Die Marketing-Gleichung: Einführung in das wertorientierte Marketingmanagement 9783486714708

Der Stellenwert des klassischen Marketings für den Unternehmenserfolg ist in den letzten Jahren spürbar zurückgegangen.

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German Pages 375 Year 2012

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Die Marketing-Gleichung: Einführung in das wertorientierte Marketingmanagement
 9783486714708

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Die Marketing-Gleichung Einführung in das wertorientierte Marketingmanagement von

Prof. Dr. Dirk Lippold

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Anne Lennartz Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik & Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-71331-2 eISBN 978-3-486-71470-8

If you can do it, teach it. If you can teach it, write about it.

Vorwort Das Marketing in seiner klassischen Ausprägung hat fraglos in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren. Vorrangig ist aber nicht so sehr ein etwaiger Bedeutungsverlust der Marketing-Philosophie an sich, angesprochen sind vielmehr der Stellenwert des Marketingmanagements im Unternehmen und seine Einordnung in die Unternehmensprozesse. Viele marktstrategische Themen gehen heute am institutionalisierten Marketing vorbei. Speziell eingesetzte Stabsabteilungen, Strategieberater, Inhouse Consultants oder Taskforces haben vielfach die Federführung bei marktstrategischen Projekten übernommen. Sicher, Marketing ist viel zu wichtig, um es einer einzelnen Person oder einer Abteilung zu überlassen. Trotzdem sollte das Marketing die kundenorientierten Zügel in der Hand behalten und in die Unternehmenshierarchie entsprechend eingeordnet sein. Stattdessen haben Unternehmen damit begonnen, Marketingvorstandsbereiche aufzulösen und an verschiedenen Stellen dezentral anzusiedeln. Das Vorgehensmodell der Marketing-Gleichung mit seiner prozessorientierten Sicht auf die einzelnen Aktionsfelder des Marketings wurde in der Software-, Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche entwickelt, erprobt und auf verschiedene andere Branchen übertragen. Zusätzlich inspiriert haben mich die vielen fruchtbaren und motivierenden Diskussionen in den Bachelor-Studiengängen Betriebswirtschaft (Business Administration), Kommunikationsmanagement und Wirtschaftspsychologie an der SRH Hochschule Berlin sowie in den Vorlesungen „Consulting und Change Management“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Marketing-Gleichung, die sich an der Wertschöpfungskette und den Werttreibern des Marketings orientiert, wendet sich an Studierende, die den Bachelor-Abschluss anstreben. Sie soll eine Grundlage für eine praxisnahe Ausbildung im Bereich des Marketingmanagements bilden. Das Lehrbuch liefert aber auch wertvolle Impulse für all jene, die im Marketing Verantwortung tragen. Mein Dank gilt allen, die mich bei diesem Vorhaben unterstützt und zur Veröffentlichung der Marketing-Gleichung ermuntert haben. Besonders bedanken möchte ich mich bei meiner Frau Petra, die mir auch diesmal den zeitlichen Freiraum im Wettbewerb zu gemeinsamen Unternehmungen gewährt hat. Berlin, im Oktober 2011

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................................................................................. VII Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. IX Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... XV Insertverzeichnis................................................................................................................. XXI

1. MARKETINGKONZEPTION .......................................................................................... 1 1.1 Einleitung .................................................................................................................... 3 1.1.1 Motivation .......................................................................................................... 3 1.1.2 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement .................................... 5 1.1.3 Begriffliche Perspektiven ................................................................................... 6 1.1.4 Entwicklungslinien des Marketings.................................................................... 9 1.1.5 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements ........................ 11 1.2 Einführung in die Marketingplanung ......................................................................... 14 1.2.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess ................................................................ 14 1.2.2 Analyse ............................................................................................................. 16 1.2.3 Analyse-Methoden............................................................................................ 20 1.2.4 Ziele .................................................................................................................. 24 1.2.5 Strategien und Maßnahmen-Mix ...................................................................... 28 1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung .................................................................... 30 1.3.1 Die Marketing-Wertschöpfungskette ............................................................... 30 1.3.2 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung ............................................. 31 1.3.3 Perspektiven des Marketings ............................................................................ 33 1.3.4 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung .................................................... 36 1.3.5 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs .................................. 38 Kontroll- und Vertiefungsfragen ....................................................................................... 41

X

Inhaltsverzeichnis

2. SEGMENTIERUNG ....................................................................................................... 43 2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung ........................................................................ 45 2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich ................................................................................. 48 2.2.1 Kaufverhalten als Modell ................................................................................. 48 2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens ................................................................ 49 2.2.3 Der Kaufentscheidungsprozess......................................................................... 53 2.3 Kaufverhalten im B2B-Bereich ................................................................................. 56 2.3.1 Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen ......................... 56 2.3.2 Das Buying Center und seine Akteure ............................................................. 57 2.3.3 Der organisationale Kaufprozess ...................................................................... 59 2.4 Segmentierung im B2C-Bereich ................................................................................ 63 2.4.1 Segmentierungskriterien ................................................................................... 63 2.4.2 Segmentierungsbeispiele .................................................................................. 67 2.5 Segmentierung im B2B-Bereich ................................................................................ 69 2.5.1 Segmentierungsansätze ..................................................................................... 69 2.5.2 Makrosegmentierung ........................................................................................ 70 2.5.3 Mikrosegmentierung ......................................................................................... 75 2.5.4 Segmentbewertung ........................................................................................... 77 2.6 Auswahl der Marktsegmente ..................................................................................... 80 2.6.1 Geschäftsfeldplanung ....................................................................................... 80 2.6.2 Segmentierungsstrategien ................................................................................. 81 2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung ................................................... 85 2.7.1 Grundlagen und Prozess ................................................................................... 85 2.7.2 Datenquellen ..................................................................................................... 87 2.7.3 Erhebungsmethoden ......................................................................................... 88 2.7.4 Auswahlverfahren ............................................................................................. 98 2.7.5 Analysemethoden ........................................................................................... 101 2.8 Optimierung des Kundennutzens ............................................................................. 107 2.8.1 Aktionsparameter............................................................................................ 107 2.8.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 107 2.8.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 108 2.8.4 Werttreiber ...................................................................................................... 108 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 110

Inhaltsverzeichnis

XI

3. POSITIONIERUNG ...................................................................................................... 111 3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung ....................................................................... 113 3.2 Das Produkt als Positionierungselement .................................................................. 115 3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung ......................................... 115 3.2.2 Innovationsprozess ......................................................................................... 119 3.2.3 Markteintritt .................................................................................................... 125 3.2.4 Erfahrungskurve ............................................................................................. 128 3.2.5 Produktlebenszyklus ....................................................................................... 129 3.2.6 Produktportfolio.............................................................................................. 130 3.2.7 Produkt-Markt-Matrix .................................................................................... 134 3.2.8 Markenmanagement ....................................................................................... 138 3.3 Der Preis als Positionierungselement ....................................................................... 145 3.3.1 Preistheoretische Grundlagen ......................................................................... 145 3.3.2 Preisfindung .................................................................................................... 148 3.3.3 Preispositionierungsstrategien ........................................................................ 152 3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien ...................................................................... 154 3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb ............................................................... 158 3.5 Optimierung des Kundenvorteils ............................................................................. 161 3.5.1 Aktionsparameter............................................................................................ 161 3.5.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 161 3.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 162 3.5.4 Werttreiber ...................................................................................................... 163 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 165 4. KOMMUNIKATION ...................................................................................................... 167 4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation .................................................................... 169 4.2 Kommunikationsgrundlagen .................................................................................... 171 4.2.1 Kommunikationsmodell ................................................................................. 171 4.2.2 Kommunikationskonzept ................................................................................ 175 4.3 Kommunikationsinstrumente ................................................................................... 177 4.3.1 (Klassische) Werbung..................................................................................... 177 4.3.2 Online-Werbung ............................................................................................. 191 4.3.3 Direktmarketing und Verkaufsförderung ....................................................... 198 4.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring ............................................................. 202

XII

Inhaltsverzeichnis

4.3.5 Product Placement und Product Publicity ...................................................... 205 4.3.6 Messen und Ausstellungen ............................................................................. 206 4.4 Kommunikationsmedien .......................................................................................... 208 4.4.1 Printmedien ..................................................................................................... 209 4.4.2 Klassische elektronische Medien.................................................................... 210 4.4.3 Online-Medien ................................................................................................ 212 4.4.4 Außenwerbung................................................................................................ 213 4.5 Optimierung der Kundenwahrnehmung ................................................................... 215 4.5.1 Aktionsparameter............................................................................................ 215 4.5.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 215 4.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 216 4.5.4 Werttreiber ...................................................................................................... 217 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 219 5. DISTRIBUTION ............................................................................................................ 221 5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution ........................................................................... 223 5.2 Grundlagen des Distributionssystems ...................................................................... 225 5.3 Distribution im B2C-Bereich ................................................................................... 230 5.3.1 Distributionskanäle ......................................................................................... 230 5.3.2 Entwicklungstendenzen im Einzelhandel ....................................................... 232 5.3.3 Distributionsstrategien .................................................................................... 235 5.4 Distribution im B2B-Bereich ................................................................................... 237 5.4.1 Direkter Vertrieb............................................................................................. 237 5.4.2 Indirekter Vertrieb .......................................................................................... 237 5.5 Distributionslogistik ................................................................................................. 241 5.5.1 Grundlagen der Distributionslogistik ............................................................. 241 5.5.2 Lagerhaltung ................................................................................................... 241 5.5.3 Lagerstandorte ................................................................................................ 242 5.5.4 Transport ......................................................................................................... 243 5.6 Optimierung der Kundennähe .................................................................................. 244 5.6.1 Aktionsparameter............................................................................................ 244 5.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 244 5.6.3 Werttreiber ...................................................................................................... 245 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 247

Inhaltsverzeichnis

XIII

6. AKQUISITION............................................................................................................... 249 6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition ........................................................................... 251 6.2 Grundlagen der Akquisition ..................................................................................... 253 6.2.1 Akquisitionsbegriffe ....................................................................................... 253 6.2.2 Vertriebliche Qualifikationen ......................................................................... 255 6.2.3 Akquisitionszyklus ......................................................................................... 256 6.2.4 Akquisitionscontrolling .................................................................................. 258 6.3 Das Akquisitionsgespräch ........................................................................................ 261 6.3.1 Grundlagen ..................................................................................................... 261 6.3.2 Gesprächsvorbereitung ................................................................................... 263 6.3.3 Gesprächseröffnung ........................................................................................ 263 6.3.4 Bedarfsanalyse ................................................................................................ 264 6.3.5 Nutzenargumentation...................................................................................... 265 6.3.6 Einwandbehandlung ....................................................................................... 265 6.3.7 Gesprächsabschluss ........................................................................................ 266 6.4 Optimierung der Kundenakzeptanz ......................................................................... 268 6.4.1 Aktionsparameter............................................................................................ 268 6.4.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 268 6.4.3 Werttreiber ...................................................................................................... 269 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 271 7. BETREUUNG ............................................................................................................... 274 7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung .............................................................................. 275 7.2 Das akquisitorische Potenzial im Kundenstamm ..................................................... 276 7.2.1 Kundenbeziehung als Unternehmenswert ...................................................... 276 7.2.2 Kundenwert .................................................................................................... 276 7.2.3 Kundenlebenszyklus ....................................................................................... 277 7.3 Customer Relationship Management ....................................................................... 280 7.4 Kundenbindung ........................................................................................................ 283 7.4.1 Kundenbindungsprogramme im B2C-Bereich ............................................... 283 7.4.2 Kundenbindungsprogramme im B2B-Bereich ............................................... 285 7.5 Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich ............................................................... 287 7.5.1 Benutzergruppen ............................................................................................. 287 7.5.2 Benutzertreffen ............................................................................................... 288

XIV

Inhaltsverzeichnis

7.5.3 Referenzbesuche ............................................................................................. 289 7.5.4 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente .................................... 290 7.6 Optimierung der Kundenzufriedenheit .................................................................... 292 7.6.1 Aktionsparameter............................................................................................ 292 7.6.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung ..................................................... 292 7.6.3 Werttreiber ...................................................................................................... 293 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 295 8. MARKETINGORGANISATION ................................................................................. 297 8.1 Organisatorische Grundlagen ................................................................................... 299 8.1.1 Einführung ...................................................................................................... 299 8.1.2 Aufbauorganisation ........................................................................................ 301 8.1.3 Ablauforganisation ......................................................................................... 306 8.1.4 Prozessorganisation ........................................................................................ 307 8.1.5 Business Process Reengineering .................................................................... 308 8.2 Organisation des Marketingbereichs ........................................................................ 313 8.2.1 Einführung ...................................................................................................... 313 8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie .............. 313 8.2.3 Produktmanagement ....................................................................................... 315 8.2.4 Organisationsformen des Marketingbereichs ................................................. 316 8.3 Weiterführende Organisationsansätze...................................................................... 322 8.3.1 Shared Service Center .................................................................................... 322 8.3.2 Auslagerung von Organisationseinheiten ....................................................... 324 8.3.3 Change Management ...................................................................................... 327 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 332

Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 333 Sachwortverzeichnis............................................................................................................. 341

Abbildungsverzeichnis Abb. 1-01: Abb. 1-02: Abb. 1-03: Abb. 1-04: Abb. 1-05: Abb. 1-06: Abb. 1-07: Abb. 1-08: Abb. 1-09: Abb. 1-10: Abb. 1-11: Abb. 1-12: Abb. 1-13: Abb. 1-14: Abb. 1-15: Abb. 1-16: Abb. 1-17: Abb. 1-18: Abb. 1-19: Abb. 1-20: Abb. 1-21: Abb. 1-22: Abb. 1-23: Abb. 1-24: Abb. 1-25: Abb. 1-26: Abb. 1-27: Abb. 1-28: Abb. 2-01: Abb. 2-02: Abb. 2-03: Abb. 2-04: Abb. 2-05: Abb. 2-06: Abb. 2-07: Abb. 2-08: Abb. 2-09:

Marketing-Ausrichtungen ....................................................................................... 7 Abgrenzung B2C- und B2B-Marketing .................................................................. 8 Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu B2C und B2B.................................. 9 Entwicklungsstufen des Marketings ...................................................................... 11 Zum Rollenverständnis der Marketing-Funktion ...................................................... 12 Aufgaben- und Verantwortungsspektrum des Marketingmanagements ............... 13 Beziehungen zwischen Umwelt- und Unternehmensanalyse sowie Marketingund Unternehmensplanung .................................................................................... 14 Bezugsrahmen einer Marketingplanung ................................................................ 15 Einflussfaktoren auf das Marketing ...................................................................... 16 Vier Megatrends im sozio-kulturellem Umfeld .................................................... 17 Das Grundmodell der SWOT-Analyse.................................................................. 21 Benchmarking-Grundtypen ................................................................................... 22 Das Five-Forces-Modell von PORTER ................................................................... 23 Marketingziele und Geltungsbereiche ................................................................... 25 Die Zielpyramide des Unternehmens .................................................................... 26 Die CI-Komponenten ............................................................................................ 27 Fragen zu Mission und Vision............................................................................... 28 Einordnung der Marketing-Gleichung in das Schichtenmodell der Unternehmenskonzeption ...................................................................................... 29 Wertschöpfungskette für Industriebetriebe nach PORTER ..................................... 30 Prozesshierarchie der Marketing-Wertschöpfungskette ........................................ 31 Die Marketing-„Waage“........................................................................................ 32 Die Marketing-Gleichung im Überblick ............................................................... 33 Perspektiven des Marketings ................................................................................. 35 Anteile strategischer und taktischer Komponenten bei den Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung ............................................................................................ 36 Zuordnung der Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu den Konzeptionsebenen der Marketingstrategien und des Marketing-Mix ................. 37 Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marketing ............................................... 37 Bedeutung der Marketing-Aktionsfelder für das B2C- bzw. B2B-Marketing ...... 38 Grundlegende Struktur des Lehrbuchs .................................................................. 40 -------------------Aufgabenspektrum der Marktsegmentierung ........................................................ 46 Segmentierungsarten ............................................................................................ 47 S-O-R-Modell des Kaufverhaltens ........................................................................ 48 Wichtige Einflussquellen des Kaufverhaltens ....................................................... 49 Psychologische Konstrukte und wichtige Ausprägungen ..................................... 51 Die Bedürfnispyramide von Maslow und beispielhafte Bedürfnisse .................... 52 Phasen des Kaufentscheidungsprozesses .............................................................. 53 Charakteristika des organisationalen Kaufverhaltens ........................................... 56 Beziehungen und Funktionen von Macht-, Prozess- und Fachpromotoren .......... 59

XVI

Abb. 2-10: Abb. 2-11: Abb. 2-12: Abb. 2-13: Abb. 2-14: Abb. 2-15: Abb. 2-16: Abb. 2-17: Abb. 2-18: Abb. 2-19: Abb. 2-20: Abb. 2-21: Abb. 2-22: Abb. 2-23: Abb. 2-24: Abb. 2-25: Abb. 2-26: Abb. 2-27: Abb. 2-28: Abb. 2-29: Abb. 2-30: Abb. 2-31: Abb. 2-32: Abb. 2-33: Abb. 2-34: Abb. 2-35: Abb. 2-36: Abb. 2-37: Abb. 2-38: Abb. 2-39: Abb. 2-40: Abb. 2-41: Abb. 2-42: Abb. 2-43: Abb. 2-44: Abb. 3-01: Abb. 3-02: Abb. 3-03: Abb. 3-04: Abb. 3-05: Abb. 3-06: Abb. 3-07: Abb. 3-08:

Abbildungsverzeichnis

Phasen des organisationalen Kaufprozesses.......................................................... 60 Der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen der DAIMLER AG.......................... 62 Segmentierungskriterien ........................................................................................ 63 Beurteilung der Segmentierungskriterien im Konsumgüterbereich ...................... 66 Segmentierung des Automobilmarktes ................................................................. 67 Segmentierung des Feinseifenmarktes .................................................................. 68 Beispiel für einen Segmentierungsbaum ............................................................... 71 Segmentierung der Fertigungsindustrie................................................................. 72 Segmentierungsansatz für den Mittelstand............................................................ 73 Mehrdimensionale Segmentierung im B2B-Bereich ............................................ 75 Segmentbezogene Zielgrößen einer quantitativen Nachfragebeurteilung............. 77 Das Konzept der mehrstufigen Segmentierung im B2B-Bereich ......................... 79 Stufen der Geschäftsfeldplanung........................................................................... 80 Idealtypische Marktbearbeitungsmuster................................................................ 82 Segmentspezifische Marktbearbeitungsstrategien ................................................ 83 Der Strategietrend im Marketing ........................................................................... 84 Der Marktforschungsprozess ................................................................................. 85 Wichtige Beobachtungsvarianten .......................................................................... 88 Beobachtungsvarianten nach der Durchschaubarkeit der Versuchssituation ........ 90 Strategische und taktische Elemente einer Befragung .......................................... 91 Vor- und Nachteile quantitativer Befragungsformen ............................................ 92 Beispiel eines Konzepttests ................................................................................... 94 Beispiel eines Produkttests als Blindtest ............................................................... 95 Beurteilungskriterien für Storetest, Markttest und Testmarktersatzverfahren ...... 96 Arten von Panels ................................................................................................... 97 Methodische Probleme bei Panelerhebungen........................................................ 98 Wichtige auswahltechnische Grundbegriffe ......................................................... 99 Verfahren der Stichprobenauswahl ..................................................................... 101 Wichtige statistische Verfahren der Datenauswertung ....................................... 102 Lage- und Streuungsparameter ............................................................................ 102 Beispiel für eine lineare Einfachregression ......................................................... 103 Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse ................................................... 104 Beispiele für Verteilungen zweier Variablen ...................................................... 105 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Segmentierung“ ......................................... 108 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Segmentierung“ ................................. 109 -------------------Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt ............................................. 116 Differenzierungsmöglichkeiten im Industriegüterbereich................................... 117 Kaufentscheidende Differenzierungsmerkmale für ERP-Software .................... 117 Beispiel eines zweidimensionalen Positionierungsmodells ................................ 118 Beispiel für ein Positionierungsmodell mit fünf Dimensionen ........................... 119 Innovationstypen ................................................................................................. 120 Ideengewinnung und Ideenprüfung im Rahmen des Innovationsprozesses ........ 121 Konzeptentwicklung und Entwicklung der vorläufigen Marketingstrategie ...... 123

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3-09: Abb. 3-10: Abb. 3-11: Abb. 3-12: Abb. 3-13: Abb. 3-14: Abb. 3-15: Abb. 3-16: Abb. 3-17: Abb. 3-18: Abb. 3-19: Abb. 3-20: Abb. 3-21: Abb. 3-22: Abb. 3-23: Abb. 3-24: Abb. 3-25: Abb. 3-26: Abb. 3-27: Abb. 3-28: Abb. 3-29: Abb. 3-30: Abb. 3-31: Abb. 3-32: Abb. 3-33: Abb. 3-34: Abb. 3-35: Abb. 3-36: Abb. 3-37: Abb. 3-38: Abb. 3-39: Abb. 3-40: Abb. 3-41: Abb. 3-42: Abb. 3-43: Abb. 3-44: Abb. 3-45: Abb. 3-46: Abb. 3-47: Abb. 3-48: Abb. 3-49:

XVII

Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung .......................................... 124 Markterprobung und Markteinführung ............................................................... 125 Typische Markteintrittsmuster ............................................................................ 126 Beispiele für Innovationsführer und Innovationsfolger in der ITK-Branche ...... 127 Umsatz- und Gewinnentwicklung APPLE 1981 bis 2010 .................................... 127 Kosten-Erfahrungskurve bei linear und logarithmisch eingeteilten Ordinaten ... 128 Der Produktlebenszyklus ..................................................................................... 129 Theoretische Grundlagen der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix ................ 131 Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen .................................. 132 Normstrategien und alternative Handlungsempfehlungen der klassischen BCG-Matrix......................................................................................................... 133 Die 9-Felder-Matrix von MCKINSEY................................................................... 134 Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF ................................................................... 135 Grundlagen der Marktdurchdringungsstrategie................................................... 135 Grundlagen der Marktentwicklungsstrategie ...................................................... 136 Grundlagen der Produktentwicklungsstrategie ................................................... 137 Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie ...................................................... 137 Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2011 ............................. 138 Markenstrategische Optionen im Überblick........................................................ 140 Grundlagen der Einzelmarkenstrategie ............................................................... 140 Grundlagen der Mehrmarkenstrategie ................................................................. 141 Grundlagen der Familienmarkenstrategie ........................................................... 142 Grundlagen der Dachmarkenstrategie ................................................................. 142 Grundlagen der Markentransferstrategie ............................................................. 143 Grundlagen der Co-Branding-Strategie............................................................... 143 Die Preis-Absatz-Funktion mit linearem Verlauf ............................................... 145 Preis-Absatz-Funktionen und Preiselastizität der Nachfrage .............................. 146 Doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion nach Gutenberg ................................ 147 Wichtige Angebotsstrukturen in der klassischen Preistheorie ............................ 148 Gewinn- und umsatzmaximaler Preis bei monopolistischer Angebotsstruktur .. 150 Gewinn-, Kosten- und Preissituation im Polypol auf vollkommenem Markt ..... 150 Methoden der Preisfindung ................................................................................. 151 Preisstrategien ..................................................................................................... 152 Preispositionierungsstrategien ............................................................................. 153 Ausschöpfung der Preisbereitschaft durch Preisdifferenzierung im Softwarebereich ................................................................................................... 154 Grundformen der Preisdifferenzierung ............................................................... 155 Idealtypische Verläufe von Preisdifferenzierungs- und Preispositionierungsstrategien ........................................................................................................... 156 Unterschiede zwischen Qualitäts- und Preiswettbewerb..................................... 159 Die „Stuck-in-the-Middle“-Position.................................................................... 159 Wettbewerbsstrategien nach PORTER .................................................................. 160 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Positionierung“ .......................................... 162 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Positionierung“ .................................. 164

XVIII

Abb. 4-01: Abb. 4-02: Abb. 4-03: Abb. 4-04: Abb. 4-05: Abb. 4-06: Abb. 4-07: Abb. 4-08: Abb. 4-09: Abb. 4-10: Abb. 4-11: Abb. 4-12: Abb. 4-13: Abb. 4-14: Abb. 4-15: Abb. 4-16: Abb. 4-17: Abb. 4-18: Abb. 4-19: Abb. 4-20: Abb. 4-21: Abb. 4-22: Abb. 4-23 Abb. 4-24: Abb. 4-25: Abb. 4-26: Abb. 4-27: Abb. 4-28: Abb. 4-28: Abb. 4-29: Abb. 4-30: Abb. 4-31: Abb. 4-32: Abb. 4-33: Abb. 5-01: Abb. 5-02: Abb. 5-03: Abb. 5-04: Abb. 5-05: Abb. 5-06: Abb. 5-07: Abb. 5-08:

Abbildungsverzeichnis

Schematische Darstellung des Kommunikationssystems.................................... 170 Die Kommunikation: Von der Struktur über die Inhalte zur Umsetzung ........... 171 Elemente eines Kommunikationsmodells ........................................................... 172 Dimensionen des Kommunikationskonzepts ...................................................... 176 Gegenstand, Träger, Adressaten und Ziele der Werbung ................................... 177 Das AIDA-Prinzip der Werbewirkung ................................................................ 179 Gestaltungsart, -form und -mittel von Werbebotschaften ................................... 180 Typische Inszenierungsformen von Werbebotschaften ...................................... 181 Wichtige Gestaltungsmittel von Werbebotschaften ............................................ 181 Struktur und Elemente einer Werbeanzeige ........................................................ 183 Gängige Schriften und ihre Merkmale ................................................................ 184 Schrift-Maße und typografisches Glossar ........................................................... 184 Erfolgreiche Slogans mit langer Lebensdauer..................................................... 187 Entwicklung der Slogans von MCDONALD’S und PERSIL ................................... 187 Verständnis englischsprachiger Slogans in Deutschland .................................... 188 Klassifikation von Produktnamen nach ihrem Benennungsmotiv ...................... 188 Internet hilft bei Kaufentscheidungen ................................................................. 191 Wichtige Online-Werbeformen ........................................................................... 192 Wirksamkeit einzelner Bannerelemente auf verschiedene Werbeziele .............. 196 Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung .................................................. 197 Erscheinungsformungen des Direktmarketing .................................................... 199 Wichtige Direktwerbemedien.............................................................................. 200 Wichtige Promotionsmaßnahmen ....................................................................... 201 Wichtige PR-Maßnahmen und ihre Zielgruppen ................................................ 203 Sponsoring-Bereiche und Sponsoring-Maßnahmen (Auswahl) .......................... 204 Messen im Kommunikations-Mix ....................................................................... 207 Kommunikationsmedien ..................................................................................... 208 Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland absolut und nach Anteilen 2010 .............................................................................................. 209 Printmedien im Überblick ................................................................................... 210 Merkmale der Medien Fernsehen, Hörfunk und Kino ........................................ 211 Marktanteilsverschiebungen zwischen Tageszeitungen und Online-Medien ..... 213 Prozessmodell des Aktionsfeldes „Kommunikation“ ......................................... 216 Ausgewählte Inputs und Outputs für das Aktionsfeld „Kommunikation“ .......... 217 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Kommunikation“ ............................... 218 -------------------Distributionsschwerpunkte im B2C- und B2B-Marketing .................................. 223 Gliederung des Aktionsfeldes „Distribution“...................................................... 224 Elemente eines Distributionssystems .................................................................. 225 Distributionsorgane im Überblick ....................................................................... 227 Typische Distributionskanäle .............................................................................. 227 Typische Distributionsformen ............................................................................. 228 Direkte und indirekte Vertriebsanteile in ausgewählten Branchen ..................... 229 Distributionskanäle im Buchhandel .................................................................... 231

Abbildungsverzeichnis

Abb. 5-09: Abb. 5-10: Abb. 5-11: Abb. 5-12: Abb. 5-13: Abb. 5-14: Abb. 5-15: Abb. 5-16: Abb. 5-17: Abb. 6-01: Abb. 6-02: Abb. 6-03: Abb. 6-04: Abb. 6-05: Abb. 6-06: Abb. 6-07: Abb. 6-08: Abb. 6-09: Abb. 6-10: Abb. 6-11: Abb. 6-12: Abb. 6-13: Abb. 6-14: Abb. 6-15: Abb. 6-16: Abb. 6-17: Abb. 7-01: Abb. 7-02: Abb. 7-03: Abb. 7-04: Abb. 7-05: Abb. 7-06: Abb. 7-07: Abb. 7-08: Abb. 7-09: Abb. 7-10: Abb. 8-01: Abb. 8-02: Abb. 8-03:

XIX

Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen................................................... 232 Entwicklung der Marktanteile der Betriebsformen von 1995 bis 2010 ............. 234 Entwicklung der Preissegmente im Einzelhandel von 1981 bis 2010................. 235 Push- und Pull-Strategie ...................................................................................... 236 Realisierungsstufen im übernationalen Marketing .............................................. 239 Vertikale Distributionsstrukturen ........................................................................ 242 Eignungsvergleich verschiedener Transportmittel .............................................. 243 Prozessmodell des Aktionsfeldes „Distribution“ ................................................ 245 Perspektiven des Aktionsfeldes „Distribution“ ................................................... 246 -------------------Persönlicher Verkauf durch den Hersteller ......................................................... 251 Gegenüberstellung von Buying Center und Selling Center ................................ 253 Wichtige Akquisitionsbegriffe ............................................................................ 254 Kompetenzen des Key Account Managers ......................................................... 255 Das Verkaufsgitter (GRID-System) .................................................................... 256 ABC-Analyse bestehender Kontakte (Beispiel) .................................................. 257 Beispiel eines Sales Cycle ................................................................................... 258 Tätigkeiten eines Vertriebsbeauftragten im High-Tech-Bereich ........................ 259 Vier Fragen zur Überprüfung der Ernsthaftigkeit eines Akquisitionskontaktes . 260 Gegenüberstellung von Anforderungsprofil und Leistungsprofil ....................... 261 Arten des Akquisitionsgesprächs ........................................................................ 262 Phasen des Akquisitionsgesprächs ...................................................................... 263 Die Gesprächsvorbereitung im Überblick ........................................................... 263 Die Bedarfsanalyse im Überblick........................................................................ 264 Gegenüberstellung von Character Selling und Benefit Selling ........................... 265 Prozessmodell des Aktionsfeldes „Akquisition“ ................................................. 269 Perspektiven des Aktionsfeldes „Akquisition“ ................................................... 270 -------------------Komponenten des Kundenwerts .......................................................................... 277 Ziele und Aufgaben des Kundenmanagements in den Phasen des Kundenlebenszyklus ............................................................................................ 279 CRM-Ziele........................................................................................................... 280 Einsatz von CRM-Analysetools .......................................................................... 281 Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix von B2C-Unternehmen............................... 284 Existenz von Kundenbindungsprogrammen in B2C-Unternehmen .................... 284 Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen ............................................ 285 Instrumente im Post-Sales-Geschäft ................................................................... 290 Prozessmodell für das Aktionsfeld „Betreuung“................................................. 292 Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Betreuung“ ........................................ 294 -------------------Die betrieblichen Grundfunktionen im Überblick............................................... 299 Zusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen ....................................................................................... 300 Heutige Relevanz der KOSIOL’schen Aufgabenanalyse ...................................... 301

XX

Abb. 8-04: Abb. 8-05: Abb. 8-06: Abb. 8-07: Abb. 8-08: Abb. 8-09: Abb. 8-10: Abb. 8-11: Abb. 8-12: Abb. 8-13: Abb. 8-14: Abb. 8-15: Abb. 8-16: Abb. 8-17: Abb. 8-18: Abb. 8-19: Abb. 8-20: Abb. 8-21: Abb. 8-22: Abb. 8-23: Abb. 8-24: Abb. 8-25: Abb. 8-26: Abb. 8-27: Abb. 8-28: Abb. 8-29:

Abbildungsverzeichnis

Aufgabenanalyse und -synthese .......................................................................... 302 Strukturtypen der betrieblichen Organisation ..................................................... 303 Beispiel für eine funktionale Organisation .......................................................... 304 Beispiel für eine objektorientierte Organisation ................................................. 304 Beispiel für eine Matrixorganisation ................................................................... 306 Der 90-Grad-Shift................................................................................................ 307 Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen mit Serienprodukten ..................... 309 Management-Ansätze (Auswahl) bei der Prozessgestaltung .............................. 310 Marktanteile im deutschen ERP-Markt 2008 ...................................................... 311 Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen ........... 312 Einordnung des Marketingbereichs in eine funktionale Organisation ................ 314 Einordnung des Personalsektors in eine objektorientierte Organisation ............. 314 Einordnung des Marketingsektors in eine Matrixorganisation ........................... 315 Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit relativ breitem Aufgabenspektrum .............................................................................................. 317 Aufgaben- und Kompetenzspektrum des Marketing-Service-Delivery-Modells 318 Aufgabenbereiche der drei Marketing-Organisationsmodule ............................. 320 Organisatorische Zuordnung der drei Organisationsmodule............................... 320 Konzept und Detaillierung des Shared Service Center ....................................... 322 Status quo und zukünftige Betrachtung von Shared Service Centern nach Prozessarten ......................................................................................................... 323 Vor- und Nachteile von On-, Near- und Offshore-Standorten ............................ 325 Begriffliche Abgrenzung zwischen On-, Near- und Offshoring sowie Outsourcing.. 325 Parameter für „Make-or-buy“-Entscheidungen bei Support-Funktionen ........... 327 Häufigste Gründe für Change Management ........................................................ 328 Zusammenhang von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft ............. 329 Komponenten der gewünschten Veränderung .................................................... 330 Ursachen fehlgeschlagener IT-Projekte .............................................................. 331

Insertverzeichnis Insert 1-01: „Digital verdrängt analog“ ................................................................................. 19 -------------------Insert 2-01: SINUS-Milieus ................................................................................................... 64 Insert 2-02: Der konsumwirtschaftlich Einzugsbereich der Stadt Wilhelmshaven ................ 65 Insert 2-03: Beispiele für das Blickregistrierungsverfahren ................................................... 89 -------------------Insert 4-01: Der MARLBORO-Cowboy als klassisches Schlüsselbild ................................... 182 Insert 4-02: Beispielhafter Einsatz von Prominenten in der Werbung ................................. 186 Insert 4-03: Werbung im B2B-Marketing ............................................................................ 189 Insert 4-04: Erzählungsorientiertes Werbemuster einer B2B-Anzeige ................................ 190 Insert 4-05: Beispiele für Standard-Bannerformate mit Pixel-Angabe ................................ 193 Insert 4-06: Beispiel für Suchmaschinen-Werbung und -Optimierung ................................ 195 Insert 4-07: Die Facebook-Seite der LUFTHANSA................................................................. 197 Insert 4-08: Die deutsche Biathlon-Damenstaffel als Beispiel für Sportsponsoring ............ 204 Insert 4-09: Beispiel für ein Product Placement von Audi in „I, Robot“ ............................ 205 Insert 4-10: Apps-Versionen von DER SPIEGEL, BILD und FAZ auf dem i-Phone ............... 212 Insert 4-11: Die Litfaßsäule und ein Riesenposter am Berliner Ernst-Reuter-Platz ............ 214 -------------------Insert 5-01: Zur Uniformität der Innenstädte ....................................................................... 235 -------------------Insert 8-01: Die Konzernstruktur 2003 der DEUTSCHEN TELEKOM ...................................... 305

1. MARKETINGKONZEPTION 1.1 Einleitung .................................................................................................................... 3 1.1.1 Motivation .......................................................................................................... 3 1.1.2 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement .................................... 5 1.1.3 Begriffliche Perspektiven ................................................................................... 6 1.1.4 Entwicklungslinien des Marketings.................................................................... 9 1.1.5 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements ........................ 11 1.2 Einführung in die Marketingplanung ......................................................................... 14 1.2.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess ................................................................ 14 1.2.2 Analyse ............................................................................................................. 16 1.2.3 Analyse-Methoden............................................................................................ 20 1.2.4 Ziele .................................................................................................................. 24 1.2.5 Strategien und Maßnahmen-Mix ...................................................................... 28 1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung .................................................................... 30 1.3.1 Die Marketing-Wertschöpfungskette ............................................................... 30 1.3.2 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung ............................................. 31 1.3.3 Perspektiven des Marketings ............................................................................ 33 1.3.4 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung .................................................... 36 1.3.5 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs .................................. 38 Kontroll- und Vertiefungsfragen ....................................................................................... 41

2

1. Marketingkonzeption

1. MARKETINGKONZEPTION Das erste Kapitel beschreibt die konzeptionellen Grundlagen des Marketingansatzes, der Marketingphilosophie sowie des Marketingmanagements, das für die Umsetzung der Marketingaufgaben aber auch des Marketingverständnisses im Unternehmen verantwortlich ist. In der Einleitung werden die Anforderungen an ein modernes Marketingmanagement definiert, begriffliche Perspektiven und Entwicklungslinien des Marketings aufgezeigt sowie wichtige Aspekte des Selbstverständnisses, der Aufgaben und der Verantwortung des Marketingmanagements behandelt. Es folgt eine Einführung in die Marketing-Planung. Im Mittelpunkt hierbei steht der Planungsprozess mit den Prozessphasen Analyse, Ziele, Strategien und Maßnahmenplanung. Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine Einführung in das Grundverständnis der Marketing-Gleichung. Aufbauend auf der Marketing-Wertschöpfungskette werden die einzelnen Elemente (Aktionsfelder und Kundenkriterien) und der Geltungsbereich der MarketingGleichung erläutert. Zugleich sind damit die grundlegende Struktur und der Aufbau der folgenden Kapitel festgelegt.

1.1 Einleitung

1.1

3

Einleitung

1.1.1 Motivation Marketing zählt zu den Kernkompetenzen jedes Unternehmens. Dennoch ist der Stellenwert des klassischen Marketings für den Unternehmenserfolg in den letzten Jahren sukzessive gesunken. Sogar vom „Ende des Marketings als (marktorientiertes) Unternehmensführungskonzept“ [RAPP 2000, S. 23] ist bereits die Rede. In vielen Unternehmen ist der Marketingbereich bereits zur reinen Kommunikationsabteilung degradiert worden. Viele Marketingabteilungen haben sich zu Inseln entwickelt, die unabhängig von anderen Unternehmensbereichen und unabgestimmt Maßnahmen vorantreiben, die nur selten in die Aktivitäten an der Kundenfront integriert sind. Ganz offensichtlich hat es das Marketingmanagement versäumt, ein prozessorientiertes Gesamtkonzept zu entwickeln und dies in allen kundenrelevanten Unternehmenseinheiten zu implementieren [vgl. RAPP 2000, S. 24]. Marketingkonzepte müssen wieder viel stärker auf Kundennutzen, Kundenvorteil, Kundenwahrnehmung, Kundennähe, Kundenakzeptanz und Kundenzufriedenheit sowie auf die Lieferung (engl. Delivery) in einer langfristigen Kundenbeziehung ausgerichtet werden. Die vorliegende Marketing-Gleichung bietet hierzu einen prozessorientierten Handlungsrahmen, in dem die einzelnen Aktionsfelder im Hinblick auf die Bedürfnisse des Kunden, aber auch im Hinblick auf die unternehmerischen Zielsetzungen zu optimieren sind. Dadurch ist es möglich, mehr Synergieeffekte der Aktionsfelder untereinander und mehr Transparenz der Erfolgswirkungen einzelner Maßnahmen zu erzielen. Mit Hilfe der entsprechenden Controlling-Instrumente lässt sich sodann der häufig hinterfragte Wertschöpfungsbeitrag des Marketings im Unternehmen messen. In diesem Zusammenhang ist auf die zunehmende Quantifizierbarkeit qualitativer Tatbestände und hier insbesondere auf die Werttreiber des Marketingmanagements hinzuweisen. Werttreiber sind betriebswirtschaftliche Kenngrößen (Kennzahlen), die den finanziellen Ergebnisgrößen vorgelagert sind und die auf den unterschiedlichen Organisationsebenen beeinflussbare Hebel für den Unternehmenserfolg darstellen (z. B. Kundenbindungs- oder Kundenrückgewinnungsrate). Werttreiber reduzieren die komplexe Realität auf ihre wesentlichen Einflussfaktoren, belegen Zusammenhänge zwischen weichen und harten Erfolgsfaktoren, verdeutlichen Schwachstellen und zeigen das aktuelle Leistungsniveau des jeweiligen Marketingmanagements und damit den ökonomischen Nutzen für den Unternehmenserfolg auf [vgl. DGFP 2004, S. 23 f.]. Die Anwendung der prozessorientierten Marketing-Gleichung erleichtert auch Entscheidungen über organisatorische Maßnahmen wie die Zusammenfassung von Marketingdienstleistungen in einem Shared Service Center oder – im Sinne einer „Make-or-Buy“-Entscheidung – der Bezug bestimmter Services von externen Dienstleistern (Business Process Outsourcing). Ziel des vorliegenden Lehrbuchs ist es, ein praxisorientiertes Vorgehen aufzuzeigen, das es ermöglicht, den aktuellen und latenten Herausforderungen für das Marketingmanagement mit einer Denkhaltung zu begegnen, die sich an folgenden sechs Fixpunkten orientiert:

4

1. Marketingkonzeption



Die strikte Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden und nicht an der eigenen Produkt- und Technikausrichtung, die in vielen Unternehmen nach wie vor alle strategischen Überlegungen dominiert;



Das Selbstverständnis des Marketingmanagements als strategischer Business Partner, der den kundenorientierten Anforderungen als zentraler Gesprächspartner am besten gerecht wird und in die Geschäftsprozesse des Gesamtunternehmens eingebunden ist;



Die Betrachtung der Aktivitäten des Marketingmanagements als Wertschöpfungskette mit den Phasen Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung, deren (Teil-)Ziele im Hinblick auf die Generierung von Wettbewerbsvorteilen zu optimieren und deren Werttreiber zu identifizieren sind;



Die internationale Ausrichtung des Marketingmanagements, die nicht zuletzt in der Vielzahl der verwendeten Anglizismen zum Ausdruck kommt;



Die Nutzung der neuen Technologien, der veränderten Medienlandschaft und der enormen Potenziale, die das Internet dem Unternehmen und seinen Kunden bietet und weit über den Aufbau einer attraktiven Homepage hinausreichen;



Eine stärkere Differenzierung des Strategien- und Maßnahmen-Mix zwischen B2C und B2B, also die Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen des Konsumgütermarketings (B2C-Marketing) einerseits und des Industriegütermarketings (B2BMarketing) andererseits.

In diesem Zusammenhang soll besonders herausgestellt werden, dass – für ein Lehrbuch durchaus ungewöhnlich – nicht die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen des Marketingmanagements im Vordergrund steht. Im Gegenteil, auf eine Diskussion über die verschiedenen verhaltenswissenschaftlichen, entscheidungsorientierten, systemtheoretischen, informationsökonomischen, prozessorientierten oder netzwerkorientierten Ansätze der modernen Marketingtheorie [siehe hierzu MEFFERT 1998, S. 21 ff.] wird nahezu vollständig zugunsten eines praxisorientierten Beitrags, der aus Erkenntnissen und Erfahrungen eines gelebten Marketingmanagements entstanden ist, verzichtet. Die Marketing-Gleichung ist gleichsam eine Ergänzung des doch sehr statischen Konzepts des Marketing-Mix mit seinen vier Instrumenten: Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Distributionspolitik. Angestrebt wird die Bereitstellung von Entscheidungshilfen aus der Praxis für die Praxis. Dazu werden für jedes Aktionsfeld im Marketing die entscheidenden Aktionsparameter herausgearbeitet und transparent gemacht, so dass die angestrebte Optimierung des Hauptziels des Marketings, nämlich den vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil, erleichtert wird. Ferner werden für jedes Aktionsfeld die wichtigsten Werttreiber, d. h. die wesentlichen beeinflussbaren Hebel für den Unternehmenserfolg, ermittelt und zum Schluss eines jeden Kapitels in einer Übersicht zusammengestellt.

1.1 Einleitung

5

1.1.2 Anforderungen an das moderne Marketingmanagement „Das Marketing hat sich, anders als andere Funktionsbereiche, im Grunde seit 15 Jahren in der Arbeitsweise und Methode nicht mehr weiterentwickelt.“ Das sagte JOHANN C. LINDENBERG, Vorsitzender der Geschäftsführung bei UNILEVER und Präsident des deutschen Markenverbandes, anlässlich eines Handelskongresses in Berlin im Herbst 2004 [Quelle: MÜNZBERG 2008, S. 7]. Wenn sich Methodik und Arbeitsweise auch nicht gravierend weiterentwickelt haben mögen, so haben sich doch die Rahmenbedingungen und damit die Anforderungen an das Marketingmanagement in den letzten Jahren stark verändert. Ohne die üblichen Einflussfaktoren wie Globalisierung, Innovationsdruck und technologische Entwicklung zu bemühen, seien hier nur drei Beispiele für den Veränderungsdruck aufgeführt, den das Marketing gerade in jüngster Zeit zu spüren bekommt: 

Der Siegeszug der Discounter und das Wachstum der Handelsmarken mit ihrem Volumendruck auf die klassische Herstellermarke;



Das Aufkommen ständig neuer Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Web 2.0-Entwicklung;



Das kundenprozessorientierte Customer Relationship Management (CRM) mit den integrierten Funktionen wie Service- und Kundendienst, Call Center, Beschwerdemanagement und Kundenkommunikation.

Marketing agiert in einer eng vernetzten und komplexen Umgebung, die sich ständig wandelt. Die Veränderungen dieses Umfeldes fortwährend zu beobachten und sich den neuen Bedingungen und Trends anzupassen oder diese sogar selbst zu bestimmen, macht ein erfolgreiches Marketingmanagement aus. Damit wird Marketing zu der den Wettbewerb prägenden Funktion im Unternehmen. Überlagert wird diese Kernkompetenz des Unternehmens allerdings durch die ständig anhaltende Diskussion um den Wertschöpfungsbeitrag des Marketings. Während Investitionsentscheidungen in anderen betrieblichen Funktionsbereichen strikt am „Return on Investment“ gemessen werden, basieren Marketingentscheidungen häufig auf rein qualitativen Faktoren. Letztlich sind es vier Punkte, die im Zusammenhang mit dem Marketingbudget und seiner Verteilung kritisch hinterfragt werden [vgl. MÜNZBERG 2006, S. 27]: 

Welche Maßnahmen werden mit dem Budget durchgeführt?



Welche Wirkungen werden mit den Maßnahmen erzielt?



Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf das Unternehmensergebnis?



Welche Prognosefähigkeit ist mit den einzelnen Maßnahmen im Hinblick auf das Unternehmensergebnis verbunden?

So verwundert es kaum, dass im Rahmen einer Befragung der Konsumgüterindustrie 41 Prozent der befragten Unternehmen der ganzheitlichen Reduzierung der Kosten die höchste Priorität einräumen [Quelle: KIENBAUM-Pressemitteilung vom 28. Juni 2010].

6

1. Marketingkonzeption

„Transparenz bieten und Wirkung belegen“ muss demnach das oberste Gebot des Marketingmanagements sein. Die praktische Umsetzung dieser Devise zeigt allerdings in vielen Unternehmen erhebliche Defizite. Konzept- und Strategielosigkeit sowie eine immer noch starke Konjunkturabhängigkeit bei der Bewilligung des Marketing-Budgets führen zu einem Aktionismus, der es dem verantwortlichen Management erschwert, nachhaltiges Marketing zu praktizieren. Eine Anzeige hier, ein Messeauftritt da, eine Kundenbroschüre zwischendurch. Das Ergebnis: Die Aktionen bleiben wirkungslos und verpuffen. Eine wichtige Voraussetzung für das Durchstehen unterschiedlichster Wirtschaftssituationen ist demnach ein Marketingmanagement, das marketingpolitisch relevante Chancen und Risiken in einer sich verändernden Umwelt erkennen und daraus geeignete, nachhaltige Maßnahmen und Programme ableiten muss.

