle an das Artois, wo sich im vergangenen
Jahre die großen Angriffskämpfe des britischen Heeres abgespielt hatten, während die flandrische Tiefebene im Hinblick auf die Jahreszeit nicht in Frage kam. Zwar richtete er zunächst an General von Kühl die Frage, ob und mit welchen Kräften aus dem Frontabschnitt der 6. Armee ein großer
deutscher Durchbruch möglich sei. Auf die Antwort, daß dazu mindestens zwölf Armeekorps mit entsprechender Artillerie') erforderlich wären, erklärte er indessen alsbald, daß er so starke Kräfte nicht hergeben könne, daß dagegen, falls der deutsche Angriff auf Verdun, wie er erwarte, eine britische Entlastungsoffensive herbeiführe, das gleiche Endziel mit geringerem Einsah deutscher Truppen zu erreichen sei. Er war überzeugt, daß es gelingen würde, nicht nur den Entlastungsangriff der Engländer abzuschlagen, sondern mit bereitgehaltenen Reserven einen entscheidenden Gegenschlag zu führen. Etwa acht Divisionen und 20schwere Batterien stellte er hierzu für Mitte Februar in Aussicht. General von Kühl berichtet darüber^): „So entwickelte Falkenhayn mir seine Gedanken, als er mich im Januar von Lille nach Verlin kommen ließ. Er hoffte, wie er mir nach meiner genauen Erinnerung sagte, daß dadurch Leben in die er-
starrte Front gebracht würde und wir im Artois zum Bewegungskrieg kämen. Durch diese Kombination von Verdun und Artois hoffte er somit, eine Entscheidung ohne die große Durchbruchsschlacht zu erreichen". Es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß die der 6. Armee in Aussicht gestellten acht Divisionen mit schwerer Artillerie nur die erste, zum durchbrechenden Gegenangriff ange-
setzte Staffel sein sollten, hinter der weitere Kräfte zur operativen Ausbeutung des erhofften Erfolges seitens der Obersten Heeresleitung bereitzuhalten waren. Damit wird verständlich, warum General von Falken-
Hayn sich nicht dazu bereitfinden ließ, für den Angriff auf Verdun mehr Kräfte herzugeben. Cr fürchtete, sich sonst die Möglichkeit eines starken und, wie er meinte, entscheidenden Schlages an anderer Stelle zu ver-
scherzen. Das Armee-Oberkommando 6 nahm zu diesem Gedanken
am 24. Januar schriftlich eingehend Stellung: Allem Anschein nach planten die Gegner einen neuen großen Angriff erst später im Frühjahr nach er¬ folgter Auffüllung der Verbände mit noch eingehenderer Vorbereitung und ') Vgl. dazu die im Frühjahr 1915 angestellten Erwägungen über einen Durchbruch im Gebiet nördlich der Somme, Band VII, S. 307 ff. 2) Zuschrift vom 28. Okt. 1932.
Operationsplan für den Westen: 6. Armee.
unter Vermeidung der früher gemachten Fehler.
31
Es sei daher nicht wahr- 24. Januar,
scheinlich, daß sie sich jetzt vorzeitig und ohne eingehende Vorbereitung zum Angriff entschließen würden (Randbemerkung des Generals von Fal-
kenhayn: „Der Entschluß wird ihnen nicht leicht werden, sie müssen ihn aber, wie ich glaube, fassen"). Die Witterungs- und Bodenverhältnisse seien noch während des ganzen Februar, besonders nördlich des Kanals von La Bassße, für einen größeren Angriff wenig günstig.
Am wahr-
scheinlichsten sei es, daß Engländer und Franzosen versuchen würden, durch Demonstrationen und kleinere Angriffe starke Kräfte auf sich zu ziehen. Obwohl das Armee-Oberkommando hiernach nicht glaubte, daß die Dinge die Entwicklung nehmen würden, wie sie General von Falkenhayn mit
Sicherheit erwartete, erörterte es doch, gewissermaßen auftragsgemäß, die Möglichkeiten und Aussichten eines deutschen Gegenangriffs, „nachdem der Gegner angegriffen" habe (Randbemerkung des Generals von Falken-
Hayn: „oder sich durch Fortziehen von Kräften entsprechend geschwächt haben sollte"). Es sei erwünscht, daß die für diesen Fall in Aussicht gestellten acht Divisionen und 20 Batterien bereits vor Beginn des seindlichen Angriffs zur Stelle seien (Randbemerkung des Generals von Falkenhayn: „Richtig, aber es ist unmöglich, und mit Unmöglichkeiten muß man sich eben abfinden".), damit über Art und Augenblick ihres Einsatzes bestimmt und die Gefahr vermieden werden könne, die spät und nacheinander eintreffenden Kräfte vereinzelt in den Kampf zu werfen. Es komme darauf an, die Lage frühzeitig zu erkennen und die Reserven rechtzeitig nahe genug heranzuführen, um mit schlagartig einsetzendem Gegenangriff zu antworten, bevor der Gegner sich erholt oder nach Anfangs-
erfolgen bereits in gewonnenen Stellungen festgesetzt habe. Indessen auch dann könne mit den angebotenen geringen Kräften nur darauf gerechnet
werden, dem Gegner einen schweren Schlag beizubringen, einen günstigen Geländeabschnitt in Besitz zu nehmen, der die Lage wesentlich verbessere, und ein moralisches Übergewicht zu erlangen. „Für den operativen Durchbruch in breiter Front reichen die Kräfte nicht aus. Rur wenn uns das Glück ganz besonders zu Hilfe käme, könnte man dazu schreiten" (Rand-
bemerkung des Generals von Falkenhayn: „Fortes fortuna adjuvat!"). Wo der Gegenangriff stattfinden solle, werde von der Richtung des seind-
lichen Angriffs abhängen, wobei noch zu berücksichtigen sei, daß der Gegner unter Umständen an mehreren Stellen gleichzeitig anpacke. An einer anderen,
nicht angegriffenen Stelle selbst überraschend vorzubrechen, empfehle sich nicht. General von Falkenhayn war von dieser im Grunde ab-
lehnenden Stellungnahme der 6. Armee nicht befriedigt. Wie seine Randbemerkungen beweisen, hielt er an der Vorstellung fest, der deutsche Angriff
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Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Ende Januar, auf die Franzosen bei Verdun werde auf die Entschließungen der Eng-
länder einen so unwiderstehlichen Druck ausüben, daß sie trotz augenblicklicher Unsertigkeit gezwungen seien, zum Entlastungsangriff an ihrer eigenen Front zu schreiten. Auch schätzte er offenbar die mit einem Zuschuß von acht Divisionen nebst schwerer Artillerie zu erreichenden Erfolge eines deutschen Gegenangriffs wesentlich höher ein als das Armee-Oberkommando.
Auf der anderen Seite schien es ihm nicht erforderlich, die Verstärkungen schon vor Beginn der Kampfhandlungen an Ort und Stelle zu haben. Cr
legte vielmehr im Hinblick auf die gespannte Gesamtlage Wert darauf, die Heeresreserven solange als irgend möglich selbst in der Hand zu behalten. Als Ende Januar die 6. Armee über unerwartet geringe Gegenwirkung des Feindes berichtete, die bei mehreren kleineren Demonstrationen an verschiedenen Stellen der Front beobachtet worden war, und vorschlug, diese Gunst der Lage zu einem größeren Teilangriff bei Hulluch—Loos oder bei
Arras auszunutzen, besorgte General von Falkenhayn, daß sich daraus noch vor Beginn des deutschen Großangriffs bei Verdun Kämpfe entwickeln könnten, deren Ausdehnung und Kräftebedarf sich nicht übersehen ließen. Er behielt sich daher die Entscheidung über die Hergabe der zu diesen Teilangriffen erbetenen Verstärkungen zunächst vor. Anfang
Erst am Z.Februar beantwortete er die Denkschrift des Armee-Ober-
Februar, kommandos 6 vom 24. Januar mit folgendem Fernschreiben: „Abweichend von dortiger Ansicht halte ich Angriffsversuch des Feindes oder aber sehr starke Schwächung desselben an der Front nördlich der Somme für nahezu sicher, wenn der am 12. beginnende ernste Vorstoß Z.Armee auf Verdun
glückt. Die Engländer können in diesem Falle Frankreich nicht im Stiche lassen, so unwillkommen ihnen eine vorzeitige Offensive oder Abgabe von Kräften sein mögen. Trotzdem ist Zuweisung von weiteren sechs Divisionen neben den beiden Garde-Divisionen') und von 20schweren Bat¬ terien schon jetzt an 6. Armee nicht zweckmäßig, weil sie uns die Möglichkeit
nehmen würde, den doch auch naheliegenden Fall auszunutzen, daß der Feind sich an anderer Stelle, zum Beispiel an der Aisne oder vor 3. Armee,
eine Blöße gibt, oder daß es empfehlenswert scheinen sollte, bei Verdun errungene Vorteile sofort zu verfolgen.
Sollte die Zuweisung der er-
wähnten Kräfte dorthin möglich werden, so ist mit ihrem Eintreffen an der Front in drei bis vier Tagen zu rechnen". Gleichzeitig wurde die Hergabe von Armierungsbataillonen und Kraftwagenkolonnen abgelehnt, die die 6. Armee zur Durchführung vorbereitender Arbeiten erbeten hatte. ') Hinter der 6. Armee stehende 1. Garde-R. D, und 4. Garde-I. D., über die
sich die O. H. L. das Verfügungsrecht vorbehalten hatte.
33
Operationsplan für den Westen: 6. Armee.
Der zweite Teil dieses Fernschreibens läßt darauf schließen, daß General von Falkenhayn durch die Zurückhaltung, die die 6. Armee seinen Gedanken gegenüber geübt hatte, doch stärker beeinflußt worden war, als er selbst nach den Einleitungssätzen zugab. Die vor kurzem noch so lebhaft,
nahezu ausschließlich versochtene Auffassung, daß die Engländer zu einem Entlastungsangriff schreiten müßten, der dann mit einem Gegenschlag beantwortet werden sollte, erlitt jetzt insofern eine Einschränkung, als daneben nun auch mit der Möglichkeit gerechnet wurde, daß ihre Hilfeleistung für den Bundesgenossen sich darauf beschränken könnte, Kräfte an ihn abzugeben oder einen Teil seiner Front zu übernehmen, ohne entlastend
anzugreifen. In diesem Falle war aber kaum anzunehmen, daß sie in der
Schwächung ihrer eigenen Front soweit gehen würden, deren Sicherheit zu gefährden. Mit großen Kämpfen, deren Entwicklung zur Anbahnung des Bewegungskrieges führen konnte, war dann im Artois schwerlich zu rechnen.
General von Falkenhayn stimmte daher der am /.Februar von
der 6. Armee ausgesprochenen Ansicht zu, daß für die vorgeschlagenen Teilangriffe bei Loos oder Arras „mit Rücksicht auf die Gesamtlage Kräfte
wohl nicht mehr verfügbar" seien. Am 10. Februar betonte das Armee-Oberkommando 6 noch einmal die
UnWahrscheinlichkeit, daß die Franzosen und Engländer im Artois „einen
übereilten, mangelhaft vorbereiteten, großen Angriff unternehmen, sowie sie erkennen, daß Verdun angegriffen wird". Glücke der deutsche Angriff auf Verdun, so würden die Franzosen alles Verfügbare dorthin ziehen, ohne sich freilich gerade vor der 6. Armee eine wirkliche Blöße zu geben. Die Engländer würden vielleicht Teile der französischen Front übernehmen. „Ob sie angreifen werden, ist fraglich, da sie zur Zeit anscheinend nicht bereit, sondern in einer Neuordnung ihrer Verbände begriffen sind, um die neuformierten Divisionen mit Teilen der regulären Armee zu durchsetzen. Daß die Engländer Teile ihrer Kräfte nach der Gegend von Verdun ent-
senden, ist sehr unwahrscheinlich". Nur für den Fall, daß der deutsche Angriff auf Verdun nicht kräftig vorwärtskommen sollte, hielt das ArmeeOberkommando einen Angriff der Franzosen und Engländer im Artois sür möglich.
Diese Mutmaßungen näherten sich ziemlich weit den Vorstellungen, die der Ehes des Generalstabes des Feldheeres über das voraussichtliche
Verhalten der Gegner sich inzwischen selbst gebildet hatte. Wie schon sein Schreiben vom Z.Februar an das Armee-Oberkommando 6 andeutete, zog
er jetzt aus seiner Voraussetzung, daß die Franzosen unter dem Druck des
deutschen Angriffs auf Verdun sich veranlaßt sehen würden, aus ihren nicht Weltkrieg. X. Band.
Z
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
34
Anfang angegriffenen Frontstrecken wesentliche Kräfte herauszunehmen und in den Februar.
an fter Maas zu werfen, neue Schlüsse für sein eigenes Handeln.
Er hoffte, daß sich aus solcher Entwicklung die Gelegenheit ergeben würde, in eine Blöße der Franzosen zu stoßen, wenn auch nicht mehr im Artois, so doch vielleicht an der Aisne oder in der Champagne. Die Bedingungen
für einen Durchbruch durch die in ihrer Widerstandskraft geschwächte feindliche Front schienen ihm dann ähnlich günstig zu liegen wie bei einem Gegenstoß, der erst nach Abwehr feindlicher Angriffe geführt wurde. Besonders verlockend war solche Aussicht in der Champagne wegen der Nähe des Schlachtfeldes um Verdun, woraus sich unmittelbare Vorteile
für die strategische Ausnutzung der dort begonnenen Offensive ziehen ließen. General von Falkenhayn hatte sich mit dieser Möglichkeit bereits beschäftigt, nachdem das Armee-Oberkommando 3 in einer vom 29.Januar
datierten Beurteilung der Lage es als seine selbstverständliche Pflicht bezeichnet hatte, während des Unternehmens bei der Heeresgruppe KrönPrinz ein Wegziehen französischer Kräfte von seiner Front mit allen Mitteln zu verhindern. Dabei war zum Ausdruck gebracht worden, daß „eine Einwirkung der 3. Armee auf die Verwendung der in der Champagne zurückgezogenen französischen Divisionen nur durch einen größeren Angriff möglich sein würde, der ohne stärkeren Zuschuß an Truppen und Munition
leider nicht durchführbar" sei. Diese Meldung hatte General von Falkenhayn am 1. Februar zum Anlaß genommen, an die 3. Armee die Frage zu richten, „ob und wo sowie
mit welchen heranzuführenden Kräften aus der dortigen Front heraus ein größerer Gegenstoß, der mindestens bis in die Gegend Vitry le Franyois
führen müßte, für den Fall angesetzt werden könnte, daß die Franzosen sich vor der Armee noch wesentlich schwächen sollten". Am 4. Februar antwortete das Armee-Oberkommando 3.
Es hielt die
Verhältnisse für einen Angriff aus der Mitte der Armeefront über die
Linie Prunay—westlich Vaudesincourt') im allgemeinen für günstig und schlug vor, ihn folgendermaßen zu führen: Zunächst sollte unter Einsatz von sechs Divisionen mit sehr starker Artillerie der Feind in einer Breite von 14 Kilometern nach Südwesten über die Vesle zurückgeworfen werden, dann
unter der hierdurch geschaffenen Flanken- und Rückensicherung mit sechs weiteren Divisionen nach Südosten und Osten eingeschwenkt werden, um
durch Vorgehen südlich der Suippes in den Rücken des nördlich des Baches
stehenden Feindes zu gelangen, dessen linker Flügel gleichzeitig durch fron') D. h. zwischen Vesle und Suippes. Band IX.
Genaue Lage der Orte s. Skizze 1 zu
Operationsplan für den Westen: Z. Armee.
35
talen Angriff einer Division zu fesseln sei. Einer dritten Gruppe von sechs Divisionen war die Bewältigung der östlich der Suippes anschließenden Stellungen bis zur Straße Somme Py—Souain und die Fortführung des Angriffs mit dem Schwerpunkt aus dem rechten Flügel in östlicher Richtung zugedacht, um „schließlich den mit dem Rücken nach Osten kämpfenden Feind . . . zertrümmert in die Argonnen zu werfen".
Wie
die Operation nach Süden östlich von EHKlons s. M. weiter zu führen
sei, lasse sich nicht übersehen; jedenfalls dürfe den Franzosen keine Zeit gelassen werden, sich eine ausgebaute Stellung zu schaffen. „Von der Ausdehnung der weiter beabsichtigten Operationen hängt auch die Frage ab, ob die für den eigentlichen Angriff errechneten 19 Divisionen plus der östlich von Somme Py stehenden fünf Divisionen ausreichen. Je weiter das Ziel gesteckt wird, desto stärker wird der Kräftenachschub sein müssen. Das ArmeeOberkommando glaubt, daß die Operation zur Entscheidungsschlacht der Westfront sich auswachsen kann, zu der die Franzosen alle ihre verfügbaren Kräfte heranziehen werden. Die Schwächung ihrer übrigen Fronten wird auch uns erlauben, alles Verfügbare zur Entscheidung zusammenzufassen". Von den in Ansatz gebrachten 19 Divisionen konnte die 3. Armee selbst vier stellen, somit war ein Kräftezuschuß von 15 Divisionen nötig, außerdem starke schwere Artillerie. Für die Vorbereitungen wurde eine Zeit von zwei Monaten als erforderlich bezeichnet. Zum Schluß betonte
der Oberbefehlshaber der 3.Armee, Generaloberst von Einem, daß seine Armee, die seit dem Übergang zum Stellungskriege fast dauernd schwere und verlustreiche Verteidigungskämpfe durchgefochten habe, es besonders dankbar empfinden würde, wenn sie zu dieser aussichtsvollen Operation berufen würde. Trotz der Wärme, mit der die 3. Armee im Gegensatz zur 6. Armee auf
den Angriffsgedanken eingegangen war, bedeutete der vorgelegte Entwurf für General von Falkenhayn doch insofern eine Enttäuschung, als die Kräfteberechnung weit über das Maß dessen hinausging, was er im
Hinblick auf die Gesamtlage, insonderheit aber unter Berücksichtigung des geplanten Angriffs bei Verdun, zur Verfügung zu stellen vermochte. Dabei
setzte sich der Operationsvorschlag, wenigstens zunächst noch, wesentlich nähere Ziele, als sie dem deutschen Generalstabschef bei seiner Anregung vorgeschwebt hatten. Offenbar war die Voraussetzung, unter der die Anfrage am I.Februar gestellt worden war, daß „die Franzosen sich vor der
Front der 3. Armee noch wesentlich schwächen sollten", nicht oder nicht hinreichend in Betracht gezogen. Rur in diesem Fall aber kam für General von Falkenhayn ein Angriff auf das feindliche Stellungssystem in der Champagne überhaupt in Frage. Er antwortete am 7. Februar:
36 Anfang Februar.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
„Wie jeder Armee, so gönnt die Oberste Heeresleitung herzlich auch der 3. die Durchführung einer aussichtsvollen Offensive.
Dafür kann aber
nicht der . . . empfohlene Kräfteeinsatz, der fast überall hübsche Erfolge ver-
heißen würde, in Frage kommen.
Sicher müßte der Feind gegen solchen
Stoß starke Reserven zusammenziehen. Aber ebenso sicher ist bei seinem Kräfteüberschuß, daß er trotzdem in der Lage wäre, mit gewaltiger Äberlegenheit gegen eine andere und notwendig schwache Frontstelle bei uns zu drücken. Denn wir könnten so hohe Forderungen, wie sie vom ArmeeOberkommando gestellt werden, nur unter übermäßiger Entblößung der
ganzen sonstigen Front von Reserven erfüllen. Das ist nicht zulässig. Anser Problem ist eben, mit verhältnismäßig be-
scheidenem eigenen Aufwand dem Gegner schweren Schaden an entscheidender Stelle zuzufügen.
Wir
dürfen doch auch nicht übersehen, daß die bisherigen Kriegserfahrungen mit Massenaufgeboten an Menschen wenig zur Nachahmung einladen. Es
scheint fast, als ob die Frage ihrer Leitung und Versorgung nicht zu lösen sei. Mit diesen Darlegungen soll aber nicht gesagt werden, daß der Hauptgedanke des dortigen Planes: »Durchstoß in südlicher Richtung in Gegend zwischen Prunay und St. Hilaire le Grands mit anschließendem Vorgehen gegen den östlich der Durchbruchsstelle stehenden Feind« fallen gelassen werden muß. Im Gegenteil wird gebeten, die Frage baldigst zu prüfen, wie ein derartiges Unternehmen freilich nur mit fünf bis sechs Divisionen in erster Linie und drei bis zwei in zweiter, ausgestattet mit je einer schweren Steilfeuerbatterie auf 150 Meter der Angriffsfront und abgesehen von den jetzt schon am Ort befindlichen Truppen, am zweckmäßigsten vorbereitet wird." Hiermit bekannte sich General von Falkenhayn aufs neue zu der schon in der Weihnachtsdenkschrift und im Gespräch mit Generaloberst von Eon-
rad am 3. Februars vertretenen Anschauung, daß verhältnismäßig schwache Kräfte bei richtigem Anfatz im Stellungskriege bessere Angriffserfolge er¬ zielen könnten als Massenstürme, wie sie der Feind im letzten Herbst versucht hatte. Der Kräftezuschuß, den er der 3. Armee in Aussicht stellte, war etwa der gleiche wie vorher bei dem Auftrage an die 6. Armee. Sicherlich hatte der Generalstabschef bei seiner ersten Aufgabenstellung an die 3. Armee am I.Februar nicht gemeint, daß diefe mit einem Zuschuß von nur acht
Divisionen und entsprechend starker schwerer Artillerie bis Vitry le Fran9 D. h, zwischen Vesle und Snippes. Band IX. -) S. 12und 18.
Genaue Lage der Orte s. Skizze 1 zu
Operationsplan für den Westen: 3. und 7. Armee,
37
tzvis gelangen könne, aber die neue Fassung des Auftrages vom 7. Februar
ergab doch zweifelsfrei, daß er überzeugt war, für den taktischen Durchbruch durch die feindliche Front mit solchem Kräftezuschuß auskommen zu können — allerdings unter der Voraussetzung, daß die hinter der französischen
Front in der Champagne stehenden Reserven unter der Einwirkung des bei Verdun tobenden Kampfes fortgezogen, die Widerstandskraft des Feindes zahlenmäßig also erheblich gesunken sein würde. Der deutsche Generalstabschef stellte so mit seiner Antwort vom 7. Februar dem ArmeeOberkommando 3 seine Aufgabe noch einmal, scheinbar in neuer Form, in Wahrheit nur als Ausschnitt aus der ursprünglichen.
In seinem Schreiben an die 6. Armee vom 3. Februar hatte General von Falkenhayn neben der Champagne auch die Aisne-Front als eine Stelle bezeichnet, an der die Franzosen sich möglicherweise zugunsten
vermehrten Krafteinfatzes bei Verdun schwächen und dadurch eine Vlöße geben würden.
Mit der Frage, wie eine solche dort von deutscher Seite
zu aktivem Handeln ausgenutzt werden könnte, scheint er sich selbst zunächst noch nicht näher befaßt, sondern nur das Armee-Oberkommando 7 betraut zu haben'). Für die nächste Zukunft war ihm möglichste Ruhe an
dieser Front noch erwünscht. Er lehnte daher auch Munitionssorderungen ab, die das Oberkommando am 5. Februar stellte und mit einem Ersuchen
der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz begründete, in den ersten Tagen des Angriffs auf Verdun an der Aisne-Front zu demonstrieren. Diese Mitteilung veranlaßte ihn aber auch zu dem Hinweise an die Heeresgruppe,
daß „die Oberste Heeresleitung für die zusammenhängenden Operationen an der ganzen Westfront nach eingehendsten Erwägungen einen festen Plan aufgestellt" habe. Seine Durchführung dürfe nicht durch Anträge beeinträchtigt werden, die unmittelbar von dort an andere Armeen ergingen.
Diesen Gesichtspunkt legte der Generalstabschef denn auch allen Äber-
legungen zugrunde, die die Durchführung des Angriffs auf Verdun betrafen. Lebhaft beschäftigte ihn dabei der in dem Schreiben an die 6. Armee vom 3. Februar erwähnte Fall, „daß es empfehlenswert scheinen sollte, bei Verdun errungene Vorteile sofort zu verfolgen". Zu
dieser Frage hatte sich das Armee-Oberkommando 5 als Heeresgruppenkommando bereits am 27.Januar in einer Weisung an die Armee-Abteilung
Strantz dahin geäußert, daß nach dem Vortragen des Angriffs auf den Maas-Höhen und demnächst über die Linie Dieppe—Wareq2) die Räu-) S.280. 2) Südöstlich von (Etain.
38
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Anfang mung des Waldgeländes in der Woevre-Ebene zwischen Haudiomont und Februar. qgarcC| eon o^0rt)en durch die 5. Armee und von Osten durch die ArmeeAbteilung erzwungen werden müsse. Letzterer sollte dazu das XXII. Re-
servekorps zur Verfügung gestellt werden. Hingegen komme ein Vordringen der Armee-Abteilung auf den Maas-Höhen beiderseits der Grande TranchZe de Calonne') gegen die Südfront von Verdun erst in Frage, wenn die
Festung selbst in deutscher Hand sei. Das Armee-Oberkommando 5 rechnete ferner damit, daß während der Kampfhandlungen um Verdun der Feind die Südfront der Armee-Abteilung in der Woevre-Ebene angreifen könne, und sagte ihr zur sicheren Abwehr eines solchen Versuches den dauernden Verbleib der 113. und 121. Infanterie-Division zu. General von Falkenhayn hatte zwar gegen diese Pläne zur Ausgestaltung der Kampfhandlung um Verdun nichts einzuwenden, schränkte indessen die von der Heeresgruppe der Armee-Abteilung gegebenen Weisungen und Zusicherungen am 4. Februar „mit Rücksicht auf die allgemeine Lage an der Westfront" dahin ein, daß noch nicht endgültig bestimmt werden könne, ob das XXII. Reservekorps oder zwei andere Divisionen für den genannten Zweck überwiesen würden, und daß für den Einsatz der 113. Infanterie-Division bei der Armee-Abteilung die Zustimmung der Obersten Heeresleitung erforderlich sein würde. Der Beginn des Angriffs auf Verdun war für den 12. Februar in Aussicht genommen. S./I«. Febrnar. In der Nacht vom 9. zum 10. Februar verließ der Chef des General-
stabes des Feldheeres das Große Hauptquartier in Pleß und begab sich auf den westlichen Kriegsschauplatz nach Meziöres. Auf der Cifenbahnfahrt traf ihn eine vom 7. Februar datierte Meldung des der Operationsabteilung
angehörigen Oberstleutnants Bauer, der zu Informationszwecken zur 5. Armee entsandt worden war. In ihr hieß es: „Der Angriff hat an sich gute Aussichten auf Erfolg. Schwierigkeiten liegen meines Crachtens in der großen Tiefe des vom Angriff zu durchschreitenden Geländes und in der Flankierung des Angriffs vom Westufer aus. Auch der StellungsWechsel der Artillerie wird nicht leicht sein. Sofern der Gegner nicht völlig überrascht wird, muß man mit länger dauernden Kämpfen rechnen. Am
so wichtiger ist es, die Flankierung vom Westufer aus lahmzulegen. Hierzu ist Verstärkung unserer Artillerie auf diesem Ufer nötig. Auch dann kann man aber nur die Artillerie hinter Le Mort Homme fassen.
Die meines
Crachtens schwierigere Frage der Bekämpfung der Artillerie hinter der i) Höhenweg aus den Cötes Lorraines.
Operationsplan für den Westen: Verdun.
39
Cüte de Marre') ist nur durch Vordrücken der Infanterie auf dem Westufer zu lösen. Ob hierzu Kräfte überwiesen werden können, entzieht sich meiner
Beurteilung, ich glaube aber diesen wichtigen Punkt zur Sprache bringen zu müssen." Durch diese Meldung, die im Einverständnis mit dem Generalstabsches der 5. Armee abgefaßt war, wurde General von Falkenhayn noch einmal auf die große Bedeutung eines frühzeitigen Angriffs auf dem linken
Maas-Ufer hingewiesen, der mindestens so weit führen mußte, daß die feindliche, im Schutze der Cote de Marre stehende Artillerie wirksam gefaßt werden konnte. Oberstleutnant Bauer machte das Fortschreiten des Hauptangriffs auf dem rechten Maas-Ufer geradezu abhängig von der rechtzeitigen Ausschaltung der flankierenden Fernwirkung der französischen Artillerie vom linken her. Der Chef des Generalstabes hielt indessen an seinem Entschluß
fest, den Nebenangriff auf dem Westufer erst einige Zeit nach dem Hauptangriff beginnen zu lassen. Daß diese Frage bei der Besprechung noch einmal berührt worden ist, die er am 11. Februar auf der Cifenbahnfahrt «.Februar,
nach Msziöres mit dem Oberbefehlshaber der 5. Armee und dessen General-
stabschef in Stenay hatte, ist wahrscheinlich, aber nicht nachweisbar^). Jedenfalls blieb seine Stellungnahme unverändert, auch als Oberstleutnant Bauer in einer zweiten, an General Tappen gerichteten Meldung^) aufs neue den gleichzeitigen Angriff aus dem Westufer — diesmal mit starken Kräften — empfahl und ihm den Vorzug gab vor dem vom Armee-Ober-
kommando 5 geplanten späteren Vorgehen der Armee-Abteilung Strantz gegen die Ost- und Südostfront der Festung. Am 11. Februar, unmittelbar nach seiner Ankunft in Mözieres, entwickelte General von Falkenhayn den dorthin berufenen General-
stabschefs aller Armeen des Westheeres (mit Ausnahme des der 5. Armee) in großen Zügen seine Auffassung der Lage und seine
Pläne"). ') Rücken, auf dem das Fort Marre liegt. 2) Generalleutnant a. D. Tappen hält es in einer Zuschrift vom 9. Febr. 1934
für sicher. General Schmidt von Knobelsdorf vermochte hierzu aus seiner Erinnerung
nichts beizutragen. 3) Die Meldung fehlt in den Akten; es liegt nur ein „Februar 1916" datierter Entwurf aus dem Nachlaß des verstorbenen Obersten Bauer vor. — Nochmalige
Erörterung der Frage S. 204. 4) Aber den Vortrag des Generals von Falkenhayn sind von drei der an-
wesenden Armeechefs (von Kühl, von Vorries, Ilse) Auszeichnungen vorhanden, die einander zum Teil ergänzen.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
40
11. F-bn»ar.
Cr betonte zunächst, daß und aus welchen Gründen die Kriegs-
entscheidung jetzt im Westen und nicht auf einem anderen Kriegsschauplatz gesucht werden müsse. Im Osten habe er nicht die Absicht, weiterzugehen, im Südosten sei für eine Offensive kein Grund einzusehen. Eine solche gegen Italien sei zwar verhältnismäßig einfach, aber nicht ausschlaggebend. Der gegenwärtige Zeitpunkt sei auch darum günstig, weil die physische Beschaffenheit des französischen Soldaten nach den Erfahrungen des Vorjahres im Winter schlechter sei als im Sommer. Ein Massendurchbruch wurde unter Hinweis auf die mißglückten Versuche der Gegner abgelehnt. Um die Operation in Fluß zu bringen'), werde zunächst bei Verdun ein Erfolg mit verhältnismäßig schwachen Kräften erstrebt, der dem Feinde einen schweren Schlag beibringen solle. Ob die Festung selbst falle, stehe dahin. Die Hauptsache sei, die Franzosen zu der Ansicht zu zwingen, daß ihnen hier ein schwerer Schlag drohe. Näherer Angaben, wie der Angriff geführt werden sollte, enthielt sich der Generalstabschef, dafür besprach er eingehend alle Möglichkeiten, die sich als Rückwirkungen dieses Angriffs auf die Gesamtlage an der Westfront ergeben könnten. Anwahrscheinlich sei, daß die Franzosen ihre Stellungen im Festungsabschnitt von Verdun für widerstandsfähig genug ansähen, um alles zu lassen, wie es
zur Zeit stehe. Näher liege der Gedanke, daß sie alle verfügbaren Kräfte dorthin ziehen würden. Dann sei es Aufgabe aller deutschen Armeen, entstehende Schwächen und Vlößen in der feindlichen Aufstellung rechtzeitig zu erkennen. Die Oberste Heeresleitung werde bestimmen, wie sie auszunützen seien. Es müsse aber auch mit einer feindlichen Gegenoffensive an anderen Stellen gerechnet werden, im Artois, in der Champagne, in der Woevre-Ebene oder im Oberelsaß. Wahrscheinlich würde eine Verteilung
von Parade und Stoß dahin stattfinden, daß die Franzosen Verdun mit allen Kräften hielten und die Engländer zu einer Entlastungsoffensive ver-
anlaßten. Diesen sei das allerdings wohl nicht angenehm, da augenblicklich große Umbildungen infolge der Cinschiebung der Kitchener-Verbände im Gange seien. Jedenfalls dürfe man sich aber versichert halten, daß alle solche Versuche der Feinde unter schweren Verlusten sür sie scheitern würden.
Dann könnten wir angreifen.
Diese Ausführungen des Leiters der Gesamtoperationen in der Chefbefprechung am 11. Februar bilden gewissermaßen den Abschluß seiner akten') Am gleichen Tage, 11. Februar, verzeichnete Generalmajor Groener in seinem Privattagebuch: „General von Falkenhayn ist der Ansicht, daß die Entscheidung im Westen sollen müßte, als erster Schritt hierzu der Angriff auf Verdun".
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Operationsplan für den Westen.
mäßig feststellbaren Überlegungen über die bevorstehenden Aufgaben des Westheeres. Das Gesamtergebnis läßt sich dahin zusammenfassen: Fest steht nur der Entschluß zum Angriff auf Verdun. Sein erster und unmittelbarer Zweck ist es, den Franzosen den Eindruck aufzuzwingen, als drohe ihnen an dieser für sie lebenswichtigen Stelle ein so schwerer, in seiner
Tragweite unberechenbarer Schlag, daß sie alles tun müssen, das Unheil abzuwenden. Um diesen Eindruck hervorzurufen, ist es nicht unbedingt erforderlich, die Festung selbst in ihrem ganzen Umfang sofort zu Fall zu bringen. Es genügt, wenn diese Gefahr in drohende Nähe rückt. Das
scheint erreichbar, wenn zunächst aus räumlich beschränktem Kampffelde östlich der Maas mit sparsam bemessenem Kraftaufwand eine tiefe Bresche in das französische Stellungssystem geschlagen wird. Weiter geht der Entschluß nicht. Alle übrige Gedankenarbeit bewegt und erschöpft sich im Kreis von Erwägungen und Vorstellungen über die verschiedensten Möglichkeiten, die als Aus- und Rückwirkungen der Bedrohung von Verdun denkbar sind. Sie berühren ebensosehr die Fortführung und Ausgestaltung der Kampfhandlungen an der Maas mit dem Zweck, dort dem französischen
Heere möglichst schwere Verluste zuzufügen, es zum Ausbluten zu bringen, wie die erfolgreiche Abwehr feindlicher, vornehmlich englischer Entlastungsangriffe mit anschließendem deutschen Gegenschlage wie auch die offensive Ausnutzung
etwa entstehender Schwächen und Blößen
an
anderen
Stellen der feindlichen Front. Allen diesen Möglichkeiten gilt es gewachsen zu sein, daher müssen von den an sich beschränkten Heeresreserven aus-
reichende Kräfte in Vereitschaft zurückgehalten werden. Je nach der EntWicklung der Dinge werden zwar bestimmte Absichten für das eigene Han¬ deln ins Auge gefaßt mit dem in jedem Falle gleichen Endziel, die Kriegsentscheidung zu erkämpfen. Bei der Unsicherheit über die Gegenzüge der Feinde wird jedoch davon abgesehen, schon jetzt die zur Verwirklichung dieser Absichten erforderlichen materiellen Vor-
bereitungen ernsthaft in Angriff zu nehmen. Es ist kein fertiges strategisches Gedankengebäude, das im Kopfe des Generalstabschefs schon vor Beginn der großen Kampfhandlungen feststeht. Nur das Fundament ist gelegt mit dem Entschluß zum Angriff auf Verdun. Die Weiterführung erscheint nach verschiedenen, vorerst nur in allgemeinen Umriffen durchdachten Entwürfen möglich, ist aber abhängig vom Verlauf der Kampfhandlungen im Maas-Gebiet und von den Maß-
nahmen der Gegner.
Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
42
D. Gliederung des deutschen Feldheeres Mitte Februar Westheer^) (vom rechten Flügel beginnend). 4. Armee: Generaloberst Albrecht Herzog von Württ e m b e r g, Chef des Generalstabes Generalleutnant Ilse. — Manne-
korps, Korps des Generals der Infanterie von Werder, XXIII. und
XXVI. Reservekorps und XIII. Armeekorps, zusammen 10% Divisionen Infanterie, 383 schwere Geschütze. 6. Armee: Generaloberst Rupprecht Kronprinz von Bayern,
Chef des
Generalstabes
Generalleutnant
von Kühl. —
Generalkommandos des XIX., VII., II. bayerischen und IV. Armeekorps, IX. Reservekorps, I. bayerischen Armeekorps und I. bayerischen Reserve-
korps; insgesamt 20% Divisionen Infanterie, 448 schwere Geschütze. 2. Armee: General der Infanterie Fritz von Velow, Chef des Generalstabes Generalleutnant von Hoeppner, vom 13. April ab Generalmajor Grünert. — Generalkommandos des XIV. Reservekorps, VI. und
XVII. Armeekorps und Gardekorps mit 11 Divisionen Infanterie, 337
schwere Geschütze. 7. Armee: Generaloberst von Heeringen, Chef des Generalstabes Oberst von Vorries. — Generalkommandos des XI., VIII., X.
und XII. Armeekorps mit 10 Divisionen Infanterie, 260 schwere Geschütze. 3. Armee: Generaloberst von Einem, Chef des Generalstabes Oberst von Löhberg. — Generalkommandos des VIII. und XII. Reserve-
korps, IX. und XIV. Armeekorps mit 9% Divisionen Infanterie, 313 schwere
Geschütze. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz: Heeresgruppenkommando gleichzeitig Armee-Oberkommando der 5. Armee.
5.Armee: Generalleutnant Kronprinz Wilhelm, Chef des Generalstabes Generalleutnant Schmidt von Knobelsdorf. — Generalkommandos des XVIII. Reservekorps, XVI. Armeekorps,
VI. und VII. Reservekorps, XVIII. und III. Armeekorps, V. Re-
servekorps und XV. Armeekorps mit 19% Divisionen Infanterie, 805 schwere und 30 schwerste Geschütze. i) Die 1. Armee war am 17. Sept. 1915 aufgelöst worden (Band IX, S. 38) und wurde erst am 19. Juli 1916 wieder aufgestellt (S. 366).
Außer bei der 4. Armee sind nicht Korps, sondern Generalkommandos aufgeführt, da die kriegsgliederungsmäßig zugehörigen Divisionen vielfach vertauscht und zahlreiche selbständige Divisionen zugeteilt waren.
Gliederung des deutschen Feldheeres.
43
Armee-Abteilung Strantz (der 5. Armee unterstellt): General der Infanterie vonStrantz, Chef des Generalstabes Oberst Wild. — Generalkommando des V. und des III. bayerischen Armee¬
korps; insgesamt 10^ Divisionen Infanterie, 333 schwere Geschütze.
Armee-Abteilung
Falkenhausen:
Generaloberst
Freiherr von Falkenhausen, Chef des Generalstabes Oberst Weidner. — Generalkommando des XV. Reservekorps; ins-
gesamt 6 Divisionen Infanterie, 152 schwere Geschütze. Armee-Abteilung Gaede: General der Infanterie G a e d e, Chef des Generalstabes Oberst Hesse. — 5% Divisionen
Infanterie, 201 schwere Geschütze. Heeresreserven insgesamt 15 Divisionen, 100 schwere
Geschütze. Im Ostens. österreichisch-ungarischen
Der
Heeresleitung
unterstellt: Deutsche Südarmee, Heeresgruppe Linsingen. Der
deutschen
Ober st en
Heeresleitung
unter-
stellt: Heeresgruppe Prinz Leopold von Bayern,
Heeresgruppe Hindenburg (Oberbefehlshaber Ost). Am Balkan.
Heeresgruppe Mackensen: Generalfeldmarschall von Mackensen, Chef des Generalstabes Generalmajor von Geeckt. 11. Armee: General der Artillerie von Gallwitz, Chef des
Generalstabes
Oberst
Marquard.
—
Generalkommando des
IV. Reservekorps mit 4 Divisionen Infanterie und bulgarische
Truppen^). 1. bulgarische Armee^). i) Näheres S. 425. -) Näheres S. 596.
II. Pläne der Gegner bis zum Beginn des
Angriffs auf Verdun.') J.
-iDieKonferenzvonChanrillyam8.Dezember 1915. Karten 1, 2.
Dezember i3>5.
Das Jahr 1915 hatte für die Verbandsmächte nicht günstig geendet. An der französischen Front waren die Herbstoffensiven im Artois
und in der Champagne über örtliche Erfolge nicht hinausgekommen. Das russische Heer war unter schweren Opfern weit nach Osten zurückgewichen. Nur im östlichen Teil Galiziens stand es noch in Feindesland. Die Anstrengungen des neuen Bundesgenossen Italien waren so gut wie ergebnislos geblieben. Auf dem Balkan war Serbien zusammengebrochen, da die Operation von Saloniki her sich zu langsam entwickelte, und weder Rumänien noch Griechenland als Bundesgenosse zu
haben war. Das Dardanellen -Unternehmen hatte mit vollem Mißerfolg geendet. Von Japan war keine aktive Hilfe mehr zu erwarten.
Als hauptsächlichste Ursache des wenig befriedigenden Jahresabschlusses wurde in maßgebenden französischen und englischen Kreisen der „Mangel an einheitlichen Gesichtspunkten in der Führung und die daraus folgende Zersplitterung aller Anstrengungen"^) angesehen. General I o s f r e unter¬ standen seit dem 2. Dezember 1915 alle französischen Heeresteile in Europa, während die Truppen in Saloniki und an den Dardanellen bis dahin selbständig gewesen waren. Nach Masse und Wert der von ihm befehligten
Streitkräfte sowie nach der nirgends angezweifelten Bedeutung seiner eigenen Persönlichkeit nahm er im Kreise der verbündeten Führer die erste Stelle ein. Seinen unausgesetzten Bemühungen gelang es schließlich,
Anfang Dezember den Zusammentritt einer Konferenz im französischen Großen Hauptquartier zu Chantilly durchzusetzen, in der die weiteren Operationen mit den militärischen Führern vereinbart werden sollten. Darüber
hinaus hoffte man, daß die Aussprache den verbündeten Regierungen
fruchtbare Anregungen für Maßnahmen auf politischem und Wirtschaftlichem Gebiete geben würde. *) Wesentlichste Quellen: Franz. amtl. Werk: „I^es Arme^3 frangaises dans la grande guerre", Band IV, 1 (Tome IV Premier volume). — Brit. amtl. Werk:
,,Military Operations; France and Belgium, 1916". 2) Franz. amtl. Werk, a. a. €>., 6.2.
Vorbereitung der Konferenz in Chantilly.
45
Über die Weiterführung der Operationen gingen die Ansichten zum Teil auseinander. Trotz der im Jahre 1913 gemachten Erfahrungen hielt General Ioffre an der Überzeugung fest'), daß es bei gunstigem Kräfteverhältnis möglich sein werde, einen Durchbruch durch die feindlichen Linien zu erzwingen, wenn nur die Operation auf genügend breite Grundlage
gestellt würde. Es müsse damit freilich auf dem französischen Kriegsschauplatz mit Rücksicht auf das Wetter, die Einstellung zweier neuer Jahrgänge und die Munitionsbeschaffung bis zum Frühjahr 1916 gewartet werden. Die Entscheidung könne nur an der französischen oder russischen Front
fallen, doch müsse gleichzeitig auch Italien angreifen. Zwei Monate höchstens dürften die Zeiten des Beginns der russischen und französisch-britischen Offensive auseinanderliegen, sonst sei der Feind in der Lage, seine Truppen von einer Front an die andere zu werfen.
Die Auffassung des britischen Generalstabes kam diesem Gedankengang insofern nahe, als er geneigt war, alle Nebenoperationen
aufzugeben, sich auf die Behauptung der britischen Besitzungen, insbesondere Ägyptens zu beschränken und alle frei werdenden Truppen nach dem Hauptkriegsschauplatz heranzuziehen. Die dabei vor allem in Aussicht genommene Räumung von Saloniki widersprach allerdings durchaus den sran-
zösischen Wünschen. Einen völlig abweichenden Standpunkt vertrat die russische Heeresleitung. General Alexejew, der Generalstabschef des Zaren, hielt es für verkehrt, jetzt noch den Durchbruch an den Hauptfronten zu versuchen. Cr empfahl den Angriff auf die schwächste Stelle der Mittelmächte: mit je zehn Korps vom Balkan aus und durch die Bukowina nach
Ungarn und auf Wien"). Demgegenüber lehnte es General Ioffre ab, die Hauptfronten zu schwächen, um starke Truppenmassen über See in ein Land zu führen, wo
sie beim Fehlen brauchbarer Verbindungen gar nicht zur Wirkung gebracht werden konnten. Die Erhaltung der Armee Sarrail in Saloniki erachtete er aber für unbedingt erforderlich.
Was das Kräfteverhältnis anbetraf, so verfügte Deutschland nach den Schätzungen des französischen Nachrichtendienstes noch über 1^> Millionen Ersatzmannschaften, die ihm bei gleichem Menschenverbrauch wie bisher ein weiteres Durchhalten auf etwa acht Monate ermöglichten. Mochte die Türkei erschöpft scheinen, Österreich-Ungarn bereits die Mannschastsklasse 1917 einberufen haben —, solange das deutsche Heer die bisherige zahlenx) Franz. amtl. Werk, a. a. O., S. 6. -) S. 428.
46
Pläne der Gegner bis zum Beginn des Angriffs auf Verdun.
Dezember ISIS, mäßige Stärke und innere Widerstandskraft behielt, glaubte General Iossre
auf entscheidende Erfolge selbst bei gleichzeitigem Angriff in Ost und West nicht hoffen zu dürfen. Erst ein geschwächtes Deutschland bot Aussicht aus Sieg. Es handelte sich also darum, die Kräfte des Gegners vor Beginn der Entscheidungsschlachten in einer Reihe von Kampfhandlungen soviel als
möglich abzunutzen. Diese Aufgabe fiel nach französischer Auffassung vorzugsweise denjenigen Verbündeten zu, die bisher weniger geleistet hatten als Frankreich, das der Erschöpfung seines Menschenersatzes entgegensah. Auf dieser Grundlage begannen die Besprechungen in Chantilly am 6. Dezember 1915.
Es nahmen außer General Ioffre
daran teil für England: Feldmarschall Sir John French als OberbefehlsHaber des Expeditionsheeres mit seinem Generalstabschef, Generalleutnant Sir William Robertson, sowie Generalleutnant Sir Archibald Murray als Chef des Reichs-Generalstabes; für Rußland: General Shilinski und Oberst Graf Ignatiew; für Italien: General Porro; für Belgien: General Wielemans; für Serbien: Oberst Stepanowitsch. In dreitägigen Bemühungen gelang es, eine Verständigung im Sinne der französischen Aussassung herbeizuführen. Bezüglich Salonikis gab England erst am 9. Dezember nach. Das am L.Dezember 1915 unterzeichnete Protokoll bestimmte: „I. Hauptkriegsschauplatz. Die Vertreter der verbündeten
Heere sind sich darüber einig, daß die Entscheidung des Krieges sich nur auf den Hauptkriegsschauplätzen erringen läßt, das heißt auf denjenigen, wo der Feind die Masse seiner Kräfte eingesetzt hat (russische, sranzösisch-engtische, italienische Front). Die Entscheidung muß durch aufeinander abgestimmte Offensiven auf diesen Fronten gesucht werden". Die Offensiven sollten so bald als möglich und gleichzeitig beginnen, oder wenigstens zu so nahe beieinanderliegenden Zeitpunkten, daß der Feind nicht imstande sei, seine Reserven von einer Front zur anderen zu verschieben.
Es sei er-
wünscht, daß die verbündeten Heere ihre höchste Stärke vom Monat März ab erreichten. Die endgültigen Zeitpunkte der Offensive sollten festgelegt werden nach den klimatischen Verhältnissen, der Lage beim Feinde und den „politischen Umständen, die die Koalition dazu bestimmen können, auch vor diesem Zeitpunkt anzugreifen, selbst wenn die günstigsten Bedingungen nicht vereinigt sind ..." Im Falle eines Angriffs des Feindes gegen eine der Mächte würden ihr alle anderen im Rahmen des Möglichen Hilfe leisten. Die Abnutzung des Feindes durch Teilangriffe und örtliche Unternehmungen sollte von jetzt ab nachdrücklich angestrebt werden, besonders von seiten der Mächte, die noch über reichliche Mannschaftsreserven ver-
fügten.
Die Konferenz in Chantilly.
„II. Nebenkriegsschauplätze.
47
Die Konferenzteilnehmer
erkennen in voller Einmütigkeit an, daß man auf den NebenkriegsschauPlätzen nur das unbedingt erforderliche Mindestmaß von Kräften zu belassen
hat, und daß die im Orient befindlichen Truppen in ihrer Gesamtheit für ihre Aufgaben stark genug zu sein scheinen. 1. Saloniki. Die Mitglieder der Konferenz, mit Ausnahme der Vertreter des britischen Heeres, sind der Meinung, daß das sranzösisch-englische Expeditionskorps in der Gegend von Saloniki erhalten werden muß". Die Verteidigungsanlagen
Salonikis sollten mit äußerster Beschleunigung in Angriff genommen werden. — „2. Bezüglich der Halbinsel Gallipoli sind sich die Kon-
serenzteilnehmer in der Forderung sofortiger und völliger Räumung einig. — Z. Hingegen ist die Konferenz bezüglich der Verteidigung Ägyp-
tens, dessen Bedeutung für den Fortgang des Krieges nicht bestritten werden kann, einstimmig der Ansicht, daß diese Verteidigung unter allen Umständen, aber mit dem Mindestmaß an Kräften gesichert sein muß".
Im letzten Drittel des Januar 1916 stellte sich heraus, daß Ruß- Ia««ar wie*, land statt im März wahrscheinlich erst im Juni oder Juli angriffsbereit sein würde*). Da sich andererseits voraussehen ließ, daß vom Juli ab die Kräfte der Verbündeten infolge der vorangehenden Teilunternehmungen von ihrem Höchststand wieder langsam herabsinken würden, ergab sich die Notwendigkeit, die Entscheidungsschläge vor August zu beginnen. Am 28. Januar legte das französische Oberkommando seine Anschauungen in einer für den Obersten Rat der Landesverteidigung bestimmten Denkschrift nieder. Danach sollte das russische Heer vom linken Flügel her nach Galizien eindringen. Hierdurch hoffte man Rumänien zum Anschluß zu veranlassen. Italien hatte — unbeschadet des späteren Hauptangriffs — mit ununterbrochenen Stößen zu beginnen, sobald das Wetter es gestatte. Aus dem Balkan war in Verbindung mit den
Serben der Gegner in Schach zu halten und der Beitritt Griechenlands anzustreben. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz, wo die Hauptentscheidung fallen sollte, rechnete der französische' Generalstab mit 167 Divisionen (105 französischen, 6 belgischen, 56 englischen) gegen 116 deutsche, die vom Balkan und von der russischen Front her auf 125 bis 126 vermehrt werden könnten, von denen aber die Hälfte nur drei Insanterie-Regimenter zählte. Mitte Mai sollten die Munitionsbestände der Verbündeten auf 21,5 Millionen Feld- und 6,7 Millionen schwere Gra° naten gebracht sein. Es wurde der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die >) S. 428.
48
Pläne der Gegner bis zum Beginn des Angriffs auf Verdun.
Januar/ Offensive in Frankreich die deutschen Linien durchbrechen und „durch straFebruar.
Ausnutzung einen vollen Sieg bringen würde, von dem man
annehmen könne, daß er den Rückzug der feindlichen Kräfte nach
sich ziehe"'). Vom Feinde nahm die französische Fuhrung an, daß er versuchen
würde, dem gemeinschaftlichen konzentrischen Angriff der Verbündeten dadurch zuvorzukommen, daß er ein einzelnes Glied der Koalition mit aller
Kraft anfiel. Am wenigsten fürchtete man einen Angriff auf Italien, es sei denn, daß dort sehr erhebliche Teile des deutschen Heeres eingesetzt würden. Auch auf dem Balkan war man vor entscheidenden Erfolgen
der Mittelmächte nicht in Sorge. Am gefährlichsten erschien eine Offensive gegen Rußland. Man berechnete, daß die Deutschen dorthin bis zum Mai 24Westdivisionen überführen könnten. Richtete sich ihr Stoß gegen Petersburg, so galt der Anschluß Schwedens an die Mittelmächte als möglich. Aber die Gegnerschaft von 200 000 ungenügend gerüsteten Schweden wurde für weniger bedenklich angesehen als der Kräftezuwachs von fast einer halben Million Rumänen, auf den die Gegner bei einem Stoß der Deutschen, Vulgaren und Türken in die wirtschaftlich überaus wertvollen Gebiete
Südmßlands hoffen konnten. Mochte das Ziel einer Offensive auf dem östlichen Kriegsschauplatze sein, welches es wollte, es blieb in jedem Falle für die übrigen verbündeten Mächte ein unbefriedigendes Gefühl, dem gefährdeten Freunde nur mittelbar, durch gleichzeitiges Losschlagen an ihren eigenen Fronten helfen zu können. Willkommener schien eine Offensive der Deutschen in Frankreich oder Belgien. Man schätzte, daß sie an der gewählten Cinbruchsstelle einschließlich der Stellungstruppen etwa 40 Divisionen zum Einsatz bringen würden. Demgegenüber verfügten die Verbündeten über 37 französische und 13 englische Divisionen in Reserve. Sie erwarteten mit Bestimmtheit, daß Abwehr mit schwachen Kräften und machtvoller Gegenstoß zu einem großen Erfolg führen würden. Am 8. Februar wurde diese Denkschrift dem Ober st en Rat
der Landesverteidigung unterbreitet und fand dessen Zustim¬ mung. Die Hauptentscheidung sollte mit dem Höchstmaß der Kräfte auf den Hauptfronten gesucht werden, wenn irgend möglich nicht vor dem 1. Juli, um Rußland Zeit zum Mithandeln zu lassen. Wenn vorher einer der Ver-
bündeten angegriffen würde, seien die übrigen verpflichtet, auf ihren eigenen Fronten zu einer gemeinschaftlichen Offensive zu schreiten. Forderten die
Verhältnisse auf dem Balkan größere kriegerische Tätigkeit, so sollten Engi) Franz. amtl. Werk, a. a. €>., S. 33.
Der Plan der französischen Heeresleitung.
49
land und Italien für die nötigen Mittel aufkommen. Bevor diese 23e»
schlösse den verbündeten Regierungen vorgelegt wurden, sollten die obersten Heerführer noch einmal zum 1. März gehört werden.
Währenddessen hatte sich die Lage insofern zu klären begonnen, als immer zahlreichere Meldungen über deutsche Angriffsvorbereitungen gegen die Front in Frankreich und Belgien eingingen. Am 19. Januar waren die
Eindrücke darüber folgendermaßen zusammengefaßt worden"): Deutschlands öffentliche Meinung fordere schnelle Entscheidung an der Westfront. Eine kräftige Offensive sei nach der einen Ansicht in kürzester Frist, nach der anderen bei Beginn guten Wetters zu erwarten. Als Angriffsziel werde Flandern und Verdun, am häufigsten allerdings die Mitte der Heeresfront,
die Champagne, bezeichnet. Militärische Vorbereitungen böten bisher keinerlei Anhaltspunkte zur Bestätigung dieser Gerüchte. Die Heranführung deut-
scher Truppen vom Osten habe anscheinend aufgehört. Eine Denkschrift vom 15. Februar rechnete mit der Wahrscheinlichkeit, daß der Feind seinen Hauptangriff nicht vor April beginnen würde. Ließ er den Verbündeten
darüber hinaus Handlungsfreiheit, so blieb der 1. Juli äußerster Zeitpunkt für den Beginn des eigenen Angriffs.
2. Der französisch-englische Angriffsplan. Karte 2.
Um die Jahreswende stand das französisch-englisch-belg i s ch e H e e r noch in den durch die Herbstoffensiven nur wenig geänderten
Stellungen des Jahres 1915. Den Nordflügel hielt, von zwei französischen Divisionen eingerahmt, die belgische Armee (sechs Divisionen) unter der Führung des Königs Albert, beiderseits von Dixmude. Hart nördlich von Vpern begann der Abschnitt des englischen Heeres, seit dem 19. Dezember 1915 unter General Sir Douglas Haig mit General Kiggell als Generalstabschest). Die englische 2. und 1. Armee erstreckte sich bis in die Gegend südlich von La Bassee. Von dort bis südlich von Arras war die französische 19. Armee als Teil der
von General Foch befehligten Heeresgruppe Nord in die britische Front eingeschoben, weiter südlich schloß sich die englische 3. Armee bis zur Somme ") Franz. amtl. Werk, a. a. €)., S. 137 ff. 2) Feldmarschall French war Oberkommandierender über die Heimatkräfte, Gene-
ral Robertson Chef des Reichs-Generalstabes, General Murray Befehlshaber in
Ägypten geworden. Weltkrieg. X.Band.
4
50
Pläne der Gegner bis zum Beginn des Angriffs auf Verdun.
Januar/ an. Es folgten zunächst der Rest der Heeresgruppe Nord (6. Armee) bis Februar. ü^cr 0{fe hinüber, dann die Heeresgruppe Mitte unter General de Langle de Cary (5., 4.,3. Armee, Abschnitt Verdun) bis St. Mihiel und die Heeresgruppe Ost unter General Dubail (I.Armee, Armee-Abteilung
Lothringen, 7. Armee, Abschnitt Velfort). Hand in Hand mit den Bestrebungen des Generals Ioffre für ein-
heitliche Gesamtleitung der Operationen gingen seine Erwägungen über die Wahl der Angriffsstelle gegen die deutsche Front. Schon am 22.Oktober 1915 hatte er die drei Heeresgruppen angewiesen, in ihren Abschnitten die
Bedingungen für eine Offensive festzustellen, die nach Raum und Kräfteeinsah dem letzten Angriff in der Champagne zum mindesten gleichkäme. Räch der Konferenz von Chantilly hatte er auf die Meldungen seiner Unterführer hin als mögliche Angriffsabschnitte bezeichnet: 1. das linke Afer der Somme südwärts bis Lassigny (Nordgruppe), 2. die Abschnitte Reims—Eorbßny und Mourmelon le Grand—Aisne (Mittelgruppe), 3. den Raum zwischen St. Mihiel und Pont ä Mousson, den Abschnitt zwischen Luneville und den Vogesen und die Trouße de Velfort (Ostgruppe). Am 25.DezemberhatteerunterHinweisaufdenPlanfürseine Nordgruppe dem neuen britischen Heerführer einen Angriff zwischen Arras und der Somme unter engem taktischen Zusammenwirken mit dem fran-
zösischen Heer nahegelegt. General H a i g neigte aber mehr dazu, seinen Hauptangriff in Flandern anzusetzen. Daneben ließ er in Anlehnung an
bereits früher gehegte Gedanken') ganz im geheimen noch einen Angriffsplan auf Ostende mit Landung zweier Divisionen an der belgischen Küste bearbeiten. Am 23. Januar 1916 einigte man sich jedoch auf eine gemein-
schaftliche Offensive beiderseits der Somme für den Fall, daß die Lage im Osten ein Losschlagen vor dem beabsichtigten Zeitpunkt erfordern sollte.
Andernfalls sollten die Angriffe „gleichzeitig", aber „räumlich getrennt" durchgeführt werden, englischerseits in Flandern, französischerseits in einem noch zu bestimmenden Abschnitt. Auch in einem anderen Punkte gingen die Ansichten der französischen und englischen Führung auseinander. Da die Ersatzlage Frankreichs wesentlich schlechter war als die Englands, so sollte es auf dem Kriegsschauplatze in Frankreich und Belgien vor allem Aufgabe Englands sein, die deutschen Kräfte zu zermürben. General Ioffre dachte dabei an größere, auf das ganze Frühjahr verteilte Stöße der Engländer und hoffte, inzwischen die eigene Ausrüstung bis zur höchsten Höhe fördern zu können. General Haig
machte demgegenüber geltend, daß mehrere, der großen Offensive zeitlich -) Band VI, S. 382, und VII, S. 38.
Der französisch-englische Angriffsplan.
51
weit vorausgehende Angriffe, die entscheidende Erfolge nicht bringen sollten, die Enttäuschung der Heimat vergrößern, das Ansehen der Verbündeten schmälern und Verluste verursachen würden, die die englische Regierung zu vermeiden wünsche. Er hielt es für richtiger, solche Nebenhandlungen so dicht an den Hauptangriff heranzulegen, daß die Deutschen ihre Ver° luste bis zum entscheidenden Augenblick nicht mehr zu ersetzen imstande wären.
Die inzwischen im französischen Großen Hauptquartier eingelaufenen Angriffsentwürfe der Heeresgruppen besagten im Endurteil übereinstimmend, daß in den ihnen genannten Abschnitten wohl taktische Erfolge, aber nicht entscheidende Ergebnisse zu erreichen feien. Dem Führer der Heeresgruppe Nord, General Foch, schien der Oberlauf der Somme ein so schwer zu bewältigendes Hindernis, daß dort seiner Ansicht nach nur ein Ablenkungsvorstoß in Frage käme. Trotzdem entschloß sich General Ioffre in Anbetracht der langen Ruhe, die an diesem Abschnitt geherrscht habe, und des Geländes, das er für eine „machtvolle Offensive" als „vielfach geeignet" ansah, an der oberen Somme den entscheidenden Angriff anzusetzen. Nach englischem Urteils hätte sich der französische Führer bei dieser Entscheidung vor allem von dem Wunsche leiten lassen, mit den Engländern Schulter an
Schulter zu kämpfen. Der Abschnitt fei aber von den Deutschen in jährelanger ruhiger Arbeit aufs stärkste befestigt worden, und der geplante frontale Stoß entbehre jeglichen strategischen Zieles, wie es noch die Zangenangriffe des Jahres 1915 gehabt hätten, und es auch die in Flandern be-
absichtigte englische Operation anstrebe; der französische Plan bezwecke lediglich die Zermürbung des Gegners. Am 10. Februar 1916 schlug General Ioffre den Generalen Haig und Robertson vor, ohne Rücksicht darauf, ob ein deutscher Angriff gegen Rußland zu vorzeitigem Losschlagen zwinge oder ob Zeit bis zum Sommer bliebe, auch die große Offensive der Engländer im Abschnitt nördlich der Somme zu führen und zehn bis vierzehn Tage vorher einen Ablenkungsangriff in der Gegend von Z)pern. Abnutzungsangriffe sollten voran¬ gehen. Der Abschnitt der französischen 10. Armee sollte von den Engländern, das Rordufer der Somme bis Maricourt von den Franzosen übernommen werden. Räch einigen Einwendungen von englischer Seite wurde am 14. Februar in Ehantilly eine Einigung erzielt. Es war dem fran-
zösischen Generalissimus gelungen, das enge Zusammenwirken der beiden verbündeten Heere an der von ihm gewollten Stelle sicherzustellen. Auf vor') Vrit. am«. Werk, a. a. O., S. 30.
Pläne der Gegner bis zum Beginn des Angriffs auf Verdun.
52
Januar/
hergehende Abnutzungsangriffe mußte er freilich verzichten. Damit kam ein
Februar, nichtiges Glied seines Planes in Fortfall; seiner optimistischen Beurteilung der Aussichten eines Durchbruchs wurde die Grundlage entzogen. Auch auf straffe einheitliche Führung in den bevorstehenden Kämpfen konnte kaum gerechnet werden. General H aig für seine Person war bereit, sich General Ioffre unterzuordnen. Da aber die englische Regierung für ihr Landheer und dessen Führer ein hohes Maß von Selbständigkeit forderte, mußte dieser sich damit begnügen, wenigstens eine immer engere Fühlung zwischen den beiderseitigen Kommandostäben herzustellen. Am 18. Februar erließ General Ioffre an die Heeresgruppen eine
„instruction generale". Unter Zugrundelegung des Fochschen Entwurfs wurde der Hauptangriff in den Raum Lafsigny—Nordufer der Somme ver-
legt und für den 1. Juli in Aussicht genommen. Einige Tage vorher sollten in Flandern die Engländer mit den Belgiern und dem die Besatzung der
befestigten Stellung von Dünkirchen bildenden französischen XXXVI. Korps, die Heeresgruppe Mitte in der Champagne, die Heeresgruppe Ost gegen die lothringische Grenze und im Elsaß Ablenkungsstöße unternehmen. Die Heeresgruppe Nord werde zur Zeit der Offensive über 39 Infanterie- und drei Territorial-Divisionen verfügen und in drei Armeen (2., 6. und 3.)
gegliedert sein. Für die Vorbereitungen wurde der bisher zur Verfügung der Heeresleitung zurückbehaltene General P e t a i n mit seinem Stabe
(Oberkommando der 2. Armee) zur Verfügung des Generals Foch gestellt. Den an den Ablenkungsangriffen nicht beteiligten Armeen wurden örtliche
Vorstöße mit Truppen nicht unter Divisionsstärke anbefohlen. Auch in dieser Anweisung wurde die Absicht ausgesprochen, die eigene Offensive sofort in Gang zu setzen, falls die Mittelmächte sich zuvor auf die Russen werfen sollten.
Inzwischen mehrten sich die Anzeichen für frühzeitiges Losschlagen der Deutschen im Westen'). Mußte dies die Pläne der Verbündeten stören, so kam es andererseits dem französischen Generalissimus gelegen, daß der Feind offenbar da angreifen wollte, wo es den Verbandsmächten am günstigsten schien: an der französischen Front und nicht an der ruf-
fischen.
Z. Die RüstunFslage der N?estmächre Anfang In England genügte das freiwillige Rekrutensystem Lord Derbys^) den durch die Aufstellung der Kitchener-Divisionen erheblich gestiegenen Ersatzanforderungen nicht mehr, so daß das Ministerium am 27.Januar 0 S. 49. — 2) Band VIII, S, 632.
Englands und Frankreichs Rüstung.
53
1916 in der "Military Service Act" dazu überging, wenn auch zunächst mit
Einschränkungen, die Wehrpflicht einzuführen. Sie traf die Ledigen und Witwer von 19 bis 41 Iahren.
Ende Februar standen von insgesamt 86 Infanterie-Divisionen 40 (davon drei kanadische) Divisionen, zu je zwölf Bataillonen und mit entsprechender Artillerie ausgestattet, an der Westfront, 30 (davon fünf australische und zehn indische) auf Nebenkriegsschauplätzen'), 16 in der Heimat. Vis Ende April rechnete General Robertson damit, die Zahl der Divisionen in Frankreich und Belgien auf 46 zu bringen, zu denen später noch Divisionen aus Ägypten treten würden. Die artilleristische Rüstung sollte sich auf 2000 Feld- und 1100 schwere Geschütze mit ausreichender Munition erhöhen. Auf Frankreich lastete die Sorge, wie man den Ansprüchen an
den voraussichtlich sehr hohen Mannschaftsbedarf im bevorstehenden Kriegsjähre gerecht werden könne. Die Iahresklasse 1916 war schon im November und Dezember 1915 in Ausbildungsabteilungen hinter der Front zusammen¬ gezogen, sollte aber im Einsatz noch geschont werden. Die Klasse 1917 sollte im Jahre 1916 einberufen werden, war aber nicht vor der zweiten
Hälfte des Jahres verwendbar.
In den Depots standen 158 000 Mann
Infanterie zur Verfügung. Es erschien fraglich, ob das genügen würde, um die' vorhandenen 105 Infanterie-Divisionen, davon zwölf Territorial-Divifionen, in einer Stärke von je zwölf Bataillonen, kampfkräftig zu erhalten. Neue Divisionen konnten nicht aufgestellt werden. Bei der Bildung des XXX. Korps, das am 21. Januar zusammentrat, und einer Vogesen-Division, deren Aufstellung am 11. Februar beschlossen wurde, griff man auf fchon vorhandene Einheiten zurück. Probeweise wurden die 58. und 152. Insanterie-Division zu drei Regimentern formiert. Die Infanterie-Brigaden erhielten eine
zweite Mafchinengewehr-Kompagnie.
Die Zuteilung schwerer Haubitzen
an die Divisionen und ihre Verstärkung an Minenwerfern stand zur Erwägung. Eine 3,7 oin-Kanone war in Probe, der Ersatz älterer Feld-
geschütze durch die 7,5 oin-Kanone im Gange.
Mitte Februar zählte das
französische Heer 6400 Feldgeschütze (davon 4160 Schnellfeuergeschütze), 3700 schwere Geschütze (davon 220 Mörser), 167 schwerste Geschütze. Für Verstärkung der schwersten Artillerie bis zum 1. Juli hatte General Ioffre ein umfangreiches Programm aufgestellt. Die Flugwaffe besaß in 87 Geschwadern und 13 Beobachtungsstasseln etwa 800 Flugzeuge. 0 In Saloniki 5,in Ägypten 12 (davon 5 australische), in Indien 9 (davon 6 indische), in Mesopotamien 4 (indische) Divisionen, schwächere Formationen in Qst° und Südafrika. (Statistics of the Military Effort of the British Empire.)
III. Die Westfront bis zum Sommer A. Der Kampf um Verdun^ bis zum
Juli
I. Einleitung und Rümpfe bis zum 28. Februar, a) Angriffsplan und Vorbereitungen zum Angriff. Karte 2,3 und Skizze 2.
Die Festung Verdun. Bis
Verdun bildete zu Beginn des Weltkrieges den nördlichen Eckpfeiler
Januar 1916. ^ zusammenhängenden französischen Festungsfront zwischen der Luxemburger und Schweizer Grenze. Seine örtliche Bedeutung lag in der Deckung der zahlreichen Maas-Vrücken in seinem Vereich sowie des Knoten-
Punktes der Bahnen Paris—Metz und St. Mihiel—Sedan. In bald nach 1871 begonnener, ununterbrochener Arbeit hatten die Franzosen den Platz nach neuzeitlichen Gesichtspunkten zu ihrer stärksten Lagerfestung mit einem Gesamtumfang des äußeren Fortsgürtels von 50 Kilometern ausgebaut.
Bereits im August und September 1914 hatte Verdun die Operationen
beeinflußt). Nach ihrem Abschluß lag es der deutschen Front, insbesondere der unentbehrlichen Nachschub- und Verschiebebahn Diedenhofen—Sedan, so bedrohlich nahe, daß die Wegnahme der Festung in der zweiten OktoberHälfte vorbereitet wurde. Diese Vorbereitungen mußten jedoch angesichts des Kräfte- und Munitionsverbrauchs in Flandern am 31. Oktober eingestellt werden. Seitdem hatte an der Front um Verdun, abgesehen von
heftigen örtlichen Kämpfen im Südosten der Festung im Frühjahr 1915'), fast völlige Ruhe geherrscht. Zu Anfang des Jahres 1916 kamen für den Angriff auf die Festung nur die Nordfront beiderseits der Maas, die Ostfront und die Südost-
front bis zur Maas in Frage. Die ständigen Befestigungen gliederten sich — soweit man wußte — in Stadtumwallung mit Zitadelle, inneren Forts-
gürtel, Hauptverteidigungsstellung und vorgeschobene Stellungen. Ihr Ausbau war seit Beginn des Stellungskrieges durch Lufterkundung dauernd überwacht und im Bilde festgehalten worden. Die Stellungen verliefen an
den genannten Angriffsfronten wie folgt: Einzelheiten, die in dem hier gegebenen Rahmen nicht gebracht werden können, enthalten „Schlachten des Weltkrieges", Band 1, 13, 14 und 15. 2) Band I und Band III—V. 3) Band VII und VIII.
Ausbau der Festung Verdun,
55
Innerer Fortsgürtel vom Fort de la Chaume auf dem West-
lichen Maas-User nach Osten zu den Forts Belleville, St. Michel, Souville, Tavannes und Velrupt; Hauptverteidigungsstellung westlich der Maas vom Fort Vois Vourrus, dem Höhenkamm des Marre-Rückens folgend, zum
Zwischenwerk Charny, auf dem östlichen Maas-Ufer über den Rücken Froide Terre zum Fort Douaumont, von da südostwärts über die Forts Vaux, Moulainville, Rozellier zum Fort Haudainville an der Maas. Fast alle Werke der Hauptverteidigungsstellung waren nach den neuesten Vefestigungsgrundfätzen durch Eisenbeton und Panzer oder durch Anlage im
gewachsenen Fels völlig schußsicher. Zahlreiche ebenfalls schußsichere kleinere Anlagen, Schützengräben und flankierende Maschinengewehrstände, Infanterie- und Munitionsräume, Zwischenraumstreichen und Batterien, alle dem welligen und bedeckten Gelände sehr geschickt angepaßt und mit Drahthindernissen umgeben, vervollständigten die Abwehrvorbereitungen besonders an der Nord- und Ostfront. Die vorgeschobene Stellung lief auf dem Westufer vom Zwischenwerk Germonville über den West- und Nordrand des Vois Bourrus zum Nordhange des Marre-Rückens, auf dem Ostufer, erst bei
Kriegsausbruch armierungsmäßig ausgebaut, über den Pfefferrücken (Lote du Poivre)—Höhe 378östlich von Louvemont zum Zwischenwerk Vezonvaux, von dort auf dem Osthange der Cötes Lorraines nach Süden über das Zwischenwerk Chatillon zum Vergvorsprung bei Haudiomont, dann scharf nach Südwesten umbiegend durch das große Waldgebiet zum Fort GZnicourt, das gleichzeitig das nördlichste Glied der entlang der Maas nach Süden laufenden Sperrfortskette bildete, die allerdings bei St. Mihiel und Camp des Romains bereits durchbrochen war. Noch über die vorgeschobene Stellung nach Norden und Osten hinaus lagen die französischen F e l d st e l l u n g e n so, wie sie sich aus den
Kämpfen des Jahres 1914 ergeben hatten. Ihr vorderster, nur dürftig instand gehaltener Graben schmiegte sich meist unmittelbar den Wald- und Ortsrändern an. Durch Fliegeraufnahmen war festgestellt, daß weitere, anscheinend besser ausgebaute Linien, vielfach im Waldinneren, dahinterlagen. Sie schienen durch zahlreiche Drahthindernisse und Astverhaue verstärkt, die durch Maschinengewehrnester flankiert waren. Riegel verbanden die verschiedenen Stellungen miteinander. Das Kampfgelände war westlich der Maas wenig bewaldet, hügelig mit Höhenunterschieden bis zu 90 Metern. Auf dem Ostufer begleitet den
Fluß der durchschnittlich 13 Kilometer breite, vielfach bewaldete Höhenzug der Cütes Lorraines, von dem zahlreiche Bäche in tief eingeschnittenen
56
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Ms Tälern nach Westen zur Maas, nach Osten zur Woövre-Cbene fließen. Januar,91k. Unterschied zwischen den höchsten Erhebungen der Cötes und der Maas beträgt bis zu 180, zwischen ihrem steil abfallenden Ostrande und der Woevre-Cbene etwa 100 Meter. Eine 30 bis SV Zentimeter dicke Lehm-
schicht behinderte bei schlechtem Wetter Bewegungen von Fahrzeugen, besonders von schwerer Artillerie und Kolonnen, ja selbst von Infanterie außerhalb der festen Wege auf das äußerste. Das Eingraben war auf den
Höhen durch den unterliegenden Felsboden sehr erschwert, in den niedrigen Lagen, besonders in der Woevre-Cbene, schloß der hohe Grundwasserstand die Anlage tiefer Unterstände fast ganz aus. Der Angriffsentwurf. Ein im Frieden vom deutschen Generalstab bearbeiteter Angriffsentwurs, der belagerungsmäßigen Angriff durch drei Reserve-Divisionen mit zahlreicher schwerer Artillerie und Pionier-Belagerungssormationen gegen den Nordostabschnitt der Festung vorsah, baute sich auf der Voraussetzung aus, daß das deutsche Heer an Verdun vorbei nach Westen vor-
gedrungen, der Platz selbst völlig eingeschlossen sei.
1916 war die Lage
durchaus anders. Nachdem im Dezember 1915 General von Falkenhayn sich für den
Angriff auf Verdun entschieden hatte'), stellte das Oberkommando 5 den Angriffsentwurs auf. Zu dieser Zeit umschloß die deutsche Front bei Verdun die Linie der ständigen Werke in einem Abstände von
etwa sechs bis acht Kilometern im nach Südwesten offenen Dreiviertelkreis. Im Nordwesten der Festung vom Vois de Cheppy (westlich von Avocourt) nördlich um Malancourt ausholend, erreichte sie nördlich von Forges die Maas. Auf dem Ostufer lief sie quer über die Cötes durch den Nordteil des
Caures-Waldes nach Azannes. Hier scharf nach Süden umbiegend, näherte sie sich auf der Doppelhöhe 310/307 nordöstlich von Ornes dem weit vorgeschobenen französischen Zwischenwerk Vezonvaux auf weniger als vier Kilometer, um dann im flachen Vogen westlich an Etain vorbei durch die Wosvre-Cbene südlich von Fresnes den Ostrand der Cotes wieder zu
erreichen. Dann verlief sie südwärts auf den hier besonders waldreichen Cütes nach St. Mihiel. In dem etwa 20 Kilometer breiten Abschnitt westlich der Maas lag im Januar 1916 das VI. Reservekorps mit 2. Landwehr-, 11. und 12. Reserve-Division. Ostlich des Flusses stand in mehr als doppelter Breite von Consenvoye bis südlich von Ctain das V. Reservekorps mit -) S.
f.
Wahl der Angriffsfront.
57
77. Insanterie-Vrigade, 10. und 9. Reserve-Division. Dann folgte der rechte Flügel der Armee-Abteilung Strantz, deren V. Armeekorps mit 5. Landwehr-, 10. und 9. Infanterie-Division wieder fast 25 Kilometer Breite bis östlich des Forts Troyon einnahm; anschließend reichten die 33. ReserveDivision und das III. bayerische Armeekorps bis über St. Mihiel hinaus. Für den Angriff schied die Ostfront aus, da der Aufmarsch zahlreicher schwerer Artillerie in der Woevre-Cbene, unbemerkt vom Ostrande der Cötes, unmöglich war und die Wegnahme dieses bewaldeten und stark
befestigten Höhenrandes selbst besonders schwierig erschien. Auch der Angriff von Südosten, auf den Cotes felber, versprach nach den im Frühjähr 1915 gemachten Erfahrungen wegen der ausgedehnten dichten Waldüngen wenig Erfolg.
Somit blieb nur der Angriff gegen
die Nordfront übrig. Ihn gleichzeitig auf beiden Maas-Ufern zu führen, hatte General von Falkenhayn abgelehnt. So entschied sich der Generalstabschef der 5. Armee, Generalleutnant Schmidt von Knobelsdorf, angesichts des beschränkten Amfanges der bewilligten Kräfte — nur fünf Korps — „für den Angriff beginnend beim V. Reservekorps und dann
folgend"'). Der Gedanke des Angriffs auf dem Westufer wurde zwar nicht
fallengelassen, aber vorläufig zurückgestellt. Das letzte Ziel sollte nach der Auffassung des Armee-Oberkommandos die Wegnahme der Festung sein. Für die Angriffsvorbereitungen wurden alle eintreffenden Teile der Angriffskorps taktisch und wirtschaftlich dem Kommandierenden General des V. Reservekorps, General der Infanterie von Gündell, unterstellt, der seit August 1914 mit den Kampfverhältnissen und dem Gelände im künftigen ') S. 26. — Der Oberbefehlshaber, der Chef des Generalstabes und der Erste
Generalstabsoffizier des A. O. K. 5 glaubten auf Grund empfangener Zusagen, die Armee habe zur Ausnutzung der Anfangserfolge weitere Kräfte zu erwarten (KrönPrinz Wilhelm, „Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf", S. 161/162; Zuschriften des Gen. d. Inf. a. D. Schmidt von Knobelsdorf vom 27. Dezember 1933 und des Genmaj. a. D. von Heymann vom 4. Oktober 1933). Die Akten enthalten darüber nichts. Eine Zuschrift des Gen. d. Inf. a. D. von Lochow vom 15. Aug. 1935
besagt: Gelegentlich eines Besuches des Generals von Falkenhayn beim III.A.K. einige Tage vor Angriffsbeginn (S. 65, Anm. 1) habe er ihm die Forderung vor-
getragen, daß hinter jedem angreifenden Armeekorps ein zweites bereitgestellt würde, um einzugreifen, sobald die Angriffskraft des vorderen erschöpft sei. General von Falkenhayn lehnte dies ab mit der Begründung, daß er mit feindlichen Angriffen an anderen Stellen der Front rechnen müßte. Sollten die Franzosen den ersten deutschen Ansturm früher, als erwartet, zum Stehen bringen, so müßte das gewonnene Gelände zunächst nur gehalten und die Franzosen „durch flankierendes Artilleriefeuer so in die
Zange genommen werden, daß sie sich schließlich verbluten müßten". Munition wäre dafür reichlich vorhanden.
58
Bis
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Angriffsabschnitt bestens vertraut war. Reibungen blieben dabei nicht aus.
Januar 1916. ^um Sturmreifmachen der ganzen feindlichen Front zwischen der Maas und Ctain hielt man die verfügbare Artillerie nicht für stark genug. Es sollte deshalb zunächst nur ein Keil in diese Front getrieben und in den
Einbruchsraum möglichst zahlreiche schwere Artillerie zu gleichzeitiger Bekämpfung von Verdun und zur Flankierung nach beiden Seiten nachgeschoben werden. In diesem Sinne wurden die Generalstabschess des V. Reservekorps und der Anschlußfronten sowie der General der Fußartillerie, Generalmajor Schabet, und der General der Pioniere, General-
leutnant Kaempffer, angewiesen, ihre Vorschläge einzureichen. Nach weiteren Vorträgen bei General von Falkenhayn am 23. und
26. Dezember und zahlreichen Besprechungen mit allen beteiligten Dienststellen legte das Armee-Oberkommando 5 den Angriffsentwurf, datiert vom 4. Januar 1916, nebst artilleristischem Angriffsentwurf am 6. Januar der Obersten Heeresleitung vor. Im Angriffsentwurf hieß es:
„Der Entschluß, die Festung Verdun in beschleunigtem Verfahren fortzunehmen, beruht auf der erprobten Wirkung der schweren und schwersten Artillerie. Zu diesem Verfahren ist die uns vorteilhafteste Angriffsfront zu wählen und nach erfolgter Wahl der Einsatz der Artillerie derart zu bemessen, daß der Einbruch der Infanterie gelingen muß . . .
Wer
im Besitz der Eütes auf dem Ostufer der Maas ist, indem er die auf ihnen
gelegenen Befestigungen erobert hat, ist auch im Besitze der Festung. Vom eroberten Ostufer aus können die ständigen Befestigungslinien und die Feldbefestigungsanlagen des Westufers zu deren Fortnahme flankierend niedergekämpft werden. Aber selbst, wenn zunächst auf eine Besitznahme der Werke des Westufers verzichtet werden soll, hat die Festung ihren Wert für Frankreich verloren, wenn das Ostufer der Maas von uns genommen ist". Wünschenswert bleibe das Erreichen der Linie: Le Four de Paris')—Aubreville—Vadelaineourt - Vach—Südfront der Festung— Maas-Höhen des Ostufers vom Fort Haudainville bis St. Mthiel2). Zunächst jedoch sollte der Angriff „mit erdrückender Gewalt" nur auf dem östlichen Maas-Ufer und hier wieder nur gegen die Nord-
ostecke des von den Franzosen besetzten Eütes-Abschnittes, geführt werden, weil nur gegen diesen Abschnitt die überwältigende Artillerie leidlich
unbemerkt aufmarschieren konnte. Durch das Erreichen der Linie Fort Haudainville—Haudiomont von Norden her werde sich das Zurückweichen 1) In den Argonnen zwischen Vienne la Ville und Varennes. -) S. 27.
Der Angriffsentwurf.
59
des Feindes aus der Woevre-Cbene und der Fall des dann noch dem Feinde verbleibenden Waldgeländes der Cütes bis St. Mihiel ohne die bei direktem Angriff zu erwartenden Schwierigkeiten ergeben. Für den Einbruch waren daher von den fünf erwarteten Korps zunächst nur drei vorgesehen mit möglichst schmalen Angriffsabschnitten, um durch tiefe Gliederung unausgesetztes Vorgehen zu gewährleisten. Cr st es Angriffsziel sollte die Linie Südrand des Haumont- und Caures-Waldes—Veaumont und der von dort nach dem Nordrande von Ornes verlaufende Höhenrücken sein. Während der Angriff sich dann gegen das zweite Ziel, Höhe 344 östlich von Samogneux—Höhe 378 östlich von Louvemont—Höhe südwestlich von Ornes, entwickelte und die hierfür nötige Artillerievorbereitung
auch schon die Werke auf dem Ostrande der Cütes niederhielt, sollte ein „durch ein viertes Armeekorps verstärkter Angriff" die südostwärts anschließenden Stellungen von Maucourt bis Fromezey') nehmen. Schließlich wurde noch die Verstärkung des rechten Flügels der Armee-Abteilung Strantz durch ein fünftes Armeekorps vorgeschlagen, um gegen die Linie Wareq—Fresnes vorzudrücken, sobald artilleristische Unterstützung aus der Gegend nördlich von Ctain möglich werde. Auf dem westlichen Maas°!lfer sollte das artilleristisch verstärkte VI. Reservekorps zunächst nur durch Feuer mitwirken, teils durch Flankierung des Feindes auf dem Ostufer, teils durch Lahmlegen derjenigen Batterien des Westufers, die den deutschen Angriff flankieren konnten. Bald nach Beginn des Kampfes sollte dann auch auf dem Westufer ein weiteres, also sechstes Korps neu eingesetzt werden, um wenigstens die Höhen 304 südöstlich von Malancourt—Toter Mann (Le Mort Homme)— Cumiöres-Wald in Besitz zu nehmen. Die Notwendigkeit, ein solches
Korps bereitzustellen, wurde auch damit begründet, daß feindliche Cntlastungsangriffe auf dem Westufer nicht unwahrscheinlich seien. Die 2. Landwehr-Division und das westlich anschließende XVI. Armeekorps sollten sich am Angriff zunächst nicht beteiligen. Endlich hielt der Angriffsentwurf eine Reserve bei Metz für erforderlich wegen der Möglichkeit, daß die Südfront der Armee-Abteilung Strantz stark angegriffen würde. Das Oberkommando rechnete also insgesamt mit einem Kräftezuschuß von nicht nur fünf, sondern mehr als sechs Korps, die es aber nicht einheitlich, sondern zeitlich und räumlich getrennt zum Einsatz
bringen wollte^). ') Spätere Änderungen S. 65, 81 und 87. 2) Hierzu schreibt der damalige Erste Generalstabsoffizier des A. O. K. 5: „Im Gegensatz zu der Sorge des Generals von Falkenhayn vor feindlichen Cntlastungsangriffen aus anderen Fronten rechneten General Schmidt von Knobelsdorf und seine
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
60
Der artilleristische Angriffsentwurf stellte unter Crläuterung der Zielverteilung folgende Aufgaben: Gleichzeitig mit dem Sturmreifmachen der vordersten Stellung, das ausschließlich durch Mörser (für je 150 Meter eine Batterie zu vier Geschützen) erfolgen sollte, waren die Stützpunkte der zweiten Linie durch schwerstes Steilfeuer und
fchwere Feldhaubitzen niederzukämpfen. „Seitliches Einfchießen" sollte vor der eigentlichen Kampfhandlung, Vorverlegen des Feuers nach Maßgabe des fortschreitenden Infanterieangriffs erfolgen. Da die verfügbare Artillerie nicht ausreichte, um die feindlichen Batterien einzeln zu be-
kämpfen, sollten bekannte Gruppen (Vatterienester) vergast werden; zur Bekämpfung etwa neu auftretender verblieb den Abschnitten ausreichende Feld- und schwere Artillerie. Gegen die Stadt Verdun, die wichtigsten
feindlichen Nachschub st raßen, Bahnen und Verkehrsknotenpunkte sowie die in das Angriffsfeld wirkenden ständigen Befestigungen wurde schwerstes Flach- und Steilfeuer angesetzt. Vorgesehen, aber noch nicht festgelegt waren die Nahflankierung der einzelnen Linien der feindlichen Stellung, das Niederhalten der Nebenfronten und die Unterstützung durch die Nachbarabschnitte. Während die Beobachtung gegen die vorderste Stellung großenteils von der Erde aus
möglich war, sollte gegen weiter zurückliegende Ziele für ausgiebige Luftbeobachtung Sorge getragen werden. „Der Angriff auf die Festung Verdun" — so hieß es weiter — „hat
im bisherigen Feldzuge, sowohl was materielle Stärke, Vorbereitung und Verteidigung betrifft, kein Analogon. Es können also bisherige Erfahrungen bezüglich Munitionsausrüstung und -verbrauch nur bedingungsweise herangezogen werden". Auch zwängen die ungenügenden Wegeverbinöungen von vornherein, mit Nachschubschwierigkeiten zu rechnen. Daher seien zur Vermeidung von Stockungen sechs Tagesraten") vor Beginn des Kampfes bereitzulegen. Die Feuerleitung „bleibt in der Hand des Armee-Oberkommandos. Die Feuerbefehle gehen von hier an die Armeekorps bzw. an die Generale der Fußartillerie der Korps".
Zum Schluß wurde der Stellungswechsel der Artillerie nach vorn behandelt. Er sollte beginnen, sobald nach Erreichung des Kampfzieles Operationsabteilung mit solchen Angriffen des Feindes nur in engster Anlehnung an
die Verteidigung seines wichtigen Eckpfeilers Verdun auf beiden Maas-Afern. So also kam das Oberkommando, abgesehen von den frischen Reserven zur ununter-
brochenen Durchführung des Hauptangriffs, zu der Berechnung eines Kräftezuschusses von insgesamt mehr als sechs Korps". (Zuschrift des Genmaj. a. D. von Heymann vom 21.Aug. 1935.)
-) 6.62.
Aufmarsch und Angriffsvorbereitungen.
61
des ersten Tages der Angriff gegen die „.Höhen Louvemont—Vezonvaux" weitergeführt würde.
Eintreffen der Angriffskorps und taktische
Angrisssvorbereitungen. Anfang Januar 1916 waren für den Angriff auf dem Ostufer bestimmt: VII. Reservekorps, XVIII. und III. Armeekorps für den Hauptangriff von Norden (spätere Abschnitte Abis C), XV. Armeekorps für den Nebenangriff von Nordosten (späterer Abschnitt D), XXII. Reservekorps zum Einsatz am rechten Flügel der Armee-Abteilung Strantz. Das VII. Reservekorps war bereits Ende Dezember 1913 eingetroffen und zunächst zur Arbeit
hinter den Abschnitt gelegt worden, aus dem der Hauptstoß geführt werden sollte. Der Antransport des XVIII., III. und XV. Armeekorps folgte aus Gründen der Geheimhaltung erst von Ende Januar an, nachdem Stäbe und einige Truppen bereits früher herangezogen waren. Die Zuführung des XXII. Reservekorps wurde noch hinausgeschoben. Die Verstärkungskorps bestanden aus kampferprobten Truppen, die nach Auffüllung mit kriegsgewohntem Ersatz eine längere Ausbildungs- und Ruhezeit genossen hatten. Für jedes Armeekorps wurden außerdem 2400 Mann schon im Felde gewesener Ersatz und 2000 ausgebildete Rekruten bereitgestellt. Als Aufmarschräume waren zunächst bestimmt für VII. Reservekorps: von der Maas bis zur Linie Montmsdy—Iametz—
Damvillers—Flabas; für XVIII. Armeekorps: östlich anschließend bis zur Linie Rouvrois—Ville devant Chaumont; für III. Armeekorps: östlich und südöstlich anschließend bis zur Linie Uivry-Eircourt—
Spincourt—Vois de Pierreville; für XV. Armeekorps: südöstlich davon. Zur Tarnung der Absichten wurde verbreitet, daß der Feind sicheren Nachrichten zufolge einen Vorstoß aus Verdun plane. Entladungen und Märsche durften nur nachts oder bei unsichtigem Wetter erfolgen.
Die artilleristischenAngrifssvorbereitungen hatten am 22. Dezember mit dem Eintreffen des Generalmajors Schabet als
„General der Fußartillerie beim Armee-Oberkommando" begonnen'). Er hatte einen Bedarf von 808 schweren Steilfeuergeschützen (15 und 21 ein), 232 schweren Flachfeuergeschützen (10 bis 15 cm) und 22 schwersten Ge¬ schützen errechnet und beantragt, im ganzen 299 Fußartillerie-Batterien, 0 Einzelheiten über die Verwendung der schweren Artillerie, für die im Rahmen dieses Werkes kein Raum ist, werden in der zur Zeit in Arbeit befindlichen amtlichen
„Geschichte der deutschen Fußartillerie" dargestellt werden.
62
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Januar, dazu die Feldartillerie der Angriffsdivisionen. Demgegenüber standen bei der Feuereröffnung nach mehrfachen Änderungen schließlich insgesamt nur bereit: 416 schwere Steilfeuer- und 209 schwere Flachfeuergeschütze (davon für die Abschnitte A bis C 340 und 153) sowie 26 schwerste Steilfeuer- und drei (Marine-) Flachfeuergeschütze, außerdem 550 Geschütze der Feldartillerie, davon 308 in den drei Abschnitten des Hauptangriffs. Gegen die vor-
derste feindliche Linie sollten fehlende Mörser durch Minenwerfer ersetzt werden. Für jeden Abschnitt wurden ein General der Fußartillerie, die
nötigen Stäbe sowie ein Parkkommando gestellt. An Munition sollten vor der Feuereröffnung je drei Tagesraten in und bei den Batterien sowie in den Abschnittsparks niedergelegt werden.
Als Tagesrate für jedes Geschütz bestimmte die Oberste Heeresleitung, unter Herabsetzung der Forderungen des Armee-Oberkommandos, für Feldkanonen 300 Schuß, leichte Feldhaubitzen 400, schwere Feldhaubitzen 180, Mörser 120, schwerstes Steilfeuer 50 bis 100, schwere Flachfeuergeschütze 100 bis 250'). Der Antransport, der 213 Munitions-Vollbahnzüge erforderte, begann am 12. Januar 1916. Bis zum 31. sollten die drei Tagesraten in den Parks niedergelegt, anschließend bis zum 10. Februar die übrigen zu den Batterien vorgebracht sein. Obwohl der Vau des Feld-
und Förderbahnnetzes zwischen den Parks und den Vatteriestellungen infolge des außerordentlich ungünstigen Wetters sich verzögerte und die nächtlichen Kolonnenbewegungen durch Witterung und Gelände sehr erschwert waren, wurde die überaus schwierige Aufgabe pünktlich durchgeführt. Vom ersten Angriffstage ab mußten dann täglich 33% Munitions¬ züge nachgeschoben werden. An Minenwerfern standen die der Divisionen zur Verfügung,
ferner in den drei Abschnitten des Hauptangriffs je ein MinenwerferBataillon, im ganzen 32 schwere, 88 mittlere und 82 leichte Minenwerfer. Die Munition, 9120 schwere, 28 500 mittlere, 69 600 leichte Minen und 7200 leichte Gasminen, war bis Anfang Februar den Abschnitten zugeführt; eine Reserve lagerte im Armee-Pionier-Park. An Pionieren^) waren drei Regiments- und 19 Vataillonsstäbe mit 57 Kompagnien als Verstärkung gefordert worden, die jedoch von der 0 Die Zahlen waren verschieden je nach Kaliber und Feuergeschwindigkeit. 2) Bei der Schilderung der Kämpfe konnte auf die Tätigkeit der Pioniere nicht ihrer Bedeutung und ihren Leistungen entsprechend eingegangen werden, da sie meist in kleinste Trupps aufgelöst die angreifende Infanterie unterstützten. Cs hat aber kaum einen Sturmtrupp gegeben, bei dem nicht Pioniere entscheidend beteiligt waren. Im übrigen wurden Flammenwerfer und damals auch noch Minenwerfer ausschließlich von ihnen bedient.
Angriffsvorbereitungen.
63
Obersten Heeresleitung nicht annähernd gestellt werden konnten. Immerhin standen den drei Korps des Hauptangriffs 39 Pionier- und 8 Flammenwerfer-Kompagnien zur Verfügung. Von den Flammenwerfern, die hier erstmals in größerer Zahl eingesetzt werden sollten, erwartete man große moralische und tatsächliche Wirkung, besonders gegen die Besatzung von
Hohlräumen. Die Luftwaffe fand zum ersten Male eine Verwendung, die ihrer Bedeutung entsprach. Die bis dahin im Abschnitt von Verdun eingesetzten Verbände — fünf Feld-, zwei Artillerie-Flieger-Abteilungen und eine Feld-Luftschiffer-Abteilung — hatten das gesamte französische Stel-
lungssystem, soweit das in dem vielfach waldigen und unübersichtlichen Gelände möglich war, in allen Einzelheiten im Lichtbild festgelegt. Das rückwärtige Gelände war bis Bar le Due, 43 Kilometer südwestlich der Festung, erkundet. Mit Beginn der Angriffsvorbereitungen wurde den
Fliegerverbänden die schwer lösbare, aber für das Gelingen eines unbeob-
achteten Aufmarsches für unerläßlich gehaltene Aufgabe gestellt, durch Sperrflüge die feindliche Lufterkundung zu unterbinden. Da letztere durch äußerst ungünstige Witterung ohnehin stark beeinträchtigt wurde, gelang es, die Aufgabe zu erfüllen.
Von den weiteren Luftstreitkräften wurden zuerst
Kampfeindecker der Kampfgeschwader herangezogen, die mit Iagdkräften der 5. Armee zu „Kampfeindeckerkommandos" vereinigt wurden, um günstige
Bedingungen für den Luftkampf zu schaffen. Gleichzeitig verschob die 3. Armee ihre Jagd-Kräfte nach dem linken, die Armee-Abteilung Strantz die ihren nach dem rechten Flügel. Als besondere Verstärkung wurden der 5. Armee Anfang Februar zwei Kampfgeschwader der Obersten Heeres-
leitung und zwei Artillerie-Flieger-Abteilungen zugeführt. Die Luftschiffer wurden auf sieben Abteilungen zu meist zwei Fesselballonen gebracht und ebenso wie die Artillerie-Flieger den Generalen der Fußartillerie unterstellt. Die Kampfgeschwader wurden zur Unterstützung des Crdkampses sowie zum Angriff gegen die rückwärtigen Verbindungen hinter den Armee-
flügeln zusammengezogen'), so daß die aus der feindlichen Front vorspringende Verdun-Ecke von Norden und Osten tief umfaßt werden konnte. Sie hatten
in täglich mehrfach zu wiederholenden Angriffen wichtige Erdziele, vornehmlich die Eisenbahnknotenpunkte Ste. Mönehould, Revigny, Bar le Due und Ligny mit Bomben zu belegen sowie auftretende feindliche Geschwader durch Angriff am „Durchbruch um die Flügel der 3. Armee herum" zu *) Bei Rethel/Vouziers Kampfgeschwader 1 (verstärkt durch Kampfstaffeln der 3. Armee), bei Metz Kampfgeschwader 2(verstärkt durch Kampfstaffeln der ArmeeAbteilungen Strantz und Falkenhausen), beide Geschwader zu je sechs Staffeln.
64
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
. hindern. Cin beim Stabsoffizier der Flieger zusammenlaufendes Flieger-
Nachrichtennetz ermöglichte einheitlichen Einsatz. Neben den Fliegern sollten auf Weisung des Chefs des Generalstabes des Feldheeres die Heeresluftschiffe bei günstiger Wetter-
läge eine „aufs höchste gesteigerte, nächtliche Angriffstätigkeit entfalten" und Epinal, Toul, Nancy sowie die Knotenpunkte der Eisenbahn Toul— Vitry le Frangois—Chalons s. M. mit Vomben belegen. Für den Ausbau der Voll- und Kleinbahnen sowie für die Anlage und den Betrieb des Feldbahnnetzes in den Angriffsabschnitten unterstanden dem Kommandeur der Eisenbahntruppen beim Armee-Oberkommando 5 zu Beginn des Angriffs 20Eisenbahn-Bau-Kompagnien, dazu
26 Armierungs-Kompagnien. Einschließlich der zugeteilten Hilfskräfte betrug die Stärke des für diese Aufgaben eingesetzten Personals mehr als 20 000 Köpfe.
Die Unterbringung der zahlreichen Angriffs- und Arbeitstruppen, Bespannungsabteilungen und Kolonnen machte in der dünnbesiedelten Gegend Schwierigkeiten. Gewaltige Mengen von Material mußten herangeführt werden, um die Truppen im Anschluß an Ortschaften oder in
Waldlagern leidlich gegen die Anbilden der Witterung zu schützen. Ebenso fehlte es in dem für den Angriff nur wenig entwickelten Grabennetz des V. Reservekorps an Bereit st ellungsmöglichkeiten für die S t u r m t r u p p e n. In der vorderen Stellung sollte deshalb Untertrete-
räum für neu hinzukommende 18 000 Mann geschaffen werden; er war bei
Angriffsbeginn erst für noch nicht ganz 10 000 Mann fertig. An sonstigen Vorbereitungen, die in fast ununterbrochener Folge einen gewaltigen Aufwand an Arbeitskräften, Transporten, Material erforderten, seien hier nur genannt: Erkundung und Ausbau der Beobachtungsstellen, Feuerstellungen und Munitionsparks mit den nötigen Verbindungen durch
Wege, Feld- und Förderbahnen; Ausbau des Fernsprechnetzes für die Befehlsführung und für artilleristische Sonderzwecke; Anlage von Pionierparks, Verpflegungsmagazinen und Sanitätseinrichtungen; Neuanlage, Instandhaltung und Tarnung von Straßen, so daß in jedem Divisionsabschnitt wenigstens eine bis zur vordersten Stellung durchführte.
Die Angriffsbefehle (Skizze 1). Nachdem mit dem Chef der Operationsabteilung, Generalmajor T a p -
Pen, auf Grund seiner persönlichen Erkundung über die Art des Angriffs volle Übereinstimmung erreicht war, wurden Ende Januar die Befehle für die Angriffstruppen erlassen. Auch sie wurden der Obersten Heeresleitung
Die Angriffsbefehle.
65
eingereicht, die aber — soweit bekannt — an ihnen ebensowenig, wie an
den Angriffsentwürsen, Änderungen vornahm'). Der
Armeebefehl
für
die
Angriffskorps
vom n.Januar.
27. Januar verteilte die ersten Aufgaben wie folgt2):
Abschnitt A, VII. Reservekorps (2% Divisionen auf acht Kilometer Front): Einnahme des Haumont-Waldes und Vordringen bis auf die Südhänge der beiden von dort in der Richtung auf Samogneux ver-
laufenden Höhenrücken, Säuberung des Geländeabschnittes zwischen dem Haumont-Wald, Samogneux und der Maas. Abschnitt L, XVIII. Armeekorps (zwei Divisionen auf zwei Kilometer Front): Wegnahme des Caures-Waldes und Vordringen auf der Höhenlinie in der Richtung auf Champneuville bis zu der beherrschenden Höhe 344 einschließlich. Der linke Flügel sollte die Einnahme des Waldes la Wavrille durch das III. Armeekorps unterstützen.
Abschnitt C, III. Armeekorps (zwei Divisionen auf knapp vier Kilometer Front): Angriff auf dem Rücken östlich der Straße Ville
devant Chaumont—Vacherauville, mit Hinteren Staffeln Säuberung des Herbebois durch Einschwenken nach der linken Flanke, und Vordringen in der Richtung auf Douaumont. Abschnitt D, XV. Armeekorps (zwei Divisionen): Der Angriff wurde vom erfolgreichen Vordringen der vorgenannten Korps auf den Cötes abhängig gemacht und sollte daher erst auf Befehl des Armee-Oberkommandos einsetzen. Sein Ziel war südlich des Vaux-Baches die Wegnähme der feindlichen Stellung Charriöre-Wald—Fromezey. Das V. Reservekorps hatte in seiner bisherigen, alle genannten Abschnitte überdeckenden Stellung den Aufmarsch der Angriffskorps zu sichern und bis zum Angriffsbeginn zu verschleiern. Außer der zum VII. Reservekorps tretenden 77. Infanterie-Brigade waren seine in den
Abschnitten A, B und C stehenden Teile (10. Reserve-Division) nach Beginn des Angriffs nach links zusammenzuziehen, um gegen den feindlichen Stellungsabschnitt Ornes—Mogeville angesetzt zu werden. Dieser Angriff sollte erst auf Befehl des Oberkommandos erfolgen, „wenn das III. Armeekorps in den Fosses- und Chaume-Wald eingedrungen ist und wenn das XV. Armeekorps seine Aufgabe löst". *) Der Komm. Gen. des III. A.K. wies General von Falkenhayn einige Tage
vor Angriffsbeginn auf verschiedene, seiner Ansicht nach unzweckmäßige Anordnungen des A.O.K.5 hin, worauf dieser erwiderte, er könne sich in die Vesehlsgewalt des Oberkommandos nicht einmischen (Zuschrift des Gen. d. Inf. a. D. von Lochow vom 15. Aug. 1935). 2) Wortlaut in „Schlachten des Weltkrieges", Band 13, Anlage 1. Weltkrieg. X. Band.
5
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
SS
27.Januar.
VI. Reservekorps westlich der Maas, 9. Reserve-Division,
XV.Armeekorps und Armee-Abteilung Strantz hatten zunächst nur artilleristisch mitzuwirken, vor allem durch Niederhalten der vor ihrer
Front befindlichen feindlichen ständigen Anlagen und Beschießung von Fernzielen. Für die demnächst durch das XXII. Reservekorps') zu ver-
stärkende Armee-Abteilung Strantz, so hieß es in einem Sonderbefehl an diese, würde nach Vortragen des Angriffs auf den Cütes und demnächst über die Linie Dieppe—Wareq der Zeitpunkt zum Angriff aus der Stellung der 5. Landwehr-Division gegen die Straße Vraquis—Fresnes
gekommen sein'). Weiterhin sollte dann die Räumung des ausgedehnten Waldgeländes zwischen Warcq und Haudiomont durch Angriff von Norden und Osten erzwungen werden. Ein Vorgehen der Armee-Abteilung auf den Eötes nach Norden käme erst in Frage, wenn die Festung selbst gefallen wäre. Für diese Aufgabe stand dann wahrscheinlich ihre Verstärkung durch das, wie man hoffte, bis dahin frei werdende VII. Reservekorps in Aussicht. Zur Abwehr etwaiger Entlastungsangriffe gegen die Südfront der Armee-
Abteilung sollten ihr die vorübergehend bei ihr eingesetzte 121. InfanterieDivision und die als Reserve der Obersten Heeresleitung bei Metz liegende 113. Infanterie-Division verbleiben. Den nicht am Angriff beteiligten Korps der 5. Armee und der Armee-
Abteilung Strantz, dem Gouvernement Metz, den Armee-Abteilungen Falkenhausen und Gaede wurden Scheinunternehmungen zur Ablenkung des Gegners befohlen, die übrigen Armeen der Westfront um ähnliche Maßnahmen gebeten. Ein „Befehl für die Tätigkeit der Artillerie und M i n e n w e r f e r" verteilte im einzelnen die im artilleristischen Angriffs-
entwurs gestellten Aufgaben'). Damit behielt das Armee-Oberkommando die Hauptmasse der schweren Artillerie selbst in der Hand. Rur die Be° kämpfung neu auftretender Artillerie, die Feuerverlegung innerhalb der Abschnitte und deren gegenseitige Unterstützung war Sache der Kommandierenden Generale, denen hierzu eine Anzahl schwerer Batterien und die Masse der Feldartillerie verblieben. Der allgemeine Feuerbeginn war auf den 12.Februar
8° vormittags festgesetzt, für schwerste Batterien eine Stunde später. Die 1) S. 61 und 91. 2) In einer Besprechung beim A. O. K. 5 am 1. Februar wurde entschieden, daß
der Angriff der A. Abt. Strantz beginnen sollte, sobald die 5.Armee die Linie Dugny—
Ctain erreicht habe. -) S. 60.
67
Die Angriffsbefehle.
Minenwerfer sollten sich erst vormittags einschießen und gegen 1° mittags das Wirkungsschießen beginnen. Am 5° nachmittags mußten die vorderen Zielteile vom Feuer freigemacht werden. Nach den Meldungen der Generalkommandos über die Ergebnisse des „Vorfühlens" der Infanterie wollte dann das Armee-Oberkommando das Feuer für den nächsten Tag neu verteilen. Anordnungen für die Nacht und den folgenden Tag — falls der Feind am ersten Tage nicht völlig aus seiner vordersten Linie vertrieben werde — regelten die
Fortsetzung des Artilleriefeuers so, daß vor dem Sturm der Infanterie eine Stunde Trommelfeuer abzugeben war. Der erste Stellungswechsel aller beweglichen Batterien war für den
Zeitpunkt geplant, da die Infanterie im gesicherten Besitz des Höhenzuges344—südlich von Veaumont—südlich des Herbebois sein werde. Er war so gründlich vorzubereiten und staffelweise durchzuführen, daß der Feind auf dem ganzen Angriffsfelde ununterbrochen unter kräftiger FeuerWirkung blieb. Die Durchführung des ersten Infanterieangriffs suchte der Angriffsbefehl durch folgenden Wortlaut zu regeln: „Am 12.Februar 5° nach¬ mittags ist in den Abschnitten A—C von den Armeekorps mit lichten Schützenlinien gegen die erste Linie des Feindes vorzufühlen und diese in
Besitz zu nehmen. Verstärkt werden diese Schützenlinien durch Flammenwerser und Handgranatentrupps. Ist es gelungen, in der ersten feindlichen Linie Fuß zu fassen, so muß versucht werden, die zweite französische Linie aufzuklären, um genaue Unterlagen für die erneute artilleristische Beschießung
am nächsten Vormittag zu gewinnen"'). Die nächste Ziffer des Befehls sagte: „Ebenso wie bei dem Artilleriefeuer kommt es bei dem Infanterieangriff für die gesamte Kampfhandlung um die Festung Verdun unbedingt darauf an, den Angriff niemals ins Stocken kommen zu lassen, damit die ') Hierzu schreibt der damalige Erste Generalstabsoffizier des A. O.K.5: „Das Oberkommando kannte die Tücke französischer Stützpunkte aus den Kämpfen in den Waldargonnen, nicht aber deren Vorhandensein vor Verdun. Deshalb sah es im Sinne des ununterbrochenen Vorwärtsdranges bewußt davon ab, den Angriff der
Armeekorps irgendwie durch einschränkende Erläuterungen von vornherein zu hemmen. Sie bedeckten mit ihren sechs Divisionen einen Raum von knapp zehn Kilometer Front, konnten also bei so enger Fühlung den an einer Stelle etwa fortschreitenden
Angriff des Nachbarn nicht dadurch ins Stocken bringen, daß sie bei solcher Sachlage selbst rückgängige Bewegungen zuließen. Ergab aber die Aufklärung der zweiten französischen Linie jene nicht zu durchstoßenden Argonnen-Stützpunkte gegenseitiger Flankierung, so waren die Unterlagen für die erneute artilleristische Beschießung, die an sich unerwünscht war, gewonnen". (Zuschrift des Genmaj. a. D. von Heymann vom
2l.Aug. 1935.) 5*
68
Die Westfront bis zum Sommer 1916.
— Verdun.
27. Januar. Franzosen keine Gelegenheit finden, sich in rückwärtigen Stellungen erneut festzusetzen und den einmal gebrochenen Widerstand wieder zu organi¬
sieren". Die Generalkommandos und Divisionen hatten das Empfinden, daß diese beiden Anordnungen einander widersprächen oder doch nicht eindeutig genug seien. Die Zweifel wurden auch zur Sprache gebracht, eine klärende Änderung oder eine eindeutige Auslegung des Wortlautes jedoch nicht erreicht. Schließlich war der Kommandierende General des VII. Reservekorps, General der Infanterie von Zwehl, festen Willens, gleich am ersten Kampftage den ganzen Haumont-Wald zu nehmen. Der Kommandierende General des XVIII. Armeekorps, General der Infanterie von Schenck,
befahl in gegensätzlicher Auslegung: „Je nach den Verhältnissen wird sich schon am 12. das VII. Reservekorps in den Besitz der ersten Linie des Haumont-Waldes, III. Armeekorps in den Besitz der ersten Linie am Kap*)
und Nordrand des Herbebois setzen". Auch ein Gelingen dieser Absichten ändere nichts an der Anordnung des Korpsbefehls, die lautete: „Eine Besetzung etwa vom Feinde geräumter Grabenstücke findet am 12. ohne Genehmigung des Generalkommandos nicht statt". Die 21. Infanterie-Division wollte ihre vorfühlenden Patrouillen aber trotzdem an den gewonnenen
Plätzen belassen, falls sie die zweite und dritte feindliche Stellung nicht mehr besetzt fanden; bei der 25.Infanterie-Division dagegen sollten sie auf jeden Fall am zweiten Kampftage um 6° vormittags wieder zurück sein. Beim III. Armeekorps gab General der Infanterie von Lochow den Wortlaut des Armeebefehls an die Divisionen weites). Die 5.Infanterie-Division
befahl dementsprechend. Die 6. Infanterie-Division dagegen wollte auch gleich die zweite Linie im Herbebois nehmen, mußte aber auf ausdrückliche Anordnung des Generalkommandos ihren Befehl entsprechend dem Armeebefehl ändern. Gegen die einheitliche Leitung des Artilleriefeuers, teilweise sogar für die Feldartillerie, durch den General der Fußartillerie beim Armee-Ober-
kommando brachten einige höhere Truppenführer das Bedenken vor, daß dadurch das Zusammenwirken der Infanterie und Artillerie gefährdet würde. Das Oberkommando hielt aber auch in diesem Punkte an den gegebenen
Befehlen fest. Die letzten Vorbereitungen. Auch nach der Ausgabe der Befehle wurde an der Ausgestaltung des
Angriffsplanes weitergearbeitet. Dabei schlug der von der Obersten Heeres¬ ') Cap de Bonne Csperanee, südwestlich von Azannes. 2) S. 65, Anm. 1.
Letzte Angriffsvorbereitungen.
69
leitung entsandte Oberstleutnant Bauer in zwei längeren Meldungen an
«.bis
diese nochmals vergeblich vor, den Angriff gleichzeitig auf dem westlichen 12-&c6ntatMaas-Ufer zu führen'), um die Flankierung von dort lahmzulegen. Die eintreffenden Stäbe und Truppen wurden über ihre Aufgaben unterrichtet. Die Angriffskorps übernahmen zwischen dem 8. und 12. Februar ihre
Abschnitte. Um die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken, begab sich Kronprinz Wilhelm ins Ober-Clsaß zur Armee-Abteilung Gaede, wo zu Täuschungs-
zwecken die Vorarbeiten für das Schwarzwald-Unternehmen2) mit allerdings herabgesetzten Mitteln weitergeführt worden waren.
Der Feind schien von dem bevorstehenden Angriff nichts gemerkt zu haben. Am 10. Februar nahm ihn das Oberkommando in folgender Auf-
stellung an'): französische 3. Armee unter General Humbert mit: X. Korps (20. und 131., dahinter 19. Division) von der Aisne
bis La Chalade (Mitte der Argonnen); V.Korps (9., 125. und 10. Division) östlich anschließend bis
Avocourt; eine Territorial-Division anschließend bis Bsthincourt; Befestigter Raum von Verdun (General Cöutaneeau) mit 72. D i v i f i o n (Hauptreserve der Festung) von Bethincourt
nach Osten über die Maas bis nordwestlich von Ornes4) und
XXX. Korps (als fraglich bezeichnet) mit 106. TerritorialDivision von Ornes bis Ctain und 132. Division anschließend nach Süden. In Reserve südlich von Verdun: 12. Division östlich der Maas bei Dieue und Sommedieue, 51. Division bei Bar le Duc. Cs schienen also dem ersten Angriff von drei deutschen Armeekorps
(sechs Divisionen und einer Brigade mit zusammen 61 Bataillonen) östlich der Maas nur vier französische Infanterie-Regimenter und zwei JägerBataillone, im ganzen 12 Bataillone, gegenüberzustehen. An feindlicher Artillerie hatten die Meßstellen in den letzten Wochen 65 feuernde Batterien gemeldet. Am Morgen des vorgesehenen Angriffstages, 12. Februar, erließ KrönPrinz Wilhelm folgenden „Armee-Befehl": ') S. 38 f. 2) 6.23. 3) Wirkliche Lage beim Feinde S. 105 f.
4) In vorderster Linie fünf Infanterie-Regimenter, zwei Jäger-Bataillone und ein Territorial-Regiment, in Reserve bei Bras ein Infanterie-Regiment.
70
12. Februar.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
„Nach langer Zeit zäher Abwehr ruft uns der Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs zum Angriff! Seien wir von dem Bewußtsein durchdrungen, daß das Vaterland Großes von uns erwartet! Es gilt unseren Feinden zu zeigen, daß der eiserne Wille zum Siege in Deutschlands Söhnen lebendig geblieben ist, und daß das deutsche Heer, wo es
zum Angriff schreitet, jeden Widerstand überwindet! In fester Zuversicht, daß jeder an seiner Stelle sein Höchstes daransetzen wird, gebe ich den Befehl zum Angriff!" Bereits an den Vortagen hatte die Wetterlage in wachsendem Maße zu Bedenken Anlaß gegeben. Trotzdem standen am Morgen des 12. Februar die Angriffstruppen in den vordersten Gräben bereit. Die
Artillerie, deren Aufmarsch und Munitionierung planmäßig durchgeführt war, hatte mit der Mehrzahl ihrer Batterien das Cinfchießen vollendet. Indessen erwies sich das Wetter, das durch Regenstürme und den über dem
Angriffsfelde lagernden Dunst jede weite Sicht unmöglich machte, als so schlecht, daß das Armee-Oberkommando nach Anhörung des Generals der Fußartillerie sich um 10' vormittags schweren Herzens dazu entschloß, den Feuerbeginn um einen Tag hinauszuschieben, da die Wirkung, besonders der schweren Artillerie, auf der das Angriffsverfahren beruhte, nicht gewähr13. &i«
2». Februar,
leistet werden konnte.
Aber am 13. Februar und in den folgenden Tagen
das Wetter nicht besser. So wiederholten sich die Verschiebungen. Die Wartezeit diente der Vervollständigung der Angriffsvorberei-
tungen. Das V. Reservekorps konnte, soweit seine Truppen durch andere abgelöst waren, planmäßig zwischen dem III. und dem XV. Armeekorps aufmarschieren. Seine Artillerie mußte allerdings bis nach Angriffsbeginn in ihren Stellungen bleiben, um durch Erledigung der bisher üblichen Schießaufgaben den Feind zu täuschen. Es wuchs aber mit jedem Tage die Gefahr, daß die Angriffstruppen in ihrer engen und dürftigen Unterkunft an Gesundheit und Angriffsschwung einbüßten, und daß der Feind die Angriffsabsicht erkannte und Gegenmaßnahmen traf. Die Vernehmung eines am 15. Februar nördlich des Herbebois eingebrachten Gefangenen ließ vermuten, daß die französische 51. Division von Bar le Duc her bereits herangezogen worden sei. Auch hätten die Franzosen das Schneiden von Sturmgassen durch die deutschen Drahthindernisse am Vorabend des 12. Februar bemerkt und schienen seitdem mit einem örtlichen deutschen Angriff zu rechnen. General Coutanceau sollte seit etwa zwei Wochen nicht mehr Gouverneur von Verdun sein; sein Nachfolger war nicht bekannt. Beaumont und Louvemont sowie den Pfeffer-Rücken bezeichnete der Gefangene als besonders stark zur Verteidigung ausgebaut. Ganz ahnungslos war also der Feind nicht mehr, und jeder Tag konnte ihm weitere Klar-
Letzte Angriffsvorbereitungen.
71
heit bringen, da von den Angriffstruppen verschiedene Leute als vermißt und des Merkausens verdächtig gemeldet wurden^). Trotzdem wurde infolge des anhaltenden ungewöhnlich schlechten Wetters am 18. Februar ein Aufschub um mehr als 24 Stunden für not-
wendig gehalten. Die für das erste Vorgehen bestimmten Truppen wurden zurückgenommen. Da trat am 19. abends ein Witterungsumschlag ein. Am
20. folgte nach leichtem Frost strahlend klares Wetter. In der folgenden Nacht wurden die Sturmtruppen wieder vorgeführt. Zu diesem Zeitpunkt gliederten sich die Angriffstruppen") wie folgt: VII. Reservekorps, General der Infanterie von Z w e h l
(Abschnitt A), mit 77. Infanterie-Brigade, 14. und 13. ReserveDivision — 24 Bataillone, 64 Batterien (264 Geschütze), 16 Pio¬
nier-, vier Flammenwerfer- und sechs Minenwerser-Kompagnien, eine Artillerie-Flieger-Abteilung, drei Fesselballone. XVIII. Armeekorps, General der Infanterie von Schenck (Abschnitt B), mit 21. und 25.Infanterie-Division — 18 Ba¬
taillone, 69 Batterien (266 Geschütze), zwölf Pionier-, zwei Flammenwerfer- und sechs Minenwerser-Kompagnien, eine Artil-
lerie-Flieger-Abteilung, drei Fesselballone. III. Armeekorps, General der Infanterie v o n L o cho w (A b -
schnitt 0), mit ö. und 6. Insanterie-Division — 20 Bataillone,
88 Batterien (320 Geschütze), zwölf Pionier-, zwei Flammenwerferund sechs Minenwerser-Kompagnien, eine Artillerie-Flieger-Abtei-
lung, sechs Fesselballone. V.Reservekorps, General der Infanterie von Gündell, mit 10. Reserve-Division (neun Bataillone) zwischen III. und
XV. Armeekorps aufmarschiert, ihre Feldartillerie (sieben Batterien) noch zur Verschleierung in den Abschnitten Aund B; 9. Reserve-
Division (neun Bataillone, sieben Batterien) zur Verschleierung noch im Abschnitt I); eine Feld-Flieger-Abteilung. Luftstreitkräfte zur Verfügung des Armee-Oberkommandos: eine Feld-Flieger-Abteilung, zwei Kampfgeschwader der Obersten Heeresleitung; ferner bei den Generalkommandos westlich der Maas drei Feld-Flieger-Abteilungen, eine Artillerie-Flieger- und eine FeldLuftschiffer-Abteilung. — Gesamtzahl aller Luftstreitkräfte: zwei Großund 145 O(Ausklärungs-) Flugzeuge, 21 Kampf-Eindecker, 14 Fesselballone,
außerdem vier Lenkluftschiffe der Obersten Heeresleitung. ') Nochmalige Erörterung der Frage des Westangriffs am 17. Febr. S. 204. 2)Bei der Artillerie sind unbespannte 9 cm-Batterien veralteter Art nicht mitgerechnet. Gliederung der Artillerie s. Karte 3 und Skizze 2.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
72
b) Die Schlacht vom 21. bis 28. Februar. Karte 3.
Der Angriff am 21. Februar (Skizze 1 und 2). 2>. Februar.
Am Morgen des 21. Februar herrschte gute Sicht.
Um 8'* gab
Kronprinz Wilhelm den Befehl zur Feuereröffnung. Das Wirkungsfchießen verlief planmäßig. Bald gingen zahlreiche Meldungen über gute Lage und Wirkung des Feuers, Zerstörungen an feindlichen Hinder¬ nissen und Gräben sowie Nückwärtsbewegungen bei den Franzosen ein.
Die Luftaufklärung meldete Volltreffer auf Eisenbahnen und Forts sowie Brände in Verdun. Die feindliche Gegenwirkung bestand in geringem und anscheinend planlosem Streufeuer. Die zuversichtliche Stimmung von Führern und Truppe wuchs von Stunde zu Stunde. Am 4'° nachmittags meldete das VII. Reservekorps als Beobachtung
der 14. Reserve-Division: „Haumont-Wald stark unter Feuer, Hindernisse zerstört, Unterstände brennen. Vorfühlende Infanterie hat kein Feuer mehr erhalten."
Der Generalstabschef des Armee-Oberkommandos war unter
diesen Umständen mit der Erweiterung des Erkundungsvorstoßes am ersten Kampftage einverstanden und antwortete: „Gut, dann alles heute nehmen!" Cr rief das XVIII. Armeekorps an: „Nachbar meldet Haumont geräumt, Truppen von Bras auf Fleury. Sind Sie bereit mitzumachen?" Die Antwort lautete bejahend, sofern die Nachrichten zuträfen. Inzwischen war es 440 nachmittags geworden. Die Weisungen konnten daher auf den Vorstoß der Crkundungsabteilungen und auf die Feuerverlegung der Artillerie um 5°keinen Einfluß mehr haben. Im Abschnitt des VII. Reservekorps blieben die am weitesten westlich stehende 77. Infanterie-Brigade unter Generalmajor von Dewitz und der rechte Flügel der 14. Reserve-Division des Generalleutnants Loeb in ihren Stellungen. Von seinem linken Flügel ließ letzterer ein InfanterieRegiment westlich des Weges Flabas—Haumont gegen den Haumont-Wald vorgehen, dessen Nordrand fast ohne Verluste um S" nachmittags erreicht wurde. Ebenso schnell, wenn auch nicht ganz so leicht, gelangten dorthin östlich des Weges zwei von General der Kavallerie von Kühne angesetzte
Bataillone der 13. Reserve-Division. In teilweise erbittertem Waldgefecht wurde dann bis 5" nachmittags das im Mittelpunkte des Waldes gelegene „Sternwerk" genommen. Um 740warderSüdrander bis auf einen geringen Nest der Osthälfte, vom Gegner gesäubert. Beim XVIII. Armeekorps drangen von der 21.Infanterie-Division des Generalleutnants von Oven je drei Offizierpatrouillen beiderseits
Erster Angriffstag.
73
der Straße Flabas—Vacherauville in die feindlichen Gräben am Nordwestrande des Caures-Waldes ein, zum Teil auch in die zweite Linie mitten im Walde; eine stieß sogar bis fast an den Südwestrand durch. Da aber keine weiteren Kräfte nachgeführt wurden, konnte nur vom rechten
Flügel der Division die zweite feindliche Linie im Nordwestrande, im übrigen nur die erste am Nordrande gehalten werden.
Vor der 25.Infan¬
terie-Division unter Generalleutnant Kühne hatte das Vorbereitungsfeuer die im Walde ganz verdeckte vorderste feindliche Linie weniger gefaßt.
Neun schwache Patrouillen gelangten trotz schneidigen Vorgehens nur zum Teil in die erste und nur ganz vereinzelt in die zweite Linie. Fast überall
wehrte sich der Gegner noch heftig. Befehlsgemäß kehrten die Patrouillen wieder in die Ausgangsstellung zurück. Beim III. Armeekorps nahmen von der 5.Infanterie-Division des Generalleutnants Wichum im ganzen fünf Züge Infanterie den vordersten feindlichen Graben im Nordrande des Waldes von Ville. Starkes Abwehrfeuer aus dem Waldinnern verursachte erhebliche Verluste und hinderte weiteres Vordringen. Die 6. Infanterie-Divifion des Generalleutnants Herhudt von Rohden griff frontal mit acht Zügen an, weitere Kräfte standen bereit, um die bestimmt erwarteten Anfangserfolge zu erweitern. Aus dem rechten Flügel wurde der aus dem Herbebois nach
Norden vorspringende erste feindliche Graben überrannt. Das Vorgehen kam auch hier vor einer überhöhend im Walde gelegenen, wegen ungün-
stiger Veobachtungsverhältnisse bisher nicht erkannten zweiten feindlichen Linie zum Stehen und wurde selbst durch sofortiges Nachschieben weiterer Kräfte nicht wieder in Gang gebracht. Der linke Flügel überschritt trotz feindlichen Artilleriefeuers in einem Laus den 800 Meter breiten, tiefen Grund von Soumazannes, nahm unter mäßigen Verlusten überall den ersten feindlichen Graben am Nordrande des Herbebois und am äußersten linken Flügel auch einen kleinen Teil des zweiten. Im übrigen war
die zweite französische Linie auch hier so wenig erschüttert, daß wiederholte Angriffsversuche nachgeschobener stärkerer Kräfte unter erheblichen Verlusten ebenfalls scheiterten. Vom V. Reservekorps ging, einer Vereinbarung mit dem III. Armeekorps entsprechend, nur eine stärkere Offizierpatrouille vom rechten Flügel der 10. Reserve-Division gegen den Ostrand des Herbebois vor,
erreichte ihn jedoch nicht. Bald nach Beginn des Vorfühlens hatten weitere günstige Meldungen vom VII. Reservekorps und XVIII. Armeekorps das Oberkommando veranlaßt, das XVIII. Armeekorps um 5" nachmittags nochmals anzuweisen:
74
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
2,. Februar. „Also so weit als möglich vor!" Als um 6° abends das III. Armeekorps
die vollständige Inbesitznahme des ersten feindlichen Grabens sowie das teilweise Erreichen des zweiten meldete, erhielt es ebenfalls Befehl, den zweiten Graben ganz zu nehmen. An den Ergebnissen des Tages änderten diese Weisungen aber nichts mehr. Spätere Meldungen aus der vordersten Linie ließen die im ersten Siegesjubel zu günstig beurteilten Ergebnisse geringer erscheinen, so daß — außer beim VII. Reservekorps — eine ge°
wisse Enttäuschung Platz griff.
Das XVIII. Armeekorps wollte seinen
geringen Erfolg wieder aufgeben, um am nächsten Tage noch einmal zu-
sammengefaßtes Artillerie- und Minenfeuer auf die nicht erschütterte feindliche Hauptstellung zu legen. Das Oberkommando widerriet dieser Absicht. Seit Beginn des Vorgehens hatte es etwas geschneit, jetzt folgte eine bitterkalte, dunkle Nacht. Die deutschen Luftstreitkräfte besaßen an diesem ersten Kampftage die volle Überlegenheit zur Luft. Die französischen Flieger-Abteilungen waren vom Schlachtfeld verjagt und durch Artilleriefeuer aus ihren Häsen vertrieben. Nachdem bereits im Laufe des Tages die Kampfgeschwader von Rethel und Metz mehrere erfolgreiche Angriffe auf die rück-
wältigen französischen Verbindungen, besonders auf die Bahnanlagen bei Revigny, Bar le Due, Tronville und Ligny en Barrois mit insgesamt 1990 Kilogramm Bomben ausgeführt hatten, starteten in der Nacht vier deutsche Lenkluftschiffe zu dem gleichen Zweck. Nur eines konnte 1500 Kilogramm Bomben auf Nancy abwerfen, ein zweites wurde bei Revigny ab-
geschossen, die beiden anderen kamen unverrichteter Sache zurück.
Absichten und Befehle für den 22. Februar (Skizze 3). General von Falkenhayn war im Laufe des Tages persönlich bei den Generalkommandos der Angriffsfront und beim Oberkommando gewesen. Nach Besprechung mit den Korpschefs meldete ihm General Schmidt von Knobelsdorf um 10*° abends am Fernsprecher
über Lage und Absichten. Die eingebrachten Gefangenen waren aus-
nahmslos von der französischen 72. Division. Nach ihren Aussagen hatten die Franzosen den Angriff seit dem 15. Februar erwartet, eine weitere Division herangeführt und Verstärkungen an Artillerie eingesetzt. Die feind-
lichen Verluste sollten besonders hoch gewesen sein. Die Fortführung des Angriffs am 22. Februar wurde derart festgesetzt, daß vorweg das VII. Reservekorps um 8° vormittags den Südostzipfel des Waldes von Eonsenvoye nehmen und dann die diesem südlich vorgelagerte
feindliche Stellung von Norden und Osten her aufrollen sollte. Die
Zweiter Angriffstag.
75
13. Reserve-Division hatte über den Haumont-Wald zunächst nicht hinaus» zugehen, aber den Angriff des XVIII. Armeekorps flankierend zu unterstützen. Beim XVIII. und III. Armeekorps sollte die schwere Artillerie um 8° vormittags das Wirkungsschießen wieder aufnehmen, dem um 12°
mittags der Sturm zu folgen hatte. Stellungswechsel der schweren Artillerie kam noch nicht in Frage. Ihre Aufgabe war durch den Crkundungsvorstoß eher erschwert als erleichtert worden, da die eigene Infanterie jetzt fast überall sehr dicht an der vordersten, in den unübersichtlichen Wäldern schwer
festzustellenden feindlichen Linie lag. Befehle der Generalkommandos ergänzten diese Weisungen des Armee-Oberkommandos: Beim VII. Reservekorps hatte der rechte Flügel der 14. ReserveDivision im Morgengrauen den „Namenlosen Wald" zu nehmen. Am 8° vormittags sollte dann der linke Flügel der 77. Infanterie-Brigade — die unter den Befehl der 14. Referve-Divifion trat — den Südostteil des
Waldes von Consenvoye und die feindlichen Stellungen südlich davon angreifen, während der inzwischen nach dem Westrande des HaumontWaldes verschobene rechte Flügel der 14. Reserve-Division in genau west-
licher Richtung vorzustoßen hatte. Die Truppen im Südwestteil des Haumont-Waldes sollten zu einem der örtlichen Führung geeignet erscheinenden Zeitpunkt das Dorf Haumont nehmen. Die 13. Referve-Divifion hatte zunächst den Ostteil des Haumont-Waldes vom Feinde zu säubern und dann sich dem Angriff der 14. Reserve-Division auf Haumont durch Vorstoßen auf den beiden vom Haumont-Walde nach Süden streichenden Rücken anzuschließen. Das XVIII. Armeekorps wollte um 12° mittags einheitlich und
nunmehr mit voller Kraft angreifen, die 21. Infanterie-Division aus den am Abend erreichten Stellungen, die 25.aus ihrer Ausgangsstellung mit Druck auf beiden Flügeln, um den in der Mitte vorspringenden Teil der
feindlichen Stellung abzuschneiden. Die 21. Infanterie-Division sollte über die c—c--£inie zunächst nicht hinausgehen, die 25. vor allem das bei Punkt 812') vermutete feindliche Werk nehmen, um dem rechten Flügel des III. Armeekorps das Vorkommen im Walde von Ville zu erleichtern. Im weiteren
Verlause wollte diese Division sich dem Vorgehen des Nachbarkorps
anschließen. Beim III. Armeekorps steckte General von Lochow sehr weite Ziele. Frische Infanterie sollte, um 12° mittags aus der Kap-Stellung antretend, zusammen mit den bereits eingesetzten Teilen den Angriff weiter') Diese Buchstaben und Zahlen waren deutsche Zielbezeichnungen.
76
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
2t. Februar, führen, dicht hinter dem Feuer der schweren Artillerie, das in vier Sprüngen um 1215mittags auf die Linie Punkt 820—Schlucht im Herbebois, um 12'° auf la Wavrille—Südrand Herbebois, um 1° auf den Nordrand des Fossesund Chaume-Waldes und um 4°, foweit kein anderer Befehl erging, auf den Südrand dieser Wälder vorzuverlegen war. Die Pause zwischen 1° und 4° nachmittags sollte zu staffelweisem Nachziehen der Vegleitbatterien ausgenutzt werden. Um 4° sollte die ganze Front des Korps zum Sturm auf die Nordränder des Fofses- und Chaume-Waldes antreten, deren Südrand nicht zu überschreiten war. Das V.Reservekorps, das wegen Mangels an Artillerie erst im weiteren Verlause am Angriff teilnehmen sollte"), war bereit, das Vor-
schreiten des III. Armeekorps durch ein östlich des Herbebois vorgehendes Bataillon zu sichern. Der Angriff am 22. Februar. 22. Februar. Die Morgenmeldungen des 22. Februar bestätigten im allgemeinen das am Vortage gemeldete Ergebnis, doch waren beim XVIII. Armee-
korps auch die Patrouillen der 21. Infanterie-Division vor heftigem feindlichen Artillerieflankenfeuer aus südwestlicher Richtung wieder in ihre Ausgangsstellung zurückgegangen. General Schmidt von Knobelsdorf übermittelte daraufhin dem Korps die nachdrückliche Forderung des Oberkommandos, den Caures-Wald heute unbedingt zu nehmen. Die im Ver-
hältnis zur deutschen Angriffsartillerie schwache französische Artillerie hatte sich während der Nacht erholt und verstärkt. Sie belegte bereits in den ersten Morgenstunden besonders die Truppen im Haumont- und Caures-Walde mit heftigem, verlustbringendem Feuer. Die neu herangezogene 51. Division arbeitete nach Gefangenenaussagen fieberhaft am Ausbau rückwärtiger Stellungen und Dörfer. Haumont, Beaumont und Louvemont, besonders aber
der Wavrille-Wald sollten festungsmäßig ausgebaut sein. Der Angriff der 14. Reserve-Division des VII. Reservekorps erreichte die für diesen Tag gesteckten Ziele. Ihr rechter Flügel, dabei die 77.Infanterie-Brigade, hatte am Abend die Linie Punkt 57—59 fest in der Hand. Der linke konnte nach achtstündigem Wirkungsschießen mit zahlreichen schweren und schwersten Batterien das stark befestigte und zunächst noch völlig unerschütterte Dorf Haumont erst um 5° nachmittags, dann aber Mehr als 1000 Gefangene wurden eingebracht. Der Stoß des rechten Flügels der 13. Reserve-Division blieb nach Wegnahme der Batterie 406 vor dem
in einem Zuge und unter geringen eigenen Verlusten nehmen.
1) S. 65 und
Zweiter Angriffstag.
77
unerschütterten Stützpunkt 741) liegen. Der linke Flügel der Division säuberte gleichzeitig mit dem Vorgehen des XVIII. Armeekorps im CauresWalde den Ostteil des Haumont-Waldes und drang über den Südrand bis zur Batterie 411 vor.
Das Flankenfeuer der französischen Batterien bei Cumiöres und der Forts des Westufers hatte sich fühlbar gemacht. Das VI. und VII. Re-
servekorps bemühten sich vergeblich, sie durch Brisanz- und Gasfeuer niederzuhalten. Die gegenüber dem Antrage des Oberkommandos stark vermin-
derte Artilleriezuteilung durch die Oberste Heeresleitung sowie die Schwäche des VI. Reservekorps an weitreichenden Geschützen begannen sich nachteilig
auszuwirken. Beim XVIII. Armeekorps schob die 21. Infanterie-Division, sobald sich die eigene Artilleriewirkung bemerkbar machte, ihre Angriffstruppen wieder bis zu der bereits am Abend erreichten Linie vor. Der um 12° mittags einsetzende Sturm beider Divisionen führte, da Artillerie
und Minenwerfer jetzt gut gewirkt hatten, unter Teilkämpfen bis vor die o—o-Stellung. Sie wurde in heftigem Kampf unter vorbildlicher Beteiligung leichter Batterien, die unmittelbar mit der Infanterie vorgingen, an verschiedenen Stellen durchstoßen. Ilm 430 nachmittags war der Südrand des Caures-Waldes erreicht. Nur der westliche Teil der o—o-Linie und der Südwestausläufer des Waldes wurden von den Franzosen gehalten.
Versuche, weiter auf Beaumont vorzudringen, scheiterten an feindlichem Maschinengewehrfeuer aus dem Wavrille-Walde. Zahlreiche Gefangene von zwei Jäger-Bataillonen und fünf verschiedenen Infanterie-Regimentern, darunter von dreien der 51. Division, wurden eingebracht.
Der ebenfalls um 12° mittags begonnene Angriff des III. Armeek o r p s führte die 5. Infanterie-Division bereits beim Überschreiten der
ursprünglichen vordersten feindlichen Linie in Maschinengewehrfeuer einer versteckt liegenden Blockhauslinie, die erst in zeitraubenden, verlustreichen Einzelkämpfen genommen werden konnte. Dann ging der Angriff rasch vorwärts. Kurz nach 1° nachmittags wurde mitten im Walde von Ville die zweite feindliche Linie überrannt, gegen 2"° der Süd- und Südostrand des
Waldes bei Punkt 820 erreicht. Inzwischen lag jedoch das nach der Uhr sprungweise vorverlegte eigene Artilleriefeuer bereits feit einer Stunde auf dem Nordrande des Fosses-Waldes, so daß der Feind unmittelbar vor der Front Zeit hatte, sich zu erholen. Cr vereitelte jeden Versuch, aus dem Walde von Ville weiter nach Süden und Südosten vorzudringen, östlich ') Die Batterien und Stützpunkte waren, soweit nicht ausdrücklich anderes gesagt
wird, keine ständigen Anlagen.
78
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
22. Februar, des Waldes, bis zur Straße Azannes—Louvemont, hatte Flankenfeuer aus
dem Herbebois sogar schon das Vordringen über die zweite feindliche Linie hinaus verhindert. Vei der 6. Infanterie-Division gerieten die aus der Kap-Stellung antretenden Staffeln beim Verlassen des ehemals ersten seindlichen Grabens überall in wirksames Feuer aus einer ebenfalls nicht
erkannten, stark überhöhenden Vlockhauslinie. In mühsamem Ringen kam die rechte Hälfte schließlich bis dicht an den zweiten feindlichen Graben, konnte aber nur am äußersten rechten Flügel ein ganz kleines Stück von
ihm nehmen. Der linke Flügel kam überhaupt nicht mehr vorwärts. Der infolge des ungestümen Vorwärtsdrängens der 6. Infanterie-Division bisher in den Hintergrund getretene Befehl des Oberkommandos, das Herbebois durch Einschwenken der hinteren Staffeln nach der linken Flanke zu säubern'), gewann wieder Bedeutung. Alles in allem waren sechs Divisionen auf zehn Kilometer breiter Front etwa zwei Kilometer vorwärts gekommen. An den weitgesteckten Zielen des III. Armeekorps gemessen, bedeutete das Angriffsergebnis seines linken Flügels eine starke Enttäuschung. Die Gesamtbeute war auf 3000 Mann gestiegen, dazu einige Geschütze. Die eigenen Verluste beliefen sich auf ebenfalls rund 3000 Mann. Nachdem am Tage strahlender Sonnenschein im Walde das Einhalten der Angriffsrichtung nach Süden erleichtert hatte, vereitelte am Abend ein-
setzender, mit leichtem Schneefall verbundener, schneidender Frost jeden Versuch, sich einzugraben. Absichten und Befehle für den 23. Februar (Skizze 4). Gefangenenaussagen ergänzten das Bild vom Feinde: Westlich der Maas war schon seit dem 13. Februar die 67. Division eingesetzt. Vor dem deutschen XVIII. und III. Armeekorps war die 51. Division in die 72. eingeschoben worden. Vei Samogneux hatte ein Regiment der 14. Division des VII. Korps geschanzt. Auf der Höhe 344 östlich des Ortes
befand sich eine feste Stellung, dahinter standen zwei neue Batterien. Auch bei Louvemont und der Chambrettes-Ferme waren sieben Batterien des 75bis 125 inin-Kalibers neu in Stellung gegangen. Aus der Stadt Verdun und dem Räume nördlich davon waren Lazarette und Rekrutendepots sowie
die Bevölkerung abgeschoben worden. Andererseits hatte die deutsche Luftaufklärung nirgends auffallenden Verkehr auf den rückwärtigen Verbindungen der Festung ergeben. Nach den von General Schmidt von Knobelsdorf abends durch Fern-
spreche? übermittelten Weisungen für den 23. Februar sollte -) S.es.
Dritter Angriffstag.
79
das VII. Reservekorps die Vrabant-Stellung säubern und Samogneux beschießen, das XVIII. Armeekorps weiter gegen Höhe 344 vorgehen, gegen die jedoch zum Sturmreifschießen schwerstes Geschütz nicht zur Ver¬ fügung gestellt werden konnte, und mit der linken Division den WavrilleWald und von dort aus das stark befestigte Dorf Veaumont angreisen.
Das III. Armeekorps, dessen geringe Erfolge hauptsächlich feindlichem Sperrfeuer zugeschoben wurden, sollte „weit nach Süden vor". Dazu hatten vom XVIII. und III. Korps bereits einige schwere und zwei schwerste Batterien Stellungswechsel nach vorn zu machen. Das XV. Armeekorps sollte vom 25. Februar ab zum Vorgehen bereit sein, zur gleichen Zeit auch das V. Reservekorps. Beim VII. Reservekorps wurde daraufhin die 14. Referve-Divifion nebst 77.Infanterie-Brigade von Norden und Osten zum umfassenden Angriff gegen die Vrabant-Stellung angesetzt, um deren Besatzung den Hang hinunter in die Maas zu werfen. Fünf Mörser- und eine 30,5 einBatterie sollten das vermeintliche Zentrum der Stellung sturmreif machen. Die 13. Referve-Division sollte östlich vom Haumont nur so weit vor-
drücken, daß sie den Grund Samogneux—Caures-Wald durch Infanteriefeuer beherrschte. Das XVIII. Armeekorps wollte nach dreistündigem Wirkungsschießen mit der 21. Infanterie-Division den Südwestteil des CauresWaldes säubern und dann die Höhe 344 östlich von Samogneux erreichen, während die 25. Infanterie-Division Veaumont nehmen und den Angriff dann ohne weiteren Vefehl gegen den Nordrand des Fosses-Waldes fort-
setzen sollte. Das III. Armeekorps bezeichnete als Hauptziel seines Angriffs nochmals den Wavrille-Wald, den die 5. Infanterie-Division im Verein mit dem linken Flügel der 25. Insanterie-Division bis zu seinem Südrande nehmen sollte. Auf das Waldstück, das nach Gefangenenaussagen eine betonierte Befestigung barg, wurden allein an schwerer und schwerster Artillerie sechs Mörser- und zwei 42 «in-Batterien angesetzt. Die 6. InfanterieDivision hatte zunächst den Nordwestteil des Herbebois zum Ziel, um von dort aus die feindliche Linie in der Herbebois-Schlucht aufzurollen. Der Angriff am 23. Februar.
Der Tag begann mit heftigem Feuer der anscheinend in der Nacht 23.Februar, weiter verstärkten französischen Artillerie. Leichter Schneefall und trübes Wetter verbargen jedoch die Bereitstellung der deutschen Angriffstruppen
im wesentlichen der feindlichen Beobachtung. Der Angriff setzte auf der ganzen Front nach dreistündiger Artillerievorbereitung um 12° mittags ein. Beim VII. Reservekorps überwanden die 77. InfanterieBrigade und 14. Referve-Divifion die nur noch schwach besetzte Brabant-
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
23. Februar. Stellung und erreichten das rechte Maas-Ufer beiderseits von Brabant, mit dem linken Flügel bei den Batterien 402 und 403. In der folgenden Nacht
sollte auch noch Samogneux genommen werden. Die 13. Neserve-Division konnte erst nach erneuter Feuervorbereitung gegen 4'° nachmittags das hartnäckig verteidigte Werk 74, östlich von Haumont, und anschließend die Linie der Batterien 408a—416 nehmen, während gleichzeitig ihr linker Flügel aus eigenem Antriebe dem im Südwestteil des Caures-Waldes zu
dieser Zeit immer noch haltenden Feinde in den Rücken stieß und damit der 21. Infanterie-Division des XVIII. Armeekorps die Lösung ihrer Aufgabe ermöglichte. Die Beute betrug an dieser Stelle allein rund 1000 Gefangene, 18 Maschinengewehre und neun Geschütze. Jetzt erst erkannte man die vom Oberkommando vermuteten Schwierigkeiten, die
die französischen Waldstellungen boten. Sie bestanden vielfach aus einem sehr breiten, bis 2,50 Meter hohen Schützenwall aus Faschinen und Kalksteinbrocken, mit tiefen Unterständen und bis zu 40 Meter breitem DrahtHindernis oder Astverhau, flankiert von zahlreichen, im Walde versteckten Maschinengewehr-Blockhäusern. Durch den Südteil des Caures-Waldes drang der linke Flügel der 21. Infanterie-Division bis zur Mitte des Fay-Wädchens vor. Der rechte Flügel der 25. Infanterie-Division griff um 1'° mittags von Norden her das stark befestigte Dorf Beaumont an,
blieb aber im flankierenden Sperrfeuer der südlich der Höhe 344 stehenden französischen Artillerie und im Infanterie- und Maschinengewehrfeuer aus dem Südteil des Fay-Wäldchens unter schweren Verlusten vor dem Dorfe liegen. Dagegen nahmen der linke Flügel der Division und der rechte der 5. Infanterie-Division des III. Armeekorps bis 230 nach¬
mittags den Wavrille-Wald, stießen auch darüber hinaus vor, konnten sich aber wegen starken feindlichen Flankenfeuers sowie des eigenen noch auf den Batterien 515—516° liegenden Artilleriefeuers nicht halten. Cs gab einen ernsten Rückschlag. Der Nordwestteil des Wavrille-Waldes wurde
vorübergehend wieder geräumt, die östliche Hälfte jedoch behauptet und mehrere französische Gegenangriffe dort abgewiesen. Inzwischen hatte die 6. Infanterie-Division, um 12° mittags antretend, zunächst stundenlang und wieder fast ergebnislos um die feindlichen Blockhäuser und Gräben im
Nordteil des Herbebois gerungen. Der Feind hatte dorthin, entsprechend der Bedeutung dieses Waldstückes als Eckpfeiler seiner ersten Stellung, nach und nach Teile von fünf Infanterie-Regimentern der 72. und 51. DiVision geworfen. Erst als Reserven, die durch den Wald von Ville zur Umgehung von Westen her angesetzt waren, kurz vor Dunkelheit die Fran-
zosen in der Flanke und im Rücken faßten, brach auch hier ihr hartnäckiger
Dritter Angriffstag.
Widerstand zusammen.
81
Wie weit die im Walde sofort nachdrängende
deutsche Infanterie gekommen war, blieb zunächst ungewiß. Der äußerste rechte Flügel des V. Reservekorps, dessen Artillerie immer noch nicht heran war'), folgte hart östlich des Herbebois dem linken Flügel des III. Armeekorps als Flankenschutz. Somit war am Ende des dritten Angriffstages endlich die ganze
er sie feindliche Stellung in deutscher Hand, darüber hinaus mit der Einnahme des beherrschenden Wavrille-Waldes auch die
Beaumont-Zwischenstellung in ihrer Verteidigungsfähigkeit bereits erheblich beeinträchtigt. Die Beute des Tages belief sich auf rund 2200 Gefangene, zehn Geschütze und zahlreiche Maschinengewehre. General vonFalkenHayn hatte die Generalkommandos der Angriffsfront und das Oberkommando in Stenay aufgesucht. Das Ergebnis war die Feststellung, daß alles planmäßig vorwärts ging2).
Absichten und Befehle für den 24. Februar (Skizze 5, 8 und 9). Nach Gefangenenaussagen schien der Gegner weitere Verstärkungen nach Verdun heranzuführen. Teile der 67. Division sowie der 14. Division des VII. Korps waren festgestellt.
Dieses und das I. Korps sollten im
Antransport sein. In einer Besprechung am 23. Februar abends gab General Schmidt von Knobelsdorf den Korps folgende Weisungen für den 24.: Das VII. Reservekorps sollte noch Samogneux nehmen, sich dann aber zu anderer Verwendung bereitstellen. Das XVIII. Armeekorps sollte die Höhe 344, das Fay-Wäldchen und Beaumont nehmen sowie zusammen mit dem III. Armeekorps den Fosses- und Chaume-Wald. Dieses Korps hatte seinerseits vorher den Rest des Herbebois zu besetzen. Soweit möglich sollte auch schon die Schlucht zwischen Höhe 344 und Louvemont gesäubert werden. Das XV. Armeekorps, dem wegen seiner geringen Artillerieausstattung ein Pionier°(Gas-)Regiment zugeteilt worden war und dem jetzt noch zwei Mörser-Vatterien zugewiesen wurden, hatte bereits im Laufe des Tages den Befehl erhalten, unter Gas- und Artillerievorbereitung gegen den Charriöre-Wald und Fromezey vorzugehen. Im Anschluß daran sollte das V. Reservekorps „bei günstiger Gelegenheit" Mogeville nehmen. Es bekam dazu aber auf seine Bitte um erhebliche Artillerieverstärkung nur die Ver-
fügung über die noch in den Abschnitten A bis C befindlichen Teile seiner ') 6.71.
2) Tagebuch des Generals Tappen. Weltkrieg.
X.Band.
6
82
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
2Z. Februar. Feldartillerie und die Weisung, die Unterstützung durch schwere Artillerie beim General der Fußartillerie des Abschnittes 0 anzufordern. Für die Abschnitte B und 0 wurde allgemein staffelweiser Stellungswechsel der
schweren Artillerie angeordnet. Entsprechend diesen Weisungen wollte das VII. Reservekorps nur die 77. Infanterie-Brigade, unter Sicherung an der Maas, im Angriff belasten. Die Infanterie der 14. Reserve-Division war herauszuziehen und nach der Gegend nordöstlich von Dun zurückzuführen. Die 13. Reserve-Division sollte nach Einnahme von Samogneux in den erreichten Stellungen stehenbleiben, bis die 77. Infanterie-Brigade zusammen mit dem rechten Flügel des XVIII. Armeekorps den Sturm auf die Höhe 344 durch-
geführt hatte. Beim XVIII. Armeekorps sollten nach dreistündigem Wirkungsschießen die 21. Infanterie-Division die Stellungen Höhe 344—Höhe 326, die 25.Infanterie-Division Veaumont stürmen. Nach weiterem zweistündigem Wirkungsschießen hatten die 21. Infanterie-Division die Stellungen nördlich der Mormont-Ferme, die 25.im Anschluß an den vom Wadrills-
Wald vorbrechenden rechten Flügel des III. Armeekorps den Nordrand des Fosses-Waldes zu nehmen, durch diesen Wald aber nur Erkundungsabteilungen vorzutreiben. Beim III. Armeekorps hatte die 6. Infanterie-Division am Morgen den Rest des Herbebois zu säubern, dann zusammen mit der 5. InfanterieDivision Vortruppen bis auf den dem Fosses- und Chaume-Wald nördlich vorgelagerten Höhenzug vorzuschieben, um die nötigen Beobachtungsstellen für die Artillerie zu gewinnen. Nach dreistündigem Wirkungsschießen bis 2°nachmittags sollten diese Wälder genommen werden, wobei der Nachdruck
hauptsächlich auf Gewinnung des Höhengeländes beiderseits der Straße nach Douaumont zu richten war. Bei sich bietender Gelegenheit sollte der Angriff fortgesetzt und die hierfür nötige weitere Vorverlegung des
Artilleriefeuers nicht erst durch Befehl geregelt, sondern durch Leuchtkugeln angefordert werden. Beim V. Reservekorps hatte der rechte Flügel der 10. Neserve-Division das Vorgehen des III. Armeekorps am Ostrande des Herbebois bis auf den
Höhenrücken nördlich von Ornes zu begleiten, das Dorf selbst sollte artilleristisch niedergehalten werden. Der 9. Neserve-Division befahl General von Gündell, sich mit ihrem rechten Flügel um 7°vormittags im Tillaund Vaty-Walde „zu einem etwaigen Angriff auf Mogeville bei günstiger Gelegenheit" bereitzustellen. Für das Niederhalten des Ortes während des vorhergehenden Angriffs des XV. Armeekorps forderte er beim Ab-
schnitt Cdie Unterstützung durch drei Feldkanonen-, fünf schwere Feld-
83
Vierter Angriffstag.
Haubitz-Vatterien und eine Mörser-Vatterie an, während den nachfolgenden eigenen Angriff auf Mogeville weitere vier Feldkanonen-, zwei 10 ein-
Kanonen-, sechs schwere Feldhaubitz- und fünf Mörser-Batterien unter-
stützen sollten'). Das XV. Armeekorps hatte zur Vorbereitung seines Angriffs schon am Vormittage des 23. Februar die Mitwirkung der schweren Artillerie
des Abschnittes 0 mit acht schweren Feldhaubitz- und vier schweren Flachseuer-Vatterien sowie einem Mörser-Vataillon erbeten, die ihm vom Armee-Oberkommando zunächst bewilligt worden war.
Die Sturmtruppe
sollte am 24. Februar um 5'° vormittags bereitstehen, um 6° das Gasabblasen beginnen, um 6"° die Infanterie antreten.
Der Angriff am 24. Februar.
Der 24. Februar begann mit beachtenswerten, für die Durchführung 24. Februar
des einheitlichen Tagesangriffs bedeutungsvollen Anfangserfolgen. Beim VII. Reservekorps waren noch am 23.Februar abends
Teile eines frischen Infanterie-Regiments der 13. Reserve-Division vom Haumont-Wald aus durch das Dorf Haumont vorgegangen, hatten am 24. zwischen 1" und 3'° morgens in ausgezeichnetem Zusammenwirken mit unmittelbar unterstellter Artillerie überraschend fast ohne Verluste das Dorf Samogneux genommen und dabei rund 900 Mann gefangen. Seit Tages-
anbruch lag das Dorf aber unter so heftigem Artilleriefeuer, hauptsächlich vom linken Maas-Ufer her, daß im Laufe des Vormittags die Verlustziffer fast die Gefangenenzahl der Nacht erreichte. Auch die mit beginnendem Tageslicht bis auf die Nordhänge der Schlucht Samogneux—Caures-Wald vorgeschobene übrige Front der 13. Reserve-Division litt unter diesem Flankenfeuer. Die Infanterie der 14. Reserve-Division löste sich unbehelligt aus der vorderen Linie und begann, in die Gegend östlich von Dun
abzurücken. Beim XVIII. Armeekorps nahm der rechte Flügel der 21. Infanterie-Division am Morgen die Anglemont-Ferme. Auf dem linken Flügel des III. Armeekorps hatte die 6. Infanterie-Division noch im Laufe der Nacht den Südteil des Herbebois gesäubert und trieb um vor-
l) Hierzu schreibt der damalige Erste Generalstabsoffizier des A.O.K.5: „Die starken Abstriche der O. H. L. an schwerer Artillerie setzten den Kampfwert des V.R.K, und XV. A. K. als Angriffskorps vorderster Linie erheblich herab. Sie blieben auf
Aushilsen des Abschnitts C angewiesen, dessen ständige Schwächung dem General der Artillerie beim A. O. K. nicht möglich schien". (Zuschrift des Genmaj. a. D. von Heymann vom 21.Aug. 1935.) 6*
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Z4. Februar, mittags ihre vordere Linie befehlsgemäß bis auf den Höhenrücken nördlich des Chaume-Waldes vor.