1.1.3 Begriffliche Perspektiven Im Wesentlichen sind es vier Begriffe, die – da sie teilweise synonym behandelt werden – voneinander abgegrenzt werden sollen: Absatz, Vertrieb, Verkauf und Marketing. Als Absatz bezeichnet man die Endphase des innerbetrieblichen Güterflusses, der aus den betrieblichen Grundfunktionen Beschaffung, Produktion und Absatz besteht. Absatz bzw. Absatzwirtschaft ist im deutschsprachigen Raum der Vorläuferbegriff des Marketings, das aber als umfassendes Denk- und Handlungskonzept weit über den funktionsorientierten Begriff des Absatzes hinausgeht. Als Absatz wird darüber hinaus auch die Menge der im Unternehmen veräußerten Güter bezeichnet (als Abgrenzung zum wertmäßigen Begriff des Umsatzes) [vgl. NIESCHLAG et al. 1971, S. 6 f.]. Vertrieb wird häufig synonym mit dem Absatzbegriff verwendet, wenn sich auch bei Wortverbindungen gewisse Präferenzen für den Vertriebsbegriff herausgebildet haben (z. B. Vertriebskosten, Vertriebsvorstand). Auch dominiert der Vertriebsbegriff im institutionellen Sinne (Vertriebsbereich, Vertriebsabteilung, Vertriebsmitarbeiter etc.). Zwischen Verkauf und Vertrieb wird im praktischen Sprachgebrauch insoweit unterschieden, dass sich der Verkauf allein auf den Vertrieb von Sachgütern bezieht, d. h. im Dienstleistungsbereich spricht man nahezu ausschließlich von Vertrieb (und nicht von Verkauf). Im Gegensatz zum Verkauf (bzw. Vertrieb), der nach der Fertigstellung eines Produkts stattfindet, beginnt Marketing bereits lange bevor das Unternehmen ein Produkt produziert hat. Ausgangspunkt des Marketings ist nicht das (fertige) Produkt, sondern die nachhaltige Befriedigung der Kundenwünsche. Dazu müssen Bedürfnisse identifiziert, in profitable Produktideen umgesetzt und diese über einen vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil angeboten werden.

1.1 Einleitung

7

Unter der Vielzahl der in der einschlägigen Literatur existierenden Marketing-Definitionen soll hier der umfassenden Definition des Marketings von KOTLER et al. [2011, S. 39] gefolgt werden: „Marketing ist ein Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, in dem sie Produkte und andere Austauschobjekte von Wert anbieten und miteinander tauschen.“ Der Marketing-Begriff hat nahezu in alle Lebensbereiche Einzug gehalten. Die Bandbreite reicht dabei vom „klassischen“ Konsumgütermarketing, über das Personalmarketing bis hin zum Gender-Marketing (siehe Abbildung 1-01).

Weitere MarketingAusrichtungen: • • • • • • • • • • •

Technologie-Marketing Polit-Marketing Gender-Marketing Direkt-Marketing Beschaffungsmarketing Non-Profit-Marketing Software-Marketing Database- Marketing Viral-Marketing Senioren-Marketing Empfehlungsmarketing etc.

Abb. 1-01:

B2B-Marketing BioMarketing

Online-Marketing GuerillaMarketing GeoMarketing

Marketing-Ausrichtungen

Die gängigsten Marketing-Wortverbindungen orientieren sich an der grundsätzlichen Produkt- bzw. Gütersystematik:  Konsumgütermarketing,  Industriegütermarketing (auch: Investitionsgütermarketing) und  Dienstleistungsmarketing. Vorreiter und nach wie vor das Zugpferd der Marketing-Idee ist das Konsumgütermarketing. Hier steht die Vermarktung von Ver- und Gebrauchsgütern an die Zielgruppe der Konsumenten im Fokus. Zehn, fünfzehn oder gar zwanzig Prozent des Umsatzes investieren Konsumgüterhersteller – und zwar zu Recht – allein in die Entwicklung der Marke(n) [vgl. MÜNZBERG 2006, S. 27]. Gegenstand des Industriegütermarketings (der Begriff Investitionsgütermarketing wird weitgehend synonym verwendet) ist die Vermarktung von Produkten an andere Unternehmen oder Organisationen, deren Beschaffungsverhalten und -prozesse sich im Regelfall erheblich vom Kaufverhalten bei Konsumgütern unterscheiden. Zu den Anbietern auf dem Industriegü-

8

1. Marketingkonzeption

termarkt zählen u. a. der Maschinen- und Anlagenbau, die Zulieferindustrie und weite Bereiche der IT- und Kommunikationsindustrie. Besonders in hoch entwickelten Industrieländern nimmt die Bedeutung von Dienstleistungen und damit auch die Bedeutung des Dienstleistungsmarketings ständig zu. Wichtige Anbieter des Dienstleistungssektors sind u. a. Banken, Versicherungen, Transportunternehmen, Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Steuerberatungen, Werbeagenturen, Reinigungsunternehmen. Die hiermit getroffene Abgrenzung des relevanten Marktes nach Güterarten kann allerdings eine bedürfnisgerechte Gestaltung der Marketingaktivitäten zumeist nicht leisten. Dies hat – aus dem angelsächsischen Sprachraum kommend – zu einer Marketing-Typologie geführt, die sich an den unterschiedlichen Käufergruppen orientiert:  Business-to-Consumer (B2C) – Marketing  Business-to-Business (B2B) – Marketing Das B2C-Marketing wendet sich ausschließlich an den Endkonsumenten als Kunden, während sich das B2B-Marketing an Unternehmen und sonstige Organisationen richtet (siehe Abbildung 1-02). Die Stellung des Kunden im Wirtschaftsablauf ist somit das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen B2C und B2B. Mit dieser Einteilung lässt sich das unterschiedliche Kaufverhalten der einzelnen Käufergruppen dahingehend systematisieren, dass es typenübergreifend eine differenzierte, innerhalb eines Typs aber weitgehend einheitliche Ausrichtung der Marketingaktivitäten zulässt. Konkret bedeutet dies, dass sich die MarketingKonzeptionen von Unternehmen des B2C-Bereichs teilweise grundsätzlich von denen der Unternehmen des B2B-Bereichs unterscheiden, sich innerhalb der jeweiligen Bereiche aber weitgehend ähneln. Aus Gründen einer übersichtlichen Darstellung wird hier der Unterteilung in B2C-Marketing und B2B-Marketing gefolgt.

Güterart Kunde

Letztkonsument

Sachleistungen

Dienstleistungen

Konsumgütermarketing

B2C-Marketing

Dienstleistungsmarketing

Unternehmen/ Organisation

Abb. 1-02:

Industriegütermarketing

B2B-Marketing

Abgrenzung B2C- und B2B-Marketing [Darstellung in Anlehnung an BACKHAUS/VOETH 2010, S. 6]

Das Konsumgütermarketing ist nahezu ausnahmslos dem B2C-Marketing zuzuordnen. Die Bedarfsdeckung von Unternehmen und Organisationen mit Ver- und Gebrauchsgütern (z. B.

1.1 Einleitung

9

für Betriebskantinen) kann vernachlässigt werden. Ebenso eindeutig ist die Zuordnung der Vermarktungsaktivitäten des Industriegüterbereichs zum B2B-Marketing. HOMBURG/KROHMER weisen überdies darauf hin, dass der Begriff des B2B-Marketings zunehmend den Begriff des Industriegütermarketings ersetzt. B2B-Marketing ist darüber hinaus breiter gefasst als das Industriegütermarketing, da es die Vermarktung von Konsumgütern gegenüber dem Handel und auch die Vermarktung von Dienstleistungen gegenüber organisationalen Kunden mit einbezieht [vgl. HOMBURG/KROHMER 2006, S. 332 unter Bezugnahme auf BACKHAUS/VOITH 2004, BAUMGARTH 2004 und KLEINALTENKAMP 2000]. Weniger eindeutig ist hingegen die Zuordnung des Dienstleistungsmarketings. Der Dienstleistungssektor ist geprägt von einer Vielfalt von Dienstleistungsarten, die entweder nur Personen (z. B. Friseur), nur Unternehmen/Organisationen (z. B. Unternehmensberatung) oder beiden Käufergruppen (z. B. Banken/Versicherungen) angeboten werden. Abbildung 1-03 liefert eine Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu den beiden Käufergruppen (Konsumenten bzw. Unternehmen/Organisationen). B2C-Marketing Business-to-Consumer

B2B-Marketing Business-to-Business

Beispiele: Konsumgütermarketing

• Nahrungsmittelindustrie • Verbrauchsgüterindustrie • Gebrauchsgüterindustrie • IT- und Kommunikationsindustrie Beispiele:

Dienstleistungsmarketing

• Banken • Versicherung • Transport- und Verkehr • Steuerberatung

Beispiele: • Unternehmensberatung • Wirtschaftsprüfung • Werbeagentur (aber auch Banken, Versicherungen, Transport und Verkehr, Steuerberatung)

Beispiele: Industriegütermarketing

Abb. 1-03:

• Maschinenbau • Anlagenbau • Zulieferindustrie • IT- und Kommunikationsindustrie

Zuordnung der güterbezogenen Segmente zu B2C und B2B

1.1.4 Entwicklungslinien des Marketings Ursprungsland des Marketings ist die USA. Bereits um das Jahr 1910 tauchte dort der Marketing-Begriff (engl. to market = to buy or sell on markets) als Schlagwort zur systematischen Vermarktung von Produkten auf [vgl. SCHNEIDER 2007, S. 1]. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das Marketing sechs wesentliche Entwicklungsschritte durchlaufen. Jeder dieser Entwicklungsschritte beleuchtet das Marketing aus verschiedenen

10

1. Marketingkonzeption

Perspektiven und soll hier – stark verkürzt – wiedergegeben werden [vgl. M EFFERT 1998, S. 4 ff]: (1) Phase der Distributions- und Verkaufsorientierung In den 50er Jahren wird das Marketing primär als Distributions- und Verkaufsfunktion interpretiert. Angesichts der noch in vielen Bereichen vorherrschenden Verkäufermarktsituation, bei der die Nachfrage nach vielen Produkten das Angebot übersteigt, obliegt dem Marketing die Aufgabe, die fertiggestellten Produkte in den angeforderten Mengen zu verteilen (Distributionsfunktion des Marketings). (2) Phase der Kundenorientierung Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wandels vom Verkäufer- zum Käufermarkt, in dem die Absatzseite des Unternehmens den Engpass darstellt, steht in den 60er Jahren der Kunde zunehmend im Vordergrund. In dieser Phase rückt das Marketing-Instrumentarium (Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik) in den Blickpunkt des Interesses. Die Unternehmen beginnen, der Engpasssituation auf der Absatzseite durch den Aufbau von Marketingabteilungen zu begegnen. (3) Phase der Handelsorientierung Die 70er Jahre stehen unter dem Einfluss der Nachfragemacht des Handels. Im Zusammenhang dieser Funktion als „Gatekeeper“ werden handelsgerichtete Maßnahmen und Instrumente wie die Verkaufsförderung (engl. Sales Promotion) verstärkt ausgebaut. In diesem Kontext meldet das Marketing-Management einen gewissen Führungsanspruch unter den betrieblichen Funktionsbereichen an. (4) Phase der Wettbewerbsorientierung Wachsende Rohstoffverknappung, gesättigte Märkte und ein daraus resultierender Verdrängungswettbewerb führen in den 80er Jahren zu einer verstärkten Wettbewerbsorientierung. Die intensive Beschäftigung mit strategischen Wettbewerbsvorteilen und Positionierungselementen stehen im Fokus der Marketingverantwortlichen. Das strategische Marketing beginnt sich zu etablieren. (5) Phase der Umweltorientierung In den 90er Jahren wird eine umfassendere, ganzheitliche Betrachtungsweise des Marketings eingenommen, indem neben Kunden und Wettbewerb auch der gesellschaftliche Wertewandel (z. B. verstärkte Freizeit- und Ökologieorientierung) mit in die marktseitigen Aktionen einbezogen wird. Marketing als marktorientiertes Führungskonzept ist der neue Anspruch des Marketingmanagements. (6) Phase der Prozessorientierung Globalisierung, Innovations- und Kostendruck haben zu Beginn des neuen Jahrtausends den Kosten- und Wertschöpfungsbeitrag des Marketings kritisch in das Blickfeld von Management und Anteilseigner gerückt. Immer wichtiger wird die enge Kopplung zwischen Geschäftsstrategie und Geschäftsprozessen, die sich von den Kundenanforderungen bis zur Be-

1.1 Einleitung

11

reitstellung der Ergebnisse an den Kunden erstrecken. Die Frage nach den Werttreibern des Marketings rückt mehr und mehr in den Vordergrund. In Abbildung 1-04 sind die Entwicklungsstufen des Marketings im Zusammenhang dargestellt.

Prozessorientierung

Inhaltlicher Fokus des Marketing

Wertschöpfung

Umweltorientierung

Umwelt

Umwelt

Wettbewerber

Wettbewerber

Wettbewerber

Handel

Handel

Handel

Handel

Kunde

Kunde

Kunde

Kunde

Kunde

Unternehmen

Unternehmen

Unternehmen

Unternehmen

Unternehmen

1980er

1990er

2000er

Wettbewerbsorientierung Handelsorientierung Kundenorientierung Distributionsorientierung

Anspruchsspektrum des Marketing

Abb. 1-04:

Unternehmen 1950er

1960er

1970er

Marketing als Distributionsfunktion

Marketing als Engpassfunktion

Marketing als Führungsfunktion

Strategisches Marketing

Zeit

MarktorientierMarketing als tes FührungsWerttreiber konzept

Entwicklungsstufen des Marketings [Darstellung in Anlehnung an MEFFERT 1998, S. 5]

1.1.5 Selbstverständnis und Aufgaben des Marketingmanagements Während Marketing für ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept steht, hat das Marketingmanagement die Aufgabe, dieses Konzept umzusetzen. Der Begriff Management kann dabei auf zweifache Weise verwendet werden: Zum einen als Institution, die alle Personen bezeichnet, die Managementaufgaben wahrnehmen, zum anderen als betriebliche Funktion, die alle relevanten Prozesse innerhalb des Unternehmens sowie zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt auf die Unternehmensziele ausrichtet und verfolgt. Hieran schließt sich unmittelbar die Frage an, welche Rolle die Marketingfunktion gegenüber den anderen betrieblichen Funktionen einnimmt. Das Rollenverständnis, das nach wie vor intensiv und kontrovers diskutiert wird – reicht von „Marketing als gleichrangige Funktion“ bis hin zum „Primat des Marketings“ mit unterschiedlichen Ausprägungen (siehe Abbildung 1-05).

12

1. Marketingkonzeption

Marketing als gleichrangige Funktion

Marketing als vorrangige Funktion

Marketing als zentrale Funktion Fertigung

Fertigung

Fertigung Finanzen

Finanzen

Marketing

Personal Marketing

Personal

Marketing

Kunde im Mittelpunkt

Kunde im Mittelpunkt und Marketing als integrative Kraft Fertigung Marketing

Kunde

Abb. 1-05:

Kunde

Zum Rollenverständnis der Marketing-Funktion [Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 22]

Unabhängig vom individuell zugewiesenen Stellenwert hat das Marketingmanagement – und darüber besteht weitgehende Einigkeit – folgendes Aufgaben- und Verantwortungsspektrum zu bewältigen [vgl. MEFFERT 1998, S. 10 ff.]:  marktbezogene Aufgaben,  unternehmensbezogene Aufgaben und  Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt. Zu den marktbezogenen Aufgaben zählen alle Aktivitäten, die sich mit der Steuerung der Nachfrage befassen. Dabei geht es nicht nur um die Befriedigung des bestehenden Bedarfs, sondern auch um die Bedarfsweckung und -beeinflussung. Die unternehmensbezogenen Aufgaben beziehen sich auf Koordination von Marketingaufgaben und -prozessen mit den anderen betrieblichen Funktionsbereichen (z.B. Einkauf, Produktion usw.) im Unternehmen. Darüber hinaus ist ein Marketing-Verständnis im Gesamtunternehmen zu entwickeln, das die besondere Bedeutung des Marketings als betriebliche Teilfunktion vor dem Hintergrund wettbewerbsintensiver Märkte hervorhebt. Förderlich für eine marktorientierte Denkweise im Gesamtunternehmen ist zudem die Verankerung der Marketing-Philosophie in der Unternehmensspitze. Schließlich ist die besondere Verantwortung des Marketings gegenüber Gesellschaft und Umwelt anzusprechen. Immer wieder werden von Kritikern (zumeist aus Verbrauchersicht) unsichere oder minderwertige Produkte, manipulative und irreführende Werbung, künstliche Schaffung von Bedürfnissen, aggressive Verkaufspraktiken, umweltschädliche Verpackung oder geplante vorzeitige Veralterung (engl. Planned Obsolescence) genannt. Die Art, wie ein Unternehmen mit solchen oder ähnlichen Kritikpunkten umgeht, kann seinen Ruf schädigen oder ihm zu einem guten Image verhelfen [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 115].

1.1 Einleitung

13

Inhalt, Umfang und Intensität der o. a. Aufgaben und Verantwortlichkeiten (siehe Abbildung 1-06) ergeben sich aus der spezifischen Situation des einzelnen Unternehmens und muss den jeweiligen Marketingzielen entsprechend bestimmt werden. Marktbezogene Aufgaben • • • • •

Bei vorhandener Nachfrage:→ Bedarf decken Bei fehlender Nachfrage: → Bedarf schaffen Bei latenter Nachfrage: → Bedarf entwickeln Bei stockender Nachfrage: → Bedarf beleben Bei schwankender Nachfrage: → Bedarf synchronisieren • Bei übersteigerter Nachfrage: → Bedarf reduzieren

Unternehmensbezogene Aufgaben • Koordination der Marketing-Aufgaben mit anderen betrieblichen Funktionsbereichen • Entwicklung eines Marketing-Verständnisses im Unternehmen • Verankerung der Marketing-Philosophie in der Unternehmensführung

Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt • • • • •

Keine aggressiven Verkaufspraktiken Keine minderwertigen oder nicht sicheren Produkte Keine irreführende Werbung Keine irreführende Preissetzung Keine umweltschädlichen Verpackungen etc.

Abb. 1-06:

Aufgaben- und Verantwortungsspektrum des Marketingmanagements [Quelle: MEFFERT 1998, S. 10 ff.]

14

1. Marketingkonzeption

1.2

Einführung in die Marketingplanung

1.2.1 Bezugsrahmen und Planungsprozess Eine erfolgversprechende Marketingkonzeption ist das Ergebnis einer systematischen Umwelt- und Unternehmensanalyse, die Chancen und Risiken des relevanten Absatzmarktes einerseits sowie Stärken und Schwächen des Unternehmens andererseits identifiziert und bewertet. Die Verdichtung und Verzahnung dieser Daten und Informationen führt zum konzeptionellen Kristallisationspunkt, der den Ausgangspunkt für Zielbildung, Strategiewahl und Vorgehensmodell sowie für den auszuwählenden Maßnahmen-Mix darstellt [vgl. BECKER 2009, S. 92 f.]. In Abbildung 1-07 sind die Zusammenhänge zwischen Umwelt- und Unternehmensanalyse sowie Marketing- und Unternehmensplanung dargestellt. Umweltanalyse

Unternehmensanalyse

(Chancen/Risiken)

(Stärken/Schwächen)

Verdichtung

Marktorientierte Unternehmensplanung

Verdichtung

Verzahnung Konzeptioneller Kristallisationspunkt Philosophie "Wo wollen wir hin?"

Ziele

Vorgehensmodell Marketing-Konzeption

Strategien MarketingGleichung

Abb. 1-07:

SWOT-Analyse "Wo stehen wir?"

Mix

Struktur "Wie kommen wir dahin?" Prozess "Mit welchen Maßnahmen?"

Beziehungen zwischen Umwelt- und Unternehmensanalyse sowie Marketingund Unternehmensplanung [Darstellung in Anlehnung an BECKER 2009, S. 93]

Da der Absatzmarkt kein statisches Gebilde ist, sondern dynamische Strukturen aufweist, gibt es auch nicht ein Marketing-Konzept und damit auch nicht ein Erfolgsrezept für das Marketingmanagement, sondern verschiedene Optionen, um auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu reagieren. Mit Abbildung 1-06 ist zugleich auch die Grundlage für einen generellen Bezugsrahmen einer Marketingplanung gelegt. Die Abfolge des Planungsprozesses orientiert sich an folgenden Phasen [vgl. dazu auch BIDLINGMAIER 1973, S. 16 ff.]:    

Situationsanalyse (Wo stehen wir?) Zielsetzung (Wo wollen wir hin?) Strategie (Wie kommen wir dahin?) Mix (Welche Maßnahmen müssen dazu ergriffen werden?)

Abbildung 1-08 zeigt diese vier Phasen als generellen Bezugsrahmen der Marketingplanung.

1.2 Einführung in die Marketingplanung

15

In der ersten Phase geht es um die Situationsanalyse, d.h. um eine Analyse der wesentlichen externen und internen Einflussfaktoren auf das Marketing. Die Situationsanalyse gliedert sich in die Umweltanalyse (engl. External Analysis) und in die Unternehmensanalyse (engl. Self Analysis) [vgl. AAKER 1984, S. 47 ff. und S. 113 ff.]. 

Die Umweltanalyse betrachtet wichtige unternehmensexterne Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen auf das Unternehmens- und Marketingumfeld.



Die Unternehmensanalyse liefert eine systematische Einschätzung und Beurteilung der strategischen, strukturellen und kulturellen Situation des Unternehmens.

Das Ergebnis der Analysephase, die in der Praxis regelmäßig als SWOT-Analyse (Strengths, Weeknesses, Opportunities, Threats) durchgeführt wird, ist eine Darstellung der Ausgangssituation. Situationsanalyse Analyserevision

Umwelt-/Marktanalyse Chancen und Risiken

Zielrevision

Sachziele Zielmarkt-Definition

Wo stehen wir?

Unternehmensanalyse Stärken und Schwächen

Festlegen der Ziele Wo wollen wir hin?

Formalziele Größe der Zielerreichung

Festlegen der Strategie Wie kommen wir dahin?

Strategierevision

Entwicklung Produktion

Maßnahmenrevision

Marketing Vertrieb

Segmentierung Positionierung

Abb. 1-08:

Personal Organisation

Distribution

MarketingGleichung

Kommunikation

Maßnahmen

Investition Finanzierung

Akquisition Betreuung

Maßnahmen

Maßnahmen

Maßnahmen

Bezugsrahmen einer Marketingplanung

An die umwelt- und unternehmensanalytisch aufbereitete Situationsanalyse schließt sich der Zielbildungsprozess als zweite Phase an. Hier werden die wesentlichen Zielgruppen, das Leistungsangebot des Marketings und die zum Einsatz kommenden Ressourcen vorgeplant. In der dritten Phase wird auf der Grundlage des unternehmerischen Zielsystems die Marketingstrategie festgelegt. Sie hat die Aufgabe, marketingpolitische Entscheidungen und den entsprechenden Ressourceneinsatz zu kanalisieren und Erfolgspotenziale aufzubauen bzw. zu erhalten. In der vierten Phase des Planungsprozesses geht es darum, für die einzelnen Aktionsfelder des Marketing einen Handlungsrahmen zu entwickeln, in dem die für das operative Handeln relevanten Maßnahmen und Prozesses zusammengefasst und im Sinne bestimmter Anforde-

16

1. Marketingkonzeption

rungskriterien optimiert werden können. Dieser Handlungsrahmen, der im Folgenden als Marketing-Gleichung bezeichnet wird, bildet den Hauptgegenstand dieses Lehrbuchs und wird in Abschnitt 1.3 einführend behandelt.

1.2.2 Analyse Um effektive Marketingstrategien entwickeln und umsetzen zu können, muss das Marketingmanagement zunächst den Kontext verstehen, in welchem das Marketing agiert, und die wichtigsten Einflussfaktoren dieser Umgebung identifizieren [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 210]. Abbildung 1-09 gibt einen Überblick über die verschiedenen Einflussfaktoren des Marketings.

Globales Umfeld

Natürliche Umwelt

Soziokulturelle Umwelt

Makroökonomische Umwelt

Politischrechtliche Umwelt

Technologische Umwelt

Wettbewerbs- und Marktumfeld Unternehmen Einflüsse des Unternehmens

Lieferanten

• Unternehmensvision • Unternehmensstrategie • Unternehmensorganisation

Kunden

Einflüsse des Marketing-Management • Marketingstrategie • Marketingorganisation • Marketingprozesse • Marketinginstrumente

Kooperationspartner

Wettbewerber Sonstige Stakeholder

Abb. 1-09:

Einflussfaktoren auf das Marketing

(1) Unternehmensexterne Einflussfaktoren – das Makro-Umfeld des Marketings Zu den externen Einflussfaktoren, die auch als das Makro-Umfeld des Marketings bezeichnet werden, zählen die natürlichen, die politisch-rechtlichen, die sozio-kulturellen, die makroökonomischen und die technologischen Umweltbedingungen und Tendenzen. Natürliche Umwelteinflüsse. In diesem Bereich haben drei Trends besondere Bedeutung für das Marketing [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 234]:

1.2 Einführung in die Marketingplanung

  

17

Verknappung der natürlichen Ressourcen in Verbindung mit steigenden Energiekosten Zunehmende Umweltverschmutzung Umweltpolitische Interventionen staatlicher Institutionen

Besondere Bedeutung kommt der Entwicklung alternativer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie bzw. der Schaffung energieeffizienter Technologien zu. So arbeitet die Automobilindustrie intensiv an neuen Antriebstechnologien und energiesparenden Kompaktwagen. Auch die Entsorgung chemischer und nuklearer Abfälle und die Verschmutzung der Umwelt durch biologisch nicht abbaubarer Materialien stellt die Industrie vor erhebliche Herausforderungen. Die Einhaltung von Umweltrichtlinien stellt zwar zunächst eine Belastung dar, sie bietet aber auch die Chance, neue Absatzpotenziale zu erschließen. Sozio-kulturelle Einflüsse. Nach dem Zukunfts- und Trendforscher MATTHIAS HORX sind es vier sog. Megatrends, die unser künftiges sozio-kulturelles Umfeld beeinflussen werden (siehe Abbildung 1-10):    

Zunehmender wirtschaftlicher und kultureller Einfluss Asiens Erstarken des weiblichen Geschlechts mit Auswirkungen auf Kaufverhalten und Design Trend zur Kleinfamilie und Zunahme nomadischer Haushaltsformen Veränderung der Altersstruktur mit gravierenden Auswirkungen auf das Kaufverhalten.

Alle genannten Megatrends haben zum Teil gravierende Auswirkungen auf das Kaufverhalten und erzeugen vielfältige Marktchancen. Neue oder erweiterte Zielgruppen (Senioren, Frauen im Beruf, Single-Haushalte) haben bei vielen Produkten abweichende Bedürfnisse, die das Marketing berücksichtigen muss.

Megatrend Asien

Megatrend Frauen

Megatrend Individualisierung

Megatrend Alterung

Abb. 1-10:

Aufstieg des Fernen Ostens mit gigantischen Wachstumsraten einerseits und dem Einfluss der fernöstlichen Kultur andererseits

Das Erstarken des weiblichen Geschlechts mit mehr Einfluss in der Politik und die Zunahme ihrer Entscheidungsmacht bei Kauf und Design – die NUR-Hausfrau wird Vergangenheit

Pluralisierung der Lebensstile mit dem Trend zur Dominanz der Kleinfamilie (1–2 Kinder, wenn überhaupt) und Zunahme nomadischer Haushaltsformen mit mehreren Lebensmittelpunkten („Patchwork-Society“)

Downaging: „Wir werden beim Älterwerden immer jünger“ – Feuerstuhl statt Schaukelstuhl. Das dritte Lebensalter – ein neuer Markt – das Leben wird eine Gestaltungsaufgabe.

Vier Megatrends im sozio-kulturellem Umfeld [Quelle: www.zukunftsinstitut.de]

Makro-ökonomische Einflüsse. Zu den relevanten Einflussfaktoren in diesem Bereich zählt die Verschärfung der Wettbewerbssituation, d. h. der Wandel der Konkurrenzverhältnisse im

18

1. Marketingkonzeption

internationalen und globalen Kontext. Veränderungen der Absatz- und Beschaffungsmärkte und spezifische Branchentendenzen (z. B. Wachstumsrate einer Branche), Einkommensverteilung und Kaufkraftentwicklung sind weitere Rahmenbedingungen. In diese Kategorie fällt auch der Trend zur Optimierung der Dienstleistungstiefe, d. h. die Frage, inwieweit bestimmte Aktivitäten des Marketing-Managements ausgelagert und durch andere Unternehmen wahrgenommen werden können (Outsourcing). Die zentralen Zielsetzungen in Verbindung mit Outsourcing bestehen darin, sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren und Kosten zu reduzieren. Politisch-rechtliche Einflüsse. Es existiert eine Vielzahl von Gesetzen, die das Wettbewerbsverhalten, die Produktstandards, den Urheber- und Markenschutz aber auch den Verbraucherschutz regeln und damit von erheblicher Bedeutung für das Marketing sind. Die Liberalisierung des europäischen Strommarkts und die Deregulierung des Telekommunikationsmarktes sind Beispiele für politisch-rechtliche Einflüsse, die dem Marketing-Management vieler Unternehmen neue Chancen und Perspektiven eröffnet haben. Aber auch kommunalpolitische Rahmenbedingungen und die spezifische(n) Standortsituation(en) des Unternehmens, die durch die (jeweilige) regionale Infrastruktur bestimmt wird (werden), zählen zu den politisch-rechtlichen Einflussfaktoren. Technologische Einflüsse. Die technologische Entwicklung ist sicherlich der Einflussfaktor, der unser Umfeld am stärksten formt und gestaltet. Zu den technischen Innovationen, die die Rahmenbedingungen für das Marketing-Management besonders prägen, zählen die neuen Kommunikationsmittel, die sich auf Inhalt und Umfang der Kundenbeziehungen auswirken. Im Mittelpunkt stehen dabei die enormen Potenziale, die das Internet den Unternehmen und ihren Kunden bietet. Aber auch neue Produktionsverfahren, die gravierende Änderungen im Leistungserstellungsprozess mit sich bringen, sowie vor allem Produkt- und Dienstleistungsinnovationen wirken sich auf den Einsatz des Marketinginstrumentariums aus. Ein Großteil der heute alltäglichen Produkte war vor wenigen Jahrzehnten noch gänzlich unbekannt: Flachbildschirme, Personal Computer, MP3-Player, Digitalkameras, Mobiltelefone und vieles andere mehr. Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Neue Technologien schaffen neue Märkte und Absatzmöglichkeiten. Häufig ersetzt auch eine neue Technologie eine ältere. Insert 1-01 verdeutlicht, wie in der Unterhaltungselektronik innerhalb weniger Jahre die analoge Technologie vollends durch die digitale verdrängt wurde.

1.2 Einführung in die Marketingplanung

19

Insert 1-01: „Digital verdrängt analog“ [Quelle: BITKOM, EITO, GFK 2010] (2) Unternehmensinterne Einflussfaktoren – das Mikro-Umfeld des Marketings Die unternehmensinternen Einflüsse, also das Mikro-Umfeld, lassen sich in Rahmenbedingungen, die das eigene Unternehmen für das Marketing-Management setzt, sowie in Einflüsse des Wettbewerbs, der Absatzmittler, der Lieferanten, der Kunden und Teilbereiche der Öffentlichkeit unterteilen. Unternehmen. Die Auswirkungen der übergeordneten Unternehmensstrategie in Verbindung mit evtl. geplanten Unternehmenszusammenschlüssen oder Veränderungen im Produktportfolio sind für das Marketing ebenso von Bedeutung wie die Frage nach der Unternehmensvision, also der langfristigen Vorstellung von der Unternehmensentwicklung. Auch die Ausgestaltung der Unternehmensorganisation (Führungsstrukturen, Aufbau-, Ablauf- und Prozessverantwortlichkeiten) bestimmt die Agenda des Marketingmanagements. Zu den wichtigen Fragen in diesem Zusammenhang gehören [vgl. auch DGFP 2006, S. 41 ff.]: 

Ist die Marketingstrategie an die Unternehmensstrategie gekoppelt?



Wie sieht die Ressourcenausstattung des Marketingmanagements finanziell und personell gegenüber Wettbewerbern aus (Benchmark-Zahlen)?



Wer nimmt mit welchen Verantwortungen welche Marketingaufgaben wahr?



Welche Marketingaufgaben werden zentral, welche dezentral wahrgenommen?



Welche Marketingprozesse sind definiert? Wie sind die Verantwortlichkeiten für diese Prozesse geregelt? Welche Prozesse sind extern ausgelagert?

20

1. Marketingkonzeption



Welche Funktionsträger gibt es im Marketingmanagement? Welche Aufgaben nehmen sie wahr?



Welche Instrumente stehen dem Marketingmanagement zur Verfügung? Wie sind diese hinsichtlich Akzeptanz und Aktualität zu beurteilen?



Wie sieht das Selbstverständnis des Marketingmanagement aus? Ist es ein akzeptierter Business Partner oder mehr ein administrativer Vollstrecker von Entscheidungen des Top-Managements?

Kunden. Es ist keine Frage, dass die Analyse der Kundenmärkte und der Kundenbeziehungen ganz oben auf der Agenda des Marketingmanagements steht. Nachhaltiger Unternehmenserfolg ist nur über die Befriedigung der Kundenwünsche zu erzielen. Das setzt die wirksame Kommunikation des Kundennutzens und des Kundenvorteils voraus. Wettbewerb. Der Wettbewerbsvorteil ist eine zentrale Maxime des Marketings. Um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, muss das eigene Angebot im Markt so positioniert werden, dass es sich von dem des Wettbewerbs differenziert. Eine Analyse des Konkurrenzangebotes ist daher eine wichtige Voraussetzung, um eine erfolgreiche Wettbewerbsstrategie zu entwickeln und durchzusetzen. Lieferanten. Lieferanten sind ein wichtiges Bindeglied in der Wertschöpfungskette des Unternehmens. Qualität, Mengen und Termintreue sind wichtige Kriterien bei der Lieferantenauswahl und haben mittelbaren Einfluss auf die Absatzgestaltung. In vielen Bereichen (z. B. Automobilindustrie) hat sich die Zulieferindustrie zum kritischen Erfolgsfaktor entwickelt. Absatzmittler. Als Absatzmittler sind schwerpunktmäßig der Handel (B2C), Vertriebspartner (B2B), Logistikunternehmen aber auch Finanzinstitutionen wie Banken und Versicherungen zu verstehen. Sie übernehmen im Rahmen der betrieblichen Wertschöpfungskette Aufgaben der Produktverteilung und -vermittlung oder machen durch die Bereitstellung von Finanzmitteln Transaktionen erst möglich [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 219]. Öffentlichkeit. Zum Mikro-Umfeld des Marketing gehören auch einzelne Gruppierungen der Öffentlichkeit, denen das Unternehmen gegenübersteht. Solche Gruppierungen werden als Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) bezeichnet und haben ein gezieltes Interesse oder einen Einfluss auf das Handeln des Unternehmens. Die wohl bedeutendste Anspruchsgruppe für das Marketing-Management bilden die Medien.

1.2.3 Analyse-Methoden Nachdem die externen und internen Einflussfaktoren des Marketingmanagements analysiert sind, geht es nun darum, Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Hierzu werden im Folgenden mit der SWOT-Analyse, dem Benchmarking und dem Five-Forces-Modell drei Konzepte vorgestellt, die einen Beitrag zur Systematisierung der Unternehmensanalyse liefern können.

1.2 Einführung in die Marketingplanung

21

(1) SWOT-Analyse Eines der bekanntesten Hilfsmittel für eine solche Systematisierung ist die sog. SWOTAnalyse. Hier werden in einem ersten Schritt Stärken (engl. Strengths) und Schwächen (engl. Weeknesses), die in der Unternehmensanalyse identifiziert wurden, gegenübergestellt. Dieser Teil der SWOT-Analyse, der sich aus einer kritischen Betrachtung des Mikro-Umfeldes ergibt, ist gegenwartsbezogen. Der zweite Schritt der SWOT-Analyse bezieht sich auf das Makro-Umfeld des Marketings. Er ist in die Zukunft gerichtet und stellt die identifizierten Chancen und Möglichkeiten (engl. Opportunities) den Risiken bzw. Bedrohungen (engl. Threats) gegenüber. Das Ergebnis dieser Analyse ist ein möglichst vollständiges und objektives Bild der Ausgangssituation (Wo stehen wir?). Die SWOT-Analyse ist eines der ältesten Tools für die Strategieentwicklung. Sie stellt eine gute Übersicht und Zusammenfassung der Ausgangssituation sicher. Das SWOT-Tool bietet allerdings keine konkreten Antworten, sondern stellt lediglich Informationen zusammen, um darauf aufbauend Strategien zu entwickeln. Darüber hinaus sind positive Nebeneffekte bei der Durchführung der SWOT-Analyse wie Kommunikation und Zusammenarbeit mindestens ebenso wichtig wie die erzielten Ergebnisse [vgl. ANDLER 2008, S.178]. Abbildung 1-11 zeigt das Grundmodell der SWOT-Analyse. Unternehmensanalyse

Stärken (Strengths)

Schwächen (Weeknesses)

Mikro-Umfeld • Interner Blickwinkel • Gegenwartsbezogen

• Eigenes Unternehmen • Kunden • Wettbewerber • Lieferanten • Absatzmittler • Öffentlichkeit

Umwelt-analyse

Chancen (Opportunities)

Makro-Umfeld • Natürliche Umwelt • Sozio-kulturelle Umwelt • Makro-ökonomische Umwelt • Politisch-rechtliche Umwelt • Technologische Umwelt

Abb. 1-11:

Bedrohungen (Threats) • Externer Blickwinkel • Zukunftsbezogen

Das Grundmodell der SWOT-Analyse

(2) Benchmarking Ein weiterer Ansatz zur Analyse der Situation eines Unternehmens ist das sog. Benchmarking. Diese Methode ist darauf gerichtet, durch systematische und kontinuierliche Vergleiche von Unternehmen oder Unternehmensteilen das jeweils beste als Referenz zur Produkt-, Leistungs- oder Prozessverbesserung herauszufinden. Die Benchmarking-

22

1. Marketingkonzeption

Durchführung beruht auf der Orientierung an den besten Vergleichsgrößen und Richtwerten („Benchmark“ = Maßstab) einer vergleichbaren Gruppe. Als Vergleichsgruppen können das eigene Unternehmen, der eigene Konzern, der Wettbewerb oder sonstige Unternehmen herangezogen werden. Daraus lassen sich folgende vier Benchmarking-Grundtypen ableiten [vgl. FAHRNI et al. 2002, S. 23 ff.]:    

Internes Benchmarking (“Best in Company“) Konzern-Benchmarking (“Best in Group”) Konkurrenz-Benchmarking (“Best in Competition”) Branchenübergreifendes Benchmarking (“Best Practice”).

Die Benchmarking-Methode entstand in den 70er Jahren bei RANK XEROX angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks durch japanische Kopiergerätehersteller. Heute zählt das Benchmarking zu den beliebtesten Methoden der Unternehmensanalyse, weil es hilft 

die eigenen Stärken und Schwächen besser einzuschätzen,



Informationen zu erhalten, die das Unternehmen benötigt, um Produkte, Leistungen und Prozesse zu optimieren,



von den besten Unternehmen zu lernen,



den kontinuierlichen Prozess der Verbesserung zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen,



neue Strategien zu entwickeln und die Wettbewerbsposition zu verbessern.

Allerdings ist es häufig nicht ganz leicht, Benchmark-Daten in der gewünschten Form zu erhalten. Hier können Beratungsunternehmen mit ihrem „natürlichen“ Benchmark-Know-how (als Kernkompetenz) entsprechende Hilfestellung leisten.

eigene

fremde

Branche

KonzernBenchmarking

Branchenübergreifendes Benchmarking

(Best in Group)

(Best Practice)

Internes Benchmarking

KonkurrenzBenchmarking (Best in Competition)

(Best in Company)

Unternehmen eigene

Abb. 1-12:

fremde

Benchmarking-Grundtypen [Quelle: FAHRNI et al. 2002, S. 23 ff.]

1.2 Einführung in die Marketingplanung

23

(3) Five-Forces-Modell Ein weiterer Ansatz zur Systematisierung der Marktstrukturen ist das Five-Forces-Modell von PORTER. Dieses Konzept der Branchenstrukturanalyse knüpft an die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Anbietern einer Branche an und stellt folgende fünf Wettbewerbskräfte (engl. Five-Forces) als zentrale Einflussgrößen in den Mittelpunkt der Analyse [vgl. PORTER 1995, S. 25 ff]: 

Verhandlungsmacht der Kunden (z. B. der Preisdruck von Handelsunternehmen auf Konsumgüterhersteller);



Verhandlungsmacht der Lieferanten (z. B. der Verhandlungsdruck der Anbieter exklusiver Luxusmarken auf den Facheinzelhandel);



Rivalität der Wettbewerber untereinander (z. B. durch intensiven Preis- oder Qualitätswettbewerb);



Bedrohung durch künftige Anbieter (z. B. Hardwarehersteller, die zunehmend in das IT-Beratungsgeschäft drängen) ;



Bedrohung durch neue Substitutionsprodukte oder Technologien (z. B. Handys durch Smartphones).

Abbildung 1-13 stellt die fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbs im Zusammenhang dar.

Potentielle Mitbewerber Beeinflusst durch Angebot und Nachfrage, Produktionskosten sowie Preiselastizität

Lieferanten

Verhandlungsmacht

Der Substitutionseffekt treibt die Ablöse und Erneuerung von Produkten an

Bedrohung durch Markteintritt neuer Konkurrenten

Mitbewerber Rivalität/ Rivalität/ Konkurrenz Konkurrenz

Bedrohung durch Ersatzprodukte

Ersatzprodukte

Abb. 1-13:

Das Five-Forces-Modell von PORTER

Beeinflusst durch die Höhe Markteintrittsschranken

Beeinflusst durch Angebot und Nachfrage, Kundenverhalten und Preiselastizität

Verhandlungsmacht

Kunden

Beeinflusst durch Marktstrukturen, Anzahl der Marktteilnehmer , Marktgröße und Steigerungsrate

24

1. Marketingkonzeption

1.2.4 Ziele Nachdem die externen und internen Einflussfaktoren des Marketingmanagements analysiert und ggf. Verbesserungspotenziale identifiziert worden sind, ist der konzeptionelle Kristallisationspunkt (siehe Abbildung 1-07) erreicht. Im nächsten Schritt muss erarbeitet werden, wie das Marketing im Unternehmen betrieben werden soll. Dabei sind definierte Ziele unerlässlich: Sie steuern die Aufmerksamkeit der Beteiligten im Marketing in eine einheitliche Richtung und helfen ihnen dabei, ihre Aktivitäten zu fokussieren und untereinander abzustimmen. (1) Unternehmensziele Marketingziele sind – trotz ihrer zentralen Rolle bei marktorientiert agierenden Unternehmen – keine autonomen Ziele. Sie müssen aus den obersten Unternehmenszielen abgeleitet werden. Daher ist die Kenntnis der Unternehmensziele unerlässlich für das Marketingmanagement. Als typische Unternehmensziele werden immer wieder genannt:      

Gewinn/Rentabilität Marktanteil/Marktposition Umsatz/Wachstum Unabhängigkeit/Sicherheit Soziale Verantwortung Prestige/Image.

Die Diskussionen darüber, welche Ziele im Rahmen dieses Zielkatalogs die höchste Priorität haben, führen in aller Regel zu dem Ergebnis, dass Gewinn- bzw. Rentabilitätsziele eine dominierende Bedeutung haben [vgl. BECKER 2009, S. 16 und 61]. Ziele erfüllen ihre Steuerungs- und Koordinationsfunktion umso besser, je klarer und exakter sie bestimmt werden. Daher müssen zweifelsfreie Angaben über   

Zielinhalt, Zielausmaß und Zeitspanne der Zielerfüllung

vorliegen. Ist der Zielbildungsprozess nicht von Beginn an auf messbare Größen ausgerichtet, verliert eine zielgesteuerte Führung von vornherein an Effizienz [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 138]. (2) Marketingziele Marketingziele lassen sich grundsätzlich einteilen in marktökonomische Ziele (z. B. Marktanteil, Marktdurchdringung) und marktpsychologische Ziele (z. B. Image, Bekanntheitsgrad). In Abbildung 1-14 sind diese Ziele mit ihrem Geltungsbereich für das B2C- bzw. das B2BMarketing aufgeführt. Eine zielgesteuerte Führung im Marketingbereich verlangt, dass die Marketingziele operational definiert sind und damit eindeutigen Messvorschriften unterliegen. Dieser Forderung ist bei den marktökonomischen Zielen leicht Rechnung zu tragen. Die marktpsychologischen Ziele sind jedoch an ökonomisch determinierten Sollgrößen nicht zu messen. Diese nicht-monetären Ziele lassen sich mit dem Instrumentarium der Marktfor-

1.2 Einführung in die Marketingplanung

25

schung aber durchaus operationalisieren und können damit in ein zielgesteuertes Führungsmodell einbezogen werden [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 138 f.]. Marketingziele

Geltungsbereich

B2C Marktökonomische Ziele

B2B

Marktanteil Marktdurchdringung Preispositionierung Image Bekanntheitsgrad

Marktpsychologische Ziele

Käuferreichweite Kaufintensität Kundenzufriedenheit Kundenbindung

Vollumfängliche Bedeutung

Abb. 1-14:

Teilweise Bedeutung

Kaum oder geringe Bedeutung

Marketingziele und Geltungsbereiche [vgl. BECKER 2009, S. 65 ff.]

(3) Zielsystem des Unternehmens Die Ziele des Marketings sind eingebettet in das Zielsystem des Unternehmens. Abbildung 115 gibt einen Überblick über die Pyramide unternehmerischer und marketingorientierter Zielelemente. Allgemeine Wertvorstellungen. An der Spitze der Zielpyramide steht die Unternehmensphilosophie mit den allgemeinen Wertvorstellungen (engl. Basic Beliefs), die im Sinne eines „Grundgesetzes“ Ausdruck dafür sind, dass Unternehmen neben ihrer einzelwirtschaftlichen Verantwortung auch eine gesamtwirtschaftliche Aufgabe zukommt [vgl. BECKER 2009, S. 29]. Die allgemeinen Wertvorstellungen eines Unternehmens bilden den Rahmen für die Unternehmenskultur, die Unternehmensidentität, die Unternehmensleitlinien sowie die Grundlagen für den Unternehmenszweck. Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur (engl. Corporate Culture), die bei einer internationalen Ausrichtung des Unternehmens von ganz besonderer Bedeutung ist, wird sichtbar an Werten (Wertschätzung, Fairness im Umgang miteinander u. ä.), Normen (Kooperationsverhalten, Umgang mit Konflikten u. ä.), Artefakten (Symbole, Rituale, Sprache, Kleidung u. ä.) sowie Verhaltensweisen (z.B. in internationalen Telefonkonferenzen) [vgl. STOCKHOMBURG 2008, S. 257 ff.].