Der Stellungswechsel der ersten Staffel der schweren Artillerie war auf wenigen, noch dazu vereisten und überfüllten Straßen und bei großen
Geländeschwierigkeiten nicht restlos gelungen, doch eröffnete fast die gesamte Artillerie um 11° vormittags das Wirkungsschießen. Ihm folgte um 2° nachmittags der Sturm des XVIII. und des III. Armeekorps. Rechts ging die 21. Infanterie-Division des Generalleutnants von Oven zunächst allein vor und erreichte mit dem rechten Flügel und der Mitte in
einem Zuge die Höhenlinie 344—326, wurde jedoch bald durch französisches Artilleriefeuer von Süden und flankierend von Südwesten her gefaßt und an weiterem Vordringen verhindert. Die ihr inzwischen unterstellte 77. In-
fanterie-Vrigade hatte den Befehl zum Sturm nicht mehr rechtzeitig erhalten, sie trat jedoch von sich aus an, sobald sie die 21. Infanterie-Division im Angriff erkannte. Die Brigade stieß weit über den Westausläufer der Höhe 344 nach Süden vor. Teile gelangten bis an den Nordhang der Cote de Talou, mußten dann aber vor wirksamem Flankenfeuer von links
und feindlichem Gegenstoß bis auf den Westausläufer der Höhe 344 zurück. Die Alte Cotelettes-Mühle und die Batterie 506 wurden behauptet. Die
auf 11° abends angesetzte Wiederholung des Angriffs der Brigade auf die Cöte de Talou unterblieb, weil inzwischen hohe Verluste (fast 900 Mann bei fünf Bataillonen) eingetreten und die Truppen erschöpft waren. Auch verfügte die Brigade nicht über Feldartillerie zu unmittelbarer Unterstützung des Angriffs. Der linke Flügel der 21. Infanterie-Division im Nordteil des FayWäldchens hatte die Verbindung mit der 25.Infanterie-Division zu halten, die sich unter heftigem feindlichen Artilleriefeuer bereitstellen mußte. Wohl
lag auf ihren Angriffszielen besonders starkes eigenes Feuer, auf Beaumont und der das Dorf im Norden umschließenden Stellung allein von einer
42 ein-, fünf Mörser- und drei schweren Feldhaubitz-Batterien, auf der Nordwestecke des Fosses-Waldes von je drei leichten und schweren FeldHaubitz-Batterien, aber der Sturm auf Beaumont drohte doch wieder im flankierenden Maschinengewehrfeuer aus dem Südteil des Fay-Wäldchens zu scheitern, als gerade noch rechtzeitig Kräfte aus dem Wavrille-Wald von Nordosten und Osten her in das Dorf einbrachen und es in erbittertem Nahkampf nahmen. Sie wurden unterstützt durch die trotz des Flankenfeuers nun auch von Norden her stürmenden Teile. Später gelang auch die Säuberung des Südteiles des Fay-Wäldchens und mit weiterem Vorverlegen des Artilleriefeuers der Sturm auf den Louvemont- und
85
Vierter Angriffstag.
Fosses-Wald.
(Ein französischer Gegenstoß scheiterte.
Am Abend hatte
das XVIII. Armeekorps die Linie Höhe 344—Südhang der Höhe 326—
Sttdwestrand des Louvemont- und Fosses-Waldes fest im Besitz. Befehle des Generalkommandos, am Abend noch die Linie Psefferrücken—Louvemont—Höhe 378 zu nehmen, konnten bei völliger Dunkelheit nicht mehr
ausgeführt werden. Den größten Geländegewinn errang das III. Armeekorps.
Seine
5. Infanterie-Division durchschritt in ununterbrochen siegreichen Kämpfen den Ostteil des Fosses-Waldes, die 6. Infanterie-Division stieß durch den Chaume-, Caurieres- und Brule-Wald sogar bis an die Südränder des Hermitage- und Vauche-Waldes vor. Während der Feind die beherrschende Höhe 378 vor dem rechten Flügel der 5. Infanterie-Division noch hartnäckig hielt, trafen in der Abenddämmerung vorgetriebene Patrouillen der 6. In-
fanterie-Division erst nordwestlich vom Fort Douaumont auf vorgehende,
anscheinend frische französische Infanterie. Dem linken Flügel des III. Armeekorps folgend, nahm der rechte des V.Reservekorps Ornes von Westen und Nordwesten, gelangte aber
über den Südrand des Dorfes nicht wesentlich hinaus. Infolgedessen hing der fast zwei Kilometer weiter südlich liegende linke Flügel der 6. Infan¬ terie-Division völlig in der Luft. Der auf den frühen Morgen angesetzte Angriff des XV. Armeek o r p s und damit auch der von ihm abhängige spätere des V. Reserve-
korps gegen Mogeville waren unterblieben, da die Windrichtung das Abblasen von Gas verhindert hatte.
Absichten und Befehle für den 25.Februar (Skizzen 6, 8 und 9). Das XV. Armeekorps hatte bereits am 24.Februar vormittags den Angriff aufs neue für den 25. früh befohlen unter der Voraussetzung,
daß durch die beim Abschnitt 0 angeforderte Feuerunterstützung die feindliche Stellung sturmreif gemacht werden könnte und die Witterung Gasabblasen zuließe. Die Artillerie des Abschnittes C war jedoch durch eigene
Kampfaufgaben so beansprucht, daß sie die erbetene Unterstützung nicht übernehmen konnte. Das Armee-Oberkommando hatte daher schon im Laufe des Vormittags bei der Obersten Heeresleitung acht schwere Feldhaubitz-, vier Mörser- und vier schwere Flachseuer-Batterien, zusammen 16 schwere Batterien, beantragt, da es nicht möglich wäre, die Artillerie der drei Angriffskorps „zugunsten der unbedingt nötigen Angriffsbewegung des XV. Armeekorps zu schwächen, zumal der Feind sich an
Die Westfront bis zum Sommer 1916.
86
— Verdun.
24.Februar. Artillerie verstärkt habe und dauernd weiter verstärken" werde'). mittags entstand beim Armee-Oberkommando ein neuer Plan.
Nach-Um die
über Erwarten großen Erfolge des III. Armeekorps auszunutzen, wurde um 6°° beschlossen und zwischen 7° und 8° dem XV. Armeekorps befohlen, eine Brigade nach Azannes in Marsch zu setzen, wo sie unter das V. Reservekorps treten sollte „zwecks Verwendung gegen den Rücken der Ornes—
Maucourt—Mogeville-Stellung". Andererseits hatten sich die Blicke des Armee-Oberkommandos am Vormittage auf die Meldung über den Erfolg von Samogneux hin auch wieder dem westlichen Maas-Aser zugewandt. Es hatte beim Generalkommando des VI. Reservekorps einen Handstreich gegen Regnsville angeregt, dieses einen solchen aber wegen der Anstauung des Forges-Baches -
und der Versumpfung der Maas-Niederung für aussichtslos erklärt. Der als Verbindungsoffizier der Obersten Heeresleitung an der Kampsfront befindliche Oberstleutnant Bauer wurde noch einmal2) persönlich in Mezieres vorstellig, um schwere Batterien für den Angriff auf dem Westuser frei-
zubekommen. Um 8° abends lehnte General von Falkenhayn die Zuführung neuer schwerer Artillerie zum XV. Armeekorps ab, da die ungeklärte Gesamtlage keine weiteren Abgaben aus der Heeresartillerie zuließe. „Es
ist aber auch zweifelhaft", so lautete sein Bescheid weiter, „ob, wenn Artillerie verfügbar wäre, diese gegenwärtig nicht zweckmäßiger auf dem linken Maas-Ufer als in der Wotzvre eingesetzt werden würde.
Der
Hauptangriff auf den Eotes Lorraines kann von der Ebene her nicht wesentlich gestört werden, wohl aber sehr empfindlich von der Eöte de Marre aus. Sollte es außerdem heute wirklich gelungen sein, den EhaumeWald und das Vaux-Kreuz zu nehmen, so müßte es möglich sein, von dort durch einen überraschenden Flankenstoß die Stellung der Territorialen von Ornes bis Mogeville zum Wanken zu bringen, damit würde wohl auch das XV. Armeekorps gegen den Eharriöre-Wald Luft bekommen". Mehrere weittragende Flachfeuer-Batterien „zur Längsbestreichung der i) Hierzu schreibt der damalige Erste Generalstabsoffizier des A.O.K.: „Das Oberkommando sah es bei dem für den Feind nun klar zutage liegenden Angriff und den von Stunde zu Stunde stärker werdenden Verteidigungsmitteln der Festung als unmöglichen Zustand an, daß die drei Angriffskorps der Mitte die ganze Last der Kämpfe allein tragen sollten, während rechts das VI. R. K. und links das V. R. K. und XV. A. K. mangels der im Angriffsentwurf vorgesehenen, aber von der O. H. L. gestrichenen schweren Artillerie nicht mitwirken konnten". (Zuschrift des Eenmaj. a. D. von Heymann vom 21. Aug. 1935.) y S. 38 f. und 69.
Fünfter Angriffstag.
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Schluchten in den Cotes und zur Bekämpfung der Höhenränder" wurden in Aussicht gestellt, sobald die Vorbewegung in der Ebene in Fluß gekommen sei. Nunmehr teilte das Armee-Oberkommando dem VI. Reservekorps mit,
daß es sich auf Wegnahme der Cumiöres-Stellung vorzubereiten habe, und beauftragte es, zu melden, wie es bei Zuführung einer Division nebst schwerer
Artillerie diesen Angriff zu führen gedenke. Auf dem östlichen Maas-Ufer schienen die bisher unmittelbar am Kampfe beteiligten feindlichen Divisionen (72., 31. und 14.) am Ende
ihrer Widerstandskraft zu sein, doch deutete sehr lebhafter Verkehr hinter der
französischen Front auf eiligste Heranführung starker frischer Truppen hin. Vis zum Abend des 24.Februar war die algerische 37. Division des VII. Korps vor dem III. Armeekorps festgestellt/ auch eine marokkanische
Division sollte eingetroffen sein. Das Oberkommando rechnete mit Gegenangriffen an der Hauptkampffront.
Als Aufgaben dieser Front für den 23. Februar bezeichnete General Schmidt von Knobelsdorf nach einer beim VII. Reservekorps gemachten
Auszeichnung'): „VII. Reservekorps bleibt in seiner bisherigen Aufstellung, 14. Reserve-Division bereit zum Marschieren. 77. Insanterie-Brigade bleibt der 21. Infanterie-Division unterstellt; sie nehmen Cöte de Talou und Louvemont-Stellung. 25. Infanterie-Division nimmt Dorf Louvemont,
5.Infanterie-Division Höhe 378. 6. Infanterie-Division hält Stellung. Morgen wird Douaumont-Stellung") unter Feuer genommen, übermorgen zu stürmen". Das V. Reservekorps sollte Maucourt und den MaucourtWald nehmen sowie später „n a ch der Wegnahme der feindlichen Stellung zwischen Vaux- und Tavannes-Vach durch XV. Armeekorps bei sich bie-
tender Gelegenheit" Mogeville. Das XVIII. Armeekorps wollte entsprechend diesen Weisungen die Cöte de Talou sowie die feindlichen Stellungen in der Linie Pseffer-Rücken—
Louvemont—Höhe 378 (ausschließlich) stürmen. Das III. Armeekorps bezeichnete nach Erstürmung der Höhe 378 durch die 3. Infanterie-Division als weitere Aufgabe für den 23. Februar schon die Vorbereitung des Angriffs auf das Fort Douaumont.
Bis 12° mittags waren alle Erkun-
düngen und Vorbereitungen so weit zu fördern, daß von dieser Zeit ab ') Andere Unterlagen fehlen. 2) In der Aufzeichnung des VII. R. K. heißt es, wohl infolge eines Hörfehlers,
Louvemont-Stellung.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
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das Wirkungsschießen gegen dieses starke Vollwerk des äußeren Fortgürtels mit ganzer Kraft einsetzen konnte. Anter dem Schutze des Feuers war „voraussichtlich am Nachmittag zu einer noch zu bestimmenden Zeit die Infanterie so nahe an das Fort und die es umgebenden Anlagen vorzuführen, als es das eigene Artilleriefeuer und das der demnächst vor-
zubringenden Minenwerfer erlaubte". Das XV. Armeekorps beließ es bei dem bereits vormittags erneut gegebenen Angriffsbefehls. Der Angriff am 25. Februar.
28. Februar.
Der durch den beträchtlichen Raumgewinn des 24. Februar erforderlich
gewordene weitere Stellungswechsel der schweren Artillerie hatte wieder nicht ganz durchgeführt werden können, obwohl Menschen und Pferde, ein-
schließlich überall hilfreich zugreifender Infanterie und Pioniere, ihr Letztes hergegeben hatten. Die Feuerbereitschaft der Masse der Artillerie war aber
bei Tagesanbruch gewährleistet. Beim XVIII. Armeekorps wiederholte die 77. Infanterie-Vrigade befehlsgemäß um N" vormittags den Sturm auf die Cüte de Talou,
der jedoch mangels ausreichender Artillerievorbereitung unter sehr schweren Verlusten zusammenbrach. Das VII. Reservekorps sandte Infanterie der 13. Referve-Division zur Unterstützung; zu einem neuen Angriff kam es aber am 25. Februar nicht mehr. Die Infanterie der 21. Infanterie-Divi-
sion hatte sich bereits im Morgengrauen in den Waldstücken am Nordwesthange des Pfefferrückens bereitgestellt. Beide Divisionen des Korps stürmten dann nach vierstündigem Wirkungsschießen um 2° nachmittags gegen die Front Pfefferrücken—Louvemont an. Der Angriff des rechten Flügels wurde zweimal erfolglos wiederholt. Erst ein überraschender vierter Vorstoß um Mitternacht brachte den Besitz der vom Feinde inzwischen
geräumten^) Stellung.
Die 25. Infanterie-Division hatte dagegen plan-
mäßig, wenn auch unter schweren Kämpfen, bis 4° nachmittags das Dorf Louvemont und die Stellung östlich des Ortes erstürmt. Ihr linker Flügel fand heftigen Widerstand am Westhange der Höhe 378 und stieß außerdem
auf einen starken Gegenangriff französischer Kolonial-Infanterie.
Dieser
wurde aber dank rechtzeitig einsetzender Artillerieunterstützung restlos abgewiesen. Abends stand die Division hart südlich des Dorfes Louvemont und am Westhange der Höhe 378. >) S. 85. -) S. 113.
Fünfter Angriffstag: Erstürmung des Forts Douaumont.
39
Dem III. Armeekorps brachte der 25.Februar Erfolge, die alle
Erwartungen übertrafen.
Zunächst besetzte noch in der Nacht der rechte
Flügel der 5. Infanterie-Division den vom Feinde geräumten Stützpunkt auf der Höhe 378. Südlich und südöstlich von dieser schanzten, wie die Erkundungen des Vormittags ergaben, anscheinend frisch herangeführte feindliche Kräfte am Nordrande des Chauffour-Waldes, auf Höhe 347 und im Hassoule-Walde. Nach dem um 1'° mittags ausgegebenen Korpsbefehl sollte die Infanterie nach zweistündigem Wirkungsschießen um 4° nachmittags diese feindlichen Stellungen stürmen und bis in die Linie Südost» ecke des Chauffour-Waldes—Grabenstück 250 Meter südwestlich des HassouleWaldes—Batterie 639 vorgehen. Gleichzeitig verlegte der Korpsbefehl die Angriffsstreifen der Divisionen, deren innere Flügel bisher gemeinsam das Fort Douaumont zum Ziel hatten, derart, daß dieses Fort ganz in den Streifen der 5. Infanterie-Division fiel. Da aber bei dieser der Angriffsbesehl die vordere Linie nicht rechtzeitig erreichte, trat die 6. InfanterieDivision zunächst allein an. Sie nahm in raschem Anlauf die feindliche Stellung auf der Höhe 347 und im Nordwestteil des Hassoule-Waldes. Während ihr linker Flügel sich langsam bis an den Südostrand dieses Waldes vorarbeitete, stürmten auf dem rechten Teile des brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 24 dank der hervorragenden Verantwortungs-
und Entschlußfreudigkeit mehrerer selbständig handelnder Unterführer, unter denen in erster Linie Hauptmann Haupt, Oberleutnant von Brandis und Leutnant der Reserve Radtke zu nennen sind, in beispiellosem Schneid weiter nach Süden. Von dem alles überragenden, fortwährend mit einem Panzergeschütz feuernden, aber nur schwach besetzten Fort Douaumont an-
gezogen, überschritt die brandenburgische Infanterie Tagesziel sowie rechte Gefechtsgrenze und nahm überraschend um 5° nachmittags die zeitweise noch
unter schwerstem eigenen Artilleriefeuer liegende, aber fast völlig unzerstörte Panzerfeste. Ein Versuch der Franzosen, das Fort in der Abenddämmerung zurückzuerobern, scheiterte blutig im Feuer der in größter Eile mustergültig verteilten deutschen Fortbesatzung. Inzwischen hatte die 5. Infanterie-Divifion die feindliche Stellung am Nordrande des Chauffour-Waldes überrannt, war aber über den Südwest- und Südrand des Waldes nicht hinaus-
gekommen, weil die starke feindliche Besatzung des unerschütterten Dorfes Douaumont und des Werkes 613 nordwestlich davon sie mit vernichtendem Feuer empfing. Auch so waren Mitte und linker Flügel dieser Division gegenüber der Angriffsfront des rechten Nachbars etwa einen Kilometer vorwärtsgestaffelt. Der rechte Flügel der 6. Infanterie-Division im Fort Douaumont lag noch einen Kilometer weiter vorwärts, während
90
®ae Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
W.Februar, ihr linker Flügel nach dem Südostrande des Hassoule-Waldes scharf
zurückbog'). Das Armee-Oberkommando hatte auf die unerwartete Nachricht von der Erstürmung des Forts Douaumont sofort versucht, hier Kräfte nachzuschieben und dazu um 6™ abends befohlen, die soeben bei Azannes
eingetroffenen beiden Infanterie-Regimenter des XV. Armeekorps^) sofort über Ornes—Chaume-Wald zur Verfügung des III. Armeekorps vorzuführen, aber kurz darauf, wohl wegen der Dunkelheit und der Ermüdung
der Truppen, die Ausführung auf den 26. Februar verschoben. Am 630 abends
erhielt ferner das VII. Reservekorps Befehl, daß die 14. Reserve-Division am 26.über Ville das Dorf Veaumont erreichen und dort zur Ablösung
der 21. Infanterie-Division zur Verfügung stehen sollte. Inzwischen war in der Woevre-Cbene auch die ganze Front des V. Reservekorps und des XV. Armeekorps sowie der
rechte Flügel der Armee-Abteilung Strang) in Ve° wegung geraten. Am Morgen des 25. Februar hatte sich das V. Reservekorps zum Angriff auf den Kleinen Maucourt-Wald, Maucourt und Mogeville bereitgestellt. Indessen sagte das XV. Armeekorps seinen Angriff um *) Das III. A. K. verdankte seine Erfolge vom 23. bis 25. Februar neben der
Infanterie nicht zum wenigsten auch seiner Feldartillerie.
Bei der Z. I. D. fiel ihr
Kommandeur, Genmaj. von Lotterer, bald darauf am 4. März auf Fort Douaumont. 2) 6.86. Das Korps hatte von jeder Division ein Regiment, aber ohne Vrigadestab und bei der geringen eigenen Artillerieausstattung auch ohne Artillerie entsandt.
3) Gliederung: Linker Flügel der 5. Armee: V. R. K., Gen. d. Inf. von Gündell, mit 10. und 9. R. D. = 15 Vtle., 8 Vttrn.
(44 Gesch.), 1 Feld°Fl. Abt. Die fehlenden Batterien befanden sich noch beim XV. A. K. X V. A. K. (Abschnitt D), Gen. d. Inf. von Deimling, mit 30., 39. I. D. und Landwehr°Det. Nyvenheim der 9. R. D. (erst am 25. Febr. abends unterstellt) —
15 Vtle., 49 Vttrn. (200 Gesch.). Von 30. und 39. I. D. besand sich je ein Infanterie-
Regiment auf dem Marsch nach Azannes. Rechter Flügel der A. A b t. S t r a n tz: V. A. K., Genlt. Cduard von Velow, mit 5. L. D. — 12 Vtle., 18 Vttrn. (82 Gesch.), dahinter vom 26. Febr. an bayer. C. D. = 13 Vtle., 9y2 Vttrn. (40 Gesch.).
Cs folgten nach links 10. und 9. I. D., von denen 6% Feldart. Vttrn. in die 5. L. D. eingegliedert waren, weitere Artillerie aus den eigenen Abschnitten durch Feuer unterstützte.
Gesamtausstattung der A.Abt. Strantz mit Luftstreitkräften: 5 Feld-, 2 Art. Fl. Abt., 6 Fesselballone.
Fünftsr Angriffstag: Beginn des Angriffs in der Wosvre-Cbene.
91
520 morgens ab, weil die feindliche Stellung als nicht sturmreif festgestellt wurde, die verfügbare Artillerie keine genügende Wirkung versprach und die Windrichtung das Gasabblasen auch diesmal nicht zuließ. Damit entfiel auch der Angriff des V. Reservekorps. Dann aber fand die 30. InfanterieDivision des XV. Armeekorps unter Generalmajor von Gontard die
Schanzen am Charriöre-Wald geräumt und besetzte sie. Auch die 39. Infanterie-Division des Generalleutnants von Vertrab trat auf Fromezey an. Vis zum Abend erreichte das Korps unter geringen Kämpfen mit Vor-
truppen Haraigne und Vroville, während die Divisionen des V.Reserve¬ korps Vezonvaux, den Grand Chena-Wald und den Nordostteil von Dieppe
in Besitz nahmen. Die Armee-Abteilung Strantz war bisher am Angriff nicht
unmittelbar beteiligt gewesen. Rur ihre West- und Südfront hatten durch planmäßiges Einschießen und lebhafte Artillerietätigkeit vor und an den
ersten Angriffstagen den Feind irrezuführen, außerdem durch Artilleriefeuer, Fliegerbomben und treibende Minen die Maas-Vrücken unterhalb von St. Mihiel bis Dieue zu zerstören versucht. Diese Zerstömng war an einer Brücke nördlich von St. Mihiel auch geglückt. Am 25.Februar nachmittags wurde General der Infanterie von Strantz von der allgemeinen Vorwärtsbewegung der 5.Armee unterrichtet. Sein
rechter Flügel, die 3. Landwehr-Division des V. Armeekorps unter General¬ leutnant Auler, trat sofort an und erreichte bis Mitternacht Gussainville—
Hennemont und Pintheville. Ihr äußerster rechter Flügel befand sich im weiteren Vorgehen auf das als geräumt gemeldete Dorf Vraquis. Als Verstärkung wurde der Armee-Abteilung an diesem Tage statt des ursprüng-
lich zugesagten XXII. Reservekorps') die bayerische Ersatz-Division überwiesen, die kurz vorher bei Metz ausgeladen worden war.
Absichten und Befehle für den 26. Februar (Skizzen 7, 8 und 9). Bis zum Abend des 25.Februar hatte das Oberkommando folgendes Bild vom Feinde: Unmittelbar westlich der Maas stand eine Brigade der 67. Division, östlich der Maas lag auf der Cote de Talou eine Brigade der 14. Division. Nach Osten schlössen sich bis südlich von Louvemont die Trümmer der 51. Division, dann bis Vezonvaux die 37. Division an. In diese war beim Fort Douaumont eine in sechsunddreißigstündigem Marsch ») S. 61 und 66.
92
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
25. Februar, von 70Kilometern aus der Gegend von Var le Duc herangeführte, stark
ermattete Brigade der 16. Division des VIII. Korps eingeschoben; auch die andere Brigade dieser Division sollte Verdun bereits erreicht haben. Bei Bezonvaux waren noch Reste der so gut wie vernichteten 72. Division festgestellt worden. Aus Maucourt, Mogeville und dem Charriöre-Walde war die andere Brigade der 14. Division zurückgegangen, die dort erst in
der vorhergehenden Nacht die Territorial-Truppen abgelöst hatte. Vor dem rechten Flügel der Armee-Abteilung Strantz war die 132. Division zurückgewichen. Nach Aussagen der wenigen in der Wotzvre-Ebene gemachten Gefangenen war der Rückzug aus der Ebene seit Tagen geplant und bereits am 24. abends oder in der Nacht zum 25.Februar befohlen worden. Llber
die nicht eingesetzten Teile der 67. Division und die nach Gefangenen-
aussagen herangezogene marokkanische Division herrschte Unklarheit. Die Stimmung der Gefangenen war schlecht, ihre Verpflegung infolge des eiligen Heranführens und des starken deutschen Artilleriefeuers sehr unvollkommen gewesen; die Kolonialtruppen litten stark unter der Kälte. Der Rückschlag bei der 77. Infanterie-Brigade am 25.Februar wurde
auf die feindliche Flankierung vom Westufer der Maas zurückgeführt. Auch der rechte Flügel des XVIII. Armeekorps hatte erheblich unter dieser Flankierung gelitten. Sie auszuschalten war eine wichtige Vorbedingung für die Fortsetzung des Angriffs. Als das VI. Reservekorps auf den Befehl des Oberkommandos vom 24. abends meldete, daß es nach Verstärkung
durch eine Infanterie-Division und 13 schwere Batterien (vier Mörser-, fünf schwere Feldhaubitz- und vier 10 eni-Batterien) imstande sei, die Cumiöres-Stellung sofort zu nehmen, hatte das Armee-Oberkommando diese Verstärkungen bei der Obersten Heeresleitung beantragt mit den Zusätzen „allermindestens" und „je schneller, je besser"; es beabsichtigte, den Angriff bis zum „Toten Mann" durchzuführen. Einstweilen war also un¬
mittelbar östlich der Maas noch Zurückhaltung geboten. Doch schien das unerwartet rasche Ausweichen der Franzosen vor dem III. Armeekorps und die Zurücknahme ihrer Front in der Woevre-Ebene ein Beweis dafür, daß der Feind hier augenblicklich am schwächsten war. Das Oberkommando
entschloß sich deshalb, den Angriff am nächsten Tage mit dem Hauptdruck beim III. Armeekorps fortzuführen. Leider standen hinter dessen erfolgreichen, aber nach fünf schweren und verlustreichen Angriffstagen auch erheblich erschöpften Truppen keine starken frischen Kräfte bereit. Die beiden Infanterie-Regimenter des XV. Armeekorps bei Azannes und ein
bisher zurückgehaltenes Infanterie-Regiment der 5. Infanterie-Division waren zunächst alles, was dem Angriff auf den Cotes nach Süden an neuer
Kraft zugeführt werden konnte. Im übrigen mußte dieser durch Angriff
Sechster Angriffstag.
93
Ms der Woevre-Cbene, vor allem seitens des V. Reservekorps, mittelbar
auch durch das XV. Armeekorps und die Armee-Abteilung Strantz unter-
stützt werden. Um 10° abends gab das Oberkommando folgende Weisungen für den 26. Februar aus: „VII. Reservekorps mit 77. Infanterie-Brigade hält die Westfront nach der Maas hin bis zum Steinbruch südöstlich der Cüte de Talou, zieht 14. Reserve-Division^) als Armes-Neserve in Gegend Beaumont und hält sich bereit, jedes überschreiten der Maas durch den Feind zu verhindern. XVIII. Armeekorps hält Pfefferrücken fest und gewinnt Südwestrand des Waldes westlich des Douaumont. III. Armeekorps, verstärkt durch die Brigade des XV. Armeekorps, setzt sich in Besitz der Befestigungen Froide Terre und erreicht im übrigen die Hänge nördlich der
Schlucht, welche von Vaux in westlicher Richtung streicht... V. Reservekorps nimmt die Befestigungen auf Bergnase Hardaumont, erreicht den Südhang bis zur Schlucht von Vaur und geht in der Woevre-Cbene bis einschließlich Dieppe vor. XV. Armeekorps verbleibt im allgemeinen in seiner Stellung, nimmt Hautecourt und Wald von Montrieel in Besitz und unterstützt durch Feuer das Vorschreiten aus den Cotes. Das LandwehrDetachement') wird dem XV. Armeekorps unterstellt und nimmt Hermeville. Auf linkem Flügel ist Anschluß an die in das Bois de Hermöville
vorgehende Armee-Abteilung Strantz zu suchen". Das Armee-Oberkommando befahl ferner sofortigen Stellungswechsel der noch zurückstehenden Teile der schweren Artillerie. Auch der StellungsWechsel der schwersten Batterien sollte aufs äußerste beschleunigt werden. Gleichzeitig wurde eine Neugliederung erforderlich. Die schwere Artillerie des VII. Reservekorps wurde in eine Abwehrgruppe zum Niederhalten der
feindlichen Artillerie auf dem Westufer und in eine Angriffsgruppe geteilt, die das weitere Vorgehen des XVIII. Armeekorps zu unterstützen hatte. Die bisherige schwere Artillerie des XVIII. Armeekorps hatte den Angriff des III. Armeekorps auf den Froide Terre-Rücken vorzubereiten, die schwere Artillerie dieses Korps den Angriff des linken Korpsflügels und des V. Reservekorps zu unterstützen. Der Angriff am 26. Februar.
Am Vormittag des 26. Februar entwickelte sich die Lage bei zunächst 20.Februar,
schönstem Wintersonnenwetter auf der ganzen Angriffsfront weiter günstig. Beim VII. Reservekorps erreichte Infanterie der 13. Reserve-Division, trotz *) S. 83, 87 und 90. 2) Teile der 9. R. D, südlich von Etain (S. 90, Anm. Z).
94
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
26. Februar, erheblicher Störung durch feindliches Artilleriefeuer vom westlichen Maas!lfer, bei Morgengrauen die Linie Alte Cotelettes-Mühle—Caine-Ouelle und blieb in weiterem Vorgehen. Vom XVIII. Armeekorps war die
25.Infanterie-Division in langsamem Vorrücken über die HaudromontFerme nach Süden. Ihr Tagesziel war der Südrand des Waldes in der Richtung auf den Thiaumont-Rücken. Dem III. Armeekorps meldeten Beobachter aus dem Fort Douaumont in den Morgenstunden wiederholt Rückwärtsbewegungen der Franzosen vom Froide Terre-Rücken auf Fleury'). Das Korps wollte am Vormittag mit der 5. Insanterie-Division
das Dorf Douaumont nehmen, später mit Vortruppen der 6. InfanterieDivision das Tal südlich des Cailette-Waldes gewinnen, unter deren
Schutze dann die 5. Insanterie-Division den Froide Terre-Rücken stürmen sollte. Einstweilen war der linke Flügel der 6. Insanterie-Division mit dem
rechten des V. Reservekorps, der schon bei beginnendem Tageslicht das
geräumte Zwischenwerk Bezonvaux besetzt hatte, in raschem Vordringen im Walde von Hardaumont. Von den dortigen kleineren Werken konnte eines nach dem anderen genommen werden. Auch das XV. Armeekorps und der
rechte Flügel der Armee-Abteilung Strantz meldeten weitere Fortschritte. So hielt die Siegesstimmung beim Oberkommando wie bei den Korps an. General Schmidt von Knobelsdorf gab in Gesprächen mit Stäben der unterstellten Kommandobehörden und der Armee-Abteilung Strantz
der Erwartung Ausdruck, daß das III. Armeekorps das Zwischenwerk Thiaumont erreichen und auf Fort Souville vordringen werde. Das
V. Reservekorps sollte Fort Vaux nehmen, das XV. Armeekorps auf Cix— Chatillon vorgehen, der rechte Flügel der Armee-Abteilung Strantz auf Haudiomont, um mit dem Feinde zusammen von Norden auf die Cote
des Hures vorzudringen; „wir sind in Bewegung, der Feind muß im Laufen bleiben". Auch für rechtzeitiges Vorverlegen des Feuers wurden bereits Befehle erlassen. Nur dem XV. Armeekorps empfahl der Generalstabsches, vorsichtig zu sein und sich tief links zu staffeln.
In diesen hoffnungsvollen Morgenstunden traf General vonFalkenHayn mit General Tappen im Armee-Hauptquartier Stenay ein. Darüber heißt es in einer um 10™ beim Oberkommando gemachten Aufzeichnung über
Fortsetzung des Angriffs und Zuführung von Verstärkungen für das Westuser: „Antrag auf weitere Kräfte zur Verwendung auf linkem Maas-Ufer kann in Ansehung der Gesamtlage nicht genehmigt werden. Die jetzigen Kräfte der Armee werden nach bisherigem Kampfverlauf das Ostufer nehmen. Damit werden auch Kräfte frei, um dann die Operationen auf i) Cs waren in der Nacht abgelöste Truppen.
Sechster Angriffstag: Weitgehende Hoffnungen der Führung.
95
dem Westufer zu beginnen"'). Daß diese Entscheidung durch die herrschende Siegeszuversicht mit beeinflußt worden ist, ergibt sich aus einer Aufzeichnung des Generals Tappen^). Als dann um II30 vormittags gemeldet wurde, daß die 13. Reserve-Division Champneuville sowie die Cote de Talou be-
setzt habe und später sogar Vacherauville nehmen werde, schien auch auf diesem Flügel Gelegenheit zu weiteren Erfolgen. Das VII. Reservekorps setzte für den 27.Februar früh einen Maas-Übergang nach Regnsville an, im Zusammenwirken mit dem geplanten Vorgehen des VI. Reservekorps über Forges3), und meldete diese Absicht dem Oberkommando. Die 14. Re-
serve-Division, deren Infanterie feit dem 24., teilweise 25.nachmittags in der Gegend östlich von Dun in Ruhe lag"), rückte gegen Mittag befehlsgemäß in die Gegend von Veaumont vor.
Nachmittags rechnete das Armee-Oberkommando auf Grund nicht mehr festzustellender Nachrichten — vermutlich zu günstiger, den Tatsachen vor-
auseilender Morgenmeldungen unterer Kommandostellen, vielleicht auch Gesangenenaussagen — mit der Möglichkeit), daß französische Rückwärts-
bewegungen über die Maas im Gange feien. Dem stand zwar entgegen, daß in einem von der Armee-Abteilung Strantz erbeuteten Befehl") nur von einem planmäßigen Rückzüge in der Rächt vom 24.zum 25.Februar auf die Cötes die Rede war. Am ließ ihr General Schmidt von Knobelsdorf aber doch mitteilen, die Straßen in den Cotes
seien „ganz verfahren"; die Armee-Abteilung habe „mit äußerster Energie" hinterherzustoßen. „Voraussichtlich weiteres Ziel für den rechten Flügel der Armee-Abteilung" sollte die „Straße Haudiomont—Sommedieue und Einschwenken gegen Süden" sein'). Die beiden Kampfgeschwader der Obersten Heeresleitung erhielten vom Oberkommando Befehl, Maas-Vrücken und Truppenlager im Räume von Verdun anzugreifen. Elf Staffeln warfen auf sie in wiederholten Flügen insgesamt 2320 Kilogramm Bomben ab. Starke Belegung der Ortschaften, ebenso der Forts St. Michel, Belrupt und Rozellier, sowie lebhafter Zugverkehr auf den nach Verdun führenden ») S. 26 f., 38 f. und 203 ff. 2) Tagebuchaufzeichnung vom 26.Febr.:
. . Besprechung über Einsetzen wei-
terer Kräfte aus dem westlichen Maas-Aser. Mit Rücksicht auf das schnelle Vorwärtsdringen aus dem östlichen User brauchen wir keine weiteren Kräfte zu geben. A. O. K. 5
will sich selbst helfen". 3) S. 92 und 206. 4) S. 83.
5) Aktennotiz der A. Abt. Strantz. 6) Dem A. O. K. 5 am 26. 1230 mittags von seinem Nachrichtenoffizier durch
Fernsprecher gemeldet. 7) Akten der A. Abt. Strantz.
96
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
26.Februar. Bahnen wurde von den Fliegern übereinstimmend gemeldet, aber keine Rückwärtsbewegungen über die Maas.
Dementsprechend versteifte sich der feindliche Widerstand rasch, besonders in der Mitte der Angriffsfront. Während auf dem rechten Flügel die 13. Referve-Division bis zum Abend noch Vacherauville besetzte, der anschließende rechte Flügel der 21. Infanterie-Division kampflos das Wäldchen östlich davon und mit einer schwächeren Abteilung sogar Bras erreichte, konnten der linke Flügel der 21. und die 25. Infanterie-Division bei ihrem Angriff um 1° nachmittags in den Waldungen südlich von Louvemont nur sehr langsam und unter schweren Verlusten vordringen. Am Abend lagen sie am Nordhange der von Vras nach dem Chauffour-
Walde verlaufenden „West-Ost-Schlucht" vor einer anscheinend zusammen-
hängenden, gut ausgebauten feindlichen Stellung. Am großen Steinbruch südlich von der Zaudromont-Ferme und beim Tiefenpunkt 259 hielt sich der Feind sogar noch in seinen Befestigungen am Nordhange der Schlucht. Beim III. Armeekorps scheiterte sowohl um 11° vormittags der Angriff der 5. Infanterie-Division auf das Dorf Douaumont, wie auch der um 4'° nachmittags wiederholte Sturm des letzten, ganz frischen Infanterie-Regiments dieser Division auf das Werk 613 und das Dorf unter schweren Verlusten. Auf dem Fort Douaumont und dem Rücken östlich davon lag
heftiges feindliches Artilleriefeuer, unter dessen Schutze der Gegner nicht weniger als sechsmal vergeblich das Fort wiederzunehmen versuchte. Die 6. Infanterie-Division und der rechte Flügel des V.Reservekorps gelangten noch an den Südrand des Hardaumont-Waldes; jeden Versuch, darüber hinaus nach Süden vorzugehen, verhinderte das von Stunde zu Stunde stärker werdende französische Artillerie- und Maschinengewehrfeuer, letzteres aus zahlreichen kleinen, dem Gelände außerordentlich geschickt angepaßten Flankierungsanlagen. Die 9. Reserve-Division besetzte nur noch Dieppe vollständig. Auch das weitere Vorgehen des XV. Armeekorps wurde durch Artilleriefeuer des Feindes stark verzögert; bis zum Abend hatte das Korps die Linie Abaucourt—Hermeville erreicht. Moranville und Grimaueourt waren anscheinend noch von stärkerer Infanterie verteidigt, ein Angriff in die Nacht hinein erschien aber nicht ratsam.
Auf dem rechten Flügel der Armee-Abteilung Strantz hatte die 5. Landwehr-Division um 9°° vormittags Braquis besetzt. Als Tagesziel des 26. befahl General von Strantz die Linie Haudiomont— Manheulles—Fresnes. Da zwischen dem XV. Armeekorps und der 5. Landwehr-Division bei Hermöville eine Lücke entstanden war, wurde ihr die
halbe bayerische Ersatz-Division zum Einsatz auf dem rechten Flügel und Angriff auf Haudiomont unterstellt. Sie erreichte aber, aus der Linie
Zunehmender Widerstand der Franzosen.
97
Dompierre—Harville—St. Hilaire antretend, erst gegen 2°° nachmittags Hennemont. Der rechte Flügel der gegen die Linie Ville en Woevre—
Aulnois-Ferme angesetzten Landwehr wurde daher durch feindliches Feuer aus den Wäldern westlich der Straße Braquis—Ville en Woevre ge-
zwungen, dorthin abzuschwenken, und erreichte ebenso wie die halbe bayerische Crsatz-Division bis zum Abend nur den Ostrand dieser Wälder. Südöstlich davon waren Ville en Woevre und die Aulnois-Ferme bereits
am frühen Nachmittag genommen worden. Den dann eingehenden Befehl des Armee-Oberkommandos zum Nachstoßen hinter dem abziehenden Gegner') hatte die Armee-Abteilung weitergegeben. Der daraufhin von
der 5. Landwehr-Division befohlene Angriff auf Manheulles blieb jedoch bei Einbruch der Dunkelheit halbwegs zwischen der Aulnois-Ferme und Manheulles liegen. Auch ein auf Fresnes angesetzter Stoß des linken Flügels der Division kam nur bis in die Linie Riaville—Saulx.
Absichten und Befehle für den 27. Februar (Skizzen 7, 8 und 9). In den Kämpfen des 26. Februar waren östlich der Maas die franzöfische 48. Division südlich von Louvemont, die 153. bei Douaumont neu
aufgetreten. Im ganzen standen also jetzt bis zum Ostrande der Eotes acht französische Divisionen gegenüber; von ihnen sah man die 72. und 51. als bestimmt nicht mehr kampfkräftig an. Südöstlich anschließend am Ostrande der Cötes, gegenüber dem X.V. Armeekorps und dem Angriffsflügel
der Armee-Abteilung Strantz, wich immer noch allein die 132. Division zurück. In Reserve vermutete man wie bisher noch eine marokkanische
Division und zwei Brigaden der 67. Diviston, außerdem im Antransport fünf Divisionen. Auf den französischen Bahnen war vom 26. bis 29. Februar „Eisenbahnsperre" angeordnet. Aussagen von Gefangenen ergaben, daß die Franzosen zwar vorübergehend die Räumung des östlichen Maas-Ufers geplant hatten, nun aber entschlossen schienen, sowohl die jetzige Nordfront wie auch den Ostrand der Cötes unter allen Umständen zu behaupten. Da jedoch neben der 72. und 51. Division auch viele andere feindliche Truppen bereits stark gelitten haben mußten und deren gegenfestige Vermengung festgestellt war, glaubte das Armee-Oberkommando, den
Angriff trotz der Erschöpfung der eigenen Truppen durch schwere Verluste, Anstrengungen und Witterungseinflüsse doch noch mit Erfolg weiterführen zu können. Es befahl dessen Fortsetzung für den 27. Februar. -) S. 95. Weltkrieg. X.Band.
98
26. Februar.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Das VII. Reservekorps hatte um 6'° vormittags über die Maas hin-
weg Regnsville wegzunehmen'), worauf der Angriff des VI. Reservekorps über Forges folgen sollte. Das XVIII. Armeekorps hatte den noch vom Feinde gehaltenen Teil des Waldgebietes südlich von Louvemont zu nehmen, wofür ihm starke Minenwerfer- und Flammenwerferkräfte und ein Infanterie-Regiment der 14. Reserve-Division zur Verfügung gestellt wurden. Das III. Armeekorps behielt als Aufgabe: Fortnahme des Dorfes
Douaumont, Säuberung des Froide Terre-Rückens bis einschließlich des Zwischenwerkes Thiaumont und darüber hinaus Vorgehen gegen Fort Souville. Das V. Reservekorps sollte Fort Vaux nehmen und „soweit möglich" die anschließenden Wälder. Zur Vorbereitung dieses Angriffs des V. Reservekorps wurden vier schwerste, acht Mörser- und 16 schwere FeldhaubitzBatterien aus dem Abschnitt des III. Armeekorps angesetzt; ähnlich mas-
siertes Vorbereitungsfeuer sollte auf den Angriffszielen dieses Korps selbst liegen. Das XV. Armeekorps hatte Cix und Moulainville anzugreifen. Die Armee-Abteilung Strantz erhielt keine neuen Befehle. Der Angriff am 27. Februar.
27.Februar.
Der Übergangsversuch des VII. Reservekorps bei Samogneux scheiterte. Bei der Kürze der Vorbereitungszeit hatte die Maas-Riederung nicht genügend erkundet werden können. Festfahren der Pontons vor Regnerille auf Hindernissen unter Wasser verhinderte die Überraschung. Die über¬ gesetzte schwache Infanterie wurde daher, noch bevor es ganz hell geworden war, unter geringen Verlusten auf das Ostufer zurückgenommen. Dement¬ sprechend unterblieb auch der Angriff des VI. Reservekorps aus Forges*). Der 13. Reserve-Division gelang im Laufe des Tages die Säuberung der ganzen Halbinsel der Cöte de Talou. Vor dem rechten Flügel des XVIII. Armeekorps wurde am Morgen das Dorf Bras wegen eigenen Artilleriefeuers von der dorthin vorgedrungenen kleinen Abteilung geräumt und konnte, da es der Feind
sofort besetzte, nicht wiedergenommen werden. Auf der 25.InfanterieDivision, dem ganzen III. Armeekorps und der 19.Reserve-Division des V. R e s e r v e k o r p s lag seit Beginn des eigenen Vorbereitungs-
feuers von Mittag ab gewaltiges Artilleriefeuer. Daher scheiterten die mehrfach wiederholten Angriffsversuche, die auf dem linken Flügel der 25.Infan¬ terie-Division von einer besonderen, durch Teile der 21. verstärkten Angriffsgruppe gegen den Steinbruch südlich der Haudromont-Ferme und den Albain-Wald, bei der 5. Infanterie-Division von dem tags zuvor erstmalig i) S. 95. — -) S. 206 f.
Fast erfolglose Fortsetzung des Angriffs.
SS
eingesetzten Infanterie-Regiment und einem frischen Regiment des XV. Armeekorps aus dem Chauffour-Walde gegen die anschließenden feindlichen Stellungen und das Dorf Douaumont unternommen wurden. Die Verluste waren schwer. Auch östlich des Forts Douaumont, bei der 6. Infanterieund der 10. Reserve-Division, begegneten die deutschen Angriffsversuche
starken feindlichen Gegenangriffen und endeten ergebnislos und verlustreich, bis auf ganz geringe Fortschritte der 6. Infanterie-Division südöstlich des Forts. Eine Meldung der 9. Reserve-Division, daß Damloup vom Feinde frei und Kräfte dorthin vorgeschoben seien, erwies sich als Irrtum. Das Vorgehen des XV. Armeekorps wurde durch immer stärkeres feindliches Artilleriefeuer von den Cötes verlangsamt, während die eigene Artillerie erst vorgezogen werden mußte. Bis zum Abend erreichten die
30. Infanterie-Division die Supplsville-Ferme und den Westrand des Waldes von Moranville, die 39. die Höhe 255 nordöstlich von Moulainville, die der Feind noch zäh verteidigte, und den Westrand von Blanzee. Links davon hielt sich das zugeteilte Landwehr-Detachement der 9. ReserveDivision am Westrande des La Chabotte-Waldes, nachdem sein Angriff auf Chatillon blutig zusammengebrochen war. Die Armee-Abteilung Strantz hatte noch am Abend des 26. Februar mit der Möglichkeit gerechnet, daß der Gegner unter dem Druck von Norden her das östliche Maas-Ufer Doch räumen werde, und
daher weiteres scharfes Nachdrängen befohlen. Auf ihrem rechten Flügel gelangte die in der Nacht ganz eingesetzte bayerische Ersatz-Division unter Generalleutnant Ritter von Graf mit der jetzt ihr unterstellten rechten Vrigade der 5. Landwehr-Division durch das ausgedehnte Waldgelände Westlich von Vraquis und Ville en Wotzvre bis an dessen Westränder. Der weitere Angriff auf die als stark besetzt und befestigt erkannten Dörfer am Fuße der Cötes wurde auf den nächsten Tag verschoben, da die Artillerie
noch nicht genügend gewirkt hatte. Der Angriff der rechten Brigade der ö. Landwehr-Division auf Manheulles unterblieb aus demselben Grunde.
Der sehr viel weiter zielende Befehl der Armee-Abteilung, daß die bayerische Crsatz-Division „beiderseits der Straße Haudiomont—Verdun die Cötesööhen in Besitz nehmen" sollte, „um dann, beiderseits der Grande Tranchße de Calonne nach Süden vorstoßend, dem Feind vor dem V. Armeekorps in
den Rücken zu gehen", mußte unausgeführt bleiben. Weiter südlich schob die 5. Landwehr-Division ihre Linie an der Straße nach Fresnes etwas vor.
Das Ergebnis des Kampfes seit dem 26. Februar mittags war, an den weitgespannten Erwartungen gemessen, recht gering. Zwar war der Geländegewinn am rechten Flügel auf der Cüte de Talou und in der Woevre-
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
27. Februar. Ebene beträchtlich. Doch die Hoffnung, daß entweder der flankierende Druck von Norden her die Ostfront der Eotes ins Wanken bringen würde, oder
daß es glücken könnte, gleichzeitig mit dem weichenden Feinde von Osten her auf die Höhen der Cotes zu gelangen, hatte sich nicht erfüllt. Die bis zum Abend des 27. Februar festgestellte Gesamtbeute der 5. Armee und
Armee-Abteilung Strantz belief sich auf rund 15 000 Gefangene, 45 Ge¬ schütze (davon 17 schwere), 54 Maschinengewehre. Aber auch die Kräfte der nun schon eine volle Woche in schwerstem
Kampfe liegenden eigenen Truppen des Nordangriffes hatten bereits ernstlich gelitten. Am Morgen des 27. Februar hatte ein Infanterie-RegimentsKommandeur der 25. Infanterie-Division erstmalig gemeldet: „Für Fortsetzung des Angriffs unbedingt frische Truppen erforderlich, da Regiment nach vollen sechs Kampftagen nicht mehr voll leistungsfähig." Alle Versuche, die eigenen Verluste auch nur annähernd festzustellen, scheiterten an der Lage der fortwährend in wechselvollem Kampf stehenden Truppen. Die Meldungen der Front gaben zunächst oft zu hohe Zahlen und entsprachen nicht den Feststellungen auf den Verbandplätzen. Als zuverlässigster Anhalt dienten die Zusammenstellungen des Armeearztes, der beispielsweise für den 25. Februar 2518 Verwundete meldete; in dieser Zahl fehlten aber noch Teile des XVIII. Armeekorps. Durch Hinzurechnung der teilweise überhaupt nicht zu bergenden Toten ergaben sich jeden-
falls sehr hohe Verlustziffern^). Absichten und Befehle für den 28. Februar (Skizzen 7, 8 und 9). Sowohl die Ober st e Heeresleitung wie das O b e r k o m -
m a n d o der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatten jetzt endgültig den
Eindruck, daß der Feind entschlossen sei, die Cötes und damit das östliche
Maas-llfer zu halten. Im Kriegstagebuch der Obersten Heeresleitung heißt es über den 27. Februar: „Eindruck: Feind hat Offensive auf Cötes vorläufig zum Stehen gebracht. Verzweiflungskampf um Douaumont—Haudromont^), woselbst XX.Korps,48.,153.,16.,37.und%14.DivisionzumGegen¬ angriff gegen III. Armeekorps und % Y. Neservekorps angesetzt sind." Ähnlich lauten Eintragungen in den Kriegstagebüchern des Armee-Oberkommandos und der Armee-Abteilung Strantz. Aussagen der neu eingebrachten Gefangenen ergaben außer den bereits festgestellten Verstärkungen den Einsatz der französischen 2. Division 1) Die erste leidlich zuverlässige Zusammenstellung erfolgte Anfang März für die Zeit vom 21.bis 29. Februar (©. 123).
2) Offensichtlicher Schreibfehler; gemeint war „Hardaumont".
Völliger Stillstand auf der Nord front.
101
und wahrscheinlich auch der 1. des I.Korps an der Nordfront östlich der
Maas. Regimenter des XX. Korps sollten im Marsch auf Fleury sein. Der ungewöhnlich starke Verkehr von Clermont nach Osten bestand fort. Auch die feindliche Artillerie hatte sich noch vermehrt. Man mußte mit verstärkter Gegenwehr und heftigen Gegenangriffen der Franzosen rechnen. Demgegenüber bestanden deutscherseits drei erhebliche Schwächepunkte: zur Ablösung der Angriffstruppen der Abschnitte Abis C fehlten frische Divisionen, als einzige war die 113. Infanterie-Division^) am nächsten Tage zu erwarten; der Stellungswechsel der schweren Artillerie war noch nicht ganz durchgeführt; der Munitionsersatz in den Feuerstellungen blieb
erheblich hinter dem Verbrauch zurück. Das Armee-Oberkommando befahl deshalb, den 28. Februar im allgemeinen nur für Erkundungen, Ordnung der Verbände, Sturmreifmachen der feindlichen Anlagen und planmäßige Bekämpfung neu auftretender Batterien zu benutzen. An der Nordfront sollte nur das Dorf Douaumont noch genommen werden. Das V. Re¬ servekorps sollte den Angriff gegen Fort Vaux aufs neue vorbereiten. Zu ihm trat die bisher dem Angriffsabschnitt 0 zugeteilte schwere Artillerie; die übrige wurde neu verteilt. In der Woevre-Ebene sollten das XV. Armee¬
korps und die Armee-Abteilung Strantz dicht an die Cötes herangehen. Der Verlauf des 28. Februar. In der Nacht zum 28. Februar wurde die 21. Infanterie-Divifion auf dem Pfeffer-Rücken durch die 14. Referve-Division abgelöst und rückte nach Veaumont. Auf dem linken Flügel des X VIII. Armeekorps griff der Feind mehrfach erfolglos an. Versuche der inneren Flügel des XVIII. und III. Armeekorps, die noch ungeklärte Lage bei Punkt 259 zu entscheiden, und zweimal wiederholte Angriffe der S. Infanterie-Division auf das feindliche Werk bei Punkt 613 und Dorf Douaumont scheiterten trotz Vorberei-
tung durch zusammengefaßtes schweres und schwerstes Feuer; dieses hatte, aus Sorge vor eigenen Kurzschüssen, meist zu weit gelegen. Gegen die 6. Infanterie-Division und das V. Reservekorps wütete den ganzen Tag über
heftiges feindliches Artilleriefeuer, es verhinderte hier jedes nennenswerte Vorwärtskommen. Der linke Flügel der 9. Reserve-Division hing daher nach wie vor weit ab, der rechte des XV. Armeekorps schwebte in der Luft. Cr war beim Morgengrauen von mehreren neu eingesetzten Batail-
lonen aus dem Feuilla-Walde überraschend, aber erfolglos angegriffen worden, wobei der Feind eine erhebliche Zahl Gefangener einbüßte. Doch griff auch das Korps selbst nicht weiter an, da starke Besetzung der bei) S, 66 und 277.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
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2«. Februar, festigten Dörfer von Moulainville bis Ronvaux festgestellt wurde und
Flieger den Vormarsch mehrerer Kolonnen aus Verdun nach dem Ostrande der Cötes meldeten.
Vei der Armee-Abteilung Strantz sollte die bayerische Crsatz-Division nach gründlicher Artillerievorbereitung im Anschluß an das XV. Armeekorps die Höhen zwischen Ronvaux und Haudiomont, die 5. Landwehr-Division Fresnes und Champlon nehmen. Die 1V. Infan-
terie-Division sollte sie „ohne Rücksicht auf Munition" artilleristisch unter-stützen.
Die Artillerie des X V. Armeekorps hatte jedoch einen schweren
Stand gegen die von den Cötes aus überhöhender Stellung und teilweise
aus ortsfesten Panzertürmen besonders sicher feuernden feindlichen Geschütze. Das Generalkommando hielt die Artillerievorbereitung immer noch nicht für ausreichend und beschloß, nicht anzugreifen. Infolgedessen trat die baye° rische Ersatz-Division um 3" nachmittags allein zum Sturm an, der aber dicht vor dem Bahndamm am Fuße der Cotes im heftigen Feuer liegenblieb. Da das XV. Armeekorps auch am 29. noch nicht angreifen wollte, nahm Generalleutnant von Graf seine vordere Linie an den Rand der
Wälder zurück.
Die der bayerischen Crsatz-Division unterstehende rechte
Brigade der 5. Landwehr-Division erstürmte zwischen 4° und 5° nachmittags Manheulles und machte 470 Gefangene. Der daraufhin befohlene weitere Angriff auf Villers sous Bonchamp und Vonzee konnte wegen Erschöpfung der Truppe nicht durchgeführt werden. Sie wies aber gegen Abend einen stärkeren französischen Gegenstoß restlos ab. Vei der 5. Landwehr-Division
selbst scheiterte der Angriff aus Fresnes, dagegen nahm ihr linker Flügel Champlon, machte 250 Gefangene und stieß über den Ort bis einen Kilometer östlich von TrZsauvaux vor. Der rechte Flügel der 10. Infanterie-
Division begann sich diesem Vorgehen anzuschließen. Dann aber mußten die vordersten Teile wegen der Gefährdung ihrer rechten Flanke von Fresnes her bis an den Westrand von Camplon und südlich davon zurückgenommen werden.
Mit den Kämpfen des 27. und 28. Februar hatte der Angriff gegen
Verdun einen gewissen Abschluß erreicht. In achttägigem, schwerem Ringen war die französische vorderste Linie auf der Nordostfront der Festung von der Maas bis in die Gegend von Haudiomont um durchschnittlich acht Kilometer zurückgeworfen worden. Mit dem Fort Douaumont, dem größten und stärksten Werk dieses Frontabschnitts, und den Anlagen im Walde von
Hardaumont war bereits der nordöstliche Eckpfeiler des äußeren Fortsgürtels der Festung gefallen. Jetzt hatte sich aber der Widerstand derart versteift, daß gleich rasche Fortschritte künftig nicht zu erhoffen waren.
Versteifung des französischen Widerstandes.
103
c) Vorgänge beim Feindes. (Karten 2 und 3.)
Die Oberste Führung bis zum 21. Februar. Seit die deutsche schwerste Artillerie die ersten Proben ihrer gewaltigen Ms Anfang Wirkung auch gegen die stärksten vorhandenen Panzer abgelegt hatte, war T°br«ar. der Wert der Festungen im Urteil der französischen Führung erheblich gesunken. Man sah in ihnen nichts weiter als Abschnitte der großen Verteidigungssront, in die sie eingegliedert waren*). Dieser Wandlung ent¬ sprach es, wenn auch V e r d u n seither als „Befestigte Stellung Verdun" unter General Herr nur noch einen Teil der Heeresgruppe Mitte aus-
machte und die besondere Aufgabe hatte, die Verbindung zwischen der 1. Armee rechts und der 3. Armee links der Maas aufrechtzuerhalten sowie deren innere Flügel zu decken.
Nachrichten über den Antransport von Truppen, Artillerie und KriegsMaterial nach der Gegend von Metz und Charleville sowie über AngriffsVorbereitungen in der Wosvre-Ebene veranlaßten die französische Führung, schon vom 11. Januar ab eine Verstärkung der Besatzung von Verdun vorzunehmen. Aus den unzähligen Meldungen, die bis Ende des Monats ein-
liefen, hoben sich bedeutungsvoll die Aussagen zweier Überläufer vom 16. und 25.Januar heraus. Der erste nannte als Angriffsraum das rechte Maas-Ufer bei Verdun und sprach von 90- bis 100stündiger ArtillerieVorbereitung. Nach den Mitteilungen des zweiten war an der Westfront eine große Offensive mit Eintritt trockener Witterung, vor Verdun aber nur
ein Ablenkungsangriff zu erwarten.
Ähnlich widerspruchsvoll lauteten die
Aussagen fast aller Gefangenen, Überläufer, Geheimagenten und entwichenen
russischen Kriegsgefangenen. Aus „sehr ernster Quelle"^) erfuhr das französische Hauptquartier am W.Februar, um 230nachmittags, daß um den 10.Februar nach kurzem
Trommelfeuer ein starker Stoß gegen Verdun losbrechen würde. Am 15. Februar hatte man im Hauptquartier den Eindruck, daß die deutsche Offensive an der Westfront nahe bevorstünde und insbesondere Verdun das Ziel eines Angriffs bilden könne, wobei es freilich noch unklar blieb, ob es sich um einen entscheidenden Schlag oder um ein mit starker Artillerie
ausgestattetes Ablenkungsmanöver handeln würde. Auch später einlaufende Meldungen waren nicht geeignet, das Bild völlig zu klären.
Mehrere
*) Franz. amtl. Werk, Vand IV, 1. — P etain, La Bataille de Verdun. — Giraud, Le General de Castelnau. — 2) Band IX, S. 13. Im Anschluß an die dort
aufgeführte Verordnung vom 6. August 1915 sind mehrere ergänzende Weisungen ergangen. — *) Franz. amtl. Werk, a. a. O., S. 146 f.
io. bis Februar.
104
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
»».ms Überläufer berichteten am 19. Februar, das deutsche V. Reservekorps sei Zt.s-bru-r. baß vil. Reservekorps, das XII. Armeekorps, die 192. Brigade, Teile des VIII. Armeekorps und die 52.Reserve-Division verstärkt worden; der Angriff hätte am 13. oder 14. beginnen sollen, man warte aber jetzt das Eintreten besseren Wetters ab. Diesen eindeutigen Aussagen traten aber an demselben Tage und tags darauf wieder Meldungen entgegen, nach
denen eine Offensive im Elsaß oder bei Lille bevorstehe. Am 20.Februar, um 5° nachmittags, eröffnete die deutsche Artillerie das Feuer auf die Bahnlinie CHKlons—Verdun. Bald darauf erzitterte der Bahnhof von Verdun unter den Bombenwürfen deutscher Flieger').
Ähnliches hatte sich schon früher ereignet. Man brauchte darin nicht not¬ wendigerweise den Beginn eines ernsthaften Angriffs zu sehen. Erst der 21. Februar brachte Klarheit. Die Kampfhandlungen bis zum 25. Februar (Skizzen 1 und 3 bis 6). Der Abschnitt der bese st igten Stellung von Verdun unter General Herr reichte von der Batterie Les Paroches, 30 Kilometer südlich der Stadt, bis Avoeourt, 20Kilometer nordwestlich der Stadt; an ihrem Ausbau war fleißig gearbeitet worden. Mitte Februar 1916 bestanden, abgesehen von den Zwischen- und Riegelstellungen, vier durchlausende Kampfstellungen. Die vorderste Stellung war stark ausgebaut, aber nur schwach besetzt, da die Führung sich darüber klar war, daß sie bei der zu erwartenden Artillerievorbereitung in Trümmer gehen werde. Der
Hauptwiderstand war in der zweiten Stellung gedacht.
Diese jedoch, wie
auch die dritte Stellung waren bei weitem noch nicht vollendet. Die vierte
Stellung bildete die ehemalige Hauptverteidigungsstellung der Festung; sie lag dicht vor den äußersten Forts und hatte daher zahlreiche gute Anterbringungsmöglichkeiten. Die Forts waren ohne Insanteriebesatzung, sie hatten nur ihre Panzergeschütze samt Bedienung. Südlich der Stadt schloß die Brückenkopsstellung von Dieue an die Festung an. Links der Maas befanden
sich zwei Aufnahmestellungen für den Fall, daß Verdun geräumt werden mußte. Die Verbindung zwischen den beiden Afern innerhalb des Feftungsgebietes war durch vier Brücken in Verdun selbst, sieben oberhalb und fünf unterhalb der Stadt gesichert. General de Langle, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, forderte für die Führung der Verteidigung dünne Besetzung der vorderen Linien, da man damit rechnen müsse, sie zu verlieren, trotzdem Franz. amtl. Werk, a. a. O., S. 161. Über diese Angriffe, die den Absichten der
deutschen Führung völlig widersprochen hätten, enthalten die deutschen Akten nichts.
Der Gegner: Verteidigung unter General Herr.
105
aber Aushalten bis zum letzten Mann; Verwendung der Reserven zum
Gegenstoß; starke Tiefengliederung der Artillerie, damit die eigene vorderste Linie unter Feuer genommen und das Sperrfeuer zurückgezogen werden
könne, falls der Feind eingedrungen sei. Die ursprünglich bescheidenen Kräfte, die zur Verteidigung der befestigten Stellung eingesetzt waren, wurden in dem Maße verstärkt, als die
Nachrichten über einen beabsichtigten deutschen Angriff sich verdichteten. Die in der vordersten Linie eingesetzten Truppen hatten Verpflegung und Wasser für drei Tage bei sich. Die Batterien verfügten über einen Munitionsvorrat für zweieinhalb bis drei Kampftage. Die Verbindung der Festung mit dem Hinterlande war Gegenstand besonderer Fürsorge. Die zweigleisige Bahn Clermont—Verdun, die fast allein für die Truppenversorgung in Betracht kam, lag an mehreren Stellen, besonders zwischen Aubrsville und Dombasle, unter deutschem Fernfeuer. Die einzige sichere Strecke, Bar le Due—Verdun, war
schmalspurig (ein Meter) und wenig leistungsfähig. Für das Heranführen von Verstärkungen mußten daher die Straßen ausgenutzt werden. Die Eisenbahnendpunkte der meisten Transporte lagen zwischen Ste. Menehould und Ligny en Varrois. Von hier ab mußte Fußmarsch oder Kraftwagenverkehr
einsetzen. Am 29. Januar hatte General Ioffre der Festung eine starke Kraftwagenreserve zur Verfügung gestellt, durch die sich gleichzeitig die Infanterie von vier Divisionen verschieben ließ. Eine Äberwachungskommission in Bar le Due hatte den Wagenverkehr auf der später unter dem Namen „voie sacree" bekannt gewordenen Straße Bar le Due—Souilly—Verdun zu regeln.
Am 12. Februar, dem Tage, an dem der deutsche Angriff zunächst beginnen sollte, standen im ganzen nur fünf Divisionen in der gesamten befestigten Stellung von Verdun: An der Nordfront die 72. Division von VÄHincourt bis Ornes, an der Ostfront zwei Territorial-Vrigaden zwischen Ornes und Hennemont, die 132. Division zwischen Hennemont und
Les Cparges. Im Festungsgebiet befanden sich außerdem die 51. Division auf dem rechten und die 67. Division auf dem linken Maas-Afer. Bald aber wurde die Besatzung erheblich verstärkt. So standen die zur Verteidigung der befestigten Stellung Verdun berufenen Kräfte unter General Herr am Vorabend des deutschen Angriffs wie folgt bereit: Westlich der Maas: VII.Korps (General Bazelaire) mit 29. 2«.Februar, und 67. Division;
106 28.Februar.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
»oit der Maas bis zur Eisenbahn Verdun — Etain:
XXX. Korps (General Chrötien) mit 72., 51., 14. Division und sieben-
einhalb Territorial-Vataillonen; von dieser Vahn bis St. Mihiel: II.Korps (General
Duchene) mit 132., 3., 4. Division und sieben Territorial-Vataillonen; in Reserve: 37. Division um Souilly, 48. um Chaumont sur Aire
(12 Kilometer südlich von Souilly), % 16. (31. Brigade) um Belrain; im Antransport von der Armee-Abteilung Lothringen: XX. Korps mit 153. und 39. Division.
In erreichbarer Nähe standen ferner hinter dem linken Flügel der Heeresgruppe Ost 76. und 68. Division, hinter der Heeresgruppe Mitte Yz19.,59.,42.,69.,1.und2. Division.
Im einzelnen hatte der vom deutschen Angriff betroffene Abschnitt des XXX. Korps zwischen der Maas und Etain folgende Gliederung: Die 72. Division zwischen Maas und Ville devant Chaumont hatte acht Bataillone in der Front und vier Bataillone in Reserve; sie verfügte über 66 Feldgeschütze und zwölf schwere Haubitzen. Die 51. Division zwischen Ville devant Chaumont und Ornes hatte gleichfalls acht Bataillone in der Front, aber nur zwei in Reserve;
sie verfügte über 65 Feldgeschütze und elf schwere Haubitzen. Die 14. Division zwischen Ornes und Ctain hatte neun Bataillone in vorderer Linie und drei zurückgehalten; sie besaß 89 Feldgeschütze und
20 schwere Haubitzen. Das Generalkommando verfügte über eine Korpsartillerie') von 120 schweren Geschützen sowie über eine Infanteriereserve von 14 Ba-
taillonen. Dazu kam eine Anzahl schwerer, unter Panzer stehender Geschütze der ständigen Befestigungen, die in den Kampf eingreifen konnten. Endlich
standen noch acht schwerste Geschütze auf Bahnlafetten zur Verfügung. 2l.Febr»ar.
Als am Morgen des 21. Februar die deutsche Artillerie das Feuer
gegen die Stellungen von Ornes bis zur Maas eröffnet hatte, ließ dessen wachsende Stärke und Ausdehnung sehr bald keinen Zweifel mehr über den
bevorstehenden Angriff: Alle Kampfverbände waren in höchster Bereitschaft. General Herr gab die ersten Weisungen, um die von Bar le Duc heran-
führende Straße für den Kraftwagenverkehr frei zu machen, und verteilte die ihm noch verbliebene schwere Artillerie. ') Artillerieaufstellung Karte 3.
Der Gegner: Verteidigung unter General Herr.
107
Die Heeresgruppe Mitte erbat beim Großen Hauptquartier Verstärkungen an Kampffliegern und Flugabwehrgeschützen, befahl der 3. Armee, der Festung mit ihrer Flugwaffe zu helfen, und richtete eine entsprechende Bitte auch an die Heeresgruppe Ost. General Ioffre ließ außer dem bereits anrollenden XX. Korps auch noch von der 5. Armee das I. Korps nach Vitry le Fran^ois in Marsch setzen. Der deutsche Angriff traf im wesentlichen die 72. und 31. Division. 22. Februar.
Ihre noch in der Nacht angesetzten Gegenstöße blieben erfolglos. Der für die Morgenstunden in Aussicht genommene Gegenangriff der Reserven kam nicht zur Ausführung. Von 540 vormittags ab verhinderte das Feuer der deutschen Artillerie bis in die zweite Stellung hinein jede Bewegung. Die Trümmer der in vorderster Linie fechtenden Truppen gaben neuem deutschen
Angriff nach. Die Reserven sahen sich daraus beschränkt, die zweite Stellung zu besetzen und hier besonders das Vorgehen des Feindes auf die Höhe 351 (Wegekreuz südöstlich des Wavrille-Waldes) zu verhindern, von der aus die vordere französische Artillerielinie im Rücken gefaßt werden konnte. Cs gelang, den größten Teil des Herbebois zu halten. General Herr überwies dem XXX. Korps die 37. Insanterie-Division und zog die % 16. Infanterie-Division nach Dieue, die 48. InfanterieDivision nach Souilly heran. Von weiteren Verstärkungen konnte als erstes das XX. Korps, allerdings nicht vor dem 24.Februar, eintreffen. Am Morgen des 23. Februar zählte die Reserve des XXX. Korps 23. Februar,
noch sieben Bataillone, obgleich die vorderste Brigade der 37. Division bereits hinzugetreten war; 13 Bataillone hatte die Schlacht schon verfchlungen. Die Feldartillerie war zum Teil 500 bis 800 Meter nach rückwärts ausgewichen, die Zurücknahme der vorderen Teile der schweren Artillerie hinter die Linie Douaumont—Brcts wurde durch deutsches Feuer und Glatteis erschwert.
Frühmorgens gab die 72. Division das von Einschließung bedrohte Dorf Brabant auf; es wiederzunehmen, gelang nicht.
Die um II30 vor¬ mittags einsetzenden, gegen das Bois des Caures, den Wavrille-Wald und
das Herbebois gerichteten deutschen Angriffe kamen den französifcherfeits geplanten Gegenstößen zuvor und drängten die Linie im Laufe des Nach¬
mittags bis Samogneux—Beaumont—Nordränder des Fosses- und ChaumeWaldes—Ornes zurück. Die Höhe 351 war verloren, die zweite Stellung zum Teil bereits eingedrückt. Da das deutsche Zerstörungsfeuer auch Westlich der Maas bis in die zweite Stellung reichte, rechnete General Herr hier ebenfalls mit deutschem Angriff und überwies dem dort befehligenden General Bazelaire die halbe 48. Division und acht schwere Batterien. Diese
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
103
artilleristische Verstärkung mußte auch den Kämpfen auf dem rechten MaasUfer zugute kommen. An Reserven verfügte General Herr nur noch über die halbe 16. und halbe 48. Division. Vom XX. Korps wurde die vorderste, 153. Division mit Kraftwagen in die Gegend von Dieue gefahren, die hintere, 39., sollte am 24. Februar mittags in den Raum südlich von Fleury sur Aire einrücken. Ferner wurde sofortige Unterstützung durch eine Brigade und Feldartillerie der um Ste. Menehould stehenden 19. Division zugesagt. 24. Februar.
In der Nacht ging die Feldartillerie der 51. und 72. Division in die
ungefähre Linie nördlich Douaumont—Haudromont—Pfeffer-Rücken zurück, und auch die schwere Artillerie mußte weiter ausweichen. Damit trat ein neuer Schwächezustand für den Verteidiger ein. Als bereits lange vor
Tagesanbruch das Dorf Samogneux verlorenging, ließ General Chrßtien mit fünf Bataillonen den Pfeffer-Rücken und die Cote de Talou besetzen. Versuche, bald nach 8" vormittags Samogneux wiederzunehmen, gelangten über erste Vorbereitungen nicht hinaus. Ebenso blieb östlich von Veaumont ein Gegenangriff auf den Wavrille-Wald im Vorgelände stecken. Das deutsche Feuer wütete mit unverminderter Gewalt fort. Am 3° nachmittags ging östlich von Samogneux der Stützpunkt auf der Höhe 344 ver-
loren.
Zu gleicher Zeit fielen den Deutschen nach hartem Kampf die
Trümmer von Beaumont in die Hände. Vis 4° nachmittags eroberten sie den Fosses-, Chaumes- und Caurrieres-Wald und die dahinterliegende Chambrettes-Ferme. Im Vois de Fay hielten sich Teile noch bis in die
Abendstunden. Auf den rückwärtigen Höhen zwischen Louvemont und 347 bildeten sich aus Versprengten neue Linien, die allmählich von vorrückenden Reserven verstärkt wurden. Die 153. Division und die 31. Brigade erhielten um 6" abends den Vesehl, die Linie Vezonvaux—Höhe 378 östlich von Louve¬
mont zu besetzen und am nächsten Morgen zum Angriff vorzugehen. Inzwischen mußte aber um 8° abends Ornes geräumt werden; die von Umzingelung
bedrohte Besatzung zog sich nach Bezonvaux zur 14. Division zurück. Irrige Auffassung der Lage veranlaßte auf dem entgegengesetzten Flügel den Kommandeur des Unterabschnittes an der Maas, um 10° abends seine Truppen
aus der Linie Champneuville—Mormont-Ferme nach dem Pfeffer-Rücken
zurückzunehmen. Alle Brücken und sonstigen Übergänge zwischen Vacherauville und Bras wurden zerstört.
Der Umstand, daß der Feind von Norden her auf zehn Kilometer an Verdun herangekommen war, gefährdete die in der Woevre-Ebene eingesetzten Truppen, deren Stellungen bis zu 25 Kilometer östlich der Festung vorsprangen. Die Heeresgruppe Mitte befahl darum um 10°
Der Gegner: Verteidigung unter General Herr.
109
abends, die Verteidigung in der Nacht zum 25. Februar auf die Cotes zurückzunehmen. Darüber hinaus aber ließ sie die Räumung des ganzen östlichen Maas-Ufers vorbereiten. Gleichzeitig wurden die Befehlsverhältnisse neu geordnet. Die Gruppe Chrßtien (72., 51., 37., 14., 153. Division und 31. Brigade) sollte — von West nach Ost — die Linie
Bras—Douaumont—Hardaumont—Maas-Höhen bis Eix einschließlich halten. Von hier bis Eparges hatte sich die Gruppe D u ch e n e am Fuße
der Maas-Höhen einzugraben, vorgeschobene Posten aber zunächst noch in der Woevre zu belassen. Westlich der Maas wurde der GruppeVazel a i r e befohlen, das linke Maas-Ufer auch gegen Osten zu sichern und die
Gruppe Chrstien artilleristisch mit aller Kraft zu unterstützen. Nur die Gruppe Bazelaire erhielt Verstärkung. Zu ihrem bisherigen Bestand — 67. und 29. Division — traten der Rest der 48. Division, die am Nachmittag in Dombasle eintreffende 38. Brigade der 19. und die 39. Division. Wei-
tere Weisungen bereiteten die Räumung des Ostufers vor. Noch in der
Nacht zum 25. Februar sollten die Kavallerie, die schweren Eisenbahngeschütze und alle Trains über die Maas zurückgehen; Brücken und Straßen wurden
auf die Truppen verteilt; die Minenkammern der Brücken und Festungswerke des rechten Ufers waren zu laden. Frische Truppen durften nicht mehr auf das Ostufer übergeführt werden. Zn der Nacht zum 25. Februar wurde die Wosvre-Ebene, unbemerkt vom Feinde, geräumt.
Die neue Linie lief von Les Cparges über Fresnes 25.Februar.
--Eix nach Bezonvaux. Auf der Nordfront von Verdun vollzogen sich bei vergleichsweise ruhiger Nacht die Bewegungen, die zur Einnahme der
Stellung Bezonvaux—Höhe 378—Louvemont—Pfeffer-Rücken führen sollten. In dieser Lage griff die Heeresleitung in die Maßnahmen der örtlichen Führung entscheidend ein. Die Oberste Führung vom 22. bis 25. Februar. Trotz der Wucht, mit der der Kampf vor Verdun eingesetzt hatte, war
die Führung der Verbündeten zunächst nicht geneigt gewesen, dem Unternehmen weitgehende operative Bedeutung beizulegen. General I 0 ffre schien ein ernsthafter Angriff im Maas-Gebiet wenig Aussicht auf kriegsentscheidende Erfolge zu bieten. Auch General H a i g vertrat den Stand-
Punkt, daß der Hauptangriff auf Apern und Calais'), das heißt gegen seine Front, erfolgen werde; sein Stab*) neigte eher zu der Ansicht, daß Deutschland sich mit aller Macht, und zwar wahrscheinlich in der Champagne, auf >) Franz. amtl. Werk, IV, 1, S. 542. 2) Franz. amtl. Werk, IV, 1, Annexe, 1, S. 542.
110
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
22. bis Frankreich werfen könnte. Die bei Verdun beginnenden Kämpfe galten 25. Februar. ke^cn englischen Auffassungen als ein Ablenkungsmanöver.
General Ioffre entwarf dem englischen Oberbefehlshaber am 22.Fe¬ bruar ein Bild davon, wie er sich die Entwicklung der Kampfhandlungen
vorstellte: zunächst kleinere deutsche Unternehmungen auf der ganzen Front, dann ein Ablenkungsangriff mit starken Kräften, beispielsweise bei Verdun, und endlich ein oder mehrere Hauptangriffe. Die Entscheidung müsse dann die englisch-französische Gegenoffensive bringen, von deren Wirkung der Feind sich nicht mehr erholen dürfe. Cr erklärte, daß er dazu über die 10. Armee verfügen müsse und wahrscheinlich gezwungen sein würde, auch die übrigen noch hinter der Front des Nordabschnitts stehenden französischen Divisionen fortzuziehen. Gleichzeitig wandte er sich auch an den Chef des
britischen Reichs-Generalstabes mit der Bitte, möglichst viele Divisionen nach Frankreich überzuführen. Als er am Abend des
Februar entgegen
seiner bisherigen Auffassung doch mit der Möglichkeit rechnen mußte, daß der deutsche Angriff bei Verdun die Entscheidung wenigstens einleiten könnte, drängte er auf schleunige Ablösung seiner 10. Armee und größt¬
mögliche Unterstützung. Die Generale H a i g und Robertson antworteten zustimmend, dieser allerdings mit einem gewissen Vorbehalt bezüg¬ lich der in Ägypten stehenden Divisionen, Uber die Bedeutung des Angriffs bei Verdun äußerte er sich am 24zumChefderfran der englischen Armee, daß er ebenso wie Lord Kitchener an einen
entscheidenden Kampf dort nicht glaube, sondern nur an eine örtliche Unternehmung, bei der sich die Kräfte des Feindes in willkommener Weise abnutzen würden. An General Ioffre schrieb er: „Cs scheint mir, daß wir uns nichts Besseres wünschen können, als daß der Feind seine Angriffe fortsetzt". Am 25. Februar teilte General Haig mit, daß Teile seiner 1. Armee die französische 18. Division, Teile seiner 3. Armee das XVII. Korps ablösen würden. Diese Armee habe Befehl erhalten, ihre Reserven zum Abtransport hinter die französische 6. Armee bereit zu halten. Unter solchen Umständen könnten aber die von ihm beabsichtigten Offensivstöße nur örtlich begrenzten Charakter tragen.
Unterdessen hatte die französische Heeresgruppe Mitte am 21. Februar das bei Cpernay hinter der Front liegende I.Korps, die Heeresleitung das XIII. Korps der 6. Armee zum Abtransport nach Verdun bestimmt. Die Armeen sollten die Abgabe weiterer Kräfte vorbereiten. Am Abend des 23. Februar hatte General Ioffre Oberst Claudel nach der Festung entsandt, um sich genau über die dortige Lage unterrichten zu lassen.
Was dieser am 24. Februar mittags am Fern¬
Der Gegner: Eingreifen der Heeresleitung.
III
spreche? berichtete, konnte den französischen Oberkommandierenden in seiner ruhigen Beurteilung der Verhältnisse nur unterstützen. Am Abend dieses Tages aber, zwischen 8° und 9°, zeigte sich ihm die Lage in bedenklicherem Lichte, als General de Langte meldete, daß er genötigt sei, den Rückzug aus der Wosvre-Ebene auf die Eötes anzuordnen. Dieser mag dabei auch seinem Zweifel Ausdruck verliehen haben, ob er das rechte Maas-User werde halten können; denn kurz darauf veranlaßte er die oben erwähnten Vorbereitungen zur Räumung dieses Ufers. Der Verlust von Verdun, auch nur des rechten Maas-Ufers, mußte
auf die Gesamtheit der Kriegslage, auf die Stimmung des französischen Volkes und die Haltung der Bundesgenossen in bedenklichster Weise zurückwirken. Es konnte daher schwerlich einem Zweifel unterliegen, daß die Festung, wenn irgend möglich, gehalten werden müsse. Doch mochte es nach der jetzt vorliegenden Meldung der Heeresgruppe Mitte fraglich erscheinen, ob das überhaupt noch möglich sei. General Ioffre antwortete ihr bald nach 10° abends mit einer Weisung, in der das Einverständnis zum Rückzug aus der Wosvre-Ebene enthalten war, und in der es weiter
hieß: „Aber Sie müssen nach Norden auf der Front zwischen der Maas und der Woevre mit allen Mitteln, über die Sie verfügen, Widerstand leisten. Zögern Sie nicht, das XX. Korps dazu zu verwenden. Sein Einsatz ist sicher nötig, um das Eintreffen der Verstärkungsdivisionen zu ermög-
lichen, deren Marsch nach der Maas Sie zu beschleunigen haben"'). Im übrigen beschied General Ioffre noch am Abend des 24. Februar General Petain zu sich, der zur Zeit mit dem Oberkommando 2in der Gegend von Veauvais in Reserve stand, und erteilte ihm am folgenden Morgen um 8° den Auftrag, sich nach Verdun zu begeben und dort den Befehl über die Truppen des linken Ufers zu übernehmen. Er sollte die etwa vom rechten
llfer zurückgehenden Truppen aufnehmen und dem Feinde den Übergang über die Maas verwehren.
Am Abend des 24. Februar entsandte der französische Höchstkommandierende aber auch seinen Chef des Generalstabes, General de Eastelnau,
auf dessen Vorschlag mit der Vollmacht nach Verdun, dort alle nötigen Anordnungen zu treffen. Am 25.Februar, um 5° früh, traf General de Eastelnau im Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte ein, die trotz der Weisung des Generals Ioffre vom Abend das Verbot, frische Truppen über die Maas vorzuführen, noch aufrechterhalten hatte. Cr hob es sofort auf und bekräftigte in einem Ferngespräch mit General Herr den Befehl des Höchstkommandierenden, daß ') Franz. amtl. Werk, a. a. O., S. 260.
112
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
23. Februar, auf dem Ostufer mit allen Mitteln Widerstand zu leisten sei. Cr fügte hinzu:
„Die Maas wird auf dem rechten Afer verteidigt"^). Jeder Führer, der einen Rückzugsbefehl gäbe, werde vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Dann begab General de Castelnau sich nach Verdun, wo er etwa um 9° vormittags
anlangte und persönlich den Übergang der 39. Division über die Maas und
die Vefehlsausgabe für die Entwicklung auf den umstrittenen Höhen rechts des Flusses überwachte. Cr gab dem am Nachmittag ankommenden General
Pötain in Abänderung des ihm in Chantilly erteilten Auftrages den Vefehl, die oberste Führung auf beiden Maas-Afern zu übernehmen und keinesfalls die Höhen des rechten Afers zu räumen. General Ioffre war einverstanden.
25.Februar.
Die Kämpfe vom 25.bis 28. Februar (Skizzen 6 bis 9). Am 25. Februar, um 645 morgens, hatte General Herr die endgültige
Weisung bekommen, die jetzige Front Maas—Douaumont—Maas-Höhen, koste es, was es wolle, zu halten. Es galt, wieder starke Kräfte auf das Ostufer zu schaffen. Am nächsten bei der Hand war die 39. Division des XX. Korps, die jetzt dorthin in Marsch gesetzt wurde. Von weiteren Verstärkungen war auf das I. Korps erst vom Abend an bei Verdun zu rechnen;
das XIII. Korps (25., 120. Infanterie-Division) konnte nicht vor dem 26. Februar früh an den Ausladepunkten Ste. Menehould und Revigny eintreffen; die 42. Division des XXXII. Korps sollte zur selben Zeit an der Straße Vitry le Frantzvis—Givry en Argonne bereitstehen. Hinter diesen Kräften waren vom 26. Februar ab zu erwarten: die 68. Division von der Heeresgruppe Ost, das XXI. Korps und die 26.Division des XIII. Korps von der Heeres¬
gruppe Nord. Erhebliche Verstärkung an schwerer Artillerie stand in Aussicht. Inzwischen hatte seit 9° vormittags das deutsche Artilleriefeuer wieder eingesetzt und sich von Stunde zu Stunde gesteigert. Als um 12° mittags die feindliche Infanterie von Samogneux—Höhe 344 und vom Vois des
Fofses aus zum Angriff antrat, stellte General Balfourier, Kommandierender General des XX. Korps, der seit 11" an Stelle des Generals
ChrZtien den Befehl übernommen hattet, der 51. Infanterie-Divifion ein ') Franz. amtl. Werk, a. a. O., S. 268. 2) Gegen 12°mittags war die Verteilung der Kräfte im Nordabschnitt folgende: Von der Maas bis zur Höhe378 östlich von Louvemont die neu eingerückte 37. Division — von Louvemont bis zur Höhe 378, auf dem Hinterhange, 51. Division mit der 101. Brigade — zwischen der Höhe 378 und Bezonvaux (ausschließlich) 153. Division (Detachement Deligny) — bei Bezonvaux 14. Division —
in zweiter Linie bei Dorf Douaumont und im Anmarsch auf Louvemont 31. Brigade — südwestlich von Douaumont 162. Brigade (51. Division), die sich nach den Kämpfen des Vortages wieder ordnete. Zur Versügung stand noch eine Brigade der 153. Division. Die 39. Division begann gerade die Maas zu überschreiten.
Der Gegner: Vefehlsübernahme durch General Petmn.
1IZ
Bataillon, der 37. Division ein Regiment neu zur Verfügung, die aber beide am Ort ihrer Bestimmung nicht eintrafen. Während an der Cote
de Talou die deutschen Sturmtruppen abgewiesen wurden, war die Abwehr im Abschnitt Louvemont—Hardaumont noch so wenig gefestigt, daß mit dem Falle von Louvemont auch die gesamte Höhenstellung östlich des Ortes verlorenging. Auch die östlich der Höhe 347 (nördlich von Douaumont) eingesetzten Truppen wurden überrascht und zum Teil gefangen. Der Rest wich östlich von Fort Douaumont zurück, worauf die Verteidiger der Höhe 347
selbst, von Osten umfaßt, eilig auf das Dorf Douaumont zurückgingen. Von jeder infanteristischen Verteidigung entblößt, fiel Fort Douaumont in die Hand der deutschen Infanterie. Verstärkungen, die die französische Führung vorsandte, kamen zu spät. Um 6"° abends ging auch Vezonvaux verloren, hier fiel die Verteidigungslinie bis zum Zwischenwerk Hardaumont zurück. Gleichzeitig war auf dem äußersten linken Flügel der deutsche Druck so stark geworden, daß um 720 der Kommandeur der 37. Division den
Befehl zum Rückzug auf die Höhen von Velleville gab. In der Nacht übernahm die 39. Division den Abschnitt von der Maas bis Douaumont aus-
schließlich, indem sie die Infanterie der 37. und 51. Division ablöste. Die 2. und vom Westufer die halbe 48. Division (95. Brigade) wurden General Balfourier überwiesen. Die Meldung vom Falle des Forts Douaumont war noch nicht bis zu ihm durchgedrungen. So befahl er nachdrücklichst, die, wie er glaubte, abends erreichten Stellungen Bras—Dorf Douaumont— Hardaumont—Eix unter allen Umständen zu halten. Inzwischen hatte General Petain in der Racht zum 26. Februar den 26. Februar
Befehl über die befestigte Stellung Verdun übernommen und sein Hauptquartier in Souilly aufgeschlagen. Bei seinem Stabe blieb vorläufig General Herr. Zwei Divisionskommandeure wurden durch kriegsgerichtlichen
Spruch ihrer Stellen enthoben. Das erste, was General Potain nach Übernahme des Befehls anordnete, war die Anlage von drei rückwärtigen Stellungen, deren hinterste vom
Bois Bourrus westlich der Stadt Verdun nach Dugny und dann dem linken Ufer der Maas entlang bis St. Mihiel verlief. Bald darauf folgte der Operationsbefehl Rr. 1, in dem als Aufgabe der nunmehr 2. Armee ge°
nannten Truppen des Festungsbereichs unbedingte Abwehr jedes feindlichen Stoßes auf Verdun bezeichnet wurde. Jeder kleinste Geländeverlust müsse sofort zu einem Gegenangriff führen. Die Armee wurde in vier Gruppen neu eingeteilt'). Den Vorgängen auf dem westlichen Maas-Ufer schenkte *) Gruppe Vazelaire (VII.Korps): 29., 67.Div., 96. und 38.Brig. von Avocourt bis zur Maas. — Gruppe Guillaumat (I.Korps): 1., 39.Div. von Weltkrieg. X.Band.
c>
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
General PZtain besondere Aufmerksamkeit, denn dort lag letzten Endes die Entscheidung über das Schicksal Verduns. Wohl waren die Verluste der ersten fünf Kampftage schwer gewesen: im ganzen 25000 Mann, 150 Geschütze. Nachdem aber der Schwächezustand des 24.Februar überwunden und der Entschluß, das rechte MaasÄser zu halten, bekräftigt war, mußte am 26. Februar der deutsche Ansturm zum ersten Male auf größere Erfolge verzichten. 27. Februar.
Die Morgenstunden des 27.Februar standen unter dem Eindruck der
Nachricht vom Verlust des Forts Douaumont, die erst gegen 9° vormittags das Generalkommando erreichte. Die zur Wiedereroberung geplanten
Bewegungen kamen nicht zur Ausführung, da der deutsche Angriff vorher
einsetzte. Das Zwischenwerk Hardaumont fiel nach tapferer Gegenwehr bald nach 1° mittags. Im Abschnitt Douaumont—Wald von Haudromont tobte der Kampf bis in die Abendstunden, ohne daß es dem Feinde gelang, das Dorf Douaumont zu nehmen. Dagegen besetzte er, ohne Gegenwehr zu finden, den Pfeffer-Rücken. Das deutsche Artilleriefeuer erzwang sogar die zeitweilige Räumung des Forts Vaux und des Zwischenwerkes Laufee. Da Teile des Forts Vaux in die Luft flogen, wurde der um 2° nachmittags von
General Valfourier gegebene Vefehl zu seiner Zerstörung gegenstandslos. General de Eastelnau meldete an General Ioffre: „Ich glaube, daß wenn wir zwei oder drei Tage gewinnen können, die dem Führer der 2. Armee gestatten, die Dinge wieder einzurenken und seinen Einfluß geltend
zu machen, jede Gefahr, Verdun zu verlieren, endgültig beseitigt sein wird". Am 28. Februar wurden die deutschen Angriffe beiderseits des Forts Douaumont auf das Dorf Douaumont und den Wald von Haudromont aber-
mals abgewiesen; aber sie verhinderten auch die Ausführung des von allen Dienststellen nachdrücklichst gegebenen Befehls, die Feste Douaumont wieder-
zunehmen. Der feindliche Druck wurde dort noch immer fo stark empfunden, daß man mit einem Durchbruch rechnete und für diesen Fall einen Gegenstoß aus dem Ehapitre-Walde vorbereitete. Die Gesamtlage aber hatte sich dank dem tatkräftigen Eingreifen der Obersten Führung und den ersten Maßnahmen des Generals Petain bereits wesentlich gebessert. Seit der Krisis des 24. Februar war die Gesamtzahl der bei Verdun fechtenden Divisionen von neun auf 16%, die der schweren Geschütze von 164 auf mehr als 500 gestiegen. der Maas bis Douaumont. — Gruppe Valfourier (XX. Korps): 153., 14., 2. Div., 31. und 95. Brig., 212. Terr. Brig., ferner vom 28. Februar ab 120. Div. von Douaumont bis Cix. — Gruppe Duch ene (II.Korps): 68., 132. Div., 32.Brig., 211. Terr. Vrig. von Cix (ausschl.) bis Les Paroches.
Das Ende des ersten Angriffsabschnittes.
IIS
6) Betrachtungen. Mit dem 28. Februar war der deutsche Angriff zsAbr««. auf Verdun so gut wie vollständig zum Stehen gekommen. Die Absicht des Oberkommandos, die Festung im beschleunigten Verfahren zu nehmen, hatte ein unerwartet rasches Ende gefunden — offenbar deshalb, weil der Verlauf des Angriffs sich nicht mit der reißenden Schnelligkeit vollzog, die zum Gelingen notwendig gewesen wäre.
Hierzu hatte die durch die Wetterlage veranlaßte Verschiebung des ursprünglichen Angriffstermins wesentlich beigetragen. Mit dem Ent¬ schlüsse vom Morgen des 12. Februar mußte man große Siegesaussichten aus der Hand geben. Die Geheimhaltung des Unternehmens, die bis dahin
in erstaunlicher Weise gelungen war, konnte schwerlich in den Tagen bis zum 21. gewahrt bleiben; das Moment der Überraschung war in Frage gestellt. Ein am 12. Februar begonnener Stoß hätte die Franzosen sehr viel schlechter vorbereitet gesunden'). Auf der deutscherseits für den Angriff in Aussicht genommenen Nordfront östlich der Maas standen damals nur Teile der 72. Division, dahinter die soeben von Var le Duc herangezogene 51. Division; erst vom 15. bis 17. Februar trafen vom VII. Korps die 14.
und Teile der 37. Division ein. Den deutschen Truppen, die sich seit dem 12. Febmar in voller Vereitschaft befanden, wäre bei sofortigem Beginn des Angriffs die Schädigung durch zehntägiges Warten in dürftigster Unter-
bringung hart am Feinde erspart geblieben. In diesem Falle hätten wahrscheinlich auch die ständigen Befestigungen nicht verhindern können, daß die Verdun beherrschenden Höhen in wenigen Tagen in deutsche Hand kamen. Nachdem dann mit dem 21. Februar die Offensive in Gang gesetzt war, wirkte die bald wieder zur Ungunst umschlagende Witterung hemmend auf das Vorgehen der Sturmtruppen wie auf den Stellungswechsel der Artillerie und den umfangreichen damit verbundenen Nachschub aller Art.
Rückschauende Betrachtung muß versuchen festzustellen, ob nicht der Mißerfolg, abgesehen von den Unberechenbarkeiten der Witterung, auch Mängeln der ergriffenen Maßnahmen zuzuschreiben ist, oder ob er unvermeidlich war. Dabei ist von vornherein zu betonen, daß Führung wie Truppe vor einem völlig neuen Problem standen, und daß von ihnen eine gewaltige Arbeit zu leisten war, die alles bis dahin
Geschehene in den Schatten stellte und für die ein Vorbild nicht ausgenutzt werden konnte. Schon die Verteilung
der dem Armee - Oberkommando zu-
gewiesenen großen Einheiten gibt zu Bedenken Anlaß. Verlangte i) 6.105. 8*
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
21,6i« der Grundgedanke des Angriffs, wie nicht zu bezweifeln sein wird, möglichst 28. Februar Erreichen der Verdun im Nordosten beherrschenden Höhen, also zum mindesten des von der Eüte de Froide Terre über Fleury zu den Forts Souville und Tavannes verlaufenden Vergzuges, so mußten für diese wichtigste Ausgabe alle irgend in Anwendung zu bringenden Mittel und Kräfte zusammengefaßt werden. Von den überwiesenen neun Divisionen sind indessen nur sechs zum Angriff auf die Nordfront östlich der Maas angesetzt worden. Das XV. Armeekorps und die bayerische Ersatz-Division wurden für das Vorgehen durch die Woizvre-Ebene verwendet, dem ent-
scheidende Bedeutung nicht zukommen konnte'). Wesentlich günstiger dürfte es gewesen sein, wenn das V. Reservekorps oder das XV. Armeekorps aus dem Walde von Spincourt im unmittelbaren Anschluß an die Angriffsfront des III. Armeekorps eingesetzt worden wäre, um die hier sich bietende
Gelegenheit zur Umfassung und raschen Zertrümmerung des nordöstlichen Eckpfeilers der feindlichen Stellung im Herbebois auszunutzen. Der damit vielleicht verbundene Mehrbedarf an schwerer Artillerie wäre aufzubringen
gewesen. Eine Reserve zurückzuhalten, mußte schon die Erwägung nahelegen, daß der härteste Teil der ganzen schwierigen Aufgabe vermutlich erst dann begann, wenn es sich darum handelte, in das Netz der ständigen Vefestigungen einzudringen und diese zu überwältigen. Von vornherein sprach alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß dazu die den ersten Angriff führenden Truppen nur unter besonders glücklichen Umständen noch imstande sein würden. Wenn das Oberkommando glaubte, daß die Oberste Heeresleitung für rechtzeitige Heranführung von Reserven sorgen werde, so mußte es spätestens bis zum Beginn des Angriffs volle Klarheit hierüber schaffen. Erwies sich der Glaube als irrig, so wurde das Ausscheiden einer Reserve an frischen Truppen aus den Kräften der 5. Armee selbst notwendig.
Wesentlich schärfer als die verfügbaren Divisionen ist die schwere Artillerie zur Unterstützung des gegen die Nordfront gerichteten Angriffs zusammengefaßt worden. Auch die Vorteile, die das in deutscher Hand befindliche Waldgebiet nordöstlich von Ornes bot, sind für den Aufmarsch großer Teile der schweren und schwersten Artillerie weitgehend nutzbar gemacht worden. Die feindliche Artillerie befand sich der deutschen gegenüber, der sie weder nach Zahl noch Güte des Gerätes gewachsen war^), in bedrängter Lage. Trotzdem wird man die Frage, ob die deutsche aus-
reichend stark bemessen worden ist, kaum bejahen können. Nachdem einmal 1) S. 86, Telegramm des Gen. von Falkenhayn an A. O. K 5 vom 24. Febr. 1916.
2) Anlage 1 (Zusammenstellung der deutschen und feindlichen Artillerie).
Betrachtungen zum ersten Angriffsabschnitt.
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die Oberste Heeresleitung das Wagnis auf sich genommen hatte, eine als
vorzüglich ausgebaut bekannte französische Festung anzugreifen, ohne sie abgeschlossen zu haben, mußte das Äußerste getan werden, um der stürmenden Truppe, von deren raschem Vorwärtskommen alles abhing, den Weg so weit wie möglich zu ebnen. Die ursprüngliche Vedarfsberechnung des Armee-Oberkommandos hatte denn auch beinahe das Doppelte der tatfäch-
lich gestellten schweren Steilfeuerartillerie gefordert. Cs unterliegt auch keinem Zweifel, daß die Zahl der gleich anfangs einzusetzenden Batterien bei rechtzeitig getroffenen Maßregeln wesentlich hätte erhöht werden können. Möglicherweise würde man durch Steigerung des anfänglichen Artillerieeinfatzes die Folgen der Verschiebung des Angriffs haben ausgleichen können. Mit raschem Anwachsen der feindlichen Artillerie mußte gerechnet werden. Ende Februar war sie bereits auf etwa das Dreifache der ursprünglich
den Deutschen gegenüberstehenden Zahl von schweren Geschützen angewachsen. Geht man zu den das Angriffsverfahren im einzelnen
regelnden Maßnahmen über, so läßt ein Blick auf den Verlauf der ersten Tage erkennen, daß dieser durch die Art der Einleitung ungünstig beeinflußt worden ist. Freilich war es für das Armee-Oberkommando von vornherein
schwer zu entscheiden, ob für den Nachmittag des 21.Februar bereits mit einer ausreichenden Artilleriewirkung zu rechnen sein werde, um daraufhin den vollen Einsatz der Stoßkorps wagen zu dürfen. Den Verlauf einer feindlichen Linie im Waldgelände zu erkennen und ihn einwandfrei und rechtzeitig zu melden, mußte von vornherein als ausgeschlosien betrachtet werden. Auch die Meldungen über gute Lage des Feuers und einzelne
rückgängige Bewegungen beim Feinde konnten eine Gewißheit nicht geben. Glaubte das Armee-Oberkommando sicher gehen zu sollen, so wäre es vor-
aussichtlich immer noch vorzuziehen gewesen, den Infanterieangriff nach einer Wiederholung der Beschießung von vornherein auf den Vormittag des 22. Februar anzusetzen, statt durch tastendes Vorfühlen am Abend des 21. wenig zu erreichen, aber auf die unmittelbare Ausnutzung des Eindrucks der Artilleriewirkung zu verzichten. Der Gedanke, mit übermächtiger Artillerie ein Stück der Verteidigung zu zerschlagen und es dann mit Infanterie möglichst mühelos zu nehmen, konnte nur für wenige Tage Erfolg versprechen. Diese mußten rücksichtslos ausgenutzt werden. Jedes Haltmachen, das naturgemäß gleichbedeutend war mit neuem Festsetzen des Verteidigers, langer Erkundung und Feuer-
Vorbereitung durch die Artillerie sowie schweren Verlusten der Angriffstruppe in der Bereitstellung, war zu vermeiden.
Schnellste und rücksichts-
lose Weiterführung des Angriffs mußte gefordert werden. Ilm jede Mög¬ lichkeit, vorwärts zu kommen, auszunutzen, durfte die untere und mittlere
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Die Westfront bis zum Sommer 1916.
— Verdun.
28.^Febrvar. Führung nicht an nahe Ziele gebunden werden, mußte vielmehr volle Freiheit zu kühnstem Vorwärtsdrängen behalten. Auch durch Ausstattung der angreifenden Verbände mit eigener schwerer Artillerie war das selbständige Handeln zu fördern. Dazu wären freilich auch entsprechende Übungen der Truppen in der dem Einsatz unmittelbar vorausgehenden Zeit nötig gewesen. Soweit bekannt, ist indessen nur den beiden Divisionen des III. Armeekorps eine
solche, dem besonderen Zweck angepaßte längere Ausbildung zuteil geworden. Für den Beginn des Angriffs war einheitliche Leitung des größten Teiles der Artillerie durch den General der Fußartillerie beim Armee-Oberkommando zur Regelung des Aufmarsches, der
ersten Zielzuweisung und des Wirkungsschießens nicht zu entbehren, zumal da die seitens der Obersten Heeresleitung zur Verfügung gestellte Artillerie überaus knapp bemessen und somit sorgfältigste Ausnutzung des Materials geboten war. Indessen blieben fast die gesamte schwere Artillerie sowie ein Teil der Feldartillerie auch nach dem Einbruch der Infanterie in die feindliche Stellung an die Befehle der obersten Artillerieführung gebunden. Demgegenüber ist geltend zu machen, daß der schnelle und in seinem Verlaus nicht vorherzusehende Wechsel der Lagen, der sich mit Beginn des Sturmes ergeben mußte, rasche Anpassung der Artilleriewirkung an die Bedürfnisse der stürmenden Infanterie verlangte, und daß es daher angezeigt gewesen wäre, die Verwendung der Artillerie nunmehr den Führern der Armeekorps zu überlassen, die dann Zuweisungen an die Divisionen anordnen konnten. Nur die Lösung bestimmter Ausgaben (Zerstörung der
ständigen Befestigungen in erster Linie durch die schwerste Artillerie, Bekämpfung von Fernzielen zur Verhinderung der Heranführung von Reserven, Längsbestreichung feindlicher Linien) wäre zweckmäßig der Unmittelbaren Befehlsbesugnis des Oberkommandos verblieben, das sich im übrigen mit einer Kontrolle der Maßregeln der unterstellten Führer begnügen konnte, um das Zusammenwirken der gesamten Angriffsartillerie
sicherzustellen. Annähernd drei Tage sind erforderlich gewesen, um sich durch die
vorderste Zone des feindlichen Widerstandes hindurchzukämpfen.
Damit
war die Aussicht, vor dem Eintreffen herbeieilender französischer Verstärkungen die Überwältigung der ständigen Befestigungen — zweifellos die schwierigste Aufgabe — durchführen zu können, erheblich gesunken. Indessen gewährte der Verlauf des 24. F e b r u a r den deutlichen Eindruck,
daß die Kraft des Gegners gebrochen und er gezwungen sei, dem deutschen Ansturm beschleunigt zu weichen. Es bot sich am 24. und 25. Februar die Gelegenheit, das Versäumte aufzuholen. Das sicherste Mittel dazu
Betrachtungen zum ersten Angriffsabschnitt.
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war die Zuweisung weiterer Kräfte an das III. und XVIII. Armeekorps.
Ihre Führer mußten Gewißheit haben, daß sie auch bei kühnstem Einsah ihrer Korps nicht in Verlegenheit kommen konnten, und daß bei derer-
Erlahmen frische Kräfte ungesäumt die Weitersührung der Aufgabe übernehmen würden.
Es würde augenscheinlich dem raschen Vortreiben des
Angriffs dienlicher gewesen sein, das ganze XV. Armeekorps hier statt in der Woevre-Ebene zu verwenden. Hatte doch auch der Angriffsentwurf des Armee-Oberkommandos es als entscheidend für den Erfolg bezeichnet, daß es gelinge, sich der beherrschenden Höhen des Ostufers zu bemächtigen. Das Armee-Oberkommando scheint indessen der Meinung gewesen zu sein, in den vorhandenen Kräften ausreichende Mittel für die Durchführung des Angriffsstoßes auf den Cötes zur Hand zu haben, eine Anschauung, die sich
rasch als unrichtig herausstellte. Dieser entscheidende Angriff wäre durch gleichzeitiges Vorgehen auf dem westlichen Maas-Ufer wesentlich gefördert worden. Die französische Artillerie hätte sich nicht so gut wie ausschließlich der Abwehr auf der rechten Seite des Flusses zuwenden können. Die Flankierung der deutschen Angriffsbewegung von Westen her hätte sich in minderem Maße ausgewirkt. Sie schädigte die deutsche Infanterie bei ihrem Vorgehen in sehr fühlbarer Weise und hemmte mehrfach den Angriff des an die Maas angelehnten rechten Flügels. Noch mehr störte sie das Vorziehen der schweren Artillerie; an sich schon schwierig bei der Masse der auf wenigen, schlechten und immer grundloser werdenden Wegen bei Nacht marschierenden schweren Fahrzeuge, führte es vielfach in Stellungen die vom Westufer her zu erkennen und wirksam zu fassen waren. Die Ver-
luste an Menschen und Gerät stiegen daher schnell; die Leistungsfähigkeit wurde entsprechend herabgedrückt. Andererseits sind die Materialverluste auch der französischen Artillerie in den ersten Lagen des Angriffs sehr bedeutend gewesen'), so daß auch am 28. Februar noch eine deutsche Überlegenheit bestand. Die Vorteile eines gleichzeitigen Westangriffs sind beim Oberkommando der 5. Armee durchaus gewürdigt worden. Die ihm zur Verfügung gestellten Kräfte an Truppen und Artillerie reichten indessen nicht aus, um neben dem Ostangriff zugleich auch einen solchen auf dem Westufer zu bestreiten. Mit Recht und in Übereinstimmung mit der
Obersten Heeresleitung hat sich der Armeeführer auf eine solche Zersplitterung nicht eingelassen. Die sich bietende Gelegenheit, am 17. oder 18. Februars den begangenen Fehler wieder gutzumachen und einen West') S. 114. — 2) S. 204.
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
21» bis angriff noch eben zeitgerecht einzuleiten, hat General von Falkenhayn nicht 28. Februar, aU3genu^ Man wird nicht anders urteilen können, als daß er sich allzu
einseitig auf das Gelingen des Ostangriffs ohne gleichzeitige AngriffsHandlung westlich der Maas verließ. Für eine solche würden die der
deutschen Obersten Heeresleitung hinter der Westfront zur Verfügung stehenden Kräfte auch dann ausgereicht haben, wenn starke Reserven zur Stützung etwa angegriffener anderer Stellen zurückgehalten worden wären.
Von welcher Bedeutung ein gleichzeitig mit dem Ostangriff einsetzender Angriff auf dem Westufer gewesen wäre, erhellt, wenn man die schwierige Lage der französischen Führung am 24.und 25. Februar ins Auge faßt. Gegenüber einer ernsthaften Bedrohung der Festung auch aus Nordwesten hätten General Ioffre und sein Generalstabsches schwerlich den Mut gefunden, im Gegensatz zu den örtlichen Führern das Halten des Ostufers zu befehlen und deren Anordnungen, die auf eine Räumung hinausliefen, aufzuheben. Aller Wahrscheinlichkeit nach wären dann in den letzten Februartagen die beherrschenden Höhen nordöstlich der Stadt in deutsche Hand gefallen. So wertvoll indessen eine Bindung des Feindes westlich der Maas gewesen wäre, so wird doch als ausschlaggebender Grund für den vorzeitigen Stillstand festzustellen sein, daß die bereits stark mitgenommene Sturmtruppe in dem Augenblick, wo sie in den Bereich
der ständigen Befestigungen eintrat, auf frische feindliche Kräfte traf, zu deren Heranführung die französische Führung noch gerade eben die
Zeit gefunden hatte, während sie auf deutscher Seite fehlten. In den sich nun entspinnenden Kämpfen haben die zahlreichen kleinen, von der Artillerie des Angreifers schwer zu fassenden und ihr teilweise unbekannten Anlagen
eine große Rolle gespielt. Auch sorgfältigste Erkundung durch Flieger hatte verlustreiche Überraschungen nicht verhindern können. Ob die im Frieden bearbeitete Denkschrift „Verdun" des deutschen Generalstabes, die fast alle diese kleinen Werke enthielt und beschrieb, hinreichend ausgenutzt worden
ist, steht dahin. Auch ist Führung und Truppe erst allmählich der gründliche Wandel der Lage in dem Sinne zum Bewußtsein gekommen, daß die Weiterführung des Kampfes sich nunmehr nur schrittweise und nicht in dem bisherigen Zeitmaß vollziehen können. Volle Bedeutung erlangten die stän¬
digen Werke indessen erst dadurch, daß sie, seit General Pstain den Befehl übernahm, wieder ständige Besatzung erhielten und nicht durch die Trümmer geschlagen zurückflutender Truppen, sondern durch einen frischen und ent¬ schlossenen Gegner verteidigt wurden. Vor dessen Eintreffen wäre ihre Wegnahme ungleich schneller zu bewerkstelligen gewesen. Hält man sich die hier berührten Mängel des Kräfteansatzes und des Angriffsverfahrens vor Augen und überblickt man den Verlauf der Dinge
Betrachtungen zum ersten Angriffsabschnitt.
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in den ersten Angriffstagen bis zum 28. Februar, so erscheint die Abficht, mit den Sturmtruppen auf den beherrschenden Höhen Froide Terre — Fleury — Souville einzutref¬
fen, ehe genügende Kräfte zur Abwehr bereit sein konnten, keineswegs von vornherein aussichtslos; indessen blieb es ein außerordentliches
Wagnis,
dessen Gefahren durch zweckmäßigere Verwendung der Angriffskräste des Ostufers und
stärkerer Artilleriezuweisung,
vor
allem
aber
durch
gleichzeitigen Angriff auf dem Westufer erheblich herabgesetzt werden konnten.
Soweit für rückschauende Betrachtung ein Urteil statthaft ist, läßt es sich somit dahin zusammenfassen, daß die von der Obersten Heeresleitung zur Verfügung gestellten Kräfte viel zu gering gewesen sind. Über jedes Lob erhaben ist die Leistung der an-
greifenden Truppe.
Die gewaltige Arbeit des Aufmarsches so
bedeutender Kräfte aller Art in schlechter Jahreszeit, ohne vom Feinde
bemerkt zu werden, ist glänzend gelöst und die gefährliche Belastungsprobe eines zehntägigen Wartens auf den Sturmbefehl unter den ungünstigsten Anterbringungsverhältnissen in staunenswerter Weise bestanden worden. Obwohl es unterlassen worden war, den Angriffstruppen eine nach ein-
heitlichen, von der Obersten Führung zu gebenden Grundsätzen geleitete Ausbildung zuteil werden zu lassen, die sie auf die Überwindung der taktischen und technischen Schwierigkeiten vorbereitet haben würde, so gewann doch nach der wenig glücklichen Einleitung des lange ersehnten Angriffs die Infanterie ihren Schwung rasch wieder und verlor ihn auch nicht, wie die glorreiche Erstürmung der Feste Douaumont zeigt, durch die schweren Verluste und die Anbilden des Wetters.
Der stürmenden
Infanterie haben die Pionierformationen, die Minenwerfer und, nicht zuletzt, rücksichtslos voreilende Feldbatterien, in hervorragender Weise zur Seite gestanden und ihr den Weg geöffnet. Die schwierige und alle Kraft erfordernde Aufgabe des Stellungswechsels der Artillerie, zumal der schweren Batterien, ist trotz aller unvermeidlichen Reibungen in den Grenzen des überhaupt zu Leistenden durchgeführt worden. Auch wenn die mannigfach auftretenden Hemmungen und die Entschlossenheit des Feindes den Angriff nicht in dem gewollten und unter vorbildlicher Hingabe angestrebten Maße haben gelingen lassen, bilden die Tage vom 21. bis
zum
28. Februar
ein
deutschenKriegsgeschichte.
glänzendes
Kapitel
der
122
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
2.Die Heining des weiteren Angriffs durch das Armee-Ober¬ kommando und die Rämpfe auf dem Ostufer, a) Die Ereignisse bis zum 18. März. (Karte 3 und Skizze 10.)
1n&
Der Kampfverlauf des 28. Februar hatte deutlich gezeigt, daß mit den ermüdeten Truppen und dem brshengen Angnffsverfahren kerne größeren örtlichen Erfolge mehr erzielt werden konnten, geschweige denn eine allgemeine Vorwärtsbewegung. Schon am 27.hatten untere Führer wiederholt darum gebeten, für die Vorbereitung der befohlenen Angriffe, die jetzt immer mehr den Charakter von Kämpfen im Festungskriege annahmen, einen oder mehrere Tage Zeit zu lasten. Indessen konnte solchen Bitten zunächst nicht stattgegeben werden. Die Lage des Forts Douaumont forderte sofortigen weiteren Raumgewinn, um es der Gefahr eines feindlichen Handstreichs zu entrücken. Andererseits war eine Fortsetzung des Angriffs
nach Süden nicht möglich, solange das zäh verteidigte Dorf Douaumont nicht in deutschem Besitz war. Auch die Flankiemng vom Westufer der Maas her drängte zu Gegenmaßnahmen. Der Feind hatte sich weiter verstärkt. Neu festgestellt waren die 39. Division des XX. Korps bei Vacherauville sowie die 68. Division auf den Cütes bei Moulainville. Im ganzen nahm das Oberkommando am 28. Februar in und um Verdun bereits 17 französische Divisionen an,
davon galten drei (72., 51. und „Ostgruppe") nicht mehr als gefechtsfähig. Neun standen in der Front von der Maas bis zur Combres-Höhe. Auf den Straßen von Clermont nach Osten und auf der Eisenbahn Clermont— Verdun herrschte starker Verkehr, obwohl je eine 15 cm- und 21 cm« Kanonen-Batterie sowie einige Mörser dagegen angesetzt waren und Kampsgeschwader die Bahnanlagen von Verdun und Clermont mehrfach mit Vom-
ben belegten. Am Abend des 28. Februar befahl das Oberkommando die Fortsetzung des Angriffs für den Morgen des 1. März. Der 29. Februar sollte vor allem dem Munitionsnachschub sowie der Instandsetzung der Wege dienen.
Die planmäßige Bekämpfung der feindlichen Artillerie war fortzusetzen. Für die Wegnahme des Dorfes Douaumont wurde Täuschung durch Plötzliches Vorverlegen oder Abreißen des Vorbereitungsfeuers empfohlen; im übrigen sollte das Dorf „hauptsächlich durch Minenwerfer und Handgranaten genommen" werden. Am 29. nachmittags wurde die Fortsetzung des Angriffs auf den 2. März verschoben, da früher nicht genügend Munition zur Stelle sein konnte. Vorheriges „Zupacken bei günstigen Gelegenheiten" wurde erlaubt.
Entschluß zum Angriff auch auf dem Westuser.
123
Inzwischen hatte die Ober sie Heeresleitung am 27. Februar den Einsatz stärkerer Kräfte zum Angriff auf dem westlichen Maas-Afer von neuem erwogen'). Am 28.Februar wurden endlich
zwei Divisionen für diese Front angekündigt. Am 29. Februar früh befahl General von Falkenhayn die Zuführung des Generalkommandos des X. Reservekorps, der 11. bayerischen Znsanterie-Division und der 22. Re-
serve-Division nebst 21 schweren Batterien hinter das VI. Reservekorps und begab sich dann in das Hauptquartier des Deutschen Kronprinzen. Hier drang General Schmidt von Knobelsdorf wiederholt auf ungesäumten Beginn des Angriffs auf dem Westufer. General von Falkenhayn war einverstanden. Die feindlichen Stellungen auf der Höhe 304 und dem „Toten Mann" sollten genommen werden.
„(Bs wird beabsichtigt" — so
hieß es in dem Befehl —, „auf diesem Wege eine wirksame Bekämpfung der französischen Artillerie hinter dem Marre-Rücken und damit eine
Erleichterung für den Angriff auf dem rechten Maas-Afer zu erreichen. Die Einleitung eines Angriffs auf die permanenten Werke des linken
Afers liegt vorläufig nicht im Plan der Obersten Heeresleitung."
Die
Vorbereitungen sollten bis zum 4. oder 5. März beendet sein.
Das
VII. Reservekorps hatte sich durch gleichzeitigen Übergang bei Regneville und Vorgehen gegen die feindliche Flanke zu beteiligen. Das Oberkommando überwies seinerseits noch drei schwere Batterien vom Ostufer.
Anabhängig vom Angriff auf dem Westufer ging der Kampf auf dem O st u f e r weiter. Der Verlauf des 29. Februar zeigte deutlich, daß auf beiden Seiten die Infanterie erschöpft war. Die Franzosen hielten die ganze deutsche Front von der Maas bis zum Ostabsall der Cötes von 6' morgens an unter starkem Feuer und beschossen auch in der WoevreEbene jedes erkennbare Ziel. Die bis zum Abend festgestellte Zahl der seit dem 21. Februar ge¬ machten Gefangenen belief sich auf mehr als 17 000. Reben 83 Geschützen und 104 Maschinengewehren war zahlreiche andere Beute eingebracht worden. Die bisherigen Verluste der Angriffskorps betrugen im ganzen rund 25 000 Mann2). Wie schon am 26. Februar, sollte auch am 2. März der Schwerpunkt 2. März, des Angriffs bei der 5. Infanterie-Division des III. Armeekorps liegen. Sie hatte zunächst das Dorf Douaumont zu stürmen und dann bis zum
Zwischenwerk Thiaumont und Westrand des Caillette-Waldes vorzustoßen, 0 S. 205 ff. 2) Nach Zusammenstellungen des A. O. K. 5und der O. H. L. vom s. und 6. März.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
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2. März, während links anschließend etwas später die 6. Infanterie-Division diesen
Wald selbst nehmen sollte. Aufgabe des rechts benachbarten XVIII. Armeekorps war es, eine Stunde nach der 5. Infanterie-Division den Steinbruch südlich der Haudromont-Ferme und den Rücken nordwestlich des Dorfes Douaumont anzugreifen. Zur Linken hatte das V. Reservekorps mit der 10. Reserve-Division vier bis fünf Stunden nach dem Antreten der 6. Infanterie-Division mit starkem rechten Flügel den Vaux-Grund zu überschreiten und sich am jenseitigen Hange zur Wegnahme des Forts
Vaux von Nordwesten her bereitzustellen, die 9. Reserve-Division sollte durch Vorgehen gegen das Dorf Vaux die linke Flanke sichern. Die 5. Infanterie-Division erstürmte in erbittertem Kampfe das Dorf Douaumont und die Gräben westlich des Forts Douaumont; an 1000 Gefangene und 15 Maschinengewehre wurden eingebracht. Dagegen vermochten die inneren Flügel der 25.und 21. Infanterie-Division nur das nördliche Drittel des Albain-Waldes zu nehmen, obwohl hier gegen die
versteckten Maschinengewehrnester der Franzosen ein geschlossenes PionierBataillon angesetzt war und die bis ins kleinste geregelte Artillerie-
Vorbereitung durch das Feuer aller verfügbaren Minenwerfer ergänzt wurde. Die Verluste waren schwer, östlich des Forts Douaumont scheiterte der Stoß aus der Mitte der 6. Infanterie-Division im Flankenseuer von Maschinengewehren, die aus nicht erkennbaren Anlagen südlich des Forts wirkten, während der linke Flügel Teile einer ausgedehnten ständigen Befestigungsanlage vor dem Nordostrande des Caillette-Waldes
stürmte. Das bereits seit Stunden starke feindliche Artilleriefeuer steigerte sich dann besonders gegen die Stellungen des V. Reservekorps auf dem Südrande
des
Hardaumont-Rückens
zum
Trommelfeuer.
Bei
der
10. Reserve-Division kam daher der Infanterieangriff überhaupt kaum in Fluß. Der rechte Flügel der 9. Reserve-Division vermochte zwar bis zum Bahndamm nordöstlich des Dorfes Vaux vorzustoßen. Schließlich aber sahen sich die Angreifer auch hier durch anhaltend rasendes Sperrfeuer und durch konzentrisches Maschinengewehrfeuer gezwungen, unter schweren Verlusten in ihre Ausgangsstellungen zurückzugehen. Das Oberkommando führte das geringe Tagesergebnis auf die Ungunst des Angriffsgeländes und das starke feindliche Sperrfeuer, zum großen Teil aber auch auf die Übermüdung und Erschöpfung der Angriffs-
truppen zurück. Da vor Fortsetzung des Angriffs der Munitionsnachschub sicherzustellen war, sollte währenddessen den kämpfenden Truppen Zeit gelassen werden, sich im Gelände einzurichten und alles für die kommenden Angriffsaufgaben vorzubereiten.
Den Korps wurde befohlen, die erreichten Stel-
Ostufer: Fortsetzung des Angriffs.
125
lungen auszubauen, so gut wie irgend möglich für die Truppe zu sorgen, um sie Widerstands- und erneut angriffsfähig zu machen und Verluste sowie Kampfmittel zu ergänzen. Der inzwischen eingetroffene weitere Ersatz^) bedeutete freilich keine vollwertige Ergänzung, wurde teilweise sogar als Belastung empfunden, weil es an Zeit und Gelegenheit fehlte, ihn einzugliedern und mit dem Geiste der Truppe zu durchdringen. Die Artillerie sollte mit der Munition haushalten und nur solche Batterien, die sicher als
feuernd erkannt waren, planmäßig bekämpfen. Am 3. März meldeten die Angriffskorps über den Zustand ihrer 3. März.
Truppen: VII. Reservekorps: „Verluste ergänzt, Zustand gut, jederzeit bereit." V. Reservekorps: „Zustand der Truppe gut, das Korps ist voll
angriffssähig ..."
XVIII. Armeekorps: „Infanterie des Korps stark
angestrengt, aber angriffsfähig." III. Armeekorps, bei dem in der Nacht die 113. Infanterie-Division die vorderste Linie der 5. abgelöst hatte:
„Trotz sehr starker Verluste und außerordentlicher physischer Anstrengung 6. Infanterie-Division bedingt, 5. Infanterie-Division nicht voll angriffs-
fähig." Inzwischen hatte die französische Artillerie vom 3. März früh ab die deutschen Stellungen beiderseits des Forts Douaumont mit
starkem Feuer belegt, das sich fortgesetzt steigerte, um 5° nachmittags in zweistündiges Trommelfeuer überging und schwere Verluste verursachte. Am 7° abends griffen frisch eingesetzte Teile der franzöfifchen 153. und 48. Division beiderseits des Forts an. Sie wurden vom linken Flügel des XVIII. Armee-
korps und östlich des Forts abgewiesen, dagegen gelang es ihnen, unter dem Schutze der Dunkelheit in das Dorf einzudringen. Erst in erbitterten Nahkämpfen, die den ganzen 4. März andauerten, war es möglich, das 4. März.
Dorf und das nordwestlich anschließende Werk 613 wieder restlos von den Franzosen zu säubern. Rund 2000 Gefangene blieben in deutscher Hand. Über die Notwendigkeit, den Angriff fortzusetzen, bestand beim Oberkomm and o kein Zweifel. In einer Aussprache mit den Generalstabschefs der Armeekorps am 4. März nannte General Schmidt von Knobels-
dors als unbedingt
zu
erreichendes Ziel die
Linie
St. Michel — Moulainville, um jeden feindlichen Versuch, das in der Woevre-Ebene verlorene Gelände wiederzunehmen, zu unterbinden.
Da der „Aderlaß" beim Feinde schon 63 000 Mann betrüge, müßten unsere
durch die zahlreiche schwere Artillerie immer noch überlegenen Kräfte für diese Aufgabe ausreichen. Die schwere Artillerie müßte wieder einheitlich S. 61.
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4. März, vom Oberkommando geleitet werden, um „durch Konzentration die feindliche
Artilleriewirkung moralisch niederzuschlagen". Auf die Frage, wann das III. Armeekorps wieder voll angriffsfähig sein würde, erbat Major Wetzell mindestens drei bis vier Tage völliger Ruhe außerhalb der Kampfzone"). General Schmidt von Knobelsdorf bezeichnete dies als „gleichbedeutend mit völliger Aufgabe des Angriffs", lehnte das Herausziehen des Korps ab und verlangte der Truppe gegenüber mehr Energie der Führung. Oberst¬ leutnant von Auer vom XVIII. Armeekorps war der Meinung, daß sein
Korps angriffsfähig fei, obwohl die beiden letzten Tage nicht erfrischend gewirkt hätten. Major Hasse vom V. Reservekorps erklärte, daß es je eher, desto besser weitergehen würde. Unter diesen Umständen wurde festgesetzt, daß zunächst am 6. März auf dem W e st u f e r der Maas das VI. Reserve-
korps entsprechend seinem eigenen Vorschlages angreifen sollte, um die Flankierung von dort möglichst auszuschalten. Am 7. sollte dann der Angriff auf dem Ostuser fortgesetzt werden. General Schmidt von Knobelsdorf schloß: „Nochmals: Warten dürfen wir, haltmachen dürfen wir nicht!" Doch ließ er sich von den besonderen Schwierigkeiten überzeugen, die einem Angriff vom Dorf und Fort Douaumont aus in südwestlicher Richtung ent¬ gegenstanden. Daher sollten nur die östlich des Forts liegenden Teile des III. Armeekorps und das V. Reservekorps angreifen. Die Absicht des VII. Reservekorps, gleichzeitig mit dem bevorstehenden Angriff auf dem Westufer Teile der 77. Infanterie-Brigade zwischen Vrabant und ChampNeuville übergehen zu lassen und die Brigade später auf der Cote de Talou zur Freimachung der 13. Referve-Division einzusetzen, fand seine Billigung. Roch am Abend des 4. März erließ das Oberkommando eine zusammen¬
fassende „Anweisung für den voraussichtlichen Angriff am 7. März auf dem Ostufer der Maas". Danach sollten VII. Reserve- und XVIII. Armeekorps im wesentlichen defensiv bleiben, aber mit ihrer Artillerie die feindlichen Batterien westlich der Maas, Truppenansammlungen vor ihrer Front zwischen Maas und Froide Terre-Rücken und den Feind auf diesem Rücken bekämpfen. Das III. Armeekorps hatte mit der 113. Infanterie-Division und den beiden Regimentern des XV. Armeekorps die bisherige Front Dorf Douaumont—Nordostrand des Caillette-Waldes zu halten, während der östlichen Hälfte des Korps und dem V. Reservekorps der gemeinsame
Angriff auf das Gelände westlich vom Fort Vaux und das Fort Vaux
selbst zur Gewinnung des Höhenrückens „La Montagne" (zwischen Fort ') Major Wetzell hatte keine Zeit gehabt, die Meinung seines Kommandierenden Generals einzuholen. Dieser hielt eine längere Zeit für erforderlich (Zuschrift des Gen. d. Inf. a. D. von Lochow vom IS. Aug. 193S).
-) S. 207 f.
Fortsetzung des Angriffs auf beiden Ufern.
127
Souville und Zwischenwerk Lausse) zugedacht war. Die Ziele sollten durch schweres und schwerstes Feuer während des ganzen 6. und der Vormittags-
stunden des 7. März sturmreif gemacht, gleichzeitig die feindliche Artillerie einheitlich bekämpft und „das Angriffsobjekt gegen feindlichen Zuzug jeder Art abgeschnürt" werden. Vei derArmee-AbteilungStrantz wollte das V. Armeekorps den Angriff auf Fresnes wiederholen. Die Durchführung des Angriffs auf beiden Maas-Usern veranlaßte eine Verstärkung der Fliegerverbände der 5. Armee'). Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit lag, abgesehen von der Nah- und Fernerkundung und der
Durchführung artilleristischer Aufgaben, nunmehr in zunehmendem Maße auf dem „Sperrflug"2) der Kampfgeschwader und der Niederkämpfung der in immer größerer Zahl auftretenden feindlichen Luftstreitkräfte. Die Tage bis zum 7. März verliefen auf dem östlichen Maas-5lfer s. bis?. März,
verhältnismäßig ruhig; das anhaltend heftige französische Artilleriefeuer verursachte jedoch fortlaufend erhebliche Verluste. Das von Tag zu Tag weiter ins Hintergelände reichende Fernfeuer mit seiner genauen Lage auf Ortschaften und Straßen begann Verkehr und Nachschub empfindlich zu stören2). Als kleineren Erfolg verzeichnete das VII. Reservekorps am 5. März die Wegnahme eines feindlichen Grabens mit rund 200 Gefangenen am Südhange des Pfeffer-Rückens durch die 14. Neserve-Division. Am 6. März begann der Angriff des VI. Reservekorps auf dem Westufet). Das VII. Reservekorps beteiligte sich über den Fluß hinweg an der Artillerievorbereitung und durch übersetzen von Teilen der
77.Infanterie-Brigade. Auf dem O stuf er verschob das Oberkommando auf Antrag des III. Armeekorps die Wiederaufnahme des Angriffs bis zum 8. März, um gründliche Erkundung der Ziele und sorgfältige Ausführung aller sonstigen Vorbereitungen, besonders das Vorbringen der Minenwerfer mit genügender Munition, zu sichern. Inzwischen erstürmten am 7.März bei der Armee-Abteilung S t r a n tz Teile der 10. Infanterie-Division sowie der 5. Landwehr-Divi-
sion den Ort Fresnes und erbeuteten rund 700 Gefangene und 5 Maschinen¬
gewehre. *) Stärke am 4. März: 5Feld-, 4 Art. Fl. Abt., Iagdkräfte in Stärke von 26 Kampseindeckern und 19 Staffeln der Kampfgeschwader, 8 Feld-Luftsch. Abtgn. — 2) S. 147. — 3) Dabei war in der Nacht zum 4. März in Vraquis der Kommandeur
der bayer. Crs. Div., Genlt. Ritter von Graf, gefallen. — 4) S. 208.
128 s. bis 7. März.
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
Lebhaft beschäftigte sich General von Strantz wie auch der Kommandierende General des V. Armeekorps, General Eduard von Velow, mit der Frage der Weiterführung des Angriffs an dieser Stelle. Nächste Ziele
sollten die Eombres-Höhe, Montgirmont und Eötes des Hures sein, womit das Armee-Oberkommando durchaus einverstanden war.
Die O b e r st e
Heeresleitung überwies dazu in den nächsten Tagen sechs schwere Batterien. «. bis Für den Angriff am 8. März war die Besetzung der ganzen Front von ,o. Marz, der Maas bis zum Nobras-Walde südlich von Dieppe neu geregelt worden^). Das Artilleriefeuer begann am 7. März um 1° mittags, wurde auch in der Nacht unterhalten, setzte am 8. bei Tagesanbruch wieder mit voller Stärke ein und ging um 11° vormittags in Trommelfeuer über.
Die
Infanterie der 6. Infanterie-Division und des V. Reservekorps folgte dem Vorverlegen des Artilleriefeuers um 12° mittags.
Es gelang der Mitte
der 6. Infanterie-Division, weitere Teile der ständigen Befestigungen am Nordostrande des Caillette-Waldes zu nehmen, während ihr äußerster linker Flügel und der rechte der 9. Reserve-Division in der Richtung auf das Dorf Vaux nur geringen Geländegewinn erzielten. Die Generalkom-
mandos und das Oberkommando hatten jedoch zuerst günstigere Meldungen vom Fortschreiten des Angriffs erhalten. Es sollten der Vaux-Grund, Dorf Vaux und der Weinberg nördlich von Damloup erreicht sein. Hier glaubte das Oberkommando die Hauptkräfte der Franzosen gefesselt zu haben. Es befahl deshalb noch am Abend den allgemeinen Angriff für den 9. März. Das VII. Reserve- und das XVIII. Armeekorps sollten das vorgelagerte Waldgelände vom Feinde säubern, links davon das III. Armeekorps mit der 113. Infanterie-Division „auf Zwischenwerk Thiaumont und durch den Eaillette-Wald vordrücken", die 6. Infanterie- und 9. Reserve-Division den
Angriff fortsetzen. Inzwischen hatte der rechte Flügel der 9. Reserve-Division des Generals der Infanterie von Guretzky-Eornitz nach mehrstündiger erneuter ArtillerieVorbereitung nochmals angegriffen und gegen 6° abends den Ostteil des Dorfes Vaux tatsächlich genommen. Gegen 7° abends brandeten die Sturm¬ Cs standen, von der Maas beginnend: VII. R. K. mit 77. 1,23r. auf der Cüte de Talou, 14. R. D. aus dem Pfeffer-Rücken und 13. R. D. im Walde nördlich der West-Ost-Schlucht; XVIII. A. K. mit 21. Z. D. im Albain-Wald und östlich davon; III. A.K. mit 113. I. D. (unter dem Kdr. der 5. I. D,) bis zum Dorf Douaumont, mit 6. I. D., einschl. zweier Regimenter des X V. A. K., vom Fort Douaumont bis nördlich vom Dorf Vaux; dann 9. R. D. des V. R. K. Die Infanterie der 25.und 5. 3- D. war aus der Front gezogen. Die 121. Z. D. (S. 66) war am 4. März nordöstlich von Spincourt eingetroffen.
Ostufer: Der erste Angriff auf Fort Vaux.
129
truppen bereits das Glacis vor der Nordecke des Forts Vaux hinauf, als
sie durch plötzlich einsetzendes schweres eigenes Artilleriefeuer wieder einige hundert Meter zurückgeworfen wurden. Die 9. Reserve-Division hatte näm-
lich auf die Nachricht, daß auch dieser zweite Angriff nicht vorwärtskomme, das Vorbereitungsfeuer wieder aufnehmen lassen. Es sollte einen auf 8'° abends von Nordosten her angesetzten neuen Sturm auf Fort Vaux und die Weinberg-Höhe östlich davon vorbereiten. Die Vorverlegung des Feuers
sollte dann durch Leuchtkugeln angefordert werden. Infolge verspäteter Ve-
fehlsübermittelung und aufgehalten durch unausgesetztes, starkes feindliches Artilleriefeuer auf den Vaux-Grund sowie Marschkreuzungen in der Dunkelheit, erreichte aber das rechte der beiden von Nordosten anrückenden Sturmregimenter erst im Morgengrauen des 9. März das letzte Hindernis vor der Front und der Ostecke des Forts, während das linke bereits vorher die Weinberg-Höhe und die Höhe 251 östlich davon genommen hatte. Der Feind, durch den Ansturm am Abend vorher gewarnt, vereitelte jedoch jeden Ver-
such, in das Fort selbst einzudringen. Auf halber Höhe des Vaux-Verges, 250 bis 300 Meter vom Fort entfernt, setzte sich die Infanterie der 3. Reserve-Division endgültig fest. Der rechte Flügel der links anschließenden 30. Infanterie-Division des XV. Armeekorps hatte in derselben Nacht den Feuilla-Wald genommen und behauptete ihn nach vorüber-
gehendem Rückschläge endgültig. Dem Armee-Oberkommando war in den ersten Tagesstunden des
9. März irrtümlich') gemeldet worden, daß die 9. Reserve-Division das Fort
Vaux erstürmt habe. Die Meldung veranlaßte mehrfache scharfe Befehle an das III. Armeekorps, endlich auch über das Vaux-Tal hinwegzustoßen und das „südwestlich des Forts" schwer ringende V. Reservekorps zu ent¬ lasten. Die 121. Infanterie-Division wurde bis Ornes vorgezogen, ihre Feldartillerie dem V. Reservekorps zur Verfügung gestellt. Alle Korps wurden aufgefordert, von der Maas bis zum Fort Douaumont bei dem auf
1° nachmittags angesetzten allgemeinen Angriff überraschend und fest zuzupacken; der Erfolg winke schon, da der Feind seine ganze Aufmerksamkeit
auf Fort Vaux gerichtet habe. Als sich dann im Laufe des 9. März herausstellte, daß Fort Vaux nicht in deutscher Hand war, glaubten Armee-Oberkommando und V. Reserve¬ korps, daß es wieder verloren sei, und befahlen mehrfach, das Fort unter allen Umständen wiederzunehmen. Beim III. Armeekorps wurden der 6. Infanterie-Division, um ihren linken Flügel über das Vaux-Tal vor-
wärts zu bringen, Teile der soeben erst zurückgezogenen Infanterie der l)Näheres s. Schlachten des Weltkrieges, Band 14, S.Z4ff. Weltkrieg. X.Band.
130
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
».vis 5.Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Der Entschluß, die Angriffe nt) S. 224 und 229.
Westufer: Anordnungen für den Sturm auf die Höhe 304.
235
zusehen, wenn ihr Schwung sogleich zum Vortragen des Angriffs ausgenutzt werden könne. Nachdem sich inzwischen der Zustand der Gräben und Wege bei trockener und warmer Witterung gebessert hatte, entschied General von Gallw i tz am 28. April auf einen ihm vorgelegten Angriffsentwurf des XXII. Reservekorps, daß der Angriff auf die Höhe 304 an drei Tagen geführt werden solle. Am ersten Tage sollten, um eine Zersplitterung der Artilleriewirkung am Hauptangriffstage zu vermeiden, die Eckstützpunkte der feindlichen Vorstellung, rechts der Vogelherd, links ein starkes Werk am Wege Bethincourt—Csnes, unter mehrstündiges Artilleriefeuer genommen und gleichzeitig der Feind durch starke Beschießung seiner Stellungen an der
übrigen Front beschäftigt und getäuscht werden. Am zweiten Tage sei zunächst vormittags die „Randstellung" nördlich der Höhe 304 unter vierstündiges Feuer zu nehmen, gleichzeitig das Plateau und der Nordteil des Camard-Waldes niederzuhalten und die Anschlußstellungen wie tags zuvor
hauptsächlich mit Feldartillerie zu beschäftigen. Nach weiterem dreistündigen Wirkungsschießen gegen die „Vorstellung" sei diese durch das XXII. Reservekorps zu stürmen, der Vogelherd gleichzeitig von Westen her durch Teile des VI. Reservekorps. Es hatte sich dann erneutes einstündiges Wirkungsschießen gegen die Randstellung anzuschließen, um gegen die
Höhe 304 durchzubrechen, zum mindesten aber die Randstellung selbst zu nehmen. Die Aufgaben des dritten Angriffstages würden sich nach dem Erfolge des zweiten richten. Erst wenn es gelungen sei, die wichtigsten Teile der Höhe 304 fest in die Hand zu nehmen, seien, wie die Erkundungen übereinstimmend zeigten, die Voraussetzungen für die Fortnähme der Stellungen westlich und südwestlich des Toten Mannes gegeben. Der Zeitpunkt des Angriffs aber mußte trotz des Drängens der Angriffsgruppe hinausgeschoben werden, denn neben dem Ausbau der Sturmstellungen mußten weitere Übergänge über den Forges-Vach hergestellt und
südlich des Baches Nahkampfmittel und Verpflegung niedergelegt werden, um bei einsetzendem französischen Sperrfeuer vom Nachschub unabhängig zu sein. Am 30. April wurde als erster Angriffstag der 3. Mai, als Sturmtag auf die Höhe 304 der 4. Mai befohlen. Nach vorliegenden Nachrichten traf der Feind seine Abwehrmaßnahmen in der Erwartung eines deutschen
Einbruchs auf schmaler Front; er sollte beabsichtigen, durch Vereinigung des Feuers zahlreicher Batterien den Angriff abzuschlagen und, falls er trotzdem gelinge, dem eingedrungenen Angreifer das Einrichten in der Stellung unmöglich zu machen. Das Oberkommando wies darauf hin, daß die Angriffe künftig möglichst auf breiterer Front zu führen seien. Für den jetzt bevorstehenden Angriff verlangte General von Gallwitz wirksame
236
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
dis ^Mai Samunö *)er Vorbereitungen; das feindliche Sperrfeuer sollte mit starken, rasch sich folgenden Wellen unterlaufen und nach dem Einbruch sofort so weit vorgedrungen werden, daß der Bereich des feindlichen Abwehrfeuers überschritten wurde. Zur Täuschung des Gegners war bereits die
Beschießung auf breitem Raum angeordnet; außerdem hatte die 2. Landwehr-Division am frühen Nachmittag des Hauptangriffstages einen Angriff durchzuführen, das XXII. Reservekorps bei Eumieres Stellungsteile unter Trommelfeuer zu nehmen und wenn möglich zu stürmen. Im übrigen hielt General von Gallwitz die Steigerung des eigenen Feuers unmittelbar vor dem Sturm — wie bisher üblich — nicht mehr für angezeigt. Die in den
Sturmausgangsstellen nicht unterzubringenden Teile der Sturmtruppen sollten noch während des eigenen Artilleriefeuers nach vorn geführt werden, damit sie nicht erst beim Sturm das dann einsetzende Sperrfeuer zu durch-
schreiten brauchten. Einzelne erhalten gebliebene feindliche Maschinengewehre dürften den Sturm nicht aufhalten, sollten vielmehr durch besondere Trupps unschädlich gemacht werden. Das Ziel des Angriffs fei erst erreicht, wenn der Feind Vom Kopf der Höhe 304 vertrieben sei. Die
Linie, die nach dem Angriff gehalten werden solle, dürfe nicht stets den eroberten Gräben folgen und nicht dem beobachteten feindlichen Artillerie-
feuer ausgefetzt sein. Vorteilhaft feien Hinterhangstellungen mit Postierungen auf dem Höhenkamm. Der Kommandeur der mit dem Hauptstoß betrauten 4. InfanterieDivision, Generalmajor Freyer, meldete am 1. Mai, daß die zum Sturm bereitgestellten vier Bataillone am zweiten Angriffstage zur befohlenen Zeit
in die feindliche Vorstellung, aber schon eine Viertelstunde später in die Randstellung eindringen und anschließend nach Vorverlegen des Artilleriefeuers bis an die Kuppe der Höhe 304 vorstoßen würden, während stärkere Abteilungen nach Westen abriegelten. Das bedeutete eine Änderung der Einbruchszeiten, die nötig wurde, weil die Truppe nicht eine volle Stunde in der Vorstellung festgehalten werden wollte. General von Gallwitz erklärte sich einverstanden, und General Eugen von Falkenhayn befahl am 2. Mai den Einbruch der 4. Infanterie-Division in die Vorstellung für den 4. Mai um 5^° nachmittags. Eine Abteilung der 11. Reserve-Division sollte gleichzeitig in den Westteil des Vogelherdes eindringen, eine Abteilung der 43. Reserve-Division den vordersten feindlichen Graben im
Hecken-Grund wegnehmen. Räch Inbesitznahme der Vorstellung sei der Sturm unverzüglich bis in die Randstellung fortzusetzen, starke Patrouillen bis zum Kuppenrand selbst vorzuschieben. Zur Ablenkung sollten in der Rächt zum 4. Mai in den östlich anschließenden Abschnitten HandgranatenVorstöße geführt und das Artilleriefeuer verstärkt werden. Für das Ein¬
Westufer: Französische Angriffe am Toten Mann.
237
dringen in den Vogelherd von Westen her wurden beim VI. Reservekorps
zwei Kompagnien bestimmt. Dem Angriff auf die Höhe 304 sollte ein solcher gegen den CamardWald sofort folgen. Zwei Kampftage waren dafür vorgesehen; am S. Mai sollten der Nordostteil des Camard-Waldes und die anstoßenden feindlichen Stellungen bis zu denen auf der Kuppe der Höhe 304, in einem zweiten, späteren Stoß der Stützpunkt südlich der Termiten-Hügel an der Straße genommen werden.
Wichtig für die allgemeinen Aussichten der kommenden Kämpfe war eine Meldung des Kommandeurs der schweren Artillerie des XXII. Reserve-
korps, Oberstleutnants Habicht, vom 1. Mai, daß die französische Artillerie infolge besserer Beobachtungsmöglichkeit und weitertragender Geschütze im Begriff stehe, das Übergewicht über die deutsche zu gewinnen. In wenig günstigen Stellungen dauernd dem beobachteten Feuer schwerer und schwerster feindlicher Artillerie ausgesetzt, erleide diese starke Verluste, auch an dem schwer zu ersetzenden Gerät. Durch Erdbeobachtung seien nur wenige französische Vatteriestellungen mit Erfolg zu bekämpfen, für die Luftbeobachtung ständen dem Korps nur eine Luftschiffer- und eine Artillerie-Fliegerabteilung
zur Verfügung, die für die verhältnismäßig seltenen und kurzen Zeiträume, in denen die Witterung Beobachtung erlaube, nicht ausreichten. Oberstleutnant Habicht bat um noch je eine Luftschiffer- und Artillerie-Fliegerabteilung und außerdem um mehr Fliegerabwehrkanonen und Kampsflieger.
Andererseits hatten sich die Aussichten für den bevorstehenden Angriff seit dem 22.April durch das Nachlassen des Regens gehoben, allerdings blieb es noch dunstig. Die feindliche Artillerie war in der ganzen Zeit sehr tätig gewesen, immer wieder hatte sie die deutschen Stellungen, Batterien und das Hinterland unter schweres Feuer genommen.
Währenddessen hatte sich seit dem 20.April am TotenMann durch
fortgesetzte französische Angriffe ein Brennpunkt heftiger Kämpfe herausgebildet, der um so unerwünschter war, als die Kampf- und Lebensbedingungen der Truppe wegen der hinter der Front entlang führenden breiten,
versumpften und vom Gegner eingesehenen Forges-Niederung besonders schwierig waren. Munition und Verpflegung hatte zeitweise nur durch Tragetiere vorgebracht werden können. Da die festen Wege und Brücken über den Abschnitt völlig zerschossen waren, bat die 43. Reserve-Division für das Nachziehen der schweren Batterien um Gerät für drei schwere Kolonnenbrücken und um den Bau von Bohlenbahnen. Bei den anderen Divisionen lagen die Dinge ähnlich; es war auch dort über den Bach kaum etwas vor-
zubringen.
238
Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
24. April
In der Nacht zum 24. April stieß starke französische Infanterie östlich
vis s. Mai.
Toten Mannes gegen die deutschen Linien vor. Südlich des Raben-
Waldes drang sie in etwa 200 Meter Breite in die völlig zerschossene deutsche Stellung ein. Ein Gegenangriff am Abend führte nur zur Rückeroberung eines besonders festen Betonblocks. So blieb die deutsche Truppe hier hinter den Kamm zurückgedrückt. Nach weiteren vergeblichen Vorstößen führte der Feind am 28. April abends nach äußerster Steigerung seines Artilleriefeuers mehrere Angriffe in zahlreichen Wellen gegen die noch auf der Nordkuppe des Toten Mannes haltenden Posten der 43. Reserve-Division und östlich, wo tags zuvor die 44. Reserve-Division den Befehl über ihre inzwischen eingeschobenen Truppen übernommen hatte. Doch kam er nicht vorwärts. Bei einer Wiederholung am 29. April abends wurde nach den Meldungen
der Infanterie die Nordkuppe selbst gehalten, doch gingen auf ihrem Osthang einige Gräben verloren. In nächtlichem Gegenangriff gelang es Teilen beider Divisionen, wieder Boden zu gewinnen, doch erhielt die Führung den Eindruck, daß die Nordkuppe verloren sei. Das Oberkommando befahl die sofortige Rückeroberung; nur der volle Besitz der Kuppe verhindere die feind¬ liche Beobachtung. Nach tagsüber andauernden Handgranatenkämpfen und schwerem französischen Feuer setzte um 5° nachmittags das Wirkungsschießen der deutschen Artillerie ein. Um 730 abends brachen die Sturmtrupps der 43. Reserve-Division mit Flammenwerfern über die Nordkuppe selbst vor, die der 44. Reserve-Division gegen die verlorengegangenen Gräben. Crstere kamen hart südlich der Kuppe vor unzerstörte feindliche Hindernisse, konnten sich aber dort nicht halten. Beim Abschluß der Kämpfe befand sich die Nordkuppe in der Hand des Feindes; auch die Trupps der 44. Reserve-Division waren über den Höhenrand nicht vorgekommen. Die 22. Reserve-Division hatte das am 9. April genommene Grabenstück nordwestlich von Cumiöres am 29. April ebenfalls aufgeben müssen. Somit war nicht nur der Gewinn des 9. bis 11. April, sondern auch die Nordkuppe des Toten Mannes ver¬ lorengegangen. In den Tagen vom 21. bis zum 30. April hatte die Angriffsgruppe wieder rund 5000 Mann verloren.
Die Erfahrungen dieser schweren Kämpfe führten beim Kommando der Westgruppe vorübergehend zu Zweifeln, ob die Aufgabe mit den zur Zeit verfügbaren Kräften und auf dem bisherigen Wege überhaupt noch zu lösen sei, ob es nicht nötig sei, die Truppe vor weiteren Angriffen in der neuen Form des Grabenkrieges gründlich auszubilden. Doch die drängende Zeit verbot jeden weiteren Aufschub. General von Gallwitz hielt daran fest, den Angriff gegen die Höhe 304 wie geplant durchzuführen. Im Anschluß daran sollte auch der Tote Mann — so wurde der Obersten Heeresleitung
Westufer: Artillerievorbereitung gegen Höhe 304.
239
am 3. Mai auf deren Anfrage gemeldet — in seiner Gesamtheit durch ein-
heitlichen Angriff wiedergenommen werden. An der H ö h e 304 hatte das XXII. Reservekorps schon am 26. April den Befehl bis zum Vogelherd übernommen und die 4. Infanterie-Division
statt der abzutransportierenden 12. Reserve-Division eingesetzt').
Am
3. Mai begannen um 3° nachmittags 26 schwere Batterien das Schießen Z.Mai,
gegen die Cckstützpunkte der Vorstellung. Zur Beschäftigung und Täuschung des Gegners wurden außerdem die feindlichen Gräben südlich der Termiten-
Hügel sowie nach Osten bis Cumiöres beschossen. Auf das kunstvoll nach Raum und Zeit gegliederte Verfahren dieser Artillerievorbereitung mag hier einmal näher eingegangen werden. Der Zweck war, neben der erstrebten tatsächlichen Wirkung, den Gegner über Ziel und Zeit des Sturmes möglichst im unklaren zu lassen, denn auf Überraschung kam — wie sich immer wieder zeigte — alles an.
Am 7° abends ließ man das Feuer abflauen.
Es
dauerte aber, auch gegen die Höhe 304, die ganze Nacht hindurch an, nur von
einigen Pausen unterbrochen. Während dieser stellten Patrouillen fest, daß die beiden Cckstützpunkte der Vorstellung nördlich von 304 noch immer 4. Mai. besetzt waren. Um 10° vormittags begann das Wirkungsschießen gegen die
Haupt- oder Randstellung. Hier lag das Feuer von 36 meist schweren
Batterien (elf Mörser-, 20 schweren und fünf leichten Haubitz-Batterien), gegen den Camard-Wald wandten sich fünf, gegen das Plateau acht schwere, gegen die Anschlußstellungen bis zum Hecken-Grund vier leichte HaubitzBatterien. Am 245 nachmittags wurde der Großteil der schweren Batterien (sieben Mörser- und 14 schwere Haubitz-Batterien) auf die Vorstellung zusammengezogen, die Randstellung lag weiter unter dem Feuer von 14 schweren Haubitz- und nun auch von drei 30,5 eiu-Mörser-Batterien.
Die Feldkanonen-Batterien, die in langsamem Feuer zu schießen begonnen hatten, gaben von S° nachmittags ab „rollendes Feuer" gleichfalls auf die Randstellung ab. Das schwere Flachfeuer wandte sich gegen die Hänge südlich der Höhe 304. Die lebhaft antwortende feindliche Artillerie wurde mit Grünkreuz-Munition vergast. Planmäßig um 5" nachmittags wanderte das deutsche Feuer von der Vorstellung auf die Randstellung ab. Die 4. Infanterie-Division und, rechts von ihr, zurückgelassene Teile der 12. Reserve-Division traten an. Eine dichte Rauch- und Staubwolke hüllte sie ein und verbarg in den entscheidenden Minuten ihren Einbruch der feind¬
lichen Infanterie und Artillerie. Rechts drangen sie in den Vogelherd ein, weiter links überrannten sie die feindliche Vorstellung und stürzten sich *) Die II. und 12.Reserve-Division tauschten die Reserve-Znfanterie-Regimenter Ig und 23 miteinander aus.
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Die Westfront bis zum Sommer 1916. — Verdun.
4. Mai. dann gegen die Randstellung, aufgehalten im wesentlichen nur durch das
Feuer der eigenen Artillerie, das noch bis 6° nachmittags auf dieser lag. Dann aber wurde auch diese Stellung im Handgranatenkampf genommen, und der Angriff bis auf den halben Hang der Höhe 304 vorgetragen. Der Angriff des linken Flügels und des gegen die Gräben im Hecken-Grund angesetzten rechten der 43. Reserve-Division war weniger durch Rauch und Staub begünstigt; der Feind zwang ihn schon beim Antreten nieder. Somit war das Angriffsziel nur in der Mitte erreicht. Rechts war es
nicht gelungen, über den Vogelherd hinaus Gelände zu gewinnen, links war sogar die feindliche Vorstellung noch unbezwungen. Die stürmenden Truppen aber meinten, in breiter Front bis dicht an die Kuppe heran¬ gekommen zu sein und meldeten dementsprechend. Aber 650 Gefangene wurden eingebracht.
Den nächsten Stoß plante General von Gallwitz über die Höhe 304 selbst und westlich zu führen. Zunächst sollte am 5. Mai nachmittags der nordöstliche Teil des Camard-Waldes und die Höhenkuppe 304, abends der feindliche Stützpunkt hart südlich der Termiten-Hügel an der Straße genommen werden. Der weitere Angriff gegen den Südteil des CamardWaldes hing vom Erfolg dieses Angriffs ab, vorzubereiten war er für den
6. Mai. Nachdem General von Gallwitz Meldungen erhalten hatte, daß die eigene Infanterie den Rand der Höhe 304 erreicht habe, ließ er abends der Obersten Heeresleitung melden, daß er die Fortsetzung des Angriffs am 5. und 6. Mai soweit beabsichtige, daß die Beobachter über die Höhe hinweg¬ sehen könnten; einige Tage später sollte am Toten Mann vorgegangen werden. 5. Mai.
Am 5. Mai um 12° mittags setzte das Feuer von 27 schweren und
schwersten Batterien auf die ersten Angriffsziele ein, während die Stellungen dahinter und daneben von starker schwerer und Feldartillerie beschossen wurden. Am 5'° nachmittags gab die Artillerie den Raum zum Sturm frei. Die Sturmtruppen der 11. Reserve-Division und der 4. Infanterie-Division traten an. Am Camard-Walde gelang es nur an der Rordwestspitze, vor-
übergehend in den Wald einzudringen. Der Sturm gegen die Kuppe der Höhe 304 sollte nach den von vorn kommenden Meldungen die Kammlinie
erreicht haben. Ein starker französischer Gegenangriff wurde abgewiesen. Elf Kompagnien gruben sich während der Rächt an der Höhe ein. Weiter rechts hatte die 11. bayerische Infanterie-Division um 9° abends den StützPunkt südlich der Termiten-Hügel zu nehmen. Aber seit Stunden hatte
schwerstes Feuer auf ihrer Ausgangsstellung gelegen und große Verluste verursacht; fast alle zugeteilten Flammenwerfer waren zerschlagen. So kam der Angriff hier über erste Versuche nicht hinaus.
241
Westuser: Die Eroberung der Höhe 304.
Die obere Führung konnte über die Lage vorerst keine Klarheit
gewinnen. Am Toten Mann führten die Franzosen ihre Angriffe unentwegt weiter'). Das Oberkommando überwies der Angriffsgruppe West elf MörserBatterien. Der bayerischen Division war zunächst aufgetragen worden, ihren «.Mai. Angriff auf den Stützpunkt südlich der Termiten-Hügel an der Straße am 6. Mai mittags zu wiederholen. Das wurde aber dann wieder abgesagt, um das Artilleriefeuer auf den Nordteil des Camard-Waldes schärfer zusammenfassen zu können. Vei der 11. Neferve-Divifion klärte sich die Lage endgültig erst gegen Mittag des 6. Mai. Die Franzosen hielten dort überall ihre bisherigen Gräben. Die Angriffstruppen der 4. Infanterie-
Division meldeten zwar, sie lägen hart vor der Kuppe der Höhe 304, doch setzte der Divisionskommandeur, Generalmajor Freyer, Zweifel in die Richtigkeit der Nachricht. Er glaubte von seinem Gefechtsstand aus die eigene Linie einige hundert Meter nördlich der Höhe zu erkennen. General von Gall-
Witz befahl, nach ausreichender Artillerievorbereitung noch an diesem Tage den Nordteil des Camard-Waldes erneut anzugreifen; die Franzosen dürften nicht zur Ruhe kommen. Die Verbände der 11. Reserve- und 4. InfanterieDivision waren jedoch derart durcheinandergeraten, daß er von seiner Forderung schließlich Abstand nahm. Er befahl nun, daß die um das 'linke Flugelregiment der 11. Reserve-Division verstärkte 4. Infanterie-Division am 7. Mai um 8°morgens den Nordteil des Camard-Waldes von Osten
und Norden, die 11. bayerische Infanterie-Division um 11° vormittags den
Stützpunkt südlich der Termiten-Hügel nehmen solle. Im Anschluß daran sei der Angriff auf der Hochfläche 304 und gegen den Südteil des CamardWaldes nach erneuter Artillerievorbereitung weiter vorzutragen.
Das feindliche Feuer auf das Angriffsfeld bei der Höhe 304 schwoll abends zu äußerster Stärke an. Um 430 nachmittags hatte auch die eigene Artillerie das Feuer wieder aufgenommen. In der Nacht schwiegen nur die Mörser. Die 4. Infanterie-Division schob frische Kräfte nach vorn und ordnete sich zum Angriff. Bei Tagesanbruch des 7. Mai setzte das Wir- ?. Mai. kungsschießen aller Kaliber mit voller Wucht von neuem ein. Als dann um
8° vormittags die Infanterie vorzugehen versuchte, stellte sich heraus, daß die Beobachtung des Divisionskommandeurs vom Tage zuvor richtig gewesen, die vorderste feindliche Linie daher vom deutschen Artilleriefeuer gar nicht gefaßt worden war. General Freyer entschloß sich zur Wiederholung des Angriffs um 6° abends. Die jetzt endlich genauer erkannten, stark besetzten feindlichen Gräben wurden von 3° bis 6° nachmittags von 28 schweren Bat') 6.238 und 242. Weltkrieg. X. Banv,
16
Die Westfront bis zum Sommer 1916.
242
Verdun.
7. Mat. terien und der Feldartillerie der 4. Infanterie-Division unter Feuer ge¬
nommen, andere schwere Batterien hielten im besonderen den Stützpunkt südlich der Termiten-Hügel nieder. Um 6° abends brach die Infanterie vor. Rechts drang sie in den Ostzipfel des Camard-Waldes ein und arbeitete sich
schließlich bis an dessen Südrand vor. Links anschließend setzte sie sich auf der Kuppe der Höhe 304 fest. Der für 11° vormittags angesetzte Angriff der 11. bayerischen InfanterieDivision auf den Stützpunkt südlich der Termiten-Hügel aber war nicht durchgeführt worden, weil die Angriffstruppe schon vorher zu starkes Feuer 8. Mai. erhielt. Erst am 8. Mai gelang es dort, in den Stützpunkt einzubrechen und bis dicht an die Straße vorzukommen.
Damit waren die Kämpfe um die Höhe 304 zunächst abgeschlossen. Die Kuppe war erreicht, mit einzelnen Posten überschritten, die besonders lästige französische Artillerie-Beobachtung ausgeschaltet. Die Beute an Material war nicht groß, rund 1650 Gefangene wurden vom 4. bis zum 10. Mai eingeliefert. Die Angriffsgruppe West hatte in der Zeit vom 1. bis 10. Mai abermals über 8500 Mann verloren. Die 11. bayerische
Infanterie-Division, die 11. Neserve-Division und auch schon die 4. Infanterie-Division waren aufs äußerste erschöpft. Die Eroberung des Gesamtblockes des TotenMannes und von Cumiöres.
Die Ober st e Heeresleitung hatte am 7. Mai für die weiteren Kämpfe das Generalkommando des XXIV. Reservekorps mit der 38. und
54. Infanterie-Division als Ersatz für das VI. Reservekorps zur Verfügung
gestellt. Inzwischen hatte sich die Lage am Toten Mann seit Ende April mehr und mehr zugespitzt, so daß General von Gallwitz — wie er der Obersten Heeresleitung bereits am 4. Mai angekündigt hatte — weiteren
Angriff daselbst für unbedingt nötig hielt. Nach dem vergeblichen deutschen '.bis ?. Ma,.
Ansturm des 30. April hatte der Feind zunächst am 1. und 2. Mai die deutBatterien mit ungeheurem Munitionsaufwand beschossen und am
3. Mai nachmittags schwerstes Feuer auf die vorderen Linien gelegt. Nach Steigerung zu äußerster Kraft hatten um 11° abends starke Kräfte von Westen und Süden die westlich der Nordkuppe liegende vorderste deutsche Linie an einigen Stellen überrannt, waren aber wieder zurückgeworfen worden. Am 4., 5., 6. und 7. Mai hatten die Franzofen ihre Angriffe wiederholt, waren in schweren Nahkämpfen aber jedesmal abgewiesen oder im Gegenstoß wieder zurückgedrängt worden. Die Lage blieb jedoch ernst. Die
Westufer: Erwägungen über weitere Angriffe am Toten Mann.
243
Ger den Forges-Grund vorgeschobenen schweren Batterien lagen täglich unter schwerstem planmäßigen Feuer von französischer Artillerie, die selbst meist nur von wenigen 15 ein-Kanonen gefaßt werden konnte, so daß General von Gallwitz am 4. Mai weittragende schwere Kanonen beantragte, weil sonst die eigenen Batterien mit der Zeit vernichtet werden würden. So ver-
folgte die höhere Führung diese Kämpfe um die wichtige Höhe mit Besorgnis. Mit der Leitung der gesamten Verteidigung^- und Angriffsaufgaben am Toten Mann war der Kommandeur der 43. Neserve-Division, General¬
major von Runckel, beauftragt worden, dem dazu auch die vorn eingesetzten Truppen der 44. Reserve-Division unterstanden. Der Kommandierende General des XXII. Reservekorps, General Eugen von Falkenhayn, legte am 5. Mai einen Angriffsentwurf vor,
nach dem die auf der Südkuppe des Toten Mannes und auf dem halben
Hang nach Westen herab eingenisteten französischen Maschinengewehrnester wegzunehmen und anschließend die französischen Stellungen beiderseits des Hecken-Grundes von den Seiten her aufzurollen waren. Er wollte die Unternehmung wieder auf drei Tage verteilen, am ersten die feindliche rückwärtige Stellung Höhe 304—Chattancourt zusammenschießen, am zweiten
die Gräben auf den beiden Kuppen und dem halben Westhang sturmreif machen und stürmen und am dritten die Stützpunkte beiderseits des Hecken-
Grundes fortnehmen lassen. Der Angriff könne beginnen, sobald die Lösung der artilleristischen Aufgaben gesichert, der Ausbau der Sturmstellungen vorgeschritten und genügend Material zum Ausbau der neuen Stellung vor-
gebracht seien. Am 9. Mai, nachdem die Höhe 304 gefallen war, erklärte sich General von Gallwitz mit den Grundzügen dieses Angriffsentwurfs einverstanden. 10,9Ä., S. 199.
Für die dortige Angabe, daß das Ver-
hältnis der französischen und deutschen Verluste sich auf etwa 2,5:1 gestellt hätte, ent¬ halten die Akten der Nachrichten-Abteilung keine Unterlagen.
Schwierigkeiten der Lage bei Verdun.
297
Gleichwohl sah er mit ständig wachsender Sorge, daß die Erfolge, die er in seinem Schreiben vom 4. April an das Oberkommando 5 als unerläßlich be-
zeichnet hatte, um „die Franzosen dauernd unter wirklich fühlbarem Druck zu halten", noch immer auf sich warten ließen. Nachdem an Stelle des Generals von Mudra Mitte April General
von Lochow den Befehl über die Angriffsgruppe Ost übernommen hatte'), forderte der deutsche Generalstabschef am 16. das Oberkommando auf, von den Führern der beiden Angriffsgruppen und den Kommandierenden Generalen des VII. Reservekorps und XV. Armeekorps eine kurze Dar-
legung der Absichten sowie eine Beurteilung der Lage „im Hinblick auf die endgültige Durchführung des Angriffs bis in die ungefähre Linie Höhe 310'") —Dorf Marre—Bras—Fleury—Tavannes" einzufordern und mit eigener
Stellungnahme vorzulegen. Die daraufhin eingereichten Gutachtens der höheren Führer gaben übereinstimmend der Überzeugung Ausdruck, daß die Lösung der Aufgabe schwierig und langwierig sei und sich nur schrittweise durchführen lasse, sagten aber nicht, daß sie aussichtslos sei. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe wies in seiner Stellungnahme zu den vorgelegten Äußerungen auf sein Schreiben vom 31. März") mit dem Bemerken
hin, daß seine dort entwickelte Anschauung sich nicht geändert habe. Seit jenem 31. März waren aber Wochen vergangen, ohne die damals in baldige
Aussicht gestellten entscheidenden Erfolge zu bringen. Es fragte sich, ob nicht jetzt der Augenblick gekommen war, „das bisherige Angriffsverfahren entschloffen aufzugeben, sich bei Verdun nicht nutzlos festzubeißen, sondern den Feinden an anderer Stelle das Gesetz vorzuschreiben". Zu dieser Frage nahm zunächst das Oberkommando5als Heeresgruppenkommando das Wort, indem General Schmidt von Knobelsdorf am 28. April eine Denkschrift vom 27/) persönlich vorlegte. In ihr hieß es über 28.Apr».
Lage und weitere Absichten, daß die Angriffe künftig auf breiterer Front geplant seien, und daß sie sich nicht überstürzen ließen, vielmehr gründlicher Vorbereitung bis ins kleinste bedürften. Er forderte weitere Verstärkungen. Nach Durchführung der für Anfang Mai auf beiden Ufern in Aussicht genommenen Angriffe seien zwei frische Korps nötig zur Ablösung des VI. Neservekorps auf dem Westufer und zweier Divisionen auf dem Ostufer. Cr bat, herausgezogene Verbände künftig unter Befehl der Heeresgruppe hinter der Front zu belassen, um diese mit den Kampfverhältnissen ver-
trauten Kräfte nach einer langfristig zu bemessenden Ruhezeit wieder ein1) 2) 3) 4) 5)
S. 148. Südlich von Csnes. S. 152. S. 141 ff. Wortlaut S. 155.
298
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
setzen zu können. Dadurch werde für die Heeresgruppe eine wertvolle, nicht zu entbehrende Reserve geschaffen, die gleichzeitig für die Oberste HeeresW.April.
leitung zum Einsatz an anderer bedrohter Stelle verfügbar bleibe. General vonFalkenhayn antwortete am 29.April'), daß an der
eigentlichen Angriffsfront für je etwa 1100 Meter Breite schon jetzt eine Division zur Verfügung stehe, was genügen sollte, um eine Dreiteilung überall durchzuführen und damit die Truppe für längere Zeit frisch zu erhalten. Bei Rückschlägen könne das Oberkommando auf die mehr als vier Divisionen der Heeresreserven zurückgreifen, die bei Montmedy, DievenHofen und Metz versammelt seien"). Andererseits werde nicht verkannt, daß zur Fortführung des Angriffs fortgesetzte Überweisung frischer Kräfte erforderlich sei. Das Oberkommando könne mit zwei frischen Korps rechnen, sobald die für Anfang Mai geplanten Angriffe erfolgt feien. Alle abgelösten Verbände zu seiner Verfügung im Vereich der Heeresgruppe zu belasten, werde dagegen nicht möglich sein, weil dadurch eine „gefährliche Unordnung in unseren Heeresreserven" und eine nicht unbedenkliche Anhäufung von Kräften in den ungünstigen Unterkunftsverhältnissen hinter der Verdun-Front ent¬ stehen würde. Auch diesmal also fiel die Entscheidung des deutschen Generalstabschefs, wenn auch mit fcharfer Begrenzung des Kräfteeinsatzes, im Sinne des Oberkommandos der Heeresgruppe für nachdrückliche Fortsetzung des Angriffs im Maas-Gebiet. Dieser erschien trotz der bisher ausgebliebenen größeren Erfolge auch General von Falkenhayn noch nicht als „nutzloses
Festbeißen". Nachdem 21 Infanterie-Divisionen der Heeresreserven entweder bei Verdun eingesetzt waren oder an anderen Stellen stehende Divisionen für
die Angriffsfront bei Verdun frei gemacht hatten, besaß die Oberste Heeresleitung Ende April nur noch acht frische Divisionen als sofort verwendbare Reserven^). Eine Heeresreserve an schweren Batterien war überhaupt nicht
mehr vorhanden. Allerdings bekundet General Tappen^): „Für den Zweck eines entscheidenden Stoßes hatten wir uns 15 Divisionen aufgespart. Diese Zahl 1) Wortlaut S. 156 ff. 2) S. 156, Anm. 3) VII. A. K. und 2. G. R. D. um Lille; 4. G. I. D. und 1. G. R. D. bei Cambrai; 163. I. D. noch im Antransport aus Südungarn; Alpenkorps, vom 29. März bis 27. April zur Gewöhnung an die Verhältnisse des Westkrieges bei der 3. Armee ein-
gesetzt; 54. 3- D. bei La Fere. ") Auskunft vom 6. Sept. 1932.
Heeresreserven. Neue Angriffspläne bei 3. und 2. Armee.
299
stand natürlich nicht von vornherein fest; aber etwa vom Mai ab haben wir täglich mit Freude auf diefe 15 Divisionen gesehen und immer von neuem
ihre Versammlung, die mit der Eisenbahn geschehen sollte, und ihre Einsatzrichtung erwogen. Mit Rücksicht auf die Geheimhaltung sind hierüber keine Niederschriften gemacht worden. Es wurde darauf gerechnet, daß man bei der Erschöpfung der Gegner unsere nicht an den Entscheidungskämpfen
beteiligten Frontabschnitte rücksichtslos würde schwächen und felbst aus Rußland Divisionen heranholen können. Auf jeden Fall sollte nicht durch bloßes Verbluten der Franzosen bei Verdun, fondern durch einen letzten starken deutschen Angriffsstoß die Entscheidung erzwungen werden". Diese Aufzeichnung beweift, daß der verantwortliche Leiter der Operationen und sein vertrauter Ratgeber sich von jetzt ab ernstlich mit dem Ge-
danken beschäftigt haben, nach Abschluß der kräfteverzehrenden Kämpfe im Maas-Gebiet an einer anderen Stelle der Front einenentfcheidung-
suchendenAngriffzu führen. Von einem festen Entschluß war man allerdings noch weit entfernt. General von Falkenhayn erwog in diesen Tagen einen Vorstoß in der Champagne. Am 30. April gab er der 3. Armee z«. April,
mündliche Weisung zur Vorlage eines Angriffsentwurfs. Es scheint aber, daß er dabei ebenso wie beim Doppelstoß auf Arras und beim Angriff im Oberelsaß nur an ein Ablenkungsunternehmen zur Entlastung der Hauptkampfhandlung im Maas-Gebiet gedacht hat. Denn der eingereichte Entwurf sah nur eine Verstärkung um zwei Infanterie-Divisionen, 29 leichte FeldHaubitz- und 92 schwere Batterien vor und hatte nur einen Einbruch in etwa sieben Kilometer Breite und drei Kilometer Tiefe in der Gegend nordöstlich von St. Hilaire zum Ziel. Äber den Zweck hieß es: „Durch nam-
hafte blutige Verluste, durch Einbringung zahlreicher Gefangener und durch Fortnahme einer größeren Zahl von Batterien soll der Gegner an Personal
und Material eine schwere Schädigung erfahren. Der Feind soll gezwungen werden, starke Kräfte an die durch den Angriff bedrohte Stelle zu schieben. Diese Kräfte fallen bei seiner Kampftätigkeit bei Verdun aus. Der WiederVerlust eines größeren Geländestückes, das in der Herbstschlacht mit viel Blut erkämpft wurde, wird auf die Franzosen einen tiefen Eindruck machen". Für eine entscheidungsuchende Offensive hat auch der deutsche Generalstabschef in diesem Zeitpunkt ebenso wie General Tappen zunächst die „Richtung nördlich E o m p i ö g n e" ins Auge gefaßt. Das beweist seine Stellungnahme zu einem ihm vom Oberbefehlshaber der 2. A r m e e,
General der Infanterie Fritz von Velow, unterbreiteten Vorschlage. Dieser sah die beste Gegenmaßnahme gegen die anscheinend bevorstehende britische Offensive in eigenem Vorstoß, der zugleich mittelbar den damals noch nicht aufgegebenen Angriff der 6. Armee auf Arras unterstützen sollte. Bereits am
300
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
Bis Mitte 20.Aprilhatteerder Obersten Heeresleitung die Wegnahme der feindlichen a' Stellungen nordöstlich von Albert und ein Vorgehen bis zum Anere-Vach vorgeschlagen. General von Falkenhayn war dem Offensivgedanken an sich nicht abgeneigt, zog jedoch nicht nur einen zuvorkommenden Schlag gegen
den südlichen Teil der britischen Front, sondern auch einen Angriff gegen die französische Front nördlich der Oise in Betracht. Cr antwortete: „Entscheidung darüber, ob und wo ein Angriff auf Front zwischen Loretto-Höhe^) und Oise geführt werden soll, muß noch vorbehalten bleiben". Wenige Tage später schied mit dem Fallenlassen des Angriffsplanes gegen Amts*) die britische Front, soweit sie der 6. Armee gegenüberlag, aus den Erwägungen aus. General von Falkenhayn lenkte sein Augenmerk nunmehr zunächst ganz
auf das Teilstück der französischen Front zwischen dem Avre-Vach und der Oise. In den letzten Tagen des April — der genaue Zeitpunkt steht nicht fest — wurde die 2. Armee beauftragt, den Entwurf eines Angriffs auszu-
arbeiten, „der, aus der Front Avre-Vach—Oise auf St. Just—Verberie angesetzt, die Möglichkeit eines operativen Durchbruchs schaffen" sollte. Die daraufhin vorgelegte Denkschrift des Generals von Velow billigte einem solchen Angriff „auf einem großen Teil der Front" zwar „zunächst" Aussicht auf Erfolg zu, glaubte jedoch, daß im Endergebnis nur ein etwa 30 Kilometer breiter Keil in die feindliche Front getrieben, diese aber keinesWegs zum Einsturz gebracht werden würde. Der Einbruch würde nach wenigen Tagen zum Stehen kommen und die deutsche Truppe sich dann in schwieriger Lage befinden. Die Stärkeberechnung sah einen Zuschuß von 20Divisionen und nahezu 170 schweren Batterien vor. Infolge dieser unbefriedigenden Aussichten kam General von Velow auf seinen bereits Anfang März") vorgeschlagenen Angriff beiderseits der Somme zurück, der bei einer Verstärkung durch zunächst 13 neue Divisionen bedeutend erweitert und ausgestaltet werden könne. General von Falkenhayn erhielt diese Denkschrift vermutlich am 10. Mai bei seiner Anwesenheit im Armee-Hauptquartier St. Quentin, so daß ihm der Inhalt, insbesondere auch der Vorschlag für einen Angriff beiderseits der Somme, wahrscheinlich mündlich noch näher erläutert worden ist. Am nächsten Tage beauftragte er das Oberkommando telegraphisch, den
Anfang März vorgelegten Angriffsentwurf in erweiterter Form baldigst einzureichen.
Am 13. Mai wurde Generalmajor Grünert, der General-
stabschef der 2.Armee, nach Mezieres berufen „zur Besprechung über 1) Vei Lens. 2) ©.295. 3) 6.280.
Erwägungen für einen Angriff bei der 2. Armee.
301
Verstärkung seines rechten Flügels"'). Mochte solche Verstärkung auch im Zusammenhang mit dem hier erwarteten britischen Angriff stehen, für den sich die Anzeichen inzwischen stark vermehrt hatten, so war sie doch wahrscheinlich im Sinne offensiver Gegenwehr gedacht. Als am gleichen Tage die 7. Armee um Entscheidung bat, ob die Vorbereitungen zum Aisne -Anter nehme n^) eingestellt oder unter Cin-
sah namhafter Arbeitskräfte nachhaltig gefördert werden sollten, erhielt sie die kurze Antwort, daß „die Durchführung des Unternehmens für jetzt absehbare Zeit unterbleiben" müsse. Damit schied auch die Aisne-Front als Basis einer eigenen Offensive endgültig aus dem Gedankenkreise des Generalstabschefs. Außer Verdun kam nur noch die Somme-Front in
Betracht. General von Falkenhayn schien im Begriff, den Operationen
an der
Westfront
eine
entscheidende
Wendung geben zu wollen.
Am diese Zeit, gegen Mitte Mai, berechnete die Nachrichten-Abteilung der Obersten Heeresleitung die Zahl der französischen Reserven auf etwa 30 Divisionen, darunter 13 hinter der Front von Verdun. Darin lag ein neuer Beweis, daß die Hoffnung, den größten Teil der französischen Ftthrungsreserven schlagartig in das Kampfgebiet an der Maas zu ziehen
und dort ihren raschen Einsatz und Verbrauch zu erzwingen, sich nicht erfüllt hatte. Daß die Franzosen eine selbständige Offensive an anderer Stelle einleiten würden, wurde trotzdem als wenig wahrscheinlich angesehen. Dagegen erschien es durchaus möglich, daß sie sich an einem Angriff der Engländer beteiligen würden, deren Streitkräfte auf dem Festlande seit Jahreswende von 36 Divisionen auf etwa 50 angewachsen waren. Am
stärksten war der Südteil ihrer Front besetzt. Zwischen GommZeourt und der Somme sollten acht bis neun Divisionen stehen, dahinter an Reserven etwa sieben.
Mit weiterer Kräftevermehrung an dieser Stelle wurde
gerechnet. Demgegenüber verfügte die deutsche Oberste Heeresleitung in ihren Äeeresreserven nur noch über fünf frische Divisionen^). Eine weitere sollte die 2. Armee nach einigen Tagen für die ihr inzwischen überwiesene 2. Garde-Reserve-Division stellen. Roch viel ungünstiger stand es mit der schweren Artillerie. Seit Beginn der Kämpfe im Maas-Gebiet ') Tagebuchnotiz des Generals Tappen am 13. Mai. 2) S. 280 und 285. 3) VII. A. K,, 103.1. D,, Alpenkorps und bei der 2. Armee herausgezogene lv. bayer. I. D.
302
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
Bis Mi«- hMg die Oberste Heeresleitung keine Reserve an neuzeitlichen bespannten mai' Fußartillerieformationen mehr. Alle zufließenden Batterien, mit Ausnahme weniger alter und Beutebatterien, waren bei Verdun eingesetzt worden. Die
2.Armee aber bedurfte zur Abwehr des drohenden britischen Angriffs wie zur Vorbereitung und Durchführung einer eigenen Offensive bedeutender
artilleristischer Kräfte. Wer die Beschränktheit der zur Verfügung stehenden Streitkräfte und Kampfmittel konnte selbst dann kein Zweifel obwalten, wenn der deutsche Generalstabschef es auf sich nahm, eine große Zahl kampfkräftiger, an ruhigen Fronten stehender Divisionen durch abgekämpfte zu ersetzen und dort auch Artillerie wegzunehmen, ferner einen erheblichen Teil der bei Verdun
zusammengezogenen Batterien nach Abschluß der dortigen Großkämpfe herauszulösen, ja selbst Verstärkungen aus dem O st e n oder vom Balkan heranzuziehen. Von Beginn des Jahres bis Anfang Mai waren vom Balkan
und von der Ostfront nach und nach sieben kampfkräftige Divisionen') zum Westheer herangezogen worden. Eine weitere am Balkan frei zu machen, bemühte sich General von Falkenhayn seit Anfang April. Auch ließen sich vielleicht doch noch Tmppen der Verbündeten gewinnen und an der Westfront verwenden. Über die Aussicht auf bulgarische Hilfe meldete Generalmajor von Geeckt am 8. Mai, daß General Iekow zu solcher gern bereit wäre,
sobald Kräfte frei würden. Das aber war einstweilen nicht der Fall').
Näher lag die Heranziehung österreichifch-ungarifcher Truppen. Sie konnte erreichbar scheinen, als der Beginn der Offensive gegen Italiens immer länger auf sich warten ließ und am 3. Mai der deutsche Nachrichtenoffizier von dort meldete, daß jetzt vielfach Stimmen laut würden, die vor Durchführung der Offensive warnten. Durch das immer wieder erfolgte Hinausschieben sei dem Angriff das Moment der Überraschung genommen. Er werde deshalb sehr schwer sein, und es wäre zweckmäßiger, die Italiener anlaufen zu lassen. General von Falkenhayn beanftragte sofort General von Cramon, in Tesche» „ganz vorsichtig Fühler auszustrecken", ob „die k. u. k. Heeresleitung infolge völlig veränderter VerHältnisse an Tiroler Front, die eine Offensive dort nicht mehr durchaus aussichtsreich erscheinen lassen, geneigt sein wollte, andere Pläne in i) Vom Balkan: 25., 43. und 44. R. D. aus Südungarn (107.1. D. war zum O. V. Ost abgegangen), Alpenkorps aus Serbien, 103. I. D. von der SalonikiFront. — Von der Ostfront: 1. I. D. und 3. G. I. D. vom ö.-u. Frontteil (22.I. D. war von dort als O. H. L. Res. hinter den deutschen Frontteil verlegt — S. 436). *) S. 614. — 3) S. 18 und 575.
5lmschau nach österreichisch-ungarischer Truppenhilfe.
Z0Z
Erwägung zu ziehen". Cr würde dann mit ihr in Verbindung treten und
sich viel davon für die gemeinsame Sache versprechen.
„Große Erfolge
kann man jetzt eigentlich nur noch durch überraschendes Handeln erreichen. Mit den Italienern würden wir zusammen später schon fertig werden". General von Cramon antwortete am 4. Mai, daß nicht beabsichtigt sei, die
italienische Offensive aufzugeben. Generaloberst von Conrad habe ihm gesagt, er könne jetzt nicht mehr zurück. Cs bedürfe nur noch eines Druckes auf den Knopf, um das Feuer zu eröffnen. Falls aber der Durchbruch an
der Tiroler Front nicht gelingen sollte, so stünden alle frei werdenden österreichisch-ungarischen Truppen zu gemeinsamem Handeln zur Verfügung. Generaloberst von Conrad habe den Herzenswunsch, gemeinsam mit dem
deutschen Generalstabschef einen Schlag zu führen, der dem großen Ringen ein Ende bereiten könnte.
Doch der Beginn des Angriffs gegen Italien zog sich weiter hinaus. Am 12.Mai wandte sich General von Falkenhayn daher aufs neue an General von Cramon: „Da man auch jetzt wieder den Termin für Beginn
der Offensive in Tirol ungenutzt hat verstreichen lassen müssen, wird Unternehmen wohl immer weniger aussichtsreich. Andererseits wachsen unzweifelHaft die Aussichten eines mit Hilfe starker schwerer Artillerie der Öfterreicher an der Westfront operativ überraschend geführten Stoßes täglich. Auf Mitwirkung k. u.k. Truppen würde dabei nur in geringem Maße gerechnet zu werden brauchen ..." Diese Mitteilung kreuzte sich mit einem Bericht des Generals von Cramon, nach dem Generaloberst von Conrad seine Pläne an der italienischen Front eingehend dargelegt und gebeten habe, die Oberste Heeresleitung darüber zu unterrichten; die Feuereröffnung werde für den 12. bis 15. Mai erwartet. General von Falkenhayn dankte dem verbündeten
Generalstabschef unmittelbar für diese Mitteilung und sprach herzliche Wünsche für das Gelingen aus. General von Cramon aber erhielt den Auf-
trag: „Falls etwa, was der Himmel verhüten möge, trotz aller Vorbereitungen die Operation zum Stocken kommen sollte, wird es Ihre Aufgabe sein, rechtzeitig auf die Vorteile einer überraschenden gemeinsamen Offensive an anderer Stelle, nämlich der Westfront, hinzuweisen. Mit einer solchen neuen Unternehmung dürfte aber nicht gewartet werden, bis die jetzt im Gange
befindliche sich etwa völlig totgelaufen haben sollte". Inzwischen hatten die Kampfhandlungen im MaasGebiet weiter einen unbefriedigenden Fortgang genommen. Wohl
brachten die Vorstöße auf dem Westufer eine Reihe örtlicher Erfolge, auf dem Ostufer aber war am 7. Mai ein großer Angriff auf die Linie
Thiaumont-Ferme—Cailette-Wald—Fort Vaux nach anfänglichen Teil¬
304
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
erfolgen gescheitert'). Tags darauf vermerkte Generaloberst von Plessen in
seinem Tagebuch: „Der Falkenhayn-Vortrag brachte die wenig erfreuliche Tatsache, daß unsere Operationen bei Verdun einen gewissen Stillstand erreicht haben. Nun müssen wir abwarten, daß uns die Franzosen und die anderen angreifen, wo und wann sie wollen". Nachdem auf dem östlichen Maas-5lfer am 12. Mai ein neuer Versuch,
südlich des Forts Douaumont Raum zu gewinnen, wiederum völlig mißglückt war, beantragte der Oberbefehlshaber der 5.Armee, Kronprinz ».Mai. W i l h e l m, am 13. Mai bei General von Falkenhayn, den Angriff
auf Verdun nunmehr ganz einzustellen^). Da aber General Schmidt von Knobelsdorf hierbei in MZziöres mündlich darlegte, daß bei völliger Einstellung des Angriffs die ganze Front zurückgenommen werden müsse, wahrscheinlich bis in die Ausgangsstellung vom Februar, weil Stehenbleiben und Festhalten der jetzigen Frontlinie ausgeschlossen sei, ent¬ schied General von Falkenhayn für Fortführung des Angriff s'°). Wer bei dieser Entscheidung die treibende Kraft war, steht dahin. Jedenfalls hatte der Chef des Generalstabes des Feldheeres nicht vermocht, sich von seiner bisherigen, freilich schon seit geraumer Zeit von Zweifeln und Beklemmungen begleiteten Grundhaltung frei zu machen, die in dem Einsatz der weit überwiegenden Menge der verfügbaren Streitkräfte und Kampfmittel bei Verdun ihren Ausdruck fand. Es scheint indessen, daß General von Falkenhayn die Zusage weiterer Verstärkungen an die Heeresgruppe diesmal im eigenen Innern an Vor-
behalte geknüpft hat, die dem Vertreter der nachgeordneten Dienststelle vielleicht verborgen blieben. Hierauf deutet zunächst eine kurze Tagebuchnotiz hin, die General Tappen über das Ergebnis der Besprechung zwischen General von Falkenhayn und General Schmidt von Knobelsdorf am 13. Mai
eintrug: „Offensive auf Maas-Ostufer soll im wesentlichen aufgegeben werden". Diese Bemerkung, die zunächst unvereinbar mit der Entscheidung für „Fortführung des Angriffs" erscheint, erhält einen anderen Sinn im Zusammenhang mit einer Aufzeichnung des Generalobersten von Plessen über den Vortrag, den General von Falkenhayn am 14. Mai, also einen Tag
nach der Besprechung mit General Schmidt von Knobelsdorf, dem Obersten Kriegsherrn in Homburg v. d. Höhe hielt: „Bei Verdun will man auf beiden Ufern der Maas zur Verbesserung der Linien noch lokale Angriffe machen". Aus dem Zusammenhalt beider Niederschriften wird man schließen dürfen, daß General von Falkenhayn innerlich nun doch gewillt war, das Verdun-Anternehmen abzubrechen, freilich nicht unter Stehenbleiben in den i) S. 159 ff. — 2) Näheres S. 165. — 3) Ebenda.
Schmidt von Knobelsdorf.
Mitteilung des Generals
Einschränkung des Angriffs bei Verdun.
305
augenblicklichen Kampflinien oder gar unter Zurückgehen in die Ausgangsstellungen. Das letztere hätte nicht nur offenes Eingeständnis vollkommenen
Mißerfolges und schwere moralische Belastung der Truppe bedeutet, sondern auch Verzicht auf Fesselung der bei Verdun eingesetzten Kräfte des Feindes, die man dann sicherlich an anderer Stelle wiedertraf. Wohl aber scheint der
Generalstabschef die Hoffnung gehegt zu haben, durch örtlich begrenzte, nur Stellungsverbesserungen dienende Teilerfolge sich von dem Bleigewicht der kräfteverschlingenden Offensivoperation im Maas-Gebiet befreien zu können. Wenn solche Deutung richtig ist, so fragt es sich immer noch, ob er
diesen Weg mit dem Vorsatz ins Auge gefaßt hat, Handlungsfreiheit nach anderer Seite zu gewinnen und den seit kurzem erwogenen Gedanken des Angriffs an der Somme nun auch wirklich in die Tat umzusetzen. Äber die
Lage nördlich dieses Flusses hat er nach der Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen dem Kaiser nur vorgetragen: „Englische Offensive gegen linken Flügel der 6. und rechten 2. Armee in Sicht, aber noch
ohne Bestimmtheit".
Doch ist ohne weiteres denkbar, daß er davon
Abstand genommen hat, dem Obersten Kriegsherrn schon jetzt einen Plan vorzutragen, der erst im Werden war und noch keine feste Gestalt gewonnen
hatte. Die Annahme, daß der deutsche Generalstabschef um Mitte Mai sich ernsthaft damit beschäftigt hat, das Schwergewicht der Kriegführung so bald als möglich aus dem Maas-Gebiet an die Somme zu verlegen, um den
Engländern zu Lande eine Niederlage zu bereiten, findet weiter darin eine
Stützung, daß er kurz zuvor, nicht ohne heftige Gegenwehr, durch kaiserliche Entscheidung gezwungen worden war, sich mit dem Verzicht auf den
uneingeschränkten Unterseekrieg abzufinden. Am 4. März war die Entscheidung, ob der uneingeschränkte Untersee-
krieg einsetzen solle, auf Ansang April verschoben worden'). General von Falkenhayn hatte zäh an seinem Standpunkt festgehalten. Bevor aber noch der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen war, hatte die Torpedierung des sranzösischen Passagierdampfers „Sussex" am 24.März, bei der wiederum ame-
rikanische Staatsbürger zu Schaden gekommen waren, eine starke Spannung mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerik a hervorgerufen. Am 20. April überreichte Botschafter Gerard in
Verlin eine scharfe Note des Präsidenten Wilson, die mit Abbruch der
diplomatischen Beziehungen drohte. Diesem Ultimatum gegenüber entschloß *)S. 292. Weltkrieg, X. Band,
20
306
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
sich die deutsche Reichsregierung zum Einlenken.
Auf Verlangen des
24.April. Reichskanzlers erging am 24.April die Weisung des Admiralstabschefs an Flotte und Marinekorps: „Bis auf weiteres dürfen A-Voote nur
nach Prisenordnung Handelskrieg führen"'). Der Chef der Hochseeflotte, Admiral Scheer, und der Kommandierende Admiral des Marinekorps,
Admiral von Schröder, die solches Verfahren militärisch nicht für tragbar hielten, riefen daraufhin durch Funkspruch alle in See befindlichen Anterseeboote zurück. Damit erlosch der Anterseekrieg bis auf den Minenkrieg im ganzen Kriegsgebiet um England. 25.April.
Am 25. April übermittelte
General von Falkenhayn dem
Reichskanzler seine Stellungnahme zur amerikanischen Rote. Einleitend führte er aus, daß die Unterseeboots-Waffe, obgleich sie noch nicht mit voller Wucht gebraucht werden konnte, seit dem 1. März ihre Wirksamkeit gegenüber allen Zweifeln überzeugend dargetan habe. Vom Standpunkt der Kriegführung sei deshalb der Verzicht auf sie nicht möglich und das Ein¬ gehen auf die Forderung Amerikas nicht angängig. Andererseits könne er sich natürlich den ernsten Bedenken nicht verschließen, die eine weitere
Verschärfung unserer Beziehungen zu Amerika im Gefolge haben würde. Indessen vermöchten sie an seiner Schlußfolgerung nichts zu ändern. So hoch man sie immer einschätzen wolle, niemals könne der Gewinn, den wir vielleicht aus einer vorübergehenden weniger unfreundlichen Haltung Amerikas ziehen würden, im Verhältnis zu dem Nachteil stehen, der uns aus dem Lahmlegen des einzigen wirksamen Kriegsmittels gegen England
sicher erwachsen müsse. Es dürfe sich seiner Ansicht nach deshalb nur darum handeln, einen Weg zu finden, der die Fortführung des Unterseekrieges sichere, ohne Amerika zum Kriege gegen uns zu zwingen. General von Fal-
kenhayn schlug die Rückkehr zur Kriegsgebietserklärung für die Gewässer um England vor, in denen jedes Schiff der Minen- und Torpedogefahr ohne Warnung ausgesetzt bleibe, abgesehen von einem offen zu lassenden Zugang für neutrale, unter Garantie ihrer Regierungen stehende Fahrzeuge. Die Antwortnote müsse so gefaßt sein, daß die Öffentlichkeit in Amerika die Sachläge endlich klar erkenne; es müßte ihr begreiflich gemacht werden, in welche
unerträgliche Zwangslage wir durch die unerhörten Maßnahmen Englands gebracht worden seien; es sollte ihr gezeigt werden, wie wir bis zur SelbstVerleugnung Rücksicht auf neutrale Interessen, im besonderen die Amerikas, genommen hätten. Cr wies des weiteren darauf hin, wie widersinnig es sei, daß seitens der Neutralen nichts gegen den Minenkrieg eingewendet werde, der zufällig vom Völkerrecht erwähnt werde, während der Antersee') Das hieß: Die Schiffe mußten zunächst angehalten werden und durften erst nach Durchsuchen der Ladung und Insicherheitbringen der Besatzung versenkt werden.
Unterseekrieg.
307
krieg, der ebenso zufällig noch nicht im Völkerrecht behandelt sei, die schärfste
Ablehnung erfahre. Jedem Neutralen müßte bewiesen werden, daß unser Zurückkommen auf das Kriegsgebiet die einzige Möglichkeit biete, unsere Waffen gegen England zu gebrauchen und doch die berechtigten Interessen der Neutralen zu achten. General von Falkenhayn schloß mit den Worten:
„Ich hoffe von einer ähnlich gefaßten Note Gutes. Sollte ich mich aber täuschen — was durch die Verschlechterung unserer Lage infolge des SufsexFalles und andere Umstände leider vielleicht weniger unwahrscheinlich geworden ist —, so müssen wir den Folgen ins Auge sehen. Jedenfalls kann keine Drohung Amerikas uns berechtigen, eine wirksame Waffe gegen England aus der Hand zu legen". Dieses Schreiben wurde dem Reichskanzler, der sich auf der Fahrt von Berlin nach Charleville befand, entgegengesandt. Am 26. April,
dem Tage seines Eintreffens im Großen Hauptquartier, hatte er daraufhin eine Unterredung mit dem G e n e r a l st a b s ch e f, bei der die gegen-
sätzlichen Auffassungen nicht ausgeglichen wurden. Sie gab diesem aber Anlaß, an den Admiralstabschef am 27.April nachstehende Fragen zu richten, deren völlige Klärung ihm als Grundlage für alle weiteren Ent¬
schlüsse unentbehrlich zu sein schien: „1. Halten Euere Exzellenz die bisher von Ihnen mir gegenüber mit
aller Schärfe vertretene Ansicht noch aufrecht, daß nur dann auf ausreichende Erfolge des Unterseekrieges gegen England bis zur Jahreswende 1916/17 zu hoffen ist, wenn dieser Krieg in den Gewässern um England rücksichtslos,
d.h. ohne Warnung und Untersuchung der zu torpedierenden Schiffe und ohne Beschränkung im Auslegen der Minen, geführt wird, oder sind Euere Exzellenz zu einer anderen Meinung gekommen? — 2. Ist letzteres der
Fall, so wäre es von höchster Wichtigkeit zu wissen, in welcher Art Euere Exzellenz den Unterseekrieg, also den Torpedokrieg sowohl als auch den Minenkrieg, geführt haben wollen, um das notwendige Ergebnis gegen England zu erreichen. — 3. Ist die Zahl und Leistungsfähigkeit der
deutschen U-Minenboote schon jetzt oder von wann ab so groß, daß sie mit Sicherheit die Zugänge zu den englischen Häfen fortgesetzt minenverseucht halten können?" Der Chef des Admiralstabes, Admiral von Holtzendorff, antwortete am gleichen Tage: „1. Ich halte nach wie vor an der Ansicht
fest, daß auf ausreichende Erfolge des Unterseebootkrieges gegen England (d.h. auf solche, die England veranlassen werden, den Frieden zu suchen) nur dann zu hoffen ist, wenn wir sechs bis acht Monate den rücksichtslosen
U-Boot-Krieg in den Gewässern um England führen können, also alle Schiffe, auch neutrale, dort ungewarnt versenken dürfen. In dem U-Boot-Krieg,
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Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
wie er vom I.März bis 23. April geführt ist, erblicke ich dagegen nur ein
Mittel, mit dem England zwar erheblich, aber nicht entscheidend getroffen werden kann. — 2. Unsere U-Minenboote reichen nach Zahl und Leistungs¬
fähigkeit bei dem heutigen Stande der englischen Abwehr jetzt schon aus, von den flandrischen Küsten die Zugänge zu den Häfen der englischen Süd-
ostküste minenverseucht zu halten. Hinsichtlich der übrigen englischen Häfen werden wir indessen in absehbarer Zeit eine derartige dauernde Verseuchung auch nicht annähernd sicherstellen können. Vielmehr werden wir mit unseren Mitteln nur in der Lage sein, die Zugänge zu den wichtigsten Häfen in
allmählich steigendem Maße zu gefährden, ohne sie dauernd verseucht halten zu können ..." Diese Antwort an den Generalstabschef vom 27. April wurde am 30.
durch ein Schreiben des Admirals von Holtzendorff an den Chef des
Marine-Kabinetts wesentlich ergänzt. In ihm war ausgeführt, daß auf ein Nachgeben Englands nach sechs bis acht Monate langem uneingeschränkten Unterseekrieg nur gerechnet werden dürfe, wenn Amerika sich nicht als Bundesgenosse an seine Seite stelle. Der Kriegseintritt Amerikas würde die Verbandsmächte zu längerem Widerstand befähigen, während Deutsch-
land der Erschöpfung entgegenginge. Die gegenwärtige Kriegslage sei nicht dazu angetan, uns dieses Vabanquespiel aufzunötigen'). General von Falkenhayn blieb diese vollkommene Abkehr des Admirals von Holtzendorff von seinem bisherigen Standpunkt unbekannt. Er selbst hielt nach wie vor an der Forderung unbedingter und sofortiger 28. bis Eröffnung des uneingeschränkten Unterseekrieges fest. Am 28. April zeichnete 30-9tptiI' General Tappen über ein langes Gespräch mit ihm auf: „Ohne verschärften Unterseekrieg ist ein Ende des Krieges mit England nicht abzusehen und damit auch nicht mit unseren anderen Gegnern". Dem Kaiser legte der Generalstabschef an einem der letzten Apriltage die nachteiligen Folgen dar,
die die Nichtanwendung dieses Kriegsmittels aus die Landkriegführung nach sich ziehen werde. „Er müsse auf die Fortsetzung der Aktion gegen Verdun verzichten, wenn der U-Boot-Krieg suspendiert werde, und zwar weil selbst ein voller Erfolg der Verdun-Aktion die Opfer nicht lohne, wenn die Suspcndierung des U-Boot-Krieges den Engländern Luft gebe und den Fran-
zosen die Hoffnung auf weitere englische Hilfe lasse"^. Im gleichen Sinne äußerte er sich am 30. April schriftlich gegenüber dem Reichskanzler: „Euere
Exzellenz haben eine kurze Darlegung meiner Ansicht darüber gewünscht, wie der Krieg auf der Westfront geführt werden müßte, wenn wir gezwungen
sein sollten, uns infolge Fortfalls des Unterseebootkrieges gegen England ') Marine-Archiv: „Der Handelskrieg mit !I°Booten", Band III, S. 144. 2) von Tirpitz: „Politische Dokumente", Band II, S. 536.
Preisgabe des Unterseekrieges,
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auf unabsehbare Kriegsdauer einzurichten. Meine Antwort ist, daß wir dann auch hier mit Rücksicht auf die Ersatzmöglichkeiten an Personal, Material (Gerät) und Munition (Kriegsrohstoffen) im Großen zur desensiven Haltung übergehen müssen, woraus selbstverständlich eine entsprechende Einschränkung der im Gange befindlichen Operationen im Maas-Gebiet bedingt werden würde".
Der Reichskanzler wurde durch dieses Schreiben nicht veranlaßt, seine Ansicht über die von ihm für richtig gehaltene Politik zu ändern. Seinem Standpunkt hatte sich außer dem Admiralstabschef auch Admiral von Capelle, der Nachfolger des Großadmirals von Tirpitz als
Staatssekretär des Reichsmarineamts, weitgehend genähert. Es gelang dem Kanzler, den Kaiser davon zu überzeugen, daß der Krieg mit den Vereinigten Staaten unter allen Umständen vermieden und der uneingeschränkte
Anterseekrieg dieser Notwendigkeit zum Opfer gebracht werden müsse. Der Botschafter Gerard wurde nach Charleville gerufen, am I.Mai in Gegen- i.Mai wart des Kanzlers vom Kaiser empfangen und davon unterrichtet, daß
Deutschland einlenken werde. Damit war die Anwendung des einzigen Kriegsmittels entfallen, durch das nach der Auffassung des General st ab schefs „England sicher und unmittel-
bar in seinen Lebensbedingungen getroffen werden" könnt e1)Als General von Falkenhayn, der von dieser Wendung keine Kenntnis erhalten hatte, die vollzogene Tatsache erfuhr, bat er am 2.Mai um Ent- 2. Mat.
Hebung von seiner Stellung. Der Oberste Kriegsherr ließ ihm jedoch den Wunsch übermitteln, sein Amt weiterzuführen. Daraufhin zog General von Falkenhayn sein Gesuch zurück, um nicht in der Öffentlichkeit den Gegensatz zwischen militärischer und politischer Leitung erkennbar werden zu lassen. Cr begnügte sich damit, dem Kanzler gegenüber noch einmal
schriftlich seine Ansicht auszusprechen, daß er „den rücksichtslosen Unterseekrieg nicht nur für ein, sondern für das einzige wirksame Kriegsmittel halte, das uns zur Verfügung stehe, um England Friedensbedingungen geneigt zu
machen, die für Deutschland annehmbar" seien. Die deutsche Antwortnote an die Regierung der Ver¬ einigten Staaten vom 4. Mai teilte mit: Es sei Weisung an die deutschen 4. Mai.
Seestreitkräfte ergangen, „in Beobachtung der allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze über AnHaltung, Untersuchung und Zerstörung von Handels-) S. 22.
310
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
schiffen auch innerhalb des Seekriegsgebiptes Kauffahrteischiffe nicht ohne Warnung und Rettung von Menschenleben zu versenken, es sei denn, daß sie fliehen oder Widerstand leisten". Die Note sprach gleichzeitig die Erwartung aus, daß die Vereinigten Staaten nunmehr bei England die alsbaldige Beobachtung derjenigen völkerrechtlichen Normen mit allem Nachdruck verlangen und durchsetzen würden, die vor dem Kriege allgemein anerkannt waren. Sollten diese Schritte nicht zu dem Erfolge führen, den Gesetzen der Menschlichkeit bei allen kriegführenden Nationen Geltung zu verschaffen, so würde die deutsche Regierung sich einer neuen Sachlage gegenüber sehen, für die sie sich die volle Freiheit der Entschließung vorbehalten müßte. Demgegenüber betonte Präsident Wilson in seiner Antwort am 10. Mai: Die Achtung der Rechte amerikanischer Bürger auf hoher See könne nicht im geringsten von dem Verhalten irgendeiner anderen Regie¬ rung abhängig gemacht werden. Damit lehnte er die Zusicherung der von
Deutschland erhofften Einwirkung auf England ab. Die deutsche Regierung enthielt sich einer Stellungnahme hierzu.
Mit der Niederlage, die der deutsche Generalstabschef in der Frage des uneingeschränkten Anterseekrieges erlitten hatte, war ein überaus wichtiger Bestandteil des Kriegsplanes zu Bruch gegangen, mit dem er um die Jahreswende an die Aufgabe herangetreten war, die Kriegsentscheidung im
Jahre 1916 zu erzwingen. England konnte seine Rüstung ungestört weiter ausbauen und so gut wie unbehindert Soldaten, Kriegsgerät und Munition auf dem Festlande zum Einsatz bringen. Zugleich war aber auch der Entschluß zum Angriff auf Verdun durch den Verlauf, den die Kämpfe im Maas-Gebiet genommen hatten, als Fehlrechnung erwiesen. Mai. Am 18. Mai zeichnete General von Wild auf: „Wie soll der Krieg im Großen weitergeführt werden? Falkenhayn steht vor einem sehr schweren
Entschluß."
C. Von Mitte Mai bis Ende Juni. Karten 2, 3, S und 6.
General von Falkenhayn suchte weiter nach neuen Kräften für den Kampf im Westen. An der Front des OberbesehlshabersOst war der erwartete neue große russische Angriff bisher ausgeblieben. Eine
Beurteilung der Lage, die die Oberste Heeresleitung am 18. Mai ein-
forderte, ergab aber, daß dort keinerlei Reserven fortgezogen werden konnten'). i) ©. 437 s.
Die Fronten gegen Rußland und Italien.
311
Die österreichisch-ungarische Offensive in Tirol') hatte Mitte Mai, wie es schien, mit guter Aussicht auf Erfolg begonnen. Am 19. Mai sandte General von Falkenhayn an General von Eramon nach
Teschen die Weisung, ihn zu benachrichtigen, „sobald ein Erfolg gesichert sein wird, der eine entscheidende Wendung der Lage anzubahnen scheint". Kurz daraus regte er eine Aussprache mit Generaloberst von Conrad an. Sie fand am Vormittag des 24. Mai in Verlin statt, unmittelbar 24. Mai.
nachdem französische Gegenangriffe zur Rückeroberung des Douaumont gescheitert waren2). Der verbündete Generalstabschef berichtete über den günstigen Fortgang der Tiroler Offensive, deren Abschluß er in einigen Wochen erhoffte. Die Lage an der österreichisch-ungarischen Ostfront bot
trotz gewisser Anzeichen für feindliche Angriffs-Vorbereitungen keinen Anlaß zu Besorgnissen. General von Falkenhayn verhehlte nicht, daß er eine Offensive der Engländer erwarte, scheint sich aber über die von ihm
beabsichtigten Gegenmaßnahmen nicht geäußert, auch eine Heranziehung österreichisch-ungarischer Truppen an die Westfront nicht berührt zu haben. Cr mochte wohl aus der Haltung des Generalobersten von Conrad den
Eindruck gewonnen haben, daß auf seine Mitwirkung an Kampfhandlungen der Westfront für absehbare Zeit nicht zu rechnen sei. Dieser bot auch für die Zukunft keineswegs eigene Truppen an, sondern ließ sich für den Fall russischer Kräfteverschiebung an der galizischen Front die frühere Zusage deutscher Hilfe ausdrücklich bestätigen. Man einigte sich dahin, Ende Zum — das hieß nach dem erhofften erfolgreichen Abschluß der Offensive gegen Italien — aufs neue zu erwägen, ob und welche gemeinsamen Operationen
etwa zu unternehmen sein würden. Nach wie vor war das deutsche West Heer in der
Bewältigung seiner Aufgabe auf sich allein an-
gewiesen. Nach seiner Rückkehr nach Mezieres gab General von FalkenHayn in seiner Besprechung mit den Armeechefs der Westfront") am 26. Mai zunächst einen kurzen Überblick über die Kriegslage im großen. 26. Mai.
Cr streifte die Möglichkeit eines Angriffs der Russen trotz ihrer Niederläge im März, vielleicht zur Entlastung der schwer bedrängten Italiener, deren Offensivkraft für die Dauer des Krieges in jedem Falle gelähmt sei. Von den Verhältnissen des westlichen Kriegsschauplatzes zeichnete er, gewiß nicht ohne Absicht, ein möglichst günstiges Bild. Das mit dem Angriff 1) S. 302 f. und 577 ff. 2) S. 171 ff. 3) Nur General Schmidt von Knobelsdorf nahm an der Besprechung nicht teil.
312
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
A.Mai. auf Verdun verfolgte Ziel, die französischen Reserven dorthin zu ziehen und zu zermürben, sei nahezu ereicht. Die Franzosen verfügten nur noch über 3—400 000 Mann Ersatz. Noch könnten allerdings die aus dem
Kampf zurückgezogenen Truppen durch einige Wochen Ruhe immer wieder aufgefrischt und neu verwendungsfähig werden. Der Verlauf der Operation
habe zwar dadurch etwas enttäuscht, daß die umfasiende Wirkung der schweren Artillerie gegen die ständigen Befestigungen, insbesondere gegen die kleinen betonierten Bauten, den Erwartungen nicht voll genügt habe. Der Angriff im Maas-Gebiet solle aber fortgesetzt werden, um das französische Heer weiterhin zu binden und seine etwaigen Offenstvpläne zu stören. Gewiß würde die Einnahme von Verdun von großer moralischer
Bedeutung gewesen sein und sei es auch jetzt noch, sie bringe aber keine positive Entscheidung. Hierzu sei es nötig die Engländer zu Lande zu schlagen, nachdem der Plan fallengelassen worden sei, ihnen auf dem Meere durch den uneingeschränkten Unterseekrieg den Lebensnerv zu durchschneiden.
Die Art, wie eine Entscheidung gegen die Engländer zu Lande
herbeigeführt werden könne, stehe noch nicht fest. Die hier nach außen bekundete Sicherheit vermochte nicht auf alle an der Besprechung beteiligten Armeechefs überzeugend zu wirken. Einer
von ihnen zeichnete für sich den Eindruck auf, daß der Leiter der Gesamtoperationen wohl selbst nicht wisse, was nun geschehen solle. Kein Zweifel, dieser hatte nach einer Kette von Enttäuschungen an Ansehen eingebüßt. Mehr und mehr schien die Vorhand in der Kriegführung, die er sich durch den Angriff bei Verdun hatte sichern wollen, seinen Händen zu entgleiten. Am gleichen Tage, 26. Mai, ging der von der 2. A r m e e eingeforderte
„Entwurf zu einem Angriff beiderseits der Somme"') ein. Er faßte unter Zugrundelegung und in Erweiterung des Anfang März gemachten Vorschlages ein Vorgehen auf dem rechten Flügel der Armee aus der Linie St. Pierre Divion an der Anere—Foucaueourt an der Römerstraße bis etwa in Höhe von Eorbie ins Auge. Das war der halbe Weg bis
Amiens. Der Vorschlag bezweckte also nicht einen operativen Durchbruch, sondern nur einen, allerdings nicht unerheblichen Geländegewinn in rund 25Kilometer Breite und bis zu 20 Kilometer Tiefe zur Verbesserung der eigenen Lage. Als Kräftezuschuß waren 13 Divisionen und etwa 250 schwere
Batterien errechnet. In der Voraussicht, daß so starke Kräfte gleichzeitig nicht verfügbar sein würden, wurde zeitliche Trennung in einen nördlich und einen etwa sechs Wochen später südlich der Somme zu führenden Angriff 1) S. 300.
Besprechung mit den Armeechefs. Angriffsplan der 2. Armee.
313
empfohlen. „Was den Zeitpunkt für die in zwei oder drei einander folgende Abschnitte zerlegte Offensive anbetrifft, so kann sie gar nicht früh genug beginnen. Die Engländer haben sich bis in die letzten Tage nördlich der Somme so verstärkt, daß an ihren Offensivabsichten kaum noch zu zweifeln ist . . . Ob sie schon in allernächster Zeit angreifen, ob sie noch weitere Ver-
stärkungen und eine bessere Ausbildung ihrer Truppen abwarten, ist nicht zu übersehen. Setzt unser Vorstoß nördlich der Somme schon in den nächsten Wochen ein, so ist es möglich, daß er der Offensive der Engländer zuvorkommt, ihre Pläne über den .Haufen wirft". Als Vorbereitungszeit für den Nordangriff würden bei Zuweisung entsprechender Arbeitskräfte drei bis vier Wochen genügen. Gleichzeitiger Nord- und Südangriff würde eine Zeit von
sieben bis acht Wochen zur Vorbereitung erfordern. „Die Aussicht, der englischen Offensive zuvorzukommen, würde damit immer geringer". Bevor General von Falkenhayn zu diesem Vorschlage Stellung nahm, reichte die 2. Armee am 2. Juni einen neuen Bericht über die V e r ° 2. zu»«,
schärfung der Lage an ihrem rechten Flügel ein. Ein
großer Angriff der Engländer nördlich der Somme stehe mit höchster Wahrscheinlichkeit in Bälde bevor, er könne jeden Tag beginnen. Das Ober» kommando glaubte zwar, daß auch jetzt noch die Möglichkeit vorliege, dem Feinde, falls er sich Zeit lasse, mit dem Angriff zuvorzukommen. „Wenn
aber der Übergang zu dieser großen Offensive jetzt noch nicht möglich ist, würde sich ein Durchkreuzen des englischen Angriffsplanes schon durch den nur wenige Kilometer breiten Vorstoß aus der Linie St. Pierre Divion—
Ovillers bis zum Anere-Bach erreichen lassen". An Verstärkungen seien hierfür eine Division, etwa sechs leichte und 30 schwere Feldhaubitz-, sechs Mörser- sowie einige 10 ora-Vatterien erforderlich. Es war zweifellos ein
bestechender Gedanke, durch diesen Teilangriff, für den die geforderten Kräfte ohne weiteres aufgebracht werden konnten, der britischen Führung „das Konzept zu verderben". Am 4. Juni zeichnete General von Wild auf: „Es kommt alles darauf 4. Zum.
an, daß Falkenhayn sich zu einem Schlage in entscheidender Richtung aufrafft, und zwar muß der im Raum der 2. Armee fallen".
An demselben Tage begann im Osten die Vrussilow-Offensive gegen die österreichifch-ungarifche Front am Dniester und bei der
Heeresgruppe des Generalobersten von Linsingen'). Dieser hatte sich noch am 31. Mai bei Anwesenheit des Kaisers und des Generals von Falken-
Hayn in Slonim außerordentlich siegessicher ausgesprochen. Ebenso lauteten ') S. 450 ff.
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Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
jetzt die ersten Nachrichten von den angegriffenen Frontabschnitten wie auch aus Teschen zuversichtlich. Die Unsicherheit der Lage mag aber eine sofortige Entscheidung über die Pläne der 2. Armee verzögert haben. Daß bei Abgang der Antwort am s. Juni. 5. Juni 5° nachmittags bereits ernstere Nachrichten aus dem Osten vorlagen,
hat sich nicht feststellen lassen. Die Antwort lautete: „Ich bitte alle Vorbereitungen, insbesondere für den Nordangriff, mit den irgend verfügbar zu machenden Kräften und Mitteln weiterzuführen. Aber den Zeitpunkt des
etwaigen Angriffs lassen sich zur Zeit noch keine Bestimmungen treffen". Ein unverbindlicher Bescheid also, wie er seit Monaten in gleicher oder
ähnlicher Form fast allen Angriffsentwürfen der Armeen zuteil geworden war. Auf den Gedanken des Teilvorstoßes bis an die Ancre ging der
Generalstabschef überhaupt nicht ein. Irgendwelche Arbeitskräfte wurden nicht zur Verfügung gestellt. General von Falkenhayn hat in seinem nach dem Kriege erschienenen Werkes bezeugt, daß er sich bis zum Zusammenbruch des Verbündeten im Raum um Luek mit der Absicht getragen habe, „den in Vorbereitung
befindlichen englischen Entlastungsangriff durch einen wuchtigen Gegen¬ angriff im Keime zu ersticken". Faßt man diese Angabe wörtlich auf, so muß man daraus auf die Absicht schließen, dem Gegner durch eigenen An¬ griff zuvorzukommen. Dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen oder auch nur vorzubereiten, hat er dann freilich nach seiner Stellungnahme am 5. Juni noch immer nicht an der Zeit gehalten. Er will seine Absicht erst infolge des Umschwungs der allgemeinen Kriegslage durch die Vrussilow-Offensive fallen gelassen haben. Sein Bescheid an das Armee-Oberkommando 2 erscheint leichter erklärlich, wenn man annimmt, daß er bereits vor Bekannt-
werden dieses Umschwungs in Anbetracht der weit vorgeschrittenen AngriffsVorbereitungen der Engländer nicht mehr an der Absicht eines Präventiv-
angriffs festgehalten, fondern es für besser erachtet hat, die Feinde zunächst anrennen zu lassen und erst nach ihrer Abwehr mit einem „wuchtigen Gegen¬ angriff" zu antworten. Cr wäre damit zu der Auffassung zurückgekehrt, die er bei seiner Plangestaltung zu Beginn des Jahres, freilich unter wesentlich anderen Voraussetzungen, vertreten, dann aber im Laufe der Zeit mehr und
mehr zurückgestellt hatte. General Tappen neigt dieser Deutung zu')! „Jedenfalls lag der Gedanke eines deutschen Gegenangriffs nach vor¬ angegangener englischer Offensive sehr nahe. Auf diese Weise war noch die 1) von Falkenhayn, a.a.O., 6.210. Ähnlich spricht der General auf S. 221 von
dem Plan, „dem Angriff (d. h. der Engländer) durch einen groß angelegten Gegenstoß die Spitze abzubrechen". 2) Zuschrift vom 26. Juni 1934.
Vrussilow-Offenfive und Verdun.
315
Möglichkeit gegeben, die Engländer kriegsentscheidend zu treffen. Wenn General von Falkenhayn über solche Gedanken nicht sprach, so lag das in
seinem Wesen". Wie die Dinge in Wirklichkeit lagen, wäre es nicht nur in diesem
Augenblick, sondern auf absehbare Zeit nicht leicht gewesen, die Streitkräfte, insbesondere die artilleristischen und technischen Kampfmittel flüssig zu machen, die zur Vorbereitung und Durchführung eines Präventiv-Angriffs großen Stils an der Somme erforderlich waren. Unerläßliche Voraussetzung dafür war das Abflauen des Kampfes um Verdun. Indessen
dieser tobte mit unverminderter Erbitterung auf beiden Maas-Usern fort. Der Wunsch des Generals von Falkenhayn, dort nach Crzielung örtlicher Erfolge eine ruhige Kampflage zu schaffen und damit dem immer bedrohlicher werdenden Kräfteverbrauch Einhalt zu tun, war durch die Wucht der Ereignisse schnell zunichte gemacht worden. Bereits am 16. Mai hatte der Chef des Generalstabes des Feldheeres
frische Kräfte für das Ostufer in Aussicht gestellt'). Unmittelbar nach einem größeren Erfolge am „Toten Mann" hatte er am 21. Mai auch zwei frische
Divisionen zur Ablösung des XXII. Reservekorps') auf dem Westufer bewilligt. Auf dem Ostufer war es jetzt der Feind, der zu kraftvollen Angriffen auf breiter Front schritt. Dorthin wurde am 28. Mai3) zunächst das Alpen¬ korps gegeben. Das VII. Armeekorps sollte folgen, sofern die unmittelbar bevorstehenden neuen deutschen Angriffe günstig verliefen. Andernfalls bleibe bis zum Eintreffen der neuen Gasmunition") nur der planmäßige Sappen-
angriff übrig, für den die Kräfte der .Heeresgruppe ausreichen mußten. Nach den in den nächsten Tagen erzielten Teilerfolgen wurde das VII. Armee-
korps der Heeresgruppe überwiesen. Der deutsche Generalstabschef glaubte zwar, es in der Hand zu haben, „die Ereignisse in den Bahnen zu halten, in denen man sie nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Kräfte halten wollte"^, schwerlich aber konnte ein Zweifel darüber bestehen, daß der ZeitPunkt, zu dem er den Angriff im Maas-Gebiet ohne die Gefahr eines Rück-
schlages abzubrechen vermochte, in völlig ungewisse Ferne rückte. Dadurch minderte sich auch die Aussicht, eine britische Offensive an der Somme, selbst wenn sie noch einige Zeit auf sich warten ließ, mit einem entsprechenden Gegenangriff zu beantworten. Noch viel weniger ließ sich hoffen, die Kriegsentscheidung zu Lande im Jahre 1916 zu erzwingen. S. 167. 2) S. 175. — -) S. 176.
4) Ebenda. 5) von Falkenhayn, a a. O., S. 210.
316
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
So ernst und schwierig war die Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz bereits geworden, als der überraschend große Erfolg der russischen Offensive gegen die österreichisch-ungarische Front sofortige deutsche Hilfe im Osten erheischte'). Mit einem Schlage erschien die rings umlagerte Festung des Vierbundes aufs schwerste erschüttert und ins Wanken gebracht. Nicht ohne ein bitteres Gefühl sah der deutsche Generalstabsches in diesem jähen Umschwung die Folge der von ihm widerratenen italienischen Offensive des Verbündeten, dem nach den getroffenen Vereinbarungen die Pflicht zufiel, die Lage an seinem Abschnitt der Ostfront in erster Linie aus eigener Kraft wiederherzustellen, sei es auch um den Preis des Ablassens von weiterem Angriff in Tirol, der ohnehin bereits ins Stocken geraten war. General von Falkenhayn mußte sich indessen schnell überzeugen, daß ohne stärkere deutsche Hilfe nicht auszukommen war. Nach sehr begreiflichem Widerstreben entschloß er sich, zur Stützung des Verbündeten außer den von der deutschen Ostfront bereits dazu auf die Bahn gesetzten Truppen auch vom deutschen Westheer vier Divisionen zu entsenden. Am n zun« ^^nete er zunächst den Abtransport des X. Armeekorps nebst neun
schweren Batterien der Heeresartillerie an. Nach einer Aussprache mit Generaloberst von Conrad am 8. Juni in Verlin und weiterer Verschärfung
der Lage folgte am 11. Juni der gleiche Befehl für die 11. bayerische Infanterie-Division und die 43. Reserve-Division mit abermals sieben schweren Batterien. Zu weiteren Entsendungen von der Westfront fand sich aber der deutsche Generalstabschef trotz der Bitten des Generalobersten von Conrad und Zuredens des Generals von Wild, die den Schwerpunkt
der deutschen Kriegführung jetzt nach dem Osten verlegt zu sehen wünschten'), nicht bereit. Die beträchtliche Kräfteabgabe blieb nicht ohne Einfluß auf die weitere Gestaltung der We st Pläne. Gerade in diesen Tagen hatte die 4. Armee in der Gegend südöstlich von Dpern einen Raum¬ gewinn erzielt3), der ihrer Ansicht nach die verlockende Aussicht eröffnete, den ganzen Npern-Bogen zu beseitigen und endlich in den Besitz der solange heiß umstrittenen Stadt zu kommen. Sie hielt das mit verhältnis¬ mäßig geringem Kraftaufwand für möglich und bat am 7. Juni um Zu¬ weisung von zwei Armeekorps und 50 schweren Batterien. An sich konnte
der deutsche Generalstabschef die Aussicht aus einen solchen Erfolg, abgesehen >) ©. 458 ff. -) 6.320. 3) ©.270.
Wachsende Schwierigkeiten,
317
von seiner unbestreitbaren moralischen Bedeutung, auch aus operativen Erwägungen nur dankbar begrüßen. Zeitlich in ein angemessenes Verhältnis zu den an der Somme bevorstehenden Kämpfen gegen die Engländer
gesetzt, ließ die Wegnahme von Apern eine Einwirkung auf deren Verlauf erhoffen. Indessen „mit Rücksicht auf die augenblickliche Lage an der öfterreichischen Front" sah sich General von Falkenhayn außerstande, dem Vorschlage der 4. Armee zuzustimmen. Er antwortete, daß eine Entscheidung auf den Antrag zur Zeit nicht möglich sei. Von der Absicht, an der Somme „den in Vorbereitung befind-
lichen englischen Entlastungsangriff durch einen wuchtigen Gegenangriff im Keim zu ersticken" — falls sie bis dahin noch bestanden haben sollte —,
konnte jetzt keine Rede mehr sein. Nicht aber verschwand damit der Offensivgedanke überhaupt aus dem Vorstellungskreise des Generalstabschess. Cr lebte fort, wenn auch gewiß nicht ohne quälende Zweifel und bange Sorgen im Hinblick auf die Kampfführung im Maas-Gebiet, und beeinflußte auch weiter die Erwägungen über das künftige Verhalten gegen die Engländer. Deren Offensive sollte abgewiesen und mit Gegenangriff beantwortet werden.
Diese Aufgabe schien sich aber jetzt noch schwieriger zu gestalten als bisher.
Denn was von der Nachrichtenabteilung der Obersten Heeres-
leitung seit Mitte Mai als möglich bezeichnet worden war, hatte im Laufe der letzten Wochen mehr und mehr an Wahrscheinlichkeit gewonnen: daß
die Franzosen, ungeachtet ihrer Inanspruchnahme durch die Schlacht um Verdun, fähig und gewillt waren, sich mit beträchtlichen Kräften an der Offensive der E n g l ä n d e r zu beteiligen. Mitte Juni stand fest, daß sie einen Teil der Front ihrer Nachbarn nördlich der Somme übernommen
hatten. Die Nachrichten-Abteilung berechnete die Zahl der französischen Reserven außerhalb des Kampfgebiets an der Maas auf 19 Divisionen, während die zum Angriff auf die deutsche 2. Armee nördlich der Somme bereitgestellten Divisionen der Engländer auf 20bis 22 geschätzt wurden. Außer dem Hauptangriff beiderseits des Flusses schien ein N e b e n -
angriff der Engländer bei Lens gegen die 6. Armee möglich,
wenn auch Anzeichen für einen solchen bisher nicht vorlagen'). Ebensowenig ließ sich aus Nachrichten über den Feind und Erkundungsergebnissen die von General von Falkenhayn im Gegensatz zum Armee-Oberkommando 6 l) Kronprinz Rupprecht von Bayern hat in einer Zuschrift vom 27.Juli 1934 mitgeteilt, daß General von Falkenhayn auf Grund von Agentennachrichten mit einem
Angriff der Engländer in Richtung auf Lille gerechnet habe. Aus den Akten hat sich darüber nichts feststellen lassen. Tatsächlich haben dem englischen Oberbefehlshaber längere Zeit Angriffsabsichten in Flandern nicht ferngelegen (©. 50 und 326).
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Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
beharrlich vertretene Ansicht begründen, daß der Hauptangriff der Engländer sich nicht nur gegen den rechten Flügel der 2. Armee richten werde, sondern auch gegen den linken der 6. Armee.
Gegenüber der im Somme-Gebiet deutlich heraufziehenden schweren Gefahr beschränkte sich die Oberste Heeresleitung auf die Hergabe geringer Verstärkungen an die 2. Armee, obgleich diese bei größerer Breite des AbA. Juni, schnitts über weniger Kräfte als die 6. Armee verfügte. Vis zum 20.Juni wurde sie gegenüber dem Bestand von Mitte Mai nur um eine einzige Infan¬
terie-Division und etwas Feld- und schwere Artillerie vermehrt. Drei Divi-
sionen stellte General von Falkenhayn hinter der Armee als Heeresreserven zu seiner eigenen Verfügung bereit. Eine Begründung für diese auffallende Zurückhaltung ist in den Kriegsakten und privaten Aufzeichnungen nicht zu finden. General von Falkenhayn vertritt in seinem Werk^) die Anschauung, den Anträgen der 2. Armee auf Verstärkungen „in weitest möglichem Amfange" entsprochen zu haben. Diese Erklärung vermag nicht zu befriedigen, da es durchaus im Vereich der Möglichkeit lag, stärkere Kräfte zuzuweisen. Man ist auf Vermutungen angewiesen. Sollte der feindliche Angriff sobald als möglich herausgefordert werden? Wurde die Masse der Gegenstoßreserven absichtlich noch nicht in die Nähe des künftigen Schlachtfeldes ge° führt, um dort vorzeitiger Verausgabung vorzubeugen? Scheute man die Zuführung stärkerer Kräfte und Kampfmittel in den Raum der 2. Armee wegen der unvermindert scharf gespannten Kampflage bei Verdun? Im Maas-Gebiet wurde Mitte Juni der Einsatz der 103.Infanterie-Division notwendig. Ein neuer großer Angriff auf dem Ostufer war in Vorbereitung, diesmal unter Verwendung der neuartigen und voraussichtlich sehr wirksamen Grünkreuzmunition"). Er fand am 23. Juni statt, während General von Falkenhayn zu einer Besprechung mit Generaloberst von Conrad in Berlin weilte^), und brachte beträchtliche Teilerfolge im Räume um Fleury, nicht aber den Besitz der Hauptangriffspunkte, des Zwischenwerks Froide Terre und des Forts Souville. Der inzwischen immer näher rückende Entscheidungskampf an der Somme drängte nun aber
doch die Frage auf, ob nicht schon der jetzt erzielte Raumgewinn genüge, um vor Verdun ruhigere Kampfverhältnisse anzubahnen und damit Kräfte 24. Z»nt. frei zu machen. So erging am 24. Juni, als nördlich der Somme das feind-
liche Feuer sich bereits wesentlich steigerte, an das Oberkommando der
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz eine vorsichtige Anfrage^, wie nach den l)vonFalkenhayn,a.a.O.,S.221.
-) S. 186 ff. -) S. 492. 4) Näheres S. 195.
Verdun und Somme-Schlacht.
319
jetzt erzielten Erfolgen vor Verdun an Kräften gespart werden könne. Aber
auch dieses Mal gelang es General Schmidt von Knobelsdorf, den Chef des Generalstabes des Feldheeres davon zu überzeugen, daß vorher die beHerrschenden Höhen von Souville—Tavannes genommen sein müßten, und daß
die Erreichung dieses Zieles in greifbare Nähe gerückt sei. Die Zustimmung zu dieser Auffassung brachte General vonFalkenHayn gegenüber neuen Anträgen der 2. Armee auf Verstärkungen in eine schwierige Lage. Dort hielt das feindliche Feuer mit unerhörtem Munitionsaufwand an. Offensichtlich stand der erwartete große Angriff unmittelbar bevor. Anmöglich durfte das Kräfteverhältnis der Armee länger in der bisherigen Ungunst bestehen bleiben. Die Zuweisung von Feld- und schwerer
Artillerie hielt sich gleichwohl in mäßigen Grenzen'). Immerhin begann die Oberste Heeresleitung nunmehr, aus der 3., 4., 7. Armee und den drei Armee-
Abteilungen schwere Artillerie zu ihrer eigenen Verfügung herauszuziehen. Im übrigen griff sie aber auch jetzt nicht auf Divisionen ihrer Heeresreserve zurück, sondern ließ die 3. Armee die 183. Infanterie-Division (ohne Artillerie) und die 7.Armee eine bataillonsweise zusammengesetzte Division (mit nur einer Feldartillerie-Abteilung) in Marsch setzen. Erst am Abend des 28. Juni teilte der Generalstabschef im Anschluß an eine Unterredung, die 28. Zum. er an diesem Tage in La Capelle mit General von Velow gehabt hatte, der
2. Armee schriftlich mit, daß sie „im Falle der Gefahr" über die als Heeresreserven hinter der Front stehende 12. Reserve- und 22. Reserve-Division unmittelbar verfügen könne, für Ablösungszwecke aber nur nach vorherigem Antrag. Das Schreiben schloß: „Welche Schwierigkeiten dem Herausziehen weiterer Reserven aus anderen Fronten entgegenstehen, habe ich mir bei der
Besprechung heute darzulegen erlaubt." Als am I.Iuli der englisch-franzöfifche Angriff an 1.3»«.
der Stimme tatsächlich begann, verfügte die 2.Armee an der bedrohten Front von Monchy au Vois bis zum Avre-Vach insgesamt über 121/2 Divi¬ sionen^) (einschließlich der noch rollenden Abgaben von der 3. und 7. Armee), die benachbarte 6. Armee aber, bei der eine Bedrohung nicht erkennbar war, auf nur wenig breiterer Front über immer noch 17% Divisionen mit starker
schwerer Artillerie. „Im Falle der Gefahr" konnte die 2. Armee auf zwei Divisionen der Heeresreserven zurückgreifen. Abgesehen von diesen, standen
*) S. 344 ff.
2) 2. G. R. D., S2. I.D.; 26., 28.R.D.; 12., 10. bayer.. 121., 11., 35., 36. I. D.. Rordstiigel 2. G. I. D., 185. I. D., Div. Frentz.
320
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
der Obersten Heeresleitung noch sieben Divisionen') in der Heeresreserve zur Verfügung, von denen indessen nur vier als ausgeruht bezeichnet werden konnten.
Den Feind gegenüber der 2.Armee berechnete die Nachrichten¬ abteilung der Obersten Heeresleitung Ende Juni auf 20 französische Divi¬ sionen im Abschnitt nördlich der Oise, davon 16 nördlich des Avre-Vaches, und auf 13 britische im Abschnitt Monchy au Vois—Maricourt, dahinter in Reserve sechs bis sieben. Von den hinter der übrigen britischen Front ver¬ teilten zehn bis elf Divisionen konnten nach Ansicht der Nachrichtenabteilung noch fünf bis sechs auf das künftige Schlachtfeld herangezogen werden. Danach belief sich die Gesamtstärke, über die die Feinde im Abschnitt Monchy au Vois—Avre-Vach zum Angriff verfügen konnten, auf rund 40 Divisionen, die an Infanterie und Artillerie fast durchweg stärker als die deutschen waren.
Mit etwa vierfacher Gesamtüberlegenheit mußte gerechnet werden. Als am 20. Juni der Oberbefehlshaber Ost um Anterrichtung über die
Gesamtlage und die Auffassung der Obersten Heeresleitung gebeten hatte*), hatte Generalmajor Tappen am folgenden Tage, dem 21. Juni, „eine Beurteilung der Lage" schriftlich niedergelegt. Dabei hat er sich über den Gedanken des Gegenstoßes nach abgeschlagener englisch-französischer Offensive klar und eindeutig wie folgt ausgesprochen: „Vor linkem Flügel 6. und rechtem Flügel 2. Armee steht feindlicher Angriff nahe bevor.
Grund¬
gedanke, daß Entscheidung im Westen liegt, muß unbedingt aufrechterhalten werden. Eine Entscheidung im Westen nicht zu erreichen, wenn gegen
Engländer reine Abwehr bei einem Angriff erfolgt. Ist englischer Angriff und Ansturm gebrochen, so muß nachgestoßen werden. Dazu Kräfte nötig, die auf dem Westkriegsschauplatz trotz Fortführung des Angriffs gegen Verdun zur Verfügung stehen." In mehr verhüllter Form hatte General von Falkenhayn seine im Grunde unveränderte Auffassung über die Aufgabe der Westfront in der Antwort an den Oberbefehlshaber Ost zum Ausdruck gebracht: „Die Vor-
gänge südlich des Pripjet haben die Überzeugung, daß die Kriegsentscheidung an der Westfront fallen muß, nicht erschüttert. Im Gegenteil ist anzunehmen,
daß durch jene Vorgänge die Ereignisse hier insofern beschleunigt und zugespitzt werden, als die lange vorbereitete englisch-sranzösische Offensive schon bald einsetzen wird. Sie abzuwehren und dann je nach den Umständen zu handeln, werden, wie ich bestimmt hoffe, die im Westen zur Zeit vorhandenen 0 44. R. ®.; 183., 5., 3. G, I. D.; 11. R. D.; 17., 18. I. D. -) S. 518.
Z21
Grundgedanken der Gesamtkriegfllhrung.
Kräfte genügen. Eine weitere Abgabe nach dem Osten ist aber nicht an-
gängig".
Ganz in Übereinstimmung hiermit steht, was General von Falken-
Hayn einige Wochen später am 8. Juli, als die Somme-Schlacht bereits tobte, «
als Unterlage für einen dem Kaiser zu haltenden Vortrag
rückschauend aufgezeichnet hat: „Unsere Gesamtkriegführung wurde bisher nach folgenden einfachen Gedanken geleitet: Im Osten schien es bei den inneren Zuständen Rußlands genügend, wenn das während des vorigen Jahres Gewonnene im großen ganzen behauptet wurde. Im Westen waren wir entschlossen, Frankreich durch Vlutabzapfung zur Besinnung zu bringen. England sollte dadurch zum offensiven Vorgehen gezwungen werden, das, wie wir hofften, ihm schwere Verluste, aber keinen entscheidenden Erfolg und uns später die Gelegenheit zur Gegenoffensive bringen würde. Auf diese Weise erwarteten wir, den drei Hauptgegnern bis zum Winter die Lust zur Fortführung des Krieges so gründlich verleidet zu haben, daß aus solcher Stimmung sich der siegreiche Friede in irgendeiner Form entwickeln mußte". Die grundlegende Frage war, ob an dieser Auffassung der Gesamtkriegführung auch nach dem Zusammenbruch der Ostfront des Verbündeten festgehalten oder ob das Schwergewicht, wenn auch nur vorübergehend, auf den östlichen Kriegsschauplatz verlegt werden sollte. Wenn Generaloberst von Conrad sich mehrfach mit Nachdruck in letzterem Sinne geäußert hatte, so ergab sich doch, daß er aus eigener Kraft Entscheidendes beizusteuern nicht in der Lage war'). In der Umgebung des deutschen Generalstabschefs war es General von Wild, der auf sofortigen Massenangriff deutscher Kräfte im Osten drängte, gleichzeitig aber auch an offensiver Kriegführung im Westen festhalten zu können glaubte.
Solche Pläne, die auf Überschätzung der deutschen Leistungsfähigkeit beruhten, lehnte der Chef der Operationsabteilung, Generalmajor TapPen, in seiner vorerwähnten2) „Beurteilung der Lage" vornehmlich deshalb ab, weil dann die Möglichkeit aufhöre, „den entscheidenden Offensivstoß im Westen nach abgeschlagenem englischen Angriff zu führen"; die Verlegung des Schwergewichts nach dem Osten sei eine sehr unerwünschte Ma߬ nahme, die nur im Notfalle ergriffen werden dürfte.
Der verantwortliche Leiter der Gesamtoperationen selbst sah die Frage mehr von allgemeinen Gesichtspunkten aus und kam dabei gleichfalls zur
Ablehnung des Gedankens einer großen Ostoffensive. Cr gab sich nüchtern Rechenschaft über die Möglichkeiten und Aussichten, die in der völlig S. 490 f. 2) S. 320. Weltlrieg. X. Band,
21
322
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
«. Juli, veränderten Kriegslage sich überhaupt noch zu bieten schienen. Der Nieder-
schlag seiner Überlegungen und Schlußfolgerungen findet sich in der erwähnten Aufzeichnung vom 8. Juli, bei deren Bewertung freilich nicht außer acht gelassen werden darf, daß sie erst nach der durch die Somme-
Schlacht herbeigeführten Verschärfung der Gesamtlage zu Papier gebracht worden ist. In dieser rückblickartigen Betrachtung führte General von FalkenHayn aus:
„Der nächstliegende Gedanke war der, einen sogenannten großartigen Systemwechsel vorzunehmen, d. h. an der italienischen und westlichen Front jede aktive Tätigkeit einzustellen, eine starke deutsche Stoßgruppe zu bilden und mit ihr die russische Front zu durchbrechen. So bestechend der Gedanke ist, so wenig ausführbar war und ist er.
„Bevor eine solche Kraftgruppe hätte gesammelt werden können, wäre der Halt der österreichisch-ungarischen Truppen sicher gänzlich gebrochen gewesen'), hätten die Russen in Lemberg und Ungarn gestanden. Cs ist nicht nötig, die Folgen hiervon näher darzulegen. Aber es ist auch in hohem Grade zweifelhaft, ob eine Stoßgruppe entscheidende Erfolge erringen konnte. Wahrscheinlicher war und ist es, daß sie, die dann ganz ohne Unter¬
stützung der zerschlagenen Österreicher-Ungarn arbeiten mußte, lediglich ein lokales Zurückdrücken der russischen Front erreichte und schließlich in der russischen Masse erstickte. Dazu kommt, daß die Bildung der Gruppe die
Westfront in gefährlichster Weise geschwächt hätte, gerade in dem Augenblick, in dem dort die englisch-französische Offensive mit ganzer Wucht los-
zubrechen drohte. „Aus diesen zwingenden Gründen blieb nur übrig, das System der Aushilfen anzuwenden, d. h. mit den zur Verfügung stehenden Kräften die verbündeten Truppen sofort da, wo sie am brüchigsten waren, zu stützen, den Gegner da, wo er am gefährlichsten zu werden drohte, durch örtliche Gegenftöße abzuweisen und ihn von den Österreichern fort an die Stoßstellen zu ziehen. Nur so konnte die völlige Desorganisation der Verbündeten verhindert, nur so konnten ihre besser erhaltenen Teile wieder zur Mitarbeit veranlaßt werden".
In den ersten Tagen des Januar hatte General von Falkenhayn dem Generalstabschef der 6. Armee, General von Kühl, die bestimmte Erwartung ') Das österr. amtl. Werk (Band IV, S. 664) bestätigt diese Anschauung durch die Feststellung, daß wesentliche Teile der österreichisch-ungarischen Front nicht mehr ausreichenden inneren Halt besaßen, um bei längerem Ausweichen noch kampffähig zu bleiben.
Z23
Ostkrieg, Somme-Schlacht und Verdun.
ausgesprochen, daß die Entwicklung der Dinge die Engländer dazu zwingen würde, dem bei Verdun hart bedrängten französischen Bundesgenossen wohl oder übel durch einen Entlastungsangriff zu Hilfe zu kommen. Von Ansang Mai an schien kein Zweifel mehr, daß ein solcher Angriff an der Somme
bevorstehe. Anfang Juni rückte er in nahe Sicht. Freilich hatten sich die Verhältnisse inzwischen völlig anders gestaltet, als der deutsche Generalstabschef um die Jahreswende gehofft hatte. Von mangelhaften Vorbereitungen und übereiltem Ansatz konnte keine Rede sein. Immer mehr ver-
stärkte sich der Eindruck, daß die Engländer ihren Aufmarsch zum Angriff nach gründlichen Vorbereitungen planmäßig und mit starkem Kräfteaufgebot vollzogen. Wenn General von Falkenhayn in dieser ihm unerwarteten und un-
erwünschten Lage die im Frühjahr ergriffene Vorhand sich wahren wollte, so gab es dafür verschiedene Möglichkeiten. Entweder durchkreuzte er den Plan der Engländer durch eigenen raschen Stoß in ihren noch nicht vollendeten Aufmarsch hinein, oder er machte sich bereit, den feindlichen Ansturm zunächst abzuwehren und dann mit blitzendem Vergeltungsschwert den Gegenangriff zu führen. Auch eine Verbindung beider Verfahren war denkbar, indem zunächst vorbeugend nur ein räumlich engbegrenzter Teilangriff erfolgte, etwa in der Form, wie ihn die 2. Armee bis zur Ancre
noch Anfang Juni vorschlug, während die Hauptkräfte für den Gegenangriff aufgespart wurden. In allen diesen Fällen aber war unverzügliches Handeln geboten. Denn auch ein erst später einsetzender Gegenangriff hatte nur Aussicht auf entscheidenden Erfolg, wenn rechtzeitig durch Zuführung von Verstärkungen und vermehrten Stellungsausbau Vorsorge getroffen wurde, daß der deutsche Deich gegen die anbrandende Sturmflut gehalten werden konnte. Wofür man sich auch entscheiden mochte, die Kräfte und Kampfmittel, die zu entscheidungfuchender Schlachtführung an der Somme benötigt wurden, waren nur zu gewinnen, wenn zuvor der Angriff
im Maas-Gebiet stillgelegt wurde. Daß darin auf der anderen Seite auch
der Keim zu neuen ernsten Gefahren lag, läßt sich freilich nicht bestreiten. General von Falkenhayn hat sich solchen Überlegungen keineswegs verschlossen. Eine Zeitlang hat er sich wohl auch ernsthaft mit der Abficht getragen, dem Angriff der Engländer an der Somme zuvorzukommen.
Anfang Juni indessen ist diese Absicht nicht mehr erkennbar, selbst nicht in der abgeschwächten Form eines kurzen Teilvorstoßes bis zur Ancre. An ihre Stelle tritt noch vor Bekanntwerden der großen Erfolge der russischen Offensive gegen die österreichisch-ungarische Front der Gedanke, den Angriff der Engländer zunächst aufzufangen und dann erst zum Gegenschlage auszuholen. An diesem Gedanken hat General von Falkenhayn auch noch 21*
324
Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht.
festgehalten, als sich herausstellte, daß die Franzosen sich am Angriff der Engländer beteiligen würden, und die Brufsilow-Offensive zu nicht unerheblichen Abgaben an die Ostfront zwang. Gleichwohl ist von der deutschen Obersten Führung so gut wie nichts geschehen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Schlacht an der Somme mit Aussicht auf ent-
scheidenden deutschen Sieg geschlagen werden konnte. Gewiß erklärt sich dies zum Teil aus der schwer zu rechtfertigenden Meinung des Generals von Falkenhayn, daß die 2. und 6. Armee in ihrem
gegenwärtigen Bestand und mit Hilfe der bereitgestellten Reserven in der
Lage sein würden, den Ansturm der Feinde abzuwehren. Der ausschlag¬ gebende Grund ist aber doch in der Unfreiheit zu suchen, in die er sich seit Monaten durch den enttäuschenden Verlauf der Kämpfe bei Verdun ver¬
strickt sah. Cr war sich der schwerwiegenden Nachteile durchaus bewußt, die ein Abbruch der dortigen Offensive in unentschiedener Lage nach sich ziehen konnte, und ließ sich infolgedessen trotz inneren Widerstrebens immer wieder bereit finden, die Hand zur Fortsetzung der Versuche zu bieten, die auf den siegreichen Abschluß des Kampfes im Maas-Gebiet gerichtet waren. Aus diesem Zwiespalt zwischen Wollen und Hoffen sich rechtzeitig durch einen kraftvollen Entschluß zu befreien, ist General von Falkenhayn nicht
gelungen.
V. IVeiterentwicklun g der feindlichen Gesamt-plänc bis Ende Juni.^ Karten 1, 1 a, 4, 5.
Im Zusammenhang mit der Ablösung der französischen 1V. Armee durch Ende F«vn>ar. englische Truppen2) war seit Ende Februar eine Neugliederung des
englischen Heeres im Gange. Den rechten Flügel, der wie bisher dicht nördlich der Somme bei Maricourt an die französische Front anschloß, sollte eine neue 4. Armee unter General Sir Henry Nawlinson bilden. Die 3. und 1. Armee hatten den Raum der französischen 10. Armee zu über-
nehmen, dann folgte die 2.,darauf die belgische Armee (sechs Divisionen) und der Befestigte Abschnitt Dünkirchen (französisches XXXVI. Korps). Von insgesamt 42 in Frankreich und Belgien angesetzten Divisionen standen acht in Reserve. Mitte März sollte die Ablösung der französischen 10. Armee beendet sein, die künftig zwischen der 3. und 6. den rechten Flügel der Heeresgruppe Nord bildete. Dann glaubte General Ioffre den Deutschen gewachsen zu sein, die nach seiner Berechnung in süns bis sechs Wochen gegen 22 Divisionen von der Ostfront und ruhigen Teilen der Westfront
zusammenziehen könnten. Freilich gelte es nicht nur, den Gegner abzuweisen, vielmehr ihn entscheidend zu schlagen. Nach den Abmachungen von Chantilly2) hatte Frankreich, falls es unter den Druck eines starken Angriffs geriet, das Recht, im Rahmen des Möglichen Entlastung von seinen Verbündeten zu fordern. Dazu waren diese jedoch noch lange nicht bereit. Eine solche Forderung hätte überall unzu-
reichende Kräfte auf den Plan geführt. Ihr gegenüber hielt General Ioffre mit großer Zähigkeit an dem Gedanken einer einheitlichen über-
legenen Offensive fest. Was aber schon jetzt den Verbündeten zu-AnfangMArz, gemutet werden konnte, waren Teilangriffe zur Bindung der ihnen gegenüberstehenden deutschen Kräfte. Wie an seine eigenen Heeresgruppen, richtete General Ioffre daher Anfang März auch an den englischen Oberbefehlshaber, an General Sarrail in Saloniki, an Italien und an Rußland das >) Quellen: Außer den aus S. 44 genannten: Ioffre: „Memoires du Marechal Joffre", Band II. — Poineare: „Au Service de la France", Band VIII. — Petain: »La bataille de Verdun".
2) 6.51, 110 und 138. 3) S. 46 f.
326
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni.
Anfang März. Ersuchen, durch kleinere Vorstöße den Gegner in Atem zu halten. Darüber hinaus forderte er, daß die Verbündeten unverzüglich mit den Vorbereitun¬ gen zur großen Offensive beginnen sollten. Dabei unterstrich er Rußland gegenüber den Wert des Anschlusses Rumäniens. Die Antworten der verbündeten Heeresleitungen befriedigten nicht
durchweg: Italien erklärte sich zu Teilvorstößen auch in den schneefreien Ge¬ bieten der Alpen-Front nicht vor Ende Mai bereit; denn es war in Sorge
wegen der Schwäche seiner schweren Artillerie und seiner Munitionsbestände; von Albanien aus sei eine Bindung österreichischer Kräfte kaum möglich. General S a r r a i l erwiderte, daß er erst nach dem für Ende Mai in Aus-
ficht genommenen Eintreffen der serbischen Armee, die zur Zeit noch auf Korsu neu aufgestellt wurde, zu größeren Unternehmungen in der Lage sei. Von russischerSeite wurde eigentümlicherweise plötzlich der Wunsch geäußert, den an der unteren Düna erwarteten deutschen Angriffen zuvor-
zukommen. General Alexejew lehnte den Gedanken an eine Valkan-Operation, den er früher, um Rumänien mitzureißen, vertreten hatte, ab und
erklärte, daß das russische Heer, selbst ohne die nötige Anzahl von Gewehren, Anfang April bei Dünaburg angreifen werde. Es müsse in der Vorhand bleiben, da nachträgliches Zusammenziehen von Verstärkungen an einer Stelle, die vom Feinde zum Angriff gewählt sei, bei den schlechten BahnVerbindungen unmöglich wäre. Demgegenüber besorgte der französische Gene-
ralissimus, so wünschenswert ihm möglichst baldige Fesselung der deutschen Ostkräste war, daß der vorzeitige Einsatz starker russischer Kräfte auf Kosten der unerläßlichen späteren Mitwirkung an der allgemeinen Offensive gehen könne. Rur General Haig sprach seine volle Übereinstimmung mit den
französischen Anschauungen aus. Er sei durchaus geneigt, bei der ersten günstigen Gelegenheit gemeinsam mit dem französischen Heere in großem Stile offensiv zu werden. Wenn dieser Fall, wie General Ioffre für möglich hielt, schon in sechs Wochen eintreten sollte, würde er mit allen verfügbaren Krästen zu dem geplanten gemeinschaftlichen Angriff beiderseits der Somme
bereit sein. Sollte dieser trotz der im Gang befindlichen Ablösungen nicht zustande kommen, so bereite er weiter nördlich bei St. Elvi (südlich von Vpern) einen späteren Vorstoß vor. Inzwischen würden kleinere Unterneh¬ mungen zur Fesselung des Feindes, wie bei Apern und Loos, fortgeführt, doch müsse er bei diesen auf den für die Hauptoffensive nötigen MunitionsVorrat Rücksicht nehmen. Mitte März. General Ioffre war hiernach im Zweifel, ob die englischen Kräfte für die Doppelaufgabe, den Feind zu fesseln und den Hauptstoß vorzubereiten,
ausreichen würden. Er hatte dem Chef des britischen Reichsgeneralstabes,
Vorbereitung der allgemeinen Offensive.
327
General Robertson, schon wiederholt, zuletzt am 26.Februar, die Notwendigkeit dargelegt, auch eine möglichst große Zahl von Divisionen aus
Ägypten heranzuführen. Den Gegenvorschlag, statt dessen Kräfte von Salo¬ niki zu nehmen, überging er, da das Wegziehen dortiger Truppen — wie er dem englischen Militärbevollmächtigten sagte — in der öffentlichen Mei-
nung als Zeichen von Schwäche erscheinen würde. General Robertson sagte je nach der Lage insgesamt sechs bis sieben Divisionen aus Ägypten zu, von denen die erste bereits am 28. Februar nach Frankreich eingeschifft werde, außerdem vom 3. März ab eine Division aus England. Er wies aber auch
darauf hin, daß Lord Kitchener den Gedanken, englische Truppen von Saloniki fortzuziehen, noch nicht aufgegeben habe. Als General Ioffre dann angestchts des zunehmenden Kräfteverbrauchs vor Verdun am 8. März weiter
drängte und beantragte, bis zum 15. April mindestens sechs Divisionen aus Ägypten und vier aus England nach Frankreich zu schaffen, erklärten sich die Engländer dazu außerstande; sie könnten neben der soeben aus der Heimat zugeführten 39. Division bis Mitte April nur fünf Divisionen aus Ägypten zur Verfügung stellen. Es fehlten Kaders und Gerät. Vor allem aber hielt die Regierung daran fest, außer den 200 000 Mann zweiter Linie vier kampffähige Divisionen in der Heimat zu behalten. Die 41. und 40. Division sollten der 39. erst im Mai folgen, die ersten sechs Territorial-Divisionen zweiter Linie, deren Überführung in Aussicht genommen war, erst Mitte Juni. Das Rekrutierungsgesetz versagte vor der Liste der „Unabkömmlichen". Von Ende Februar ab mußten deshalb die Anverheirateten unter 19 Iahren, seit 6. März die unter das Derby-System') fallenden Verheirateten ein-
berufen werden. Im übrigen erfüllte es General Ioffre mit Besorgnis, daß das englische Oberkommando nach wie vor über die Kämpfe bei Verdun und
die Abnutzung der deutschen Angriffstruppen sehr optimistische Anschauungen zu hegen und innerlich geneigt zu sein schien, dem dortigen Ringen bis zum Sommer unter Beibehaltung der eigenen Defensive zuzuschauen.
Die täglich zunehmende Schwächung des französischen Heeres durch die Kämpfe bei Verdun sowie die von Rußland überraschenderweise be°
kündete Absicht, früher loszuschlagen, als man bisher für möglich gehalten hatte, ließen es dem französischen Generalissimus angezeigt erscheinen, den Zeitpunkt der gemeinschaftlichen Offensive nochmals zur Erörterung zustellen. Seine Vorschläge gingen dahin, den Beginn der russischen Offensive auf den 15. Mai, den der übrigen Verbündeten auf den 30. Mai vorzuverlegen. Roch sei der „casus foederis", die auf der Konferenz von Ehantilly ') Band VIII, S. 632.
328
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni.
Mitte Mitrz. vereinbarte Pflicht zur wechselseitigen Hilfeleistung, nicht gegeben; in allernächster Zeit würde es sich aber herausstellen, ob der Angriff auf Verdun nur als eine Episode des Kampfes oder als Auftakt zu einer „action offensive" gegen Frankreich angesprochen werden müsse. Handele es sich um eine Episode, so könne man mit der gemeinschaftlichen Offensive bis zu den genannten Zeiten warten. Handele es sich hingegen um den Beginn des
großen deutschen Angriffs, so müßten die anderen Heere so schnell als möglich losschlagen, soweit ihre Vorbereitungen getroffen und ihre Kräfte versammelt seien. Die Räumung von Saloniki würde die Koalition im Orient
schwer bloßstellen. Andererseits aber dürfe die Armee Sarrail auch nicht durch englische Divisionen aus Ägypten unterstützt werden. Eher könnte man noch
Italien zu Truppensendungen veranlassen, da dessen eigene Kampffront sehr
beschränkt sei. Diesen Vorschlägen schloß sich der französische Oberste Rat der LandesVerteidigung am 10. März an. Es galt nun, die Verbündeten für diese Anschauungen zu gewinnen. Zum 12. März wurden ihre Vertreter zu einer
neuen Konferenz nach Chantilly eingeladen. Die Grundlage für
die hier abzuhaltenden Besprechungen bildete eine französischeDenkschrift, in der die seit Mitte Februar erheblich veränderten Verhältnisse zusammenfassend beleuchtet wurden. „Man darf annehmen", so hieß es darin, „daß der Feind ein bestimmtes Ziel verfolgt: Angriff auf die französischen Armeen, nicht in der Hoffnung, sie zu vernichten (mettre hors de cause), aber in dem Gedanken, sie von der gemeinschaftlichen Offensive fernzuhalten und die Moral der Nation durch Eroberung eines besonders hoch bewerteten Platzes zu treffen". Die deutsche Offensive, die durch die eingesetzten Kräfte und das Zurückgreifen auf die Iahresklasse 1916 ein entscheidendes Gepräge erhalte, könne durch Heranführung weiterer 22 Divisionen innerhalb von fünf bis fechs Wochen an Stärke und Nachhaltigkeit noch gewinnen. Dann sei der Hauptstoß entweder im jetzigen Kampfraum oder aber, wenn dort die Aussichten ungünstig seien, an einem anderen Abschnitt der Front zu erwarten. Der französische Widerstand verbürge völlige Sicherheit für die
übrigen verbündeten Armeen, die alle ihre Handlungsfreiheit behielten. Daraus erwachse ihnen die Pflicht, Frankreich Entlastung zu bringen. Die weiteren Ausführungen behandelten noch einmal die hieraus folgenden Einzelausgaben der Verbündeten im Sinne der Aufforderungen, die General
Ioffre bereits Anfang März hatte ergehen lassen. 13.März.
Am 13.März legte die Konferenz in Chantilly folgendes fest: Die Koalition wird ihre gemeinschaftlichen Offensiven (ses offensives d'ensemble) so schnell wie möglich beginnen. Der genaue Zeitpunkt wird
Konferenz in Chantilly.
329
von den Oberkommandos bestimmt werden. Die serbische Armee soll sobald wie möglich nach Saloniki gebracht werden. Die Zusammensetzung der OrientArmee wird zur Zeit nicht geändert werden; die Frage bleibt späteren Ver-
Handlungen vorbehalten; ihre französisch-englischen Kräfte sollen nach Möglichkeit für den Gebirgskrieg ausgebildet werden. Die Orient-Armee und die italienischen Kräfte in Albanien müssen den Feind unter Angriffsdrohung
halten. Die möglichste Verschärfung der Wirtschaftsblockade wird als äußerst
erwünscht bezeichnet. Da der Druck der Deutschen bei Verdun anhielt, wandte sich General Ioffre abermals an die russische Heeresleitung mit dem Ersuchen, ihre Teiloffensive — unter der aber keinesfalls die Vorbereitungen für den Hauptangriff leiden dürften — zu dem von General Alexejew vorgesehenen ZeitPunkt beginnen zu lassen. Der am 18. März einsetzende russische is. März.
Angriff am Rarocz-See brachte zwar keine Erfolge, fesselte aber wenigstens Teile der deutschen Ostreserven. Der Zufluß an britischen Streitkräften erfolgte nur langsam und nicht in dem erhofften Umfang. Von den versprochenen fünf Divisionen aus Ägypten war die 31. in Marseille am 8. März ausgeladen, die vordersten Teile der 2. australischen Division begannen am 20.März einzutreffen, während die
übrigen drei erst später erwartet wurden. Je nach der Entwicklung der VerHältnisse in Vorderasien erwog General Robertson auch die Überführung von noch zwei weiteren Divisionen nach Frankreich. Hingegen fand er sich
nicht bereit, England selbst stärker zu entblößen, solange das Rekrutierungssystem nicht geändert war. Noch hatte die alte englische Anschauungsweise das Übergewicht, daß das Vereinigte Königreich besser durch Material und Geld als durch Soldaten helfen könne; daß die Blockade schneller wirken würde als alle Materialanhäufung — wie Verdun lehre; daß der ständige
Abfluß der Männer an die französische Front Handel und Wirtschaft untergrabe und — angesichts der ungeschlagenen deutschen Flotte — die Sicher-
heit des Reiches in Frage stelle'). Die von den militärischen Vertretern der verbündeten Armeen in
Chantilly gefaßten Beschlüsse erhielten die Zustimmung der verbündeten Regierungen in einer Konferenz zu Paris, die Ministerpräsident Briand am 27. März eröffnete. Anwesend waren für England, Italien, 27. M»rz.
Belgien und Serbien die Ministerpräsidenten Asquith, Salandra, de Vroqueville und Pasitsch. Die Regierungen Rußlands, Japans und Portugals, das Anfang März in den Krieg eingetreten war"), waren durch ihre Franz. amtl. Werk, Band IV, 1, S. 567. 2) S. 617.
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni.
330
27. März. Gesandten vertreten. Dazu kamen die Generalstabschefs der Westmächt!
und Italiens sowie für Rußland der bevollmächtigte General Shilinski. General Ioffre gab einen Überblick über die militärischen Ziele der Verbandsmächte. Deutschland habe sich wieder mit allen Kräften auf Frankreich geworfen, um es niederzuringen und dann der Reihe nach die anderen Gegner zu schlagen, aber seine Macht sei durch den Widerstand von Verdun zum mindesten im Augenblick erschüttert. Bliebe es im Angriff auf Verdun, so würden, wie in der Konferenz vom 12. März vereinbart, die
Hauptoffensiven sich auf den einzelnen Fronten schrittweise je nach den Möglichkeiten, die sich den verbündeten Armeen böten, entwickeln. Gäbe Deutschland den Angriff auf, um defensiv zu werden, so würde die allgemeine konzen¬ trische und gleichzeitige Offensive aller Heere zu dem Zeitpunkte losbrechen, der von den Generalstäben als der günstigste bezeichnet würde. Die Saloniki-
Armee müßte sich während dieser Offensive möglichst tätig zeigen. Sie habe von sich aus zum Angriff überzugehen, wenn das Kräfteverhältnis auf dem
Balkan durch Gewinnung neuer oder Abfall feindlicher Bundesgenossen sich wesentlich verschöbe. Alle Verbündeten hätten die äußersten Anstrengungen zu machen, um in der kürzesten Zeit und im größten Umfang ihre AngriffsVorbereitungen zu beenden. Frankreich könne im Augenblick nichts Besseres tun, als jeden Fuß breit des heimatlichen Bodens verteidigen unter mög¬ lichster Schonung seiner Kräfte und unter Vorbereitung der künftigen Offensive. „Die Stunde ist gekommen", so schloß General Ioffre, „in der die Lehre von der Zusammenfassung aller Kräfte zur Anwendung gelangen muß, eine
Lehre, die immer mit gewissen Gefahren auf den Nebenkriegsschauplätzen zu rechnen haben wird. Ein Sieg in Frankreich wird alles und überall aus¬
gleichen". Im übrigen beschäftigte sich die Konferenz mit Fragen der KriegsWirtschaft und mit den Möglichkeiten, die Blockade zu verschärfen. Die
wichtigsten Beschlüsse waren folgende: „1.
Die Vertreter der verbündeten Regierungen . . . bekräftigen die
völlige Übereinstimmung und Solidarität der Alliierten. Sie erklären ihr Einverständnis mit allen Maßregeln, die die Einheit des Handelns auf der
gemeinsamen Front sichern sollen. Sie verstehen darunter die durch das Abkommen der Generalstäbe herbeigeführte Einheit des militärischen Han¬ delns, die wirtschaftliche Einheit, deren Organisation die gegenwärtige Konserenz geregelt hat, und die diplomatische Einheit, die durch den unerschütterlichen Willen gewährleistet wird, den Kampf bis zum Siege der gemeinsamen Sache fortzuführen. 2. Die verbündeten Regierungen beschließen, im Bereich der Wirtschaft die Einheit ihrer Ansichten und Interessen in die Praxis zu übertragen. Sie beauftragen die demnächst in Paris zusammen¬
Beschlüsse der Konferenz zu Paris.
331
tretende Wirtschaftskonferenz mit der Vorlage von Maßregeln, die geeignet sind, diese Einheit zu verwirklichen. 3. 5lm die wirtschaftlichen Maßregeln
zur Verhinderung der feindlichen Versorgung zu verstärken, gleichzuschalten und zu vereinheitlichen, beschließt die Konferenz in Paris ein P e r m a -
nentes Komitee zu schaffen, in dem alle Verbündeten vertreten sind. - 4. .
.
."
Die Verantwortung, die auf dem französischen Oberkommandierenden lastete, seit die Kämpfe vor Verdun so verlustreiche Formen angenommen hatten, war groß; die daraus erwachsenden Aufgaben waren schwer zu lösen. Einerseits durfte man die bedeutendste Festung Frankreichs nicht preisgeben, andererseits schien es kaum möglich, außerdem noch die nötigen Kräfte
für die in Ehantilly vereinbarte allgemeine Offensive bereitzustellen. Tag für Tag mußten neue französische Divisionen in den Kessel von Verdun geworfen werden und gingen damit für die Somme-Offensive verloren. Die Einzel¬ angriffe der Verbündeten im März: der Engländer bei St. Elvi und Loos, der Italiener in der fünften Isonzoschlacht, der Russen am Narocz-See,
hatten für Verdun keine Entlastung gebracht. Der Ausweg, sich diese durch frühzeitiges allgemeines Losschlagen zu verschaffen, war versperrt; General Ioffre wußte selbst am besten, daß England, Rußland und Italien die
angesetzte Zeit für ihre Vorbereitungen brauchten. Am 18. Februar hatte General I o f f r e 39 Divisionen für den französischen Angriff an der Somme und südlich vorgesehen^). Am 22.März hatte er zwei weitere Armeekorps zugestanden, um die Angriffsfront nach Süden auszudehnen, aber schon rechnete er dabei mit der Notwendigkeit,
wie bereits auf die Abnutzungsangriffe"), so auch auf die Ablenkungsstöße'), die er noch in der Anweisung vom 18. Februar gefordert hatte, verzichten zu müssen. An das englische Oberkommando schrieb er, die gewaltige
Ausdehnung des Angriffsfeldes auf 60 Kilometer Breite müsie den Ausfall der kleineren Unternehmungen wettmachen. Damit ließ der französische Oberführer ein wichtiges Glied seines Angriffsplanes fallen. Die Erfahrungen des Jahres 1915 hatten gegen den Grundsatz des „Handstreiches großen Stils" entschieden. Der englische wie der französische Generalstab hatten sich daher als Einleitung der Offensive für mehrere in möglichst kurzen Abständen aufeinanderfolgende Stöße ausgesprochen, um die Reserven des Feindes zu
zerschlagen, bevor der Hauptangriff einsetzte. Mit der Aufgabe dieser Einleitungsstöße drohte aus dem großangelegten Zermürbungsplan doch wieder der einfache, wenn auch ins Riesenhafte vergrößerte „Handstreich" zu werden. 0 Kap. 52. — -) Kap. 50 ff.
6tä
332
März bis
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni.
Mit zunehmendem Kräfteverbrauch bei Verdun begann der Schrump-
) S. 146.
Verdun und Somme-Offensive.
zzz
Um diese Zeit glaubte General Ioffre dem Führer der Heeresgruppe Nord, General Foch, für die große Offensive etwa 30 Infanterie- und vier Territorial-Divisionen sowie das 1. Kavalleriekorps und den Stab des ArmeeOberkommandos 3 zur Verfügung stellen zu können. Allein die Hoffnung, daß General Pstain jetzt mit seinen Truppen Anfang Mai auskommen werde, erfüllte sich nicht. Am 4. Mai, als der neue deutsche
Angriff auf dem westlichen Maas-Ufer einsetzte, wurden seine Klagen lauter: die französischen Kräfte nützten sich schneller ab als die deutschen; Verdun müsse Frankreichs Hauptleistung in diesem Jahre bleiben; wenn eine Offensive an anderer Stelle als Abschluß des Kampfes geplant sei, so sollten die Engländer sie allein auf sich nehmen, und zwar bald. Im Hinblick auf die Kräfte Frankreichs meinte er, es sei besier, „den Deutschen eine dauernde Angriffsdrohung entgegenzustellen, als einen erloschenen Vulkan'"), zu dem die französischen Kräfte sonst ausbrennen würden. Gegen solche Auffassungen hatte General Ioffre nicht nur bei seinen Unterführern zu kämpfen, auch der Kriegsminister nahm gegen ihn Stellung, und in den Kreisen des Parlaments wuchs in verhängnisvoller Weise die Zahl derer, die über dem blutigen Ringen bei Verdun alle größeren Ziele
vergaßen. Der französische Oberbefehlshaber sah sich genötigt, Besuche aus diesem Lager an der Front immer schärfer abzulehnen. Er zog sich dadurch aber mehr und mehr den Vorwurf der Rechthaberei und Selbstherrlichkeit zu und mußte sich mit den Erfahrungen seiner englischen Verbündeten
trösten, denen der Politiker „nächst dem Deutschen als der verderblichste Feind galt"'). Cr beharrte auf der Ablehnung des Pßtainfchen StandPunktes, da er von dem gemeinsamen englisch-sranzösischen Gegenstoß den
Durchbruch durch die deutschen Linien erhoffte. Den Bundesgenossen müsse aber Zeit für ihre Vorbereitungen bleiben, andererseits sei es unbedingt notwendig, daß die Franzosen an der Entscheidung in größtmöglicher Stärke MMeMat. teilnähmen. Ein Zurücktreten von der gemeinschaftlichen Offensive wäre einem deutschen Siege gleichzustellen. Es gelang dem französischen Oberführer, am 17. Mai in einer Versammlung zu Ehälons die Heeresgruppenführer von
der Richtigkeit feiner Ansicht zu überzeugen. Selbst General Petain gab zu, daß die gemeinschaftliche Offensive der Verbündeten die beste Entlastung für Verdun bedeuten würde.
Ende April hatte General Ioffre dem englischen Oberbefehlshaber mitgeteilt, daß alle Vorbereitungen für die Offensive bis zum I.Iuni beendet sein sollen. Drei Wochen vor Angriffsbeginn würde er dessen genauen Zeitpunkt nennen. General H a i g hatte im Mai für den Angriff ~ ') Ioffre, a. a. O., S. 217.
2) Ebenda, S. 231.
334
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni.
Mitte Mai. 15 Divisionen verfügbar, nach dem 15. Juni 20bis 25, später noch mehr.
Dementsprechend Verschiebung der Offensive bedeutete aber voraussichtlich auch zunehmende Schwächung der französischen Kräfte durch den Kampf bei Verdun. General Ioffre sprach sich daher am 14. Mai für die ersten Tage des Juli als äußersten Zeitpunkt des Angriffs aus. Inzwischen begann am 15. Mai die österreichisch-ungarische Offensive in Sttd-Tirol. Sie veranlaßte die Russen, ihren Angriff bereits zum 15. Juni in Aussicht zu stellen. Als dann am 20.Mai auch neue schwere deutsche Angriffe bei Verdun einsetzten^), trat General Petain mit neuen
Forderungen hervor. Für die große Offensive blieben, nachdem diese Ansprüche befriedigt waren, nur noch Divisionen und 540 schwere Geschütze übrig. General Ioffre begann daher zu fürchten, daß der zahlenmäßige Rückgang der französischen Beteiligung die Engländer veranlassen könnte, die Vereinbarungen ganz umzuwerfen und wieder ihre Sonderpläne in
Flandern zu verfolgen. W. «nd
Am 26. Mai trafen der französische Generalissimus und sein General-
27. Mai.
General de Eastelnau in Veauquesne mit den englischen Generalen
zusammen. Mit Rücksicht darauf, daß bis Ende des Monats die Verluste vor Verdun sich auf 200 000 Mann bezifferten, daß 52 französische Divisionen durch die Schlacht gegangen und zwei Drittel der verfügbaren Reserven verbraucht waren, war General Haig bereit, erforderlichenfalls schon am 20. Juni anzugreifen, obgleich er seine größte Stärke erst Mitte August erreichen würde. Man einigte sich auf den 1. Juli als Angriffstag. Eine Verschiebung im letzten Augenblick, wie General Foch sie im Jahre 1915 dreimal vorgenommen hatte, sollte vermieden werden. Hatte schon vor Beginn der Verdun-Schlacht der englische Oberbefehlshaber geglaubt, aus Äußerungen des Generals Ioffre entnehmen zu müssen, daß Frankreich von England den Hauptangriff des Jahres erwarte und selbst nur am Ausbau eines möglichen Erfolges teilzunehmen gedenke, so schien es Ende Mai infolge des Kräfteverbrauchs bei Verdun sogar zweifelhaft, ob die Franzosen überhaupt noch einer neuen großen Anstrengung fähig seien. Am 29. Mai teilte General Haig dem Führer der 4. Armee mit, daß er unter Umständen ohne die Franzosen würde angreifen müssen; an dem¬ selben Tage warnte General Robertson das Kriegskomitee vor allzu großen
Hoffnungen auf die Ergebnisse. 3,. Mai.
Am 31. Mai fand im Salonwagen des Präsidenten Poineam südlich von Amiens eine Konferenz^) statt, bei der der Ministerpräsident Vriand, 1) S. 170. 2) Poineare, a. a. €>., Band VIII, S. 250 ff. — Vrit. amtl. Werk, a. a. €>., 6.45.
Endgültiger Entschluß zur Somme-Offensive.
335
der Kriegsminister General Roques, der französische Oberbefehlshaber General Ioffre, fein Generalstabschef General de Castelnau, General Foch und der englische Oberbefehlshaber General Haig zugegen waren. General
Foch, der Führer der zur Mitwirkung beim Angriff berufenen Heeresgruppe Nord, trat zunächst für Verschiebung der Offensive bis zum nächsten Jahre ein. Andererseits hatten die Generale Pstain und Rivelle dem MinisterPräsidenten gerade eben in Verdun erklärt, daß eine Cntlastungsoffensive nötig sei, um die Festung halten zu können. Anter diesen Umständen stimmte schließlich auch General Foch der Ausführung einer Entlastungsoffensive schon in diesem Jahre zu; das Ziel könne dann aber nicht der Durchbruch durch die deutsche Front sein. Das Maß der französischen Beteiligung an der allgemeinen Offensive, so legte General Ioffre dar, hinge nach wie vor von der Entwicklung der Verhältnisse bei Verdun, aber auch vom Zeit-
Punkt des Angriffs ab; Frankreich würde bei gleichem Kräfteverbrauch wie bisher in zwei Monaten nicht über eine einzige frische Division mehr verfügen. Der englische Angriff aber bleibe, selbst wenn er nur von französischer
Artillerie unterstützt werden könne, unbedingt notwendig. General Haig erklärte, daß seine Regierung mit der Offensive einverstanden und daß er den Wünschen des Generals Ioffre entsprechend am 1. Juli dazu bereit sei. Cr regte nochmals, wiederum ohne Erfolg, an, dazu auch Truppen von Saloniki heranzuziehen. Ioffre teilte schließlich mit, daß Italien die Russen um
Vorverlegung ihrer Offensive gebeten hätte, daß aber die russische Heeresleitung und auch er selbst gegen eine übereilte Operation wären. Cr hoffte, daß die französische und die englische Armee an der Somme vierzehn Tage
nach dem auf den 15. Juni festgesetzten Beginn der russischen Offensive angriffsbereit sein würden. Dabei wußte er noch nicht, daß auf perfönliche Vorstellungen des Königs von Italien beim Zaren General Brussilow schon am 4. Juni, also zehn Tage vor dem Hauptangriff, einen Cnt-
lastungsangriff gegen den Abschnitt des österreichifch-ungarifchen Heeres
führen sollte. Die Stärkeverhältnisse an den verschiedenen Fronten wurden Ende Mai.
zu dieser Zeit wie folgt angenommen:
Vierverband:
Mittelmächte:
Westfront: 95 französische 49 englische 6 belgische
zus.: 150 Divisionen
125 deutsche Divisionen
336 zu Mai.
Weiterentwicklung der feindlichen Gesamtpläne bis Ende Juni. Vierverband:
Mittelmächte: 48 deutsche 42 österr.-ung.
Ostfront: 141 russ. Divisionen
zus.:
90 Divisionen
Italienische Front: 35 österr.-ung.
53 Italien. Divisionen
Balkan-Front: 4 5 6 3
zus.:
französische englische serbische italienische
18 Divisionen
2 deutsche 2 österr.-ung. 12 bulgarische
zus.:
16 Divisionen
Znsgesamt also, ungerechnet die Fronten der Türkei, 362 D i v i -
sionen gegen 266 der Mittelmächte. Dabei zählten die ruf-
fischen Divisionen meist noch 16, die französischen und englischen zwölf, die Mehrzahl der deutschen aber nur neun Bataillone.
Anfang Juni.
Am 3. Juni faßte General Ioffre die Vereinbarungen nochmals schrift¬ lich zusammen. Gerade in diesen Tagen aber erschütterte ein neuer deutscher
Angriff Verdun in seinen Grundfesten. Fort Vaux und der Caillette-Wald fielen'). Als daher der englische Oberbefehlshaber nach der Zahl der an der
künftigen Offensive mitwirkenden französischen Divisionen fragte, erwiderte General Ioffre am 6. Juni, daß man sich auf eine Schlacht „von langer Dauer" gefaßt machen müsse. Die Zahl der Divisionen gab er nicht an, doch wußte man im englischen Hauptquartier, daß die nunmehr allein beteiligte französische 6. Armee nur zwölf Divisionen umfaßte. Die Beteiligung der Franzosen an der Operation war also auf weniger als ein Drittel
der ursprünglich in Aussicht gestellten Divisionszahl zusammengeschrumpft. Während General Ioffre vom 8. bis 10. Juni zu einer Konferenz nach London gefahren war, wandte sich sein Generalstabschef an das englische Hauptquartier mit der Bitte um Beschleunigung der Angriffsvorbereitungen.
In derselben Richtung bewegte sich ein Schreiben des Generals Pstain vom 11. Juni, in dem er dringend für Vorverlegung des englischen Angriffs eintrat. i) S. 176 f.
Beginn der Somme-Offensive.
ZZ7
Noch vor Eintreffen dieses Schreibens hatte General Ioffre an General Haig die Mitteilung gesandt, daß er den Beginn des Angriffs auf den 25., der Artillerievorbereitung auf den 20.Juni vorzuverlegen wünsche, denn in Paris drohe eine politische Krise. Frankreichs Zuversicht war ins Wanken geraten. Noch wurde das Heer davon nicht berührt, denn die täglichen Kämpfe, der Selbsterhaltungstrieb stählten die Widerstandskraft immer von neuem. Aber die Heimat verglich die eigene Not mit der Untätigkeit der
Bundesgenossen. Zu lange schon schien Frankreich die Last des Kampfes allein zu tragen. In der Presse machte sich Unzufriedenheit Lust und trug den Keim des Mißtrauens in weite Volkskreife. Die Parteien übten im
Parlament an der Heerführung eine Kritik, die Gefahren auch für den inneren Halt der Armee in sich barg. General Ioffre mußte mit Nachdruck darauf hinweisen, daß völlige Einigkeit des Landes die Vorbedingung für das
Durchhalten des Heeres sei. Das Verlangen nach Vorverlegung der Offensive kam dem englischen Oberbefehlshaber wenig gelegen. Inzwischen aber besserte sich die Lage vor Verdun, was ebenso wie die Fortschritte der seit dem 4. Juni begonnenen Vrussilow-Offensive die Stimmung in Paris wieder hob. Am 16. Juni abends erbat ein Fernspruch aus dem französischen Hauptquartier den Beginn des Angriffs für den 29. Juni oder I. Juli. General Haig war mit dem Ende Juni.
29. Juni einverstanden, wehrte sich aber gegen jeden weiteren Aufschub über
diesen nunmehr festgesetzten Tag hinaus, da die Versammlung großer Angriffsmassen dem Feinde nicht lange verborgen bleiben könne.
Am
17. Juni erschien indes General Ioffre persönlich im englischen Hauptquartier Montreuil mit dem Ansinnen, nun doch erst am I. Juli anzugreifen.
General Haig widersprach und erreichte die Beibehaltung des 29. Juni, doch erhielten die Generale Foch und Rawlinson die Ermächtigung, das Vorgehen von einem Tag zum anderen zu verschieben, wenn das Wetter
ungünstig sei. Der am 23. Juni einsetzende neue starke deutsche Angriff vor Verdun veranlaßte einen nochmaligen Alarmruf des Generals Petain'), der aber ohne Folgen blieb. Am 24. Juni begann die Feuervorbereitung an der Somme-Front. Die Initiative der Mittelmächte und deren Erfolge sowie die Verschiedenartigkeit der Interessen der Verbündeten hatten zeitweilig die InneHaltung der Vereinbarungen von Ehantilly in Frage gestellt. Der Zähigkeit der französischen Abwehr vor Verdun und der Willensstärke des Generals Ioffre war es zu danken, daß trotzdem der gemeinschaftliche Angriffsplan,
allerdings in Einzelheiten abgeschwächt, nunmehr zur Ausführung gelangte. ') S. 185 ff. Weltlrteg, X. Band,
~~ oo
VI. Die Westfront im Juli und August. A.Die Schlacht an der Gomme'). I. Der Angriffsplan der verbündeten Gegner. Karten 2,4, S, Anlage 1.
Februar
Die Grundlinien für die gemeinschaftliche franzöfisch-englische Offen-
bis Zun«. ^
jjer Somme waren bereits im Februar festgelegt worden^). Man
hatte sich entschlossen, den Angriff im Abschnitt Lassigny—Hsbuterne anzusetzen. Als Grenze zwischen den verbündeten Heeresteilen wurde die Linie Maricourt—Vouchavesnes bestimmt, so daß das Somme-Tal noch in den Abschnitt der Franzosen fiel. Gemeinschaftlich anzustrebendes Ziel war zunächst die Straße Ham—Peronne—Vapaume, die bereits jenseits des gesamten deutschen Stellungssystems lag und somit die operative Aus¬ nutzung eines Erfolges zu gestatten schien. Als Schwäche dieses Planes erschien den Franzosen, daß im Fortgange der Schlacht die Stoßrichtungen der beiden Heeresteile schon bald auseinanderlaufen mußten; denn die fran¬ zösische Front wies nach Osten, die englische zwischen Maricourt und Thiepval nach Nordosten. Der Gefahr, daß sich der Feind dann zwischen die inneren Flügel der Angriffsarmeen einschob, hätte durch Nachführen starker Reserven begegnet werden können. Aber für die Franzosen lagen Gründe vor, die enges Heranhalten des englischen Angriffs an den eigenen wünschenswert machten, der den Sumpfgürtel der Somme südlich von
Peronne zu überschreiten hatte.
Das konnte durch englisches Eingreifen
von Norden her sehr erleichtert werden. Es wurde daher vereinbart, daß die Engländer den Schwerpunkt ihres Vorgehens von Anfang an nach dem
rechten Flügel, in die Richtung auf Combles legen sollten. Die Gliederung der französischen Kräfte war zunächst) in drei Armeen gedacht gewesen: Die 10. Armee unter General Micheler und die 6. Armee unter General Fayolle standen bereits in der Front, erstere sollte den Raum südlich, letztere den Raum nördlich der Linie Montdidier—
Armancourt (südwestlich von Roye) übernehmen; im gegebenen Augenblick hätte es sich dann nur noch darum gehandelt, eine weitere Armee zwischen ') Die Ereignisse nach dem 27. August folgen im Band XI. 2) 6.50 ff. und 325 ff.
3) Endgültige Gliederung S. 641.
339
Angriffsziele der Franzosen und Engländer.
ihnen einzusetzen. Auf englischer Seite hatten sich nach Ablösung der französischen 10. Armee^) die 1. und Z.Armee zusammengeschoben. Am I.April hatte General Sir Henry Rawlinson mit der englischen 4. Armee den Abschnitt von der Somme bis Fonquevillers (drei Kilometer nördlich von Hebuterne) übernommen. Während General Ioffre ursprünglich dem französischen Heere den
wichtigsten Teil der Aufgabe zugedacht hatte, zwang die Schrumpfung seiner Kräfte dazu, die Beteiligung schließlich auf Unterstützung und Deckung des englischen Hauptangriffs zu beschränken. Als dazu Mitte Juni nur noch die französische 6. Armee mit elf Divisionen übrigblieb, wurde ihr rechter Flügel bis an die von Amiens nach Osten führende Römerstraße verkürzt. Von einem überschreiten der Somme war nicht mehr
die Rede. So sahen auch die Engländer jetzt keinen Anlaß mehr, den Schwerpunkt ihres Vorgehens auf den rechten Flügel zu legen. Der Verlauf ihrer Front wies sie nach Nordosten, und damit bot sich ihnen als natürlichstes Ziel die dritte deutsche Stellung beiderseits der Straße Albert —Vapaume, auf dem die Gegend weithin beherrschenden Höhengelände zwischen Ginchy und Miraumont. Sollte der Angriff sich festlaufen oder die französische Mitwirkung ganz ausfallen, so wollte General Haig die Offensive abbrechen, alle entbehrlichen Kräfte zur 2. Armee an die FlandernFront fahren und dort südlich von Apern") angreifen. Hinsichtlich der Angriffs führung wichen die Ansichten der «»de Juni, beteiligten Führer erheblich voneinander ab. Schon für die ArtillerieVorbereitung vertrat die eine Richtung den kurzen Feuerschlag mit überraschend folgendem Vorbrechen, die andere vieltägiges Zerstörungsfeuer. Auch der Durchbruchsgedanke fand verschiedene Deutung. Die Generale Ioffre und Haig neigten dazu, den Angriff auf gewaltsames Zerreißen^) der feindlichen Stellungen anzulegen, General Rawlinson dachte eher an langsames Durchnagen in einzelnen aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten und glaubte überhaupt nicht an große Ergebnisse, solange die Kampfkraft des deutschen Heeres noch nicht erschüttert wäre. Bezüglich der ArtillerieVorbereitung einigte man sich auf fünftägiges Trommelfeuer. Das Zeitmaß des Durchbruchs war aber abhängig von der deutschen Gegenwirkung.
Mochte hie und da Hoffnung auf überraschendes Gelingen bestehen, im großen und ganzen rechnete man doch mit einer Reihe von Stößen, die man
allerdings möglichst rasch aufeinanderfolgen lassen wollte. Nach dem Erfolg ') S. 325. 2) Brit. amtl. Werk, 1916, S. 32, 265.
3) Ebenda, S. 252, 254, 255. 22*
340
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
Ende Juni, des ersten Tages mußten sich die weiteren Maßnahmen richten. Da General Haig vermeiden wollte, der Truppe unnötige Fesseln anzulegen, schob er die im ersten Anlauf zu erreichenden Ziele verhältnismäßig tief in das deutsche
Stellungssystem hinein und bezeichnete die Dörfer Montauban, Contalmaison, Poziöres, Grandcourt und Serre als erste Ziele; sie lagen zum Teil bereits hinter der zweiten deutschen Stellung. Man vertraute darauf, daß die gewaltige Artillerievorbereitung, die dem ersten Ansturm vorangehen sollte, auch die Hindernisse rückwärtiger Linien wegräumen würde. Auf französischer Seite dachte man vorsichtiger. Hier begnügte man sich mit der dicht hinter der ersten deutschen Stellung liegenden Linie Fay—Veequincourt—Frise—Curlu—Wald westlich von Hardeeourt.
Die von den
Franzosen ursprünglich geplanten Ablenkungsangriffe fielen angesichts des Kräfteverbrauchs bei Verdun so gut wie ganz aus. Die am Angriff nicht beteiligten englischen Armeen sollten den Gegner seffeln, und zwar die Z.Armee durch eine Unternehmung gegen Gommscourt, die gleichzeitig mit
dem Hauptangriff zu erfolgen hatte. Auch über die Ausgestaltung des taktischen Crsolges zur Operation gingen die Ansichten der Generale Ioffre und Haig scharf auseinander. Den Engländern schien das Aufrollen der deutschen Front von Vapaume nach Norden erwünscht. Die Franzosen hätten den Druck gern nach Süden
gerichtet. Eingehendere Überlegung führte sie aber doch dazu, dem Verbündeten nachzugeben, wenn es auch fraglich schien, ob die KitchenerDivisionen für die mehr oder minder selbständig zu führende Operation nach Norden den nötigen Grad der Ausbildung besaßen. Am 24. Juni begann bei nebligem, regnerischem Wetter die A r t i l -
lerievorbereitung, die zunächst auf fünf Tage angesetzt war. Zwei Tage waren für das Einfchießen und das Wegräumen der DrahtHindernisse bestimmt. Am 26. Juni begann mit unerhörter Wucht das
eigentliche Zerstörungsfeuer. Die Engländer verfügten dazu über 868 Feldund 731 schwere Geschütze, die Franzosen über 787 Feld- und 617 schwere Geschütze, zusammen 1655 Feld- und 1348 schwere Geschütze. Die Zahl der alliierten Flugzeuge in vorderer Linie betrug 309'). Da starke Regenfälle am 28. Juni und in der folgenden Nacht das Losschlagen am 29.
ungünstig erscheinen ließen, wurde der Infanterieangriff auf den 1. Juli verschoben. Zum Sturm, der entgegen den englischen Wünschen i) Insgesamt verfügten die Engländer am 1. Juli in Frankreich über 421 Flugzeuge erster Linie und 216 zweiter Linie in den Parks. Alle diese Kräfte konnte das
Royal Flying Corps zu gelegentlicher Verwendung auf dem Schlachtfelde leicht
Angriffsvorbereitungen der Franzosen und Engländer.
341
ins helle Tageslicht, nördlich der Somme auf 6"°, südlich auf 830 vormittags, gelegt wurde, standen die englischen und französischen Streitkräfte in fol° gender Gliederung und Stärke bereit: Nördlich der Somme, vom linken Flügel beginnend: Englische 4. Armee unter General Nawlinson mit dem
VIII., X, III., XV., XIII. Korps, zusammen auf reichlich 20 Kilometer breiter Front zwölf Divisionen als erstes Treffen, vier als zweites Treffen dicht dahinter. Dazu weiter rückwärts noch zwei Divisionen und drei Kavallerie-Divisionen, als „Neserve-Armee" unter General Gough zu-
sammengefaßt, und schließlich zwei Divisionen Reserven der Heeresleitung. Gesamtstärke der E n g l ä n d e r : 20 Divisionen und drei Kavallerie-Divi-
sionen. Dazu das französische XX.Korps mit zwei Divisionen. Südlich der Somme: Französische 6. Armee (ohne das nördlich des Flusses stehende XX. Korps) unter General F a y o l l e mit dem I. Kolonialkorps und dem
linken Flügel des XXXV. Korps, zusammen drei Divisionen in vorderer Linie, dahinter als Reserven der Armee sechs Divisionen. Gesamtstärke der Franzosen: beiderseits der Somme elf Divisionen.
2.Die deutsche 2. Armee in Erwartung des Angriffs. Karten 2,4, 5; Anlagen 1, 3.
Vor dem rechten Flügel der deutschen 2. Armee hatten sich bereits seit C»d- Februar
Ende Februar Angriffsvorbereitungen') abzuzeichnen begonnen. Die Armee stand im Frühjahr mit elf Infanterie-Divisionen in einer Ausdehnung von rund 100 Kilometern westlich der Straße Vapaume—Pöronne—Resle— Royon'). Das Gelände ist in jener Gegend leicht gewellt, fruchtbar und gut angebaut, mit vielen Dörfern und kleinen Waldstücken durchsetzt. Standfester Lehmboden und darunter verhältnismäßig leicht zu bearbeitendes, höhlenreiches Kalkgestein kam ähnlich wie in der Champagne dem Stellungs0 S. 272.
2) Vom rechten Flügel: Gen.Kdo. des XIV. R.K. mit 52. I. D, 26. (württ.) und 28.R.D, -
VI.A.K. beiderseits der Somme mit 12., 11. I. D. und 10.
bayer. I. D., -
XVII. A. K. (36. und 35. I. D.), G. K. mit 2., 1. G. I. D. und 15. Ldw. D.
An schwerer Artillerie verfügte die Armee über 42 Steilfeuer-, 29 Flachfeuerbatterien, darunter aber nur 14 neuzeitliche, an leichter Artillerie über III 9em°
Kanonen, 48 belgische 8,7 cm-Kanonen und die Feldbatterien der Divisionen.
Munitionsausstattung war stark eingeschränkt.
Die
342 Ende Februar bis Mai.
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
zugute. Andererseits waren die zutage geförderten Mengen blendend Gesteins besonders schwer gegen Flieger zu tarnen. Das Stellungs-
system wurde westlich von Psronne fast rechtwinklig von der SumpfNiederung der kanalisierten Somme durchschnitten. Der Verlauf der vorderen Stellung war so geblieben, wie er sich bei Abschluß der Kämpfe im Herbst 1914 ergeben hatte. Sie war im allgemeinen recht gut ausgebaut, mit zahlreichen widerstandsfähigen Unterständen und breiten Hindernissen versehen. Dahinter lag eine Zwischen- und eine zweite Stellung, die nördlich der Somme die beherrschenden Höhen von Bucquoy—-Puisieux—Poziöres
^Longueval—Maurepas verband, südlich des Flusses dagegen sich in weniger ausgeprägtem Gelände hinzog.
Die Zwischen- und zweite Stel-
lung hatten meist nur eine einzige Grabenlinie und wenige Unterstände. An einer dritten Stellung wurde erst zu arbeiten begonnen. Da die Stel-
lungen fast durchweg am Vorderhange lagen, konnten sie vom Gegner schon mit Erdbeobachtung unter Feuer genommen werden. Als im Mai die Anzeichen für eine bevorstehende Offensive immer offenkundiger wurden, schien Verstärkung der Front nördlich des AncreBaches am dringlichsten. Der Oberbefehlshaber, General der Infanterie Ende Mai Fritz von Velow, schob die ihm von der Obersten HeeresJuni, l e i t u n g auf Antrag zugeführte 2.Garde-Reserve-Division am 23.Mai
bis Mitte
auf dem Nordflügel bei Gommöcourt ein. Sein Vorschlag, die englischen Angriffsvorbereitungen durch eigenen Angriff aus der Linie St. Pierre Divion—Ovillers zu durchkreuzen, kam angesichts des starken KräfteVerbrauchs bei Verdun und Luck nicht mehr zur Durchführung'). Immerhin waren die Divisionsabschnitte am rechten Flügel der Armee auf durchschnittlich sechs Kilometer verschmälert worden, während auf der übrigen Front jede Division noch etwa neun Kilometer zu decken hatte, auch dort, wo auf dem gleichen Raum die gegenüberstehenden Engländer schon fast drei-
fach so stark waren. Südlich der Somme mußten sogar, obgleich auch dort gegnerische Angriffsvorbereitungen beobachtet wurden, auf Befehl der Obersten Heeresleitung die 11. und die 10. bayerische InfanterieDivision als Heeresreserven hinter der Front bereitgestellt und durch die bei Verdun abgekämpfte 121. Infanterie-Division und Teile des XVII. Armeekorps ersetzt werden. Als dann das Generalkommando des VI. Armeekorps am 10. Juni nach dem Osten abbesördert wurdet, unterstellte General von Velow die nördlich der Somme stehenden fünf Insanterie-Divisionen dem Führer des XIV. Reservekorps, Generalleutnant von Stein, die südlich der Somme bedroht erscheinenden drei Insan>) ©.312 ff. -) 6. 313 f.
Deutsche Abwehrvorbereitungen,
343
terie-Divisionen dem Kommandierenden General des XVII. Armeekorps, General der Infanterie von Pannewitz').
Die Ansichten über Ausdehnung und Schwerpunkt der bevorstehenden
feindlichen Offensive änderten sich wiederholt. Ziemlich lange hatten die eingehenden Meldungen im wesentlichen nur für die Wahrscheinlichkeit eines britischen Angriffs aus der Gegend von Albert gesprochen. Erst in der zweiten Iunihälfte wurde es, besonders durch die Ergebnisse der Luft-
aufklärung, immer offensichtlicher, daß dieser Vorstoß auch von mehreren neueingesetzten französischen Divisionen beiderseits der Somme begleitet sein würde. Durch wiederholte Vorstellungen erreichte das Armee-Oberkommando nunmehr, daß ihm die 11. Infanterie-Division nach und nach wieder zur Verfügung gestellt wurde. Sie wurde General von Pannewitz zugeteilt und übernahm um den 23. Juni bei Estrßes den Abschnitt rittlings der
Römerstraße St. Quentin—Amiens.
Auch zwei .Haubitzbataillone trafen
ein; die Erhöhung der Munitionsbestände der Artillerie wurde in die Wege geleitet.
Inzwischen hatte sich die Lage immer mehr verschärft, aber auch geklärt. Die Batterien des XIV. Reserve- und XVII. Armeekorps wurden täglich mit Fliegerbeobachtung unter Feuer genommen. Der Gegner war
gut auf sie eingeschossen. Auch weiter rückwärts liegende, bisher nicht behelligte Ortschaften lagen unter Störungsfeuer. Am 23. Juni meldete Generalleutnant von Stein, daß die Anzeichen für einen feindlichen Angriff sich ständig mehrten. „Ich erwarte, daß der Feind die ganze Front angreift.
Die Kräfte dazu besitzt er . . .
Feindliche Fliegergeschwader strei¬
fen jetzt bis zur Straße Arras—Vapaume—Psronne und über sie hinaus. Bis vor kurzem hielten sie sich in der Nähe der Front. Unsere an Zahl wie an Güte der Flugzeuge weit unterlegenen Flieger kommen dagegen nicht auf . . . Die Herrschaft in der Luft hat fraglos der Feind. Das vermehrt seine und vermindert unsere Artilleriewirkung . . ." Infolge¬
dessen beantragte General von Stein bedeutende Verstärkungen an Artillerie und Luftstreitkräften. Die Meldungen des Generals von Pannewitz
lauteten ähnlich. Die zahlenmäßige Anterlegenheit an Flugzeugen bestand seit langer Zeit. Trotzdem hatte die 2. Armee in den ersten Monaten des Jahres 1916 noch kein Übergewicht des Feindes im Kampfe um den Luftraum emp-
funden. Das Gefühl ausgesprochener Unterlegenheit bestand erst seit Mai 1916, nachdem die Gegner, insbesondere die Engländer, schlagartig vier neue Flugzeugtypen eingeführt hatten und zu einem neuen, angriffsweisen ') Endgültige Gliederung bei Angrisfsbeginn S. 348 s.
344
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
Flugzeugeinsatz in stets kampfkräftig auftretenden Staffeln übergegangen waren, während die deutschen Flieger im allgemeinen noch mit Flugzeugen älterer Bauart und einzeln flogen. Das Zusammenfliegen auch verschiedener Flugzeugarten in geschlossenem Verbände hatte die englische Fliegerführung schon im Januar 1916 ausdrücklich befohlen und hinter der Front in Form von Sperreflügen geübt. Im Mai war die Ausbildung hierin so weit fortgeschritten, daß mit den geschlossenen Einheiten angriffsweise in den deutschen Lustraum vorgestoßen werden konnte. Auf dringende Vor¬ stellungen hin hatte die 2. Armee daher im Mai einige Aufklärungsflugzeuge neuester Bauart und eine selbständige Kampfstaffel, im Juni ein Kampfgeschwader erhalten. Ende Juni waren im Armeebereiche fechs Feld-
flieger-, drei Artillerie-Flieger-Abteilungen sowie 36 Flugzeuge der Kampfstaffeln und 13 Jagdflugzeuge vorhanden. u.bis
Als am 24. Juni das planmäßige britisch-sranzöstsche Vorbereitungs-
seuer begann, konnte über den bevorstehenden Angriff kaum noch ein Zweifel bestehen. General von Stein meldete auch verstärkte unterirdische Minierarbeit bei Serre, La Voisielle und Frieourt. Ein bei Gommeeourt gefangener
Engländer sagte aus, daß die Infanterieangriffe in einigen Tagen beginnen würden.
General von Velow beantragte bei der Obersten Heeres-
leitung die Wiederunterstellung der 10. bayerischen Infanterie-Division sowie die Artillerie des VI. Refervekorps, das als Heeresreserve bei Eambrai lag. General von Falken Hayn stellte ihm noch an demselben Tage jene Division sowie vom VI. Reservekorps die Artillerie der 12. Re-
serve-Division, ferner drei schwere Flachfeuerbatterien aus Mainz zur Verfügung, forderte aber, daß die bayerische Division lediglich als Reserve
Verwendung finden dürfe. Das Armee-Oberkommando hatte bis zum 25. Juni erkannt, daß die bevorstehende britisch-sranzösische Offensive sich nur gegen die Abschnitte des XIV. Reserve- und XVII. Armeekorps richten würde.
Es schien
jedoch so, als ob die Franzosen südlich der Somme für ihre letzten Vorbereitungen noch einige Tage Zeit brauchten. Die als Reserve der Obersten Heeresleitung bei St. Quentin soeben eingetroffene, von den Kämpfen bei Verdun fehr erschöpfte 22. Reserve-Division erhielt angesichts des Ernstes der Lage den Befehl, alle Vorbereitungen für rasche Verladebereitschast zu treffen. Das Feuer steigerte sich gegen die Stellungen zwischen Gommöcourt und Lihons (südlich der Römerstraße) zu außergewöhnlicher Stärke. Die anschließenden deutschen Fronten bis in den Vereich der 6. und 7.Armee lagen unter lebhaftem Ablenkungs- und Gas-
feuer.
Vis weit ins Hinterland erzitterte der Erdboden.
Im Angriffs¬
Das feindliche Vorbereitungsfeuer.
345
abschnitt selbst zwangen Beschießung mit Gasgranaten und Gasblasangriffe auf schmaler Front die deutschen Verteidiger häufig unter die Maske. Das mörderische Feuer und schwere Entbehrungen griffen Kräfte und Nerven aufs äußerste an. Hindernisse und Kampfgräben beiderseits der Somme wurden vielfach zertrümmert, erhebliche Verluste und fühlbarer Ausfall an Geschützen traten ein. Nachschub und Nachrichtenverbindungen wurden empfindlich
gestört. Der täglich erwartete, schließlich fast ersehnte feindliche Angriff blieb aber zunächst noch aus. Schon am 26. Juni hatten beide bedrohten Korps mit der Möglichkeit des Beginns der feindlichen Infanterieangriffe gerechnet, deren SchwerPunkt nach den letzten Meldungen und Beobachtungen beiderseits der Somme gegenüber der 12. und 121. Infanterie-Division zu liegen schien. Die 12. Reserve-Division, deren Artillerie inzwischen bereits im Abschnitt des Generals von Stein eingesetzt war, wurde unter diesem Eindruck am
Abend nach der Gegend südöstlich von Bapaume vorgezogen und bei der
Ober st en Heeresleitung der Antrag gestellt, sie der Kampflage entsprechend verwenden zu dürfen. General von Falkenhayn gab diese Division aber noch nicht frei; sie durfte lediglich zum Ausbau der dritten Stellung zwischen Morval und Bouchavesnes eingesetzt werden. Dagegen genehmigte er die Auffüllung der Rekrutendepots durch ausgebildete Mann¬ schaften und ließ der Armee ein Bataillon schwerer Feldhaubitzen aus
Sedan zuführen. Zur Verstärkung des Sperrfeuers, auf dessen Mängel wegen unzureichender Abwehrmittel das Armee-Oberkommando wiederholt hingewiesen hatte, ließ er 17 leichte Feldhaubitzbatterien von der 3. Armee und 36 9 era-Kanonen vom Kriegsministerium überweisen, letztere an
Stelle bisher eingesetzter, mit Munition unzureichend ausgestatteter belgi-
scher Beutegeschütze. Auch am 27. Juni hielt das stellenweise bis zum Trommeln gesteigerte Feuer gegen die beiden bedrohten Korpsabschnitte an. Der Gegner blies mehrfach Gaswolken in einer Breite bis zu vier Kilometern ab, die die
deutschen Kampfgräben allerdings meist nicht erreichten.
Bei der Über¬
legenheit der feindlichen Artillerie an Zahl und Kalibern war die An-
Wendung von Gasgeschossen das einzige Mittel, ihre Wirkung vorübergehend zu dämpfen; diese Munition war aber nur in beschränkter Menge
verfügbar. Während die verbündeten Gegner Bahnhöfe, Stabsquartiere und Truppenunterkünfte bis weit hinter die deutsche Front mit zahlreichen schweren Batterien unter Feuer hielten, verfügte die 2. Armee im ganzen nur über zwölf hierfür geeignete, weittragende Geschütze'). Die anhaltende ') Je zwei 10 cm« und schwere 15 cm-Kanonen-Batterien.
346
Die Westfront im Juli und August. — Somme-Schlacht.
Beschießung von Peronne und Resle forderte zahlreiche Opfer unter der Bevölkerung und machte die Rückverlegung der Ausladungen sowie eines vorgeschobenen Gefechtslandeplatzes von Jagdflugzeugen erforderlich. Das Gardekorps meldete dagegen nur teilweise lebhaftere Beschießung, an mehreren Stellen aber, ebenso wie der linke Flügel des XVII. Armeekorps, den Einbau von Gasflaschen in den feindlichen Gräben. Vor dem linken Flügel des XIV. Reservekorps waren zeitweise bis zu 14 Fesselballone
sichtbar. Da sie stets durch ein bis zwei Flugzeuge gesichert waren, blieb der von deutschen Fliegern unternommene Versuch, sie mit Leuchtpistolen anzugreifen, ohne Erfolg. Dagegen waren schon mehrere deutsche Fesselballone feindlichen Fliegern zum Opfer gefallen. W-u»d
Am 28. Juni meldeten die Generale von Stein und von Pannewitz,
zs.Zuni. ^ Fortdauer fo starken Feuers mehrere Regimenter schon in den nächsten Tagen abgelöst werden müßten. General von V e l o w legte der Obersten Heeresleitung seine Auf¬
fassung dar: „Das Verfahren des Feindes gegenüber dem XIV. Reserveund XVII. Armeekorps stellt sich immer deutlicher als eine Zermürbungsund Abnützungstaktik dar. Man muß damit rechnen, daß die nun schon fünf Tage dauernde, zeitweise zum Trommelfeuer anschwellende, dann wieder mit ruhigem, beobachtetem Feuer schwerster Kaliber wechselnde Veschießung unserer Stellungen noch längere Zeit anhält. Auch die Gastaktik des Gegners, die, unterstützt durch die überwiegenden Westwinde, in ständig wiederholtem Abblasen kleinerer Wolken besteht, zielt auf allmähliche Ab¬ nützung hin. Infolge technischer Fehler sind die vom Gegner mit dieser
Gasanwendung bisher erzielten Erfolge allerdings gering. Sehr empfindlich macht sich aber auf die Dauer die starke Überlegenheit der feindlichen Artillerie an schweren und weittragenden Batterien fühlbar, denen die
Armee bisher nichts Gleichwertiges entgegensetzen kann. Für die Abwehr eines nach eintägiger heftigster Beschießung unserer Gräben einsetzenden Sturmes hätte unsere Artillerie wohl ausgereicht. Mit seinem jetzt begonnenen Verfahren ist der Feind aber in der Lage, unsere Stellungen durch tagelanges Feuer aus 28° und 30 em-Gefchützen einzuebnen und die
Unterstände zu durchschlagen, so daß unsere Infanterie von Tag zu Tag
schwerere Verluste erleidet, während der Gegner sein Menschenmaterial vorläufig schont. Die Hauptkräfte seiner um ein Vielfaches überlegenen Infanterie liegen zunächst wahrscheinlich außerhalb des Bereiches unserer Geschütze oder auch unter Deckungen, die unsere schweren FeldhaubitzGeschosse nicht durchschlagen können, während die wenigen 21 om-Mörser auf einer Front von 45 bis 50 Kilometer dazu auch nicht annähernd aus-
Die Zermürbung der deutschen Front.
reichen". General von Below erbat daher:
347
Verfügungsrecht über die
Infanterie der 10. bayerischen Infanterie-Division zur Ablösung erschöpfter Regimenter, Unterstellung der 12. Reserve-Division und Verstärkung an schwerer Artillerie, Bereitstellung von je einer weiteren Infanterie-Division nördlich und südlich der Somme, Zuweisung von Armierungstruppen zur
Wiederinstandsetzung zerschossener rückwärtiger Verteidigungsanlagen. Die Ober st e Heeresleitung, die inzwischen einen Offizier zu unmittelbarer Berichterstattung zur 2. Armee entsandt und ein mit auto-
matifchen Gewehren bewaffnetes „Musketen-Bataillon" zugewiesen hatte, stellte zunächst nur die 10. bayerische Infanterie-Division, acht schwere Batterien und vier Armierungs-Kompagnien zur Verfügung. Im übrigen antwortete General von Falkenhayn: „Schon jetzt steht je eine Division nörd-
lich und südlich der Somme (12. und 22. Reserve-Division).
Über diese
beiden Divisionen kann das Armee-Oberkommando im Falle der Gefahr
verfügen. Sollen sie zu Ablösungszwecken verwendet werden, so bitte ich nur um vorherigen Antrag. Welche Schwierigkeiten dem Herausziehen weiterer Reserven aus anderen Fronten entgegenstehen, habe ich mir bei
der Besprechung') heute darzulegen erlaubt". Nach Aussagen am Vortage eingebrachter Gefangener, deren Angaben durch abgehörte Ferngespräche bestätigt wurden, sollte endlich am 29. Juni der von der deutschen Truppe ersehnte allgemeine feindliche Angriff kurz nach Tagesanbruch beginnen. Die Divisionen der Generale von Stein und von Pannewitz schoben ihre schwachen Reserven näher an die Kampffront
heran, die Artillerie legte Abwehrfeuer auf die feindlichen Annäherungsund Sturmausgangsgräben. Cs erfolgten aber nur zahlreiche Vorstöße von
Crkundungsabteilungen, die überall leicht abgewiesen werden konnten. Der 30. Juni schien der Höhepunkt einer in solcher Stärke und Dauer z«. Juni,
bisher unbekannten Feuervorbereitung zu sein. Die feindlichen Flieger beherrschten weithin den Lustraum. Die deutsche Gegenwehr konnte gerade noch die eigene Nahaufklärung schützen. General von Below meldete am Nachmittag der Obersten Heeresleitung, daß nunmehr auch das ihm unterstellte Kampfgeschwader zu Abwehrflügen eingesetzt und damit seiner
eigentlichen Aufgabe entzogen sei. „Der Feind beabsichtigt, wie jetzt aus seinen allnächtlichen Erkundungen hervorgeht, erst anzugreifen, wenn er unsere Infanterie gänzlich mürbe geschossen zu haben glaubt. Je länger das
fehr starke feindliche Feuer auf unsere Infanterie wirkt, um so mehr werden schmalere Sperrfeuerabschnitte dringend notwendig. Sie betragen jetzt nördlich der Somme auf der angegriffenen Front noch 350 Meter, südlich ') In La Capelle am 28. Juni. Näheres nicht bekannt.
Die Westfront im Juli und August. —
348
Somme-Schlacht.
zv. Juni, derselben noch mehr als 400 Meter. Die Erfahrungen der Septemberkämpfe in der Champagne und nördlich von Arras ergaben allgemein bei
lange anhaltenden Kämpfen die Notwendigkeit, die Sperrfeuerbreiten auf 200 Meter pro Batterie anzusetzen. Die 2. Armee befindet sich jetzt am siebenten Kampftage in der gleichen Lage und hält einen ganz erheblich höheren Einsatz von Sperrfeuerbatterien für erforderlich, der angesichts der jetzigen Kampfesweise des Gegners von Tag zu Tag dringender wird". Äber die Ausdehnung der zu erwartenden Offensive war sich General von Velow nunmehr völlig im klaren. Cr bezeichnete Gommecourt als Nordflügel, die Gegend 200 Meter südlich der Römerstraße als voraus-
sichtlichen Südflügel. Inzwischen hatte sich infolge starker Ausfälle der Einsatz von zwei Dritteln der 10. bayerischen Infanterie-Division beim XIV. Reservekorps als nötig erwiesen. Für weitere Ablösungen^) waren von der 3. Armee
die 185. Infanterie-Division (ohne Artillerie) nach der Gegend von Vapaume und von der 7. Armee eine bataillonsweise zusammengesetzte
Division^) unter Generalmajor Freiherrn Raitz von Frentz nach Ham im Anrollen begriffen. Diese Verstärkungen waren aber nicht ausreichend, kamen auch zu spät, denn der feindliche Großangriff stand zweifelsfrei unmittelbar bevor. In diesem kritischen Zeitpunkte hatten die gefährdeten Divisionen beiderseits der Somme mit ihren durch siebentägiges heftiges Vorbereitungsfeuer zermürbten Kräften immer noch sieben bis neun Kilometer breite, durch Sperrfeuer zumeist ganz unzulänglich geschützte Abschnitte zu verteidigen. Den sieben deutschen Divisionen zwischen Gommscourt und der Römerstraße, die durch vier Divisionen in zweiter Linie not-
dürftig gestützt waren, schienen 17 britische und französische Divisionen in vorderer Linie gegenüberzustehen, dahinter nahm man weitere 15 Divi¬
sionen an''). i.Zu«früh.