26

1. Marketingkonzeption

Allgemeine Wertvorstellungen • Unternehmenskultur • Unternehmensidentität • Unternehmensleitlinien

Unternehmensphilosophie Unternehmenszweck

Sachziele • Vision • Mission Formalziele • Gewinn • Wachstum • Rentabilität Marketingziele z. B. für • Marktanteil • Image • Kundenzufriedenheit

Unternehmensziele

Aktionsbereichsziele

Ziele z.B. für • Segmentierung • Positionierung • Kommunikation

Abb. 1-15:

Aktionsfeldziele

Die Zielpyramide des Unternehmens [in Anlehnung an BEA/HAAS 2005, S. 69]

Unternehmensidentität. Als Unternehmensidentität (engl. Corporate Identity) wird die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen auf der Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie und -zielsetzung bezeichnet. Corporate Identity (CI) drückt sich in vier Komponenten aus: Corporate Behavior, Corporate Design, Corporate Communication und Corporate Governance. Betrachtet man Corporate Culture als Fundament der Unternehmensphilosophie, dann bilden die vier CI-Komponenten quasi den Aufbau und werden unter dem Dach der Corporate Identity zusammengefasst. Abbildung 1-16 veranschaulicht diese Sichtweise und liefert eine kurze Darstellung und Beschreibung der Ziele der vier CI-Komponenten. Unternehmensleitlinien. Unternehmenskultur und Unternehmensidentität finden ihren Niederschlag in den Unternehmensleitlinien. Derartige Leitbilder sind Orientierungshilfen für das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) des Unternehmens (Kunden, Lieferanten, Wettbewerber, Öffentlichkeit). Solche Leitbilder werden daher auch als Verhaltensrichtlinien (engl. Policy) bezeichnet [vgl. BEA/HAAS 2005, S. 69 f.]. Viele Unternehmen fassen ihre Leitlinien in Broschüren, Handbüchern oder Websites zusammen. Bekannte Beispiele hierfür sind       

der internationale Verhaltenskodex der KPMG, die IKEA-Mission, die zehn Unternehmensleitsätze von SCHÖLLER, die Corporate Responsibility-Policy von ALDI, das Unternehmensleitbild von SIEMENS, das Mission Statement von COCA COLA oder die globalen Unternehmenswerte von CAPGEMINI.

1.2 Einführung in die Marketingplanung

27

Corporate Identity

Beschreibung

Ziel

Corporate Behavior

Corporate Design

Corporate Communication

Corporate Governance

Widerspruchsfreies Verhalten innerhalb der Organisation und gegenüber Externen

Visuelle Darstellung nach innen und außen (konsequente Anwendung auf alle Kommunikationsmedien)

Integrierte, geplante und gezielte Kommunikation (organisations- und umweltbezogen)

• Funktionsfähige Unternehmensführung • Wahrung der StakeholderInteressen • Risikomanagement

• Höhere Motivation nach innen • Besseres Image nach außen

Optische Profilierung

Informationsvermittlung und Entscheidungssteuerung

Verantwortliche, auf langfristigen Erfolg ausgerichtete Unternehmensführung

Corporate Culture

Abb. 1-16:

Die CI-Komponenten

Unternehmenszweck. Der Unternehmenszweck gibt vor, welche Art von Leistungen das Unternehmen im Markt erbringen und anbieten soll. Er gibt Antwort auf die Frage. „Was ist unser Geschäft und was wird zukünftig unser Geschäft sein?“ Die damit angesprochene Mission einerseits und Vision andererseits müssen durch bestimmte Leistungen verwirklicht und „gelebt“ werden, damit sie zu starken Marken-, Produkt- bzw. Unternehmenskompetenzen sowie zu Wettbewerbsvorteilen führen. Die wichtigsten Fragen zur Mission, die die „klare Absicht des Unternehmenszwecks“ beschreibt, und zur Vision als „ehrgeizige Zukunftsvorstellung“ eines Unternehmens liefert Abbildung 1-17 [vgl. BECKER 2009, S. 40]. Der Unternehmenszweck beschreibt gleichzeitig das Sachziel des Unternehmens. Während das Sachziel den Markt definiert, in dem das Unternehmen tätig sein will, legen die Formalziele die Dimensionen der Zielerreichung (Gewinn, Umsatz etc.) und das Ausmaß ihrer Erfüllung (Maximierung, Minimierung) fest [vgl. BIDLINGMAIER 1973, S. 25]. THEODORE LEVITT weist in seinem berühmt gewordenen Beitrag zur „Marketing-Kurzsichtigkeit“ (engl. Marketing Myopia) darauf hin, dass Entscheidungen über Sachziele besonders weitreichende, wenn nicht gar existenzielle Auswirkungen haben. So gingen z. B. die amerikanischen Eisenbahnen davon aus, ausschließlich im Eisenbahngeschäft tätig zu sein. Sie übersahen, dass ihr Geschäft nicht nur das Transportgeschäft zur Schiene, sondern auch das zu Wasser und zu Luft ist. So mussten sie trotz steigender Nachfrage nach Transportleistungen immer mehr Umsatzrückgänge und damit einen zunehmenden Bedeutungsverlust hinnehmen [vgl. LEVITT 1960, S. 45 ff.].

28

1. Marketingkonzeption

Unternehmenszweck

Mission • • • • • •

Was ist unser Geschäft? Wer ist unser Kunde? Was ist für den Kunden von Wert? Was sind wir? Wofür stehen wir? Woran glauben wir?

„Klare Absicht“

Abb. 1-17:

Vision • • • •

Was wird künftig unser Geschäft sein? Was sollte unser Geschäft sein? Wie müssen wir uns weiterentwickeln? Wie können wir langfristiges Wachstum sichern? • Wovon träumen wir?

„Ehrgeizige Zukunftsvorstellung“

Fragen zu Mission und Vision [Quelle: BECKER 2009, S. 40]

Die besondere Tragweite des Sachziels zeigte sich auch bei der Entwicklung des DAIMLERKonzerns in den 90er Jahren. Unter dem Vorstandsvorsitzenden EDZARD REUTER definierte sich DAIMLER als „Integrierter Technologiekonzern“ mit den Sparten Automobil (MERCEDESBENZ), Elektrotechnik (AEG, OLYMPIA) und Luft- und Raumfahrt (MBB, FOKKER, DORNIER). „Zurück zur Kernkompetenz Automobil“ hieß die Devise unter REUTERS Nachfolger JÜRGEN SCHREMPP, der die Elektronik- und Luftfahrtsparte verkaufte und mit dem amerikanischen Automobilkonzern CHRYSLER fusionierte. Hier wurde also das Sachziel innerhalb sehr kurzer Zeit grundlegend verändert. Der Unternehmenszweck findet häufig – gepaart mit einer konsequent kundenorientierten Kernaussage – seinen Niederschlag in der Kommunikationspolitik als sogenannte Tagline, die häufig im „Untertitel“ der Unternehmensmarke geführt wird. Beispiele für solche Taglines sind [siehe auch BECKER 2009, S. 40]:      

MERCEDES: BMW: DR. OETKER: IBM: LUFTHANSA: AVIS:

„Ihr guter Stern auf allen Straßen“ „Freude am Fahren“ „Qualität ist unser Rezept“ „Solutions for a small planet” “The better way to fly” “We try harder”

1.2.5 Strategien und Maßnahmen-Mix Im letzten Schritt der Marketingplanung werden die Strategien festgelegt und durch entsprechende Maßnahmen umgesetzt. Strategien bilden den Rahmen für das unternehmerische Handeln und sind damit ein zentrales Bindeglied („Scharnierfunktion“) zwischen den Zielen und den laufenden operativen Maßnahmen. Ziele bestimmen die Frage des „Wohin“, Strategien konkretisieren die Frage des

1.2 Einführung in die Marketingplanung

29

„Wie“, und der Marketing-Mix legt den Instrumentaleinsatz („Womit“) und damit den eigentlichen Handlungsprozess fest [vgl. BECKER 2009, S. 140 ff.; KOTLER et al. 2007, S. 88 f.].

„Philosophie“ Ziele

„Struktur“ Strategie

Vorgehensmodell

Marketing- Gleichung

für die Aktionsfelder: „Prozess“ Maßnahmen-Mix

Abb. 1-18:

• Segmentierung • Positionierung • Kommunikation • Distribution • Akquisition • Betreuung

Einordnung der Marketing-Gleichung in das Schichtenmodell der Unternehmenskonzeption

Die besonders deutlich von BECKER [1993] herausgearbeitete Trennung von Zielen („Philosophie“), Strategien („Struktur“) und Maßnahmen-Mix („Prozess“) lässt sich in der Praxis allerdings nicht durchhalten. Zu eng sind die Verflechtungen insbesondere zwischen Strategie- und Prozessebene. So ist es weder möglich, Strategien und Maßnahmen eindeutig voneinander zu trennen, da ein und dieselbe Entscheidung sowohl strategisch als auch maßnahmenorientiert ausgerichtet sein kann [vgl. BACKHAUS 1990, S. 206] noch lässt sich eine eindeutige Zuordnung der Instrumentalbereiche (Maßnahmen-Mix) zur strategisch-strukturellen Ebene bzw. zur taktisch-operativen Ebene vornehmen. Selbst BECKER [2009, S. 485] räumt ein, dass der Maßnahmen-Mix auch als die taktische Komponente der Strategie aufgefasst werden kann. Abbildung 1-18 enthält eine synoptische Zuordnung der einzelnen Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu den beiden Konzeptionsebenen Strategie und Maßnahmen-Mix. Mit der Marketing-Gleichung wird hier ein praxiserprobter Ansatz vorgestellt, der auf die (mehr theoretische) Trennung von Strategie und Maßnahmen-Mix verzichtet, gleichwohl aber ein Vorgehensmodell und einen Handlungsrahmen für die zielorientierte Maßnahmenplanung und den entsprechenden Mitteleinsatz in den jeweiligen Aktionsfeldern des Marketings darstellt.

30

1.3

1. Marketingkonzeption

Einführung in die Marketing-Gleichung

Die Idee der Marketing-Gleichung beruht auf zwei Grundüberlegungen. Zum einen ist es die Darstellung und Analyse der Wertschöpfungs- und Prozessketten eines Unternehmens, zum anderen ist es die Erkenntnis, dass nur der vom Markt honorierte Wettbewerbsvorteil maßgebend für den nachhaltigen Gewinn eines Unternehmens ist. 1.3.1 Die Marketing-Wertschöpfungskette Die Wertschöpfungskette (Wertkette) eines Unternehmens umfasst die Wertschöpfungsaktivitäten in der Reihenfolge ihrer operativen Durchführung. Diese Tätigkeiten schaffen Werte, verbrauchen Ressourcen und sind in Prozessen miteinander verbunden. Die in Abbildung 1-19 gezeigte Darstellung der Wertschöpfungskette geht auf PORTER [1986] zurück und unterscheidet Primäraktivitäten und Sekundäraktivitäten. 

Primäraktivitäten (Kernprozesse) sind Eingangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik, Marketing und Vertrieb sowie Kundendienst.



Sekundäraktivitäten (Unterstützungsprozesse) stellen Beschaffung, Forschung und Entwicklung (F&E), Personalmanagement und Infrastruktur dar.

Aus der Kostenstruktur und aus dem Differenzierungspotenzial aller Wertaktivitäten lassen sich bestehende und potenzielle Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens ermitteln. Durch die „Zerlegung“ eines Unternehmens in seine einzelnen Wertschöpfungsaktivitäten kann jede dieser Aktivitäten auf ihren aktuellen und ihren potenziellen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens hin durchleuchtet werden [vgl. PORTER 1986, S. 19]. Unternehmensinfrastruktur Personalmanagement

Sekundäre Aktivitäten

Technologieentwicklung Gewinnmarge

Beschaffung

Primäre Aktivitäten

Abb. 1-19:

Eingangslogistik

Produktion

Marketing und Vertrieb

Ausgangslogistik

Kundendienst

Wertschöpfungskette für Industriebetriebe nach PORTER

Die Aufgaben von „Marketing und Vertrieb“ zählen nach dem Grundmodell von Porter zu den Primäraktivitäten und damit zu den Kernprozessen eines Unternehmens. Weil nach unserem Verständnis auch die Ausgangslogistik sowie der Kundendienst zur Marketing-Prozesskette gehören, werden die Kernkompetenzen eindeutig von den Marketingaktivitäten dominiert. Die Primäraktivitäten lassen sich ebenso wie die Prozesse der Sekundäraktivitäten weiter unterteilen in Prozessphasen, Prozessschritte etc. Auf diese Weise können Prozesse auf

1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

31

unterschiedlichen Ebenen in verschiedenen Detaillierungsgraden betrachtet werden (siehe Abbildung 1-20). Zu den generellen Perspektiven der Prozessorganisation siehe auch Abschnitt 8.1.4. Prozessstruktur

Unternehmensprozesse

Eingangslogistik

Prozesse

Prozessphasen

Abb. 1-20:

Segmentierung

Primäre Aktivitäten (Kernprozesse)

Produktion

Positionierung

Sekundäre Aktivitäten (Unterstützungsprozesse)

Marketing und Vertrieb

Kommunikation

Distribution

Ausgangslogistik

Akquisition

Kundendienst

Betreuung

Prozesshierarchie der Marketing-Wertschöpfungskette

1.3.2 Elemente und Aufbau der Marketing-Gleichung Zentrale Idee des Marketings ist es, die Vorteile des eigenen Unternehmens auf die Bedürfnisse vorhandener und potenzieller Kunden auszurichten. Die Bestimmungsfaktoren dieser Vorteile sind das Produkt- und Leistungsportfolio, die besonderen Fähigkeiten, das Knowhow und die Innovationskraft, kurzum, das Akquisitionspotenzial des Unternehmens. Das Akquisitionspotenzial ist der Vorteil, den das Unternehmen gegenüber den Wettbewerbern hat. Dieser Wettbewerbsvorteil (an sich) ist aber letztlich ohne Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, dass der Wettbewerbsvorteil auch von den Kunden wahrgenommen wird. Erst die Akzeptanz im Markt sichert den nachhaltigen Gewinn. Genau diese Lücke zwischen dem Wettbewerbsvorteil an sich und dem vom Markt honorierten Wettbewerbsvorteil gilt es zu schließen. Damit sind gleichzeitig auch die beiden Pole aufgezeigt, zwischen denen die Marketing-Wertschöpfungskette einzuordnen ist. Eine Optimierung des Marketingprozesses führt somit zwangsläufig zur Schließung der Lücke [vgl. LIPPOLD 2010, S. 3 f.]. Voraussetzung für die angestrebte Optimierung ist, dass der Marketingprozess in seine Aktionsfelder Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung zerlegt wird und diese jeweils einem zu optimierendem Kundenkriterium („Variable“) zugeordnet werden:  

Segmentierung zur Optimierung des Kundennutzens Positionierung zur Optimierung des Kundenvorteils

32

   

1. Marketingkonzeption

Kommunikation zur Optimierung der Kundenwahrnehmung Distribution zur Optimierung der Kundennähe Akquisition zur Optimierung der Kundenakzeptanz Betreuung zur Optimierung der Kundenzufriedenheit

Entsprechend lässt sich folgende Gleichung im Sinne einer Identitätsbeziehung ableiten: Honorierter Wettbewerbsvorteil = fachlicher Wettbewerbsvorteil + Kundennutzen + Kundenvorteil + Kundenwahrnehmung + Kundennähe + Kundenakzeptanz + Kundenzufriedenheit Dabei geht es nicht um eine mathematisch-deterministische Auslegung des Begriffs „Gleichung“. Angestrebt wird vielmehr der Gedanke eines herzustellenden Gleichgewichts (und Identität) zwischen dem Wettbewerbsvorteil an sich und dem vom Kunden honorierten Wettbewerbsvorteil. Mit anderen Worten, hinter dieser Begriffsbildung steht die These, dass das Gleichgewicht durch die Addition der einzelnen, an Kundenkriterien ausgerichteten Aktionsfelder erreicht werden kann. Zur Veranschaulichung dieser Gleichgewichtsbeziehung dient die in Abbildung 1-21 vorgenommene Darstellung in Form einer Waage.

Wettbewerbsvorteil (an sich) Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Wettbewerbsvorteil (an sich)

+ Kundennutzen + Kundenvorteil + Kundenwahrnehmung + Kundennähe + Kundenakzeptanz + Kundenzufriedenheit

Abb. 1-21:

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Die Marketing-„Waage“

Abbildung 1-22 veranschaulicht den ganzheitlichen Ansatz der Marketing-Gleichung, indem sie die einzelnen Aktionsfelder in einen zeitlichen und inhaltlichen Wirkungszusammenhang

1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

33

stellt. In dieser Abbildung wird auch deutlich, dass die einzelnen Aktionsfelder zugleich die Hauptprozessphasen der Vermarktung darstellen.

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

Distribution Akquisition

Betreuung

+ Kundennähe

+ Kundenzufriedenheit

+ Kundenakzeptanz

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterium © Dialog.Lippold

Abb. 1-22:

Die Marketing-Gleichung im Überblick

1.3.3 Perspektiven des Marketings Nach HOMBURG/KROHMER sind es insgesamt sieben Perspektiven, die die verschiedenartigen Aspekte des Marketings zusammenfassen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 11 ff.]: (1) Theoretische Perspektive Theoretische Grundlagen sind erforderlich, um Marketingmodelle, Marketinginstrumente, Marketingaktivitäten und Marketingentscheidungen in ihren Wirkungszusammenhängen zu verstehen. Sie bilden die Grundlage für alle anderen Perspektiven. Die Unterteilung der Theoriedarstellung folgt dem sog, strategischen Dreieck des Marketings, das aus den Kunden des Unternehmens, dem Unternehmen selbst und den Wettbewerbern des Unternehmens gebildet wird. Im Mittelpunkt stehen daher die Theorien zur Erklärung des   

Verhaltens von Kunden Verhaltens von Unternehmen Verhaltens der Wettbewerber

(2) Informationsbezogene Perspektive Die informationsbezogene Perspektive befasst sich mit der Gewinnung und Bereitstellung von Informationen, die für zielführende Marketingentscheidungen notwendig sind. Es handelt sich um das Aufgabengebiet der Marktforschung mit seinen Teilbereichen    

Datenquellen Erhebungsmethoden Auswahlverfahren Analysemethoden

34

1. Marketingkonzeption

(3) Strategische Perspektive Die strategische Perspektive ist auf die grundsätzliche und langfristige Orientierung der Marktbearbeitung des Unternehmens ausgerichtet. Im Mittelpunkt steht dabei die strategische Marketingplanung mit den Phasen   

Analyse (Wo stehen wir?) Ziele (Wo wollen wir hin?) Strategie (Wie kommen wir dahin?)

(4) Instrumentelle Perspektive Zur Umsetzung der Marketingstrategie dient der Einsatz der Marketinginstrumente, deren Gesamtheit auch als Marketing-Mix bezeichnet wird. Die instrumentelle Perspektive liegt den meisten Lehrbüchern als Systematisierungsansatz zu Grunde. Die vier Komponenten des Marketing-Mix sind    

Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Distributionspolitik.

(5) Institutionelle Perspektive Die institutionelle Perspektive befasst sich mit den branchenspezifischen Besonderheiten des Marketings. Die wichtigsten institutionellen Unterscheidungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Marketingaktivitäten bieten das Marketing von    

Konsumgütern, Dienstleistungen, Industriegütern und Handelsunterunternehmen.

Fasst man diese institutionellen Marketingausprägung nach der Art des Kunden (Endverbraucher einerseits, Unternehmen/Organisationen andererseits) weiter zusammen, so erhält man die Unterteilung in  

Business-to-Consumer-Marketing (B2C-Marketing) und Business-to-Business-Marketing (B2B-Marketing).

(6) Organisationsbezogene Perspektive Die implementationsbezogene Perspektive widmet sich denjenigen Unternehmensbereichen und Personen, die Marketingaufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen die Fragen zur Ausgestaltung der Marketing- und Vertriebsorganisation insgesamt sowie der Aufgaben und Kompetenzen so wichtiger Marketingmanagement-Funktionen wie

1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

 

35

Key Account Management und Produktmanagement.

(7) Führungsbezogene Perspektive Im Mittelpunkt der führungsbezogenen Perspektive, die ebenso wie die organisationsbezogene Perspektive unternehmensintern ausgerichtet ist, steht die kundenorientierte Führung des gesamten Unternehmens. Hierzu zählen in erster Linie drei Themenbereiche:   

Kundenorientierte Unternehmenskultur Kundenbezogene Führungssysteme Veränderungsmanagement. Theoretische Perspektive Theoretischen Grundlagen zum • Kundenverhalten • Anbieterverhalten • Wettbewerbsverhalten

Informationsbezogene Perspektive Marktforschung • Datenquellen • Erhebungsmethoden • Auswahlverfahren • Analysemethoden

Strategische Perspektive Marketingplanung mit den Phasen • Analyse • Ziele • Strategien

Instrumentelle Perspektive Marketing-Mix • Produktpolitik • Preispolitik • Kommunikationspolitik • Distributionspolitik

Perspektiven des Marketings

Institutionelle Perspektive • Konsumgütermarketing • Dienstleistungsmarketing • Industriegütermarketing bzw. • B2C-Marketing • B2B-Marketing

Abb. 1-23:

Organisationsbezogene Perspektive • Marketing- und Vertriebsorganisation • Key Account Management • Produktmanagement

Führungsbezogene Perspektive • Marketingmanagement • Unternehmenskultur • Führungssysteme • Veränderungsmanagement

Prozessbezogene Perspektive Marketing-Gleichung • Segmentierung • Positionierung • Kommunikation • Distribution • Akquisition • Betreuung

Perspektiven des Marketings [modifiziert nach HOMBURG/KROHMER 2009, S. 11 ff.]

Den hier kurz aufgeführten sieben Perspektiven des Marketings soll noch eine weitere, achte Perspektive hinzugefügt werden: die prozessbezogene Perspektive (siehe Abbildung 1-23). Sie beschreibt im Rahmen der Wertschöpfungskette des Unternehmens die Aktivitäten des Aktionsbereichs „Marketing/Vertrieb“ als Kernprozess mit seinen Aktionsfeldern (Prozessphasen) Segmentierung, Positionierung, Kommunikation, Distribution, Akquisition und Betreuung. Die prozessbezogene Perspektive soll in erster Linie die instrumentelle Perspektive ergänzen und damit die statische Sichtweise der Marketinginstrumente durch die dynamische Sicht der Marketing-Gleichung vervollständigen. Zugleich bildet die prozessorientierte Perspektive die Grundlage für die Systematik dieses Buches. Gleichwohl werden die übrigen Perspektiven des Marketings nicht vernachlässigt, sondern im jeweiligen Beziehungszusammenhang mit der Marketing-Gleichung erläutert.

36

1. Marketingkonzeption

1.3.4 Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung Folgende Geltungsbereiche der Marketing-Gleichung sollen hier aufgezeigt werden:   

Strategischer und taktischer Geltungsbereich, Geltungsbereich im Vergleich zum Marketing-Mix (Marketingpolitisches Instrumentarium) und Geltungsbereich für das B2C- und das B2B-Marketing.

(1) Strategischer und taktischer Geltungsbereich Als marktorientierter Handlungsrahmen gibt die Marketing-Gleichung mit seinen Aktionsfeldern die Struktur für den Vermarktungsprozess vor. Gleichzeitig sind in der MarketingGleichung bereits Maßnahmen und Vorschläge für die konkrete Ausgestaltung der Marketingstrategie enthalten. In den einzelnen Aktionsfeldern sind demnach sowohl strategischstrukturelle als auch taktisch-operative Elemente enthalten. Dieses Strategie- bzw. Strukturgefälle ist in Abbildung 1-24 formalisiert dargestellt. Dabei wird deutlich, dass der strategische (also strukturbestimmende) Anteil bei der Segmentierung (Segmentierungsstrategien) und bei der Distribution (z. B. die strukturbestimmende Wahl des Distributionssystems) überwiegt, während Kommunikation (vorwiegend Kommunikationsmaßnahmen) und Betreuung (vorwiegend Kundenbindungsmaßnahmen) mehr von taktisch-operativen Maßnahmen geprägt sind. Bei der Positionierung und der Akquisition lässt sich in etwa eine ausgewogene Aufteilung von strategischen und taktischen Anteilen ausmachen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 100 f.].

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition Betreuung

Strategische Komponenten

Abb. 1-24:

Taktische Komponenten

Anteile strategischer und taktischer Komponenten bei den Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 101]

(2) Geltungsbereich im Vergleich zum klassischen Marketing-Mix Abbildung 1-25 enthält eine synoptische Zuordnung der Aktionsfelder der MarketingGleichung zur Konzeptionsebene der Marketingstrategien, zur Konzeptionsebene des Marketing-Mix (jeweils nach BECKER) sowie zu den analogen 4 P’s (Product, Price, Promotion und Place) und den 4 C’s (Costumer Solutions, Cost to the costumer, Communication und Convenience) aus der amerikanischen Marketing-Literatur.

1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

Aktionsbereiche der Marketing-Gleichung

37

Konzeptionsebenen der Marketingstrategien

Konzeptionsebenen des Marketing-Mix

Vier P‘s

Vier C‘s

(nach Becker)

(nach Becker)

Angebotsmix

Product Price

Costumer Solutions Cost to the costumer

Kommunikationsmix

Promotion

Communication

Distributionsmix

Place

Convenience

Akquisition

Distributionsmix Kommunikationsmix

(Place)

(Convenience)

Betreuung

(Angebotsmix)

(Product))

(Costumer solutions)

Segmentierung

Marktparzellierungsstrategien

Positionierung

Marktstimulierungsstrategien Marktfeldstrategien

Kommunikation Distribution

Abb. 1-25:

Marktarealstrategien

Zuordnung der Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu den Konzeptionsebenen der Marketingstrategien und des Marketing-Mix

(3) Geltungsbereich für das B2C- und B2B-Marketing Die Aktionsfelder der Marketing-Gleichung sind in ihrer Bedeutung für das B2C- und das B2B-Marketing unterschiedlich zu gewichten. Die Ursache dafür ist, dass sich die Marketingstrategien beider Konzepttypen teilweise deutlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede lassen sich an den verschiedenen Ausprägungen bestimmter Kriterien wie Zielgruppe, Zielpersonen, Kundenbindung und -beziehung, Image und dergleichen festmachen. Abbildung 1-26 gibt einen Überblick über wichtige Unterschiede zwischen B2C- und B2BMarketing. B2C

B2B

Zielgruppe

Breit

Schmal

Segmentierung

Schwierig • Hohe Anforderung an Marktforschung • Milieumodelle

Leichter • Kundensegmente tendenziell homogener, kleiner, bekannter

Kommunikation

Einfach • Kampagnen-Ansatz

Komplex • Erklärungsbedürftige Produkte • Hohe Nutzenerwartung der Adressaten

Zielperson

Einer: • Konsument

Mehrere: • Verschiedene Mitarbeiter des Kundenunternehmens

Image

Extrem wichtig

Steigende Bedeutung

Kundenbindung

Lose

Fest

Kundenbeziehung

Situativ und punktuell

Langandauernd und kontinuierlich

Kundengewinnungsaufwand

Finanziell hoch

Zeitlich hoch

Abb. 1-26:

Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marketing [Quelle: in Anlehnung an HORX, zukunftsinstitut.de]

38

1. Marketingkonzeption

Versucht man nun die Unterschiede von B2C und B2B auf ihre Bedeutung im Hinblick auf den finanziellen und personellen Ressourceneinsatz der einzelnen Aktionsfelder der Marketing-Gleichung zu analysieren, so ergibt sich in etwa das in Abbildung 1-27 dargestellte Bedeutungsverhältnis. Segmentierung

Positionierung

B2C

B2C

Kommunikation

B2C

Distribution

Akquisition

Betreuung

B2C

B2C

B2B

B2B

B2C

Bedeutung

B2B

B2B B2B

Abb. 1-27:

B2B

Bedeutung der Marketing-Aktionsfelder für das B2C- bzw. B2B-Marketing

Danach sind die Aktionsfelder Segmentierung und Positionierung für beide Marketing-Typen gleichermaßen von Bedeutung. In den Aktionsfeldern Signalisierung und Distribution dominiert hingegen das B2C-Marketing. Die hohen Marketing-Aufwendungen für die Kommunikationsprogramme sowie für die Einrichtung leistungsfähiger Distributionssysteme im B2CMarketing sind ein deutlicher Beleg für diese Einschätzung. Anders sieht es dagegen bei den Aktionsfeldern Akquisition und Betreuung aus: Aufgrund der hohen Beratungs- und Erklärungsbedürftigkeit der Produkte und Leistungen im Business-to-Business-Bereich kommt diesen beiden Aktionsfeldern im B2B-Marketing eine herausragende Stellung zu.

1.3.5 Struktur und grundlegende Orientierung des Lehrbuchs Das Vorgehensmodell der Marketing-Gleichung gibt zugleich den Aufbau und die grundlegende Orientierung des Lehrbuchs vor. Das Lehrbuch untergliedert sich in acht Kapitel (siehe Abbildung 1-28). Das erste Kapitel behandelt die konzeptionellen Grundlagen des Marketings und skizziert im Rahmen einer begrifflich-systematischen Grundlegung (Abschnitt 1.1) Anforderungen und Selbstverständnis eines modernen Marketingmanagements. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf der Einführung in die Grundlagen der Marketing-Planung (Abschnitt 1.2) sowie in der Systematik der Marketing-Gleichung (Abschnitt 1.3). Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Aktionsfeld Segmentierung. Hier werden prozessbezogen Segmentierungskriterien und Kaufverhalten im B2C- und B2B-Marketing sowie die

1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

39

Marktforschung als wichtigstes Instrument der entsprechenden Informationsbeschaffung vorgestellt. Im dritten Kapitel liegt der Fokus der Marketing-Wertschöpfungskette auf dem Aktionsfeld Positionierung. Im Mittelpunkt stehen dabei die beiden Positionierungselemente Produkt und Preis zur Optimierung des Kundenvorteils. Das vierte Kapitel behandelt die Kommunikation, die im Wesentlichen die Aufgabe hat, die Positionierungsstrategie umzusetzen. Neben einer Darstellung der grundsätzlichen Signalisierungsinstrumente und -medien steht die Optimierung der Kundenwahrnehmung im Vordergrund. Im fünften Kapitel, das auf die Optimierung der Kundennähe abzielt, werden die verschiedenen Distributionssysteme beschrieben und dabei besonders die Unterschiede zwischen B2C und B2B aufgezeigt. Das sechste Kapital hat das Aktionsfeld Akquisition und damit die Optimierung der Kundennähe zum Gegenstand. Auch hier stehen die Unterschiede beim persönlichen Verkauf zwischen B2B und B2C im Vordergrund. Das siebte Kapitel befasst sich mit der Betreuung, die auf eine nachhaltige Kundenzufriedenheit ausgerichtet ist. Kundenbindungsprogramme als wesentliche Maßnahme stehen im Mittelpunkt dieses Aktionsfeldes. Das achte und letzte Kapitel behandelt die organisatorischen Grundlagen des Marketings. Neben einer Darstellung der grundsätzlichen Organisationsprinzipien steht dabei die Gestaltung der Marketing-Prozesse im Vordergrund. Eine Diskussion weiterführender Organisationsansätze rundet das Kapitel ab.

40

1. Marketingkonzeption

1.1 Einleitung 1. Marketingkonzeption

1.2 Einführung in die Marketing-Planung 1.3 Einführung in die Marketing-Gleichung

Sachliche und begrifflich-systematische Grundlegung

Aktionsfeld

Aktionsparameter

Optimierungskriterium

2. Segmentierung

Segmentierungskriterien, Segmentbewertung, Segmentauswahl

Kundennutzen

3. Positionierung

Produkt, Preis

Kundenvorteil

4. Kommunikation

Kommunikationsinstrumente, Kommunikationsmedien, Kommunikationsbudget

Kundenwahrnehmung

5. Distribution

Distributionsorgane, Distributionskanäle, Distributionsformen

Kundennähe

6. Akquisition

Vertriebliche Qualifikation, Akquisitionszyklus, Akquisitionscontrolling

Kundenakzeptanz

7. Betreuung

Kundenwert, Kundenbeziehung

Kundenzufriedenheit

4.1 Organisatorische Grundlagen 8. Marketingorganisation

4.2 Organisation des Marketingbereichs 4.3 Weiterführende Organisationsansätze

Abb. 1-28:

Grundlegende Struktur des Lehrbuchs

Organisatorische Grundlegung

Kontroll- und Vertiefungsfragen

41

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Woran lässt sich der gesunkene Stellenwert des Marketings im Rahmen der Unternehmensorganisation häufig festmachen?

(2)

An welchen (sechs) Punkten sollte sich die Denkhaltung eines modernen Marketingmanagements orientieren?

(3)

Warum ist das B2C-Marketing weiter gefasst als das Konsumgütermarketing?

(4)

Warum ist das B2B-Marketing nicht identisch mit dem Industriegütermarketing?

(5)

Welche Kritikpunkte werden dem Marketing (vorwiegend) aus Verbrauchersicht entgegengebracht?

(6)

Welche vier Phasen bzw. Fragestellungen kennzeichnen den Bezugsrahmen für die Marketingplanung?

(7)

Mit welchen Maßnahmen kann sich das Marketing darauf einstellen, dass sich das Internet zunehmend vom reinen Informations- zum „Mitmach-Web“ entwickelt?

(8)

Warum werden gerade Unternehmensberater häufig mit der Durchführung von Benchmarkings beauftragt?

(9)

Inwieweit haben Änderungen der übergeordneten Unternehmensstrategie Auswirkungen auf das Marketing?

(10) An welchen Faktoren wird die Unternehmenskultur sichtbar? (11) Aus welchen Komponenten setzt sich die Corporate Identity eines Unternehmens zusammen? (12) Erläutern Sie die Unterschiede zwischen „Mission“ und „Vision“ eines Unternehmens. (13) Welche Analyse-Verfahren eignen sich besonders gut, um Verbesserungspotentiale im Rahmen der Umwelt- und Unternehmensanalyse aufzuzeigen? (14) Zeigen Sie mögliche Zielkonflikte im Marketingbereich auf. (15) Warum ist die Abgrenzung zwischen der Strategie- und der Prozessebene in der Praxis so schwer durchzuführen? (16) Aus welchen Prozessphasen besteht die Marketing-Wertschöpfungskette? (17) Welche Faktoren bestimmen den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens „an sich“? Unter welchen Umständen kommt dieser Wettbewerbsvorteil auch tatsächlich zum Tragen? (18) Aus welchen Komponenten setzt sich die Zielfunktion zur Optimierung der Marketing-Wertschöpfungskette zusammen? (19) In welchen Aktionsfeldern dominiert das B2C-Marketing? In welchen das B2BMarketing?

2. SEGMENTIERUNG 2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung ........................................................................ 45 2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich ................................................................................. 48 2.2.1 Kaufverhalten als Modell ................................................................................. 48 2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens ................................................................ 49 2.2.3 Der Kaufentscheidungsprozess......................................................................... 53 2.3 Kaufverhalten im B2B-Bereich ................................................................................. 56 2.3.1 Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen ......................... 56 2.3.2 Das Buying Center und seine Akteure ............................................................. 57 2.3.3 Der organisationale Kaufprozess ...................................................................... 59 2.4 Segmentierung im B2C-Bereich ................................................................................ 63 2.4.1 Segmentierungskriterien ................................................................................... 63 2.4.2 Segmentierungsbeispiele .................................................................................. 67 2.5 Segmentierung im B2B-Bereich ................................................................................ 69 2.5.1 Segmentierungsansätze ..................................................................................... 69 2.5.2 Makrosegmentierung ........................................................................................ 70 2.5.3 Mikrosegmentierung ......................................................................................... 75 2.5.4 Segmentbewertung ........................................................................................... 77 2.6 Auswahl der Marktsegmente ..................................................................................... 80 2.6.1 Geschäftsfeldplanung ....................................................................................... 80 2.6.2 Segmentierungsstrategien ................................................................................. 81 2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung ................................................... 85 2.7.1 Grundlagen und Prozess ................................................................................... 85 2.7.2 Datenquellen ..................................................................................................... 87 2.7.3 Erhebungsmethoden ......................................................................................... 88 2.7.4 Auswahlverfahren ............................................................................................. 98 2.7.5 Analysemethoden ........................................................................................... 101 2.8 Optimierung des Kundennutzens ............................................................................. 107 2.8.1 Aktionsparameter............................................................................................ 107 2.8.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 107 2.8.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung ................................................... 108 2.8.4 Werttreiber ...................................................................................................... 108 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 110

44

2. Segmentierung

2. SEGMENTIERUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

Distribution Akquisition

Betreuung

+ Kundennähe

+ Kundenzufriedenheit

+ Kundenakzeptanz

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterium © Dialog.Lippold

Die Segmentierung ist das erste Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses und die Grundlage nahezu aller Marketingaktivitäten. Sie zielt auf die Optimierung des Kundennutzens ab und beinhaltet die Festlegung und Abgrenzung des relevanten Marktausschnittes. Da sich das Kaufverhalten von Konsumenten zum Teil sehr deutlich von dem der Unternehmen unterscheidet, werden Kaufverhaltens- und Segmentierungsansätze getrennt nach B2C und B2B dargestellt. Die daran anschließende Beschreibung der Segmentierungsstrategien ist wiederum weitgehend unabhängig davon, ob es sich um private oder organisationale Käufer handelt. Die Segmentierung ist überdies ein wichtiges Einsatzgebiet der Marktforschung, deren Grundlagen, Prozesse und Methoden in diesem Kapitel in der gebotenen Kürze vorgestellt werden.

2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung

2.1

45

Aufgabe und Ziel der Segmentierung

Der Markt ist keine homogene Einheit. Er besteht aus einer Vielzahl von Käufern, die sich in ihren Wünschen, Einstellungen, Kaufmotiven und Verhaltensweisen z. T. deutlich voneinander unterscheiden. Unterteilt man die Menge der potenziellen Kunden derart, dass sie in mindestens einem relevanten Merkmal übereinstimmen, so erhält man Kundengruppen, die als Teilmärkte bzw. Segmente bezeichnet werden. Eine solche Segmentierung ist immer dann anzustreben, wenn die Marktsegmente einzeln effektiver und effizienter bedient werden können als der Gesamtmarkt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 357]. Im Rahmen des Vermarktungsprozesses ist die Segmentierung, d. h. die Auswahl attraktiver Marktsegmente für die Geschäftsfeldplanung der Unternehmen, das erste wichtige Aktionsfeld. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Verständnis für eine kundenorientierte Durchführung der Segmentierung, denn der Vermarktungsprozess sollte grundsätzlich aus Sicht der Kunden beginnen. Daher steht die Kundenanalyse, die sich mit den Zielen, Problemen und Nutzenvorstellungen der potenziellen Kunden befasst, im Vordergrund der Segmentierung. Die hiermit angesprochene Rasterung der Kundengruppen erhöht die Transparenz des Marktes, lässt Marketing-Chancen erkennen und bietet die Möglichkeit, Produkt- und Leistungsmerkmale feiner zu differenzieren [vgl. KOTLER 1977, S. 165]. Ein Marktsegment ist eine Zielgruppe mit einer weitgehend homogenen Problemlandschaft und Nutzenvorstellung [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 44]. An jedes Segment ist somit die Forderung zu stellen, dass es in sich betrachtet möglichst gleichartig (homogen) und im Vergleich zu anderen Segmenten möglichst ungleichartig (heterogen) ist. Dementsprechend sollte ein möglichst hohes Maß an Identität zwischen einer bestimmten Art und Anzahl von Käufern (Zielgruppe) einerseits und dem angebotenen Produkt einschließlich seines Vermarktungskonzeptes andererseits erzielt werden [vgl. BECKER 2009, S. 248]. Aufgabe der Segmentierung ist es, alle relevanten Zielgruppen und deren Nutzenvorstellung über die angebotenen Produkte und Leistungen zu bestimmen. Die Segmentierung hat demnach die Optimierung des Kundennutzens zum Ziel: Kundennutzen = f (Segmentierung) → optimieren! Durch die Marktsegmentierung soll die heterogene Struktur der Käufer aufgelöst werden, d. h. der Markt eines Unternehmens ist in homogene Käufergruppen zu zerlegen, um ihn entsprechend bearbeiten zu können [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 67]. Bei der Segmentierung handelt es sich um einen kreativen Akt, der letztlich Zielgruppen mit möglichst homogenem Bedarf und einheitlichem Kaufverhalten identifizieren soll. Eine wesentliche Hilfestellung leisten hierbei die vielfältigen Methoden der Marktforschung. Vom Aufgabenspektrum her betrachtet, lässt sich die Marktsegmentierung in die Marktsegmenterfassung (Informationsseite) und in die Marktsegmentbearbeitung (Aktionsseite) einteilen. Auf der Informationsseite steht das Kaufverhalten der Konsumenten bzw. Unternehmen und dessen Analyse über die Marktforschung im Vordergrund. Die Aktionsseite ist geprägt von der Segmentbestimmung und -auswahl sowie der segmentspezifischen Bearbeitung, die

46

2. Segmentierung

jedoch den anderen Aktionsfeldern des Vermarktungsprozesses vorbehalten ist (siehe Abbildung 2-01).

Marktsegmentierung

Informationsseite: Marktsegmenterfassung

Abschnitt im Buch

Abb. 2-01:

Kaufverhalten

Marktforschung

• der Konsumenten (B2C)

• Informationsgewinnung

• der Unternehmen (B2B)

• Informationsverarbeitung

2.2

2.3

2.7

Aktionsseite: Marktsegmentbearbeitung

Bestimmung und Auswahl von Segmenten • im B2C-Bereich • im B2B-Bereich

2.4

2.5

2.6

Segmentspezifische Bearbeitung • Positionierung • Kommunikation • Distribution • Akquisition • Betreuung 3.

4.

5.

6.

7.

Aufgabenspektrum der Marktsegmentierung [Darstellung in Anlehnung an FRE1983, S. 14]

TER

Die Marktsegmentierung soll sicherstellen, dass jedes Produkt, jeder Preis, jede Werbemaßnahme etc. speziell auf die Bedürfnisse bzw. Nutzenvorstellungen des Empfängers abgestimmt werden, denn „Marketing for everybody is marketing for nobody“. Neben der Forderung nach Homogenität der ausgewählten Zielgruppen sind noch weitere Anforderungen an ein effektives Segmentieren zu stellen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 190]: 

Messbarkeit, d. h. die Segmente müssen hinsichtlich Potenzial und Volumen mit den vorhandenen Marktforschungsmethoden messbar und erfassbar sein.



Relevanz, d. h. ein Marktsegment sollte hinsichtlich seiner Größe und seines Gewinnpotenzials ausreichend dimensioniert sein, damit sich ein segmentspezifisches Marketingprogramm lohnt.



Erreichbarkeit, d. h. die Segmente müssen eine gezielte Ansprache ermöglichen und somit für segmentspezifische Marketingaktivitäten erreichbar sein.



Trennbarkeit, d. h. die Segmente müssen vom Marketingkonzept her trennbar und damit einzeln ansprechbar sein („Scharfschützen-Konzept“).



Stabilität, d. h. die Marktsegmente sollten über einen längeren Zeitraum stabil und innerhalb einer ökonomischen Mindestzeit ausschöpfbar sein. Dies ist insbesondere bei Life-style-Produkten nicht immer der Fall.



Wirtschaftlichkeit. Der sich aus der Segmentierung ergebende Nutzen sollte größer sein als die für die Ausarbeitung der segmentspezifischen Marketingaktionen anfallenden Kosten.

2.1 Aufgabe und Ziel der Segmentierung

47

Das Grundmodell der Segmentierung unterscheidet zwei Segmentierungsarten:  

die eindimensionale Segmentierung und die mehrdimensionale Segmentierung.

Wird nur ein Segmentierungsmerkmal (z. B. das Geschlecht im B2C-Bereich) als kaufrelevant erachtet, so handelt es sich um eine eindimensionale Segmentierung. Im B2BMarketing ist es beispielsweise die Unternehmensgröße, die häufig als einziges Merkmal für eine Segmentierung herangezogen wird. Werden zwei oder mehrere Segmentierungsmerkmale (z. B. das Geschlecht und zusätzlich das Alter der Konsumenten) berücksichtigt, spricht man von einer mehrdimensionalen Segmentierung. Im B2B-Bereich liegt beispielsweise eine mehrdimensionale Segmentierung vor, wenn neben der Unternehmensgröße auch die Branche der Kundenunternehmen als kaufrelevant erachtet wird. Abbildung 2-02 fasst die verschiedenen Arten der Segmentierung im Überblick zusammen.

Segmentierungsarten Eindimensionale Segmentierung B2C

M M

W W W W W

z.B. Geschlecht (M/W)

M

Eindimensionale Segmentierung B2B

A A

Abb. 2-02:

B B A

C

C C

z.B. Unternehmensgröße (3 Klassen: A, B, C)

Mehrdimensionale Segmentierung W1 M1 M1 W2 W3 W2 M2 M3

z.B. Geschlecht (M/W) und Alter (3 Altersklassen)

Mehrdimensionale Segmentierung B1 A1 B1 B1 A2 C1 B2 A2 C2 B2 C2

z.B. Unternehmenssgröße (3 Klassen: A, B, C) und 2 Branchen

Segmentierungsarten [Darstellung in Anlehnung an KOTLER et al. 2007, S. 357]

48

2. Segmentierung

2.2

Kaufverhalten im B2C-Bereich

Die Kenntnis der Bedürfnisse, Wünsche, Motive, Einstellungen und Nutzenvorstellungen der Zielkunden ist die wichtigste Voraussetzung für eine effektive und effiziente Durchführung der Segmentierung. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Einflussfaktoren, die auf das Kaufverhalten von Konsumenten wirken, sowie der Prozessverlauf über Auswahl, Kauf und Nutzung der angebotenen Produkte. Die Kaufverhaltensforschung liefert mit ihren theoretischen Modellen und empirischen Analysen einen wichtigen Beitrag zur Erklärung und Prognose des Kaufverhaltens von Konsumenten [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 100]. 2.2.1 Kaufverhalten als Modell Die verschiedenen Modelle und Forschungsansätze, die das Kaufverhalten von Konsumenten erklären, orientieren sich im Wesentlichen an dem in Abbildung 2-03 dargestellten Ablauf. Danach sind es Marketing- und Umfeldanreize, die unter Einwirken weiterer Faktoren aus dem kulturellen, sozialen, persönlichen und psychologischen Hintergrund des Käufers, den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen. Die Marketinganreize resultieren aus den einzelnen Maßnahmen der Positionierung, Signalisierung, Distribution, Akquisition und Betreuung. Die Umfeldanreize lassen sich in konjunkturelle, technologische, politische und kulturelle Einflussfaktoren unterteilen. Die genannten Anreize (engl. Stimuli) durchlaufen den im Modell dargestellten „Organismus“ (engl. Organism) des Konsumenten und bewirken als Reaktion (engl. Response) die entsprechende Kaufentscheidung oder Ablehnung. Folglich werden solche Erklärungsansätze als S-O-R-Modelle bezeichnet [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 276]. Exogene Anreize („Stimuli“)

Prozess der Kaufentscheidung

• Konjunkturelle Anreize

• Kulturelle Faktoren

• Anregungsphase

• Einkaufsstättenwahl

• Soziale Faktoren

• Suchphase

• Kaufzeitpunkt

• Technologische Anreize

• Persönliche Faktoren

• Optimierungsphase

• Kaufmenge

• Psychologische Faktoren

• Realisierungsphase

• Nichtkauf

Umfeldanreize

Anreize aus • Signalisierungs-, • Distributions-, • Akquisitions-, • Betreuungsmaßnahmen

Abb. 2-03:

Reaktion („Response“)

Faktoren aus dem Hintergrund des Käufers

Marketinganreize

• Positionierungs-,

Organismus des Käufers („Organism“)

• Politische Anreize • Kulturelle Anreize

• Kontrollphase

• Produktwahl • Markenwahl

bzw. • Ablehnung

S-O-R-Modell des Kaufverhaltens [Darstellung modifiziert nach KOTLER et al. 2007, S. 276]

Im Folgenden soll der „Organismus des Käufers“ aus Abbildung 2-03, also die Einflussfaktoren aus dem Hintergrund des Käufers sowie der Kaufentscheidungsprozess näher erläutert werden.