Die deutsche 2. Armee gliederte sich am 1.Juli früh folgendermaßen:
Nördlich der Somme unter General von Stein (Generalkommando des XIV. Reservekorps):
2. Garde-Reserve-Division bis südlich von Gommöcourt, 52. Infanterie-Division bis südlich von Serre, 26. (württembergische) Reserve-Division beiderseits der Anere, 1) Näheres Anl. 3. 2) Stab der 15. I. D., mit drei Regimentsstäben und neun einzelnen Bataillonen
verschiedener Divisionen, dazu eine Feldartillerie-Äbteilung. 3) Tatsächliche Stärke der Gegner S. 341.
Gliederung der deutschen Verteidigungsfront.
349
28. Reserve-Division an und östlich der großen Straße Bapaume— Albert; in ihrem Abschnitt sprang die bis dahin von Nord nach
Süd verlausende Stellung hei Fricourt ostwärts scharf zurück, 12. Infanterie-Division von Montauban bis zur Somme,
% 10. bayerische Infanterie-Division auf die gefährdetsten Abschnitte verteilt. Südlich der
Somme
unter
General von
Pannewitz
(Generalkommando des XVII. Armeekorps): 121. Infanterie-Division zwischen Frise und Fay, 11. Infanterie-Division beiderseits der Römerstraße; anschließend folgten 35. und 36. Infanterie-Division und Gardekorps mit unterstellter 15. Landwehr-Division.
Reserven: 185. (ohne Artillerie) und
Ys10.bayerischeInfanterie-Divisionbei
Bapaume, Division Frentz bei Ham. Reserven der Obersten Heeresleitung im Armeebereich: 12. Reserve-Division (ohne ihre bereits eingesetzte Artillerie) bei Manancourt, % VI. Reservekorps (11. Reserve-Division) bei Cambrai, 22. Reserve-Division bei St. Quentin. An Artillerie verfügte die Armee am 1. Juli in dem bedrohten Ab-
schnitt über 598 leichte und 246 schwere Geschütze'), an Luftstreitkräften") über 104 Flugzeuge, davon 36 der Kampfstaffeln, 16 Jagdflugzeuge sowie
52 für Fern- und Nahaufklärung, außerdem sechs Fesselballone. Die feindliche Überlegenheit an Artillerie und Luftstreitkräften fchien etwa das Drei-
fache der deutschen Stärke zu betragen^). Vor allem machte sich das Fehlen von Iagdflieger-Verbänden, die auf deutscher Seite erst im Entstehen waren, entscheidend fühlbar. Diesen vornehmlich verdankten die Gegner die LuftÜberlegenheit.
Z. Der Verlauf der Schlacht, a) Anfangserfolge der Gegners bis 18. Juli. Der 1. bis 5. Juli. Karten 4, 5, Skizze 18, Anlagen 1, 3.
In voller Übereinstimmung mit den Beobachtungen, Erwartungen und Meldungen der 2. Armee brach am 1. Juli nach Trommelfeuer der Sturm 0 Gegenüberstellung der deutschen und gegnerischen Artillerie siehe Übersicht Anlage 1. —
Vgl. S. 340. — 3) Tatsächliche Stärken ebenda. — ») Für die Zeit
nach dem 1. Juli hat die englische Kriegsgesch.-Abteilung (General Sir I. C. Cdmonds) in entgegenkommender Weise einen Entwurf für die künstige amtliche Darstellung der
Kämpfe zur Verfügung gestellt.
350
i. Zu«, los.
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
Staub- und Rauchwolken sowie starker Morgennebel hatten die
Vereitstellung der feindlichen Streitkräfte verdeckt.
In dichten Wellen,
gefolgt von Kolonnen und bespannten Geschützen sowie unterstützt von zahlreichen, mit Maschinengewehren feuernden Tieffliegern, brandete ein übermächtiger Gegner etwa 8°° vormittags zunächst gegen den Abschnitt des Generals von Stein zwischen GommZcourt und der Somme an.
Wie
sich später herausstellte, wurde jeder deutsche Regimentsabschnitt von minbestens einer feindlichen Division angegriffen. Auf dem Nordflügel konnte sich die 2.Garde-Reserve-Division im Zusammenwirken mit dem rechten Flügel der 52. Infanterie-Division des beiderseits umfassenden Angriffs der britischen 46. und 56. Division auf Gommgeourt erwehren. Bis zum Abend hatten die deutschen Regimenter
nach stellenweise heftigen Nahkämpfen ihre Gräben fest und endgültig in der Hand. Mehr als 250 Gefangene wurden eingebracht. Gleichzeitig waren gegen die 52. Infanterie-Division westlich von Serre Teile der britischen 48. und 31. Division vorgestürmt. Auch hier wurden — auf
dem Südflügel nach Nahkämpfen — alle Vorstöße glatt abgewiesen. Beider-
seits der Ancre behauptete die 26. (württembergische) Reserve-Division
ihren Abschnitt unerschütterlich gegenüber mehrfachen heftigen Angriffen. Stellenweise eingedrungener Feind konnte unter Mitwirkung eines bayerifchen Regiments fast überall wieder geworfen werden; dabei wurden 150 Gefangene von fünf verschiedenen britischen Divisionen (4., 29., 36., 32. und 8.) gemacht. Die den Bruchpunkt der deutschen Stellung bei Fricourt haltende 28. Reserve-Division wurde nach starken Minensprengungen umfassend von fast vier britischen Divisionen (34., 21., 7. und 18.) angegriffen. Das deutsche Sperrfeuer war infolge des Ausfalles zahlreicher Geschütze gerade hier besonders lückenhaft. Trotzdem konnten die Vadener ihre Stellung an der großen Straße bei La Voisfelle im
wesentlichen halten. Vei und östlich von Fricourt brach dagegen englische Übermacht tief in ihre südwärts gerichtete Front ein, rieb fast die gesamte Stellungsbesatzung auf und erreichte die Zwischenstellung auf dem Höhenrücken Mametz—Montauban. Anschließend wurde auch die durch ein bayerisches Regiment verstärkte 12. Infanterie-Division von der englischen 30., der französischen 39. und 11. Division größtenteils überrannt. Die Bereitschaften vermochten zwar einen Durchbruch zu vereiteln, waren dann aber auch völlig erschöpft. Südlich der Somme erfolgte der Ansturm der Franzosen gegen den Abschnitt des Generals von Pannewitz erst zwei Stunden später. Die von der 2. und 3. Kolonial- und Teilen der 61. Infanterie-Division
angegriffene, durch ein Regiment der linken Nachbardivision verstärkte
Der erste Angriffstag.
251
121. Infanterie-Division erlitt trotz tapferer Gegenwehr besonders schwere Einbuße an Gelände, Streitmitteln und Menschen.
Die Gefahr eines
Durchbruches lag nahe. Aber die Reserven des Divisionskommandeurs und ein auf Lastkraftwagen herangefahrenes Regiment der Division Frentz geboten dem Vordringen des Gegners in der zweiten Stellung in Höhe von
Herbscourt—Affevillers Halt. Der rechte Flügel der anschließenden 11. Infanterie-Division wurde beiderseits der Römerstraße nach erbitterten Kämp¬ fen ebenfalls eingedrückt. Aber auch hier konnten ein in zweiter Linie bereitgestelltes Regiment und Teile der Division Frentz den Einbruch Westlich von Velloy und (Estrees im Gegenstoß abriegeln. Der nur durch starkes Feuer gefesselte linke Flügel der Division hatte seine Stellung um Vermandovillers fest in der Hand. Während dieser blutigen Kämpse wurden die weiter südwärts anschließenden Divisionen des XVIl. Armeekorps und das Gardekorps nur unter
lebhaftem Feuer, stellenweise auch unter Gas gehalten, aber nicht angegriffen. General von Velow, der bereits vormittags der O b e r st e n
Heeresleitung den Beginn der Infanterieangriffe meldete, hatte daraufhin die 12. Referve-Division zur Verfügung gestellt erhalten. Etwa um 10° vormittags hatte er dann General von Stein die 185. InfanterieDivision, bis 12° mittags General von Pannewitz nach und nach die ge-
samte Division Frentz unterstellt. Weiterhin bat er im Hinblick auf die starken Geschützausfälle die Oberste Heeresleitung um die Feldartillerie der II. und 22. Reserve-Division. General von Falkenhayn erklärte sich darüber hinausgehend mit dem Vorziehen der 11. Reserve-Division nach der Gegend von Bapaume einverstanden und unterstellte der Armee auch die 22. Reserve-Division. Um die Mittagszeit wußte General von Velow, daß der Gegner beiderseits der Somme die erste Stellung „von nördlich Carnoy bis zur Römerstraße stellenweise überrannt" habe; Gegenstöße waren überall eingeleitet, Näheres über ihren Ausgang aber noch nicht bekannt. Cr befahl der 12. Reserve-Division, sich bei Rancourt und Vouchavesnes bereitzustellen. Die 22. Reserve-Division ließ er beschleunigt nach der Gegend von PÄonne befördern. Nachdem er dann bereits am frühen Nachmittag die 12. Reserve-Division General von Stein auf dringenden Antrag hatte unterstellen müssen, meldete er der Obersten Heeresleitung, daß er die sosortige Vorführung eines Armeekorps mit starker Artillerie für unbedingt erforderlich halte. General von Falkenhayn teilte daraufhin gegen 3° nachmittags mit, daß die 3. Garde-Infanterie-Division und 44. Reserve-
Division') unverzüglich herangeführt würden. l) Näheres über Truppenverschiebungen und -einsah siehe Anlage 3.
352
i. zu«.
Die Westfront im Juli und August. — Somme-Schlacht.
Bald darauf meldete General von Stein, daß das noch nicht eingesetzte, letzte Regiment der 1l). bayerischen Infanterie-Division von Flers über Longueval und die soeben unterstellte 12.Reserve-Division über die Linie
Longueval—Hardecourt zum umfassenden Gegenstoß schritten. General von Pannewitz teilte etwas später mit, daß die Infanterie der 22.ReserveDivision südlich von PZronne bei Le Mesnil Vruntel versammelt wäre und bereits drei Bataillone der Division Frentz in der zweiten Stellung eingesetzt seien. General von Velow unterstellte daraufhin General von Pannewitz auch noch die 22. Reserve-Division. Beim Korps Stein kam der Gegenstoß auf Montauban am Spätnachmittage in Fluß. Wegen
ungenügender Unterstützung durch die eigene, sehr mitgenommene Artillerie blieb er unter schweren Verlusten im überlegenen feindlichen Feuer auf den Höhen südwestlich von Longueval und am Westrande des Waldes von Bernasay liegen. Immerhin war weiterem Vordringen der Engländer von Süden auf Vapaume der Weg verlegt. Insgesamt waren am I.Iuli die sieben im Abschnitt Gomnwcourt—
Soyecourt stehenden deutschen Divisionen von 14 britischen und fünf fran¬ zösischen in vorderster Linie angegriffen worden. Trotz dieser gewaltigen Überlegenheit war der vereinigten britisch-sranzösischen Streitmacht nur ein Einbruch beiderseits der Somme in rund Kilometer Breite und bis zu
2^ Kilometer Tiefe gelungen. Im Luftkampfe waren zehn feindliche Flugzeuge zur Landung gezwungen worden. Am Abend des I.Iuli schien der
Sturmflut im Nordabschnitt des XIV. Reservekorps einstweilen Halt ge¬ boten zu sein. Hier waren mehr als 300 Gefangene eingebracht. Südlich der Straße nach Albert und vollends auf dem Schlachtfelde südlich der Somme sah es wesentlich ernster aus. Die in diesen Abschnitten eingesetzten Divisionen hatten nicht nur das ganze vordere Stellungssystem, sondern auch viele Gefangene verloren. General von Stein meldete den Verlust von 109 Geschützen; südlich der Somme war fast die gesamte Artillerie der 121. Insanterie-Division außer Gefecht gesetzt. Während bei Montauban
gegen die Fortsetzung des hier keilartig in die deutsche Front getriebenen Angriffs durch Einsatz der Reserven eine gewisse Sicherheit geschaffen war, war die Lage westlich von Peronne sehr unsicher. Am 1. Juli abends betonte General von Velow in einem Bericht an die O b e r st e Heeresleitung, die Kämpfe des Tages hätten
bewiesen, daß die deutschen Sperrfeuerabschnitte viel zu breit gewesen seien. Auch wären die Geschützverluste so groß, daß — abgesehen von dem lausenden Gerätenachschub — eine bewegliche Materialreserve in Gestalt be¬
spannter Batterien erforderlich sei. Er beantragte für das XIV. Reservekorps noch weitere sechs schwere Kanonen- sowie drei leichte und 15 schwere
Deutsche Gegenstöße am ersten Angriffstag.
353
Feldhaubitz-Batterien. Der Bericht schloß: „Südlich der Somme muß zunächst das feindliche Vorgehen endgültig zum Stehen gebracht werden. An Gegenangriffe ist einer so überlegenen Artillerie gegenüber zunächst nicht zu denken. Sie bedeuten nutzloses Opfern der Infanterie". Um die Stellung südlich der Somme im alten Umfang wiederzugewinnen, seien für das Korps Pannewitz außer der mit der 22., 11. und 44. Reserve-Division ein¬ treffenden Feld- und schweren Artillerie zwölf leichte und 15 schwere FeldHaubitz-, sechs Mörser-, drei 10 ein- und möglichst drei weittragende Vatterien schwersten Kalibers nötig. Ferner würde zur Bekämpfung der immer noch weit überlegenen feindlichen Flieger wahrscheinlich ein weiteres Geschwader von sechs Kampfstaffeln erforderlich werden. „Nur so läßt es sich vermeiden, daß — wie heute — feindliche Flieger das Feuer derart leiten,
daß eine unserer Batterien nach der anderen von feindlicher schwerer Ar-
tillerie außer Gefecht gefetzt wird". Die Oberste Heeresleitung kündigte daraufhin zunächst das Eintreffen von 16 schweren Batterien') und drei Staffeln eines Kampfgeschwaders an. In der Nacht zum 2. Juli dauerten die hin- und herwogenden Nah- 2.3»«.
kämpfe an. Die stark erschöpften, stellenweise fast ausgeriebenen deutschen Divisionen gaben ihr Letztes her, wurden aber vielerorts noch weites zurückgedrückt. Am frühen Morgen verlief die deutsche Verteidigungslinie von La Boisselle über den Südrand des Waldes von Mametz in die zweite Stellung bei Bazentin le Grand und Longueval, weiterhin am Westrand des Trünes-Waldes entlang, westwärts von Hardeeourt zur Zwischenstellung östlich von Curlu. Südlich der Somme hielt die 121. Infanterie-
Division, verstärkt durch Teile der Division Frentz, den Ort Feuillöres und dann die zweite Stellung. Die 11. Insanterie-Division hatte durch eine Riegelstellung die Verbindung mit dem linken Flügel der 121. InfanterieDivision südwestlich von Affevillers hergestellt. Starke Verluste beider Divisionen machten die Zuteilung je eines Insanterie-Regiments der
22.Reserve-Division erforderlich. General von B e l 0 w hatte General von Stein bereits frühmorgens
auf die Gefährdung seiner linken Flanke durch den Einbruch südlich der Somme hingewiesen und ihm die inzwischen nach Rancourt vorgeführte ll.Referve-Division unterstellt. Bei Cambrai und bei Ham hatten die 3. Garde-Infanterie- und 44. Referve-Divifion mit der Ausladung begönnen; letztere wurde unverzüglich General von Pannewitz zugeführt. Die 121. Infanterie-Division meldete am frühen Nachmittage, daß ihre in der zweiten Stellung liegenden, zur Zeit angegriffenen Truppen so mit*) 10 schw, Feldhaub.-, 3 Mrs.» und 3 10 cm°Kan. Battrn. Weltkrieg, x. Band,
354
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
2. Juli, genommen wären, „daß sie wohl heute vielleicht noch die Stellung halten
könnten"; eine Ablösung in der Nacht durch frische Truppen sei aber unerläßlich, da sie neuen Angriffen nicht mehr gewachsen wären. General von Pannewitz gab diese Meldung als zutreffende Schilderung der Tatfachen an das Armee-Oberkommando weiter mit dem Hinzufügen: Cr sei zwar noch in der Lage, die Division durch frische Bataillone der Division Frentz und der 22.Reserve-Division abzulösen; damit würden aber seine
letzten Reserven und voraussichtlich auch noch die im Anmarsch begriffene 44. Reserve-Division verausgabt werden und für den geplanten Gegenangriff gegen die Linie Assevillers—Eftrßes ausfallen. Dieser Gegenangriff könne wegen der weit zurückliegenden Ausladeplätze der zur Verfügung gestellten schweren Batterien erst für den 4. Juli in Aussicht genommen werden. Er
beantragte hierfür die Zuführung einer weiteren frischen Division. Gleich¬ zeitig wies er aber darauf hin, daß die Vorbedingungen für den Gegenangriff ungünstig seien, weil die vorhandenen schweren Feldhaubitz-Batterien alter oder älterer Art wären, also weit vorn eingebaut werden müßten. „Ob dieses
bei der starken artilleristischen und Fliegerüberlegenheit des Feindes ohne
erhebliche Verluste gelingen wird, ist zweifelhaft. Der Erfolg des Angriffes wird daher von dem guten Gelingen des Artillerieaufmarsches abhängen. Bei diesen unsicheren Aussichten fragt es sich, ob es nicht besser erscheint, sich im Bereich der 121. Infanterie-Division in der Nacht vom Feinde loszulösen und die Brückenköpfe von Biaches und Barleux, sodann die Linie Barleux—Belloy—Cstrees zu halten und dann nach vollzogenem Artillerieausmarsch mit allen verfügbaren Kräften zum Gegenangriff vorzugehen . . .
Da das Armee-Oberkommando den Befehl erteilt hat, die zweite Stellung zu halten, und da das Eintreffen der Verstärkungen und ihre Stärke sich hier nicht übersehen läßt, bitte ich um Entscheidung hinsichtlich der oben geschil¬ derten Möglichkeiten für das Verhalten der mir unterstellten Truppen".
Daraufhin erging 5° nachmittags folgender Armeebefehl: „Auf Grund der Meldung des Generalkommandos XVII, daß die zweite Stellung der 121. Infanterie-Division auf die Dauer nicht zu halten ist, wird befohlen: Die in der zweiten Stellung befindlichen Truppen haben sich dort so lange als möglich, mindestens aber bis zur Dunkelheit zu halten. Neue Kräfte sind nicht in diese Stellung vorzuführen, vielmehr sind die vorhandenen Reserven dazu zu benutzen, die zu verstärkenden Brückenkopfstellungen westlich von Peronne und westlich von Barleux sofort zu besetzen und zu halten und von
der 11. Infanterie-Division herüber eine Riegelstellung nach Barleux zu ziehen. Die Absicht des Armee-Oberkommandos ist, diese neue Linie unter
allen Umständen zu halten, die zur Umgruppierung der feindlichen Artillerie erforderliche Zeit zur Heranführung von Reserven an Infanterie und
Zurücknahme der Front südlich der Somme.
355
Artillerie zu benutzen, um dann später zum Gegenstoß etwa aus Linie
Varleux—Estrses vorzugehen ..." Dieses Absetzen vom Gegner brachte dem Nordflügel des Korps
Pannewitz die angestrebte und gewiß dringend erwünschte Erleichterung, dem westwärts vorspringenden Südflügel des Korps Stein dagegen eine wesentliche Erschwerung seiner Lage. Dieses Korps sah sich nunmehr von Süden umfaßt und mußte seinen Flügel längs der Somme bis einschließlich Clery verlängern.
Dort erst schloß das XVII. Armeekorps an.
Der Vesehl zur Räumung des Geländes westlich von Psronne fand nicht die Billigung des am späten Nachmittag im Armee-Hauptquartier St.Quentin eintreffenden Generals von Falkenhayn'). Cr betonte vielmehr bei dieser Gelegenheit seine Auffassung, daß „es erster
Grundsatz im Stellungskrieg sein müsse, nicht einen Fuß Voden aufzugeben, und, wenn ein Fuß ver¬ lorenging, auch den letzten Mann zum sofortigen
Gegenstoß anzusetzen". Die „nächstwichtige Grundregel für den Stellungskrieg sei, daß die Eckpfeiler einer doch entstandenen Ausbuchtung mit besonderer Sorgfalt zum Aushalten ausgestattet werden. Das ist nötig, um das Vorgehen des Gegners ... zu verlangsamen und . . . Kxäfte zum
umfasienden Gegenstoße sammeln zu können"2). Der Chef des Generalstabes der 2. Armee, Generalmajor Grünert, wurde für die freiwillige Auf« gäbe verantwortlich gemacht und durch Oberst von Löhberg, den bisherigen Generalstabschef der 3. Armee, ersetzt, der sich bereits bei der Abwehr in der Champagne im Herbst 1915 bewährt hatte. Während am 2.Juli die Kämpfe südlich der Somme noch unentschieden um die zweite Stellung westlich von Peronne tobten, kam es nördlich des Flusses nur zu Teilvorstößen des Gegners. Dabei konnten lediglich bei LaVoisselle und westlich von Hardecourt britische Truppen kleine Erfolge erringen. Auf dem äußersten linken Flügel des XIV. Reservekorps trafen die sehnlichst erwarteten ersten Teile der 11. Reserve-Division auf Kraftwagen ein; damit erschien die Lage dort einigermaßen gesichert. Dem *) Vgl. auch von Falkenhayn, a. a. €>., S. 224. Die Bemerkung von einem „Schwanken in der Ausfassung über die Art der Führung von Abwehrkämpfen" bezieht sich auf das Absetzen der 121. I. D.
Generalmajor Faupel, damals Erster Genst. Offz. beim A. O. K. 2,teilte hierüber atn 30. Aug. 1929 mit: „Am späten Nachmittag des 2. General von Falkenhayn mit
General Tappen zur Besprechung beim A. O. K. Entschluß, die zweite Stellung westlich Peronne zu räumen, wird vom Chef des Generalstabes des Feldheeres nicht gebilligt, aber auch nicht aufgehoben, obwohl Zeit dazu vorhanden. Endgültiger Befehl zur Räumung erst am Abend". 2) S. 412.
356
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
2. Jim. Kommandierenden General des VI. Reservekorps, General der Infanterie
von Goßler, wurden die zwischen Montanban und der Somme durcheinandergewürfelten Teile der 12. Infanterie-, und seiner 11. und 12. Reserve-Division unterstellt. Den Oberbefehl behielt aber auch über diese Truppen zunächst noch Generalleutnant von Stein unter der Bezeichnung „Gruppe Stein". Er meldete die Ablösungsbedürftigkeit der 26. und 28. Reserve- sowie der 12. Infanterie-Division. Zur Durchführung, die
teilweise schon im Gange sei, wäre noch mindestens eine Division nötig. „Setzt der Gegner seine Angriffe fort und dehnt er sie schärfer als bisher auf die 52. Infanterie- und besonders die 2. Garde-Reserve-Division aus, so werden zwei weitere Divisionen zur Ablösung erforderlich. Der Gegner hat auf dem linken Flügel bei Fricourt—Montauban und Maricourt Gelände gewonnen. Das Korps beabsichtigt, ihn an dieser Stelle wieder in
seine alte Stellung zurückzuwerfen. Zu diesem Gegenstoß muß ein Korps zu zwei Divisionen bereitgestellt werden". Vorerst konnte das Armee-Oberkommando aber nur die 3. Garde-Infanterie-Division und 15 schwere Bat-
terien') überweisen. Damit war der Gegenangriff nicht durchzuführen; auch die Gruppe Stein blieb auf reine Abwehr angewiesen. Die Hammerschläge der Gegner wurden aber zunächst schwächer. Bei ihnen wirkten sich die Ergebnisse der ersten Schlachttage verschieden aus. Die Engländer waren enttäuscht, bei den Franzosen herrschte Ve-
geisterung und Siegeszuversicht. Gleichzeitig machte sich fühlbar, daß die beiderseitigen Wünsche in operativer Hinsicht auseinander gingen. General H a i g verurteilte die Vorsicht, durch die sich, wie er meinte,
General Rawlinson größere Erfolge bei Montauban, wo der Einbruch geglückt war, hatte entgehen lassen. Dorthin ließ er den Schwerpunkt der Angriffe verlegen. In diesem Sinne waren bereits am 1. Juli abends die
beiden nördlichsten Korps der 4. Armee General Gough unterstellt worden,
der für diese „Reserve-Armee" zunächst den Auftrag erhielt, den Gegner zu beschäftigen, damit die Stoßkraft der übrigen Korps aus der Linie La
Boifselle—Montauban um so stärker zur Wirkung käme.
Es galt, die
deutsche zweite Stellung auf den beherrschenden Höhen von Poziöres und Longueval zu nehmen. Der Weg dorthin führte über weithin eingesehenes offenes Gelände. Daher wollte man sich zunächst aus Sturmentfernung heranarbeiten. Das kostete Zeit. Operativ gesehen nahm der Angriff der Engländer die Richtung nach Norden, ihre Angriffsfront wurde schmaler. Das widersprach den Wünschen der Franzosen^). Vergeblich bemühte sich General I o f f r e, es zu ') 8 Schw. Feld-Haub.-, 5 Mrs.-, je 1 10 cm. und 13 cm°Kan. Bttr., die in der Zeit zwischen dem 4. und 6. Juli von der 5. Armee eintrafen. — 2) S. 338 f.
Englisch-französische Teilangriffe.
357
verhindern, indem er nachdrücklich z u e r st die Wegnahme Von Pozieres und
Thiepval forderte, also Wiederholung des Angriffs an der Stelle, wo er am 1. Juli an der Stärke der deutschen Abwehr gescheitert war. Da die
Engländer darauf nicht eingingen, plante General Foch nunmehr unabhängig von ihnen die Erweiterung des französischen Angriffs südlich der Somme, da er zur Fortsetzung des Angriffs nördlich des Flusses kein großes Vertrauen hatte. Nach Eroberung von Viaches und Varleux beabsichtigte er, durch Zusammenwirken der 10. Armee, die nach Osten vorgehen sollte, und der 6. Armee, die dann aus der Linie Villers Carbonnel—Cstrees nach Süden anzugreifen hatte, einen weiteren Teil der deutschen Front zum Einsturz zu bringen. Das bedeutete völliges Auseinanderfallen des gemein-
samen Angriffs. Die Absichten der Gegner wurden auf deutscher Seite natur- z.Zun.
gemäß erst allmählich fühlbar. Es folgten zunächst etwas ruhigere Tage. Der 3. Juli brachte nur Teilangriffe. Dabei brachen nördlich der Somme gegen die Front Thiepval—La Voisselle—Wald von Mametz stärkere bri° tische Kräfte vor, die unter hohen Verlusten teilweise im Handgemenge abgewiesen werden konnten. Teile, die zunächst über La Voisselle hinausgelangt waren, wurden zurückgedrängt; die deutschen Truppen hielten den Ostrand des zum zweiten Male hart umstrittenen Dorfes. Südlich der Somme, wo der Abschnitt der 121. Infanterie-Division von der 22.ReserveDivision und der Division Frentz übernommen worden war, fühlte der Feind gegen die Vrückenkopsstellung Viaches—Varleux nur zögernd vor. Im Abschnitt Varleux—Velloy griff er die Division Frentz an und wurde abgewiesen. Der deutscherseits vorübergehend geräumte Ort Estrees wurde von der 11. Infanterie-Division teilweise wieder besetzt. Von hier verlief die Verteidigungslinie in die alte Stellung bei Soyscourt. Auch am 4. Juli schritten die Engländer und Franzosen nur zu Teil- 4. Juli.
Vorstößen bei Thiepval und südwestlich von Peronne. Vis zu diesem Tage meldeten sie insgesamt 15 000 deutsche Gefangene, davon die Franzosen 9000. General von Velow beurteilte die Lage dahin, daß die Durchbruchsabsicht der Feinde gescheitert sei, und daß es nunmehr darauf ankomme, die Eckpfeiler der eingebeulten Front, Ovillers und Soyecourt, zu stützen. Andererseits mußte er der Obersten Heeresleitung melden, daß auch der Ausfall an Geschützen schon so hoch sei, daß die Batterien bis zu 800 Meter breite Sperrfeuerabschnitte hätten. Baldiges Eintreffen
weiterer Feldbatterien wurde daraufhin in Aussicht gestellt. Am 5. Juli verloren die beiderseits der großen Straße Bapaume— s.z««. Albert mit ihrem britischen Gegner verbissenen Truppen der 185. und 3. Garde-Infanterie-Division, die hier Teile der 26. und 28. Reserve-
358
Die Westfront im Juli und August. — Somme-Schlacht.
5. Iu«. Division abgelöst hatten, Geländestttcke bei Thiepval und Contalmaison. Die hier balkonartig vorspringende deutsche Stellung lag dauernd unter zer¬
trümmerndem, konzentrischem Feuer und forderte zu umfassendem Angriffe geradezu heraus. In der linken Flanke des VI. Reservekorps besetzte der Gegner das südliche Somme-Ufer gegenüber von Elery und drängte eine noch dort stehende schwache Abteilung der 22. Reserve-Division auf Halle zurück. Vorstöße gegen die Vrückenkopfstellung Viaches—Varleux brachen unter beträchtlichen Verlusten zusammen. Auch zwischen Varleux und Soyseourt entwickelten sich heftige Nahkämpfe, bei denen französische TrupPen über Velloy hinaus und bis zum Park von Deniöcourt vordrangen. Durch Einsatz von drei Regimentern der 44. Reserve-Division, die im Anmarsch zur Ablösung waren, gelang es, einen Teil des verlorenen Geländes wieder zurückzuerobern; Velloy aber blieb in Feindeshand. Den Abschnitt südlich von Velloy bis Eströes übernahm die 44. Reserve-Division.
Gegen Mittag des 5.Juli mußte die Oberste Heeresleitung das inzwischen herangeführte IX. Armeekorps und die 183. InfanterieDivision zu Ablösungszwecken zur Verfügung stellen. Darüber hinaus konnte sie zunächst nur das baldige Eintreffen der 123. (sächsischen) Infan-
terie-Division ankündigen, trug aber jetzt sämtlichen Armeen der Westfront
auf, kampfkräftige Reserven herauszulösen. Am 5. Juli mittags trat südlich der Somme eine neue
Gliederung ein. General der Infanterie von Quast, Kommandierender General des IX. Armeekorps, übernahm den Befehl über die im Kampf-
abschnitt Peronne—Vermandovillers noch eingesetzten Teile der 121. Infanterie-, 22. Reserve-Division, Division Frentz, 44. Reserve- und 11. Infanterie-Division. Sie bildeten die „Gruppe Qua st". Südlich davon behielt General von Pannewitz den Befehl über die 35. und 36. Infanterie-
Division seines XVII. Armeekorps. An Verstärkungen waren seit dem I.Iuli zwei Generalkommandos, elf Infanterie-Divisionen eingetroffen, dazu 27 schwere (22 Steil- und fünf Flachfeuer-) und 15 leichte Batterien nebst einer entsprechenden Zahl von Stäben sowie 30 Flugzeuge. Trotz dieses namhaften Kräftezuwachses blieb auf deutscher Seite das lähmende Gefühl der Unterlegenheit, vor allem an Artillerie und Fliegern, weiterhin bestehen. Im übrigen brachte
der Einsatz der zahlreichen Verbände und Stäbe erhebliche Schwierigkeiten mit sich.
Fernsprechnetz und rückwärtige Verbindungen waren — ganz
abgesehen von häufigen Zerschießungen — zunächst nicht ausreichend. Daraus ergaben sich Reibungen im Meldewesen, in Vefehlsgebung und Nachschub. Auch das Zusammenwirken von Artillerie und Fliegern sowie
schneller Einsatz der spärlichen deutschen Kampfmittel zur Abwehr feindlicher Luftangriffe litten unter diesen Verhältnissen.
Deutsche Verstärkungen. — Pläne der Gegner.
ZSS
Die Verwendung der Flieger (jetzt insgesamt acht Feld-, vier Artillerieflieger-Abteilungen, acht Kampfgeschwader-Staffeln und zwei Gruppen von zusammen 16 Jagdflugzeugen) war durch einen Armeebefehl vom 4. Juli
einheitlich geregelt worden.
Danach fiel den Armee-Fliegerabteilungen
Fernerkundung zu, die einzeln oder in Gruppen und falls erforderlich gewalt-
sam im Zusammenwirken mit Kampfstaffeln durchzuführen sei, den Truppen-
Fliegerabteilungen Nahaufklärung, Vilderkundung für besondere Kampfzwecke und Zusammenarbeit mit der Artillerie, den Jagdflugzeugen Angriffe auf gegnerische Flieger, den Kampsgeschwadern und -staffeln gewaltsame Aufklärung und Bombenangriffe ins feindliche Hintergelände. Wenn die bei Beginn fast jeder großen Abwehrschlacht eintretenden
Anfangserfolge eines mehrfach überlegenen Gegners verhältnismäßig gering geblieben waren, so war das der bewunderungswürdigen Widerstandskraft der deutschen Truppen zu verdanken, die trotz schwerster Anfangsverluste in zäher Abwehr und ausopfernden Gegenstößen dem Feinde jeden Fußbreit
Boden streitig gemacht hatten. General vonVelow erwartete bestimmt eine Fortsetzung der feindlichen Durchbruchsversuche und meldete der Obersten Heeresleitung, daß die
Armee sich zunächst auf Halten und Ausbau der augenblicklichen Stellung beschränken wolle. Größere Gegenangriffe seien erst nach weiterer Klärung der Lage beabsichtigt. D e r 6. b i s 18. I u l i. Karten 4, 5, Skizzen 18 bis 20,Anlage 3.
Die Gegner waren nach den ersten großen, aber doch auch für sie überaus verlustreichen Überraschungserfolgen nicht sobald in der Lage, den Angriff mit ganzer Kraft wieder aufzunehmen. Nur Schritt für Schritt vermochten sie sich vorwärts zu kämpfen. Die britische Reserve-Armee, deren Abschnitt bis über die Straße Albert—Bapaume nach Süden ausgedehnt worden war, hatte jetzt La Boisselle und Ovillers als Angriffsziel für ihren rechten Flügel. Bei der 4. Armee verging ein Tag um den anderen mit Vorbereitungen, um Trünes-Wald—Wald von Mametz—Contalmaison als
Ausgangspunkte für den Sturm auf die deutsche zweite Stellung in die Hand zu bekommen. Der Angriff selbst wurde infolgedessen erst für den 14. Juli in Aussicht genommen. Südlich der Somme lag die Hauptlast des Kampfes auf dem französischen I. Kolonialkorps, das in dem deutscherseits geräumten Gebiet rasch vorwärts gekommen war, jetzt aber unter umfassender deutscher Artilleriewirkung vor allem aus nördlicher, aber auch aus südlicher Richtung stark litt. Sein Kommandierender General drängte
auf Fortnahme der
Stellung
Denioeourt—Soyecourt—„Sternwald"
(Waldstück 1 Kilometer nordwestlich von Vermandovillers).
Dazu wollte
360
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
er zunächst die Höhen um das Dorf Barleux nehmen, dann auf Villers Carbonnel herumschwenken und eine neue, nach Süden gerichtete Angriffsfront') bilden. Der von General Fayolle auf den 8. Juli angesetzte Angriff mußte aber des Wetters wegen auf den 9. Juli verschoben werden.
e.bis
Diese gegnerischen Pläne machten sich auf deutscher Seite bald
8.3««. spürbar 6. Juli wurden britische Teilvorstöße von den beiderseits der großen Straße Bapaume-Albert eingesetzten Truppen der 3. Garde- und 185. Infanterie-Division abgewiesen. Im Trünes-Wald und bei Hardeeourt hatte die 12. Reserve-Division um die Behauptung ihrer Stellungen schwer zu ringen, ebenso der linke Flügel der 11. Reserve-Division bei Hem.
Bei der 44. Reserve-Division der Gruppe Quast spielten sich heftige Kämpfe um den Besitz des vom Feinde umfaßten Dorfes Eströes ab, in die auch
der rechte Flügel der 11. Infanterie-Division eingriff. Der Westteil des Dorfes blieb in der Hand der Franzosen. Auf den Gräben der II.Infanterie-Division zwischen Cstrees und Soyöcourt lag nur starkes Feuer. Angesichts der dauernd schweren Verluste, die diese Kämpfe mit sich brachten, wurden die 183. Infanterie-Division der Gruppe Stein zur Ablösung der erschöpften Truppenteile um Contalmaison, die 17. und 18. In-
fanterie-Division (IX. Armeekorps) der Gruppe Quast überwiesen. Für die zum Abrollen bereitgestellte 121. Infanterie-Division traf aus dem Bereiche der 7. Armee eine zusammengesetzte Division^) unter General der Infanterie von Liebert bei Guiscard ein. Roch am 6. Juli übernahm die
3. Garde-Insanterie-Division den bisherigen Abschnitt der 28. ReserveDivision. Die Unterstellung des VI. Reservekorps unter General von Stein
wurde aufgehoben, der angegriffene Frontabschnitt damit zunächst in die „Gruppen" Stein, Goßler und Quast geteilt. Am 7.Juli übernahm Generalmajor Burkhardt, Kommandeur der 10. bayerischen Infanterie-Division, den südlich der Ancre liegenden Teil des Abschnittes der 26. Reserve-Division als „Division Burkhardt". Die Württemberger
konnten ihre dadurch wesentlich verschmälerte Kampffront nördlich der Ancre noch monatelang aus eigener Kraft halten. Sie lag meist unter schwerem Feuer, blieb aber zunächst von weiteren Infanterieangriffen verschont. Dagegen griff der britische Gegner am 7. Juli wieder nach starker Artillerievorbereitung bei Ovillers und Contalmaison an. In
hin und her wogendem Kampfe drückte er die sich tapfer wehrende schwache deutsche Linie auf Poziöres zurück. Diese erbittert anhaltenden Nahkämpfe ') S. 357. 2) Stab der 15. R. D. mit drei Inf. Regtr. des VIII. A. K. und VIII. R. K.
sowie einem Fußa. Btl.
Neue schwere Angriffe nördlich der Somme.
361
wurden südlich der Somme von französischen Vorstößen zwischen Viaches und Varleux begleitet, denen nennenswerte Erfolge versagt blieben. Am 8. Juli wurde im Bereiche der Gruppe Stein der inzwischen fast völlig umfaßte Ort Ovillers ergebnislos mit Flammenwerfern angegriffen.
Gegen die Gruppe Goßler richteten sich wuchtige Vorstöße zwischen Guillemont und der Somme; das seit Tagen heiß umkämpfte Dorf Hardecourt ging dabei verloren.
Vei der Gruppe Quast lagen die Gräben der an
Stelle der Division Frentz eingesetzten 17. Infanterie-Division um Varleux sowie die Abschnitte der 44. Reserve- und 11. Infanterie-Division nur unter
heftigem Feuer. Die seit dem 6. Juli kaum mehr abreißenden Teilangriffe der ver-
bündeten Gegner zwischen der Ancre und Soyseourt erreichten ihren HöhePunkt am 9. Juli.
An diesem Tage tobten nördlich der Somme besonders s. Zu«,
schwere Kämpfe bei der Division Vurkhardt um Ovillers, bei der 12. ReserveDivision um den Trönes-Wald. Auch gegen die Gruppe Quast richtete sich am Nachmittag eine Reihe von heftigen Angriffen, bei denen die
22.Reserve-Diviston nach schwerem Ringen Viaches verlor. Die vorübergehend gleichfalls von den Franzosen genommene, das Gelände südlich von Psronne beherrschende Höhe von La Maisonnette konnte dagegen mit Unterstützung der 17. Infanterie-Division zurückerobert werden. ' Ebenso
blieben die Deutschen in den besonders heftigen Kämpfen um Varleux Sieger und machten rund 150 Franzosen zu Gefangenen. Die feindlichen Vorstöße aus Velloy und Cstrees scheiterten am Widerstand der 44. Reserveund 11. Infanterie-Division. General von Velow unterstellte der Gruppe Goßler nunmehr die 123. Infanterie-Division. Dafür rollten die 5.Infanterie- und 8. bayerische Reserve-Division nach St. Quentin und Ham an. Die 7. Infanterie-Division, die nach anstrengenden Nachtmärschen am 10. Juli die Gegend von Cambrai erreichen sollte, wurde der 2. Armee als Anfang des IV. Armeekorps gleichfalls zur Verfügung gestellt. Außerdem trafen namhafte Verstärkungen an Artillerie, Fliegern und Sondertruppen ein'). Auch die folgenden Tage waren von britisch-französifchen Teilangriffen
ausgefüllt. Brennpunkte blieben Ovillers, Contalmaifon (183. InfanterieDivision), der feindwärts vorspringende Wald von Mametz (3. Garde-Infanterie-Diviston), der beiderseits bereits umfaßte Trönes-Wald, die Gegend von Velloy und Estrees sowie der südliche deutsche Eckpfeiler Soyseourt. Contalmaifon, Teile des Waldes von Mametz und fast der ganze TrünesWald gingen nach tagelangem Ringen verloren. Von den stark erschöpften ') In den Tagen vom 6. bis 9. Juli: 16 schw. Steilfeuer-, neun Flachfeuer-
Battrn., eine Feld-Flieg. Abtlg. und eine Kampfstaffel.
Die Westfront im Juli und August. —
362
Somme-Schlacht.
Truppen mußten währenddessen abgelöst werden: die 22. Reserve-Division durch die Division Liebert, die 44. Reserve- durch die 18. Infanterie-Division. General von Falkenhayn hatte am 12.Juli gedrahtet: „Die Meldung, daß es dem Feinde gelungen sei, gegen unsere Stellung TronesWald—Hardeeourt Vorteile zu erringen, veranlaßt mich, auf die außerordentliche Wichtigkeit des Festhaltens gerade an dieser Front sowie ihrer Verlängerung nach Süden über die Curlu-Kapelle, die Höhen von Hem,
Clöry, Halle, Peronne aufmerksam zu machen. Die besondere Bedeutung dieser Stellung liegt in der Möglichkeit, von ihr aus sowohl den englischen als auch den französischen Angriff zu flankieren und dadurch beide am Vor¬ kommen zu hindern, gleichzeitig aber auch einen Gegenstoß unsererseits zu
erleichtern". General von Velow war demgegenüber der Ansicht, daß ein
Gegenangriff nördlich der Somme weniger Aussicht auf Erfolg habe als ein solcher aus der Linie Viaches—Eströes, wo das Gelände unter um-
fassendem Feuer gehalten werden konnte. Cr glaubte, ihn mit fünf frischen Divisionen durchführen zu können. Zunächst aber ließ er im Hinblick auf die gegenwärtige Aussichtslosigkeit, diese Angriffskräfte von der Obersten Heeresleitung zu erhalten, zwei kleinere Unternehmungen, die eine zur Verbesserung der in der Richtung auf Longueval tief eingebeulten Stel¬ lung, die andere zur Wiedernahme des beherrschenden Höhengeländes westlich von Viaches, vorbereiten. Der Obersten Heeresleitung meldete er,
daß infolge starker Gefechtsverluste dringender Bedarf an Maschinengewehr-Kompagnien und Maschinengewehr-Scharfschützentrupps bestehe. Die Wirkung der deutschen Maschinengewehre gegen die im hohen Getreide
vorgetragenen feindlichen Angriffe hätte sich nach übereinstimmenden Mel¬ dungen aus der Front oft als ausschlaggebend erwiesen. Diesem Antrag kam die Ober st e Heeresleitung in den folgenden Tagen in weit¬
gehendem Maße nach. Außerdem unterstellte sie der Armee jetzt den Rest des IV. Armeekorps (8. Infanterie-Division) und kündigte das Eintreffen der 24. (sächsischen) Reserve-Division an. Dafür sollte die abgekämpfte 183. Infanterie-Division hinter den linken Flügel der 6. Armee verschoben werden. Weiter führte sie neben sonstigen Verstärkungen^) eine zusammen¬ gesetzte Division^) von der 7.Armee unter Generalmajor Dumrath zu. Der Geschützdonner beiderseits der Somme kündigte neue Großangriffe des Feindes an. ') An schwerer Artillerie (vgl. Anm. S. 361) trafen zwischen dem 1». und 13. Juli ein: 26 Steilfeuer-, 12Flachfeuer-Battrn. und 2 schwerste Vattrn., an Luftstreitkräften 1 Feld- und 3 Artl. Flieg. Abtlgn., ferner 26 Armierungs-Kpn. 2) Stab der 29.R. Z.Vr. mit Truppen des VIII.R.K.
s
364
Die Westfront im Zuli und August. —
Somme-Schlacht.
Delville-Waldes—Guillemont. Unter diesen Umständen ließ General von Velow den großen Gegenangriff nicht durchführen. Die 5.Infanterieund die 8. bayerische Reserve-Division wurden wieder Armeereserve.
Gleichzeitig mit den Engländern hatten südlich der Somme die Franzosen, darunter farbige Truppenteile, ganz früh am Tage die
acht Kilometer breite Front Varleux—Soyecourt heftig angegriffen, diese Ortschaften und das Zwischengelände aber infolge des zähen Widerstandes der 17., 18. und 11. Infanterie-Division nicht nehmen können. Am 15. Juli setzten britische und französische Divisionen ihre hart-
näckigen, auch nachts kaum unterbrochenen Vorstöße fort. Am schwersten tobte die Schlacht am Foureaux- und Delville-Walde sowie um Guillemont.
Gleichzeitig setzten aber auch Gegenangriffe der Gruppe Armin ein. Anter dem Druck heldenmütig vorgetragener Gegenstöße der 8. Infanterie-Division und bereits eingesetzter Teile der 24. (sächsischen) Reserve-Division mußten die Engländer am Abend ihre weit vorgetriebene Stellung am FoureauxWalde wieder räumen. Bei der Gruppe Quast gewann die Division Liebert gleichzeitig den größten Teil des am 9. Juli verlorengegangenen
Dorfes Biaches zurück, wobei rund 350 Franzosen gefangengenommen wurden. Im Anschluß an diesen deutschen Erfolg stießen schwarze sranzösische Truppen nochmals gegen die 17. und 11. Infanterie-Division bei Varleux und Soyecourt vor, wurden aber wiederum verlustreich abgewiesen. Nach diesen zwei schweren Kampftagen löste die 8. die 3. Garde-
Insanterie-Division ab, die 24.Reserve-Division ersetzte die zusammengeschmolzene und in die Linie Ginchy—Guillemont und südwärts zurückgedrückte 12. Reserve-Division. Die Ober st e Heeresleitung stellte dafür die inzwischen eingetroffene Division Dumrath zur Verfügung. Ferner führte sie unter dem Eindruck der erlittenen Einbuße südwestlich von Bapaume noch die Anfänge der 117. Infanterie-Division sowie acht JägerRadsahr-Kompagnien beschleunigt heran und bahnte den Austausch der abgekämpften 22. gegen die 23. (sächsische) Reserve-Division an.
Die
bereits zurückgezogene Division Frentz sollte gegen die zusammengesetzte 63. (sächsische) Infanterie-Brigade unter Generalmajor Francke ausgewechselt werden. Besondere Sorge bereitete nach wie vor die Lage in der Luft.
Obgleich im Gesamtbereich der Armee inzwischen schon fast 100 Geschütze zur Fliegerabwehr eingesetzt waren, litt die Truppe noch immer schwer unter den Angriffen der überlegenen feindlichen Luftstreitkräfte. Das Armee-
Oberkommando hatte seine sämtlichen Fliegerverbände auf die Gruppen verteilen müssen, damit den dringendsten Forderungen der Truppe nach Schutz entsprochen würde. Ilm die zur Wiederherstellung der Luftkampflage
Deutscher Gegenangriff bei Longueval.
365
erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten, entsandte General von Falkenhayn am 14.Juli zwei hierfür besonders geeignet er-
scheinende Stabsoffiziere der Fliegertruppe zum Armee-Oberkommando 2. Den einheitlichen Angriffen von Mitte Juli folgten wiederum TeilVorstöße, die aber die deutschen Kräfte gleichfalls stark beanspruchten. Sie richteten sich hauptsächlich gegen Ovillers, den nördlichen Eckpfeiler der Verteidigungslinie, dann gegen Pozieres, den kampfdurchfurchten DelvilleWald, das wiedereroberte Viaches und Varleux. Das stark umfaßte Ovillers im Norden und die Maisonnette-Ferme bei Viaches im Süden gingen nach wechselvollen Kämpfen an den übermächtigen Gegner verloren. Die Maisonnette-Ferme wurde im Gegenstoß wiedergenommen; aus diesen Kämpfen blieben mehr als 350 Gefangene in deutscher Hand. Die Oberste Heeresleitung führte die 28. und den Rest der 117.Infanterie-Division zu Ablösungszwecken sowie Artillerie^) zu. Südlich der Somme mußte nunmehr neben der Gruppe Quast auch das
XVII. Armeekorps mit baldigen Angriffen gegen seinen rechten Flügel bei Lihons und gegen den Abschnitt Fouquescourt—Parvillers rechnen, wo anscheinend Gasflaschen eingebaut waren. Die Vorbereitungen des
Gegners schienen schon weit vorgeschritten zu sein. Zur Stützung wurde dem Korps ein Regiment der Division Dumrath unterstellt. Die Atempause, die der Feind sich gönnte, wurde am 18. Juli durch einen zweiten, wohlvorbereiteten Gegenangriff der Gruppe Armin bei Longueval unterbrochen. Gegen Abend nahmen nach kräftiger Feuervorbereitung Teile der 5. und 8. Infanterie-Division, tatkräftig unterstützt vom rechten Flügel der 24. (sächsischen) Reserve-Division, im Sturme den größten Teil von Longueval und vom Delville-Wald
zurück und brachten über 300 Gefangene ein. Dieser etwa zwei Kilometer breite und tiefe Wiedereinbruch in die feindlichen Linien stellte einen ganz
außergewöhnlichen deutschen Erfolg dar. Das Ergebnis der immer wiederholten und tapfer vorgetragenen feindlichen Angriffe blieb somit bis zum 18. Juli gering. Trotz großer zahlenmüßiger Überlegenheit hatten Engländer und Franzosen in fast dreiwöchigen Kämpfen die deutsche Front zwischen Thiepval und Soyscourt lediglich einbeulen können. Sieht man von dem freiwillig aufgegebenen Gebiet südlich der Somme ab, so war der tiefste Einbruch, der
beim Foureaux-Walde lag, erst knapp fünf Kilometer über die ehemalige vorderste deutsche Linie hinausgekommen. Zähester Widerstand der deutschen ') In den Tagen vom 14. bis 18. Juli trafen 43 schw. Steilfeuer- und 3 Flachfeuer-Battrn., außerdem drei Battrn. leichte Feldhaub. ein (Anm. S. 361 f.).
Die Westfront im Juli und August. —
366
Somme-Schlacht.
Stellungstruppe und aufopfernde Gegenstöße schwacher Bereitschaften und Reserven, unterstützt von der allmählich verstärkten Artillerie, hatten bisher alle Absichten der Gegner durchkreuzt.
b) Bildung der Heeresgruppe Gallwitz und Fortgang der Schlacht bis Ende Juli. Karten 4, 5,Skizzen 19, 20, Anlage 3.
i9.3u«.
Nach den Erfahrungen der ersten drei Kampfwochen befahl die Ober st e Heeresleitung für den 19. Juli mittags die Neugliede¬ rung der deutschen Abwehrfront. Die nördlich der Somme und des Eologne-Baches stehenden Truppen, denen gegenüber der Schwerpunkt des feindlichen Ansturms lag, wurden als 1. Armee unter General Fritz von Velow mit Oberst von Löhberg als Chef des Generalstabes (Armee-Hauptquartier Vourlon) von der bisherigen 2. Armee abgetrennt. Südlich der Somme übernahm General der Artillerie von Gallwitz, mit Oberst Bernhard Bronsart von Schellendorff als Generalstabschef, den Befehl über die nunmehr wesentlich verkleinerte neue 2.Armee und
gleichzeitig die Führung der „Heeresgruppe Gallwitz" (1. und 2. Armee); Hauptquartier blieb St. Quentin. General von G a l l w i tz, der bis dahin die Angriffsgruppe West
vor Verdun befehligt hatte, brachte reiche Kampferfahrungen von dort mit. Als er sich am 17. Juli bei der Obersten Heeresleitung in Charleville meldete, äußerte er die Absicht, aus der Linie Barleux—Soyseourt sofort zum Gegenangriff zu schreiten, um die westlich von Pöronne eingebrochenen
Franzosen abzuschnüren, „was nicht ohne Rückwirkung auf die Lage nördlich des Flusses bleiben konnte'"). Demgegenüber hatte indessen General von Falkenhayn betont, daß es sich vorerst nur um reine Abwehr handeln könne^). General von Gallwitz ordnete dementsprechend im Heeresgruppenbefehl vom 19. Juli an, daß die jetzigen Stellungen zu ver°
stärken und zu halten seien. Er forderte Wiederherstellung geschlossener Verbände, klare Einteilung der Artilleriegruppen, genaue Regelung des flankierenden Sperrfeuers, gegenseitige Unterstützung der Divisionsabschnitte und planmäßige Niederkämpfung der feindlichen Batterien unter Ver-
Wertung der Luftbeobachtung. Angesichts des engbegrenzten MunitionsNachschubs seien das sogenannte Beunruhigungs-, Straf- und Vergeltungsseuer zu vermeiden. Für den Fall eines feindlichen Einbruchs verlangte er sofortigen Gegenstoß durch genügend nahe heranzuhaltende Kampfreserven. 0 von Gallwitz, a. a. O., S. 60.
-) S. 414 f.
Erfolgreiche Abwehr eines Großangriffs.
367
Auf der anderen Seite hatten die verbündeten feindlichen Heeresleitungen vereinbart, daß am 19. Juli die Engländer allein Ginchy und Guillemont, am 20. Juli Engländer und Franzosen vereint die gesamte deutsche zweite Stellung zwischen Ginchy und der Somme angreifen sollten. Wetter und Verzögerungen in den englischen Truppenablösungen ließen dann zwar die Verschiebung des gemeinsamen Angriffs auf den 23. Juli geboten erscheinen; General Foch setzte aber entgegen den Absichten seiner Heeresleitung durch, daß er doch schon am 20.Juli statt¬ fand. Von den Engländern sollten sich das XV. und XIII. Korps, zu-
sammen sieben Divisionen, beteiligen. Von den Franzosen hatte nördlich der Somme das XX. Korps mit zwei Divisionen die Höhe von Hem der deutschen Artilleriebeobachtung zu entreißen. Darüber hinaus war aber
der Hauptangriff südlich des Flusses mit der Front nach Süden gegen die Linie Misery—Vermandovillers beabsichtigt. Dazu wurden das I. Kolo¬ nial-- und XXXV. Korps mit zusammen sieben Divisionen bereitgestellt. Nach diesem Plane mußten am 20.Juli im Brennpunkte der Kämpfe zwischen Ginchy und Vermandovillers etwa 16 britische und französische
Divisionen auf rund acht deutsche stoßen. Seit den frühen Morgenstunden des 20.Juli berannten weit überlegene 2». 3««.
britische und französische Kräfte die deutsche Front zwischen Pozieres und Vermandovillers. Im Bereiche der I.Armee konnte sich die 7. InfanterieDivision der Gruppe Armin behaupten. Zu besonders erbitterten Kämpfen kam es um den Foureaux- und Delville-Wald, die aber größtenteils in der Hand
der 8. und der zur Stützung dieser Front nunmehr eingeschobenen 5. Infan-
terie-Division blieben. Im Abschnitt der Gruppe Goßler, wo anscheinend der Schwerpunkt der feindlichen Angriffe lag, konnte sich die 24. (sächsische) Reserve-Division bei Ginchy—Guillemont behaupten, während die 123. (sächsische) Infanterie- und die 11. Reserve-Division in die allgemeine Linie
Maurepas—Monaeu-Ferme (östlich von Hem) zurückgedrückt wurden; General von Below mußte die 8. bayerische Reserve-Division als Rückhalt zuführen. Bei der 2. Armee richteten sich heftige Angriffe gegen die Front zwischen Biaches und dem weit vorspringenden „Stern-Wald" (nordwestlich von Vermandovillers). Der Division Liebert, der 17. und 18. Infanterie-Division gelang es, den Gegner nach schweren Kämpfen bis
auf kleine Cinbruchsftellen abzuweisen und fast 700 Gefangene einzubringen. Dagegen verlor die 11. Infanterie-Division ihre umfassend angegriffene Stellung am „Stern-Wald" und wurde ebenso wie der äußerste rechte
Flügel der 35. Infanterie-Division trotz aufopfernder Gegenwehr bis in Höhe von Soyseourt und Vermandovillers zurückgedrückt. Teile von Soyöcourt blieben in Feindeshand. Im großen und ganzen waren aber am
368
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
Abend die feindlichen Angriffe von der Heeresgruppe Gallwitz abgeschlagen; 1200 Gefangene von 17 verschiedenen Divisionen blieben in deutscher Hand. Die Franzosen meldeten 2900 deutsche Gefangene. 21. vis Der 21. Juli war durch Artilleriekämpfe ausgefüllt. Am 22. Juli stei3wIi* gerte sich das britisch-französische Feuer zwischen der Ancre und der Somme
stellenweise wieder zum Trommelfeuer. Ihm folgten starke nächtliche Angriffe zwischen Poziöres und Guillemont. Es gelang den Engländern nach hartnäckigen, umfassenden Vorstößen, im Südteile des Dorfes Poziöres festen Fuß zu fassen. Versuche der 7.Infanterie-Division, die Cinbruchsstelle zu säubern, mißglückten. Im übrigen wurden alle Angriffe unter schweren Verlusten abgewiesen. Vei Guillemont führte am 23. Juli ein Gegenstoß der 24. Reserve-Division zur Wiedernahme eines früher verlorengegangenen Stellungsteiles und zur Gefangennahme von rund 150 Eng-
ländern. Die besonders stark zusammengewürselte 10. bayerische, 123. (säch¬ sische) Insanterie-Division und die Division Liebert mußten in diesen Tagen wegen völliger Erschöpfung durch die 117. Infanterie-, 8. bayerische Reserveund 28. Infanterie-Division abgelöst werden. Die Ober st e Heeresleitung führte angesichts der bedrohlichen Lage in diesen und den folgenden Tagen das IX. und das Garde-Reserve-
korps sowie das XIII. (württembergische) Armeekorps, ferner die Infanterie der 16. Infanterie-Division und sonstige Verstärkungen') heran. Gleichzeitig betonte sie aber, daß das Herauslösen weiterer Verbände aus anderen Abschnitten sich erst ermöglichen ließe, wenn die bei der Heeresgruppe Gallwitz abgekämpften Verbände aufgefüllt und an ruhigerer Front verwendungsfähig wären. Haushalten mit den überwiesenen Kräften sei daher
dringend geboten^). Im Austausch gegen die eintreffenden Verstärkungen mußten dementsprechend nach und nach sieben Divisionen wieder abgegeben werden^). General von Gallwitz unterstellte das IX.Reservekorps unter General der Infanterie von Voehn der 1. Armee zur Ablösung des
IV. Armeekorps und schuf sich in der durch die 44. Reserve-Division ersetzten 1. Garde-Infanterie-Division eine einsatzbereite Reserve hinter dem XVII. Armeekorps. In den folgenden Tagen wurden die 11. Reservedurch die 23. (sächsische) Reserve-Division, die gleichfalls stark mitgenom0 Neun leichte Bttrn. — außer der Feldartillerie der Divisionen —, zwölf schw. Bttrn. — darunter sechs Kaub. Bttrn. als „bewegliche Reserve" und die beiden ersten
Cisenbahn-Bttrn. (eine schwerste Flachfeuer- und eine 10,5 cm-Flak-Bttr.) —, zwei Artl. Flieg. Abtlgn. und mehrere Armierungs-Kpn. -) S. 418. 3) Näheres über Truppenverschiebungen und -einsah siehe Anlage 3.
Ablösungen und Kämpfe um Pozieres—Guillemont.
369
menen Divisionen des IX. Armeekorps durch die des Garde-Reservekorps und die im Abschnitt der 11. Infanterie-Division noch eingesetzte Division Dumrath durch die zusammengesetzte 63. Infanterie-Brigade, die in der Folgezeit zur „Division Francke"') ausgebaut wurde, abgelöst. Während dieses allmählichen Truppenaustausches loderte die Schlacht 2i-6iä nur stellen- und tageweise zu größerer Stärke auf. Bei der 1. Armee verlor 29'3uti*
die 117. Infanterie-Division nach täglich wiederholten britischen Angriffen bis zum 25. Juli schrittweise den heißumstrittenen Ort Poziöres und einen Teil der nördlich davon liegenden Windmühlenhöhe 160, die weit im Umkreis die höchste Erhebung darstellt. Ein mit Unterstützung der 18. ReserveDivision am 25. Juli unternommener Gegenangriff war mißglückt. Auch bei der 2. Armee führten Vorstöße der 28. Infanterie-Division in der Nacht vom 24. zum 25. Juli gegen die am 19. Juli wieder verlorengegangene
Maisonnette-Ferme') und der 18. Infanterie-Division gegen Franzosennester bei Cstrses zu keinem Erfolge.
Die mehrfachen verlustreichen Fehlschläge veranlaßten
General
von Gallwitz zu dem Befehl, daß „nur verlorengegangene taktisch wichtige Punkte" wiedergenommen werden sollten, und zwar entweder im sofortigen Gegenstoß oder, wenn dieser mißglückte, im planmäßigen
Gegenangriff nach starker Artillerievorbereitung. Zwischen dem 26. und 29. Juli setzten die Engländer bei sich allmählich steigerndem Feuer ihre Bemühungen fort, um den Höhenzug Poziöres— Foureaux-Wald—Ginchy ganz in die Hand zu bekommen. Das führte zu erbitterten örtlichen Kämpfen, in denen die 5. Infanterie-Division den größten Teil des Dorfes Longueval und des Delville-Waldes an den
übermächtigen Gegner wieder verlor. Die Lage schien sich weiter verschärfen zu wollen. General von Velow hatte bereits am 25. Juli gemeldet, daß sich die Anzeichen für Ausgreifen des englischen Angriffs nach Norden gegen den sich jetzt wieder bis Thiepval südlich der Anere ausdehnenden linken Flügel der Gruppe Stein mehrten. Die dort seit Beginn der Schlacht ununterbrochen eingesetzte 26. (württembergische) Reserve-Division konnte nur durch einige schwere Batterien verstärkt werden. Angesichts der Ver¬ luste der 24. Reserve-Division wurde zunächst eine Division des anrollenden XIII. (württembergischen) Armeekorps, am 29. Juli das ganze Korps, zur Verfügung gestellt, da auch General von Falkenhayn auf Grund nicht nachzuprüfender, aber wahrscheinlich klingender Meldungen mit neuem
Ansturm in den letzten Iulitagen rechnete. ') Stab der 63. (sächs.) I, Br, mit Truppen des XII. (sächs.) A. K. 2) S. 361. Welllrieg. X. Band.
370
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
24. bis Mit Besorgnis hatte währenddessen General Iosfre beobachtet, wie 2913ttti' der ursprüngliche Gedanke eines einheitlich geführten Angriffs immer mehr
verlorenging. Die Engländer drückten nach Norden, die Franzosen nach Süden. Seinen unausgesetzten Bemühungen gelang es aber schließlich doch, sowohl General Foch wie den englischen Führern gegenüber seine Ansicht durchzusetzen, daß die Gemeinsamkeit und Einheitlichkeit des Angriffs nach Zeit und Ziel wiederhergestellt und das Schwergewicht dazu wieder auf das Nordufer der Somme verlegt werden müsse.
Als nächster Groß-
angriffstag wurde nach mancherlei Schwankungen der 30. Juli festgesetzt. Für den Hauptangriff war das englische XIII. Korps (drei Divisionen) bestimmt, an das sich weiter südlich bis zur Somme das französische
XX. und VII. Korps (vier Divisionen) anschlössen. Für die Ablenkungs¬ unternehmungen gegen die Linie Poziöres—Longueval hatten die Engländer das XV., III. und Teile des I. australischen Korps (insgesamt sechs Divisionen) bereitgestellt. Es waren demnach in vorderer Linie
13 britisch-sranzösische Divisionen gegen sieben schon recht erschöpfte deutsche angesetzt. z«. I«n.
Der 30. Juli wurde ein Tag ganz besonders schwerer Kämpfe.
Die
Gegner griffen nach ungeheurem Munitionsaufwand etwa seit 6° vor¬ mittags bei dichtem Morgennebel außerordentlich hartnäckig an. Der
Schwerpunkt schien zwischen Ginchy und der Somme zu liegen. Britische Ablenkungsunternehmungen richteten sich gegen die Front von Thiepval bis Longueval. Südlich der Somme war schon seit dem 29. Juli zwischen Barleux und Lihons die Artillerieschlacht wieder aufgelebt. Im Bereiche der 1. Armee konnten die Divisionen der Gruppe Boehn (IX. Reservekorps, 117. und 5. Infanterie-Division) sich nach Nahkämpfen durchweg behaupten. Gegen die Gruppe Goßler, bei der gerade das Generalkommando des XII. (sächsischen) Reservekorps unter General der Artillerie von Kirchbach in der Besehlsübernahme begriffen war, stürmten britische und französische Infanterie-Divisionen Schulter an Schulter an. In tapser vorgetragenen Gegenstößen warfen die Regimenter der 24.(säch¬ sischen) und 8. bayerischen Reserve-Division bei Guillemont und Maurepas den zunächst vielerorts eingedrungenen Gegner wieder zurück. Nur zwischen Maurepas und der Somme hielten sich mehrere Franzosennester in der vordersten Linie der 23. (sächsischen) Reserve-Division. Als Beute blieben 13 Maschinengewehre und rund 800 Engländer und Franzosen in
deutscher Hand. Während diese schweren Kämpfe nördlich der Somme tobten, wurde der rechte Flügel der 2. Armee nur beschäftigt, ernsthafte Angriffe der
Infanterie erfolgten nicht.
In der Mitte des bedroht erscheinenden
Scheitern neuer Großangriffe. — Betrachtungen.
371
XVII- Armeekorps waren vorsorglich die Regimenter der 16. InfanterieDivision eingeschoben worden. Am 31. Juli klangen die Großangriffe auf dem Schlachtfelde nördlich der Zi.Ju«. Somme in Einzelvorstöße aus, die dem Gegner zwar keine Erfolge brachten, aber weiter an der Kraft der deutschen Stellungsdivisionen zehrten. General von Gallwitz bat die Oberste Heeresleitung, im Hinblick auf die schweren
Verluste schon jetzt das XIX. (sächsische) Armeekorps heranzuführen. Seit fast fünf Wochen tobte nun schon die große Schlacht an der Somme. Sie umfaßte einen Raum, demgegenüber das Schlachtfeld um Verdun bedeutend zurückstand. Nach dem 1. Juli waren der 14., 20. und 30. Höhepunkte des feindlichen Ansturms gewesen. Von den Truppen, die bei Beginn der Schlacht in der Front gestanden hatten, waren nur noch die Divisionen der Gruppe Stein und die Divisionen des XVII. Armeekorps eingesetzt, und zwar in Abschnitten, die dem ersten feindlichen Angriff standgehalten hatten oder kaum angegriffen worden waren. Sie bildeten seitdem die Eckpfeiler des alten Stellungssystems. Dazwischen war in der aufgerissenen Lücke ein Schlachtfeld mit völlig veränderten Kampfverhältnissen entstanden. Hier lag die deutsche Truppe meist nur noch in Granatlöchern, da durchlaufende Gräben immer wieder zerschossen wurden. Sie war
damit für feindliche Flieger und Artillerie schwerer auffindbar. Auf der anderen Seite stellte aber der Aufenthalt im Trichterfelde ungeheure Anforderungen an ihre körperliche und seelische Widerstandskraft und erschwerte Führung, Verpflegung sowie Verwundetenfürsorge. Die Leichen Gefallener, die nicht beerdigt werden konnten, verpesteten die Lust und benahmen die Eßlust. Warme Verpflegung erreichte infolge des heftigen Feuers selbst in der Nacht nur selten die vorderste Linie. Die Kampftruppe mußte sich mit Konserven begnügen und litt bei sommerlicher Hitze auch stark unter Mangel an Trinkwasser.
Was die deutsche Truppe gegen mehrfache feindliche Übermacht geleistet hatte, zeigt ein Vergleich der vom Gegner erstrebten Ziele mit dem, was er tatsächlich erreicht hatte, und eine Gegenüberstellung der beiderseitigen Verluste. In mehr als vierwöchigem Angriff waren Engländer und Franzosen — wenn man absieht von dem westlich der Somme freiwillig aufgegebenen Gelände — nirgends weiter als fünf Kilometer vorwärts ge-
kommen. Nur bei Poziöres—Longueval hatten sie bisher die zweite Stellung leicht einbeulen, bei Guillemont und Maurepas sie erreichen können. Der Zusammenhang der deutschen Front war aber nirgends in Frage gestellt.
Die deutschen Verlustes betrugen etwa 120 000 Mann.
0 Nähere Angaben s. Anlage 3. 24*
Dem-
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Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
gegenüber beziffern die Gegner die ihrigen auf rund 200 000 Mann (Engländer 145 000, davon fast 60 000 am 1. Juli, Franzosen 55 000). An Flugzeugen büßte die deutsche Seite im Kampfe 16 ein, der Gegner 46').
An Artilleriemunition verbrauchte die Heeresgruppe Gallwitz bei den Hauptkampfgefchützen im Tagesdurchschnitt fast 5 Züge für Feldartillerie, 2%für schwere Feldhaubitzen und Wz für Mörser^). Etwa dieselben Mengen, für Mörser ein wenig mehr, stellte der Feldmunitionschef für den Monat August in Aussicht. General von Gallwitz hielt das aber für unzureichend angesichts der starken Vermehrung seiner Artillerie und der Wahrscheinlichkeit einer Ausdehnung der britischen Angriffe über die Ancre nach Norden bis Veaumont Hamel, der französischen nach Süden bis Lihons.
c) Die Schlacht im August. Karten 4, 5,Skizzen 21 bis 23, Anlage 3.
Anfang
Auf der gegnerischen Seite ließ General Iosfre nach dem Fehl-
Angnst.
vom 30. Juli die Artillerievorbereitung südlich der Somme abbrechen. Hier sollte erst wieder angegriffen werden, wenn die Engländer nördlich des Flusses zu neuem Vorgehen bereit wären. Der französische oberste Führer war nach wie vor der Ansicht, daß nur einheitlicher, auf breiter Front an-
gesetzter Angriff den Durchbruch erzwingen könne. Da die eigenen Kräfte dazu nicht ausreichten, auf unmittelbare Unterstützung durch die Engländer in der Richtung über Psronne und vollends in südlicher Richtung aber nicht zu rechnen war, blieb nichts anderes übrig, als das eigene Vorgehen dem der Engländer anzupassen, den Schwerpunkt also auf das nördliche SommeÄser zu verlegen. Dem entsprach es, wenn am 5. August die französische 10. Armee des Generals Micheler bis vor Barleux nach Norden ausgedehnt
wurde und als Aufgabe den nach Süden gerichteten Nebenangriff erhielt. Sache der 6. Armee des Generals Fayolle blieb es, mit dem I. Kolonial-, VII., XX. Korps und 1. Kavalleriekorps den Hauptangriff der Engländer nördlich der Somme zu unterstützen. Als Ziel wurden ihr die Höhen östlich von Eombles gegeben. Die Verschiedenartigkeit der französischen und englischen Auffassung war damit aber noch nicht überwunden. Der Meinungsaustausch zwischen den Generalen Foch und Haig ließ sie Anfang August klar zutage treten. Der englische Führer wollte im Laufe des Monats in Teilangriffen die Linie Thiepval—Ginchy—Morval gewinnen und legte den Franzosen nahe, sich in derselben Form des Höhengeländes von Sailly und Rancourt zu bemächtigen. Im September sollte dann aus dieser Linie der enti) Zahl der in Feindeshand gefallenen oder im eigenen Bereich zerstörten Flugzeuge. -) S. 219, Anm. 1.
Neue Pläne der Engländer und Franzosen.
373
scheidende Angriff auf Vapaume angesetzt werden. Die französische Führung war gegenüber dieser Einstellung, die sich vielleicht aus der Besorgnis vor den gewaltigen Verlustziffern eines Großangriffs erklären ließ, machtlos. Sie betonte vergeblich, daß angesichts der zahlreichen Verteidigungsanlagen, die die Deutschen im rückwärtigen Gelände seit dem 1. Juli hätten ausbauen können, die jetzt gewonnene Linie als Sturmausgangsstellung ebenso geeignet sei wie jede andere, und daß es nur darauf ankäme, möglichst schnell wieder zu einheitlich geführtem Großangriff zu kommen^). Da aber zunächst keine Aussicht bestand, die Engländer hierfür zu gewinnen, vereinbarten die Generale Rawlinfon und Fayolle, am 7. August Guillemont und die deutsche Stellung östlich von Hem, am 11. die Front Fasse-
mont-Ferme südöstlich von Guillemont—Elöry—Viaches anzugreifen. Aber auch dieses Mal konnten die vereinbarten Zeiten nicht eingehalten werden. Der Angriff der Engländer auf Guillemont wurde auf den 8. August, das gemeinsame Vorgehen gegen Faffemont-Ferme—Viaches auf den 12. ver-
schoben. Auf deutscher Seite war man auf Fortsetzung der feindlichen Bis Angriffe in großem Ausmaße gefaßt. Von den durch die vorhergegangenen 6* 'aiU0Uft"
Kämpfe erschöpften Truppen wurden zunächst die 24. (sächsische) Reservedurch die 27. (württembergische) Infanterie-Division, die S. durch die 26. (württembergische) Infanterie-Division ersetzt, die unter General der Infanterie Freiherrn von Watter (XIII. Armeekorps) vom 3. August an
eine selbständige Gruppe zwischen den Gruppen Voehn und Kirchbach bildeten. Entsprechend den Absichten der Gegner kam es in den ersten, sehr heißen Augusttagen nur zu Teilangriffen. Auf dem linken Flügel der 1. Armee endeten sie bei der 23. (sächsischen) Referve-Division nach blutigen,
wechselreichen Kämpfen mit dem Verluste der langumstrittenen MonaeuFerme östlich von Hem. Außerdem blieb die Gegend beiderseits der Straße
Albert—Vapaume (IX. Reservekorps) und Barleux (Garde-Reservekorps) der Schauplatz heftiger feindlicher Vorstöße, die im wesentlichen abgewiesen werden konnten. Andererseits scheiterten aber auch wiederholte Gegenangriffe der Gruppe Voehn mit dem Ziel der Zurückeroberung von Poziöres. Nach den Meldungen von der Front hatte General von Gallwitz
den Eindruck, daß sich die Franzosen südlich der Somme zunächst anscheinend auf Ablenkungsunternehmungen beschränken wollten, ohne ihre AngriffsPläne dort gänzlich aufgegeben zu haben. In dieser Auffassung konnte ihn auch eine Mitteilung des Generals von Falkenhayn vom 6.August nicht wesentlich beirren, daß nach Schwächung der Kräfte vor der 2. Armee mit französischem Angriff in der Champagne oder bei Verdun zu rechnen ') Franz. amtl. Werk, a. a. €>., S. 283, Annexe 2867.
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Die Westfront im Juli und August. — Somme-Schlacht.
sei. In diesem Falle müsse die Heeresgruppe Gallwitz sich auf Abgabe von Kräften einrichten'). General von Gallwitz nahm hierfür zunächst die soeben abgelösten Divisionen des IX. Armeekorps und Artillerie der 2. Armee in Aussicht. Andererseits kam er auf seinen früheren Plan eines kräftigen Entlastungsangriffes aus der Linie Varleux—Cstrees zurück, der aber auch jetzt aus Mangel an Munition und Truppen undurchführbar war. Aus demselben Grunde konnte auch das Vorhaben des Generals v o n B e l o w , den Delville-Wald und Longueval wiederzunehmen, nicht
zur Ausführung kommen. Der Gegner behielt die Freiheit des Handelns und holte nach acht«.August, fßgjggj. cpau?e gU ^nem neuen Schlage aus. Der Schwerpunkt der Angriffe, die am Nachmittag des 7. August begannen, richtete sich gegen die Gruppen
Watter und Kirchbach. Die Württemberger befanden sich nach zweitägigem Ringen — der Gegner war zunächst bei und nördlich von Guillemont ein¬
gebrochen — in vollem Besitz ihrer Stellung.
Bei der Gruppe Kirchbach
konnten die 8. bayerische und der rechte Flügel der 23. (sächsischen) Reserve-
Division ihre Abschnitte gegen starke Übermacht behaupten. Der linke Flügel der Sachsen wurde aber durch umfassendes Feuer zertrümmert und in der Richtung auf Clsry etwas zurückgedrückt. Insgesamt waren rund 500 Gefangene in deutscher Hand geblieben, davon der größte Teil bei Guillemont. Bei der 2. A r m e e herrschte währenddessen nur gesteigerte Artillerie-
tätigkeit. Angriffe erfolgten nicht. Andererseits teilte daß die Zitadelle von Lille wirkungslos beschossen und von Vethune in südlicher Richtung beobachtet würde. teilung wurde auf das Heranführen weiterer feindlicher
die 6. Armee mit, starker Zugverkehr Aus dieser MitVerstärkungen an die Somme-Front geschlossen. Als General von Falkenhayn am 7. August das Heeresgruppenkommando in St. Quentin aufsuchte, trug ihm General von Gallwitz vor, daß die vorhandenen Insanteriekräfte zur Zeit genügten, ebenso trotz zahlreicher Materialverluste die Artillerie. Nicht ausreichend sei aber der Nachschub an Munition, der eben genüge, um
Angriffe abzuweisen, nicht aber, um größere Gegenangriffe durchzuführen. Die feindliche Artillerie werde besonders gut durch zahlreiche Flieger und Fesselballone unterstützt. Die deutsche Luftbeobachtung käme dagegen nicht an.
General von Falkenhayn sagte Abhilfe zu.
Auf die
bedenkliche
Überlegenheit
der
feindlichen
Luftwaffen machte General von Gallwitz in einer mündlichen Aus-
spräche auch den Feldflugchef, Oberstleutnant Thomfen, aufmerksam. Von l) S. 419.
Überlegenheit des Gegners in der Luft.
375
den inzwischen auf 176Flugzeuge vermehrten Flugstreitkräften der I.Armee waren am 7. August nur ISö, von den 123 der 2. Armee nur 95, zusammen
also 251, verwendungsbereit. Demgegenüber wurde die Zahl der britischen und französischen Flieger aus mindestens 500 geschätzt. Außerdem waren die gegnerischen Kampfflugzeuge den deutschen technisch immer noch überlegen. In der als Unterlage für die Besprechung dienenden Denkschrift hieß es im übrigen: „Die starken Verluste an Geschützen können durch geleisteten Nachschub nicht gedeckt werden. Sie führen zu einer allmählichen, aber sicheren und immer empfindlicher werdenden Schwächung unserer Artillerie, unter der in letzter Linie die Infanterie zu leiden hat.
Bei geeignetem Wetter griffen einzelne Flieger fast jede Nacht unsere Bahnhöfe und rückwärtigen Unterkunftsorte an, allerdings bisher mit ge°
ringem Erfolge. Die Angriffe feindlicher Flieger auf unsere Fesselballone wiederholen sich ständig. Der Verlust an Fesselballonen durch Fliegerangriffe beträgt seit Ende Juni sechs, die Zahl der Angriffe 20 bis 30. Demgegenüber ist es in der gleichen Zeit unseren Fliegern nur gelungen,
einen einzigen feindlichen Ballon zum Absturz zu bringen. Daher sind auch jetzt noch, trotz in den letzten Wochen eingetretener Vermehrungen unserer Ballone, die feindlichen weit zahlreicher. So ist die Überlegenheit des Gegners in der Luft immer noch eine vollständige. Sie ist das charakteristische Merkmal der Somme-Schlacht und beeinflußt alle Kampfhandlungen in ausgesprochener Weise . .
Weiter wurde dem Feldflugchef
gegenüber betont, daß die Ausstattung der Kampfgeschwader mit rasch steigenden, den feindlichen „Nieuports" gewachsenen Einsitzern und die Einführung von verschiedenen Wellen für den Funkverkehr erforderlich seien, damit mehrere Flieger gleichzeitig in demselben Abschnitte das Cinschießen leiten könnten. Der Feldflugchef konnte einstweilen aber nur die Zuführung
von 48 Kampfeinsitzern und fünf Feld-Flieger-Abteilungen zusagen sowie Verstärkung des Ballonschutzes durch 3,7 erri-Flak-Züge und Maschinengewehre auf Pivot. Außerdem genehmigte er für die 2. Armee die Versuchsweise Umgestaltung der bisher der Obersten Heeresleitung unmittelbar unterstellten Kampfgeschwader in Schutzstaffeln für die Artillerie-FliegerAbteilungen und erwirkte die Aufstellung der ersten Jagdstaffeln. Inzwischen waren die Kräfte der Gruppe Boehn durch die ununter-
brochenen schweren Kämpfe um Poziöres so stark verbraucht, daß sie vom 10. August an durch das XIX. (sächsische) Armeekorps unter General der
Kavallerie von Laffert und die 16. Infanterie-Division abgelöst wurde. Auch die 23. (sächsische) Neserve-Division hatte sich in verlustreicher Abwehr und in Gegenangriffen verblutet und mußte durch die 1. bayerische ReserveDivision ersetzt werden. General der Infanterie Ritter von Fasbender,
376
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
9-m der Kommandierende General des I. bayerischen Reservekorps, übernahm is. August. ^ 12. August den Befehl über die bisherige Gruppe Kirchbach.
Aber die Notwendigkeit weiterer regelmäßiger Ablösung der im Großkämpf verbrauchten Verbände hatte General vonGallwitzder Obersten Heeresleitung am 9. August berichtet und um Vereitstellung entsprechender frischer Truppenverbände gebeten, die aber in dem nötigen Umfange zur Zeit nicht ohne weiteres verfügbar waren. Cr blieb zum Teil auf Kräfte-
austausch innerhalb der eigenen Heeresgruppe angewiesen und entschloß sich daher, bei der 2.Armee das Garde-Reservekorps wieder durch das IX. Armeekorps abzulösen, um es für die 1. Armee frei zu machen. Das
XII. (sächsische) Reservekorps sollte im Vereich dieser Armee aufgefrischt werden; mit dem Wiedereinsatz seiner 24. Reserve-Division konnte von Ende August ab gerechnet werden. Auf einen weiteren Antrag vom 15. August auf Ersatz für die ausscheidende 117. Infanterie-Division antwortete General von Falkenhayn: „Die allgemeine Kriegslage ebenso wie die vorliegenden, allerdings noch nachzuprüfenden Nachrichten über die
Absichten der Franzosen lassen Verausgabung der noch zur Verfügung der Obersten Heeresleitung stehenden frischen Reserven sehr unerwünscht erscheinen.
Cs ist deshalb nicht zu übersehen, ob der Heeresgruppe . . . eine
frische Division überwiesen werden wird . .
Die Tage dieses Gedankenaustausches waren im Kampfgebiet an der Somme von neuen feindlichen Vorstößen gegen die Gruppen Lasiert, Watter
und Kirchbach (Fasbender) ausgefüllt. Der Hauptdruck der Engländer richtete sich gegen die vielumkämpfte vorspringende Ecke westlich von Poziöres und gegen die Mouquet-Ferme nordwestlich dieses Ortes. Gleichzeitig versuchten sie, im Foureaux-Walde weiter vorzudringen und Guillemont zu nehmen. Die französischen Unternehmungen zielten hauptsächlich auf Maurepas und Clsry. Zu größerer Wucht steigerten sich die Kraftanstrengungen der Gegner aber nur am 12. August, an dem ein starker
britischer Angriff sich gegen die Gruppen Lasiert und Watter richtete. Cr wurde abgewiesen. Auch gegen die Gruppe Fasbender stürmten gegen Abend dieses Tages überlegene französische Kräfte vor. Es gelang ihnen, nach heftigen Nahkämpfen mit der 8. bayerischen Reserve-Division im Südteil von Maurepas Fuß zu fassen und die 1. bayerische Reserve-Division zwischen Maurepas und Clery unter besonders schweren Verlusten zurückzudrücken. Dabei machten die Franzosen über 1000 Gefangene. Das auch am 13. August andauernde heftige Feuer, häufige Vorstöße der Gegner und die großen Entbehrungen zehrten an der Kraft der zwischen Thiepval und der Somme sich zähe wehrenden Truppen. Die Infanterie der i) S. 421.
Kämpfe um Poziöres—Guillemont—Clsry.
377
1. bayerischen Reserve-Division mußte nach einem Einsatz von nur wenigen Tagen durch Teile der von der 2. Armee herangeführten 1. Garde-InsanterieDivision ersetzt werden. Die 5. bayerische Reserve-Division begann mit der Ablösung der von den hin- und herwogenden Kämpfen um Maurepas
stark mitgenommenen 8. bayerischen Reserve-Division. Erfolglose französische Teilvorstöße hatten sich inzwischen gegen den rechten Flügel der 2. Armee gerichtet, die kraftvollsten bei Varleux und Soyöcourt, wo sich Truppenteile des Garde-Reservekorps und der Division
Francke auszeichneten. Inzwischen war auf der feindlichen Seite General Iosfre weiter bemüht, die englischen Führer zu dem Gedanken gemeinschaftlicher entscheidender Schläge zurückzuführen. Aber die im Gange befindlichen Kämpfe ließen sich nicht so leicht abbrechen. Teils lockte die Aussicht, Erfolge auszubauen, teils bestand der Wunsch, den Feind unter dauerndem Druck zu halten. So blieb es doch wieder bei dem Plan der Engländer, die zunächst die Linie Thiepval—Foureaux-Wald—Ginchy—Eombles—Somme geWinnen und als Sturmausgangsstellung ausbauen wollten. Das Vorgehen
sollte in drei Abschnitten erfolgen, so daß voraussichtlich um den 1. September der Sturm auf die deutsche dritte Stellung möglich war. Die Ver-
einbarungen gingen schließlich dahin, daß für den 16. August der englische rechte Flügel den von Guillemont nach Süden streichenden Höhenrücken als Ziel bekam, der französische linke das Waldstück einen Kilometer Nordwestlich von Maurepas. Am 18. August sollten dann die Engländer den Foureaux-Wald, Guillemont und die Faffemont-Ferme, die Franzosen Maurepas angreifen. Für den 22. August war die Fortnahme von Ginchy—
Leuze-Wald—Douage-Wald (unmittelbar südlich von Eombles)—Le Forest —Elery in Aussicht genommen. Dementsprechend brandete seit dem Abend des 16. August eine neue *6.m Welle von Vorstößen gegen die Front der 1. Armee zwischen Poziöres 18*muöuftund der Somme an. Die erbitterten Kämpfe rissen in der Nacht nicht ab, endeten aber mit nur geringfügigen Erfolgen des Gegners südlich von
Guillemont. Der 17. August war ein Tag besonders schwerer Feuerkämpfe; die Widerstandskraft der deutschen Divisionen wurde auf eine harte Probe gestellt. Das Trommelfeuer griff erstmalig auch wieder weit nach Norden bis in die Gegend von Serre über. Vei Thiepval begannen die Engländer, ohne Rücksicht auf Verluste ihre Gräben vorzutreiben, so daß auch mit Angriff gegen den Südflügel der 26. Reserve-Division gerechnet werden mußte. Der Höhepunkt dieser Schlachttage war der 18. August. Am Nach-
mittag begannen nach gewaltiger Feuervorbereitung starke Angriffe zwischen Thiepval und der Somme gegen die Gruppen Laffert, Watter und Fas-
378
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
t6. bis bender. Sie drückten die zerschlagenen deutschen Linien in der Gegend von >8. August. cp0gj£re^ beiderseits des Delville-Waldes, bei Guillemont und Maurepas
etwas zurück. Alle Versuche, diese geringfügigen Erfolge zu erweitern, scheiterten aber an dem zähen Widerstande rasch zusammengeraffter deutscher
Reserven.
Die sich entwickelnden, außerordentlich blutigen Nahkämpfe
dauerten bis tief in die Nacht hinein. Der stark mitgenommene linke Flügel der 27. (württembergischen) Infanterie-Division, wo die Kämpfe besonders heftig gewesen waren, wurde durch Truppen der bei Elßry soeben erst herausgelösten 1. bayerischen Reserve-Division gestützt. Gleichzeitige Angriffe der Franzosen im Bereiche der 2.Armee trafen am 16. August bei Velloy und Soyeeourt das Garde-Reservekorps und die Division Francke, erreichten aber nur geringfügigen Geländegewinn
südöstlich von Velloy. is. bis Auch jetzt war die Ober st e Heeresleitung nicht in der Lage, 23. August. aßen Anforderungen auf Ablösungstruppen zu entsprechen, die sich aus dem neuen schweren Verlust der 1.Armee ergaben. General von Gallwitz machte die 2. Garde-Insanterie-Division durch die von der 7. Armee kom-
mende 32. Reserve-Infanterie-Brigade frei und bestimmte die Divisionen des Garde-Reservekorps zum Einsatz an Stelle der 16. und des rechten
Flügels der 24. Infanterie-Division der Gruppe Laffert. Die 27. Infanterie-Division sollte durch die neu eintreffende III. ersetzt werden. Das IX. Reservekorps und die 23. (sächsische) Reserve-Division, deren WiederVerwendungsfähigkeit noch nicht zu übersehen war, wurden zum Austausch angeboten. Die Oberste Heeresleitung kündigte dafür das Eintreffen des II. bayerischen Armeekorps und der 56. Infanterie-Division an. Überdies durfte die Heeresgruppe von den durch Kämpfe und Stellungsbau erschöpften
Truppen zahlreiche Fußartillerie-Batterien, Minenwerfer- und Pioniereinheilen gegen frische von anderen Armeen auswechseln.
Während dieses Truppenaustausches fanden zwischen dem 19. und 23. August nur örtliche Vorstöße und Handgranatenkämpfe statt. Brennpunkte waren die Mouquet-Ferme, Martinpuich, Guillemont und Clery. Bei Cstroes nahmen am 22. August die 18. Infanterie-Division und die
sächsische Division Francke vorübergehend verlorengegangene Stellungsteile im Gegenangriff wieder und machten rund 150 Gefangene. Wenn diese Gefechte auch nicht den Charakter des Großkampfes trugen, so waren sie doch äußerst ausreibend. Ein Ende des schweren Ringens aber war immer
noch nicht abzusehen.
Alle Nachrichten und Anzeichen deuteten vielmehr
auf baldiges Wiederlosbrechen starker Angriffe hin. Die Engländer hatten nach den Mißerfolgen vom 16. und 18. August erst für den 24. August neues Vorgehen gegen Guillemont be¬
Großangriff nördlich der Somme, Fall von Maurepas.
379
schloffen. Der für den 22. geplante') Angriff war daher auf den 27. August und die Fortnahme der Linie Ginchy—Combles—Somme auf Anfang September verschoben worden. Der entscheidende Stoß durch die deutsche dritte Stellung konnte somit kaum vor Mitte September erfolgen. General Ioffre erhob Einspruch gegen diese Verzögerung, die nur dazu dienen könne, den erschütterten Feind wieder zu Kräften kommen zu lasten; er drang aber nicht durch. Schließlich war General Foch entschlossen, am 24. August die Sturmstellung vor der Front Le Forest—Clery zu gewinnen, am 29. August diese Linie selbst zu nehmen.
Während die feindlichen Sturmangriffe bisher fast ausnahmslos in 24.A«g«st. den Morgenstunden erfolgt waren, brachen am 24. August die Engländer und Franzosen erst etwa 7° abends gegen die durch Trommelfeuer zermürbte Front der 1. Armee zwischen Thiepval und der Somme vor. Der 16. Infanterie-Division der Gruppe Laffert ging ein feindwärts weit vorspringender Stellungsteil südlich von Thiepval verloren, wurde aber durch schneidigen Gegenstoß wieder zurückgenommen. Bei der erbittert umkämpften Mouquet-Ferme erlitt der Gegner besonders schwere blutige Ver-
luste. Die östlich anschließenden, schon sehr zusammengeschmolzenen Divisionen des XIX. (sächsischen) Armeekorps wiesen beiderseits von Martin-
puich ebenfalls starke Angriffe ab. Nur nördlich von Longueval wurden der linke Flügel der 40. Infanterie-Division und der anschließende rechte der Gruppe Watter, Teile der 26. (württembergischen) Infanterie-Division, nach erbitterten Nahkämpfen etwas zurückgedrückt. Dagegen konnte die 27. (württembergische) Infanterie-Division die Stellung bei Ginchy— Guillemont gegen alle Anstürme behaupten. Im Abschnitt der Gruppe
Fasbender drangen französische Truppen bei der 5. bayerischen ReserveDivision in Maurepas ein. Die südwärts anschließende 1. Garde-Infanterie-Division wies unerschütterlich alle Angriffe ab. Das feindliche Feuer blieb auch während der Nacht zum 25.August sehr stark. Es lag besonders auch auf dem Hintergelände und den Batteriestellungen, in denen erhebliche Verluste entstanden. Die Verbindungen nach vorn waren so gut wie unterbunden. Die vorderste Stellung südlich von Thiepval ging bei neuem englischen Ansturm nach hin und her
wogenden Nahkämpfen endgültig verloren, ebenso fielen der Rest des Delville-Waldes und Maurepas ganz in Feindeshand. Während sich so die Divisionen zwischen Ancre und Somme in blutigen Nahkämpfen verzehrten, meldeten die Gruppe Stein sowie die 2. A r m e e lediglich sehr lebhaftes Feuer und Fliegertätigkeit ihrer Gegner. *) S. 377.
Die Westfront int Juli und August. —
380
Somme-Schlacht.
Zwischen Hsbuterne und Veaumont Hamel war außerdem der Einbau von
Gasflaschen beobachtet worden. Im Vereich der Heeresgruppe wie auch bei der anschließenden 6. Armee erschienen während dieser Kampftage Fliegergeschwader, die bis zu 40 Cin-
heiten zählten und Vomben auf deutsche Stellungen sowie Ortschaften abwarfen. Feindliche Flugzeuge griffen deutsche Ballone mit Vrandmunition, Feuerregen oder Raketen an. Die Gesamtzahl der feindlichen
Flieger schien sich abermals stark vermehrt zu haben. Ende August.
Im Rahmen der feindlichen Pläne war der 24.August abermals
ein Mißerfolg.
Die englische Führung zeigte sich daher jetzt erst recht
ablehnend gegen voreilige Wiederaufnahme größerer, geschlossener Angriffe. General Haig brachte auf wiederholte Vorstellungen des Generals Ioffre am 27. August klar zum Ausdruck, daß er sich weiteren Mißerfolgen nicht
aussetzen dürfe, und daß die britische Armee zu gemeinschaftlichem Handeln frühestens Mitte September bereit sein könne, vorausgesetzt, daß keine Störung seiner Pläne durch den Feind einträte. Die für den 27. August vereinbarten Angriffes wurden auf den 30. verlegt und dann des Wetters
wegen noch weiter hinausgeschoben. Für die beiden ersten Monate der Schlacht meldeten die Gegner mehr als 30 000 deutsche Gefangene. Auf deutscher Seite übersah man diese Lage des Gegners nicht so klar, sondern erwartete bereits für Ende August neue Großangriffe. Die Ober st e Heeresleitung befahl daher die Zuführung des XXVII. und XXIII. Reservekorps zum Austausch gegen das der Erschöpfung nahe XIX. und XIII. Armeekorps. Dagegen konnte der Plan einer Entlastung der Somme-Front durch Vorstoß von Teilen der 6. Armee im Loos-Vogen wegen Mangels an kampfkräftigen Verbänden einstweilen nicht weiter ver-
folgt werden. An der Kampffront selbst trat nach dem 24. August eine gewisse Beruhigung ein. Das Feuer grollte aber weiter. Gegen die 1. Armee fanden zwischen dem 25. und 27. August Teilangriffe bei Thiepval, Maurepas und Elsry statt, die abgewiesen werden konnten. Bei der 2. Armee steigerte sich die feindliche Feuertätigkeit gegen die Gruppe Quast und das XVII. Armeekorps, wo der Gegner seine Angriffs-
Vorbereitungen eifrig fortsetzte. Nach Fliegerbildern waren sie so gut wie abgeschlossen; mit baldigem Angriff beiderseits von Lihons mußte hier gerechnet werden. Inzwischen war bei der 1. Armee der Einsatz des General
von Laffert mitunterstellten Garde-Reservekorps zwischen Thiepval und Martinpuich i) S. 379.
beendet.
Die
Ablösung
der
beiden
Divisionen des
Abflauen der Kämpfe.
331
XIX. Armeekorps in ihrem damit verschmälerten Abschnitt Martinpuich— Flers durch das II. bayerische Armeekorps begann am 26. August. An Stelle des XIII. Armeekorps waren bei Ginchy und Guillemont die 56.
und III. Infanterie-Division eingesetzt. Den Befehl in diesem Abschnitt übernahm am 26. August wieder General von Kirchbach (XII. Reservekorps). Bei der Gruppe Fasbender hatte die 2. Garde-Infanterie- die
5. bayerische Reserve-Division abgelöst. Die unter kaum abreißenden, zermürbenden Kämpfen vergangenen Augustwochen waren reich an Heldentaten, aber auch reich an Wechsel-
fällen, Entbehrungen und blutiger Einbuße.
Höhepunkte der Schlacht
waren in diesem Monate der 8., 12., 18. und 24. gewesen. Die GesamtVerluste') auf dem Schlachtfelde beiderseits der Somme betrugen rund 8V 000 Mann, also ein Drittel weniger als im Juli. Die Gegner beziffern die ihrigen auf rund 70 000 Mann (45 000 Engländer und 25 000 Franzosen). An Flugzeugen büßten die Deutschen 35, die Gegner ebenfalls 35 und zwei Ballone ein. Der Verbrauch an Artilleriemuition betrug im Juli und August zusammen rund 280 Munitionszüge für Feldartillerie und
Z17 Munitionszüge^) für die Hauptkampfgeschütze der schweren Artillerie. Die Verpflegungsstärke der Heeresgruppe Gallwitz bezifferte sich Ende August auf rund 750 000 Mann, die von der Etappen-Inspektion 2 allein versorgt werden mußten; denn für die 1. Armee war bisher noch keine eigene
Etappen-Inspektion eingerichtet worden. Auf Grund der Erfahrungen der nunmehr schon zwei Monate ununterbrochen tobenden Schlacht verfügte die Ober st e Heeresleitung für den 28. August die Auflösung der Heeresgruppe Gallwitz und die Bildung einer auf breiterer Grundlage ruhenden, aus der 6., 1. und 2. Armee be-
stehenden Heeresgruppe3) unter Generalfeldmarschall^) Rupprecht Kronprinz von Bayern, Chef des Generalstabes Generalleutnant von Kühl, mit dem Hauptquartier in Eambrai. Den Oberbefehl über die 6. Armee gab KrönPrinz Rupprecht an Generaloberst Freiherrn von Falkenhausen ab. General von Gallwitz urteilt über diese Maßnahme in seinen Erinnerungen^): „Eine
Schaffung solcher Gruppen war längst am Platze. Die Oberste Heeresleitung konnte nicht alles übersehen und selbst leiten. Hätte Heeresgruppe Rupprecht vor dem 1. Juli bestanden, so wäre bei Peronne jedenfalls besser *) Näheres über Verluste siehe Anlage 3. -) S. 219, Anm. 1. 3) 6.422. 4) Am 23. Juli zu diesem Dienstgrad befördert. 5) von Gallwitz, a. a. O., S. 94.
v
382
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
vorgebaut und der erste Einbruch besser abgewehrt worden". Aber auch jetzt noch bedeutete die Einsetzung eines Heeresgruppenkommandos, das nicht
durch gleichzeitige Betreuung einer Armee beschwert war, eine wesentliche Verbesserung. So war die Somme-Front im Bereiche des Möglichen auf die Abwehr neuer feindlicher Anstürme vorbereitet.
4. Betrachtungen *). I»li/A»g«st.
Die Schlacht an der Somme hatte mit siebentägigem, alles zerschlagendem
britisch-sranzösischen Vorbereitungsfeuer begonnen.
Uber die Größe der
Gefahr hatten also Zweifel nicht bestehen können. Trotzdem hat die Oberste Heeresleitung im Vertrauen auf die Widerstandskraft der Stellungstruppe in ihren Maßnahmen zur Verstärkung der bedrohten Front bis zum 30. Juni Zurückhaltung geübt, insbesondere die benachbarte 6. Armee zur Hilfeleistung kaum herangezogen^). So kam es, daß am 1. Juli dem Angriff von 14 briti-
schen und fünf französischen Divisionen nur sieben deutsche gegenüberstanden, die durch das vorhergehende Dauerfeuer bereits stark gelitten hatten. Ob bei rechtzeitigem Einsatz frischer Kräfte an dem besonders gefährdeten Abschnitt zwischen der Anere und Soyeeourt der Anfangserfolg der ver¬ bündeten Gegner — Einbruch in die erste deutsche Stellung in rund 20 Kilometer Breite — gänzlich auszuschalten gewesen wäre, ist fraglich. Wohl
aber hätte die mit solchem Einschub verbundene tiefere Gliederung die
Widerstandskraft wesentlich erhöht, vielleicht auch die Möglichkeit geboten, verlorene Stellungsteile zurückzugewinnen. Auch wäre der Gedanke, das Höhengelände westlich von Peronne freiwillig dem Gegner zu überlasten, dann wohl kaum aufgekommen. Eine derartige Versteifung der SommeFront war selbst in den letzten Iunitagen noch möglich entweder durch Freigabe der hinter der 2. Armee stehenden Heeresreserven, in beschränkterem Umfange aber auch aus eigener Kraft dieser Armee durch Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden 10. bayerischen Infanterie-Division und von Teilen
der nicht bedrohten fünf Divisionen des Südflügels. Nachdem der Einbruch aber einmal in großem Amfange erfolgt war, wurden die hinter der Armee am 1. und 2. Juli stehenden und ankommenden Reserven — rund sieben
Infanterie-Divisionen — in den schweren Kämpfen rasch verbraucht. Weitere Verstärkungen trafen dann nur allmählich ein und reichten kaum aus, auch nur den allerdringendsten Bedarf zu decken. Schlußbetrachtungen sollen im Band XI folgen. 2) S. 319.
Betrachtungen.
383
Klar und richtig schildert ein Regimentsführer') in einem Bericht an die Oberste Heeresleitung die taktischen Gründe für die anfänglichen deutschen Einbußen: Danach hatten die Gegner ihre Erfolge in erster Linie
dem tagelangen, durch Luftbeobachtung geleiteten, überwältigenden Feuer, besonders aus schweren Geschützen und Minenwerfern, zu verdanken. Die weit unterlegenen deutschen Batterien und Luftwaffen wurden so gut wie ausgeschaltet. An planmäßige Bekämpfung der feindlichen Artillerie war daher nicht zu denken. Die artilleristische Abwehr war bis in die ersten
Iuliwochen im wesentlichen auf Sperr- und Streufeuer beschränkt. Die feindlichen Flieger beherrschten die Luft nahezu vollkommen, leiteten das Feuer und griffen — sehr tief fliegend — häufig in den Kampf auf der
Erde mit Maschinengewehren und Bomben ein. Der Bericht schließt: „Da wo der Gegner eine so große Menge schwerster artilleristischer Kampfmittel anhäuft, ohne daß wir in der Lage sind, ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, kann eine nur mit den Mitteln der Feldbefestigung verstärkte
Stellung von Infanterie nicht gehalten werden. Anderseits trat sehr bald nach dem gelungenen ersten Sturm, wie schon früher, die Unfähigkeit der Gegner hervor, den Erfolg auszunutzen. Wenn während des siebentägigen Trommelfeuers die Besatzung der vordersten Stellung in den Nächten unbemerkt bis auf einen dünnen Schleier herausgezogen und rückwärts bereitgestellt worden wäre, so würde es vermutlich gelungen sein, die Stellung im Gegenstoß wiederzugewinnen. So aber mußte der Befehl, unter allen Umständen den vordersten Graben zu halten, nicht nur zum
Verlust der Stellung, sondern auch zum Verlust der die Besatzung bildenden Truppe und des Materials führen". Die Gefechtstätigkeit, die feit dem 1. Juli nicht mehr abriß, steigerte sich in Abständen von durchschnittlich zehn Tagen zu höchster Wucht. Die Zwischenzeit war durch fast ununterbrochenes Feuer und Vorstöße auf schmaler Front ausgefüllt, die die körperlichen und seelischen Kräfte der Verteidiger zerrieben. Die charakteristischen Merkmale der Schlacht waren von Anfang an eine in diesem Ausmaße noch unbekannte Feuersteigerung vor den Infanterieangriffen und eine äußerst rührige Tätigkeit weit über-
legener feindlicher Fliegerschwärme. Die verbündeten Gegner haben den operativen Durchbruch durch die Westfront erstrebt und führten, als der erste Einsatz von Munition und Stoßkräften ihn nicht brachte, immer neue Divisionen gegen die geschwächten deutschen Linien vor, erreichten aber auch damit nichts Ent-
scheidendes. Trotz Überlegenheit und zähen Angriffswillens konnten sie bis 0 Obstlt. d. Genst. Freiherr von der Goltz als Führer des Gren. Regts. 10 der 11-3- 2)., Bericht vom 11. Aug. 1916.
384
Die Westfront im Juli und August. — Somme-Schlacht.
Zutt/August. Ende August nur den Gewinn eines verwüsteten Geländestreifens von rund
25Kilometer Breite und höchstens acht Kilometer Tiefe zwischen Ovillers und Vermandovillers buchen.
Der operative Gedanke war immer mehr
zurückgetreten. Die Schlacht war zum Zermürbungskampf ausgeartet, der ungeheuren Kräfteeinsatz und große Opfer auf beiden Seiten forderte. Die
Engländer bezifferten ihre Verluste im Juli und August auf rund 190 000 Mann, die Franzosen auf rund 80 000. Diesen 270 000 Mann Gesamtverlusten der Angreifer stand ein Ausfall von rund 200 000 deutschen
Kämpfern gegenüber. Vis Ende August waren auf dem Schlachtfelde beiderseits der Somme 62 britische und 44 französische, zusammen 106 Infanterie-Divisionen gegen nur 57% an Kopfzahl meist erheblich schwächere
deutsche zum Angriff vorgeführt worden^). Die Tätigkeit der höheren Führung blieb wie schon in früheren großen Abwehrschlachten im wesentlichen auf Vereitstellung von Truppen zu Ablösung und Gegenangriffen, Regelung der Befehlsverhältnifse, Nachschub und Fürsorge sowie auf Sammlung und Verwertung von Erfahrungen beschränkt. Die operative Führung war in der „Materialschlacht" so gut wie ausgeschaltet. Der Gedanke des Ausweichens, wie ihn General von Below am 1. Juli
westlich von Peronne in die Tat umsetzen ließ, hatte in der Lage der 2. Armee nur dann Berechtigung, wenn damit Aussicht auf wirkungsvollen Gegenangriff geschaffen wurde. Da die Armee selbst über die dazu nötigen
Kräfte nicht verfügte, sie vielmehr nur von der Obersten Heeresl e i t u n g erhalten konnte, wäre deren vorheriges Einverständnis einzuholen
gewesen. General von Falkenhayn, der ausreichende Kräfte gleichfalls nicht mehr hatte, hat das Ausweichen mit aller Entschiedenheit verworfen und für die Verteidigung den Grundsatz zähesten Kampfes um Geländebesitz betont. Cr sowie die Armeeführung und auch die meisten Unterführer hielten es nach wie vor für notwendig, die vorderste Linie unbedingt zu halten. In diesem Bestreben wurde der erste Graben dann oft unnötig stark besetzt. Hohe Verlustziffern und ungünstige moralische RückWirkungen waren die Folge. Seit August finden sich daher in den Befehlen der höheren Führung wiederholt Hinweise auf die Notwendigkeit dünnerer Besetzung der ersten Verteidigungslinie. Das war nichts Neues, stieß aber allzuoft auf die Schwierigkeit, daß es im Hintergelände an Anlagen fehlte, die Schutz gegen feindliches Artilleriefeuer boten. Die deutsche Verteidigung blieb im wesentlichen starr und verzehrte damit die Kräfte der ') Divisionen, die mehrfach eingesetzt wurden, sind hierbei auch mehrfach gezählt worden.
Betrachtungen.
385
Divisionen rascher, als es sonst der Fall gewesen wäre. Ihre Infanterie
war durchschnittlich nach vierzehntägigem Einsatz so zerschlagen, daß sie ersetzt werden mußte. Die Generalkommandos (Gruppenkommandos) wurden
im allgemeinen etwa gleichzeitig mit ihren Divisionen, die Divisionskommandeure mit ihren Fußtruppen abgelöst. Die deutsche Truppe sah sich einem tapser angreifenden und zähe
haltenden infanteristischen Gegner sowie einer gewaltigen, durch zahlreiche Flieger vortrefflich unterstützten Überzahl an Artillerie gegenüber. Trotzdem haben sich die eingesetzten Truppenteile aller deutschen Stämme in aufopfernder Pflichterfüllung zu behaupten gewußt. Eine Fülle von Heldentaten in hartnäckiger Verteidigung und kühnen Gegenstößen kennzeichnet die beiden blutigen Monate. Kurze örtliche Gegenstöße hatten meist Erfolg. Die Versuche, Gelände, das der Feind bereits in der Hand hatte, durch Gegenangriffe zurückzugewinnen, scheiterten dagegen fast durchweg an der feindlichen Übermacht und kosteten dann schwere Verluste. Wohl aber war es oft nur durch Ansetzen solcher Angriffe möglich, den Zusammenhang in der zerrissenen Front wiederherzustellen. Durch das heftige feindliche Feuer waren Kampfgräben und Hindernisse in kurzer Zeit fast durchweg zerstört. Die Truppe lag meist in Granattrichtern. Unterstände fanden sich vorn nur noch in beschränkter Anzahl, vor allem an Steilhängen und
Ortschaften. Diese wurden damit zu blutig umstrittenen Anklammerungspunkten. Mangel an Schlaf, an regelmäßiger Verpflegung und Getränken
stellte neben den Kampfeindrücken und Witterungseinflüssen ungeheure Anforderungen an Leistungsfähigkeit und Widerstandskraft von Mann und Pferd. Die Versorgung Verwundeter war infolge des auch nachts kaum
unterbrochenen feindlichen Feuers äußerst erschwert. In den Wochen nach dem ersten Einbruch der Gegner mangelte es zunächst an allem, ausgenommen Ver-
pflegung.
Am drückendsten wurde die ungenügende Ausstattung mit
Luftstreitkräften empfunden. Das Fehlen einheitlicher taktischer Leitung sämtlicher zur Abwehrschlacht vereinigter Fliegerverbände erschwerte die Ausnutzung ihrer an sich geringen Kampfkraft. Die weit überlegenen Feinde waren in der Lage, sowohl die Fernaufklärung völlig zu unterbinden, als auch die Artilleriebeobachtung fast ganz auszuschalten. Der deutsche Flugzeugeinsatz genügte eben noch für Vilderkundung und Nahaufklärung. Für mehrere Divisionen stand nur eine Truppen-Flieger-Abteilung zur Verfugung, die zumeist auch noch ohne Schutz durch Jagdflieger bleiben mußte. Denn das Armee-Oberkommando war gezwungen, diese zusammenzuhalten, um wenigstens an den bedrohtesten Frontteilen die Aufklärung in das feindliche Hinterland zu erzwingen. Die damals noch zum Schutze der Weltkrieg, x. Band.
os
38a
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
. Aufklärungsflieger eingesetzten Kampfstaffelverbände hatten die Hauptlast des Luftkampfes zu tragen, waren ihrer Aufgabe technisch aber gegenüber
den feindlichen Jagdflugzeugen nicht gewachsen. Da zur gleichen Zeit an Feldluftschiffer-Abteilungen nur zwei mit zusammen sechs Ballonen gegenüber 25bis 30 gegnerischen Ballonen vorhanden waren, kämpfte die Artillerie gewissermaßen mit verbundenen Augen. Zahlreiche deutsche Batterien wurden mit Hilfe der so gut wie ungestört arbeitenden gegnerischen
Luftbeobachtung niedergekämpft. Durch Bomben- und Maschinengewehrangriffe aus geringer Höhe gegen Infanterie- und Vatteriestellungen sowie Kolonnen erweckten die feindlichen Flieger bei den deutschen Truppen das Gefühl völliger Wehrlosigkeit. Die Abwehr durch die wenigen Flugabwehrgeschütze (Flak) reichte bei weitem nicht aus. Ein besonderes Luftschutz-Fernsprechnetz fehlte; die Meldungen über das Nahen feindlicher Flieger kamen daher meist zu spät. Die berechtigten Notschreie, vor allem der Infanterie, führten dazu, daß, vorwiegend aus moralischen Gründen, ein Teil der Flugzeuge zum Sperrefliegen an der Front eingesetzt wurde; dies Verfahren zersplitterte die ohnehin geringen Kräfte und erwies sich als durchaus unwirksam. Erst als Mitte August bei den Generalkommandos besondere Gruppenführer der Flieger eingesetzt waren, konnte der Einsatz der
Luftwaffe einheitlicher und vielfach auch zweckmäßiger gestaltet werden. Das Vertrauensverhältnis zwischen Truppe und Fliegern wuchs. Auch die an der Somme häufig lang anhaltenden Morgennebel behinderten die deutsche Luftaufklärung, weil infolge der Unsichtigkeit in den Vormittagsstunden für die Erkundung hauptsächlich die Nachmittage in Betracht kamen. Am diese Zeit störte aber der Stand der Sonne die deutsche Beobachtung, während er die feindliche erleichterte.
Die zahlenmäßig gleichfalls weit unterlegene deutsche Infanterie konnte infolge ihrer Schwäche nur unzureichend nach der Tiefe gegliedert werden.
Damit war nicht nur eine Einbuße an Widerstandskraft, sondern
auch an Arbeitsleistung für den Ausbau rückwärtiger Verteidigungslinien
verbunden. Vorzeitiger Kräfteverbrauch durch Gegenstöße und Gegenangriffe und das Fehlen geregelter Ablösungsmöglichkeiten nötigte nicht selten dazu, die Kräfte der Truppe zu überspannen. Neu zugeführte Divisionen mußten oft mit den eben ausgeladenen vordersten Teilen in die Schlacht geworfen oder zu übereilter Ablösung völlig ausgebrannter Truppen
vorgezogen werden. Zahlreiche Gewehre, Maschinengewehre, Nahkampfmittel, Schanzzeug und Ausrüstungsgegenstände wurden im Trommelfeuer und den sich anschließenden Nahkämpfen unbrauchbar oder gingen verloren. Annäherungswege waren nach dem ersten Geländeverlust kaum
noch vorhanden; so gestaltete sich das Vorführen von Verstärkungen,
Betrachtungen.
387
Munition, Baustoffen und Verpflegung zu den vorderen Linien schwierig und verlustreich und war nur bei Nacht möglich. Feldküchen und Cssen-
holer erreichten infolge des nächtlichen Störungsfeuers die im Trichtergelände verstreuten Kampfgruppen häufig nicht. So mußten diese sich von mitgeführten Getränken und Lebensmitteln notdürftig erhalten. Zum Erwärmen der Konserven diente Hartspiritus. Der Bedarf hieran konnte anfangs auch nur zum Teil befriedigt werden. Die Verstärkung der deutschen Artillerie, insbesondere der
schweren, erfolgte trotz rechtzeitiger Anforderungen zu spät. Die ArtillerieWirkung litt anfangs unter mangelhafter Zusammenarbeit.
Erst die von
General von Gallwitz eingeführte Neuordnung und einheitliche Feuerleitung führte zu größeren Erfolgen bei Artilleriebekämpfung, Verteidigung und Gegenangriff sowie zur Verbesserung des flankierenden Sperrfeuers, namentlich aber zu geregelter Zusammenarbeit zwischen Artillerie, Fliegern und den übrigen Crkundungsstellen. Das frontale Sperrfeuer blieb trotz Einsatzes von Minenwersern bis zum Beginn der Infanterieangriffe und auch noch darüber hinaus an vielen Stellen lückenhaft; die namhaften Ver-
stärkungen bewirkten infolge hoher Ausfälle an Geschützen nur sehr allmählich eine Besserung. Da die Feldartillerie neu ankommender Diyisionen fast durchweg später als deren Infanterie zum Einsatz kam, gab es bald Stockungen im Austausch mit den Armeen, von denen die Divisionen kamen. Die Feldartillerie blieb angesichts ihrer weniger starken Beanspruchung auch länger als die Infanterie, oft bis zu vier Wochen, eingesetzt. Die damit bedingte Vermischung der Verbände ließ sich nicht vermeiden. Das Vorhandensein mit der Kampflage vertrauter Artillerie wurde von den neu eingesetzten Divisionen sogar als Vorteil angesehen.
Eine beschränkte Ablösung der schweren Batterien konnte erst eintreten, als Mannschaften und Gerät über Gebühr abgenutzt waren. Der Nachschub an Munition vermochte der starken Vermehrung an Artillerie zunächst nicht zu folgen. Der Verbrauch, den das häufig angeforderte Sperrfeuer und der Verlust von Stellungen mit sich brachte, war ungeheuer. Der Inhalt der eintreffenden Munitionszüge mußte dem augenblicklichen Bedürfnis entsprechend an die Front geworfen werden, bis durch Auswertung der vor Verdun gewonnenen Erfahrungen und Überführung der dort verwendeten Nachschubeinrichtungen eine Besserung erzielt wurde. Die anfangs vorhandene Gerätereserve an Geschützen und Geschützteilen war bei den großen Ausfällen zu Beginn der Schlacht rasch aufgebraucht und konnte nicht schnell genug ergänzt werden. Es kam vor, daß Batterien tagelang nur über ein bis zwei Geschütze verfügten. Das artilleristische Erkundungs-, Meß- und Nachrichtenwesen — durch den feindlichen Einbruch 25*
388
Die Westfront im Juli und August. —
Somme-Schlacht.
zunächst völlig in Unordnung geraten — war erst seit Bildung der Heeresgruppe Gallwitz wieder in einwandfreiem Betrieb.
Den Pionieren und Bautruppen fiel nach dem Verlust des vorderen Stellungssystems die schwierige Aufgabe zu, neue rückwärtige Stellungen und in ihnen vor allem die immer mehr als unentbehrlich er-
kannten Unterkunftsstollen anzulegen. Bei diesen ging man schließlich bis zu zehn Meter in die Tiefe, um Schutz gegen die Treffer der schweren und
schwersten feindlichen Artillerie zu schaffen. Dabei wuchs die Gefahr, daß solche Unterstände zu „Menschenfallen" wurden. Die Bestände der Pionierparks waren unzureichend; es mangelte insbesondere an Hindernis-
Material und Schurzholz für den Unterstandsbau. Beim Fernsprechwesen steigerten sich die Schwierigkeiten in den ersten Iuliwochen gelegentlich zu fast völligem Versagen, da die meisten Befehlsstellen nach rückwärts verlegt werden mußten und gleichzeitig zahl¬ reiche höhere Stäbe neu eingeschoben wurden. Besondere Netze für Artillerie, Flieger, Ballone und Meßtrupps mußten geschaffen werden. Auch waren die eintreffenden Truppen teilweise nur unzulänglich mit Fern-
sprechgerät ausgerüstet, und vieles ging in den unaufhörlichen Kämpfen verloren. An Lichtsignal- und Funkgerät sowie an Brieftaubenschlägen
herrschte Mangel. Die Unterkunftsverhältnisse für Mann und Pferd wurden immer schwieriger. Vorn fehlte es an Unterständen, weiter rück¬ wärts mußten die unter Störungsfeuer liegenden Ortschaften bald geräumt werden. Die Truppen biwakierten hinter Steilhängen, in Wäldern und Parks, wurden aber durch die feindliche Artillerie auch dort bald unter die Erde oder zu weiterem Ausweichen nach rückwärts gezwungen, wo sich dann in den noch bewohnbaren Ortschaften alles eng zusammendrängte. Das verbrauchte Kräfte und zehrte bei mehrfach regnerischem Wetter an der Gesundheit von Mann und Pferd. Baracken und Stallzelte reichten bei weitem nicht aus. In dem wegen des durchlässigen Kalkgesteins an sich schon wasserarmen Gebiet waren die Brunnen den gesteigerten Bedürf-
nissen bald nicht mehr gewachsen. Die Eisenbahnen hatten plötzlich hohe Transportanforderungen zu bewältigen. Die Heranführung zahlreicher Verstärkungen sowie der Austausch erholungsbedürftiger Divistonen wurde von ihnen mit Zuverlässigkeit durchgeführt. Dagegen kam es bei der Abwicklung der gleichzeitig
erheblich gesteigerten Nachschubtransporte zu Stockungen, da die Bahnhofsanlagen im vorderen Armeebereich auf solche Verkehrssteigerung nicht eingerichtet waren. wirksam werden.
Erweiterung und Vermehrung konnte nur allmählich Die Schwierigkeiten wurden noch vermehrt durch den
389
Betrachtungen.
Ausfall leistungsfähiger Bahnhöfe als Folge von Beschießung oder ständiger Fliegerangriffe, die sich bis tief in das Hinterland gegen wichtige Knotenpunkte richteten und an Häufigkeit und Heftigkeit immer mehr zunahmen. Das vorhandene Feld - und Förderbahnnetz erwies sich für
Großkampfverhältnisse als unzureichend. Seine Ausgestaltung ließ sich nicht in kurzer Zeit ermöglichen, zumal erhebliche Teile des verfügbaren Materials und Personals noch vor Verdun festlagen. Die Hauptlast des Nachschubs zur vorderen Linie lag daher auf den durch landesübliche Fahrzeuge verstärkten Pferde- und den Lastkraftwagen - Kolonnen, deren
Zahl durch Einsatz neu aufgestellter Fußartillerie-Munitions-Kraftwagenkolonnen erst nach und nach vermehrt wurde. Das Straßennetz war zwar gut und ausreichend, bei der gesteigerten Beanspruchung genügten aber
die Vautrupps zu seiner Unterhaltung nicht. Alles in allem mußten Vesehlsgebung, Nachrichtenübermittlung und Nachschub mitten in schwersten Kämpfen auf eine völlig veränderte Grundläge gestellt werden. Das dauerte Wochen und wurde durch neue Angriffe
des Feindes mehrfach ernstlich gestört. Aber Führung und Truppe hatten sich trotz der geschilderten Schwierigkeiten und großer feindlicher Übermacht den fast übermenschlichen Anforderungen der Dauerschlacht bislang gewachsen gezeigt. Daß die körperlichen und seelischen Kräfte auch weiterhin ausreichen würden, durfte erwartet werden.
B. Die Kämpfe bei Verdun vom 3. Juli bis Ende August. Karte 3, Skizzen 12 und 14.
l. Die Kämpfe bis Mitte August. Als Kronprinz Wilhelm am 12.Juli die vorläufige Einstellung des Angriffs auf beiden Maas-Ufern befahl'), waren die im Hauptkampfraum der Angriffsgruppe Ost vom Froide Terre-Rücken bis zum Berg-
wald stehenden Truppen abgekämpft und ablösungsbedürftig. Der Austausch gegen kampfkräftige Divisionen vollzog sich nach und nach in der Zeit bis zum 24. Juli'); und zwar wurden ersetzt: Gen. Kdo. I. bayer. A. K. am 15. Juli durch Kommando des Alpenkorps, 1. bayer. Inf.-Division .
-
15.
-
-
4. Infanterie-Division,
Alpenkorps (Truppen) .
-
19.
-
-
6. bayer. Inf.-Division,
Gen. Kdo. X. R. K.
Gen. Kdo. XVIII. R. K.,
. .
-
15.
-
-
103. Infanterie-Division
-
23.
-
-
Garde-Ersatz-Division,
1. Infanterie-Division
-
17.
-
-
21. Reserve-Division.
>) S. 202. — 2) Anlage 2.
390
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
Ende Juli Die 1. Infanterie-Division wurde Reserve der Angriffsgruppe Ost, die J ' Truppen des Alpenkorps') Reserve der Heeresgruppe; das I. bayerische Armeekorps und die 103. Infanterie-Division traten zur Armee-Abteilung
Strang) über. Die „Periode des Stillstandes" sollte dazu benutzt werden, die Stellungen so auszubauen, daß sie „unter möglichster Schonung der eigenen Kraft auch starken Angriffen gegenüber" gehalten werden konnten. Die Kämpfe auf dem W e st u s e r waren abgeflaut. Dieses hatte an
Bedeutung soweit eingebüßt, daß General von Gallwitz, der Führer der Angriffsgruppe West, am 16. Juli als Heeresgruppenführer an die Somme abberufen wurde'). An seine Stelle trat der Kommandierende General des
VII. Armeekorps, General der Infanterie vonFrangois, der die Führung seines Korps daneben beibehielt. Auf dem O st u f e r ließen dauerndes stärkstes Artilleriefeuer und neue
Vorstöße des Gegners, der den in den letzten Großkämpfen verlorenen Voden um jeden Preis wiederzugewinnen trachtete, es nicht zu dem befohlenen Stellungsausbau kommen.
Auch für die Franzosen war der Kampf bei Verdun nach dem Beginn der Somme-Schlacht in die zweite Linie gerückt. Mitte Juli standen in der befestigten Stellung von Verdun sieben Korps mit 30 Divi¬ sionen. Ihre Hauptaufgabe sollte hinfort sein, den Feind in möglichster Stärke zu fesseln. Darüber hinaus galt es, die sehr beengte eigene Lage zu verbessern, vor allem auf der Front Thiaumont—Fleury. Dabei zwang die Beschränkung der Kampfmittel dazu, die Kräfte in zeitlicher wie räumlicher
Beziehung aufs schärfste zusammenzufassen. Zunächst schritten die Franzosen am Morgen des 15. Juli unter Einsatz einer vor wenigen Tagen auf dem Westufer herausgelösten Division nach
neunstündiger Artillerievorbereitung durch 146 Feld- und 158 schwere Geschütze mit sieben Bataillonen in vorderster Linie zum Angriff auf die größtenteils nur aus Granattrichtern bestehenden deutschen Stellungen zwischen dem Froide Terre-Rücken und St. Fine Kapelle. Er scheiterte trotz rücksichtslosen Einsatzes und mehrfacher Anstürme an dem erbitterten
Widerstande der zusammengeschmolzenen Kampftruppen der 4. InfanterieDivision und des Alpenkorps. Lediglich der I-Raum an der Straßen¬ 1) Nach Abgabe von Teilen zur Bildung des Karpaten-Korps (S. 547) noch neun Btle. und elf Bttrn.
2) In der Front der A.Abt. Strantz standen vom 23. Juli ab: Gen.Kdo. des V.A.K, mit bayer. Crs. D., 5. Ldw. D., 10. und 9. I.D.; 33. R. D.; Gen. Kdo. des I.bayer.A.K. mit 1. und 2.bayer. sowie 103. I.D.; Ii), und 8.Crs.D. 3)S. 366
Schwere Abwehrkämpfe auf dem Ostufer.
391
kreuzung südwestlich des Zwischenwerks Thiaumont fiel abends in fran» zösische Hand. Cin neuer Angriff dreier Bataillone aus der Weinbergschlucht am folgenden Morgen brachte keinen weiteren Erfolg, abends
jedoch konnte der Feind seinen Einbruch auf dem Froide Terre-Rücken durch Wegnahme der westlichen Batterie a erweitern. Wiederholte deutsche Gegenstöße in den nächsten Nächten blieben ebenso ergebnislos wie die
tagsüber fortgesetzten Anstrengungen der Franzosen, auch noch die östliche Batterie a und das Zwischenwerk Thiaumont zurückzugewinnen. Hingegen glückte es ihnen, sich am Morgen des 19. Juli bei St. Fine Kapelle fest-
zusetzen und abends durch Handstreich den großen M-Raum südwestlich von Fleury wiederzuerobern, den sie in anschließenden wütenden Nahkämpfen auch zu behaupten wußten. Einen weiteren Erfolg errang der Gegner nach Einsatz frischer Kräfte am 24. Juli. Nach mehrstündiger Artillerievorbereitung, unter der die schwachen deutschen Linien auf dem Froide Terre-Rücken dahinschmolzen, konnte er sich gegen Mittag der östlichen Batterie a und des daneben gelegenen I-Raumes bemächtigen. Die wenigen überlebenden Verteidiger glitten an den äußeren Wall des einem
Trümmerhaufen gleichenden Zwischenwerks Thiaumont zurück, wo sie mit Hilfe der schwachen nach vorn gelangten Reserven in den nächsten Tagen allen Anstürmen des Feindes auf das Werk trotzten. Auch an den Rändern
der Weinbergschlucht und südlich von Fleury vermochten die Franzosen trotz raschen Ersatzes der abgekämpften Truppen durch frische bis zum Monatsende keine Fortschritte mehr zu erzielen. Ebensowenig glückte aber
auch ein Gegenangriff von sieben deutschen Kompagnien auf dem Froide Terre-Rücken am 27. Juli. Die Ereignisse zeigten deutlich, daß es keineswegs nur von der deut-
schen Seite abhing, ob bei Verdun Ruhe eintrat. Wollte man nicht zusehen, wie ein Stück des eroberten Bodens nach dem andern wieder verlorenging, so war mit reiner Abwehr auf die Dauer nicht auszukommen. Die äußerst
gefahrvolle Lage, in die das Zwischenwerk Thiaumont durch die fortgesetzten französischen Angriffe geraten war, hatte daher General von Lochow schon am 17. Juli ein Vortreiben der stark zurückgebogenen Linie nördlich des Froide Terre-Rückens an der Naht der 25. Reserve- und 4. Infanterie-
Division ins Auge fassen lassen. Auch war er entschlossen, die große Einbuchtung in der Kampffront an der Souville-Nase sobald wie möglich durch einen Angriff frischer Kräfte des XVIII. Reservekorps zu strecken, der zugleich eine günstige Ausgangslage für den späteren Sturm auf Fort Souville und die Höhen östlich des Forts schaffen sollte. Diese beiden Anternehmungen brachte er denn auch in Vorschlag, als General Schmidt von Knobelsdorf am 22.Juli darauf hinwies, daß nunmehr an die
392
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
End« I««. Fortsetzung der Offensive gedacht werden müsse, nachdem die Artillerie
umgruppiert, das Sperrfeuer überall geregelt und die abgekämpsten Truppen durch frische ersetzt seien. Als Hauptziele bezeichnete der Armeechef in einer Besprechung am folgenden Tage Fort Souville und die dortige Höhenstellung, Zwischenwerk Lauste und die West-Ost-Schlucht. Da aber ein großer Angriff auf breiter Front mangels schwerer Artillerie nicht mehr in Frage kam, sollten diese Ziele nacheinander vom XVIII. Reservekorps, XV. Armeekorps und VII. Reservekorps erstrebt werden. Die zeitliche Aufeinanderfolge hing von der verfügbaren Munition ab, an der es besonders
für Feldkanonen gebrach'). Als erstes Unternehmen wurde entsprechend dem Vorschlage des Generals von Lochow die Wegnahme der Souville-Rase durch das XVIII. Reservekorps für den 1. August in Aussicht genommen; am gleichen Tage sollte die 4. Insanterie-Division ihre Linien nordwestlich und westlich des ZwischenWerks Thiaumont vorschieben, um die Behauptung der schwierigen Froide
Terre-Stellung zu erleichtern, das XV. Armeekorps sich der Doppelbatterie westlich des Zwischenwerks Laufee bemächtigen und eine günstige Ausgangsstellung für den demnächstigen Angriff auf das Werk selbst gewinnen. Für den 1. August hatte aber auch General R i v e l l e einen Angriff
in Aussicht genommen, und zwar mit dem Ziel Zwischenwerk Thiaumont—
Fleury. Er hielt die Deutschen für geschwächt. Ihre Frontstärken schienen zurückgegangen zu sein, ihre Artillerie und Flieger erheblich vermindert. Dauernde Beunruhigung in Form von Handstreichen und Sappenangriffen sollten den Gegner in Atem halten. Indessen auch die eigenen Kräfte nahmen ab. Die Folgen der Somme-Schlacht machten sich in zunehmendem Maße bemerkbar. Trotz lebhafter Klagen waren immer weniger Truppen verfügbar, mit Munition mußte gespart werden, die Arbeitskräfte wurden eingeschränkt. Am 1. August standen noch 28 Divisionen in der Front, von denen vier abgegeben werden sollten. So war General Nivelle trotz ge¬
flissentlich betonter zuversichtlicher Stimmung doch auch nicht ohne Sorge vor weiteren überraschenden deutschen Angriffen, zunächst in der Gegend der Dicourt-Ferme südlich von Damloup. Der Angriff des Generals vonLochow kam den französischen Plänen A. Juli vis zuvor. Die Artillerievorbereitung hatte am 29. Juli mit einem zweitägigen
i. A«g«st. Zerstörungsschießen begonnen. Im Abschnitt des Kommandos des Alpen-
korps standen hierfür neun schwere Steilseuer-Batterien mit 4200 Schuß zur Verfügung; sie hatten am 31.Juli und in der Nacht zum I.August ruhiges Feuer zu unterhalten, um den Gegner an der Wiederherstellung >) 6.396, Sinnt. 1,
Ostufer: Wiederaufnahme deutscher Angriffe.
393
zerstörter Anlagen zu hindern, und den Sturm mit kurzem Trommelfeuer von nur fünf Minuten Dauer einzuleiten. Von letzterem Verfahren wurde hier zum ersten Male Gebrauch gemacht; man hoffte, auf diese Weise den Gegner eher überraschen zu können. Beim XVIII. Reservekorps wurde das Zer¬
störungsschießen von 30 schweren Steilfeuer-Batterien mit rund 20 000
Schuß durchgeführt. Zur Täuschung des Gegners erfolgte am Spätnachmittags des 30. Juli ein einstündiges Wirkungsschießen mit anschließendem Vorverlegen des Feuers. Für den Tag und die Nacht vor dem Angriff war
ruhiges Feuer zur Störung feindlicher Wiederherstellungsarbeiten befohlen, dem Sturm ging anderthalbstündiges Wirkungsschießen voraus. Die schwerste Artillerie belegte am 29. und 30. Juli sowie während des Wirkungsschießens am Angriffstage den Südteil der Souville-Schlucht und die Anlagen auf der Souville-Nase mit 385 30,5 em-Granaten und hielt am 1. August das
Zwischenwerk Froide Terre, die Forts Souville und Tavannes sowie die dazwischenliegende Höhenstellung mit rund 230 30,5 ein- und 42 eiu-Gra-
naten nieder. Die feindlichen Artilleriestellungen zwischen dem Fort Belleville und dem Tillat-Walde wurden am Spätnachmittage des 30. Juli eine Stunde lang und dann wieder vor und während des Sturmes vergast, wo-
für insgesamt 19 000 Schuß Grünkreuz- und 5600 1-Granaten vorgesehen waren. Der Gegner beantwortete das Vorbereitungsfeuer von Anfang an
kräftig und nahm zeitweise die deutschen Batterien unter stärkstes Feuer.
Ein Nachlassen seiner artilleristischen Kampfkraft war nirgends festzustellen. So setzte denn auch sofort schweres Sperrfeuer ein, als die inneren Flügel der 25. Reserve- und 4. Infanterie-Division am 1. August 5*° mor¬
gens mit nahezu vier Bataillonen aus ihren Kampfgräben vorbrachen. Trotzdem gelang es der Mitte der Angriffsfront, die feindlichen Stellungen auf dem oberen Teile des Thiaumont-Rückens im ersten Anlauf zu nehmen. Das gesetzte Ziel aber wurde nirgends erreicht, insbesondere blieben alle Anstrengungen, dem Feinde den I-Raum und die Batterie hart südwestlich des Zwischenwerks Thiaumont wieder zu entreißen, ergebnislos. Auch der um 10° vormittags einsetzende Hauptangriff des XVIII. Reservekorps zeitigte nur einen freilich erheblichen Teilerfolg. In schneidigem Ansturm überrannten die vier Kampfbataillone der 21. ReserveDivision die französischen Stellungen im Fumin- und Berg-Wald und erreichten, unaufhaltsam vordringend, in weniger als einer Stunde den Montagne-Rücken. Die drei Sturmbataillone der rechts benachbarten, vor-
nehmlich gegen das feindliche Hauptwiderstandszentrum, die Souville-Rase, angesetzten Garde-Crfatz-Division aber wurden sogleich nach dem Antreten durch stärkstes Maschinengewehrfeuer aus den von der deutschen Artillerie nicht gefaßten Gräben am Südosthang des Chapitre-Rückens zu Boden
394
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
t. August, gezwungen; nur der äußerste linke Flügel gewann auf dem Westhang der
Souville-Schlucht etwas Raum. So klaffte zwischen beiden Divisionen eine etwa 900 Meter breite Lücke, in die der Gegner alsbald mit starken Kräften
hineinstieß. Durch eiligst vorgeführte Reserven konnte die 21. Reserve-Division indessen die ihrer rechten Flanke drohende Gefahr nicht nur bannen, sondern den Feind spätnachmittags auch noch aus der Kiesgrube und vom Rücken der Souville-Rase werfen. Hingegen scheiterte ein neuer Vorstoß der Garde-Ersatz-Division um 9° abends wiederum völlig. Der Angriff der 30. Infanterie-Division, der dem des XVIII. Reservekorps nach einer Stunde folgte, war vorbereitet durch zweitägiges Zerstörungsschießen am 30. und 31. Juli und zweistündiges Wirkungsschießen am Sturmtage. Rur zehn schwere Steilseuer-Vatterien mit im ganzen rund 11 000 Schuß standen zur Verfügung. Sie genügten nicht, um die feind-
lichen Stellungen sturmreif zu machen. Infolgedessen stießen die drei Kampfbataillone der Division, als sie um 11° vormittags antraten, auf heftigen Widerstand, der jedoch am rechten Flügel und in der Mitte in erbittertem Nahkampf gebrochen werden konnte. Gegen 1° nachmittags war die Doppelbatterie an der Südwestspitze des Laufee-Waldes samt den anschließenden Stellungen in deutscher Hand. Der linke Flügel kam gegen das Zwischen-
werk Laufee zunächst vorwärts, sah sich aber infolge starker feindlicher GegenWirkung alsbald zum Zurückgehen in die Ausgangsstellung genötigt. Infolgedeffen konnte der Gegner am Nachmittage die Mitte der Angriffstruppen von Osten her aufrollen und die Doppelbatterie wieder nehmen; nur der
rechte Flügel vermochte den gewonnenen Voden gegen wiederholte feind-
liche Vorstöße zu behaupten. Die verhältnismäßig hohe Gefangenenzahl — fast 1000 Mann waren vom XVIII. Reserve- und XV. Armeekorps eingebracht worden — und
der glänzende Erfolg der 21. Referve-Division vermochten die Tatsache nicht abzuschwächen, daß der Angriff im ganzen gescheitert war, die Kampfkraft der Truppe aber aufs neue schwere Einbuße erlitten hatte.
Der Feind antwortete mit einem Gegenschlage größeren Ausmaßes. Nach längerer Artillerievorbereitung stießen Teile zweier aus2. August, geruhter Divisionen am Nachmittage des 2. August gegen die deutschen Linien am Südhang des Froide Terre-Rückens und südwestlich von Fleury
vor. An beiden Stellen glückte ihnen der Einbruch. Während die 4. Infanterie-Division ihn rechtzeitig abzudämmen vermochte, wurde bei der 6. baye-
tischen Infanterie-Division durch Aufrollen von nahezu sechs Kompagnien eine breite Lücke gerissen. Es entstand eine äußerst kritische Lage, die der
Gegner aber nicht ausnutzte. Zur gleichen Zeit überrannte ein französisches
Ostuser: Französische Gegenangriffe.
395
Bataillon die beiden vordersten Stellungen der 14. Reserve-Division am Rordhang der Pfeffer-Schlucht; aus der zweiten wurde es zwar sofort wieder hinausgeworfen, die erste aber konnte der Feind auch gegen einen
in der folgenden Nacht durchgeführten deutschen Gegenstoß behaupten. Auch die inneren Flügel des XVIII. Reserve- und XV. Armeekorps hatten sich am 2., besonders aber am 3. August wiederholter feindlicher Angriffe zu Z.August, erwehren. Den Hauptstoß führte der Gegner an diesem Tage wiederum
gegen die Front Zwischenwerk Thiaumont—Fleury. Nach stärkster ArtillerieVorbereitung brachen nachmittags etwa sechs Bataillone gegen die vielfach unzusammenhängenden, in Trichtern verstreut liegenden, von den letzten Kämpfen schwer mitgenommenen deutschen Kampflinien vor. Diese erlagen dem Anprall und wichen unter Verlust von über 1000 Gefangenen bis hinter
das Zwischenwerk Thiaumont und Fleury zurück. Aber auch die Stoßkraft des Feindes erlahmte bald unter der auflösenden Wirkung des Kampfes und infolge zahlreicher Kurzschüsse der eigenen Artillerie. So konnten ihm eiligst vorgeworfene schwache deutsche Reserven etwa 100 Meter nordöstlich des Dorfes, am Vahnbogen nördlich davon und östlich des Zwischenwerks Halt gebieten, aber der Höhenrücken, der seit Monaten das Ziel des deutschen Angriffs gewesen war, blieb verloren. Die Lage wurde von General von L o ch o w als so ernst angesehen,
daß er den auf den 4. August angesetzten Angriff des XVIII. Reserve- 4. August korps zur Wegnahme der südlichen Souville-Schlucht um 24 Stunden ver-
schob. Statt dessen erhielt General von Krafft Befehl, die verlorenen Stellungen unter Einsatz aller verfügbaren Reserven und Mitwirkung aller entbehrlichen Batterien der Rachbarabschnitte wiedernehmen zu lasten. Die 4. Infanterie-Division setzte zwei Bataillone gegen das Zwischenwerk Thiaumont, die 6. bayerische rechts drei, links anderhalb Bataillone gegen den südwärts anschließenden Höhenrücken und das Dorf Fleury an. Von den Bayern war aber nur die rechte Gruppe zur Stelle, als am 4. August
6" morgens nach einundeinviertelstündiger Artillerievorbereitung das Feuer vorverlegt wurde. Mit Ungestüm warfen sich die Sturmtruppen auf den Feind, der fluchtartig zurückging, durchstießen die Trümmer von Fleury und setzten sich an den jenseitigen Rändern fest. Rechts von den Bayern waren die beiden preußischen Bataillone beim Vorgehen gegen das Zwischenwerk
südwärts abgekommen. Auch sie gewannen hier den Höhenrücken. Annähernd 700 Gefangene wurden eingebracht. Die Scharte vom Vortage war indessen nur teilweise ausgewetzt, da
das Thiaumont-Werk noch in Feindeshand war. Ihm gegenüber klaffte in der deutschen Front eine Lücke, die erst in der Nacht notdürftig ausgefüllt wurde. Obwohl Anzeichen dafür vorlagen, daß der Gegner hier wie
396
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
bei Fleury vielleicht schon am nächsten Tage mit starken Kräften weiter angreifen würde, und es immerhin fraglich war, ob die geschwächte schwere Artillerie der Ostgruppe ausreichte, den Feind abzuwehren und gleichzeitig eine eigene Unternehmung vorzubereiten und zu decken, wurde für den 3. August doch an dem beabsichtigten Angriff des XVIII. Reservekorps festgehalten. Von der ebenfalls geplanten Wiedernahme des bei der 14. Reserve-Division verlorengegangenen Grabens sowie der Doppelbatterie im Abschnitt der 50. Infanterie-Division sollte hingegen Abstand genommen werden.
s.August.
Die für spätere Fortführung des Angriffs gegen Fort Souville so wich¬
tige Wegnahme der südlichen Souville-Schlucht glückte indessen wiederum nicht. Die nach zweistündiger Artillerievorbereitung um 8° morgens vor¬
brechenden Sturmtruppen der Garde-Ersatz-Division wurden alsbald durch stärkstes Maschinengewehrfeuer aus den nicht sturmreif geschossenen vorder-
sten feindlichen Gräben, ihr rechter Flügel durch einen französischen Gegenstoß angehalten; auch Verstärkungen gelang es nicht, die Front vorzureißen. Ebensowenig hatte der in verlustreiche Kämpfe verstrickte rechte Flügel der 21. Reserve-Division Erfolg; lediglich die Mitte der Division erreichte ihr Ziel, die vor ihr liegende Südspitze des Chapitre-Waldes, gab sie aber noch am gleichen Abend wegen des auf ihr liegenden außerordentlich starken Feuers wieder auf, um sich am folgenden Nachmittag von neuem in ihren
Besitz zu setzen. Rund 250 Gefangene wurden in diesen Kämpfen eingebracht. Unerwartet war außerdem der 50. Infanterie-Division am Morgen des
5. August der nördliche Teil der heiß umstrittenen Doppelbatterie durch schneidigen Zugriff einer Kompagnie wieder in die Hand gefallen. So waren abermals nur geringe Fortschritte erzielt worden, was
unzweifelhaft in erster Linie in völlig unzureichender Artillerievorbereitung begründet lag. General von Lochow verhehlte sich nicht, daß bei den stark verminderten artilleristischen Kräften und Munitionsraten'), die ihm noch zur Verfügung standen, nicht nur energische Fortführung des Angriffs auf dem Ostufer unmöglich wurde, sondern bei Einsatz stärkerer französischer Kräfte auch sicheres Festhalten der schwer erkämpften Stellungen in Frage Die schwere Artillerie der Ostgruppe war seit dem 1. Juni um 13 s. F. H.° und 15 Mrs. Bttrn. vermindert worden (Ab- und Zugänge gegeneinander aufgerechnet); im gleichen Zeitraum waren die Munitionsraten je Rohr und gewöhnlichen Tag für Feldkan. und l. F. H. von 100 auf 30, für Mrs. von 25 auf 15, für 10 cm-Kan. von 60 auf 25 und für 13 om-Kan. von 80 auf 10 Schuß herabgesetzt, für f. F. H. aber von ZS auf 60 Schuß erhöht worden, überdies hatte das A. O. K. am 2.Aug. Mrs.-Munition im allgemeinen gesperrt, Feldart.-Munition nur für Sperrfeuer freigegeben. Hierdurch hoffte es die Kampstagesraten in der bisherigen Höhe erhalten zu können.
Ostufer: Mangel an Kräften.
397
gestellt war. Infolge des schwächeren deutschen Feuers hatte der Feind seine Stellungen bereits wesentlich erweitern und verstärken können; die Kampfkraft seiner Truppen hielt länger vor, seine Artillerie wurde in ihrer Gefechtstätigkeit weniger gestört und konnte daher die deutschen Linien und Vatterien wirksamer bekämpfen.
Dem war nur abzuhelfen einerseits durch
wesentliche Erhöhung der Munitionsraten und Vereitstellung von Grünkreuz- und 1-Munition, andererseits durch Vermehrung der Artillerie um
einige schwere Feldhaubitz-Vataillone, Artillerie- und Kampfflieger. Das Oberkommando mußte indessen einen entsprechenden Antrag im wesentlichen ablehnen. In einer Besprechung mit dem Generalstabschef der Angriffsgruppe Ost am 7. August wies General Schmidt von Knobelsdorf 7.A«g»st. darauf hin, daß die Kämpfe an der Somme noch nicht abgeschlossen seien und in der Champagne aller Voraussicht nach eine feindliche Offensive bevorstehe. Daher könnte an Verstärkung der schweren Artillerie ebensowenig gedacht werden wie an Erhöhung der Munitionsraten. Sie seien auch gar
nicht dringlich, denn zur Abwehr feindlicher Teilangriffe, mit denen auch weiterhin gerechnet werden müsse, genüge die zur Verfügung stehende Artillerie und Munition nach den letzten Erfahrungen völlig, und ein größerer Angriff des Gegners an der Verdun-Front, wie ihn die Oberste Heeres-
leitung nach einer kurz vorher eingegangenen Mitteilung') erwarte, sei doch nicht sehr wahrscheinlich. Mit der Festsetzung des vom Oberkommando selbst angeregten Unternehmens zur Wiedereroberung des Zwischenwerks Thiaumont auf den 8. August erklärte sich General Schmidt von Knobelsdorf einverstanden. Die immer noch bestehende Einbuchtung in der Front des XVIII. Reservekorps sollte baldigst beseitigt und die am 4. August erreichte Linie bei Fleury, deren weiteres Vorschieben nicht erwünscht schien, stark ausgebaut werden. Hauptziel bleibe die Wegnahme des Forts Souville,
daneben die des Zwischenwerks Laufee, doch ließe sich noch nicht übersehen, wann der Zeitpunkt für diese Kampfhandlungen gekommen sein werde. Um die Ostgruppe für alle diese Unternehmungen kampfkräftig zu erhalten, war
das Oberkommando ständig bemüht, abgekämpfte Divisionen durch ausgeruhte zu ersetzen').
Der 8. August wurde ein heißer Kampftag für die Angriffsgruppe Ost. 8.A«g«st. Nach stärkstem Trommelfeuer von nur fünf Minuten Dauer auf die feindlichen Stellungen und ständigen Anlagen im Gefechtsstreifen der 14. Infanterie-Division, an dem 19 Feld- und 14 schwere Steilfeuer-Batterien beteiligt waren, warf ein auf und südlich des Froide Terre-Rückens neu
~)S.419. 2) Anlage 2.
398
«.ms ii. August.
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
eingesetztes Regiment des Alpenkorps den völlig überraschten Gegner aus Zwischenwerk Thiaumont, dem I-Raum und der östlichen Batterie a
hinaus sowie von dem nach Fleury streichenden Höhenkamm hinunter und behauptete den Gewinn gegen wiederholte französische Gegenangriffe. Der gleichzeitige Versuch, auch unmittelbar nördlich des Zwischenwerks die deutsche Linie vorzuverlegen, schlug hingegen fehl; hier blieb eine für die Behauptung des Werkes nicht unbedenkliche Einbuchtung bestehen. Von den Mittagsstunden an waren auch das XVIII. Reserve- und der rechte
Flügel des XV. Armeekorps in schwere Kämpfe verstrickt. Nach mehr-
stündiger Artillerievorbereitung stießen starke feindliche Kräfte im Chapitreund Berg-Wald vor, aber lediglich am rechten Flügel der Garde-Ersatz-
Division glückte ihnen auf fchmaler Front der Einbruch in die deutschen Linien. Die 21. Reserve-Division trotzte allen Anstürmen. Dagegen gab der rechte Flügel der 50. Infanterie-Division seine am 1. und 5. August') vorgeschobene Front wieder auf, weil sie an dem zur Tavannes-Schlucht abfallenden Hang dem feindlichen Feuer zu stark ausgesetzt war. Rund 420 Gefangene wurden in den Kämpfen dieses Tages eingebracht. Während der nächsten Tage suchte der Gegner vergeblich in mehrfachen Vorstößen von schwächeren Kräften und Handgranatentrupps kleine Vorteile zu erringen. Zu einem größeren Angriff kam es nur am Abend des
11. August, indem zwei französische Bataillone die deutscherseits eben gewonnene Linie am Zwischenwerk Thiaumont ohne jeglichen Erfolg berannten. In der folgenden Nacht am rechten Flügel der Garde-Crfatz-Division eingedrungener Feind wurde geworfen, die hier am 8. August zurückgedrückte eigene Front wieder etwas vorverlegt. Gegen Mitte des Monats flaute der
Infanteriekampf ab. 2. Gegensätzliche Anschauungen innerhalb des Oberkommandos. io.bis In diesen Tagen kamen innerhalb des Armee-Oberkomman14. August. ^ 0 g g^ndlegende Meinungsverschiedenheiten zum Austrag. Kronprinz
Wilhelm hatte in einer Besprechung der Lage mit General von Lochow am Nachmittage des 10. August seiner Ansicht dahin Ausdruck gegeben, daß bei den augenblicklichen hohen Anforderungen auf allen Fronten an eine
große Angriffsunternehmung auf dem östlichen Maas-Ufer nicht zu denken sei und nur Verbesserungen der eigenen Abwehrstellung noch in Frage kämen. General von Lochow hatte durchaus zugestimmt und nur zwei Unternehmungen noch als dringlich bezeichnet: einmal die Beseitigung des Souville-Sackes, zum anderen ein Vortreiben des linken Flügels des VII. Reservekorps zur
besseren Sicherung des Zwischenwerks Thiaumont; dies letztere schien indessen >) S. 394 und 396.
Die Frage der Einstellung des Angriffs.
399
mit den vorhandenen artilleristischen Mitteln nicht durchführbar. Für die an sich ebenfalls wünschenswerte Wegnahme des Zwischenwerks Laufse und Wiedereroberung des westlich des Pfeffer-Rückens jüngst verlorenen Grabens bestand keine taktische Notwendigkeit. In völligem Gegensatz hierzu wies General Schmidt von Kno¬ belsdorf die Ostgruppe am Morgen des 14. August in einem Ferngespräch darauf hin, daß die Souville-Schlucht und die Höhenlinie Souville—Tavannes nebst dem Fort Souville unter allen Umständen genommen
werden müßten, und daß die Angriffsgruppe auf keinen Fall völlig in die
Verteidigung fallen dürfte. General vonLochow forderte daraufhin vom Kommando des Alpenkorps sowie vom XVIII. Reserve- und XV. Armeekorps Stellungnahme zu der Frage, ob die Wegnahme des Forts Souville und der ostwärts an-
schließenden Höhenlinie als besserer Abschluß der Gesamtstellung nötig sei, ob deren Verteidigungsfähigkeit dadurch — namentlich auch vom artilleristischen Standpunkt aus — erheblich gebessert werde, und ob bei Gelingen
dieses Angriffs die zur Verfügung stehenden artilleristischen Kampfmittel und die Zahl der vorn eingesetzten Divisionen für ausreichend erachtet würden, um die neue Stellung auch bei starken Gegenangriffen zu halten.
Übereinstimmend antworteten die drei Stellen, daß durch Wegnahme des Forts Souville und der anschließenden Höhen dem Feinde zwar der wichtigste Veobachtungspunkt genommen, die Verteidigungsfähigkeit der
eigenen Stellungen aber nicht wesentlich gebessert, vielleicht sogar verschüchtert würde, weil das Gelände südlich des Forts von den Beobachtungsstellen in der Linie Douaumont—Hardaumont nicht einzusehen, die artilleristische Feuerleitung bei Abwehr feindlicher Angriffe gegen die neuen Linien mithin äußerst schwierig sei, und weil andererseits bei Vorverlegung der Beobachtung in die Gegend des Forts Souville keinerlei Gewähr für
sichere Fernsprechverbindung zu den Batterien bestünde. Zur Behauptung der neuen Stellung gegen die zu erwartenden starken französischen Gegen-
stöße würden die vorhandenen infanteristischen und artilleristischen Kräfte keinesfalls ausreichen. Vor allem würde für mehrere Wochen die Zuweisung von Kampftagesraten an die Artillerie erforderlich sein, die schwerlich ver-
fügbar gemacht werden könnten. Nötig schließlich sei die Wegnahme des Forts und der Höhen nicht, da die jetzigen Stellungen auch gegen stärkste Angriffe gehalten werden könnten, wenn die Artillerie ihre augenblickliche Stärke und die Infanterie ihre Gefechtskraft behielten. Geboten sei lediglich die Beseitigung des Souville-Sackes im Chapitre-Walde, darüber hinaus erwünscht, aber nicht unbedingt erforderlich, die Wegnahme des ZwischenWerks Laufes und der Dicourt-Ferme.
400 iz. August.
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
Inzwischen hatte General v o n F a l k e n h a y n am 15. August auf
Einschränkung im Kräfteverbrauch gedrängt, indem er ausführte: „Welche
hohe Bedeutung für die Gesamtlage die Aufrechterhaltung des Eindrucks beim Feinde und auf unserer Seite nach wie vor hat, daß die AngriffsUnternehmung an der Maas nicht ganz eingestellt sei, bedarf keiner weiteren Begründung. Auch kann die taktische Lage, in der sich unsere vordere Linie
auf dem rechten Maas-Afer zur Zeit befindet, dazu zwingen, ihre Verbefserung vor Eintritt der Herbstwitterung mit allen vorhandenen Mitteln anzustreben. Auf der anderen Seite bedingt die Spannung, unter der wir gegen-
wärtig den Krieg führen müssen, die möglichste Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition. Anter diesem Gesichtspunkt muß der tat¬
sächliche Abbruch der Offensive in ernste Erwägung gezogen werden, obgleich natürlich niemals aus dem Auge verloren werden darf, daß der rührige
Feind, sobald er das Einstellen unserer Unternehmungen merkt, nicht einen Tag verlieren wird, ernste Gegenmaßnahmen zu treffen, die bei seiner Über¬ legenheit uns bei Verdun oder an anderer Stelle viel empfindlicher werden
könnten als die Verluste, die wir im Maas-Gebiet bei der jetzigen Krieg-
führung erleiden. Ich bitte, eine Äußerung der beiden Angriffsgruppenführer hierzu möglichst bald herbeizuführen und sie mit dortiger Stellungnähme versehen der Obersten Heeresleitung vorzulegen'"). General von Fran^ois als Führer der Angriffsgruppe West trat, vor allem wegen des Eindruckes auf Feind und Freund, unbedingt für
Weiterführung des Angriffs selbst auf dem Westufer ein, wenn auch unter erheblicher Einschränkung der Ziele. Im Gegensatz dazu äußerte sich General vonLochow, mit dem der K r o n p r i n z am Nachmittage des 15. August
eine nochmalige eingehende Aussprache gehabt hatte, ganz im Sinne der ihm von den unterstellten Korpsführern bereits vorgelegten Berichte. Cr war der
Ansicht, daß die jetzigen Stellungen auf dem Ostufer trotz mancher Schwächen im einzelnen bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Kräfteaufgebots auch gegen starke feindliche Angriffe, mit denen zu rechnen sei, gehalten werden könnten. Erwünscht sei nur der Eintritt einer gewissen Ruhe, um der Truppe Gelegenheit zum Ausbau der Stellungen zu geben. In der Wegnahme des Forts Souville sah er keine Verbesserung der Gesamtlage auf dem Ostufer. Da nicht mehr die Absicht bestehe, den Angriff auf Verdun unter Einsatz stärkster Kräfte weiterzuführen, würden dadurch vielmehr ganz erhebliche Nachteile gegenüber der jetzigen Lage entstehen. Wenn es nötig sei, beim Feinde den Eindruck der Fortführung der Offensive auf dem rechten Maas-
Ufer unter möglichster Kräfteschonung aufrechtzuerhalten, so sei nach Veseitigung des Souville-Sackes, die für Ende August oder Anfang September *) Vgl. S. 421.