2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich

49

2.2.2 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens Kaufentscheidungen hängen von den spezifischen kulturellen, sozialen, persönlichen und psychologischen Faktoren des individuellen Konsumenten ab. Abbildung 2-04 gibt einen Überblick über die wichtigsten Einflussquellen des Konsumentenverhaltens. Kulturkreis

Sozialkreis

• Kultur

• Bezugsgruppen (Mitgliedschaftsgruppen, Leitbildgruppen)

• Subkultur (Nationalitäten, Konfessionsgruppen, Stammesgruppen, geographische Regionen) • Soziale Schichten bzw. gesellschaftliche Klassen (Oberschicht, Mittelschicht, Unterschicht)

• Familie (Ehemann, Ehefrau, Kinder) • Rollen und Status (Statuskriterien: Bekanntenkreis, Kleidung, Bücher, Beruf, Gegend, Auto)

Persönliche Gegebenheiten

Psychologische Faktoren/Konstrukte

• Alter bzw. Lebensabschnitt

• Aktivierung

• Beruf

• Involvement

• Wirtschaftliche Verhältnisse

• Emotionen

• Lebensstil und Lebenswelten

• Motive

• Persönlichkeit und Selbstbild

• Wahrnehmung • Einstellungen

Abb. 2-04:

Wichtige Einflussquellen des Kaufverhaltens [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 276 ff.]

(1) Einflussfaktoren des Kulturkreises Einflussquellen aus dem Kulturkreis beeinflussen das Konsumentenverhalten am nachhaltigsten, weil die Kultur die Wünsche und Verhaltensweisen eines Menschen auf die grundsätzlichste Weise bestimmt. Bereits als Kind eignet man sich fundamentale Werte, Normen, Vorstellungen, Präferenzen und Verhaltensweisen des zugehörigen Kulturkreises an [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 277]. Ähnliche Einflüsse ergeben sich aus den Subkulturen einer Gesellschaft. Subkulturen im westeuropäischen Kulturkreis können nach Nationalitäten (Deutsche, Franzosen), nach Konfessionsgruppen (Katholiken, Protestanten, Moslems, Juden), nach Stammesgruppen (Bayern, Ostfriesen) und nach geografischen Regionen (das „flache Land“ in Norddeutschland oder das „Ländle“ um Stuttgart) gebildet werden und entwickeln eigene Werte, Vorstellungen und Präferenzen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 277]. Auch soziale Schichten gibt es nahezu in jedem Kulturkreis. Sie lassen sich durch Ähnlichkeit von Merkmalen wie z. B. Prestige oder sozialem Status beschreiben. Für Industriestaaten ist die Unterteilung nach Unter-, Mittel- und Oberschicht üblich. Konsumenten innerhalb einer bestimmten Schicht orientieren sich sehr häufig am Konsum der nächsthöheren Schicht [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 134].

50

2. Segmentierung

(2) Einflussfaktoren des Sozialkreises Bezugsgruppen sind jene Personengemeinschaften, die einen Einfluss auf Einstellungen, Wünsche und Verhaltensweisen eines Menschen ausüben. Bezugsgruppen lassen sich unterteilen in Mitgliedschaftsgruppen und in Leitbildgruppen. In Mitgliedschaftsgruppen ist das Individuum faktisch oder nominell integriert (Familie, Freundeskreis, Kollegenkreis, Sportverein u. a.). Leitbildgruppen sind Bezugsgruppen, mit denen sich der Mensch identifiziert oder denen er gerne angehören möchte. Die Anerkennung durch Bezugspersonen wird häufig als Belohnung, die Nicht-Anerkennung als Strafe empfunden [vgl. MEFFERT et al.2008, S. 135]. Von besonderer Bedeutung für die Gruppenzugehörigkeit des Konsumenten ist das Konzept des Meinungsführers (engl. Opinion Leader). Meinungsführer üben im Rahmen des Kommunikationsprozesses einen besonders starken Einfluss aus und werden häufig in der Werbung (z. B. als „Sportstars“ oder als „Experten“) eingesetzt, um eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu vermitteln [vgl. KROEBER-RIEL/WEINBERG 2003, S. 518 ff.]. Die engste Bezugsgruppe und wichtigste Einkaufseinheit ist die Familie. Im Rahmen der Kaufverhaltensforschung ist es daher besonders interessant, die Mitwirkung von Mann, Frau und Kindern beim Kauf unterschiedlicher Produkte zu analysieren und zu erklären [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 136]. Im Laufe seines Lebens gehört der Mensch verschiedenen Gruppen an: der Familie, Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen, Sportvereinen, Unternehmen, Organisationen etc. Seine Position ist in diesen Gruppen mit den Begriffen Rolle und Status verknüpft. Als Konsumenten wählen Menschen häufig Produkte, die ihre Rolle und ihren Status in der Gesellschaft signalisieren. Zu den wichtigsten gegenwärtigen Statussymbolen zählen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 281]:      

der Bekanntenkreis, in dem man verkehrt, die Kleidung, die man trägt, die Bücher, die man liest, den Beruf, den man ausübt, die Gegend, in der man lebt und das Auto, das man fährt.

(3) Persönliche Gegebenheiten Die Persönlichkeit, in die die bisher genannten Bestimmungsfaktoren einfließen, ist das komplexeste Konstrukt des Konsumentenverhaltens. Persönlichkeitsmerkmale wie bspw. Intelligenz, Musikalität, Sportlichkeit, Selbstvertrauen, Dominanz, Selbständigkeit, Geiz, Geselligkeit oder Anpassungsfähigkeit werden weiterhin geprägt durch das Alter, die Ausbildung, den Beruf, die wirtschaftliche Situation und durch den Lebensstil. Persönlichkeitsmerkmale können genetisch bedingt (also angeboren) oder umweltbedingt (also von anderen erlernt) sein [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 136].

2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich

51

(4) Psychologische Einflussfaktoren Kaufentscheidungen werden darüber hinaus von psychologischen Faktoren und Konstrukten wie Aktivierung, Involvement, Emotionen, Motive, Wissen, Wahrnehmungen und Einstellungen beeinflusst. Abbildung 2-05 gibt einen sehr kurz gefassten Überblick über die psychologischen Konstrukte und deren Ausprägungen. Bestimmungsfaktor

Definition

Wichtige Ausprägungen

Aktivierung

Innerer Erregungszustand eines Menschen, der den Konsumenten zu Handlungen stimuliert

• Emotionale Reize (Sex in der Werbung) • Kognitive Reize (Gedankliche Konflikte, Überraschungen) • Physische Reize (Regen, Musik, Geruch, Berührung)

Involvement

Grad der Aktivierung

• High-Involvement-Käufe (Autokauf, Kauf von Luxusmarken, Möbel, Schmuck) • Low-Involvement-Käufe (Lebensmittel wie Zucker, Brot)

Emotionen

Psychische Erregungen, die subjektiv wahrgenommen werden

• Antriebsfunktion für menschliches Handeln • Eher durch visuelle als durch verbale Kommunikation beeinflussbar

Motive

Ausrichtung der Aktivierung in Bezug auf ein Ziel

• Intrinsische Motive (Belohnung durch den Konsumenten selbst) • Extrinsische Motive (Belohnung durch die Außenwelt)

Wahrnehmung

Kognitive Steuerung der Aktivierung

• Sensorischer Speicher (Ultrakurzzeitgedächtnis) • Kurzzeitspeicher (Kurzzeitgedächtnis)) • Langzeitspeicher (Implizites und explizites Wissen)

Einstellungen

Innere Denkhaltung des Konsumenten gegenüber einer Person, Idee, Sache (inkl. Wertung)

• Affektive Komponente (Gefühlsmäßige Einschätzung) • Kognitive Komponente (Wissensmäßige Einschätzung) • Konative Komponente (Handlungstendenz, Kaufabsicht)

Abb. 2-05:

Psychologische Konstrukte und wichtige Ausprägungen

Die Aktivierung, d. h. der innere Erregungszustand eines Menschen, ist die Grundlage dafür, dass der Konsument zu Kaufhandlungen angeregt wird. Die Aktivierung kann durch emotionale Reize (z. B. erotische Abbildungen in der Werbung), durch kognitive Reize (z. B. Anzeigen, die typischen Denk- oder Verhaltensmuster widersprechen) oder durch physische Reize (z. B. Werbespots mit besonderer akustischer Gestaltung) ausgelöst werden [vgl. HOMBURG/KROHMER 2006, S. 10]. Neben der Aktivierung muss zusätzlich das Involvement, also der Grad des Engagements des Konsumenten für ein bestimmtes Produkt, gewonnen werden. High-Involvement liegt bei Produkten vor, die für den Konsumenten besonders wichtig sind und für deren Beschaffung relativ viel Zeit und Energie investiert wird (z. B. beim Erwerb eines Autos, eines Hauses oder beim Kauf von Luxusmarken, Möbel oder Schmuck). Low-Involvement-Käufe sind dagegen für den Konsumenten weniger wichtig, so dass der Kauf oftmals gewohnheitsmäßig (habitualisiert) abläuft. Dies ist regelmäßig beim Kauf von Produkten des täglichen Bedarfs (Lebensmittel) der Fall. Eine Emotion ist ein Gefühlszustand, der zumeist mit körperlicher Erregung verbunden ist. Emotionen wird vor allem eine Antriebsfunktion für menschliches Handeln zugesprochen. Als Folge der wachsenden technischen Homogenität und der Austauschbarkeit vieler Produkte hat auch die Emotionalisierung des Konsumentenverhaltens zugenommen. Emotionen werden

52

2. Segmentierung

zur Produktdifferenzierung und -positionierung sowohl in der visuellen als auch teilweise in der verbalen Kommunikation eingesetzt [vgl. TROMMSDORFF 1998, S. 61]. Im Gegensatz zur Emotion richtet die Motivation das Verhalten des Konsumenten auf ein Ziel aus. Motivation hält in der Regel so lange an, bis das Ziel erreicht ist. Als zielgerichtete Aktivierungskomponenten können intrinsische und extrinsische Motive unterschieden werden. Intrinsische Motive liegen vor, wenn das Handeln zu einer Belohnung durch den Konsumenten selbst führt. Extrinsischen Motiven liegt ein Handeln zugrunde, dessen Konsequenz die Belohnung durch Externe ist. Motivationen lassen sich in verschiedene Arten unterteilen. Die bekannteste Differenzierung ist die Bedürfnispyramide von MASLOW (siehe Abbildung 206). Nach der Betrachtungsweise von MASLOW kann jede nächsthöhere Bedürfnisstufe erst dann erreicht werden, wenn die darunter liegenden Bedürfnisse befriedigt sind. Dies ist jedoch idealtypisch, da es durchaus Menschen gibt, denen Prestige bspw. wichtiger als die Pflege sozialer Kontakte ist [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 118 f.]. Beispielhafte Bedürfnisse/ Kaufhandlungen der Konsumenten Selbstverwirklichung Kreativität, Macht, Einfluss

Ich-Bedürfnisse Selbstachtung, Selbstbestätigung, Anerkennung

Soziale Bedürfnisse Zuwendung, Geselligkeit, Kontakt, Liebe

Sicherheitsbedürfnisse Geborgenheit, Ordnung, Sicherung der Erwerbsfähigkeit, Alterssicherung

Physiologische Bedürfnisse Selbsterhaltung, Nahrung, Schlaf, Gesundheit

Abb. 2-06:

• Aussteiger • Abenteuerreisen • Vereinspräsident • Exklusiver Schmuck • Luxusauto • Tennisclub • Club-Urlaub • Grillabende • Autos mit Airbag • Lebensversicherung • Arbeitslosenversicherung • Regelmäßige Nahrungsaufnahme • Winterkleidung • Wohnung

Die Bedürfnispyramide von Maslow und beispielhafte Bedürfnisse [vgl. MASLOW 1975 und HOMBURG/KROHMER 2009, S. 33]

Während die Aktivierung dafür verantwortlich ist, dass Verhalten überhaupt stattfindet, geht es bei gedanklichen (kognitiven) Vorgängen um die Frage, welches Verhalten stattfinden soll. Alle kognitiven Prozesse beginnen mit der Wahrnehmung. Neben der Aufnahme umfasst die Wahrnehmung auch die Selektion, Organisation und Interpretation von Informationen. Das Wahrgenommene kann den folgenden drei Speicherarten zugeordnet werden [vgl. KROEBER-RIEL/WEINBERG 2003, S. 518 ff.]:   

Sensorischer Speicher für die reine Informationsaufnahme (Ultrakurzzeitgedächtnis), Kurzzeitspeicher für die bewusste (kognitive) Informationsverarbeitung und Langzeitspeicher für die langfristige Informationsspeicherung.

2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich

53

Das Verhaltenskonstrukt Einstellung wird als innere Denkhaltung des Konsumenten gegenüber Sachen, Personen oder Themen definiert. Einstellungen sind verbunden mit einer Wertung oder einer Erwartung. Damit rückt der Einstellungsbegriff sehr nahe an den Begriff des „Image“, der auch als mehrdimensionales Einstellungskonstrukt beschrieben werden kann [vgl. TROMMSDORFF 1998, S. 152 ff.]. Bei der Interpretation und Analyse von Einstellungen lassen sich drei Komponenten unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 122]:   

Affektive Komponente als gefühlsmäßige Einstellung zum Objekt, Kognitive Komponente als gedankliche Einstellung zum Objekt und Konative Komponente als eine mit der Einstellung verbundene Handlungstendenz.

2.2.3 Der Kaufentscheidungsprozess Zur Beschreibung und Erklärung des Kaufprozesses haben Kaufverhaltensforscher Phasenmodelle entwickelt, die allerdings in erster Linie auf komplexe Kaufprozesse, also beim Kauf von High-Involvement-Produkten zutreffen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 281]. Solche Modelle durchlaufen in der Regel fünf Phasen (siehe Abbildung 2-07):     

Anregungsphase (Problemerkennung) Suchphase (Informationssuche) Optimierungsphase (Bewertung der Alternativen) Realisierungsphase (Kaufentscheidung) Kontrollphase (Verhalten nach dem Kauf).

Planung Realisierung Anregung

Suche

Anregungsphase

Suchphase

• Erkennen des Problems

• Formulierung von Alternativen

Kontrolle

Auswahl

Optimierungsphase

Realisierungsphase

Kontrollphase

• Auswahl, Bewerten der Alternativen

• Kaufentscheidung

• Verhalten nach dem Kauf

Rückkopplung

Abb. 2-07:

Phasen des Kaufentscheidungsprozesses

(1) Anregungsphase Der Kaufprozess beginnt damit, dass der Konsument ein Problem oder eine Bedürfnissituation erkennt. Die Problemerkennung kann über einen internen Reiz – wie Hunger oder Durst – oder durch einen externen Stimulus (z. B. wird der Ehemann durch seine Frau zum Kauf eines neuen Mantels angeregt) erfolgen. In der Anregungsphase spielen aus Sicht des Marketings Stimuli wie Produkt, Verpackung, Preis und Qualität, die über die verschiedenen Medi-

54

2. Segmentierung

en an den Konsumenten herangetragen werden, eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang kommt den verschiedenen Methoden und Techniken der Marktforschung, die u. a. die Aufgabe haben, solche Stimuli zu identifizieren, eine große Bedeutung zu. (2) Suchphase Die Intensität der anschließenden Informations- oder Suchphase hängt davon ab, über welchen Informationsstand der Konsument bereits verfügt und wie viele Informationsquellen ihm zu Verfügung stehen. Wirksame Informationsanstöße kommen aus dem persönlichen Bereich (Familie, Freunde, Bekannte), aus dem kommerziellen Bereich (Werbung, Websites, Händler, Verkäufer) und aus öffentlichen Quellen (Testinstitute, Verbraucherverbände). Wichtige Informationen kommen zudem auch aus dem Erfahrungsbereich (Probefahrt, Erfahrungen mit ähnlichen Produkten des Produzenten). Auch die Informationsphase ist ein wichtiges Anwendungsgebiet der Marktforschung (z. B. Media- und Imageforschung). (3) Optimierungsphase In der Optimierungsphase geht es um die Bewertung der verschiedenen Kaufoptionen, die sich in der Suchphase ergeben haben. Der Konsument versucht, aus dem Bündel von Produkteigenschaften seinen Nutzen bzw. seinen Wertgewinn zu optimieren. Bei der Suche nach einer passenden Hotelübernachtung bspw. sind Produktattribute wie Lage, Sauberkeit und Preisklasse wichtige Nutzenkriterien. Beim Kauf eines Laptops können Speicherkapazität, Grafikfähigkeit und Kompatibilität wichtige Kriterien sein. In der Optimierungsphase bildet der Konsument also Präferenzen unter den Marken der Endauswahl und fasst möglicherweise den Entschluss, das bevorzugte Produkt (die Marke) zu kaufen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 298 und S. 302]. (4) Realisierungsphase Bei der Entscheidung „Kauf oder Nichtkauf“ stehen Aspekte des verfügbaren Einkommens, des erwarteten Produktpreises, des erhofften Produktnutzens, der kurzfristigen Verfügbarkeit oder des evtl. wahrgenommen Kaufrisikos im Fokus. In der Realisierungsphase trifft der Konsument über die Grundsatzentscheidung „Kauf oder Nichtkauf“ hinaus bis zu fünf weitere Teilentscheidungen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 303]:     

Entscheidung über das Produkt bzw. die Marke Entscheidung über die Einkaufstätte Entscheidung über die Kaufmenge Entscheidung über den Kaufzeitpunkt Entscheidung über die Zahlungsweise.

(5) Kontrollphase Der Kauf eines Produktes führt beim Konsumenten zu Zufriedenheit (Konsonanz) oder zu Enttäuschung bzw. Unzufriedenheit (Dissonanz). Ist der Käufer zufrieden, so nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass er sich auch bei der nächsten Gelegenheit für das gleiche Produkt entscheiden wird. Ein unzufriedener Kunde dagegen versucht, die kognitive Dissonanz abzu-

2.2 Kaufverhalten im B2C-Bereich

55

bauen, indem er das Produkt zurückgibt bzw. umtauscht oder nach Informationen sucht, die den Wert des Produkts hoch halten. Das Marketing reagiert häufig auf solche Nachkaufdissonanz, in dem es die Gebrauchsanweisungen bzw. Bedienungsanleitungen vieler Produkte mit dem Satz einleitet: „Wir beglückwünschen Sie zum Kauf des …“ [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 304 f.]

56

2.3

2. Segmentierung

Kaufverhalten im B2B-Bereich

Es wurde bereits mehrfach erwähnt, dass das Kaufverhalten von Organisationen (Unternehmen und Behörden) in vielerlei Hinsicht vom Kaufverhalten der Konsumenten abweicht. Unternehmen erwerben Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, technische Anlagen, Ersatzteile, Werkzeugmaschinen, Produktkomponenten, Telekommunikationseinrichtungen und gewerbliche Dienstleistungen, um eigene Produkte und Dienstleistungen zu erstellen. Behörden bzw. öffentliche Institutionen kaufen Güter und Dienstleistungen ein, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erstellen. Das Verständnis für die Besonderheiten organisationaler Kaufentscheidungen ist für die Marktsegmentierung im B2B-Bereich eine wichtige Voraussetzung. 2.3.1 Besonderheiten der Kaufentscheidungen von Organisationen B2B-Märkte sind in bestimmten Merkmalen anders ausgeprägt als B2C-Märkte. Die Besonderheiten ergeben sich aus der Markt- und Nachfragestruktur, aus dem spezifischen Wesen des organisationalen Einkaufs sowie aus der Komplexität im organisatorischen Zusammenspiel zwischen Lieferanten und Kunden [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 315]. Abbildung 2-08 liefert einen Überblick über die Besonderheiten der B2B-Märkte.

Struktur von Markt und Nachfrage

Wesen des organisationalen Einkaufs

Komplexität im organisatorischen Zusammenspiel

• Weniger und größere Käufer

• Multipersonalität (z.B. Buying Center)

• Komplexe Zusammenhänge (z.B. Systemkauf)

• Multiple Verkaufskontakte (Sales Cycle)

• Reziprozität (Lieferanten kaufen umgekehrt auch beim Kunden ein)

• Geografische Käuferkonzentration • Abgeleitete Nachfrage • Preisunelastische Nachfrage • Unbeständige Nachfrage • Besondere Bedeutung von Dienstleistungen

Abb. 2-08: (1)

• Multiorganisationalität • Professionelles Einkaufsmanagement und hoher Formalisierungsgrad • Hoher Individualisierungsgrad

• Langfristigkeit der Geschäftsbeziehung • Hoher Grad der persönlichen Interaktion der Geschäftspartner

Charakteristika des organisationalen Kaufverhaltens [Quelle: KOTLER et al. 2007, S. 315]

Struktur von Markt und Nachfrage

Das B2B-Marketing hat es in der Regel mit weniger, aber größeren Kunden als das B2CMarketing zu tun. Auch ist häufig eine geografische Konzentration bestimmter Branchen zu beobachten (Zulieferer in Baden-Württemberg, Chemische Industrie entlang des Rheins, Werften in Norddeutschland). Eine weitere Besonderheit ist, dass sich die Nachfrage nach industriellen Gütern und Dienstleistungen letztlich aus der Nachfrage nach Konsumgütern ableitet. Auch wird die Gesamtnachfrage im B2B-Bereich durch Preisschwankungen weniger stark beeinflusst. Insbesondere bei komplexen Industriegütern und -dienstleistungen mit einem hohen Investitionsvolumen sind die Nachfragerhythmen eher unregelmäßig. Auch ist in

2.3 Kaufverhalten im B2B-Bereich

57

solchen Fällen der Dienstleistungsanteil (z. B. Beratung) von besonderer Bedeutung für den Kaufabschluss. (2)

Wesen des organisationalen Einkaufs

Organisationale Kaufentscheidungen haben zumeist mehrere Mitwirkende (Mitarbeiter aus Einkauf, Fachabteilung, Management). Auch ist der Verkaufsprozess im B2B-Bereich zeitlich länger anzusetzen als beim B2C-Marketing. So sind aufgrund der Vielzahl der beteiligten Akteure auf der Einkaufsseite und aufgrund der komplexen Leistungen in der Regel mehrere Kontaktbesuche erforderlich, um letztlich den Auftrag zu erhalten. Eine weitere Besonderheit ist die Vielzahl von weiteren Organisationen, die insbesondere bei komplexen Gütern und Leistungen sowohl auf der Anbieterseite (z. B. als Subunternehmen) als auch auf der Nachfragerseite (z. B. Ingenieurbüros) in den Verkaufsprozess eingebunden sind. Charakteristisch für den B2B-Bereich ist weiterhin ein professionelles Beschaffungsmanagement mit einem hohen Formalisierungsgrad (Einholung von Alternativangeboten, Ausschreibungen). (3)

Komplexität des organisatorischen Zusammenspiels

Komplexe technische Zusammenhänge bei einer Vielzahl von industriellen Gütern bestimmen das B2B-Marketing, das die Aufgabe hat, Leistungsdaten und technische Informationen verständlich aufzubereiten. Eine weitere Besonderheit im B2B-Bereich ist, dass die einkaufende Organisation häufig solche Lieferanten auswählt, die umgekehrt auch bei ihr einkauft (Reziprozität). Aufgrund des Einkaufsvolumens und der damit verbundenen Einkaufsmacht, ist dem anbietenden Unternehmen besonders an einer engen, langfristigen und auch persönlichen Geschäftsbeziehung gelegen. 2.3.2 Das Buying Center und seine Akteure Während Konsumenten ihre Kaufentscheidungen in der Regel individuell fällen, wirken im B2B-Bereich mehrere Personen als Entscheider oder Entscheidungsbeteiligte mit. Ein solches Gremium wird als Buying Center bezeichnet. Es weist den Beteiligten verschiedene Rollen im Hinblick auf die Auswahlentscheidung zu [vgl. WEBSTER/WIND 1972, S. 72 ff.]: 

Initiatoren (engl. Initiator) regen zum Kauf eines bestimmten Produktes an und lösen den Kaufentscheidungsprozess aus. Initiatoren müssen nicht zwingend die späteren Nutzer der Lösung sein, sondern können aus den verschiedensten betrieblichen Funktionsbereichen kommen.



Informationsselektierer (engl. Gatekeeper) strukturieren Informationen über das zu beschaffende Produkt vor, bringen diese in das Buying Center ein und steuern den organisationsinternen Informationsfluss. Diese Personengruppe ist häufig den Fachbereichen, also denjenigen Bereichen, in denen das Produkt (die Lösung) zum Einsatz kommt, zuzuordnen.



Beeinflusser (engl. Influencer) sind formal zwar nicht am Beschaffungsprozess beteiligt, verfügen aber als Spezialisten über besondere Informationen. Insbesondere über die

58

2. Segmentierung

Vorgabe gewisser Mindestanforderungen kann ihre (informelle) Teilnahme am Auswahlprozess mitentscheidend sein. Beeinflusser sind bspw. im Qualitätsmanagement oder in (Normen-)Ausschüssen zu finden. 

Entscheider (engl. Decider) sind jene Organisationsmitglieder, die aufgrund ihrer hierarchischen Position letztlich die Kaufentscheidung treffen. Das monetäre Volumen des Auftrags ist zumeist ausschlaggebend dafür, auf welcher Hierarchieebene die Auftragsvergabe entschieden wird.



Einkäufer (engl. Buyer) besitzen die formale Kompetenz, Lieferanten auszuwählen und den Kaufabschluss zu tätigen. Sie führen die Einkaufsverhandlungen unter kaufmännischen und juristischen Aspekten. In größeren Organisationen gehören Einkäufer einer Beschaffungs- oder Einkaufsabteilung an.



Benutzer (engl. User) sind schließlich jene Personen, die die zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen einsetzen bzw. nutzen werden. Da ein Einsatz gegen den Widerstand der User nur sehr schwer durchsetzbar ist, haben diese Organisationsmitglieder eine Schlüsselstellung im Rahmen des Auswahl- und Entscheidungsprozesses.

Buying Center bilden sich informell und sind in der Regel nicht organisatorisch verankert. Daher sind Umfang und Struktur dieses Einkaufsgremiums auch nur sehr schwer zu erfassen. Es lässt sich aber die These vertreten, dass die Anzahl der jeweils Beteiligten am Buying Center vom Wert, von der Komplexität und vom Einfluss des zu beschaffenden Produkts bzw. der Problemlösung auf Prozesse und Organisation sowie vom Informationsbedarf über das Investitionsobjekt abhängt. Auch kann nicht festgeschrieben werden, ob teilweise mehrere Rollen von einer Person und ob die einzelnen Rollen teilweise von mehreren Personen wahrgenommen werden. Empirische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die Funktion der einzelnen Rollen vom Grundsatz her bei jeder komplexen Beschaffungsmaßnahme ausgeübt wird [vgl. LIPPOLD 1998, S. 135]. Bei Investitionsprojekten, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Veränderungsmanagement (engl. Change Management), also auf Struktur und Prozesse des beschaffenden Unternehmens haben, können die Akteure des Buying Center auch nach Promotoren oder Opponenten unterschieden werden, je nach dem, ob sie das Beschaffungsobjekt (z. B. Einführung eines ERP-Systems) eher fördern und unterstützen oder eher behindern und verlangsamen. Je nach Art des Einflusses im Buying Center können Promotoren bzw. Opponenten weiter unterteilt werden [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 143 f.]:   

Machtpromotoren bzw. -opponenten beeinflussen das Buying Center aufgrund ihrer hierarchischen Stellung in der Organisation. Fachpromotoren bzw. -opponenten haben Einfluss aufgrund ihrer entsprechenden fachlichen Expertise und ihres besonderen Informationsstands. Prozesspromotoren bzw. -opponenten beeinflussen den Entscheidungsprozess aufgrund ihrer formellen und informellen Kommunikationsbeziehungen in der Organisation. Sie unterstützen bzw. behindern den Kaufprozess, in dem sie organisatorische und fachliche Barrieren überwinden oder errichten und Verbindungen zwischen Macht- und Fachpromotoren bzw. -opponenten herstellen.

2.3 Kaufverhalten im B2B-Bereich

59

Abbildung 2-09 gibt einen Überblick über Beziehungen und Beiträge von Macht-, Prozessund Fachpromotoren. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Promotoren- bzw. Opponentenrolle sowohl auf den Beschaffungsvorgang insgesamt (also auf die Problemlösung an sich) als auch auf bestimmte Auswahlalternativen (also auf das Produkt A oder B) beziehen kann. Die Kenntnis der Rollenstruktur und die Identifikation der verschiedenen Akteure eines Buying Center stellen zentrale Ansatzpunkte für das B2B-Marketing dar. Insbesondere die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Maßnahmen im Rahmen des Aktionsfeldes Akquisition sollten sehr stark geprägt sein von den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen der verschiedenen Akteure im Buying Center.

Freigabe von Ressourcen, Unterstützung

Beiträge des Machtpromotors

Beiträge des Prozesspromotors

Beiträge des Fachpromotors

Abb. 2-09:

Bewertung des Erfolgspotentials

Ideengenerierung

Sicherung des strategischen Fit

Arbeitsteilung, Rollenzuweisung, Zeiteinteilung

Ideenüberprüfung

Überwinden von Opposition

Zusammenführung der Teilprozesse, Konfliktmanagement

Eigentliche Problemlösung

Entscheidung

Motivation, Erklärung, Instruktion

Realisierung

Beziehungen und Funktionen von Macht-, Prozess- und Fachpromotoren [Quelle: REGER 2009, S. 26]

2.3.3 Der organisationale Kaufprozess Der Kaufprozess im B2B-Bereich läuft grundsätzlich rationaler, systematischer, formeller und langfristiger ab als im B2C-Bereich. Doch ebenso wie bei Konsumgütern gibt es auch bei der Vermarktung von industriellen Gütern und Dienstleistungen keinen festgeschriebenen Prozess. Zur besseren Veranschaulichung ist es aber auch hier hilfreich, den organisationalen Kaufprozess in Phasen zu unterteilen. Das in Abbildung 2-10 dargestellte Phasenmodell ist idealtypischer Art; es können Phasen wegfallen, übersprungen werden oder auch die Reihenfolge kann variieren [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 146].

60

2. Segmentierung

Bedarfserkennung

Abb. 2-10:

Bedarfsbeschreibung

Anbietersuche

Angebotseinholung

Anbietervorauswahl

Verhandlungen

Vertragsabschluss

Leistungserbringung

Phasen des organisationalen Kaufprozesses [Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 146].

Ausgangspunkt des organisationalen Kaufprozesses ist die Phase der Bedarfserkennung. Hier geht es um die Analyse und Definition des grundsätzlichen Bedarfs. Die Bedarfsauslösung kann durch interne oder durch externe Anregungen erfolgen. Bei einem reinen Wiederholungskauf (z. B. bei Bürobedarf oder Betriebsstoffen) bestellt die Einkaufsabteilung routinemäßig Produkte oder Dienstleistungen nach. Müssen vor der Bestellung Änderungen in der Produktspezifikation oder bei den Preisen vorgenommen werden, handelt es sich um einen modifizierten Wiederholungskauf. Das Schwergewicht dieser Darstellung liegt auf dem Erstkauf, d. h. der Käufer steht vor der Situation, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zum ersten Mal zu erwerben. Während hierbei der interne Bedarf zumeist durch einen Angehörigen der Organisation (Initiator) ausgelöst wird, erfolgen externe Anregungen häufig durch Werbung, Kontakt zu Vertretern oder durch Fachmessen. Nach der grundsätzlichen Bedarfserkennung erfolgt die Bedarfsbeschreibung. In dieser Phase werden die gewünschten Produkt- oder Leistungseigenschaften spezifiziert. Bei komplexen Gütern und Dienstleistungen geschieht dies sehr häufig in Form eines Pflichten- oder Lastenheftes, das die genauen Produktspezifikationen enthält. Im Rahmen des Buying Center spielen diejenigen Akteure eine wichtige Rolle, die über das entsprechende produkt- und leistungsspezifische Wissen verfügen (z. B. Beeinflusser und Nutzer). Im Rahmen der nun folgenden Anbietersuche geht es um die Identifikation der in Frage kommenden Lieferanten. Branchenverzeichnisse, Online-Katalog und Portale, vor allem aber Empfehlungen und Referenzen spielen bei der Lieferantenauswahl eine wichtige Rolle. Bisherige Erfahrungen des Kunden mit dem Anbieter sowie die allgemeine Reputation des Anbieters sind insbesondere immer dann wichtige Auswahlkriterien, wenn es sich um die Beschaffung von Investitionsobjekten handelt, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf Struktur und Prozesse der einkaufenden Organisation haben. Gatekeeper, Beeinflusser und Nutzer sowie Promotoren und Opponenten sind hierbei besonders aktive Mitwirkende im Buying Center. Im nächsten Schritt steht die Angebotseinholung im Vordergrund. Aus Sicht des potenziellen Lieferanten geht es vor allem darum, die Nutzenkriterien und Vorteile des eigenen Angebotes besonders herauszustellen. Angebote sind damit Marketingdokumente, deren Erstellung durchaus sehr aufwändig sein kann. Bestimmte Beschaffungsvorhaben und dies gilt insbe-

2.3 Kaufverhalten im B2B-Bereich

61

sondere für öffentliche Aufträge, müssen ausgeschrieben werden (EU-Richtlinien). Bei der Angebotseinholung und -bewertung wirken in der Regel Nutzer und Einkäufer mit. Auf der Grundlage der vorliegenden Angebote wird eine Anbietervorauswahl getroffen, an der aus dem Buying Center ebenfalls Nutzer und Einkäufer schwerpunktmäßig beteiligt sind. Häufig werden die potenziellen Lieferanten auch zu einer förmlichen Präsentation ihres Angebots gebeten. Solche Wettbewerbspräsentationen (engl. Pitch) sind in vielen Branchen üblich und bedeuten für die Anbieter eine nicht unerhebliche Vorleistung. Ergebnis dieser Qualifizierung ist zumeist eine sogenannte Shortlist. Diese enthält nur noch eine sehr kleine Anzahl von Anbietern, die sämtliche Mindestvoraussetzungen (engl. Order Qualifications) erfüllen. Mit den Unternehmen, die auf der Shortlist stehen, wird nun in die Phase der Verhandlungen eingetreten. Hier werden alle Auftragsmodalitäten wie Art, Qualität und Umfang des Investitionsobjekts, der Preis inkl. Honorare für die Einführung, Beratung und Schulung, Ergänzungsleistungen, Gewährleistungsaspekte sowie Lieferungs- und Zahlungsbedingungen verhandelt. Aus dem Buying Center wirken Einkäufer, Nutzer und Entscheider als zentrale Akteure auf der Einkaufsseite mit. Die Verhandlungsphase mündet ein in den Vertragsabschluss mit dem Lieferanten, der bei sehr komplexen Investitionsvorhaben auch als Generalunternehmer fungieren kann. An der Auftragsvergabe bzw. am Vertragsabschluss direkt beteiligt sind in der Regel Einkäufer und Entscheider. In der abschließenden Phase der Leistungserbringung und -bewertung geht es um die Erfüllung der vertraglich festgelegten Leistungen sowie um deren Beurteilung. Bei größeren Investitionsvorhaben werden Leistungserbringung (engl. Delivery) und deren Bewertung auch in zeitlichen Abschnitten durchgeführt. Maßgeblich hierfür sind Meilensteinpläne, die dem Nutzer bzw. Anwender die Möglichkeit bieten, Zwischenkontrollen durchzuführen und ggf. – bei Schlechterfüllung – den Lieferanten zu wechseln. In Abbildung 2-11 ist der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen der DAIMLER AG als Beispiel für den Einkauf von Dienstleistungen dargestellt.

62

2. Segmentierung

Bedarfsdefinition

Bieterkreisauswahl

3-5 präferierte Beratungsunternehmen

Angebotsvergleich

Präsentation

Verhandlung

Kostensätze

Vergabeentscheidung

Projekt

Evaluierung

Feedback

Interne Daimler-Datenbank

Abb. 2-11:

Der Einkaufsprozess für Beratungsleistungen der DAIMLER AG [Quelle: GRUBE 2004, S. 12]

2.4 Segmentierung im B2C-Bereich

2.4

63

Segmentierung im B2C-Bereich

2.4.1 Segmentierungskriterien Zur Aufteilung des Gesamtmarktes in intern homogene und extern heterogene Marktsegmente bedarf es der Auswahl geeigneter Segmentierungskriterien, die einerseits leicht erfassbar sind und andererseits eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung und Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 189]. Die Vielzahl der in Theorie und Praxis angebotenen Segmentierungskriterien soll hier wie folgt gruppiert werden:     

Soziodemografische Kriterien Psychografische Kriterien Geografische Kriterien Verhaltensorientierte Kriterien Nutzenorientierte Kriterien.

Abbildung 2-12 gibt einen Überblick über die wichtigsten Segmentierungskriterien. Soziodemografische Kriterien

Psychografische Kriterien

Geografische Kriterien

• • • • • • •

• • • • • • •

• • • • • •

Alter, Geschlecht Familienstand Zahl der Kinder Haushaltsgröße Beruf Ausbildung Einkommen

Lebensstil Soziale Orientierung Risikoneigung Wahrnehmungen Motive Spezifische Einstellungen Kaufabsichten

Verhaltensorientierte Kriterien

Nutzenorientierte Kriterien

• • • • • • •

• • • •

Preisverhalten Mediennutzung Einkaufsstättenwahl Kaufhäufigkeit Kaufvolumen Markenwahl Markentreue

Abb. 2-12:

Bundesländer Stadt-/Landkreise Gemeinden Stadt-/Ortsteile Wohngebiete Straßenabschnitte

Preisnutzen Qualitätsnutzen Imagenutzen Servicenutzen

Segmentierungskriterien

(1) Soziodemografische Segmentierung Soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Haushaltsgröße, Beruf etc. sind aufgrund der relativ leichten Messbarkeit, der guten Verfügbarkeit und der hohen zeitlichen Stabilität in der Marketingpraxis weit verbreitet. Die ausschließliche Anwendung dieses Segmentierungsansatzes wird auch als „klassische Marktsegmentierung“ bezeichnet [vgl. VOSSEBEIN 2000, S. 25]. Da häufig die einzelnen Kriterien keinen sehr hohen Erklärungsbeitrag zum Konsumentenverhalten leisten können, werden in der Praxis vorwiegend Kriterienkombinationen (z. B. Haushaltsgröße, Alter des Haushaltsvorstands und monatliches Haushaltseinkommen) eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 196].

64

2. Segmentierung

(2) Psychografische Segmentierung Aufgrund der vergleichsweise hohen Kaufverhaltensrelevanz sind psychografische Kriterien zur Bildung von Marktsegmenten im B2C-Bereich von besonderer Bedeutung. Daher wird dieser Segmentierungsansatz auch als „moderne Marktsegmentierung“ bezeichnet. Da es sich bei den psychografischen Segmentierungskriterien häufig um nicht beobachtbare Konstrukte des Konsumentenverhaltens (wie z. B. Einstellungen, Motive, Qualitätsanspruch, Kaufabsichten) handelt, steht der hohen Kaufverhaltensrelevanz der Nachteil einer schweren Ansprechbarkeit der identifizierten Segmente gegenüber [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 197 ff.]. Auch bei der psychografischen Segmentierung werden verstärkt Kriterienkombinationen eingesetzt. So erfreuen sich Lebensstil-Segmentierungen (auch als „Life-Style-Typologien“ bezeichnet) zunehmender Beliebtheit. Dabei werden Kriterien des beobachtbaren Verhaltens (z. B. Freizeitverhalten, Kaufgewohnheiten) mit psychischen Kriterien (z. B. Werte, Einstellungen) kombiniert und daraus Konsumententypologien entwickelt. Die bekannteste Life-StyleTypologie stellt der Milieu-Ansatz des SINUS-Instituts in Heidelberg dar. Danach wird die soziale Lage (unterteilt in drei Schichten auf der Grundlage von Bildung, Beruf und Einkommen) mit den Grundorientierungen von „traditionell“ bis „postmodern“ in Beziehung gesetzt. Die so ermittelten zehn SINUS-Milieus fassen Menschen als „Gruppen Gleichgesinnter“ zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Insert 2-1 zeigt die Segmentierung der deutschen Bevölkerung im Jahr 2007 anhand der SINUS-Milieus.

Insert 2-01: SINUS-Milieus [Quelle: SINUS Sociovision Heidelberg 2007]

2.4 Segmentierung im B2C-Bereich

65

(3) Geografische Segmentierung Bei der geografischen Marktsegmentierung erfolgt die Einteilung der Nachfrager nach regionalen Gesichtspunkten. Aufteilungskriterien können Bundesländer, Stadt- und Landkreise, Gemeinden, Ortsteile usw. oder auch die Unterscheidung zwischen Stadt- und Landbevölkerung sein. Zur Ermittlung der Aufnahmefähigkeit von regionalen Teilmärkten hat das Marktforschungsinstitut A. C. NIELSEN speziell für den Konsumgüterbereich eine Einteilung nach sog. NIELSEN-Gebieten (NIELSEN 1-7) vorgenommen. In der geografischen Segmentierung ist die zumeist sekundärstatistisch und damit vergleichsweise einfache und kostengünstige Datenbeschaffung als großer Vorteil anzusehen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 193]. Eine detaillierte Raumaufteilung für verschiedene Konsumgüter bieten datenbankgestützte Regionaltypologien wie die Geomarketing-Datenbanken von INFAS oder GFK. Durch den Einsatz spezieller Software lassen sich konsumwirtschaftliche Einzugsbereiche von zentralen Orten, Einkaufszentren, Bau- und Elektronikmärkten simulieren und regionale Kaufkraftströme messen. Insert 2-02 zeigt den konsumwirtschaftlichen Einzugsbereich von Wilhelmshaven anhand von Iso-Wahrscheinlichkeitslinien, die auf Grundlage des Gravitationsmodells von HUFF [1964] ermittelt werden. Nach dem Modell lässt sich in Abhängigkeit der Attraktivität von zentralen Orten und der Distanz des Wohnortes der Konsumenten zu den Einkaufsorten die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der Verbraucher in alternativen Einkaufsorten einkaufen. Anhand des HUFF-Modells kann im Rahmen von Standortanalysen bspw. das Einzugsgebiet sowie das entsprechende Umsatzpotenzial eines neuen Standortes ermittelt werden [vgl. MÜLLER-HAGEDORN 2005, S. 161 ff.]. Der konsumwirtschaftliche Einzugsbereich von Wilhelmshaven 10% 5% 90%

Wilhelmshaven

50% 10%

5%

20%

5%

Insert 2-02: Der konsumwirtschaftlich Einzugsbereich der Stadt Wilhelmshaven

66

2. Segmentierung

(4) Verhaltensorientierte Segmentierung Verhaltensorientierte Segmentierungskriterien lassen sich entsprechend den Instrumentalbereichen des Marketing in Kriterien des Informations- und Kommunikationsverhaltens, des Preisverhaltens, des Einkaufsstättenwahlverhaltens sowie in produkt- bzw. markenbezogene Kriterien unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 206 f.]. Besonders verbreitet sind Marktsegmentierungen anhand der Preissensitivität (Premium-, preisbewusste und preisaggressive Käufer). Aber auch Kriterien wie Markenbewusstsein und Markentreue sind häufig Ausgangspunkt der Zielgruppenbestimmung. Die eigentlichen Ursachen für die Kaufentscheidungen der Kunden sind allerdings nicht die verhaltensorientierten Kriterien, sondern vielmehr die psychografischen und sozioökonomischen Merkmale. (5) Nutzenorientierte Segmentierung Die nutzenorientierte Segmentierung (engl. Benefit Segmentation) orientiert sich an der Frage, wie Kunden unterschiedliche Nutzenkriterien eines Produkts (wie Preis, Service, Qualität, Image) gewichten. Zwar ist auch hier die Kaufverhaltensrelevanz und damit die Aussagekraft für den zielgruppenspezifischen Einsatz von Marketingmaßnahmen als sehr hoch anzusetzen, doch ist die Erfass- und Messbarkeit dieser Segmente als problematisch anzusehen. Die kurze Vorstellung der fünf Segmentierungsansätze macht das „Dilemma der Marktsegmentierung“ für das B2C-Marketing deutlich: Während die Segmentbildung und -abgrenzung mit soziodemografischen und geografischen Kriterien relativ leicht durchführbar sind, kann die Kaufverhaltensrelevanz problematisch sein. Psychografische, verhaltens- und nutzenorientierte Segmentierungen dagegen weisen eine hohe Relevanz auf, die identifizierten Marktsegmente sind jedoch wesentlich schwerer zugänglich und messbar [vgl. HOMBURG/ KROHMER 2009, S. 468]. Abbildung 2-13 verdeutlicht diesen Sachverhalt.

Anforderungen

Kaufverhaltensrelevanz

Messbarkeit

Erreichbarkeit

Soziodemografische Kriterien

niedrig

hoch

hoch

Psychografische Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Geografische Kriterien

niedrig

hoch

hoch

Verhaltensorientierte Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Nutzenorientierte Kriterien

hoch

niedrig

niedrig

Kriterien

Abb. 2-13:

Beurteilung der Segmentierungskriterien im Konsumgüterbereich [in Anlehnung an FRETER 1995, Sp. 1809 f.]

2.4 Segmentierung im B2C-Bereich

67

2.4.2 Segmentierungsbeispiele Eine besonders geläufige Marktsegmentierung bietet das KRAFTFAHRT-BUNDESAMT (KBA) im Rahmen ihrer Zulassungsstatistik an. Als Kriterien werden produkt-, preis- und nutzenbezogene Merkmale zu den in Abbildung 2-14 aufgeführten Segmenten kombiniert.

Minis

Kleinwagen

Kompaktklasse

Mittelklasse

Smart Fortwo Fiat Panda Renault Twingo

VW Polo Ford Fiesta Opel Corsa

VW Golf, Jetta Opel Astra BMW 1er

BMW 3er VW Passat Mercedes C-Klasse

Obere Mittelklasse

Oberklasse

Geländewagen

Sportwagen

Mercedes E-Klasse BMW 5er Audi A6, S6

Mercedes S-Klasse BMW 7er Porsche Panamera

VW Tiguan BMW X1 Audi Q5

Mercedes E-Coupé Porsche 911 BMW Z4

Mini-Vans

Großraum-Vans

Utilities

Wohnmobile

Mercedes B-Klasse Renault Scenic Nissan Qashqai

VW Touran Opel Zafira Mercedes Viano

VW Transporter VW Caddy Citroen Berlingo

Fiat Ducato Ford Transit VW Transporter

Abb. 2-14:

Segmentierung des Automobilmarktes (Beispielperiode April 2010) [Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt]

Ein weiteres Beispiel ist die nutzenorientierte Segmentierung des Feinseifenmarktes. Abbildung 2-15 verdeutlicht zunächst die Struktur des Kosmetik- und Körperpflegemarktes insgesamt. Auf der Ebene des Teilmarktes Feinseifen ist eine Nutzensegmentierung mit vier beispielhaften Marken dargestellt. Aufgrund von Verbraucheruntersuchungen wurden vier dominante Nutzenerwartungen der Konsumenten ermittelt: Pflege, traditioneller Duft, DeoWirkung und natürliche Frische. Überträgt man diese vier Grundrichtungen auf ein zweidimensionales Marktmodell, so entstehen vier Quadranten von Nutzenkombinationen, in denen die einzelnen Marken positioniert werden [vgl. BECKER 2009, S. 278 f.].

68

2. Segmentierung

Gesamtmarkt: Produktkategorie

Körperpflege/Kosmetik

Marktbereiche: Produktbereiche

Hauptmärkte: Produktgruppen

Körperpflege

Haarpflege

Untermärkte: Produktarten

Kosmetik

Zahnpflege

Allgemeine Körperpflege

Badezusätze

Deodorants

Seifen

Luxusseifen

Feinseifen

Teilmärkte: Produktklassen

Pflege Kosmetik

Dekorative Kosmetik

Haushaltsseifen

Pflege

Nivea

Segment IV

CD

Fa Marktsegmente

Natürliche Frische

Segment III

Segment I

Traditioneller Duft

8x4

Segment II

Deo-Wirkung

Abb. 2-15:

Segmentierung des Feinseifenmarktes [Quelle: BECKER 2009, S. 279]

Duftwasser

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

2.5

69

Segmentierung im B2B-Bereich

Auch im B2B-Bereich ist der Markt kein monolithischer Block. Er umfasst mehr Einsatz- und Anwendungsfelder, mehr Käufergruppen, mehr Anwendungsfunktionen und mehr technologische Gestaltungsmöglichkeiten, als ein Unternehmen überhaupt abdecken kann [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 38]. Der Gesamtmarkt aller Kundenunternehmen und Organisationen muss also in Teilmärkte (Segmente) aufgeteilt werden, damit diese individuell mit Marketingmaßnahmen bearbeitet werden können. Die Aufteilung hat so zu erfolgen, dass die einzelnen Segmente Unternehmen und Organisationen enthalten, die ähnliche Eigenschaften aufweisen und nach gleichen Gesichtspunkten einkaufen. Die Marktsegmentierung muss sicherstellen, dass Produkte und Leistungen, Preise, Vertriebswege und Kommunikationsmaßnahmen zu den spezifischen Anforderungen der identifizierten Kundengruppen passen. Damit wird deutlich, welche bedeutende Rolle die Segmentierung des Zielmarktes auch im B2B-Marketing einnimmt. 2.5.1 Segmentierungsansätze Für den Industriegüterbereich, dem sicherlich größten Anwendungsfeld des B2B-Marketings, gibt es eine Reihe von Segmentierungsansätzen, die sich wie folgt gruppieren lässt [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 120]: 

Einstufige Ansätze, die lediglich einzelne Kriterien wie z. B. die Größe der Kundenunternehmen für die Segmentierung heranziehen;



Mehrstufige Ansätze, die in einem stufenweisen Filterungsprozess Kriterien für das organisationale Beschaffungsverhalten festlegen (z. B. zunächst die Unternehmensgröße, dann die Organisationsstruktur);



Mehrdimensionale Ansätze, die im Prinzip die gleichen Kriterien wie mehrstufige Ansätze verwenden, jedoch nicht stufenweise sondern gleichzeitig;



Dynamische Ansätze, die Veränderungen von Kundenbedürfnissen und -präferenzen nachvollziehen.

Die bisher vorgelegten Segmentierungsansätze sollen hier jedoch nicht weiter verfolgt werden. Zur Identifizierung von Marktsegmenten im B2B-Bereich wird stattdessen ein Ansatz gewählt, der das mehrstufige mit dem mehrdimensionalen Modell unter dem Aspekt der Praktikabilität und Umsetzbarkeit kombiniert und auf zwei wesentliche Kategorien von Segmentierungskriterien reduziert. Es handelt sich hierbei zum einen um den segmentierungsstrategischen Gesichtspunkt der Abgrenzung von Organisationsgruppen anhand von Organisationscharakteristika (organisationsbezogene Kriterien) und zum anderen um den segmentierungs-taktischen Gesichtspunkt des tatsächlichen Organisationsverhaltens bei der Kaufentscheidung [vgl. BECKER 2009, S. 280 f., der darüber hinaus noch organisationsmitgliederbezogene Kriterien als dritte Kategorie anführt; diese dritte Kategorie ist hier jedoch erst im Rahmen des Aktionsfeldes Akquisition relevant]. Damit sind zugleich auch die beiden Segmentierungsstufen genannt [vgl. auch WIND/CARDOZO 1974]:

70

2. Segmentierung



Makrosegmentierung zur Abgrenzung von Kundengruppen mit homogener Problemlandschaft und Nutzenvorstellung (→ segmentierungs-strategischer Aspekt) und



Mikrosegmentierung zur Auswahl und Ansteuerung der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen innerhalb der ausgewählten Kundengruppe (→ segmentierungs-taktischer Aspekt).

2.5.2 Makrosegmentierung Die (strategisch ausgelegte) Makrosegmentierung konzentriert sich problembezogen auf eine effiziente Aufteilung des Gesamtmarktes in möglichst homogene Teilmärkte. Dabei wird eine Beschreibung und Abgrenzung der Kundengruppen mit Hilfe folgender organisationsbezogener Kriterien vorgenommen, die in etwa den „demografischen“ Kriterien im B2C-Bereich entsprechen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 111]:     

Vertikale Märkte (Branchen) Horizontale Märkte (Funktionen) Räumliche Märkte (Regionen) Betriebsgröße (Umsatz, Anzahl der Beschäftigten, Bilanzsumme etc.) Technologie (Hardware, Betriebssystem, Datenbanksystem etc.).

Diese Segmentierungskriterien definieren und beschreiben den „strategischen Aktivitätenraum“ des Unternehmens [vgl. BECKER 1993, S. 244]. (1) Vertikale Segmentierung Aus Sicht vieler Unternehmen ist die vertikale Segmentierung, d. h. die Aufteilung des Marktes nach Branchen maßgebend. Die Branchenorientierung empfiehlt sich vornehmlich für Anbieter, die ihr wichtigstes Kundenpotenzial im Mittelstand sehen und daher eine vertikale Gliederung ihres Produkt- und Leistungsangebotes anstreben. Neben der generellen Branchenzugehörigkeit (Industrie, Handel, Banken, Versicherungen, Transport, Verkehr, sonstige Dienstleistungen und Öffentlicher Bereich) ist vor allem die Differenzierung innerhalb dieser Wirtschaftsbereiche besonders aussagekräftig. Im industriellen Bereich beispielsweise kann weiter unterschieden werden nach Wirtschaftsabteilungen wie chemische Industrie, Maschinen- und Anlagenbau, Elektroindustrie, Nahrungs- und Genussmittelindustrie etc. oder nach Fertigungsarten wie Auftrags- und Einzelfertiger, Serienfertiger, Massenfertiger und Prozessfertiger. Häufig bietet erst eine solch umfassende Differenzierung (z. B. anhand eines Segmentierungsbaumes wie in Abbildung 2-16 dargestellt) Anhaltspunkte dafür, welche primären Zielgruppen ausgewählt, oder welche Organisationsgruppen als weniger relevant ausgeschlossen werden sollen [vgl. LIPPOLD 1993, S. 226].

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

71

Gesamtmarkt

Vertikal

Industrie

Abb. 2-16:

Horizontal

Baugewerbe

Auftragsfertiger

KleinSerienfertiger

Einmalfertiger

Einzelfertiger

Regional

Handel

Betriebsgröße

Transport/ Verkehr

GroßSerienfertiger

Banken/ Versicherungen

Massenfertiger

Variantenfertiger

Technologie



Sonstige Dienstleistungen …

Prozessfertiger

Mischfertiger





Beispiel für einen Segmentierungsbaum [Quelle: LIPPOLD 1993, S. 112]

Eine besonders aussagekräftige Segmentierung im Bereich der Fertigungsindustrie hat die Unternehmensberatung UBM (heute: OLIVER WYMAN) für ihre Kunden entwickelt. Dabei werden die beiden Merkmale Stabilität des Produktionsprozesses und Komplexität des zu fertigenden Produktes zueinander in Beziehung gesetzt. Die Stabilität des Produktionsprozesses korreliert sehr stark mit der Anzahl der produzierten Erzeugnisse und wird mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch auf der Abszisse abgetragen. Auf der Ordinate werden die verschiedenen Komplexitätsstufen des Produktes dargestellt. Je komplexer das zu fertigende Produkt ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die Stücklistenorganisation. Auf diese Weise lassen sich dann Industriesegmente wie Einmal-, Einzel-, Varianten-, Massen-, Wiederhol- oder Prozessfertiger voneinander abgrenzen. Abbildung 2-17 zeigt das Ergebnis dieser Abgrenzung in Form einer Matrix. Eine solche Segmentierung ist besonders hilfreich für Unternehmen, die gezielt Produkte oder Dienstleistungen für die so identifizierten Marktsegmente anbieten (z. B. Softwarehäuser mit CAD/CAM-Systemen oder ERP-Systemen für die Produktionsplanung und -steuerung).

72

2. Segmentierung

Produktkomplexität Einmalfertigung • Schiffbau • Hütten- und Walzeinrichtungen • Sondermaschinen • Groß-Werkzeugmaschinen

Komplexe Produkte

Baugruppen, Produkte mittlerer Komplexität

Einzelfertigung (Auftrag) • Kessel- und Behälterbau • Sonstiger Maschinenbau • Elektro-Sondermaschinenbau

Teile, einfache Produkte

• Luft- und Raumfahrt • Schienenfahrzeugbau • Werkzeug-, Textil- und Verpackungsmaschinen

niedrig

Automobilmontage • Montagewerke der Automobilhersteller

Variantenfertigung nach Programm

Massenfertigung (Montage)

• Landmaschinen • Baumaschinen • Feinmechanik • Getriebe

• Zulieferer • Konsumelektronik • Büro- und Informationstechnik

Wiederholfertigung

Linienfertigung

• Betonfertigteile • Schleifmittel, Werkzeuge • Gießereien, Schmieden • Druckereien

• Lampen, Leuchten • Metallblechwaren • Kunststoff, Gummiwaren • Bekleidung, Textil • Keramik, Optik

Diskontinuierlicher Prozess

Kontinuierlicher Prozess

• Nahrungsmittelindustrie • Getränkeindustrie • Feinchemie • Pharmaindustrie

Prozessgüter

Abb. 2-17:

Variantenfertigung nach Auftrag

mittel

• Raffinerien • Metallerzeugung • Glas, Zement • Papiererzeugung • Grundstoffchemie

hoch

Fertigungsindustrie

Prozessindustrie

Stabilität des Produktionsprozesses

Segmentierung der Fertigungsindustrie [Quelle: UBM 1989]

Ein weiteres Beispiel für die Bestimmung relevanter Zielgruppen im Mittelstand liefert Abbildung 2-18. Danach werden die beiden Merkmale Unternehmensperformance (mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch) und Unternehmenszugehörigkeit (mit den Ausprägungen Entrepreneurial Companies, Corporate Companies und Semi-public Companies) zueinander in Beziehung gesetzt. Die so identifizierten Marktsegmente reichen von „erfolgreichen“ und „innovativen“ Unternehmen, über „Start-ups“ bis hin zu „Sanierungsfällen“ und „Insolvenzen“. Auf diese Weise lässt sich bspw. der spezifische Bedarf an Unternehmensberatungsleistungen für die einzelnen Marktsegmente ableiten [vgl. LIPPOLD 2010, S. 7]: 

Fokussierte Expertenberatung für erfolgreiche und innovative Unternehmen;



Ganzheitliche Beratung für Wachstumsunternehmen, Privatisierungsfälle, „Stuck-in-themiddle“-Unternehmen und „Start-ups“;



Schnelle und zielsichere Umsetzungsberatung für Restrukturierungs- und Sanierungsfälle sowie Insolvenzen.

(2) Horizontale Segmentierung Die horizontale Segmentierung kann dann für das B2B-Marketing von Interesse sein, wenn die angebotenen Produkte und Dienstleistungen eine Kaufrelevanz für bestimmte betriebliche Funktionsbereiche haben (z. B. Verpackungsmaterialien für Materialwirtschaft/Logistik, Call Center-Angebot für Marketing/Vertrieb). Zu den relevanten Funktionsbereichen zählen

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

      

73

Materialwirtschaft/Logistik, Produktionsplanung und -steuerung, Personalwirtschaft, Finanzwirtschaft, Informationstechnik/Informationssysteme, Kostenrechnung/Controlling und Marketing/Vertrieb.

Erfolgreiche Unternehmen

Implikationen für Beratung

hoch Unternehmensperformance

Innovative Unternehmen

Fokussierte Expertenberatung

Wachstumsunternehmen mittel

Privatisierungsfälle

Stuckin-the-middle

Ganzheitliche Beratung

Start-ups Restrukturierungsfälle Sanierungsfälle

niedrig

Schnelle und zielsichere Umsetzungshilfe

Insolvenzen Semi-public Companies

Corporate Companies

Entrepreneurial Companies

Unternehmenszugehörigkeit

Abb. 2-18:

Segmentierungsansatz für den Mittelstand [Quelle: LIPPOLD 2010, S. 7]

(3) Regionale Segmentierung Bei der räumlichen Marktaufteilung geht es darum, ob und inwieweit die Käufergruppen regional begrenzt, überregional und/oder in verschiedenen Auslandsmärkten aktiv bearbeitet werden sollen. Bei jüngeren Unternehmen mit Wachstumsambitionen verläuft die Entwicklung des Absatzgebietes häufig recht unkontrolliert. Sie beginnt mit einem lokalen Absatzgebiet, dem eine regionale und teilweise auch internationale Markterschließung folgt. Häufig stagniert diese Entwicklung, wenn das Unternehmen auf konkurrierende Wettbewerbszonen anderer Unternehmen stößt und keine Ressourcen zur Überwindung bereitstehen oder geplant sind [vgl. SCHILDHAUER 1992, S. 68]. So verlangt bspw. die erfolgreiche Vermarktung von Produkten oder Produktkomponenten sehr häufig eine breite, möglichst internationale Vermarktungsbasis, um eine hohe Stückzahl absetzen zu können. Hier zeigt sich allerdings eine Schwäche vieler Unternehmen. Der Mangel an kritischer Masse (im Sinne einer Mindestgröße für Internationalität) und die unzureichende Wachstumsfinanzierung sind wesentliche Gründe für das Scheitern vieler Unternehmen im internationalen Wettbewerb.

74

2. Segmentierung

(4) Segmentierung nach der Betriebsgröße Eine weitere Segmentierung kann nach der Größe der Kundenunternehmen vorgenommen werden. Hierfür bietet sich eine Klassifizierung nach der Beschäftigtenzahl, nach der Umsatzgröße oder – vornehmlich bei Banken und Versicherungen – nach der Bilanzsumme an. Die Betriebsgröße ist immer dann von besonderer Bedeutung, wenn es sich um den Verkauf von Produkten mit sehr hohen (und teuren) Dienstleistungsanteilen handelt. So sind kleinere und mittelgroße Organisation tendenziell weniger bereit, solche komplexen Lösungen einzusetzen. Hier werden eher standardisierte Produkte und Leistungen akzeptiert. Ein Beispiel dafür ist der jahrelange Versuch der SAP, ihr ERP-Softwaresystem R/3, das nahezu in jedem deutschen Großunternehmen eingesetzt ist, auch im Mittelstand zu positionieren. Während größere Unternehmen durchaus bereit und in der Lage sind, die Einführungs- und Beratungskosten im Umfeld des Softwaresystems zu bezahlen, sind mittelständische Unternehmen weniger geneigt, diese Zusatzkosten zu tragen. (5) Segmentierung nach technologischen Gesichtspunkten Für viele Unternehmen – insbesondere aus dem High-Tech-Bereich – ist die systemtechnische Infrastruktur der Kundenunternehmen ein wichtiges Segmentierungsmerkmal. Differenzierungen können hier insbesondere nach Technologiekomponenten wie Hardware, Betriebssystem oder Datenbanksystem vorgenommen werden. Allerdings verlieren solche technologischen Merkmale zunehmend an Bedeutung, weil Unternehmen immer mehr auf technologische Standards, Industriestandards oder Quasistandards setzen. So ist bspw. im Betriebssystembereich die verstärkte Verbreitung von UNIX und Windows NT unübersehbar. Eine weitere Segmentierungsmöglichkeit auf Ebene der Makrosegmentierung ist die Aufteilung des Zielmarktes nach Innovationstypen, die ebenfalls dem Technologiekriterium zugeordnet werden kann. Danach ist zu unterscheiden zwischen folgenden drei Segmenten [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 75]:   

HIPs: MIPs: NIPs:

Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial Unternehmen mit mittlerem Innovationspotenzial Unternehmen mit niedrigem Innovationspotenzial.

Als Kriterium zur Bestimmung des jeweiligen Innovationspotenzials kann der innerbetriebliche Technologieeinsatz herangezogen werden, wie z. B. Unternehmen mit einem hohen Einsatzstand von Kommunikations- und Fertigungseinrichtungen. Wichtig bei der Durchführung der Segmentierung ist, dass sich die Unternehmen nicht nur in ein oder zwei Kriterien (Dimensionen) festlegen. Erst eine mehrdimensionale Marktausrichtung, die bspw. eine Konzentration auf wenige Branchen und Funktionen, bestimmte Betriebsgrößen in einem räumlich definierten Marktgebiet vorsieht, kann der Gefahr einer möglichen Verzettelung der knappen Entwicklungs- und Marketingkapazitäten begegnen. Umgekehrt kann die mehrdimensionale Segmentierung aber auch dazu führen, dass das Potenzial eines aus der Schnittmenge mehrerer Merkmale gewonnenen Marktsegments für eine intensive Bearbeitung nicht ausreicht [vgl. LIPPOLD 1993, S. 227].

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

75

In Abbildung 2-19 sind beispielhaft vier Segmentierungsdimensionen dargestellt.

Branchen wie • Automotive • Banken • Konsumgüter

Zielsegment

Regionen wie • national • international • global

Betriebsgröße wie • Großunternehmen • Mittelgroße Unternehmen • Kleinere Unternehmen

Funktionen wie • Marketing/Vertrieb • Forschung und Entwicklung • Logistik

Abb. 2-19:

Mehrdimensionale Segmentierung im B2B-Bereich

2.5.3 Mikrosegmentierung Der Segmentierung auf Mikroebene (Unternehmensebene) liegt eine andere logische Dimension zugrunde als der Makrosegmentierung. Während in der Makrosegmentierung die strategisch bedeutsame Auswahl des zu bearbeitenden Marktausschnitts (Zielgruppe) getroffen wird, legt die Mikrosegmentierung fest, welche Zielpersonen innerhalb der zuvor definierten Zielgruppe angesprochen werden sollen. Als Kriterien zur Abgrenzung der Mikrosegmente können Merkmale der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen, wie Stellung in der Hierarchie, Zugehörigkeit zu bestimmten Funktionsbereichen oder persönliche Charakteristika, herangezogen werden. Für das B2BMarketing sollen folgende Zielpersonenkonzepte vorgestellt werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 130 ff.]:   

Hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept Buying-Center Kommunikationsorientiertes Zielpersonenkonzept.

(1) Hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept Als eine sehr pragmatische Abgrenzung von Personen, die bei der Auswahl insbesondere von IT-orientierten Produkten und Dienstleistungen (High-Tech-Produkte, Software u. ä.) beteiligt sind, hat sich das hierarchisch-funktionale Zielpersonenkonzept erwiesen. Es geht davon aus, dass in den Beschaffungsprozess des Kundenunternehmens drei Funktionsbereiche involviert sein können [vgl. HANSEN et al. 1983, S. 52]:

76

  

2. Segmentierung

Geschäftsleitung, IS-/IT-Management und Fachabteilung.

Die Funktionsträger dieser drei Gruppen können wiederum drei Hierarchiestufen zugeordnet werden: Geschäftsleitung der obersten, IT-Management und Leiter der Fachabteilung der mittleren und IT-Mitarbeiter und Sachbearbeiter der untersten Managementebene. Bei den Mitgliedern der Geschäftsleitung handelt es sich in erster Linie um Entscheidungsträger. Als Machtpromotoren verfügen sie über das hierarchische Potenzial, eine Beschaffungsentscheidung durchzusetzen. In kleineren Kundenunternehmen ist dies der Unternehmer selbst bzw. die Geschäftsführung, in größeren Unternehmen das Management der ersten und zweiten Führungsebene. Bei Kundenunternehmen mit einer eigenen IT-Abteilung kann das IT-Management ein wichtiger Fach- aber auch Machtpromotor sein, den der Anbieter in jedem Fall in seinen Akquisitionsprozess einzubeziehen hat. Diese Zielpersonen sind ständig darum bemüht, alle technisch-wirtschaftlichen Details aufzunehmen, die sie in die Lage versetzen, mit dieser spezifischen Energie auf Entscheidungs- und Innovationsprozesse einzuwirken [vgl. STROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 81]. Gemeinsam mit dem IT-Management sind auch die Zielpersonen der Fachabteilungen der Gruppe der Fachpromotoren zuzuordnen. Sie bereiten nicht nur den Entscheidungsprozess vor, sondern sie sind letztendlich auch die Personengruppe, die die auszuwählende Problemlösung nutzen soll. (2) Buying Center Die Funktionsweise des Buying Center und die verschiedenen Rollen seiner Akteure sind bereits in Abschnitt 2.3.2 vorgestellt worden. Von besonderer Bedeutung für das B2BMarketing ist es, die Mitglieder des Buying Center zu identifizieren und diese in ihrem Rollenverhalten zu analysieren. (3) Kommunikationsorientiertes Zielpersonenkonzept Neben den oben skizzierten Zielpersonenkonzepten als Segmentierungsansätze im Mikrobereich, die für den Abschnitt 4.5 Akquisition von grundlegender Bedeutung sind, soll hier noch auf das kommunikationsorientierte Zielpersonenkonzept als dritte Abgrenzungsmöglichkeit von Zielpersonen im Software-Marketing hingewiesen werden. Es handelt sich dabei um eine Klassifizierung der Zielpersonen innerhalb einer Anwendergruppe nach ihrem Verhältnis und Kenntnisstand gegenüber dem kommunizierenden Softwarehaus. Danach ist zu unterscheiden zwischen Indifferenten, Sensibilisierten, Interessierten und Engagierten, bezogen auf deren Einstellung zum kommunizierenden Unternehmen. Da dieser Ansatz der Mikrosegmentierung auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung abzielt, wird er im 4. Kapitel Kommunikation behandelt und dort als Grundlage des Kommunikationsmodells vorgestellt.

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

77

2.5.4 Segmentbewertung Wenn die Bedürfnisse, Ziele, Probleme und Erwartungen der anzusprechenden Zielgruppe transparent sind, dann ergeben sich daraus unmittelbar die qualitativen Anforderungen an die anzubietenden Produkte. Um jedoch den Mitteleinsatz für die Vermarktung planen zu können, werden Angaben über den quantitativen Bedarf jeder Zielgruppe bzw. jedes Marktsegments benötigt. Damit stellt sich die Frage nach der Attraktivität der zu bearbeitenden Marktsegmente. Zur Bewertung und Absicherung der Attraktivität von Marktsegmenten können folgende Kriterien herangezogen werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 48 ff.]:    

Segmentvolumen und -potenzial Wettbewerbsintensität Preisniveau Kapitalbedarf.

(1) Segmentvolumen und -potenzial Segmentvolumen und Segmentpotenzial stellen das Mengengerüst der Nachfrage auf Basis der Anzahl der aktuellen und potentiellen Kunden dar [siehe Abbildung 2-20].

Segmentanteil = Anteil eines Unternehmens am aktuellen Segmentvolumen

Segmentwachstum

Segmentvolumen = effektiver Umsatz aller Unternehmen im Marktsegment Segmentpotenzial = maximal erreichbarer Umsatz im Marktsegment

Abb. 2-20:

Segmentbezogene Zielgrößen einer quantitativen Nachfragebeurteilung

Dieses Mengengerüst erlaubt eine erste Einschätzung, ob es sich überhaupt um ein tragfähiges Marktsegment handelt. Im ersten Schritt wird also die Anzahl der Betriebe ermittelt, die der Zielbranche angehören, eine bestimmte Betriebsgröße aufweisen und in einer definierten Region ansässig sind. Zusätzlich können je nach Art der Produkte und Dienstleistungen auch technologische Kriterien zur Eingrenzung des insgesamt erreichbaren Marktpotenzials herangezogen werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 48]. Der (wertmäßige) Segmentanteil eines Unternehmens ergibt sich aus dem Verhältnis des Umsatzes, der mit den eigenen Kunden im aktuellen Segment erzielt wird, zum gesamten Segmentvolumen. Segmentvolumen und Segmentpotenzial werden in wachstumsintensiven Marktsegmenten stärker auseinanderfallen als in gesättigten Segmenten.

78

2. Segmentierung

(2) Wettbewerbsintensität Mit der aktuellen Größe eines Marktsegments wächst auch die Anzahl der Wettbewerber, so dass das insgesamt erreichbare Segmentpotenzial im zweiten Schritt durch die Wettbewerbsintensität relativiert werden muss. Segmente, die bspw. von international agierenden Anbietern bearbeitet werden, dürften als sehr wettbewerbsintensiv einzustufen sein. Ein transparentes Angebot und hohe Anforderungen an Stabilität, Qualität und Funktionalität kennzeichnen solche wettbewerbsintensiven Märkte. Anders sieht es hingegen in Marktnischen aus, die hinsichtlich des Segmentpotenzials weniger attraktiv sind: Hier werden sich größere Anbieter kaum engagieren. Auch in Segmenten mit sehr individuell geprägten Kundenproblemen ist die Wettbewerbsintensität aufgrund der intransparenten und weniger gut vergleichbaren Leistungsangebote eher niedrig einzuschätzen. Unter dem Aspekt der Bewertung neuer Marktsegmente ist die Berücksichtigung von Segmentbarrieren als Gesamtheit aller hemmenden Einflussfaktoren für den Eintritt in das Marktsegment von besonderer Bedeutung [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 49 f.]. Darüber hinaus gilt die generelle Empfehlung, dass ein jüngeres Unternehmen nicht zu viele Marktsegmente für sich definieren sollte, da dazu die Investitionskraft in der Regel nicht ausreicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Markteintrittsschranke bzw. Marktsegmentbarriere etwa so hoch ist, wie die bisherigen Investitionen des Markt(segment)führers. Andererseits werden die Eintrittsbarrieren durch den Technologiewandel permanent verändert und das bietet wiederum besondere Chancen für neue, technologisch attraktive Produkte [vgl. LIPPOLD 1998, S. 127]. (3) Preisniveau Im dritten Schritt ist das Preisniveau des Segments auszuloten. Die Preisstellung in Verbindung mit dem (mengenmäßigen) Absatzpotenzial liefert eine erste Abschätzung für die Umsatzplanung. Hierbei ist zu beobachten, dass häufig ein Mengen-/Preisverhältnis in Abhängigkeit vom Zielmarkt (differenziert nach der Betriebsgröße) existiert. D. h. je kleiner die Kundenunternehmen sind, desto kleiner wird i. d. R. auch der Preis sein, der für eine Produkteinheit erzielt werden kann. Dies ist bei beliebig reproduzierbaren Produkten weniger problematisch, denn geringere Preise lassen sich durch entsprechende Mengen kompensieren. Anders ist es dagegen bei den Serviceeinheiten, die z. B. in Form von Einführungs-, Installations- und Beratungsleistungen häufig mit dem Produkteinsatz verbunden sind. Serviceeinheiten sind weder beliebig reproduzierbar noch beliebig teilbar. Sie basieren auf einer Kalkulation (Stunden- oder Tageshonorare), die sich zum überwiegenden Teil aus den Personal- und Arbeitsplatzkosten zusammensetzen. Diese Überlegung begründet auch die Erfahrung in der Software- und Beratungsbranche, dass in kleineren Betrieben auf eine Produkteinheit nur Bruchteile einer Serviceeinheit entfallen, dagegen in Großbetrieben der Serviceanteil (meistens in Form von Modifikationen) häufig deutlich über dem entsprechen Produktanteil liegt [vgl. LIPPOLD 1998, S. 128].

2.5 Segmentierung im B2B-Bereich

79

(4) Kapitalbedarf Ein weiteres Kriterium für die Attraktivität eines Segments ist der mit seiner Bearbeitung verbundene Finanzmittelbedarf. Viele Zielsegmente zeichnen sich auf der einen Seite durch ein relativ geringes Preisniveau und auf der anderen Seite durch einen hohen Kapitalbedarf für die Entwicklung und Marktbearbeitung aus. Nur bei Erreichen entsprechend hoher Stückzahlen können diese Segmente profitabel bearbeitet werden. Wenn die notwendigen Stückzahlen nicht realisiert werden, sind die Verluste mangels Kapitalrückfluss umso gravierender. Die potenziell hohe Profitabilität dieser Segmente muss also mit einem entsprechend höheren Risiko erkauft werden [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 49 f.]. Im vierten Schritt ist demnach eine Kapitalflussrechnung durchzuführen, bei der die (realistisch) erreichbaren Stückzahlen – bewertet mit dem Preisniveau – dem Kapitalbedarf periodengerecht gegenüber gestellt werden. Da die Praxis immer wieder zeigt, dass der Kapitalbedarf für die Entwicklung und Vermarktung insbesondere von High-Tech-Produkten regelmäßig unterschätzt wird, ist hier von vornherein mit einem entsprechenden Risikozuschlag zu kalkulieren. In Abbildung 2-21 ist das Konzept der mehrstufigen Segmentierung in Form der zielgruppenbezogenen Makrosegmentierung einerseits und der darauf aufbauenden zielpersonenorientierten Mikrosegmentierung andererseits grafisch dargestellt. Makrosegmentierung (zielgruppenorientiert) 1. Stufe

Zielgruppen

Segmentierungsdimensionen • Vertikale Märkte • Horizontale Märkte • Regionale Märkte • Betriebsgröße • Technologie

Segmentierungskriterien • Segmentvolumen • Segmententwicklung • Wettbewerbsintensität • Preisniveau • Kapitalbedarf

Mikrosegmentierung (zielpersonenorientiert) 2. Stufe

Zielpersonen

Abb. 2-21:

Hierarchisch-funktional • Vorstand/GF • Finanzmanagement • Sonst. Fachbereiche • Shareholder • Stakeholder

Buying-Center • Initiator • Gatekeeper • Influencer • Decider • Buyer • User

Kommunikationsorientiert • Indifferente • Sensibilisierte • Interessierte • Engagierte

Das Konzept der mehrstufigen Segmentierung im B2B-Bereich

80

2.6

2. Segmentierung

Auswahl der Marktsegmente

2.6.1 Geschäftsfeldplanung Unter organisatorischen Gesichtspunkten und unter dem Aspekt einer gezielteren Marktbearbeitung ist die Segmentierung zugleich Grundlage der Geschäftsfeldplanung bzw. -bestimmung (engl. Defining the Business). Die für das eigene Produktangebot als relevant erachteten Segmente werden als strategische Geschäftsfelder (SGF) bezeichnet. Sie sind eine Kombination aus Produkt und Markt (Zielgruppe). Sie erfüllen eigene Marktaufgaben, indem sie jeweils originäre Kundenprobleme lösen. Sie weisen gegenüber anderen Segmenten eine hinreichende Eigenständigkeit auf und haben eigene Ertragsaussichten [vgl. TÜSCHEN 1989, S. 43; MÜLLER 1995, Sp. 761 und SZYPERSKI/WINAND 1979, S. 197]. Ausgangspunkt der Geschäftsfeldplanung ist das bestehende Angebot eines Unternehmens, das den identifizierten Marktsegmenten gegenübergestellt wird. Auf diese Weise erhält man eine zweidimensionale Produkt/Markt-Matrix, in der jene Produkt/Markt-Kombinationen ausgewählt werden, die das Unternehmen momentan bedient. Auf der Grundlage der als besonders strategisch erachteten Kriterien (z. B. eine bestimmte Technologie oder Kundengruppe) werden sodann einzelne Produkt/Markt-Kombinationen zu strategischen Geschäftsfeldern zusammengefasst [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 114 ff.]. Das organisatorische Gegenstück zu markt(segment)orientierten Geschäftsfeldern bilden strategische Geschäftseinheiten (SGE). Eine strategische Geschäftseinheit entsteht durch die interne Segmentierung eines Unternehmens und ist für die Bearbeitung eines oder mehrerer Geschäftsfelder zuständig [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 121].

Markt Strategische Geschäftsfelder SGF

Produktgruppen

Produktgruppen

Marktsegmente

Unternehmen

SGF 1

SGF 2

SGF 3

SGF 4 SGF 5

Produkt/Markt-Matrix

Abb. 2-22:

Strategische Geschäftseinheiten SGE

Abgrenzung Geschäftsfelder

SGE 1

SGE 2

SGE 3

bearbeitet

bearbeitet

bearbeitet

SGF 1

SGF 2

SGF 5

SGF 3

SGF 4

Bildung von Geschäftseinheiten

Stufen der Geschäftsfeldplanung [modifiziert nach MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 117]

Eine – zumindest vertrieblich ausgerichtete – Organisation nach Geschäftsfeldern in Form von Geschäftseinheiten verkürzt die Wege zum Kunden, weil sie neben den eigenen Produk-

2.6 Auswahl der Marktsegmente

81

ten bzw. deren Funktionalitäten auch die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt stellt. In Abbildung 2-22 sind die Stufen der Geschäftsfeldplanung dargestellt.

2.6.2 Segmentierungsstrategien Die Bildung von Geschäftsfeldern als Ergebnis der Segmentierung wirft zugleich die Frage nach der Anzahl der zu bearbeitenden Geschäftsfelder bzw. Marktsegmente und damit den Grad der Abdeckung des Marktes auf. Grundsätzlich lassen sich fünf typische Marktbearbeitungsmuster unterscheiden [vgl. BECKER 2009, S. 448 f. und Bezugnahme auf ABELL 1980]: 

Gesamtmarktabdeckung, d. h. Abdeckung aller relevanten Teilmärkte mit jeweils darauf abgestimmten Produktalternativen (Beispiele: NESTLÉ im Nahrungsmittelbereich; IBM im Computermarkt; VW-Konzern im Automobilmarkt);



Marktspezialisierung, d. h. vollständige Abdeckung eines Teilmarktes mit einem „kompletten“ Programm (Beispiele: MILUPA für Kindernahrung; WOLF-Gartensystem; ADIDAS im Sportartikelbereich);



Produktspezialisierung, d. h. vollständige Abdeckung eines Produktbereichs (Beispiele: LOEWE-Fernseher; STIHL-Motorsägen; SAP-Unternehmenssoftware);



Selektive (differenzierte) Spezialisierung, d. h. Bearbeitung ausgewählter Teilmärkte zur Ausschöpfung möglichst attraktiver Produkt/Markt-Kombinationen (Beispiele: FERRERO im Süßwarenbereich; GRÜNENTHAL-Pharmazeutika; 3M-Produktportfolio);



Nischenspezialisierung, d. h. Spezialisierung auf einen (kleinen) Teilmarkt aufgrund spezieller Kompetenzen und/oder besonderer Attraktivität der Nische (Beispiele: FERRARI-Sportwagen; Softwarehäuser für Geomarketing-Datenbanken; Bauunternehmen für den Bau von Tankstellen).

Abbildung 2-23 kennzeichnet die fünf Grundmuster der Marktbearbeitung. In diesem Zusammenhang müssen auch zwei typische Risiken der Marktsegmentierung genannt werden. Zum einen handelt es sich um die Gefahr der Übersegmentierung, zum anderen um die Gefahr der Überkonzentration [vgl. BECKER 2009, S. 291]. Bei der Übersegmentierung (engl. Oversegmentation) besteht das Risiko darin, dass Märkte „künstlich“ zu stark aufgeteilt werden. Diese Gefahr ist vornehmlich dann gegeben, wenn ein Unternehmen (zu) viele Marken mit unterschiedlichen Marketingprogrammen in einem Zielmarkt anbietet. Eine Überkonzentration (engl. Overconcentration) ist vor allem dann gegeben, wenn sich ein Unternehmen zu sehr auf ein Segment konzentriert. Eine besondere Gefahr sind geschlechtsspezifische oder altersspezifische Segmentierungen, die sich im Zeitablauf verändern können.

82

2. Segmentierung

M1

M2

M3

M1

M2

M3

M1

P1

P1

P1

P2

P2

P2

P3

P3

P3

Gesamtmarktabdeckung M1

M2

Marktspezialisierung

M3

M1

P1

P1

P2

P2

P3

P3

M2

M2

M3

Produktspezialisierung

M3

P = Produkt

Selektive Spezialisierung

Abb. 2-23:

M = (Teil-)Markt

Nischenspezialisierung

Idealtypische Marktbearbeitungsmuster [Quelle: BECKER 2009, S. 448]

Wird der Grad der Marktabdeckung mit der Art der Marktbearbeitung in Beziehung gesetzt, so ergeben sich folgende Marktbearbeitungsstrategien, die auch als Marktparzellierungsstrategien bezeichnet werden [vgl. BECKER 2009, S. 238 ff. und MEFFERT et al. 2008, S. 295 ff.]:    

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie Selektive Marktbearbeitungsstrategie.

(1) Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie Bei der undifferenzierten Marktbearbeitungsstrategie – auch als Massenmarktstrategie mit totaler Marktabdeckung [BECKER] bezeichnet – wird mit einem Produkt und einem Marketingprogramm der Gesamtmarkt bearbeitet (siehe Feld 1 in Abbildung 2-24). Auf eine Segmentierung des Marktes wird bewusst verzichtet. Statt nach Unterscheidungskriterien bei den Abnehmern zu suchen, konzentriert sich das anbietende Unternehmen auf das, was die Kunden verbindet. In diesem Sinne wird versucht, eine größtmögliche Anzahl von Abnehmern anzusprechen. Klassische Beispiele solcher Vermarktungsstrategien sind das T-Modell von FORD oder der Käfer von VW. Als gegenwärtige Beispiele können der MARS-Schokoladenriegel („Mars macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel“ – also für jedermann und für jeden Zweck) oder JÄGERMEISTER („Einer für alle“) genannt werden [vgl. BECKER 2009, S. 241 ff.]. (2) Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie Die konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie wird auch als Massenmarktstrategie mit partialer Marktabdeckung [BECKER] bezeichnet (siehe Feld 2 in Abbildung 2-24). Auch hier werden bewusst Massenmärkte bedient, die jedoch enger gefasst sind als die oben beschrie-

2.6 Auswahl der Marktsegmente

83

benen Grundmärkte. Ein Beispiel dafür ist der Rasierer-Markt, der sich in den (globalen) Markt für Nassrasierer und den (globalen) Markt für Trockenrasierer unterteilt. Die Marke GILLETTE bedient den Teilmarkt für Nassrasierer konzentriert mit einem Marketingprogramm, das keine weitere Differenzierung nach bestimmten Abnehmergruppen verfolgt [vgl. BECKER 2009, S. 244].

Abdeckung des Marktes Grad der Differenzierung

Vollständig (Total)



Undifferenziert

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie

Differenziert

Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie



Abb. 2-24:

Teilweise (Partial)



Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie



Selektive Marktbearbeitungsstrategie

Massenmarktstrategie

Marktsegmentierungsstrategie (i. e. S.)

Segmentspezifische Marktbearbeitungsstrategien

(3) Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie Mittels der differenzierten Marktbearbeitungsstrategie (Feld 3 in Abbildung 2-24) bedienen Unternehmen durch unterschiedliche Marketingprogramme alle attraktiven Marktsegmente des relevanten Produktmarktes (multiple Segmentierung). Ein hoher Differenzierungsgrad des Angebotes drückt sich durch ein relativ großes Produktportfolio aus. Typisch für die differenzierte Marktbearbeitungsstrategie, die jeweils mehrere, viele oder auch alle identifizierten Segmente bzw. Käufergruppen abdeckt, ist der Nahrungs- und Genussmittelbereich. Anwendungsbeispiele finden sich zudem in Dienstleistungsmärkten wie bei Banken und Versicherungen [vgl. BECKER 2009, S. 296]. (4) Selektive Marktbearbeitungsstrategie Die selektive Marktbearbeitungsstrategie, die vor allem von mittleren und kleineren Unternehmen praktiziert wird, ist die Strategie des Nischenanbieters (Feld 4 in Abbildung 2-24). Es handelt sich hierbei um spezielle Marktsegmente, die für große Anwender vergleichsweise unattraktiv sind oder für deren Bearbeitung sie nicht über ausreichende Kompetenzen verfügen. Kennzeichen dieser Strategie ist eine hohe Spezialisierung für ein spezifisches Kundenproblem, so dass eine geschützte Marktposition eingenommen werden kann [vgl. BECKER 2009, S. 296]. Generell gilt, dass mit steigender Größe des Unternehmens auch der Grad der Marktabdeckung zunimmt. Mit steigender Marktabdeckung nimmt häufig aber der Grad der Individualisierung des Marketingprogramms ab. Die Bandbreite reicht hier vom kundenindividuellen Marketing und der konzentrierten Bearbeitung eines Marktsegments (Nische) über das segmentorientierte Marketing bis hin zur Abdeckung eines möglichst großen Teils des Zielmarktes mit undifferenzierten Marketingprogrammen (siehe Abbildung 2-25).

84

2. Segmentierung

Undifferenziertes Massenmarketing

Grad der Individualisierung

niedrig

hoch

Differenziertes Massenmarketing Segmentorientiertes Marketing Nischenorientiertes Marketing Kundenindividuelles Marketing

niedrig

Abb. 2-25:

Grad der Marktabdeckung

hoch

Der Strategietrend im Marketing [modifiziert nach BECKER 2009, S. 294]

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

2.7

85

Marktforschung als Instrument der Segmentierung

2.7.1 Grundlagen und Prozess Die Marktforschung schafft die Voraussetzung dafür, dass die relevanten Marktsegmente des Unternehmens identifiziert und ausgewählt werden können. Die Untersuchung des Kaufverhaltens von Konsumenten und Organisationen und darauf aufbauend die Bestimmung und Auswahl der Kundensegmente ist aber nur ein Aufgabengebiet der Marktforschung. Generell werden Informationen der Marktforschung benötigt, um 

Marktchancen (z. B. hinsichtlich Marktpotenzial, Marktwachstum, Einsatz neuer Technologien) zu erkennen,



den Wettbewerb (z. B. hinsichtlich Ziele, Strategien, Kommunikationsverhalten, Distributionswege, Ressourcen und Kostenstruktur) zu beobachten,



die eigene Marktposition (z. B. hinsichtlich Marktanteil, Bekanntheitsgrad und Image) zu bestimmen,



eigene Marketingaktionen zu konzipieren, durchzuführen und hinsichtlich Kundenakzeptanz zu überprüfen.

Zu Beginn eines Marktforschungsprojekts, das in mehreren Schritten (Phasen) abläuft (siehe Abbildung 2-26), definiert der Marktforscher die Problemstellung und Zielsetzung der Marketingmaßnahme. Beide fließen in das Untersuchungsdesign für die Datenerhebung ein, die das Unternehmen entweder in eigener Regie durchführt oder von einem Marktforschungsinstitut durchführen lässt. Im nächsten Schritt werden die erhobenen Daten ausgewertet und analysiert. Den Abschluss des Projekts bilden ein Bericht und/oder eine Präsentation mit entsprechenden Handlungsempfehlungen für die Entscheider.

Problemstellung und Zielsetzung

Untersuchungsdesign

Datenquellen und Erhebungsmethoden Primärdaten • Befragung • Beobachtung • Experiment • Panel Sekundärdaten • Interne Quellen • Externe Quellen

Abb. 2-26:

Datenerhebung

Datenauswertung

Auswahlverfahren

Analysemethoden

Systematische Zufallsauswahl • Uneingeschränkte Zufallsauswahl • Geschichtete Auswahl • Mehrstufige Auswahl Bewusste Auswahl • Typische Auswahl • Cut-off-Verfahren • Quoten-Auswahl

z. B.

Der Marktforschungsprozess

• Korrelationsanalyse • Regressionsanalyse • Diskriminanzanalyse • Faktorenanalyse • Clusteranalyse

Kommunikation der Ergebnisse

86

2. Segmentierung

(1) Problemstellung und Zielsetzung Ob es sich beim Marktforschungsprojekt um Marktsegmentanalysen, Marktpotenzialuntersuchungen, Wettbewerbsanalysen, Trendbeobachtungen, Imageanalysen oder Werbewirkungsprognosen handelt, in der genauen Abgrenzung der Problemstellung und der Formulierung der Forschungsziele liegt häufig die größte Herausforderung eines Marktforschungsprojekts [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 373]. (2) Untersuchungsdesign Im zweiten Schritt eines Marktforschungsprojekts wird der Informationsbedarf bestimmt und in einem Untersuchungsdesign festgelegt, woher die Daten kommen und welche Erhebungsmethoden für die Datengewinnung herangezogen werden sollen. Im Untersuchungsdesign wird ebenfalls festgelegt, wer die Durchführung der Untersuchung vornehmen soll. Das Unternehmen kann die gewünschten Marktinformationen entweder in Eigenleistung oder durch Fremdbezug (Vergabe an ein Marktforschungsinstitut oder an eine entsprechend kompetente Unternehmensberatung) gewinnen. (3) Datenerhebung Nachdem Datenquellen, Erhebungsmethodik und der Durchführende des Marktforschungsprojekts im Untersuchungsdesign festgelegt sind, wird in der nächsten Phase – sofern es sich um eine Primärerhebung handelt – der Stichprobenplan aufgestellt. Dabei sind Entscheidungen zur Grundgesamtheit, zum Stichprobenumfang und zum Auswahlverfahren zu treffen. Die Datenerhebung selber, die sich durch Telekommunikation und Internet rapide verändert hat, verursacht im Rahmen des Marktforschungsprojekts die meisten Kosten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 178 und 184]. (4) Datenauswertung Im nächsten Schritt werden die erhobenen Daten aufbereitet, verdichtet und analysiert. Grundlage dafür ist eine Editierung und Kodierung der Rohdaten. Für die Datenauswertung steht dem Marktforscher an seinem Computerarbeitsplatz eine ganze Reihe von statistischen Analyseverfahren zur Verfügung. Sie beinhalten neben üblichen Methoden zur Berechnung von Mittelwerten, Streuungsparametern, Korrelationen und Regressionen auch die Möglichkeit, mittels multivariater Verfahren die Beziehungen zwischen mehreren Einflussgrößen (Variablen) auszuwerten. (5) Kommunikation der Ergebnisse Die Datenauswertung mündet ein in einen Bericht bzw. in eine Ergebnispräsentation, der/die alle wesentlichen Ergebnisse des Marktforschungsprojekts darstellt, interpretiert und kommentiert. Dabei stehen konkrete Umsetzungs- und Handlungsempfehlungen für die Adressaten des Berichts im Vordergrund.

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

87

2.7.2 Datenquellen Von besonderer Bedeutung für die Qualität und Aussagekraft einer Marktuntersuchung ist die Verfügbarkeit von Daten. Als Datenquellen kommen Primärdaten, Sekundärdaten oder eine Mischung aus beiden in Betracht. Primärdaten sind Daten, die speziell für eine bestimmte Fragestellung (erstmalig) erhoben werden. Sekundärdaten basieren auf vorhandenem Informationsmaterial, das bereits für einen anderen Zweck erhoben wurde. Aus diesen Begriffen leitet sich auch die Einteilung der Marktforschung in Primärforschung (engl. Field Research) und Sekundärforschung (engl. Desk Research) ab. (1) Gewinnung von Sekundärdaten Da Sekundärdaten in der Regel schneller und kostengünstiger beschafft werden können als Primärdaten, wird der Marktforscher zunächst versuchen, auf Sekundärdaten zurückzugreifen. Insbesondere im Internet, dem weltweit größten Informationsspeicher (World Wide Web), sind über Suchmaschinen zeitnah und häufig kostenlos umfassende Informationen zu den verschiedensten Themen verfügbar. Viele Marktforscher nutzen darüber hinaus kommerzielle Online-Datenbanken (z. B. GENIOS mit Zugriffsschwerpunkt auf Wirtschaftsdatenbanken bis hin zum Volltext von Zeitungen und Zeitschriften) als externe Informationsquelle. Darüber hinaus bieten Wirtschaftsverbände und -organisationen, Behörden sowie Wirtschaftsmagazine über ihre Webseiten eine Vielzahl von Informationen an. Nützliche Informationen finden sich zudem in der Wirtschafts- und Fachpresse, in Messekatalogen, Branchenverzeichnissen und Nachschlagewerken. Neben diesen externen Daten bieten aber auch interne Informationsquellen wichtige Informationen. Zu diesen unternehmensinternen Quellen zählen Absatz- und Umsatzstatistiken, Außendienstberichte, Kundendateien sowie Berichte früherer Primär- und Sekundäruntersuchungen. (2) Gewinnung von Primärdaten Sekundärdaten sind eine gute Basis für die Einarbeitung in die Problemstellung und tragen zur Ökonomisierung der Marktforschung bei [vgl. Meffert 2008, S. 153]. In vielen Fällen bilden Sekundärdaten allerdings keine ausreichende Datenbasis, da sie möglicherweise unvollständig, veraltet, ungenau, unzuverlässig oder nicht objektiv sind. In diesen Fällen bleibt dem Marktforscher nur der kosten- und zeitaufwändige Weg der Informationsbeschaffung von Primärdaten, die in der Regel besser auf die Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung zugeschnitten sind. Sowohl Primärdaten als auch Sekundärdaten sollten folgende Anforderungen erfüllen [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 376]:    

Relevanz (im Hinblick auf die tatsächliche Problemstellung); Genauigkeit (durch verlässliche Erhebung und sachkundige Aufbereitung); Aktualität (im Hinblick auf das konkrete Projekt); Objektivität (durch Unabhängigkeit bei der Datensammlung und -analyse).