Nichteinheitliche Berichterstattung an die Oberste Heeresleitung.
401
in Aussicht genommen wäre, allmähliches, abschnittweises Heranarbeiten an
das Zwischenwerk Laufee und dessen Eroberung sowie die Wegnahme der Dicourt-Ferme zu empfehlen. Weiterhin aber sei vor allem die Belastung
sehr starker schwerer Artillerie mit reichlicher Munition auf dem östlichen Maas-!lfer erforderlich. Vei der Stellungnahme des Oberkommandos zur Äußerung des Generals von Lochow kam der Gegensatz offen zum Ausdruck, der zwischen den
Anschauungen des Oberbefehlshabers und seines Chefs bestand') und in letzter Zeit an Schärfe noch zugenommen hatte. KronprinzWilhelm, der entschieden gegen die Wiederaufnahme größerer Angriffshandlungen war, schloß sich bei Weiterleitung der Denkschriften an die Oberste Heeresleitung am 18. August der Auffassung des Generals von Lochow an und
fügte hinzu: „Vei der Fortsetzung des Angriffs gegen den vor Verdun in den
stärksten Befestigungen stehenden Feind sind weder Menschen noch Munition zu sparen.
Die früheren Angriffe auf breiten Fronten mit einer g e -
waltigen Artillerie und großen Munitionsmassen haben schöne Erfolge gezeitigt, aber auch in schneller Folge viele Divisionen verbraucht. In der gegenwärtigen Lage und bei dem Mangel an Ersatz und Munition trage ich schwere Bedenken, die noch frischen Kräfte der Heeresgruppe — es sind die letzten — auf schmaler Front im konzentrischen feindlichen Feuer zu einem Angriff einzusetzen, der die Lage nicht einwandfrei verbesiert und
desien Gelingen zweifelhaft ist". General Schmidt von Knobelsdorf hielt demgegenüber mit Zähigkeit an seinem Standpunkte fest, daß erst mit der Inbesitznahme der Höhenstellungen um Souville eine wirksame Entlastung der kämpfenden Truppe eintreten würde, und fühlte sich verpflichtet, seine abweichende Auffassung in einem besonderen Bericht zur Kenntnis des Generals von FalkenHayn zu bringen^). Während er auf dem Westufer der Maas und im oft-
wärts anschließenden Abschnitt nordwestlich des Froide Terre-Rückens die augenblickliche Lage als durchaus erträglich bezeichnete, verneinte er dies für den breiten Abschnitt südöstlich davon. Dessen Höhenlinie sei nur vom Zwischenwerk Thiaumont bis zum Dorf Fleury in unserer Hand, in der Hauptsache, von Dorf Fleury über Fort Souville bis zum Bergwald, gehöre sie noch dem Feinde. Der Aufenthalt in diesem überall einzusehenden und dem beobachteten Zerstörungsfeuer des Gegners ausgesetzten Gelände bedeute i) S. 165 ff. —2) Gen. d. Inf. a. D. Schmidt von Knobelsdorf hat hierzu am 2. Nov.
1334 mitgeteilt: „Dem Ches des Generalstabes steht das Recht zu, unter Umständen liegt ihm die Pflicht ob, bei einem Arteil, das in lebenswichtigen Fragen von dem seines Oberbefehlshabers abweicht, einen eigenen Bericht vorzulegen." Irgendwelche Bestimmungen, durch die diese Auffassung gestützt werden könnte, gab es aber nicht. Weltkrieg. X. Band.
26
402
Die Westfront im Juli und August. — Verdun.
Bis bei der Unmöglichkeit, schußsichere Deckungen zu schaffen und den nötigen A.August. Nachschub sicherzustellen, für die Truppe eine um so schwerere Belastung, als die vordere Linie stark besetzt sein müsse, um dauernd feindlichen Angriffen gewachsen zu bleiben. Bei Eintritt schlechter Jahreszeit würden
sich diese Zustände noch erheblich verschlimmern. Eine wirksame Besserung sei nur nach vorwärts durch Fortnahme der uns fehlenden Höhenlinie von
Dorf Fleury über Fort Souville bis zum Bergwald möglich. MenschenVerluste und Materialverbrauch bei einem solchen Angriff würden nicht größer sein als bei dauerndem Verharren in der jetzigen ungünstigen Lage. General Schmidt von Knobelsdorf schwächte indessen seinen Vorschlag dadurch wieder ab, daß er weiter ausführte: Die Vorbereitungen zu einem solchen Angriff beanspruchten Zeit, die es gestatte, der Gesamtlage insofern Rechnung zu tragen, als der günstigste Zeitpunkt abgewartet oder, wenn
nötig, schlimmstenfalls das Unternehmen zunächst überhaupt zurückgestellt werden könne. Der Schluß seines Berichtes aber lautete sogar: „Alle auf vorstehende Erwägungen aufgebauten Aufgaben sind hinfällig, solange der Gegner, wie seit dem 2. Juli, unaufhörlich angreift. Die jetzt verfügbare Munition und die Menschen sind notwendig zum Halten der innehabenden Stellung. Die dauernden Angriffe des Gegners sind ein Beweis dafür, welchen Wert er auf den Besitz der Höhenstellungen legt". General von Falkenhayn antwortete am 21. August: „Seine Majestät
haben befohlen: Die Gesamtkriegslage macht es unbedingt erforderlich, bei dem Gegner im Maas-Gebiet den Eindruck zu erhalten, daß die Offensive
dort deutscherseits nicht aufgegeben ist, sondern systematisch fortgesetzt wird. Wie dies angesichts der notwendigen Einschränkung der Mittel im einzelnen erreicht werden soll, kann nur das Oberkommando der Heeresgruppe
selbst entscheiden. Hierbei muß aber berücksichtigt werden, daß die Heeresgruppe bei Eintritt der ungünstigen Jahreszeit sich in einer Lage befinden muß, in der es ihr möglich ist, dauernd auszuharren". Da am gleichen Tage General Schmidt von Knobelsdorf seiner Stellung als Generalstabschef enthoben wurde, war der Meinungsstreit im Sinne des OberbefehlsHabers entschieden. Generalstabschef des Armee-Oberkommandos 5wurde der bisherige Kommandierende General des X. Armeekorps, Generalleutnant Walter Freiherr von Lüttwitz, der aber vom Ostkriegsschauplatz her erst am. 27. August vor Verdun eintreffen konnte.
3. Die Kämpfe in der zweiten Hälfte des August. ,7. «nd Inzwischen waren die Kämpfe an der Front der Ostgruppe wieder auf,8. August, gx^bt. Vom Mittage des 17. August an hatte stärkstes feindliches Feuer
auf den Abschnitten Thiaumont—Fleury und der 21. Reserve-Division
Ostufer: Erfolgreiche Abwehr französischer Angriffe.
403
gelegen, gegen die sich denn auch der um 6'° nachmittags vorbrechende Angriff richtete. Den Hauptstoß führten drei französische Bataillone gegen die seit dem 8. August beiderseits von Fleury eingesetzte 33. Infanterie-Division. Deren in den Dorftrümmern eingenistete Kampfgruppen wurden in erbittertem Ringen an den Ostrand zurückgedrängt; die Flügel hielten. Die
21.Reserve-Division konnte sich völlig behaupten. Die ganze folgende Nacht hindurch und den nächsten Morgen lagen die deutschen Stellungen der Hauptkampffront unter starkem Feuer, das gegen Mittag des 18. August zwischen der Souville-Schlucht und dem Lauf6e-Walde zu größter Heftigkeit an-
wuchs; gegen 90 Feld- und 142 schwere Geschütze hatte der Gegner hier eingesetzt. Am frühen Nachmittag brach der erwartete Angriff los; sechs Bataillone stürmten gegen die 21.Reserve- und den rechten Flügel der 50. Infanterie-Division an. Wieder konnte jene sich voll und ganz behaupten, während dieser etwas nachgeben mußte. Gleichzeitig wurde auch der Thiaumont-Abschnitt von schwächeren Kräften angegriffen, die aber nur am rechten
Flügel der 14. Infanterie-Division vorübergehend in den vordersten deutschen Graben gelangten. Trotz der außerordentlich schweren Verluste, die der Gegner in den Kämpfen der beiden letzten Tage erlitten hatte, setzte er seine Vorstöße gegen die Hauptkampffront der Ostgruppe unentwegt fort. Um jeden Preis suchte er den Höhenkamm nordwestlich von Fleury in seine Hand zu bringen und die Souville-Nase wiederzugewinnen. Tagtäglich drangen Handgranatentrupps auf die Deutschen ein, mit kurzen Zwischenräumen erfolgten Großangriffe, die sich jedesmal durch Steigerung des Artilleriefeuers ankündigten.
Ein Kampftag erster Ordnung war der 23. August; von 2°nachmittags 23. A«g«st.
ab lag der Thiaumont—-Fleury-Abschnitt in undurchdringlichem Qualm einschlagender Granaten, um 4° folgte Trommelfeuer, um 6'° tauchten die feindlichen Sturmabteilungen vor den deutschen Trichtern auf. Der linke Flügel der 14. Infanterie-Division wurde aufgerissen; herbeieilende Bereitschasten schlössen die Lücke indessen rasch, und abends waren die Deutschen, freilich um den Preis schwerer Verluste, wieder im vollen Besitz ihrer Linien. Inzwischen hatte das Oberkommando mitgeteilt, daß der Ostgruppe an Munition bis zum Monatsende außer den gewöhnlichen Tagesraten
nur knapp zwei Kampftagesraten zur Abwehr größerer feindlicher Angriffe oder für eigene Unternehmungen zur Verfügung stünden. Dabei war der
Munitionsverbrauch bereits soweit eingeschränkt, daß Feldartillerie- und Mörser-Munition im allgemeinen gesperrt war, was auf dem Westufer dazu
404
Die Westfront im Juli und August.
— Verdun.
führte, daß der Feind nicht einmal mehr am völlig offenen Verkehr gehindert werden konnte. Bei Höhe 304, so meldete die Angriffsgruppe West am 27.August, gehe er zur Zeit, Hände in den Hosentaschen, außerhalb seiner
Gräben spazieren. General von Lochow stand vor der Frage, ob er angesichts solch
drückender Munitionsknappheit nicht überhaupt auf jede Angriffstätigkeit verzichten sollte, um nicht bei feindlichen Gegenangriffen in ernste Schwierigkeit zu geraten. Die dringende Notwendigkeit einer Stellungsverbesierung bei Fleury, das wohl auch künftig das Hauptziel französischer Vorstöße bilden würde, gab indessen den Ausschlag, die Wiedereroberung der Dorftrümmer anzuordnen. Ob daneben auch noch der Souville-Sack, wie längst beabsichtigt, genommen werden konnte, ließ sich vorerst noch nicht übersehen. 24. bis 28. August,
Am 24.August morgens sollte die 33. Infanterie-Division Fleury ^ weit wiedernehmen, daß Einsicht in die Mulden südwestlich
und südöstlich des Dorfes gewährleistet war. Die Wegnahme glückte indessen nicht. Von sechs zum Angriff bestimmten Kompagnien erhielten nur vier rechtzeitig den Befehl. Am 6'° morgens stürmend, drangen sie wohl in die vorderste feindliche Stellung im Dorfe ein, wurden dann aber, von beiden Seiten umfaßt, unter schweren Verlusten an den Bahndamm zurückgeworfen. Dort wehrten sie abends vorstoßenden Gegner ab. Zwei Tage darauf, am Spätnachmittage des 26. August, folgten neue französische Angriffe, diesmal gegen die ganze Front der 34. Infanterie-Division, die tags zuvor den Abschnitt der 14. übernommen hatte, und gegen die 21. Reserve-Division. Sie hatten ebensowenig Erfolg wie die am Abend des 28. August gegen die Linie Thiaumont—Fleury sowie gegen die Naht der 21. Reserve- und 50. In-
fanterie-Division gerichteten heftigen feindlichen Vorstöße. Am folgenden Nachmittag konnte der Gegner zwischen Fleury und dem Chapitre-Walde stellenweise in die vordersten deutschen Gräben eindringen, sich jedoch nicht behaupten. Andererseits war aber auch ein am 26. August unternommener
Versuch der im Chapitre-Wald neu eingesetzten 14. bayerischen InfanterieDivision, die am 8. August auf dem rechten Abschnittsflügel entstandene Einbeulung zu beseitigen, ergebnislos verlaufen. And der rechte Flügel der 50. Infanterie-Division hatte in diesen Tagen trotz sechsmaligen Versuches das am 18. August verlorene Gelände auch nur teilweise wiederzugewinnen
vermocht. Ende August trat an der Kampffront der Angriffsgruppe Ost für einige Tage Ruhe ein. J»l«/A«gust.
Seit die Oberste Heeresleitung am 11. Juli für die Verdun-Front „strikte Defensive" besohlen hatte, war die Initiative in zunehmendem Maße an den Feind übergegangen, der auf dem Ostufer unter Einsatz starker Kräfte
Betrachtungen.
405
verlorenes Gelände wiederzugewinnen suchte, während er sich auf dem Westufer schon seit Anfang Juli auf kleinere, aber ergebnislose Vorstöße an der
Höhe 394 beschränkt hatte. Die Westgruppe hatte daher Truppen') und Artillerie abgeben müssen, vor allem mehr als die Hälfte ihrer schweren
Steilfeuer-Batterien. Ihr schweres Flachfeuer war dagegen nicht vermindert worden, damit auch weiterhin der Verkehr im Hintergelände der Festung gestört und die auf das Ostuser wirkenden feindlichen Batterien niedergehalten werden konnten. Auf diesem Itfer änderten selbst die deutschen Angriffe vom 1. und 5. August nichts daran, daß die Kampfhandlungen in ihrer Gesamtheit mehr und mehr den Charakter der Abwehr angenommen hatten. Behauptung des eroberten Bodens war an die erste Stelle gerückt. Die Angriffe hatten im wesentlichen nur noch Stellungsverbesserungen zum
Ziele, durch die das unbedingte Festhalten der schwer erkämpften Linien erleichtert werden sollte. Von einer Fortführung der Offensive konnte nach Lage der Dinge nicht mehr die Rede sein. Sie mußte als abgeschlossen gelten. Ihr Gesamtergebnis aber stand in keinem Verhältnis zu den Opfern, die sie gekostet hatte. Wohl zählte die Beute auf beiden Maas-Ufern mehr als 62 000 Gefangene, min-
bestens 200 Geschütze und 450 Maschinengewehre; diese Zahlen verteilten sich aber auf den Zeitraum eines halben Jahres und auf eine Front von rund 50 Kilometern. Fast 6 Millionen Schuß hatte die schwere Artillerie, mehr als 8 Millionen die Feldartillerie verfeuert. 47 deutsche Divisionen waren vom Februar bis Ende August im Angriffsraum von Avocourt bis
südlich von Vaux les Palameix^) eingesetzt worden, davon sechs zweimal. Dem standen auf französischer Seite an der gleichen Front und im gleichen Zeitraum 70 Divisionen gegenüber, von denen 13 zweimal und zehn dreimal eingesetzt waren; die Cinsatzzeiten waren also erheblich kürzer als auf deutscher Seite. Berücksichtigt man ferner, daß die französischen Divisionen zu
dieser Zeit durchweg noch vier Infanterie-Regimenter zählten, die deutschen zum größeren Teile nur drei, so verteilt sich die französische Leistung auf nahezu doppelt starke infanteristische Kräfte. Das gleiche gilt für die KampfVerluste, die auf deutscher Seite an Toten, Verwundeten und Vermißten rund 282 000, auf französischer 317 000 Mann betrugen. Das Ziel, die seindliche Kraft mehr zu schwächen als die eigene, war also nur insoweit erreicht, als der Gegner um reichlich zehn vom Hundert stärkere Verluste erlitten hatte.
Das aber hatte angesichts seiner gewaltigen zahlenmäßigen Gesamtüberlegenheit nicht viel zu bedeuten. Es wurde zum mindesten ausgeglichen durch Anlage 2. 2) Um Vergleichszahlen zu finden, muß über den Angriffsraum bis zum Südflügel der französischen 2. Armee hinausgegriffen werden.
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Die Westfront im Juli und August. —
Nebenfronten.
die Tatsache, daß die bei Verdun eingesetzten deutschen Divisionen unverhältnismäßig mehr an Kampfkraft eingebüßt hatten als die französischen. Manche deutsche Division ist in der Schlacht an der Maas so weit zur
Schlacke ausgebrannt, daß sie erst nach vielen Monaten einigermaßen wieder kampffähig wurde. Truppen, die aus der nervenzerrüttenden „Hölle
von Verdun" kamen, fanden die Kampfverhältnisse der Somme-Schlacht trotz der auch dort schweren Verluste erträglicher. Ein gut Teil bester Kraft des deutschen Heeres ist vor Verdun liegengeblieben. Am so höher
fttft seine Leistung.
C. Die Nebenfronten von Mitte Juni bis Hönde August'). Karten 2und 4.
Die Schlacht an der Somme forderte von den nicht angegriffenen deutschen Armeen der Westfront noch schwerere Opfer an Abgaben als der deutsche Angriff auf Verdun. Fast überall zeigten sich vor Beginn der Offensive feindliche Angriffsdrohungen — lebhafte Artillerietätigkeit,
Minensprengungen, gesteigerte Fliegertätigkeit, Vortreiben der Stellungen, Abblasen von Gas- und Rauchwolken und kleinere Unternehmungen. Bald nach dem ersten Ansturm an der Somme wurden Änderungen in der seind-
lichen Kräfteverteilung beobachtet; die kampfkräftigsten Divisionen waren abgelöst und durch andere ersetzt worden. Bereits am 5. Juli forderte die
deutsche ObersteHeeresleitung von allen Armeen im Westen stärkste Hilfeleistung dadurch, „daß ihre Front mit dem geringstmöglichen Kräfteaufwand, auch durch Verwendung von Etappentruppen gehalten und möglichft starke geschlossene Reserven zum Transport an die Somme . . .
bereitgestellt" würden. Nach Abwehr der ersten feindlichen FesselungsUnternehmungen konnten sämtliche Armeen diesem Befehle nachkommen^). Nachdem außerdem in den ersten Wochen der Schlacht auch starke Abgaben an Artillerie von ihnen gefordert worden waren, mußten sie Mitte August insgesamt 81 frische schwere Batterien gegen ebenso viele abgekämpfte austauschen. Im einzelnen war der Verlauf folgender: Gegen die 4. A r m e e stießen die Engländer Ende Juni und im Juli
mehrfach nach ausgiebiger Feuervorbereitung hinter Gaswolken auf schmaler Front ergebnislos vor. Ihre Flotte beschoß deutsche Batterien und Ve° festigungen an der Küste. Andererseits gelang es deutschen Fliegern, ein ') Anschluß an S. 270 ff. —2) Ab- und Zugänge bei den einzelnen Armeen S. 409 f.
4. und 6. Armee.
407
ausgedehntes englisches Munitionslager bei Audruicq zu zerstören. Entsprechend den Befehlen der Obersten Heeresleitung gab die Armee im Juli und August nacheinander von den insgesamt vorhandenen 11% Divisionen rund sieben ab, die im ganzen nur durch drei abgekämpfte und zwei neugebildete ersetzt wurden. So verfügte die Armee Ende August nur noch über 136 Bataillone gegen 174 im Januar. Trotz dieser Schwächung
glaubte Herzog Albrecht, kleineren feindlichen Vorstößen auch weiter gewachsen zu sein. Für größere Angriffe lagen Anzeichen nicht vor. Auch gegenüber möglichen Landungsversuchen zwischen der ScheldeMündung und Ostende waren ausreichende Vorkehrungen im Einvernehmen mit dem Generalgouvernement von Belgien getroffen. Die südwärts anschließende 6. Armee wurde am stärksten in die Kampfhandlungen an der Somme verstrickt. Schon die britischen Angriffsdrohungen vor Beginn der Schlacht waren ihr gegenüber am aus-
gesprochensten. Ende Juni sah Kronprinz Rupprecht zwar klar, daß seiner Armee kein starker Angriff drohe.
Immerhin mußte er mit
Nebenunternehmungen des Gegners, besonders gegen seinen linken Flügel, rechnen.
Er verstärkte diesen artilleristisch und unterstellte die dort ein-
gesetzte III. Infanterie-Division zwecks einheitlicher Gefechtsführung dem I. bayerischen Reservekorps. Die am 1. Juli beginnenden Angriffe beiderseits der Somme trafen aber die 6. Armee überhaupt nicht. Seit dem
5. Juli flauten ihr gegenüber auch die britischen Fesselungsunternehmungen ab, um am 19. Juli noch einmal kraftvoll unter Verwendung von Gas die
6. bayerische Reserve-Division südwestlich von Lille zu treffen. Der Angriff des Gegners drang dort zunächst bis in die deutschen Gräben vor, konnte dann aber im Gegenstoß restlos abgeschlagen werden. Rund 500 Engländer blieben als Gefangene in der Hand der Bayern. Von Mitte August an zeigten sich dann an zahlreichen Stellen wieder
beträchtliche Steigerung der Gefechtstätigkeit und häufige Bombenangriffe feindlicher Flieger; bei Armentiöres erfolgten auch Gasunternehmungen. Diese Verhältnisse ließen die nach den Anstrengungen der Somme-Schlacht bei der Armee eingesetzten ruhebedürftigen Truppen nur in ungenügendem
Maße zur Ausbildung und Erholung kommen. Größere feindliche Angriffe fanden auch im August nicht statt.
Vis Ende des Monats waren an-
scheinend alle kampfgeübten britischen Divisionen weggezogen. Andererseits hatte auch die 6. Armee Ende Juni, im Juli und im August der schwer ringenden Somme-Front 21 vollkampfkräftige Infanterie-Divisionen im Austausch gegen insgesamt nur 14 zumeist abgekämpfte zugeführt. Auch die 7. Armee wurde im Zusammenhang mit der britisch-
französischen Somme-Offensive lediglich beschäftigt. Anzeichen für einen
408
Die Westfront im Juli und August. —
Nebenfronten.
größeren Angriff lagen zu keiner Zeit vor. Die Armee konnte daher zu aus-
giebiger Hilfeleistung für bedrohte deutsche Frontabschnitte herangezogen werden. Sie gab rund zehn Infanterie-Divisionen ab und erhielt dafür nur fünf abgekämpfte und eine Landwehr-Brigade zurück. Gegenüber einer Gefechtsstärke von etwa 120 000 Mann im Januar hatte die Armee damit
Ende August nur noch knapp 80 000 Mann. Die gegnerische Gefechtsstärke schätzte sie auf rund 115 000 Franzosen. Von der 3. Armee wurde bei Beginn der Schlacht an der Somme
nur lebhaftere Gefechtstätigkeit gemeldet, die aber bald nachließ. Die Armee führte allein der Somme-Front bis Ende August sieben kämpfkräftige Divisionen im Austausch gegen nur vier abgekämpfte zu. In der Kräfteverteilung des Gegners waren ebenfalls im Laufe des Juli Verände-
rungen festgestellt worden, die auf Schwächung hindeuteten. Bei St. Hilaire le Grand wurden Russen^) in Stellung gemeldet. Das bisher noch sehr lebhafte feindliche Feuer und die Fliegertätigkeit nahmen immer mehr ab. Andererseits gingen bei der Obersten Heeresleitung^) Agentennachrichten ein, die für Anfang August mit der Möglichkeit einer Offensive der Franzosen in der Champagne rechnen ließen. Daher wurden der Armee vor-
übergehend die 185. Infanterie-Division zum Einsätze bei Tahure, außerdem Artillerieverstärkungen zur Verfügung gestellt, obwohl das Armee-Oberkommando 3 an einen größeren feindlichen Angriff nicht recht glaubte. Tatsächlich blieb dann auch im August die Champagne-Front bis auf kleinere
Unternehmungen ruhig. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz3). Der rechte Flügel der 5. A r m e e, der an den Kämpfen bei Verdun nicht
beteiligt war, gab im August zwei Divisionen gegen abgekämpfte dorthin ab. Auch die Armee-Abteilung Atrafen bei Beginn der SommeSchlacht kleine Fesselungsvorstöße des Gegners. Im übrigen war die
Gefechtstätigkeit gering. Daher mußte die Armee-Abteilung Verhältnismäßig starke Abgaben leisten. Sie gab bis Ende August rund 1 y2 Infan¬
terie-Divisionen,
außerdem zahlreiche
Sondertruppenteile
(Artillerie,
Minenwerfer, Sanitätsformationen) ohne Ersatz ab. Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse bei der Armee-Abteilung G a e d e. Nach gegenseitigen Scheinangriffen entblößte sich beiderseits die
Front, wobei die Armee-Abteilung bis Ende August ihre beiden kämpfkräftigsten Divisionen gegen eine neu aufgestellte und eine Infanterie-
Brigade austauschen mußte. ') S. 430, Anm, 1. — 2) S. 418. — 3) A, Abt. Strantz und Festung Metz sind bei
der 5.Armee im Abschnitt Verdun mitbehandelt.
7., 3. Armee und Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
409
Übersicht der Ab- und Zugänge bei den Armeen, einschließlich der in ihrem Bereiche untergebrachten Reserven der Obersten Heeresleitung^):
Abgänge:
Zugänge:
Anfang Juli 123. Inf. Div. an Ende Juli 3. G. Inf. Div. die Somme, der Somme, Mitte Juli 117. Inf. Div. an Ende Juli 204. Inf. Div. die Somme, aufgestellt), Ende Juli XIII. A. K. an die Ende August XIII.A.K. der Somme, Somme, Ende August XXIII. Res. K. an Ende August 206. Ins. Div. die Somme.
von
(neu von
(neu
aufgestellt).
Ende Juni 12. Res. Div. an die Anfang Juli 5. Inf. Div. von A. Abt. A, Somme, Anfang Juli 11. Res. Div. an Mitte Juli 5. bayer. und 56. Inf. Div. unter dem Gen. Kdo. des die Somme, III. bayer. A. K. von Verdun, Anfang Juli 3. G. Inf. Div. an Ende Juli 183. Inf. Div. von die Somme,
Anfang Juli 183. Inf. Div. an der Somme, Anfang August VI. Res. K. die Somme, Anfang Juli 5. Inf. Div. an die der Somme, Anfang August IV. A. K. Somme, Mitte Juli I V. A. K. an die der Somme, Mitte August 12. Inf. Div. Somme, Mitte Juli IX. Ref. K. an die der Somme, Ende August IX. Res. K. Somme, Ende Juli G. Res. K. an die der Somme,
Somme,
von
von
von von
Ende August 23. Res. Div. von
der Somme, die Somme, Ende August XIX.A.K. von der Somme. Anfang August I. bayer. Res. K. Ansang August XIX. A. K. an
an die Somme,
Mitte August III. Ins. Div. an die Somme, Ende August II. bayer. A. K. an die Somme, Ende August 56. Ins. Div. an die Somme, Ende August XXVII. Res. K. an die Somme.
Ende Juni 22. Res. Div. an die Anfang Juli zus. 13. bayer. Ldw. Vrig. von A. Abt. A, Somme, Ende Juni Div. Frentz an die Mitte Juli Div. Frentz von der
Somme,
Somme,
Anfang Juli Div. Liebert an Ende Juli 185. Ins. Div. von der 3. Armee, die Somme, x) Anschluß an S. 276.
410
Die Westfront im Juli und August. —
Abgänge:
Rebenfronten.
Zugänge:
Mitte Juli Div. Dumrath an Ende Juli Div. Liebert von der die Somme, Somme, Ende Juli Div. Francke an die Ende Juli Div. Dumrath von
Somme,
der Somme,
Ende Juli 16. Inf. Div. an die Ende August 16. Inf. Div. von
Somme, Anfang August 185. Inf. Div.
der Somme.
zur 3. Armee, Ende August Gen. Kdo. des XII.A.K. und 23. Inf. Div. an die Somme,
Ende August 32. Res. Inf. Vrig. an die Somme,
Ende August 208. Inf. Div., aus Abgaben der Armee neu auf'
gestellt, nach dem Osten. Ende Juni 185. Inf. Div. an die Mitte Juli 28. Res. Div. von
Somme,
der Somme,
Anfang Juli 44. Res. Div. an Mitte Juli 22. Res. Div. von
die Somme, der Somme, Anfang Juli IX.A.K. an die Ende Juli 185. Inf. Div. von Somme, der Somme, Anfang Juli 24. Ref. Div. an Anfang August 5. Inf. Div. von die Somme, der Somme, Mitte Juli 28. Inf. Div. an die Anfang August 185. Ins. Div. von 7. Armee, Somme, Mitte Juli 23. Res. Div. an die Mitte August Gen. Kdo. des
Somme,
III.A.K. von Verdun.
Ende Juli Gen. Kdo. des XII. Res. K. an die Somme, Ende Juli 185. Ins. Div. zur 7. Armee.
Rechter Flügel Anfang August 33. Inf. Div. nach Anfang August 6. bayer. Ins. der 5. Armee: Div. von Verdun, Verdun, Mitte August 34. Ins. Div. nach Mitte August Verdun.
Truppen des
Alpen-K. von Verdun.
Anfang Juli 5. Inf. Div. zur 6. Armee, Anfang Juli zus. 13. bayer. Ldw. Vrig. zur 7. Armee, A. Abt. Gaede:
Ansang Juli 8. bayer. Res. Div. Ende Juli 12. bayer. Inf. Div. an die Somme.
(neu aufgestellt), Ende August 7. Inf. Vrig. von Verdun.
VII. Die Oberste Heeresleitung im?uli und August. Karten 1, 3, 4—6.
General von Falkenhayn hatte sich dem Ernst der Lage nicht Anfangsnu. verschlossen, die seit Ende Juni an der Somme-Front den Angriff der
Gegner ankündigte, diesem aber doch in der Zuversicht entgegengesehen, daß die Abwehr mit den bisher flüssig gemachten und in Reichweite zur Ver-
sügung stehenden Kräften nicht allzu schwer sein würde. Die erste Meldung des Oberkommandos der 2. Armee vom Vormittag des 1. Juli'), in der
über die Ergebnisse des soeben begonnenen feindlichen Infanterieangriffs noch nichts gesagt werden konnte, aber bereits um die Artillerie von zwei Divisionen der Heeresreserve gebeten wurde, beantwortete er noch mit dem
ruhigen Hinweis, daß „der Einsatz unserer geschlossenen Reserven mit größter Sparsamkeit erfolgen müsse und die Wegnahme der Artillerie von
den Hauptreserven, deren Bestimmung geschlossener Gegenstoß sei, in hohem Grade bedenklich" wäre.
Indessen gegenüber dem gebieterischen Zwang der Ereignisse, die über¬ raschend auf den verantwortlichen Leiter der Operationen einstürmten und ihn vor eine ihm völlig unerwartete Lage stellten, ließ sich diese selbstsichere Zurückhaltung nicht bewahren. Durch die zum Teil nicht unbedeutenden Anfangserfolge der Angreifer und die starken Einbußen des Verteidigers wurde ihm mit einem Schlage jede Handlungsfreiheit entrissen. Bis um Mitternacht vom 1. zum 2. Juli mußten der 2. Armee bereits sieben DiVisionen zur Verfügung gestellt werden^). Bis zum 9. Juli folgte die Zuweisung weiterer sieben Divisionen'), von denen die Mehrzahl der Heeresreserve entnommen war. Aber deren Bestände hinaus griff man dabei auf Kräfte der 4., 6. und 7. Armee und der Armee-Abteilung Gaede zurück, die dort entweder gar nicht oder nur sehr unvollkommen ersetzt
wurden. Am Ende des ersten Iulidrittels besaß die Oberste Heeresleitung nur noch ganz geringe eigene Verfügungskräfte^).
Ununterbrochener
') S. 351. 2) Div. Frentz, 185. I. D, VI. R. K., 22. R. D., 3. G. I. D,, 44. R. D.
3) IX.A.K., 183. und 123.3.®., zusges Div.Liebert, 7. I.D., 8.bayer.R.D. 4) 8. I. D. (bisher 6. Armee), 24. R. D. (bisher 3. Armee) und die aus Abgaben der 7. Armee in Bildung begriffene Div. Dumrath. Auch diese drei Divisionen wurden bereits in den nächsten Tagen der 2. Armee zur Verfügung gestellt. Vis zum 19. Juli folgten drei weitere Divisionen (5., 117. und 28. I. D.).
Die Oberste Heeresleitung im Juli und August.
412
Anfang I«n. Truppenwechsel wurde fortan zum Dauerzustand. An schweren Batterien wurden bis zum 9. Juli der 2. Armee 52 zugeteilt, darunter 15 aus dem
Vereich der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Insgesamt verfügte die 2. Armee am 10. Juli über 443 Batterien mit 1786 Geschützen. Bereits wenige Tage nach Beginn der Schlacht war die Kräfte-
anhäufung hinter der Armeefront infolge der Zurücknahme nicht mehr kampfkräftiger Divisionen und der Heranführung frischer Truppen derart geworden, daß General von Falkenhayn am 6. Juli an-
fragte, ob es nicht zweckmäßig sei, „einige der abgekämpften Divisionen sofort abzutransportieren, an ruhigen Stellen einzusetzen und dafür frische Divisionen herauszuziehen, die im Bedarfsfalls je nach Lage der Armee überwiesen werden" könnten. Die Antwort des Armee-Oberkommandos, daß das erst vom Abend des 9. Juli an möglich sein würde, da vorher die
Bahnen durch anrollende Truppen und Kampfmittel voll belegt seien, bewies deutlich die durch den unvorhergesehenen Lauf der Dinge entstandene Schwierigkeit, den Zu- und Abfluß der Truppen in ein den Crforder-
nisten des Großkampfes entsprechendes Verhältnis zu bringen. Als erste frei werdende Division konnte die schwer erschütterte 121. InfanterieDivision am 9. Juli mit dem Abtransport auf den östlichen Kriegsschau-
platz beginnen. Auf die Führung der Abwehrschlacht selbst versuchte der deutsche Generalstabschef mehrfach Einfluß zu gewinnen, freilich in wenig entschiedener, mehr beratender Weise.
Jeder Gedanke an entfcheidung-
suchenden Gegenangriff mußte wegfallen. Ausschließlich der schon früher häufig ausgesprochene Grundsatz zähester Bodenverteidigung beherrschte von jetzt an das Denken des Generals von Falkenhayn. Das kam in der Ausspräche mit General von Below am Nachmittag des 2. Juli und im Fernschreiben an diesen am Abend desselben Tages eindeutig zum Ausdruck:
Kein Fußbreit Gelände sollte preisgegeben werden, Stellungsteile, die trotzdem verlorengingen, seien durch sofortigen Gegenfloß wieder zu nehmen. Auf die nach Ansicht des Generals von Falkenhayn nicht ausreichende Berücksichtigung dieses Grundsatzes in der Befehlsführung des Armee-Oberkommandos ist offenbar der noch am gleichen Abend verfügte Wechsel des
Armeechefs') zurückzuführen. Als der neu ernannte Armeechef, Oberst von Löhberg, in der
Nacht zum 3. Juli bei seiner Meldung in Msziöres die dringende Bitte aussprach, den Angriff beiVerdun sofort einzustellen, um hierdurch genügend Kräfte und Material für die Somme-Schlacht bereitzuhaben, i) 6.355.
Somme-Schlacht und Verdun.
413
stimmte ihm General von Falkenhayn vorbehaltlos zu^). Außer den be¬ reits erwähnten, am 2. Juli befohlenen Abgaben an schwerer Artillerie trat
jedoch zunächst keinerlei Schwächung des Kräfteaufgebots im Mäas-Gebiet ein. Der deutsche Generalstabschef klammerte sich noch an die Hoffnung, durch den von der 5. Armee angekündigten, in Kürze bevorstehenden großen
Angriff auf dem Ostufer doch noch in den Besitz des seit Monaten heißerstrebten Höhengeländes um Fort Souville zu gelangen. Glückte dieser Angriff, so schien das zähe Festhalten an der Offensive bei Verdun, wenn auch gewiß nicht mehr in deren ursprünglichem Sinne, gerechtfertigt. Denn einmal wurde damit eine so feste Stellung gewonnen, daß der Feind den Angreifer schwerlich wieder verdrängen konnte, Verdun endigte also mit einem unbestreitbaren deutschen Siege. Sodann eröffnete sich auch die Ausficht, ansehnliche Kräfte an die Somme-Front unbedenklich abgeben und dort die Lage meistern zu können. Indessen, der Angriff der Z.Armee am 11. Juli2) blieb weit hinter den gesteckten Zielen zurück. Für die Gesamtlage bedeutete er geradezu
einen schweren Mißerfolg. Der deutsche Generalstabschef fühlte, daß jetzt die Krifis des Feldzuges im Westen, wenn nicht des ganzen Krieges überhaupt heranreifte. Wohl noch nie zuvor mochte die Verantwortung, die er mit dem Wagnis des Angriffs auf Frank-
reichs stärkste Festung auf sich genommen hatte, so schwer auf ihm gelastet haben wie in diesem Augenblick, da er sich endgültig das Mißlingen des
ganzen Unternehmens eingestehen mußte. Cr zögerte nicht länger, diesem bitter enttäuschenden Ergebnis Rechnung zu tragen und diejenige Maßnahme zu treffen, deren Notwendigkeit er sich schon seit geraumer Zeit nicht mehr hatte verschließen können, die er aber trotzdem in voller Übereinstimmung mit General Schmidt von Knobelsdorf immer aufs neue hinausgeschoben hatte: die Einstellung des Angriffs auf Verdun. Mittags erging Drahtbefehl an die Heeresgruppe, drei Divisionen zur Ver-
fllgung der Obersten Heeresleitung bereitzustellen. Nachmittags begab sich General von Falkenhayn selbst nach Stenay und erteilte den Befehl zu strikter Defensive'). In der anschließenden Aussprache wurden aber die Ab-
gaben auf ein Generalkommando, zwei Infanterie-Divisionen herabgesetzt, dazu 47 Batterien^). Das waren nun freilich nur geringe Kräfte. Denn
Oberste Heeresleitung und Heeresgruppenkommando waren sich der Gefahr 1) Zuschrift des Gen. d. Inf. a. D. von Löhberg vom 21.Juli 1934.
2) S. 199 ff. 3) S. 202. 4)Ebenda. Insgesamt waren damit allein an schwerer Artillerie 79 Batterien von der S. an die 2. Armee abgegeben.
Die Oberste Heeresleitung im Juli und August.
414
eines Rückschlages bewußt, der bei weiterer Schwächung in der nach wie vor
unentschiedenenKampflage anderMaas leicht eintreten konnte. Es sollte daher auch mit allen Mitteln dafür gesorgt werden, daß der Gegner das Wegziehen der Truppen nicht erkenne. Generalmajor Tappen hat in seinem privaten Tagebuch die Einstellung des Angriffs auf Verdun mit der Absicht begründet, „bei der 2. Armee offensiv zu werden". In einer Zuschrift') gibt er der Vermutung Ausdruck, daß auch General von Falkenhayn im Innern dieselbe Absicht des großen Schlages gegen die Engländer verfolgt habe. Er habe sie aber vielleicht nach den vielen Rückschlägen nicht aussprechen wollen, damit es nicht als neuer offensichtlicher Mißerfolg erscheine, wenn es aus irgendeinem Grunde zu diesem Gegenstoß im Laufe der Ereignisse
nicht kam. „Die Undurchdringlichkeit des Generals von Falkenhayn", so fügt General Tappen hinzu, „muß man bei allen diesen Beurteilungen in
Rechnung stellen". Bis
Entbehrt es schon in Anbetracht des äußerst geringen Kräftezuwachses,
Mitte Zu«. ^ tatsächlich der 2. Armee aus der Stillegung des Angriffs im Maas-
Gebiet zuteil geworden ist, innerer Wahrscheinlichkeit, daß General von Falkenhayn unter den gegebenen Verhältnissen sich noch mit der Abficht eines entscheidungsuchenden Gegenangriffs an der Somme-Front getragen haben sollte, so besitzen wir gerade aus jenen Tagen unanfechtbare
Zeugnisse dafür, daß seine Seele eines solchen außergewöhnlichen Willensaufschwungs nicht mehr fähig war.
Wenn er in seiner Drahtung vom
13. Juli an das Oberkommando der 2. Armee den Vorteil schnelleren Aus-
tausches erholungsbedürftiger Divisionen gegen „angriffskräftige Verbände" betonte, so dachte er dabei offensichtlich nur an die Möglichkeit örtlicher
Gegenstöße, wie sie in der mit höchster Erbitterung und äußerstem Krafteinsah geführten, wechselvollen Abwehrschlacht durchaus erstrebenswert und geboten waren.
Am 15. Juli verzeichnete General von Wild: „Die
gestrige Abendbesprechung zwischen Falkenhayn, General Tappen und mir war sehr ernst. Es ist uns noch nicht verständlich, daß unsere Truppen dort so abbröckeln und Dorf um Dorf, Wald um Wald verlieren . . .
Falkenhayn ist mit den Nerven recht herunter und warf gestern abend die Flinte völlig ins Korn". Mochte das im Augenblick Ausfluß einer unbeherrschten Stimmung sein, so waren doch die Gründe dieser Stimmung zu stark und von zu eindringlicher Klarheit, als daß sie sich hätten entkräften lassen und einem großen Angriffsentschluß Platz machen können. Als der neu ernannte Heeresgruppenführer und gleichzeitige Führer der 2. Armee, General der Artillerie von G a l l w i tz, sich bei General von Falkenhayn meldete i) Zuschrift vom 29. Okt. 1934.
Wachsende Schwierigkeit der Gesamtlage.
415
und den Gedanken eines offensiven Teilschlages südlich der Somme zur
Sprache brachte, „rückte Falkenhayn sehr entschieden ab und betonte: Halten, halten ist das einzige, worauf es ankommt. Zwar wären eine Menge Divisionen da, aber viel Schlacke darunter. Seine Stimmung war recht ernst'"). In der Tat war der Wandel, den die Gesamtlage von Anfang
Juni bis Mitte Juli erfahren hatte, für die deutsche Oberste Heeresleitung nicht dazu angetan, noch irgendwelche weitreichenden Offensivpläne ins Auge zu fassen. Der Maas-Operation hatte ihr auf Entscheidung zielender Charakter genommen werden müssen, um wenigstens einige Kräfte für die Abwehrschlacht an der Somme frei zu bekommen. In dieser war trotz Zusührung reichlicher Verstärkungen von anderen Abschnitten ein Stillstand im Ansturm der Feinde bisher nicht erzielt worden. Griffen diese jetzt an einer dritten Stelle der Westfront an, so mußte die Abwehr äußerst schwierig werden. Was die anderen Kriegsschauplätze anlangte, so durfte die Front gegen Italien angesichts der erlahmenden Gegenoffensive der Italiener in Südtirol im Augenblicke noch als leidlich gesichert angesehen werden. Aber gegenüber den Russen gab das Heer des österreichisch-ungari-
schen Verbündeten fast täglich erschütternde Zeichen, daß sein Kampfwert tief gesunken war und innere Zersetzung in bedenklichem Maße um sich griff. Aufs neue wurde die Zuführung erheblicher deutscher Verstärkungen aus dem Westen zur unabweisbaren Notwendigkeit. Von Mitte Juli bis zum Rücktritt des Generals von Falkenhayn Ende August rollten vier vollständige Infanterie-Divisionen^), Teile zur Neubildung von vier weiteren Divisionen, 18 Landsturm-Bataillone und größere Mengen schwerer Artillerie nach dem Osten. Nur mit äußerster Mühe gelang es, den völligen Zusammenbruch der Verteidigungsfronten in Galizien und am Dniester abzuwenden. Immer deutlicher enthüllte sich daneben die Gefahr, daß Rumänien auf Seite der Verbandsmächte in den Krieg eingriff. Die Lage der Türkei hatte sich nicht günstig entwickelt. Für die Gesamtlage der Mittelmächte machte sich die Wirkung der wirtschaftlichen Abschnürung von der Außenwelt immer mehr fühlbar. Irgendeine Aussicht, die Blockade zu sprengen, bestand nicht. Die
Schlacht am Skagerrak hatte trotz ihres glücklichen taktischen Verlaufs keinen Zweifel gelassen, daß die Crringung der Seeherrschaft auch von der
Wiederholung eines solchen entscheidungsuchenden Waffenganges nicht zu erwarten war.
Der uneingeschränkte Anterseekrieg war für absehbare Zeit
aufgegeben. England stand nach wie vor unerschüttert im Felde. Auch die Annahme, daß Frankreichs militärische und wirtschaftliche Kraft dem
Erliegen nahegebracht sei, hatte sich als trügerisch erwiesen. ') von Gallwitz, a.a.O., S.60. — 2) 1., 123., 10. bayer., 117. I. D.
Die Oberste Heeresleitung im Juli und August.
416
Bis Die Gesamtheit dieser Tatsachen bedeutete für den deutschen GeneralMitte Juli, jfafcgches eine schwere Enttäuschung und eine ungewöhnlich starke Nervenbelastung. Die Schlußfolgerungen, die er aus der veränderten Gesamt-
läge für das künftige Verfahren auf den Kriegsschauplätzen in Ost und West zog, sind am Ende der schon erwähnten') Niederschrift des Vortrags zusammengefaßt, den er am 8. Juli dem Obersten Kriegsherrn hielt: „Über das Aushilfesystem werden wir auch in absehbarer Zeit nicht hinauskommen. And zwar um so weniger, als die Kräfte, die für eine
große Offensivunternehnmng in Betracht kämen, einerseits durch die reich, liche für die öfterreichisch-ungarische Front gewährte Unterstützung, andererseits durch die Westoffensive festgelegt worden sind. Aber das ist auch kein Anglück. D i e Kräfte, auf beiden Fronten gleichzeitig zu schlagen, haben wir nie besessen und werden sie nie besitzen. Gegenwärtig stehen wir im Westen im Cntscheidungskampf; es bleibt daher nur übrig, im Osten hinhaltend zu verfahren. Gelingt es, dem Gegner drüben entscheidende Erfolge zu verwehren, sein Vordringen so lange zu verlangsamen, bis im Westen die Entscheidung in der jetzigen Kampfhandlung gefallen sein wird, dann wird zu erwägen sein, ob das Aushilfesystem im Osten zu Verlasien ist.
Ich glaube jedoch schon heute nicht, daß die Frage zu bejahen sein wird, weil ich annehme, daß Frankreich in diesem Fall einen weiteren Winterfeldzug mit Rücksicht auf sein Menschenmaterial nicht mehr ertragen kann". Trotz ihrer sorgsam abgewogenen Ausdrucksweise können diese Darlegungen nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß die deutsche Oberste Heeresleitung die Initiative auf beiden Kriegsschauplätzen verloren hatte. Nicht nur im Verfahren gegen Rußland, sondern auch an der Hauptkampf-
front des Westens sah sie sich auf das „Aushilfesystem" angewiesen. Für das Durchstehen der dort tobenden Entscheidungsschlachten gab es kein anderes Mittel mehr als Verharren in reiner Abwehr unter sparsamstem
Haushalten mit den vorhandenen Kräften. Das war freilich um so schwieriger geworden, als Umfang und Wirkung der technischen Kampfmittel, die die Feinde in den Materialschlachten um Verdun und an der Somme zum
Einsatz brachten, alle bisherigen Vorstellungen weit übertrafen. Die deutsche Westfront hatte gegen die Mittel des halben Erdballs zu kämpfen, die unaufhörlich und ungestört den feindlichen Landfronten zuflössen. Bald nach Beginn der Somme-Schlacht war der Generalstabschef daher in Meinungsaustausch mit dem Admiralstab, dem Marinekorps und dem Kanzler
getreten, ob nicht Mittel und Wege gefunden werden könnten, mit Hilfe der Unterseewaffe die Truppen- und Kriegsmaterialtransporte, die ') S. 321 ff.
417
ünterseekrieg. — Polnische Legionen.
dauernd über den Kanal nach Frankreich gingen, wirksam zu stören. Im Marinekorps und im Admiralstab war der Gedanke aufgetaucht, den ganzen
Kanal zum Kriegsgebiet zu erklären, in dem alle Schiffe, auch unbewaffnete Handelsschiffe, warnungslos torpediert werden könnten. General von Fal¬ kenhayn begrüßte diese Absicht, weil er von einer Beeinträchtigung des
feindlichen Kraftzuflusses eine mittelbare Entlastung des schwer kämpfenden
Westheeres erhoffte. Die politische Leitung indessen hielt die Zustimmung des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu einer solchen Sperrung des
Kanals für ausgeschlossen und sah bei etwaiger Wiederholung des SussexFalles den Krieg mit Amerika als unvermeidliche Folge. Der Generalstabschef erklärte daraufhin, „sein Antrag sei nicht der Ausfluß einer solchen Notläge des Landheeres gewesen, die aus sich heraus und mit Herstellung einer Kanal-Sperre den Bruch mit Amerika rechtfertigte. Einem solchen würde er nur zustimmen bei Anwendung des rücksichtslosen Unterseekrieges auf
England überhaupt". Am 14. August entschied daraufhin der Kaiser, daß die Erklärung einer Kanal-Sperre zu unterbleiben habe'). Inzwischen war General von Falkenhayn bei seinem Suchen nach neuen Kräften für die Kriegführung am 19. Juli an den Reichskanzler auch mit
dem Hinweis herangetreten, daß das sehr schnelle Zusammenschmelzen der österreichisch-ungarischen Menschenreserven dazu nötige, sich für den' Kampf gegen Rußland nach anderer Hilfe umzusehen. Sie scheine sich in der erweiterten Aufstellung polnischer Legionen zu bieten, wie sie beim österreichisch-ungarischen Heere bereits bestanden. Die Entscheidung
dieser Frage zog sich aber hinaus. Polnische Hilfskräfte in größerer Zahl waren nach Ansicht des Generalgouverneurs in Warschau, Generalobersten von Veseler, nur nach vorheriger Klärung der Zukunft Polens zu erhalten, und dazu wiederum waren zunächst noch Verhandlungen mit Wien er-
forderlich2). Mit der am 19.Juli durch Bildung der Heeresgruppe Gall- Aweite witz in Kraft tretenden Neuregelung der Vefehlsverhältnifse entsprach 3utiWt) Österr. amtl. Werk, Band IV, S. 378 und 387.
Schlimme Rachrichten von der ö.*u. 4. Armee.
453
fanterie-Division, aus der ersten und zum Teil auch aus der zweiten Stellung geworfen hatte. Die Armeereserven (11. und 13. Infanterie-Division) waren bereits in den Rückzug verstrickt, der mit sämtlichen vier Divisionen erst in der nur dürftig ausgebauten dritten und letzten Stellung zum Stehen kam. Damit war die Front auf einer Breite von rund 25Kilometern ein¬
gestoßen und bis zu sechs Kilometern zurückgedrängt. Die Truppen hatten
schwere Einbuße erlitten; einzelne Regimenter sollten überhaupt nicht mehr zählen, andere 40 bis 50 vom Hundert ihrer Gefechtsstärke verloren haben.
Im Hinblick auf die Größe der Verluste sowie auf den „erschütterten seelischen Zustand der Truppen und ihrer Führer") war sogar weiteres Standhalten fraglich. Die 4. Armee hatte keine nennenswerten Reserven mehr, die
Heeresgruppe nur noch die halbe österreichische 45. Infanterie-Division hinter dem Nordflügel dieser Armee. Generaloberst von Linsingen setzte sie nach Süden in Marsch und befahl der Armeegruppe Gronau, fünf Bataillone mit der Bahn über Vrest-Litowsk—Kowel herzusenden. Aus diesen Truppen und Artillerie der ö.-u. 4. Armee sollte eine neue Division
zusammengesetzt werden, die aber nicht vor dem 7. Juni hinter der Einbruchsstelle bereit sein konnte. Inzwischen wurde das 4. Armeekommando gemahnt,
die Truppen durch persönliche Einwirkung auf die unteren Führer nunmehr zum Stehen zu bringen und Rücksicht auf die Nachbargruppen zu nehmen; nur dann sei von der Heranführung der Reserven Erfolg zu erwarten.
Die gleichzeitigen ernsten Kämpfe bei der ö.-u. 7., 1. und 4. Armee hatten — wie sich schon jetzt ergab — nicht nur Geländeverluste, sondern,
was viel schwerer wog, ganz erhebliche Abgänge an Menschen und Material gebracht. Generaloberst von Conrad stand vor schweren Entscheidungen. Noch drei Divisionen waren verfügbar, je eine hinter der
Deutschen Südarmee und hinter der ö.-u. 2.Armee, sowie die bereits nach Süden in Marsch gesetzte ö.-u. 25. Infanterie-Division der 1. Armee. Die Lage dieser Armee schien schwieriger zu sein als die der 7. Armee, die den Feind am 5. Juni im wesentlichen abgewehrt und auch noch die Möglichkeit hatte, sich im eigenen Vereich neue Reserven zu schaffen. Dagegen schien die 1. Armee, die bei Sopanow schwere Verluste erlitten hatte, durch das Eintreffen neuer feindlicher Kräfte bei Krzemieniec besonders bedroht. Generaloberst von Conrad entschloß sich daher, die ö.-u. 25. InfanterieDivision der Heeresgruppe Vöhm-Ermolli für den Fall des dringenden Bedarfs zum Einsatz bei der 1. Armee freizugeben, nach den Erfahrungen bei der 4. Armee mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß diese Division nur einheitlich verwendet werden dürfe. ') Österr. amtl. Werk, Band IV, S. 387.
454
s.Z«ni.
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
Für die Heeresgruppe Linsingen versuchte Generaloberst von Conrad in erster Linie deutsche Verstärkungen zu erhalten. Cr ließ das Heeresgruppenkommando wissen, daß es ohne österreichisch-ungarische Hilfe auskommen müsse. Um 10^ abends drahtete er an General von Falkenhayn:
„Bisher erzielten die Russen Erfolge an einem Frontteile unserer 7.Armee südlich des Dniester und heute auch westlich und südwestlich von Rowno gegenüber der 4. Armee". Die örtliche Überlegenheit des Feindes südlich des Dniester und die Wichtigkeit dieses unmittelbar an Rumänien gren-
zenden Abschnittes zwinge dazu, die verfügbaren Reserven dorthin zu senden. Auf Grund der Unterredung vom 24. Mai^) ersuche er zunächst, verfügbare Kräfte, womöglich von der deutschen Ostfront, über Kowel der
Heeresgruppe Linsingen zuzuführen. Auch könne die Versammlung starker russischer Kräfte bei Tarnopol demnächst die Bitte um Verstärkung für die
Deutsche Südarmee notwendig machen. Roch ohne Kenntnis von dem Umfang und der verhängnisvollen AusWirkung des russischen Einbruchs bei der ö.-u. 4. Armee war General
von Falkenhayn zunächst der Ansicht, daß die österreichischungarische Heeresleitung ohne deutsche Hilfe auskommen müsse. In seiner Antwort wies er darauf hin, daß nach der Verabredung vom 24. Mai nur
dann deutsche Kräfte zugeführt werden sollten, wenn der Gegner größere Verschiebungen von Norden nach Galizien vorgenommen habe. Zur Zeit sei das nicht der Fall; der Russe stehe vielmehr mit dreifacher Überlegenheit der deutschen Ostfront vollkommen angriffsbereit gegenüber. Er empfehle, angesichts der Meldung der Südarmee, daß sich das feindliche Feuer in mäßigen Grenzen gehalten habe und vor der Mitte der Armee Truppen im Wagenverkehr nach rückwärts beobachtet worden seien, dort die deutsehen Kräfte abzulösen und der ö.-u. 4. Armee zuzuführen. Darüber hinaus ließ er durch General von Cramon darauf hinweisen, daß bei dem Mangel an verfügbaren deutschen Reserven nur übrigbleibe, Truppen von
der italienischen Front einschließlich Südtirols zu nehmen. Das sei bitter, er sehe aber keinen anderen Ausweg. Verschiebe der Gegner Teile seiner Kräfte von der deutschen Ostfront nach Süden, so werde er nicht zögern,
auch deutsche Truppen zur Unterstützung zu senden. Während diese Entscheidung fiel, hatte Generaloberst von L i n °
singen seine Abendmeldung an die deutsche Oberste Heeresleitung durch die Darlegung ergänzt, daß die ö.-u. 4. Armee zum Teil panikartig und
unter schwersten Verlusten zurückgeflutet sei, obgleich der Feind bisher anscheinend nur das VIII. Korps und drei Kavallerie-Divisionen als Ver-
stärkungen eingesetzt habe. Durch Heranführung einer zusammengesetzten ») S. 443 f.
Bitte um deutsche Hilfe.
455
Division versuche er die wankende Linie zu halten. Vei dem Zustande der
Truppen, die in kurzer Zeit stark zusammengeschrumpft und haltlos geworden seien, vermöge er jedoch keine Verantwortung dafür zu übernehmen,
daß sie beim Einsatz feindlicher Verstärkungen nicht noch weiter zurückwichen. Die beantragte Unterstützung durch die ö.-u. 25. Infanterie-Division sei abgelehnt worden. Er sehe sich genötigt, erneut auf den geringen Halt der Truppen aufmerksam zu machen, die, wie er wiederholt gemeldet habe, „nur im Rahmen deutscher Truppen standhalten". Es folgte die Wiedergabe des Wortlautes seiner Meldung nach Teschen: Das 4. Armee-
kommando habe trotz zweimaligen Hinweises auf die Notwendigkeit energischsten Widerstandes und auf zweckmäßige geschlossene Verwendung der starken Reserven diese tropfenweise in die Verteidigungsfront eingesetzt und über die Verhältnisse an der Front wiederholt günstig berichtet; seine Führung habe vollkommen versagt. Heute abend habe es lediglich auf eine
pessimistische Meldung des Generals Szurmay hin den Rückzug für dessen Korps bis in die dritte Linie besohlen. Cr habe die Überzeugung gewonnen, daß der Rückzug übereilt und ohne zwingenden Grund angetreten sei, und daß das Fehlen einer zielbewußten Führung der Armee daran die Haupt-
schuld trage. Diese Nachrichten veranlaßten General von Falkenhayn, die Frage deutscher Unterstützung eingehend zu prüfen; er bezweifelte aber, wie er sofort an Generaloberst von Linsingen drahtete, daß deutsche Kräfte rechtzeitig bei der Heeresgruppe eintreffen würden. Anfragen beim Oberbefehlshaber Ost und bei der Heeresgruppe Prinz Leopold ergaben, daß letztere Heeresgruppe eine Brigade Landwehr nebst Artillerie zum sofortigen Abtransport anbot. Der Oberbefehlshaber Ost
war trotz der äußerst bedrohlichen russischen Angriffsvorbereitungen bereit, die gerade als Reserve nach Wilna rollende 108. Infanterie-Division nach Süden abzudrehen, sofern ihm dafür alsbald Ersatz aus dem Westen zugeführt werde. Vis die Entscheidung hierüber fiel, war die Eisenbahn durch die Transporte von der Armeegruppe Gronau und der Heeresgruppe Prinz Leopold ohnehin voll in Anspruch genommen.
Am 6.Juni beschränkten sich die russischen Angriffe bei den süd- «.Zun«, l i ch e n A r m e e n auf die Front der ö.-u. 7. und der Deutschen Südarmee,
die ihre Stellungen ohne Schwierigkeit behaupteten.
Von der 7. Armee
meldete Generaloberst von Pflanzer allerdings, daß die Widerstandskraft der ö.-u. 15. Infanterie-Division des XIII. Korps durch das russische Feuer wesentlich gelitten habe. Bei der ö.-u. 1. Armee sollte die 25. InfanterieDivision die Lage an der Einbruchsstelle von Sopanow wiederherstellen;
456
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive,
« Juni, mit der dazu nötigen Munition mußte die benachbarte 2. Armee aushelfen. Der Gegenangriff konnte aber erst am 8. Zum stattfinden, während die
I.Armee andererseits wegen des Einbruchs bei der ö.-u. 4. Armee auch für
alle Fälle Reserven hinter ihrem linken Flügel bereitzustellen hatte. Bei der ö.-u. 4. Armee ging der russische Angriff weiter. Er traf die Truppen, bevor sie sich in der dritten Stellung neu festgesetzt hatten. Teile hatten diese Abwehrlinie bereits westwärts überschritten. Das Armeekommando traute der ungarischen 70. und ö.-u. 11. InfanterieDivision überhaupt keine Widerstandskraft mehr zu. Angesichts der verworrenen Lage beim Korps Szurmay und beim X. Korps erwog es den Rückzug hinter den Styr und meldete darüber an die Heeresgruppe. „Von einem Zurückgehen hinter den Styr" — so antwortete Generaloberst von Linsingen um 10" vormittags — „kann nicht die Rede sein. Die
beiden Korps haben ihre Stellungen unter allen Umständen zu halten".
Cr forderte nochmals persönliche Einflußnahme des Armeeführers in diesem Sinne. Erzherzog Josef Ferdinand aber hatte bereits allen drei Korps seiner Armee die beim Rückzüge hinter dem Flusse zu besetzenden Abschnitte mitgeteilt und meldete um II45 vormittags, Versuche, die Truppen zum
Stehen zu bringen, seien vergeblich. „Die guten Regimenter sind durch Kampfverluste sehr stark zusammengeschmolzen, die ruthenischen versagen größtenteils ganz". Von der anmarschierenden halben 45. Insanterie-Division sei nicht viel zu erhoffen. Ein russischer Stoß auf Luek finde keinen entsprechenden Widerstand mehr.
Der Erzherzog hielt daher die Gefahr
„vollkommenen Durchbruchs und Umfassung des X. Korps" für groß, „wodurch auch Halten der Styr-Linie in Frage gestellt wäre". Generaloberst von Linsingen, der am nächsten Tage die zusammen-
gesetzte Division, dabei fünf Bataillone und drei Batterien deutsche Truppen^), bei Palcza bereit zu haben hoffte, forderte um 325 nachmittags nochmals mit allem Nachdruck, aber vergeblich, zum Standhalten auf. Abends ergab sich, daß die vordere Linie der Armee von Mlynow, wo wie bisher Anschluß an den linken Flügel der ö.-u. 1. Armee war, hinter Ikwa und Styr zum Südende des äußeren Brückenkopses von Luek verlief, dann östlich an Kiwercy vorbei durch unübersichtliches Waldgebiet zu der ver-
sumpften Styr-Riederung bei Kolki. Hier hatte das anschließende Korps Fath seinen rechten Flügel bereits etwas zurückbiegen müssen. Durch das Ausweichen der ganzen ö.-u. 4. Armee war innerhalb von drei Tagen eine Ausbuchtung von 75 Kilometer Breite und 20 Kilometer Tiefe ent-
standen. Von den 8%| Infanterie-Divisionen der Armee war kaum noch die Hälfte einigermaßen kampfkräftig. Generaloberst von Linsingen wollte >) S. 453.
457
Zusammenbruch der ö.-u. 4. Armee. Preisgabe von Luek.
versuchen, die Rückwärtsbewegung durch Einsatz der nach Palcza angesetzten frischen Kräfte wenigstens zum Stehen zu bringen. Einstweilen war aber nur die halbe österreichische 45. Infanterie-Division bei Kiwerey zur Hand,
die erst im Laufe des 7. Juni durch deutsche Truppen auf Divisionsstärke gebracht werden sollte. Außer dieser Halbdivision standen in Aussicht: von der Armee-Gruppe Gronau eine Kavallerie-Brigade, von der Heeresgruppe Prinz Leopold die 28. Landwehr-Brigade, ferner in einigen Tagen von der ö.-u. 2. Armee die ö.°u. 29. Infanterie-Division. Den Oberbefehl über alle diese Truppen sollte General der Kavallerie von Bernhards) übernehmen. Bevor am 7. Juni die neuzubildende Division vereinigt war, traf ein i. zum.
neuer russischer Stoß die gesamte Front der ö.-u. 4. Armee.
Das Armee-
kommando war morgens von Luck an die von Kowel heranführende Bahn
nach Perespa verlegt worden, wo sich das Korps Bernhardi sammeln sollte. Nachmittags wichen die im Brückenkopf von Luck, einer doppelten Linie ausgebauter und verdrahteter Stellungen, eingesetzten Teile des Korps Szurmay und des X. Korps. Unter dem Verfolgungsfeuer russischer Artillerie „hasteten Fußvolk und Batterien in wilder Flucht"2) über den Styr zurück. Aber auch das links anschließende ö.°u. II. Korps, das bis dahin kaum gelitten hatte, setzte auf der ganzen Front den Rückzug fort und ließ auf dem rechten Styr-Afer nur noch geringe Nachhuten. So stand bis zum Abend die ganze ö.-u. 4. Armee völlig erschüttert hinter dem Fluß. Die Tiefe des Einbruchs betrug bereits 40 Kilometer und darüber. Auf Antrag des Generalobersten von Linsingen war Generaloberst ErzHerzog Joses Ferdinand seiner Stellung enthoben worden. Der Nachfolger, Generaloberst Tersztyänsky von Nädas''), wurde erst erwartet. Generaloberst von
Linsingen
selbst
war durch die nun
einmal
in
Iablön zusammenlaufenden Verbindungen zunächst an dieses recht weitab
liegende Hauptquartier gefesselt. Nach seiner Auffassung handelte es sich einstweilen nur darum, ob es gelinge, die Styr-Linie zu behaupten. Eine
zusammenhängende, wenn auch nicht fertig ausgebaute Stellung auf den Höhen des Westufers und das davorliegende starke Wasserhindernis begunstigten die Abwehr. Trotzdem war es fraglich, ob das Korps Szurmay und das X. Korps, dessen Truppen vom ö.-u. 4. Armeekommando als
demoralisiert bezeichnet wurden, den Flußabschnitt halten würden. Das Oberkommando Linsingen rechnete damit, daß die Front erneut ins Wanken komme.
Es wollte seine Reserven bei Perespa versammeln, bereit zum
Angriff auf dem westlichen Styr-Afer nach Süden, sobald der Gegner über ') Bisher Kommandeur der 49. R. D. bei der 9. Armee (Hgr. Prinz Leopold). 2) Österr. amtt. Werk, Band IV, S. 400. 3) Zuletzt Oberbefehlshaber der ö.-u. 3. Armee, Band IX, S. 206.
458
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
7. Juni, den Fluß vordringe. Dabei rechnete es damit, daß der Styr-Abschnitt unterhalb von Luck gehalten werde. Für das im Norden anschließende
Korps Fath, das ebenso wie das Korps Hauer seit dem 6.Juni abends wiederholte russische Angriffe abgewiesen hatte, bestand daher keine Besorgnis. Im Süden aber hatte die ö.-u. 1. Armee ihren linken Flügel bereits nach Westen umbiegen müssen und sollte auf Befehl der öfterreichisch-ungarischen Heeresleitung vom 8. Juni ab den Ikwa- und StyrAbschnitt bis etwa 15 Kilometer südlich von Luck übernehmen; die ö.-u. 7.Infanterie-Division sollte dann zu ihr übertreten. Damit wurde der
Schwerpunkt der ö.-u. 4. Armee nach Norden verschoben. Das Armeekommando wurde nach Wladimir-Wolynsk verlegt. An diesem Tage, dem 7. Juni, hatte aber auch die Lage bei der ö.-u. 7. Armee eine neue, sehr ernste Wendung genommen. Die Russen waren
bei Iazlowiec in die Stellungen des XIII. Korps eingebrochen und hatten in der Verfolgung bis über die Strypa durchgestoßen. Abends war die Front auf mehr als 20Kilometer Breite, vom Dniester bis zur Eisenbahn östlich von Vuczacz, vier bis fünf Kilometer hinter die Strypa in die dort
verlaufende zweite Stellung zurückgedrängt. Die örtliche Führung hielt es zwar für möglich, daß bis zum folgenden Morgen wieder Ordnung und Besinnung in Führer und Truppen komme, bereitete die Heeresleitung aber
auch schon darauf vor, daß die nächsten Tage vielleicht große Naumverluste bringen würden.
Da die Reserven der Armee bereits verausgabt waren,
mußte die Süd armee aushelfen. Bei ihr und der Heeresgruppe BöhmCrmolli hatte der Gegner nichts Ernstes unternommen.
b) Aussprache der Generalstabschefs in Berlin") und die Kämpfe am 8. und 9. Juni.
Schon am Abend des 6.Juni hatte General von Falkenhayn über den Ernst der Lage bei der Heeresgruppe Linsingen keinen Zweifel
mehr gehabt. Die morgens zugesagten deutschen Verstärkungen, zwei gemischte Brigaden, schienen ihm keineswegs ausreichend. Da der Feind nördlich vom Pripjet nach wie vor in unverminderter Stärke, das heißt mit
fast doppelter Übermacht, angriffsbereit gegenüberstand, war es ein gefährliches Wagnis, dort Truppen wegzunehmen. Abgaben von der Westfront waren angesichts der dortigen Lage und Absichten^) kaum zu vertreten.
Zudem handelte es sich um einen Frontabschnitt, für dessen Behauptung in erster Linie Generaloberst von Conrad mit seinen eigenen Truppen die
Verantwortung trug. So hatte sich General von Falkenhayn in der Nacht *) Anschluß an S. 454.
-) S. 311 ff.
Erste Entsendungen von der deutschen Westfront.
459
zum 7. Juni zunächst an ihn gewandt und den Einsatz ausreichender öfterreichisch-ungarischer Verstärkungen gefordert, auch wenn bis zu ihrem Ein»
treffen einige Zeit vergehe. Kämen sie überhaupt nicht, so könne es sich „tatsächlich ereignen, daß die Russen mit zahlenmäßig kaum gleichen Kräften die ganze Kriegslage im Osten zu ihren Gunsten umgestalten". Die Antwort aus Teschen ließ auf sich warten. Che sie vorlag, meldete am 7. Juni mittags General von Cramon: Generalleutnant Metzger, der Chef der
Operationsabteilung bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, sei der Ansicht, „daß mit österreichischen Truppen — auch mit solchen an der Südwestfront etwa verfügbaren — die Lage bei Luck kaum
wiederherzustellen" sei. Weitere Meldungen des Generalobersten von Lin» singen brachten Klarheit über die völlig gesunkene Widerstandskraft der ö.°u. 4. Armee; ihre Truppen seien ohne zwingenden Grund so weit zurück-
gewichen, daß der von Kiwercy her beabsichtigte Gegenangriff nicht mehr ausführbar sei. Schnelle deutsche Hilfe schien also nötig. General von Falkenhayn ordnete die Absendung der 1l)8. Infanterie-Diviston aus dem Vereich des Oberbefehlshabers Ost und des X. Armeekorps aus seinen
bisher zurückgehaltenen Westreserven^) nach Kowel an. In der Mitteilung hierüber an Generaloberst von Conrad betonte er, er setze als selbstverständ-
lich voraus, daß auch alle irgendwie entbehrlichen österreichisch-ungarischen Verbände unter voller Ausnutzung der Eisenbahnen an die bedrohte Front gefahren würden. Gleichzeitig bat er den verbündeten Generalstabschef für den 8. Juni zu einer Aussprache nach Verlin. Generaloberst von Conrad hatte zunächst erwogen, General von Falkenhayn zur Aufgabe des Verdun-Angriffs zu veranlassen, dessen
Fortschritte ihm ohnehin gering erschienen. Deutsche Truppen sollten die Lage gegen Rußland bereinigen, während die österreichisch-ungarischen den Kampf gegen Italien fortsetzten. Mit diesem Ziele hatte auch Generalleutnant Metzger die erwähnte Mitteilung an Generalleutnant von Cra-
mon gemacht. Die Erinnerung daran, daß das österreichisch-ungarische Heer die Verantwortung für das Halten der Ostfront südlich des Pripjet über¬ nommen habe, und zwar für das Halten mit eigenen Truppen, solange nicht etwa die Russen ihre Kräfte umgruppierten, war bei Generaloberst von Conrad und seinen Mitarbeitern anscheinend verblaßt. Als sich dann bis zum Abend des 7. Juni die Lage an der Front immer bedrohlicher ent-
wickelte, wurde es dem österreichisch-ungarischen Generalstabschef klar, daß sich seine Pläne bei der Aussprache in Verlin doch nicht durchsetzen lassen würden, daß vielmehr die Notwendigkeit erörtert werden würde, die Tiroler Offensive abzubrechen. So entschloß er sich „nur widerstrebend"^) zur Reise. ') 6.316. — B) Öftere, amtl. Werk, Band I V, S. 4M.
460
8. zun«.
Die Ostfront. — Brusstlow-Offensive.
Vis Generaloberst von Conrad am Nachmittag des 8. Juni in Verlin
eintraf, lagen bereits Meldungen über weitere Verschlechterung der Lage an beiden Einbruchsstellen^) vor. Die Notwendigkeit, die Lage wiederherzustellen, schien ihm bei der ö.-u. 7. Armee wegen der Nachbarschaft Rumäniens ebenso dringend wie bei der 4. Armee.
Er dachte an Gegen¬
angriff mit weitgestecktem Ziel. Einerseits sollte den Russen ein „aktiver" Schlag versetzt werden, der ihren jetzigen großen Erfolg wettmachte und damit die Gefahren beseitigte, die dieser „hervorgerufen habe (bei Nußlands Verbündeten, bei Neutralen, bei Rumänien — schließlich in Serbien und
Montenegro; bei Rußland selbst)"^). Andererseits gelte es zu verhindern, daß sich Rußland nochmals in den Besitz Ostgaliziens und der Bukowina setze.
Beides sei nötig — so schloß Generaloberst von Conrad — wegen
der „Rückwirkung auf die g r o ß e Kriegsentscheidung, die ich vor allem
im Auge haben muß und der gegenüber Italien zum sekundären Kriegsschauplatz herabsinkt". So war er denn jetzt bereit, auch Truppen von der Alpen-Front nach Galizien heranzuziehen. Andererseits wollte er von General von Falkenhayn noch weitere Divisionen erbitten, die aber nicht
nach Kowel, sondern zur freien Verfügung der österreichisch-ungarischen Heeresleitung nach Lemberg rollen sollten. Auch General von Falkenhayn hatte sich inzwischen mit der Frage beschäftigt, nunmehr im Osten, und zwar von Kowel aus, einen
„schnellen, energischen Schlag" zu führen. Bei der Besprechung in Berlin hat sie aber keine Rolle mehr gespielt. Neben den Plänen für den Westen hat dabei mitgesprochen, daß die Cisenbahnverhältnisse hinter der Front bei
Kowel den schnellen Aufmarsch starker Truppen ausschlössen. Das Ergebnis der Besprechung hat General von Falk e n h a y n noch am Abend des 8. Juni in einer Drahtung an General-
oberst von Conrad zusammengefaßt, in der es hieß: „tlber den Ernst der Lage an der galizischen Front in bezug sowohl auf die taktischen Vorgänge als auch auf die operativen und deren Nachwirkungen für den gesamten
Kriegsverlauf besteht keine Meinungsverschiedenheit. Die Lage ist so ernst, daß alle irgend verfügbaren Kräfte an die bedrohte Front geworfen werden müssen. Selbstverständlich ist Österreich-Ungarn hierzu, da es sich um den von ihm zu haltenden Teil der Gesamtfront handelt, in erster Linie ver-
pflichtet und auch entschlossen, alle Ossensivunternehmungen gegen Italien
hinter die Abwehrmaßnahmen in Galizien zurückzustellen". Deshalb sei aus Tirol die 61. Infanterie-Division schon nach Galizien in Marsch gesetzt, 1) S. 461 f. 2) Bemerkungen vom 9. Juni zu dem von General von Falkenhayn übersatten
Ergebnis der Besprechung.
4SI
Aussprache der Generalstabschefs in Verlin.
starke schwere Artillerie und baldmöglichst auch weitere Infanterieverbände würden ihr mit größter Beschleunigung folgen. Im Augenblick seien solche Verbände nicht verfügbar, weil die noch in zweiter Linie stehenden 21/* Di¬ visionen für Verwendung in Galizien nicht in Frage kämen und andere Truppen erst in einigen Tagen aus der Front genommen werden könnten, nachdem dort eine dauernd haltbare Linie am Rande des Asiago-Plateaus
gewonnen sei. General von Falkenhayn nahm danach an, daß mindestens 21/) Divisionen, durch die vorgenannten abgelöst und für Galizien verfügbar gemacht würden. Deutscherseits seien Kräfte in der Stärke von mehr als vier Divisionen mit sehr reichlicher schwerer Artillerie im An-
transport zur Heeresgruppe Linsingen. Ob noch eine fünfte Division (11. bayerische vom Westen) nachgesandt werden könne oder als Ersatz für die 108. zur Heeresgruppe Hindenburg gehen müsse, sollte nach der Lage bei Eintreffen ihrer Spitze in Warschau entschieden werden. Dann hieß es weiter: „Operativ haben wir beschlossen, die Lage durch eine kräftige Offensive der Heeresgruppe Linsingen aus der Gegend
von
Kowel
in
der
Richtung
südlich
an
Rowno vorbei wiederherzustellen. Alle herankommenden Verstärkungen werden deshalb auf Kowel geführt werden. 1., Südund 7. Armee erhalten den strengsten Vesehl, ihre Stellungen mit allen
Mitteln zu halten, aber keine Verstärkungen". Es folgten Einzelheiten über Ausladung an der Koweler Vahn und Ausstattung der eintreffenden
deutschen Verbände mit landesüblichen Fuhrparks. Diesen Aufzeichnungen stimmte Generaloberst von Conrad zu mit dem einzigen Vorbehalt, Teile der österreichisch-ungarischen Verstärkungen nötigenfalls auch der ö.-u. 7., 2. oder 1. Armee zuzuführen, sofern dort „das Einsetzen einer geringen Kraft genügen würde, einen für das Ganze bedenklichen Mißerfolg hintanzuhalten". Er dachte dabei vor allem an Verwendung der ungarischen 61. Infanterie-Division, die ohnehin erst vom 17. Juni an in Galizien verwendungsbereit sein könne. Auch ohne sie
blieben für die Stoßgruppe bei Kowel noch mindestens Divisionen'). Einstweilen hielt jedoch General von Falkenhayn daran fest, daß alles, was nur heranzubringen sei, zur Heeresgruppe Linsingen gefahren werden müsse. Schwerste Steilfeuerbatterien erbat er, falls sie in Italien frei würden, für die Westfront). Inzwischen hatte das Anheil an der Front in Galizien und Wolynien weiter seinen Lauf genommen. Das ö.-u. XIII. Korps der 7. Armee ') Deutsches X. A. K„ 108. und zsgs, I. D., ö.-u. II. Korps, 29. und y2 45. 3.3). ') Weitere Verhandlungen der beiden Generalstabschefs S. 481 ff.
462
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
». I«ni. hatte den Rückzug fortgesetzt; sein Südflügel stand am Abend des 8. Juni bereits 17 Kilometer westlich der Strypa-Mündung. Bei der Südarmee war die Sorge erwacht, daß weiteres Ausweichen der Nachbararmee im Süden auch die eigene Front in Mitleidenschaft ziehen werde, vor der die Russen nach wie vor stärkere Kräfte angriffsbereit zu haben
schienen. Generaloberst Gras Bothmer erbat Verstärkungen, die ihm aber nicht gewährt werden konnten. Bei der Heeresgruppe BöhmE r m o l l i hatte der an diesem Tage noch vor Hellwerden unternommene
Gegenangriff der ö.°u. 25.Infanterie-Division bei Sopanow mit dem Zurückweichen in die Ausgangsstellung geendet. Die größte Sorge bereitete die ö.-u. 4. Armee, deren Mitte im Laufe des Tages weiter nachgegeben hatte. Der linke Flügel des Korps Szurmay war nach Süden hinter die Palonka gewichen, die Reste des X.Korps von Luck nach Westen. „Der genaue Aufenthalt der schwachen, völlig entnervten Truppen in dem weiten, mit Wald durchsetzten Räume zwischen der Palonka und der Sierna konnte bis zum Abend nicht ermittelt
werden"'), ihr linker Flügel stand hinter der unteren Sierna. Anschließend daran wurde das linke Styr-Aser von Vortruppen des Generals von Bern-
hardi gehalten, von denen ein deutsches Bataillon (rund 1200 Mann) beim Ausweichen dorthin infolge vorzeitiger Vrückensprengung bereits in Gefangenschast geraten war. Das in der Bildung begriffene Korps Bernhardi verfügte einstweilen nur über eine aus den zuerst eintreffenden deut-
schön und österreichischen Verstärkungen zusammengesetzte Division2) unter dem deutschen Generalmajor Rusche. Die 108. Infanterie-Division begann einzutreffen, die ö.°u. 29. Infanterie-Division sollte ihr folgen. Außerdem wurde jetzt das ö.°u. II. Korps und damit der gesamte Nordflügel der ö.-u. 4. Armee General von Bernhardi unterstellt. Zur Unterstützung des von Norden beabsichtigten Gegenangriffs regte Generaloberst von L i n -
singen bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung einen gleichzeitigen Angriff von Süden und Westen an, für den aber die Kräfte einst-
weilen völlig fehlten. g.Iunt.
Nach dem Willen des Heeresgruppenkommandos, das sich dabei mit dem ö.-u. 1. Armeekommando in voller Übereinstimmung befand, sollten am 9. Juni die vordersten Linien gehalten werden. Das 4. A r m e e -
kommando aber hatte dem ö.-u. X. Korps hierfür „zugebilligt, im
Falle eines neuerlichen übermächtigen Russenangriffes" zwischen Palonka und Sierna bis in die Linie Gorodok—Ozdeniz auszuweichen. In dieser ») Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 405 f. 2) Je eine gemischte Brigade von der Hgr. Prinz Leopold und der A. Gr. Gronau und y® österr. 45. I. D.
Weiteres Nachgeben der ö.-u. 7. und 4. Armee.
463
Linie endete daher der Tag beim ö.-u. X. Korps, und entsprechend war die 1. Armee genötigt, ihren linken Flügel vom Styr in die Verlängerung der
Ikwa-Front zurückzubiegen. Dabei entstand zwischen ihr und der 4. Armee eine etwa 13 Kilometer breite Lücke. Im Norden konnte der Gegner die
Sierna überschreiten; der rechte Flügel der noch in der Versammlung
begriffenen Gruppe Vernhardi mußte zurückgenommen werden, damit er nicht vorzeitig in Kämpfe verwickelt wurde. So war es schon ein
Lichtblick, daß es dem ö.-u. II. Korps gelang, sich unterhalb von Nozyszeze am Styr zu behaupten und Feind, der bei Kolki überging, im Gegenangriff sogar zurückzuwerfen; er büßte 1300 Gefangene ein. Auch die nördlich an-
schließenden Korps Fath und Hauer wiesen alle russischen Angriffe wie bisher ab.
Vei der ö.-u. 7.Armee hegten Führer und Truppen sehr geringe Zuversicht für den weiteren Widerstand im Räume östlich von Vuezaez. Generaloberst von Pflanzer hatte bereits beschlossen, nach Süden zurückschwenkend, mit der ganzen Armee über den Dniester an den Pruth auszuweichen, um von dort in des Feindes Flanke zu stoßen, wenn er sich
gegen Lemberg wandte. Angesichts der vorliegenden Erfahrungen hatte die österreichisch-ungarische Heeresleitung aber doch ernste Bedenken gegen diesen „außerordentlich kühnen Plan'"), der zunächst eine breite Lücke zwischen der ö.-u. 7. und der Südarmee aufreißen mußte. Sie befahl der 7. Armee ausdrücklich, das XIII. und VI. Korps unter keinen Umständen über den Dniester zurückzunehmen, sondern im festen Anschluß an die Südarmee die jetzige Front zu halten. Da der Gegner am 9. Juni nicht stark
drängte, gelang es, dieser Weisung zu entsprechen. c) Ereignisse bis zum 15. Juni") und Vereitstellung der Angriffsgruppe Kowel.
Während die Truppen zur Bildung der Angriffsgruppe Kowel anrollten, wurde die Gesamtlage südlich des Pripjet von Tag zu Tag schwieriger. Der Morgen des 10. Juni brachte einen neuen schweren (Einbruch der Russen in die Front der ö.-u. 7. A r m e e bei Okna.
Die Trümmer von 2 y2Infanterie-undeinerKavallerie-Divisiondes Feldzeugmeisters Ritter von Benigni waren bereits mittags in vollem
Zurückfluten') südwärts gegen den Pruth.
Generaloberst von Pflanzer
nahm die Nachbartruppen zurück, vor allem, um den von der Heeres-
leitung nochmals ausdrücklich befohlenen Anschluß im Norden zu halten. ') Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 431. ") Für den Südflügel nur bis zum 12. Juni.
3) Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 443.
w.bts
464
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
10.6t« Die Rückwärtsbewegung ging über zwei rückwärtige Stellungen hinweg Inni. ent)Cte für den rechten Armeeflügel (ö.-u. XI. Korps) erst hinter dem Pruth beiderseits von Ezernowitz. Dicht östlich von Snjatyn bog die Linie scharf nach Norden um, zum Dniester östlich von Horodenka. In diesem Räume gelang es erst im Laufe des 11. Juni unter großen Mühen, eine
neue, wenn auch äußerst dünn besetzte Front aufzubauen. Ein einziger Tag hatte einen Geländeverlust von fast 30 Kilometer Tiefe gebracht. Aber auch die Front bei Vuczacz hatte am 10. Juni weiter nachgegeben. Sie verlief jetzt vom Dniester-Knie östlich der Koropiee-Mündung nach Norden zum bisherigen rechten Flügel der Deutschen Südarmee, der noch an der Strypa stand. Er war auf Wunsch des Generals Grafen Bothmer angesichts der Ereignisse des 10. Juni durch Überweisung des linken Flügelkorps der 7. Armee (ö.-u. VI. Korps) bis dicht nördlich der Bahn
Monasterzyska—Vuczacz ausgedehnt worden. Angesichts der geringen Widerstandsfähigkeit der Truppen der 7. Armee hielt es Generaloberst von Pflanzer für nötig, seine süd-
lich des Dniester stehenden Kräfte auf gleiche Höhe mit denen nördlich des Flusses zurückzunehmen. Das bedeutete weiteres Ausweichen um rund
30 Kilometer. Die Meldung über diese Absicht schloß: „Die Möglichkeit, einen Angriff aufzuhalten, besteht gegenwärtig absolut nicht. Ein solcher Entschluß würde zur vollständigen Zertrümmerung der Gruppe Venigni führen". Vis zum 12.Juni abends standen als rechter Flügel der 7. Armee schwache Kräfte zur Verteidigung der Bukowina von der rumänischen Grenze bis Zablotow hinter dem Pruth, die Hauptkräfte von dort bis Njezwiska am Dniester. Damit war die Armee mit der Südarmee auf
gleicher Höhe. Ihre Widerstandskraft war aber so gering, daß General¬ oberst von Pflanzer an weiteres Ausweichen südwestwärts auf Delatyn dachte, um mit der „ruinierten Armee"') seinem schon erwähnten Plane entsprechend eine Flankenstellung zum russischen Vormarsch einzunehmen. Das aber ließ die Heeresleitung nicht zu. Die um das ö.-u. VI. Korps verstärkte Deutsche Südarmee
hatte ihre Stellungen behauptet. Ernste Gefahr drohte aber ihrem rechten Flügel, falls die ö.-u. 7. Armee ihre weiteren Rückzugspläne in die Tat umsetzte. Dem Wunsche des Generals Grafen Bothmer entsprechend, wurde ihm daher am 12. Juni auch noch das ö.-u. XIII. Korps der 7. Armee unterstellt. Die Gefahr war damit aber keineswegs behoben, son¬ dern nur die unzuverlässige Nahtstelle zwischen beiden Armeen abermals um eine Korpsbreite weiter nach Süden verschoben. Die ö.-u. 7. Armee Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 449.
465
Schwere Erschütterung der ö.-u. 7. Armee.
hatte zu beiden Seiten des Dniester auf 90 Kilometer Breite bis zu 60 Kilometer Tiefe an Gelände eingebüßt und dabei mehr als 5V vom
Hundert ihres Bestandes verloren. „Der Durchbruchsschrecken war an der unteren Strypa epidemisch geworden. War der Feind auch nur in ein schmales Frontstück eingebrochen,
so gingen oft die angrenzenden Frontteile zurück, ohne selbst ernstlich angegriffen zu sein, nur weil der Anschluß verloren war. Auch einzelne höhere Führer faßten voreilige Rückzugsentschlüsse unter dem Hinweis, daß das Halten der Stellung mit den erschütterten Truppen nicht möglich sei... Die Führung sah mit dem katastrophalen Einsturz der Stellung den ganzen Verteidigungsapparat auseinandergerissen, und die Truppe war entwöhnt, zwischen den Stellungen in offener Feldschlacht zu kämpfen"'). Ohne den Einschub neuer Kräfte konnten die durch solchen Ausfall entstandenen Lücken nicht mehr geschlossen werden. Bei der Heeresgruppe Vöhm-Ermolli hatte der Nordflügel der ö.-u. 1. Armee allmählich zurückgebogen werden müssen. Es fehlte auch hier an Kräften, die größer werdende Lücke zur ausweichenden ö.-u. 4. Armee zu schließen. Am 12. Zum abends verlief die Front der 1. Armee, von der alten Stellung bei Verezce abbiegend, hinter der Plaszewka und Lipa bis Golatyn. In der dann folgenden großen Lücke stand Kavallerie. Die Entwicklung der Lage am 9. Juni hatte Generaloberst v o n L i n -
singen vor die Wahl gestellt, entweder auf die Verbindung zur ö.-u. 1. Armee oder aber auf den Zusammenhalt innerhalb der weichenden ö.-u. 4. Armee zu verzichten. Der Versuch, diese Armee angesichts des Gegners zum Stehen zu bringen, erschien nach den gemachten Erfahrungen aussichtslos, wollte man dazu nicht die bisher eingetroffenen Kräfte des für den
Gegenangriff bestimmten Korps Vernhardi (Division Rusche und Ansänge der 108. und ö.-u. 29. Infanterie-Division) einsetzen. Generaloberst von Linfingen hielt an dem Entschluß fest, das nicht zu tun. General von Vernhardi erhielt den Vefehl, vorwärts des Stochod größere Kämpfe zu vermeiden, um alle drei Divisionen für den Entscheidungsschlag in der Hand zu behalten. Dem Korps Szurmay und dem ö.-u. X. Korps wurde befohlen, beim Ausweichen am 10. Juni die Richtung nach NordWesten zu nehmen; das wurde aber nicht erreicht. Vom Feinde schon
morgens angegriffen, gingen beide Korps nach Westen statt nach Nordwesten zurück. Damit zerriß die Front auch innerhalb der Armee. Zwischen dem 0 Österr. amtl. Werk, Band IV, S. 465 f. Weltkrieg. X. Band.
30
466
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
,0- bis ö.-u. X. Korps und dem Korps Vernhardi entstand eine zwölf Kilometer 12. zun«. Grefte Lücke. General von Vernhardi, dessen Korps erst am 14. Juni
angriffsbereit sein konnte, nahm die Division Rusche vor dem herandrängenden Feind vom Styr nach Perespa zurück. Generaloberst von Linsingen meldete an die Oberste Heeresleitung, daß von den Divisionen, die nach der Berliner Besprechung insgesamt zum Gegenangriff in Aussicht
standen, so viele zum bloßen Stützen der Front gebraucht würden, daß für die Stoßgruppe nur zwei bis drei Divisionen übrigbleiben würden.
Cr
halte die Heranführung weiterer Verstärkungen für nötig. Der nächste dafür in Frage kommende Verband war die von der Alpen-Front anrollende
ungarische 61.Infanterie-Division. General von Falkenhayn konnte sich aber den Gründen des Generalobersten von Conrad nicht verschließender sie am linken Flügel der ö.-u. 1. Armee für unentbehrlich hielt. Am Abend des 10. Juli erklärte er sich mit dieser Verwendung einverstanden; die Division werde sich auch von dort am Gegenangriff wirksam beteiligen können. Für die Aussichten der Angriffsgruppe Kowel sei zu beachten, daß die Russen auf dem 150 Kilometer messenden Bogen von Kolki bis Demidowka höchstens acht aktive und vier Landwehr-Divisionen haben könnten. Diese Berechnung entsprach etwa den Annahmen der Heeresgruppe Linsingen, die dort mit dem russischen XXX., XXXIX., XXXX, VIII. Korps, vier finnländischen Schützen-Divisionen und einigen Kavallerie-Divisionen rechnete. Cs müsse sich — meinte General von FalkenHayn — Gelegenheit finden lassen, sie an irgendeiner Stelle des Bogens mit entscheidender zahlenmäßiger Überlegenheit anzupacken, auch wenn man nur
vier bis fünf Divisionen zum Stoß selbst zusammenfassen könne. Voraussetzung sei freilich, einzelne Räume seitwärts des Angriffs nur ganz schwach zu besetzen und den Stoß zu führen, bevor die Russen weitere Verstärkungen heranbringen. Eine ernstliche Gefährdung sei von diesen nicht zu besorgen, da sie durch das Eintreffen zunächst des X. Armeekorps und später weiterer Kräfte, über die noch Nachricht folge, ausgeglichen werden dürften. Generaloberst vonLinfingen stimmte diesen Ausführungen zu, bat aber, General von Falkenhayn möge sich kräftig dafür einsetzen, daß die ungarische 61. Infanterie-Division nicht etwa in die Abwehrfront der ö.-u. 1. Armee ein-
gegliedert werde, sondern tatsächlich mit zum Angriff vorgehe. An dessen Erfolg zweifele er keinen Augenblick; trotzdem halte er zu einer entscheidenden
Durchführung die zugesicherten weiteren Verstärkungen für erforderlich. Den Oberbefehl über die ö.-u. 4. Armee hatte inzwischen Generaloberst von Tersztyanszky übernommen'). Da der Gegner am 11. Juni nur ») S. 457.
Vereitstellung der Angriffsgruppe Kowel.
m
nach Norden, am Styr gegen Kopple, vorwärtsdrängte, gelang es, die Lücke in der Front wieder zu schließen. Die Vortruppen des Korps Vernhardi wurden hinter den Stochod zurückgeführt, seine ö.-u. 29. InfanterieDivision als rechter Flügel des ö.°u. H. Korps in die Front eingeschoben. Am 12. Juni blieb die Lage unverändert. Zur Führung der Angrisfsgruppe Kowel war der Heeresgruppe der Kommandierende General des VI. Armeekorps, General der Kavallerie von der Marwitz,
zur Verfügung gestellt worden. An Truppen sollte zugleich mit der 11. bayerischen Infanterie-Division auch noch die 43. Reserve-Division vom Westen anrollen, doch waren die Anfänge beider nicht vor dem 17. Juni zu erwarten. An Kavallerie waren von der Armeegruppe Gronau und aus dem Generalgouvernement Warschau der Stab der 9. Kavallerie-
Division, die 2. Garde-Kavallerie-Vrigade und fünf einzelne Regimenter teils schon eingetroffen oder im Anrollen, teils angekündigt. Die geringen Luftstreitkräfte der Heeresgruppe Linsingen wurden verstärkt. Vei der Un¬ sicherheit, ob die vom Gegner umklammerte Front des ö.-u. II. Korps sowie der Korps Fath und Hauer sich im Styr-Bogen von Czartorysk noch lange halten könne, wollte Generaloberst von Linsingen mit dem
Gegenangriff nicht warten, bis alle Verstärkungen heran waren, fondern ihn möglichst bald, und zwar aus der Gegend südlich von Kowel nach
Osten führen. Wegen dieses „rein frontalen" Stoßes hatte General von Falkenhayn Bedenken und wies auf die besseren Aussichten eines Angriffs von Norden über den Styr-Abschnitt Sokul—Kolki hin. Cr zog seine Einwände aber zurück, als er die Gründe des Generalobersten
von Linsingen aus dessen Weisungen für den Angriff ersah. In ihnen hieß es, daß der Gegner die Offensive nach Westen aus Mangel an Kräften zunächst nicht weiter fortsetzen werde. Vorerst scheine er Verstärkungen, Ver-
Pflegung und Munition heranzuziehen. Seine Maßnahmen ließen darauf schließen, daß er demnächst nicht nach Süden, sondern nach Norden angreifen wolle, um die österreichisch-ungarischen Stellungen in dieser Richtung aufzurollen. Dabei werde er der südlich von Kowel bereitzustellenden Angriffsgruppe die linke Flanke bieten müssen. Vis zum 14. Juni abends
würden auch die Truppen des X. Armeekorps ausgeladen sein, weitere Kräfte aber nicht vor dem 17. eintreffen. Der Gegenangriff solle daher am
15. Juni mit vier deutschen Divisionen (X Armeekorps, 108. InfanterieDivision und Division Rusche) von Westen her, rechter Flügel entlang der oberen Turja, geführt werden. Das ö.-u. X. Korps und das Korps
Szurmay, die durch Ersatzmannschaften jedes wieder auf etwa Divisionsstärke gebracht waren, würden, soweit möglich, mitwirken, vor allem aber 30*
468 i». bis
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
die ö.-u. 1. Armee.
Dazu wurde deren Unterstellung unter die Heeres-
12.3#»«. gruppc Linsingen von der deutschen Obersten Heeresleitung bereits be¬
trieben^). Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Angriff wurde auch die Verlegung des Oberkommandos Linsingen, mindestens seiner Ersten Staffel von Iablon in die Nähe der Kampfhandlungen nötig. General von Falkenhayn hatte bereits gedrängt und auf die große moralische Bedeutung einer solchen Maßnahme mit den Worten hingewiesen: „Man darf sich sogar fragen, ob nicht die persönliche Einwirkung in so kritischer Lage überhaupt die einzige ist, von der man Erfolg erhoffen kann. Der Draht mag zur Verbindung zwischen Stäben genügen, die auf den gleichen Ton gestimmt sind. Cr reicht nicht aus, wo tiefgehende Mißakkorde bestehen". Generaloberst von Linsingen hielt aber den Zeitpunkt zur Vor¬ verlegung erst mit Beginn des Gegenangriffs für gekommen, da sich in keiner Weise übersehen lasse, ob die Front bis dahin nicht weiter nachgebe und dann vielleicht nochmals eine Änderung nötig würde. Nach einer Auszeichnung des Oberstleutnants Drechselt, damals Chef des Generalstabes des X. Armeekorps, wurde seinem Kommandierenden General und ihm beim Eintreffen in Iablon am 12. Juni abends eröffnet: „Die ö.°u. 4. Armee ist geschlagen und zersprengt. Wo sich ihre Trümmer befinden wissen wir nicht. Zur Zeit ist Kowel noch nicht von den Russen besetzt. Es ist aber doch sehr fraglich, ob das X. Armeekorps überhaupt noch in Kowel ausladen kann. Wir erwarten gegen Morgen nähere Meldungen".
Während dieser Meinungsaustausch zwischen den obersten deutschen Dienststellen stattfand, ermächtigte die österreichisch-ungarische Heeresleitung am 12. Juni die 1. Armee, falls der Russe vor Ve-
ginn des deutschen Gegenangriffs zu einem starken Schlage ansetze, ihre Front in eine an der galizischen Grenze vorbereitete Stellung zurückzu¬
nehmen3). Andererseits sah sich Generaloberst von Linsingen durch Verzögerungen im Antransport der Verstärkungen gezwungen, den Beginn des
Gegenangriffs noch zu verschieben. 14.und Am 14. Juni setzten neue russische Angriffe gegen die IS.Zum. ö.-u. 4. und I.Armee ein. Die I.Armee, die zur einheitlichen Führung des Gegenangriffs am 15. Juni unter den Befehl des Generalobersten von Linsingen treten sollte, wich unter Verlust von etwa 10 000 Mann') aus, um zusammen mit dem anschließenden Nordflügel der ö.-u. 2. Armee ') S. 482 f. — 2) Mitteilung vom 14. Aug. 1934.
3) Ösierr. amtl. Werk, Band IV, S. 471. 4) Ebenda, S. 491.
Verzögerung des Gegenangriffs. Ausweichen der ö.-u. 1. Armee.
469
auf die Linie Lopuszno—Radziwillow—Veresteczko zurückzugehen. Generaloberst von Linsingen war unter den gegebenen Umständen einverstanden
gewesen, hatte aber die Erwartung ausgesprochen, daß die Armee ihre Stellungen nunmehr halte, denn der Gegner sei ihr an Zahl kaum überlegen. Für die Mitwirkung beim Gegenangriff schien jetzt nur noch ihr äußerster linker Flügel in Frage zu kommen; das waren die soeben bei Stojanow
eingetroffene ungarische 61. Infanterie-Division und zwei Kavallerie-Divisionen. Auch die 4. A r m e e, die trotz Auffüllung nur die Gefechtsstärke eines Korps besaß, gab von neuem nach und stand am Abend des 15. Juni
etwa sechs Kilometer westlich von Lokaeze und Kistelin. Inzwischen war aber das X. Armeekorps soweit ausgeladen, daß Generaloberst von Linsingen den Angriffsbeginn auf den 16. Juni festgesetzt hatte; sein Hauptquartier hatte er dazu am 14. Juni nach Kowel vorverlegt. Cr wollte, wie er an diesem Tage der Obersten Heeresleitung meldete, mit der „Stoß-
gruppe Marwitz" (vier Divisionen) von Nordwesten, von Westen, mit den drei österreichisch-ungarischen und der ungarischen 61. Insanterie-Division von Demgegenüber regte General von Falkenhayn in
mit der ö.°u. 4. Armee Kavallerie-Divisionen Südwesten angreifen. Anlehnung an seine
bereits am 12. Juni geäußerten Bedenken an, doch die ganze ö.°u. 1. Armee
und das ö.-u. II. Korps in die Angriffsfront einzubeziehen. Wenn ihr Druck auch nur schwach sein könne, so würde er doch Nutzen bringen, nach-
dem nunmehr starke russische Kräfte nach Westen vorrückten und mit dem Angriff der Gruppe Marwitz voraussichtlich frontal zusammenstoßen würden. Generaloberst von Linsingen ergänzte seinen Plan dementsprechend. 6) Die russische Führung vom 4. bis 16. Juni. Skizze 25.
Die zunächst nur als Ablenkung gedachte Offensive der russischen «ts «. I«»t.
Südwest front hatte an der Hauptangriffsstelle, bei der 8. Armee, in der Richtung auf Luck bereits am 6. Juni Erfolge gezeitigt, die alle Erwartungen weit übertrafen. Vis zum Mittag dieses Tages zählte man über 46 006 Gefangene, 77 Geschütze und 134 Maschinengewehre als Beute. Bei der 11., 7. und 9. Armee fehlte zunächst ein größerer sichtbarer Erfolg. Ebenso war der Versuch fehlgeschlagen, auf dem Nordflügel der 8. Armee für größere Kavalleriekörper den Weg über Maniewicze auf Kowel zu
bahnen. In ihrer Gesamtheit hatten die Nebenangriffe aber doch wesentlich dazu beigetragen, österreichisch-ungarische Reserven von der Haupteinbruchsstelle fernzuhalten oder geradezu wegzuziehen. Nach und nach erlahmte aber die Stoßkraft der 8. Armee. Es fehlte Bt» ». Juni, an Kräften, den Erfolg bei Luck — wie es angesichts des völligen
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
470
Bts s. J«nt. Zusammenbruchs der ö.-u. 4. Armee ein leichtes gewesen wäre — operativ
weiter auszubeuten. Die einzige Reserve, das V. sibirische Korps, war bei Olyka erst in der Versammlung. So trugen Heeresleitung und
Heeresgruppe Bedenken, die Offensive über Luck hinaus fortzuführen. Bei Rozyszcze waren deutsche Tmppen festgestellt). Weiteres Vorgehen nach Westen bot einem etwaigen Gegenangriff von Kräften, die an der
Bahn Kowel—Maniewicze bereitgestellt werden konnten, in zunehmendem Maße die Flanke. So gab General V r u s s i l o w der 8. Armee am 8. Juni die Weisung, mit der Mitte am Styr von Sokul bis Targo-
wica haltzumachen. Die Flügel sollten gegen Norden und Süden drücken, um zunächst einmal die anschließenden Fronten des Gegners zum Einsturz zu bringen. Die auf dem Nordflügel zusammengezogene starke Heereskavallerie erhielt von neuem den Auftrag, „ungeachtet irgendwelcher Verluste, in den Rücken des Gegners vorzubrechen". Die 11. Armee hatte durch
Angriff über Dubno mitzuwirken. Die 7. Armee, der tags zuvor hart nördlich vom Dniester ein Einbruch auf breiter Front gelungen war, und die 9. Armee sollten den Angriff fortsetzen, der letzteren bei Bedarf die aus Odessa zunächst nach Proskurow rollende 113. Infanterie-Division zugeführt werden. Die Versuche, die Cinbruchsstelle der 8. Armee zu erweitern, führten zunächst zu keinem Erfolge. Dagegen ergab sich aus dem Ausweichen des Gegners ganz von selbst das Nachrücken, wenn auch nur schwacher Kräfte, über Luck nach Westen.
Inzwischen stand fest, daß nördlich des Pripjet der ursprünglich auf den 10., spätestens 11. Juni angesetzte Hauptangriff, den die Westfront führen sollte, sich verzögere. Am 3. Juni, einen Tag vor Beginn des Angriffs der Südwestfront, hatte die O b e r st e Heeresleitung den
vom General Ewert geäußerten Bedenken dadurch Rechnung getragen, daß sie in eine Verschiebung seines Angriffs bis zum 13., spätestens 14. Juni einwilligte. Tags darauf hatte aber General Ewert weitere Fristverlängerung erbeten; er wollte am 13. Juni nur einen Vorangriff führen, den
Hauptangriff erst am 17. Nach anfänglicher Ablehnung war die Oberste
^Heeresleitung auch darauf eingegangen. Damit wuchs aber die Gefahr, daß der Gegner Truppen aus dem Räume nördlich des Pripjet nach Süden fuhr und dem Angriff der 8. Armee etwa aus der Richtung von Kowel in
die Flanke stieß. Das mochte dem späteren Hauptangriff der Westfront zugute kommen, ließ aber doch Vorsicht bei der Weiterführung der Offensive über Luck hinaus geboten erscheinen. i) S. 462.
Weitere Pläne der Russen.
471
Am 9.Juni faßte die russische Heeresleitung die Aufgaben s.bis der Heeresgruppen nochmals zusammen. Während die Westfront sich noch 12*3utti* auf den entscheidungsuchenden Hauptangriff vorbereitete, erhielt die SüdWestfront als vornehmste Aufgabe den Auftrag, „das österreichisch-ungarische Heer vom San und von den Rückzugsstraßen nach Westen abzuschneiden". Dazu sollte ihr rechter Flügel zunächst bis in die Höhe von Luck vorgehen, um dann unter Sicherung gegen Kobryn—Brest die Richtung nach West-
südwesten auf Rawa Rufka (etwa 50 Kilometer nordwestlich von Lemberg) zu nehmen. Zur Unterstützung dieses Vorgehens sollte sich der Südslügel der Westfront möglichst bald in den Besitz von Pinsk setzen. Die Nordfront hatte Ablenkungsangriffe zu führen und den Abtransport eines weiteren Korps zur Südwestfront vorzubereiten'). Diese Anordnungen blieben aber zunächst ohne Folgen. Auch unterblieb die Ausführung des der 8. Armee mehrfach befohlenen Kavallerie-Durchbruchs auf Kowel, dessen Aussichtslosigkeit inzwischen erkannt sein mochte. Äber Luck nach Westen wurde im wesentlichen nur Kavallerie vorgetrieben.
Am 10. und 11. Juni eröffnete der über alles Erwarten große Erfolg der 9. A r m e e südlich des Dniester und gleichzeitig der 7. A r m e e nörd-
lich des Flusses neue Aussichten. Auch der rechte Flügel der 11. Armee hatte begonnen, Raum zu gewinnen; er wurde nach Norden gedehnt und besetzte am 11. Juni Dubno. Am 13. Juni sollte an der Westfront wenigstens der Nebenangriff bei Baranowieze einsetzen. So gab General Vrussilow am 12. Juni Weisungen für Fortsetzung derOffenfive durch seine vier Armeen mit weitgefteckten Zielen. Die Angriffsräume waren bereits vorher derart neu begrenzt worden, daß die 8. Armee, der das V. sibirische Korps überwiesen wurde, ihre beiden füdlichen Korps an die 11. Armee, diese ebenso viele an die 7. Armee abgab'), und auch die schwere Artillerie neu verteilt wurde. Künftig hatten die: 8. Armee
13 872
Infanterie-, 7 Kavallerie-Divisionen, 52 schwere Geschützes
11.
-
-
,1
-
-
7.
-
11
-
,3
-
-
40 22
9.
-
10
-
,5
-
-
41
-
Heeresgruppen¬ reserve
3
Infanterie-Divisionen,
Gesamtstärke 45l/2 Infanterie-, 16 Kavallerie-Divisionen, 155 schwere Geschütze. *)Bisher war nur das V.sib. Korps abbefördert; es handelte sich also jetzt vermutlich um XXIII. (6.448). — 2) XXXII. und XXXXV.Korps (dieses aus 126. I.D. und 2.sinnl. Schütz. D. neu gebildet) von der 8. zur II., VI. und XVIII. Korps von der 11.
zur 7. Armee. — 3) 10 cm-Kanonen, 15 cm-Haubitzen und einzelne schwerere Geschütze.
Dagegen wurden die bei den meisten Korps befindlichen achtzehn 12 cm-Haubitzen von
den Russen nicht als „schwere Geschütze" gerechnet.
472 9. bis
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive,
Von den Reserven war das XXIII. Korps im Anrollen nach Rowno, die
Infanterie-Division nach Proskurow.
Als Angriffsziele er-
hielten: die 8. Armee die Linie Kowel—Wladimir Wolynsk, wobei ihre
starke Kavallerie die Sicherung gegen Norden übernehmen sollte, die südlich anschließenden Armeen eine Linie, die durchschnittlich 30 Kilometer vor der augenblicklichen Front liegend, über Radziechow—Vrzezany—Stanis-
lau—Kolomea nach Kuty verlies. Bis is. Zun«.
Diese Anordnungen führten am 14. Juni zu Teilangriffen, die ört¬
lichen Geländegewinn brachten. Andererseits aber baten alle vier Armeesührer um Verstärkungen, ohne die weiterer Angriff keinen Erfolg verspreche. General V r u s s i l o w konnte sie nicht geben. Inzwischen aber hatte am 13. Juni der Vorangriff der Westfront bei Varanowieze mit völligem Mißerfolg geendet'), der Angriff bei Pinfk war auf den 17. Juni verschoben worden, also auf den Tag, an dem auch der große
Hauptangriff beginnen sollte, den nach wie vor die Westfront zu führen hatte. Von der Südwestfront hatte sich die 9. Armee mit zwei Korps nach Süden gewandt und begonnen, den Pruth zu überschreiten. Daß der 8. Armee aus der Richtung von Kowel ein Gegenangriff drohe, war
erkannt. Fünf Infanterie- und eine Kavallerie-Division neueingetroffener deutscher und österreichisch-ungarischer Verstärkungen waren festgestellt, drei weitere Infanterie-Divisionen sollten folgen. General Vrussilow hatte der 8. Armee daher bereits am 15. Juni befohlen, die Offensive zunächst nicht
fortzusetzen und starke Reserven hinter dem rechten Flügel bereitzuhalten. Roch am Abend des Tages ließ er aber eine Weisung zur Umgruppierung der Armee folgen, um am 17. Juni mit Tagesanbruch in der Richtung auf
Kowel anzugreifen, das in Besitz zu nehmen die nächste Aufgabe sei. In der Richtung auf Wladimir sollte jede Vorwärtsbewegung der Infanterie eingestellt werden. Währenddessen hatte die 11. Armee über die Plaszewka angegriffen und die Verfolgung des gegen die galizische Grenze ausweichenden Gegners aufgenommen, is. I«»t.
Als am 16. Juni der deutsche und österreichisch-ungarische Gegen-
angriff begann, hielten von der 8. Armee das 4. Kavalleriekorps, XXXXVI. Korps, 5. Kavalleriekorps und XXX. Korps den Styr-Bogen von Czartoryfk umfaßt. Zwischen Styr und Stochod war das V. sibirische Korps neu eingesetzt. Westlich der Bahn nach Kowel standen das XXXIX. und XXXX. Korps vor dem Stochod, südlich von Zaturce schloß in breiterer Aufstellung bis nordöstlich von Gorochow das VIII. Korps an. ') S. 470, 494 und 517.
Entwicklung der Lage beim Feinde.
473
Als Verstärkung war das XXIII. Korps im Anrollen über Rowno. Als
rechter Flügel der südlich anschließenden 11. Armee standen das XXXXV. und XXXII. Korps in je etwa 30 Kilometer breiter Aufstellung
bis südlich der Bahn Rowno—Vrody. e) Der Gegenangriff der Heeresgruppe Linsingen vom 16. bis 23. Juni. Skizze 28.
Die Truppen der Heeresgruppe Linsingen standen i«.J«»t. am Morgen des 16. Juni wie folgt: Die ö.-u. 1. Armee unter Generaloberst von Puhallo, die bei Vrody an die ö.-u. 2.Armee anschloß, hielt mit abgekämpften Divisionen die
40 Kilometer messende Front bis Golatyn. Als linker Flügel der Armee
standen westlich davon angriffs bereit: Ungarische 61. Infanterie-Division hart nordöstlich von Gorochow; nach Westen anschließend Kavalleriekorps des Feldmarschalleutnants Ostermuth (ö.-u. 4. und 7. Kavallerie-Division) südlich von Swiniuchy. L>.-u. 4. Armee unter Generaloberst von Tersztyanszky mit 10. Ka-
vallerie-Division (dabei eine zusammengesetzte deutsche Brigade) mit der Front nach Osten südlich von Lokacze, mit den Resten von fünf InfanterieDivisionen links rückwärts davon beiderseits von Chorostow und von da
nach Nordosten bis über die Turja hinaus, damit den Aufmarsch des
deutschen X. Armeekorps verschleiernd. Angriffsgruppe Kowel mit „Stoßgruppe Marwitz" (X.Armeekorps, 108. und ö.-u. 29. Infanterie-Division, diese aus der Front des ö.-u. II. Korps wieder zurückgezogen^)) hinter dem linken Flügel der ö.-u. 4. Armee von Czesnowka an der Turja bis östlich von Solotwin.
Hier schloß die Gruppe Bernhardi mit der Division Rusche hinter dem Stochod und, zur Styr-Verteidigung hinüberführend, dem ö.-u. II. Korps an. Zwei Mörser-Bataillone waren bei Kowel im Eintreffens.
Cs folgten nach Norden die österreichifch-ungarifchen Gruppen F a t h, diese im Styr-Vogen von Czartorysk in scharf vorspringender und
dadurch besonders gefährdeter Stellung, und Hauer, schließlich die
deutsche Armeegruppe Gronau. Die Luftstreitkräfte waren auf sechs deutsche Feld- und eine
Artillerie-Fliegerabteilung und drei österreichisch-ungarische Fliegerkompagnien gebracht worden. An Verstärkungen waren außer Kavallerie die 43. Reserve-Division in
Stojanow und die 11. bayerische Infanterie-Division (bei ihnen zwei schwere ') S. 467. — 2) Im ganzen wurden mit dem X. A. K. 12schw. Steilf.. und
3 schw. Flachs. Vttrn. überwiesen.
474
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive,
i6.3tt»i. Feldhaubitz- und eine Mörser-Batterie) zu erwarten; beide hatten vor kurzem bei Verdun schwer geblutet) und sollten, vom 17. Juni beginnend, mit der Vahn eintreffen. Vom Gegner schienen etwa vier Korps von Veresteczko über Torezyn bis Perespa mit der Front nach Westen zu stehen, etwa drei von Perespa bis Kolki mit der Front nach Norden, im Räume westlich von Torezyn vor der Front der ö.-u. 4. Armee und vor der Gruppe Marwitz nur schwächere Kräfte, vor allem Kavallerie. Volle Klarheit über Verlauf und Stärke der feindlichen Aufstellung war noch nicht gewonnen, da alles in dauernder Bewegung war. Die AnÜbersichtlichkeit der Gegend trat erschwerend hinzu. Sie war mit größeren und kleineren Waldungen und
verstreut liegenden Einzelhöfen dicht besät, durch viele kleine Erhebungen reich gegliedert und zeigte Höhenunterschiede bis zu 30 Metern. Gewitter und schwere Wolkenbrüche, die in den letzten Tagen über dem Kampfgebiet
niedergegangen waren, hatten die Wege grundlos gemacht. Aufgeweichter Lehmboden und überschwemmte Sumpfniederungen, zahlreiche Fluß- und Vachläufe erschwerten die Bewegungen der zudem teilweise unzureichend bespannten Fahrzeuge. Vor allem litt darunter das Herankommen der schweren Batterien und der Munitionskolonnen, die zum Teil noch erheblich zurück oder noch nicht einmal ausgeladen waren. Trotzdem hatte Generaloberst von Linsingen geglaubt, nicht länger warten zu können und daher an der Durchführung des Angriffs am 16. Juni festgehalten. Rücksicht auf die bedrohliche Lage der Gruppe Fath und das Herankommen russischer Verstärkungen war dabei ausschlaggebend gewesen.
Der Stoß der Gruppe Marwitz mit drei kampfkräftigen, ausgeruhten deutschen Divisionen in vorderer Linie sollte die Entscheidung bringen. Sie hatten, um 9° vormittags antretend, mit dem rechten Flügel längs der Turja anzugreifen, mit dem linken in der allgemeinen Richtung auf Luck.
Diesem Angriff sollte sich links die ganze Gruppe Vernhardi anschließen, von deren Druck vor allem die Öffnung des Stochod-Äberganges von
Voguszowka erhofft wurde, rechts die ö.-u. 4. Armee, diese mit den Hauptkrästen über Lokacze nach Osten vorgehend. Die Angriffsgruppe der ö.-u. I.Armee erhielt Vludow als Ziel, die weiter östlich stehenden Teile dieser
Armee sollten sich dem Vorgehen anschließen. Bei der Stoßgruppe Marwitz trat das X. Armeekorps unter Generalleutnant Walter Freiherr« von Lüttwitz befehlsmäßig um 9° morgens an. Unmittelbar vor der Front war nur schwacher Feind gemeldet, wie sich bald 0 Anlage 2.
Heeresgruppe Linsingen: Der Gegenangriff.
475
herausstellte, Kavallerie. Die Wirkung der schweren Artillerie'), von der erst in den früheren Nachmittagsstunden jeder Division eine Batterie zugeteilt wurde, während die Mörser wegen des schlechten Bodens noch gar nicht in Stellung gebracht werden konnten, verlor sich im Wald und Sumpf des unübersichtlichen Geländes. Die russische Artillerie schien über reichlichere Munition als 1915 zu verfügen und auch beffer zu schießen^). So kam der Angriff des X. Armeekorps in dem an natürlichen Stützpunkten überreichen Gelände am ersten Tage in der entscheidenden Richtung, gegen
die Höhen von Kisielin, mit seiner südlichen, 20.Infanterie-Division nicht recht vorwärts, während sich die nördliche 19. Infanterie-Division vor ungangbarem Sumpfgelände festlief. Nachdem die russische Kavallerie etwa fünf Kilometer zurückgedrückt war, sah sich das Korps abends den stark eingegrabenen Hauptkräften des russischen XXXX. und XXXIX. Korps gegenüber. Vesser ging es bei der schon voll versammelten 108. Infanterie-Division unter Generalleutnant Beckmann, die südlich von Solotwin in der Richtung auf Dorofino einen Brückenkopf von etwa zwei Kilometer Tiefe auf dem rechten Stochod-!lfer gewann. Dagegen blieb der Versuch der Gruppe Bernhardi, bei Bogufzowka auf
dem Südufer Fuß zu fassen, ohne Erfolg; sie mußte zufrieden sein, sich im wesentlichen behauptet zu haben"), denn hier drängte der Gegner seinerseits vorwärts4). Bei Gruziatyn vermochte er seinen Brückenkopf auf dem Nordufer sogar noch zu erweitern; die Umklammerung des Korps Fath verschärfte sich. Rechts von der Gruppe Marwitz konnte die ö.-u. 4. Armee, ohne nennenswerten Widerstand zu finden, bis in die Höhe von Lokacze vorrücken. Südlich von Lokacze aber wichen drei österreichisch-ungarische Kavallerie-Divisionen (10. und Kavalleriekorps Ostermuth) vor russischem Angriff vom Seenabschnitt von Swiniuchy südwestwärts gegen den südlichen Lug zurück. Die ungarische 61. Infanterie-Division drang von Gorochow nach Nordosten einige Kilometer vor, konnte das Gewonnene aber nicht behaupten. Die ö.-u. 7. Infanterie-Division setzte sich bei Golatyn und östlich auf dem Nordufer der Lipa fest. Insgesamt war nirgends ein ent-
scheidender Erfolg erreicht. Soweit festzustellen: X. A.K. 3 s.F. §., 1 10cm-Bttr,, 1 oder mehrere Mrs. Vttrn; 108. I. D. 2,Div. Rusche V-, ö.-u. 29. I. D. 2 s. F. H. Bttrn.; alles
übrige noch weit zurück. 2) Mitteilung des Genlts. a. D. Boehm-Tettelbach, damals Genst. Off. der 20. Z. D., vom 15. Juli 1934. 3) von Bernhardi: „Denkwürdigkeiten aus meinem Leben", S. 435. 4) Wie es scheint, im Widerspruch zu den letzten Weisungen des Generals
Brusstlow (S. 472).
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
476
17. Juni.
Im Angriff gegen den geschickt eingenisteten und tief gegliederten Gegner drang der Angriff des X. Armeekorps auch am 17. Juni nicht durch. Der 108. Infanterie-Division und der im Anschluß daran eingesetzten ö.-u.
29.Infanterie-Division gelang eine Erweiterung des Brückenkopfes auf dem rechten Stochod-Aser. Sonst aber brachte der Tag keinerlei nennens-
werte Ergebnisse. Generaloberst von Linsingen hatte sich vielmehr genötigt gesehen, die 9. Kavallerie-Division (vier Brigaden), zu der alle anwesenden deutschen Reiterverbände zusammengefaßt wurden, zur Stützung der Front hinter der Einbruchsstelle von Swiniuchy zu versammeln und hinter die Gruppe Bernhardi zu dem gleichen Zwecke das vorderste Regiment der 11. bayerischen Infanterie-Division vorzuschieben. Am Abend erbat er bei der Ober st en Heeresleitung und bei Generaloberst
von Conrad, weitere erhebliche Verstärkung zur Ausführung des ihm gewordenen Auftrages, nach dem er Rowno als Ziel ansaht), da der Feind
„nach verläßlichen Nachrichten"^) dauernd Verstärkungen heranführe; festgestellt seien das XXIII., XXXXVI. und Y. sibirische Korps'). Als General von Falkenhayn daraufhin den Generalstabschef der Heeresgruppe, Generalmajor von Stolzmann, am Fernsprecher darauf hinwies, daß zur Zeit keine weiteren Truppen verfügbar und die Eisenbahnen belegt seien, hoffte dieser, mit den vorhandenen und noch anrollenden Kräften im Angriff von drei Seiten durchzudringen. Nötigenfalls — so entschied General von Falkenhayn — müsse man sich unter Verzicht auf das Ziel
Rowno damit begnügen, den Gegner so weit zurückzudrängen, als es eben möglich sei. Im übrigen wies er darauf hin, daß nach den im Westen
„auch gegen zähen Gegner gemachten Erfahrungen, ein nicht in permanent ausgebauten Werken stehender Feind mit Sicherheit durch das Feuern unserer schweren Artillerie mürbe gemacht werde, wenn nur die Wirkung
der schweren Feldhaubitzen und der Mörser, auf engem Raum", für die Batterie nicht mehr als 200 Meter Breite, zusammengefaßt werde. Ebenso
könnten erfahrungsgemäß durch massierten Einsatz leichter Feldhaubitzen „Sturmgassen" geschossen werden. Von österreichisch-ungarischer Seite waren Verstärkungen nicht zu erhoffen. Generaloberst von Linsingen befahl
für den nächsten Tag die Fortsetzung des Angriffs „mit größtem Nachdruck". Es gelte, den Feind zu schlagen, ehe er weitere Truppen heranführe. >) Vgl. S. 460 f., 482 und die hier folgende Antwort des Generals von FalkenHayn. Weiteres war nicht festzustellen. 2) Das hieß nach dem damals üblichen Sprachgebrauch: nach aufgefangenen
Funksprüchen. 3) Neu war nur das XXIII. Korps, das XXXXVI. war aus bisher schon
an dieser Front kämpfenden Divisionen gebildet.
Heeresgruppe Linsingen: Geringe Angriffserfolge.
477
Aber auch der 18. Juni brachte trotz günstigerer Witterung gegen gut
versteckte russische Maschinengewehre keine entscheidenden Fortschritte. Es war bei der Gruppe Marwitz ein schwerer Angriffstag gegen an Zahl über¬
legenen, gut eingegrabenen Feind, der sich in Gegenstößen immer wieder Luft zu machen suchte und dabei außerordentliche Mengen an Toten liegen ließ. Beim X. Armeekorps gelang es der 20. Infanterie-Division aber doch nicht, die beherrschende russische Höhenstellung nordwestlich von Kisielin zu nehmen. Ihre Mörser, die wegen des aufgeweichten Bodens nicht herankommen konnten, waren inzwischen der Gruppe Vernhardi zugeführt worden. Aber auch Munition, besonders schwere, kam bei Mangel an Kolonnen, die noch nicht vollzählig eingetroffen waren, und grundlosen Wegen nicht in ausreichendem Maße nach vorn. Weiter nördlich erzielte vor allem die 108. Infanterie-Division einige Erfolge. Damit wurde die
Stellung auf dem rechten Stochod-Afer gefestigt, für die Gesamtlage war aber doch nur unbedeutender Erfolg erzielt. Die Beute betrug in drei
Kampftagen 4000 Gefangene, 21 Maschinengewehre, zwei Geschütze. Inzwischen war aber der linke Flügel der ö.-u. I.Armee vor russischem
Angriff bei Gorochow sogar einige Kilometer zurückgewichen. Vier Kavallerie-Divisionen, dabei die deutsche 9., reichten nur gerade aus, die Lücke von da bis zur ö.-u. 4. Armee auszufüllen, die mit dem rechten Flügel
bei Lokaeze erschöpft still lag. Im Norden bereitete die Lage im StyrVogen von Czartorysk ernsteste Sorge. Die Widerstandskraft des ö.-u. II. Korps wie des Korps Fath — so
hatte Generaloberst von Linsingen anläßlich seiner Bitte um Verstärkungen bereits am 17. Juni abends nach Teschen gemeldet — war durch
dauernde Kämpfe und täglich sich steigernden russischen Druck bedenklich im Abnehmen. Am
18. Juni antwortete Generaloberst von Conrad:
„Hauptaufgabe bleibt mit Angriff durchzudringen. Demgegenüber steht die Behauptung des gefährdeten Styr-Vogens zurück". Wenn die anrollende 11. bayerische Division für den Erfolg des Angriffs unentbehrlich sei, so könne weiter nördlich nötigenfalls durch Beziehen der Stochod-Stellung an Kräften gespart werden. Generaloberst von Linsingen war anderer Ansicht. Er gab den Bescheid mit dem Zusatz an die Ober st e Heeresleitung weiter,
daß sich in diesem Falle die am unteren Styr gegenüberstehenden russischen Kräfte sofort gegen Westen, also gegen die Gruppe Berhardi wenden würden, Truppen zu offensiver Verwendung würden also doch nicht frei werden. „Der Befehl zum Zurückgehen wird daher von mir nicht gegeben werden, vielmehr sind die Führer zwischen Sokul und Kolki nochmals von mir in
bestimmtester Form zum Ausharren angehalten. Meldung hierüber erfolgt zur Kennzeichnung der zum Rückzug leicht geneigten Stimmung".
zum.
478
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
In einem abends mit Generalmajor Tappen geführten Ferngespräch suchte Generalmajor von Stolzmann über das bisher Erreichte zu beruhigen. Mit rücksichtsloser Offensive von drei Seiten — so glaubte er —
werde es nach Einsatz der 43. Reserve-Division bei der ö.-u. 1. Armee sowie
der 11. bayerischen Insanterie-Division bei der Gruppe Vernhardi möglich sein, den Gegner „an einer Stelle entscheidend zu schlagen" und damit zum mindesten die Lage wiederherzustellen. Die Absicht war, den Angriff nach Eintreffen der Verstärkungen am 21. Juni planmäßig wieder aufzunehmen, Der 19. Juni brachte die Einnahme der zäh verteidigten Stellung von
ig. bis 21. Juni. Aisielin durch die 20.Infanterie-Division unter Generalleutnant von Schö-
ler. Die Russen hatten schwere Verluste. Sonst verlief der Tag ebenso wie der folgende ohne wesentliche Änderung an der Front gegen Luck. Als Folge des Verlustes von Kisielin schien aber der Gegner die Zurücknahme seiner am weitesten nach Westen vorgeschobenen Teile vorzubereiten, die Nordfront des Lueker Vogens auf Kosten der Südsront zu verstärken und auch weitere Truppen aus dem Räume nördlich des Pripjet heranzuführen.
Dementsprechend waren jetzt auch schon Reserven des OberbefehlsHabers Ost nach Süden in Marsch gesetzt, die 107.Insanterie-Division hinter den gefährdeten Styr-Vogen nach Maniewieze, die 5. ReserveDivision zunächst hinter die Armee-Gruppe Gronau, wo nach FliegerMeldungen neue russische Angriffe erwartet wurden'). Ferner rollte die von der italienischen Front kommende ö.-u. 48. Insanterie-Division zur ö.-u. 1. Armee nach Stojanow. Da sich die Vereitstellung gegen die Südfront des russischen Einbruchs verzögerte, begann der Angriff am 21. Juni nur im Westen und Norden, brachte aber trotz des Einsatzes der 11. bayerischen Insanterie-Division keine Fortschritte. Dagegen wich der Gegner vor der ö.-u. 4. Armee, wo er schon am 18. Juni Truppen weggezogen hatte und am 19. das Abbrennen von
Ortschaften auf Rückzugsabsichten schließen ließ. Die ö.-u. 4. Armee folgte bis Zaturee und Swiniuchy. 22.«nd Am 22.Juni war auch die auf dem linken Flügel der ö.-u. I.Armee 2?. Juni, neugebildete Angriffsgruppe unter General der Kavallerie Eugen von Fal°
kenhayn (Generalkommando des XXII. Reseroekorps) bereit. Von ihr standen die Reste der ungarischen 61. Insanterie-Division^), hinter der die ersten Teile der ö.°u. 48. Insanterie-Division herankamen, bei Gorochow, die 43. Reserve-Division südlich von Swiniuchy, das Kavalleriekorps Ostermuth ') Näheres über die Lage nördlich des Pripjet S. 479 und 517 ff. 2) Die Division, die am 16. Juni 8000 Gewehre gehabt hatte, zählte am 19. Zum nur noch 3000 Gewehre (österr. amtl. Werk, Band IV, S. 495).
Heeresgruppe Linsingen: Vorläufiger Abschluß des Gegenangriffs.
479
und die 9. Kavallerie-Division bei diesem Orte. Sie drückten im Lause des
Tages schwächeren Gegner, vorwiegend Kavallerie, einige Kilometer nach Osten zurück. Am 23. Juni konnten sie noch bis Golatyn—Pustomyty und nahe an Sadow heran vordringen. Damit fand der Gegenangriff der Heeres-
gruppe Linsingen vorläufig seinen Abschluß. Trotz des Einsatzes von 9% neuen Divisionen, davon sechs deutschen mit drei Mörser-Bataillonen, war in achttägigen Kämpfen vom 16. bis 23. Juni doch nur ein Zurückdrücken der Russen, vor allem ihrer am
weitesten nach Westen vorgedrungenen Teile, erreicht. Der Erfolg hatte nicht nur unter Schwierigkeiten des Geländes, sondern auch darunter ge-
litten, daß die herangeführten deutschen Kerntruppen infolge der überaus ungünstigen Vahnverhältnisse nur allmählich eintrafen und angesichts der geringen Widerstandsfähigkeit der österreichifch-ungarifchen Divisionen eingesetzt wurden, bevor sie voll versammelt waren. Da die Kampfkraft der österreichifch-ungarifchen Truppen vollends nicht ausreichte, die vor ihrer Front stehenden Teile des Gegners festzuhalten, hatten die an Gesamtzahl weit überlegenen Russen verhältnismäßig ungestört ihre Reserven an die von deutschem Angriff bedrohten Stellen verschieben können. Ihrem weiteren Vordringen gegen Lemberg oder Kowel war ein Riegel vor-
geschoben, darüber hinaus ein entscheidender Erfolg aber nicht errungen. Die Gesamtbeute zählte knapp 6099 Gefangene, 28 Maschinengewehre und 2 Geschütze. f. Ereignisse an den Anschlußfronten. Karten 6, 7, Skizze 28.
Währenddessen hatte bei der Armeegruppe Gronau die i4. vis 81. Reserve-Division am 19. Juni bei Logifchin, nördlich von Pinsk, ,8*3uni*
russische Angriffe erfolgreich abgewehrt. Am 23. Juni wurde die Armeegruppe der Heeresgruppe Prinz Leopold unterstellt, da das Anwachsen der Heeresgruppe Linsingen und die ihr weiterhin zugedachten Aufgaben eine Entlastung im Norden erforderlich machten. An der Front der S ü d a r m e e') hatten die Russen bereits seit
dem 14. Juni drei Tage hindurch vergeblich versucht, ihre auf dem Westufer der Strypa gewonnenen Stellungen gegen das ö.°u. VI. Korps nach worden zu erweitern, waren aber vor allem durch Truppen der deutschen 48. Reserve-Division unter Generalleutnant von Oppeln-Vronikowski aufgehalten worden. 9 Anschluß an S. 464 f.
480
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
Die Lage der ö.-u. 7. Armee war nach wie vor besorgniserregend.
General von Falkenhayn hatte durchgesetzt, daß zu ihr Generalmajor von Geeckt als „Ober-Generalstabschef" trat'). Am 15. Juni versuchten Vortruppen des Gegners, der mit drei Korps nach Süden gegen die Bukowina eingeschwenkt war, trotz hohen Wasserstandes den Pruth westlich von Czernowitz zu überschreiten. Am Abend des Tages übernahm Generalmajor von Geeckt seine neue Stellung als Generalstabschef. In einer tags darauf an Generaloberst von Conrad erstatteten Meldung, in der er vor allem schwere Artillerie forderte, gab er der Besorgnis Ausdruck, daß die Aufgabe, mit den Hauptkräften zwischen Pruth und Dniester zu halten, mit anderen die Bukowina zu decken*), die Armee auseinanderreißen
werde, sobald der Feind einen starken und gut vorbereiteten Angriff mache. Schon am 18. Juni früh geschah das. Die Pruth-Verteidigung brach zusammen, Czernowitz fiel in russische Hand, die Gruppe des Generals Edler von Korda (Kommando des ö.°u. XI. Korps) wich südwärts hinter den Sereth zurück. In dem mehr als 70 Kilometer breiten Räume zwischen Sereth und Dniester aber, in der Richtung auf Kolomea, deckten nur noch Kavallerie und die Trümmer der Gruppen der Generale von Venigni und von Hadfy. i». bis 23. Juni,
Bereits am 19. Juni gaben die am Sereth eingesetzten Teile dem Druck weiter nach. Sie standen am Abend an der Suczawa.
Generaloberst vonConrad wollte zwei von der Tiroler Front anrollende Divistonen bei der 7. Armee einsetzen. Die vorderste konnte vom 26. Juni an die Gegend von Kolomea—Stanislau erreichen. Die Rückwärtsbewegung in der Bukowina ging währenddessen weiter. Generalmajor von Geeckt bat,
wenn irgend angängig, baldigst eine frische vollständige Gebirgsbrigade von rückwärts gegen die Karpaten-Pässe von Iacobeny und Kirlibaba vor¬
zuführen, da die dorthin bestimmten Truppen der Gruppe Korda bei weiterem Zurückgehen in einem Zustande eintreffen würden, der die Aufnahme durch frische, ausgeruhte Truppen erfordere'). Der Bitte konnte nicht entsprechen werden; die 7. Armee mußte sich mit einer von der Südarmee überwiesenen Infanterie-Brigade und einzelnen vom Balkan kommenden Bataillonen helfen. Der Rückzug der Gruppe Korda aber ging unaufhalt¬ i) S. 482 f. -) S. 463 f. 3) Nach einer Meldung des Genmaj. von Geeckt zählte die Armee am 20. Juni im ganzen noch 85 000 Mann, bei einem Verluste von 75000. Nach dem österr. amtl,
Werk, Band IV, S. 465, wären die Verluste weit höher gewesen: bis Mitte Zum bereits 134 000 Mann und 52 Geschütze.
431
Weitere Rückwärtsbewegung der ö.-u. 7. Armee.
sam weiter. Am 23. Juni abends stand ihr rechter Flügel bereits zwischen Kimpolung und Iaeobeny, weitere Teile in unzusammenhängenden Gruppen nordwärts bis westlich von Wiznitz.
Von da war Anschluß an den
das Westufer der Ezerniawa haltenden Nordflügel der Armee. Gegen ihn, gegen die inzwischen durch die 1l)S. Infanterie-Division') verstärkte Südarmee und gegen die ö.-u. 2. Armee hatte der Gegner seine Angriffe
nicht fortgesetzt. Die verbündeten Heeresleitungen vom Io. bis 23. 3uni2). Karten 6, 7.
Während der geschilderten Kampfhandlungen hatten zwischen dem io. Juni,
deutschen und österreichisch-ungarischen Generalstabschef weitere bedeutsame Auseinandersetzungen stattgefunden, die aber auf die Ereignisse an der Front keinen unmittelbaren Einfluß übten. Im Laufe des 10. Juni waren in Teschen die ersten Nachrichten darüber eingelaufen, daß auch bei der ö.-u. 7. Armee ein schwerer russischer Cinbmch erfolgt sei. Generaloberst von Linsingen meldete, daß er der ö.-u.
4. Armee für ihr weiteres Ausweichen die Richtung nach Nordwesten gegeben habe, so daß ihr Zusammenhang mit der ö.-u. 1. Armee in Frage gestellt war; auf deren Nordflügel griff das Nachgeben bereits über. Generaloberst von Conrad stand vor einer überaus ernsten Lage. Cr
war einerseits in Sorge, daß Rumänien bei weiterem Zurückweichen der ö.-u. 7. Armee in das Lager der Feinde übergehen werde, andererseits, daß die Russen durch die Lücke, die sich zwischen der ö.-u. 1. und 4. Armee auftat, den Weg auf Lemberg nähmen. Cr hielt — wie er den deutschen General-
siabsches durch General von Cramon wissen ließ — die Lage für so ernst,
daß sie nicht mehr nur österreichisch-ungarische Belange beträfe, sondern „entscheidend für den Weltkrieg" sei. Die Möglichkeit, daß auch die jetzt noch gehaltenen Stellungen zumal in der Bukowina, preisgegeben werden müßten, mache es wahrscheinlicher, daß Rumänien dem Drängen Rußlands nachgebe und sich der Entente anschließe. Er sah „ein durchgreifendes Mittel, die Lage umzugestalten und dem Feinde wieder das Gesetz zu diktieren", nur darin, daß mit weiteren deutschen Truppen noch an einer anderen Stelle als bei der Heeresgruppe Linsingen ein Stoß geführt werde. Cr wollte dazu jetzt auch von der italienischen Front alle verfügbaren Kräfte heranziehen. Diese Darlegungen stützte Generalmajor von Cramon durch den Zusatz, er habe — trotz einiger Ausnahmen — den Eindruck, daß an S. 483 ff. 2) Anschluß an S. 461. Weltkrieg. X. Band.
o-j
482
Die Ostfront. — ZZrussilow-Offensive.
10.3unt, den Haupteinbruchsstellen die Widerstandsfähigkeit der österreichisch-unga-
rischen Truppen erschöpft sei, und daß beim Zurückweichen von Stellung zu Stellung auch die jetzt noch haltenden Truppen in moralischer und physischer Beziehung bedenklich an Wert verlieren würden; der neuerdings eingestellte
Ersatz sei nicht mehr vollwertig. General von Falkenhayn hatte aber inzwischen auch eine Äußerung des Generalstabschess der Heeresgruppe Mackensens, Generalmajors von Geeckt, vom 9.Juni erhalten, der ebenso wie sein Oberbefehlshaber vom Feldzuge des Jahres 1915 her mit den Verhältnissen an der Kampffront in Galizien und Wolhynien besonders vertraut war und unaufgefordert folgendes darlegte: Die Österreicher und Ungarn haben bereits eine Einbuße von 50 000 Gefangenen zugegeben, der GesamtVerlust wird an 100 000 Mann^) betragen, „also eine Armee. Rußland wird, nachdem es endlich die uns lange bekannte schwache Stelle der Front
gefunden hat, nicht aufhören nachzustoßen". Er schlug möglichst schnelle Bildung einer neuen Armee bei Lemberg oder Kowel vor. Entscheidend
dafür seien die Bahnverhältnisse. Ziel des Angriffs müsse in beiden Fällen Rowno sein. Die neue Armee müsse etwa aus sechs deutschen und vier österreichisch-ungarischen Divisionen bestehen; eine der Divisionen könne der Balkan geben. Die ganze Front bis auf die ö.-u. 7. Armee und die Südarmee wäre unter einem deutschen Heeresgruppenkommando zusammen-
zufassen, denn sonst sei „die ganze Sache aussichtslos". Zum Schluß bot er seine eigenen Dienste für die neue Aufgabe an.
Diese Darlegungen blieben nicht ohne Wirkung auf die weiteren Entschließungen des Generals von Falkenhayn. Die rumänische Ge¬ fahr sah er — wie er General von Eramon am
11. Juni antwortete —
nicht als dringend an, solange Bulgarien „bei der Stange bleibe"^). Er regte die Unterstellung der ö.-u. I.Armee unter die Heeresgruppe Linsingen an. Andererseits komme ein Zusammenwirken der ö.-u. 2.Armee mit der deutschen Südarmee zu einem Gegenstoß in Frage. Für die ö.-u. 7. Armee
stellte er als vielleicht mögliche Unterstützung die deutsche 105. InfanterieDivision vom Balkan in Aussicht. „Freilich" — so drahtete er ferner an Generaloberst von Conrad selbst — „würde ich in diesem Fall, wie Euere
Exzellenz ja seit Jahr und Tag wissen, eine entschiedene Änderung im Kommando für unerläßlich halten". Am einfachsten sei es wahrscheinlich, der ö.-u. 7. Armee Generalmajor von Geeckt als Generalstabschef über dem
bisherigen Chef zuzuteilen. ') S. 596 f, 2) Das war noch unterschätzt. Vgl. S. 483. -) S. 597 ff. und 642.
483
Die verbündeten Heeresleitungen.
Einen Wechsel im Oberbefehl über die ö.-u. 7. Armee lehnte General- n. Juni,
oberst von Conrad ab und zunächst ebenso die Berufung des Generalmajors von Geeckt, da eine ersprießliche Zusammenarbeit des Generalobersten von Pflanzer mit einem ihm aufgezwungenen deutschen Generalftabschef nicht zu erwarten sei. Der Notwendigkeit, die ö.-u. 1. Armee von der Heeresgruppe Vöhm-Crmolli zur Heeresgruppe Linsingen übertreten zu lassen, konnte er sich aber nicht verschließen. Andererseits schlug er vor, die deutsche Südarmee Generaloberst von Vöhm-Crmolli zu unterstellen, um
ihr Zusammenwirken mit dessen ö.-u. 2. Armee zu sichern. Diese Regelung hätte Schwächung anstatt Stärkung des deutschen Einflusses bedeutet. Auch ergab eine Meldung der Südarmee an die Oberste Heeresleitung, daß ein gemeinsam mit der ö.-u. 2. Armee geführter Gegenstoß aus Mangel an
Kräften nicht in Frage komme, vielmehr müsse der Schwerpunkt künftiger Kämpfe am Südflügel der Armee liegen. General von Falkenhayn
ging daher auf den österreichisch-ungarischen Gegenvorschlag nicht ein. Die ö.-u. 7., Süd- und ö.-u. 2. Armee blieben selbständig. Andererseits bewilligte Generaloberst von
Conrad
unter dem niederschmetternden
Eindruck der täglichen Vorgänge an der Front, vor allem des unaushalt-
samen weiteren Ausweichens auch der ö.-u. 7. Armee, auf nochmaliges deutsches Drängen die für Generalmajor von Seeckt bei der ö.-u. 7. Armee ge-
forderte Stellung als „Ober-Generalstabschef". Inzwischen zeigten die russischen Siegesberichte, die mit den Nach- 12. sunt, richten von der eigenen Seite übereinstimmten, in zunehmendem Maße die
Gefahr eines völligen Zusammenbruchs der österreichisch-ungarischen Ostfront. Der amtliche russische Heeresbericht vom 11. Juni, der bei der deutschen Obersten Heeresleitung am 12. Juni früh vorlag, meldete bereits 106 000 Gefangene, 124 Geschütze, 180 Maschinengewehre und 58 Minenwerfer als Beute. An beiden Einbruchsstellen, in der Bukowina und bei Luck, gleichzeitig zu helfen, reichten die deutschen und österreichisch-ungarischen Kräfte in keiner Weise aus. So wie die Lage sich entwickelt hatte, blieb nur übrig, zunächst alle verfügbaren Truppen dem Gegenangriff des
Generalobersten von Linsingen zuzuführen. Soweit darüber bisher noch Zweifel bestanden hatten, lösten sie sich in diesen Tagen. Nur die erst später zu erwartende deutsche 103. Infanterie-Division blieb einstweilen zur ö.-u.7.Armee bestimmt. Im übrigen hielt es General von FalkenHayn für geboten, sich noch größeren Einfluß auf die Maßnahmen an der österreichisch-ungarischen Front gegen Rußland zu sichern. Dazu hielt er Generalfeldmarschall von Mackensen, der bereits im Sommer und Herbst 1915 österreichisch-ungarische Armeen geführt hatte und am Balkan 31*
484
Die Ostfront. — Brusfilow-Offensive.
jetzt vielleicht entbehrlich war, für die geeignete Persönlichkeit. So drahtete er an General von Cramon zum Vortrage bei Generaloberst von Conrad,
er erachte „die Führung des Oberbefehls durch einen festen Mann an Ort
und Stelle, dessen Name viel bedeutet, für erforderlich und schlage vor, Generalfeldmarschall von Mackensen, dessen Stab natürlich von öfterreichischer Seite ergänzt werden müßte, mit dieser Aufgabe zu betrauen". Ihm wäre die gesamte österreichisch-ungarische Front gegen Rußland zu unterstellen, denn die verbündete Heeresleitung könne bei ihren anderen Aufgaben und bei den Entfernungen, um die es sich handle— von Teschen 500 Kilometer bis zur Front —, die für Generalfeldmarschall von Mackensen vorgeschlagene Aufgabe ebensowenig erfüllen wie z. 23. die deutsche Oberste
Heeresleitung die Vesehlsführung über die einzelnen Armeen ausüben könne, die dem Generalfeldmarschall von Hindenburg unterstellt seien. Die Drahtung schloß: „Ich bin gewiß, daß General von Conrad überzeugt sein wird, daß mich bei meinen Vorschlägen nur sachliche Gesichtspunkte und rückhaltloses Vertrauen in sein Verständnis für meine Offenheit leiten". Generaloberst von Conrad fah in dem Vorschlage das Streben, die österreichisch-ungarische Heeresleitung auszuschalten^). Er ließ am 13. Juni erwidern: Er würde hierdurch „Bindungen hinsichtlich der Aufgaben und der Kraftverteilung, nicht nur innerhalb der russischen Front, sondern auch im Verhältnis zu den anderen Kriegsschauplätzen auf sich nehmen, welche es sehr erschweren müßten, der jeweiligen Lage auf allen Fronten Rechnung zu tragen. Das Einsetzen eines einzelnen, wenn auch sehr bewährten Führers erachte er in der jetzigen Lage gegenüber Rußland nicht als entscheidend. Als entscheidend erachte er aber, daß in Erkenntnis der dringenden Notwendigkeit, jetzt im Nordosten die große Krisis zu überwinden, von beiden Seiten das möglichste Maß an Truppen hierfür eingesetzt werde". Exzellenz von Falkenhayn könne überzeugt sein, daß von Teschen aus das Äußerste für diesen Zweck geschehe. Daß mit dem Einsatz deutscher Truppen auch der deutschen Führung ein maßgebender Einfluß auf die Operationen eingeräumt werde, fei selbstverständlich und gewiß in ausreichendem Maße der Fall. Cr schlug die Zusammenfassung der ö.°u. 7. mit der Südarmee unter Generalfeldmarschall von Mackensen oder auch unter Generaloberst von Vöhm-Crmolli mit Generalmajor von Seeckt als Generalstabschef vor, der dann bei der ö.-u. 7. Armee durch einen anderen
deutschen Generalstabsoffizier ersetzt werden könne. Diesen Gegenvorschlag erklärte General von Falkenhayn für „leider nicht annehmbar, da er keine ganze Maßregel bedeute. Nur wenn *) Band VI, S. 38 f.
Vorschlag für Unterstellung der ö.-u. Ostfront unter Gen. Feldm. von Mackensen. 435
Mackensen die ganze Front befehligt, in der doch die wirklich schlagkräftigen Teile überwiegend deutsch sind, kann er über Kräfteverschiebungen und
Kräfteeinsatz mit genügender Handelsfreiheit in so ernster Lage bestimmen, und fällt die sonst nötige schleppende Auseinandersetzung zwischen Exzellenz von Conrad und mir über die Führung der Operationen wie Krastvertei-
lung fort. Ebensogut wie es mir nicht einfällt, in diese Fragen der Hindenbürg- oder Prinz-Leopold-Front einzugreifen, die in der Ausdehnung ziemlich genau der galizischen entsprechen, ebensogut kann doch General von Conrad sich dort mit der Befehlseinheit unter Mackensen abfinden. . . . Cs handelt sich um Gewinn und Verlust des Krieges, und da müssen
alle Nebenrücksichten schweigen". Da Generaloberst von Conrad bei
seinem Gegenvorschlag blieb, gab General von Falkenhayn weitere Versuche auf.
„Auf Ihrem Wege" — so antwortete er am 14. Juni — u. Juni,
„kann der angestrebte Zweck, das Zusammenfassen der gesamten Befehlsführung im Gebiet südlich des Pripjet in der Hand eines an Ort und
Stelle befindlichen Genemls mit gewichtigem Namen, nicht erreicht werden". Sei das aber nicht der Fall, dann sei auch die Abberufung des Generalfeldmarfchalls vom Balkan nicht zu rechtfertigen, um dessen Belastung nun auch Zar Ferdinand von Bulgarien ausdrücklich bat.
Über den Kräfteeinsatz bei der Heeresgruppe Linsingen wie auch darüber, daß dieser überlassen bleiben müsse, den Zeitpunkt des Gegenangriffs nach eigener Kenntnis der Lage zu bestimmen, bestand zwischen beiden Generalstabschefs keine Meinungsverschiedenheit. Die Verwendung der zunächst für die ö.-u. 7. A r m e e in Aussicht genommenen
105.Infanterie-Division hielt aber General von Falkenhayn dort nicht mehr für angezeigt, als er erfuhr, wie gering der innere Halt der Gruppen Venigni und Hadfy dieser Armee war.
Die Division würde den
Rückstrom nicht aufhalten können, sondern wahrscheinlich in ihn hineingezogen werden. Er schlug vor, sie dem rechten Flügel der Südarmee zuzuführen, um durch Gegenangriff von dort zu helfen. Generaloberst von Conrad aber sah die Verhältnisse bei der 7.Armee nicht so hoffnungslos an, während er die Verstärkung der Südarmee um ein bis zwei
Divisionen für völlig unzureichend hielt, um einen Gegenangriff zu führen. Cr wollte außer der 105. die inzwischen von der italienischen Front anrollende ö.-u. 48. Infanterie-Division der 7. Armee zuleiten, ließ sich dann aber
am 15. Juni, nach einer Generals von Falkenhayn sionen zum rechten Flügel spätere Gegenangriff dieser
in scharfer Form gehaltenen Entgegnung des doch bereitfinden, der Zuführung beider Divider Südarmee zuzustimmen. Damit sollte der Armee wenigstens vorbereitet werden.
486
15.Ju«i.
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
An demselben Tage legte Generaloberst von Conrad dem deutschen
Generalstabschef seine Gesamtauffassung über die Lage in folgender Drahtung dar: „Da wir sichtlich in der größten Krisis des Welt¬ krieges stehen und nur sofortiger voller Einklang im militärischen Handeln zum Ziele führen kann, bitte ich Euere Exzellenz meine Auffassung der Gesamtlage kurz und rückhaltlos darlegen zu dürfen. Der Erfolg des Angriffes der russischen Südwestfront in Wolhynien und in der Bukowina hat nach meiner Überzeugung die russische Heeresleitung zu dem Entschluß veranlaßt, gegen die deutsche Front keine Offensive zu führen, sondern alle dort entbehrlichen sehr starken Kräfte an die Südwestfront zu bringen, um den bisherigen Erfolg auszunützen, mit ganzer Wucht den einen der beiden Feinde, und zwar den schwächeren, vollends niederzuringen') . . . Dies-
mal rechne ich sicher auf die Fortsetzung des feindlichen Angriffes mit zunehmender Überlegenheit an der österreichischen Front, also über Ost-
galizien, weil erst nach vollständigem Siege über diese Front der Weg frei ist für das Erreichen des Hauptzieles der Entente: für das Niederringen Deutschlands. Wenn Euere Exzellenz, wie ich, davon überzeugt sind, daß die Russen im Begriffe stehen, die Kriegsentscheidung südlich des Pripjet, also in Ostgalizien, zu suchen, so ergibt sich für uns im gemeinsamen Interesse die zwingende Notwendigkeit, für diese Kriegsentscheidung alles heranzuführen, was anderswo entbehrlich ist. Selbstverständlich bin ich entschlossen, dies im äußersten Maße zu tun. Anführen muß ich aber, daß wir nach Absendung weiterer zwei Divisionen von unserer Südwestfront mit 300 Bataillonen gegen 620 Bataillone der Italiener stehen werden, wohl das äußerste Mindestmaß, um ein Vordringen der letzteren in das Innerste der Monarchie abzuwehren, das ja ebenfalls kriegsentscheidend wirken winde. Auf dem Balkan haben wir zwei schwache Landsturm-Divisionen, in diesen eine einzige Gebirgs-Brigade als schlagkräftigen Kern"). In der von den Nüssen jetzt gesuchten Kriegsentscheidung halte ich nur eine große gemeinsame Aktion für wirksam. Diese fordert das Zusammenführen des möglichen Maximums unserer Kräfte zwischen der Linie Brest-Litowsk— Rowno und der San—Dniester-Linie, um durch kraftvolle Offensive an
geeigneter Stelle die Entscheidung zu geben". General von F a l k e n h a y n, der auf Klärung der Lage durch den
am 16. Juni beginnenden Gegenangriff bei Kowep) hoffte, antwortete 1) Cs folgten Angaben über neue russische Verbände vor der Hgr. Linsingen: III., XXIV. und V. sib. Korps. Tatsächlich standen von diesen Korps nur das V. sib. südlich vom Pripjet, die beiden anderen wie bisher vor der Front des O. B. Ost. 2) Seit dem Winter (S. 596) waren Teile weggezogen worden. 3) S. 469.
Meinungsaustausch der Generalstabschefs.
487
vorläufig: Deutscherseits ist „alles geschehen, was überhaupt im Augenblick getan werden kann. Mittlerweile ist Voraussetzung für jedes weitere Handeln, daß an der gesamten Front südlich des Pripjet dem Feinde kein
Fuß breit Boden mehr freiwillig überlassen wird, daß also Führer und Truppen mit allen Mitteln gezwungen werden, sich wirklich zu schlagen und nicht aus sogenannten operativen Gründen in rückwärtige Stellungen abzuziehen, weil irgendwo in der Gefechtsfront der Feind einen Vorteil errungen hat oder gar nur mit Angriff droht, und daß endlich die nötigen Verstärkungen aus Tirol an Infanterie, besonders aber Artillerie, mit
größester Beschleunigung herangeführt werden. Sollte diese Voraussetzung nicht erfüllt werden, so werden wir die Zeit, größere gemeinsame Operationen vorzubereiten, nicht gewinnen können". Am 17. Juni folgte die endgültige Antwort: „Euerer Exzellenz Ansicht, daß nur voller Einklang im militärischen Handeln zum Erfolge führen kann, teile ich um so überzeugter, als ich sie ja von jeher uneingeschränkt vertreten und jedes Abweichen davon lebhaft beklagt habe. Wenn Euere Exzellenz ferner meinen, es sei sicher, daß die Russen sich entschlossen hätten, keine Offensive mehr gegen die deutsche Ostfront zu führen, sondern alle ihre für die Defensive überschießenden Kräfte gegen unsere Front südlich des
Pripjet einzusetzen, so ist das wohl möglich. Beweise hierfür liegen jedoch noch nicht vor.
Das ist ja eben das Charakteristische an dem russischen Erfolge, daß er ohne Zweifel mit verhältnismäßig schwachen und zahlenmäßig unterlegenen Kräften gewonnen wurde. Soviel ich weiß, hat der Feind auch jetzt nur einzelne Divisionen im Antransport vom Norden her. Als eingetroffen festgestellt wurden nur die beiden Divisionen des V. sibi¬
rischen Korps.
Demgegenüber sind unserseits an deutschen Kräften
71/* Infanterie-Divisionen mit schwerer Artillerie und eine Kavallerie-Divi-
Hon1), an österreichisch-ungarischen Kräften zwei Infanterie-Divisionen^) eingetroffen oder doch in Ausladung begriffen. Zwei weitere österreichischungarische Divisionen werden nach Ihrer Angabe zunächst noch folgen, wie ich fest annehme, auch ausreichende Artillerie. — Nach meiner Meinung
muß es mit so starker Unterstützung gelingen, den russischen Ansturm minbestens zum Stehen zu bringen, wenn nur die an Ort und
Stelle befindlichen Kräfte gezwungen werden, ihre Pflicht zu tun. Aus diese Forderung ist größester Nachdruck zu legen. Wird sie nicht erfüllt, so ist auch die notwendige Vorbedingung für die ') Uberstarke Div. Rusche, 19., 20.,105., 108., 11. bayer. I. D.; 43. R. D. und zsgs. 9. K. D. 2) 48., 61. I. D. von der ital. Front; die schon bisher an der Ostfront stehende
29.1. D. ist nicht mitgerechnet.
I««t.
488
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
Vorbereitung einer Zukunftsoperation, wie Euere Exzellenz sie im Auge haben, nicht gegeben. Denn daß eine solche oder ähnliche Operation nicht in einigen Tagen, sondern frühestens in mehreren Wochen ausführbar wäre, kann doch keinem Zweifel unterliegen. Euere Exzellenz muß ich daher erneut bitten, mit allen Ihnen und dem Ärmee-Oberkommando überhaupt zur Verfügung stehenden Mitteln die Kaiserlichen und Königlichen Truppen zum Aushalten zu bringen. Vorkommnisse wie das neuerliche Zurückgehen des XVIII. Armeekorps und der 46. Infanterie-Truppen-Division ohne ernsten Grunds dürfen unter keinen Umständen geduldet werden, sonst ist alle unsere übrige Arbeit vergeblich. Wer die von Euerer Exzellenz vorgeschlagene Zukunftsoperation aber wird erst nach weiterer Klärung der Lage entschieden werden können". Generaloberst von Conrad blieb — wie er in seiner Antwort
sagte — nur übrig, alles aufzubieten, um durch Zuführen schwerer Artillerie
und der beiden weiteren Divisionen das Halten der Front nach Möglichkeit sicherzustellen. Er sei sich „der Konsequenzen des gegen alle Voraus-
sicht eingetretenen Mißerfolges, also auch der Selbstverleugnung" bewußt, die ihm damit auferlegt werde. Inzwischen entwickelte sich die Lage südlich des Dniester in überaus bedrohlicher Weise weiter. Die ö.°u. 7. Armee war im Begriff auseinander-
zubrechen"). Die Angriffserfolge der Heeresgruppe Linsingen') reichten in keiner Weise aus, die Gefahren dieser Lage auszugleichen. Im Gegenteil: die Rückschläge am linken Flügel ihrer ö.-u. 1. Armee nötigten Generaloberst von Conrad sogar dazu, die zur Südarmee bestimmte ö.°u.
48. Insanterie-Division stattdessen jener Armee zuzuleiten.
General
von Falkenhayn ließ von der Front des Oberbefehlshabers Ost, vor
der sich die Lage zu entspannen schien"), zwei Divisionen nach Süden abrollen. Andererseits hatte die österreichisch-ungarische Heeresleitung der Heeresgruppe Erzherzog Eugen am 16. Juni abends den Befehl zur Einstellung der Offensive gegen Italien gegeben und zwei weitere Divi-
sionen°) sowie schwere Artillerie angefordert, wobei sie drei vorwiegend aus Tschechen und Ruthenen bestehende Divisionen als nicht in Frage kommend ausdrücklich ausschloß. Als dann die Heeresgruppe die Wahl
der künftigen Abwehrlinie davon abhängig machen wollte, welche Abgaben etwa noch weiter von ihr verlangt würden, ließ ihr Generaloberst von Conrad am 18. Juni antworten, daß für den russischen Kriegsschauplatz außer einigen schweren Batterien nichts mehr abzugeben sein werde. Linker Flügel der ö.°u. 1. Armee (S. 468). — -) S. 480 f. — 3) S. 479. -
4) Näheres S. 518. — 6) Bisher 61. und 48. I. D., dazu jetzt 44. I. D., Kdo. des VIII. Korps und 59. I. D.
Forderungen des Generals von Falkenhayn.
489
General von Falkenhayn erfuhr diese letzte Entscheidung überhaupt nicht und erst in der Nacht zum 19. Juni, daß die Wahl der Abwehrlinie gegen
Italien dem dort befehligenden Heeresgruppenkommando überlassen sei. Danach schien es, daß die verbündete Heeresleitung immer noch zögerte, ihre Front in Südtirol zurückzunehmen und die gegen Rußland gebührend zu ver-
stärken. Zugleich mit dieser Nachricht erhielt er Kenntnis davon, daß Generaloberst von Conrad der Heeresgruppe Linsingen freiwillige Zurücknahme der Truppen aus dem Styr-Vogen von Ehartoryfk in die Stochod-Stellung vor-
geschlagen habe'), um Kräfte für den Angriff herauszusparen. Schließlich lag ein Telegramm des Generalobersten von Conrad selbst vor, der — wie schon am 15. Juni — zu dem Schluß kam, „daß die Russen die Erreichung eines
Erfolges an ihrer Nordwestfront gegenüber der großzügigen Ausnutzung bereits errungener Erfolge an ihrer Südwestfront zurückstellen".
General von Falkenhayn sah sich veranlaßt, seine Auffassung und seine Forderungen daraufhin nochmals klarzulegen und auf die Unterstellung der gesamten österreichisch-ungarischen Ostfront unter Generalfeldmarfchall von Mackensen zurückzukommen: „Daß die Russen sich bemühen werden, den von ihnen so leicht errungenen Erfolg im Südwesten zu sichern und auszunutzen, ist natürlich und zu erwarten. Ob sie aber dazu
alle ihre Anstrengungen vereinigen werden, steht noch nicht fest. Es liegen Anzeichen vor, daß sie auch gegen die Mitte der Ostfront, die Gegend von Pinsk, Verschiebungen vornehmen2). Selbst wenn der Feind jedoch allmählich 15 Divisionen allein an die Lucker Front bringen sollte, so liegt noch kein Grund vor anzunehmen, daß er damit die Feldzugsentscheidung erkämpfen könnte". Im einzelnen schlug General von Falkenhayn vor: „1. Beschleunigte Heranführung der beiden Divisionen und von Artillerie aus Tirol zur Heeresgruppe Linsingen, um ihr möglichst noch vor dem Eintreffen weiterer russischer Verstärkungen zum Erfolg zu helfen. 2. Übertragung des Oberbefehls zwischen Dniester und Pripjet an Generalfeldmarschall von Mackensens, der »selbst — natürlich unter den bekannten Einschränkungen^) — Teschen zu unterstellen« wäre.
3. Befehl an den österreichisch-ungarischen Befehlshaber südlich des Dniester, in den Karpaten-Eingängen nur die allernötigsten Kräfte zu verwenden, im übrigen die Verbindung zwischen dem Gebirge und dem Dniester unbedingt aufrechtzuerhalten. ') S. 477. 2) S. 519.
3) Vgl. S. 483 ff. 4) D, h, wie 1915 beim Feldzuge gegen Serbien, Band IX, S. 157 ff.
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
490
4. Entschiedene Kürzung der italienischen Front, um dort weitere
Kräfte, besonders auch Artillerie, frei zu machen. 5.Vereitstellung weiterer deutscher Verstärkungen für die österreichisch-
ungarische Ostfront". Generaloberst von Conrad entgegnete, daß den Forderungen 1, 3 und 4 bereits Rechnung getragen sei. Die Verwendung der beiden Divisionen aus Tirol müsse er sich aber noch vorbehalten. Auch müsse er dort
im gemeinsamen Interesse für gesicherte Abwehr sorgen, sonst könne Italien durch einen Erfolg im Südwesten der Monarchie rasch die Feldzugsentschei-
dung erzwingen.
Die außerordentliche Maßnahme der Übertragung des
Oberbefehls zwischen Dniester und Pripjet an Generalfeldmarschall von Mackensen aber könne er bei seinem Kaiser nur beantragen, wenn
„weitere namhafte deutsche Verstärkungen, also eine deutsche Armee, für den Cntscheidungskamps gegen die russische Südwestfront herangeführt würden".
Hierüber erbat er umgehende Antwort.
Die Gegenforderung löste eine scharfe Erwiderung des Generals vonFalkenhayn aus. Er betonte: Nachdem so starke deutsche Kräfte an der österreichisch-ungarischen Front eingesetzt seien, müsse auch beim Einsatz der beiden Tiroler Divisionen seinen Wünschen Rechnung getragen werden, wie er überhaupt bitten müsse, ihn „vor allen wichtigeren Ent¬ scheidungen operativer Art beteiligen zu wollen". Es sei dies bei der ihm obliegenden Verantwortung notwendig. Er könne auch nicht zugeben, daß mit der Vesehlsübertragung an Generalseldmarschall von Mackensen Ve-
dingungen verknüpft würden. Eher liege der Fall umgekehrt. Schon jetzt seien 8%i deutsche Infanterie- und eine Kavallerie-Division mit starker schwerer Artillerie „als Kerntruppe an der österreichisch-ungarischen Front,
also eine starke deutsche Armee", zwei weitere Infanterie-Divisionen seien unterwegs.
Mehr Kräfte könne er in diesem Augenblick nicht abgeben, ob
in einigen Tagen, könne nur die Zukunft lehren. Generaloberst von Conrad war sehr betroffen und nicht bereit, „auf diesen Ton einzugehen"^). Rur durch Vermittlung des Generalmajors von Cramon wurde der Verkehr in den nächsten Tagen aufrechterhalten. Weiteres Nachgeben der ö.-u. 7.Armee veranlaßte ihn, die beiden aus Tirol kommenden Divisionen nun doch dieser Armee zuzuführen^). Dagegen erhob General von Falkenhayn am 21.Juni durch Generalmajor von Cramon Einspruch: „Ich bitte Sie, dort niemandem einen Zweifel darüber zu lassen, daß ich alle Abzweigungen von Truppen von der Stelle, wo die Entscheidung liegt, also der Gegend von Luck, für l) Ssterr. -) S. 488.
amtlWerk,BandIV,S.519.
Auseinandersetzungen der Generalstabschefs.
einen schweren Fehler halte.
491
Nachdem nun einmal die Bukowina ver-
lorengegangen ist, erscheint es militärisch ganz gleichgültig, ob auch noch Kolomea und andere Teile Galiziens südlich des Dniester geräumt werden. Dringt der Stoß bei Luck durch oder wirft er dort wenigstens die Russen über den Styr zurück, so können wir ohne Schwierigkeiten eine neue An-
grisfsgruppe bilden, die, über Tarnopol nach Südosten vorgehend, dem russischen Spuk in der Bukowina ein schnelles Ende bereiten muß. Gelingt es aber nicht, dem Gegner einen Schlag bei Luck zu versetzen, der ihn dort lahmlegt, dann werden auch die beiden für General von Pflanzer angeblich in Aussicht genommenen Divisionen das Schicksal in der Gegend südlich
des Dniester nicht dauernd aufzuhalten vermögen". „Aus verläßlicher Quelle" in Tefchen vorliegende Telegramme der italienischen Vertreter in Petersburg und Bukarest an ihre Regierung
ließen inzwischen größte Kraftentfaltung Rußlands und Italiens gegen Österreich-Ungarn, vielleicht auch das Eingreifen Rumäniens als nahe bevorstehend erscheinen. Generaloberst von Conrad, der schon vorher jede Einmischung in die Führung der von deutscher Seite beeinflußten Verbände, also der Heeresgruppe Linsingen sowie der Süd- und ö.-u. 7. Armee, vermieden hatte, antwortete dem deutschen Generalstabschef in entgegenkommendem Tone: Er sei zu jedem Meinungsaustausch gern bereit und danke herzlich für die Anregung, die seiner Ansicht ganz entspräche. Auch er sei der Meinung, daß die Entscheidung jetzt bei Luck liege und alles dort vereinigt werden müsse. Da aber die beiden Tiroler Divisionen dazu wahrscheinlich zu spät kämen, die erste bestenfalls am 28. eintreffe, bleibe noch Zeit, über sie zu entscheiden; vor allem aber schlug er nochmals den Einsatz starker deut¬ scher Kräfte gegen die russische Südwestfront vor, an der jetzt zweifellos die Feldzugsentscheidung liege. Er empfahl, unter Fortführung des
Angriffs der Heeresgruppe Linsingen, den Angriff „starker deutscher und österreichisch-ungarifcher Kräfte" beiderseits des Dniester. Als aber General
von Falkenhayn zurückfragte, welche frischen und starken österreichischungarischen Kräfte für diesen Angriff denn in Frage kämen, mußte er am 22. Juni zugeben, daß er über solche einstweilen nicht verfüge, doch könne 22. Juni, er Anfang Juli noch zwei Divisionen von Italien heranführen. Cr sei leider nicht in der Lage, gleichzeitig Angriffskräfte am Dniester bereitzustellen, die Karpaten-Pässe aus der Bukowina nach Ungarn und die
italienische Front verläßlich zu halten. Alles hing also nur davon ab, inwieweit deutsche Kräfte zur Verfügung gestellt werden konnten. Eine Besprechung in Berlin sollte die schwebenden Fragen klären.
492
23. J»«i.
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
Am 23. Juni abends trafen sich die beiden General st abs-
chefs in Berlin. Auf der Fahrt dorthin erwog Generaloberst von Conrad die verschiedenen Operationsmöglichkeiten im Bereich der ö.-u. 7. Armee: Angriff zwischen Pruth und Dniester oder beiderseits des Dniester, wobei der Druck vornehmlich auf das Gebiet südlich des Flusses gelegt werden sollte, oder schließlich aus dem Bereich der Südarmee von Podhajce aus. Dafür könnten herangeführt werden: zur 7. Armee täglich 55 Züge oder zur Südarmee auf drei Bahnen täglich 75 Züge oder aber gleichzeitig zur 7. Armee 35,zur Südarmee 60, zusammen also 95 Züge. Bei der Besprechung erklärte Generaloberst von Conrad, daß er, einschließ-
lich der schon abgesandten Truppen, von der Front gegen Italien höchstens fünf bis sechs Divisionen abziehen könne, das hieß nicht mehr, als bisher schon in Aussicht genommen war. General von Falkenhayn brachte zum Ausdruck, daß auch er mit den überwiesenen Verstärkungen bereits bis an die Grenze des Möglichen gegangen sei, sofern nicht TruppenVerschiebungen des Gegners den deutschen Teil der Ostfront weiter ent-
lasteten.
Daraus ergab sich, daß eine „entscheidungsuchende Operation"
unmöglich war. Es konnte sich nur darum handeln, die Front zu halten und dazu einen Angriff mit beschränktem Ziel in Südostgalizien zu führen.
Aber auch das war nicht sogleich, sondern erst nach Einstellung des Angriffs der Heeresgruppe Linsingen durchführbar. So blieb nur übrig, diesen Angriff, so wie es General von Falkenhayn schon bisher wollte, ebenfalls mit beschränktem Ziel zu Ende zu führen und dann den Angriff zur Entlastung der 7. Armee zu beginnen. Auch der Gedanke, den Angriff der Heeresgruppe Linsingen durch einen Stoß der Südarmee aus der Gegend westlich von
Tarnopol nach Nordosten zu unterstützen, mußte fallengelassen werden, da die Vorbereitung zu viel Zeit beansprucht hätte. 5lm wenigstens der dringendsten Not bei der ö.-u. 7. Armee abzuhelfen, war General von Falken-
Hayn jetzt aber doch damit einverstanden, daß ihr die beiden Tiroler Divisionen überwiesen wurden. Das Ergebnis der Besprechung ließ General von FalkenHayn unter anderem dahin festlegen: „Es wird jedes überhaupt mögliche Mittel angewendet werden, um die in der Ostfront befindlichen Kaiserlichen
und Königlichen Truppen zu stärken und ihnen Zuversicht einzuflößen. Abgesehen von den moralischen Einwirkungen auf Führer und Leute, gehört hierzu reichliche Zuführung von Ersatz, schwerer Artillerie und Munition . . .
Nach der gegenwärtigen Lage wird beabsichtigt, den Angriff der
Heeresgruppe Linsingen so weit durchzuführen, daß die Russen dort endgültig zum Stehen gebracht werden und wir infolgedessen unter Bildung einer neuen Verteidigungsstellung starke Teile aus der Heeresgruppe ent¬
Plan für eine künftige Gegenoffensive am Dniester.
493
nehmen können. Diese Teile sollen im Verein mit den angriffskräftigen Verbänden der Südarmee und möglichst auch der ö.-u. 2. sowie 7. Armee zu einem Stoß aus der Front der Südarmee angesetzt werden mit dem Ziel, die Verbindungen der russischen Bukowina-Gruppe zu treffen. Die ge-
nauere Festlegung der Stoßrichtung bleibt noch vorbehalten, wohl aber soll sofort die Verbesserung der Transportstraßen von Wolhynien an die Strypa-Front und in die Dniester-Gegend in die Hand genommen werden.
Auch ist schon jetzt die gesamte, sonst entbehrliche schwere Artillerie, die bei dem Stoß mitzuwirken hat, heranzuziehen und die Einrichtung von Lebensmittel- und Munitionsniederlagen vorzunehmen. Die Kaiserliche und Königliche Heeresleitung wird zugunsten der Kräftigung und Sicherung der Ostfront südlich des Pripjet die Defensivmaßnahmen an der italienischen Front so weit beschränken und verkürzen, wie es das Lebensinteresse der Monarchie irgendwie zuläßt. Andererseits wird die deutsche Oberste Heeresleitung, falls weitere russische Verschiebungen von der Front nördlich des Pripjet nach Süden vorgenommen werden sollten, selbstverständlich die bei den Heeresgruppen Hindenburg und Prinz Leopold irgend frei werdenden Kräfte für die in Galizien beabsichtigten Operationen verwenden". Generaloberst von Conrad stimmte dieser Zusammenfassung bis auf folgendes zu: „Von der ö.-u. 2. Armee, welche mit vier Divisionen Sl> Kilometer Front in direkter Stoßrichtung auf Lemberg hält, dürften kaum Kräfte für den Angriff frei werden, tlnfer Angriffsraum wird je nach Entwicklung der Lage noch zu bestimmen sein. Diese könnte sich auch so gestalten, daß die Verbindungen der russischen Vukowina-Gruppe wirk-
samer durch einen Stoß zwischen Dniester und Pruth getroffen werden als nördlich des Dniester. Die Verkürzung unserer italienischen Front ist in Durchführung. Der Gegenangriff der Italiener steht unmittelbar bevor, von feinem Verlauf werden meine weiteren Maßnahmen abhängen. Dabei muß ich mir stets vor Augen halten, daß eine gelungene Offensive des Feindes über die Isonzo-Front sehr bald den Lebensnerv der Monarchie treffen würde, und daß in diesem Falle der Krieg für unsere beiden Reiche verloren wäre".
494
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
4. Verschiebung des Schwerpunktes der russischen Operationen
nach Südens. a) Die russische Führung vom 13. bis 24.Juni. Karten 6, 7.
iz. vis Die We st front hatte die Aufgabe gehabt, am 17. Juni den Haupt15. Juni. angrjff in der Richtung auf Wilna zu führen und gleichzeitig, zur unmittel-
baren Unterstützung des Angriffs der Südwestfront auf Kowel, einen Nebenangriff auf Pinsk zir machen.
Dem Drängen der O b e r st e n
Heeresleitung nachgebend, hatte aber General Ewert seine 3.Armee schon vorher, am 13. Juni, zur Entlastung der Südwestfront bei Baranowicze angreifen lassen. Dabei hatte das Grenadierkorps 8000 Mann ver-
loren, jedoch keinerlei Erfolg gehabt). Die übrigen für das Unternehmen bereit gehaltenen Kräfte, darunter die neugebildete „polnische Schützenis.z««i. Brigade"^), waren gar nicht erst zum Einsatz gekommen. Am 15. Juni meldete General Ewert der Obersten Heeresleitung, daß für den Beginn des Hauptangriffs am 17. Juni alles bereitstehe. Die feindlichen Stellungen vor Wilna seien aber ganz außerordentlich stark. Da nun die Erfolge der 8. Armee Aussicht böten, rasch bis Kowel und Wladimir vorzudringen, während die 3. Armee Pinsk nehmen könne, sei zu erwägen, ob man nicht den Angriff aus Wilna ganz aufgeben und dafür mit starken Kräften bei
Varanowicze angreifen solle, um den Gegner durch Bedrohung der Front Lida—Grodno zur Räumung der Stellungen vor Wilna zu zwingen. In vier, allenfalls auch drei Wochen könnten die bei Varanowicze nötigen zwei bis drei Korps bereitgestellt sein. Am 15. Juni legte aber auch General Vrussilow die Schwierigkeiten dar, die sich für die S ü d w e st f r o n t daraus ergäben, daß der Angriff
der Westftont immer wieder hinausgeschoben worden sei. Seine Truppen verstünden nicht, warum sie allein angriffen, während die Hauptkräfte nördlich des Pripjet stillägen. Der Gegner habe bereits Truppen vom Norden herangeholt und könne noch mehr heranziehen. Die eigene Offen¬ sive werde steckenbleiben, wenn sie nicht durch schleunigen Angriff der Westfront entlastet werde. Trotzdem stimmte die O b e r st e Heeresl e i t u n g den auf noch weiteren Aufschub abzielenden Plänen der West-
front zu. Dabei scheint ausschlaggebend gewesen zu sein, daß die weit überwiegende Zahl der inzwischen vor der 8. Armee gemeldeten deutschen !) Anschluß an S. 472. -) S. 517. 3) S. 430.
Neue Verzögerung des russischen „Hauptangriffs" nördlich vom Pripjet.
495
Verstärkungen nicht von der Ostfront nördlich des Pripjet, sondern von der Front in Frankreich kam. Man versprach sich daher vom Angriff im Norden auch künftig keine nennenswerte Entlastung der Stidwestfront. Die deutschen Truppen nördlich vom Pripjet schienen durch die dortige drohende
Vereitstellung zum Angriff gebunden. Die russische Oberste Heeresleitung verschob durch Vefehl vom 16. Juni den nunmehr bei Varanowieze zu füh- >«. Juni,
renden Hauptangriff auf spätestens Anfang Juli (die Angaben schwanken zwischen 29. Juni und 3. Juli), wobei sie möglichste Übereinstimmung mit dem zu derselben Zeit beabsichtigten Angriff der Westmächte an der Somme anstrebte. Auch Italien wurde zu neuem Angriff gedrängt, denn „der Moment eines endgültigen Erfolges gegen Österreich in diesem Kriege
könnte durch einen tatkräftigen Angriff auf zwei Fronten beschleunigt werden'"). Ebenso machte man vermehrte Anstrengungen, Rumäniens aktive Teilnahme endlich zu gewinnen. Der Angriff der Westfront bei Pinfk sollte mit dem weiteren Angriff der S ü d w e st f r o n t in Übereinstimmung gebracht werden. Man
verschob ihn auf unbestimmte Zeit, als deren 8. Armee am 16. Juni durch den Gegenangriff der Mittelmächte in die Abwehr gedrängt wurde. Dieser Gegenangriff veranlaßte andererseits General Vrussilow, bei der Obersten
Heeresleitung nun erst recht auf beschleunigten Angriff der Westftont zu drängen. Gleichzeitig forderte er reichliche Zufuhr von Munition, denn die hartnäckigen Kämpfe, die jetzt begonnen hatten, verschlangen davon ganz andere Mengen als das bisherige rasche Vorwärtsstürmen. Ohne reichliche Munition — so betonte der Oberbefehlshaber der Südwestfront —
könne die Lage unhaltbar werden und alles Gewonnene verlorengehen. Die
Gesamt-Munitionslage des russischen Heeres war aber nicht so, daß die
Oberste Heeresleitung nachhaltig helfen konnte. Dagegen überwies sie der Südwestfront am 19. Juni die beiden bisher für den Angriff bei Pinfk
bestimmten Korps der Westfront (I. und I. turkestanifches Korps). Inzwischen machte sich der Angriff starker deutscher Kräfte von Kowel her immer mehr fühlbar. General Kaledin, der Führer der russischen 8. Armee, forderte weitere starke Reserven. Sein Vertrauen auf weiteren Angriffserfolg war gesunken, seit er deutsche Truppen als Gegner vor sich wüßtes. Andererseits stieg der Munitionsverbrauch bei Infanterie und Artillerie weiter; der Nachschub reichte nicht mehr aus. General Vrussilow sah sich am 20. Juni genötigt, die Wiederaufnahme des Angriffs, den er 20. Zum.
trotz allem weiterführen wollte, auf Anfang Juli zu verschieben. Nur die ') Italienischer Botschafter in Petersburg am 21.Juni an seine Regierung. 2) Amtl. ruf). Werk, Band V,S.57.
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
496
9. Armee sollte im Vorgehen bleiben, um die „Verfolgung der zertrümMerten Kräfte der Armee Pflanzer" fortzusetzen. Dabei hatte sie auf
Weisung der Obersten Heeresleitung künftig die Richtung längs des Dniester auf Haliez—Stanislau zu nehmen und der 7. Armee vorwärts-
zuhelfen. Die Hauptangriffsrichtung des Südflügels der Heeresgruppe wies damit auf Lemberg. Daneben wurde vorübergehend der Einfall großer Kavalleriemassen über die Karpaten nach Ungarn erwogen, aber bald als unausführbar erkannt.
24,Juni.
Am 24.Juni verlegte die Oberste Heeresleitung die Grenze
zwischen West- und Südwestfront den künftigen Aufgaben entsprechend nach Norden an den Wygonowskoje-See.
Die Z.Armee und ihre südlich des
Sees stehenden Truppen (XXiXI. Korps mit drei Divisionen) traten zur Südwestfront, zu der außerdem vom Nordflügel der Westfront noch das V.Korps anrollen sollte. Die Z.Armee erhielt vom rechten Flügel der Z.Armee die bei Czartorysk und nördlich stehenden Truppen zugeteilt; Maniewieze sollte ihr künftiges Angriffsziel sein. Der Raum bei Varanowieze kam einheitlich in die Hand der 4. Armee, die hier rund 21% Infan¬ terie- und 5 Kavallerie-Divisionen zum Angriff versammelte. Roch hielt die Oberste Heeresleitung an der Absicht fest, an dieser Stelle den Hauptangriff zu führen. Ihre beste Stoßtruppe, die Garden (vier Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen) blieben als Heeresreserve im Bereiche der Westfront. Andererseits war aber im Laufe des Juni die Südwestfront nach und nach erheblich verstärkt worden. Das zeigt ein Vergleich der Verteilung der Infanterie-Divisionen
Südwestfront im Mai
Ende Juni
Westfront
59V40V571/-**) 5272***)
davon Pripjet
Nord-
zu-
front*)
sammen
südlich
nördlich
36 28
136 138
4» V-
95V82V-
55V-
*)ohne 6.Armee. — **) Zugang (teilweise erst im Anrollen): V. sib., XXIII.,
I., I.turk., V.Korps; 78., 108., 113., 117. Ins. Div. — ***) Zugang: III.Korps.
So stand immer noch weit über die Hälfte der Divisionen nördlich des Pripjet, also vor dem deutschen Teil der Front. Dabei waren zwei Divisionen von den am Schwarzen Meer stehenden Truppen zur Gesamt-
zahl hinzugekommen. Soweit festzustellen, standen ferner: Bei der 6. Armee höchstens vier Divisionen, am Schwarzen Meer und im Innern des Landes je eine Division, gegen die Türkei 14 Divisionen'), zusammen 20Divi») S. 609.
Gliederung des russischen Heeres.
sionen.
497
Die Gesamtstärke des Heeres war auf 1S8 Divi-
sionen gewachsen'). Andererseits hatten die Iumkämpfe auch erhebliche Lücken gerissen; die Verluste betrugen rund 300 000 Mann, davon 289 000 allein bei der SüdWestfront. Inwieweit es gelungen war, den Ausfall wieder zu ersetzen,
ist nicht bekannt. Sicher aber ist, daß die Ergänzungsmannschaften für ihre Aufgabe noch erheblich weniger gut vorgebildet waren als die, die sie zu ersetzen hatten. Zu den für die ersten Iulitage zugleich mit der Somme-Offensive der Westmächte beabsichtigten Angriffen der russischen West- und Südwestfront kam es nicht. Denn vorher schon trafen neue Angriffe der Mittelmächte die S ü d w e st f r o n t.
Deren Infanterie-Divisionen verteilten sich zu
dieser Zeit wie folgt: 3. Armee 8.
.
11.
-
7.
-
9.
-
5 Divisionen und 1 im Anrollen 17 8y2,
-
12 10
a
2
»
-
1
-
-
1
-
b) Abschluß des Angriffs der Heeresgruppe Linsingen'), 24. Juni bis 18. Juli. Karte 7, Skizzen 25, 26, 27.
Generaloberst vonLinsingen war entschlossen, den Angriff weiterzuführen, war sich aber auch klar darüber, daß ohne Einsatz starker neuer Kräfte nichts Entscheidendes zu erreichen sei. Verstärkungen flössen aber nur nach und nach zu, und auch der Gegner führte immer neue Kräfte heran. Auf deutscher Seite war am 24. Juni links neben der 11. bayerischen die 107. Infanterie-Division°) in die Front eingerückt. Mit beiden sollte General von Bernhardt am nächsten Tage den Angriff aus dem Ostufer des Styr wieder aufnehmen, um auch der Division Rusche vorwärts zu Helsen
und den Feind auf Rozyfzcze zurückzuwerfen. Im übrigen schien aber das vielfach sumpfige und wegearme Gelände in dieser Gegend ungeeignet zur Weiterführung des Angriffs. Daher wollte Generaloberst von Linsingen den Schwerpunkt nunmehr in den Raum südwestlich von Luck verlegen, wo das Gelände günstiger war und das russische XXXXV. Korps in ') Vgl. auch S. 430, Anm. 1. 2) Anschluß an S. 473 ff. ') S. 478. SBelttrteg. X. Band.
32
498
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
24. Juni, besonders dünner Linie stand. Dazu sollte unter Einsatz der anrollenden 22.Infanterie-Division') und der im Fußmarsch vom linken Flügel des
X. Armeekorps heranzuziehenden 108. Infanterie-Division unter General von der Marwitz eine neue Angriffsgruppe gebildet werden. Von der österreichisch-ungarischen Heeresleitung wurde für ihre am neuen Angriff
beteiligten Divisionen (7. der I.Armee und 48.) schwere Artillerie zugesagt. Die darüber hinaus erbetenen Verstärkungen konnte sie dagegen nicht gewähren. Ebenso lehnte die deutsche Oberste Heeresleitung die Bitte um ein weiteres Korps ab, das angesichts der Nachricht vom Eintreffen des russischen I. Korps bei Luek gefordert worden war. Verstärkungen konnten wegen der gespannten Lage im Westen nur der Ostfront entnommen werden
und auch hier nur, soweit sich der Gegner nördlich des Pripjet schwächte. Da er aber in diesem Falle südlich des Pripjet entsprechend stärker auftreten konnte, war auf entscheidende Änderung des Kräfteverhältnisses auch künftig kaum zu rechnen. Immerhin hoffte die Heeresgruppe, wie General von Stolzmann am Fernsprecher der Obersten Heeresleitung meldete, nach dem bevorstehenden Eintreffen schwerer Artillerie^) doch rascher vorwärts zu 2s. bis 29. Juni.
kommen. Am 25. Juni brachte der Angriff der 11. bayerischen Infanterie-Division Generalleutnant von Kneußl und der 107. Insanterie-Division unter
Generalmajor Hahndorff erfreuliche, aber doch nur örtliche Erfolge, die auch in den nächsten Tagen unter Beteiligung der Division Rusche nur wenig erweitert werden konnten. Doch schien der Gegner, der an 1000 Gefangene
verlor, recht stark gelitten zu Habens. Das erst seit dem 14. Juni hier eingesetzte V. sibirische Korps wurde — wie sich in den folgenden Tagen ergab — durch das I. Korps ersetzt. Von Rowno her aber war nach auf¬
gefangenen Funksprüchen bereits ein weiteres russisches Korps, das I. turkestanische, im Anrollen, und auch die Ergebnisse der Luftaufklärung ließen keinen Zweifel darüber, daß der Gegner von Norden und auch von Süden
starke Kräfte nach Wolhynien heranführte. Am 30. Juni sollte der Angriff der neuen Gruppe Marwitz einsetzen. Dazu waren die ö.-u. 7. Infanterie-Division, die 22., 108. und
ö.-u. 48. Infanterie-Division zwischen der Mündung der Lipa in den Styr und der Linie Zwiniaeze—Agrynow als Hauptstoßgruppe bereitgestellt. Links schloß die Stoßgruppe des Generals Eugen von Falkenhayn mit dem 0 S. 518. 2) Vom Westen eine f. F. H.° und vier Mrf. Bttrn.; von der ö.°u. Heeresleitung eine 15 cm-Kan.-, drei f. F. drei 30,5 cm-Vttrn.
3) Gesamtbeute der Heeresgruppe seit 9. Juni: 11000 Mann, 2 Geschütze, 54 Maschinengewehre.
Heeresgruppe Linsingen: Neuer Gegenangriff.
439
Kavalleriekorps des Feldmarschalleutnants Freiherrn von Leonhards, der ungarischen 61. Infanterie-Division sowie der deutschen 43. Reserve- und 9. Kavallerie-Division an. Die Angriffsrichtung beider Stoßgruppen zielte auf Luek. Der linke Flügel der ö.-u. 1. Armee und alle die Einbruchsstelle von Luek im Westen und Norden umklammernden Teile bis zur Gruppe Bernhardi einschließlich hatten am Angriff teilzunehmen. Generaloberst von Linsingen hoffte, daß der Stoß der Gruppe Marwitz den vor ihr verhältnismäßig schwachen Gegner überraschen und entscheidend treffen werde. Sorgfältigste und bis in alle Einzelheiten vorausschauende Vorbereitung des Angriffs und das Feuer von insgesamt rund 250 Geschützen, davon etwa 40 schweren, sollten den Erfolg sichern. Gewitter und strömender Regen, die schon am 29. Juni die Truppen-
bewegungen behindert hatten, beeinträchtigten aber auch dieses Mal') den
Angriffsverlauf. Die frisch eingesetzte kampfkräftige 22. Infanterie-Division unter Generalleutnant Dieffenbach stieß nördlich von Golatyn auf hartnackigen Widerstand. Die 108. Infanterie-Division unter Generalleutnant Beckmann kam links neben ihr besser vorwärts und auch die ö.-u. 48. Infanterie-Division gewann etwas Raum. Der mit dem rechten Flügel am
Styr vorgehenden ö.-u. 7. Infanterie-Division und dem anschließenden linken Flügel der ö.-u. 1. Armee ebenso wie der ganzen Stoßgruppe Falken-
Hayn blieb aber jeder größere Erfolg verfagt. Das X. Armeekorps und die Gruppe Bernhardi machten kleinere örtliche Fortschritte. So war das Gesamtergebnis des 30. Juni nicht befriedigend. Am 1. Juli gab der Feind vor der 22. und der ö.-u. 7. Infanterie-Division nach. Die Hauptstoßgruppe hatte damit von der Ausgangsstellung an durchschnittlich drei Kilometer Gelände gewonnen. Am 2. Juli konnte sie einen weiteren Sprung vorwärts machen, der für die Mitte nochmals etwa fünf Kilometer Gelände-
gewinn brachte. Die Beute stieg auf etwa 3000 Gefangene. Dann aber setzten am 3. Juli russische Gegenangriffe ein, während die eigene Stoßkraft
sich erschöpft hatte. Unterdessen hatte sich die Lage auf dem Nordflügel der Heeresgruppe bedenklich zugespitzt. Flieger hatten am 28. Juni lebhaften Zugverkehr auf der von Sarny heranführenden Strecke gemeldet. Seitdem war das Haupt¬ augenmerk auf den Styr-Vogen von Czartorysk gerichtet. Am 30. Juni wurde südöstlich von Kolki der beginnende Einsatz des I. turkestanischen Korps erkannt. Generaloberst von Linsingen bat um Zuführung der vom
Oberbefehlshaber Ost hinter der Heeresgruppe Prinz Leopold bei Baranowicze bereitgestellten 5. Reserve-Division. Die Oberste Heeres¬ ') S. 474. 32*
so. Juni
3'3u(l'
500
Die Ostfront. — Brufsilow-Offensive.
leitung aber lehnte das ab, weil heftiges russisches Trommelfeuer auch hier einen unmittelbar bevorstehenden ernsten Angriff ankündigte'). Gleichzeitig erwartete aber auch die ö.-u. 1. Armee bei Vrody, wo Bahn und
Straße nach Lemberg die Grenze überschreiten, einen Angriff. Die Heeresgruppe Linsingen sah sich trotz aller zugeführten Verstärkungen fast auf ihrer ganzen Front in die Abwehr gedrängt, denn der Gegner hatte etwa die gleiche Zahl neuer Truppen herangeführt, und die eingesetzten österreichischungarischen Verbände waren zum Teil erschreckend schnell zusammen¬ geschmolzen. Die nur 20000 Mann zählende ö.-u. 4. Armee (fünf Divisionen) hatte einen täglichen Abgang von rund 1000 Mann; die ö.-u. 7. Infanterie-Division meldete beim Angriff am 30. Juni 4000 Mann Verlust, für den volle Aufklärung nicht zu erreichen war. So befahl Generaloberst von Linsingen am 3. Juli abends den Ausbau von Dauerstellungen; nur
der Angriff der Gruppe Marwitz sollte nach neuer Vorbereitung weiter¬ geführt werden. 4.Zun.
Da brach am 4.Juli der gegen den vorspringenden Styr-Vogen
von Czartorysk erwartete russische Angriff los. Am Morgen des Tages standen von der Eisenbahn nördlich von Perespa bis in die Gegend von Iezierce auf einem etwa 100 Kilometer messenden Vogen insgesamt eine deutsche und etwa sechs österreichisch-ungarische Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen. Davon hatten Mitte und linker Flügel des Korps
Vernhardi (107. Insanterie-Division und ostwärts anschließend ö.-u. II. Korps) sowie das Korps Fath bis zur Bahn nach Sarny die Front gegen Süden, nördlich davon lagen der linke Flügel des letzteren und der
rechte des Kavalleriekorps Hauer (polnische Legion und zwei KavallerieDivisionen) mit der Front gegen Osten. An mehreren Stellen der Südseite und auf der ganzen Ostseite des Vogens stand der Gegner bereits auf dem linken Styr-Afer. Cr zählte, wie man ziemlich zutreffend annahm, etwa zehn Infanterie- und fünf Kavallerie-Divisionen, war also an Zahl fast doppelt überlegen. Sein Vorbereitungsfeuer schien am stärksten auf dem äußersten linken Flügel des Korps Fath westlich von Rasalowka zu liegen. Generaloberst von Linsingen erwartete den Hauptangriff aber trotzdem gegen die Südfront, vor allem gegen Kolki. Als Reserve ließ er die
11. bayerische Insanterie-Division der Gruppe Vernhardi aus der Front ziehen und hinter der 107. Insanterie-Division versammeln. Weitere Kräfte zum Abfangen des Angriffs oder zum Gegenstoß bereitzustellen, verbot die am 3. Juli von der Obersten Heeresleitung geforderte Abgabe einer ver-
stärkten Brigade des X. Armeekorps zur Unterstützung der bei Varanowicze i) Näheres S. 520 f.
Heeresgruppe Linsingen: Verlust des Styr-Bogens von Czartorysk.
501
inzwischen bereits in schwerem Abwehrkampfe liegenden Heeresgruppe Prinz Leopolds. Nach heftigem Trommelfeuer setzten am Vormittag des 4. Juli gegen die Stellungen der polnischen Legion, vor allem aber westlich von Kolki gegen die inneren Flügel des II. Korps und des Korps Fath heftige An-
griffe ein. An dieser Nahtstelle brach der Gegner fast zehn Kilometer tief ein. Generaloberst von Linsingen befahl für die 11. bayerische InfanterieDivision, verstärkt durch örtliche Reserven, den Gegenangriff am 5. Juli um 10° vormittags. Inzwischen aber hatten beide Flügel des Korps Fath bereits weiter nachgegeben. Auch das Herauslösen der bayerischen Truppen sowie ihre Bereitstellung zogen sich bei drückender Schwüle so hinaus, daß es zunächst nur zu notdürftiger Stützung der Front an der Cinbruchsftelle nördlich von Kolki kam. Generaloberst von Linsingen wollte nunmehr den Gegenangriff in der
Richtung auf Gruziatyn—Kolki führen und setzte ihn auf den 7. Juli fest; das inzwischen auf Anfordern der Heeresgruppe von der Obersten Heeres-
leitung zugesührte Kampsgeschwader 2(sechs Staffeln mit 36 Flugzeugen) sollte durch Angriff gegen russische Truppenausladungen und Anmärsche mitwirken. Auch erreichte er die Velassung der schon zum Abtransport bereitgestellten 37. Infanterie-Brigade des X. Armeekorps, die nach Maniewicze gefahren werden sollte. In einem Ferngespräch mit General von Falkenhayn sprach Generalmajor von Stolzmann die Hoffnung aus, erst auf dem rechten und später auch auf dem linken Flügel der Gruppe Fath die Lage wiederherzustellen, aber er rechnete „bei der Unzuverlässigkeit der Truppen" doch auch schon mit der Möglichkeit, daß schließlich die ganzen Gruppen Fath und Hauer hinter den Stochod zurückgenommen werden müßten. Schneller als erwartet trat dieser Fall ein, als die Russen am 6. Juli mittags «.undi.zu«.
den Angriff gegen beide Flügel des Korps Fath mit großem Nachdruck wieder aufnahmen. Vergeblich versuchten die vordersten Teile der 37. InfanterieBrigade, wie sie aus der Eisenbahn kamen, die Front östlich von Maniewicze zum Halten zu bringen; eine leichte Feldhaubitz-Vatterie fiel dabei in Feindeshand. Als der Gegner auch nördlich von Kolki in die dort bisher
noch gehaltene zweite Stellung einbrach und damit den vorspringenden Vogen von Czartorysk abzuschnüren drohte, gab Generaloberst von Linsingen um 6° abends die einleitenden Befehle zum Rückzug in die hinter dem Stochod vorbereitete Stellung. Am 7. Juli morgens verlief die Front von Gruziatyn
nordostwärts zur ursprünglich gehaltenen Stellung südlich von Iezierce. Sie sollte künftig unter möglichster Festhaltung des bisher siegreich ') S. 520 f.
502
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive,
7. Juli, behaupteten und gut ausgebauten Styr-Abschnittes Sokul—Gruziatyn Anschluß an das Stochod-Knie nordwestlich von Gruziatyn suchen und sich
dann auf dem linken Flußufer nach Norden ziehen. Daß dabei auch die Armee-Gruppe Gronau der Heeresgruppe Prinz Leopold in Mitleidenschaft gezogen wurde, ließ sich nicht vermeiden. Als General von Falkenhayn gegenüber dieser Linienführung auf die Notwendigkeit möglichster Ersparnis an Kräften hinwies, da sie an anderer Stelle dringend gebraucht würden, wurde für den Südabschnitt unter Preisgabe des Vogens von Sokul—Gruziatyn die kürzere Linie Porsk—Sitowicze für die endgültig zu haltende Front in Aussicht genommen. In dem hierüber am 7. Juli geführten Ferngespräch legte General¬ major von Stolzmann aber auch dar, daß die Heeresgruppe selbst bei dieser Verkürzung der Front kaum Kräfte abgeben könne, denn ihre Stärke liege, wie er immer wieder melden müsse, allein in den wenigen deutschen Divi-
sionen. „Die anderen sind zum Teil überhaupt nicht mehr zu rechnen, denn sie bestehen zum Teil aus höchstens 2000 Mann und klagen dauernd über Erschöpfung und Kampfunfähigkeit". Im Anschluß an diese Aussprache drahtete Generaloberst von Linsingen noch am Abend des Tages nach Teschen: „Wenn nicht in kürzester Zeit ausgiebige und verwendungsfähige
österreichisch-ungarische Verstärkungen eingereiht werden können, muß ich die Verantwortung dafür ablehnen, daß die Stochod-Linie gehalten wird". Die zurückweichenden Teile der Front, zunächst nur linker Flügel der
Gruppe Vernhardi und Korps Fath, erreichten im Laufe des 7. Juli mit den Hauptkräften die allgemeine Linie Sokul—Kaszowka—Stochod-Lauf. Der Versuch, das vom Kampfe bisher weniger berührte Kavalleriekorps Hauer zur Aufrechterhaltung der Verbindung mit der 82. Referve-Division
der Armee-Gruppe Gronau zunächst noch östlich vom Stochod haltmachen zu lassen, schlug fehl. Anter dem Druck der russischen Verfolgung beschleunigte sich die Rückwärtsbewegung der österreichisch-ungarischen Kavallerie derart, daß am Abend des Tages nur noch eine Division als
äußerster Nordflügel der Heeresgruppe auf dem Ostufer des Flusses stand. Zwar hatte die Armee-Abteilung Woyrfch die ihr vom Oberbefehlshaber
Ost zugeleitete bayerische Kavallerie-Division') bereits als Verstärkung zur Armee-Gruppe Gronau weitergesandt, Generaloberst von Linsingen sah aber die Lage angesichts des eiligen Rückzuges der österreichisch-unga¬ rischen Truppen als so ernst an, daß er noch am Abend an die Oberste
Heeresleitung meldete: „Vei der dreifachen Überlegenheit des Gegners bleibt es nicht sicher, ob an Stellen, wo die wenigen deutschen Truppen ') S. 622.
Heeresgruppe Linsingen: Zurücknahme der Gruppe Marwitz.
503
nicht hinreichen, nicht noch weitere Rückschläge eintreten. . . . Wenn aber
die Stochod-Stellung aufgegeben werden muß, bleibt nichts anderes übrig, als schrittweise, unter Aufhaltung des Gegners an allen Abschnitten, hinter den Bug auszuweichen". Cr erbat eine weitere deutsche Kavallerie-Division für den eigenen linken Flügel und außerdem mindestens eine Infanterie-
Division. Am 7. Juli zerschlugen sich aber auch die bisher noch gehegten Hoffnungen auf einen Erfolg der Gruppe Marwitz. Der am Morgen
des Tages begonnene Angriff von fünf Divisionen (ö.-u. 7., deutsche 22. und 108. Infanterie-, fowie neu eingeschobene 43. Neserve-Division und
ö.-u. 48. Infanterie-Division) stieß nach geringem, örtlichem Raumgewinn auf hartnäckigen Widerstand. Generaloberst von Linsingen entschloß sich, den Angriff nun auch hier einzustellen, um Kräfte für den Nordflügel frei zu bekommen.
Am 8.Juli nahm General von der Marwitz seine Truppen in 8-
die Ausgangsstellung zurück und zog Teile zur Abgabe heraus. Angesichts 9'3uti* der für die gesamte Ostfront bedrohlichen Lage bot der OberbefehlsHaber Ost eine zusammengesetzte Division unter Generalleutnant Clausius (verstärkte 175. Landwehr-Insanterie-Vrigade) an. Die Oberste
Heeresleitung stellte die 121. Insanterie-Division in Aussicht). Andererseits führten die Schwierigkeiten, die der Rückzug vom Styr für den Südflügel der Armee-Gruppe Gronau mit sich brachte, zu scharfer Auseinanderfetzung mit der Heeresgruppe Prinz Leopold. Die Oberste Heeresleitung legte daher die Abwehr auf der Naht der beiden Heeresgruppen wieder in eine Hand, indem sie die Armeegruppe Gronau am 9. Juli für die augenblicklichen Kämpfe operativ zur Heeresgruppe Lin-
singen zurücktreten ließ. Inzwischen war die Gesamtfront der Gruppe Bernhardt aus ihren vor kaum drei Wochen in schweren Angriffen gewonnenen Stellungen hinter den Stochod zurückgenommen worden. Bis die Sehnenlinie Porsk—Sitowieze ausgebaut war, wurde der weit vorspringende Flußbogen von
Kaszowka noch gehalten. Das Korps Fath wurde der Gruppe Bernhardt zugeteilt und mit deutschen Truppen durchsetzt. Bei Stobychwa schloß das Kavalleriekorps Hauer an, durch die 37. Insanterie-Brigade und die bayerische Kavallerie-Division verstärkt und gefestigt. Hinter der Front begannen an der Turja die 108. Infanterie- und 9. Kavallerie-Division, beide
von der Gruppe Marwitz kommend, und die Division Clausius ihren
Aufmarsch. ') Die Division hatte erst bei Verdun und soeben nochmals an der Somme so schwer gelitten, daß sie einstweilen nicht verwendungsfähig war. Vgl. Anl. 2 und 3.
504
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
10. ms So traf der am 10. Juli nach vorhergegangenen Vorfeldkämpfen mit 14. Iua. gro|je,. Wucht wieder aufgenommene russische Angriff auf eine neugeglie-
derte und bereits gefestigte Front. In gemeinsamer Kampftätigkeit wehrten
deutsche und österreichisch-ungarische Truppen zwei Tage hindurch alle Versuche des Gegners ab, der es jetzt anscheinend darauf abgesehen hatte, durch neuen Zangenangriff den Stochod-Vogen von Kaszowka zu Fall zu bringen.
Am 12. Juli ließ der feindliche Druck bereits merklich nach, dann flaute die Kampftätigkeit auch an diesem Frontteile der Heeresgruppe ab. Vorstöße des Kampfgeschwaders 2, das seit dem 3. Juli insgesamt etwa 20 000 Kilo» gramm Bomben abwarf, hatten dazu mitgewirkt. Der Verlust des Vogens
von Czartorysk hatte aber doch recht schwere Opfer gekostet. Der Gegner zählte seit dem 4. Juli eine Beute von 47 000 Gefangenen, 67 Geschützen und 185 Maschinengewehren.
i5.3»«.
Die Heeresgruppe trug sich auch weiterhin mit Angriffsplänen. Sie wollte bei Velaffung aller bisherigen Kräfte und Zuführung der 121. In¬ fanterie-Division von neuem versuchen, das westliche Styr-Ufer beiderseits von Luck zu gewinnen. Das lehnte General von Falkenhayn jedoch ab, denn „nach den Erfahrungen, die wir mit dem Tempo des Vorfchreitens derartiger Operationen einerseits, mit dem Mangel an Widerstandskraft
der verbündeten Truppen ohne deutschen Einschlag andererseits gemacht haben, erscheint ein Wagnis dieser Art doch zu wenig aussichtsvoll". Er verlangte Abgabe von Truppen, die er entweder bei der Heeresgruppe Prinz Leopold zur Abwehr') oder am Dniester zur Bildung einer Angriffsgruppe") benötige. Außer der schon aus der Front gezogenen 108. Infanterie- und
9. Kavallerie-Division sollte dieGruppeMarwitz allmählich auch noch die 43. Reserve-Division herauslösen. Als dieser Befehl am 15. Juli ge¬ geben wurde, standen bei ihr in der Front, beginnend von der Mündung der Lipa in den Styr, der die Grenze gegen die ö.-u. 1. Armee bildete, bis süd¬ östlich von Agrynow in dem am weitesten vorspringenden Bogen die ö.-u. 4. Kavallerie- und 7. Infanterie-Division, dann die deutsche 22. Infanterieund 43. Reserve-Division. Im Anschluß daran bildeten die ö.-u. 48. und
die ungarische 61. Infanterie- sowie die ö.-u. 7. Kavallerie-Division (dabei die deutsche 2. Garde-Kavallerie-Brigade) den linken Flügel der Gruppe, an den nördlich von Pustomyty die ö.-u. 4. Armee anschloß. Der außerordent-
lich niedrige Mannschaftsstand der österreichisch-ungarischen Divisionen bot zwar Anlaß zu Besorgnissen, doch schienen die in einem zurückspringenden ') ©.520 ff. -) S. 510.
Heeresgruppe Linsingen: Neuer Rückschlag.
505
Winkel der Gesamtfront liegenden Stellungen der letztgenannten öfterreichisch-ungarischen Divisionen weniger als andere gefährdet. Gerade diese Stelle aber hatten die Russen zu neuem Stoß ausgewählt'). Im Morgengrauen des 16. Juli griffen drei Divisionen der russischen is.Ji»n.
11. Armee nach kurzer, aber heftiger Artillerievorbereitung zwischen Ugrynow und Vludow überraschend an. Sie überrannten die ungarische 61. Infanterieund Teile der 7. Kavallerie-Division so vollständig, daß sie in einem Zuge
acht Kilometer nach Südwesten auswichen; 16 Kilometer hinter der Front, in Gorochow, wurden zurückgaloppierende Batterien aufgehalten. Der Feind schwenkte vor allem nach Osten gegen die Front der ö.-u. 48. Infanterie-Division ein und brachte sie großenteils zum Einsturz. Dagegen wies die ö.-u. 7. Infanterie-Division einen durch schwächere Kräfte am
rechten Flügel der Gruppe geführten Angriff ab. Die dazwifchenstehenden beiden deutschen Divisionen waren kaum angefaßt worden. Der Gegner hatte aber in der Richtung auf Zwiniacze ein Loch von zehn Kilometer Breite und Tiefe gerissen. Da er nicht weiterdrängte, gelang es unter Cinsah von drei hinter der Front liegenden deutschen Rekruten-Vataillonen wenigstens eine schwache Sicherungslinie gegen ihn aufzubauen. Die ungarische 61. Infanterie-Division meldete einen Bestand von nur noch 300 Gewehren. Vei solchen Verhältnissen versprach auch ein vom Kommandeur der 43. Referve-Division, Generalmajor von Runckel, vorbereiteter Gegenstoß keinen dauernden Erfolg. General von der Marwitz erbat und erhielt die Erlaubnis, seine Gruppe hinter die Lipa und die Linie Zwiniacze —Pustomyty zurückzunehmen. Die Bewegung wurde in der Nacht zum 17. Juli ausgeführt), ohne vom Gegner gestört zu werden.
Abermals \i, sutt.
waren schwere Verluste zu verzeichnen. Der russische Heeresbericht meldete 13 000 Gefangene und 30 Geschütze.
Die Ereignisse veranlaßten Generaloberst von Linsingen zu eingehender Meldung an die Ober sie Heeresleitung, in der er scharf Klage führte über das Versagen österreichisch-ungarischer Trup-
Pen, soweit sie nicht mit deutschen durchsetzt seien. Cr habe Führer und TrupPen, die vor kurzem am Styr gewichen seien, in ihren Stellungen aufgesucht und traurige Bilder gesehen. Generaloberst von Conrad sei bei
Anträgen auf Absetzung unfähiger Elemente zwar sehr entgegenkommend, aber es gebe Zustände, gegen die jeder Führer machtlos sei. Er könne
daher beim Fortziehen deutscher Truppen die Verantwortung dafür nicht übernehmen, daß die 350 Kilometer lange Front gehalten werde. Er 539.
2) S. 514.
506
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
17.3««. bedauere, das aussprechen zu müssen, habe aber nunmehr soviel Beweise von unzureichender Widerstandskraft der Verbündeten, daß er sich nur ganz
allein auf die deutschen Truppen verlassen könne, die seit sechs Wochen Erstaunliches im Angriff wie in der Verteidigung geleistet hätten. In seiner Antwort vom 17. Juli hob General von Falkenhayn hervor, daß von der Heeresgruppe zur Zeit nur Abwehr gefordert werde;
ihr Truppen wegzunehmen, sei nicht beabsichtigt, so daß sie in der Lage wäre, die österreichisch-ungarischen Verbände ausreichend mit deutschen Truppen zu durchmischen. Als dann das Heeresgruppenkommando tags darauf die Absicht meldete, für die Abwehr wieder ins Hauptquartier Iablon') zurückzukehren, verhinderte General von Falkenhayn dieses Vorhaben, trotz der dafür vorgebrachten sachlichen Gründe, da es auf die ganze österreichisch-ungarische Front, an der er fortgesetzt auf Vortreiben der
hohen Stäbe drücke, eine ungünstige Wirkung üben würde. Schon vorher hatte er sich entschlossen, nach dem wenig befriedigenden Ergebnis des Kampfverlaufs, der keineswegs der von der Heeresgruppe lange Zeit zur
Schau getragenen Zuversicht entsprach, den Generalstabschef, Generalmajor von Stolzmann, durch Oberst Hell, bisher bei der 10. Armee, zu ersetzen. Als daraufhin auch Generaloberst von Linsingen selbst um Enthebung von seiner Stellung bat, da er für alle Maßnahmen als Oberbefehlshaber die Verantwortung trage, wurde sein Gesuch vom Kaiser
abgelehnt.
Vetrachtunge n°). Der Gegenangriff der Heeresgruppe Linsingen hatte nicht den erhofften Erfolg gebracht. Auch der Einsatz von 7% deutschen Divisionen, davon drei Divisionen bester und völlig frischer Angriffstruppen (X.Armeekorps und 108. Infanterie-Division), mit etwa 25schweren Batterien und von
drei österreichisch-ungarischen Divisionen hatte im großen gesehen nicht mehr erreicht, als das russische Vordringen zum Stehen zu bringen. Die füdwestlich und westlich von Luek erzielten Fortschritte wurden durch den Verlust des Vogens von Ezartorysk mindestens aufgewogen. Die Gründe des unzureichenden Gesamtergebnisses lagen in der Eigenart der KampfVerhältnisse.
Der Gedanke, von Haus aus wesentlich stärkere Truppen an die gefährdete Front zu fahren und damit den Schwerpunkt der Kriegführung wieder nach dem Osten zu verlegen, ist von Generaloberst von Conrad begreiflicherweise mit Nachdruck vertreten worden, mußte aber von General ') S. 468. — -) Vgl. S. 479.
Heeresgruppe Linsingen: Betrachtungen.
607
von Falkenhayn angesichts der Gesamtkriegslage abgelehnt werden'). An
der österreichisch-ungarischen Ostfront starke Kräfte zu gleichzeitigem, geschlossenem Einsatz zu bringen, wäre nur möglich gewesen, wenn die zu
entsendenden Verstärkungen rascher zur Wirkung gebracht wurden, als die Russen die ihrigen heranführten. Das war jedoch vor allem deswegen nicht möglich, weil die in das Kampfgebiet führenden Bahnen wesentlich mehr, als sie tatsächlich gefahren haben, gar nicht leisten konnten. Einheitlicher Angriff wäre nur nach längerem Abwarten und dementsprechend weiterem Ausweichen der Front gegen einen inzwischen ebenfalls verstärkten Gegner möglich gewesen. Unterdessen aber war zu befürchten, daß die Kampfkraft der verbündeten Truppen hoffnungslos zusammenschmolz. Generaloberst
von Linsingen hat sich entschlossen, die nur
allmählich nacheinander eintreffenden Verstärkungen auch alsbald einzusetzen. Er hat dabei die Zustimmung beider Heeresleitungen gefunden. Dagegen hat General von Falkenhayn gegen den ersten Ansatz der Angriffsgruppe Marwitz mit Recht Bedenken geäußert), denn dieser Ansatz führte in die operativ unwirksamste Richtung. Cr hat aber den von Generaloberst von Linsingen als Kenner der örtlichen Verhältnisse an-
geführten Gegengründen dann doch nachgegeben. Diese beruhten auf zutreffender Beurteilung der Augenblickslage. Als der Angriff wenige Tage später begann, hatte aber der Gegner seine Pläne teilweise bereits geändert). Es ist daher sehr wohl möglich, daß ein Angriff in der operativ wirksamsten Richtung über Sokul—Kolki in den Rücken von Luck auch taktisch größere Erfolge gebracht hätte als der Stirnangriff von Westen her. Zum mindesten wäre die gefährdete Stellung der Gruppe Fath gefestigt worden. Daß die Angriffsergebnisse der Stoßgruppe Marwitz am 16. Juni und an den folgenden Tagen enttäuschten, hatte seinen Grund teils in den bereits angeführten Schwierigkeiten des Geländes, teils in der unerwarteten
Stärke des feindlichen Widerstandes. Nach zehntägigem, verlustreichem Vorwärtsstürmen zeigten sich die russischen Truppen doch noch fähig, den Angriff frischer deutscher Stoßdivisionen so weit abzufangen, daß diese sich in zähem Ringen nur allmählich Kilometer um Kilometer vorwärts arbeiten
konnten. Noch geringer waren begreiflicherweife die Ergebnisse der gleichzeitigen und vollends aller späteren Angriffsversuche, die von weniger frischen Divisionen an sonstigen Stellen der Einbruchssront unternommen wurden. Erschwerend trat überall hinzu, daß die Angriffskraft der öfter-
reichifch-ungarifchen Divisionen äußerst gering war. Auch der Gegner hatte das erkannt und verwendete seine Truppen entsprechend. ') S. 316 ff. — -) S. 467 und 469. — -) S. 494.
508
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
Als der Oberbefehlshabers) st am 7. Juli von derObersten
Heeresleitung auf die Gefährdung des Südflügels der Heeresgruppe Prinz Leopold (damals Armee-Gruppe Gronau) durch den Rückzug aus dem Vogen von Czartoryfk hingewiesen wurde, führte er angesichts der Umgruppierung der Gruppe Marwitz zu neuem Angriffs in seiner Antwort aus: „Im übrigen verspreche ich mir von der Offensive Marwitz nicht viel.
Nachdem die ersten Angriffe der Heeresgruppe Linsingen keinen ausschlag-
gebenden Erfolg gebracht hatten und die zeitraubenden Umgruppierungen Platz griffen, hätte ich den vorläufigen Übergang zur Defensive für richtiger gehalten", denn dann wäre es möglich gewesen, mindestens zwei Divi¬ sionen aus der Front zu ziehen und die Gruppe Fath zu stützen, deren
Gefährdung schon seit acht bis zehn Tagen zu erkennen war.
Auch
Generaloberst von Conrad erhob zwei Tage darauf bei der Obersten
Heeresleitung den Vorwurf, daß die Korps Fath und Hauer „ohne zwingenden Grund" einem Mißerfolg ausgesetzt worden seien, wobei er vielleicht auf seine am 18. Juni unter allerdings anderen Verhältnissen gegebene
Anregung zur Zurücknahme dieser Korps') anspielen wollte. Hervorzuheben bleibt die trotz aller Enttäuschungen immer wieder neu erwachende Zuversicht, die das Heeresgruppenkommando L i n s i n g e n beseelte. Es hat dadurch, auch wenn es über das Ziel hinaus¬
schoß, beiden Heeresleitungen ihre Aufgabe erleichtert und auch in den unterstellten Truppen das Vertrauen zum Erfolge gestärkt. Ob allerdings die Maßnahmen, die zuerst zur Beseitigung, dann zum Abdämmen des feittd-
lichen Einbruches und zum Stützen der eigenen Front getroffen wurden, immer die beste Lösung darstellten, kann zweifelhaft scheinen.
c) Neue Rückschläge auf dem Südflügel der österreichisch-ungarischen Front und Bildung der Heeresgruppe Erzherzog Karl. 24.Juni bis 15. Juli. Karte 7, Skizze 28.
24.Juni.
An den südlichen Abschnitten der österreichischungarischen O st front sah es ernst aus. Im Anschluß an die Besprechung in Verlin') hatte Generaloberst von Conrad den südlich von der Heeresgruppe Linsingen stehenden Armeen nochmals unbedingtes Halten ihrer Stellungen zur Pflicht gemacht. Vei der ö.-u. 7. A r m e e,
deren Lage besonders bedrohlich war, durfte der Südflügel keinesfalls weiter als bis auf die Karpaten-Pässe westlich von Dorna Watra und Kirlibaba ') S. 497 f. -) S. 477.
3) S. 492 f.
Österreichisch-ungarischer Südflügel: Ernste Lage der 7. Armee.
509
zurückweichen, damit er dem Feinde den Zugang nach Ungarn und Sieben-
bürgen verwehre; der stärkere Nordflügel sollte seine Stellungen südlich und östlich von Kolomea halten, da nur dann der geplante Stoß von Norden gegen die Verbindungen der Russen wirksam werden könne. Die
österreichische 44. und, ihr folgend, die ö.°u. 59. Infanterie-Division waren im Antransport') zur Armee. Auch General von Falkenhayn war von der überragenden
Bedeutung der Lage aus dem österreichisch-ungarischen Südflügel durchdrungen, seit seine Hoffnung auf weitere wesentliche Angriffserfolge der Heeresgruppe Linsingen im Schwinden war. Alle Kraft sollte zusammengefaßt werden, um die Lage bei der ö.°u. 7. Armee möglichst bald wiederherzustellen, bei Luck der russische Einbruch daher nur noch abgedämmt werden. Während die Heeresgruppe Linsingen auch dann nur
eine Infanterie- und eine Kavallerie-Division und, falls der Angriff bis zum Styr durchdringe, eine weitere Infanterie-Division für verfügbar hielt, erachtete General von Falkenhayn die Abgabe von fechs Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen für möglich, da auf 75Kilometer langer Front von der Lipa-Mündung bis Sokul 13 Infanterie- und vier KavallerieDivisionen eingesetzt seien. Einstweilen bestimmte er am 25. Juni zur W.Ium.
Südarmee zwei deutsche Divisionen, die gerade jetzt durch Entspannung der Lage beim Oberbefehlshaber Ost frei wurden^), die 119. Infanterie- und
I.Reserve-Division.
Deutliche Anzeichen für baldige Wiederaufnahme
des russischen Angriffs gegen die ö.-u. 7. Armee südlich von Kolomea und
bedenkliche Nachrichten aus Bukarest führten aber dazu, daß von den zur Südarmee bestimmten Kräften noch an demselben Tage ein Regiment der vom Balkan anrollenden 195. Infanterie-Division') mit Kraftwagen als
Rückhalt nach Kolomea weitergefahren und tags darauf auch die 119. Infanterie-Divifion dorthin bestimmt wurde. Vom Westen wurden fünf schwere Batterien in Marsch gesetzt. Sogar die Zuführung der 1. ReserveDivision zur ö.-u. 7. Armee wurde erwogen und nur wegen der starken Ve-
legung der Bahnen südlich des Dniester als unausführbar wieder ausgegeben. Währenddessen kam auf dem Südflügel der ö.-u. 7. Armee der 2«.Juni. Rückzug der Gruppe Korda am 26. Juni in den bis gegen 2999 Meter
ansteigenden, fast wegelosen Waldkarpaten bereits vorwärts von Iakobeny und Kirlibaba zum Stehen. Die Hauptmacht der Armee lag mit dem aus Kavallerie gebildeten Südflügel am Nordhang des Gebirges sowie bei Wiznitz und Kuty. Von da verliefen die Stellungen über Zablotow 9 S. 488 Anm. s. 2) e. 519. 3) S. 597.
510
Die Ostfront. — Brussilow-Offensive.
nach Norden zum Dniester, wo sie nördlich von Niezwiska an die der Südarmee anschlössen. Diese etwa 80 Kilometer messende Gesamtfront war von nur fünf') an Kampfkraft sehr geschwächten österreichisch-ungarifchen Infanterie- und vier Kavallerie-Divisionen besetzt. Gegen sie wurde ein Angriff von 4Varus ischenKorpserwartet.Alseram28.Junimitvoller
Kraft einsetzte und vor allem südlich des Pruth sehr schnell Raum gewann, war das Armeekommando in Sorge, daß die Truppen bei der Abwehr des
zahlenmäßig weit überlegenen Gegners doch nichts erreichen, wohl aber ihre letzte Kampfkraft einbüßen würden und damit für die geplante Gegenoffensive ausfielen. Es wollte nach Bedarf noch weiter ausweichen. Damit waren beide Heeresleitungen einverstanden, vorausgesetzt, daß der Anschluß an die Südarmee gewahrt bleibe.
So wurde die ö.-u. 7. Armee bis zum
30. Juni in eine Linie zurückgenommen, die vom Ezeremofz östlich von Zabie, westlich an Kolomea vorbei in die Gegend südlich von Tlumacz
verlief. 27.Juni.
Für die Gegenoffensive hatte General von Falkenhayn am 27.Juni die Bildung einer besonderen „D n ie st er - H e er e s gr upp e"
angeregt, die aus der ö.-u. 7. Armee, einer aus deutschen und österreichischungarischen Verbänden (vor allem deutsche 105. und 119. Infanterie- und 1. Reserve-Division) neu aufzustellenden 12. und der Südarmee bestehen sollte. Da er Generalfeldmarschall von Mackensen angesichts der Haltung Rumäniens jetzt auf dem Balkan für unentbehrlich hielt, schlug er als Oberbefehlshaber der 12. Armee und gleichzeitig der Heeresgruppe den öfterreichifch-ungarischen Thronfolger, bisherigen Kommandanten des ö.-u.
XX.Korps gegen Italien, Feldmarfchalleutnant Erzherzog Karl Franz Joses vor.
Dessen Wahl — so hoffte er — werde die öfter-
reichisch-ungarische Heeresleitung zu größten Leistungen für diesen Frontabschnitt anspornen. Im übrigen bemerkte er in der Anweisung für Generalmajor von Eramon, daß die „sonst unvermeidliche Ernennung eines deut-
schen Oberbefehlshabers möglicherweise ungünstig" auf die Stimmung in maßgebenden österreichisch-ungarischen Kreisen wirken könne. Generalmajor von Geeckt sollte dem Erzherzog-Thronfolger als Generalstabschef zur Seite treten. Der Vorschlag stieß in Teschen insofern auf Bedenken, als man den Thronfolger nicht gern vor eine Aufgabe stellen wollte, die vielleicht Mißerfolg mit sich brachte. Angesichts der bei Ablehnung drohenden Einsetzung eines weiteren deutschen Befehlshabers erklärte sich Generaloberst von Conrad aber doch einverstanden. Das gleichmäßig aus deutl) 51., 24., 30., 42., 21. I. D. und 3., 8., 5., 6. K. D., dazu im Eintreffen österr. 44. I. D. aus Tirol.
österreichisch-ungarischer Südflügel: Bildung der Heeresgruppe Erzherzog Karl. All
schen und österreichisch-ungarischen Offizieren zu bildende neue Heeres' gruppen-Kommando sollte in Chodorow zusammentreten. Die von beiden Heeresleitungen vereinbarte erste Weisung unterstellte ihm vom 4. Juli ab die ö.-u. 7. und die Südarmee und gab das große Ziel, „die feindliche Front in Ostgalizien zu durchstoßen, um sich den Weg gegen Flanke und rückwältige Verbindungen des durch die Bukowina vorgedrungenen Gegners zu öffnen". Weitere operative Weisungen sollten der Heeresgruppe, ebenso wie diese erste, nach vorherigem Einvernehmen der beiden Generalstabs-
chefs durch die österreichisch-ungarische Heeresleitung zugehen. Bevor aber das neue Heeresgruppen-Kommando in Tätigkeit trat, 1
zwang die Lage der ö.-u. 7. Armee zum sofortigen Einsatz der für die künftige 12. Armee in Aussicht genommenen Divisionen, denn schon am I.Iuli wurde die Front westlich von Kolomea abermals eingestoßen und
wich beiderseits des Pruth nach Westen, bis sie westlich von Sadzawka
durch die inzwischen eingetroffene, bewährte österreichische 44. InfanterieDivision „aufgefangen") wurde. Die Armee fchien auseinanderzubrechen. Das an diesem Tage eintreffende Kommando des ö.-u. VIII. Korps,
das den Befehl über die südlich des Pruth stehenden Teile der Gruppe Venigni übernehmen sollte, fand die dortigen Truppen in folchem Zustände, daß der Korpskommandant und sein Chef um Enthebung von dem ihnen zugedachten Kommando baten"). So behielt Feldzeugmeister von Venigni dort auch weiterhin den Befehl. Am Abend des Tages wurde
der Armee auch der Rest der 105. Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Sie sollte zusammen mit der 119. Infanterie-Division am 2. Juli aus der
Gegend von Tlumaez zum Gegenangriff nach Südosten antreten, die öfterreichische 44. Infanterie-Division, verstärkt durch ein Drittel der deutschen 1V5. Infanterie-Division, gleichzeitig südlich des Pruth nach Osten. Diese Angriffe vermochten den Gegner aber nur örtlich zurückzudrücken, obgleich der von Generalleutnant von Kraewel mit % 119/) und % 105. Infanterie-
Division überraschend und aus wirksamer Richtung geführte Stoß im Norden gegen Chozimirz gut vorwärtsgekommen war. Im Süden drückte der Gegner vor allem über Kofmacz vor. Österreichisch-ungarische Kaval-
lerie, die hier die Zugänge zum Iabloniea-Paß und damit nach Ungarn sperrte, wich gegen das obere Pruth-Tal aus. Am 3. Juli zwang erneuter starker Druck des Gegners dazu, auch die vordersten Teile der soeben ein-
treffenden ö.-u. 59. Infanterie-Division zur Stützung der Front einzusetzen. ') Osten-, amtl. Werk, Band IV, S. 564. 2) Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 566 f. 3) % 119. I, D. war bei der Hgr. Prinz Leopold festgehalten worden (S. 520).
Die Ostfront. — Brusstlow-Osfensive.
512
Inzwischen war die S.Reserve-Division bei der Heeresgruppe Prinz Leopold festgehalten worden, um das ö.°u. XII. Korps zu stützen'), und ebenso die 1. Reserve-Division bei der Südarmee^), da jetzt auch dort ein ernster russischer Angriff unmittelbar bevorzustehen schien. So waren am
Vorabend des Zusammentritts der „Heeresgruppe Erzherzog Karl" die zu ihrer 12.Armee bestimmten Verbände bereits sämtlich fest-
gelegt. Der starke russische Druck verhinderte die geplante Massenbildung zum Gegenangriff am Dniester.
Gleichzeitig aber war die Lage an der Westfront und an der gegen Italien derart gespannt, daß einstweilen weder General von Falkenhayn noch Generaloberst von Conrad weitere Kräfte
frei machen konnten. 4. bis?. Iu«.
Am 4. Juli schien sich die Front der ö.-u. 7. Armee zu festigen; am
Nordflügel konnte die Gruppe Kraewel, verstärkt durch österreichisch-ungarische Truppen, sogar noch etwas Gelände gewinnen.
Am 5. Juli aber
wurde auch sie in die Abwehr gedrängt, während die Mitte der Armee vor neuen russischen Anstürmen in der Richtung auf Delatyn abermals zurückwich. Am 7. Juli kam die Front in der Linie Delatyn—Ehozimirz und nördlich zum Stehen. Am Dniester bestand Anschluß an den inzwischen eben-
falls zurückgedrängten rechten Flügel der Südarmee'). Ohne Verstärkungen schien aber auch das Halten der jetzigen Stellung nicht gewährleistet. 80 000 Gefangene, 84 Geschütze und 272Maschinengewehre gab der Gegner als Beute der bisherigen Kämpfe im Räume von Kolomea an, denen allerdings auch ein russischer Verlust von 70 000 Mann gegenüberstand, s. bis Sorge bereitete in den nächsten Tagen der Druck des Feindes gegen is. Zu«, ^ £)j)ere Pxuth-Tal bei Delatyn, das er am 8. Juli besetzte, und bei Tar-
tarow; er wollte offensichtlich die zum Iablonica-Paß führende Straße in die Hand bekommen. Andererseits versuchte Generaloberst von Pflanzer
schon seit dem 6. Juli, durch Vorstöße seiner in den Karpaten stehenden Truppen auf den Gegner einzuwirken. Das brachte einige Teilerfolge im Gebirge, blieb jedoch auf die Gesamtlage ohne Einfluß. Mehr und mehr drängte sich der Entschluß auf, der räumlichen Trennung der beiden Flügelgruppen der ö.-u. 7. Armee durch R eu g l i ed e ru n g der Befehls-
Verhältnisse Rechnung zu tragen. Auf Antrag der Heeresgruppe Erzherzog Karl wurde am 15.Juli angeordnet, daß Generaloberst von Pflanzer mit dem 7. Armeekommando die südliche Gruppe seiner bisherigen Armee (XI. Korps, Kavalleriekorps des Feldmarschalleutnants 1) 6.521. 2) 6.513. ->) Anschluß an 6.465 und 479 ff.
ssterreichisch-ungarischer Südflügel: Teilung der 7. Armee. Südarmee.
5IZ
Ritter von Brudermann, aus Tirol anrollende ö.-u. 34. Infanterie-Division
und Paßsicherungen in den Karpaten) und den Grenzschutz in Siebenbürgen übernehmen sollte, während die nördliche Gruppe (VIII. Korps und die nördlich anschließenden Truppen bis zum Dniester, dabei die deutsche Gruppe Kraewel) als neue ö.-u. 3. Armee dem aus Tirol anrollenden
Z. Armeekommando,
Generaloberst Köveß von Köveßhäza, unterstellt
wurde.
Die S ü d a r m e e') hatte bisher alle russischen Angriffe aus eigener u m Kraft im wesentlichen abgeschlagen, allerdings — wie General Graf Both- 7*3uti' mer bereits am 16. Juni der Obersten Heeresleitung gemeldet hatte — unter
starker Abnutzung der einzigen deutschen Truppe, der 48. Reserve-Division. Sie zählte 13 Bataillone und elf Batterien (davon vier schwere), die nach Bedarf an besonders bedrohten Frontstellen, vor allem als Eingreiftruppen verwendet worden waren. Im ganzen schienen den elf Infanterie-Divi¬
sionen") der Armee Ende Juni etwa zwölf russische gegenüberzustehen. Auf dem Nordflügel trug ein am 1. Juli bei Worobijowka an der Bahn nach
Tarnopol errungener örtlicher Angriffserfolg zur Festigung der Lage bei. Weiter südlich, an der Bahn nach Buczaez, setzte am 4. Juli der er-
wartete starke russische Angriff ein. Er sührte beiderseits von Barysz auf zehn Kilometer Breite zu Einbrüchen in die Front, die jedoch durch Gegenstöße großenteils wieder ausgeglichen werden konnten. Am folgenden Tage aber gab die Front vom Dniester bis nördlich der Bahn Monasterzyska—
Buczaez nach, so daß die Verteidigung in der Nacht zum 6. Juli sechs Kilometer in eine vorbereitete Stellung hinter den Koropiee zurückgenommen wurde. Am diese zu stützen, mußten aber auch schon Teile der inzwischen bei Podhajce eingetroffenen, zur 12. Armee bestimmten 1. Reserve-Division
(zwölf Bataillone, neun Batterien) eingesetzt werden. Der russische Heeresbericht meldete als Ergebnis der beiden ersten Angriffstage 10000 Gefangene.
Der Gesamtverlust betrug etwa 13 000 Mann. Drei
Infanterie-Regimenter der ö.-u. 39. Infanterie-Division zählten zusammen nur noch 1100 Gewehre. Im Kriegstagebuch des Oberkommandos wurde auf die Schwierigkeit der Lage hingewiesen, bei der es nicht ausbleiben könne, „daß mit den wenigen zur Hand befindlichen Reserven nur ein
Flickwerk entstehen kann; jeder kleine Brand muß sofort gelöscht werden, und zwar scheint dies nur mehr möglich durch den Einsatz deutscher
Truppen". ') S. 481. 2) Vom rechten Flügel ö.-u. XIII. und VI. Korps, deutsche 48. R. D., ö.-u. Korps
Hosmann und IX. Korps. Weltlrieg.
X.Band.
qq
514
Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive.
8. bis Allmählich festigte sich die Lage aber doch. Allerdings mußte dazu die 15. Zu«, i c^efexpe-Division nach und nach ganz in der Riegelstellung eingesetzt
werden, die östlich und nordöstlich von Monasterzyska die Verbindung zu dem noch gehaltenen Teile der früheren Stellung bildete. Die Verteidigungsabschnitte der österreichisch-ungarischen Divisionen wurden ihren zusammengeschmolzenen Stärken entsprechend verkürzt. Neue Angriffe der Russen, die sich am 12.und 13. Juli gegen den zwischen dem Koropiee und der Strypa liegenden Frontteil richteten, wurden vor allem von der l.Re-
serve-Division unter Generalmajor Zietlow abgewiesen. 1200 tote Russen blieben hier auf dem Gefechtsfelde').
Dann trat Ruhe ein; nur in den
Karpaten nahmen operativ bedeutungslose Plänkeleien ihren Fortgang. 6) Fortgang der Kämpfe an der österreichisch-ungarischen Front bis zum 27.Juli. Karte 7, Skizzen 27 und 30.
Bis 2i. J»u.
Während bei der Heeresgruppe
Erzherzog Karl die
Kampftätigkeit bis auf einen fast ununterbrochenen Kleinkrieg des rechten Flügels der ö.-u. 7. Armee in den Karpaten ruhte, kam es weiter nördlich zu neuen verlustreichen Kämpfen. Bei der Heeresgruppe Linsingen^) hatte General von der
Marwitz nach den Erfahrungen des 16.Juli seine Hauptkräfte nördlich der Lipa westwärts zurückgenommen, um weiterem Vordringen der Russen in dieser Richtung einen Riegel vorzuschieben. Das war nur möglich gewesen durch Schwächung der Besatzung an der 16 Kilometer messenden, nach Norden gerichteten Lipa-Front. An ihr stand nunmehr nur noch die ö.-u. 7. Infanterie-Division, die zur ö.-u. 1. Armee trat. Die Gesamtstellung dieser Armee bildete damit an der Lipa-Mündung einen vorsprin-
genden Winkel; von hier verlies sie hinter dem Styr und dann, der galizischen Ostgrenze folgend, nach Süden bis zur Eisenbahn östlich von Vrody. Dieser etwa 40 Kilometer messende, von Natur wie durch den Ausbau starke Teil der Stellung war von nur 2% Divisionen besetzt. Als sich gegen die Styr—Lipa-Ecke am 18. Juli ein neuer russischer Angriff vorzubereiten schien, bot daher Generaloberst von Linsingen der ö.-u. 1. Armee die bei
der Gruppe Marwitz in Reserve stehende ö.-u. 48. Infanterie-Division an. Generaloberst von Puhallo lehnte das Angebot aber ab, da er mit den
eigenen Kräften auszukommen glaubte. Erst auf Drängen der österreichichungarischen Heeresleitung bat er am 20. Juli doch um Zuführung der -) Ssterr. amtl. Werk, Band IV,
538
Die Ostfront. — Verlegung des russischen Schwerpunktes.
E. Endgültige Verlegung des russischen Schwerpunktes an die Güdrveftfront. J. Absichten der russischen Führung^). Karte 7.
Ms
Die Aussichtslosigkeit des Angriffs der Westfront bei Baranowicze')
Mitte Zu«. ^ j)er
der Südwestfront gegen den Styr-Bogen von Ezartorysk')
hatten die russische Oberste Heeresleitung am 9.Juli zu dem
entscheidenden Entschluß veranlaßt, die bis dahin hinter der Westfront bereit gehaltenen Garden an die Südwestfront in den Raum von Luck zu
verschieben. Das bedeutete endgültigen Verzicht auf den Hauptangriff der Westfront, die künftig — ebenso wie schon bisher die Nordfront — nur
noch Nebenunternehmungen ausführen sollte. Der Schwerpunkt der Offensive wurde an den Nordflügel der Südwest front verlegt, die den Hauptstoß nunmehr über Kowel in den Rücken von Pinsk
zu führen hatte. Als großes operatives Ziel schwebte der russischen Führung der Durchbruch auf der Naht zwischen dem deutschen und dem öfterreichisch-ungarischen Teil der Front vor. Daneben galt es, Rumänien mit¬ zureißen, mit dem man über den Abschluß einer Militärkonvention ver-
handelte^). Die bisherigen Kämpfe hatten den Armeen der S ü d w e st f r o n t
schwere Verluste gekostet. Sie betrugen vom 28. Mai bis 13. Juli: 498000 Mann, davon 60 000 Vermißte. General Vrussilow beabsichtigte am 14. Juli mit der 3., 8. und 11. Armee den Angriff wiederaufzunehmen. Gleichzeitig sollte starke Kavallerie zur Erweiterung des soeben am Styr errungenen Erfolges über den Stochod, wo im wesentlichen nur Kavallerie
gegenüberstand, auf Kamjen-Koszyrski nachstoßen. Unerwarteter Widerstand an diesem Fluß und Meldungen der 3. und 8. Armee, die mehr Zeit
für ihre Angriffsvorbereitungen erbaten, gaben Anlaß, deren Angriff auf den 20. Juli zu verschieben, um das Eintreffen der Garden abzuwarten. Unter
ihrem Befehlshaber, General der Kavallerie Vesobrasow, sollte eine „Besondere Armee" gebildet werden, die den entscheidenden Stoß längs ») 2) 3) 4)
Anschluß an S. 494 ff. S. 520 ff.
6.500 ff. 6.549. Näheres hierüber wird Band XI enthalten.
Cntscheidungsuchender Angriff der russischen Südwestfront.
539
bcr Eisenbahn und Straße Voguszowka—Kowel zu führen hatte. Als dann aber örtliche Erkundung ergab, daß im Angriffsraume der Besonderen Armee die Sumpfniederung des Stochod große Schwierigkeiten bereiten und ein Ausholen nach Süden bis über Solotwin nötig machen werde, ent-
schloß sich General Vrussilow, auch nördlich von Pinsk einen starken Angriff anzusetzen. Der Nordflügel der Z.Armee sollte bei Osaritschi über den Oginski-Kanal und weiter über die Iasjolda in den Rücken von Pinsk vorgehen, die Armee dazu durch zwei weitere von der Westfront kommende Korps (III. Korps und IV. sibirisches Korps) verstärkt werden. Damit ergab sich ein von Nord und Süd gegen den Raum Pinsk—Kowel angesetzter Zangenangriff. Der Angriffsbeginn wurde auf den 23. Juli verschoben. Inzwischen aber hatte die 11. Armee unter General Sacharow, verstärkt durch noch zwei weitere Korps (V. von der Westfront und V. sibirisches von der 8. Armee), bereits am 16. Juli den Gegenangriff gegen die Gruppe Marwitz nördlich der Lipa begonnen und bis zum 21. Juli diese Gruppe und die ö.-u. 1. Armee zum Ausweichen genötigt'). Im Rahmen der weiteren Operationen sollte sie aber nur noch „soweit möglich" in der
Richtung auf Vrody angreifen; ihre Aufgabe war erfüllt, wenn es gelang, den Gegner vor der eigenen Front zu fesseln. Die 7. und 9. Armee sollten
die Offensive in der bisherigen Richtung, also mit der Hauptmacht längs des Dniester auf Halicz und Stanislau fortsetzen. Am 22. Juli, dem Vortage des festgesetzten Angriffsbeginns, bat die 22. Juli,
zum Hauptstoß bestimmte Besondere Armee um Aufschub. General Vesobrasow wollte das Ende des gerade herrschenden Regenwetters und das
vollständige Eintreffen der Artillerie-Munition abwarten und wünschte auch Erweiterung seines Angriffsabschnittes nach Süden. Daraus ergab sich eine abermalige Verschiebung des Angriffsbeginns um fünf Tage bis zum
28. Juli. Währenddessen ließ die Oberste Heeresleitung auch noch das I. sibirische Korps der Westfront als Verstärkung nach Süden abgehen, um es der Besonderen Armee als Reserve nachzuführen. Damit war die russische S ü d w e st f r 0 n t für den Angriff,
vom rechten Flügel beginnend, gegliedert, wie es umstehende Übersicht ver-
anschaulicht. Als Einleitung für den Hauptangriff begann die 11. Armee am 25. Juli mit dem Vorgehen gegen die öfterreichifch-ungarischen Stellungen 2s. bis 28. zu«
nördlich von Vrody.
Am 28. folgte der Angriff der drei nördlich
anschließenden Armeen, der die Entscheidung bringen sollte. ') S. 505 f. und 514 s.
540
Die Ostfront. — Verlegung des russischen" Schwerpunktes.
Frontbreite
Inf. Div.
Kav. Div.
Gewehre
km
3. Armee
Gegner nach russischer
Schätzung (Gewehre)
200
13
7
4. Kav. K., Zusges. K., XXXXVI., I. turk.) Besondere Armee (XXX., I., I. G., II. G., G. Kav. K.)
40
8
3
8. Armee
42
8
3
110
12V.
90
225
(IV. sib., XXXI., III.,
>
247 000
114 000
3
163 000
131000
12
2
157 000
87 000
13
5
144 000
89 000
23
711000
421000
(XXXIX., XXIII., xxxx., VIII.) 11. Armee
(V., XXXXV., V. sib., XXXII., XVII., VII.) 7. Armee
(VI., XVIII., XXII., XVI., II., 2. Kav. K.) 9. Armee
(XXXIII., XXXXI., XII., XI., 3.Kav.K.) zusammen
66V-
ferner im Anrollen
) 2) 3) 4)
S. 522. S. 528 f. S. 515. S. 547.
542
Die Ostfront. — Verlegung des russischen Schwerpunktes.
Fliegermeldungen wiesen auf Angriffsvorbereitungen vor den Gruppen Marwitz und Vernhardi hin. Am 27. Juli sagten Überläufer aus, daß der russische Angriff am nächsten Tage beginnen werde. Das Heeresgruppenkommando traute dieser Nachricht aber nicht, schloß vielmehr aus den sonst vorliegenden Meldungen, daß der Gegner mit seinen Vorbereitungen noch
nicht fertig sei. 28. zu«.
So war es doch eine Überraschung, als der feindliche Angriff am
28. Juli früh tatsächlich einsetzte. Zu dieser Zeit stand die Heeresgruppe, vom rechten Flügel anfangend, wie folgt zur Abwehr bereit:
Armee-Gruppe Marwitz: Gruppe Dieffenbach mit ö.-u. 46., V2 33., 48. und deutscher 22. Infanterie-Division (diese auf die Front verteilt) südlich der Lipa. Gruppe Falkenhayn mit ö.-u. 7.Infanterie-Division (dabei % ö.°u. 4. Kavallerie-Division), deutscher 43. Reserve- und % 22. Infanterie-Division (Abteilung Wickede) nördlich der Lipa bis südlich von Pustomyty^). Gruppe des Generalleutnants Beckmann mit 108.Infanterie-Division und ö.-u. Kavallerie-Korps Leonhardi westlich von Pustomyty. Ö.-u. 4. Armee mit Korps Szurmay (ö.-u. 10.Kavallerie-, ö.-u. 11. und ungarische 70. Infanterie-Division) und ö.-u. X. Korps (ö.-u. 13., 2. und 37. Infanterie-Division) nördlich von Pustomyty bis Zaturce. Dahinter war Vk 10. Landwehr-Division im Eintreffen.
Gruppe Lüttwitz mit deutschem X.Korps (20. und 19.InfanterieDivision) und ö.-u. 29. Infanterie-Division vorwärts des oberen
Stochod in den im Angriff erkämpften Stellungen, hinter dem Fluß 121. Infanterie-Division
und
% 37. Infanterie - Brigade des
X. Korps. Armee-Gruppe Vernhardi mit Division Rusche beiderseits der Bahn nach Rowno, 107. Infanterie-Division, ö.-u. II. Korps (41. und 4. Infanterie-Division), dahinter ^ 86. Infanterie-Division, in der bis gegen Kaszowka vorspringenden Stellung im Stochod-Knie; die kürzere Sehnenstellung Porsk—Sitowieze war noch nicht fertig. KorpsFath nördlich von Sitowieze hinter dem versumpften StochodLauf, mit Abschnitt des Generalleutnants von Kneußl (Polnische Legion, österreichische 26. und 45. Infanterie-Division; dahinter zum Teil bereits eingesetzt, 11. bayerische Infanterie-Division) und Abschnitt des Generalleutnants Clausius (ö.-u. 53.Infanterie-Divi¬ sion und Division Clausius). ') Die ung. 61. Inf. Div. war zur Erholung zurückgezogen.
Großangriff gegen die Heeresgruppe Linsingen,
Kavalleriekorps
Hauer
543
mit ö.°u. 1., 9. und bayerischer
Kavallerie-Division hinter dem Stochod. Armee-Gruppe Gronau mit 9.Kavallerie-Division, 82. ReserveDivision, 5. und Garde-Kavallerie-Division, 81. Reserve-Division beiderseits des Pripjet bis Osaritschi nördlich von Pinsk. Insgesamt zählte die Heeresgruppe 17% Infanterie-Divisionen gegen 25 fast doppelt so starke des Angreifers. Aber sie hatte 164 schwere Geschütze, der Gegner nur etwa halb so viel.
An Fliegern verfügte sie über ein
Kampfgeschwader, fünf Feld-Flieger-Abteilungen und drei österreichisch-
ungarische Flieger-Kompagnien. Nach kurzer Artillerievorbereitung griffen am Morgen des 28. Juli drei russische Infanterie-Divifionen und Kavallerie') die ö. - u. 4. Armee
an, warfen sie auf der ganzen Front aus ihren Stellungen und bis Szelwow, etwa fünf Kilometer, zurück. 15 000 Mann, 45Geschütze und 90 Maschinen¬
gewehre gingen verloren. Cs hatte sich erneut gezeigt, daß „der Gefechtswert der Infanterie, namentlich der ruthenifchen Regimenter, sehr gering war und der soldatische Geist der Streiter keine stärkere Belastung mehr vertrug"'). Fast ebenso ernst wie bei der ö.-u. 4. Armee war aber der Einbruch des Gegners bei der G r u p p e L ü t t w i tz. Hier hatte er seine besten und
zahlreichsten Kräfte, im ganzen acht Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen'), darunter die Garden, angesetzt. Rur die 20. Infanterie-Divifion unter Generalleutnant von Schöler konnte alle Angriffe abschlagen. Bei der 19. Infanterie-Division des Generalleutnants von Schmettau brach das russische II. Gardekorps in entscheidender Weise in die Stellung eines die Mitte bildenden zugeteilten österreichisch-ungarischen Regiments ein"). 1) 14.3. D., 2.und 4. Schütz. Div.; 5. Kav.-Korps mit zwei Divisionen. 2) Osterr, amtl. Werk, Band V, S. 141 f. 8) I.G.K. (1. und 2.G. I. D.). II. G.K. (G.Sch.D., Z.G.I.D.), XXXIX.K. (102. und 125.3.®.), XXIII. K. (20. und 53.3.®.), G. K. K. in Reserve. 4) Nach dem österr. amtl. Werk wäre der erste Einbruch links vom öfter-
rcichischen Regiment bei einem deutschen Rekruten-Bataillon erfolgt. Das öfterrcichische Regiment, das „dem Stirnangriff standhaft getrotzt hatte", sei dann von Norden her ausgerollt worden Das rechts (südlich) anschließende deutsche 3nf. Regt. 91 habe, um dem gleichen Schicksal zu entgehen, seine Stellung rechtzeitig geräumt und sei hinter den Stochod zurückgegangen. Vom österreichischen Regiment „entrannen nur kärgliche Trümmer". — Diese Darstellung entspricht einer Ausfassung, die sich
zunächst auch auf deutscher Seite gebildet hatte, aber nach genauer Prüfung doch nicht stichhaltig erscheint. Der Haupteinbruch ist unabhängig von den Ereignissen beim deutschen Rekruten-Bataillon auf dem rechten Flügel des österreichischungarischen Regiments erfolgt, dessen Stellung in der Mitte eine scharf vorspringende Ecke bildete. Das deutsche Rekruten-Bataillon ist von Süden her im Rücken gefaßt worden, bevor es in der Front nachgab.
544
Die Ostfront. — Verlegung des russischen Schwerpunktes.
Stärkere Reserven, um die Lage wiederherzustellen, waren vorwärts des
Stochod nicht zur Hand. So veranlasse der russische Einbruch im Laufe des Nachmittags den Südflügel der Division zum Ausweichen hinter den Stochod. Auch drangen Teile des russischen I. Gardekorps am linken Flügel der ö.-u. 29. Infanterie-Division ein. Abends befahl Generalleutnant von Lüttwitz für alle bisher noch vorwärts des Stochod befindlichen Teile den Rück-
zug hinter den Fluß. Seine Gruppe stand damit wieder in derselben Linie, aus der sie am 16. Juni zum Gegenangriff angetreten war. Ihre deutschen
Truppen hatten 2700 Mann und zwei Batterien verloren. Gegen die Armee-Gruppe Vernhardi unternahm der Gegner nur schwächere Angriffe. Dabei ging im Stochod-Knie südlich von Kaszowka die am
weitesten vorspringende Nase der Stellung verloren. Noch geringer blieb die Kampftätigkeit an den nördlich anschließenden Abschnitten. 29.1«n. Am 29. Juli setzte der Gegner seine Bemühungen nur mit verminderter Kraft und ohne wesentliche Ergebnisse fort. Auf dem rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee wurde nach den Erfahrungen des Vortages aus der 108. InfanterieDivision und dem Korps Szurmay eine neue Gruppe unter General Lih-
mann gebildet. In die Front der Gruppe Lüttwitz wurde die 121. InfanterieDivision eingeschoben und auch die bisher weiter nördlich bereitgestellte 86. Infanterie-Division hinter diesen offensichtlich am stärksten bedrohten Abschnitt herangezogen. Bei der Armee-Gruppe Vernhardi warfen an diesem Tage heftige feindliche Angriffe das ö.-u. II. Korps unter ernsten Verlusten zurück. General von Vernhardi sah sich genötigt, die immer wieder hinaus-
geschobene Zurücknahme der Front in die Sehnenstellung Porsk—Sitowieze zu befehlen. Veim Korps Fath wurden russische Anstürme beiderseits der Eisenbahn vor allem durch Teile der 11. bayerischen Infanterie-Division abgewiesen. Die Anzeichen für Angriffe gegen den Südflügel der A r m e e -
Gruppe Gronau, wobei der Gegner den Nachschub auf dem Wasierwege vorzubereiten schien, mehrten sich und gaben Veranlassung, die wegen der bedrohlichen Lage bei Brody') inzwischen statt zur ö.-u. 4. zur ö.-u. 2. Armee bestimmte 10. Landwehr-Division von Brest nach Osten abzu-
drehen. zo. Inn.
Am 30. Juli dehnte der Gegner seine Angriffe weiter nach Süden bis auf die Armee-Gruppe Marwitz aus, hatte aber hier ebensowenig wie an den übrigen Frontabschnitten Erfolg; bei Zwiniaeze ließ er an 2000 Tote vor der Front liegen. Bei der Gruppe Vernhardi fühlte er gegen die neuen Stellungen des ö.-u. II. Korps nur langsam vor. Am schwersten waren die Kämpfe beim Korps Fath, wo die russische 3. Armee vor allem an der -) S. 516.
Erfolgreiche Abwehr bei der Heeresgruppe Linsingen.
545
Eisenbahn und gegen Stobychwa stark vorwärtsdrängte. Endgültiger Erfolg blieb ihr aber versagt. Dem Korps Fath, besonders seiner ö.-u. 26. In-
fanterie-Division, konnte Generaloberst von Linsingen für ihre Haltung in den Krisen der letzten Tage seine volle Anerkennung aussprechen. Südlich von Newel und am Oginski-Kanal brachen das russische III. und das IV. sibirische Korps zu dem erwarteten Angriff gegen die Armee-Gruppe Gronau vor. Sie wurden abgewiesen, am Oginski-Kanal, ohne etwas erreicht zu haben, unter schweren Verlusten. Die der Armee-Gruppe in der Stunde der Gefahr zugeleitete 10. Landwehr-Division war damit wieder ganz für andere
Verwendung frei. An den bisherigen Angriffen schien sich das russische I. Gardekorps nur Zi. Zu« und
verhältnismäßig wenig beteiligt zu haben. Es lag dem Stochod-Abschnitt '-August. Solotwin—Voguszowka gegenüber. Die Heeresgruppe rechnete deswegen vor allem mit der Möglichkeit weiterer Vorstöße an dieser Stelle und ver-
teilte danach ihre Reserven. Der Feind hatte daher keinen Erfolg, wohl aber schwere Verluste, als er seine Angriffe gegen die Gruppen Lüttwitz und Vernhardi am 31. Juli fortsetzte. Sein stärkster Ansturm brach jedoch erst am 1. August los und richtete sich vor allem gegen die 121. Infanterie-Divi-
sion der Gruppe Lüttwitz, die unter Generalmajor von Ditfurth den StochodAbschnitt von Wiktorowka und nördlich verteidigte. Sie brachte den hier
sechsmal anstürmenden russischen Garden abermals sehr schwere Verluste bei. An demselben Tage wies auch die Gruppe Vernhardi alle Angriffe des russischen I. Gardekorps ab.
Die Lage war aber vorübergehend doch als ernst
angesehen worden. Das Heeresgruppenkommando führte alle irgendwie verfügbaren Kräfte den angegriffenen Abschnitten zu. An die Unterführer ergingen Weisungen, die das Verhalten bei russischem Einbruch regelten. Wenn sofortiger Gegenstoß der örtlichen Reserven nicht zum Ziele führe, sei der Gegenangriff erst nach Heranführung neuer Kräfte und gründlicher Artillerievorbereitung zu führen. Dem Oberbefehlshaber Ost, der an diesem Tage den Befehl übernahm'), wurde gemeldet, daß weitere
Unterstützung nötig sei, wenn Kowel unbedingt gehalten werden solle. Generalfeldmarschall von Hindenburg ließ daraufhin als erste Hilfe ein Infanterie-Regiment nebst Artillerie in Brest verladen, das bereits am 2.August bei Lubitow eintraf. Weitere Kräfte, von der 75. Reserve-
Division^), sollten folgen. Aber der Feind hielt Ruhe. Seine Kraft schien erschöpft. Nach Gefangenenaussagen waren neue Angriffe erst am 7. August zu erwarten. Als der Oberbefehlshaber Ost am 2. August in Kowel eintraf, z. August, sah das Heeresgruppenkommando die Lage bereits wieder durchaus zuversichtlich an. ') S, 533. — -) S. 534 und 536. WelUrieg. X.Band.
35
54a
z. August.
Die Ostfront. —
Verlegung des russischen Schwerpunktes.
Wider Erwarten brachte der 3. August einen neuen Angriff der
Russen gegen die Gruppe Bernhardt. Der Gegner drang auf etwa zwei Kilometer Breite in die Stellungen des ö.-u. II. Korps südlich von Sitowieze ein, wurde aber bald wieder vertrieben. Im Kriegstagebuch der Heeresgruppe steht an diesem Tage unter „Beurteilung der Lage" nur das eine Wort „Pulverfaß!". Doch vergingen die nächsten Tage in Ruhe. Der russische Hauptangriff war abgeschlagen, wenn auch mit seiner Wiederholung gerechnet wurde. Die Luftstreitkräfte, vor allem das Kampfgeschwader 2, das 42 Tonnen Bomben auf Truppenbefehlsstellen und Aus-
ladebahnhöfe abwarf, hatten zum Erfolge beigetragen. d) Die Abwehrkämpfe der ö.-u. 2. Armee und der Heeresgruppe Erzherzog Karl. Skizze 32.
W. I«it bis 6. August.
Generaloberst von Voehm, der Oberbefehlshaber der ö.-u. 2. Armee'), die Lage nach dem Verlust von Vrody und der Zurücknahme seines
rechten Flügels hinter den Seret als äußerst gefährdet angesehen.
Cr
fürchtete, dem Drucke der russischen 11. Armee zu erliegen, und hielt Lemberg für ernstlich bedroht. Von dem Vorhaben, die Räumung der Stadt vorzubereiten, wurde er nur durch das Eingreifen der österreichisch-
ungarischenHeeresleitung abgebracht. Am 4. August, dem Tage nach dem Besuch des Generalseldmarschalls von Hindenburg in Lembergs, ging der Feind an der Bahn Vrody—Lemberg gegen den linken Flügel der Armee vor, dann verlegte er den Schwerpunkt seines Angriffs gegen den rechten Flügel, wo er am 5. August bei Zalozee mit Nachdruck über den
Seret vorstieß und die Front westwärts zurückdrängte.
Der Anschluß zur
Südarmee konnte aber einstweilen noch an der bisherigen Stelle gehalten werden. Ging er verloren, so entstand auch für den Nordflügel der Heeres-
gruppe Erzherzog Karl eine ernste Gefahr. Inzwischen sorgte der Ober-
befehlshaber Ost dafür, daß Generaloberst von Voehm, der bis jetzt über keinerlei deutsche Truppen verfügte, zur Stärkung der Widerstandskraft zunächst in aller Eile ein Infanterie-Regiment nebst Artillerie, dann die 197. und ihr folgend der Anfang der 195. Infanterie-Division zugeführt wurden^). Diese beiden Divisionen traten unter den Befehl des Kommandierenden Generals des I. Armeekorps*), General der Infanterie von Eben, um nach beendetem Antransport geschlossen zur Wiedergewinnung der Seret-
Stellung eingesetzt zu werden. i) Anschluß an S. 516. — -) S. 534. — 3) S. 536. — 4) S. 534, Anm. 2.
Cinschub deutscher Verstärkungen.
547
Südlich der ö.-u. 2. Armee stand die Heeresgruppe Erzherzog Karl') mit Generalmajor von Geeckt als Generalstabschef wie bisher in weitgedehnter Front^). Die Absicht, am Dniester zum Gegenangriff zu schreiten, die ihrer Bildung zugrunde gelegen hatte, war bereits am 23. Juli
auf unbestimmte Zeit verschoben worden'), als sich herausstellte, daß die dazu erforderlichen deutschen Verstärkungen angesichts des Bedarfs anderer Frontabschnitte nicht zu haben sein würden. Die 105. und 119. Infanterie- und die I.Reserve-Division hatten in den Abwehrkampf geworfen werden müssen, die 121. Infanterie-Division war zur Heeresgruppe Linsingen, die 5. Reserve-
Division zur Heeresgruppe Prinz Leopold abgedreht worden. Auch die im Norden eben durch die ö.-u. 24. Infanterie-Division frei gemachte 10. Landwehr-Division wurde anderweitig gebraucht. So rollte der Heeresgruppe des Erzherzogs außer deutschen Landsturm-Bataillonen, die aber wegen ihrer mangelhaften Bewaffnung und Ausrüstung zunächst gar nicht an der Front eingesetzt werden konnten, nur eine schwache Brigade des Alpenkorps zu, die durch Verstärkung zu einer Division, dem „Karpatenkorps" (spätere 200. Infanterie-Division), ausgestaltet wurde. Diese Gebirgstruppe war für die ö.-u. 7. Armee bestimmt, wo es zu verhindern galt, daß der Gegner über die Karpaten nach Ungarn eindrang oder in unmittelbarer Nachbarschaft der rumänischen Grenze weitere Fortschritte machte. Inzwischen nahmen beiderseits des Dniester die russische 7. und S.Armee am 28. Juli, gleichzeitig mit dem Beginn der großen Offensive gegen die Heeresgruppe Linsingen, den Angriff wieder auf. Nördlich des Flusses suchte die 7. Armee mit vier Divisionen zwischen diesem und Monasterzyska gegen den rechten Flügel der Deutschen Südarmee i) Anschluß an 6.510 ff. — Der Erzherzog wurde am 1. August zum General
der Kavallerie befördert.
*) Gliederung der Heeresgruppe Erzherzog Karl (ö.°u. 12.Armee¬ kommando) Ende Juli 1916 vom rechten Flügel: ö.-u. 7. Armee : Gen. Ob. von Pflanzer mit XI.Korps (40. I. D. und zwei
selbst. Brigaden), Kav.-Gruppe des Feldmlts. von Brudermann, (3. K. D. und eine Infanterie-Brigade), Gruppe des Feldmlts. Rudolf Kraust (34. I. D. und eine Vrigade), deutschem Karpatenkorps (200. I. D.) und ö.-u. 8. K. D. Ö.-u. 3. Armee: Gen. Ob. von Köveß mit VIII.Korps (59., 44., 5. I.D.), I. Korps (30., 42. J. D.), Gruppe des Feldmlts. von Hadsy (21. I. D., 5. K. D.) und
deutscher Gruppe Kraewel (ö.-u.6.K.D., deutscher 119., 105. I.D.). Deutsche Südarmee: Gen. d. Inf. Gras Bothmer mit ö.-u. XIII.Korps ) e. 60i. -) 199. und 10. bayer. I. D. (S. 553).
Oberbefehlshaber Ost und Oberste Heeresleitung.
559
haben, um aus der Ihnen unterstellten Front noch Verbände für die genannte Heersgruppe frei zu machen." Cr bitte um Mitteilung des in dieser Richtung Veranlaßten. Der Oberbefehlshaber Ost betonte daraufhin am 12. August >2. August,
nochmals, das er es einstweilen nicht für möglich halte, über die schon geleisteten Abgaben hinauszugehen. Als dann nachmittags der zur ö.-u. 2. Armee entsandte Major von Bockelberg seine überaus ernsten Eindrücke von den letzten Kämpfen am Südflügel dieser Armee persönlich vortrug,
wandte sich der Generalfeldmarschall unter Berufung auf diesen Bericht nochmals an den Kaiser: „Die bisher für den Südosten zur Verfügung gestellten Truppen werden nicht ausreichen, die Lage zu halten, geschweige denn sie wiederherzustellen. Die Entscheidung über den Ausgang des Krieges liegt jetzt im Südosten. Ich wage Euerer Majestät gegenüber als treuer Diener diese Ansicht auszusprechen, wenn sie auch Angelegenheiten betrifft, die über meinen Befehlsbereich hinausgehen." Die Lage ver-
schärfte sich noch dadurch, daß Generaloberst von Conrad jetzt öfterreichisch-ungarische Kräfte aus dem Bereiche des Oberbefehlshabers Ost zurückforderte, um am Isonzo halten zu können'). Vergeblich wandte sich General von Falkenhayn dieserhalb an den Oberbefehlshaber Ost. Dann kam er mit Generaloberst von Conrad überein, daß die Heeresgruppe
Erzherzog Karl eine Division^) abgeben und dafür voraussichtlich demnächst die 117. Infanterie-Division^) aus dem Westen erhalten solle. Die Nachrichten ,4. August, über Rumänien lauteten jetzt allerdings wieder etwas günstiger; es schien
doch noch nicht sofort losschlagen zu wollen. General von Falkenhayn meinte, daß es wohl bis nach der Ernte, also bis Oktober, warten werde'). Über die Schwierigkeiten der Gesamtlage im Osten wie über die Notwendigkeit von Verstärkungen war er trotzdem nicht im Zweifel. Cr nahm daher für den 15. August die Rückkehr vom Westen nach Pletz in Aussicht. Der Oberbefehlshaber Ost stand unterdessen mit der öfterreichisch-ungarischen Heeresleitung und der Heeresgruppe Erzherzog Karl in dauerndem Gedankenaustausch über die Lage. General Ludendorff hoffte, daß vielleicht Generalmajor von Geeckt, da er „Einfluß im Großen Haupt-
quartier"5) habe, erreichen könne, daß „Kräfte zugeführt werden, mit denen 1) 6.593 ff. 2) Ssterr. 44. I. D. ') S. 553 und Anl. 3. 4) von Cramon, a. a. O., S. 76. — Am 18. August war auch Gen. Ob. von Conrad
der Anficht: Cs möge fein, daß Rumänien sich jetzt zum Anschluß an die Entente
nicht entschließe. °) Schreiben an Gen. von Seeckt vom 13. August.
Die Ostfront. — Fragen der Gesamtführung.
560
wirklich etwas zu machen ist"; er hielt solche Zuführung für möglich, wenn nicht etwa „der Isonzo einen neuen Strich durch die Rechnung" mache. Auf den Vorschlag der österreichischen Heeresleitung, den Bereich der ö.-u. 2. Armee zur Entlastung der Südarmee weiter nach Süden zu dehnen, ging er aber angesichts der Lage an der eigenen Front nicht ein. 15. August. Als dann am 15. August die ObersteHeeresleitung trotz aller
vorgebrachten Bedenken „im Hinblick auf die Fortsetzung der russischen Verschiebungen über Luniniee nach Süden und die Lage am Isonzo" doch die sofortige Abgabe einer Division des ö.-u. XII. Korps von der Armee-
AbteilungWoyrsch befahl,wandte sich GeneralfeldmarschallvonHindenbürg nochmals an den Kaiser: Cr habe soeben erst gemeldet, daß er bei der jetzigen Kräfteverteilung des Feindes zu solcher Abgabe nicht in der Lage sei. Nach näherer Darlegung der Verhältnisie schloß das Telegramm: „Erfolgt der Abtransport der österreichisch-ungarischen Division ohne vorherigen Ersatz aus dem Westen, so kann ich Euerer Majestät gegenüber die Gewähr nicht übernehmen, daß die mir anvertraute Front gehalten wird." Der Generalfeldmarschall bat daher, von der Ausführung des Befehls solange Abstand nehmen zu dürfen, bis entweder Ersatz aus dem Westen eingetroffen sei oder die Gesamtlage an seiner Front sich gebessert
habe. is.August.
Am 16. August abends trafen der Kaiser und die Oberste
Heeresleitung wieder in Pleß ein. Hier erreichte sie das Telegramm des Generalfeldmarschalls. Außerdem ging beim Kaiser ein Telegramm des Reichskanzlers ein, der nach einem Besuche in Wien FriedensMöglichkeiten mit Rußland erörterte und darauf hinwies, daß „die Entscheidung mehr denn je im Osten liege". Österreichisch-ungarischer Mithilfe hierbei seien wir aber nur insoweit sicher, als der Kaiser selbst die Sache mit deutschen Truppen in die Hand nehme. In maßgebenden Wiener Kreisen habe man die Ausdehnung des Befehlsbereiches des GeneralfeldMarschalls von Hindenburg begrüßt und nur bedauert, daß er nicht die ganze Ostfront unter sich habe. Zur eigenen Heeresleitung habe man in Wien kein Vertrauen mehr. Diese Verhältnisse, so meinte der Kanzler, machten es unumgänglich notwendig, die Entscheidung jetzt im Osten zu
suchen'). v.August.
Nach Vortrag beim Kaiser, wobei vermutlich^) die Telegramme des Generalfeldmarschalls und des Reichskanzlers erörtert wurden, suchte General von Falkenhayn am Morgen des 17.August General¬ ') Wortlaut S. 637. 2) Sicheres war nicht festzustellen. — Genlt. a. D. Tappen nimmt es in einer
Zuschrift vom 23. Juni 1934 als sicher an.
Oberbefehlshaber Ost und Oberste Heeresleitung.
Söl
oberst von Conrad in Teschen auf. Auch dieser wünschte die Lage gegen Rußland mit deutscher Hilfe durch eine Offensive wiederherzustellen, denn Ssterreich-Ungarns Truppen hätten am Isonzo genug zu tun. Dort sei
die Sache „sehr vital, der Stoß trifft uns in Herz". Es sei „viel weniger empfindlich, wenn wir Lemberg verlieren, als wenn die Italiener in Trieft" einrücken. Die verfügbaren deutschen Kräfte reichten aber — wie die Aus¬ sprache ergab — für einen großen Schlag im Osten bei weitem nicht aus.
Immerhin sollte nach ihrem Eintreffen, wenn auch nur in eng begrenztem
Rahmen, ein Gegenangriff geführt werden; Kolomea sollte das Ziel sein. Nach Rückkehr von Teschen hielt General von Falkenhayn dem
Kaiser nochmals Vortrag und verlangte, daß sich Generalfeldmarschall von Hindenburg nicht unmittelbar an ihn wende. Der Kaiser ließ dies auf sich beruhen und lehnte die Bitte des Generalfeldmarschalls in einer
ausführlichen persönlichen Antwort ab, die aber im übrigen ganz im Sinne des Generals von Falkenhayn abgefaßt war und mit den Sätzen schloß: „Mein Besuch an der Westfront und Rücksprache mit den dortigen Führern und ihren Chefs hat mich in der Überzeugung bestärkt, daß kein Mann von dort mehr fortgezogen werden kann, da die Kämpfe gegen eine fast vierfache Übermacht leider sehr verlustreich sind. Euere Exzellenz wollen daher mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Truppen die vorläufige Aufgäbe des Haltens durchführen und die russischen Angriffe abweisen. Die Diviston des ö.-u. XII. Korps muß sogleich abtransportiert werden. Die Verantwortung für von der Obersten Heeresleitung angeordnete Maßnahmen ruht
natürlich ausschließlich bei ihr." Daraufhin legte der Oberbefehlshaber Ost am 19.August w. August,
nochmals der Obersten Heeresleitung den Ernst der Lage dar und wies darauf hin, daß an seiner Front der Zuwachs an Truppen durch gleichzeitige Abgaben großenteils wieder aufgehoben sei. Der Gegner aber habe bisher keinerlei erkennbare Verschiebungen vor die Front der Heeresgruppe Erzherzog Karl vorgenommen'). Gleichzeitig drahtete der Generalfeldmarschall an Generaloberst von Lyncker, um persönliche Berichterstattung beim Obersten Kriegsherrn zu erreichen^). Als der Kaiser das in huldvollster Form ablehnte, legte ihm der Generalfeldmarschall am 20. August in einem ganz ausführlichen schriftlichen Berichte nochmals 20. August. 0 Tatsächlich sind — soweit festzustellen — im Juli und bis zum 21. August Stoei russische Inf.- und eine Kav. Div. von der Front des O. 23.Ost zu der des
Erzherzogs gerollt, ferner eine Ins.- und eine Kav. Div. nach Bessarabien zur
Bildung der Dobrudscha-Armee (S. 549). S. 636. Weltkrieg. X.Band,
oß
562
Die Ostfront. —
Fragen der Gesamtführung.
,.A«gust. seine Auffasiung dar. Cr wandte sich zunächst gegen die Maßnahmen der Obersten Heeresleitung und beanstandete dabei vor allem, daß die I.Infanterie-Division in die Karpaten gesandt, die 195. und 197. nicht näher an der Front versammelt und ihm zu spät zur Verfügung gestellt worden seien. Es handelte sich um Maßnahmen, die von der höheren Warte der Obersten Heeresleitung aus auch anders beurteilt werden konnten, was General von Falkenhayn in Randbemerkungen zu den Dar¬ legungen zum Ausdruck brachte. Älber die jetzige Lage an der Front hieß es im Bericht des Oberbefehlshabers Ost: „Der Gruppe Mitau (59 Bataillone, 85 Batterien) droht ein Angriff von mindestens zwölf Divisionen (II., VI. und VII. sibirisches sowie XXI., XXXXIII. und XXXVII. Korps, zusammen 188 Bataillone, 99 Batterien), vielleicht sogar von 16 Divisionen^) nebst einer gleichzeitigen Landung. — Vor
W o y r s ch stehen noch immer 20Infanterie- und sechs KavallerieDivisionen^) — 320 Bataillone, 160 Batterien gegen 113 deutsche und
österreichisch-ungarische Bataillone und 101 Batterien. Ein starkes Massieren dieser russischen Kräfte gegen Teile der Front bleibt möglich, um die zahlenmäßige Überlegenheit noch stärker zu machen. — Bei Heeresgruppe Linsingen und ö.-u. 2. Armee wird da, wo deutsche Tmppen stehen, voraussichtlich gehalten werden." Wo österreichisch-ungarische Truppen stehen, werde es stets Gefechtsmomente bedenklichster Art geben, deren Folgen nicht zu übersehen seien. „Die Lage bei Linsingen und der ö.-u. 2. Armee ist daher unsicher und absolut nicht gefestigt ...
Die
Schwerkraft des russischen Heeres lastet immer noch auf der mir unter¬
stellten Front. Ich rechne hier mit weiteren Angriffen, wobei ich den Ernst der Lage nicht verhehlen kann, da die russischen Streitkräfte sich bisher nicht vermindert haben, ich aber nicht den Zuschuß an Kraft behalten konnte, der zum sicheren Halten der Front meines Erachtens erforderlich ist, nämlich drei bis vier Divisionen statt einer." Nach Darlegung der dazu jetzt noch durch Abgabe der ö.-u. 16. In-
fanterie-Division entstehenden Schwierigkeiten fuhr der GeneralfeldMarschall fort: „Euerer Majestät habe ich in meinem Bericht vom 5. August ausgeführt, daß ich sobald als möglich Verstärkung für die Bukowina abgeben würde"), und ich kann Euerer Majestät die Versicherung geben, daß ich mir dieser Aufgabe voll bewußt bin. Andererseits haben Euere Majestät mir als Grundlage jedes späteren Erfolges das Halten der Tatsächliche Gesamtstärke des Gegners 14 Divisionen. 2) Tatsächlich 18% Infanterie- und fünf Kavallerie-Divisionen. 3) 6.536.
Die Kriegserklärung Rumäniens.
SöZ
jetzigen Stellungen befohlen. So wie die Verhältnisie sich gestaltet haben, habe ich, namentlich bei dem Zustande der österreichisch-ungarischen Truppen, nicht diejenigen Verstärkungen bekommen, die meiner Ansicht nach zur erfolgreichen Durchführung der Verteidigung gehören, auch wenn der Stellungsbau weiter vorgeschritten ist." Als dieser Bericht am 21. August beim Kaiser einging, schlug General 21. August, von Falkenhayn vor, ihn unbeantwortet zu lassen, da er Angaben
enthielt, die nach seiner Ansicht unzutreffend waren'). Der Kaiser ant-
wortete persönlich durch einen freundlichen eigenhändigen Privatbrieff). Den Ausführungen des Generalfeldmarfchalls gegenüber vertrat General von Falkenhayn den Standpunkts, daß es für die Gesamtlage der Mittelmächte nicht entscheidend sei, ob man im Osten in der jetzigen Linie, also an der Düna, an der Verezyna und am Stochod stehe oder an der Aa, am Njemen und an der Turja"), es sei denn, daß dadurch Rumänien zum Eingreifen veranlaßt werde, was aber von ganz anderen
Faktoren abhängig sei. Eine Woche später, am 27. August, erklärte Rumänien den Krieg an Österreich-Ungarn.
Damit trat im Osten ein neuer
Gegner mit rund 600 000 Mann frischer Truppen auf den Plan. Die Gesamtfront im Osten war nach Süden bis ans Schwarze Meer verlängert; sie maß jetzt in der Luftlinie rund 1300 gegen bisher 1000 Kilometer. An verschiedenen Stellen der bisherigen Front waren noch bis in die
letzten Tage örtliche Abwehrkämpfe geführt worden; die Wucht der ruffischen Angriffe aber hatte erheblich nachgelassen. Dafür konnte der neue Gegner Rumänien sofort mindestens 23Infanterie-Divisionen in den
Kampf führen, gegen die ausreichende Kräfte zunächst nicht zur Verfügung
standen^). ') Die Berechnungen der Obersten Heeresleitung und des Oberbefehlshabers Ost über die Zahl der überwiesenen Divisionen gingen auseinander, da Zugang und
Abgaben zum Teil aus einzelnen Regimentern, darunter auch Landsturm, bestanden. 2) Sein Inhalt ist nicht bekannt. 3) Schreiben an den Reichskanzler vom 21.August (S. 638 f.). 4) Das war die Linie, in der General von Falkenhayn die Offensive gegen Rußland bereits Ende August 1915 hatte anhalten und die er dann in Ruhe stark hatte ausbauen wollen. -) Näheres S. 600 f.
36
564
Die Ostfront. — Betrachtungen.
G. Betrachtungen. Im Jahre 1916 handelte es sich an der Ostfront um reine Abwehr gegen gewaltige zahlenmäßige Übermacht, die nur wegen geringerer Aus-
stattung der Russen mit schwerer Artillerie, Luftstreitkräften und technischen Mitteln aller Art nicht voll zur Wirkung kam. Auch hatte sich bereits im Herbst 1915 bei Luck gezeigt, daß nicht nur die Widerstandskraft, sondern auch das Angriffsvermögen der Russen keineswegs so gemindert war, wie General von Falkenhayn nach den Siegen des Sommers geglaubt hatte. Die Abwehrerfolge des österreichisch-ungarischen Heeres in den Neujahrskämpfen 1915/16 und der Truppen des Oberbefehlshabers Ost im März 1916 stärkten aber das Vertrauen zur Festigkeit der eigenen Front und ließen die russische Gefahr auch weiterhin geringer einschätzen, als sie war. Man beachtete vielleicht doch nicht genügend, daß am deutschen Teil der Front im März die für die Angreifer ganz außergewöhnlich ungünstigen Witterungs- und Bodenverhältnisse der Abwehr mehrfacher Übermacht in weitgehendem Maße zu Hilfe gekommen waren. Andernfalls dürste vielleicht schon damals Hilfe aus dem Westen nötig geworden sein. Die Front des österreichisch-ungarischen Heeres war innerlich minder widerstandsfähig, zudem mit Artilleriemunition schlechter ausgestattet. An ihr bedeutete das Wegziehen deutscher Divisionen und öfterreichisch-ungarischer Kerntruppen im Frühjahr 1916 ein erhebliches Wagnis, selbst wenn die zurückbleibenden Kräfte dem Gegner rein zahlenmäßig noch gewachsen blieben. Nach dem russischen Angriffserfolge von Luck mußte daher ein Vielfaches dessen, was man dieser Front genommen hatte, ihr wieder zugeführt werden, im ganzen (abgesehen von deutschem Landsturm, von dem allein 18 Bataillone von der Westfront gegeben wurden) nacheinander fol-
gende Verstärkungen: Ö.-u. Truppen
Deutsche Truppen
Juni
vom deutschen
von der West¬
vom
von der italie¬
Teil der Ostfront
front
Balkan
nischen Front
Gen. Kdo.
Gen. Kdo. des VI. A. K.,
105. Inf.-
61. Inf. Div., 44. Inf. Div.,
Bernhardi, Zusges. Div.
Nusche,
108. Ins. Div.,
X. A. K.
(19. u. 20. Inf.-
Dw.),
9. Kav. Div.
11. bayer.
(neu zusges., zwei Brig.),
V2 XXII. Res. K.
107. Inf. Div., 22. Inf. Div.
Inf. T»iv.,
(43. Res. Div.)
Div.
48. Inf. Div.
Türk. Truppen
565
Kräftebedarf der Abwehr.
£>.~u. Truppen
Deutsche Truppen vom deutschen
von der West-
vom
von der italie¬
Teil der Ostfront
front
Balkan
nischen Front
119. Inf. Div.,
121. Ins. Div., 200. Inf. Div.
guli
1. Res. Div.,
zwei Kav. Brig.
59. Inf. Div., Kdo. des
(neu gebildet)
VIII. Korps,' 3. Armee-Kdo.,
(zur9.Kav.DW.),
Kdo. des I. Korps,
Bayer. Kav. Div.,
86. Ins. Div., 2/z 1. Ldw. Div.
August
Gen. Kdo. des I. A. K., 10. Ldw. Div., Teile der 34. Ldw. Brig., 75. Res. Div.,
Va 1. Ldw. Div., 2. Kav. Div.
(neu zusges.)
Türk. Truppen
34. Inf. Div., 10S. Ldst. Div.
Türk.XV.Korps
197. Ins. Div.
(neu gebildet),
(19. u. 20. Div.)
1. Inf. Div., 195. Inf. Div.
(neu gebildet), Gen. Kdo. des
XXIV. Res. K., 199. Inf. Div.
(neu gebildet), 10. bayer. Ins.Div., 117. Ins. Div.
10Va Inf. Div.,
I|
Abgaben
3V2 Kav. Div.
12 Inf. Div.
1 Ins.-
6 Inf. Div.
2 Inf. Div.
Div.
1 Inf. Div. (44.)
Damit war die österreichisch-ungarische Ostfront insgesamt um 30Vs In-
fanterie-Divisionen (23y2 deutsche, fünf österreichisch-ungarische und zwei türkische) und 3% deutsche Kavallerie-Divisionen verstärkt worden, während die Abgaben vor Beginn der Vrussilow-Offensive, abzüglich der sofort wieder ersetzten, nur sieben Infanterie-Divisionen, davon drei deutsche, betragen
hatten. Die Abwehr ist dann, unter allerdings beträchtlichen Verlusten an
Menschen, Gerät und Gelände, bei möglichst sparsamem Kräfteaufwand drei Monate lang mit dem Endergebnis durchgeführt worden, daß die Angriffskraft des Gegners sich nach und nach erschöpfte. Trotz aller taktischen
Erfolge ist ihm der beabsichtigte operative Durchbruch nicht annähernd gelungen. Auch hat er die Front keineswegs so weit zurückzudrängen vermocht, daß er Entscheidendes damit erreicht hätte. Die Auffassung des Generals von Falkenhayn erscheint berechtigt, daß es für den Ausgang des Krieges ziemlich belanglos war, ob man im Osten am Stochod oder an der Turja, an der Düna oder an der Aa stehe, solange nur der Feind nicht
566
Die Ostfront. — Betrachtungen.
nach Ungarn einbrach oder — was damit wahrscheinlich verbunden war —
Rumänien zum Eintritt in den Krieg veranlaßte.
Letzteres aber hing
keineswegs allein von der Lage im Osten ab, sondern von der Gesamt-
l a g e der Mittelmächte. Daher hätte auch Überführung stärkerer deutscher Kräfte an die Ostfront nur dann Einfluß auf die Entscheidung jenes Landes haben können, wenn sie ausreichten, um einen weithin sichtbaren Sieg zu erringen, ohne daß darum die Front im Westen noch mehr Not litt, als dies ohnehin schon der Fall war. So berechtigt daher, vom Standpunkt der Kriegführung gegen Ru߬ land aus gesehen, das Drängen der Ostführer auf vermehrte Zuweisungen von Verstärkung war, so gerechtfertigt war es auf der anderen Seite, daß
die für die Gesamtkriegführung verantwortliche Oberste Heeresleitung dem¬ gegenüber bis zum äußersten zurückhielt.
Soviel zu geben, wie zur Cr-
reichung eines großes Erfolges nötig gewesen wäre, war sie nach Raum, Zeit und Mitteln doch nicht in der Lage. Gewiß hätten einige Divisionen mehr die Lage im Osten erleichtert, diesen oder jenen Rückschlag vielleicht erspart. Für die Gesamtlage entscheidende Besserung hätten sie aber kaum gebracht. Dazu wäre mehr erforderlich gewesen, als der Westen im Sommer 1916 abgeben konnte. Denn der Kampf im Osten war nicht leicht.
Angesichts der feindlichen Übermacht haben diedeutschenTruppen auch hier überaus schwer zu ringen gehabt. Sie können stolz sein auf das, was sie, teils an der eigenen Front, teils als Stützen der österreichisch-
ungarischen Linien fast drei Monate hindurch ohne Ablösung in zähem Kampfe geleistet haben. Der Schwere der Aufgabe entsprachen die Ver¬ luste, die auf insgesamt 148 090 Mann anstiegen, davon 85 000 bei Abwehr der Vrussilow-Offensive. Sie blieben der Zahl nach für einzelne Divisionen hinter denen der Abwehrkämpfe im Westen kaum zurück, verteilten sich dabei allerdings auf einen längeren Zeitraum. Den Verlustzahlen standen, da es sich vorwiegend um Abwehr handelte, wesentlich geringere Beutezahlen gegenüber, im ganzen rund 50 000 Gefangene, etwa 200 Maschinengewehre und eine unbedeutende Zahl von Geschützen.
Sehr viel schwerer waren die Verluste des österreichisch-ungar i s ch e n O st h e e r e s. Es hatte allein durch Kampf mehr als 511000 Mann
eingebüßt, davon mehr als zwei Drittel Gefangene und Vermißte. Die Russen wollen 378 000 Gefangene gemacht Habens, eine Zahl, die, auch wenn etwa 20 000 Gefangene von deutschen Truppenteilen^) in ihr enthalten sind, zu hoch gegriffen erscheint. Diese gewaltigen Verluste an Kämpfern konnten 1) Brussilow, a. a. O., S. 219.
2) Die Gesamtzahl der deutschen „Vermißten" an der Front der BrussilowOffensive betrug 26 000 Mann.
Verlustziffern und Ergebnisse.
567
bei der ohnehin bereits kritischen Ersatzlage des verbündeten Heeres in keiner Weise wieder ausgeglichen werden. Große Einbuße an Geschützen — die
Russen wollen fast 500 erbeutet haben —, Maschinengewehren, Minen¬ werfern und Kriegsgerät jeder Art kam hinzu und war angesichts des be-
stehenden Rohstoffmangels ebensowenig wie der Menschenverlust zu ersetzen.
Wenngleich sich gewiß manche Truppenteile vorbildlich geschlagen hatten, hatten doch „die Widerstandsfähigkeit und das moralische Gefttge des Heeres in seiner Gesamtheit" unter den Dauerangriffen der Russen „bedenklich gelitten'"). Die Vrussilow-Offensive stellt die schwerste Erschütterung dar, die dem österreichisch-ungarifchen Heer bis dahin widerfahren war. Fast an
seiner ganzen Front durch russische Angriffe gebunden, sah es sich jetzt dem neuen Feinde Rumänien gegenüber, der — wie es schien — bereitstand,
durch Einmarsch nach Siebenbürgen und weiter in das Herz Ungarns dem
Habsburger Reich den Todesstoß zu geben. Andererseits hatten auch die R u s s e n bei ihren immer wiederholten,
durch Artillerie meist unzureichend unterstützten Massenangriffen aufs schwerste gelitten, ihre Angriffskraft war nicht mehr dieselbe wie im Zum, ihre besten Truppen waren vergeblich gegen die Fronten der Mittelmächte angerannt. Die Verluste der Offensivunternehmungen von März bis August waren auf insgesamt etwa eine Million Mann angewachsen. Doch die Hoffnung auf Rumänien hielt die Siegeszuversicht aufrecht. i) Osterr. amtl. Werk, Band V, S. 218.
IX. Die Front gegen Italiens A. Die Ereignisse bis Mitte März. Skizze 33.
wis/is"
Am 24. und 25. November 1915, noch während der vierten Isonzo-
Schlacht, hatte die italienische Heeresleitung „Direktiven für die Operationen während des Winters 1915/16" ausgegeben. „Es ist meine feste Absicht", so schrieb Generalleutnant Graf Cadorna im Namen des Königs, „im Frühjahr an dem seit Kriegsbeginn verfolgten Programm festzuhalten und es kraftvoll durchzuführen. Dieses Programm besteht im wesentlichen darin, den Druck auf den Gegner am mittleren und unteren
Isonzo bis zum äußersten zu verstärken und eine breite Bresche in seine Verteidigungslinie zu schlagen". Während hierzu die Masse des Heeres einzusetzen war, sollte die Gebirgssront durch ein Mindestmaß von Kräften gehalten werden. Für die Wintermonate verlangte die italienische Heeresleitung neben verstärktem Stellungsbau an der ganzen Front „wachsame Tätigkeit, die geeignet sei, das Kraftgefühl der Truppe zu stärken, ohne sie zu ermüden, die Kräfte des Gegners zu binden und ihre Verschiebung oder
Verringerung zu verhindern"^). Von den 37 Infanterie-Divisionen des italienischen Heeres standen Anfang des Jahres 1916 acht Divisionen (3. Armee) am Isonzo südlich von
Görz, elf Divisionen (2. Armee) am Isonzo zwischen Görz und Flitsch, zwei Divisionen am Karnischen Kamm, vier Divisionen (4. Armee) an der Tiroler Nordost-Front und sechs Divisionen (1. Armee) an der übrigen Front gegen Tirol. Alpini-Gruppen in der Gesamtstärke von drei Divi-
sionen waren in den Hochgebirgsgegenden eingegliedert. Versaglieri, etwa in Stärke von zwei Divisionen, standen an der Front verteilt. Die vier Kavallerie-Divisionen waren in Winterquartiere nach Oberitalien zurückgezogen. Drei dieser Divisionen wurden im Februar zu Fuß formiert. Etwa sieben Infanterie-Divisionen waren als Heeresreserve in dem Raum
Palmanova—Cadroipo—Adine versammelt. In Albanien befanden sich Die Darstellung stützt sich auf das österr. amtl. Werk, Band IV und V, und das ital. amtl. Werk; soweit dieses noch nicht erschienen ist, vor allem auf die Werke von Cadorna: „La guerra alla fronte italiana", Band I, und von Capello: „Not« di guerra", Band I.
2) Ital. amtl. Werk, Band III, S. 141 und Anlage 58.
Gesamtlage und Winterkämpfe.
569
Truppen in Stärke einer Division'). Zwölf Infanterie-Brigaden wurden neu aufgestellt und im März—April verwendungsbereit. Bei der Ver¬ mehrung der Artillerie war man hinsichtlich des Geräts auf die Unter-
stützung der Verbündeten angewiesen. Die österreichisch-ungarischeSüdwestfront unter Generaloberst Erzherzog Eugen mit Feldmarschalleutnant Alfred Krauß als General-
stabschef gliederte sich nach wie vor in das Landes-Verteidigungskommando in Tirol unter Generaloberst Dankl bis zum Sexten-Tal einschließlich, die Armee-Gruppe des Generals der Kavallerie Rohr, spätere 10. Armee, bis in die Gegend von Karfreit und anschließend bis zum Meere die 5. Armee unter dem Befehl des Generals der Infanterie von Boroevie, — insgesamt
etwa 24Divisionen (rund 260 Bataillone und 1540 Geschütze). In Tirol und bei der Armee-Gruppe Rohr bestand ein großer Teil der Truppen aus Verbänden, die nur zu rein örtlicher Verteidigung geeignet waren. Größere Kampfhandlungen verbot der Winter. Versuchen der Italiener, an den drei Hauptstraßen im Süden nach Trient über Lardaro, Rovereto und durch das Sugana-Tal sowie am Col di Lana vorwärtszukommen, war kein nennenswerter Erfolg beschieden.
Am Isonzo führte die Initiative der Österreicher und Ungarn nach erbitterten Kämpfen zu einem vollen Erfolge am Brückenkopf von Görz. Es war die Gegend von Oslavija, in der die Divisionen des Generalleutnants
Capello standen und wo die Italiener in der vierten Isonzo-Schlacht einige Erfolge errungen hatten. Das Ergebnis der wechselvollen und blutigen Kämpfe vom 14. bis 25. Januar war, daß die Italiener den geringen Januar
Geländegewinn des letzten Großkampftages trotz des Einsatzes weit stärkerer Kräfte wieder hergeben mußten. Zur See besaß die österreichisch-ungarische Flotte in der nördlichen Adria die Überlegenheit. Trotz mehrfacher Unternehmungen gelang es ihr aber nicht, in der südlichen Adria die Verbindung Brindisi—Durazzo wirksam zu stören.
Die fünfte Isonzo-Schlacht, 11. bis 16.März (Skizze 35). Auf der Konferenz zu Ehantilly^) in den ersten Tagen des Dezember Bis Mitte
hatte General Porro, der Vertreter Italiens, erklärt, daß das italienische Äeer zum März noch nicht angriffsbereit sei. Außerdem könnten auch aus klimatischen Gründen die Operationen nicht vor dem 15. April beginnen.
Anfang Februa^ war der französische Ministerpräsident und Außenminister Vriand in Rom, anscheinend um Italien zur Truppenentsendung nach Saloniki oder wenigstens zum Vorgehen in Albanien zu bewegen. Aber ') 6.596. — 2) 6. 44 ff.
5Ktttä*
570
Die Front gegen Italien.
die Italiener weigerten sich energisch, von Valona aus in das Innere des
Landes vorzustoßen; sie schützten als Entschuldigung einen drohenden Ein¬ fall Deutschlands über die ungeschützte Gegend von Mailand vor.
Vei der italienischen Heeresleitung entsprang der Ent¬ schluß zu einer neuen Offensive der Notwendigkeit, den Verbündeten zu
helfen, während „das französische Heer durch die mächtigen Schläge der Deutschen bei Verdun auf eine harte Probe gestellt war"'). In Würdigung dieser Lage kam General Cadorna der Bitte um Hilfe seitens Frankreichs sofort nach und gab feine Anordnungen für neuen Angriff der 3. Armee am Ifonzo.
Die Lage gebot der öfterreichifch-ungarischen 5. Armee am Isonzo Abwehr. Hier waren etwa 100 Bataillone und 460 Geschütze
eingesetzt. Der Verteidiger hatte Anfang März wohl gesteigerten Bahnverkehr beim Gegner beobachtet, wollte aber doch an einen größeren Angriff
in dieser ungünstigen Jahreszeit nicht recht glauben. ii. m ,6. März.
Die Schlacht setzte am 11. März mit mehrtägiger Artillerievorbereider Italiener ein, die 38 schwerste und 222 schwere Geschütze in Stel-
lung gebracht hatten. Bei Regen und Nebel blieb jedoch die erhoffte Wirkung aus.
So war, als am 13. März die Infanterieangriffe der
italienischen 3. Armee begannen, der Keim des Mißerfolges schon da. Brennpunkte des Ringens waren wieder die schon aus den früheren Kämpfen bekannten Stellen bei Görz, am Mt. S. Michele und in der Gegend von
Monfalcone. Am 16. März stellten die Italiener die Angriffe ein, die vom Verteidiger unschwer abgewiesen worden waren. Ein Erfolg war nirgends
erzielt worden. Das österreichisch-ungarische Oberkommando der Südwestfront war der Ansicht, daß die Italiener die Vorbereitungen für eine große Offensive noch nicht beendet hatten und daß ihre Neusormationen noch nicht an der Kampffront aufgetreten waren.
Die Schlacht bedeutete für die Italiener einen vollen Mißerfolg. Sie hatte von Haus aus „episodenhaften Charakter"^, blieb räumlich begrenzt und von den Kämpfen in den anderen Abschnitten unabhängig. Die Unter¬ nehmung war nur gerechtfertigt durch die Notwendigkeit, dem Verbündeten zu helfen. Noch am 12. März hatte General Porro aus Chantilly ge-
drahtet), daß angesichts des verstärkten Drucks der Deutschen bei Verdun die italienische „offensive Demonstration" auf der ganzen Front fortgesetzt werden müsse. An demselben Tage hatte die italienische Heeresleitung eine Beurteilung der Lage überreichen lassen, in der sie ausführte, daß zur Zeit die klimatischen Verhältnisse Unternehmungen nur am unteren Isonzo ') Ital. amtl. Werk, Band III, S. 177. 2) Ebenda, S, 179 f.
Fünfte Isonzo-Schlacht,
571
erlaubten. Dort sei der Feind aber am stärksten und deshalb eine Entschei-
dungsoffensive erst nach erheblicher Vermehrung der schweren Artillerie möglich. Gleichwohl geböten es dem italienischen Heere „die Pflicht gegen'über den Verbündeten und das eigene Interesse, zu handeln, auch unter
ungünstigen Verhältnissen, und eine Möglichkeit zu suchen, sich der gemeinsamen Sache nützlich zu erweisen".
B. Die Kämpfe bis Mitte Juli. J. Der österreichisch-ungarische Durchbruchsangriff in Tirol. Skizzen 33 und 34.
a) Die Vorbereitungszeit. Seit dem 10. Dezember 1915 hatte zwischen General von FalkenHayn und Generaloberst von Conrad ein Meinungsaustausch über die von letzterem dringend gewünschte, seit dem Sommer aber verschobene Angriffsoperation gegen Italien stattgefunden^). General von Falkenhayn
vermochte die Ansicht des österreichisch-ungarischen Generalstabschefs nicht zu teilen, daß von einer aus Tirol herausbrechenden Offensive die Kriegsentscheidung gegen Italien zu erwarten wäre. Generaloberst von Conrad
glaubte aber doch den vorherigen Sieg über Italien als Voraussetzung für einen kriegsentscheidenden Angriff gegen Frankreich bezeichnen zu müssen. Kräfte der Doppelmonarchie konnten nach seiner Anficht für die Mitwirkung an der großen Entscheidung an anderer Stelle nicht verfügbar gemacht
werden, solange nicht Italien abgetan war. Die Besprechungen fanden ihren Abschluß, ohne daß es gelungen wäre, gemeinsames Handeln der beiden Heeresleitungen zu erreichen. Das Ergebnis war für den Leiter der
österreichisch-ungarischen Operationen die Gewißheit, daß er vorläufig auf deutsche Hilfe nicht rechnen könne. Cr war entschlossen, den Angriff auch ohne diese zu führen. Am 6. Februar gab Erzherzog Friedrich dem Oberkommando der Süd- s. Februar.
Westfront den Befehl, mit den Vorbereitungen zum Angriff aus der Tiroler Front gegen Italien zu beginnen. Aber den Zeitpunkt hatte er am 3. Februar in Pleß") erklärt, daß die Offensive nicht vor Ende März einsetzen könne. Dieser Zeitpunkt *) 6.4 ff. 2) C. 17.
572
Die Front gegen Italien.
März bis Mai. aber, auch der Monat April und Anfang Mai verstrichen, ohne daß die
Wetterlage Aussicht bot, den Angriff mit Erfolg zu führen. Gerüchte, die zur Kenntnis der deutschen Obersten Heeresleitung gelangten, wollten wissen, der Angriff sei ganz ausgegeben'). Aber Generaloberst von Conrad hielt an seinem Plane fest. Die Feuereröffnung sollte spätestens am 15. Mai er°
folgen. Ablenkungsangriffe an den übrigen Fronten hatten vorauszugehen, um die durch Verlegung des Schwergewichtes nach Tirol notwendig werdende Umgruppierung zu verschleiern. Die daraufhin im März am PlöckenPaß, bei Flitfch, Tolmein und Görz unternommenen Angriffe hatten aber nur örtliche Bedeutung und erzielten kaum nennenswerte Ergebnisse. Am das Kommando der Südwestsront von Nebenaufgaben zu entlasten, wurden die ö.-u. 5.und 10. Armee am 25. März der Heeresleitung unmittel¬
bar unterstellt. Für den Fall, daß bei erfolgreicher Offensive aus Südtirol die Italiener ihre Ostfront am Isonzo und in Karnien räumten, sollten beide Armeen bis an den Tagliamento folgen und hierzu die erforderlichen Vorbereitungen treffen. Im übrigen war es ihre Aufgabe, den gegenüberstehenden Feind zu binden und seine Aufmerksamkeit von Tirol abzulenken. Es kam daraufhin wieder zu verschiedenen Kämpfen von nur örtlicher Vedeutung, die die Italiener jedoch nicht zu hindern vermochten, aus der
Ifonzo-Front starke Kräfte herauszuziehen^). Die italienische Heeresleitung hatte Anfang März die Armeen an der Tiroler Grenze aufgefordert, gleichzeitig mit den bereits
geschilderten Angriffen am Isonzo vom 11. März ab „eine energische Tätigfeit zu entfalten und die gegenüberstehenden Feindkräfte zu binden"^). Im
übrigen hatte sie wiederholt betont, daß durch Ausbau einer tiefgegliederten Stellungszone die Sicherheit der am Isonzo kämpfenden Hauptkräfte auch gegen starke Angriffe aus Tirol mit möglichst schwachen Kräften gewährleistet sein müßte. Am 6. April wies die Heeresleitung nachdrücklich darauf
hin, daß überraschend und geschickt angesetzte gewaltsame Erkundungen geboten seien, um über etwaige Kräfteverschiebungen des Gegners Nach¬
richten zu gewinnen. In einem Gelände, das zumeist den Charakter des Hochgebirges trug, lebten die Kämpfe nach der Winterruhe wieder auf. Im A d a m e l l o -
Gebiet gelang es den Italienern in der Zeit vom 12. April bis 11. Mai, sich an dem Ostrande der Adamello-Gruppe festzusetzen, doch waren damit
die Tiroler Tonale-Sperren noch keineswegs gefährdet. 1) S. 302. 2) S.576 und 583.
3) Ztal. amtl. Werk, Band III, Anlage 95.
Vorbereitung des österreichisch.ungarischen Angriffs in Südtirol.
573
Die Kämpfe im Sugana-Tal gingen über rein örtliche Vedeutung hinaus, weil Erfolg oder Mißerfolg in der Flanke der Hochfläche von
Arsiero—Astago Einfluß auf den Verlauf eines über die Hochfläche gehenden Durchbruchsversuches gewinnen mußte. Die italienischen Angriffe vom 5. bis 13. April erreichten zwar nur, daß einige Sicherungen der öfter-z.«s iz.Aprtl.
reichisch-ungarifchen Vorpostenlinie östlich von Levico etwas zurückgedrückt wurden und auch südlich der Talstraße der Mt. Carbonile vorübergehend in italienische Hand fiel, der Druck im Sugana-Tal mahnte jedoch die öfterreichisch-ungarische Führung zur Vorsicht. Sie gedachte, sich hier durch einen kräftigen Gegenstoß vor unangenehmen Überraschungen zu sichern. Cr begann am 16. April. Am 21. April war die ehemalige vorderste Sicherungs-
linie wieder fest in österreichisch-ungarischer Hand. Dieser Rückschlag wurde von den höheren italienischen Kommandostellen nicht leicht genommen. General Eadorna kam am 29. April persönlich, um sich von der Lage an Ort
und Stelle zu überzeugen. Die verantwortlichen Unterführer wurden zur Rechenschaft gezogen. Mit Erfolg waren inzwischen Teile der italienischen 4. Armee gegen den 2462 Meter hohen Stock des Col di Lana vorgegangen. In monatelanger Arbeit waren die Stellungen des Verteidigers unterminiert worden. In der Nacht zum 18. April flog die Hauptkuppe des Berges in die Luft. >«. April.
Den zweiten Gipfel vermochten die Verteidiger trotz heftiger Angriffe der Italiener zu halten. Neben diesem Kampf traten die übrigen Anternehmungen an der Tiroler Ostfront an Bedeutung völlig zurück.
Angriffsplan und Aufmarsch der Heeresgruppe
Erzherzog Eugen. Nach den Richtlinien der österreichisch-ungarischen Heeresleitung vom 6. Februar sollte eine „Heeresgruppe aus Südtirol den entscheidenden Stoß, wenn möglich, in den Rücken der feindlichen Hauptkräfte"') führen. Es
war geplant, diese „Heeresgruppe Erzherzog Eugen" auf 14 Divisionen und 60 schwere Batterien zu bringen. Die erste Welle hatte aus der 11. Armee zu bestehen, die unter dem Befehl des Generalobersten Dankl in der Hauptsache aus dem Landesverteidigungskommando Tirol ge-
bildet werden sollte. Diese Armee zu neun Divisionen hatte die Ausgabe,
„zwischen Etsch und Sugana-Tal mit gut zusammengehaltener Hauptkraft über die Hochflächen von Vielgereuth (Folgaria)—Lafraun (Lavarone) auf Thiene—Vafsano vorzustoßen". Eine weitere Armee von noch unbestimmter Zusammensetzung sollte als zweite Welle „je nach der Lage, wenn mög*) Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 173.
574
Die Front gegen Italien.
lich, aber zur Ausnutzung des Erfolges beim Austritt aus dem Gebirge" hinter der 11. Armee folgen. Alle Vorbereitungen wollte die österreichisch-
ungarische Heeresleitung selbst leiten und in etwa acht Wochen beenden. Diese dem Kommando der Südwestfront zwar nicht unerwarteten, in ihrer „gemessenen Form" aber deshalb überraschenden Weisungen, weil ein Gedankenaustausch bisher zwischen beiden Stellen nicht stattgefunden hatte, lösten im Stabe des Erzherzogs Bedenken aus. Man fand die Angriffsbreite von 20 Kilometern zu schmal, die Nachschubschwierigkeiten auf den wenigen Gebirgsstraßen und die Gefährdung der Flanken zu groß. Erzherzog Eugen wollte die Armee der zweiten Welle, die 3. Armee, von Haus aus neben der 11. Armee einsetzen und die linke Grenze des Angriffsstreifens über das Sugana-Tal hinausschieben, um das Tal der
Brenta mit der Bahn auf Vassano in die Hand zu bekommen; auf dem rechten Flügel sollte auch die Straße Rovereto—Schio in den Angriffsabschnitt mit einbezogen werden. Der sich hieran schließende Gedanken¬ austausch mit der Heeresleitung in Teschen endete mit dem bestimmten 3. mixt. Befehl der letzteren am 3. März'), „für das erste und entscheidende Ziel des
Durchbruchs die gesamte geschlossene, tiefgegliederte 11. Armee und die gesamte Artilleriekraft, ohne nach rechts und links anzugreifen, mit voller Wucht einzusetzen". Ein Durchstoß durch das Sugana-Tal wurde abgelehnt; die feindlichen Stellungen dort seien nach dem Durchbruch über Arsiero— Asiago unhaltbar; die 3. Armee, die Generaloberst von Köveß befehligte,
sollte nicht vorzeitig verausgabt werden, sondern „für die noch nicht abzusehenden Möglichkeiten" in der Hand der Heeresgruppe bleiben. Als Aufmarschraum kam nur das Etsch-Tal in Frage; in geringem Maße und unter Hinnahme mancher Nachteile konnten einige östliche Seitentäler benutzt werden. Im südlichen Teil des Etsch-Tales bis Salurn sollte sich die 11. Armee versammeln, nördlich davon die 3. Armee. Der unerwartet starke Schneefall von Februar bis März brachte erhebliche Verzögerungen in die Aufmarschbewegung. Am 10. März war erst ein Drittel der Transportzüge eingelaufen. Zwei von den drei Straßen auf die Hoch¬ fläche von Lafraun—Vielgereuth waren bis über Mitte März hinaus durch
Schneemassen verstopft. Nachdem sich das Wetter gebessert hatte, konnte der Antransport zwar glatt verlaufen, das Instellungbringen der Artillerie stieß aber in tiefem Schnee immer noch auf größte Schwierigkeiten. Gleich31. März, wohl waren am 31. März alle Arbeiten so weit gefördert, daß der Führer
der 11. Armee, Generaloberst Dankl, den Angriffsbeginn auf den 10. April festsetzen zu können glaubte. Die Berichte von der Front über die SchneeVerhältnisse im Angriffsgebiet lauteten aber in den nächsten Tagen so i) Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 177 f.
Verzögerung des österreichisch-ungarischen Angriffs in Südtirol.
575
ungünstig, daß er sich gezwungen sah, am 6. April alle Truppenbewegungen e. Apr«.
zur Vereitstellung für den Angriff anzuhalten. Angesichts der Unmöglichkeit, die Entwicklung der Wetterlage im voraus abzuschätzen, überließ ihm die
Heeresleitung auf feinen Antrag die Bestimmung des Angriffstages. Das Ende dieser Zeit des Wartens mit all ihren Nachteilen und
Gefahren war zunächst nicht abzusehen. Frost, Tauwetter, Sonnenschein, Schnee und Regen lösten sich im raschen Wechsel ab, wie das in der Mergangszeit vom Winter zum Sommer im Gebirge der Fall zu sein pflegt. Die Heeresleitung drängte, die Befehlsstellen in Tirol wehrten ab. Angesichts der Schneeverhältnisse schien der Angriff nicht vor Mitte Mai durchführbar. Das war die Zeit, die Generaloberst von Conrad vor dem Kriege
stets als früheste für größere Operationen in dieser Gegend angesehen hatte. Überläufer schienen die Angriffsabsichten verraten zu haben. Cs wurde beobachtet, wie die Italiener mit Eifer am Stellungsbau arbeiteten, ohne daß es gelang, sie hierin wirksam zu stören. Am 21.April bestand bei der 11. Armee der Eindruck, „daß der Feind im allgemeinen auf die Offensive gefaßt, aber über die Richtung noch nicht ganz im klaren" fei1). Mit Überraschung des Feindes war nach der langen Zeit des Wartens kaum noch zu rechnen. Generaloberst D a n k l hielt die italienische Stel-
lung auf dem Westflügel für die schwächste und rechnete deshalb hier am ehesten auf Erfolg. Die westliche Angriffsgruppe, das VIII. Korps zwischen Rovereto und Vielgereuth, sollte um eine Division auf 31 Bataillone verstärkt werden und gleichzeitig mit der Mitte, dem XX. Korps zu 34 Batail¬
lonen, angreifen. Erst nach dem Durchbruch durch die vorderste Linie sollte dann auf dem Ostflügel das ohnehin schon etwas weiter in die gegnerische Front hineinragende III. Korps mit seinen 26 Bataillonen antreten. Cs blieben dann noch zwei Divisionen zur Verfügung des 11. Armee-Kommandos. Das Ganze bedeutete eine Verlegung des Schwergewichtes nach rechts; die baldige Gewinnung der Straße nach Schio spielte dabei eine Rolle. Von der 3. A r m e e waren Teile des XVII. Korps in der Front
beiderseits des Sugana-Tales eingesetzt. Der Rest dieses Korps sowie das XXI. und I. Korps waren nördlich von Trient versammelt.
Erzherzog Eugen billigte den Plan der 11.Armee, auch die Heeresleitung in Teschen sah sich nicht veranlaßt, in die KräfteVerteilung einzugreifen, deutete aber doch an, daß ihr gleichzeitiger Angriff des linken Flügelkorps lieber sei. Generaloberst Dankl blieb jedoch bei seinem Plan, setzte den Angriffsbeginn auf den 15. Mai fest und gab am 10. Mai die endgültigen Befehle. ') Osterr. amtl. Werk, Band IV, S. 225.~~
Die Front gegen Italien.
576
Abwehrmatznahmen der Italiener. Mörz bis Mai.
Am 22. März meldete das Oberkommando der um Tirol stehenden
italienischen 1. Armee erstmalig die Wahrscheinlichkeit eines feindlichen Angriffes mit starken Kräften auf der Hochfläche von Lafraun. Am 31. März brachte ein übergelaufener Baumeister eine ausführliche Skizze und genaue Angaben über die Angriffsvorbereitungen'). Als Anfang April neue Mel° düngen die Ansammlung von Artillerie und Fahrzeugen vornehmlich in der
Gegend der Hochfläche, weniger im Ctsch- und Sugana-Tale bestätigten, verlegte die Heeresleitung aus ihrer Reserve bei Ad ine zwei Divisionen und eine Alpini-Gruppe zu zehn Bataillonen und sechs Gebirgsbatterien in den Vereich der 1. Armee. Am 8. April schrieb General Cadorna dem Oberbefehlshaber der I.Armee, Generalleutnant Vrusati, daß er in der Überweisung von zwei Divisionen eine Vorsichtsmaßnahme sehe, mit der
er jeder Möglichkeit begegnen wolle, mich wenn seiner Überzeugung nach ein entscheidender Angriff in Tirol nicht stattfinden werde. Die österreichisch-ungarischen Gegenangriffe im Sugana-Tal") wurden von den Italienern als Austakt der Offensive in Südtirol angesehen.