88

2. Segmentierung

2.7.3 Erhebungsmethoden Bei der Erhebung von Primärdaten lassen sich folgende Methoden unterscheiden:  

Beobachtung und Befragung,

als grundsätzliche Erhebungsmethoden sowie  

Experiment und Panel

als Mischformen von Beobachtung und Befragung. (1) Beobachtung Die Beobachtung als Erhebungsmethode (engl. Observational Method) erfasst planmäßig wahrnehmbare Sachverhalte, Verhaltensweisen und Eigenschaften von bestimmten Personen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 262 unter Bezugnahme auf KEPPER 2008]. Folgende Varianten, die sich je nach Ziel und Gegenstand der Untersuchung richten, können bei der Beobachtung unterschieden werden (siehe Abbildung 2-27): Beobachtungsvarianten

Nach dem Beobachtungsumfeld

Feldbeobachtung

Abb. 2-27:

Laborbeobachtung

Nach der Partizipation des Beobachters

Teilnehmende Beobachtung

Nichtteilnehmende Beobachtung

Nach der Durchschaubarkeit der Beobachtungssituation

Offene Situation

Nichtdurchschaubare Situation

Quasibiotische Situation

(Voll-) Biotische Situation

Wichtige Beobachtungsvarianten

Nach dem Beobachtungsumfeld wird zwischen Feld- und Laborbeobachtung differenziert. Feldbeobachtungen finden in der gewohnten Umgebung der beobachteten Personen statt (z. B. die Beobachtung des Einkaufsverhaltens von Konsumenten im Geschäft oder die Beobachtung der Verweildauer vor Schaufenstern auf der Straße). Laborbeobachtungen erfolgen dagegen unter künstlich geschaffenen Bedingungen (z. B. Verpackungstest in einem Kochstudio oder Rasierwassertest nach der Rasur in einem dafür präparierten Raum). Nach der Partizipation des Beobachters kann zwischen teilnehmender und nicht-teilnehmender Beobachtung unterschieden werden. Bei der teilnehmenden Beobachtung wirkt der Beobachter am Beobachtungsgeschehen mit. Beispiele sind die Blickaufzeichnung (engl. Eye Tracking) bei der Betrachtung von Werbeanzeigen (siehe Insert 2-03), die Infrarotkamera bei Werbepretests oder das Mystery Shopping, bei der der Beobachter als verdeckter Kun-

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

89

de das Serviceverhalten von Mitarbeitern analysiert und bewertet. Im Gegensatz zu früheren Blickaufzeichnungstechniken (Insert 2-03, linkes Bild) wird heute mit einer sog. binikularen Video-Kamera gearbeitet, die unter dem Display angebracht ist und die Augenbewegung des Probanden aufzeichnet (Insert 2-03, rechtes Bild). Über eine spezielle Software wird der genaue Blickverlauf in zeitlicher und räumlicher Dimension dargestellt. Wichtige Informationen in Bezug auf Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, die in dieser Form vom Probanden nur schwer beschreibbar und quantifizierbar sind, werden so erfasst und vom System bereitgestellt [vgl. SAND et al. 2010, S. 41 und BRUSCH et al. 2010, S. 13 ff.].

Insert 2-03: Beispiele für das Blickregistrierungsverfahren [Quellen: KROEBER-RIEL 1993, S. 57; SAND et al. 2010, S. 41] Bei der nicht-teilnehmenden Beobachtung wirkt der Beobachter nicht in das Beobachtungsgeschehen ein. Beispiele hierfür sind der Einsatz von Videokameras (z. B. bei Kundenlaufstudien, die den konkreten Weg von Konsumenten durch das Geschäft erfassen) oder die Zusatzeinrichtung von Telemetern, die eingeschaltete Fernsehsender zeitlich registrieren und damit Fernsehgewohnheiten und Einschaltquoten ermitteln. Die nicht-teilnehmende Beobachtung hat darüber hinaus im Rahmen des Internets mit seinen neuen technischen Möglichkeiten zur Beobachtung des Einkaufsverhaltens von Konsumenten an Bedeutung gewonnen. Spezielle Analysesoftware ermöglicht den Betreibern der Website, das Nutzungs- und Kaufverhalten ihrer Kunden zu erfassen und zu analysieren („Click-Through-Verfahren“) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 265 f.]. Hinsichtlich der Durchschaubarkeit der Beobachtungssituation können Beobachtungen in    

offenen Situationen, nicht-durchschaubaren Situationen, quasi-biotischen Situationen und in biotischen Situationen

unterschieden werden (siehe Abbildung 2-28).

90

2. Segmentierung

Die offene bzw. durchschaubare Beobachtungssituation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Versuchsperson die Situation, die Aufgabe und den Zweck der Untersuchung kennt. Die Blickregistrierung und -aufzeichnung sowie andere apparative Verfahren, bei denen spezielle Beobachtungsgeräte (bspw. zur Hautwiderstands- oder Hirnstrommessung) eingesetzt werden, sind Beispiele für diese Beobachtungssituation. Bei der nicht-durchschaubaren Situation sind der Versuchsperson die Situation und die Aufgabe, nicht jedoch das Versuchsziel bekannt. Beispiele sind Geschmackstests und die Anwendung von Einkaufslisten. In der quasi-biotischen Situation ist der Versuchsperson lediglich ihre Rolle als Versuchsobjekt bewusst. Die bereits erwähnten Verpackungs- und Rasierwassertests sind Beispiele für diese Versuchssituation. Bei der biotischen Situation wird die Versuchsperson in ihrer gewohnten Umgebung, also in einer lebensechten Situation beobachtet, ohne dass sie weiß, dass sie beobachtet wird. Daher sind biotische Situationen zumeist auch Feldbeobachtungen. Durchschaubarkeitsgrad

Wissen um das Versuchsziel

Wissen um die Aufgabe

Wissen um die Versuchssituation

X

X

X

Insbesondere apparative Verfahren wie • Blickregistrierung

Nicht-durchschaubare Situation ̶

X

X

• Geschmackstest • Einkaufslisten

Quasi-biotische Situation ̶

̶

X

• Rasierwassertest • Verpackungstest

(Voll-) Biotische Situation ̶

̶

̶

Beobachtungssituation

Offene Situation

Abb. 2-28:

Beispiele

• Passantenregistrierung • Verweildauer vor Schaufenstern

Beobachtungsvarianten nach der Durchschaubarkeit der Versuchssituation [Quelle: BEREKHOVEN et al. 2004]

(2) Befragung Die Befragung (engl. Survey Method) ist das wichtigste Instrument der Primärerhebung. Es kann zwischen Befragungsformen (Befragungsstrategie) und Arten der Fragestellung (Befragungstaktik) unterschieden werden [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 276 ff.]. In Abbildung 2-29 sind die strategischen und taktischen Elemente einer Befragung gegenübergestellt. Befragungsstrategie. Im Rahmen der Befragungsstrategie ist die grundlegende Entscheidung darüber zu treffen, ob die Befragung mündlich, schriftlich, telefonisch oder per Internet (Online) durchgeführt werden soll.

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

91

Befragung

Befragungsstrategie (Befragungsformen) • Mündliche Befragung • Schriftliche Befragung • Telefonische Befragung • Online-Befragung

Abb. 2-29:

Befragungstaktik (Art der Fragestellung) • • • •

Offene und geschlossene Fragen Direkte und indirekte Fragen Vortrags- und Vorlagefragen Ergebnis- und instrumentelle Fragen

Strategische und taktische Elemente einer Befragung

Die mündliche Befragung, bei der die Informationen durch einen Interviewer erhoben werden, ist sicherlich die bedeutsamste Befragungsform. Das Interview kann entweder auf Grundlage eines standardisierten Fragebogens, bei dem die Fragen in Form, Inhalt und Reihenfolge festgelegt sind, oder als freies (nicht-standardisiertes) Interview durchgeführt werden. Beim freien Interview ist dem Interviewer lediglich das Ziel der Befragung vorgegeben. Diese Methode hebt mehr auf die Gewinnung qualitativer Tatbestände und weniger auf die Generierung quantitativer Sachverhalte ab. Ein Beispiel dafür ist das Tiefeninterview, das tiefere Einsichten in die Denk-, Empfindungs- und Handlungsweisen des Befragten gewinnen soll. Die Vorteile des standardisierten Interviews liegen vor allem in der hohen Erfolgsquote und der damit einhergehenden Repräsentativität der Untersuchungsergebnisse sowie in einer kontrollierbaren Befragungssituation, in der der Befragte auch die Möglichkeit zu Rück- bzw. Verständnisfragen hat. Nachteilig sind die hohen Befragungskosten sowie eine mögliche Beeinflussung des Befragten durch den Interviewer (Interviewereffekt). Bei der schriftlichen Befragung beantworten die Versuchspersonen Fragebögen, die Sie auf dem Postweg erhalten haben. Dem Vorteil der (zur mündlichen Befragung) relativ niedrigen Kosten (Wegfall des Interviewereinsatzes), steht der Nachteil einer geringen Rücklaufquote entgegen. Hinweise auf den wissenschaftlichen Zweck der Befragung, die Ankündigung, dass der Fragebogen persönlich abgeholt wird, oder die Teilnahme an einer Verlosung sind Beispiele zur Verbesserung der Rücklaufquote. Eine besondere Form der mündlichen Befragung ist die telefonische Befragung, bei der die Versuchspersonen per Telefon kontaktiert und anhand eines Fragebogens befragt werden. Die telefonische Befragung wird idealerweise computergestützt durchgeführt, d. h. der Interviewer liest die Fragen direkt vom Bildschirm ab und gibt die Antworten direkt in den Computer ein (Computer Assisted Telephone Interviewing – CATI). Die Kosten dieser sehr zeitsparenden Befragungsform sind deutlich geringer als bei der mündlichen Befragung. Allerdings führt ein zu umfangreicher Fragebogen schnell zum Abbruch des Interviews. Auch ist es sehr schwer, bestimmte Zielgruppen – insbesondere Entscheider – telefonisch zu erreichen. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Online-Befragungen, die als Sonderform der schriftlichen Befragung aufgefasst werden können. Bei diesen Befragungen haben die Adressaten die Möglichkeit, einen Online-Fragebogen oder einen per E-Mail zugeschickten Fragebogen

92

2. Segmentierung

auszufüllen. Erhebliche Zeit- und Kostenvorteile gegenüber der schriftlichen Befragung stehen einer z. T. noch eingeschränkten Repräsentativität gegenüber. Abbildung 2-30 fasst die wesentlichen Vor- und Nachteile dieser vier Befragungsformen zusammen. Mündliche Befragung

Vorteile

Nachteile

Abb. 2-30:

Schriftliche Befragung

Telefonische Befragung

OnlineBefragung

• Hohe Erfolgsquote • Fragebogenumfang kaum eingeschränkt • Möglichkeit von Rückfragen • Befragungssituation kontrollierbar

• Relativ niedrige Kosten • Keine Beeinflussung durch Interviewer • Erreichbarkeit großer Fallzahlen

• Geringere Kosten als bei mündl. Befragung • Zeitersparnis • Geringer Interviewereinfluss

• Kostengünstig • Zeitersparnis • Kein Interviewereinfluss • Hohe Reichweite • Automatische Erfassung der Daten

• Hohe Kosten • Beeinflussung durch Interviewer möglich (Interviewereffekt)

• Geringe Rücklaufquote • Fragebogenumfang ist eingeschränkt • Keine Möglichkeit von Rückfragen • Befragungssituation nicht kontrollierbar

• Fehlender Sichtkontakt zum Interviewer • Schwierige Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen (z. B. Manager)

• Rücklaufquoten teilweise gering • Eingeschränkte Repräsentativität • Befragungssituation nicht kontrollierbar

Vor- und Nachteile quantitativer Befragungsformen

Befragungstaktik. Nachdem im Rahmen der Befragungsstrategie die grundlegende Entscheidung über die Befragungsform getroffen worden ist, geht es bei der Befragungstaktik um die Fragestellung an sich. Nach Art der Fragestellung kann unterschieden werden zwischen    

offenen und geschlossenen Fragen, direkten und indirekten Fragen, Vortrags- und Vorlagefragen sowie Ergebnis- und instrumentellen Fragen.

Bei der Art der Fragenformulierung kann grundsätzlich zwischen offenen und geschlossenen Fragen differenziert werden. Die gebräuchlichsten Fragestellungen sind geschlossene Fragen, da sie am leichtesten auszuwerten sind. Bei geschlossenen Fragestellungen werden die Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Varianten der geschlossenen Fragen sind die Alternativfragen („Sind Sie Mitglied einer Partei?) und die Skala-Fragen, bei der sich die Auskunftspersonen über die Intensität eines Tatbestandes äußern sollen („Gehen Sie sehr oft, häufig, gelegentlich, selten oder gar nicht ins Kino?“). Die Problematik dieser Art der Fragestellung liegt in einer gewissen Suggestivwirkung und darin, dass positive Antworten in der Regel etwas begünstigt werden. Offene Fragen lassen dagegen alle möglichen – also auch vom Marktforscher zuvor nicht bedachten – Antwortkategorien zu. Die besondere Problematik dieser Art der Fragestellung liegt in der nachträglichen Kategorisierung und Quantifizierung der individuellen Antworten und Reaktionen [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 289 ff.]. Eine weitere grundsätzliche Unterscheidung kann in direkte und indirekte Fragen vorgenommen werden. Die direkte Fragestellung, bei der der Befragte aufgefordert wird, Auskünfte

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

93

über seine Person oder sein Verhalten zu geben, stand lange Zeit im Mittelpunkt der Marktforschung. Bei Fragen insbesondere aus dem Prestige- und Hygienebereich oder bei tabuisierten Themen kann es aber zu Antwortverzerrungen kommen. Daher wird in diesen Bereichen heute die indirekte Fragestellung bevorzugt. Beispiel: Anstatt zu fragen „Haben Sie schon das Buch ABC vom Nobelpreisträger XYZ gelesen?“ (direkte Frage), wird man eher folgende Formulierung wählen: „Haben Sie demnächst vor, das Buch ABC vom Nobelpreisträger XYZ zu lesen?“ (indirekte Frage). Bei der einer Bejahung der indirekten Frage, die ja einer Verneinung der direkten Fragestellung gleichkommt, hat der Befragte nicht das Gefühl, bloßgestellt zu sein. Ferner kann zwischen Vortrags- und Vorlagefragen unterschieden werden. Vortragsfragen werden der Auskunftsperson vorgelesen und sind die Regel bei der mündlichen bzw. telefonischen Befragung. Vorlagefragen liegen dem Befragten in lesbarer Form vor und sind die Grundlage der schriftlichen und der Online-Befragung. In seltenen Fällen kann die Vorlagefrage auch bei der mündlichen Befragung verwendet werden (bspw. wenn die Auskunftsperson einen vorgelegten Kartenstapel in eine Reihenfolge bringen soll). Neben den Sachfragen, die den Hauptteil einer Befragung darstellen, werden zusätzlich instrumentelle Fragen zur Steuerung der Befragung eingesetzt. Dazu zählen Kontakt- und Eisbrecherfragen zur Einleitung in das Interview, Filterfragen („Wenn ja, weiter mit …“), Kontrollfragen und Plausibilitätsfragen zur Überprüfung der Konsistenz der Antworten sowie Fragen zur Person. (3) Experiment Das Experiment (auch häufig als Test bezeichnet) ist eine Mischform zwischen Befragung und Beobachtung. Das Experiment misst die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen einer (oder mehreren) unabhängigen Variablen (z. B. Preis, Werbeanzeige, Promotionmaßnahme) und einer (oder mehrerer) abhängiger Variablen (z. B. Umsatz, Marktanteil, Einstellungen und Präferenzen). Experimente, die in einer natürlichen Umgebung, d. h. im „normalen“ Umfeld der Versuchsperson durchgeführt werden, bezeichnet man als Feldexperimente. Das Laborexperiment findet dagegen in einer speziell geschaffenen künstlichen Umgebung statt. Aufgrund des Einsatzes von technischen Hilfsmitteln und Apparaturen ermöglicht die künstliche Situation eine bessere Kontrolle der unabhängigen Variablen und anderer Einflussfaktoren (hohe Verlässlichkeit der Ergebnisse), verliert aber an Realitätsgehalt (geringe Validität) [vgl. Meffert et al. 2008, S. 162]. Anwendungsbeispiele für Experimente mit hoher Relevanz für das Marketing sind:     

Konzepttest Produkttest Storetest Markttest Testmarktersatzverfahren.

94

2. Segmentierung

Alle genannten Testverfahren werden schwerpunktmäßig zur Überprüfung der Marktchancen neuer oder modifizierter Produkte eingesetzt. Beim Konzepttest liegt der Versuchsperson lediglich eine verbale Beschreibung des Produkts oder ein Produktmodell als Testelement vor. Getestet wird die Reaktion auf veränderte Faktoren (z. B. Farbe, Form, Preis). Abbildung 2-31 zeigt das anschauliche Beispiel eines Konzepttests, bei dem Preisbereitschaft und Kaufabsicht für zwei unterschiedliche Konzepte einer Kollektivwerbung (MILKA und LEGO) getestet werden.

Beispielfragen: a) Welchen Preis sind Sie bereit, für dieses Produkt max. zu zahlen? b) Würden Sie das Produkt zu diesem Preis auch kaufen?

Ergebnis: a) Preisbereitschaft b) Kaufabsicht Stichprobe

Abb. 2-31:

9,71 DM

14,27 DM

4

5

n = 28

n = 28

Beispiel eines Konzepttests [Quelle: WACHENDORF/BAUMGARTH 2002]

Beim Produkttest, der als Volltest oder als Partialtest durchgeführt werden kann, wird das reale Produkt bewertet. Der Volltest untersucht die Wirkung des vollständigen Produkts einschließlich aller produktbezogenen Merkmale wie Preis, Produktgestaltung und Markierung. Im Rahmen von Partialtests werden bestimmte Teile des Produkts (z. B. Preis, Name, Farbe, Geschmack, Verpackung, Anmutung) isoliert getestet. Der Partialtest kann als Einzeltest oder als Paarvergleichstest durchgeführt werden. Eine besondere Form des Partialtests ist der Blindtest, bei dem alle Produkteigenschaften mit Ausnahme der reinen Produktsubstanz eliminiert werden. Als „klassischer“ Blindtest ist der COLA-Test in die Marketinggeschichte eingegangen. In diesem Geschmackstest wurden den Versuchspersonen die beiden Marken PEPSI und COKE einmal in Form eines offenen Tests und einmal als Blindtest (also ohne Kenntnis des Markennamens) dargeboten. Die Ergebnisse dieses aufschlussreichen Tests sind in Abbildung 2-32 dargestellt.

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

95

Blindtest

Offener Test

Bevorzugung in %

Bevorzugung in %

65 51 44

23 12

5 ziehen PEPSI vor

Abb. 2-32:

ziehen COKE vor

egal (gleich gut)

ziehen PEPSI vor

ziehen COKE vor

egal (gleich gut)

Beispiel eines Produkttests als Blindtest [Quelle: CHERNATONY/MCDONALD 1998, S. 9]

Als Storetest (auch als Mikromarkttest bezeichnet) wird der probeweise Verkauf von neuen oder modifizierten Produkten in ausgewählten Einzelhandelsgeschäften unter kontrollierten Bedingungen bezeichnet. Im Gegensatz zu den verschiedenen Varianten des Produkttests kann anhand von Erst- und Wiederkaufsraten das tatsächliche Nachfrageverhalten am Point of Sale (PoS) beobachtet und damit die künftigen Marktchancen des neuen bzw. modifizierten Produktes wesentlich besser eingeschätzt werden. Demgegenüber handelt es sich beim Markttest um den probeweisen Verkauf von neuen oder modifizierten Produkten in einem regionalen Teilmarkt (Testmarkt). Der Testmarkt sollte möglichst repräsentativ für den Gesamtmarkt sein. Im Gegensatz zum Storetest geht es beim Markttest nicht nur um die Einschätzung des Kaufverhaltens, sondern um die Effektivitätsmessung aller Marketingmaßnahmen. Der Vorteil des Markttests ist vor allem darin zu sehen, dass neben dem Produkt auch alle begleitenden Marketingmaßnahmen in einem unverfälschten Umfeld getestet werden können. Nachteilig sind allerdings die hohen Kosten, der hohe Zeitbedarf und die Verzerrung der Testergebnisse durch gezielte Störaktionen des Wettbewerbs, da sich die Durchführung eines Markttests zumeist nicht lange geheim halten lässt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 274]. Um diese Nachteile zu vermeiden, wurden verschiedene Testmarktersatzverfahren entwickelt. Zu nennen sind hier insbesondere der Mini-Testmarkt, der unter Feldbedingungen durchgeführt wird, sowie der Labortestmarkt, bei dem Daten im Rahmen einer simulierten Einkaufssituation gewonnen werden. Hinsichtlich der Kriterien Kosten, Repräsentanz, Zeitaufwand und Geheimhaltung sind die Testmarktersatzverfahren zwischen dem Storetest und dem Markttest einzuordnen (siehe Abbildung 2-33).

96

2. Segmentierung

Kosten

Repräsentativität

Zeitaufwand

Geheimhaltung hoch

Storetest

Testmarktersatzverfahren

Markttest

Abb. 2-33:

hoch

hoch

hoch

Beurteilungskriterien für Storetest, Markttest und Testmarktersatzverfahren [In Anlehnung an BAUMGARTH 2005, S. 32]

(4) Panel Das Panel ist eine Spezialform der Informationsgewinnung unter Zuhilfenahme der bereits diskutierten Erhebungsmethoden (Beobachtung, Befragung, Experiment). Das Panel ist ein bestimmter, gleich bleibender und repräsentativer Kreis von Untersuchungseinheiten (Personen, Einkaufsstätten, Unternehmen), der in regelmäßigen Abständen Informationen über gleiche oder gleichartige Erhebungsmerkmale (z. B. Preis, Marktanteil, Warenbewegungen) liefern soll. Panelerhebungen haben somit die Erforschung von Markt- und Verhaltensänderungen im Zeitablauf zum Ziel [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 164 und KOCH 2004, S. 101]. Grundsätzlich lassen sich nach Art der Untersuchungseinheiten folgende Panels unterscheiden (siehe Abbildung 2-34):   

Handelspanel Verbraucherpanel Spezialpanel.

Handelspanels setzen sich aus Groß- und Einzelhandelbetrieben zusammen und lassen sich in Food Panels und Nonfood Panels sowie in Sonderformen unterteilen. Handelspanels sind für das B2C-Marketing von Bedeutung, weil sich durch Befragung und elektronische Erfassung von Absatzzahlen zeitnah Marktanteilsveränderungen ermitteln lassen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 278 f.]. Verbraucherpanels sind naturgemäß ebenfalls nur für das B2C-Marketing von Bedeutung. Sie setzen sich aus individuellen Verbrauchern (Individualpanel) oder aus den Mitgliedern eines Haushalts zusammen (Haushaltspanel). Die Datengewinnung beim Verbraucherpanel erfolgt zumeist durch eine schriftliche Befragung, bei der die Panelteilnehmer periodisch Fragebögen ausfüllen müssen. Haushaltspanels lassen sich weiter in Verbrauchs- und Gebrauchsgüterpanels unterteilen.

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

97

Darüber hinaus existiert eine Reihe von Spezialpanels. Dazu zählen u. a. 

Scannerpanels, die die Käufe der Kunden an den Einzelhandelskassen automatisch erfassen,



Anzeigenpanels, bei denen die Anzeigenaktivitäten des Handels in Tageszeitungen und Anzeigenblättern analysiert werden,



Fernsehpanels, die durch apparative Beobachtung die Einschaltquoten von Personen und Haushalten ermitteln.

Panel

Handelspanel • Food Panel • Nonfood Panel • Sonderformen (z. B. Cash & Carry Panel)

Abb. 2-34:

Verbraucherpanel • Individualpanel • Haushaltspanel  Verbrauchsgüterpanel  Gebrauchsgüterpanel

Spezialpanel z. B. • Scannerpanel • Anzeigenpanel • Fernsehpanel

Arten von Panels [in Anlehnung an GÜNTHER et al. 2006, S. 91]

Die Einrichtung und Unterhaltung von Panels ist sehr zeit- und kostenintensiv und kann daher nur von größeren Marktforschungsinstituten wahrgenommen werden. Um eine Amortisation der Anfangsinvestitionen sicherzustellen, werden in der Regel verschiedene Befragungen für mehrere Auftraggeber für ein Panel genutzt. Auch können sich weitere Unternehmen mit speziellen Fragestellungen in Form von sog. „Omnibusbefragungen“ an einem Panel beteiligen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 278]. Allerdings werden die Ergebnisse von Panelerhebungen durch methodische Probleme – vornehmlich bei Verbraucherpanels – eingeschränkt. Zu den Problemursachen, die sich vornehmlich auf die Repräsentativität der Untersuchungen auswirken, zählen die Panelsterblichkeit, der Paneleffekt und die Panelerstarrung. Mit Panelsterblichkeit wird das Ausscheiden von Teilnehmern durch laufende Fluktuation wie z. B. Desinteresse oder Ortswechsel bezeichnet. Hier sollte durch einen rechtzeitigen Ersatz der ausgeschiedenen Panelteilnehmer bzw. durch eine Verbesserung der Kompensationszahlung entgegengesteuert werden. Von besonderer Bedeutung ist auch der Paneleffekt. Darunter versteht man das Phänomen, dass die Panelteilnehmer auf die ständige (Selbst-)Kontrolle durch unbewusste oder bewusste Kaufverhaltensänderungen reagieren. So werden manche Käufe nicht ausgeführt oder im Panelbericht nicht ausgefüllt (engl. Underreporting) bzw. andere Käufe, die nicht ausgeführt wurden, trotzdem angegeben (engl. Overreporting).

98

2. Segmentierung

Schließlich ist noch die Panelerstarrung anzuführen. Sie kommt dadurch zustande, dass sich im Zeitablauf wichtige sozio-demografische Daten wie Alter, Familienstand oder die Einkommenssituation der Panelteilnehmer verändern. Die Zusammensetzung des Panels erfüllt dann nicht mehr die Vorrausetzungen der statistischen Repräsentativität [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 165]. Abbildung 2-35 gibt einen zusammenfassenden Überblick über Definition, Auswirkung und Lösungsansätze von methodischen Problemen bei Panelerhebungen.

Panelsterblichkeit

Paneleffekt

Panelerstarrung

Definition

Ausscheiden von Panelteilnehmern durch Desinteresse oder Ortswechsel

Unbewusste oder bewusste Verhaltensänderung der Panelteilnehmer

Veränderung von soziodemografischen Merkmalen (Familienstand, Alter, Einkommen)

Auswirkung

Verlust an Repräsentativität des Panels

• Overreporting • Underreporting • Stärkeres Marken- und/ oder Preisbewusstsein

Verlust an Repräsentativität des Panels

Lösungsansätze

• Optimierung der Kompensationszahlung • Ersatz von ausgefallenen Panelmitgliedern

Panelrotation

Panelrotation

Abb. 2-35:

Methodische Probleme bei Panelerhebungen

2.7.4 Auswahlverfahren Ein zentrales Entscheidungsproblem bei der Informationsgewinnung liegt in der Frage, welche Gesamtheit von Untersuchungsobjekten (Personen, Kunden, Produkte, Marken, Einkaufsstätten) in die Erhebung einbezogen werden sollen. Da eine Vollerhebung, bei der alle Elemente der definierten Grundgesamtheit auf das interessierende Merkmal untersucht werden, in den allermeisten Fällen aus wirtschaftlichen, zeitlichen, technischen oder organisatorischen Gründen nicht in Frage kommt, wird man lediglich eine bestimmte Auswahl von Elementen untersuchen. Solche Teilerhebungen werden in der B2C-Praxis fast ausschließlich durchgeführt. Im B2B-Bereich ist dagegen eine Vollerhebung eher realistisch, da insbesondere bei Kundenbefragungen die Anzahl der Firmenkunden durchaus überschaubar sein kann. Die im Rahmen einer Erhebung aus der Grundgesamtheit ausgewählten Untersuchungseinheiten werden als Stichprobe bezeichnet. Die Anzahl der in die Stichprobe einbezogenen Elemente, also der Stichprobenumfang hängt in erster Linie von der Antwortquote, vom verfügbaren Untersuchungsbudget sowie von der angestrebten Genauigkeit der Ergebnisse ab. Besonders unter dem Aspekt der Präzision der Ergebnisse wird der Marktforscher bemüht

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

99

sein, dass die Stichprobe hinsichtlich des interessierenden Merkmals ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit darstellt. In Abbildung 2-36 sind einige wichtige auswahltechnische Grundbegriffe zum besseren Verständnis zusammengestellt.

Grundgesamtheit

• Gesamtheit von Elementen, die für eine Erhebung in Betracht kommen • Abgrenzung in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht

Vollerhebung

Alle Elemente einer definierten Grundgesamtheit werden untersucht

Teilerhebung

Nur eine bestimmte Auswahl von Elementen einer definierten Grundgesamtheit werden untersucht

Stichprobe

Ausgewählter Teil der Grundgesamtheit mit mindestens einem gemeinsamen Merkmal

Stichprobenumfang

Absolute Zahl bzw. Prozentsatz der in die Erhebung einbezogenen Fälle

Stichprobenfehler

Merkmale und Merkmalsausprägungen

Abb. 2-36:

Setzt sich zusammen aus

• Zufallsfehler (berechenbar) • Systematischer Fehler (nicht berechenbar)

• Qualitative (artmäßige) Merkmale (→ Merkmalsausprägungen sind weder messbar noch zählbar) • Quantitative (mengenmäßige) Merkmale (→ Merkmalsausprägungen unterliegen einem einheitlichem Maßsystem)

Wichtige auswahltechnische Grundbegriffe

Ist die Entscheidung über den Stichprobenumfang getroffen, geht es im nächsten Schritt um die Frage, welches Stichprobenauswahlverfahren angewendet werden soll. Für den Marktforscher kommen vorwiegend Auswahlverfahren in Betracht, die dem Kriterium der Repräsentativität entsprechen. Repräsentative Auswahlverfahren lassen sich untergliedern in  

Verfahren der bewussten Auswahl und Verfahren der Zufallsauswahl.

(1) Verfahren der bewussten Auswahl Da die häufig fehlende Verfügbarkeit von amtlichen Verzeichnissen und die unvermeidliche Verweigerungsquote in der nicht-amtlichen Statistik eine wirkliche Zufallsstichprobe meistens unmöglich macht, sind die Verfahren der bewussten Auswahl allein unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit sehr vorteilhaft [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 292]. Verfahren der bewussten Auswahl sind   

die typische Auswahl, das Quotenauswahlverfahren und das Cut-off-Verfahren.

Bei der typischen Auswahl (engl. Purpursive Sampling) werden nach freiem Ermessen solche Elemente aus der Grundgesamtheit untersucht, die als besonders charakteristisch erachtet werden. Von den erzielten Ergebnissen wird dann auf das Verhalten der Merkmalsträger der

100

2. Segmentierung

Grundgesamtheit geschlossen. Ein Beispiel für die typische Auswahl ist der „4-PersonenArbeitnehmer-Haushalt“ des Statistischen Bundesamts. Beim Quotenauswahlverfahren (engl. Quota Sampling) wird die Stichprobe derart konstruiert, dass die als Quote ausgewählten Merkmale und deren Ausprägungen proportional der Verteilung in der Grundgesamtheit entsprechen. Solche Quoten können bspw. bezüglich Geschlecht, Alter oder Beruf vorgegeben werden. Die Erhebungsperson muss sich zwingend an die Quotenanweisung halten, ist jedoch frei in der Auswahl der konkreten Erhebungseinheit (Verbraucher, Haushalte). Dem Cut-off-Verfahren (engl. Cut-off Method) liegt das Konzentrationsprinzip zugrunde, d. h. die Stichprobe beschränkt sich auf solche Merkmalsträger (z. B. Unternehmen), die im Rahmen der Grundgesamtheit einen großen Beitrag zum interessierenden Tatbestand liefern (80:20-Regel). Dabei werden die großen, maßgeblichen Einheiten vollständig untersucht, der Rest der Grundgesamtheit bleibt unberücksichtigt. Beispiel: Um ihre monatliche Berichterstattung im Verarbeitenden Gewerbe über Umsatz, Beschäftigtenzahl und Lohnsummen durchführen zu können, befragen die Statistischen Landesämter alle Produktionsbetriebe mit mehr als 50 Beschäftigten. (2) Verfahren der Zufallsauswahl Allen Verfahren der Zufallsauswahl ist gemeinsam, dass jede Untersuchungseinheit der interessierenden Grundgesamtheit grundsätzlich die gleiche Chance hat, in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Damit stützen sich diese Verfahren auf wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen, so dass es möglich ist, die Genauigkeit der Ergebnisse bzw. Fehlergrenzen statistisch zu berechnen. Angesprochen ist hierbei der Stichprobenfehler, der sich aus dem Zufallsfehler und dem systematischen Fehler zusammensetzt. Während sich der Zufallsfehler exakt berechnen lässt (Irrtumswahrscheinlichkeit), kann sich ein systematischer Fehler bspw. aufgrund einer fehlerhaften Versuchsanlage ergeben und ist damit nicht berechenbar. Folgende Verfahren, die auf dem Zufallsprinzip beruhen, können unterschieden werden:   

Reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl Geschichtete Auswahl Mehrstufige Auswahl.

Die reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl (engl. Random Sampling) setzt voraus, dass jedes Element der Grundgesamtheit bekannt und identifizierbar ist (z. B. Einwohnermeldekartei). Mittels bestimmter Auswahltechniken (Auslosen, Zufallstafeln, Zufallszahlengenerator o. ä.) werden die einzelnen Elemente aus der Grundgesamtheit gezogen. Die geschichtete Auswahl (engl. Stratified Sampling) ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die definierte Grundgesamtheit aus deutlich erkennbaren und in sich wesentlich homogeneren Teilgesamteinheiten (Schichten) zusammensetzt. Aus jeder Schicht werden dann entsprechende Stichproben gezogen, wobei mit einer deutlich geringeren Anzahl der Erhebungsfälle dieser gesonderten Stichproben die gleiche Genauigkeit wie bei der reinen, uneingeschränkten Zufallsauswahl erzielt wird [vgl. SCHÄFER/KNOBLICH 1978, S. 265].

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

101

Bei der mehrstufigen Auswahl werden mehrere Zufallsauswahlen hintereinander geschaltet. So wird bei Haushaltsbefragungen in einer Großstadt zunächst das Stadtgebiet in Bezirke aufgeteilt. Nach dem Zufallsprinzip werden in der 1. Stufe n Stadtbezirke ausgewählt. Aus jedem dieser n Stadtbezirke lassen in der 2. Stufe m Häuserblocks bestimmen. In der 3. Stufe werden schließlich die Haushalte ausgewählt. Wesentlich bei diesem Vorgehen ist, dass auf jeder Stufe eine Zufallsauswahl durchgeführt wird, wobei eine vollständige Auswahlgrundlage jeweils nur für die Auswahleinheiten der 1. Stufe vorliegen muss. Abbildung 2-37 fasst die besprochenen Auswahlverfahren in einer Übersicht zusammen. Auswahlverfahren

Vollerhebung

Teilerhebung

Repräsentative Auswahl

Abb. 2-37:

Nicht-repräsentative Auswahl

Bewusste Auswahl

Zufallsauswahl

Subjektive Auswahl der Untersuchungseinheiten ohne wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlage (Marktforscher nimmt die Auswahl selber vor)

Auswahl auf Grundlage der Wahrscheinlichkeitstheorie; d.h. jedes Element der Grundgesamtheit hat die gleiche Chance, ausgewählt zu werden

Verfahren:

Verfahren:

• Typische Auswahl

• Reine, uneingeschränkte Zufallsauswahl

• Cut-off-Verfahren

• Geschichtete Auswahl

• Quotenverfahren

• Mehrstufige Auswahl

Verfahren der Stichprobenauswahl

2.7.5 Analysemethoden Nach der Datenerhebung erfolgt die Auswertung, Analyse und Aufbereitung der gewonnenen Einzelinformationen. Hierzu stehen dem Marktforscher entsprechende Softwareprogramme zur Verfügung. Die in diesem Rahmen vorgestellten Auswertungsverfahren bzw. Analysemethoden lassen sich in drei Gruppen einteilen (siehe Abbildung 2-38):   

Univariate Verfahren, Bivariate Verfahren, Multivariate Verfahren.

(1) Univariate Verfahren Im Bereich der univariaten Verfahren, bei denen nur eine Variable Gegenstand der Untersuchung ist, ist zunächst die Verteilung von absoluten und relativen Häufigkeiten zu nennen. Häufigkeitsverteilungen (z. B. die Altersverteilung bei einer Kundenbefragung) werden in der

102

2. Segmentierung

Marktforschungspraxis vorwiegend als Balken- oder Kreisdiagramme dargestellt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 316 f.]. Statistische Verfahren der Datenauswertung

Univariate Verfahren

Bivariate Verfahren

Multivariate Verfahren

Die Verteilung nur einer Variablen wird untersucht

Die Beziehung zwischen zwei Variablen wird untersucht

Mehrere Variablen werden untersucht

• Häufigkeitsverteilungen

• Regressionsanalyse

• Varianzanalyse

• Lageparameter

• Korrelationsanalyse

• Faktorenanalyse

• Zeitreihenanalyse

• Clusteranalyse

• Trendanalyse

• Diskriminanzanalyse

Abb. 2-38:

Wichtige statistische Verfahren der Datenauswertung

Ein weiteres Teilgebiet univariater Verfahren ist die Ermittlung von Lage- und Streuungsparameter. Die wichtigsten Lageparameter (Mittelwerte) und Streuungsparameter (Streuungsmaße) sind in Abbildung 2-39 abgebildet. Lage- und Streuungsparameter

Lageparameter (Mittelwerte)

• Arithmetisches Mittel

a

Abb. 2-39:

g



• Lineare Streuung

= ∑

• Zentralwert (mittlerer Wert einer geordneten Zahlenreihe) • Modalwert (häufigster Wert) • Geometrisches Mittel

Streuungsparameter (Streuungsmaße)

• Varianz

|

|



• Standardabweichung

=





Lage- und Streuungsparameter

Grundgedanke der Zeitreihen- und Trendanalyse ist die Verknüpfung der Beobachtungswerte mit der Zeit. Obwohl hinter den einzelnen Beobachtungswerten (Variablen) eine Vielzahl von Ursachen einwirkt, wird auf eine Analyse dieser Ursachen verzichtet. Stattdessen werden sie zu einem Ursachenkomplex zusammengefasst und seine Wirkung als Trendextrapolation auch für die Zukunft unterstellt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 177 f.]. (2) Bivariate Verfahren Bei einer bivariaten Analyse steht die Frage nach einer möglichen Beziehung zwischen zwei Variablen im Vordergrund. Das wichtigste Analyseverfahren in diesem Kontext ist die Regressionsanalyse. Sie prüft den Zusammenhang zwischen einer abhängigen und einer unab-

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

103

hängigen Variablen. Wird der Zusammenhang zwischen zwei Variablen untersucht, handelt es sich um eine Einfachregression, bei mehr als zwei Variablen um eine multiple Regression. Die Vorgehensweise bei der linearen Einfachregression soll ein kleines Beispiel veranschaulichen. Es geht hierbei um die Festlegung des endgültigen Verkaufspreises anhand einer Preis-Absatz-Funktion. Dazu wird ein Testverkauf durchgeführt und das gleiche Produkt in n=8 vergleichbaren Einzelhandelsgeschäften mit unterschiedlichen Preisen angeboten, die dann jeweils zu unterschiedlichen Verkaufsmengen für das Produkt führen. Man erhält acht verschiedene Wertepaare mit dem Ladenpreis pi und der jeweils verkauften Menge xi (siehe Spalten 2 und 3 der Arbeitstabelle in Abbildung 2-40). Überträgt man die Wertepaare in ein Punktediagramm (siehe rechte Grafik in Abbildung 2-40), so wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen den Daten durch die Geradengleichung p = a + bx beschrieben werden kann. Dabei bestimmen die beiden Regressionsparameter a und b die Lage der Geraden. Im Rahmen der Regressionsanalyse gilt es nun, die beiden Lageparameter so zu bestimmen, dass sich die Regressionsgerade der empirischen Punkteverteilung möglichst gut anpasst. Mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate ergeben sich folgende Werte für die beiden Regressionsparameter: a=

und b =

∑ ∑

Daraus errechnet sich für das Zahlenbeispiel die Geradengleichung a = 14,28 – 0,73 x ; d. h. man kann vermuten, dass bei jedem Dreiviertel-Euro weniger die abgesetzte Menge um durchschnittlich eine Einheit steigt. Arbeitstabelle Geschäft i

Preis pro Einheit in € pi

Verkaufte Menge xi

Angebotspreis pi

1

0

15

0

0

2

2

14

28

4

3

3

12

36

9

4

7

10

70

49

5

4

10

40

16

6

6

8

48

36

7

10

9

90

100

xi2

xipi

8

8

7

56

64



40

85

368

278

Abb. 2-40:

Regressionsgerade p = a + bx

15

(xi;pi)

10

5 Verkaufte Menge xi

0 0

2

4

6

8

10

Beispiel für eine lineare Einfachregression

Da das Wissen um Ursache-Wirkungsbeziehungen im Marketing eine besondere Bedeutung hat, wird die Regressionsanalyse sowohl bei der Ursachenanalyse als auch bei der Wirkungsprognose eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 177 f.]. Einige Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse sind in Abbildung 2-41 dargestellt.

104

2. Segmentierung

Während die Regressionsanalyse Auskunft darüber gibt, welcher Zusammenhang zwischen zwei Größen besteht, steht bei der Korrelationsanalyse die Frage im Vordergrund, wie stark dieser Zusammenhang ist. Ebenso wie bei der Regression spricht man bei der Korrelation von einer Einfachkorrelation, wenn die gegenseitige Abhängigkeit von nur zwei Variablen untersucht wird. Wird die Stärke und Richtung des Zusammenhangs von mehr als zwei Variablen untersucht, handelt es sich um eine multiple Korrelation.

Abb. 2-41:

Beispiel

Unabhängige Variable

Abhängige Variable

Umsatzentwicklung in Abhängigkeit von Werbemaßnahmen

► Werbebudget

► Umsatz

Umsatzentwicklung in Abhängigkeit von Verkaufsförderungsmaßnahmen

► Sales Promotion

► Umsatz

Absatzentwicklung in Abhängigkeit von Preiserhöhungen

► Preis

► Absatz

Speiseeiskonsum in Abhängigkeit von der Temperatur

► Temperatur

► Umsatz

Anwendungsbeispiele der Regressionsanalyse

Das Maß für die Stärke und Richtung des Zusammenhangs zweier Größen ist der Korrelationskoeffizient r, der sich nach folgender Formel berechnet: r=

=

∑ ∑



Der Korrelationskoeffizient (nach PEARSON) gibt also das Verhältnis der Kovarianz zu den multiplizierten Varianzen der beiden Variablen an [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 171]. In Abbildung 2-42 sind beispielhaft die Verteilungen zweier Variablen mit den dazugehörigen Korrelationskoeffizienten dargestellt.

2.7 Marktforschung als Instrument der Segmentierung

y

y ▪▪

105

y ▪

▪▪



▪▪

x

x r = -1

r=1

y

y

▪▪

▪ ▪ ▪

Abb. 2-42:

x r≈0

▪ ▪ ▪

x r ≈ 0,8

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

x r ≈ - 0,7

Beispiele für Verteilungen zweier Variablen

(3) Multivariate Verfahren Zur Untersuchung komplexer Tatbestände reichen univariate und bivariate Analyseverfahren nicht aus. Vielmehr müssen dazu Verfahren eingesetzt werden, die eine große Zahl von Variablen simultan analysieren können. Es handelt sich dabei um sogenannte multivariate Verfahren, die an einer Vielzahl von Untersuchungsobjekten (Personen, Produkte) mehrere Variablen messen und gleichzeitig auswerten können [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 172]. Folgende multivariate Verfahren sollen hier kurz angesprochen werden:    

Varianzanalyse Faktorenanalyse Clusteranalyse Diskriminanzanalyse.

Mit der Varianzanalyse wird das Ziel verfolgt, den Zusammenhang zwischen Beobachtungswertkategorien (z. B. Absatzmenge) und mehreren unabhängigen Einflussgrößen (z. B. unterschiedliche Verpackungsvarianten oder Farbgestaltungen eines Produkts) zu analysieren. Dabei geht es letztlich um die Prüfung der Streuung um die Mittelwerte einzelner Kategorien. Die Varianzanalyse ist für viele Fragestellungen in der Marktforschungspraxis von großer Bedeutung [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 388]:   

Wie wirken sich verschiedene Formen der Werbung auf das Kaufverhalten aus? Wie wirken sich unterschiedliche Verpackungsformen auf das Kaufverhalten aus? Wie wirkt sich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kundensegment auf das Kaufverhalten aus?

Die Faktorenanalyse untersucht Variablen, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie von gemeinsamen Einflussfaktoren (sog. Supervariablen) abhängig sind, die aber selbst nicht direkt erfassbar sind. Das Ziel der Faktorenanalyse ist es, diese Supervariablen aus der Menge

106

2. Segmentierung

aller beobachteten Variablen zu identifizieren. Die Faktoren sollten die zahlreichen Ursprungsvariablen weitestgehend verdichten bzw. repräsentieren. Diese Form der Komplexitätsreduktion wird zur Erstellung von Persönlichkeits-, Produkt- und Imageprofilen eingesetzt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 172]. Das Hauptanwendungsgebiet der Clusteranalyse in der Marktforschung ist die Marktsegmentierung. Durch Zusammenfassung von Objekten (Kunden) zu Gruppen bzw. Clustern (Kundensegmente) wird eine Reduktion der Komplexität eines Datensatzes erreicht. Diese Cluster sollen in sich möglichst homogen und untereinander heterogen sein. Auf diese Weise lassen sich bspw. Käufertypologien ermitteln. Die Clusteranalyse weist hinsichtlich der Komplexitätsreduktion eine deutliche Verwandtschaft zur Faktorenanalyse auf, wobei die Reduktion bei der Faktorenanalyse durch Gruppierung von Variablen (Einflussfaktoren) und bei der Clusteranalyse durch Gruppierung von Objekten erreicht wird [vgl. HOMBURG/ KROHMER 2009, S. 360]. Die Diskriminanzanalyse hat das Ziel, eine Menge von Untersuchungsobjekten (z. B. Personen) aufzuteilen und mehreren vorgegebenen Teilmengen (Gruppen, Klassen) zuzuordnen. Die besondere Herausforderung besteht nun darin, für diese Gruppenzugehörigkeit die unabhängigen Variablen mit der größten Klassifizierungskraft zu finden. So möchten Automobilhersteller bspw. in Erfahrung bringen, welche Merkmalsunterschiede zwischen Käufern der Marke A und Käufern der Marke B bestehen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 216 f.].

2.8 Optimierung des Kundennutzens

2.8

107

Optimierung des Kundennutzens

Zur Abrundung des Kapitels sollen die einzelnen Schritte des Aktionsfeldes Segmentierung zusammengefasst und die wichtigsten Parameter, Strategien, Prozesse, Instrumente und Werttreiber im Zusammenhang dargestellt werden.