Generalleutnant Cadorna änderte seine Ansicht. Die eingegangenen Rächrichten und die Kämpfe der letzten Tage bei der 1. Armee ließen ihm Operationen von einiger Bedeutung in der Gegend des Etsch-Tales, der Hochflächen und des Sugana-Tales nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich erscheinen. Er traf Anordnungen zu weiterer Verstärkung der Tiroler Front aus den Heeresreserven am Tagliamento. Am 26. Aprils,
als Nachrichten über Versammlung von zehn österreichisch-ungarischen Divisionen in Tirol vorlagen, erbat er die Unterstützung der Alliierten, besonders
durch Geschütze und Munition, und erkundigte sich nach dem Angriffsbeginn der Russen. In seiner Antwort vom 30. April mahnte General I o f f r e
den italienischen Generalstabschef, bei der Abwehr eines etwaigen Angriffs sparsam mit seinen Reserven umzugehen und in dem der Verteidigung so günstigen Vergland in weitestem Umfange von Geländeverstärkungen Gebrauch zu machen, im übrigen aber weiterhin die Vorbereitungen für den Angriff am Isonzo zu fördern. Am 6. Mai teilte General A l e x e j e w
mit, daß die russische Offensive Ende Mai, vielleicht erst Anfang Juni ein-
fetzen würdet. Am 8. Mai übernahm Generalleutnant Graf Pecori-Giraldi an Stelle des Generalleutnants Vrusati den Oberbefehl über die 1. Armee. Dank 1) Capello, a. a. O., S. 247.
2) 6.573. 3) Franz. amtl. Werk, Band IV, S. 597 f. ") Ebenda.
577
Beginn des österreichisch-ungarischen Angriffs in Sttdtirol,
den Maßnahmen der Heeresleitung verfügte er zwischen Ctsch und Vrenta am 15. Mai über 182 Bataillone. An Artillerie standen ihm 851 Geschütze ».Mat.
zur Verfügung, darunter 348 schwere und schwerste. General Cadorna hielt die Armee in jeder Hinsicht für ausreichend zur Abwehr gerüstet, mochte der Angriff auf den Hochflächen oder, wie das Oberkommando der 1. Armee glaubte, hauptsächlich durch das Sugana-Tal kommen. Hier war die Front am stärksten, mit 37 Bataillonen besetzt. Beiderseits des Assa-Tales, gegenüber dem ö.-u. III. Korps stand die 34. Infanterie-Division mit 20Batail¬ lonen, zwischen dem Astico und Terragnolo vor dem XX. Korps die 35. Infanterie-Division mit 15 Bataillonen. Im Gebiet des Col Santo standen neun Bataillone, zwischen dem Arsa-Tale und dem Garda-See die 37. Infanterie-Division mit 18 Bataillonen. Zur Verfügung des Oberkommandos der Armee befanden sich bei Bassano, Thiene und Schio anderthalb Divistonen und eine Alpini-Gmppe zu zehn Bataillonen und sechs Gebirgsbatterien. Die Verfügung über weitere zweieinhalb Infanterie-Divisionen
hatte sich die Heeresleitung vorbehalten. Ii) Die Durchführung des Angriffs. Die Schlacht bei Vielgereuth und Lafraun. Am 15. Mai traten bei der ö.-u. 11. Armee auf dem rechten Flügel das VIII. Korps unter Feldzeugmeister von Scheuchenstuel und in der Mitte das XX. Korps unter Feldmarschalleutnant Erzherzog Karl Franz Joseph zum Angriff an. Am 19. Mai war die teilweise durch ständige Werke
gestützte italienische zweite Stellung zwischen Arsa-Tal und Astico-Tal mit dem Col Santo und dem Eampomolon in ihrer Hand. Dann geriet das Vorgehen ins Stocken.
Gleichzeitig hatte Erzherzog Eugen den flügelweisen Einsatz seiner beiden Armeen eingeleitet, indem er das III. Korps, das unter dem Befehl des Feldmarschalleutnants Ritter von Krautwald den linken Flügel der 11. Armee bildete, der 3. Armee zuteilte. Dafür erhielt General Dankl das
XXI. Korps. Er plante es so einzusetzen, daß das Schwergewicht noch mehr nach rechts verlegt wurde. Die Heeresleitung widersprach dieser Neuordnung nicht. Als Ablenkung waren bei der 3. Armee die Unternehmungen des XVII. Korps aufzufassen. Seine Angriffe vom 15. und 19. Mai führten zu bemerkenswerten Erfolgen. Der Feind räumte das Gelände westlich von Vorgo und verlor die Höhen am südlichen Talrande. Langsam nachdrückend kam man im Sugana-Tal am 22.Mai über Vorgo hinaus und stieß erst am 25. Mai bei Ospedaletto auf nachhaltigen Widerstand der
Italiener. »eltlrieg. X. Band.
37
578
Die Front gegen Italien.
Der Angriff des ö.-u. III. Korps war für den 21. Mai befohlen. Als man jedoch am 19. Mai aus einem mitgehörten Ferngespräch der Italiener
von einer bevorstehenden Umgruppierung erfuhr, wurde der Angriff auf den M.Mai. 20.Mai vorverlegt. Nach erbittertem zweitägigen Kampfe konnten die ersten Stellungen bei Vezzena genommen werden. Als am 22. Mai die
Angreifer weiter vorfühlten, fanden sie die zweite Stellung geräumt. Nur auf dem äußersten Nordflügel mußte die Porta di Manazzo im Kampf genommen werden. Schon am 23. Mai fiel der nördliche Eckpfeiler der
nächsten Stellung, der Mt. Kempel (2310 Meter), den österreichischungarischen Hochgebirgstruppen in die Hand, die von der Porta di Manazzo den weichenden Italienern nachstießen. Ebenso kam im Süden das ganze Verena-Plateau bis an das untere Assa-Tal in den Besitz der Angreifer. Hingegen stießen sie in der Mitte beiderseits des Mt. Meata noch auf starken Widerstand, der erst am 25.Mai gebrochen werden konnte, nachdem wiederum der Nordflügel längs des Südrandes des Sugana-Tales nach
Osten vorgedrückt hatte. Inzwischen hatte das ö.°u. VIII. Korps am rechten Flügel der 11. Armee weder die Com Zugna (1865 Meter) noch den Pasubio
(2236 Meter) besetzen können. Hingegen hatte das XX. Korps den Mt. Majo (1500 Meter) und die Platte südlich von Tonezza mit dem Mt. Cimone (1230 Meter) bis zum 25. Mai genommen.
Die Schlacht bei Arsiero und Asiago. Nach diesen Erfolgen stand der Angreifer vor der italienischen dritten Stellung, die die Becken von Arsiero und Asiago deckte. Für die ursprünglich von der Heeresgruppe geplante Linksschwenkung waren durch den bisherigen
Verlauf der Kämpfe die Voraussetzungen nicht geschaffen. Der rechte Flügel hing ab und hatte noch sehr starke Stellungen des Gegners in schwierigem Gelände beiderseits des Arsa-Tales zu bezwingen. In der Mitte hatte sich der Angriff gegen die von Natur sehr starke Stellung zu richten, die von den
schwer zugänglichen Gipfeln des Mt. Novegno (1552 Meter)—Mt. Priafora (1653 Meter) über Arsiero jenseits der tief eingeschnittenen Assa° Schlucht über die Punta Eorbin (1090 Meter) und Camporovere nach
Nordosten verläuft. Auch hier bildeten ständige, neuzeitige Vesestigungsanlagen das Rückgrat der Verteidigung. Wenn es gelang, bei Arsiero oder
Asiago einzubrechen, bestand die Hoffnung, die übrigen, in der Front sehr starken Abschnitte durch Flanken- und Rückenangriff zu Fall zu bringen. Wie stets bei Einbrüchen in tiefgegliederte Stellungsräume bedingten aber Nachschubverhältnisse und Umgruppierung vor allem der Artillerie
einen vorübergehenden Halt. Verstärkungen mußten herangezogen werden,
Erfolgreicher österreichisch-ungarischer Angriff in Südtirol.
579
da das III. Korps allmählich eine Frontausdehnung von 20Kilometern
bekommen hatte. Die Heeresgruppe legte keinen Wert mehr auf Vorgehen nördlich des Sugana-Tales. Die dort verfügbaren Teile des XVII. Korps wurden nach dem linken Flügel des III. Korps herangezogen. Die Anordnungen der Heeresgruppe für den zweiten
Abschnitt der großen Kampfhandlung lassen deutlich eine Verschiebung des Schwerpunktes nach der Mitte und den Verzicht auf die Stoßrichtung Rovereto—Schio erkennen. „Wir wollen und müssen", so hieß es in den Weisungen vom 25.Mai'), „in die Ebene vordringen und hierzu die Aus- 25. Mai,
gänge aus dem Gebirge in den Richtungen auf Thiene und Vafsano ohne Zeitverlust in Besitz nehmen". Von der 11. Armee sollte der Ostflügel, das XX.Korps, mit möglichst starken Teilen des VIII. Korps und verstärkt
durch die 44. Infanterie-Division die Offensive in kürzester Richtung durch das Astieo-Tal und über dessen westliche Vegleithöhen in der Hauptrichtung auf Thiene fortsetzen, um baldmöglichst den Talausgang bei Piovene in die Hand zu bekommen. Bei der 3. Armee hatte das III. Korps die Aufgabe, mit starkem linken Flügel in den Raum von Asiago vorzustoßen. Um ihm alsdann kräftiges Vordringen in die Linie Vassano—Vreganze zu ermöglichen, wurde der Armee am 27.Mai das ganze I. Korps, die letzte verfügbare Reserve der Heeresgruppe, zur Verfügung gestellt. Die vorderste Division dieses Korps war schon am 25. im Astieo-Tal nach der Front in
Marsch gesetzt. Sie sollte auf dem rechten Flügel der Armee in der Richtung auf Fondi—Cesuna eingesetzt werden. Die Heeresleitung hatte am 23.den Antransport der 9. Infanterie-Division vom Isonzo und der
28. Landsturm-Gebirgs-Brigade vom Balkan befohlen. Die Heeresgruppe
drängte darauf, den Erfolg im allgemeinen mehr durch rasches, kühnes Zufassen zu suchen als durch methodisches Vorgehen, warnte aber vor über-
eilten Unternehmungen und mahnte, sparsam mit Menschen umzugehen. Den Feind schätzte sie auf etwa 28Brigaden, von denen 23sicher festgestellt waren. Für die Neuordnung der Verbände und Umgruppierungen hatte die Führung eine mehrtägige Kampfpause vorgesehen. Der Drang der Truppe nach vorwärts machte diese Absicht aber zunichte. Schon am 26. Mai faßten Teile des III. Korps auf der Platte nördlich von Asiago Fuß, um am nächsten Tage die wichtigsten Gipfel dort in die Hand zu bekommen; am 28. Mai rückte eine Kompagnie beim Nachdrängen hinter dem weichenden 2«. Ma«.
Gegner in Asiago ein. Gleichzeitig gelang es dem rechten Flügel des Korps, Wer das Assa-Tal zu kommen und sich auf dem Plateau zwischen Arsiero und Asiago festzusetzen. Am 29. Mai wurde das Panzerwerk Punta Corbin ') Ssterr. amtl. Werk, Band IV, S. 307. 37*
Die Front gegen Italien.
580
von Osten her genommen. Da am 26. Mai auch die Sperre im Astico-Tale
durch kühnen Zugriff unternehmungsfreudiger Teile des XX. Korps gefallen war, beherrschte man nunmehr das Astico-Tal, das von Norden her den wichtigsten Zugang zum Becken von Arsiero bildet. Das Becken selbst und
seinen Ausgang durch den Rand des Gebirges nach Süden in die Ebene hielten noch die Italiener. Denn noch war der Bergklotz östlich von Arsiero mit dem Mt. Cengio in ihrer Hand und ebenso die mächtige Gebirgskette, die sich vom Pasubio nach dem Astico südöstlich von Arsiero hinzieht und mit einer Reihe von Panzerwerken bewehrt war. Aber auch hier waren
Fortschritte zu verzeichnen. Das XX. Korps besetzte die von den Italienern geräumten Werke westlich von Arsiero am 28. und 29. Mai. Am nächsten Tag fiel durch
kühnen Handstreich der Kaiserjäger der Mt. Priafora. Auch weiter westlich, in der Gegend südwestlich von Posina, wurden Erfolge errungen. Am Pasubio und im Arsa-Tale kam man jedoch nicht vorwärts, trotz mehrfacher tapferer Angriffe, die viel Blut kosteten. General Dankl befahl daraufhin 30. Mai. am 30. Mai ihre Einstellung und zog die hier in der Front stehende 48. In-
fanterie-Division als Armee-Reserve nach Rovereto.
In einem Bericht vom 27. Mai, der zwei Tage später in Teschen
vorlag, hatte Erzherzog Eugen die Hoffnung ausgesprochen, daß es gelingen werde, mit den vorhandenen Kräften den Austritt aus dem
Gebirge zu erzwingen. Angesichts der Möglichkeit, daß es der Gegner bei seiner starken zahlenmäßigen Überlegenheit in der Hand habe, dem Angriff in der Ebene neue beträchtliche Kräfte entgegenzuwerfen, bat er aber, für
weitere Verstärkung der Heeresgruppe Vorsorge zu treffen. Generaloberst von Conrad überwies ihm die 61.Insanterie-Division vom Isonzo,
die vom 2. Juni ab transportbereit sein konnte, und stellte eine weitere Division aus Galizien für Mitte Juni in Aussicht.
Den Angriff mit starkem linken Flügel auf Arsiero hatte Generaloberst Dankl für den 30. Mai in Aussicht genommen, sofern zuvor die Höhen östlich von Arsiero genommen wären. Als hierin durch etwas zögernde Haltung des 11. Armeekommandos eine Stockung einzutreten drohte, griff am 30. Mai die Heeresgruppe ein: „Punta Eorbin genommen. Zwanzigstes Korps vor. 3. Armee angewiesen, gegen Mt. Cengio vorzustoßen"'). Mit diesem knappen, drahtlich übermittelten Befehl waren für das Vorgehen der
inneren Armeeflügel klare Verhältnisse geschaffen. Der Talstoß fiel dem linken Flügel des XX. Korps zu, der noch im Anmarsch befindlichen 44. und ') Ssterr. amtl. Werk, Band IV, ., S. 288 f.
38*
X. Die Ereignisse am Balkan und an der Front der Türkei. A.Die Entwicklung der £age am Halfan1). Band IX, Karte 5 und Skizze 13.
Bis Seit der Angriff gegen Saloniki Anfang März aufgegeben wurde, Ende Juni. f{anken am Valkan zwei deutsches und zwölf bulgarische Divisionen, von denen die letzteren an Infanterie etwa doppelte Stärke hatten^), außerdem österreichisch-ungarische Kräfte in Stärke von etwa drei Divisionen in
Albanien. Die Heeresgruppe Mackensen (bulgarische 1. und deutsche 11.Armee, bei dieser 1%deutsche Divisionen) sowie die bul¬ garische 2. Armee hielten Abwehrstellungen vor der griechischen Grenze. Ihnen gegenüber standen im Räume von Saloniki vier bis fünf französische und etwa ebensoviel englische Divisionen unter General Sarrail, zu denen seit Mitte April noch serbische Truppen traten, die, mit fran¬
zösischer Hilfe wieder aufgestellt^), allmählich auf sechs Divisionen anwuchsen. Auch zwei über den Stillen Ozean heranbeförderte russische Brigaden waren bis zum Sommer zur Verfügung^). Hinter der feindlichen Front stand die neutrale griechische Armee mit zwölf Divisionen. Im südlichen Albanien befanden sich drei italienische Divisionen. Die bulgarische 3. Armee, dabei nahe der Küste des Schwarzen Meeres Teile einer deutschen Division, sicherte gegen Rumänien. Angesichts der Verstärkungen der Saloniki-Armee rechnete Generalseldmarschall von Mackensen mit der Möglichkeit eines Angriffs. Am mit den beschränkten eigenen Kräften die Abwehr zu gewährleisten, wurde es nötig, die Verteidigung an einzelnen Stellen aus griechisches Gebiet vorzuschieben. Dabei verursachte die Besetzung des sechs Kilometer südlich der Grenze gelegenen, befestigten Rupel-Passes, in dem die Struma das Grenzgebirge durchbricht, am 26. Mai besonders ernste Beunruhigung in *) 0.8 und 18 ff. sowie Band IX, S. 324. — 2) Vier aus Serbien zurückgezogene Divisionen (107., 11.bayerische I. D., XXII.R.K. mit 43. und 44. R. D. — Band IX,
S. 299) standen im Januar vorübergehend in Südungarn und damit nahe der rumä-
Nischen Grenze, bis sie nach dem Westen abgingen. Nach Einstellung des Angriffs gegen Saloniki folgten ihnen zwei weitere Divisionen (Alpenkorps und 103. I. D.). — 3) Band IX, S. 231. — 4) Band IX, S. 287. — 5) 0. 429.
Die Lage vor Saloniki.
597
Griechenland, denn es handelte sich um den Hauptzugang zu dem
von den Vulgaren heiß begehrten Lande östlich dieses Flusses. Die deutsche Zusicherung, alle besetzten Gebietsteile nach Abschluß der militärischen Operationen sofort wieder zu räumen, bestimmte König Konstantin jedoch dazu, an der Neutralität festzuhalten. Er geriet damit in schwierige Lage gegenüber der Entente, die Griechenland geheimes Einvernehmen mit den Mittelmächten vorwarf, Anfang Juni über das ganze Land die Blockade verhängte und unter diesem Drucke neben der Erfüllung politischer Forderungen Ende Juni die Demobilmachung der gesamten griechischen Streitmacht erzwang mit Ausnahme der beiden Korps, die östlich der Struma die von den
Vulgaren begehrten Gebietsteile schützten. Inzwischen hatte die Heeresgruppe Mackensen angesichts der Not an
der österreichisch-ungarischen Front gegen Rußland ihren Generalstabschef, Generalmajor von Geeckt, und die 105. Infanterie-Division abgegeben'). Der Stellvertreter des Generalstabschefs, Oberst Hentsch, hatte vor-
geschlagen, dem jetzt erst recht erwarteten feindlichen Angriff durch eine Stellungsverbesserung an der Front der bulgarischen 1. Armee zuvorzukommen, bei der griechisches Gebiet betreten werden mußte. General von Falkenhayn hatte das jedoch am 21. Juni abgelehnt, da er an
solchen Angriff zunächst nicht glaubte, vor allem aber mit Rücksicht auf die Verhältnisse in Griechenland. Solange dessen Armee mobil war, bestand die Gefahr, daß ein Zusammenstoß bulgarischer Truppen mit griechischen dm Übertritt Griechenlands zur Entente bringen könne.
Diese Gefahr
schwand mit der Demobilmachung des griechischen Heeres. Sobald sie durchgeführt war, bestanden keine Bedenken mehr dagegen, daß die Heeresgruppe Mackensen sich auch auf griechischem Boden mit derselben Freiheit bewegte, die die Entente-Truppen schon seit neun Monaten genossen und ausnutzten. In Bulgarien zeigte sich seit den Erfolgen der russischen
Vrussilow-Offensive zunehmendes Mißtrauen gegen Österreich-Ungarns militäusche Kraft, das — wie der deutsche Militärattache, Oberst von Mafsow, am 14. Juni berichtete — „eine uns nicht förderliche Propaganda stärkt". Hierzu kämen Befürchtungen hinsichtlich Rumäniens; man fange an, sich der Lage des Jahres 1913 zu erinnern. Da aus allen diesen Gründen
der Wunsch nach einheitlichem deutschen Oberbefehl über die gesamte Ostfront dringender werde, habe ihn der Kronprinz im Auftrage des Königs zu sich gerufen. Daß damit die bulgarischen Truppen an der rumänischen
Grenze unter deutschen Befehl treten würden, sei selbstverständliche Vor0 S. 482 ff.
Die Ereignisse am Balkan und an der Front der Türkei.
598
Ms
aussehung. Doch bitte der König, Generalfeldmarschall von Mackensen an
Ende zum. kCJ. g^echischen Front zu lassen.
Die augenfälligen Fortschritte der Russen am Dniester und Nachrichten aus Bukarest ließen inzwischen die Besorgnisse wegen der Haltung
Rumäniens') rasch steigen. Daß diese dauernd höchst unsicher war, wurde durch aufgefangene Funksprüche des italienischen Botschafters in Petersburg bestätigt, die schon im April den Anschluß an die Entente als nahe bevorstehend bezeichnet hatten. Rumäniens größte Sorge war, daß es beim Angriff gegen Österreich-Ungarn Bulgarien im Rücken haben werde. Um dessen Kräfte zu fesseln, forderte es den Angriff der Cntente-Armee aus Saloniki. Andererseits bedeutete auch für Bulgarien ein Vorgehen der Rumänen aus der Dobrudfcha den Zweifrontenkrieg. So hielt General von Falkenhayn bald nach dem 21.Juni die Verstärkung der bulgarischen Truppen an der rumänischen Grenze für dringend
und beschäftigte sich auch näher mit der Möglichkeit eines Entente-Angnffs von Saloniki her, den er sich allerdings nicht in Form einer großen Offen-
sive dachte, sondern nur als eine Unternehmung, die durch Bindung bulgarischer Truppen den Rumänen Rückenfreiheit verschaffen sollte. Er erwog nunmehr doch, nach Abschluß der griechischen Demobilmachung die Vortruppen der Entente auf Saloniki zurückzuwerfen, um die Front zu ver-
kürzen. Ein solcher Erfolg würde nicht nur Truppen gegen Rumänien frei machen, sondern — so hoffte er — auch auf dessen Entschließungen ein-
wirken. Der Angriffsgedanke stieß aber jetzt bei der Heeresgruppe Mackensen auf Ablehnung, da es fraglich sei, ob die Kräfte zur Durchführung reichen würden, und ob — selbst beim Gelingen — nennenswerte Teile ausgespart
werden könnten. General von Falkenhayn regte aber auch Verstärkung der Truppen an der bulgarisch-rumänischen Grenze durch Hilfe der Türke f) an. Diese war bereit, dafür im Bedarfsfälle vier Divisionen — wenn sie sicher sei, nicht von Griechenland angegriffen zu werden, sogar sechs Divisionen —
zur Verfügung zu stellen. Aber Bulgarien hatte gegen türkische Unter¬ stützung nach wie vor Mißtrauen. General Iekow meinte, die Türkei werde für ihre Divisionen, die doch nur je 2—3000 Mann zählen würden, politische Gegenforderungen stellen; sie müßten daher jedenfalls als Unter-
stützung für Deutschland, nicht für Bulgarien gekennzeichnet sein und dürften auch erst dann austreten, wenn die Lage es unbedingt erfordere.
So konnte einstweilen nichts Wesentliches geschehen. Auch erschien dem
deutschen Generalstabschef Bulgariens Haltung gegenüber Rumänien, ')S.481. 2) S. 615.
Vorbereitende Maßnahmen gegen Rumänien.
599
hinter dem Rußland stehen würde, angesichts der im Lande immer noch vorhandenen rusienfreundlichen Kreise etwas undurchsichtig') und zögernd. Dagegen drängte Bulgarien, um das von ihm begehrte Gebiet in die Hand
zu bekommen, auf Vorschieben der Front nach Griechenland hinein. Dort aber vollzog sich die Demobilmachung der Armee mit großer Langsamkeit. Nachrichten über Fortschritte in den Verhandlungen der Entente mit 3»« bis Rumänien und neue Rückschläge am Dniester und Styr veranlaßten General 5awfluft*
von Falkenhayn, dem bulgarischen Generalstabschef am 19.Juli die Verstärkung seiner Truppen an der rumänischen Grenze, unter anderem
durch Zurückberufung der sehr zahlreichen Crnteurlauber, vorzuschlagen, dann aber auch die Heranführung der Vortruppen von zwei türkischen Divi¬ sionen2) und des österreichisch-ungarischen schweren Donau-Vrückentrains. General I e k o w ging jetzt auf alles ein, drängte andererseits aber auf Vereinheitlichung des Oberbefehls an der ge-
samten O st front unter deutscher Führung, für die sich besonders Zar Ferdinand seit langem persönlich eingesetzt hatte*), ebenso aber auch CnverPascha von türkischer Seite. Zur Besprechung dieser Fragen waren der Kronprinz von Bulgarien und General Iekow am
27. Juli in Pleß eingetroffen''), wo am 28. mit der deutschen und der öfter-
reichisch-ungarischen Obersten Heeresleitung eine Militärkonvention für den Fall des Krieges mit Rumänien abgeschlossen wurde. Am 3. August trat ihr Cnver Pascha bei°), der dazu mit General von Falkenhayn und Generaloberst von Conrad in Budapest zusammentraf. In der Überzeugung, daß der Ausgang des Krieges nicht an den Grenzen der Türkei, sondern an den Hauptfronten in Europa entschieden werde, wollte er zur Verfügung stellen, was er an Truppen habe: „Gewännen wir
den Krieg, so verlasse er sich darauf, daß der Türkei durch Deutschland ihr Recht werde." Die Vereinbarungen bestimmten: Rumänien solle schon jetzt nicht im Zweifel gelassen werden, daß es beim Anschluß an die Entente
auf gemeinsames tatkräftiges Handeln Deutschlands, Osterreich-5lngarns, Bulgariens und der Türkei zu rechnen habe. Andererseits solle jede unnötige Reizung vermieden werden. Für den Fall, daß Rumänien trotzdem zu den Waffen griff, wurde die Bereitstellung von Truppen aller vier Verbündeten ') 6.642. — 2) Zwei andere türkische Divisionen waren inzwischen bereits an
die österreichisch-ungarische Heeresleitung vergeben (S. 615). 3) Zuschrift des Generalmajors von Massow, damals Militärattache in Sofia, vom 25.Juni 1934.
4) S. 532. 5) S. 615.
600
Die Ereignisse am Balkan und an der Front der Türkei.
(eine deutsche, vier bulgarische, zwei türkische Divisionen, deutsche schwere Artillerie, Luftstreitkräfte und technische Truppen, österreichisch-ungarische Donau-Flottille') und schweres Vrückengerät) unter Generalfeldmarschall von Mackensen im Räume von Ruschtschuk und östlich vereinbart, „um den
Krieg von bulgarischem Voden sicher, vom österreichisch-ungarischen soweit irgend möglich fernzuhalten und nach Rumänien hineinzutragen". Die deutschen Eisenbahntruppen, die schon an der dringend nötigen Verbesserung des bulgarischen Vahnnetzes für den Aufmarsch arbeiteten, wurden von zwei auf sechs Kompagnien verstärkt. Anfang Angnst.
Etwa um dieselbe Zeit begann man den österreichisch-ungarischen in Siebenbürgen zu verstärken. Am 7. August wurde er als neue
ö.-u. 1. Armee zusammengefaßt), die aber ausschließlich aus abgekämpften
Truppen und solchen bestand, die, noch unvollkommen ausgebildet und bewaffnet, erst zu neuen Verbänden zusammengestellt werden sollten. Solange die schweren Abwehrkämpfe im Westen und Osten und an der italienischen Front andauerten, wäre es nicht zu verantworten gewesen,
kampfkräftige Divisionen in Siebenbürgen für einen Fall bereitzustellen, von dem man nicht sicher wußte, wann, ja ob er überhaupt eintreten werde. Vollends war das unmöglich bei den Eisenbahnverhältnissen Ungarns, die
raschen Rücktransport der Truppen ausschlössen. Indem deutsche Eisenbahnbautruppen auch zur Verbesserung der Cntladeverhältnisse in Siebenbürgen eingesetzt wurden, wurde ein künftiger Aufmarsch dort vorbereitet. Darüber hinaus beschränkten sich die Vorarbeiten des Generals von FalkenHayn für den Einsatz deutscher Kräfte gegen Rumänien auf den nur sehr
allgemeingehaltenen Plan, den Einbruch des Feindes nach Siebenbürgen im Gegenangriff abzufangen^). Irgendwelche Vorbereitungen der Trans¬ ») Band IX, 6.207. — -) S, 552.
3) Nach einer Tagebuchauszeichnung vom 31. August hat Gen. von Falkenhayn dem Kaiser beim Vortrag am 28. August die Truppen vorgerechnet, „die wir gegen Rumänien einsetzen könnten"; der Kaiser habe dazu aber — vielleicht mit Rücksicht auf die bevorstehende Aussprache mit dem O. B. Ost ajfen und Munition^). Ergänzung und Verstärkung des Heeres hatten die deutsche Volkskraft immer stärker in Anspruch genommen. Trotzdem blieb die Ersatz-
läge im ersten Halbjahr 1916 im allgemeinen noch durchaus günst i g. Zu Jahresbeginn wiesen die Ersatztruppenteile einen Bestand von mehr als 800 000 Kriegsverwendungsfähigen auf, der im März durch Ein¬ stellung des Rekrutenjahrganges 1897 einen weiteren Zuwachs von rund 300 000 Mann erhielt. In der Kriegswirtschaft befanden sich zu dieser Zeit etwa 1,2 Millionen Zurückgestellte, darunter 740 000 Kriegsverwendungsfähige. Der Ersatzbedarf des Feldheeres, der sich im Winter 1915/16
beträchtlich vermindert hatte, nahm seit Beginn der Verdun-Schlacht wieder zu und betrug im Monatsdurchschnitt 200 000 Mann; er konnte zu etwa i) Näheres hierüber sowie über die Deckung des durch Hinzutritt neuer Gegenstände, wie Stahlhelme, Nachrichtenmittel, Meßgeräte usw., immer vielseitiger werdenden Bedarfs an Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken, an Kampfgerät und Fahrzeugen, an Hindernismaterial und Baustoffen wird der II. Band „Kriegsrüstung und Kriegs-
Wirtschaft" bringen.
627
Eisenbahnen. — Crsatzlage.
einem Drittel durch Wiedergenesene gedeckt werden. Da die Deckung des
Bedarfs somit für längere Zeit gesichert schien, leitete die Heeresverwaltung in Erfüllung langgehegter Wünsche weitester Volkskreise die Ablösung unmittelbar in der Front stehender Landsturmleute der ältesten Jahrgänge durch jüngere Kräfte in die Wege. Die günstigen Ersatzverhältnisse waren allerdings nicht zuletzt dadurch erkauft, daß man sich Zurückhaltung in der Aufstellung von
Neuformationen auferlegte. Zu Anfang des Jahres hatte das
Kriegsministerium der Obersten Heeresleitung erklärt, daß Neuaufstellungen künftig möglichst unterbleiben müßten, wenn der Bestand an Ersatzmann-
schaften noch längere Zeit ausreichen solle. Neben Ausbau noch unvollständiger Feldverbände beschränkte man sich daher im wesentlichen auf Vermehrung der technischen und Sondertruppen, wie Maschinengewehr-Scharsschützentrupps, Fußartillerie- und Flak-Vatterien, Flieger-, Minenwerferund Nachrichtenformationen, wozu vielfach auch bereits vorhandene Einheiten herangezogen und entsprechend umgebildet wurden. Die Somme-Schlacht mit ihren hohen Verlustziffern warf jedoch alle Berechnungen über den Haufen. Bereits in den ersten zehn Kampftagen mußten mehr als 100 000 Crsatzmannschaften ins Feld gesandt werden, und auch während der folgenden fast ununterbrochenen Großkämpfe
blieben die Ersatzanforderungen ziemlich auf der gleichen Höhe. Um schnelles Versiegen des Ersatzbestandes zu verhindern und nicht allzu vorzeitig auf den nächsten und vorläufig letzten Rekrutenjahrgang (1898) zurückgreifen zu müssen, sah sich die Heeresverwaltung zu besonderen Maßnahmen genötigt: Die Zurückziehung der älteren Landsturmjahrgänge aus der Front wurde ausgesetzt; der militärisch bisher noch nicht in Anspruch genommene Rest an tauglichen Landsturmpflichtigen wurde größtenteils eingezogen; Ersatzanforderungen der Truppen wurden nur noch in dringenden Fällen bis zur vollen Höhe erfüllt; Kriegsverwendugsfähige, die zu den
verschiedenartigsten, aus den Bedürfnissen des langen Stellungskrieges sich ergebenden Dienstleistungen hinter der Front abkommandiert waren, wurden in beträchtlicher Zahl durch Garnisondienstfähige abgelöst und den Kampftruppen wieder zugeführt. Dank diesem Haushalten mit den Kräften konnten die im schwersten
Abwehrringen stehenden Truppen einigermaßen ausreichend mit Ersatz versorgt werden. Gleichzeitig konnten aber auch wieder in größerem Amfange Neuaufstellungen vorgenommen werden, wie es die gespannte Kriegsläge gebieterisch verlangte. Einschließlich vier aus Ersatztruppen zusammengesetzter, zum Küstenschutz in der Heimat bestimmter Divisionen entstanden so in den Sommermonaten teilweise unter Ausbau bereits vorhandener 40*
628
Die Weiterentwicklung auf sonstigen Gebieten der Kriegführung.
Brigaden 16 neue Divisionen'), so daß sich die Gesamtzahl der deutschen Divisionen bis Ende August 1916 auf 1752) erhöhte. Zu diesem Zeitpunkt wiesen die Ersatztruppen in der Heimat und hinter der Front noch 750 000 Kriegsverwendungsfähige auf. Als weitere Ergänzungsquelle blieb außer Wiedergenesenen und Zurückgestellten noch der Rekrutenjahrgang 18983). Größer waren die Schwierigkeiten, die Ersatz und Beschaffung von
Pferden bereiteten.
Die im Felde befindlichen Pferde hatten durch
Futtermangel, schlechte Unterbringung und Überanstrengung stark gelitten;
an kranken Pferden befanden sich im Monatsdurchschnitt beim Westheere 12 v. &.,beim Ostheere 20 v. 9).desBestandesintierärztlicherBe Durch Errichtung zahlreicher Pferdelazarette hinter der Front suchte man die Wiederherstellung kranker und erholungsbedürftiger Pferde zu fördern und die Seuchengefahr einzudämmen. Die Heimat konnte bei zunehmender
Anspannung der Wirtschaftslage kaum noch Pferde liefern; auch durch Ankäufe im Ausland und in besetzten Gebieten war nur geringer Zuwachs
zu erhalten. Einschneidende Maßnahmen mußten daher ergriffen werden, um den Bedarf zu decken, der sich für Ersatz und Neuformationen im Monatsdurchschnitt auf 16 000 Pferde belief. So sehte das KriegsMinisterium nicht allein den Stand an Pferden beim Feld- und BesatzungsHeer teilweise beträchtlich herab und suchte durch vermehrte Motorisierung von Batterien und Kolonnen an tierischem Zug zu sparen, sondern es
schritt im Sommer 1916 schließlich auch zur Auflösung einer größeren Anzahl von Reserve-, Landwehr- und Landsturm-Kavallerieformationen und machte damit rund 17 000 Pferde für andere Zwecke, hauptsächlich zur Bespannung von Batterien, verfügbar. Beim Ostheer wurde ein Teil der aufgelösten Einheiten zu insgesamt neun unberittenen Kavallerie-
Schützen-Regimentern umgebildet. Ähnlich wie die Ersatzversorgung ließ sich im ersten Halbjahr 1916 auch die Versorgung des Heeres mit Waffen und Munition ohne wesentliche Schwierigkeiten bewerkstelligen. Das war ebensosehr der
vorausschauenden, auf ständige Steigerung der Fertigung bedachten Tätigkeit der Heeresverwaltung und ihrer Organe wie der rastlosen Arbeit zu verdanken, die in der zu immer größerem Umfange anwachsenden Kriegs1) 183., 185., 187., 192., 195., 197., 199.—204., 12. und 14. bayer. I. D., 47. Ldw. D., 5. Crs. D. (vgl. S. 418). 2) 1. Res. Crs. Division war inzwischen aufgelöst worden.
3) Über die Frage der Aufstellung polnischer Truppen f. S. 417.
Pferde. — Waffen und Munition.
629
industrie geleistet wurde. Auch den erhöhten Anforderungen der VerdunSchlacht, in der namentlich der Munitionsverbrauch zu unerwarteter Höhe anstieg'), konnte in vollem Maße entsprochen werden. General von FalkenHayn hat das in einem Dankschreiben an das Kriegsministerium als eine
„wirklich großartige Leistung" besonders anerkannt. Im Frühjahr 1916 reichte die monatliche Fertigung der wichtigsten Waffen und Munitionsarten') nicht nur zur Deckung des laufenden Bedarfs aus, sondern auch zur Ausstattung der Neuformationen.
Der fortschreitende Zuwachs an neuzeitlichen schweren Geschützen ermöglichte darüber hinaus einen schnelleren Ersatz des noch in der Front eingesetzten älteren Geräts.
Man blieb indessen nach Kräften bemüht, die erreichten Leistungen noch zu steigern. Die für den Heeresbedarf arbeitenden Fabriken erhöhten ihr Leistungsvermögen. Zahlreiche weitere Werke wurden herangezogen, hauptsächlich zur .Herstellung von leichten Geschützen, Munition und Nahkampfmitteln oder den dazu erforderlichen Halbfabrikaten. Sie
hatten freilich bei der Neuheit der Aufgabe zunächst manche Fertigungsschwierigkeiten zu überwinden. Die wachsende Knappheit an Rohstoffen beeinträch-
tigte zudem namentlich die Munitionserzeugung. Sorgfältiges Haushalten mit den verfügbaren Beständen durch die Kriegsrohstoffabteilung, die unter der umsichtigen und tatkräftigen Leitung des Oberstleutnants Koeth die Bewirtschaftung der kriegswichtigen Rohstoffe planmäßig ausbaute und erweiterte, schwächte diesen Mangel ab. Die Verwendung von Ersatzstoffen gewann immer größere Bedeutung. Geringere Güte der Munition mußte dabei vielfach in Kauf genommen werden. Mit zunehmender Lieferung von Preßstahl- und Stahlgußgeschosien konnte andererseits die Fertigung der minderwertigen Graugußgeschosse mehr und mehr eingeschränkt werden.
In einem Punkte allerdings hatte die feindliche Rüstungsindustrie einen unerwarteten Vorsprung gewonnen.
Während man deutscherseits
für Offensive und Bewegungskrieg bisher das schwere Steilfeuer mit Recht aufs stärkste gefördert hatte, waren die Westgegner seit Kriegsbeginn dazu übergegangen, das schwere Flachfeuer in großem Stile zu vermehren. Demgegenüber wurde deutscherseits zwar auf Festungs- und allmählich auch auf ') Im Durchschnitt der beiden ersten Angriffsmonate wurden bei Verdun ver-
schössen: 2.8 Millionen Schuß Feldartillerie- und 1,3 Millionen Schuß FußartillerieMunition. Vor Beginn der Schlacht hatten im Westen (neben der vollen Truppenausrllstung) in der Etappe und beim Chef des Feldmunitionswesens bereitgestanden:
8.5 Millionen Schuß Feldartillerie- und 2,7 Millionen Schuß Fußartillerie-Munition. 2) S. 631.
Die Weiterentwicklung auf sonstigen Gebieten der Kriegführung.
630
Schiffsgeschütze zurückgegriffen, doch konnte der Gegner bei Verdun in der Zeit von Februar bis Juni sein weiter als 12 000 Meter reichendes Flachfeuer von 82 auf 402 Geschütze erhöhen, der deutsche Angreifer von 211 nur auf 228, darunter fast die Hälfte mit einer Schußweite von nur 10 000 Metern
und weniger'). Zum Ausgleich kamen allein schwere Steilfeuergeschütze neuester Fertigung in Frage. Sie mußten dabei aber auf äußersten Schußweiten, also mit „größter Ladung" feuern, wurden vorzeitig abgenutzt und ergaben damit empfindlichen Geräteausfall. Wie notwendig die fortgesetzte Steigerung der Waffen- und Munitionserzeugung war, zeigte die Somme-Schlacht. Dem verschwenderischen Materialeinsatz, mit dem die Gegner die deutsche Front dort zu zer-
trümmern suchten, entsprach auf deutscher Seite hober Verschleiß von Waffen infolge von Abnutzung und Zerstörung durch feindliches Feuer. In den Monaten Juli und August mußten rund 1600 leichte und 760 schwere Ge° schütze in der Front ersetzt werden. Vor allem aber brauchte die Feldartillerie ungeheure Munitionsmengen zum Sperrfeuer bei der Abwehr
feindlicher Angriffe. Ihr gesamter Munitionsverbrauch auf allen Kriegsschauplätzen erreichte in den Monaten Juli und August die bisher uner¬ hörte Höhe von beinahe elf Millionen Schuß, fast das Dreifache des
gesamten Munitionsbestandes der Feldartillerie bei Kriegsbeginn. Im gleichen Zeitraum verschoß die schwere Artillerie rund drei Millionen
Schuß. Da die Neufertigung mit diesem gewaltigen Munitionsverbrauch der Feldartillerie bei weitem nicht Schritt zu halten vermochte, schmolzen die Bestände schnell zusammen. Mit größter Beschleunigung mußten daher Maßnahmen getroffen werden, um die Erzeugung so schnell wie möglich in die Höhe zu treiben.
Vor allem war es notwendig, die Pulver-
fertigung zu steigern, von der die Munitionserzeugung entscheidend abhängig war. Erst im Frühjahr 1916 war die bereits seit Anfang 1915 angestrebte Menge von monatlich 6000 Tonnen erreicht worden^). Im Juli wurde das Ende 1915 schon auf 8000 Tonnen erhöhte PulverProgramms abermals um 2000 Tonnen auf eine Monatsfertigung von insgesamt 10 000 Tonnen erhöht. Dabei mußte allerdings in größerem
Ausmaß als bisher auf Ammonpulver (ein mechanisches Gemisch von Kohle und Ammonsalpeter) zurückgegriffen werden, das zwar minderwertiger war
und in seiner Verwendung auf bestimmte Geschützarten beschränkt blieb,
desien Herstellung indessen geringere Schwierigkeiten machte. ') Anlage 1, Vergleich der deutschen und feindlichen Artillerie. 2) Band IX, S. 382.
3) Ebenda, 6.395.
Waffen und Munition.
631
Alle diese Maßnahmen brauchten zu ihrer Durchführung Zeit. Immerhin konnte die monatliche Waffen- und Munitionserzeugung im Vergleich zur Frühjahrsfertigung bis zum August 1916 auf folgende Höhe gesteigert werden:
im Frühjahr
240 000 1 250
im August
242 000 Gewehre und Karabiner, 1 900 Maschinengewehre,
600
800 Feldartilleriegeschütze (Feldkanonen und leichte
250
400 schwere Geschütze (schwere Feldhaubitzen, Mörser,
Feldhaubitzen), 10 oin-Kanonen),
450
1 400 Minenwerfer (leichte, mittlere und schwere),
2,9 1,7
4,7 Millionen Schuß Feldartillerie-Munition, 2,5 Millionen Schuß Fußartillerie-Munition (für die genannten Geschütze), 1,4 4,2 Millionen Handgranaten. Aber auch diese erhöhten Lieferungen reichten zur Deckung des gewaltig angewachsenen Bedarfs nicht mehr aus. Das deutsche Volk stand vor der Aufgabe, seine geistigen und körperlichen Kräfte in noch ganz anderem Maße als bisher anzuspannen, um das Heer so ausreichend mit Kampfmitteln zu versorgen, daß es dem Ansturm fast der halben Welt standhalten konnte.
Ernährungslage. In der ersten Hälfte des Jahres 1916 nahm die Ernähmngslage eine Entwicklung, die auf die Weiterfühmng des Krieges zurückzuwirken drohte. War es anfangs immer noch gelungen, die Knappheit an einer Art von
Nahrungsmitteln durch stärkeren Verbrauch anderer, vor allem durch reich-
liche Fleischnahrung auszugleichen, so schwand schließlich auch diese Möglichkeit. Alles wurde bedenklich knapp und teuer. Höchstpreise erwiesen sich als wirkungslos; die Märkte wurden nicht mehr beschickt. Schon im Herbst 1915 waren „fleisch- und fettlose" Tage eingeführt worden. Im Frühjahr 1916 wurden die Kartoffeln knapp und mußten rationiert werden. Als Ersatz wurden höhere Mehlportionen ausgegeben. Auch die aus dem Frieden übernommenen großen Vorräte an Kaffee, Tee und Kakao gingen
zur Neige und zugleich mit ihnen die viel verbrauchten Kaffeestreckungsmittel Zichorien und Feigen. Die Beschlagnahme des Nestes der Vorräte
ließ diese Genußmittel aus den Haushaltungen fast völlig verschwinden. Im Frühsommer nahm der Mangel an Speisefetten solchen Umfang an,
daß staatliche Verteilung eingeführt wurde, um wenigstens für das Heer,
632
Die Weiterentwicklung auf sonstigen Gebieten der Kriegführung.
die Kranken und die Kinder einigermaßen ausreichende Mengen zu sichern. Für die übrigen blieb nur ein Bruchteil des gewohnten Friedensverbrauchs
übrig. Der fast zwei Jahre währende Krieg hatte auch an den Vieh, beständen bereits erheblich gezehrt; die Zahl der Schweine war auf die Hälfte des Friedensbestandes gesunken. Die Fleischversorgung nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für das Heer war in Frage gestellt. So mußte man auch diese in öffentliche Bewirtschaftung nehmen. Das führte im Laufe des Sommers 1916 zu einer Zuteilung von Fleisch, die auf den Kopf der Bevölkerung nur noch 250 Gramm in der Woche ergab. Da außerdem die endgültige Feststellung der Ernte des Jahres 1915 wesent-
lich ungünstigere Ergebnisse zeigte, als erwartet, mußten auch die VrotPortionen von 225 auf 200 Gramm herabgesetzt werden. Noch weitere Cin° schränkungen konnten nur durch die rumänischen Getreidelieferungen ver° mieden werden. Schließlich mußten selbst Gemüse und Obst, Sauerkraut
und Sirup, Obstkonserven, Marmeladen und Dörrgemüse, zuletzt auch die nahrhaften Hülsenfrüchte mehr oder weniger vollständig in öffentliche Bewirtschaftung übernommen werden. Damit waren so gut wie alle wichtigen Lebensmittel dem freien Handel entzogen. Für den Geist des deutschen Volkes war es bezeichnend, daß es diese,
jedem einzelnen fühlbaren Einschränkungen und Entbehrungen in seiner weit überwiegenden Mehrheit willig ertrug. Allerdings sahen große Teile auch nichts Verwerfliches darin, sich unter Umgehung der Bestimmungen hochwertige Nahrungsmittel zu beschaffen, die der Schleichhandel anbot. Vor allem aber wurde die allen fühlbare Not von linkssozialdemokratischer Seite zur Aufhetzung von Teilen des Volkes ausgenutzt. Es kam zu
Straßenkundgebungen gegen Hunger und Krieg und Anfang Juni sogar zu größeren Streiks in Munitionsfabriken. Einstweilen blieben aber diese Erscheinungen aufkommender Kriegsunlust durchaus vereinzelt und ohne
Einwirkung auf die Kriegführung selbst. Um Mißständen abzuhelfen, über die mit Recht geklagt wurde, mußte vor allem dafür gesorgt werden, daß die vorhandenen Nahrungsmittel nach Möglichkeit restlos erfaßt sowie gleichmäßig und gerecht verteilt wurden. Die im Drange der Lage zunächst von verschiedenen Stellen heraus-
gegebenen Erlasse über die Ernährung widersprachen einander manchmal oder brachten Ungleichheiten für verschiedene Neichsteile. Das Ziel, die Versorgung des Heeres ohne Hunger und Notstände in der Heimat sicherzustellen, war nur zu erreichen, wenn die gesamte Ernährungswirtschaft an einer Stelle zusammengefaßt wurde, wenn die in der Heimat erzeugten
Nahrungsmittel nicht nur durch Zwang, sondern auch durch zweckdienliche Preisgestaltung vollständig erfaßt und gleichmäßig verteilt wurden, wenn
Crnährungslage.
633
die landwirtschaftliche Erzeugung auf der bisherigen Höhe gehalten und möglichst noch gesteigert wurde, und wenn zur Fütterung der Pferde und des Viehs in weitest gehendem Maße alle nur irgendwie geeigneten Ersatzmittel herangezogen wurden. So ergab sich zwingend die Notwendigkeit, die gesamte Ernährungsregelung einer einzigen mit großer Vollmacht ausgestatteten Persönlichkeit zu unterstellen. Der Bundesrat trug dem dadurch Rechnung, daß er Anfang des Sommers das Kriegsernährungsamt schuf und den Oberpräsidenten von Ostpreußen, Wirklichen Geheimen Rat Tortilowicz von Vatocki -Friebe, an seine Spitze berief. Das deutsche Volk begrüßte ihn als Lebensmitteldiktator, von dem es die Veseitigung der aufgetretenen Mißstände erwartete. Die leitenden Stellen hatten die zuversichtliche Hoffnung, daß es ihm gelingen werde, einer Ve-
einträchtigung der Kriegführung durch die Ernährungslage vorzubeugen.
XII. DerRücktrittdesGeneralsvonFalkenhayn. BisZ«li.
Als General von Falkenhayn um die Jahreswende 1915/16
sich die Aufgabe stellte, den Entscheidungskampf zu Lande gegen die Westmächte durch den Angriff auf Verdun herbeizuführen, wußte er sich des
uneingeschränkten Vertrauens seines Obersten Kriegsherrn sicher. Im übrigen aber entbehrte er doch nach mehr als einjähriger Amtstätigkeit im eigenen Heer wie unter den Verbündeten des überragenden Ansehens, dessen der verantwortliche Leiter der Gesamtoperationen für die Fort¬ führung des Koalitionskrieges bedurfte. Zudem ermangelten die Be¬
ziehungen zum Generalstabschef der österreichisch-ungarischen Wehrmacht trotz wiederhergestellter äußerer Form der Herzlichkeit und Offenheit; zur türkischen und bulgarischen Heeresleitung waren sie gut. In dem gespannten dienstlichen und persönlichen Verhältnis zum Oberbefehlshaber Ost war keine Besserung eingetreten. Kennzeichnend dafür ist eine Randbemerkung, die General von Falkenhayn im Februar 1916 zu einem ihm unterbreiteten
Vorschlage machte: „General Ludendorff und ich können eben nicht zufammenkommen. Die Wasser sind viel zu tief". Auch zu keinem der Armeeführer des Westheeres bestanden engere vertrauensvolle Beziehungen. Ausnahmslos urteilten diese über das Planen und Handeln des Generalstabschess mit Zurückhaltung, wenn nicht mit Zweifeln. Das von jeher der inneren Harmonie entbehrende und bereits um die
Jahreswende 1914/15 bis zum Bruche zugespitzte Verhältnis zum Leiter der Politik hatte sich gegen Jahresende 1915 abermals verschlechtert. Der persönliche Gegensatz war deutlich hervorgetreten, als General von Falkenhayn am 29. November seine Erklärung über die Wirkungs¬ losigkeit von Friedensbemühungen mit ungewöhnlicher Schärfe an die
Adresse des Kanzlers richtete'). Im Frühjahr 1916 führten die sachlichen Meinungsverschiedenheiten in der Frage des uneingeschränkten Unterseekrieges zum völligen Bruch, und da der Kaiser sich schließlich ganz auf die Seite des Kanzlers stellte, zur schweren Niederlage des Generalstabschefs. General von Falkenhayn bat um Enthebung von seiner Stellung. Da er es
damit begründete, daß der Kanzler unter Ausschaltung seiner Person die Entscheidung eingeholt habe, lehnte es der Kaiser ab, dem Gesuch seines Generalstabschefs Folge zu geben. Doch entstand in ihrem persönlichen Verhältnis infolge der Meinungsverschiedenheiten über den Unterseekrieg i) S. 1.
Schwindendes Vertrauen zu General von Falkenhayn.
6Z5
eine Spannung, die sich gelegentlich bei Vorträgen infolge der Gereiztheit des Generals in scharfen Auseinandersetzungen äußerte. Die Annahme liegt nahe, daß auch die von Monat zu Monat wachsende Enttäuschung über den Gang der Operationen im Maas-Gebiet, die unerwartete Wendung der Dinge im Osten und schließlich die durch die Somme-Schlacht verschärfte Krisis der Gesamtlage den Obersten Kriegsherrn allmählich in seinem unbedingten Vertrauen auf die Führung des Generals von Falkenhayn
wankend gemacht haben. In der militärischen Umgebung des Kaisers hegte vor allen der diensttuende Generaladjutant, Generaloberst von Plessen, Zweifel, ob der General-
stabschef imstande sein würde, der immer schwieriger werdenden Verhältnisse Herr zu bleiben. Auch dem Reichskanzler schien von neuem erwiesen, daß
General von Falkenhayn seiner Stellung nicht gewachsen sei. Cr nahm aber in Übereinstimmung mit dem Chef des Geheimen Zivilkabinetts von Valentini davon Abstand, dem Kaiser gegenüber dieser Überzeugung Ausdruck zu geben.
„Ich möchte glauben", so schrieb er am 14. Juni an
den Kabinettschef, „daß es Pflicht des Generals von Lyncker ist, dem Kaiser die Situation offen vorzutragen . . .
Militärische Erwägungen,
die von mir kommen, werden zurückgewiesen, sind aber notwendig, um den
allgemeinen politischen Erwägungen den gehörigen Nachdruck zu geben'"). Der Chef des Militärkabinetts, Generaloberst Freiherr von Lyncker, lehnte es aber entschieden ab, dem Kaiser einen Personenwechsel vorzuschlagen. Von entscheidendem Einfluß auf die Entwicklung der Dinge wurden Ende I««. die Erörterungen und Verhandlungen, die sich von Ende Juni ab um die
Betrauung des Generalfeldmarschalls von Hindenbürg mit dem einheitlichen Oberbefehl im Osten drehten'). Anfangs stand der Oberste Kriegsherr dabei noch ganz auf dem Standpunkt des Generals von Falkenhayn. Ein Gegensatz machte sich erst geltend, nachdem am 22. Juli der Kaiser unter dem Eindruck der vom
Kanzler übermittelten Sorgen und Wünsche des einflußreichen ungarischen
Politikers Grafen Andrassy den Entschluß gesaßt hatte, durch persönliche Aussprache in Pleß mit Erzherzog Friedrich die strittigen Fragen der Befehlsführung im Osten zu regeln und zu diesen Verhandlungen auch Generalfeldmarschall von Hindenburg und General Ludendorff hinzuzuziehen. General von Falkenhayn empfand letztere Maßnahme als eine Beeinträchtigung seiner Rechte als allein verantwortlicher Ratgeber des Obersten Kriegsherrn und sah es als Zeichen mangelnden Vertrauens an, von Valentini: „Kaiser und Kabinettschef", S. 239. 2) S. 524 ff.
636
Der Rücktritt des Generals von Falkenhayn.
daß dieser sich bei den folgenden mündlichen Auseinandersetzungen nicht auf seine Seite stellte. Durch seine daraufhin aus eigenem Entschluß herbeigeführte Selbstausschaltung aus den weiteren Verhandlungen kam es, daß die Dinge ohne sein Zutun geregelt wurden. Indessen zog er aus dem schwer
erträglich gewordenen Zustande nicht die letzten Schlußfolgerungen, sondern ließ die Absicht, von seinem Amt zurückzutreten, nach Rücksprache mit dem Chef des Militärkabinetts fallen. Unmittelbar nach Regelung der Vesehlsverhältnisse im Osten kam es zwischen dem Generalstabschef und dem Oberbefehlshaber Ost infolge der Meinungsverschiedenheiten über die Zuführung von Truppen und die Verteilung der Verstärkungen zu einer Kraftprobe, über deren Ernst und Tragweite kein Zweifel bestehen konnte'). Der Ober st e Kriegsherr, an den sich der Oberbefehlshaber Ost wiederholt unmittelbar wandte, war bemüht, einen Bruch zu verhüten und immer wieder auszugleichen. In
der aufs äußerste gespannten Kriegslage besorgte er, daß ein Wechsel der Persönlichkeiten in den höchsten Führerstellungen des Heeres nachteilige Folgen für die Operationen haben und vom Ausland als Zeichen innerer Schwäche gedeutet werden könne. Mitte August»
Am 19. August drahtete Generalfeldmarschall von Hindenburg persönlich an den Chef des Militärkabinetts, er habe „nach langer ein-
gehender Überlegung die Überzeugung gewinnen müfsen, daß seine Hand¬ lungen nicht die Billigung und seine Führung nicht mehr das Vertrauen des Kaisers" hätten. Cr bat sobald als möglich um persönlichen Vortrag beim Kaiser, zu dem außer Generaloberst von Lyncker nur General Luden-
dorff hinzugezogen werden sollte. Lediglich zur Unterrichtung des Chefs des Militärkabinetts selbst, nicht aber zum Vortrag beim Kaiser fügte er hinzu,
daß er seine Überzeugung als bestätigt ansehen müsse, falls der Oberste
Kriegsherr seinen Vortrag nicht wünsche. Der Kaiser lehnte den erbetenen unmittelbaren Vortrag durch ein noch am gleichen Tage an den Generalfeldmarschall gerichtetes Telegramm ab, in dem er dessen Besorgnisse als unbegründet zu zerstreuen suchte und
ausführte: „Ich muß als Oberster Kriegsherr, wenn auch oft schweren Herzens, Wünsche meiner Heerführer zurückstellen, wenn die von mir übersehene allgemeine Kriegslage es meiner Ansicht nach erfordert. Darin darf der Heerführer niemals eine persönliche Maßnahme oder gar einen Vertrauensmangel erblicken. Stets wird es das Bestreben des Obersten
Kriegsherrn sein, soweit es in seinen Kräften steht, seinen Führern zu helfen. Das geht auch aus dem Antransport der im Westen so benötigten ') 6.535 ff. und 555 ff.
Schritte des Oberbefehlshabers Ost und des Reichskanzlers.
637
Reserven hervor, die ich trotz der Einwendung der dortigen Führer veranlaßte. Euere Exzellenz haben nach wie vor mein Vertrauen, das mich veranlaßte, Sie über den Abschnitt des Ostens zu setzen, aber wollen mir auch in der Zeit der schweren Spannung, die ich zu durchleben habe, Ihrerseits die vollste Mitwirkung in der Erleichterung der Führung
des beispiellos schweren Krieges zuteil werden lassen.
Ich sehe hier-
durch Ihre Anfrage als erledigt an. — Ihr getreuer Oberster Kriegsherr
Wilhelm". Inzwischen hatte sich der Reichskanzler entschlossen, in den Konflikt zwischen dem Generalstabschef und dem Oberbefehlshaber Ost einzugreifen. Bereits in einem am 16. August an den Kaiser gerichteten
Telegramm') hatte er insofern gegen General von Falkenhayn Stellung genommen, als er dessen bisherigen Kriegsplan als gescheitert bezeichnete
und sich für die Verlegung des Schwergewichts der Kriegshandlungen nach dem Osten aussprach: „Nachdem der Plan, durch unseren Vorstoß gegen Verdun und die österreichische Parallelaktion in Tirol Frankreich zum Frieden zu bringen, an der unerwarteten Widerstandskraft Frankreichs, der
überraschenden Stoßkraft Rußlands und dem Zusammenbruch Österreichs gescheitert ist, liegt die Entscheidung mehr denn je im Osten ...
Euer
Majestät Entschluß, mit allen unseren irgendwie disponiblen Kräften die Situation im Osten selbst wiederherzustellen, ist das einzige Mittel, um den völligen Zusammenbruch Österreichs und damit den Verlust des Krieges aufzuhalten. Die erschreckende Schwäche Österreichs macht es zur bitteren Notwendigkeit, daß wir unter einstweiligem Verzicht auf alle und jede Aktion im Westen, die unsere Defensive nicht unumgänglich notwendig macht, jeden einzelnen Mann sparen, um ihn dort einsetzen zu können, wo jetzt die endgültige Entscheidung dieses Völkerringens bevorsteht". Am 19. August drahtete der Kanzler dem Chef des Militärkabinetts:
„Ich höre, daß neuerdings ernste Reibungen zwischen Hindenburg und Oberster Heeresleitung entstanden sind. Für den Fall, daß sich daraus eine Personalkrisis entwickeln sollte, darf ich noch einmal betonen, daß der Rücktritt des Feldmarschalls neben den militärischen auch politische Folgen allerernstester Art nach sich ziehen müßte. Wenn etwa die Krisis diesen
Ausgang zu nehmen droht, muß ich entscheidenden Wert darauf legen, bevor eine Entscheidung fällt, Seiner Majestät dem Kaiser pflichtmäßig meine Auffassung darzulegen". ') S, 560.
638
Der Rücktritt des Generals von Falkenhayn.
General von Falkenhayn, dem der Kaiser das Telegramm des Kanzlers vom 16. August zur Kenntnis gab, war sich seit geraumer Zeit
nicht im unklaren über die Kräfte, die seinen Rücktritt herbeizuführen suchten. Er nahm die Gelegenheit wahr, um in einem sehr ausfuhrlichen z,.A«g«st. Schreiben vom 21.August an den Kanzler sich gegen die seiner Kriegführung gemachten Vorwürfe entschieden zur Wehr zu setzen und in zum Teil grundsätzlichen Ausführungen seine Ablehnung einer entfcheidung-
suchenden Offensive auf dem östlichen Kriegsschauplatz zu begründen. Zunächst wandte er sich gegen die Auslegung, die der Kanzler seinem Kriegs-
Plane gegeben hatte: . . Es scheint mir nötig, hierzu Stellung zu nehmen, um nicht-
zutreffenden Beurteilungen militärischer Vorgänge und Verhältnisse vorzubeugen und keine Legendenbildung aufkommen zu lassen.
Äber den von
Euer Exzellenz erwähnten Plan ist der Obersten Heeresleitung nichts bekannt. Im besonderen habe ich nie auch nur daran gedacht, durch die Maas- oder Tirol-Offensive Frankreich zum Frieden bringen zu können. Wie wir den Krieg angesichts der Überzahl unserer Feinde und anderer
matzgebender Faktoren in Zukunft zu führen gezwungen sein würden, habe ich Euer Exzellenz dargelegt, als ich im Dezember 1915 die unbedingte militärische Notwendigkeit begründete, rechtzeitig die Möglichkeit des uneingeschränkten U-Boot-Handelskrieges gegen England zu schaffen^). Die Somme-Offensive hat meine Voraussetzungen leider nur zu gut bestätigt. Von den damals entwickelten Richtlinien sind wir noch nicht um einen Schritt abgewichen. Wir werden davon aus dem einfachen Grunde auch nicht abweichen, weil wir es nicht können. Die Offensiven an der Maas und in Tirol sind unabhängig voneinander unternommen worden, die eine Mitte Februar, die andere Mitte Mai, und zwar die letztere, die in Tirol, gegen den ernsten Rat der deutschen Obersten Heeresleitung. Dieser Rat wurde um die Jahreswende 1915/16 erteilt und ist damals angenommen
worden. Wenn später nicht auf seine Befolgung gedrungen wurde, so liegt dies daran, daß die österreichisch-ungarische Oberste Heeresleitung ihre Meinungsänderung der deutschen Obersten Heeresleitung offiziell absichtlich verheimlicht hat. Was aber den Angriff im Maas-Gebiet anlangt, so verfolgte er keineswegs den unmittelbaren Zweck, Frankreich dem Frieden geneigt zu machen, jedenfalls nicht mehr, als es jede positive KriegsHandlung tut. Seine ausgesprochenen Sonderzwecke waren vielmehr, einerseits Frankreich, wenn sich sein Heer vor der Festung stellte, durch kräftiges Ausbluten und, wenn die Festung aufgegeben wurde, durch innere i) Bezog sich wahrscheinlich auf die S. 16 erwähnten Besprechungen.
Grundsätzliche Darlegungen über die Kriegführung.
639
Erschütterungen für den weiteren Kriegsverlauf möglichst lahmzulegen, andererseits England zum vorzeitigen Einsatz seiner gesamten Kräfte zu reizen.
„Beides ist gelungen, nicht so, wie es gehofft wurde — das geschieht im Kriege fast nie — aber doch in erträglichem Maße. Dies bedarf keines
weiteren Beweises für den, der sich vergegenwärtigt, was vermutlich erfolgt wäre, wenn Frankreich die starke Viertelmillion erprobter Soldaten, die es vor Verdun mehr verloren hat als wir, noch an der Somme oder sonstwo
hätte eingreifen lassen können, und wenn England seine Offensive erst jetzt begonnen haben würde, nachdem wir unsere Reserven im Westen zugunsten
des Ostens so außerordentlich haben schwächen müsien. Hiernach ist nicht wohl zuzugeben, daß die unerwartete Widerstandskraft Frankreichs einen Plan, der, wie gesagt, gar nicht bestand, zum Scheitern gebracht habe". General von Falkenhayn ging dann ausführlich auf die Kriegführung gegen Rußland und die Frage einer Schwerpunktsverlegung nach dem Osten ein:
„Ebensowenig kann von einer überraschenden Stoßkraft Rußlands gesprochen werden. Wo immer die neugebildeten russischen Massen auf
deutsche Truppen gestoßen sind, haben sie trotz ungeheurer Überlegenheit bisher kläglich abgeschnitten. Die Russen haben sich nicht mehr verbessert, als die deutsche Oberste Heeresleitung annahm. Der Fehler in unserer Rechnung liegt vielmehr darin, daß wir unsere Verbündeten zu hoch eingeschätzt haben. Sie sind weit geringwertiger geworden, als wir es nach den zahlreichen uns zugegangenen Berichten der österreichisch-ungarische Truppen befehligenden deutschen Kommandeure und vieler an die öfterreichische Front zu Kontrollzwecken entsendeten deutschen Offiziere je vermuten konnten. Diese Tatsache ist unbestreitbar, die Folge, die daraus gezogen werden muß, aber nicht, daß die militärische Kriegsentscheidung
jetzt mehr als je im Osten liegt, sondern einfach die, daß wir die wankenden Bundesgenossen ausreichend zu stützen haben, um die Russenflut zum Halten zu bringen. Dies ist seitens der Obersten Heeresleitung in den Grenzen des Möglichen rechtzeitig, ohne daß eine Anregung von außen nötig gewesen wäre, geschehen, weil es sich eben um eine Selbstverständlich-
keit handelt. Die wiederholte Betonung und Unterstreichung dieser SelbstVerständlichkeit aber ist nicht nur bedenklich, sondern in meinen Augen sogar
nach vielen Richtungen höchst gefährlich. So ist sie zunächst geeignet, bei den Laien den Gedanken zu erwecken oder zu stärken, wir seien überhaupt imstande, Rußland entscheidend militärisch niederzuringen. Das ist aber heute ebensowenig der Fall, wie es vom vierten Tage des Krieges ab der Fall war. Bei den Zahlenverhältnissen, dem Druck auf unsere West- und
640
Der Rücktritt des Generals von Falkenhayn.
2,.A«g>»st. Nordwestflanke, den Anforderungen, die die Verbündeten an uns stellen
fehlten uns die Mittel und die Zeit dazu. Mit diesem Urteil befinde ich mich in der sehr guten Gesellschaft meiner beiden Amtsvorgänger. Wenn in diesem Kriege manchmal und sogar von militärischen Stellen die gegen-
teilige Ansicht propagiert worden ist, so war regelmäßig und leicht nachzuweisen, daß ihre Vertreter die harten Tatsachen der nüchternen militärischen
Wirklichkeit jedenfalls nicht als einzige Richtschnur für ihre Schlüsse gewählt hatten. Des ferneren trägt die Betonung, daß die militärische Entscheidung im Osten läge, zu völliger Verwirrung der Anschauungen über unsere wirkliche Kriegslage bei. Der Wissende, der spricht, tut dies unter der Voraussetzung, daß im Westen die eiserne Mauer wie bisher hält. Der Laienzuhörer aber kennt diese Voraussetzung nicht und schließt ganz logisch, daß es unverständlich ist, warum nicht rücksichtslos Kräfte von West nach Ost geworfen werden, wenn hier die Entscheidung fallen soll. Dabei liegt die Sache in der Tat eher umgekehrt. Ob wir im Osten an der Düna oder an der Aa, an der Verezyna oder am Njemen, am Stochod oder an der
Turija stehen, ist für die Kriegsentscheidung gleichgültig, es sei denn, daß dadurch Rumäniens Eingreifen herbeigeführt würde, das aber nach meiner Überzeugung von ganz anderen Faktoren abhängig ist. Dagegen würde eine ähnliche Rückwärtsbewegung im Westen mit Sicherheit unsere gesamte Front ins Wanken bringen. In solchem Falle könnten uns auch glänzende Erfolge im Osten nicht mehr helfen. In der Spannung, in der wir zu kämpfen gezwungen sind, sind eben die Beziehungen zwischen den beiden Fronten so eng, daß man unmöglich der einen den Vorzug vor der anderen,
auch nicht zeit- und bedingungsweise einräumen kann. „Endlich hat das Hervorheben des Ostens die Wirkung — und das
ist seine schlimmste Folge —, daß sie die Hauptaufgabe des Chefs des
Generalstabes des Feldheeres, die richtige Kräfteverteilung, unendlich erschwert. Auch hier muß ich wieder auf die schon vorher erwähnte, überaus zahlreiche Laienklasse zurückkommen, zu der in diesem Sinne auch viele Mitglieder in Feldgrau und zwar bis in die höchsten Stellen gehören. Diese Klasse glaubt, es genüge zu entscheiden, wo man schlagen wolle und dem-
entsprechend den Überschuß an Kräften dorthin zu verschieben. So liegen die Dinge aber leider durchaus nicht. Bei dem ungeheuren Druck, der auf uns ruht, haben wir keinen Überschuß an Kräften. Jede Verschiebung in einer Richtung führt unausbleiblich zu gefährlichen Schwächungen an anderer Stelle, die unsere Vernichtung bedeuten können, wenn auch nur das geringste Versehen in der Abwägung der vom Feinde zu erwartenden Maßnahmen gemacht würde. Der naheliegende Gedanke, die Kräfte zwischen Ost und West oder zwischen einem Frontabschnitt und dem anderen in
641
Grundsätzliche Darlegungen über die Kriegführung.
einem bestimmten Verhältnis zu teilen, ist ein Traum. Unaufhörliche Ausgleiche durch die Oberste Heeresleitung, die sich bis auf die kleinsten Ein-
heilen erstrecken müssen, sind allein imstande, das fortwährend schwankende Gleichgewicht zu erhalten. Daß die hierbei naturgemäß entstehenden ReiHungen bis fast zur Unüberwindlichkeit gesteigert werden, wenn sich in weiten oder einflußreichen Kreisen vorgefaßte Meinungen festsetzen oder wenn gar versucht wird, für rein militärische Entschlüsse andere wie mili-
tausche Rücksichten geltend zu machen, liegt auf der Hand. Auch bisher ist es nur mit Mühe durch straffste Leitung gelungen, der Reibungen Herr zu werden und zu bleiben. Cs wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht der
Oberste Kriegsherr, wo es darauf ankam, die ganze Wucht seiner Person-
lichkeit in dieser Richtung eingesetzt hätte. Je länger aber der Weg währt, um so fester muß die Leitung werden, denn die Schwierigkeiten der Lage wachsen von selbst mit der Dauer. Alles, was die Leitung zu lockern droht, ist nicht nur vom Mel, sondern droht uns Verderben zu bringen . . ."
Das war weit mehr als eine nur für den Kanzler bestimmte Antwort
des Generalstabschefs, es war eine Art Generalabrechnung mit den zahl-
reichen, auf seinen Sturz bedachten Gegnern. Man hat den Eindruck, als ob General von Falkenhayn angesichts aller im Laufe des letzten halben Jahres ihm widerfahrenen Enttäuschungen und Fehlschläge und der daraus entstandenen Erschütterung seines Ansehens noch einmal mit der ganzen ihm verbliebenen geistigen und seelischen Spannkraft den Nachweis führen wollte, daß nicht er, sondern die Verhältnisse die Schuld an allen Mißerfolgen trügen. Es war eine geschickt abgefaßte Rechtfertigungsschrift,
wenngleich manche ihrer Feststellungen auch erheblich anders gesehen werden konnten. Man geht kaum fehl in der Annahme, daß General von FalkenHayn mit ihr letzten Endes den Zweck verfolgte, in der entstandenen Ver-
trauenskrise dem Obersten Kriegsherrn die Überzeugung beizubringen, daß er als Generalstabschef weiter sehe als alle anderen, daß er im Gegensatz
zu seinen Widersachern allein die Schwere der Lage begreife und ihrer
Herr sei. Der Versuch des K a n z l e r s, sich in den Lauf der Dinge ent-
scheidend einzuschalten, mißglückte. Am 21.August, demselben Tage, an dem der Generalstabschef das vorstehende Schreiben an ihn richtete, hatte er sich ins Große Hauptquartier nach Pleß begeben. Ob es dort zur Aus-
spräche beider gekommen ist, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls teilte der Kanzler noch am gleichen Tage in einem Telegramm an Staatssekretär
von Iagow mit, daß General von Falkenhayn die Gesamtlage „sehr ernst"
beurteile, doch keinen Grund zur Hoffnungslosigkeit sähe. „Größte Sorge Weltkrieg. X. Band.
41
642
Der Rücktritt des Generals von Falkenhayn.
21. August, sei, ob die Ästerreicher am Isonzo halten würden. Auch Argwohn, ob Bulgarien politisch zuverlässig bleiben werde und ob der König sich mit
Abdankungsidee trage'"). Im übrigen scheint der Kanzler bei seinem Vorhaben, den Kaiser zur Entlassung des Generalstabschefs zu bewegen, äußerst vorsichtig zu Werke gegangen zu sein. Zunächst vergewisserte er sich bei Generaloberst von Plessen, „ob er der sehr ungünstigen Stimmung über Falkenhayn, wie er sie von den verschiedensten ernstesten Seiten entgegen-
getragen bekomme, Seiner Majestät gegenüber Ausdruck geben solle"-). Der diensttuende Generaladjutant, dem gerade in diesen Tagen sogar von
Persönlichkeiten der Operationsabteilung der Obersten Heeresleitung ernsteste Bedenken gegen ein Verbleiben des Generals von Falkenhayn in
seiner Stellung ausgesprochen waren, erwiderte, daß es Pflicht des Kanzlers sei, „in der Darstellung der Gesamtsituation auch diesen Punkt zu berühren". Daß der Kanzler daraufhin während seiner Anwesenheit in Pleß bis zum 24.August dem Kaiser seine Bedenken ausgesprochen hat, ist anzunehmen, mit unbedingter Sicherheit aber nicht nachzuweisen^). Tat-
sache ist, daß der Oberste Kriegsherr in diesem Zeitpunkte noch nicht gewillt war, sich von General von Falkenhayn zu trennen. Auch der Chef des Militärkabinetts lehnte alle an ihn von den verschiedensten Seiten heran¬
getragenen Anregungen und Forderungen ab, die auf die Entlassung des
Generalstabschefs hinzielten. General von Falkenhayn selbst faßte in diesen Tagen eine Neuregelung der V e s eh l s v erh ä l tn is s e für die Ge-
samtkriegführung ins Auge, die, wenn sie glückte, eine wesentliche Stärkung seiner eigenen Stellung versprach. Am Schluß seines Schreibens vom 21. August teilte er dem Kanzler darüber mit, daß er dem Kaiser vor') Nach Zuschriften des früheren deutschen Militärattaches in Sofia, Genmaj. a. D. von Massow, vom 25. Juni 1934 und des Legationsrats a. D. Freiherrn von Lersner
vom 29. Juni 1934 war dieser Argwohn nicht begründet.
„Die maßgebenden
Persönlichkeiten in Bulgarien fühlten sich Deutschland gegenüber gebunden". AllerVings habe General von Falkenhayn seit dem Abbruch der Balkan-Offensive und seit der Konzentration der deutschen Angriffe auf Verdun bei den Vulgaren an Vertrauen eingebüßt. Sie hätten Generalfeldmarschall von Hindenburg und General Ludendorff als Leiter der Gesamtoperationen gewünscht. 2) Tagebuchnotiz des Gen. Ob. von Plessen vom 22. Aug. 1916.
3) Der Chef des Zivilkabinetts von Valentini spricht in seinen Aufzeichnungen nur allgemein ohne Angabe des Zeitpunktes von „energischem Eintreten Vethmanns beim Kaiser für die Berufung Hindenburgs", bemerkt aber an anderer Stelle: „Der Kanzler, der vom 21. bis 24.August dort (d.h. in Pleß) war, verließ uns schließlich höchst deprimiert über die Aussichtslosigkeit jeder Einwirkung im Sinne der Beseitigung Falkenhayns" (von Valentini, a. a. O., S. 140 und 138).
S4Z
Versuch zur Schaffung gemeinsamer Oberster Kriegsleitung.
geschlagen habe, „die einheitliche Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten der bulgarisch—deutsch—österreichisch-ungarisch—türkischen Kriegführung" offiziell zu übernehmen. „Praktisch ist diese Lösung bisher ja schon ausgeübt worden", so schrieb er, „indessen hat der Mangel der offiziellen Anerkennung doch Mißstände gezeitigt, die es nötig machen, auch hier fester zuzupacken". Bereits Mitte Juli, dann wieder Mitte August hatte er versucht, auf die Kriegführung des Verbündeten gegen Italien — das einzige Gebiet, in das er sich seit dem Frühjahr 1915 jeglicher Einmischung ent° halten hatte — insofern Einfluß zu gewinnen, als er darauf drängte, auch die Isonzo-Front dem Vefehl des Erzherzogs Eugen wieder zu unterstellen, um die Gesamtheit der gegen Italien eingesetzten Kräfte besser auszunutzen. Indessen hatte Generaloberst von Conrad diese Lösung im Hinblick auf Ver-
hältnisfe persönlicher Art abgelehnt. Am 21.August erhielt General von Eramon Weisung, mit der
österreichisch-ungarischen Heeresleitung über den einheitlichen Oberbefehl des Deutschen Kaisers auf folgender Grundlage zu verhandeln: „Ausführendes Organ ist der Chef des deutschen Generalstabes des Feldheeres.
Die Selbständigkeit der einzelnen verbündeten Obersten Heeresleitungen innerhalb ihres besonderen Wirkungskreises soll durch diese Regelung nur insofern berührt werden, als es die große gemeinsame Sache durchaus erfordert. In der Regel wird daher auch den Anordnungen der Gesamtkriegsleitung eine Verständigung mit den in Frage kommenden Obersten Heeresleitungen vorhergehen. Sind Anordnungen der Gesamtkriegsleitung aber einmal erlassen, so müssen sie unbedingt befolgt werden". General von Cramon begründete diesen Vorschlag mit wiederholten Anregungen Enver Paschas und mit der Notwendigkeit, Bulgarien, das gleichfalls den deutschen Oberbefehl gefordert hatte, angesichts der drohenden rumänischen Gefahr fest und sicher an der Seite der Verbündeten zu halten'). Generaloberst von Conrad lehnte den Vorschlag ab, da er das Ansehen
der Monarchie schwer schädige und eine Auslieferung ihrer Interessen an
das Deutsche Reich bedeute. Erzherzog Friedrich stand ihm freundlicher gegenüber. Die Unterstellung erheische zwar große Selbstverleugnung und persönliche Opfer, fördere aber den Erfolg. Die beste Lösung sah er in gemeinsamer Oberster Kriegsleitung unter dem Deutschen Kaiser. Inzwischen hatte General von Falkenhayn am Morgen des 23. August
im Tatra-Gebirge eine Unterredung mit dem KönigvonBulgarien, die offenbar auch der Frage der Obersten Kriegsleitung galt und die Wer>) S. 599. 41*
August,
Der Rücktritt des Generals von Falkenhayn.
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einstimmung der Ansichten bestätigte. Mittags fand dann — ob in Gegen¬ wart des Generals von Falkenhayn, ist fraglich — eine Besprechung des
Deutschen Kaisers mit Feldmarschall Erzherzog Friedrich statt, über die Näheres nicht bekannt ist. Eine Aussprache zwischen den beiden Generalstabschess tags darauf führte zu keinem Ergebnis. Am 25. August holte Erzherzog Friedrich persönlich in Wien die Entscheidung des Kaisers Franz Josef ein. Sie lief auf einen Gegenvorschlag hinaus, der mit einem langen Begleitschreiben des Generalobersten von Conrad am 27. A«g«st. 27. August bei General von Falkenhayn einging. Darin war ausgeführt,
daß die geplante Kriegsleitung in der Praxis ganz unwirksam sein würde, wenn nicht vorher Einvernehmen über die Operationen erzielt sei; denn es
könne und würde keine Heeresleitung darauf verzichten, auch gegen den Befehl einer solchen Kriegsleitung zu handeln, wenn das eigene Staatsinteresse es erfordere. Die Berücksichtigung der Interessen Deutschlands sei in dem Vorschlage des Generals von Falkenhayn allerdings gewähr¬
leistet, denn die deutsche Oberste Heeresleitung beanspruche für sich die Cntscheidung. Die Übergabe der österreichisch-ungarischen Wehrmacht an einen
fremden Kriegsherrn und eine fremde Heeresleitung greife aber auf das politische Gebiet über und bestimme auch das künftige Verhältnis ÖsterreichAngarns zum Deutschen Reiche. Es wurde daher ein Abkommen vor¬
geschlagen, nach dem künftig über die zu führenden Operationen jeweils vorher Einvernehmen herzustellen sei. Falls das nicht gelinge, sollte das Votum der deutschen und der österreichisch-ungarischen Heeresleitung entscheidend sein. Damit war das, was General von Falkenhayn wollte, abgelehnt. Es blieb — praktisch genommen — alles beim alten.
Die Einsetzung einer gemeinsamen Obersten Kriegsleitung unter dem
Deutschen Kaiser wäre militärisch und politisch ein solcher Erfolg gewesen, daß damit auch die Stellung des Generals von Falkenhayn gehoben und neu gefestigt worden wäre. Das Mißlingen des Versuches fiel zeitlich mit der durch die rumänische Kriegserklärung an Ssterreich-Angarn hervorgerufenen unheilvollen Verschlimmerung der Kriegsläge zusammen. So sehr General von Falkenhayn mit der Möglichkeit dieses Ereignisses gerechnet hatte, so wenig war er auf sein Eintreten gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt gefaßt). Noch schwerer traf den Kaiser diese
Wendung. Tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigte sich seiner beim Eintreffen der Nachricht am Abend des 27. August. In diesem schicksalhaften Augenblick, in dem der Verlust des Krieges in drohende Nähe gerückt schien, gab ') S.602f.
Krisis durch Rumäniens Kriegserklärung.
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es keine höhere Aufgabe für den Generalstabschef, als seinem Obersten Kriegsherrn die verlorene Zuversicht auf den Sieg zurückzugeben und den wankenden Glauben an das Können seines verantwortlichen Ratgebers
zu stärken. Dies hat General von Falkenhayn nicht mehr vermocht. Der Vortrag, den er gegen Mittag des 28. August noch vor Rücksprache 28. August,
mit dem aus Teschen herbeieilenden österreichisch-ungarischen Generalstabsches dem Kaiser über die gegen den neuen Feind getroffenen und in Aus-
ficht genommenen Abwehrmaßnahmen hielt, enthüllte die schwere Gefährdung, der insbesondere Siebenbürgen zunächst fast schutzlos preisgegeben werden mußte'). Welche Folgen das für den Fortgang des Krieges haben konnte, lag auf der Hand. Der Kaiser war enttäuscht und unbefriedigt. In einer dem Vortrag folgenden Aussprache gaben Generaloberst von Plessen und nun zum ersten Male auch Generaloberst von Lyncker ihrer Äber-
zeugung Ausdruck, daß der Rücktritt des Generals von Falkenhayn und
seine Ersetzung durch den Oberbefehlshaber Ost unumgänglich notwendig seien. „Seine Majestät" — so schrieb Generaloberst von Plessen in sein Tagebuch — „hält dagegen eine lange Ausführung über die Verdienste
Falkenhayns und über den Übelstand des Wechsels. Ich bleibe bei meiner Überzeugung und Seine Majestät schließt sich meiner Ansicht an.
Lyncker unterstützt mich wacker! Hindenburg wird mit Ludendorff sofort nach Pleß berufen. Der Reichskanzler kommt auch". Generaloberst von Lyncker hat unmittelbar nach den Vorgängen aufgezeichnet: „Lange,
lange habe ich Widerstand geleistet, schließlich habe ich selbst eingesehen, daß es nicht weiterging, und habe dem Kaiser, der auch energisch widerstand, den Entschluß abgerungen. Ein ganz bestimmter einzelner Grund liegt nicht vor, es ist vielmehr das Ergebnis einer längeren Entwicklung. Sowohl der Kaiser als ich tragen schwer daran". General von F a l k e n h a y n bat auf die ihm durch Generaloberst
von Lyncker übermittelte Rachricht von der Heranziehung des OberbefehlsHabers Ost sofort um Enthebung aus seiner Stellung. Roch am Abend des 28. August entsprach der Kaiser nach längerer Aussprache mit dem
Generalstabschef in einem eigenhändigen Schreiben dem Gesuch. ') S. 603.
XIII. Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn. A.Der gerbst
19
\ unddasJahr
Als General von Falkenhayn nach dem Scheitern des MarneFeldzuges Mitte September 1914 tatgespannt und verantwortungsbereit die schleifenden Zügel der Obersten Heeresleitung aufnahm, war er entschloffen, zunächst den Entscheidungskampf gegen die We st mächte, der durch den deutschen Rückzug und die damit zusammenhängenden Amgruppierungen vorübergehend unterbrochen war, zum Austrag zu bringen. Währenddessen sollte das kleine deutsche Ostheer im Verein mit der freilich bereits schwer erschütterten Wehrmacht des Verbündeten das
verlorengegangene Gleichgewicht der Lage auf dem östlichen Kriegsschauplatz, so gut es ging, wiederherstellen und dem Westheere die unerläßliche Rückenfreiheit sichern. Der Generalstabschef hielt mit diesem Entschluß am Grundgedanken des Planes fest, den im Frieden Graf Schlichen als Lösung für das Problem des Mehrfrontenkrieges gewählt und den die deutsche Heeresleitung auch bisher, wenngleich nicht ohne Abirrungen, ver¬
folgt hatte. So natürlich und richtig der Entschluß des Generals von Falkenhayn an sich war, so blieb doch der operativen Form, in der er den neuen Offensiv-
plan auf französischem Voden unter äußerst schwierigen Verhältnissen zu
verwirklichen suchte, der Erfolg versagt. Weder gelang es, durch sofortige Wiederaufnahme der Angriffe in der Front die Kräfte der Feinde zu fesseln und damit ihre Entschlußsreiheit zu lähmen, noch brachte die erstrebte Amfassungsbewegung der neugebildeten 6. Armee gegen den feindlichen linken Flügel im Räume zwischen Somme und Oise ein entscheidendes Ergebnis.
Anter fortgesetztem tropfenweisen Kräfteeinsatz auf beiden Seiten dehnte sich die Front weiter nach Norden über die Somme bis Arras, schließlich bis in die Gegend von Lille aus. Mehr und mehr schwand damit die Mög-
lichkeit, der Operation, auch falls die Umfassung noch glückte, feldzugentscheidende Fernwirkung zu geben. Man mußte zufrieden sein, wenn es gelang, den Nordflügel der Feinde hinter die untere Somme zurückzuwerfen und damit gleichzeitig in den Besitz der französischen Kanal-Küste zu kommen. Indessen auch dieses beschränkte, für die Kriegfühmng gegen England aber höchst bedeutsame Ziel wurde in den Mitte Oktober beginnenden
Der Herbst 1914.
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gemeinsamen Operationen der 6. Armee und der neu aufgestellten 4. in der
flandrischen Tiefebene nicht erreicht. Anfang November waren die kämpsenden Heere nach erfolglosem Abringen ihrer Kräfte in ausgesprochenem Gleichgewichtszustand auf der gesamten Front von der Nordsee bis zur
Schweizer Grenze der Erstarrung des Stellungskrieges verfallen. Zu gleicher Zeit hatte sich die Waage des Kriegsglücks im Osten aufs neue zuungunsten der Mittelmächte gesenkt. Es war zweifelhaft geworden, ob diese noch
länger imstande sein würden, die russische „Dampfwalze" aufzuhalten. Der deutsche Generalstabschef stand vor der Frage, ob er das Schwergewicht der Kriegführung nunmehr vom Westen nach dem Osten verlegen
und hier mit starken Kräften zu entscheidungsuchender Offensive übergehen sollte. Eine kurze Zeit lang ist er hierzu geneigt gewesen, als der Oberbefehlshaber Ost seine Absicht meldete, aus der Gegend von Gnesen—Thorn gegen die rechte Flanke der russischen Hauptmacht in Polen vorzustoßen. Cs war jener wohl einzige Augenblick, wo die Göttin des Kriegsglücks
General von Falkenhayn augenfällig die Hand entgegengestreckt hat. Wäre unmittelbar nach Beginn des Angriffs der neuen 9. Armee westlich der
Weichsel eine weitere, vorwiegend aus Westtruppen gebildete, starke Armee östlich des Stromes zum Stoß über den Narew in den Rücken der .russischen
Hauptmacht angesetzt worden, so wäre nach menschlichem Ermessen deren vernichtende Niederlage zu erreichen gewesen. Ein in dieser Richtung zielender, kühn und groß gedachter Entwurf, mit dem sich General von Falkenhayn damals einen Augenblick getragen hat, ist aber nicht zur Ausführung gekommen, vornehmlich deshalb, weil er ihn von der Voraussetzung ab-
hängig machte, daß zuvor die Angriffshandlungen an der Westfront durch Wegnahme von Z)pern zu siegreichem Abschluß gebracht wurden. Cs fehlen zeitgeschichtliche Quellenunterlagen, um mit Sicherheit zu sagen, welche Erwägungen und Triebkräfte für das lange Festhalten des Generalstabschefs an der Fortsetzung des Angriffs auf Ipern ausfchlaggebend gewesen sind. Hier wie auch sonst mehrfach sind der geschichtlichen Aufhellung und Vloßlegung seiner innersten Gedanken und Beweggründe Grenzen gezogen, jenseits deren weiter Spielraum für Vermutungen und Deutungen bleibt. Wir glauben die Gründe für diesen Entschluß vorwiegend auf seelischem Gebiet suchen zu sollen. Sicherlich hat sich General von Falkenhayn in diesem Zeitpunkt nicht mehr verhehlt und hat innerlich schwer daran getragen, daß nicht nur sein erster strategischer Plan gescheitert war, durch den er den von seinem Vorgänger verloren gegebenen
Marne-Feldzug in den Entscheidungssieg von Amiens hatte umwandeln
wollen, sondern daß auch der Flandern-Offensive ihre operativ begrenzte Teilwirkung versagt geblieben war. Es ist wohl begreiflich, daß der in
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
der Stunde der Not berufene, von leidenschaftlichem Siegesdrang beseelte Mann sich mit der ganzen Zähigkeit seines unverbrauchten Willens gegen das öffentliche Eingeständnis seines Fehlschlages wehrte, wie es ihm in dem Abbruch der Offensive auf dem westlichen Kriegsschauplatz zu liegen schien. Schließlich stand hierbei mehr auf dem Spiel als die eigene Person und der Feldherrnruhm, es ging um die Rückwirkung auf die seelische Haltung des Heeres, um das Vertrauensverhältnis zwischen Führung und
Truppe, ja zwischen Führung und Volk. Je höher die Hoffnungen gespannt waren, mit denen Heer und Heimat das schwere Ringen auf flandrischem Boden begleiteten, wo Deutschlands beste Jugend dem Feinde entgegenstürmte, um, wie man felsenfest vertraute, den endgültigen Sieg sicher heimzubringen, um so mehr mochte der Generalstabschef besorgen, daß ein tiefer, in seinen Folgen unberechenbarer seelischer Rückschlag eintreten könne, wenn er diesen Angriff aufgab und damit öffentlich eingestand, daß alles heiße Mühen, alle blutigen Opfer vergeblich gewesen waren. Auch aus die Stimmung der Bundesgenossen, auf die Haltung der Neutralen und auf die Siegeszuversicht der Feinde konnte solcher Ausgang verhängnisvolle Wirkungen üben. Alle derartigen Sorgen und Befürchtungen ließen sich durch einen nach außen sichtbaren und eindrucksvollen Waffenerfolg beheben, der, auch wenn er örtlich begrenzt blieb und keinerlei Einfluß mehr auf die
Ingangsetzung des Bewegungskrieges hatte, doch moralisch und politisch von großer Tragweite werden konnte. Wurde durch eine letzte, äußerste
Kraftanstrengung das heiß umstrittene Z)pern zu Fall gebracht, das operativ völlig wertlos, auch taktisch kaum von Bedeutung, doch moralisch das Palladium der Feinde war, dann sah die ganze Welt den Sieg der deutschen
Waffen. Gegen solche Gedankengänge läßt sich rückschauend freilich viel einwenden. Die Moral von Heer und Volk stand so hoch, daß sie weit ernstere Belastungen unschwer zu ertragen vermocht hätte. General von Falken-
Hayn hat wenig später im Heeresbericht erklärt, daß das Ziel der Kämpfe in Flandern durch die völlige Vereitelung der feindlichen Umfassung?versuche erreicht sei, und diese Erklärung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Für die Haltung des verbündeten und neutralen Auslandes konnte ein
entscheidender Sieg über das russische Heer von ungleich größerem Einfluß werden als der Fall von Npern. Die Donau-Monarchie und der neu ge-
wonnene türkische Bundesgenosse, aber auch die neutralen Staaten Rumänien
und Bulgarien wurden durch den Gang der kriegerischen Handlungen im Osten viel unmittelbarer berührt als durch Ereignisse in Flandern. Auch für England und Frankreich hätte es eine bittere Enttäuschung bedeutet, wenn sie sehen mußten, wie die Hoffnungen, die sie gerade im jetzigen
Der Herbst 1914.
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Augenblick in erhöhtem Maße auf die vernichtende Wirkung des russischen Massenansturms setzten, unter einem deutschen Keulenschlag zusammenbrachen. Trotz alledem wird zugegeben werden müssen, daß hinter dem zähe verfolgten Vorhaben, zunächst die deutsche Offensive im Westen taktisch zu siegreichem Abschluß zu bringen, im Geiste eines weitblickenden, zielsicheren Feldherrn der starke Wille verborgen sein konnte, die entscheidende Wendung der Kriegführung nach dem Osten folgen zu lassen. Denn ein solcher Entschluß war nicht unbedingt an eine verheißungsvolle Augenblickslage gebunden, wie sie sich im November bot. Er mußte geboren werden aus sorgsamen Erwägungen über die Gesamtlage, mußte das Er-
gebnis langsam gereifter Erkenntnisse sein und unbekümmert um das Auf und Nieder, um Erfolg oder Mißerfolg räumlich und zeitlich begrenzter Unternehmungen grundsätzliche Klarheit über die eine große Frage schaffen,
auf welche Weise und auf welchem Wege der Mehrfronten- und Koalitionskrieg zur Entscheidung ge-
bracht werden sollte. In langjähriger Geistesarbeit hatte einst im Frieden Graf Schlieffen hierfür ein festes zielklares Programm von grandioser Einfachheit in Form eines Kriegsplanes aufgestellt, der in der schnellen Niederwerfung der Westmächte den kriegentscheidenden Akt sah. Da der strategische Leitgedanke dieses Kriegsplanes im Herbst 1914 endgültig zu Bruch gegangen war, erwuchs dem verantwortlichen Leiter der Gesamtoperationen die schwierige Aufgabe, mitten im Drang der kriegerischen Ereignisse, aber unberührt und ungebeugt durch Wechselfälle des Augenblicks, lediglich auf Grund der Gesamtlage und in Übereinstimmung mit der Heeresleitung des Verbündeten einen neuen, auf weite Sicht gestellten
Kriegsplan zu finden. Ein folcher neuer Plan ist in der Kriegführung des Generals
von Falkenhayn nach dem endgültigen Fehlschlage von Z)pern nicht erkennbar. Kein neuer strategischer Leitgedanke leistete Ersatz für den zu Grabe getragenen. Der kurz zuvor noch in allgemeinen Umrissen dem verbündeten Generalstabschef angedeutete großzügige Vorschlag einer entscheidungsuchenden Offensivoperation gegen die Russen verschwand aus dem Gedankenkreise des Generals von Falkenhayn so schnell, wie er gekommen, noch ehe er als fester Plan Gestalt gewonnen
hatte. Die Vernichtung seiner bis dahin mit ungewöhnlicher Beharrlichkeit aufrechterhaltenen Hoffnung auf den Endsieg bei Apern und der bange Zweifel, darüber vielleicht eine Gunst der Lage im Osten versäumt zu haben, riefen in seiner Seele Niedergeschlagenheit hervor und lähmten seinen Gedankenflug'). In jenen Tagen zeichnete General von Wild auf: ~)Band VI, S. 437.
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
„Falkenhayn ist seiner selbst nicht ganz sicher ... Er sagt mir, er brauche
jemanden, der ihm riete und ihn stütze, sein zweites Gewissen sei. Cr habe in Aussicht genommen, mich als Berater bei sich zu behalten". Und wenn der Generalstabschef am 18. November in einer Drahtung an Generaloberst von Conrad es für ausgeschlossen erklärte, daß die Verstärkungen vom Westen, zu deren Hergabe er sich inzwischen bereit gefunden hatte, „noch
rechtzeitig zur Mitwirkung bei den in Westpolen im Gang befindlichen Entscheidungen herangeführt werden"') könnten, wenn er weiter an dem¬
selben Tage in einem Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost aussprach, es bestände augenscheinlich keine Hoffnung, „daß das Eintreffen neuer Kräfte in dem in den Grenzen des Möglichen liegenden Umfange eine endgültige
Entscheidung im Osten herbeiführen würde"'), so lag darin ein wenn auch unfreiwilliges Zugeständnis eigenen Mißerfolges und damit geschwundener Hoffnung auf ein großes Ergebnis. Mochten solche Äußerungen auch nur eine vorübergehende Stimmung des Generals von Falkenhayn widerspiegeln, so ist seine seelische Erschütterung durch den Fehlschlag von Npern doch nicht ohne tiefgreifende und langdauernde Folgen für die Haltung geblieben, die er fortan der Gesamtlage gegenüber eingenommen hat. Wir sind freilich in dieser Beziehung mangels urkundlicher Belege im wesentlichen auf die Aussührungen angewiesen, die er nach dem Kriege in seinem Erinnerungswerk gemacht hat. Seine dort niedergelegten Auffassungen^) finden aber ihre volle
Bestätigung durch sein tatsächliches Verhalten. Danach darf als feststehend gelten, daß er in der nüchternen, an sich durchaus richtigen Erkenntnis, daß das Kriegsende weit hinausgeschoben war, im Winter 1914/15 die Aufgabe der Mittelmächte nicht mehr darin gesehen hat, den Ring der feindlichen Koalition durch militärische Vernichtung eines der Gegner oder mehrerer nacheinander zu sprengen und damit die anderen friedensgeneigt zu machen.
Seine Beurteilung der Erfolgsmöglichkeiten und Aussichten kam vielmehr in dieser Zeitspanne nahezu einem Verzicht auf den Gedanken gleich, die Kriegsentscheidung mit militärischen Machtmitteln aus eigener Initiative überhaupt noch zu erzwingen. Gewiß muß es als Verdienst des Generals von Falkenhayn gewertet
werden, daß er frühzeitig „den täglich klarer hervortretenden Plan Englands, den Krieg durch Aushungerung und Abnutzung zu gewinnen", erkannt hat.
Da der an sich naheliegende Gedanke, diesem Vorhaben durch nick-
sichtslosen Einsatz der deutschen Seestreitkräfte wirksam zu begegnen, nach Ansicht der Marineleitung vorderhand keinen Erfolg versprach, so sah der 1) Band VI, S. 95.
2) von Falkenhayn, a.a.O., ©.20ff.
Der Winter 1914/15.
651
Generalstabschef im Hinblick auf die von Gmnd aus gewandelte Lage und die alle bisherigen Vorstellungen weit übertreffende Bedeutung, die den wirtschaftlichen Faktoren der Kriegführung zugebilligt werden mußte, den Weg der Rettung nur noch in „vorsichtigem Haushalten mit den Mitteln Deutschlands und seiner Verbündeten". Der hiermit für die Gesamtkriegführung als
beherrschend hingestellte Gesichtspunkt defensiver Selbstbehaupt u n g bedeutete auch für die militärische Kriegführung zu Lande eine starke
Herabsetzung der Ziele. Wohl bewahrte das gesunde Empfinden für die Grundbedingungen jeglicher kriegerischen Leistung General von FalkenHayn vor der letzten Schlußfolgerung, „daß lediglich duldendes Ausharren in der Verteidigung"') noch Erfolg versprechen könne. Er war vielmehr überzeugt davon, daß „unter allen Umständen durch Handeln im Angriff" den Feinden „eingehämmert" werden müsse, „wie wenig sie imstande seien, den Preis für unsere Überwältigung zu zahlen"'). Es liegt aber auf der Hand, daß mit solcher eng begrenzten Zielsetzung für das praktische „Handeln im Angriff" von vornherein auf jeden großen Plan, auf jede Einigung mit der verbündeten Heeresleitung über die Führung von Operationen auf weite
Sicht verzichtet wurde. Darin lag die Gefahr, daß die bisher gewahrte Initiative der Kriegführung verlorenging. Den Feinden stand e§ frei zu handeln, wie sie wollten. Aus dieser Grundeinstellung des Generals von Falkenhayn zur Frage der Fortführung des Landkrieges erklärt sich, daß er den um die Jahreswende 1914/15 an ihn herantretenden Wünschen der Führer im Osten
auf Hergabe beträchtlicher frischer Kräfte, insonderheit der Neubildungen in der Heimat, mit starker Zurückhaltung begegnete. Wenn auch das Ergebnis der bisherigen Operationen an der Ostfront trotz glänzender Teilerfolge des Oberbefehlshabers Ost, an den Zielen entscheidungsuchender
Kriegführung gemessen, als unzureichend bezeichnet werden mußte, so gab es allein doch noch keine Berechtigung zu einer so weitreichenden Schlußfolgerung, wie sie der Generalstabschef bei seiner Stellungnahme zu einem Operationsvorschlage des Generals von Wild mit den Worten zog, daß „wir ein völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie erreichen"2) würden. Eine so radikale Feststellung war nur erklärlich aus grundsätz-
lichen Erwägungen über die ungewöhnlich großen Schwierigkeiten, die angesichts der bestehenden Stärkeverhältnisse und der dauernd drohenden
Gefahr im Westen jeder auf Entscheidung zielenden Offensive aus der Eigenart des unermeßlich weiten russischen Kriegsschauplatzes erwuchsen. Dabei läßt sich nicht bestreiten, daß General von Falkenhayn sowohl mit ') von Falkenhayn, a. a. £)., S. 245.
2) Band VII, S. 5.
652
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
seiner Beurteilung des Kräfteausmaßes, das für feldzugentscheidende Angriffsoperationen im Osten erforderlich war, als auch mit seiner Abschätzung der Crfolgsmöglichkeiten und Aussichten, die sich den geplanten Unter¬ nehmungen in den Karpaten und in Masuren im Hinblick auf den dafür
geforderten') und dann auch gewährten Kräftezuschuß boten, gegenüber den hochgespannten Erwartungen recht behalten hat, denen sich die Führer im
Osten anfangs hingaben. Sein gesunder Wirklichkeitssinn versprach sich von diesen Offensivschlägen von vornherein keine weitreichenden und ent-
scheidenden Ergebnisse, sondern nur „größere örtliche Erfolge" mit der Wirkung, die Russen „in eine solche Lage zu bringen, daß sie uns in ab¬ sehbarer Zeit nicht gefährlich zu werden vermögen". Auf die Dauer freilich konnte er sich auch bei solcher Beurteilung nicht dem Gewicht der Gründe entziehen, die insbesondere der Oberbefehlshaber Ost für die unbedingte Notwendigkeit einer gründlichen Besserung der Lage im Osten ins Feld führte. Denn schließlich mochte der Generalstabschef wohl selbst die Schwäche seiner einzigen Einwendung fühlen, daß die Hergabe der neu-
gebildeten Heeresreserven „dem Verzicht auf jede offensive Betätigung im Westen für absehbare Zeit mit allen seinen ernsten Folgen gleichkomme"). Ob ihm bei solcher „offensiven Betätigung im Westen" irgendein bestimmter
Plan vorgeschwebt hat, läßt sich nicht sagen.
Ein (nicht abgesandtes)
Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost aus den letzten Dezembertagen 1914') führte nur ganz allgemein aus, daß „die Kriegslage im Westen
spätestens Ende Januar einen Übergang zu kräftiger Offensive" fordere. Länger glaube er „das Leben im Schützengraben und das passive Ver-
halten dort der Truppe nicht zumuten zu dürfen". Von Ende Februar 1915 an trat dann aber bei General von Falken-
Hayn eine Wandlung in der Beurteilung der Gesamtkriegslage ein. Der nicht unerhebliche Zuwachs an Kampfeinheiten, den die Aufstellung von 14 neuen Divisionsverbänden an der Westfront
bedeutete, erweckte in ihm nach dem Abwehrsieg in der Champagne aufs neue den Glauben an die Möglichkeit eines kriegentscheidenden Erfolges. ') Band VII, S. 158, gibt an, daß der Oberbefehlshaber Ost sich am 12.Januar 1915 an den Kaiser mit der Bitte um „Überweisung aller verfügbaren Verstärkungen, sowohl der Neuformationen in der Heimat als auch aller an der Westfront entbehr-
lichen Kräfte für die geplante Operation in Ostpreußen" gewandt habe. Der inzwischen festgestellte Wortlaut des Schreibens des Oberbefehlshabers Ost enthält nur die Bitte um Überweisung der Neuformationen, nicht von entbehrlichen Kräften der
Westfront. 2) Band VII, S. 7. 3) Band VI, S. 422.
Das Frühjahr 1915.
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Er gewann damit nach seinen eigenen Worten „eine ungewohnte Entschluß-
freiheit"'). Rußland freilich kam als Feld für weitreichende, entscheidungsuchende Operationen auch jetzt und künftig für ihn schwerlich in Frage. Aber an der von jeher als Hauptkriegsschauplatz angesehenen Westfront
schien ihm eine auf die Kriegsentscheidung gerichtete Durchbruchsoperation denkbar. Aus allen hierüber angestellten Erwägungen, Berechnungen und Erkundungen schälte sich Mitte März der schon früher ins Auge gefaßte „Stoß auf Amiens" als aussichtsvollster Plan heraus. Mit Eifer versenkte er sich in die Vorbereitungen und hielt trotz der durch
den drohenden Kriegseintritt Italiens vermehrten Unsicherheit der politischen Lage daran fest, noch im Frühjahr nördlich der Somme zwischen Arras und Albert auf einer Frontbreite von etwa 25Kilometern das feindliche
Stellungssystem zu durchstoßen und dann die nördliche Anschlußfront zum Einsturz zu bringen. Nicht leichten Herzens, aber doch mit beachtenswerter Wendigkeit im Entschluß und schneller Anpassungsfähigkeit an die ver¬ änderte Lage nahm er Anfang April von diesem Durchbruchsplan auf
unbestimmte Zeit Abschied, als die immer stärkere Bedrohung des öfterreichisch-ungarischen Verbündeten an der Karpaten-Front den Einsatz des größten Teiles der Heeresreserven auf galizischem Boden erzwang. Der Verzicht sollte aber nicht endgültig sein; der Generalstabschef hoffte vielmehr, nach schneller Durchführung des operativ nach Krafteinsatz, Raum und Zeit begrenzten Schlages im Osten doch noch in absehbarer Zeit zu entscheidendem Handeln im Westen zu kommen. Indessen, die unerwartete Ausdehnung und wachsende Bedeutung des galizischen Feldzuges verschob während der nächsten Monate den SchwerPunkt der Kriegführung so stark nach dem Osten, daß reine Abwehr wieder die ausschließliche, übrigens glänzend gelöste Aufgabe der bis hart an die Grenze des Möglichen entblößten Westfront wurde. Anderseits ließen sich die Operationen in Galizien nur weiterführen, weil es General von Falken-
Hayn gelang, den öfterreichisch-ungarischen Generalstabschef von der Rotwendigkeit zu überzeugen, dem neuen Feinde Italien mit einem Mindestmaß an Kräften in starrer Verteidigung hart an der Landesgrenze entgegenzutreten. Wie sehr freilich auch in dieser Zeitspanne bei General
ron Falkenhayn der Wunsch nach offensiver Betätigung auf dem westlichen Kriegsschauplatz rege blieb, beweist seine Absicht, unmittelbar nach der Einnähme von Lemberg fünf Korps aus der siegreichen Verfolgung nach dem Westen zurückzurufen. Drei von ihnen gedachte er zur „Säuberung des Ober-Elsaß" zu verwenden, die anderen zu Ablösungszwecken an einem kurz
zuvor hart bedrängten Frontteil im Artois. Es hält schwer, für dieses ') von Falkenhayn, a. a. O., S. 56.
654
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Vorhaben militärische Gründe gelten zu lassen. Obwohl auch hier sichere Beweisführung nicht möglich ist, wird man als einfachste Erklärung für die Absicht, das Ober-Elsaß zu säubern, wohl das gerade in dieser Zeit deutlich erkennbare Drängen des Generalstabschefs auf Anbahnung baldigen Friedens ansehen dürfen, wobei es von Wert sein konnte, daß der Feind kein Stück deutschen Vodens mehr als Faustpfand besaßt). Diese Deutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man sich die Vorstellung vergegenwärtigt, die er sich von der ständig sinkenden Widerstandskraft und dem begrenzten Durchhaltevermögen des französischen Volkes gebildet hatte. Gab er sich doch der Hoffnung hin, daß die französische Regierung „in Bälde vor die Ent¬
scheidung gestellt sein würde, ob nicht die Aufgabe des Widerstandes der Zukunft der Nation dienlicher sei als die Fortsetzung des für Frankreich trotz aller auswärtigen Hilfen aussichtslosen Krieges"^). Vielleicht hat General von Falkenhayn in dieser Zeit geglaubt, das erstrebte Ziel auch ohne Cntscheidungsschlag in Frankreich erreichen zu können. Mit dem Schwinden der vermeintlichen Friedensmöglichkeiten hat der Generalstabschef die Absicht, das Ostheer zugunsten des Westheeres so stark zu schwächen, schnell wieder fallen gelassen und sich den auf Erweiterung der operativen Ziele gerichteten Plänen des Generalobersten von Conrad und des Generalfeldmarschalls von Mackensen rückhaltlos angeschlossen. Indessen auch hierbei blieb er bedacht darauf, den vermehrten Krafteinsatz zeitlich zu begrenzen und einer Ausdehnung des Feldzuges „ins Uferlose"
vorzubeugen.
Nur auf möglichst starke Lähmung der Schlagkraft des
russischen Heeres kam es ihm an, damit für einige Zeit ausreichende Rückensicherung für den entscheidenden Endkampf im Westen erzielt wurde. Immerhin ergab sich aus dem glücklichen Fortgang des Kampfes gegen Rußland ein gewisser Wandel in den Vorstellungen über die Begrenztheit der operativen Ziele im Osten. Ende Juli kam sogar ein freilich nur kurzer Augenblick, wo der Generalstabschef unter dem Eindruck der Erfolge des Zangenangriffs im
Raum zwischen Narew, Weichsel und Bug das bisher für unerreichbar gehaltene Ziel der militärischen Niederwerfung Rußlands in greifbare
Nähe gerückt glaubte. Sobald sich indessen übersehen ließ, daß von den im Gange befindlichen Operationen eine solche Wirkung nicht zu erhoffen war, trat in seiner Kriegführung zugleich mit der Ablehnung der vom Oberbefehlshaber Ost nachdrücklich geforderten Offensive gegen die Nordflanke und in den Rücken der Russen deutlich das Streben zutage, der auf der ganzen Front mehr oder minder frontal verlaufenden Verfolgung möglichst bald Einhalt zu tun, um 1) Band VIII, S. 609. 2) Band VIII, S. 610.
Der Sommer 1915.
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einmal der an den Dardanellen hart bedrängten Türkei durch Öffnung des von Serbien gesperrten Donau-Weges Hilfe zu bringen, vor allem aber
starke Kräfte auf den westlichen Kriegsschauplatz zurückzuführen und hier den schon im Frühjahr geplanten Cntscheidungskampf auszutragen. Ende Juli vermerkte der Chef des Feldeisenbahnwesens, Generalmajor Groener, in seinem Privattagebuch^): „Sie (d.h. Falkenhayn und Tappen) wollen sich mit der Defensive in der Bug-Linie begnügen, um dann ihre zehn Korps zum Durchbruch nach dem Westen zu bringen. Auf diesen Gedanken kommt
Falkenhayn immer wieder zurück". Auch den Feldzug gegen Serbien, für den der Osten die Kräfte hergeben sollte, hoffte der Generalstabschef so rasch zu führen und zu beendigen, daß der große Entscheidungsschlag auf französischem Boden noch im Jahre 1915 fallen konnte. Als Durchbruchsstelle scheint auch jetzt die überwiegend von Engländern besetzte Front nördlich der Somme in Aussicht genommen gewesen zu sein.
Ein vorangehender
Angriff im Ober-Elsaß sollte ablenkend wirken. Da aber im Beginn des serbischen Feldzuges Verzögerungen eintraten und General von Falkenhayn im Widerspruch zu diesen seinen Plänen es zuließ, daß die Operationen im Osten weiter ausgedehnt wurden und dabei zum Teil auch andere Bahnen nahmen, als er ursprünglich gewünscht und erwartet hatte, konnte bereits um die Monatswende August/September
kein Zweifel daran bestehen, daß der Zeitpunkt für den Durchbruch im Westen in die Ferne rückte. Die Rückführung aller im Osten nach Abschluß der dortigen Offensive entbehrlich werdenden Kräfte an die Westfront
mußte so erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, daß die Durchbruchsoperation schwerlich noch vor Eintritt des Winters hätte begonnen werden können. Die schwere Krise, die Ende September der von General von Falkenhayn
nicht vorhergesehene feindliche Doppelangriff in der Champagne und im Artois heraufbeschwor, verschob dann alle Grundlagen des Planes und stellte eine Zeitlang sogar ernsthaft in Frage, ob überhaupt noch an seine Verwirklichung gedacht werden könne. General von Falkenhayn wurde
jedoch dieses Schwächeaugenblicks mit seiner oft erprobten Nervenstärke schnell wieder Herr. Cs gehörte Wagemut und Zielsicherheit dazu, um trotz der verschärften Lage an der Westfront dem kurz zuvor gefaßten Cnt-
Wusse treu zu bleiben, das deutsche Stärkeaufgebot für den serbischen Feldzug so zu erhöhen, wie es der unerwartet eingetretene Ausfall im Kräfte-
beitrag des Verbündeten erforderte. Bei der Durchführung der Balkan-
Offensive hielt der Generalstabschef streng daran fest, daß starke deutsche Kräfte nur vorübergehend auf einem Nebenkriegsschauplatz festgelegt werden durften. *) Band VIII, ©.343, Anmerkung.
656
Rückblick aus die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Bereits Anfang Oktober sah er die Lage an der Westfront wieder als
so weit gefestigt an, daß er sich mit der Absicht trug, nach Eintreffen weiterer Verstärkungen aus dem Osten die Initiative an sich zu reißen. Selbst¬ verständlich konnte es sich dabei für absehbare Zeit nicht um Entfesselung neuer Großkämpfe mit entscheidungsuchendem Angriffszweck handeln. Auch gaben die schweren Verluste, die die Feinde bei ihren erfolglosen Durchbruchsversuchen erlitten hatten, zu denken. Der Generalstabschef begann ernsthaft zu zweifeln, ob es überhaupt möglich sei, eine unerschütterte, stark ausgebaute Verteidigungsfront zu durchbrechen. So war denn auch die Anfang Oktober an das Oberkommando der Heeresgruppe Deutscher Kron¬ prinz gerichtete Anfrage, ob es nicht zweckmäßig sei, „den alten Plan wieder
aufzunehmen und die Unternehmung im Elsaß auszuführen"^), abgesehen von politischen Erwägungen, die gewiß auch diesmal mitsprachen, wohl mehr im Sinne eines örtlichen Vergeltungsschlages für die soeben in der Champagne und im Artois erlittene Geländeeinbuße gedacht. Es lag nahe, einen solchen nicht an den bisherigen Hauptbrennpunkten der Kämpfe zu führen, wo die Gegner noch über sehr starke Kräfte zu unmittelbarem Einsatz verfügten, sondern unter Ausnutzung inzwischen bereits getroffener Vorbereitungen auf dem äußersten linken Heeresflügel, wo ein Angriff zugleich den Vorteil mit sich bringen konnte, den im bevorstehenden Winter sehr schwierigen Gebirgskämpfen in den Süd-Vogesen ein Ende zu machen. Cs mag aber auch schon der Gedanke mitgesprochen haben, durch Zurückdrängen der Franzosen bis an die Reichsgrenze eine vorteilhafte Ausgangslage für spätere größere Unternehmungen zu schaffen. Aus dem darüber mit der
Heeresgruppe geführten Meinungsaustausch formte sich jedenfalls bis Anfang Dezember der feste Entschluß, im kommenden Frühjahr durch einen Angriff aus dem Sundgau in der Richtung auf Velfort im Zusammenhang mit Unternehmungen an anderen Stellen den Entscheidungskampf an der West¬
front einzuleiten. Wenn dann kurz darauf die Frankreich weit empfindlicher bedrohende Richtung auf Verdun gewählt wurde, so geschah das lediglich in der Vorstellung, dem einleitenden Schlage noch stärkere Wirkung verleihen zu können.
überblickt man die Kriegführung des Generals von Falkenhayn bis
zum Jahresende 1915, insonderheit die ihr zugrunde liegenden Erwägungen und Entschlüsse, so ergibt sich, daß er auf seinen in der Zeit des ersten Bewegungskrieges verfolgten Gedanken, die Kriegsentscheidung zu Lande gegen die Westmächte zu erzwingen, auch unter den völlig veränderten
Verhältnissen des Stellungskrieges immer wieder zurückgekommen ist. Freii) Band IX, S. 81.
Der Winter 1915/16.
657
lich läuft die Gedankenlinie nicht gerade und ununterbrochen. Der erste tiefe Einschnitt liegt im Winter 1914/15 nach dem endgültigen Scheitern des Angriffs in Flandern. In dieser Zeitspanne rückt die Vorstellung von der überlegenen Wirkungskraft des britischen Aushungerungs- und Abnutzungsplanes die defensive Forderung „vorsichtigen Haushaltens mit den Mitteln" so stark in den Vordergrund der Gesamtkriegführung, daß für den Gedanken, aus eigener Initiative durch weitzielende Offensivoperationen die Kriegsentscheidung herbeizuführen, kein Raum bleibt. Erst im Frühjähr 1915 lebt dann mit der vermehrten Flüssigmachung militärischer Machtmittel dieser Gedanke wieder auf. Cr findet Ausdruck in dem Plan des Durchbruchs an der Westfront. An diesem Endziel hält General von Falkenhayn auch im Sommer und Herbst während der allmählich immer
weiter greifenden Offensivoperationen in Galizien und Rußland, allerdings nicht ohne Schwankungen, fest. Die nach der Einnahme von Lemberg
offenbar aus politischen Erwägungen auftauchende Absicht einer „Säubemng des Ober-Elsaß" bedeutet zwar nur ein kurzes gedankliches Zwischen-
spiel, das ohne Wirkung auf den Fortgang der Kriegshandlungen bleibt. Hingegen rückt die weitere Ausdehnung der Operationen gegen Rußland den Zeitpunkt der Durchführung des Durchbruchs im Westen in die Ferne. Die Herbstkrise auf dem westlichen Kriegsschauplatz stellt dann vorübergehend die Ausführbarkeit des ganzen Planes überhaupt in Frage. Nach ihrer Überwindung gewinnt der Wille zum Entfcheidungskampf gegen die
Westmächte allmählich wieder Lebenskraft. Indessen, die operative Form, in der er zum Austrag gebracht werden soll, hat sich gewandelt: Der eigene Durchbruch durch die feindliche Front, sei es die britische oder die französische, wird als Einleitungsakt abgelehnt. Durch tiefen Einbruch an einer für die Franzosen lebenswichtigen Stelle soll zunächst ein kraftaufsaugender Großkampf ohne das Streben nach operativ auszuwertendem
Raumgewinn entfesselt werden. Das wird, so hofft der Generalstabschef, Gegenangriffe der Feinde auch an anderen Stellen zur Folge haben, die erstarrten Fronten des Stellungskrieges auflockern und den Übergang zum
Bewegungskrieg durch entscheidungsuchenden Durchbruch ermöglichen. Eine kritische Stellungnahme zur Kriegführung des Generals von Falkenhayn in dem hier behandelten Zeitabschnitt wird von der Feststellung auszugehen haben, was vom Standpunkt der Mittelmächte gegenüber dem Ring der feindlichen Koalition unter „Kriegsentscheidung" zu verstehen war. Für Deutschland und Österreich-Ungarn durfte ein Erfolg als kriegsentscheidend nur dann angesehen werden, wenn er einen Gegner zum Weltkrieg. X.Band.
40
658
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Ausscheiden zwang oder mindestens als militärischen Machtfaktor völlig ausschaltete, ohne den die feindliche Koalition den Krieg mit Aussicht auf Erfolg nicht weiter zu führen vermochte. Cs liegt auf der Hand, daß Erfolge auf dem Balkan oder gegen Italien, wie durchschlagend sie auch sein mochten, allein kriegentscheidende Bedeutung niemals haben konnten. Cs > waren Abwehrsiege zur Sicherung der Gesamtlage, bestenfalls Stufen zur
Vorbereitung des Entscheidungskampfes. Unter den drei Hauptgegnern der Mittelmächte war England derjenige, dessen Ausscheiden oder Wehrlosmachung den stärksten Einfluß auf den Kriegsausgang zu üben versprach. Einer Koalition, die sich der Mithilfe Englands beraubt und damit in der Hauptsache auf Frankreich und Rußland beschränkt sah, wohnte schwerlich die Kraft inne, den Krieg zu gewinnen. Eine Koalition EnglandFrankreich ohne Rußland blieb unbestreitbar in sehr viel höherem Grade kriegsfähig als eine Koalition England-Rußland ohne Frankreich. General von Falkenhayn hat bereits im Herbst 1914 zutreffend erkannt, daß England der stärkste Machtfaktor des Feindbundes, die Seele seines Widerstandes war. Die deutsche Marineleitung sah in diesem Zeitabschnitt den Entscheidungskampf zur See wegen des für Deutschland ungünstigen Stärkeverhältnisses als aussichtslos an. Für die deutsche Landkriegführung aber war es eine schlechthin unlösbare Aufgabe, ohne MitWirkung der Seestreitkräfte England an den Wurzeln seiner Kraft so stark zu treffen, daß es als tätiges Glied aus der feindlichen Mächtekoalition ausscheiden mußte. Die Höchstleistung war erreicht, wenn es gelang, Eng-
land durch Vernichtung seines auf dem Festlande stehenden Heeres schwersten Schaden zuzufügen.
Ein solcher Schlag konnte aber zu einem krieg-
entscheidenden gesteigert werden, wenn er begleitet war von der Wehrlos-
machung Frankreichs. Dann bestand begründete Aussicht, schließlich auch des dritten Hauptgegners, Rußlands, Herr zu werden, sofern es überHaupt noch eines entscheidenden Waffenganges gegen ihn bedurfte. Die Möglichkeit, den Krieg nach diesem Grundgedanken erfolgreich zu führen, war nach dem Scheitern des Marne-Feldzuges, wenn auch bereits
erheblich eingeschränkt, so doch noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Mit dem Übergang zum Stellungskriege im Westen im Spätherbst 1914 wandelten sich aber von Grund aus alle Voraussetzungen, auf denen der bisherige Kriegsplan beruht hatte. Entscheidend fiel vor allem die veränderte Rolle ins Gewicht, die fortan dem Kampfe gegen Rußland im Rahmen der Gesamtkriegshandlung zugestanden werden mußte. Dem russischen Heere in hinhaltender Kriegführung mit einem Mindestmaß an Kräften Halt zu gebieten, kam nach den Erfahmngen, die das österreichisch-ungarischs Heer gemacht hatte, nicht mehr in Frage. Der solchem Verfahren an
Betrachtungen für die Jahre 1914 und 1915.
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sich dienliche Stellungskrieg hatte auf dem östlichen Kriegsschauplatz erst spät eingesetzt, und der Verteidigung konnte auf den weitgedehnten, nur
schwach ausgebauten Fronten nachhaltige Kraft nicht in demselben Maße zugesprochen werden wie im Westen. Der baldige Zusammenbruch des Verbündeten wäre die unausbleibliche Folge gewesen. Der Osten, auch wenn er wie bisher Nebenkriegsschauplatz bleiben sollte, heischte gebieterisch vermehrten Kräfteeinsatz. Sollten die Russen durch kraftvolle Offensivschlage zum Stehen gebracht und in die Verteidigung zurückgeworfen werden, wie es im Winter 1914 tatsächlich an einem großen Teil der Front mit
Erfolg geschehen ist, so bedeutete das ein Aufgebot und eine Festlegung so starker Kräfte, daß ein Durchbruch im Westen und seine operative AusWertung einfach nicht möglich war. Dem Plan des Generals von FalkenHayn, dessenungeachtet im Frühjahr 1915 mit Hilfe der 14 neugebildeten Divisionen den Cntscheidungskampf gegen die Westmächte wieder aufzunehmen, kann rückschauende Kritik in Anbetracht der an der Westfront
damals bestehenden Stärkeverhältnisse und der unzureichenden Munitionsläge operative Crsolgsaussichten schwerlich zubilligen, selbst wenn man berücksichtigt, daß auch auf feindlicher Seite drückender Mangel an Munition bestand. Der damalige Feldmunitionschef, Generals der Artillerie a. D. Sieger, hat hierzu festgestellt: „Der Feldmunitionschef erhielt von allen diesen Plänen keine Kenntnis, sonst hätte er unschwer nachweisen können, daß die Munitionslage im Frühjahr 1915 eine großangelegte Offensive im Westen unbedingt ausschloß. In der Abwehr der französischen Frühjahrsoffensive in der Champagne waren die mühsam angesammelten Reserven fast restlos aufgezehrt worden". Aber auch die Ansicht des Generalstabschess, daß es für das Austragen des Cntfcheidungskampfes im Westen genüge, wenn zuvor durch Angriffe mit beschränkten Zielen „die Offensiv-
kraft des russischen Heeres auf absehbare Zeit gelähmt" würde, beruhte insofern auf Täuschung, als der Größe und Dauer dieses Entscheidungskampses im Westen mit zeitlicher Begrenzung der für ihn unerläßlichen
Rückensicherung im Osten nicht hinlänglich Rechnung getragen wurde. Die Kriegsentscheidung gegen die Westmächte unter den erschwerenden Verhältnissen des Stellungskrieges zu erzwingen, war nur noch möglich, wenn zuvor Rußland als Machtfaktor ausgeschaltet, das heißt das russische
Heer so entscheidend geschlagen wurde, daß vollständige Rückenfreiheit im Osten erreicht wurde. Der bisherige Nebenkriegsschauplatz mußte also in Ausnutzung des Vorteils, den die Kriegführung auf der inneren Linie bot, zielbewußt und planvoll unter ganz erheblicher Steigerung des Kräfteeinsatzes für lange Zeit zum Hauptkriegsschauplatz gemacht werden. Wenn im Frieden bei der Aufstellung der deutschen
660
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Operationspläne gegen diesen Gedanken mit Recht eingewendet worden war, daß die russische Führung bei Kriegsbeginn es in der Hand habe, sich einer ihr unbequemen Waffenentscheidung durch rechtzeitiges Ausweichen beliebig lange und beliebig weit zu entziehen, so war solches Verfahren jetzt weniger wahrscheinlich und auch schwieriger, denn das russische Heer stand auf seiner ganzen Front in enger Fühlung und Kampfberühmng mit seinen Gegnern. Cs schien durchaus bereit, im Angriff die Entscheidung zu suchen. Im übrigen war es Kunst der Führung auf feiten der Mittel¬ mächte, die Operationen so anzulegen, daß ein möglichst durchschlagendes Ergebnis auch dann in Aussicht stand, wenn der Feind unter dem Eindruck unglücklicher Teilkämpfe versuchen sollte, der Entscheidung aus-
zuweichen. General von Falkenhayn hat über den Bedarf an Kraft und Zeit, de?
zur Bewältigung dieser ungeheuren Aufgabe erforderlich war, durchaus zutreffende Vorstellungen gehegt. Fraglich bleibt aber doch, ob er deshalb Recht hatte, den Gedanken grundsätzlich zu verwerfen. Denkbar war seine Verwirklichung allerdings nur bei ganz wesentlicher Schwächung des We st Heeres zugunsten des Ostheeres. Entschloß man sich hierzu unter Aufrechterhaltung der bisherigen weitgedehnten Front, so lief man Gefahr, den mit Sicherheit einsetzenden Durchbruchsversuchen der Franzosen und Engländer zu erliegen. Unabweisbares Gebot war also eine
erhebliche Verkürzung der Front. Sie mußte vor Abgabe stärkerer Kräfte an den Osten nach sorgfältig ausgearbeitetem Plan so vorbereitet sein, daß man, sobald ein feindlicher Angriff einsetzte, in hinhaltender Kampfweise planmäßig ausweichen konnte. Da hierbei aus einleuchtenden Gründen auf Belgien, insonderheit auf die flandrische Küste, nicht verzichtet werden durfte, kam als äußerste Grenze für eine solche Rückwärtsverlegung der Front etwa die Linie Rieuport—Lille—Maubeuge—Metz—Straßburg—Oberrhein in Frage. Die ersparten Kräfte, vielleicht ein Dutzend Korps, wurden aber erst ganz allmählich nach gründlichem Ausbau der neuen Stellungen frei. Mithin konnte eine entfcheidungsuchende Offensive im Osten erst nach geraumer Zeit ins Werk gesetzt werden. Vis dahin fiel der Kriegführung auch dort lediglich die Aufgabe zu, die
operative Gleichgewichtslage aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Für das Gelingen eines so großen Vorhabens war aber auch unerläßliche Voraussetzung, daß im Rahmen einer weitgreifenden Dienstbarmachung der heimatlichen Volkskraft für den Kriegszweck Arbeitskräfte zum Stellungsbau in ungleich größerem Amsange bereitgestellt und eingesetzt wurden, als es in den beiden ersten Kriegsjahren
geschehen ist.
Betrachtungen für die Jahre 1914 und 1915.
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Hätte sich General von Falkenhayn im Spätherbst 1914 nach dem
endgültigen Scheitern der Flandern-Offensive zu solchem Zielwechsel nach dem Osten entschlossen, so würde er voraussichtlich kaum vor Iahresmitte
1915 in der Lage gewesen sein, auf gesicherter Grundlage zur entscheidenden Tat zu schreiten. Das wäre also etwa zu dem gleichen Zeitpunkt gewesen, zu dem er in Wirklichkeit daran gegangen ist, den Operationen im Osten ein über die bisherigen Absichten weit hinausreichendes Ziel zu setzen.
Zwar schloß auch die tatsächliche Lage im Juli 1915 die Möglichkeit nicht aus, mit den vorhandenen Kräften in bemessener Zeit den Feldzug gegen Rußland mit einem weit größeren operativen Erfolge abzuschließen, als es geschehen ist, sofern der Generalstabschef sich damals rechtzeitig zu der vom Oberbefehlshaber Ost vorgeschlagenen Operation gegen rechte Flanke und Rücken des Feindes und zu gleichzeitigem Vortreiben starker Kräfte jenseits des Vug entschlossen hätte. Eine sichere Grundlage aber dafür, die Niederwerfung des russischen Heeres mit Aussicht auf vollen Erfolg ins Auge zu fassen, hätte sich nur schaffen lassen, wenn die ober st e Führung
von langer Hand nach einem klar durchdachten Kriegs-
plan darauf hingearbeitet hätte, das höch st mögliche Kräfteaufgebot auf weite Sicht und unbesorgt um die Entwicklung der Lage im Westen verfügbar zu
machen. Gewiß soll nicht verkannt werden, daß ein so radikaler Entschluß an die Willens- und Spannkraft des Feldherrn und an die hingebende Lei-
stungsfähigkeit der Truppe die denkbar höchsten Anforderungen gestellt hätte. Auch handelte es sich dabei durchaus nicht nur um rein militärische Cr-
wägungen, sondern ebensosehr um politische, wirtschaftliche und nicht zuletzt seelische Fragen von größter Tragweite. Damit ist aber nicht gesagt, daß der Entschluß härtere Belastungsproben zur Folge gehabt hätte, als sie Führung und Truppe in jener Zeit ohne ein so großes Ziel im Hintergründe tatsächlich auf sich genommen und mit vollem Erfolge bestanden haben. Indessen kam für General von Falkenhayn ein solcher Entschluß überhaupt nicht in Frage. Denn er verstieß nach seiner ganzen Anschauungsweise, die übrigens von vielen Führern des Westheeres voll geteilt wurde, gegen einen der wichtigsten Grundsätze, nach denen er den für die rings
umschlossenen Mittelmächte zum Kampf um Bodenbesitz entarteten Krieg an der Westfront zu führen gewillt war. Es ist gewiß kein Zufall, daß der Generalstabschef gerade in den Tagen, da er sich innerlich vor die entscheidende Frage gestellt sah, auf welche Weise und auf welchem Wege künftig die Kriegsentscheidung zu suchen sei, an Feldmarschall
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
von der Goltz die Worte schrieb'): „Wenn auch noch viele Lehren aus diesem Feldzuge unbewiesen sein mögen, eine ist über jeden Zweifel erhaben, nämlich die: Halte, was du hast, und gib nie einen Fußbreit von dem auf, was du gewannst. Dieser Lehre entsprechend werde ich handeln und denke, wie gesagt, auch nicht daran, irgendeinen Fußbreit Landes im
Westen freiwillig aufzugeben". General von Falkenhayn hätte nach dem bekannten Wort von Moltke^)
ein „Stern erster Größe" sein müssen, „deren kaum jedes Jahrhundert aufzuweisen hat", um zu einem Entschlüsse zu erstarken, durch den er sich von
solcher Grundeinstellung mit der gleichen Schärfe und Einseitigkeit lossagte, mit der er sich bisher zu ihr bekannt hatte.
B. Das Jahr Von entscheidendem Einfluß auf den Plan, den General von FalkenHayn nach den glänzenden Angriffserfolgen in Nußland und auf dem Balkan und den nicht minder bewundernswerten Abwehrsiegen auf französischem Boden seiner weiteren Kriegführung zugrunde legte, war die aus Clause-
witzscher Gedankenwelt entnommene, durchaus zutreffende Vorstellung, daß in diesem gewaltigsten aller Kriege durch die aufs höchste gesteigerte Kraftäußerung aller beteiligten Staaten und Völker „die absolute Gest a l t" des Krieges in bisher noch nie dagewesener Größe und Vernichtungskraft zum Ausdruck kam. Um ein grundsätzliches Bekenntnis zu solcher Anschauung abzulegen, betonte General von Falkenhayn am 29. No-
vember 1915 der politischen Reichsleitung gegenüber scharf und eindeutig, daß in diesem „Kampf um das Dasein im eigentlichen Sinne" Deutschland und seinen Verbündeten überhaupt keine andere Wahl gelassen sei, als „selbst auf die Gefahr hin, den letzten Mann und den letzten Groschen einsetzen zu müssen, den Krieg so lange fortzuführen, bis der Wille der Feinde zum Siege und damit auch zum Durchhalten des Krieges gebrochen" sei. „Wir sind gezwungen, diesen Weg bis zum guten oder bitteren Ende zu gehen, ob wir wollen oder nicht"'').
Der Entwurf dieses Schreibens hatte noch den die Anschauungsweise des Generals von Falkenhayn besonders kennzeichnenden Satz enthalten: „Solche Kämpfe werden nicht durch den Gewinn von Schlachten oder fremder Gebiete an sich entschieden, vielmehr allein dadurch, daß dem >) Band V, S. 585.
2) Moltkes Militärische Werke. Kriegslehren, I.Teil, S. 41. 3) S. 1 f.
Der Winter 1915/16.
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Gegner durch die Gesamtheit der Kriegshandlungen jede Hoffnung entrissen wird, seinen Zweck zu erreichen".
Die Aussichten hierfür schienen dem Generalstabschef nicht ungünstig. Von Rußland glaubte er, daß es nach den schweren Mißerfolgen des vergangenen Jahres „durch seine inneren Nöte in verhältnismäßig kurzer Frist gezwungen sein würde, einzulenken'"), und zwar um so schneller, je mehr
etwaige Versuche zur Wiederherstellung seiner „militärischen Reputation" zum Scheitern gebracht würden. Die inneren Zustände Italiens beurteilte er dahin, daß sie „die aktive Fortführung des Krieges bald unmöglich machen würden, wenn nur die österreichisch-ungarische Armee weiterhin einiger»
maßen ihre Pflicht tue"^). Die militärische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Frankreichs war seiner Ansicht nach durch den bisherigen Verlauf des Krieges bereits „bis nahe an die Grenze des Erträglichen"') geschwächt. Auf den Nebenkriegsschauplätzen des Valkan und an den asiatischen Gren-
zen des türkischen Reiches schien jede ernste Gefahr für Deutschland und seine Verbündeten gebannt. Einzig und allein der Haupt- und Erzfeind England stand noch unerschüttert. Seine Zuversicht, durch Ermattungskrieg den Vierbund auf die Schultern zu zwingen, hatte bisher nicht geKrochen werden können. Grundgedanke der weiteren Kriegführung sollte daher sein, „England die Aussichtslosigkeit seines Beginnens vor Augen zu führen"4). Dabei verhehlte sich der Generalstabschef freilich nicht, daß das Vermögen zum eigenen Durchhalten „bei den Verbündeten begrenzt", bei Deutschland selbst „immerhin nicht unbeschränkt"^) sei. So drängte die Gesamtlage gebieterisch auf baldige Kriegsentscheidung. Deutschland fiel dabei im wohlerwogenen eigenen Interesse die Initiative zu. Zwei Mittel — Heer und Seemacht — waren es, durch deren Zu-
sammenwirken General von Falkenhayn das ihm vorschwebende hohe Ziel erreichen zu können glaubte. Nur über eines von ihnen besaß er volle Befugnis; auf die Anwendung des anderen konnte er nur anregend und
fordernd einwirken. Während die von ihm geleiteten Landoperationen auf dem westlichen Kriegsschauplatz unter Zusammenfassung aller irgend verfügbar zu machenden deutschen Streitkräfte und Kampfmittel Englands
bestes Festlandsschwert, das französische Heer, zerbrechen und darüber hinaus nach Möglichkeit auch eine schwere Niederlage des englischen Heeres selbst herbeiführen sollten, fiel der Seemacht die Aufgabe zu, durch Wieder¬ 1) 2) 3) 4)
S. 9. 6.7. S. 10. S. 3.
5) Ebenda.
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
aufnähme des Unterseekrieges in seiner uneingeschränkten Form das InselVolk so schwer zu schädigen, daß es in absehbarer Zeit, bis Ende des Jahres 1916, friedensgeneigt würde. Es war das erstemal, daß der Leiter des Landkrieges in entschieden fordernder Sprache in die Führung des Seekrieges einzugreifen suchte. Für die Lösung der dem Heere gestellten Aufgäbe hielt er die deutschen Streitkräfte bei stärkster Einschränkung an den Fronten des Ostens und Balkans für ausreichend, in der Frage des Unterseekrieges verließ er sich auf das sachverständige Urteil der verantwortlichen Männer der Marine.
Der Plan des Generals von Falkenhayn ist vollkommen gescheitert.
So sehr rückschauender Betrachtung Vorsicht und Zurückhaltung im Urteil ziemt, so muß sie doch feststellen, daß der Plan kaum Aussicht hatte zu gelingen, weil die Spannung zwischen Wollen und Wirklichkeit zu groß war. Nahezu alle Voraussetzungen, von denen der Generalstabschef in der Beurteilung der Feinde ausging, waren unzutreffend. Weder Rußland
noch Italien standen im Begriff, infolge innerer Schwierigkeiten als tätige Mitglieder aus dem Feindbunde auszufallen. Rußland bewies im Gegenteil trotz der schweren Niederlagen des vergangenen Jahres noch so viel
Angriffskraft, daß es die Front des österreichisch-ungarischen Heeres auf weiten Strecken zum Einsturz brachte. Auch Italien überstand nicht nur das Tiroler Mißgeschick, sondern schloß in der sechsten Angriffsschlacht am Isonzo zum ersten Male mit einem sichtbaren Waffenerfolge ab. Frankreich hielt bei Verdun der stärksten Belastungsprobe stand, der es seit Beginn des Stellungskrieges ausgesetzt war, und vermochte sich daneben noch tatkräftig an der Offensive seines britischen Verbündeten zu beteiligen, der dank seines unversieglichen Krastzustroms das Feld an der Somme
beherrschte. Der uneingeschränkte Unterseekrieg aber, den General von FalkenHayn als das „voraussichtlich wirksamste Kriegsmittel" bezeichnet hatte, kam überhaupt nicht zur Ausführung. Indessen, auch wenn er von Mitte März an mit aller der Waffe möglichen Wucht geführt worden wäre, so ist doch schwerlich anzunehmen, daß er bei der geringen Zahl verfügbarer Frontboote') in dem veranschlagten Zeitraum bis zum Jahresende das erhoffte Ergebnis hätte bringen können — ganz abgesehen von der unberechenbaren
Tragweite, die dem nicht zu bezweifelnden Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in die Reihe der Gegner innewohnte.
„Der Krieg ist das Gebiet der Ungewißheit", sagt Elausewitz. „Drei Viertel derjenigen Dinge, auf welche das Handeln im Kriege aufgebaut wird, liegen im Nebel einer mehr oder weniger großen Ungewißheit. Hier 1) S. 291 und 620.
Betrachtungen zum Entschluß für 1916.
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also zuerst wird ein feiner, durchdringender Verstand in Anspruch ge° nommen, um mit dem Takte seines Urteils die Wahrheit herauszufühlen . . .
Es ist immer nur ein Ahnen und Herausfühlen der Wahrheit, nach welchem
gehandelt werden muß". Cs darf gewiß nicht in Abrede gestellt werden, daß auch die Grundlagen, auf denen General von Falkenhayn seinen Plan aufgebaut hat, zu jenen Dingen gehörten, die so stark in den Nebel der Ungewißheit gehüllt waren, daß selbst ein feiner, durchdringender Verstand besondere Schwierigleiten überwinden mußte, um mit dem Takte seines Urteils die Wahrheit zu ahnen und herauszufühlen. Gleichwohl wird nicht behauptet werden dürfen, daß der Generalstabschef für die Schlüsse, die er aus seiner Ve°
urteilung der Gegenwartslage zog und zur Grundlage seiner Zukunftspläne machte, aus dem bisherigen Verlauf des Krieges ausreichende Begründungen entnehmen konnte. Für die Vorstellung, daß Rußland und Italien nicht mehr als gefahrdrohende Machtfaktoren in Betracht kämen, daß sie sich aus innerpolitischen Gründen in absehbarer Zeit gewissermaßen selbst außer Gefecht setzen würden, daß es sogar vom Standpunkt der Mittelmächte
zweckmäßig sei, diese nahegerückten Auflösungsprozesse nicht durch offensiven Druck zu stören, fehlte es zum mindesten an beweiskräftigen Anhaltspunkten. Auch Frankreichs bisherige, übrigens von General von Falkenhayn rückhaltlos anerkannte Leistungen und Opfer ließen schwerlich einen so weitgehenden Schluß zu, wie dieser ihn mit der Feststellung zog, daß es von deutscher Seite nur noch einer letzten, äußersten Kraftanstrengung bedürfe, um das französische Volk zum Erliegen zu bringen. Es scheint fast, daß er
manchen in diesem Sinne gehaltenen Mitteilungen des Nachrichtendienstes, die im einzelnen vielleicht richtig waren, durch verallgemeinernde und damit irrige Schlüsse ein Gewicht beigelegt hat, das ihnen bei unvoreingenommener Prüfung nicht zukam. Mit dem uneingeschränkten Unterseekrieg aber setzte der Feldherr einen Faktor in seine Gesamtrechnung ein, an dessen Wirkungskraft und Erfolgsmöglichkeiten er selbst zunächst gewisse Zweifel gehegt hatte'). Man muß wohl fagen, daß er sich dann allzu leicht und gern für einen Gedanken erwärmt hat, der von der Marine ebenso eifrig
verfochten, wie von der politischen Reichsleitung wirksam bekämpft wurde. So kam es, daß der Kanzler unter Zustimmung des Obersten Kriegsherrn die verantwortlichen Leiter der Kriegführung auf ihrem eigenen Felde nicht nur mit politischen, sondern auch mit militärischen Gründen schlagen
konnte. Dabei hat sich zum Schluß das eigenartige Schauspiel ergeben, daß nicht einmal mehr der Admiralstabschef, sondern nur noch der Leiter des Landkrieges, allerdings erfolglos, auf einer Forderung beharrte, deren ') S. 15.
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Erfüllung bei kühler Abwägung alles Für und Wider keine hinlängliche Gewähr für die Erreichung des erstrebten Zieles bot, wohl aber eine wesentliche Verschlechterung der Gesamtlage nach sich zu ziehen drohte. Bei aller Würdigung des Geistes entschlossener und verantwortungsfreudiger Initiative, der das Planen des Generals von Falkenhayn um die Jahres-
wende 1915/16 erfüllte, kann man sich dem Eindruck nicht verschließen, daß er sich in starkem Maße von Wünschen und Hoffnungen hat leiten lassen, die in den tatsächlich gegebenen Verhältnissen keine genügende Stützung fanden. Wunschbilder hatten den Blick für die Wirklichkeit getrübt. Die riesenhafte Größe und Schwere der bevorstehenden Aufgabe war nicht in ihrem vollen Umfange erkannt. So leicht es kritischer Rückschau fällt, auf Grund der geschichtlichen
Begebenheiten die Fehlerquellen des Falkenhaynschen Planes bloßzulegen, so schwierig ist es, einen anderen Weg zu zeigen, der in der Lage, wie sie nun einmal um die Jahreswende 1915/16 bestand, mehr Aussicht auf den
Endsieg bot. Es sind schon damals inmitten der kriegerischen Ereignisse dem deutschen Generalstabschef manche Vorschläge gemacht worden, und fachmännische Kritik hat sich bis auf den heutigen Tag bemüht, erfolgversprechendere Lösungen zu finden. Sie alle beruhen auf der unbestreitbar richtigen Erkenntnis, daß die schwere Aufgabe des Entscheidungskampfes an der Westfront nur dann bewältigt werden konnte, wenn zuvor die
Kriegskarte auf den anderen Schauplätzen so weit bereinigt wurde, daß das zum Endkampf erforderliche Kräfteaufgebot frei verfügbar war. In diesem Sinne wird häufig auf den Gedanken des Generalobersten von Conrad hin-
gewiesen, mit vereinten Kräften zunächst das italienische Heer entscheidend zu schlagen. Andere heben den Vorteil hervor, den eine Durchführung des Angriffs auf Saloniki bis zur Vertreibung oder Waffenstreckung der dortigen Feindkräfte für den weiteren Kriegsverlauf gebracht haben würde. Wieder andere geben einer nochmaligen Angriffsoperation gegen Rußland den
Vorzug und sehen den wirksamsten Weg hierfür in einer konzentrisch aus der wolhynisch-galizischen Front und durch Rumänien und Vessarabien geführten Offensive in die Ukraine, wie sie General Ludendorff damals als einzig kriegsentscheidend bezeichnet und auch General Groener bei General von Falkenhayn mehrfach zur Sprache gebracht hat. Wir kennen die Gründe, die diesen zur Ablehnung solcher Pläne veranlaßten. Sie wurzelten in der Grundvorstellung, daß es sich dabei um Unternehmungen auf Nebenkriegsschauplätzen handele, die entweder — wie die Angriffe gegen Italien und auf Saloniki — nicht kriegsentscheidend wirken, oder — wie der Feldzug in die Ukraine — ins Uferlose führen und
neben einer durchaus unerwünschten Erschwernis der politischen Lage, wie
Betrachtungen zum Entschluß für 1916.
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sie die Aufrollung der rumänischen Frage bedeuten konnte, auf lange Zeit hinaus eine Zersplitterung der Gesamtkräfte zur Folge haben würden. Freilich übersah General von Falkenhayn bei dem Plan des Generalobersten von Conrad, daß einem mit Zusammenfassung überlegener Kräfte
schnell und überraschend geführten AngriffgegenItalienim Sinne endgültiger Kriegsentscheidung insofern nicht gering zu schätzende Bedeutung zukam, als er für eine nachfolgende Offensive auf französischem Boden nicht nur den besten Flankenschutz an einer für die Mittelmächte besonders wichtigen Stelle der Gesamtfront schuf, sondern auch die Mitwirkung starker öfterreichisch-ungarischer Kräfte oder wenigstens — bei entsprechendem Truppenaustausch an der Ostfront — eine erhebliche Vermehrung des deutschen
Kräfteaufgebots ermöglichen konnte. Eine ernste Gefährdung der deutschen Westfront durch Franzosen und Engländer während der wahrscheinlich nur kurze Zeit beanspruchenden Angriffshandlung gegen die Italiener war bei
sorgfältiger Kräfteverteilung kaum zu besorgen, wenngleich nicht außer acht gelassen werden darf, daß die Witterungsverhältnisse im Gebirge größere Kampfhandlungen nicht vor dem Frühjahr zuließen, die Westmächte also längere Zeit Freiheit des Handelns behielten. Entschlossen diese sich zur unmittelbaren Unterstützung der Italiener, so ging das auf Kosten ihrer in Frankreich und Belgien stehenden Kräfte. Was aber für die Mittelmächte bei solchem Ineinandergreifen der Operationen an der Südwest- und West-
front in jedem Falle in unverminderter Schärfe bestehen blieb, war die Unsicherheit der Lage im Osten. Das Fehlen der Rückensreiheit, die aus-
reichend zu erkämpfen im vergangenen Jahre nicht gelungen war, barg ernste Gefahren für die ungestörte Durchführung einer jeden, sicherlich langwierigen und kräfteverschlingenden Offensivoperation an der Einheitsfront von der Adria bis zum Kanal. Dem ließ sich nur durch Velaffung starker
deutscher Truppen im Osten begegnen; sie fielen für den Cntfcheidungskampf im Westen aus. Daß dieser dann das erstrebte Endziel erreichen konnte, ist zu bezweifeln. Was den Angriff auf Saloniki anlangt, so ist zu berücksichtigen, daß die Aussicht, dort durch schnelles Zugreifen einen operativ, politisch und moralisch wertvollen Waffenerfolg zu erzielen, niemals bestanden hat. Es konnte sich nur um planmäßiges und gründlich vorzubereitendes Vorgehen handeln, über dessen erhebliche Schwierigkeiten und lange Zeitdauer die
nüchterne und sachliche Berichterstattung der Heeresgruppe Mackensen keinen Zweifel ließ. Gleichwohl ist nicht zu bestreiten, daß ein glücklicher Abschluß dieser Operation rechtzeitig das dort sich bildende Kraftzentrum beseitigt hätte, das vorläufig sich zwar noch nicht offensiv, fondern nur in einer Art Drohstellung bemerkbar machte, aber doch als Quelle künftiger
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Gefahren Beachtung heischte. Rückschauend wird man sagen dürfen, daß die Durchführung des Angriffs auf Saloniki, auch wenn sie gleichzeitig mit einer Offensive gegen Italien erfolgte, die Leistungskraft des Vierbundes nicht überschritten hätte. Eine Waffenstreckung der Feinde war freilich kaum zu erhoffen, überhaupt darf der unmittelbare militärische Nutzen, den die schließliche Einnahme von Saloniki für die Gesamtlage gebracht haben würde, nicht allzu hoch veranschlagt werden. Sicherlich aber hätte die Vertreibung der Feinde vom Balkan einen ähnlich großen, wenn nicht noch größeren moralischen Erfolg bedeutet wie ihr Abzug von Gallipoli. Ein solcher Ausgang konnte insbesondere auf die Haltung Rumäniens von ent° scheidendem Einfluß werden. Die Frage, wie man Rumänien gegenüber verfahren sollte, hatte
ungleich größere Bedeutung als die Frage des Angriffs auf Saloniki. Ihre alsbaldige Vereinigung, sei es auf gütlichem Wege, sei es mit Gewalt, bedeutete in jedem Falle eine Vesierung der militärischen Gesamtlage, mochte der Schwerpunkt der Kriegführung im Osten oder im Westen liegen. War Rumänien zum Anschluß nicht zu bewegen, so wäre die Nieder-
werfung seines nicht kriegsbereiten Heeres durch strategischen Überfall mit den im Winter 1915/16 im Südosten zur Hand befindlichen Kräften vor-
aussichtlich in kurzer Zeit erreichbar gewesen. Aber auch in diesem Falle handelte es sich im Rahmen der Gesamtauffassung des Generals von FalkenHayn um einen Nebenkriegsschauplatz. Da zudem die Ernährungslage in der Heimat wesentlich auf ununterbrochener Zufuhr von dort aufgebaut war'), so kann man verstehen, daß er sich leicht bereitgefunden hat, auf die
Austragung der Angelegenheit zu verzichten. In engem Zusammenhang mit der rumänischen Frage steht der Gedanke des Feldzuges in die Ukraine, denn Gewinnung oder Niederwerfung Rumäniens mußte an seinem Anfang stehen. Der Ukraine-Feldzug verhieß ausschlaggebende Wirkung auf den Kriegsverlauf, weil er das beste Mittel war, um Rußland nicht nur militärisch niederzuwerfen, sondern
ihm auch wirtschaftlich das Rückgrat zu brechen. Gelang das, so wurde die Hauptmasse des Ostheeres frei zum Einsatz auf dem westlichen KriegsschauPlatz. Weiterhin brachte die rechtzeitige Inbesitznahme der wirtschaftlichen Kraftquellen des „Landes der Schwarzen Erde" und Rumäniens eine für das Durchhaltevermögen des Vierbundes nicht hoch genug zu veranschlagende Hilfe. Sie versprach die Wirkung der britischen Hungerblockade abzuschwächen, vielleicht sogar allmählich wettzumachen. Es leuchtet aber ohne weiteres ein, daß der Feldzug in die Ukraine, aus der doppelten Grundstellung von Wolhynien—Galizien und vom Balkan her in der Rich1) 0. 632.
Betrachtungen zum Entschluß für 1916.
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tung auf Kiew und Odesia geführt, ein außerordentlich schwieriges und
zeitraubendes Unternehmen bedeutete, das umfangreicher und gründlicher Vorbereitungen von langer Hand bedurfte. Zwar hätte das erforderliche Kräfteaufgebot wohl im großen und ganzen aus den im Dezember 1915 an
der Ostfront und auf dem Valkan stehenden Truppen bestritten, eine wesentliche Inanspruchnahme der Westfront also vermieden werden können. Auch schnelle Anfangserfolge waren möglich. Für die weitere Durchführung der Offensive aber mußte nicht zum wenigsten wegen der unzureichenden Verbindungen und ungünstigen Vahnverhältnisse sowie der Schwierigleiten bei der Merbrückung der großen Ströme bestimmt mit schleppendem Verlauf gerechnet werden. Unerläßliche Voraussetzung war daher, daß dem Angreifer zur Vorbereitung und Führung des Feldzuges lange Zeit zur Verfügung stand. Indessen diese Voraussetzung war in der gegen Jahresende 1915 entstandenen Lage nicht gegeben, ließ sich auch kaum mehr schaffen. Denn so ungelegen den Gegnern, wie wir heute wissen, eine neue deutsche
Offensive gegen Rußland gewesen wäre, so sicher hätten sie die Westfront mit Sturm berannt, und ob diese auf die Dauer widerstehen konnte, wenn
sie auf die eigenen Kräfte angewiesen blieb, muß in Zweifel gezogen werden. In jedem Falle war der Feldzug in die Ukraine unter den vorliegenden Verhältnissen für die Gesamtlage Deutschlands und damit des Vierbundes
ein so weitgreifendes und damit so gewagtes Unternehmen, daß selbst ein Feldherr von ungewöhnlichem Wagemut die Verantwortung dafür schwerlich auf sich nehmen durfte. Cs ist begreiflich, daß General von Falkenhayn dazu nicht gewillt war. Aufs neue tritt die ungeheure Spannung und gefahrenreiche WechselWirkung zutage, der die Kriegführung des Vierbundes im Kampfe nach verschiedenen Fronten unterworfen war.