2.8.1 Aktionsparameter Im Wesentlichen sind es folgende Parameter, von denen die Optimierung des Kundennutzens abhängt: 

Segmentierungskriterien, die erst eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung und Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen,



Segmentbewertung, die die Attraktivität und Tragfähigkeit der in Betracht gezogenen Segmente evaluiert,



Segmentauswahl, d. h. die endgültige Festlegung der zu bearbeitenden Marktsegmente.

Durch Einsetzen dieser drei Parameter erweitert sich die Zielfunktion für die Optimierung des Kundennutzens folgendermaßen: Kundennutzen = f (Segmentierung) = f (Segmentierungskriterien, Segmentbewertung, Segmentauswahl) → optimieren!

2.8.2 Strategische Optionen Als grundlegende Marktsegmentierungsstrategien (Marktparzellierungsstrategien) kommen folgende Optionen in Frage: 

Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie als Massenmarktstrategie mit totaler Marktabdeckung,



Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie als Massenmarktstrategie mit partieller Marktabdeckung,



Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie, die alle attraktiven Marktsegmente des relevanten Produktmarktes (multiple Segmentierung) in die Bearbeitung einbezieht,



Selektive Marktbearbeitungsstrategie als Strategie des Nischenanbieters.

108

2. Segmentierung

2.8.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 2-43 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Segmentierung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung eines Prozessmodells ist von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Angebotsbreite und –tiefe, Art der Werttreiber etc.).

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierungsprozesse

Segmentierungsteilprozesse

Unterstützungsprozesse

Abb. 2-43:

Eingangslogistik

Segmentierung

Operative Funktionen

Positionierung

Markterfassung

Informationsgewinnung

Ausgangslogistik

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

Marktbearbeitung

Informationsverarbeitung

Marktforschung insbesondere Varianz-, Cluster-, Diskriminanzanalyse

SegmentAuswahl

Bestimmung Geschäftsfelder

Informationstechnik

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Segmentierung“

Die wichtigsten Instrumente des Aktionsfeldes Segmentierung sind die vielfältigen Methoden und Verfahren der Marktforschung. Hierbei nehmen die multivariaten Verfahren der Datenauswertung wie Varianzanalyse, Clusteranalyse und Diskriminanzanalyse eine besonders wichtige Stellung ein.

2.8.4 Werttreiber Die wichtigsten Werttreiber des Aktionsfeldes Segmentierung sind    

Segmentvolumen und -potenzial, Wettbewerbsintensität, Preisniveau und Kapitalbedarf

der zu bearbeitenden Marktsegmente.

2.8 Optimierung des Kundennutzens

109

In Abbildung 2-44 sind alle wesentlichen Aspekte dieses Aktionsfeldes (wie Aktionsparameter, Strategien, Instrumente und Werttreiber der Segmentierung sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

Abb. 2-44:

Aktionsfeld

Segmentierung

Aktionsparameter

• Kaufverhalten • Segmentierungskriterien • Segmentbewertung • Segmentauswahl

Strategien

• Undifferenzierte Marktbearbeitungsstrategie • Konzentrierte Marktbearbeitungsstrategie • Differenzierte Marktbearbeitungsstrategie • Selektive Marktbearbeitungsstrategie

Instrumentelle Unterstützung

Marktforschung insbesondere • Varianzanalyse • Clusteranalyse • Diskriminanzanalyse

Werttreiber

• Segmentvolumen und -potenzial • Wettbewerbsintensität • Preisniveau • Kapitalbedarf

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Segmentierung“

110

2. Segmentierung

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Welche (formalen) Anforderungen sind an ein effektives Segmentieren zu stellen?

(2)

Skizzieren Sie den S-O-R-Modellansatz des Kaufverhaltens von Konsumenten.

(3)

Welche Verhaltenskonstrukte beeinflussen die Kaufentscheidungen von Konsumenten?

(4)

Worin unterscheidet sich das Kaufverhalten von Organisationen im Vergleich zu Konsumenten?

(5)

Welche Rollen werden in der Regel von den Akteuren des Buying Center übernommen? In welchen Phasen des organisationalen Kaufprozesses kommen diese Rollen zur Geltung?

(6)

Welche Segmentierungskriterien herrschen im B2C-Bereich vor?

(7)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Makrosegmentierung und der Mikrosegmentierung im B2B-Bereich an den Begriffen „Zielgruppe“ und „Zielperson“.

(8)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen strategischen Geschäftsfeldern (SGF) und strategischen Geschäftseinheiten (SGE).

(9)

In welchen Marktsegmenten fallen Segmentvolumen und Segmentpotential besonders stark auseinander?

(10) Charakterisieren Sie Primärquellen und Sekundärquellen anhand der Kriterien Verfügbarkeit und Kosten. (11) Warum wird die Wahl der Befragungsform auch als Befragungsstrategie und die Art der Fragestellung als Befragungstaktik bezeichnet? (12) Mit welchen Maßnahmen lässt sich die Rücklaufquote einer schriftlichen Befragung erhöhen? (13) Welche methodischen Probleme können die Ergebnisse von Verbraucherpanels beeinflussen? (14) Warum zählt das Quotenauswahlverfahren zwar zu den repräsentativen Verfahren, aber nicht zu den Verfahren der Zufallsauswahl? (15) Worin besteht der Unterschied zwischen Markttest und einem Testmarkt? (16) Warum sind die Kriterien Isolation und Repräsentativität wichtig für die Auswahl eines Testmarktes? (17) In welchen Situationen ist es ratsamer, einen Storetest anstatt eines Markttests durchzuführen? (18) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Korrelations- und der Regressionsrechnung? (19) Warum zählt die Marktforschung nicht zum marketingpolitischen Instrumentarium (Marketing-Mix)?

3. POSITIONIERUNG 3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung ....................................................................... 113 3.2 Das Produkt als Positionierungselement .................................................................. 115 3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung ......................................... 115 3.2.2 Innovationsprozess ......................................................................................... 119 3.2.3 Markteintritt .................................................................................................... 125 3.2.4 Erfahrungskurve ............................................................................................. 128 3.2.5 Produktlebenszyklus ....................................................................................... 129 3.2.6 Produktportfolio.............................................................................................. 130 3.2.7 Produkt-Markt-Matrix .................................................................................... 134 3.2.8 Markenmanagement ....................................................................................... 138 3.3 Der Preis als Positionierungselement ....................................................................... 145 3.3.1 Preistheoretische Grundlagen ......................................................................... 145 3.3.2 Preisfindung .................................................................................................... 148 3.3.3 Preispositionierungsstrategien ........................................................................ 152 3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien ...................................................................... 154 3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb ............................................................... 158 3.5 Optimierung des Kundenvorteils ............................................................................. 161 3.5.1 Aktionsparameter............................................................................................ 161 3.5.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 161 3.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 162 3.5.4 Werttreiber ...................................................................................................... 163 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 165

112

3. Positionierung

3. POSITIONIERUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

Distribution Akquisition

Betreuung

+ Kundennähe

+ Kundenzufriedenheit

+ Kundenakzeptanz

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterium © Dialog.Lippold

Die Positionierung ist das zweite Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses und bildet das eigentliche Herzstück des Marketings, denn das Wesen des Marketings liegt in der Differenzierung. Die Positionierung zielt auf die Optimierung des Kundenvorteils ab und bedient sich des Produkts und des Preises als wesentliche Positionierungselemente. Da sich die Positionierung gegenüber Konsumenten und gegenüber Unternehmen/Organisationen prinzipiell nicht unterscheidet, werden die einzelnen Positionierungsansätze nicht getrennt nach B2C und B2B dargestellt. Dennoch werden die Ausführungen zur Produktpositionierung eindeutig vom B2C-Marketing dominiert. Die Gliederung dieses Kapitels folgt den beiden wesentlichen Positionierungselementen Produkt und Preis, d. h. zunächst werden strategische und operative Aspekte der Produktpositionierung und anschließend der Handlungsrahmen der Preispositionierung abgesteckt.

3.1 Aufgabe und Ziel der Positionierung

3.1

113

Aufgabe und Ziel der Positionierung

Die Positionierung ist das zweite wichtige Aktionsfeld im Vermarktungsprozess. Sie zielt darauf ab, innerhalb der definierten Segmente bzw. Geschäftsfelder eine klare Differenzierung gegenüber dem Produkt- und Leistungsangebot des Wettbewerbs vorzunehmen. Die Einbeziehung des Wettbewerbs und seiner Stärken und Schwächen ist also ein ganz entscheidendes Merkmal der Positionierung. Jedes Unternehmen tritt in seinen Marktsegmenten in aller Regel gegen einen oder mehrere Wettbewerber an. In dieser Situation reicht es nicht aus, ausschließlich nutzenorientiert zu argumentieren. Neben den reinen Kundennutzen muss vielmehr der Kundenvorteil treten. Der Kundenvorteil definiert sich als der Vorteil, den der Kunde beim Erwerb des Produktes gegenüber dem Wettbewerbsprodukt hat. Wer überlegenen Nutzen (= Kundenvorteil) bieten will, muss die Bedürfnisse, Probleme, Ziele und Nutzenvorstellungen des Kunden sowie die Vor- und Nachteile bzw. Stärken und Schwächen seines Produktangebotes gegenüber denen des Wettbewerbs kennen. Die Positionierung zielt also auf die Optimierung des Kundenvorteils ab: Kundenvorteil = f (Positionierung) → optimieren! Die wesentlichen Fragen in diesem Zusammenhang sind:  

Wie differenziert sich das eigene Angebot von dem des Wettbewerbs? Welches sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale?

Bei der Beantwortung geht es allerdings nicht so sehr um die Herausarbeitung von Wettbewerbsvorteilen an sich. Entscheidend sind vielmehr jene Produkt- und Leistungsvorteile, die für den Kunden interessant sind und einen besonderen Wert für ihn haben. Ein Unternehmen kann diesen Wert, dieses „Mehr an Nutzen bieten, indem es besser, neuer, schneller oder preisgünstiger ist“ [KOTLER et al. 2007, S. 400]. Produktvorteile müssen also ein Bedürfnis bzw. ein Problem der Zielgruppe befriedigen bzw. lösen. Produktvorteile, die diesen Punkt nicht treffen, sind von untergeordneter Bedeutung. Unternehmen, die es verstehen, sich im Sinne des Kundenproblems positiv vom Wettbewerb abzuheben, haben letztendlich die größeren Chancen beim Produktverkauf. Positionierung ist also die Schaffung einer klaren Differenzierung aus Kundensicht und besteht in der Reduktion auf die wichtigsten Ausprägungen des Kundenvorteils. Das führt zu einer Konzentration auf jene Produkt- und Leistungsmerkmale, die aus Kundensicht eine klare Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb bewirken. Damit führt die Positionierung zur Bestimmung des Kommunikationsinhaltes, denn jegliche Kommunikation mit dem Kunden sollte auf dessen Vorteil ausgerichtet sein [vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1986, S. 3]. Nachdem der Unterschied zwischen Kundennutzen und Kundenvorteil herausgearbeitet worden ist, sind in diesem Kontext noch weitere Begriffe, die teilweise synonym zum Kundenvorteil verwendet werden, abzugrenzen [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 19 ff.]:

114

3. Positionierung



Ein Netto-Nutzen-Vorteil ist dann gegeben, wenn der Nutzen für den Nachfrager größer ist als der Preis. Bei diesem Konstrukt fehlt allerdings die Wettbewerbskomponente.



Das Akronym USP (Unique Selling Proposition) beschreibt das Alleinstellungsmerkmal eines Produktes. Der USP betont zwar den Wettbewerbsbezug, nicht aber den vom Nachfrager zu zahlenden Preis.



Value Proposition ist der Wert (engl. Value) von Nutzenelementen, die ein Nachfrager im Austausch für den gezahlten Preis bekommt. Die Differenz zwischen Wert und Preis entspricht dem Netto-Nutzen-Vorteil.



Beim Wettbewerbsvorteil, der sich neben Produkt- bspw. auch aus Kosten- oder Standortvorteilen zusammensetzen kann, dominiert die Wettbewerbskomponente die Kundenkomponente. Der Wettbewerbsvorteil an sich zählt nicht, entscheidend ist, dass er auch vom Kunden wahrgenommen wird. Damit wirken Wettbewerbsvorteile nur mittelbar.



Das Konstrukt des komparativen Konkurrenzvorteils (KKV) fasst beide Perspektiven, also die Kundenkomponente und die Wettbewerbskomponente zusammen. Der KKV besteht aus einer (kundenorientierten) Effektivitätsposition (mit den Merkmalen Bedeutsamkeit und Wahrnehmung) und einer (wettbewerbsorientierten) Effizienzposition (mit den Merkmalen Verteidigungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit).

Obwohl der KKV, der speziell für das Industriegütermarketing entwickelt worden ist [BACKHAUS], sicherlich das umfassendste Konstrukt in diesem Kontext darstellt, soll hier weiterhin an der einfacheren Begrifflichkeit des Kundenvorteils festgehalten werden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Stärken von Unternehmen in Kundenvorteile umzusetzen: Entweder mit dem Produktvorteil oder mit dem Kosten- bzw. Preisvorteil. Die Positionierung von Produktvorteilen ist häufig sehr viel schwieriger als die von Preisvorteilen, da der Preis- oder Kostenvorteil ceteris paribus objektivierend wirkt. Das Kriterium der produktbezogenen Differenzierung kann daher nur der Alleinstellungsanspruch sein, denn die Einzigartigkeit wird im Wettbewerbsvergleich ebenfalls objektivierend beurteilt. Prinzipiell bietet jeder Produktparameter Chancen, Kundenvorteile zu erzielen. Entscheidend für die Durchsetzung von Kundenvorteilen ist, dass sich der Kommunikationsinhalt auf Einzigartigkeit, Verteidigungsfähigkeit und auf jene Produkteigenschaften konzentrieren sollte, die der Kunde besonders hoch gewichtet [vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1986, S. 3 und 41].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

3.2

115

Das Produkt als Positionierungselement

Das entscheidende Differenzierungsinstrument und damit die Grundlage für die Positionierung ist das Produkt. Dabei wird hier die Auffassung vertreten, „dass alles, was vermarktet werden kann, ein Produkt ist“ [KOTLER/BLÜMEL 1992, S. 621]. Nach diesem weit gefassten Begriffsverständnis werden neben Sachleistungen also auch Dienstleistungen (und sogar Personen und Ideen, die sich „vermarkten“ lassen) als Produkte angesehen. Die verschiedenen Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt stehen im Vordergrund der nachfolgenden Betrachtung. Wenn nicht anders erwähnt, wird aber weiterhin begrifflich zwischen Produkt (im Sinne von Sachgut) und Dienstleistung unterschieden.

3.2.1 Differenzierung als Grundlage der Positionierung Ein Unternehmen sollte ein Marktsegment letztlich nur dann als attraktiv für sich einschätzen, wenn es sich aufgrund seiner eigenen Leistungspotenziale einen oder mehrere Wettbewerbsvorteil(e) verspricht. Hierzu ist es im Rahmen der Positionierung erforderlich, sich ein genaues Bild über die Erfolgs- oder Schlüsselfaktoren – bezogen auf die Anforderungen der jeweiligen Marktsegmente – zu verschaffen. Solche Erfolgsfaktoren wirken stark differenzierend und zeigen Potenziale auf, um sich vom Wettbewerb innerhalb der Segmente abheben zu können. Eine der Hauptaufgaben für das Marketing besteht demnach darin, diese Alleinstellungsmerkmale ausfindig zu machen, gegenüber dem Markt zu kommunizieren und damit Präferenzen zu bilden. Die Differenzierungsmöglichkeiten können je nach Branche sehr unterschiedlich sein. In einigen Branchen können solche Kundenvorteile relativ leicht gewonnen werden, in anderen ist dies nur sehr schwer möglich. Dennoch gelingt es erfahrenen Marketingunternehmen immer wieder, für ihre Produkte – seien sie noch so homogen – Differenzierungen herauszuarbeiten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 400 und 407]. Ersatzweise können aber auch Produktmerkmale herangezogen werden, die für sich genommen zwar keinen Alleinstellungsanspruch rechtfertigen, sehr wohl aber in ihrer Kombination einen Kundenvorteil darstellen. Die in Abbildung 3-01 dargestellten Differenzierungsmöglichkeiten, die Produkte bieten können, sind weitgehend selbsterklärend und werden daher nicht weiter erläutert. Allerdings sind diese Differenzierungsmöglichkeiten weitgehend auf das B2C-Marketing zugeschnitten.

116

3. Positionierung

Symbolik Image Reputation

Markierung

Zusatzdienstleistungen

Beratung Fachkompetenz Vertrauenswürdigkeit

Styling Ästhetik Farbe, Form

Basisdienstleistungen Verpackung

Haltbarkeit Ökologie Recyclingfähigkeit

Produktdesign

Zusatzeigenschaften

Produktkern

Kerneigenschaften

Abb. 3-01:

Wartung Instandhaltung

Funktionsleistung Ausstattung Zuverlässigkeit

Differenzierungsmöglichkeiten durch das Produkt

Für den Industriegüterbereich (und damit im Wesentlichen auch für das B2B-Marketing) schlagen BACKHAUS/VOETH einen Ansatz vor, der die besonderen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen des Anbieters zur Positionierung berücksichtigt. Als Differenzierungsmöglichkeiten werden dabei   

Potenzialunterschiede, Prozessunterschiede und Programmunterschiede

im Vergleich zum Wettbewerb herangezogen (siehe Abbildung 3-02). Zu den Potenzialunterschieden als Quelle für den Kundenvorteil zählen z. B. ein patentrechtlich geschütztes Wissen ebenso wie der Zugang zu dominanten Technologien, ein exklusives Vertriebssystem oder besonders fähige Mitarbeiter. Wettbewerbsrelevante Prozessunterschiede ergeben sich insbesondere beim Management der Supply Chain, bei den Prozessketten des Product Lifecycle sowie beim Customer Relationship Management. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie solche Prozessketten im Hinblick auf Effektivität und Effizienz und vor allem im Vergleich zum Wettbewerb gemessen bzw. beurteilt werden sollen. In den Programmunterschieden dokumentiert sich der vom Kunden wahrgenommene Marktauftritt eines Anbieters. Unternehmen, die bspw. nur als Komponentenlieferant, nur als Systemanbieter oder nur als Dienstleister auftreten, werden sich im Markt anders positionieren als Unternehmen, die über die vollständige Programmbreite verfügen [vgl. PLINKE 1995, S. 68]. So hat sich SAP jahrelang als reines Softwarehaus positioniert, während international operierende IT-Beratungsunternehmen wie ACCENTURE, CAPGEMINI oder BEARING POINT als SAP-Berater (z. B. für internationale SAP-Rollouts) agieren.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

117

Die in Abbildung 3-01 und 3-02 aufgezeigten Differenzierungsmöglichkeiten machen deutlich, wie vielfältig die Gestaltungsansätze für das B2C- und das B2B-Marketing sind, um Erfolgsfaktoren und damit Kundenvorteile für eine erfolgreiche Positionierung herauszuarbeiten.

Abb. 3-02:

Potenzialunterschiede

Prozessunterschiede

Programmunterschiede

z. B. • Kapitalausstattung • Technologiezugang • Rohstoffzugang • Mitarbeiterkompetenz • F&E-Kompetenz • Wissensmanagement • Lieferantennetzwerk • Vertriebssystem

z. B. • Supply Chain Management • Customer Relationship Management • Product Lifecycle Management

z. B. • Produktangebot (Komponenten, Module) • Systemangebot (Systemengineering, Systemtechnologie) • Dienstleistungsangebot (Beratung, Installation, Wartung, Outsourcing)

Differenzierungsmöglichkeiten im Industriegüterbereich [Quelle: BACKHAUS/ VOETH 2010, S. 148 ff.]

Darüber hinaus bieten die spezifischen Wettbewerbsverhältnisse und Kundenanforderungen innerhalb einer Branche weitere Differenzierungsmöglichkeiten. Ein Beispiel dafür sind die Differenzierungsmerkmale für ERP-Softwareprodukte in Abbildung 3-03, die sich an folgenden Anwenderbedürfnissen orientieren:     

Funktionaler Nutzen Zukunftssicherheit Produktstabilität Serviceleistungen Kundennähe. Funktionaler Nutzen

Zukunftssicherheit

Produktstabilität

Serviceleistungen

Kundennähe

Funktionsbreite

Softwaretechnologie

Anzahl Installationen

Organisationsberatung

Anzahl Geschäftsstellen

Funktionstiefe

Softwarearchitektur

Anzahl Referenzen

Einsatzunterstützung

Anzahl Servicestellen

Integrationsfähigkeit

Portabilität

Zuverlässigkeit

Customizing

Anzahl Vertriebspartner

Image, Reputation

Anwenderschulung

Anzahl Servicepartner

Finanzkraft

Hot-Line Wartung

Internationale Präsenz

Abb. 3-03:

Kaufentscheidende Differenzierungsmerkmale für ERP-Software [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 159]

Häufig besteht der Bedarf, die so gewonnene Positionierung auch zu lokalisieren. Dazu werden die verschiedenen miteinander im Wettbewerb stehenden Produkte in einem sog. Eigenschafts- oder Merkmalsraum angeordnet. Aus Vereinfachungs- bzw. Darstellungsgründen

118

3. Positionierung

wird zumeist ein zweidimensionales Positionierungsmodell verwendet. Maßgebend für ein solches Positionierungsmodell sind die wahrgenommenen bzw. erlebten Produktmerkmale, die von den Kunden unterschiedlich zugeordnet werden. Dem Marketing obliegt dabei die Aufgabe, die kaufbestimmenden Eigenschaften zu identifizieren und als Positionierungskreuz darzustellen. Im Automobilbereich können dies bspw. die Merkmale Sportlichkeit und Wirtschaftlichkeit sein. Sind die Positionierungsobjekte (hier: Autos) in den Eigenschaftsraum eingeordnet, können entsprechende Lücken (Positionierungslücken) für neue Produkte aufgedeckt werden [vgl. BECKER 2009, S. 248]. Abbildung 3-04 zeigt das Beispiel eines einfachen, zweidimensionalen Positionierungsmodells mit den Merkmalen A und B. Merkmal A

(positive Ausprägung)

A1

A5

A2

A7 A3

Merkmal B

A6

A9

A4

Merkmal B

(positive Ausprägung)

(negative Ausprägung)

A10 Positionierungslücke

A11

Merkmal A

(negative Ausprägung)

Abb. 3-04:

Beispiel eines zweidimensionalen Positionierungsmodells

In der Praxis sind zweidimensionale Merkmalsräume eher selten, da in der Regel mehr als zwei Eigenschaften zur Positionierung herangezogen werden. Abbildung 3-05 zeigt ein Beispiel für einen Merkmalsraum mit fünf Eigenschaften, die kaufentscheidend für den Erwerb von ERP-Software sein können. Als Eigenschaften sind hierbei die fünf Anwenderbedürfnisse aus Abbildung 3-03 über den Merkmalsraum für drei Positionierungsobjekte (Produktangebot A, B und C) gespannt. Sind die Erfolgsfaktoren identifiziert und beherrschbar, so müssen die Leistungs- und Unternehmensstärken gegenüber den potenziellen Kunden argumentiert (→ Kundenvorteil) und damit zu strategischen Wettbewerbsvorteilen ausgebaut werden. Der strategische Wettbewerbsvorteil sollte drei Kriterien erfüllen [vgl. SIMON 1988, S. 465]: 

Der Vorteil muss ein für den Kunden wichtiges Leistungsmerkmal betreffen.



Der Vorteil muss vom Kunden tatsächlich wahrgenommen werden.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement



119

Der Vorteil sollte vom Wettbewerb nicht schnell einholbar sein, d. h. er muss eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen. Funktionalität

Zukunftssicherheit

Produktangebot C

Kundennähe

Produktangebot A

Produktangebot B

Serviceleistungen Produktstabilität

Abb. 3-05:

Beispiel für ein Positionierungsmodell mit fünf Dimensionen

3.2.2 Innovationsprozess Der Grundstein aller Differenzierungsmöglichkeiten wird bereits bei der Neuproduktentwicklung bzw. bei der Konzeption von Produktverbesserungen gelegt. Neue Produkte entscheiden über die weitere Entwicklung des Unternehmens; verbesserte und modifizierte Produkte sowie Nachfolgeprodukte müssen entwickelt werden, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Der mit der Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten verbundene Änderungsprozess wird als Innovationsprozess bezeichnet [vgl. SCHMITT-GROHÉ 1972, S. 25]. Nicht nur aus einzelwirtschaftlicher Sicht sind Innovationen notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Auch gesamtwirtschaftlich gesehen besteht kein Zweifel darüber, dass in den westlichen Industrieländern die internationale Wettbewerbsfähigkeit nur durch Innovationen gewährleistet werden kann, da insbesondere Schwellenländer technisch-funktionale Wettbewerbsvorteile immer schneller imitieren können. So ist es auch kein Wunder, dass der Begriff der Innovation in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Schlagwort geworden ist [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 408]. „Innovation is the use of new knowledge to offer a new product or service that costumers want. It is invention and commercialization.” [AFUAH 1998, S. 13] Diese Definition fasst den unter den vielen in der Literatur angebotenen Auslegungen des Innovationsbegriffs am bes-

120

3. Positionierung

ten zusammen, weil sie die beiden wesentlichen Bestandteile – nämlich „kundenwertige Neuheit“ und „Markterfolg“ – vereint. Der Innovationsbegriff ist allerdings nicht nur auf Produktinnovationen (im Sinne von Sachgütern) beschränkt, sondern bezieht auch Neuheiten im Bereich der Entwicklung von Prozessen (→ Prozessinnovationen), Dienstleistungen (→ Serviceinnovationen), Organisationen (→ Organisationsinnovationen) und Geschäftsmodellen (→ Geschäftsmodellinnovationen) als Innovationsobjekte mit ein. Eine weitere Unterscheidung von Innovationen kann unter dem Aspekt des Innovationsgrades vorgenommen werden. Danach ist zwischen Imitationsinnovationen, Anpassungsinnovationen und Basisinnovationen zu differenzieren. Schließlich kann noch nach dem Treiber der Innovation zwischen markt- und technologieinduzierten Innovationen unterschieden werden. Marktgetriebene Innovationen (engl. Market Pull) gehen von bislang nicht erfüllten Kundenbedürfnissen aus, während technologiegetriebene Innovationen (engl. Technology Push) in der Regel auf naturwissenschaftlich-technische Entwicklungen zurückzuführen sind [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 542]. Abbildung 3-06 liefert einige Beispiele zu den verschiedenen Innovationstypen.

Objekt der Innovation

Grad der Innovation

Treiber der Innovation

Abb. 3-06:

Innovationstypen

Beispiele

Produktinnovation

Gameboy (NINTENDO), Kinder-Überraschungsei (FERRERO), I-Phone (APPLE)

Prozessinnovation

Vollautomatische Hochregallagersteuerung, RFID-Technologie im Handel

Serviceinnovation

Online-Banking für Privatkunden

Organisatorische Innovation

Einführung von Telearbeit im Unternehmen

Geschäftsmodellinnovation

IKEA-Geschäftsmodell (ein Teil der Wertschöpfung wird zum Kunden ausgelagert)

Imitationsinnovation

Generika in der pharmazeutischen Industrie

Anpassungsinnovation

Anwendungsmodifikationen für SAPStandardsoftware

Basisinnovation

Hybrid-Antrieb in der Automobilindustrie

Market Pull (-Innovation)

SMART-Kleinwagen von DAIMLER

Technology Push (-Innovation)

Digital-Kameras

Innovationstypen

Die nachfolgende Darstellung des Innovationsprozesses konzentriert sich aus Vereinfachungsgründen ausschließlich auf Produktinnovationen, die mehrheitlich im B2C-Marketing zu finden sind. Der Produktinnovationsprozess durchläuft idealtypisch folgende Phasen [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 447 ff.]:

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

       

121

Ideengewinnung Ideenprüfung Konzeptentwicklung Entwicklung der (vorläufigen) Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse Produktentwicklung Markterprobung Markteinführung.

Die einzelnen Phasen können sich zeitlich überlappen und müssen nicht notwendiger Weise sukzessive durchlaufen werden. So sind bspw. Rückschritte zu früheren Phasen denkbar, wenn dort zunächst noch Änderungen oder Verbesserungen vorgenommen werden müssen. (1) Ideengewinnung Am Anfang des Innovationsprozesses steht die Suche nach vermarktungsfähigen Produktideen. Dabei können sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne Ideenquellen genutzt werden. Zu den internen Quellen zählen Anregungen des Außen- und Kundendienstes, das betriebliche Vorschlagswesen sowie die Mitarbeiter des Forschungs- und Entwicklungsbereichs (F&E-Bereich). Externe Quellen setzen folgerichtig bei den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden an. Jedoch können Lieferanten und Händler, Wettbewerbsanalysen, Messen sowie (Innovations-)Berater wichtige Ideenquellen sein.

Ideengewinnung Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung

Ideenquellen • Zufällige Idee • Kundenanregungen/-beschwerden • Lieferantenanregungen • Wettbewerbsanalyse • Betriebliches Vorschlagswesen • Messen • (Innovations-)Berater • F&E-Abteilung Kreativitätstechniken • Brainstorming • Brainwriting (Methode 6-3-5) • Synektik • Morphologische Analyse Bewertungsschema für Produktideen

Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-07:

• Alleinstellung oder Überlegenheit des Produkts • Preis-Leistungsverhältnis • Verfügbares Marketingbudget • Wettbewerbslage in der Produktkategorie • Conjoint-Analyse

Ideengewinnung und Ideenprüfung im Rahmen des Innovationsprozesses

Neben der reinen Ideensammlung ist es erforderlich, die Ideengewinnung durch eine systematische Ideenproduktion durch den Einsatz von Kreativitätstechniken zu ergänzen. Dazu zählen intuitive Verfahren wie Brainstorming und Brainwriting (Methode 6-3-5) als gruppendynamische Prozesse sowie das anspruchsvollere Verfahren der Synektik, das auf der Erkenntnis beruht, dass sich Impulse für neue Produkte durch Analogiebildung gewinnen lassen. Schließ-

122

3. Positionierung

lich ist noch die morphologische Analyse zu nennen. Bei dieser Methode werden neu zu entwickelnde Produkte anhand von verschiedenen Merkmalen beschrieben. Durch Kombination der einzelnen Merkmalsausprägungen können sich dann neue Produktideen ergeben. (2) Ideenprüfung Im Mittelpunkt der Ideenprüfung steht eine Vorauswahl der gefundenen Produktideen. Fruchtlose Ideen sollen frühzeitig ausgesondert und das Nutzenpotenzial von guten Ideen rechtzeitig erkannt werden. Der Vorauswahl liegt ein Bewertungsschema zugrunde, das die Ideen in eine Rangfolge (Rating) bringt. Bei diesem Rating werden bestimmte Faktoren wie die Alleinstellung des Produkts, das Preis-/Leistungsverhältnis, das verfügbare Marketingbudget oder die Wettbewerbslage innerhalb der Produktkategorie berücksichtigt und entsprechend gewichtet. Eine solche Ideenbewertung dient als Grundlage zur Diskussion im Management, das letztlich die Entscheidung über die Weiterverfolgung einer Produktidee trifft. Da Produktideen in dieser Phase des Innovationsprozesses noch wenig konkret sind, bietet sich besonders die Conjoint-Analyse als Verfahren zur Ideenkonkretisierung an. Die Conjoint-Analyse ist eine multivariate Analysetechnik, mit deren Hilfe der Gesamtnutzen eines Produktes in Nutzenbeiträge einzelner Produktmerkmale zerlegt wird. Dadurch trägt die Conjoint-Analyse dazu bei, dass die Produktidee bereits in der frühen Phase des Entwicklungsprozesses am Kundennutzen ausgerichtet wird [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 549]. Abbildung 3-07 fasst die wichtigsten Aspekte dieser beiden ersten Phasen des Innovationsprozesses zusammen. (3) Konzeptentwicklung Nach der Ideenkonkretisierung geht es darum, die neue Produktidee im Rahmen eines Konzeptes umfassend zu präzisieren. Dazu muss zunächst die angestrebte Zielgruppe, d. h. die potentiellen Käufer des Produkts festgelegt werden. Neben den funktionalen Eigenschaften des Produkts wird das zentrale Nutzenversprechen gegenüber der Zielgruppe festgehalten. Schließlich wird in der Konzeptbeschreibung die angestrebte Positionierung festgelegt. Handelt es sich nicht nur um eine Produktidee, die präzisiert werden soll, sondern um alternative Produktkonzepte, so können diese Konzepte ebenfalls mit der Conjoint-Analyse erprobt werden. (4) Entwicklung der Marketingstrategie In der nächsten Phase muss eine vorläufige Marketingstrategie entwickelt werden. Der erste Teil dieser Strategie beschreibt Größe, Struktur und Verhaltensmuster des Zielmarktes sowie die Absatz-, Marktanteils- und Gewinnziele in den ersten Jahren. Im zweiten Teil werden der vorgesehene Preis, die Distributionsstrategie und das Marketingbudget festgelegt. Im dritten Teil der Marketingstrategie werden die langfristigen Umsatz- und Gewinnziele (z. B. in Form einer 5-Jahresplanung) beschrieben. Abbildung 3-08 gibt einen Überblick über die wichtigsten Aktivitäten der Konzept- und Strategieentwicklung.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Ideengewinnung

123

Präzisierung der Produktidee • Wer sind die potenziellen Käufer des Produkts?

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung Markterprobung

• Welche funktionalen Eigenschaften zeichnet das Produkt aus? • Wie lautet das zentrale Nutzenversprechen gegenüber der Zielgruppe? • Evtl. Einsatz der Conjoint-Analyse (bei mehreren Produktalternativen)

Erarbeitung einer vorläufigen Marketingstrategie • Beschreibung der Größe, Struktur und Verhaltensmuster des Zielmarktes • Festlegen des vorgesehenen Preises, der Distributionsstrategie und des Marketingbudgets • Beschreibung der langfristigen Umsatz- und Gewinnziele (5-Jahresplanung)

Markteinführung

Abb. 3-08:

Konzeptentwicklung und Entwicklung der vorläufigen Marketingstrategie

(5) Wirtschaftlichkeitsanalyse Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse geht es in erster Linie darum, ob die geplanten Umsätze, Kosten und Gewinne den Unternehmenszielen entsprechen. Im Rahmen eines Businessplanes werden die geschätzten Umsätze aus Erstkäufen, Ersatzkäufen und Wiederholungskäufen den erwarteten Kosten gegenübergestellt. Diese Kosten- und Gewinnschätzungen werden sehr häufig in drei Varianten als sog. Risikoanalyse durchgeführt, die eine optimistische, eine pessimistische und eine realistische Einschätzung beinhaltet. Darüber hinaus empfiehlt sich auch die Durchführung einer Break-even-Analyse. Hierbei wird ermittelt, welche Absatzmengen bei vorgegebenen Preisen verkauft werden müssen, um die Fixkosten zu decken und die Gewinnschwelle zu erreichen. Ist die Marktfähigkeit und damit die wirtschaftliche Attraktivität des geplanten Produkts attestiert, so kann die Phase der Produktentwicklung eingeleitet werden [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 463 ff.]. (6) Produktentwicklung Bislang existierte das geplante Produkt lediglich als Beschreibung, Zeichnung oder als Modell. Mit Eintritt in die Produktentwicklungsphase sind größere Investitionen erforderlich. Die Entwicklungsabteilung wird jetzt einen oder mehrere Prototypen herstellen. Grundlage für die Erstellung eines Prototyps, der bereits alle Funktionen des Produkts besitzt, sind Stücklisten, die eine strukturierte Anordnung aller verwendeten Teile und Baugruppen beinhaltet. Die fertiggestellten Prototypen werden einer Reihe von Funktions- und Akzeptanztests unterzogen. Der sog. Alpha-Test findet innerhalb des Unternehmens statt und führt in der Regel zu weiteren Produktverbesserungen. Als Beta-Tests werden Untersuchungen bezeichnet, bei denen Kunden und Kaufinteressenten in den Produkttest mit einbezogen werden. Der BetaTest ist die letzte Stufe vor der generellen Markterprobung [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 468 ff.].

124

3. Positionierung

Abbildung 3-09 fasst die Aktivitäten der Wirtschaftlichkeitsanalyse und der Produktentwicklung zusammen.

Ideengewinnung

Businessplan • Umsatzprognose der Erstkäufe

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung

• Umsatzprognose der Wiederholungskäufe • Umsatzprognose der Ersatzkäufe • Kosten- und Gewinnschätzung

Produktentwicklungsstufen • Entwicklung einer Stückliste • Entwicklung eines Prototypen • Durchführung α-Test • Produktverbesserung • Durchführung β-Test

Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-09:

Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung

(7) Markterprobung Nach der erfolgreichen Durchführung des Beta-Tests ist das Produkt funktionstüchtig und akzeptanzfähig. Dieser Status reicht aber noch nicht aus, um die endgültige Marktfähigkeit sicherzustellen. Daher gilt es im Rahmen der Markterprobung festzustellen, wie sich Verbraucher bzw. Käufer unter Marktbedingungen verhalten, wenn sie das Produkt kaufen, nutzen bzw. einsetzen und ggfs. nachbestellen. Dazu ist es erforderlich, das Produkt unter Einbeziehung aller Produktkomponenten (wie Verpackung und Markierung) sowie möglichst vieler Elemente des Marketingprogramms zu testen. Dazu steht vornehmlich dem B2C-Marketing eine Reihe von Testverfahren zur Verfügung, die vom Produkttest (als Voll- oder Partialtest), über den Storetest bis hin zum Markttest bzw. zu Testmarktergänzungsverfahren reichen. Eine kurze Beschreibung dieser Testverfahren ist bereits in Abschnitt 2.7.3 vorgenommen worden. Im B2B-Bereich ist Testmarketing auch aufgrund der wesentlich geringeren Stückzahlen gegenüber Konsumgütern nicht unbedingt üblich. Stattdessen werden möglichst viele BetaTests mit Kunden durchgeführt oder das neue Produkt auf Fachmessen einem größeren Kreis von potenziellen Kunden bzw. Einkäufern präsentiert. (8) Markteinführung Bei der generellen Markteinführung ist das Verständnis darüber, wie ein neues Produkt von den Käufern angenommen und sich im Markt durchsetzt, von zentraler Bedeutung. In diesem Kontext wird einmal vom Adoptionsprozess und einmal vom Diffusionsprozess gesprochen. Unter dem Adoptionsprozess versteht man die schrittweise Annahme (Adoption) eines neuen Produkts durch die Nachfrager. Bei der Adoption steht also die Sicht des einzelnen Käu-

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

125

fers (Adopter) im Vordergrund. Der Diffusionsprozess beschreibt die zeitliche Ausbreitung (Diffusion) von Innovationen im Markt aus Sicht des Unternehmens [vgl. HOMBURG/ KROHMER 2009, S. 570 ff.]. Nach ROGERS [1962, S. 247] verläuft die Adoption von Innovationen ähnlich einer „Glockenkurve“ (Gaußsche Normalverteilung), die in Abbildung 3-10 dargestellt ist. Die ersten 2,5 Prozent der Personen, die eine Innovation annehmen bzw. übernehmen, bezeichnet man als Innovatoren. Es folgt die Gruppe der Frühadopter (13,5 Prozent), der frühen Mehrheit (34 Prozent), der späten Mehrheit (ebenfalls 34 Prozent) und schließlich die Gruppe der Nachzügler mit 16 Prozent.

Ideengewinnung

Markterprobungsverfahren • Produkttest

Ideenprüfung (Screening) Konzeptentwicklung

• Store-Test • Markttest • Testmarktergänzungsverfahren • Diffusion (Ausbreitung) von Innovationen

Entwicklung Marketingstrategie Wirtschaftlichkeitsanalyse (Businessplan) Produktentwicklung Markterprobung Markteinführung

Abb. 3-10:

• Adoption (Annahme/Übernahme) von Innovationen

Der Adoptionsprozess Anzahl Adoptierer Innovatoren 2,5%

Frühe Späte Mehrheit Mehrheit 34% 34%

Nachzügler 16%

t Frühadoptierer 13,5%

Markterprobung und Markteinführung

3.2.3 Markteintritt Im Zusammenhang mit der Markteinführung ist die Entscheidung über den Markteintrittszeitpunkt von strategischer Bedeutung. Die strategischen Stoßrichtungen beim Markteintritt (engl. Time-to-Market) sind die Pionierstrategie und die Nachfolgerstrategie. Letztere unterteilt sich wiederum in Strategien des frühen Nachfolgers und des späten Nachfolgers (siehe Abbildung 3-11). Die Pionierstrategie (engl. First-to-Market), bei dem das Unternehmen mit dem neuen Produkt als Erstes in den Markt eintritt, hat zunächst einmal den Vorteil einer vorübergehenden Monopolstellung verbunden mit der Möglichkeit der Preisabschöpfung und zum Setzen von Marktstandards. Dem hohen Chancenpotenzial stehen vor allem die Risiken hoher Markterschließungskosten und ungewisser Marktentwicklung gegenüber.

126

3. Positionierung

Der frühe Folger (engl. Second-to-Market) tritt vergleichsweise kurz nach dem Pionier in den Markt ein und kann unmittelbar an das Pionier-Konzept anknüpfen. Der frühe Folger hat durchaus gute Marktchancen, muss aber bereits mit ersten Preiszugeständnissen rechnen. Der späte Folger (engl. Later-to-Market) verfügt entweder noch nicht über das technologische Know-how oder er scheut das hohe Markterschließungsrisiko. Dadurch riskiert er einen schärferen Preiswettbewerb und muss Image- und Kompetenznachteile in Kauf nehmen.

Wahl des Markteintritts

Pionierstrategie

Folgerstrategie

Chancen • Möglichkeit zur Schaffung von Standards • Nutzung von preispolitischen Spielräumen • Kostenvorteile durch Vorsprung auf der Erfahrungskurve

Risiken • Hohe Markterschließungskosten • Ungewissheit über weitere Marktentwicklung • Gefahr von Technologiesprüngen durch Wettbewerber

Abb. 3-11:

Früher Folger

Später Folger

Chancen

Chancen

• Erste Markterfahrungen liegen vor

• Anlehnung an bereits vorhandene Standards

• Geringeres Markteintrittsrisiko als beim Pionier

• Niedrigere F&E-Aufwendungen

• Markt ist noch nicht verteilt

• Kostengünstige Me-too-Produktion

Risiken

• Größere Sicherheit über weitere Marktentwicklung

• Bereits aufgebaute Markteintrittsbarrieren (durch Pionier)

Risiken

• Zwang zu Eigenständigkeiten im Vermarktungskonzept

• Bereits verteilter Markt

• Ggf. erste Preiszugeständnisse erforderlich

• Gefahr von größeren Preiskämpfen

• Image- und Kompetenznachteile

Typische Markteintrittsmuster [Quelle: BECKER 2009, S. 379 ff.]

Abbildung 3-11 verdeutlicht, dass es keine Markteintrittsstrategie gibt, die ausschließlich Vorteile mit sich bringt. Zwar sind die Erfolgsaussichten der späten Folger schon aufgrund der hohen Markteintrittsbarriere insgesamt als geringer einzustufen, dennoch können auch sie von den technologie- bzw. marketing-konzeptionellen Fehlern des Pioniers bzw. frühen Folgers profitieren [vgl. BECKER 2009, S. 380]. Die Wahl der richtigen Markteintrittsstrategie hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist in hohem Maße situationsabhängig. Risikofreudige Unternehmen mit ehrgeizigen Wachstumszielen werden eher Pionierkonzepte verfolgen. In der Konsumgüterbranche, deren Forschungs- und Entwicklungsaufwand im Schnitt deutlich geringer ist als bei Industriegütern, haben Folger mindestens genauso gute Chancen wie Pioniere. Neben Risikobereitschaft und strukturellen Branchenbedingungen spielt auch der Grad der Innovation eine beeinflussende Rolle bei der Wahl der Timing-Strategie. So setzen echte Pionierstrategien vor allem auf Basisinnovationen mit großen Ertragschancen unter Inkaufnahme eines hohen Risikos [vgl. BECKER 2009, S. 382 ff.].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

127

In Abbildung 3-12 sind einige bekannte Beispiele aus der dem Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation (ITK-Branche) aufgeführt, in denen nicht immer die Pionierstrategie „das Rennen“ gemacht hat. Innovationsführer

Produkt

Innovationsfolger

JVC setzt VHS als Standard durch; Phillips mit Video 2000 ohne große Marktchancen

Videorecorder

Intel 80386 mit Wettbewerbsvorteilen; es gelingt Aufbau einer Marke

32 Bit Mikroprozessor

Siemens kommt zu spät, d. h. erst nach Einsetzen des Preisverfalls bei Speicherchips auf den Markt

Dynamische Speicherchips (DRAM) Personal Computer

Abb. 3-12:

Kommentar

Zunächst beide erfolgreich

Beispiele für Innovationsführer und Innovationsfolger in der ITK-Branche

Wie kaum ein anderes Unternehmen ist APPLE abhängig von seiner Time-to-MarketingStrategie. Abbildung 3-13 zeigt sehr anschaulich, welche Auswirkungen Neuproduktentwicklungen und deren Markteintrittszeitpunkte auf die Umsatz- und Gewinnsituation des Unternehmens seit der Firmengründung haben. 70000 Mio USD 60000

50000

iPhone

= Umsatz = Gewinn 40000

iPod iBook

30000

20000

Power Mac Lisa

Mac

NeXTStep iMac G3

iMac G4

Apple II

10000

Apple I 0

-10000

Abb. 3-13:

Umsatz- und Gewinnentwicklung APPLE 1981 bis 2010

128

3. Positionierung

3.2.4 Erfahrungskurve Im Zusammenhang mit der Wahl der richtigen Markteintrittsstrategie spielen die Erkenntnisse über den sog. Erfahrungskurveneffekt eine wichtige Rolle. Aufgrund von empirischen Untersuchungen hat die BOSTON CONSULTING GROUP festgestellt, dass die auf die Wertschöpfung bezogenen preisbereinigten Stückkosten eines Produkts konstant um 20 bis 30 Prozent zurückgehen, wenn sich im Zeitablauf die kumulierte Produktionsmenge verdoppelt. In Abbildung 3-14 ist der Kostenverlauf in Abhängigkeit von der kumulierten Menge einmal bei linearer Skaleneinteilung und einmal bei logarithmischer Einteilung des Ordinatenkreuzes dargestellt. Besonders deutlich wird das Phänomen der Erfahrungskurve mit konstanten Änderungsraten der Kosten bei einem logarithmisch gewählten Ordinatensystem [vgl. BECKER 2009, S. 422 f.]. Kosten je Stück 10

Lineare Ordinaten

8

bei 20% Rückgang

6 4 2 bei 30% Rückgang 0

1

2

4

6

8

10

12

14

16

Kumulierte Menge (Erfahrung)

Kosten je Stück 10

bei 20% Rückgang

8

Logarithmische Ordinaten

4 bei 30% Rückgang 2

1

Abb. 3-14:

1

2

4

8

16

Kumulierte Menge (Erfahrung)

Kosten-Erfahrungskurve bei linear und logarithmisch eingeteilten Ordinaten [Quelle: BECKER 2009, S. 423]

Die Ursache der Stückkostendegression ist vornehmlich auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen ist es die Lernkurve, die davon ausgeht, dass bei steigendem Produktionsvolumen Lerneffekte in Form von geringeren Ausschüssen, besserer Koordination der Arbeitsabläufe, effizienterer Planung und Kontrolle sowie durch einen höheren Ausbildungsgrad der Mitarbeiter erzielt werden. Zum anderen sind es Größendegressionseffekte, die davon ausgehen, dass ein Unternehmen bei wachsender Ausbringungsmenge von sinkenden Kosten profitiert (u. a. bei Einkauf und Lagerhaltung). Diese als Skalenerträge (engl. Economies of Scale) bezeichneten Effekte wirken einerseits als Kostensenkungs- und andererseits als Erlöserhöhungspotenziale [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 199].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

129

3.2.5 Produktlebenszyklus Nach der Entwicklung und erfolgreichen Markteinführung geht es nun darum, dass sich das Produkt lange und erfolgreich im Markt behauptet. Ein Produkt wird sich nicht unendlich lang verkaufen lassen, sondern unterliegt einem Lebenszyklus, dessen Länge und Verlauf im Voraus nicht bekannt sind [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 666].