Aufs neue zeigt sich aber auch der
entscheidende Vorteil, den sie aus einer von langer Hand plan-
mäßig vorbereiteten Verkürzung der Abwehrfront i m W e st e n für die Gesamtlage bis zu dem Zeitpunkt hätte ziehen können,
wo sich berechtigte Aussicht eröffnete, den Entscheidungskampf auf französischem Voden mit ausreichend starken Kräften zum Austrag zu bringen. Was in dieser Beziehung seit dem Spätherbst 1914 außer acht gelassen worden war, lastete jetzt als schweres Hemmnis auf der Entschluß- und
Handlungsfreiheit der deutschen Heeresleitung. General von Falkenhayn empfand jedoch dieses Hemmnis nicht, konnte es auch in der Vorstellung, in der er lebte, gar nicht empfinden. Für
ihn hatte sich das ganze schwierige Problem des Mehrfrontenkrieges dahin vereinfacht, daß es — bei Abwehr auf allen Nebenfronten — nur noch
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
darauf ankam, die Westmächte, insbesondere England, so stark zu treffen und zu schwächen, daß sie friedensgeneigt wurden. Wohl war er sich bewußt, daß auch das noch harte Arbeit genug kosten würde, indessen er vertraute auf die innere Güte des deutschen Heeres, das zwar an Zahl den Gegnern unterlegen war, sich aber bisher jeder Probe auf seine
Leistungsfähigkeit gewachsen gezeigt hatte. Befremdlich bleibt allerdings, daß er selbst sich jeder Einwirkung auf die taktische Schulung der Truppen für die ihnen bevorstehenden, vielfach neuen und ungewohnten Angriffsaufgaben, sei es auch nur durch Erlaß einheitlicher Kampfvorschriften, ent¬ halten hat. Es ist bezeichnend, daß während des monatelangen Kampfes um Verdun seitens der Obersten Heeresleitung nur eine einzige kurze Anweisung dieser Art am 14. April hinausgegangen ist. Sie betraf die Bekämpfung von Maschinengewehrnestern. Auch in allen rein technischen Fragen der
Kriegführung, deren Amfang und Bedeutung ständig wuchs, hielt sich der
Generalstabschef manchmal auffallend zurück. Dasselbe starke Vertrauen, das er seinem Kriegswerkzeug entgegenbrachte, erfüllte ihn zu seinem eigenen Können. „Wem das Geschick ein so schweres und erhabenes Amt wie mir, sehr gegen meinen Willen, auferlegt hat" — so schrieb er in jenen kritischen Tagen —, „der
fürchtet sich wirklich nicht vor irdischer Verantwortung. Mein Gewisien und mein Wille sind die einzigen Leitsterne auf meinem dornigen Wege". Unbestreitbar war er ein durch Gedankenreichtum und Scharfsinn ausgezeichneter Mann, dem auch eine gewisse Genialität nicht abzusprechen ist, vielleicht einer der ideenreichsten Köpfe des damaligen Heeres. Sein leb-
Haftes Vorstellungsvermögen ließ eine „Fülle der Gesichte" erstehen, die seinen Geist stark beschäftigten und nur selten in wirklich großen Entschlüssen zur Ruhe kommen ließen. Er hatte Einfälle, die vielen anderen
auch bei intensivster Versenkung in den Stoff gar nicht kamen. Dabei war er eine sanguinische Natur und als solche ebensosehr phantasievoller ErHebung wie seelischer Entmutigung zugänglich. Was ihm mangelte, war der Zug zu systematischem Denken. Sein elastischer Geist arbeitete deutlich sprunghaft und zeitigte damit häufig Ergebnisse, die zwingender Logik entbehrten. Gern und leicht formte er aus Eingebungen des Augenblicks
bestimmte Wunschbilder, ohne sie in geistiger Selbstzucht unnachsichtlich streng auf ihre innere Berechtigung und Haltbarkeit nachzuprüfen. Es fehlte die ausgleichende Selbstkritik, die für den Menschen dieser Art besonders schmerzhaft sein mag, weil sie an das Vorstellungsvermögen, das sie als das beste Stück ihrer Lebenskraft empfinden und das auch sicherlich eine notwendige Eigenschaft des Feldherrn ist, Hand anlegt und es in
eine dienende Rolle zwingt. In ihrer Mitwelt fühlen sich solche Naturen
Betrachtungen zum Entschluß für 1816.
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oft fremd, nicht verstanden, einsam. Die Gegenwirkung äußert sich in übersteigerter Schätzung des eigenen Wertes. Darum ist auch selten Raum für wirkliche Ratgeber, die unabhängig und willensstark genug sind, um logischen Gedankenaufbau und vorurteilslose Nachprüfung zu erzwingen. Für das durch die Erfolge des Jahres 1913 stark gehobene Selbstbewußtsein des Generalstabschefs legt die gegenüber dem Oberbefehlshaber Ost und Generaloberst von Conrad gewählte Sprache beredtes Zeugnis ab. In den Herbsttagen dieses Jahres zeichnete sein vertrauter Berater, General von Wild, auf: „Wir stehen nach Serbien auf einem militärischen Höhepunkt. Es ist aber eine schwere, schwere Frage, wie der Krieg im Großen weitergeführt werden soll. Jetzt muß der geniale Funke einsetzen. Ich selbst kann mich noch nicht ganz durchringen. Gott sei Dank behält Falkenhayn seine souveräne Ruhe — ein Mordskerl an Nerven und Leistungsfähigkeit!"
Vielleicht erklärt sich die Art, wie General von Falkenhayn nach seinen Erfolgen im vergangenen Jahre die Frage der Kriegsentscheidung anfaßte und beantwortete, am einfachsten aus dem tiefwurzelnden Gefühl der
eigenen geistigen Überlegenheit über alle anderen beteiligten Persönlichleiten. In dem Mittel, das er selbst ersann, um aus dem Stellungskriege
ohne das die eigene Kraft übersteigende Wagnis des Massendurchbruchs zur Operation im freien Felde zu gelangen, mag er eine geniale Lösung gesehen haben, die schwerlich dem Geiste eines anderen entspringen konnte. Dieses Mittel oder besser das erste Teilstück dieses Mittels war der
Angriff auf Verdun. Wir sehen den Gedanken, der diesem Angriff zugrunde gelegen hat, heute anders, als ihn General von Falkenhayn selbst in seinem Werke auslegt. Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Generalstabsches bei seiner Entschlußfassung sich nicht ausschließlich oder auch nur vorwiegend von der Absicht hat leiten lassen, in räumlich eng begrenzter Kampfhandlung von zeitlich unbegrenzter Dauer das französische Heer allmählich zu zermürben, die Kriegsentscheidung zu Lande durch eine „Ausblutungsschlacht auf der Stelle" ohne Inanspruchnahme des operativen Elements herbeizuführen. Das strategische Planen des deutschen General-
stabschess hat sich in jenem Zeitpunkt noch in freieren und höheren Bahnen bewegt. Wohl kam es ihm auch nicht auf den sofortigen Fall der Festung an, wie ihn das Oberkommando der 5. Armee von seinem Standpunkt
begreiflicherweise als die gestellte Aufgabe ansah. Ein solcher Erfolg war ihm gewiß willkommen wegen der moralischen Wirkung, die er in der
ganzen Welt auslösen würde. Viel wichtiger aber schien es ihm, daß durch das drohende Verhängnis, das sich über dem Palladium Frankreichs zusammenzog, das französische Heer, wenn auch nicht ganz, so doch mit
starken Teilen auf das Schlachtfeld gerufen wurde. Der deutsche Angriff
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
hatte seinen Hauptzweck erfüllt, wenn er, ohne sich selbst der Gefahr eines Rückschlages auszusetzen, die Franzosen in so starkem Maße anzog und schwächte, daß sie sich ihrer operativen Handlungsfreiheit an anderer Stelle mehr oder minder begeben mußten. Der Angriff war nicht Selbstzweck, er sollte nur die Fronten des Stellungskrieges unter Einsatz stärkster tech.
nischer Kampfmittel auflockern, den großen Cntscheidungskampf einleiten, der die Westfront in Bewegung zu bringen versprach. Eine feste Vorstellung, wie die Dinge sich in der Folge abspielen würden, konnte freilich noch nicht bestehen. General von Falkenhayn erwog aber die verschiedensten Möglichkeiten, die sich als Auswirkungen des Angriffs bei Verdun auf die Gesamtlage an der Westfront ergeben könnten.
Als das Wahrscheinlichste und auch Willkommenste galt ihm, daß das britische Heer wohl oder übel gezwungen sein würde, dem bei Verdun hart bedrängten Bundesgenossen mit einer Cntlastungsoffensive an der eigenen Front beizuspringen. Mit Bestimmtheit erwartete er deren siegreiche Abwehr. Damit nicht genug, hoffte er mit entscheidendem Gegenangriff die Niederlage der Engländer auf dem Festlande besiegeln zu können. Cs ist auffallend, mit welcher Sicherheit er in diese Rechnung auf weite Sicht, die doch sehr viele unbekannte Größen in sich barg, den Eindruck der überraschend eintretenden Niederlage bei Verdun auf die Franzosen und Engländer als unbezweifelbaren Faktor einsetzte. Das hatte zur Folge, daß er trotz der klar erkannten Begrenztheit der eigenen Streitkräfte und Kampfmittel sein Ziel nicht nur beim Beginn des Kampfes, sondern auch indessen
Fortführung und Ausgestaltung unter starker Drosselung des Kräfteeinsatzes erreichen zu können glaubte. „Anser Problem ist es", so schrieb er dem Generalstabschef der 3. Armee, „mit verhältnismäßig bescheidenem eigenen Aufwand dem Gegner schweren Schaden an entscheidender Stelle zu-
zufügen". Auch wer dem strategischen Grundgedanken des Generals von Falken-
Hayn einen gewissen genialen Zug zubilligt, 'wird einräumen müsien, daß er auf Überschätzung der Wirkungsmöglichkeiten und Ersolgsaussichten beruhte, die nach dynamischem Gesetz einer jeden „mit verhältnismäßig bescheidenem eigenen Aufwand" geführten Operation innewohnen. Der Irrtum hat sich schnell und hart bei dem ersten Kräfteeinsatz vor Verdun gestraft. Wäre dieser stärker bemessen und infolgedessen auch von vornherein die Angriffsbasis erweitert worden, so würde der Angriff wahrscheinlich die vom Generalstabschef erwartete Wirkung erzielt haben, wobei es nebensächlich bleibt, ob er sogleich die Festung in ganzem Umfange oder zunächst nur die beherrschenden Höhen des Ostufers der Maas in den
Besitz der Deutschen brachte. Sicherlich hätten sich dann für die Weiter-
1916. Betrachtungen zum Operationsplan für den Westen.
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entwicklung der Operationen an der Westfront bessere Aussichten auch in dem Falle eröffnet, daß die britische Entlastungsoffensive zunächst oder überhaupt ganz ausblieb. Der deutsche Feldherr behielt jedenfalls den unschätzbaren Vorteil der eigenen Initiative und durfte im Vollgefühl eines in kurzer Zeit über die Franzosen an ihrer scheinbar stärksten Stelle ersochtenen Sieges die Flügel zu kühnem Fluge weit spannen. Cr konnte unter Aufrechterhaltung der Drohwirkung bei Verdun an einer anderen, als
Vlöße erkannten Stelle der feindlichen Front einen starken Einbruch, viel-
leicht sogar den Durchbruch erzwingen. Dessen operative Auswirkung durch entscheidungsuchende Offensive aber war „mit verhältnismäßig bescheidenem eigenen Aufwand" niemals erreichbar. Das gleiche galt, vielleicht noch in verstärktem Maße, für einen Waffengang mit dem britischen Heere in der Form, wie ihn General von Falkenhayn sich unter der Wechselwirkung von Abwehr und Gegenangriff vorstellte. Man mag sich den Verlauf der Dinge
noch so günstig ausmalen, eine Lage, die den deutschen Waffen ein solches Übergewicht brachte, daß durch eine nachfolgende Operation im freien Felde die Kriegsentscheidung herbeigeführt werden konnte, läßt sich in Anbetracht der beiderseitigen Stärkeverhältnisse') schlechterdings nicht denken, selbst dann nicht, wenn wider alles Erwarten die Gegner auf den übrigen Kriegs-
schauplätzen sich jedes offensiven Gegendruckes enthalten hätten. Das unzureichende Ergebnis des ersten Ansturmes auf Verdun im
Februar ist die entscheidende Ursache für die ungünstige Weiterentwicklung der Begebenheiten im nächsten halben Jahr nicht nur im Maas-Gebiet, sondern auch an der übrigen Westfront und auf allen Hauptschauplätzen des Krieges geworden. All die vergeblichen Versuche der nächsten Wochen und Monate, das Ergebnis der ersten Angriffstage unter ständiger Zuführung frischer Kräfte nachträglich noch bis zu der erstrebten Wirkung zu steigern, haben den Kampf um Verdun sehr gegen Wunsch und Willen des deutschen Generalstabschefs und auch gegen die ursprüngliche Absicht des ArmeeOberkommandos 5 mehr und mehr und schließlich ganz zu jener grausigen
„Ausblutungsschlacht auf der Stelle" werden lassen, die freilich ohne Ansehen und Unterschied von Angreifer und Verteidiger die Kräfte beider kämpfenden Heere in gleichem Maße in Anspruch nahm und verbrauchte. Der Aderlaß ist aber auf deutscher Seite fühlbarer und folgenschwerer gewesen, weil die Franzosen meist in der Lage waren, ihre Kräfte zu ersetzen, bevor sie zur Schlacke ausbrannten. General von Falkenhayn hat niemandem aus seiner nächsten Um-
gebung vollen Einblick in sein Inneres gewährt, auch niemals, soweit bekannt, etwas darüber verlauten lassen oder aufgezeichnet, was damals in ') S. 11 ff. u. S. 335. Weltkrieg. X. Band.
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Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
seiner Seele vorgegangen ist. Nach außen hat er stets, von wenigen Einzelfällen abgesehen, die sich aus Augenblicksstimmungen erklären, in hoher Selbstbeherrschung gleichbleibende Ruhe bewahrt. Die Kriegsgeschichtsschreibung vermag daher nur das aktenmäßig feststellbare Tun und Lassen des Generalstabschefs zur Grundlage eines Seelenbildes zu machen, das ihn
in der schwersten Krise seines Wirkens zeigt. Sie muß deuten, wo sie nicht
beweisen kann, und ist sich bewußt, daß vielleicht nicht alle Striche des Vildes richtig gezeichnet sind. Mit diesem Vorbehalt ist zu sagen: General von Falkenhayn hat unter dem schwer lastenden Drucke der für ihn unerwarteten Vorgänge von Verdun, die alle seine Voraussehungen und Berechnungen, alle seine Wünsche und Hoffnungen über den Haufen warfen, das seelische Gleichgewicht nicht zu bewahren vermocht, dessen der Feldherr bedarf, „um trotz den Stürmen in der eigenen Vrust der Einsicht und Überzeugung wie der Nadel des Kompasses auf sturmbewegtem Schiffe das feinste Spiel zu gestatten"'). Mehr als einmal hat er versucht sich von den Fesseln zu befreien, in die das nervenerschütternde Erlebnis des kraft-
verschlingenden Kampfes im Maas-Gebiet seine Seele verstrickt hatte. Aber immer wieder hat er sich auf die selbstquälerische Frage, was aus diesem Kampfe werden solle, zu dem Versuch zurückgefunden, das einmal begonnene
Unternehmen, mochte es auch längst seinen ursprünglichen Sinn verloren haben, unter neuem Einsatz von Menschen und Material doch noch bis zu einem erträglichen Ende zu führen. So ist General von Falkenhayn der
Hörige seines eigenen Werkes geworden, das mit elementarer Gewalt weit über den ihm zugedachten Umfang emporgeschossen war und nun selbstherrisch seinen Tribut forderte. And diese Unterwerfung von Geist und Gemüt unter die Materie blieb auch bestehen, als er mit wachsender Klarheit ein neues schweres Ungewitter an anderer Stelle der Westfront immer drohender sich zusammenballen sah. Wohl überlegte er, ob und wie er
dieser Gefahr vorbeugen, sie im Keime ersticken könnte, aber den rücksichtslosen Entschluß, durch schnelles und entschiedenes Handeln sich die VorHand zu sichern, fand er nicht. Cr wartete ab. Da zuckte unerwartet an entlegener dritter Stelle der Blitz hernieder. Was in der Vorstellungswelt des Generals von Falkenhayn nahezu als
unmöglich gegolten hatte, vollzog sich mit der Plötzlichkeit und SelbstVerständlichkeit eines verheerenden Naturereignisses. Das russische Heer lieferte einen so überwältigenden Beweis der noch in ihm lebenden Angriffskraft, daß schlagartig und unvermittelt all die schweren, längst für überwunden gehaltenen Gefahren des Mehrfrontenkrieges in ihrer alten Größe und Schärfe wieder auftauchten. Gewiß lag die Schuld des Bundesgenossen ') von Clausewitz, Vom Kriege. Erstes Buch, Z.Kapitel.
Der Sommer 1916.
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klar zutage, der in der Erfüllung einer einfachen Pflichtaufgabe versagt hatte. Im Grunde aber rächte sich bei Luck auch an dem deutschen Generalstabschef das große Versäumnis des vergangenen Jahres. Wiederum
mußte das Westheer, wie früher schon so oft, trotz der hochgespannten Lage, in der es sich selbst befand, ansehnliche Kräfte hergeben, um im Osten das
schlimmste Anheil abzuwenden. Erst nach wochenlangen, wechselvollen und krisenreichen Kämpfen, die nicht nur mit erheblichem Geländeverlust verbunden waren, sondern auch das innere Gefüge der Wehrmacht des Ver-
bündeten aufs schwerste erschütterten, ist es gelungen, die Lage wieder einigermaßen ins Gleichgewicht zu bringen. General von Falkenhayn gebührt hierbei das Verdienst, den deutschen Kraftzuschuß in den Grenzen gehalten zu haben, die angesichts der Lage auf den übrigen KriegsschauPlätzen, insonderheit im Westen, unabweisbares Gebot waren. Denn auch dort war inzwischen das Unwetter an der Somme zu blutiger Entladung gekommen. Es wurde um so folgenschwerer, als der mit Ab-
wehrmitteln nicht genügend ausgestattete deutsche Deich an verschiedenen Stellen brach. Sein völliger Einsturz konnte zwar unter Einsatz von allen
Seiten schleunigst zusammengeraffter Truppenverbände verhütet werden, doch blieb die Lage auch weiter bis zum Brechen gespannt und führte zu unver-
hältnismäßig hohem und schnellem Kräfteverbrauch in starrer Verteidigung. Der Gedanke eines Gegenangriffs, mit dem General von Falkenhayn um die
Jahreswende gehofft hatte, den großen Entscheidungskampf an der Westfront siegreich beschließen zu können, war dahin. Die Gegner diktierten das Gesetz. Reben dem britischen Heere wirkten beträchtliche Teile des französischen an der Kampfhandlung im Somme-Gebiet mit. Auch bei Verdun lieferten die Franzosen immer aufs neue staunenswerte Proben nicht nur ihres
Widerstandsvermögens, sondern auch der ihnen noch innewohnenden Offensivkraft. Die deutsche Führung aber sah sich nach dem Scheitern der letzten verzweifelten Anstrengung, das Höhengelände um Souville zu geWinnen, gezwungen, ihre Zuflucht zu „strikter Defensive" zu nehmen, um
Kräfte und Kampfmittel zur Stützung der Somme-Front frei zu machen. Das gelang angesichts der unvermindert scharf gespannten und unsicheren Kampflage im Maas-Gebiet nur in geringem Umfang. So lebte die Kriegführung des Vierbundes seit Anfang Juni überall im wahren Sinne des Wortes von der Hand in den Mund. Nichts kennzeichnet diese Tatsache besser als die von General von Falkenhayn selbst im Schreiben an den
Kanzler vom 21. August getroffene Feststellung: „Vei dem ungeheuren Druck, der auf uns ruht, haben wir keinen Uberschuß an Kräften. Jede Verschiebung in einer Richtung führt unausbleiblich zu gefährlichen Schwächungen an anderer Stelle, die unsere Vernichtung bedeuten können, 43*
676
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
wenn auch nur das geringste Versehen in der Abwägung der vom Feinde
zu erwartenden Maßnahmen gemacht würde". Darin lag das offene Ein-
geständnis, daß jede Entschluß- und Handlungsfreiheit verlorengegangen war. Nur mit Mühe hielt sich noch die Festung des Vierbundes. Da trat Rumänien als neuer Feind in die Reihe der Verbandsmächte.
Mit dieser äußersten Verschärfung der Lage schloß die zweijährige Kriegführung des Generals von Falkenhayn.
Angesichts des Ausganges darf nicht vergessen werden, wie schwer die Aufgabe war, vor die er sich von Beginn seiner Tätigkeit an gestellt sah. Gemessen an Kraftaufwand, Führungskunst und Erfolgen der Gegner steht
seine Leistung auf beachtlicher Höhe, wobei er allerdings im deutschen Heere über ein Kriegswerkzeug verfügte, dem wohl keiner der Gegner Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte. Der Glaube an das Können dieses Heeres ist es, der nach verlorenem Kriege immer wieder zur Prüfung heraus-
fordert, ob mit solcher Waffe nicht doch noch mehr zu erreichen gewesen wäre. Es ist aber selbst rückschauender Betrachtung nicht leicht, einen Weg nachzuweisen, der ohne allergrößtes Wagen den in Deutschlands Lage erforderlichen, durchschlagenden Erfolg verhieß. Daß es General von FalkenHayn trotz der erdrückenden und dauernd wachsenden Übermacht der Feinde gelungen ist, die russischen Massen von Deutschlands Grenzen weit zurückzudrängen, durch Niederwerfung Serbiens den Weg zur Türkei freizumachen und gleichzeitig auf dem westlichen Kriegsschauplatz zwei Jahre hindurch die weitgedehnte Front gegen alle Anstürme der Feinde im wesentlichen zu behaupten, sind Taten, die der Geschichte angehören. Auch wenn es General von Falkenhayn dabei letzten Endes versagt geblieben ist, die Aufgabe, vor die er gestellt war, siegreich zu meistern, so wird er doch als Führer des
deutschen Heeres in Ehren genannt werden.
Nachweis des wesentlichsten Schrifttums. Die Verzeichnisse der früheren Bände gelten auch für den vorliegenden Band Folgende, hier erstmalig aufgenommene Werke kommen hinzu: 1. Deutsches Schrifttum. „Der große Krieg in Einzeldarstellungen." Herausgegeben im Auftrage des Generalstabes des Feldheeres. Heft 31: „Die russische Frühjahrsoffensive 1916." Oldenbürg 1919. „Schlachten des Weltkrieges 1914—1918." Herausgegeben unter Mitwirkung des Reichsarchivs: Band 1 (9) Walter Bäumelburg: „Douaumont." Oldenburg/Verlin 1924. Band 4 Dr. Steuden „Mlderim." Oldenburg/Verlin 1922. Band 9 Walter Vogel: „Die Kämpfe um Varanowitfchi Sommer 1916."
Oldenburg 1921.
Band 13 Ludwig Gold und Martin Reymann: „Die Tragödie von Verdun 1916." I. Teil. Oldenburg/Verlin 1926. Band 14 Alexander Schwende und Martin Reymann: „Die Tragödie von Verdun 1916." II. Teil. Oldenburg/Verlin 1928. Band 15 Ludwig Gold und Martin Reymann: „Die Tragödie von Verdun 1916." III. und IV. Teil. Oldenburg/Berlin 1929.
Marine-Archiv: „Der Krieg zur See 1914—1918." „Der Handelskrieg mit U-Booten." Band III: „Oktober 1915 bis Januar 1917." Verlin 1934. Sanitätsbericht über das Deutsche Heer im Weltkriege 1914/18. Band III. Ver° lin 1934.
Carl Auler: „Die 5. Preußische Landwehr-Division im Weltkriege 1914—1918." Stuttgart 1923. Oberst Bauer: „Der große Krieg in Feld und Heimat." Tübingen 1921. Friedrich von Bernhardi: „Denkwürdigkeiten aus meinem Leben nach gleichzeitigen Auszeichnungen und im Lichte der Erinnerung." Berlin 1927. Cordt von Brandis und Walter Bloem: „Die Stürmer von Douaumont." Berlin 1924.
Heinz Eisgruber: „Krieg in der Wüste." Berlin 1934. Erich von Falkenhayn: „Der Feldzug der 9. Armee gegen die Rumänen und Russen 1916/17." Berlin 1921. Max von Gallwitz: „Erleben im Westen 1916—1918." Berlin 1932. Gerold von Gleich: „Vom Balkan nach Bagdad." Berlin 1921. Karl Helfferich: „Der Weltkrieg." Band III. Berlin 1919. Constantin Hierl: „Der Weltkrieg in Umrissen." IV. Teil. Charlottenburg 1926.
Ernst Kabisch: „Verdun." Berlin 1935 (lag bei Drucklegung noch nicht vor). Oberstleutnant Hans von Kiesling: „Mit Feldmarschall von der Goltz Pascha in Mesopotamien und Persien." Leipzig 1922. Dagobert von Mikusch: „Gast Mustafa Kemal." Leipzig 1929. Oskar von Niedermayer: „Anter der Glutsonne Irans." Hamburg 1925. Eugen Radtke: „Douaumont wie es wirklich war." Berlin 1924.
Geheimer Bergrat vr. Paul Range: „Vier Jahre Kampf ums heilige Land." Vad Oeynhausen 1932. Kronprinz Rupprecht von Bayern: „Mein Kriegstagebuch." Band II. Berlin 1929.
679
Nachweis des Schrifttums.
Scheer: „Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg." Berlin 1919. M. Schwarte: „Der große Krieg 1914—1918." „Der Deutsche Landkrieg." 2. Band,
2. Teil: „Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917." Leipzig 1923. Hermann Stegemann: „Geschichte des Krieges." Band IV. Stuttgart und Verlin 1921. Albrecht von Stosch: „Somme-Nord." I. und II. Teil. Oldenburg 1927. A. vonTirpih: „Politische Dokumente." Band II. „Deutsche Ohnmachtspolitik im Weltkriege." Hamburg und Verlin 1926. Rudolf von Valentini: „Kaiser und Kabinettsches." (Dargestellt von Bernhard
Schwertseger.) Oldenburg 1931.
Hermann Wendt: „Verdun 1916." Verlin 1931.
G. Wetzell, Oberstleutnant: „Von Falkenhayn zu Hindenburg-Ludendorff." Beiheft
zum 105. Jahrgang des Militär-Wochenblattes. Verlin 1921. Kronprinz Wilhelm: „Erinnerungen." Stuttgart und Verlin 1922.
Hermann Ziese-Beringer: „Der einsame Feldherr." Verlin 1934. H. von Zwehl:
„Maubeuge — Aisne — Verdun." Verlin 1921.
„Erich von Falken-
Hayn, General der Infanterie." Verlin 1926.
2. Qsterreichisch-ungarisches Schrifttum. „Ssterreich-Ungarns letzter Krieg." IV. und V. Vand. Herausgegeben vom Asterreichischen Vundesministerium sür Heereswesen und vom Kriegsarchiv. Wien 1933 und 1934. (Ssterr. amtl. Werk.)
Österreichisch-Ungarisches Notbuch: „Diplomatische Aktenstücke, betr. die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Rumänien." Wien 1916.
3. Türkisches Schrifttum. Commandant M. Moukbil Vey: „La campagne de L'Irak 1914—1918. Le Si£ge de
Kut-el-Amara." Paris 1933.
4. Französisches Schrifttum. Ninistöre de 1a Guerre, ßtat-Major de l'Arm6e, Service Historique: „Les Arm6es frangaises dans la Grande Guerre." Tome IV, 1. Paris 1926. Tome IV, 2.
Paris 1934. (Franz. amtl. Werk.) G. Becker, generali „Verdun, le premier choc de l'attaque allemande." Paris 1932. H. Bordeaux, eapitaine: „La Bataille de Verdun. I. Les derniers jours du Fort de Vaux." Paris 1916.
Caloni, g£neral: „Comment Verdun fut sauv6." Paris ohne Jahreszahl. Doumenc: „Les transports automobiles sur le front frangais 1914—1918."
Grasset: „La guerre en action: Verdun." Paris 1926. Guillet: „La Bataille de Verdun." Paris 1921. Heuze: „La Voie Sacree. Le service automobile ä Verdun 1916." R£vue des deux mondes 1918. Zubert: „Verdun. Mars — Avril — Mai 1916." Revue des deux mondes 1918.
de Langle de Cary, g6n6ral: „Souvenirs de commandement, 1914—18." Paris
1935 (lag bei der Drucklegung noch nicht vor). C. Mangin, generali
„Un Regiment Lorrain.
Le 7—9 Verdun—la Somme."
Paris 1934. Melera: „Verdun Quin—Juillet)." Paris 1925. Passaga, gen£ral: „Verdun dans la Tourmente." Paris 1929. Petain, mareebal: „La Bataille de Verdun." Paris 1922. 3 Poirier: „La Bataille de Verdun 1916." Paris 1922.
680
Nachweis des Schrifttums.
Naynal, Journal du commandant: „Le Fort de Vaux." Paris 1919. I. Rouquerol, gen6ral: „Le Drame de Douaumont 21 Fevrier—24 Octobre 1016" Paris 1931.
y
Thomafson: „Les Pr61iminaires de Verdun (aoüt 1915/f^vrier 1916)." Nancy 1921. Tournes: „La defense d'un fort moderne.
Le fort de Vaux en mars 1916."
„Revue militaire frangaise", 1923.
5. Englisches Schrifttum. „History of the Great War, based on official Documents by Direction of the Committee of Imperial Defence. — Military Operations."
Vol. V: „France
and Belgium 1916." Compiled by Brigadier-general Sir James E. Edmonds. London 1932. — Als Fortsetzung dazu die von der Historischen Section zur Ver¬ fügung gestellten Entwürfe zu Vol. VI. — „The Campaign in Mesopotamia."
Vol. II and III.
Compiled by Brigadier-general F. J. Moberly. London 1924
und 1925. — „The War in the Air." Vol. III. By H. A. Jones. Oxford 1931. — „Ordre of Battie of Divisions. Part I. The regulär British Divisions."
Compiled by Major A. F. Becke. London 1935. (Brit. amtl. Werk.) Major N. N. C. Bray: „Shifting Sands." London 1934. Dusf Cooper: „Haig." London 1933. G. A. B. Dewar: „Sir Douglas Haigs Command." London 1922. Philip Gibbs: „The battles of the Somme." London 1917. Sir Douglas Haigs Despatches. London 1920. A. Kearsey: „A study of the strategy and tactics of the Mesopotamia Campaign
1914—1917." London, ohne Jahreszahl. T. C. Lawrence: „Revolte in the Desert." London 1927. (Deutsche Ausgabe, Leipzig,
ohne Jahreszahl.)
D. Lloyd George: „War Memories." London 1934.
6. Russisches Schrifttum. (Soweit nicht anders vermerkt, nur in russischer Sprache.) Veröffentlichungen der russischen Kriegsgeschichtlichen Kommission bzw. der Kommission zur Erforschung und Auswertung der Erfahrungen des Weltkrieges und des
Bürgerkrieges (russ. amtl. Werk): F. I. Wassiljew: „Strategischer Überblick des Krieges 1914—1918." Die
rumänische Front. Mit einleitendem Aufsatz von A. S. Kasakow: „Rumänien im Weltkriege." Moskau 1922. A. Redkin-Rymaschewfki: „Die Kampfhandlungen des XXXII. Korps beim Durchbruch von Luck. Juni 1916." Moskau, Leningrad 1926. N. Walentinow: „Die russischen Truppen in Frankreich und Saloniki", in
Wojenno-Istoritscheski Sbornik (Kriegsgeschichtliche Sammlung). Moskau 1920.
Heft 4.
A. I. Litwinow (1916 General der Kavallerie und Oberbefehlshaber der I.Armee): „Der Durchbruch der 9. Armee im Juni 1916." Petrograd 1923. E. W. Maflowfki (1916 Oberst und Abt.-Ehes beim Stabe des Generalquartiermeisters der Kaukasus-Armee): „Der Weltkrieg an der Kaukasus-Front 1914—1917. Strategifcher Überblick." Paris 1933. Die Briefe des Fürsten Kudafchew, Vertreters des Ministers des Äußeren bei der russischen Obersten Heeresleitung, und von Ende März 1916 ab seines Nachsolgers Basili an den Minister Sasonow bzw. an dessen Vertreter vom 9. Januar
bis 5. September 1916. Abgedruckt in Kraßny-Archiv, historische Zeitschrift, her-
ausgegeben vom Zentralarchiv der Sowjetrepublik. Band 28 und 29. Moskau,
Leningrad 1928.
Nachweis des Schrifttums.
681
7. Italienisches Schrifttum. „L'esercito italiano nella grande guerra" (Das italienische Heer im großen Kriege). Herausgegeben vom historischen Büro des Generalstabes. Band III, 1. Teil, mit einem Bande Anlagen. Rom 1931. (Ital. amtl. Werk.) Adriano Alberti: „Testimonianze straniere sulla guerra italiana 1915—1918." Rom 1933.
Gianni Vaj-Macario: „La Strafexpedition." Mailand 1934. Diario della guerra d'Italia. Sammlung der amtlichen Heeresberichte. Mailand 1916. Pietro Maravigna: „Le undici offensive sull'Isonzo" (Die elf Jsonzo-Schlachten). Rom 1928. Pompilio Schiarini: „L'offensiva austriaca nel Trentino" (Die österreichische Offen¬ sive im Trentin). Rom 1928. Amedeo Tosti: „La guerra italo-austriaca 1915—1918" (Der italienisch-österreichische Krieg 1915-1918). Mailand 1927. Carlo Geloso: „Le dattaglie di Gorizia e della Bainsizza" (Die Schlachten von
Görz und aus der Bainsizza). Rom 1928.
Personenverzeichnis. Adam, Genmaj., Kdr. der 3. Ldw. Div. 521. Albert König von Belgien 49.
Albrecht Herzog von Württemberg, Generaloberst, Oberbefehlshaber der 4. Armee 42. 270. 279. 407.
Alby, franz. General 220. A l e x e j e w, russ. Gen. d. Inf., Chef des Gen. St. 45. 326. 329. 428. 430 ff.
445 ff. 576. 584.
vonAltrock, Genmaj., Kdr. der 56. Inf. Div. 256.
Graf Andraffy, ungar. Politiker 531. 635.
Arz von Straußenburg, ö.-u. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der I.Armee 552. A s q u i t h, brit. Ministerpräsident 329. Auer von H e r r e n k i r ch e n, Oberstlt.,
Chef des Gen. St. des XVIII. A. K. 126. A u l e r, Genlt., Kdr. der 5. Ldw. Div.
91.
369. 374. 384. 412. v o n V e l o w (Hans), Genmaj., Kdr. der
6. Res. Div. 523. v o n V e l o w (Otto), Gen. d. Ins., Ober¬
befehlshaber der 8. Armee 425. 435. Ritter von Venigni, ö.-u. Feldzeugmeister 463. 480. 511.
vonVernhardi, Gen.d.Kav., Ober¬ befehlshaber einer Armeegruppe 457. 462. 465 f. 475. 497. 544.
Berthelot, franz. General 221. von Bertrab, Genlt., 39. Inf. Div. 91.
Kdr.
der
vonBefeler, Generaloberst, General¬ gouverneur von Warschau 417.
Besobrasow, russ. General, Ober¬ befehlshaber der Besonderen Armee 538 f.
vonBethmann Hollweg, Reichs-
von Bahrfeldt, Gen. d. Inf., Kdr. der 10. Res. Div. 137.
Valfourier, franz. General 112 f. 220. V a r a t o w, russ. General 605.
Dr. Bardolff, ö.-u. Genmaj., Chef des Gen. St. der Heeresgruppe BöhmCrmolli 425. V a r e t, franz. General 140.
von Batocki-Friebe, Tortilowicz von
von Velow (Fritz), Gen. d. Inf., Ober¬ befehlshaber der 2., ab 19.7.1916 der 1. Armee 42. 272. 299 f. 319. 342. 344. 346 ff. 351 ff. 357. 359. 361 ff. 366 f
, Oberpräsident, Leiter des
Kriegsernährungsamtes 633. Bauer, Oberstlt. im Gen. St. 38 f. 69. 86. V a z e l a i r e, franz. General 105. 107. V e ck m a n n, Genlt., Kdr. der 108. Inf.
Div. 475. 499. von Velow (Cduard), Genlt., Komm. Gen. des V. A. K. 90. 128.
kanzler 2. 16. 21. 291 ff. 306 ff. 416 f. 524. 526 ff. 532 f. 553. 560. 563. 602. 634 f. 637 f. 641 ff. 645. 665. 676. von Bockelberg, von Vollard—, Major im Gen. St. 559.
Boehm-Tettelbach,
Hauptmann,
Gen. St. Offz. der 20. Inf. Div. 475. von Boehn, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des IX. Res. K. 368.
Boelcke, Oblt., Führer einer Jagdfliegergruppe 147.
vonBöhm-Crmolli, ö.-u.Generaloberst, Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe und der 2. Armee 425. 450. 483 f. 516. 534. 546. B o j a d j i e w, bulg. General, Oberbefehlshaber der 1. Armee 601. Boris Kronprinz von Bulgarien 532. 597. 599.
Pees onenverzeichnis. von Vorries, Oberst, Chef des Gen. St. der 7. Armee 39. 42. 273. 280 f. 420. Voroeviä von Vojna, ö.-u. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 5. Armee 569. 593.
Graf von Bothmer, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der Deutschen Südarmee 425, 450. 462. 464. 513. 547. 550. 552.
vonBrandis, Oblt. im Inf. Regt. 24 89. Vratianu, rumän. Ministerpräsident 21. 602. von Bredow, Genlt., Kdr. der 42. Inf. Div. 434.
Vriand, franz. Ministerpräsident 329. 334. 569.
vonBrietzke, Genlt., Kdr.der4.Ldw. Div. 517.
Vronfart
von
Schellendorf
(Bernhard), Oberst, Chef des Gen. St. des VII. Res. K., ab 30.3.1916 der
Angriffsgruppe Verdun West, ab 19.7. 1916 der 2. Armee 133. 221. 366.
Gen. St. 614.
belg. Minister¬
präsident 329. Ritter von Brud ermann, ö.-u.
V r u s a t i, ital. General, Oberbefehls¬ haber der 1. Armee 576.
russ.
General,
Ober¬
befehlshaber der Südwestfront 313. 335. 446. 448 ff. 470 ff. 475. 494 f. 538 f. 549.
Vurkhardt,
Genmaj.,
Kdr.
des Reichsmarineamtes 309. C a p e l l o, ital. General 568 f. 592 f.
von Carlowitz, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des III. Res. K. 435. deCastelnau,deCuriöres
,
franz. General, Chef des Gen. St. Ulf. 114. 120. 334ff. Chretien, franz. General 106. 108.
Claudel, franz. Oberst 110. C l a u f i u s, Genlt., Führer einer Div. 503. 557.
Freiherr Conrad von Höhen-
dorf, ö.-u. Generaloberst, Chef des Generalstabes 4 ff. 17 f. 20. 36. 303. 311. 316. 318. 321. 425 f. 440 ff. 451.
453 f. 458 ff. 466. 476 f. 480 ff. 488 ff. 505 f. 508. 510. 512. 523 ff. 528 ff. 541. 550. 553. 556. 559. 561. 571 f. 575.
580 ff. 599. 614. 634. 643 ff. 649 f. 653 f. 666 f. 671. von Conta, Genlt., Kdr.. der 1. Inf.
Div., später Führer des Karpaten¬ korps 548. 551. von Cramon, Genmaj., Vertreter der O. H. L. bei der ö.-u. Heeresleitung 17. 302 f. 311. 442. 445. 454. 459. 481 f. 484. 490. 510. 515. 525. 529 f. 559. 602. 643. Graf Czernin, ö.-u. Gesandter in
Bukarest 602.
Feldmarschalleutnant 513. 547.
Vrussilow,
vonCapelle, Admiral,Staatssekretär
Coutan^eau, franz. General 69f.
Vronsart von Schellendorf (Friedrich), Genmaj., Chef des türk.
de Vroqueville,
683
der
10. bayer. Inf. Div. 360. Freiherr von dem Vusfche-
Haddenhausen, deutscher Gesandter in Bukarest 21. 602.
GrasCadorna, ital. Genlt., Chef des Gen. St. 568. 570. 573. 576 f. 583 ff. 589. 591 f. 595.
Dankl, ö.-u. Generaloberst, LandesVerteidigungskommandant in Tirol, später Oberbefehlshaber der 11. Armee 569. 573 ff. 577. 580. 582. von Deimling, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XV.A.K. 90. 177. Lord Derby, Leiter des brit. Re-
krutierungswefens 52. von
Dewitz, Genmaj., Kdr. der 77. Inf. Brig. 72. Dieffenbach, Genlt.,Kdr. der22. Inf. Div. 499. 515.
von Ditfurth, Genmaj., Kdr. der 121. Inf. Div. 545.
Personenverzeichnis.
684
Djemal Pascha, türk. General, Ober-
Küstenverteidigung 24. 43. 274 f. 381
befehlshaber der 4. Armee 604. von Dorrer, Genlt., Kdr. der 44.Res. Div. 225. D r e ch s e l, Oberstlt., Chef des Gen. St. des X.A.K. 468.
618.
Dubail, franz. General, OberbefehlsHaber der Heeresgruppe Ost 50. Duchene, franz. General 106. D u m r a t h,
Genmaj.,
Führer
einer
Diviston 362. von Eben, Gen. d. Ins., Führer einer Gruppe 546. 557. von Eichhorn, Generaloberst, Ober¬ befehlshaber der 10. Armee, ab 30.7. 1916 einer Heeresgruppe 425. 435. 533. von Einem gen. von Rothmaler,
Generaloberst, Oberbefehlshaber der 3. Armee 35. 42. 273.
d'Clfa, Gen. d. Inf., ab 16.4.1916 Oberbefehlshaber der Armee-Abteilung A 275. Cmanuel Filibert Herzog von
Aosta, ital. General, Oberbefehlshaber der 3. Armee 591.
Cnver Pascha, türk. General,Kriegsminister und stellv. Oberbefehlshaber des Heeres und der Flotte 4. 537. 599. 603. 609 f. 614 f. 643. C f f a d Pascha, türk. General, Ober¬ befehlshaber der 1. Armee 603. von Cstorff, Genlt., Kdr. der 103. Inf. Div. 265. Eugen Erzherzog von Österreich, ö.°u.
Generaloberst, Oberbefehlshaber der Südwestsront 569. 574 f. 577. 580. 582 f. 588. 643. E w e r t, russ. General, Oberbefehlshaber
der Westfront 429. 446 f. 470. 494. von Fabeck, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 12. Armee 425. Freiherr von Falkenhausen, Generaloberst, Oberbefehlshaber einer Armee-Abteilung, ab 16. 4.1916 der
von Falkenhayn (Erich), Gen. d.
Inf., Chef des Generalstabes des Feld¬ heeres 1 ff. 56 ff. 64 f. 74. 81. 86. 94 116. 120. 123. 133. 136. 140 ff. 145. 153. 155 f. 160. 162. 165. 167. 175 f. 196. 198. 202. 204. 206 f. 214. 222. 224. 227. 230. 234. 261. 264 ff. 270. 277 ff. 344 f. 347. 351. 355. 362. 365 f. 369. 373 f. 376. 384. 400 ff. 411 ff. 426. 437 ff. 454 f. 458 ff. 466 ff. 476. 480 ff. 488 ff. 501 f. 504. 506 f. 509 f. 512. 518 ff. 523 f. 526 ff. 535 ff. 541. 552 f. 555 f. 558 ff. 571.582. 597 ff. 606.608. 610. 614. 616 f. 621. 623. 625. 629.
634 ff. von Falkenhayn (Eugen), Gen. d. Kav., Komm. Gen. des XXII. Res. K. 225. 234. 236. 243. 247 s. 250. 254. 478. 498.
Ritter von Fasbender, Gen. d.
Ins., Komm. Gen. des I. bayer. Res. K. 375.
F a t h, ö.-u. Gen. d. Inf., Führer eines
Korps 450. F a u p e l, Major, Genst. Offz. beim A.O.K.2 355. F a y o l l e, franz. General, OberbefehlsHaber der 6. Armee 338. 341. 360. 372 f. Ferdinand König von Rumänien 602. Ferdinand Zar von Bulgarien 19ff. 485. 597 ff. 617. 642 f. Fleischmann von Theisrucf, ö.-u. Major 426. 444. 553.
Foch, franz. General, Oberbefehlshaber der
Heeresgruppe Nord 49. 51 f.
333 ff. 337. 367. 370. 372. 379.
Francke, Genmaj., Kdr. der 63.Znf. Vrig., später Führer einer Div. 364. vonFran^ois, Gen. d. Ins., Komm. Gen. des VII.A.K., ab 16.7.1916 Führer der Angriffsgruppe Verdun West 256. 390. 400. Franke, Gen. d. Art., Kdr. der 2. Ldw. Div. 244. 246.
Perfonenverzeichnis. Frantz, Major, 1. Gen. St. Offz. bei der Heeresgruppe Erzherzog Karl 547. Franz Josef I, Kaiser von Öster¬ reich, König von Ungarn 490. 530 ff. 644.
Sir John French, brit. Feldmarschall, Oberkommandierender der
Heimat-
685
Ritter von Graf, Genlt., Kdr. der bayer. Crs. Div. 99. 102. 127.
Lord Grey, engl. Außenminister 618. G r o e n e r, Genmaj., Chef des Feld-
eifenbahnwefens 8. 29. 40. 279. 655. 666. von Gronau, Gen. d. Art., Komm.
kräfte 46. 49. F r e y e r, Genmaj., Kdr. der 4. Inf. Div. 236. 241.
Freiherrvon Grünau,Legations¬
Friedrich Erzherzog von Österreich, ö.-u. Feldmarschall, Oberster Befehls-
rat 528. 602. G r ü n e r t, Genmaj., Chef des Gen. St.
haber des Heeres und der Flotte 445. 525 f. 530. 532. 571. 635. 643 f.
der Heeresgruppe Prinz Leopold, ab
G a e d e, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber einer Armee-Abteilung 43. 275.
von Gallwitz, Gen. d. Art., Oberbefehlshaber der 11. Armee, ab 30.3. 1916 Führer der Angriffsgruppe Verdun West, ab 19.7.1916 Ober¬ befehlshaber einer Heeresgruppe 43. 133. 143. 152. 162. 185. 221 ff. 238. 240 ff. 247 ff. 253 ff. 258. 366. 368 f. 371. 373 f, 376. 378. 381. 387. 390.
414 f. von Garnier,
Genlt.,
Gen. des XXXXI. Res. K., Befehls¬ haber einer Armeegruppe 425. 450.
13.4.1916 der 2. Armee 42. 272. 300. 355. 425.
Guillaumat, franz. General 113f. 140. 221. von Guretzky-Cornitz, Gen. d. Inf., Kdr. der 9. Res. Div. 128. von Gündell, Gen. d. Ins., Komm. Gen. des V.Res.K. 57. 71. 82. 90.
Habicht, Oberstlt., Kdr. der schw. Artillerie des XXII. Res. K. 237.
Hadfy von Livno, ö.-u. marfchalleutnant 480. 547.
Feld-
Höh. Kav.
H a h n d o r f f, Genmaj., Kdr. der 107.
Gerard, Botschafter der Vereinigten
Sir Douglas Haig, brit. General, Oberbefehlshaber der britischen TrupPen in Frankreich 49 ff. 109 f. 138.
Kdr. 6 434. Staaten von Amerika in Verlin 305.
309. vonGerok, Gen. d. Ins., Komm. Gen. des XXIV. Res. K., später Befehlshaber einer Armeegruppe 244. 249 f. 254. 257. 554. Freiherr von der Goltz, General-
feldmarschall, Oberbefehlshaber der türk. 6. Armee 3. 604 ff. 662.
Freiherr von der Goltz, Oberstlt. im Gen. St. 383.
von Gontard, Genmaj., Kdr. der 30. Ins. Div. 91. von Goßler, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des VI. Res. K. 203. 207. 209 s. 212. 214. 217. 220 f. 224. 226. 231. 356. G o u g h, brit. General, Oberbefehlshaber einer Armee 341. 356.
Inf. Div. 498. 555.
326. 333 ff. 339 f. 356. 372. 380.
Halil Pascha, türk. General, Oberbefehlshaber der 6. Armee 607 f. Freiherr von Hammer st ein-
Gesmold, Oberst, deutscher Militärattache in Bukarest 601 f. von Hartz, Genlt., Kdr. der 2. bayer. Inf. Div. 174.
Hasse, Major, Chef des Gen. St. des V.Res.K. 126. Freiherr von Hauer, ö.-u. Gen. d. Kav. 450.
Haupt, Hauptmann im Inf.Regt.24 89.
von
Heeringen,
Generaloberst,
Oberbefehlshaber der 7. Armee 42. 273. 280.
Personenverzeichnis.
686
Dr. Helsserich, Staatssekretär des Reichsschatzamtes 16. 526. Hell, Oberst, Chef des Gen. St. der 10. Armee, ab 17. 7.1916 der Heeres¬ gruppe Linsingen 506. 515. 533. 541. Ritter von Henriquez, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XII. Korps 521. H e n t s ch, Oberst im Gen. St. 597. Herhudt von Rohden,Genlt.,Kdr. der 6. Inf. Div. 73. 78.
Herr, franz. General 103ff. III ff. von
Hertzberg,
Genlt., Kdr.
der
11. Res. Div. 216.
Hesse, Oberst, Chef des Gen. St. der Armee-Abteilung Gaede 43. 275. 295 f. Heye, Oberst, Chef des Gen. St. der
Armee-Abteilung Woyrfch 521. von Heymann, Oberstlt., 1. Gen. St. Offz. des A. O. K. 5 57. 59 f. 67. 83. 86. 153. von
Hindenburg,
von
neckendorff und
Ve-
, General¬
feldmarschall, Oberbefehlshaber Ost 17. 20. 43. 320. 425 ff. 432. 435 ff. 443. 455. 484. 503. 516. 518 f. 522.
524 ff. 545 f. 550. 553. 555 ff. 634 ff. 642. 645. 647. 650 ff. 654. 661. 670 f. H i p p e r, Vizeadmiral 619.
von Hoeppner, Genlt., Chef des Gen. St. der 2. Armee, ab 13.4.1916 Kdr. der 75. Res. Div. 42. 272.
Hoffmann von Waldau, Oberstlt., Chef des Gen. St. des X. Ref. K.
163 f. Hofmann, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer eines Korps 547.
von Holtzendorss, Admiral, Chef des Admiralstabes 306 ff. 665. H u m b e r t,
franz.
16. 22. 291 ff. General,
Ober-
befehlshaber der 3. Armee 69. Hussein, Scherif von Mekka 612. von Hutier, Genlt., Komm. Gen. des XXI. A.K. 427. 434.
Graf Ignatiew, russ. Oberst 46. Ilse, Genlt., Chef des Gen. St. der 4. Armee 39. 42. 270. 279.
Iwanow, rusi. General, Oberbefehlshaber der Südwestfront 429. 446. von Iagow, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 21. 292. 530. 532 641. I e k o w, bulg. General, Chef des Gene-
ralstabes 20 f. 302. 532. 598 f. I o f f r e, franz. General, Höchstkommandierender 44 ff. 50 ff. 105. 107. 110 ff. 114. 120. 135. 137 f. 143. 146. 157. 325 ff. 339 f. 356. 370. 372. 377. 379 s. 576. 584.
Josef Ferdinand Erzherzog von Österreich, ö.-u. Generaloberst, Oberbefehlshaber der 4. Armee 450. 452.
456 f. Izzet Pascha, türk. General, Ober¬ befehlshaber der 2. Armee 606.
Kaempffer, Genlt., General der Pioniere der 5. Armee 58.
Graf von Kageneck, Oberstlt., deutscher Militärattache in Wien 530.
Kaledin, russ. General, Oberbefehlshaber der 8. Armee 448 f. 495.
Karl Franz Josef Erzherzog von
Österreich, Thronfolger, ö.-u. Feldmarfchalleutnant, ab 1.8.1916 Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 12. Armee 510. 547. 577.
von
Kehler,
Genmaj.,
Kdr.
der
12. Res. Div. 207. K e w i s ch, Major, Chef des Gen. St.
der Angriffsgruppe Verdun Ost 133. Kiggel, brit. General, Chef des Gen. St. der britischen Truppen in Frankreich 49. von Kirchbach, Gen. d. Art., Komm. Gen. des XII. Res. K. 370. 381.
Lord Kitchener, brit. Feldmarschall, Staatssekretär des Krieges 1. HO. 327. 620. Ritter von Kneußl, Genlt., Kdr. der 11. bayer. Ins. Div. 214.
Personenverzeichnis. Konstantin König von Griechenland
687
de Langte de Cary, franz. General, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe
597. 617. Cdler von Korda, ö.°u. Gen. d. Kav. 480.
vonLauenstein, Genlt., Komm. Gen.
Kosak, ö.-u. Feldmarschalleutnant 534. Kosch, Genlt., Komm. Gen. des X.Res.
L e b r u n, franz. General 180.
K. 131. 160. 211.
FreiherrvonKönig, Gen.d.Kav., Komm. Gen. des Ldw. K. 520.
Köveß
von
Köveßhaza,
Mitte 50. 104. III. 137. des XXXIX. Ref. K. 435.
Freiherr von Ledebur, Oberstlt., Chef des Gen. St. des VI. Ref. K. 203 f. 218.
,
ö.-u.
Freiherr von Leonhardi, ö.-u.
Generaloberst, Oberbefehlshaber der
Feldmarschalleutnant 499. Leopold, Prinz von Bayern, Generalseldmarschall, Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe 43. 425. 445.
3. Armee 513. 547 f. 550 f. 574. von Kraewel, Genlt., Kdr. der 105. Inf. Div. 511. 548. Krafft von Dellmensingen, Genlt., Kdr. des Alpenkorps 192. 395.
Krauß (Alfred), ö.°u. Feldmarschalleut¬ nant, Chef des Gen. St. der Süd-
Westfront 569. Krauß (Rudolf), ö.-u. Feldmarschallleutnant, Kdr. der 34. Inf. Div. 547. Ritter Krautwald von Annau,
Freiherr vonLersner, Legationsrat 642.
Letschitzki, russ. General, Oberbefehls¬ haber der 9. Armee 549.
von Liebert, Gen. d. Inf., Führer einer Division 360. Limanvon Sanders, Gen. d. Kav., türk. Marschall, Oberbefehlshaber der
Komm.
5. Armee 603. 614 f. von Linsingen, Gen. d. Inf. mit
Freiherr Kreß von Kressen-
dem Range eines Generalobersten, Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe
ö.°u. Feldmarschalleutnant, Gen. des III. Korps 577.
stein, Oberstlt. 611. 613. K o e t h, Oberstlt., Leiter der Kriegsroh-
stoffabteilung 629. von Kühl, Genlt., Chef des Gen. St. der 6. Armee, ab 25.8.1916 der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht 30. 39. 42. 271. 281 ff. 322. 381. 420. 422.
Kuropatkin, russ. General, Oberbesehlshaber der Nordsront 429. 446. Kühne, Genlt., Kdr. der 25. Inf. Div. 73.
von Kühne, Gen. d. Kav., Kdr. der 13. Res. Div. 72.
43. 313. 425. 442. 444 f. 451 ff. 459. 462. 465 ff. 474. 476 f. 481. 483. 497. 499 ff. 505 ff. 514. 521. 528 f. 541. 545. 557.
Litzmann, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XXXX. Res. K. 541. 544.
vonLochow, Gen. d. Ins., Komm. Gen. des III.A.K., ab 16.4.1916 Führer der Angriffsgruppe Verdun Ost 57. 65. 68. 71. 75. 126. 146. 148 ff. 158.
161 f. 166 ff. 172 f. 175 ff. 181. 183. 187. 189 f. 194 f. 264. 267. 297. 391 f. 395 f. 398 ff. 404. 421. L o e b, Genlt., Kdr. der 14. Res. Div. 72.
von Lossow, Oberst, ab Ende April von Lassert, Gen. d. Kav., Komm. Gen. des XIX.A.K. 375. 380.
Gras von Lambsdorff,
Frei-
herrvon der Wenge
,
Oberst, Chef d. Gen. St. der Heeres¬ gruppe Prinz Leopold 534.
Genmaj., deutscher Militärattache in Konstantinopel 605. 608. 614. von Löhberg, Oberst, Chef des Gen. St. der 3., ab 2. 7.1916 der 2., ab 19.7.16 der I.Armee 42. 273. 355.
366. 412 f. 420.
Pers onenverzeichnis.
688
von Lotterer, Genmaj., Kdr. der 5. Feld. Art. Vrig. 90.
Ludendorff, Genlt., Chef des Gen. St. des Oberbefehlshabers Ost 8 f. 425 f. 521. 525. 528. 530 ff. 559. 634 ff. 642. 645. 666. Freiherr von Lüttwitz (Walter), Genlt., Komm. Gen. des X. A. K., ab 21.8.1916 Chef des Gen. St. des A. O.K.5 402. 468. 474. 541. 544.
von Lyncker, Generaloberst, Chef des Militärkabinetts 561. 635 ff. 642. 645.
Niedermayer, Oberlt. 605. Nie mann, Major im Gen. St. 25. Nikolaus II. Zar von Nußland 335 428. 432. 446 f. 449.
Nikolaus Nikolajewitsch Gro߬ fürst von Nußland, Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der Kaukasus-Armee 429. 604.
Nivelle, franz. General
146.
157.
168. 180. 185. 194. 335. 392. von
O p P e l n - V r o n i k o w ski,
Genlt., Kdr. der 48. Res. Div. 479.
vonMackensen, Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe 19. 43. 483 ff. 489 f. 510. 524 f. 596.
O st e r m u t h, ö.-u. Feldmarschalleutnant 473.
von Oven, Genlt., Kdr. der 21. Ins. Div. 72. 84.
598. 600. 654.
Mahmud Kiamil Pascha, türk. General, Oberbefehlshaber der 3. Armee 604.
de Maistre, franz. General 140. Mambretti, ital. General 586. Mang in, franz. General 168. Marquard, Oberst, Chef des Gen. St. der 11. Armee 43.
von Pannewitz, Gen. d. Znf., Komm. Gen. des XVII.A.K. 343. 346 s. 349 ff. 358.
Paschen, Genmaj., Kdr. der 1. Inf. Div. 554.
Pasitsch, ferb. Ministerpräsident 329. P a u, franz. General 430. Graf Pecori ° Giraldi,
ital.
Freiherr Marschall, Gen.d.Kav.,
General, ab 8.5.1916 Oberbefehls¬
Führer eines Korps 425. von der Marwitz, Gen. d. Kav., Komm. Gen. des VI. A. K. 467. 498. 503. 505. 514. v o n M a s s o w, Oberst, deutscher Mili¬
haber der 1. Armee 576. P e t a i n, franz. General, OberbefehlsHaber der 2. Armee, ab 28.4.1916 der
tärattache in Sofia 597. 599. 642.
Heeresgruppe Mitte 52. III ff. 120. 130. 138 f. 143. 146. 157. 168. 180 s. 194. 208. 325. 332 ff.
Meckel, Genmaj., General der Fuß-
Freiherr vonPflanzer-Valtin,
artillerie der Angriffsgruppe Verdun
ö.-u. Generaloberst, Oberbefehlshaber
West 204. Metzger, ö.-u. Genlt., Chef der Ope-
der 7. Armee 425. 444. 450 f. 455. 463 f. 483. 491. 512. 547.
rationsabteilung des A. O. K. (Heeresleitung) 459. M i ch e l e r, franz. General, Oberbefehls¬ haber der 10. Armee 338. 372. von Mudra, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XVI.A.K. 133ff. 140f. 143 ff. 154. 285 f. 297.
Sir
Archibald
Murray,
brit.
von Pleffen, Generaloberst, diensttuender Generaladjutant des Kaisers und I.Kommandant des Gr. H.Qu. 23. 292 s. 304 s. 528. 635. 642. 645. v o n P o h l, Admiral, Chef der Hochsee-
flotte 619. Poincare, Präsident der franz. Republik 325. 334.
Genlt., Chef des Neichsgeneralstabes, später Befehlshaber in Ägypten 46.
Poliwanow, russ. General, Kriegs-
49.
P o r r o, ital. General 46. 569 f.
minister bis 29. 3.16 446.
Personenverzeichnis. Protopopow,
Vizepräsident
der
Duma 618.
689
Salandra,
ital.
Ministerpräsident
329. 585 s. 592.
Puhallo von Vrlog, ö.°u. Generaloberst, Oberbefehlshaber der 1. Armee 450. 473. 514.
Sarrail, franz. General, OberbefehlsHaber der engl.-sranz. Truppen bei Saloniki 45. 325 f. 596. S a s o n o w,
v o n Q u a st, Gen. d. Ins., Komm. Gen.
des IX. A. K. 358.
russ. Außenminister
618.
von Geeckt, Genmaj., Chef des Gen. St. der Heeresgruppe Mackensen, ab 15.6.1916 der ö.-u. 7. Armee, ab 1.7.
1916 der Heeresgruppe Erzherzog Radtke, Leutnant d. Res. im Ins. Regt. 24 89.
Ragosa, rusi. General, OberbefehlsHaber der 4. Armee 520.
Freiherr Raitz von Frentz, Genmaj., Führer einer Division 348. Sir Henry Rawlinson, brit. General, Oberbefehlshaber der
Karl 19. 43. 302. 480. 482 ff. 510.528. 534. 547. 551. 559. 597.
S h i l i n s k i, russ. General 46. 330. 428. 432.
Sieger, Genlt., Chef des Feldmunitionswesens 659.
Sixt
von Armin,
Gen. d. Inf.,
337. 339. 341. 356.
Komm.Gen. des IX.A.K. 363. S m i r n o w, russ. General, OberbefehlsHaber der 2. Armee 433.
Nie mann (Otto), Gen. d. Inf., Kdr. der 22. Ref. Div. 207. 226. 248. Sir William Robertson, brit.
Szurmay, ö.°u. Feldmarfchalleutnant,
4. Armee 325. 373.
S o u ch o n, Vizeadmiral
609.
Führer eines Korps 451. . 455.
Genlt., Chef des Reichsgeneralstabes 46. 49. 51. 53. 110. 138. 327. 329.
334. Rohr, ö.-u. Gen. d. Kav., später Gene-
raloberst, Oberbefehlshaber der 10., ab 17. 6.1916 der 11. Armee 569. 582.
R o q u e s, franz. General, Kriegsminister 333. 335.
Graf Ruggeri, ital. General 447. von Runckel, Genmaj., Kdr. der 43. Res. Div. 243. 505.
Rupprecht Kronprinz von Bayern, Generaloberst, ab 23.7.1916 General-
seldmarschall, Oberbefehlshaber der 6. Armee, ab 28.8.1916 einer Heeresgruppe 42. 271. 282. 317. 381. 407. 422.
Rusche, Genmaj., Führer einer Div. 462.
R u ß k i, raff. General, Oberbefehlshaber der Nordsront 429.
Sacharow, russ. General, Oberbefehlshaber der 11. Armee 539. Weltkrieg. X.Band.
S ch a b e l, Genmaj., General der Fußartillerie der 5. Armee 58. 61. 70. S ch e e r,
Vizeadmiral,
ab
5. 6. 16
Admiral, Chef der Hochseeflotte 306. 619 s. vonSchenk, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XVIII. A.K. 68. 71. 145.
von Scheuchen st uel, ö.-u. Feldzeugmeister, Komm. Gen. des VIII. Korps 577.
von Schmettau, Genlt., Kdr. der 19. Inf. Div. 543. Schmidt von Knobelsdorf, Genlt., Chef des Gen. St. der 5. Armee 23 ff. 39. 42. 57. 59. 72. 74. 76.
78. 81. 86 f. 94 f. 123. 125 f. 131. 140. 145. 151. 153. 155. 162 ff. 175. 186. 188. 195. 204 f. 217 f. 253. 256. 267 f. 270. 297. 304. 311. 319. 391. 397. 399.
401 f. 413. 421 f. FreiherrSchmidt von Schmidtse ck, Oberst, Chef des Gen. St. der
Heeresgruppe Eichhorn 533 f.
Personenverzeichnis.
690
von Scholtz, Gen. d. Art., BefehlsHaber einer Armeegruppe 425.
von Schöler, Genlt.,Kdr.der20. Inf.Div. 478. 543.
Townshend, brit. General 607. von Treutler, Gesandter, Vertreter des Auswärtigen Amtes bei der O. H.L. 1. 15. 526.
von Schröder, Admiral, Komm.Admiral des Marinekorps 306.
Graf von der Schulenburg, Oberst, Chef des Gen. St. des Gardekorps, ab 21. 4.1916 1. Gen. St. Offz. beim A.O.K.5 153. 165f. Schultheis, Genmaj., Kdr. der 38.Znf.Div. 244. 247. S ch u w a j e w, ruff. General, ab 29. 3.
1916 Kriegsminister 446. Graf von Schwerin, Gen. d. Inf., Kdr. der 7. Res. Div. 176. von Stein, Genlt., Komm. Gen. des XIV. Res. K. 342 ff. 350 ff. 356. 360. 363.
Stepanowitsch, ferb. Oberst 46. von Stolzmann, Genmaj., Chef des Gen. St. der Heeresgruppe Linsingen, ab 19. 7.1916 Kdr. der 78. Res. Div.
425. 443 ff. 452. 476. 478. 498. 501 s. 506. von Strantz,
Gen. d. Ins., Ober¬ befehlshaber einer Armee-Abteilung 24. 91. 96. 128.
Straub, ö.-u. Oberst, Chef des FeldTransportwesens 8. Stürmer, russ. Ministerpräsident 618.
vonValentini, Chef des Geheimen Zivilkabinetts 635. 642.
Victor Cmanuel III., König von Italien 335. 568.
Wagner, Genlt., Kdr. der 121. Inf. Div. 132. 137.
von Wartenberg, Genlt., Kdr. der 19. Res. Div. 149.
Waßmus, deutscher Konsul in Südpersien 609. Freiherr von Watter (Theodor), Gen. d. Ins., Komm. Gen. des XIII.A.K. 373.
Freiherr von Watter (Oskar), Genmaj., Kdr. der 54. Ins. Div. 244. 250.
Wehib Pascha, türk. General, Oberbesehlshaber der 2., später der 3. Armee 604. 606. W e i d n e r, Oberst, Chef des Gen. St.
der Armee-Abteilung A (Falkenhausen) 43. 274.
von Werder, Gen. d. Ins., Führer eines Korps 42.
Wetzell, Major, Chef des Gen.St.
Tappen, Genmaj., Chef der Ope¬
des III. A. K., ab 16. 4.1916 der An-
rationsabteilung der O. H. L. 13. 23. 25 ff. 29. 39. 64. 81. 94 f. 298 f. 301. 304. 308. 314. 320 f. 355. 414. 478. 560. 655.
griffsgruppe Verdun Ost 126. 155.
Terfztyansky von Radas, ö.-u.
Generaloberst, Oberbefehlshaber der 4. Armee 457. 466. 473.
T h o m f e n, Oberstlt., Chef des Feld-
flugwefens 374 f. 621. 625. von Tirpitz, Großadmiral, Chef des Reichsmarineamtes 16. 292 f. 308 f. T o d o r o w, bulg. General, Oberbefehls-
Haber der 2. Armee 601.
163 f. 188. 397. von Wichmann, Genmaj., Kdr. der 44. Res. Div. 248. W i ch u r a, Genlt., Kdr. der 5. Ins. Div.
73. 172 s. Wielemans, belg. General 46. Wild, Oberst, Chef des Gen. St. der
Armee-Abteilung Strantz 42. Wild von Hohenborn, Genlt., Kriegsminister 7. 21. 23. 25. 286. 310. 313. 316. 321. 414. 421. 528. 531. 649. 651. 671.
Personenverzeichnis. Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen 2. 16. 19. 21. 23. 25.
29. 70. 291 ff. 304 f. 308 f. 313. 321. 402. 416 f. 438. 445. 506. 521. 525 f. 528. 530 ff. 536 f. 556 ff. 561. 563. 600. 603. 620. 634 ff. 641 ff. 652. 665.
Wilhelm, Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Genlt., Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe und der 5. Armee 24. 28. 39. 42. 57.
69. 72. 119. 141 s. 153. 163. 165 ff. 195. 267 s. 287. 304. 389. 398. 400 s. 422.
691
des IV. Res. K., ab 24.3.1916 Ober¬ befehlshaber der 11. Armee 601. von Woyna, Genmaj., Kdr. der 5. Res. Div. 522. von Woyrsch, Generaloberst, Ober-
besehlshaber einer Armee-Abteilung 425. 445. 521 f. Ritter von Tylander, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des I. bayer. A. K.
174 f. 183 f. 264.
Wilson, Präsident der Vereinigten
Z i e t l o w, Genmaj., Kdr. der 1. Res. Div. 514.
Staaten von Amerika 305. 310. 417.
vonZwehl, Gen. d. Ins., Komm. Gen.
von Winckler, Genlt., Komm. Gen.
Weltkrieg. X. Band.
des VII. Res. K. 67. 71.
45
Truppenverzeichnis. Anschließend Verzeichnis der hierbei nicht genannten Staaten usw.
Kriegsministerium 626 ff.
318. 390.401 f. 408. 412 s. 418 f. 421 ss 656.
Oberste Heeresleitung 1 ff. 56 ff. 62 ff. 68. 74. 77. 83. 85 f. 92. 94 f. 100. 115 ff. 123. 128. 131 ff. 136. 140 ff. 145. 148. 151 ff. 155 f. 160. 162 ff. 175 f. 187. 195 f. 198. 202. 204 ff. 212. 214. 222. 224. 227. 230. 234. 238. 240. 242. 257. 259. 264 ff. 273. 277 ff. 342. 344 ff. 351 ff. 355. 357 ff. 362. 364 ff. 368 f. 371. 373 ff. 378. 380 ff. 397. 400 f. 404.
406 ff. 411 ff. 425 ff. 435 ff. 452. 458 ff. 466. 468 s. 476 ff. 480 ff. 515.517 ff. 535 ff. 541. 548. 550. 571 f. 582. 597 ff. 606. 608. 610.
454 f. 498 ff. 552 ff. 614 ff.
621. 623. 625. 627. 629. 634 ff. Heer 42 f. 45. 406. 418. 626 ff. 648. 663 f. 670. 673. 676. Westheer 11. 40 ff. 270. 302. 311. 316. 417 f. 423. 461. 628. 646. 654. 660. 675.
Heeresgruppe Eichhorn 533 s. 536. 555. 558.
Heeresgruppe Gallwitz 366. 368 s. 371 ff. 376. 378. 380 f. 388. 414. 417 ff. 421 s.
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht von Bayern 381. 422 s. Heeresgruppe Linsingen 9. 43. 313. 425. 440 ff. 450 ff. 461 f. 465 ff. 473 f. 476 s. 479. 481 ff. 485 f. 488 f. 491 s. 497 ff. 514 ff. 519. 521 ff. 526 s. 530 s. 533 ff. 540 ff. 545 ff. 555. 557. 562. Heeresgruppe Mackensen 14. 19 f. 43. 482. 485. 596 ff. 601. 603. 667. Heeresgruppe Prinz Leopold von Bayern 43. 425. 435. 438 ff. 445. 455. 457. 462. 479. 493. 499. 501 ff. 508. 511 f. 515 ff. 519 ff. 525 ff. 533 s. 536. 541. 547. 555. 557 f.
Ostheer 43. 316. 424. 454. 486 f. 492. 520.
1.Armee 42. 366ff. 373ff. 419. 421s.
525. 628. 646. 654. 660. 668. Heeresreserven 11 f. 14. 32. 41. 43. 261. 272. 275. 278. 285. 295 f. 298. 301 s. 318 ff. 342. 344. 349. 382. 409. 411. 437. 459. 518. 537. 652 f.
2. Armee 14. 39 s. 42. 199 s. 202. 259. 272 s. 275. 280. 295. 299 ff. 305. 312 ff. 317 ff. 323 s. 341 ff. 351. 353 ff. 359.
Oberbefehlshaber Ost (Heeresgruppe Hindenburg) 9. 17. 20. 43. 302. 310. 320.
425 ff. 432 f. 435 ff. 441 ff. 459. 461. 478. 486. 488. 493. 499. 502 s. 508 f. 516 ff. 521 f. 524 ff. 529 ff. 541. 545 f. 550. 553 ff. 600 f. 634 ff. 647. 650 ff. 654. 661.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz 12. 24. 34. 37 ff. 42. 100. 132. 156 f. 163. 186. 195 s. 198. 202. 274. 297 s. 304. 315.
361 ff. 369 s. 373 ff. 384. 411 ff. 419.
421s. 3. Armee 14. 28. 32. 34 ff. 39 s. 42. 6Z. 104. 273. 275 s. 280. 298 s. 319. 345. 348. 355. 408 ff. 419. 423. 672. 4. Armee 14. 39 s. 42. 270 ff. 275. 279. 295. 316 s. 319. 406. 409. 411. 423. 647. 5. Armee 14. 24 ff. 32. 37 ff. 42. 56 ff. 65 ff.
74 ff. 80 s. 83. 85 ff. 90 ff. 115 ff. 122 s. 125 ff. 140 ff. 158. 162 ff. 173. 175. 177. 195 s. 198. 202 ff. 209 ff.
97 s. 100 s. 152 s. 155 s. 181. 185 ff. 215. 217 ff.
Truppenverzeichnis.
693
221 ff. 233 ff. 238. 241. 253. 255 f. 261. 265 ff. 274. 276 ff. 286 ff. 297 f. 304. 356. 389. 391 f. 396 ff. 408. 410. 412.
Armeegruppe Marwitz 469. 473 ff. 498 ff. 503 ff. 507 s. 514 ff. 539. 541 s. 544.
423. 671. 673.
Armeegruppe Scholtz 425. 427. 434 ff. Angriffsgruppe Kowel 461 ff. 466 s. 473. Angriffsgruppe Verdun Ost 132 ff. 140 s.
ß. Armee 14. 30 ff. 35 ff. 39 f. 42. 271 ff. 275 ff. 281 ff. 294 ff. 299 f. 305. 317 ff. 322. 324. 344. 362. 374. 380 ff. 407.
409 ff. 422. 646 s. 7. Armee 14. 37. 39 f. 42. 273. 276. 280. 284. 301. 319. 344. 348. 360. 362. 378. 407 ff. 423. 8. Armee 425. 427. 435 ff. 522. 534 f. g. Armee 425. 647.
10. Armee 425.427.435 ff. 444.519 f. 533 f. 556. 11. Armee 43. 221. 596. 601. 12. Armee 425. 427. 437 f. 444. 520. 533 f. 556.
Deutsche Südarmee 43. 425. 440 f. 450 f. 453 ff. 458. 461 ff. 479 ff. 488. 491 ff. 509 ff. 523. 530. 536. 546 f. 550 ff. 560. Armee-Abteilung A(Falkenhausen) 14. 24. 39 f. 43.63. 66. 131. 274 ff. 319. 408 ff. Armee-Abteilung B (Gaede) 14. 23 f. 39 f. 43. 66. 69. 131. 186. 275 f. 295 f. 319. 408. 410 f. Armee-Abteilung C(Strantz) 14. 24. 37 ff. 42. 57. 59. 61. 63. 66. 90 ff. 127 s. 131. 133. 156. 172. 186 f. 199. 202. 274. 277. 319. 390.
Armee-Abteilung Scholtz 534. Armee-Abteilung Woyrsch 425. 502. 517 f. 520 ff. 534 f. 555 ff. 560. 562. Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung 275. 619.
Generalgouvernement Belgien 407. Generalgouvernement Warschau 417. 467.
Armeegruppe Bernhard! 542. 544 ff. 555. 557.
Armeegruppe Gerok (XXIV. Res. K.) 425. 441. 554.
Armeegruppe Gronau (XXXXI. Res. K.) 425. 440. 450. 453. 455. 457. 462. 467.
473. 478 s. 502 s. 508. 515. 519. 522. 534. 543 ff. 558.
555.
143 ff. 181. 183. 186 ff. 194 s. 198. 200. 202. 212. 260 ff. 267. 285 s. 297. 389 ff. 395 ff. 421.
Angriffsgruppe Verdun West 132 s. 143. 148. 152. 162. 175. 185 ff. 196. 198. 200. 202 ff. 221 ff. 238 ff. 247 ff. 253 ff. 262 s. 274. 297. 366. 390. 400. 404 s. 421.
Gardekorps 42. 341. 346. 349. 351. I. Armeekorps 534. 546. 565. III. Armeekorps 26. 42. 61 ff. 65. 67 s. 70 s. 73 ff. 89 s. 92 ff. 96. 98. 100 s. 116. 118 s. 123. 125 ff. 131. 146. 153. 261. 285. 410. IV. Armeekorps 42. 271. 361 ff. 368. 409. V. Armeekorps 42. 57. 90 f. 99. 127 f. 133. 390. VI. Armeekorps 42. 341 s. 467. 564. VII. Armeekorps 42. 176. 254. 256. 275. 285. 298. 301. 315. 390. VIII. Armeekorps 42. 104. 273. 360. IX. Armeekorps 42. 358. 369. 374. 376.
410 s. X. Armeekorps 42. 276. 316. 402. 459.
461. 466 ff. 473 ff. 498 ff. 506. 542. 564.
XI. Armeekorps 42. 273. XII. (sächs.) Armeekorps 42. 104. 273. 275. 369. 410.
XIII. (württ.) Armeekorps 42. 270 s. 368 f. 373. 380 f. 409. XIV. Armeekorps 42. 273.
XV. Armeekorps 26. 42. 61. 65 f. 70 f. 79. 81 ff. 85 ff. 90 ff. 96 ff. 101s. 116. 118. 126. 128 s. 131. 134. 136. 142. 144. 148. 150. 152. 158. 167 ff. 176 s. 181. 190. 196. 261. 264. 270. 275. 287. 297.
392. 394 s. 398 s. XVI. Armeekorps 26. 42. 59. 146. XVII. Armeekorps 42. 341 ff. 349. 351. 371. 380.
45*
Truppenverzeichnis.
694
XVIII. Armeekorps 26. 42. 61 ff. 65. 67 f. 71 ff. 87 f. 92 ff. 98. 100 s. 119. 124 ff. 128. 131. 140. 142. 14S. 147 ff. 151. 153. 156. 158. 211. 261. 276. 285. XIX. (sächs.) Armeekorps 42. 371. 375. 379 ff. 409. XXI. Armeekorps 534. I. bayer. Armeekorps 42. 165. 167 f. 173 ff. 179.181 ff. 190 ff. 196 f. 271.275. 389 f. II. bayer. Armeekorps 42. 271. 378. 381. 409. III. bayer. Armeekorps 42. 57. 187. 202. 409.
XXII. Reservekorps 26. 38. 61. 66. 31 133. 175 s. 221. 223 ff. 247 ff. 254 276 285. 315. 564. 596.
XXIII. Reservekorps 42. 271. 295. 380 409.
XXIV. Reservekorps 242 ff. 249 s. 252 ff 257. 259. 276. 425. 553 s. 565. XXV. Reservekorps 534. XXVI. Reservekorps 42. 270 s. XXVII. Reservekorps 275. 285. 380. 4vg. XXXXI. Reservekorps 425. I. bayer. Reservekorps 42. 376. 407. 403.
Alpenkorps s. unter Divisionen. Veskidenkorps 522, 534.
Garde-Reservekorps 275. 368 f. 373. 376 ff.
Karpatenkorps s. 200. Ins. Div.
380. 409. 418. I. Reservekorps 534.
Marinekorps 42. 271. 291. 306. 416 s.
III. Reservekorps 534. IV. Reservekorps 43. V. Reservekorps 26 s. 42. 56 ff. 64 s. 70 s. 73. 76. 79. 81 ff. 85 ff. 90 s. 93 s. 96. 98. 100 s. 104. 116. 124 ff. 128 ff. 136 s. 140. 144. 148. 158 ff. 170. 176. 261. 264. 276. VI. Reservekorps 26. 28. 42. 56. 59. 66. 77. 86 s. 92. 95. 98. 123. 126 s. 156.
203 ff. 224 ff. 240 ff. 272. 297. 344. 349. 356. 358. 360. 409. 411.
VII. Reservekorps 26. 42. 61 ff. 65 s. 68. 71 ff. 79. 81 ff. 87 s. 90. 93. 95. 98. 104. 123. 125 ff. 131. 148 s. 152. 158. 166 s. 169. 171. 195. 198. 205 ff. 222. 229. 231. 254. 261. 297. 392. 398. VIII. Reservekorps 42. 274. 360. 362. IX. Reservekorps 42. 271 f. 368. 378. 409. 418.
X. Reservekorps 28. 123. 131 ff. 136 s. 144 s. 148. 158 ff. 163 s. 167 s. 172. 176 s. 181. 183. 187 s. 190 ff. 195 s. 199 ff. 211s. 278. 389. XII. (sächs.) Reservekorps 42. 274. 370. 376. 410. 564. XIV. Reservekorps 42. 272. 295. 341 ff. 348. 350. XV. Reservekorps 43. 274 s. XVII. Reservekorps 534. XVIII. Reservekorps 42. 196. 389. 391 ff.
Pascha-Korps s. unter Türkei. Landw.-Korps 517. 520. 534.
Korps Bernhard! 457. 462 s. 465 ff. 473 ff. 499 f. 502 f. 515. 541 f. 564. Korps Marschall 425. 441. Korps Werder 42.
Gruppe Armin (IV.A.K.) 363ff. 367. Gruppe Beckmann 542.
Gruppe Voehn (IX. Res. K.) 370.373.375. Gruppe Carlowitz (III. Res. K.) 435 s. Gruppe Clausius 542. 557. Gruppe Conta (Karpatenkorps) 548. 551. 556.
Gruppe Dieffenbach 542. Gruppe Eben 552. 557.
Gruppe Falkenhayn, Eugen (XXII. Res. K.) 478. 498 s. 542. Gruppe Faßbender (I. bayer. Res. K.) 376 s. 379. 381. Gruppe Garnier (höh. Kav. Kdr. 6) 434. Gruppe Goßler (VI. Res. K.) 360 f. 363. 367. 370.
Gruppe Hutier (XXI.A.K.) 427. 433ff. Gruppe Kirchbach (XII. Res. K.) 373 s. 376. 381.
Gruppe Kraewel 512 s. 547 s. 550 s. 554.
Gruppe Laffert (XIX. A. K.) 375 ff.
Truppenverzeichnis. Gruppe Lauenstein (XXXIX. Res. K.) 435. 534.
Gruppe Litzmann 544. Gruppe Lüttwitz (X. A. K.) 541 ff. 557. 358. 365. 368. 371.
Gruppe Quast (IX.A.K.) 358. 360f. 364 f. 380. Gruppe Stein (XIV. Res. K.) 348. 350 ff. 355 f. 360 f. 363. 369. 371. 379. Gruppe Watter (XIII. A. K.) 374. 376 f. 379.
Kdr. 1 Kdr. 3 Kdr. 5 Kdr. 6
534. 534. 534. 534.
1. Garde°Inf. Div. 341. 368. 377. 2. Garde°Inf. Div. 319. 341. 378. Z. Garde-Inf. Div. 272. 275 f. 302. 351. 353. 356 f. 360 f. 363 f. 409. 425. 441. 4. Garde-Inf. Div. 32. 298. I.Inf. Div. 148. 151. 160f. 167f.
Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div.
176. 254. 256. 176. 255 f. 397. 403 f. 348. 368. 371. 375. 378 f. 410.
418.
Gruppe Mitau 562.
Gruppe Pannewitz (XVII.A.K.) 349ff.
Höh. Kav. Höh. Kav. Höh. Kav. Höh. Kav.
13. 14. 15. 16.
695
379. 381. 320. 411.
170. 176 ff. 188 f. 192. 198 ff. 278. 302. 389 f. 415. 425. 441. 547 f. 551. 553.
556. 562. 565. Z. Inf. Div. 434. 4. Inf. Div. 156. 187 f. 198. 201. 233 f. 236. 239 ff. 276. 389 ff. 5. Inf. Div. 68. 71. 73. 77. 79 f. 82. 85. 87. 89 f. 92. 94. 96. 98. 101. 123 ff. 128. 130. 151. 158. 160 ff. 167 f. 170 ff. 276. 320. 361. 363.
6. Inf. Div. 68. 71. 73. 78 ff. 82 f. 85. 87. 89. 94. 96. 99. 101. 124 f. 128 ff. 151. 158. 160 ff. 167 f. 171 ff. 176. 276. 7. Inf. Div. 361. 363. 367 f. 411. 8. Inf. Div. 362 ff. 367. 411. 9. Inf. Div. 57. 90. 390. 10. Inf. Div. 57. 90. 102. 127. 390. 11. Inf. Div. 272. 319. 341 ff. 349. 351. 353 f. 357 f. 360 f. 364. 367. 369. 383. 12. Inf. Div. 319. 341. 345. 349 f. 356. 363. 409.
17. Inf. Div. 320. 360 f. 364. 367. 18. Inf. Div. 274. 320. 360. 362.
364.
367. 369. 378.
19. Inf. Div. 475. 487. 541 ff. 564. 20. Inf. Div. 475. 477 f. 487. 542 f. 564. 21. Inf. Div. 68. 71 f. 75 ff. 79 f. 82 ff. 87 f. 90. 96. 98. 101. 124. 128. 130 f. 145. 147 ff. 151. 22. Inf. Div. 302. 425. 436. 439. 441. 498 f. 503 f. 515. 517 f. 542. 564. 23. (fächf.) Inf. Div. 273. 410. 24. (fächf.) Inf. Div. 378. 25. Inf. Div. 68. 71. 73. 75. 77. 79 f. 82. 84. 87 f. 94. 96. 98. 100. 124. 128. 131. 134. 145. 147 ff. 152 f. 26. (württ.) Inf. Div. 373. 379. 27. (württ.) Inf. Div. 270. 373. 378 f. 28. Inf. Div. 365. 368 f. 410 f. 30. Inf. Div. 90 f. 99. 129 f. 31. Inf. Div. 427. 33. Inf. Div. 403 f. 410. 34. Inf. Div. 404. 410. 35. Inf. Div. 319. 341. 349. 358. 367. 36. Inf. Div. 319. 341. 349. 358. 38. Inf. Div. 242. 244 ff. 249 ff. 254 f. 257 f. 276. 39. Inf. Div. 90 f. 99. 130. 40. (fächf.) Inf. Div. 379. 41. Inf. Div. 435 f. 42. Inf. Div. 427. 433 f. 50. Inf. Div. 148. 160. 167. 170. 176. 178 ff. 187 ff. 191. 198 ff. 276. 394. 396. 398. 403 f. 52. Inf. Div. 319. 341. 348. 350. 356. 54. Inf. Div. 242. 244 f. 247. 249 ff. 254 f. 257 f. 276. 298. 56. Inf. Div. 175 f. 202. 250. 254. 256 f. 259. 276. 378. 381. 409. 58. (fächf.) Inf. Div. 131. 134. 137. 141. 144 f. 276. 286. 86. Inf. Div. 427. 433. 435 f. 522. 541 f. 544. 565. 87. Inf. Div. 434.
Truppenverzeichnis.
696
103. Inf. Div. 187 f. 191. 200. 276. 298. 301 f. 318. 389 f. 596. 105. Inf. Div. 481 ff. 485. 487. 509 ff. 523. 547 f. 550. 553 f. 564. 597. 107. Inf. Div. 302. 427. 433 f. 436. 478. 497 f. 500. 518. 523. 542. 555. 564. 596. 108. Inf. Div. 455. 459. 461 f. 465. 467. 473. 475 ff. 487. 498 f. 503 f. 506. 516. 523. 542. 544. 564. 109. Inf. Div. 435. III. Inf. Div. 378. 381. 407. 409. 113. Inf. Div. 38. 66. 101. 125 f. 128. 130 f. 134. 137. 141. 144 f. 276 ff. 286. 115. Inf. Div. 427. 433. 117. Inf. Div. 271. 275. 364 f. 368 ff. 376. 409. 411. 415. 553 f. 559. 565. 119. Inf. Div. 435. 439. 509 ff. 519. 523. 547 f. 550. 553. 565. 121. Inf. Div. 38. 66. 128 ff. 134. 136 f. 141. 144 f. 148. 151. 156. 277 f. 286. 319. 342. 345. 349. 351 ff. 357 f. 360. 412. 503 f. 515. 524. 541 f. 544 f. 447. 565. 123. (sächs.) Ins. Div. 271. 275. 358. 361. 363. 367 f. 409. 411. 415. 535 f. 183. Inf. Div. 272. 320. 358. 360 ff. 409. 411. 418. 628. 185. Inf. Div. 319. 348 f. 351. 357. 360. 363. 408 ff. 418. 628. 187. Inf. Div. 410. 418. 628. 192. (fächf.) Inf. Div. 258. 418. 628. 195. Inf. Div. 418. 535 ff. 546. 555. 562. 565. 628.
197. Inf. Div. 418. 535 ff. 546. 555. 562. 565. 628. 199. Inf. Div. 553. 558. 565. 628. 200. Inf. Div. (Karpatenkorps) 390. 418. 547 f. 551. 553. f. 565. 628. 201. Inf. Div. 418. 521. 628. 202. Inf. Div. 418. 628. 203. Ins. Div. 418. 628. 204. (württ.) Inf. Div. 409. 418. 628. 206. Inf. Div. 409. 208. Ins. Div. 410. 1. bayer. Inf. Div. 168. 171 f. 174 ff. 181 ff. 190. 192 ff. 197. 389 f.
2. bayer. 183 f. 5. bayer. 6. bayer. 10. bayer.
Inf. Div. 189. 194. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div.
168. 172 ff. 181 197. 390. 202. 409. 389. 394 f. 410. 301. 319. 341 f. 344. 347 ff. 352. 360. 363. 368. 382. 415 553. 558. 565. 600. 11. bayer. Ins. Div. 123. 162. 207. 214 ff. 221. 224 ff. 229. 231. 233. 240 ff. 278. 316. 461. 467. 473. 476 ff. 487. 497 s.
500 s. 542 (Abschnitt Kneußl). 544. 564. 596.
12. bayer. Ins. Div. 14. bayer. Ins. Div. Alpenkorps 176. 181 276. 298. 301 f.
628. 404. 418. 628. ff. 189. 191 ff. 139 ff. 315. 389 f. 398. 410.
547. 596.
Kommando des Alpenkorps 389. 392. 399. 1. Garde-Res. Div. 32. 298. 2. Garde-Ref. Div. 273. 275. 285. 298. 301. 319. 342. 348. 350. 356. I. Res. Div. 509 f. 512 ff. 516. 519. 523. 547. 553. 565. 5. Res. Div. 437. 478. 499. 512. 518 s. 521s. 547. 6. Res. Div. 435. 523.
7. Res. Div. 175 ff. 181s. 188 s. 191. 196. 198. 276. 9. Res. Div. 57. 66. 71. 82. 90. 93. 96. 99. 101. 124. 128 ff. 134. 136. 276. 10. Res. Div. 57. 65. 71. 73. 82. 90.
98 s. 124. 130 s. 134. 136 s. 276. II. Res. Div. 56. 203. 207. 209. 211.
215 ff. 225 ff. 229. 231 s. 236. 240 ff. 320. 349. 351. 353. 355 s. 360. 367 s. 409. 12. Res. Div. 56. 156. 203. 206 ff. 221. 225 ff. 231 ff. 239. 319. 344 s. 347. 349. 351s. 356. 360 s. 363 s. 409. 13. Res. Div. 71s. 75 ff. 79 s. 82 s. 88. 93. 95 s. 98. 126. 128. 130 s. 148 f. 170. 14. Res. Div. 71 f. 75 f. 79. 82 f. 87. 90. 93. 95. 98. 101. 127 f. 130 f. 395 f. 15. Res. Div. 360.
Truppenverzeichnis. 18. Res. Div. 369. 19. Res. Div. 131. 134. 141. 145. 148 f.
158. 160. 162. 167 f. 170 f. 173 ff. 181 f. 184 f. 190. 192 f. 195 ff. 275 f. 286. 21.Res.DW. 196. 198. 276. 389. 393 f. 396. 398. 402 ff. 22. Res. Div. 123. 176. 207 ff. 219. 221. 226. 231 f. 238. 244. 247 ff. 253. 255. 276. 278. 319. 344. 347. 349. 351 ff. 357 s. 361s. 364. 409 ff. 24. (sächs.) Res. Div. 362 ff. 367 ff. 373. 376. 410 s. 25. Res. Div. 196 ff. 276. 302. 391. 393. 26. (württ.) Res. Div. 319. 341. 348. 350. 356 f. 360. 369. 377. 28. Res. Div. 319. 341. 349 f. 356 f. 360. 410. 33. Res. Div. 57. 187. 390. 36. Res. Div. 435. 43. Res. Div. 221. 227. 230 ff. 236 ff. 240. 243 f. 246. 250. 276. 302. 316. 467. 473. 478. 487. 499. 503 ff. 542. 564. 596. 44. Res. Div. 156. 176. 221. 225. 231. 238. 243 f. 246. 248 ff. 252. 254. 302. 320. 351. 353 s. 358. 360 ff. 368. 410 f. 596. 46. Res. Div. 271. 48. Res. Div. 425. 441. 479. 513. 547 s.
552 ff. 50. Res. Div. 271. 52. Res. Div. 104. 75. Res. Div. 427. 433 f. 534. 536. 545. 565.
80. Res. Div. 427. 433. 435 f. 81. Res. Div. 425. 479. 543. 82. Res. Div. 425. 441. 502. 543.
I.bayer. Res. Div. 375 ff. 5. bayer. Res. Div. 377. 379. 381. 6. bayer. Res. Div. 407. 8. bayer. Res. Div. 361. 363 f. 367 f. 370. 374. 376 f. 410 s. Garde-Ers. Div. 389. 393 f. 396. 398. 4. Ers. Div. 271. 5. Ers. Div. 418. 628. 8. Ers. Div. 390.
697
10. Ers. Div. 390.
19. (sächs.) Ers. Div. 274 f. Bayer. Ers. Div. 90 f. 96 f. 99. 102. 116. 127. 130. 134. 276. 278. 390. 1. Res. Ers. Div. 628.
1. Ldw. Div. 565. 2. Ldw. Div. 56. 59. 203. 215. 221. 224 ff. 231. 236. 244. 246. 3. Ldw. Div. 521 f. 4. Ldw. Div. 517. 521. 5. Ldw. Div. 57. 66. 90 f. 96 f. 99. 102. 127. 130. 390. 7. (württ.) Ldw. Div. 275. 8. Ldw. Div. 275. 10. Ldw. Div. 541 f. 544 f. 547. 565. 14. Ldw. Div. 520. 15. Ldw. Div. 341. 349. 47. (sächs.) Ldw. Div. 418. 628.
1.bayer.Ldw.Div. 274. Div. Burkhardt 360 s. Div. Elausius 503. 523. 542. Div. Dumrath 362. 364 s. 369. 410 s. Div. Francke 369, 377 s. 410. Div. Frentz 319. 348. 351 ff. 357 f. 361. 364. 409. 411.
Div. Liebert 360. 362. 364. 367 s. 409 ff. Div. Rusche 454. 456 f. 461s. 465 ff. 473. 475. 487. 497 f. 542. 564. Garde-Kav. Div. 425. 543. 2. Kav. Div. 565. 5. Kav. Div. 425. 543. 9. Kav. Div. 427. 433. 435. 467. 476 s.
479. 487. 499. 503 s. 543. 564 s. Bayer. Kav. Div. 502 f. 521 ff. 543. 557. 565.
Etappen-Inspektion 2 381. 7. Inf. Brig. 410. 37.Ins.Brig. 501. 503. 542. 63. (sächs.) Inf. Brig. 364. 369. 77. Inf. Brig. 57. 65. 71 f. 75 f. 79. 82. 84. 87 f. 92 f. 126 ff. 130. 205. 208 f. 212.
698
Truppenverzeichnis.
183. (sächs.) Inf. Brig. 275 f. 185. Inf. Brig. 274. 276. 187. Znf. Vrig. 276. 192. (sächs.) Inf. Vrig. 104. 215. 217. 219. 221. 225. 231. 244. 258. 276.
8. bayer. Inf. Vrig. 187. 11.bayer.Inf.Vrig. 187. 192. 29. Res. Inf. Brig. 362. 32. Res. Inf. Vrig. 378. 410. Garde-Erf. Vrig. 156. 158. 162. 167 f. 9. Ldw. Vrig. 427. 28.Ldw.Vrig. 457. 34. Ldw. Vrig. 565. 47. (sächs.) Ldw. Brig. 276. 107. Ldw. Vrig. 427. 433. 175. Ldw. Brig. 503.
13. bayer. Ldw. Vrig. 409 f. 2. Garde-Kav. Vrig. 467. 504.
Fliegertruppe 63. 71. 104. 120. 127. 147. 169. 204. 223. 237. 270. 343 f. 346 f. 349. 352 f. 359. 361. f. 364. 372. 375. 381. 385. 406. 444. 520. 543. 607.
623 ff. Kampfgeschwader 1 der 74. 95. 122. 127. Kampfgeschwader 2 der 74. 95. 122. 127. 522. 546. Kampfgeschwader 4 der Kampfgeschwader 5 der
O. H. L. 63. 71. 147. 344. 347. O. h. L. 63. 71. 147. 501. 504.
O. h. L. 147. O. h. L. 147.
Kampseindeckergruppe Boelcke 147. Flugabwehr 64. 237. 364. 375. 386. 623. 625. Luftschiffertruppe 63 f. 71. 74. 127. 170. 204. 237. 346. 375. 380. 386. 621 ff.
Feldeisenbahnwesen 29. 64. 388. 600. 616. 625 f.
Inf. Regt. 24 89. Inf. Regt. 91 543.
Kraftfahrwesen 389. 616.
Res. Inf. Regt. 10 239. Res. Inf. Regt. 23 239.
Seekriegsleitung (Chef des Admiralstabes)
Abtl. Wickede 542. Ldw.-Det. Ryvenheim 90. 93. 99.
Pionier- (Gas-) Regt. 81.
Festungen: Metz 66. 274. 660.
14 ff. 21. 291 ff. 306 ff. 650. 658. 664 f. Flotte 291. 306. 329. 415. 615. 618 ff- 625. 650. U-Bootflotte 291. 307 f. 615. 620. 664.
416 f. 426. 432. 425. 430 f. 439. 658. 663. 416. 606. 611.
Marineluftschiffe 622.
Straßburg 660.
Schuhtruppen: Luftstreitkräfte 63 f. 71. 74. 90. 349. 374. 383. 385. 467. 473. 546. 621. 625.
Deutsch-Ostafrika 621. Kamerun 620.
Österreich-Ungarn. Heeresleitung (Armeeoberkommando) 4 ff.
Heer 45. 415. 417. 420. 424. 439. 442.
17 f. 20 f. 43. 302 f. 311. 314. 316. 424 ff. 440 ff. 450 f. 453 ff. 458 ff. 466. 468. 476 f. 480 f. 483 ff. 498. 502. 505 ff. 510 ff. 514. 516. 519. 523 ff. 541. 546. 550. 553. 556. 559 ff. 571 ff. 577. 579 ff. 587 ff. 592. 599. 614 f. 634. 638. 643 ff. 649 ff. 653 f. 666. 671.
525. 528 ff. 534 ff. 543. 564. 566 f. 597. 639. 646. 658. 663 f. 675.
Kommando der Ostfront 439 ff. 450. 459. 483 f. 486 f. 489 f. 492 f. 507 f. 516. 518 f. 524 f. 527 f. 537.550. 559. 565 s. 584. 597. 600.
Truppenverzeichnis. Kommando der Südwestfront
18.
440.
442. 444 f. 454. 459. 461. 466. 478.
480 f. 485 ff. 489 f. 492 f. 524. 533. 537. 554. 559 ff. 569 ff. 574. Heeresgruppe Vöhm-Ermolli 425. 450. 452 f. 458. 462. 465. 483.
Heeresgruppe Erzherzog Eugen 488 f. 573 ff. 577 ff. 582 f. 587 ff. Heeresgruppe Erzherzog Karl 508. 510 ff. 514. 523. 528. 533 ff. 546 ff. 550. 552 ff. 558 f. 561. 600. 1.Armee 425. 444. 450ff. 455f. 458.
XII. Korps
582.
11. Armee 573 ff. 577 ff. 582. 588. 12. Armee 510 ff. 547. Landesverteidigungskommando in Tirol 569. 571 ff. Truppen in Albanien 486. 533. 596. I. Korps 547. 565. 575. 579. 582. 588. II. Korps 457. 461 ff. 467. 469. 473. 477. 500 f. 542. 544. 546. III. Korps 575. 577 ff. IV. Korps 534.
V.Korps 534. VI. Korps 463 f. 479. 513. 547 f. 552. VIII. Korps 488. 511. 513. 547. 565. 575. 577 ff. IX. Korps 513. 547. 552. X. Korps 451 f. 456 f. 462 f. 465 ff. 541 f. XI. Korps 464. 480. 509. 512. 547. 551.
425.
440.
445.
512.
517.
520 ff. 534. 560 f. XIII. Korps 451. 455. 458. 461. 463 f. 513. 547 f. XVII. Korps 575. 577. 579. XVIII. Korps 488. 534. XX. Korps 575. 577 ff. 582. XXI. Korps 575. 577.
Korps (Gruppe) Fath 450. 456. 458. 463. 467. 473 ff. 477. 500 ff. 507 f. 542. 544 ff. 555. Korps Hofmann 513. 547. Korps Szurmay 451. 455 ff. 462. 465. 467. 542. 544.
461 ff. 465 f. 468 f. 473 f. 477 f. 481 ff. 488. 498 ff. 504. 514 f. 539. 541. 552. 600. 603. 2. Armee 425. 450 f. 453. 456 f. 461. 468. 473. 481 ff. 493. 516. 530. 532. 534 ff. 541. 544. 546 f. 550. 552 ff. 562. Z.Armee 513. 547f. 550ff. 556f. 565. 574 f. 577. 579 ff. 588 f. 4. Armee 425. 443 ff. 450 ff. 462 f. 465 f. 468 ff. 473 ff. 477 f. 481. 500. 504. 515. 533. 541 ff. 5.Armee 569f. 572. 592ff. 7. Armee 425. 443 f. 450 f. 453 ff. 458. 460 f. 463 f. 480 ff. 488. 490 ff. 508 ff. 514. 523. 547 f. 551. 553. 1V. Armee (Armeegruppe Rohr) 569. 572.
699
Gruppe Gruppe Gruppe Gruppe Gruppe
Venigni 463 f. 480. 485. 511. Hadfy 480. 485. 547 f. 551. Korda s. XI. Korps. Kosak 534. Krauß 547. 551.
Kav.-Korps Brudermann 512. 547. Kav.-Korps Hauer 450. 458. 463. 467. 473. 500 ff. 508. 543. 557;
Kav.-Korps Leonhardi 499. 542. Kav.-Korps Ostermuth 473. 475. 478. 2. 3. 4. 5. 7.
Inf. Div. 452. 542. Inf. Div. 441. 581. Inf. Div. 451. 542. Inf. Div. 450. 547. Inf. Div. 451. 458. 475. 498 ff. 503 ff. 514. 542. 8. Inf. Div. 581. 9. Inf. Div. 579. 10. Inf. Div. 441. 11. Inf. Div. 450. 453. 456. 542. 12. Inf. Div. 547. 13. Inf. Div. 443. 450. 452 f. 542. 15. Inf. Div. 455. 547. 16. Inf. Div. 425. 517. 521. 562. 19. Inf. Div. 547. 21. Inf. Div. 510. 547. 24. Inf. Div. 510. 534. 547. 25. Inf. Div. 450 ff. 455. 462. 26. Inf. Div. 542. 545. 29. Inf. Div. 450. 457. 461 f. 465. 467. 473. 475 f. 487. 541 f. 544. 30. Inf. Div. 450. 510. 547.
Truppenverzeichnis.
700 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44.
Inf. Div. 547. Inf. Div. 515. 541 f. Inf. Div. 441. 513. 524. 547. 565. Inf. Div. 425. Inf. Div. 450. 547. Inf. Div. 451. 542. Inf. Div. 450. 547. Inf. Div. 513. 547. Inf. Div. 547 f. 551. Inf. Div. 542. Inf. Div. 510. 547. Inf. Div. 441. Inf. Div. 488. 509 ff. 523. 547. 554. 559. 564. 579. 580. 45. Inf. Div. 450. 453. 456 f. 461 f. 542. 46. Inf. Div. 488. 515. 542. 48. Inf. Div. 478. 485. 487 f. 498 f. 503 ff. 514 f. 542. 564. 580. 582. 51. Inf. Div. 510. 53. Inf. Div. 441. 542. 54. Ins. Div. 547. 55. Inf. Div. 547. 58. Inf. Div. 593. 59. Inf. Div. 488. 509. 511. 523.547.565.
Bulgarien Heeresleitung 302. 615. 634. 643. Heer 19. 43. 430. S96.
61. Inf. Div. 460 f. 466. 469. 473. 475 478. 487 f. 499. 504 f. 564. 580. 582 70. Inf. Div. 441. 451 f. 456. 542 106. Ldst. Div. 541. 565. 1. Kav. Div. 2. Kav. Div. 3. Kav. Div. 4. Kav. Div. 5. Kav. Div. 6. Kav. Div. 7. Kav. Div. 8. Kav. Div. 9. Kav. Div. 10. Kav. Div.
543. 547. 510. 450. 510. 510. 473. 510. 543. 450.
547 f. 473. 504. 542. 547. 547. 504 f. 547. 557. 473. 475. 542.
21. Ldst. Geb. Vrig. 441. 28. Ldst. Geb. Vrig. 579.
Polnische Legion 500 f. 542. Luftstreitkräfte 444. 473. 543.
Flotte 569. Donau-Flottille 600. '. auch S. 705).
1.Armee 43. 596f. 601. 2. Armee 596. 601 f. 3. Armee 596.
Türkei (s. auch S. 705). Heeresleitung 4. SS6. 599. 603 f. 609 f. 614 ff. 634. 643. Heer 17. 441. 524. 599. 603 f. 615. 1.Armee 603.
2. Armee 604. 606 f. 609 ff. 3. Armee 604 ff. 609 ff. 4. Armee 604. 610 f. 5. Armee 603. 6. Armee 604. 606 f. 609. 611.
II. Korps 610. III. Korps 610. IV. Korps 610. VI. Korps 615.
XII. Korps 612. XIII. Korps 608. XV. Korps 537.550.552.554.556.565.615. XVI. Korps 610. XVIII. Korps 608.
Deutsches Pascha-Korps 610 ff. Expeditionskorps gegen den Suezkanal 610 ff. 3. 14. 19. 20.
Div. Div. Div. Div.
611. 613. 611. 565. 565.
Flotte 606. 609. 615 f.
Truppenverzeichnis.
701
Belgien. Heeresleitung 46 f. 330.
Kriegsministerium 110. 327.
| Heer 12. 47. 49. 52. 325. 335.
England.
Heeresleitung (Reichsgeneralstab) 45 ff. 110. 138. 326 f. 329 f. 332. 334. Kriegskomitee 334. Oberste Führung in Frankreich 32. 46 f. 49 f. 52 f. 109 f. 138. 325 ff. 331 ff. 356. 367. 377 f. 380. Expeditionsheer 2. 4. 12. 29 f. 33. 40. 46 ff. 51 ff. 110. 301. 317. 325. 335. 380. 658. 663 f. 672 f. 675. 1.Armee 49. 110. 325. 339. 2. Armee 49. 325. 332. 339.
Z.Armee 49. 110. 325. 339f. 4. Armee 325. 334. 339. 341. 356. 359. Reserve-Armee 341. 356. 359.
21. Inf. Div. 350. 363. 25. Inf. Div. 363. 29. Inf. Div. 350. 30. Inf. Div. 350. 31. Inf. Div. 329. 350. 32. Inf. Div. 350. 34. Inf. Div. 350. 36. Ins. Div. 350. 39. Inf. Div. 327. 40. Inf. Div. 327. 41. Inf. Div. 327. 46. Ins. Div. 350. 48. Inf. Div. 350. 56. Inf. Div. 350. 2. austrat. Div. 329. Kitchener-Divisionen 12. 40. 52. 340.
Territorial-Divisionen 327.
III. Korps 341. 370. VIII. Korps 341.
X. Korps 341. XIII. Korps 341. 367. 370. XV. Korps 341. 367. 370. I. austrat. Korps 370.
Australische Truppen 53. 612. Indische Truppen 53. Kanadische Truppen 53. 271. Truppen bei Saloniki s. Frankreich, Armee
1. Inf. Div. Z. Inf. Div. 4. Ins. Div. 7. Ins. Div. 8. Ins. Div. 9. Ins. Div. 18. Znf. Div.
Truppen in Ägypten 47. 53. 110. 327 ff. 610 ff.
Sarrail.
363. 363. 350. 350. 363. 350. 363. 350. 363.
Luftstreitkräfte 340. 343 f. 375. 380 f. 623 f. Flotte 406. 618 f.
Panzerkreuzer „Hampshire" 620.
Frankreich. Kriegsminister 53. 333. 335. Oberster Nat der Landesverteidigung 47 f. 328.
Heeresleitung, Oberste Führung 24. 44 ff. 103 f. 107. 109 ff. 114. 120. 137 ff. 143. 146. 157. 180. 185. 194. 270. 278. 286. 317. 325 ff. 356. 367. 370. 372. 377. 379 f. 419. 428. 432. 576. 584.
Heer 4. 9 f. 12. 14. 41. 44. 47 ff. 53. 287 f. 301. 317. 327. 335. 337. 419. 570. 663.
671 f. 673. 675.
Heeresgruppe Nord 49 ff. 110. 112. 138. 325. 333. 335.
Heeresgruppe Mitte 50. 52. 103 f. 106 ff. 110 f. 137 f. 157. 168. 180. 194. 325. 332 f. Heeresgruppe Ost 50. 52. 106 f. 112. 138. 325. 333.
1.Armee 50. 103.
2. Armee (Gruppe Petain) 52.111. 113 f. 138 ff. 143.146.157.168. 194. 208. 332.
Truppenverzeichuis.
702
3. Armee 50. 52. 69. 103. 107. 138. 168.
325. 332 f. 4. Armee 50. 168. 332. 5. Armee 50. 107. 168. 332. 6. Armee 50. 52. 110.138. 325.336. 338 f. 341. 356. 372. 7. Armee 50. 10. Armee 49. 51. 110. 138. 281. 286. 325. 338 f. 357. 372.
Armee Sarrail (engl.-franz. Truppen bei Saloniki) 45. 47. 327 ff. 336.596. 598. 601 s.
Armee-Abteilung Lothringen 50. 106. Befestigter Abschnitt Belfort 50. Befestigter Abschnitt Dünkirchen (XXXVI. Korps) 325. Befestigter Abschnitt Verdun 50.69. 103 ff. III ff. 194. 390 ff. I. Korps 81. 101. 107. 110. 112. 114. 140. 221. 11. Korps 106. 114. 140. III. Korps 138. V. Korps 69. VII. Korps 78. 81. 87. 105. 115. 140. 370. 372. VIII. Korps 92. IX. Korps 138. X. Korps 69. XII. Korps 138. XIII. Korps 110. 112. 220. XIV. Korps 138. 140. XVII. Korps 110. 138. XX. Korps 100 f. 106 ff. Ulf. 114. 122. 140. 220. 341. 367. 370. 372. XXI. Korps 112. 138. 140. XXX. Korps 53. 69. 106 f. XXXII. Korps 112. 140. 221. XXXIII. Korps 138. 140. XXXV. Korps 341. 367. XXXVI. Korps 52. 325. L Kol.°Korps 341. 359. 367. 372.
1. Kav.°Korps 333. 372.
Gruppe Baret (XIV. Korps) 140.
Gruppe Balfourier (XX. Korps) 114. Gruppe Bazelaire (VII. Korps) 109. 113. 140. 220.
Gruppe Chretien (XXX. Korps) 109. Gruppe Duchene (II. Korps) 109.114.140. Gruppe Guillaumat (I.Korps) 113. 140 221.
Gruppe de Maistre (XXI. Korps) 139 f. 1. Inf. Div. 221. 2. Inf. Div. 3. Inf. Div. 4. Inf. Div. 5. Inf. Div. 9. Inf. Div. 10. Inf. Div. 11. Inf. Div. 12. Inf. Div. 13. Inf. Div. 14. Inf. Div.
101. 106. 113. 130. 140
100. 106. 113 f. 140. 106. 140. 106. 140. 130. 168. 171. 69. 69. 220. 350. 69. 130. 139 f. 78. 81. 87. 91 f. 100. 106. 108 f. 112. 114 f. 16. Inf. Div. 92. 100. 106 ff. 140. 18. Inf. Div. 110. 138. 19. Inf. Div. 69. 106. 108 f. 140. 208. 213. 20. Inf. Div. 69. 22. Inf. Div. 221. 25. Inf. Div. 112. 140. 213. 220. 26. Inf. Div. 112. 140. 208. 215. 220. 27. Inf. Div. 139 f. 28. Inf. Div. 130. 140. 29. Inf. Div. 105. 109. 113. 140. 208. 215. 220. 34. Inf. Div. 220. 37. Inf. Div. 87. 91. 100. 106 f. 109. 112 f. 115. 38. Inf. Div. 221. 39. Inf. Div. 106. 108 f. 112 f. 122. 140. 220. 222. 350.
40. 42. 43. 48. 51.
Inf. Div. 138. 140. 213. 221. Inf. Div. 106. 112. 138. 140. 221. Inf. Div. 139 f. Inf. Div. 97. 100. 106 ff. 113. 125. Inf. Div. 69 f. 76 ff. 80. 87. 91. 97. 105 ff. 112 f. 115. 122. 278. 52. Inf. Div. 138. 58. Inf. Div. 53. 59. Inf. Div. 106. 140. 221. 61. Inf. Div. 350. 67. Inf. Div. 78. 81. 91 f. 97. 105. 109. 113. 140. 208.
Truppenverzeichnis. 68. Inf. Div. 106. 112. 114. 122. 140.
69. Inf. Div. 106. 70. Inf. Div. 140. 72. Ins. Div. (Hauptreserve Verdun) 69. 74. 78. 80. 87. 92. 97. 105 ff. 115. 122. 278. 76. Inf. Div. 106. 220. 77. Inf. Div. 140. M.Inf. Div. 112. 114. 130. 139 f. 125. Inf. Di». 69. 131. Inf. Div. 69. 132. Inf. Div. 69. 92. 97. 105 f. 114. 140. 152. Inf. Div. 53. 153. Inf. Div. 97. 100. 106. 108 f. 112. 114. 125. 2. Kol. Div. 3. Kol. Div. Marokk. Div.
140. 223. 350. 350. 87. 92. 97.
Det. Deligny 112.
Territorial-Truppen 52 f. 69. 92. 105 f. 333. 166. Territ. Div. 69.
31.Inf.23ng. 106. 108 f. 112. 114. 32.Inf.Vrig. 114. 38. Inf. Vrig. 109. 113.
95.Inf.Brig. 113 s. 96. Ins. Vrig. 113.
101. Inf. Vrig. 112. 102. Inf. Vrig. 112. ZU. Territ. Vrig. 114.
212. Territ. Vrig. 114.
Luftstreitkräfte 53. 74. 107. 169 f. 340. 343. 375. 380 f. 622 ff.
Festungen: Velfort 10. 22 f. 275. 656. Epinal 64. Nancy 64. 74. 275. Paris 621. Toul 64.
Verdun 10 ff. 18 f. 21 ff. 32.37 ff. 54 ff. 103 ff. 262 ff. 277 f. 284 ff. 293. 296. 303 ff. 308 ff. 312. 315. 318 s. 324.
703
327 ff. 373. 389 ff. 412 ff. 419. 428. 440. 459. 570. 621. 623. 625. 629 f. 634. 638 f. 656. 664. 670 ff.
Forts: Velleville 55. 186. 200. 393. Velrupt 55. 95. Vois Vourrus 55. 207. La Chaume 55. Douaumont 28. 55. 87 ff. 94. 96. 102.
113 f. 121 f. 124 ff. 129. 131. 139. 143. 146. 151. 157. 161. 163 f. 166. 168 ff. 186. 213. 260. 304. 311. Genicourt 55. Saudainville 55. Marre 139. 207. St. Michel 55. 95. 186. 190.
Moulainville 55. 189. 199 f. Rozellier 55. 95. Souville 55. 94. 98. 116. 132 f. 142. 150. 159. 166. 177. 181. 186 f. 189 f. 193 ff. 199 ff. 260. 266 f. 269. 278. 318 f. 391 ff. 396 f. 399 ff. 413. 421. Tavannes 55. 116. 132 f. 142. 148. 150. 159. 186 ff. 195 f. 199 f. 266. 287. 319. 393. Troyon 57. Bacherauville 207. 222. Vaux 55. 94. 98. 101. 114. 124. 126. 129.135 ff. 139.146.150. 152. 158 ff. 166 ff. 175. 177 ff. 195. 303. 336. Camp des Romains 55. St. Mihiel 55.
Zwischenwerke: Bezonvaux 55 f. 94. 113. Charny 55. 139. Chntillon 55. Froide Terre 187. 189 f. 193 f. 200. 318. 393. Germonville 55.
Hardaumont 113 f. 131. Lausee 114. 136. 148. 152. 181. 190. 199 ff. 285. 392. 394. 397. 399. 401.
Thiaumont 94. 98. 123. 136. 142. 145. 148. 150. 173 f. 177. 181 ff. 189 f. 266 s. 285. 287. 391 ff. 401.
128. 132 f. 158 f. 166 f. 192 ff. 260. 395. 397 f.
Truppenverzeichnis.
704
Italien (f. auch S. 705). Heeresleitung 46 f. 325 f. 328. 568. 570. 572. 576 f. 583 ff. 589. 591 ff. Heer 4. 7. 9. 336. 448. 486. 568 f. 571. 586. 588. 666.
Truppen in Albanien 596. X. Korps 583. XIV. Korps 583. XX. Korps 581.
1. Armee 568. 576 f. 583 f. 586. 589 ff. 2. Armee 568. Z. Armee 568. 570. 585. 591 ff. 4. Armee 568. 573.
32. 34. 35. 37.
5.Armee 584ff. 588f.
Inf. Inf. Inf. Inf.
Div. Div. Div. Div.
581. 577. 577. 577.
Rußland. Heeresleitung 45 ff. 325 f. 329. 335. 428 ff. 445 ff. 470 f. 486. 494 ff. 538 f. 549. 576. 584. 660. Heer 4. 7. 9. 44. 326. 336. 428. 430. 438. 444. 495. 497. 564. 567. 648. 654.
658 ff. 674.
Heeresgruppe der Nordfront 429 ff. 445 ff. 471. 489. 496. 522. 538.
Heeresgruppe der Südwestfront 429. 431. 445 ff. 469 ff. 486. 489 ff. 494 ff. 538 f. 549.
Heeresgruppe der Westfront 429. 431 ff. 445 ff. 470 ff. 489. 494 ff. 517. 520. 538 f. 549. Heeresreserve 431. 448. 496.
1. Armee 429. 432 f. 446 f. 2. Armee 427. 429. 432 f. 555. Z. Armee 429. 432. 494. 496 f. 517. 538 ff. 544. 549. 555. 4. Armee 429. 432. 496. 520. 555. 5. Armee 429. 432. 6. Armee 429. 432. 496.
7. Armee 429. 448 f. 469 ff. 496 f. 539 f. 547. 549.
8. Armee 429. 448 f. 469 ff. 494 ff. 538 ff. 9. Armee 429. 448 f. 469 ff. 496 f. 539 f. 547 ff. 10. Armee 429. 432.
11. Armee 429.448 f. 469 ff. 497.505.538 ff. 546. 553.
12. Armee 429. 432. 522.
Besondere Armee 538 ff. 549. 555.
Dobrndscha-Armee 561. Kaukasus-Armee 429. 431. 442. 604. 609. I. Gardekorps 432. 435. 438. 496. 515. 518 ff. 538. 540 s. II. Gardekorps 432. 435. 438. 496. 515. 518 ff. 538. 540.
444. 446. 543 ff. 444. 446. 543. 545.
Grenadierkorps 494. 517. I.Korps 427. 495s. 498. 540s. II. Korps 449. 540.
III. Korps 486. 496. 539 f. 545. V. Korps 427. 496. 539 f. VI. Korps 449. 471. 540. VII. Korps 540. VIII. Korps 444. 449. 451. 454. 466. 472. 540. XI. Korps 449. 540. XII. Korps 449. 522. 540.
XIV. Korps 433. XV. Korps 427. XVI. Korps 540. XVII. Korps 540.
XVIII. Korps 471. 540. XX. Korps 427. XXI. Korps 562. XXII. Korps 540. XXIII. Korps 448. 471 ff. 476. 496. 540. 543. XXIV. Korps 427. 486. XXVI. Korps 427. XXVII. Korps 427.
Truppenverzeichnis. XXX. Korps 466. 472. 540. XXXI. Korps 496. 540. XXXII. Korps 449. 451. 471. 473. 540. XXXIII. Korps 540. XXXVII. Korps 562. XXXIX. Korps 449. 466. 472. 475. 540. 543. xxxx. Korps 449. 451. 466. 472. 475. 540. XXXXI. Korps 540.
XXXXIII. Korps 562. XXXXV. Korps 471. 473. 497. 540. XXXXVI. Korps 472. 476. 540. I. kaukas. Korps 604. IV. kaukas. Korps 604. V kaukas. Korps 609. I.sibir. Korps 427. 539 f. 555.
705
1. Garde-Ins. Div. 515. 543. 2. Garde-Ins. Div. 543. 3. Garde-Ins. Div. 515. 543.
Garde-Schütz. Div. 543. 14. Inf. Div. 543. 20. Inf. Div. 543. 53. Ins. Div. 543. 78. Inf. Div. 496. 102. Inf. Div. 543. 108. Inf. Div. 496. 113. Ins. Div. 470. 472. 496. 117. Ins. Div. 496. 125. Inf. Div. 543. 126. Ins. Div. 449. 471. 2. Schütz. Div. 543. 4. Schütz. Div. 543. 2. finnl. Schütz. Div. 449. 471.
4. finnl. Schütz. Div. 449.
II. sibir. Korps 562. III. sibir. Korps 427.
Sibir. Kos. Div. 522.
IV. sibir. Korps 427. 539 f. 545. V. sibir. Korps 448 f. 470 ff. 476. 486 f. 496. 498. 539 f. VI. sibir. Korps 562.
Rufs. Truppen in Frankreich 408. 429. Rufs. Truppen bei Saloniki 429. 596.
VII. sibir. Korps 562. I. turkest. Korps 495 s. 498 s. 540. 555. II. turkest. Korps 604. zusges. Korps 540.
Polnische Schütz. Vrig. 430. 494. Serbische Freiwilligen-Div. 430. Tschechoslowakische Schütz. Brig. 430.
Garde-Kav.-Korps 496. 540. 543.
Luftstreitkräfte 443.
Z.Kav.-Korps 540. 3. Kav,-Korps 540. 4.Kav.-Korps 449. 472. 540. 5.Kav.-Korps 472. 543. 1. kaukas. Kav.-Korps 605.
Schwarze Meer-Flotte 429. 607.
Ostsee-Flotte 429 ff.
Großkampsschiff „Imperatriza Maria" 615.
Serbien (s. auch S. 705).
Heeresleitung 46 s.
Freiwilligen-Div. in Rußland 430.
Heer 326. 329. 336. 596. 601.
Griechenland (s. auch s. 705). Heer 596 ff. 601 f.
IV. Korps 601s. V.Korps 601 f.
Truppenverzeichnis.
706
Sonstiges. Ägypten 3. 45. 47. 53. 110. 327 ff. 610 ff. 615. Albanien 326. 329. 430. 440. 568 f. 584. 596. Arabien 604. 609. 612 f. 615. Bulgarien 12. 15. 48. 430. 482. 527. 549. 597. 617. 642. 648. Dardanellen (Gallipoli) 44. 47. 603. 615. 655. 668. Griechenland 4. 18. 20. 44. 47. 597 ff. 601. 617. Indien 3. 605. Irak 3. 603 ff 612. 615. Italien 5 ff. 20. 44 f. 47. 325. 329. 335. 415. 420. 428. 438 f. 441. 445. 447 f.
459 f. 488. 490 f. 493. 495. 512. 568 ff. 643. 653. 658. 663 ff. 667 f. Japan 44. 329. Libyen 584. 586.
Montenegro 440. 460. 523.
Polen: Poln. Legionen im ö.-u. Heer 417.
Pol». Schütz. Brig. im russ. Heer 430. 494.
Persien 3. 603. 605 ff. Portugal 329. 617. Rumänien 3. 8. 20 f. 44. 47 s. 326. 415. 420. 428. 430. 439. 441. 454. 460. 481 f. 491. 495. 510. 524. 528. 530. 533. 537 f. 547 ff. 552 f. 558 f. 563. 566 f. 596 ff. 614 f. 617. 625. 632. 640. 643 f. 648. 666. 667 f. 676. Saloniki 4. 17 ff. 44 ff. 302. 327 ff. 335. 429 f. 569. 596. 598. 601. 666 ff. Schweden 48. 431. Serbien 44. 329. 428. 430. 460. 655. 671. 676.
Türkei 3 f. 45. 415. 439. 441. 598 f. 603 ff. 648. 655. 663. 676. Vereinigte Staaten von Amerika 15 f. 21. 291 f. 305 ff. 417. 617. 664.
Unterseekrieg 14 ff. 21s. 283. 290 ff. 305 ff. 312. 415 ff. 524. 617 s. 620. 634. 638. 664 s. „Sussex"°Fall 417 Wirtschaftsblockade 329 ff. 415.619 f. 631 ff. 650. 657. 668.
>
*
Druck von
Ernst Siegfried Mittler und Sohn Buchdruckerei G. m. b. H. Berlin SW6L *
Anlage Zu: Der Weltkrieg 1914 — 1918.
Zehnter Band.
Deutsche und feindliche Artillerie bei Verdun und an der Gomme
5916.
Deutsche und feindliche Artillerie bei Kaliber 6,8--9,9 cm
K aliber 10-—14,9 cm
Flachfeuer
Dtsch. I. Schlacht vor verdun. Deutsche 5. Armee
(ohne XVI. A. K. und XVIII. R. K.).
442
Flachfeuer
Feind Franz.
Britisch
129
F.K. 96 can. de 75.
n/A 46
9cm®.
Französische 2. Armee x) (soweit am Kampfe be-
teiligt).
23 can. de 80 de cpg.
1. Stand: 21. Febr.
Dtsch.
Dtsch.
Flachfeuer
Feind Franz. Britisch
Dtsch.
Kaliber über 20 cm
Steilfeuer
Feind Franz. Britisch
Dtsch.
Flachfeuer
Feind Franz. Britisch
Dtsch.
68 10 cm K.
7
108
8
can. de
24
can. de 120 c.
30
196
19
1
100 T. R.
l. F. H.
15 cm
can. de
04 (14)
can. de 155 c.
21 cm
12
36 can. de
72
8
120 lg.
can. de 90
russ.
10 cm K.
2 can. de
posit.
44
120 lg.
18
s. 12 cm K. 14
can. de 95
Kaliber 15—19,9 cm
Steilfeuer
Feind Franz. Britisch
s. 10 cm K.
de cpg. bzw.
Verdun und an der Somme 1956.
13 cm K.
R. K.
155 lg.
s. F. H. 02 (13)
32 lg. 15 cm
1
80
can. de
s. F. H.
Kan.
155 lg.
4
(in P.T.)
s. 15 cm
2 can. de
Kan.
(trucs)
2 15 cm K.
4 can. de
16 cm
(trucs)
Mrs.
K.
24 cm
16
3
(trucs)
21 cm
(Rim.)
38 cm
16
K.
488
242
Darunter Schnellfeuer-
442
129
—
146
49
94
13
-
108
8
-
—
108
8
—
(Rohrrücklauf-) Geschütze
1 can. de 155 c.
30,5 cm
11
Mrs. 13 42 cm
Mrs.
2. Stand: 25. Juni.
wärts —
Stand: 1. Juli.
654
24
Gebirgskan.
1138 can. de 75
68 10 cm K.
47 can. de 80
04 (14) 12
100 T. R. 63
de cpg. 163
s. 10 cm K.
can. de
8 10 cm K.
105 T. R.
4
can. de 90
Inf. Gesch.
de cpg. bzw.
44 9 cm K.
86
28
posit.
russ.
10 cm K.
can. de 95
s. 12 cm K. 12 13 cm K.
Summe
726
1434
-
Darunter Schnellfeuer-
682
1138
—
348
696
Schlacht.
n/A
Stand: 30. Jnni*).
76 9 cm K.
^französische schwerste Ge¬
schütze (artl. lourde de grande puissance,
808
F. K. 96 can. de 75
Deutsche 2. Armee
Französische 6. Armee Stand: 25. Jutti1)
276
36
-
4
2
-
—
196
19
—
4
—
—
30
belg.
8,7 cm
Kan.
2 can. de 80
(8,4 cm)
-
—
—
246
26
l. F. H.
24
can. de 120 c.
173
304
53
1
3
184
51
15 cm
can. de
s.F.H. 02
21 cm
can. de
(13)
can. de 155 c.
K.
240 E.
Mrs.
mortiers de 220
2
Gebirgshaub.
R. K.
155 lg.
39 lg. 15 cm
can. de
K.
155 lg.
100,5 (in P. T.)
K.
can. de
2
155 R.
230
15 cm
can. de
K. i. S. L.
120 lg. 5
15 cm
14 cm
Vers. K.
95
-
—
248
26
-
248
26
—
12 10 cm K.
8
32
144
8
can. de
4,7 inch
04 (14)
100 T.B.
l. F. H.
can. de 120 c.
grins
202 4,5 inch how.
(11,75 cm)
(11,94 cm) 128
60 pdr.
(12,7 cm)
franz.
24 can. de
120 lg.8)
T. R.
20
(Rim.)
3
21 cm
38 cm
10
K.
Mrs. 2
can. de 155 c.
Mrs. 8 30,5 cm
(Schnei¬ der)
(in P. T.)
Mrs.
145
6
can. de 155 c.
71
177
3
9
32
140
15 cm
can. de
R. K.
155 lg. 7
6 s. 15 cm
can. de
K.
16 cm
12
24
s. 15 cm
russ.
can. de 19 cm
K.
(trucs)
6 mortiers de 270
28 cm
14.
1
can. de
92
s. F. H.
(in P. T.) 5 2 s. 15 cm
1 can. de
325
128
Mrs.
—
432
208
-
4
3
-
220
57
-
—
304
63
—
4
—
—
200
—
—
6
1 9,2 inch
Mrs.
gun
4
20 6 inch guns
(15,24 cm)
72
128
s. F.H.02 (13)
can. de 155 c.
20
104 6 inch how.
can. de
240 E. 12
(15,24 cm)
s. F. H. 24
russ. s. F. H.
21 cm
1 12 inch
Mrs.
gun
(30,48 cm)
can. de 24 cm
6
(23,37 cm)
can. de
240 T. R 8
8
russ. 20 cm
Haub.
(trucs)
Stand: 1. Juli^.
120 mm K.
8
Britische 4. Armee
2 13 cm K.
274 (trucs)
Stand: 25. Juli*).
150
8
26
60 4 40 de cpg. can. de 75®) s. 12 cm K. can. de 105 18 32 68 can. de 90 can. de belg. 12 cm K. de cpg. 120 lg. 71 12 can. de 95
A. L. G. P.),
18 pdr.
166
can. de
157
(Rohrrücklauf-) Geschütze
II. Beginn der Somme-
siehe
—
Anm. 4
Französische schwere und F. K. 96 n/A schwerste Geschütze — vom Kaliber 10cm1) auf¬
3
8
mortiers de 220
Mrs.
15 cm
33
Britisch
2 28 cm
1
63
Feind Franz.
Mrs.
can. de 155 c.
Vers. K. Summe
Dtsch. 124
2 can. de
(truc)
i. S. L.
14 cm
T. R.
Steilfeuer
Feind Franz. Britisch
can. de
6 can. de
100 mortiers de 220 24 mortiers de 270 5 mortiers de 293 7 obussiers de 370 8 obussiers de 400
64 8 inch how.
(20,32 cm) 116 9,2 inch how.
(23,37 cm) 11 12 inch how.
(30,48 cm) 6 15 inch how.
305 (trucs)
(38,1 cm)
16
22 mortiers
can. de 32 cm
de 220»)
(trucs) 2 can. de
340 (trucs) Summe
454
1655
62
300
144
210
Darunter Schnellfeuer-
348
1564
14
216
144
210
Rohrrücklauf-) Geschütze
zu II.
Anm.: *) Es sind entnommen: dem franz. amtl. Werk Bd. IV, 1. S. 211 ff.: die Zahlen zu 1.1.; Bd. X, 1. S. 115 Dem britischen amtl. Werk 1916, S. 300: die Zahlen zu II. — Flugabwehr- (Spezial-) Geschütze und Grabenartillerie
50 —
191
20 (siehe Anm. 4)
116
232
96
104 (siehe Anm. 4)
-
—
60
18
363
28
6
217
und Bd. IV, 2., Annexe» 2, S. 783 ff. (Annexe 1825): die Zahlen ZU I. 2.; Bd. X, 1. S. 389 und Bd. IV, 2. S. 213: die Zahlen
Steilfeue j l'ißt sich die Zahl der Schnellfeuer- (Rohrrücklauf-) Geschütze mangels Angabe des Modells nicht überall mit
(deutsche Minenwerfer) sind nicht mitgerechnet. — Bei den can. de 155 lg. (long = Flachfeuer) und can. de 155 c. (court = Sicherheit feststellen. — Es bedeuten: „E" --- Bocklafette; „P. T." = Panzerturm; „T. R." = Schnellfeuergeschütz; „truc" ----
Eisenbahngeschütz. — -) Der beträchtliche Ausfall an Geschützen seit dem 25. Juni 1916 ist nicht berücksichtigt, da der Umfang
des Ersatzes nicht festzustellen ist. — 3) Französische, an der britischen Front eingesetzte Batterienl(ean. de 75 mm mit Gasmunition).
Anlage 2.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918» Zehnter Band.
Zum Angriff auf Verdun.
Verzeichnis der vom J2.Februar bis zum 2$. August auf
demAampffeldevonAvocourtbiszuden^otes ^orraines (südöstlich von Verdun) eingesetzten
Generalkommandos nnö Divisionen,
ihrer Ablösungen, Verschiebungen und Verluste.
Die mit *) versehenen Divisionen hatten vier, die übrigen drei
Infanterie-Regimenter. Die Verlust angaben sind den Zusammenstellungen der O. H. L. entnommen. Die Angaben in den Akten der Divisionen und Truppenteile weichen davon zum Teil erheblich ab. Für das
Westufer sind die Verluste nur bis zum 20. Juni angegeben.
3
Nr.
bisher (Armee)
Verband
zur
(Armee)
eingesetzt
löst ab
im Abschnitt
Infanterie eingesetzt
Verluste
Offiz.—Mannsch.
abgelöst von
nach
weitere
Ablösung
Verwendung (Armee)
um
1. Ostufer (Westufer s. Nr. 53 fs.) 1. 2.
Gen. Kdo. VII. Res. K. (Gen. d. Inf. von Zwehl) 77. Fns. Brig. (Genmaj. von Dewitz) von V. Res. K.
Heeresres.
5.
übernimmt
dauernd eingesetzt
Teilab¬ Abschnitt A
schnitt d.V. Ref. K. Stelkmgstruppe seit Herbst 1914 bei 5.'Armee
bis 11. 3.
bis 11.3.
— C6te de Talou,
beiVII.R.K., v.14.3.
42—1612;
v.14.3. ab um Fort
wieder im V.R.K.
die weiteren Verluste
aufgegangen
vor Verdun sind in
Wald vonConsenvoye
Vaux
Teilen 14.Res.Div.
denen der 10. u. 9.Res.
Div. mitenthalten 3.
14. Res. Div. (Genlt. Loeb)
Heeresres.
5.
Teile 77. Inf. Brig. Haumont-Wald und 10. Res. Div., 21. Inf. Div.
4.
13. Res. Div. (Gen. d. Kav. von Kühne)
-
5.
Teile 10. Res. Div.
Pfesser-Rücken Haumont-Wald—
25. Ins. Div.
v. 7. 3. ab Pfeffer-
7. 2.-23. 2.
116—5482 ab 23.2.
dauernd eingesetzt 77. Inf. Vrig.
7. 2.— 6. 3.
141—5929
Cote de Talou, ab 7.3.
dauernd eingesetzt
Rücken—AlbainWald 5.
5.
Gen. Kdo. XVIII. A. K. (Gen. d.
Inf. von Schenck)
Gen. Kdo. X. Res. K. Charency
übernimmt Teilab¬ Abschnitt B schnitt V. Res. K.
(Res. der 5. Armee)
Verdun
(5. Armee) ab 12.4.
(f. Nr. 26) 6.
21. Fns. Div. (Genlt. von Oven)
.
5.
Teile 10. Res. Div.
Caures-Wald—
12. 2.-28. 2.
Pfeffer-Rücken—
14. Res. Div.
Beaumont— Caures-
25. Inf. Div.
östl. Longuyon,
171—5964
Albain-Wald
2.3.-11.3.
Wald
Res. d. 5. Armee 7.
25. Inf. Div. (Genlt. Kühne)
5.
Teile 10. Res. Div.
Caures-Wald— Albain-Wald—
11.2.— 8. 3.
Beaumont— CauresWald
19. Res. Div.
östl.
132—4827
Rücken westl. Dorf Douaumont
13. Res. Div.
11.3.—21.3.
Longuyon,
8.
Gen. Kdo. III. A. K. (Gen. d. Inf. von Lochow)
5.
übernimmt Teilab¬ Abschnitt C schnitt V. Res. K.
Verdun
(5. Armee) ab 8.4.
(s. Nr. 27)
Verdun
(5. Armee)
Res. d.
ab 12.4.
5. Armee
(s. Nr. 28)
Gen. Kdo. X. Res. K. Straßburg,
Heeresres.
Verdun
(5. Armee) ab 16.4.
(s. Nr. 30)
4
5
Verband
5. Ins. Div. (Genlt. Wichum)
bisher (Armee)
(Armee)
Heeresres.
5.
zur
eingesetzt
löst ab
im Abschnitt
Teile 10. Res. Div.
Wald von Ville—
Infanterie eingesetzt
10.2.—16. 3.
Verluste Offiz.—Mannsch. 121-5094
abgelöst von
um
113. Inf. Div.
Dorf Douaumont
6. Inf. Div.
5.
(Genlt. Herhudt von
Teile 10. Res. Div.
11.2.—Iß. 3.
143-5999
Stellungstruppe seit Herbst 1914 bei 5. Armee
von Gündell)
10. Res. Div. (Gen. d. Inf. von Bahrfeldt, v. 4.4. ab Genlt. Dallmer)
Stellungstruppe seit Herbst 1914
Ostufer von der Maas
v.12.2. ab zwischen Abschnitt C und D Von der Maas bis Bois des Hayes,
geteilt zw. Gen. Kdo. X. R. K. u.
bis Anfang April,
102—5239
Teile bis 15.5.
9.R.D., 50. Inf. Div.
Bois des Hayes—
Fort Vaux (Gen.
d. Ins.
von
Guretzky-Cornitz)
Stellungstruppe seit Herbst 1914
Tilla-Wald bis
bis 16.4.
98—4773
südöstl. Etain, später Epina Fme.
bei 5. Armee
5.
Teilab¬ Abschnitt D
Teile 9. Res. Div.
5.
Teile 9. Res. Div.
Baty-Wald— Morgemoulin, später FeuillaWald—östl. Eix Morgemoulin
(ausschl.)—Etain— Warcq;späternord-
50. Inf. Div.
Ober-Elsaß (Mülhausen), Heeresres.
Unter-Elsaß (Buchs¬
dauernd eingesetzt
schnitt V. Res. K.
30. Ins. Div. (Genmaj. von Gontard)
39. Inf. Div. (Genlt. von Berirab)
übernimmt
weiler, Heeresres.
Heeresres.
Fort Vaux
Heeresres.
(Mül-
weiler),
—Vaty-Wald—
Gen. Kd o. XV. A. K. (Gen. d. Inf. von Deimling)
ab 29. 4.
ab 21.2.
174-7474
dauernd eingesetzt
ab 21.2.
116-4982
dauernd eingesetzt
östl. Moulainville— > en Kdo. V. A. K. (Genlt. Eduard von Below)
Stellungstruppe seit Herbst 1914 bei A. A. Strantz
Chabotte-Wald Ost- u. Südostfront Verdun v.
Boinville—
Loclont-Wald; ab 8. 3. Wald v.
Manheulles— Fresnes— Combres-Höhe— Loclont-Wald
Verdun
(5. Armee) ab 27.4.
(s. Nr. 32)
Champagne (3. Armee) ab 15.6.
XV. A. K.
später Gremilly— 9. Res. Div.
(5. Armee)
Heeresres.
hausen), Heeresres. Korpsabschnitt aus¬ Rappolts-
bis südöstl. Etain,
bei 5. Armee
Verdun
gemünd, 59. (sächs.) Inf. Div. Ober-Elsaß u. Teilen 121.Inf. Div.
Caillette-Wald
Gen. Kdo. V. Res. K. (Gen. d. Inf.
Saar¬
weitere
Verwendung (Armee)
(s. Nr. 33)
Herbebois—-Fort Douaumont—
Rohden)
nach Ablösung
dauernd eingesetzt
Champagne
(3. Armee) ab 15.6.
Champagne (3. Armee) ab 15.6.
6
7
Verband
Nr.
18.
5. Landw. Du>.*) (Genlt. Auler)
bisher (Armee)
zur
(Armee)
Stellungzstruppe bei A. A Strantz
eingesetzt
löst ab
im Abschnitt
seit Herbst 1914
Befehlsübernahme
Infanterie eingesetzt
bis 31.7.
Boinville—Saulx en
Verluste Offiz.—Mannsch. 95—2439
weitere
nach Ab¬
abgelöst von
Verwendung (Armee)
lösung um
Truppen der
A. A. Strantz
Nachbarabschnitte
Wotzvre, später
Südfront,
Manheulles— Combres-Höhe
ab 3.8.
(ausseht.) 19.
bayer. Ers. Div.*) (Genlt. Ritter von Heeresres. Gras f 3. 3., ab 5. 3. Genlt. von
A. A.
Strantz
rechten Flügel
Braquis, ab 28. 2.
5. Landw. Div.
113. Inf. Div. (Genmaj. von Wiens-
ab 26.2.
147—5943
-
5.
5. Inf. Div.
11.3.
3. 3.—12. 4.
104—3072
dauernd ein gesetzt
Dorf Douaumont
25. Inf. Div.
G e n. K d o. X. Res. K. (Genlt. K o s ch)
Westuser
5.
(s. Nr. 59)
22.
23.
121. Ins. Div. (Genlt. Wagner)
58. (sächs.) Inf. Div. (Genlt. von
Heeresres.
-
5.
5.
Gen. Kdos. III. A. K. Dorf und Fort und Douaumont— Caillette-Wald XVIII. A. K. Albain-Wald
Teile 6. I. D. und Teile 10. N. D.
Südwesthang
6. Inf. Div.
Fort Douaumont—
Angriffsgruppe Ost (Gen. d. Inf. Argonnen
5.
behelfsmäßigem Stab) 19. Res. Dtt>.*) (Genlt. von Warten¬
übernimmt
16. 3.
—
—
Gen. Kdo. XVIII. N. K.
5. Armee
—
(rechter Flügel),
21.3.
11.3.
ab 15.7.
11.3.-20. 4.
96—5690
1. Inf. Div.
2. Armee,
Metz
ab 20.5.
Hardaumont— Dorf Vaux
Befehl Albain-Wald—
über X. N. K. u. V. N. K.
von Mudra vom XVI. A. K. mit
25.
ab 6.5.
Chauny
16. 3.
16. 3.— 8. 4.
61—2830
21. Inf. Div.
nördl. Rethel 3. Armee, ab 2.5.
Caillette-Wald
Gersdorfs) 24.
7. Armee,
la Före-
kowski) 21.
—
östl. Watronville—
Manheulles (ausschl.)
Kieshaber) 20.
26.2.
Heeresres.
5.
25. Inf. Div.
19. 3.
—
—
Gen. Kdo. III. A. K.
z. XVI. A. K.
—
zurück
nordöstl.FortVaux
Albain-Wald—Dorf
21.3.
20. 3.— 4. 7.
262—11880
25. Res. Div.
5. Armee
(Argonnen),
Douaumont
berg)
ab 5.7.
(ausschl.) 26.
Gen. Kdo. XVIII. A. K. (Gen. d. Armeeres. (s.Nr.5) Inf. von Schenck)
5.
2/3X. Res. K.
12. 4.
Dorf Douaumont— Fort Douaumont
(Leitung
—Caillette-Wald
von An-
—
—
Gen. Kdo. X. N. K.
Marchais
7. Armee, ab 17.5.
griffsvorbereitungen 27. 28. 29.
21. Inf. Div. (Genlt. von Oven)
25. Inf. Div. (Genlt. Kühne) 50. Inf. Div. (Genmaj. von Engel¬
brechten)
Armeeres. (s.Nr. 6) Armeeres. (s.Nr. 7) 3.
5.
58. Inf. Div.
Caillette-Wald—
v. 8. 4. ab) 8.4.
7. 4.-26. 4.
108—3559
6. Inf. Div.
Sissonne
11.4.-28. 4.
22—1210
5. Inf. Div.
Laon
ab 14.4.
225—10798
7. Armee,
Briten-Schlucht 5.
5.
ab 17. 5.
113. Inf. Div.
südlich Dorf und
12.4.
V. Res. K. (9. und
Fort Douaumont Dorf und FortVaux,
16.4.
Teile 10. Res. Div.)
Damloup
-
dauernd eingesetzt, verstärkt durch> Inf. Ngter. des XV. A. K.
>
i1
8
9
Verband
Nr.
30.
bisher (Armee)
Ost = Gen.
Heeresres,
Kdo. III. A. K. (Gen. d. Inf.
(s. Nr. 8)
Angriffsgruppe
zur
(Armee)
löst ab
eingesetzt im Abschnitt
Angriffsgruppe Ost, Albain-Wald—nordGen. d. Inf. von Mudra
von Lochow)
Befehls- Infanterie eingesetzt Übernahme 16.4.
Verluste Offiz—Mannsch.
abgelöst von
um
weitere
Verwendung (Armee)
dauernd eAngesetzt
—
—
nach Ablösung
östl. Fort Vaux, später F.W. Thiaumont—Fleury— Montagne - Rücken
31
32.
! Inf. Dtt>.*) (Genlt. von Conta)
6. Inf. Div. (Genlt. Herhudt von
Rhoden)
Heeresres Heeresres. (f.Nc.10)
18.4.-17.7.
222—10773
21. Res. Div.
bei und Nord¬
öst.-ung. Ost¬
west!. Briey
front ab 2.8.
Südwesthang Hardaumont, später Fumin
20.4.
21. Inf. Div.
Nordteil CailletteWald—Briten-
27.4.
26.4.-28. 5.
88— 3383
7. Res. Div.
Pierrepont
Champagne (3. Armee)
25. Inf. Div.
südl. Dorf und Fort
28.4.
27. 4.-25. 5.
97— 5015
2. bayer. Inf. Div.
Ham sur
Somme
121. Inf. Div.
ab 16. 6.
Schlucht 33.
5. Inf. Div. (Genlt. Wichura)
Heeresres.
5.
(s. Nr. 9)
Heure, Mörchingen, Va-
Douaumont
(1. Armee) ab 18. 7.
lenciennes 34.
G. Ers. Vrig. (Genlt. Dame, ab 2. 7. Oberst Delius; von G. Ers. Div.)
A. A.
Teile der 19. Ref.Div. der 19. Res. Div.; im
Strantz
—
Juli auch im Ab¬ schnitt der 2. bayer. Inf. Div.
10. 5.-30. 5. und 28. 6.— 5.7.
(10.5.-5. 7.:
—
—
am 23. 7. zur
G. Ers. Div.
81—3211; in den Verlusten der
zurück
19.Res.-u.2.bayer. Inf. Div. mitent¬
halten) 35. 36.
Gen. Kdo. I. bayer. A.K. (Gen. d. Ins. Ritter von Aylander)
6.
2. bayer. Inf. Div. (Genlt. von Hartz)
6.
5. 5.
übernimmt rechten West-Ost-SchluchtFort Douaumont Abschnitt X. Res.K. Fort Douaumont 5. Inf. Div.
24.5. 25.5.
—
23.5.-15. 6.
—
Kdo. d. Alpenkorps
192—9177
(15. 7.) Alpenkorps (15. 6.)
181—6462
4. Inf. Div. (15. 7.)
114—4814
103. Inf. Div.
—
A. A. Strantz
—
-
—
-
und (im Abschnitt der 1. bayer. Inf. Div.) 26. 6.—10.7.
(15.-25.6. Ruhe) 37.
1. bayer. Ins. Div. (Genlt. Albert Ritter von Schoch)
5.
linken Flügel der 19. Res. Div.
Albain-Rücken
25.5.
25. 5.-26. 6. und 11.7.-15.7.
(26. 6.-10.7.
Ruhe) 38.
7. Res. Div. (Gen. d. Ins. Graf von Heeresres.
6. Inf. Div.
Caillette-Wald
28.5.
28.5.-23.6.
Schwerin)
nordwestl. Briey
5. Armee
(rechter Flügel) ab 2. 7.
39.
Alpenkorps *) (Genlt. Krafft von Dell¬ mensingen; ab 15.7. i.V. Genmaj. Ritter von Tutschek)
2. bayer. Inf. Div.
Froide Terre-Rücken —Westrand Cail¬ lette-Wald
15.6.
6. 6.—19.7.
(Teile auch imAugust)
276—13130
6. bayer. Inf. Div.
Stenay—
5. Armee
Mouzon u.
(Argonnen)
Longuyon
ab 14. 8.
10
11
Nr.
40.
Verband
11. bayer. Inf. Vrig. (Genmaj. Frhr. von Tautphoeus; von 6. bayer. Inf.
bisher (Armee)
(Armee)
A. A.
5.
zur
löst ab
eingesetzt im Abschnitt
Befehls- Infanterie eingesetzt Übernahme
des I. bayer. A. K.
22. 6.-10.7.
Strantz
VW.)
Verluste Offiz.—Mannsch.
abgelöst von
nach Ablösung um
(22. 6.—10. 7.: 67—2851; in den Verlustend. Alpenkorps sowie der l.u. 2. bayer. Inf. Div.
weitere
Verwendung (Armee) am 19. 7. zur
6. bayer. Inf. Div.
zurück
mitenthalten) 41. 42.
43.
103. Inf. Div. (Genlt. von Estorff) 25. Res. Div. (Genmaj. von Mohn) Kommando des Alpenkorps (Genlt. Krafft von Dellmen¬
3.
5.
Argonnen
5.
5.
5.
7. Res. Div. 19. Res. Div. Gen. Kdo. I. bayer. A. K.
Chapitre-Wald
23.6.
23. 6.-23. 7.
110—4379
Thiaumont-Rücken
4.7. 15.7.
ab 1.7.
61—2150
15.7.
9. 7.— 5. 8.
Zwischenwerk Thiau^ mont—Fleury
—
—
G. Ers. Div.
—
A. A. Strantz
—
—
—
—
—
—
singen) 44.
4. Ins. Dtt>.*) (Genmaj. Freyer)
Armeeres.
5.
1. bayer. Ins. Div.
(s. Nr. 65) 45.
Gen. Kdo. XVIII.Res. K. (Gen. d. Inf. von Steuden)
46.
21. Res. Dtt>.*) (Genmaj. Briese) 6. bayer. Inf. Div.") (Genlt. Ritter
47.
werk Thiaumont 5.
Gen. Kdo. X.Res. K. Chapitre- u. FuminWald
-
5.
1. Inf.Div.
A. A.
5.
Alpenkorps
Fumin-Wald Fleury
136—5612
5. Armee
14. Inf. Div.
(Westufer)
(bis 10. 8.) 15.7.
__
—
17.7.
ab 16.7.
139—6437
19.7.
18.7.— 8.8.
127—5038
—
—
—
—
—
—
33. Inf. Div.
—
Strantz
von Höhn) 48.
Argonnen
beiderseits Zwischen¬
Garde-Ers. Div.*) (Genlt. von Larisch)
-
(rechter Flügel) 5.
103. Inf.Div.
Chapitre-Wald
23.7.
18.7.-20. 8.
84—3578
14. bayer. Inf. Div. Mouzon—
Stenay 49.
14. Ins. Div. (Genmaj. von Versen)
Westufer
5.
4. Inf. Div.
(s. Nr. 71) 50.
33. Inf. §>it>.*) (Genlt. Vollbrecht) Argonnen 51. 14. bayer. Inf.Div. (Genmaj. Rauchenneu berger) ausgestellt 52. 34. Inf. Div. (Genlt. Schmiedecke) Argonnen
5. Armee
beiderseits Zwischen¬
5.8.
29.7.-25. 8.
95—3230
34. Inf. Div.
—
werk Thiaumont 5. 5.
6. bayer. Inf. Div. G.Ers.Div.
Fleury Chapitre-Wald
5.
14. Inf. Div.
beiderseits Zwischen¬
A. A. Strantz ab 1. 9. 5. Armee
(Westufer) 9.8.
74—2595
20.8.
ab 19. 8.
26—1226
25.8.
ab 21.8.
26— 965
3.8.
ab
—
—
:
—
—
—
__
—
—
—
werk Thiaumont
2. Westufer (nur für die Großkampfzeit bis Mitte Juni) 53.
Gen. Kdo. VI. Res. K. (Gen. d. Ins. von Goßler)
Stellungstruppe bei 5. Armee seit 1914
Westliches Maasufer
Gen. Kdo. Res. K.
XXIV. Cambrai
Somme
(2. Armee) ab 2. 7.
54. 55.
2. Ldw. Dtt>.*) (Gen. d. Artl. Franke) 11. Res. Div. (Genlt. von Hertzberg)
-
-
-
Avocourt
-
-
-
Malancourt—Ter-
—
—
dauernd . bis 12. 5.
59—2440
181—5958
—
54. Inf. Div.
miten-Hügel
—
Cambrai
—
Somme
(2. Armee) ab 3. 7.
56.
12.*) (Genmaj. von Runckel) 44. Res. Dtt>.*) (Genmaj. von Wich-
Balkan (A. O. K.
11) Heeresres.
5.
Haucourt—Wald von Avocourt
27.3.
5.
Westliches Maasufer
30.3.
5.
Höhe 304—Toter
ab 24. 3.
—
3.4.
71—4547
—
__
—
—
—
—
—
—
Gen. Kdo. VII. A. K. Sedan
Mann 5.
Toter Mann
5.
Toter Mann
mann)
13.4.
7. 4.-26. 5.
27.4. und 21.5.
17. 4.— 9. 6.
29.4.
26.4.-19. 5.
95—5902
44. Res. Div. u.
Mejtetes
113—5654
56. Inf. Div. 13. Inf. Div.
Sedan
Osten (Luck) Osten (Luck) Somme
(2. Armee) ab 2. 7.
4. Ins. Dtt>.*) (Genmaj. Freyer)
5.
12. Res. Div.
Höhe 304
103—4035
38. Ins. Div.
Carignan— Mouzon
5. Armee
(Ostuser) ab 9. 7.
(s. Nr. 44) 54. Inf. Div. (Genmaj. Oskar Frhr.
5.
11. bayer. Inf. Div. Höhe 304
12.5.
ab 11.5.
86—3722
ab 13.5.
79—3380
38. Inf. Div. (Genmaj. Schultheis)
5.
5.
Höhe 304 Gen. Kdo. VI. Res.K. Höhe 304
15.5.
Gen. Kdo. XXIV. Res. K. (Gen. d. Inf. von Gerok)
56. Ins. Div. (Genmaj. von Altrock)
5.
43. und 44. Res. Div. Toter Mann
31.5.
13. Inf. Div. (Genlt. von dem Borne)
5.
44. Res. Div. und
Toter Mann
9.6.
5.
Teile 22. Res. Div. Cumwres 22. Res. Div.
von Franxois)
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
und 11. Res. Div.
von Watter)
14. Inf. Div. (Genmaj. von Versen) Gen. Kdo. VII. A. K. (Gen. d. Ins.
—
5.
4. Ins. Div.
Gen. Kdo. XXII. Res. K.
Toter MannCumiöres
13.5.
14.6. 15.6.
—
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11— 447
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ab 12.6.
1— 162
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Alle Rechte vorbehalten • Nachdruck und Vervielfältigung verboten.
Verlegt bei E. S. Mittler S. Sohn, Berlin.
Druck von Dietrich Reimer (Andrews & Steiner) Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zehnter Band. ChaTmois
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n.I}' Troyon Alle Rechte vorbehalten • Nachdruck und Vervielfältigung verboten.
Verlegt bei E. S. Mittler 6. Sohn, Berlin.
Deutsche Linie und Truppen am 27. Februar7976wrBeginn desAngriffs, v
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72.
französische lAerteidigungsh'nien,; nur teilweise ausgebaut.
Truppengegenüber dem deutschen Angriffam27. Februar7976.
Entwurf und Zeichnung in der Forschungsanstalt für Kriegs« und Heeresgeschichte. Druck von Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner) Berlin.
Die Front gegen Frankreich. Stand am 1. Juli 1916 morgens.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zehnter Band.
Karte 4.
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Alle Rechte vorbehalten • Nachdruck und Vervielfältigung verboten.
Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Druck von Dietrich Reimer (Andrews & Steiner) Berlin.
Somme. Die Lage am l.Juli 1916
Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zehnter Band.
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Die vom Gegner am l.Ju/i erreichte Linie. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Zwischenste//ung
2. Stef/ung
3. Stellung
Entwurf und Zeichnung in der Forschungsanstalt für Kriegs" und Heeresgeschichte. Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner) Berlin.
Die Front gegen Rußland Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zehnter Band.
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Karte 6»
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Entyprf und Zeichnung in der Forschungsanstalt für Kriegs« und Heeresgeschichte. Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner) Berlin.
Die Brussilows Offensive Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zehnter Band.
15. Juni 1916.
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Karte 7.
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Austausch und
Lage am 4-Juni 1976
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