Einführung

Wachstum

Absatz Gewinn

Sättigung/ Rückgang

Reife

Lebenszykluskurve

Absatz

Gewinn t

Absatz

niedrig

starke Zunahme

Absatzmaximum

fallend

Gewinn

Verlust

steigend

rückläufig

erste Verluste

Kundenprofil

Innovatoren

frühe Adopter

große Mehrheit

Nachzügler

Wettbewerber

wenige

zunehmend

haben sich etabliert

ziehen sich zurück

Marketingziele

Produktbekanntheit steigern

Marktanteil vergrößern

Marktanteil verteidigen

Ausgaben minimieren

Abb. 3-15:

Der Produktlebenszyklus [Quelle: KOTLER et al. 2011, S. 666]

Abbildung 3-15 zeigt den idealtypischen Verlauf von Absatz- und Gewinnkurve über die Lebensdauer eines Produkts. Im Rahmen des Lebenszyklusmodells können vier Phasen unterschieden werden:    

Einführung Wachstum Reife Sättigung bzw. Rückgang.

In der Markteinführungsphase wächst der Absatz langsam. Gewinne entstehen aufgrund der hohen Einführungskosten noch nicht und die Anzahl der Wettbewerber ist gering. Auch ist das Marktpotenzial noch nicht überschaubar und die Entwicklung der Marktanteile ist nicht vorhersehbar. Die Wachstumsphase ist durch eine starke Zunahme des Absatzes gekennzeichnet. Erste Gewinne werden erzielt und weitere Wettbewerber treten in den Markt ein. In dieser Phase gilt es, den eigenen Marktanteil signifikant zu vergrößern.

130

3. Positionierung

In der anschließenden Reifephase verlangsamt sich das Absatzwachstum. Die Gewinne geraten unter Druck, der Wettbewerb hat sich etabliert. Das Produkt muss durch erhöhte Marketingaufwendungen gegen den Wettbewerb verteidigt werden. In der Sättigungsphase geht der Absatz zurück und die Gewinne brechen ein. Wettbewerber ziehen sich zurück. Das Unternehmen steht vor der Frage, ob das Produkt auslaufen und durch einen Nachfolger ersetzt werden soll, oder ob das Produkt durch weitere Verbesserungen (engl. Relaunch) noch einmal reanimiert werden kann. Nicht jedes Produkt folgt zwangsläufig diesem idealtypischen Verlauf des Produktlebenszyklusmodells. Einige Produkte verschwinden sehr schnell wieder vom Markt, andere können nach Eintritt in die Sättigungsphase durch Relaunching-Maßnahmen in eine neue Wachstumsphase gebracht werden. Das Konzept des Produktlebenszyklus lässt sich auf ganze Produktklassen (z. B. Fernseher oder Autos), auf eine Produktkategorie (z. B. Flachbildschirme oder Sportwagen) oder eben auf einzelne Produkte anwenden. Dabei haben Produktklassen naturgemäß den längsten Lebenszyklus. Darüber hinaus wird das Lebenszykluskonzept bisweilen auch für ganze Märkte bzw. Branchen unterstellt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 435]. Da sich in der Regel nicht bestimmen lässt, in welcher Phase des Lebenszyklus sich das Produkt zum aktuellen Zeitpunkt befindet, eignet sich das Modell nur bedingt für die Vorhersage von Erfolgsaussichten eines Produkts oder zur Entwicklung einer Marketingstrategie. Dennoch kann die Lebenszyklusanalyse durchaus als Beschreibungsmodell zur Unterstützung marketingstrategischer Entscheidungen herangezogen werden [vgl. KOTLER et al. 2011, S. 669].

3.2.6 Produktportfolio Auf den grundlegenden Annahmen des Lebenszykluskonzepts und der Erfahrungskurve beruht auch die Portfolio-Analyse, die ursprünglich zur optimalen Zusammensetzung von Wertpapieren entwickelt wurde. In ihrer einfachsten Form als 4-Felder-Matrix werden das Marktwachstum und der relative Marktanteil als Ordinaten sowie deren Unterteilung in „niedrig“ und „hoch“ benutzt, um die Produkte in die Matrix einzuordnen. Die Verbindung zwischen dem Lebenszykluskonzept, der Erfahrungskurve und der Portfolio-Analyse verdeutlicht Abbildung 3-16. Je nach Positionierung in der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix findet sich jedes Produkt in einer der vier folgenden Felder wieder: Fragezeichen (engl. Question marks) sind Produkte, die sich in der Einführungsphase befinden. Ihr relativer Marktanteil sowie das Marktwachstum sind gering, die Stückkosten dagegen hoch.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

131

Sterne (engl. Stars) sind Produkte, die sich in der Wachstumsphase befinden. Sie verfügen sowohl über einen hohen relativen Marktanteil als auch über ein hohes Marktwachstum. Zudem sind die Stückkosten gering. Melkkühe (engl. Cash cows) befinden sich in der Reifephase des Lebenszyklus. Sie zeichnen sich durch einen hohen relativen Marktanteil und niedrige Stückkosten aus. Allerdings ist das Marktwachstum gering. Arme Hunde (engl. Poor dogs) sind solche Produkte, die bereits länger auf dem Markt sind und sich in der Sättigungsphase befinden. Sie verfügen über einen niedrigen relativen Marktanteil, hohe Stückkosten und nur noch über ein geringes Marktwachstum. Marktwachstum Absatzvolumen

„Question marks"

„Stars"

PortfolioModell

hoch

niedrig

Lebenszyklus-Modell Zeit

Das Erste „Cash cows"

„Poor dogs" niedrig

hoch

Relativer Marktanteil

Kosten/ Stück

Erfahrungskurven-Modell

Abb. 3-16:

Kumulierte Menge

Theoretische Grundlagen der Marktanteils-Marktwachstums-Matrix [Quelle: GLÄSER 2008, S. 782]

Die Portfolio-Analyse als 4-Felder-Matrix wurde von der BOSTON CONSULTING GROUP vornehmlich zur optimalen Positionierung von strategischen Geschäftseinheiten (SGE) eines Unternehmens entwickelt. Für die Verteilung der SGEs in den vier Quadranten werden folgende Parameter herangezogen [vgl. BECKER 2009, S. 424 f.]: 

Umsatz (grafisch verdeutlicht als unterschiedlich große Kreise, die der jeweiligen Umsatzbedeutung der SGE entsprechen),



Relativer Marktanteil (als Marktanteil der eigenen SGE, dividiert durch den Marktanteil des stärksten Wettbewerbers; dabei bedeutet die vertikale Trennlinie 1.0 auf der Abszisse, dass eine SGE, die rechts von dieser Trennlinie positioniert ist, einen relativen Marktanteil > 1 hat und damit Marktführer ist),

132



3. Positionierung

Zukünftiges Marktwachstum (wobei sich die horizontale Trennlinie bei verändertem Marktwachstum im Laufe der Zeit auch verschieben kann).

In Abbildung 3-17 ist die Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen mit fünf strategischen Geschäftseinheiten dargestellt.

a) Ausgangsdaten für Portfolio-Erstellung

SGE 1

SGE 2

SGE 3

SGE 4

SGE 5

Marktwachstum

12 %

5%

25 %

3%

15%

Marktanteil eigene SGE

15 %

45 %

23 %

5%

19 %

Marktanteil stärkster Wettbewerber

21 %

29 %

20 %

35 %

25 %

Relativer Marktanteil

0,71

1,55

1,15

0,14

0,76

Umsatzanteil

30 %

25 %

20 %

15 %

10 %

b) Darstellung des MarktanteilsMarktwachstums-Portfolios

30% „Question marks" Marktwachstum (p.a.)

„Stars" SGE 3

SGE 5 15%

„Cash cows" SGE 1

SGE 2

SGE 4

„Poor dogs" 0

Abb. 3-17:

1,0

Relativer Marktanteil 2,0

Ableitung eines Portfolios für ein Beispiel-Unternehmen [in Anlehnung an HAEDRICH/TOMCZAK 1996, S. 114]

Auf der Grundlage dieser Portfolio-Ableitung lassen sich nunmehr Strategieempfehlungen als sog. Normstrategien unmittelbar ableiten. Die Normstrategien für die 4-Felder-Matrix (auch als BCG-Matrix bezeichnet) lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen: Neue Produkte sollten energisch unterstützt werden, damit sie zu Stars werden. Stars reifen zu Cows. Die von den Cows erwirtschafteten Finanzmittel sollten genutzt werden, um aus Question marks Stars zu machen. Die Dogs sind zu eliminieren. Grundsätzlich basieren diese Normstrategien auf der Idee, ein Portfolio von Geschäftseinheiten durch Zuteilung von Finanzmittelüberschüssen aus erfolgreichen Einheiten an andere, vielversprechende Geschäftseinheiten zu managen. Eine erfrischend andere Sichtweise der klassischen BCG-Matrix ist in Abbildung 3-18 der herkömmlichen Normstrategie gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung macht deutlich, dass eine sklavische Anwendung und Interpretation der Normstrategie durchaus zu irreführenden strategischen Empfehlungen führen kann [vgl. ANDLER 2008, S. 208 unter Bezugnahme auf GLASS 1996].

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

133

Der Hauptkritikpunkt an der Portfolio-Analyse als 4-Felder-Matrix richtet sich auf die Reduktion aller Einflussfaktoren auf den Marktanteil (als hochverdichtete Größe der Unternehmensbedingungen) und auf das Marktwachstum (als hochverdichtete Größe der Umweltbedingungen). Innovationen, Technologien, Verbundeffekte, Allianzen u. ä. werden nicht berücksichtigt.

Normstrategien

Alternative Handlungsempfehlungen

„Question marks“

„Stars“

„Question marks“

„Stars“

• Schwache Position in einem Wachstumsmarkt

• Starke Position in einem schnell wachsenden Markt

• Der Wachstumsmarkt wird bald viele Neueinsteiger haben

• Wachsender Markt zieht Konkurrenten an

• Kann mit genügend Investitionen zum Star werden

• Investieren, da hier die Zukunft liegt, selbst wenn kurzfristig keine Gewinne eintreten

• Markt verlassen und an einen „gläubigen“ Käufer verkaufen

„Poor dogs“

„Cash cows“

„Poor dogs“

„Cash cows“

• Schwache Position in einem stagnierenden Markt

• Investitionen lohnen nicht, da Markt kaum wächst

• Trotz Stagnation kann es Potential geben

• Marktanteile können nur von Konkurrenten kommen – abstoßen!

• Überschüssiges Geld lieber in Stars investieren

• Aufgrund der guten Ausgangslage sollte das Geschäft revitalisiert werden, anstatt das Geld in hungrige Stars zu investieren

Abb. 3-18:

• Gezielt gute Schnäppchen auswählen und vorsichtig attackieren

• Von den Fehlern der anderen lernen • Aufkaufen der Konkurrenten/Produkte, die den Markt verlassen

Normstrategien und alternative Handlungsempfehlungen der klassischen BCGMatrix [Quelle: ANDLER 2008, S. 208 unter Bezugnahme auf GLASS 1996]

Die kritische Auseinandersetzung mit der 4-Felder-Matrix hat zur Entwicklung weiterer Ausprägungen der Portfolio-Analyse geführt. Besonders hervorzuheben ist MarktattraktivitätsWettbewerbsvorteils-Matrix, die MCKINSEY in Zusammenarbeit mit GENERAL ELECTRIC entwickelt hat. Um die Komplexität des Analysefeldes stärker zu berücksichtigen, wird die Matrix in neun (statt vier) Felder unterteilt. Zusätzlich stellen die beiden Ordinaten jeweils Aggregate einer durch den Anwender selbst zu bestimmenden Menge quantifizierbarer Variablen dar. So wird die Umweltordinate Marktwachstum aus der 4-Felder-Matrix durch ein Faktorenbündel mit der Bezeichnung Marktattraktivität ersetzt. Die Marktattraktivität setzt sich aus Faktoren wie Marktwachstum, Marktprofitabilität, Marktvolumen, Preisniveau oder Wettbewerbsintensität zusammen. Die Unternehmensordinate relativer Marktanteil aus der 4Felder-Matrix wird durch das Faktorenbündel Wettbewerbsstärke ersetzt. Hierzu zählen Faktoren wie Marktanteil, Marktanteilswachstum, Kosten- bzw. Preisposition, Profitabilität oder Kapazitäten. Das grundsätzliche Problem besteht hierbei allerdings in der Erfassung und vor allem Gewichtung der Faktoren [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 229 f.]. Mit der 9-Felder-Matrix können Normstrategien weitaus differenzierter durchgeführt werden. Dazu hat MCKINSEY die 9-Felder-Matrix in zwei grundlegende Zonen aufgeteilt. Die Zone rechts oberhalb der Matrix-Diagonalen legt Wachstums- bzw. Investitionsstrategien (→ Zone der Mittelbindung) und die Zone links unterhalb der Matrix-Diagonalen legt Abschöpfungs-

134

3. Positionierung

bzw. Desinvestitionsstrategien (→ Zone der Mittelfreisetzung) nahe [vgl. BECKER 2009, S. 432 f.].

Kriterien für Marktattraktivität

Marktanteil Marktanteilswachstum Kostenposition Profitabilität Kapazitäten

Investitions- oder Wachstumsstrategie

Selektives Vorgehen

Selektives Wachstum

Investition und Wachstum

Selektiver Ausbau

Ausbau mit Investitionen

Position verteidigen

Zone der Mittelbindung mittel

• • • • •

Marktattraktivität

Kriterien für Wettbewerbsstärke

hoch

Marktwachstum Marktprofitabilität Marktvolumen Preisniveau Wettbewerbsintensität

Ernten

Selektives Vorgehen

Selektives Wachstum

Nischen suchen Rückzug erwägen

Wachstumsbereiche identifizieren

Stark investieren Position halten

Zone der Mittelfreisetzung gering

• • • • •

Ernten

Ernten

Desinvestition Rückzug planen

Investitionen minimieren

Selektive Strategie Abschöpfungs- oder Desinvestitionsstrategie

Abb. 3-19:

gering

mittel

Selektives Vorgehen Verteidigen und Schwerpunkt verlagern hoch

Wettbewerbsstärke

Die 9-Felder-Matrix von MCKINSEY

3.2.7 Produkt-Markt-Matrix Nach der Festlegung des Marktabdeckungsgrades, die im Aktionsfeld Segmentierung unter Abschnitt 2.6.2 betrachtet wurde, sind die groben Ausrichtungsdimensionen der Produkte bzw. strategischen Geschäftseinheiten zu bestimmen. Zur Strukturierung dieser Aufgabe kann die sog. Produkt-Markt-Matrix von ANSOFF [1966, S. 132] herangezogen werden. Die danach generell möglichen strategischen Stoßrichtungen lassen sich durch vier grundlegende Produkt/Markt-Kombinationen (Marktfelder) beschreiben (siehe Abbildung 3-20). Die finale strategische Stoßrichtung für jedes Produkt bzw. jede Geschäftseinheit wird auch als Marktfeldstrategie bezeichnet [vgl. BECKER 2009, S. 148 ff.]. Diese bietet vier Optionen an:    

Marktdurchdringungsstrategie (gegenwärtiges Produkt im gegenwärtigen Markt) Marktentwicklungsstrategie (gegenwärtiges Produkt in einem neuen Markt) Produktentwicklungsstrategie (neues Produkt im gegenwärtigen Markt) Diversifikationsstrategie (neues Produkt in einem neuen Markt).

(1) Marktdurchdringungsstrategie Das Strategiefeld der Marktdurchdringung wird auch als die „marketingstrategische Urzelle eines Unternehmens“ [BECKER 2009, S. 148] bezeichnet, weil es die nahe liegende Strategierichtung des Unternehmens ist. Ansatzpunkte für die Ausschöpfung des gegenwärtigen Marktes mit den gegenwärtigen Produkten sind [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 106]:

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

135



Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden, z. B. durch Verbesserung des Produkts (Produktmodifikationen), Beschleunigung des Ersatzbedarfs durch künstliche Veralterung (engl. Planned Obsolescence) oder Vergrößerung der Verkaufseinheit (Familienflasche bei alkoholfreien Getränken);



Kunden vom Wettbewerb gewinnen, z. B. durch wettbewerbsorientierte Preisstellung (entsprechende Preissenkung oder -anhebung);



Erschließung von bisherigen Nichtverwendern, z. B. durch die Wahl neuer Vertriebswege, Schaffung eines Einstiegsprodukts oder aktivierender Probiergelegenheiten bei Nahrungsmitteln.

Produktentwicklung

Diversifikation

gegenwärtig

Marktdurchdringung

Marktentwicklung

Produktstrategie

neu

gegenwärtig

neu

Marktstrategie

Abb. 3-20:

Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF

In Abbildung 3-21 sind die wichtigsten Anknüpfungspunkte für eine Marktdurchdringungsstrategie zusammengefasst.

Ansatzpunkte

• Absatz bei vorhandenen Kunden steigern • Nicht-Kunden aktivieren • Kunden vom Wettbewerb gewinnen

Maßnahmen

• • • •

Beispiele

• TWIX – „Raider heißt jetzt Twix, … sonst ändert sich nix“ • COCA COLA - Familienflasche • Produktmodifikationen im Automobilbereich

Marktdurchdringung

Abb. 3-21:

Neue Produktvarianten/Modifikationen Werbung intensivieren Neue/zusätzliche Vertriebswege (z. B. Internet) Aggressive Preispolitik

Grundlagen der Marktdurchdringungsstrategie

136

3. Positionierung

(2) Marktentwicklungsstrategie Die Marktentwicklungsstrategie zielt darauf ab, ein bestehendes Produkt künftig auch in anderen, bislang nicht genutzten Märkten bzw. Marktsegmenten zu etablieren. Anknüpfungspunkte für Markterweiterungen sind [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 262]: 

Gebietserweiterungen, d.h. räumliche Ausdehnung auf Märkte, die bislang noch nicht bearbeitet wurden (z. B. Softwarehäuser, die ihre Produkte jetzt auch europaweit anbieten);



Gewinnung neuer Marktsegmente durch speziell auf bestimmte neue Zielgruppen abgestimmte Produktvarianten (z. B. SAP-Software für den Mittelstand).

Abbildung 3-22 liefert einen Überblick über wichtige Anknüpfungspunkte bei der Marktentwicklungsstrategie.

Ansatzpunkte

• Neue Kunden außerhalb bisheriger Märkte erreichen • Neue Anwendungen und damit neue Märkte für die eigene Technologie entwickeln

Maßnahmen

• Gebietserweiterung (national → international) • Neue Marktsegmente (funktional und kundenspezifisch)

Beispiele

• SAP für den Mittelstand • Lady-Protector von W ILKINSON für die Nassrasur bei Frauen • Dell-Computer über Fachhandel

Marktentwicklung

Abb. 3-22:

Grundlagen der Marktentwicklungsstrategie

(3) Produktentwicklungsstrategie Die Strategie der Produktentwicklung ist Folge einer systematischen Innovationspolitik, die durch die verschärften Wettbewerbsbedingungen geradezu erzwungen wird. Als Ansatzpunkte bieten sich an [vgl. BECKER 2009, S. 156 f.]: 

Schaffung von Innovationen im Sinne echter Marktneuheiten, d. h. originäre Produkte, die es ursprünglich überhaupt nicht gab;



Quasi-neue Produkte, d. h. neuartige Produkte, die an bestehende Produkte/Produktleistungen anknüpfen;



Me-too-Produkte, d. h. Nachahmungsprodukte, die sich vom Original zumeist nur im Äußeren oder ggf. im Preis unterscheiden (z. B. Zweitmarken von Konsumgüterherstellern).

Abbildung 3-23 zeigt wichtige Ansatzpunkte für die Produktentwicklungsstrategie.

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

Produktent-

Ansatzpunkte

wicklung

Maßnahmen

Beispiele

Abb. 3-23:

137

• Erweitern des Funktionsumfangs • Verbessern der technischen Leistungsfähigkeit

• Funktionale Breite und/oder Tiefe verbessern (neue Produkt-Generationen) • Aufbau von Zweitmarken

• Notebooks, Automobile, Flachbildschirme, Digitalkameras, Mobiles, … • Zweitmarkenpolitik vieler Konsumgüterhersteller (Melitta, Henkel)

Grundlagen der Produktentwicklungsstrategie

(4) Diversifikationsstrategie Für die strategische Stoßrichtung Diversifikation, die das Angebot neuer Produkte auf bisher vom Unternehmen nicht bearbeiteten Märkten bezeichnet, können wiederum drei Stoßrichtungen unterschieden werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 262 f.]: 

Horizontale Diversifikation, d. h. die Erweiterung des bestehenden Produktprogramms auf verwandte Branchen der gleichen Wirtschaftsstufe (z. B. Programmerweiterung eines PKW-Herstellers durch leichte LKWs, Hersteller von Schokoladentafeln erweitert sein Angebot durch Schokoladenaufstrich);



Vertikale Diversifikation, d. h. die Ausweitung des bisherigen Produktprogramms durch Zukauf von Betrieben vor- oder nachgelagerter Wirtschaftsstufen (Unternehmensberater steigen ins Outsourcing-Geschäft ein);



Laterale Diversifikation, d. h. Vorstoß in völlig neue Produkt- und Marktgebiete, wobei die neuen Produkte in keinem sachlichen Zusammenhang zum bisherigen Produktangebot stehen (Zigarettenhersteller engagiert sich im Buchmarkt).

Abbildung 3-24 gibt einen Überblick über die Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie.

Diversifikation

Abb. 3-24:

Horizontal

• Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf verwandte Branchen (Beispiel: PKW-Hersteller produziert jetzt auch leichte LKWs)

Vertikal

• Wachstum in vor- oder nachgelagerte Wirtschaftsstufen des eigenen Geschäfts (Beispiel: Unternehmensberatungen steigen ins OutsourcingGeschäft ein)

Lateral

• Sprung in ein (für das Unternehmen) völlig neues Gebiet (Beispiele: Tabakkonzerne treten in neue Märkte ein; TCHIBO – jede Woche eine neue Welt)

Stoßrichtungen der Diversifikationsstrategie

138

3. Positionierung

3.2.8 Markenmanagement Eine starke Marke bietet dem Käufer ein „Mehr“ als die reine Produktleistung, also eine Zusatzleistung (engl. Added Value). Sie bietet dem Käufer Orientierung und strahlt Vertrauen aus. Für den Anbieter bietet eine starke Marke die Möglichkeit, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und damit einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Zusätzlich lässt sich eine Marke in Form eines ökonomischen Marktwerts bewerten. Damit wird die Marke zu einem Vermögensgegenstand (engl. Asset) des Unternehmens und kann bei richtiger Führung zu seiner Wertsteigerung beitragen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 349]. In Abbildung 3-25 sind die gegenwärtig wertvollsten Marken weltweit und für Deutschland aufgelistet.

Marke

Markenwert 2011 (in Mrd. US-Dollar)

Markenwert-Veränderung zum Vorjahr

1

Apple

153,3

+84%

2

Google

111,5

-2%

3

IBM

100,8

+17%

4

McDonald’s

81,0

+23%

5

Microsoft

78,2

+2%

6

Coca-Cola

73,8

+8%

7

AT&T

69,9

(n.a.)

8

Marlboro

67,5

+18%

9

China Mobile

57,3

+9%

10

General Electric

50,3

+12%

Rang 2011

Abb. 3-25:









19

Deutsche Telekom

29,8

(n.a.) +7%

23

SAP

26,1

30

BMW

22,4

+3%

50

Mercedes

15,3

+12%

66

Porsche

12,4

+3%

70

Siemens

12,0

+29%

94

Aldi

9,3

+6%

Die wertvollsten Marken weltweit und in Deutschland 2011 [Quelle: MILLWARD BROWN 2011]

Als Marke (engl. Brand) können Namen, Begriffe, Zeichen, akustische Signale, Abbildungen, Symbole oder eine Kombination aus diesen zum Zwecke der Kennzeichnung der Produkte eines Anbieters und der Differenzierung gegenüber Wettbewerbsangeboten fungieren (und geschützt werden) [vgl. die vollständige juristische Definition in § 3 Abs. 1 MarkenG]. Der Schutz der Marke gegen Verwendung durch ein anderes Unternehmen erfolgt über die Eintragung eines Warenzeichens in das Markenregister. Als Markenname wird der „artikulierbare“ Teil der Marke bezeichnet (MELITTA, LUFTHANSA, SAP, NIVEA, DU DARFST). Das Markenzeichen ist der erkennbare, nicht jedoch verbal wiedergebbare Teil der Marke, z. B. ein Symbol (MERCEDES-Stern), eine Gestaltungsform (ADIDAS-Streifen), eine charakteristische Schrift (Schriftzug von COCA COLA) oder Farbe (Magenta der DEUTSCHEN TELEKOM).

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

139

Das zentrale Ziel der Markenführung ist die Erzeugung von abnehmerseitigen Präferenzen für das Produkt. Der Markenartikel ist die konsequenteste Übersetzungsform im Sinne der Präferenzbildung [vgl. BECKER 2009, S. 188]. Hinsichtlich des Aufbaus und der Pflege von Marken – also des Markenmanagements – lassen sich folgende Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb unterscheiden: 

Handelsmarkenstrategie, d. h. der Handel übernimmt die Funktion des Markenführers (z. B. EDEKA-Eigenmarke „GUT & GÜNSTIG“)



Herstellermarkenstrategie, d. h. der Hersteller ist verantwortlich für die Markenführung (Normalfall).

Im internationalen Wettbewerb gibt es ebenfalls zwei strategische Stoßrichtungen: 

Globale Markenstrategie, d. h. der Anbieter/Hersteller tritt weltweit mit identischen Produktmarken auf (z. B. HEINECKEN, COCA COLA, MCDONALD’S).



Gemischte Markenstrategie, d. h. der Anbieter/Hersteller trägt mit seiner Markenführung z. B. länderspezifischen Sprachgewohnheiten Rechnung (Produkte der UNILEVERSpeiseeislinie werden in vielen Ländern unter anderen Markennamen verkauft, z. B. LANGNESE in Deutschland, MIKO in Frankreich, FRIGO in Spanien, ESKIMO u. a. in Österreich und Ungarn, ALGIDA u. a. in der Türkei und Italien, OLA u. a. in Portugal und in den Niederlanden).

Die meisten strategischen Optionen bieten Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb:      

Einzelmarkenstrategie Mehrmarkenstrategie Markenfamilienstrategie Dachmarkenstrategie Markentransferstrategie Co-Branding-Strategie.

Einen Überblick über die verschiedenen markenstrategischen Optionen liefert Abbildung 3-26. Hierbei sollen die Strategien im horizontalen Wettbewerb weiter vertieft werden.

140

3. Positionierung

Markenstrategien im vertikalen Wettbewerb

Handelsmarkenstrategie

Einzelmarkenstrategie

Markenstrategien im horizontalen Wettbewerb

Markenstrategien im internationalen Wettbewerb

Abb. 3-26:

Mehrmarkenstrategie

Herstellermarkenstrategie

Markenfamilienstrategie

Dachmarkenstrategie

Markentransferstrategie

Co-Branding-Strategie

Globale Markenstrategie

Gemischte Markenstrategie

Markenstrategische Optionen im Überblick

(1) Einzelmarkenstrategie Bei der Einzelmarkenstrategie wird jedes Marktsegment nur von einer Marke eines Unternehmens bearbeitet. Dem Vorteil, mit dieser Strategie ein unverwechselbares Produktimage aufzubauen und eine sehr gezielte Ansprache des betreffenden Kundensegments vornehmen zu können, steht der Nachteil gegenüber, dass alle Marketingaufwendungen von einem Produkt getragen werden (siehe Abbildung 3-27).

Einzelmarkenstrategie

• Jedes Produkt eines Unternehmens wird unter einer eigenen Marke angeboten • Jedes Marktsegment wird dabei von nur einer Marke bearbeitet, d.h. es gibt keinen Wettbewerb dieser Produkte innerhalb eines Marktsegments

Gruner+Jahr

Beispiele

• • • •

Vorteile/ Chancen

Nachteile/ Risiken

Abb. 3-27:

Daimler

Aufbau eines unverwechselbaren Produktimages Gezielte Ansprache einzelner Kundensegmente Kaum Gefahr negativer Ausstrahlungseffekte auf andere Marken Markenname kann bei einer dominanten Markenführung zu einem Gattungsbegriff werden (z.B. ASPIRIN für Schmerzmittel, TEMPO für Papiertaschentücher, TESA für Klebeband, UHU für Klebstoffe)

• Höhere Kosten beim Markenaufbau • Kann nicht oder kaum auf bestehende Distributionskanäle zurückgreifen (Ausnahme: Konsumgüterbereich)

Grundlagen der Einzelmarkenstrategie

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

141

(2) Mehrmarkenstrategie Die Mehrmarkenstrategie sieht vor, dass ein Unternehmen in einem Markt/Marktsegment mehrere Marken parallel anbietet. Dadurch soll eine bessere Segmentausschöpfung erreicht und potentielle Markenwechsler bei den Produkten des Unternehmens gehalten werden. Hinzu kommt, dass durch diese „Blockierungspolitik“ (der Regalflächen) hohe Markteintrittsbarrieren gegenüber dem Wettbewerb aufgebaut werden. Die Gefahr der Mehrmarkenstrategie liegt aber ganz offensichtlich in einem Kannibalisierungseffekt durch gegenseitige Substitution der Marktanteile (siehe Abbildung 3-28). Mehrmarkenstrategie

Von einem Unternehmen werden in demselben Markt/Marktsegment mehrere Marken parallel angeboten/geführt

Beispiele Henkel

Premium

Standardsegment

Niedrigpreis

Vorteile/ Chancen

• Halten von potentiellen Markenwechslern • Hohe Markteintrittsbarrieren durch „Blockierungspolitik“ (der Regalflächen) • Bessere Segmentausschöpfung

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Übersegmentierung • Kannibalisierung durch gegenseitige Substitution der Marktanteile

Abb. 3-28:

Grundlagen der Mehrmarkenstrategie

(3) Familienmarkenstrategie Bei der Familienmarkenstrategie (engl. Product Line Branding) werden verschiedene, aber verwandte Produkte unter einer Marke zusammengefasst (siehe Abbildung 3-29). Der Name des Herstellers wird dabei nicht herausgestellt. Mit dieser Strategie versucht der Hersteller, die Vorteile der Einzelmarke (Profilierungsvorteil) mit denen der Dachmarke (Ökonomievorteil: mehrere Produkte finanzieren das Markenbudget) zu verbinden. Hinzu kommt, dass neue Produkte vom Goodwill der Familienmarke profitieren. Das Risiko besteht vor allem darin, dass sich evtl. negative Ausstrahlungseffekte eines Produkts auf die gesamte Markenfamilie auswirken. Außerdem muss bei der Positionierung der einzelnen Produkte Rücksicht auf die Basispositionierung genommen werden [vgl. BECKER 2009, S. 199]. (4) Dachmarkenstrategie Im Gegensatz zur Einzelmarkenstrategie werden bei der Dachmarkenstrategie (engl. Corporate/Umbrella Branding) alle Produkte eines Unternehmens unter einer (Dach-)Marke geführt (siehe Abbildung 3-30). Im Vordergrund der Marketingbemühungen stehen das Unternehmen und seine Kompetenz als Ganzes. Als Reintyp hat die Dachmarkenstrategie ihren Schwer-

142

3. Positionierung

punkt im B2B-Bereich und hier insbesondere bei Unternehmen, die erklärungs- bzw. beratungsbedürftige Produkte anbieten. Bei dieser Strategie profitiert jedes Produkt vom Goodwill des Unternehmens. Ebenso tragen alle Produkte des Unternehmens den notwendigen Markenaufwand gemeinsam. Im Falle des Scheiterns eines Produkts können sich allerdings Badwill-Transfereffekte auf die Dachmarke ergeben [vgl. BECKER 2009, S. 198].

Familienmarkenstrategie

Führung mehrerer verwandter Produkte unter einer Marke ohne auf den Unternehmensnamen direkt Bezug zu nehmen (häufig existieren auch innerhalb eines Unternehmens mehrere Markenfamilien nebeneinander)

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Schnellere Akzeptanz im Handel und bei den Konsumenten • Übertragung des „Goodwill“ auf Folgeprodukte; Verringerung des Flop-Risikos • Verjüngung des Images der Muttermarke

Nachteile/ Risiken

• Negative Ausstrahlungseffekte unter den Produkten der Markenfamilie • Höherer Abstimmungsbedarf zwischen den Einzelmarken der Familie • „Markenkern“ der Ausgangsmarke als Limitationsfaktor

Abb. 3-29:

Grundlagen der Familienmarkenstrategie

Dachmarkenstrategie

• Führung aller Produkte des Unternehmens unter einer Marke • Firmenname (oder Inhabername) wird zur Dachmarke • Besonderer Schwerpunkt im B2B-Bereich

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Flop-Risiko der Neuprodukteinführung wird gesenkt • Leichte Einführung von neuen Produkten • Aufbau einer unverwechselbaren Unternehmens- und Markenidentität

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Markenerosion (z.B. Melitta) • Negative Ausstrahlungseffekte bei Produkten unterschiedlicher Qualität (BadwillTransfereffekt)

Abb. 3-30:

Grundlagen der Dachmarkenstrategie

(5) Markentransferstrategie Bei der Markentransferstrategie werden von der Hauptmarke eines bestehenden Produktbereiches positive Imagekomponenten auf andere Produktfelder übertragen. Voraussetzung die-

3.2 Das Produkt als Positionierungselement

143

ser Strategie ist, dass die Hauptmarke über ein Image- bzw. Präferenzniveau verfügt, das auch im neuen Marktsegment als glaubwürdig eingestuft wird. Zusätzliche Lizenzeinnahmen und niedrigere Markteintrittsbarrieren für die Transfermarke sind die Vorzüge der Markentransferstrategie, denen das Risiko, die Markenidentität zu verlieren, gegenübersteht (siehe Abbildung 3-31).

Markentransferstrategie

Von einer Hauptmarke eines bestehenden Produktbereichs werden positive Imagekomponenten auf ein Transferprodukt eines neuen Marktsegments übertragen

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Geringere Markteintrittsbarrieren für Transfermarke • Gewinnung zusätzlicher Käufergruppen; Lizenzeinnahmen • Kognitive Entlastung des Konsumenten beim Markenauswahlprozess

Nachteile/ Risiken

• Verlust der Markenidentität • Gefahr der Markenerosion • Gefahr des Glaubwürdigkeitsverlusts

Abb. 3-31:

Grundlagen der Markentransferstrategie

Co-Branding

Kombination von mehreren Marken zum Nutzen der Markeninhaber

Beispiele

Vorteile/ Chancen

• Goodwill bzw. Imagetransfer auf die Markenkombination • Positive Imagerückkopplung auf die Stammmarken • Erleichterung des Zugangs zu strategisch wichtigen Absatzkanälen

Nachteile/ Risiken

• Gefahr der Erosion des Markenimages bei negativer Feedback-Wirkung • Erhöhter Koordinationsaufwand durch Verbundstrategie • Handlungsspielraum der beteiligten Unternehmen wird eingeschränkt

Abb. 3-32:

Grundlagen der Co-Branding-Strategie

144

3. Positionierung

(6) Co-Branding-Strategie Die Kombination von Marken verschiedener Hersteller wird als Co-Branding-Strategie bezeichnet. Dem angestrebten Imagegewinn für die neue Markenkombination steht ein erhöhter Koordinationsaufwand bei der Markenführung gegenüber. Auch besteht die Gefahr der Erosion des Markenimages bei negativer Feedback-Wirkung (siehe Abbildung 3-32). (7) Weitere Markenstrategien Während es sich bei den vorgenannten Strategien um „reine“ Strategietypen (Hauptstrategien) handelt, findet sich in der Praxis noch eine Reihe weiterer, abgeleiteter Strategien. So setzen einige Unternehmen nicht nur auf einen einzelnen Markentyp, sondern auf bestimmte Markenkombinationen [vgl. BECKER 2009, S. 200 ff.]: Als erstes ist die Kombination von Einzel- und Dachmarke zu nennen. Die Strategie besteht darin, eine Einzelmarke durch die Kraft einer übergeordneten Dachmarke zu stärken (Beispiel: PERSIL oder PRIL von HENKEL). Ebenso werden die Kombinationen aus einer Familienund Dachmarke (Beispiel: VITALIS-Linie von DR. OETKER) sowie aus Familien- und Produktmarke (Beispiel: MILKA-Familie und LILA PAUSE) praktiziert. Während Markenkombinationen vorwiegend im B2C-Marketing vorkommen, soll abschließend noch auf eine Markenstrategie aus dem B2B-Bereich hingewiesen werden. Es handelt sich dabei um die Markierung von Komponenten (Rohstoffe, Einsatzstoffe, Halbfertig- oder Fertigteile), die in andere Produkte eingehen und die vom Käufer als eigenständige Bestandteile wahrgenommen werden. Eine solche Markenstrategie wird als Ingredient Branding bezeichnet (Beispiel: INTEL Inside).

3.3 Der Preis als Positionierungselement

3.3

145

Der Preis als Positionierungselement

Die Positionierung von Preis- bzw. Kostenvorteilen ist im Gegensatz zur Positionierung von Produktvorteilen ohne große Vorabinvestitionen kurzfristig durchführbar und mit einer sehr viel schnelleren Reaktion der Käufer verbunden. Preispolitische Maßnahmen üben eine erhebliche akquisitorische Wirkung aus und entfalten trotz der kurzfristigen Variabilität auch langfristige Effekte. So wirken insbesondere Preissenkungen nachhaltig auf die Preiswahrnehmung der Nachfrager und sind damit schwer revidierbar. Der größte Positionierungsunterschied liegt aber wohl darin, dass das angebotene Produkt mit seinen Eigenschaften als „positive“ Komponente einer Kaufhandlung wirkt, wohingegen der Preis die „negative“ Komponente bzw. das „Opfer“ zur Erlangung der erwünschten Leistung darstellt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 478]. 3.3.1 Preistheoretische Grundlagen Zur Erklärung des Preisverhaltens von Anbieter und Nachfrager sowie der Bestimmungsfaktoren preispolitischer Entscheidungen lassen sich die Grundmodelle der klassischen betriebswirtschaftlichen Preistheorie heranziehen. Die vielleicht wichtigste Grundlage der Preistheorie ist die Preis-Absatz-Funktion (PAF). Sie beschreibt den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Preis p als Aktionsvariable und der Absatzmenge x als Reaktionsvariable. Im einfachsten Fall ist der Verlauf der Preis-Absatz-Funktion linear und beschreibt die Funktion p = a – bx (siehe Abbildung 3-33).

Preis p [Euro]

Höchstpreis

400

Preis-Absatz-Funktion p = a – bx = 400 – 0,1x

300

b 200 Sättigungsmenge 100

0

Abb. 3-33:

Bei einem Preis von 150 Euro werden 2.500 Einheiten ver-/gekauft

1.000

2.000

3.000

4.000

Menge x [Stück]

Die Preis-Absatz-Funktion mit linearem Verlauf

Die Steigung der Preis-Absatz-Funktion ist ein Indiz für die Preissensibilität der Nachfrager, die als Preiselastizität der Nachfrage bezeichnet wird. Sie gibt das Verhältnis der relativen Änderung der Absatzmenge auf die relative Preisänderung an. Die dieses Verhältnis be-

146

3. Positionierung

schreibende (dimensionslose) Maßzahl ist der Elastizitätsfaktor (η). Die Preiselastizität nimmt zumeist negative Werte an, weil Preiserhöhungen in der Regel sinkende Absatzmengen nach sich ziehen. In diesem Fall spricht man von einer elastischen Nachfrage (η < -1). Bewirkt die Preisänderung dagegen nur eine schwache Reaktion der Nachfrage, d. h. eine unterproportionale Mengenänderung, so liegt eine unelastische Nachfrage vor (-1 < η < 0). Bewirkt eine Preisänderung dagegen gar keine Veränderung der nachgefragten Menge, so ist die Nachfrage vollkommen unelastisch bzw. starr (η = 0). Ein Sonderfall ist die inverse Nachfrage, d. h. eine Preiserhöhung induziert eine Zunahme der nachgefragten Menge. Die Nachfrage ist somit positiv elastisch (η > 0). In Abbildung 3-34 ist die unterschiedliche Sensitivität der Nachfrager auf Preisänderungen mit entsprechenden Beispielen dargestellt.

Veränderung der Absatzmenge (%) Veränderung des Preises (%)

Preiselastizität der Nachfrage η = Elastische Nachfrage

Unelastische Nachfrage

p

p

Normalfall:

x

steigt bspw. der Preis um eine Einheit, so nimmt die nachgefragte Menge um 5 Stück ab

η < -1

Abb. 3-34:

Starre Nachfrage

Inverse Nachfrage

p

Beispiele: • Sammlergüter • Kunstgüter • Modeartikel • „In“-Produkte

-1 < η < 0

x

p

Beispiele: • Zwangsnachfrage wie bspw. bei der Straßenmaut • Suchtgüter/Drogen • Medikamente

η=0

x

Beispiele:

x

Snob-Güter (sehr selten und meist zeitlich begrenzt)

η>0

Preis-Absatz-Funktionen und Preiselastizität der Nachfrage

Realistischer und empirisch fundiert ist die doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion, die auf GUTENBERG zurückgeht. Charakteristisch darin ist der monopolistische Bereich, in dem die Preis-Absatz-Funktion sehr steil (unelastisch) verläuft. Selbst größere Preiserhöhungen (von p3 nach p4 in Abbildung 3-35) haben hier nur einen geringen Einfluss auf die nachgefragte Menge (von x3 nach x4). Im Vergleich dazu führt die Preiserhöhung von p1 nach p2 zu einem deutlich höheren Mengenrückgang (von x1 nach x2). In diesem Bereich kann sich das Unternehmen preispolitisch ähnlich wie ein Monopolist verhalten. Dies resultiert aus der Unvollkommenheit des Marktes und den durch Marketingmaßnahmen (z. B. durch Markenoder Standortpolitik) bewirkten Präferenzen, die zu einer wahrgenommenen Heterogenität der Produkte führen. Der Anbieter genießt in diesem Bereich deshalb einen preispolitischen Spielraum, weil der (Stamm-)Kunde für das Produkt erhebliche zeitliche, persönliche, örtliche oder sachliche Vorlieben (Präferenzen) hat. Erst oberhalb der Preisschwelle werden viele Kunden das Produkt nicht mehr kaufen. Abbildung 3-35 verdeutlicht diesen Erklärungsansatz.

3.3 Der Preis als Positionierungselement

147

p absolute Preisobergrenze

Monopolistischer Bereich

p2 p1

Preisschwelle

p4 p3 PAF

x2

Abb. 3-35:

x1

monopolistische Preisuntergrenze

x x4 x3

Doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion nach Gutenberg [Darstellung in Anlehnung an ECKARDT 2010, S. 141]

Ein weiterer Bestimmungsfaktor preispolitischer Entscheidungen ist die Marktform. Hierbei sind zwei Merkmale des relevanten Marktes von Bedeutung [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 502 ff.]: 

Nach der Anzahl und Größe der Anbieter kann zwischen einem großen Anbieter (Angebotsmonopol), wenigen großen Anbietern (Angebotsoligopol) und vielen kleinen Anbietern (Angebotspolypol) unterschieden werden.



Nach dem Vollkommenheitsgrad des Marktes wird zwischen vollkommenen und unvollkommenen Märkten differenziert. Die Grundannahmen für die Existenz eines vollkommenen Marktes sind in Abbildung 3-36 dargestellt.

Abbildung 3-36 gibt darüber hinaus einen zusammenfassenden Überblick über wichtige Angebotsstrukturen der klassischen Preistheorie. Grundsätzlich lässt sich das Verhalten der Anbieter nach den drei Marktformen Monopol, Oligopol und Polypol wie folgt unterscheiden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 504]: 

Monopol: Der Anbieter hat im Rahmen seiner Preisfestsetzung ausschließlich die Reaktion der Nachfrager zu berücksichtigen (→ Preisanpasser).



Oligopol: Der Anbieter muss im Rahmen seiner Preisbildung sowohl die Reaktion der Nachfrager als auch das Verhalten seiner Wettbewerber berücksichtigen.



Polypol: Der Anbieter hat aufgrund des Wettbewerbsdrucks keinen Spielraum bei der Preisbildung. Stattdessen übernimmt er den bestehenden Marktpreis und verzichtet auf eine eigene Preispolitik (→ Mengenanpasser).

148

3. Positionierung

Monopolistische Angebotsstruktur (vollkommener Markt)

Polypolistische Angebotsstruktur (vollkommener Markt)

Polypolistische Angebotsstruktur (unvollkommener Markt)

Marktform

(Angebots-) Monopol: ein Anbieter; viele Nachfrager

Polypol: viele Anbieter (atomistische Konkurrenz); viele Nachfrager

Polypol: viele Anbieter (mit unterschiedlicher Präferenzstruktur); viele Nachfrager

Preispolitische Optionen

Preispolitische Autonomie (→ Preisanpassung)

Keine Preispolitik möglich (→ Mengenanpassung)

Aktive Preispolitik in einem bestimmten Intervall möglich (monopolistischer Bereich)

Kriterien

Abb. 3-36:

Vollkommener Markt

Unvollkommener Markt

• Alle Marktteilnehmer handeln nach dem Maximum-Prinzip • Unendlich große Reaktionsgeschwindigkeit • Vollkommene Markttransparenz • Homogenität der Güter, d.h. es bestehen keine Präferenzen • Keine staatlichen Einflüsse

• Mind. eines der genannten Kriterien ist nicht erfüllt • Hier: es bestehen örtliche, sachliche, zeitliche oder persönliche Präferenzen

Wichtige Angebotsstrukturen in der klassischen Preistheorie

3.3.2 Preisfindung Unter praxisbezogenen Aspekten lassen sich drei grundlegende Methoden der Preisfindung unterscheiden:   

Kostenorientierte Preisfindung Kundenorientierte Preisfindung Wettbewerbsorientierte Preisfindung.

(1) Kostenorientierte Preisfindung Im Rahmen der kostenorientierten Preisfestsetzung werden Preise auf der Grundlage von Kosteninformationen getroffen. Diese stellen die Kostenrechnung und hier speziell die Kostenträgerrechnung zur Verfügung. Um die Kosten und darauf aufbauend den Angebotspreis zu ermitteln, stehen zwei Kalkulationsverfahren zur Verfügung: die Vollkostenrechnung und die Teilkostenrechnung. Bei der Preiskalkulation auf Vollkostenbasis werden alle im Unternehmen anfallenden fixen und variablen Kosten auf den Kostenträger (das Produkt) verteilt. Der Angebotspreis ergibt sich aus der Summe der Gesamtstückkosten und eines vorher zu bestimmenden Gewinnzuschlags (→ progressive Kalkulation). Diese einfache Zuschlagskalkulation (engl. Cost-Plus-Pricing) hat den Nachteil, dass die in den Vollkosten enthaltenen Fix- bzw. Gemeinkosten nicht nach dem Verursachungsprinzip, sondern nach einem mehr oder weniger willkürlichen Verteilungsschlüssel auf die Kostenträger verteilt werden. Hinzu kommt die Gefahr, sich bei der Vollkostenrechnung aus dem Markt zu kalkulieren. Geht nämlich die

3.3 Der Preis als Positionierungselement

149

Absatzmenge zurück, dann müssen bei der Nachkalkulation die fixen Kosten auf eine geringere Stückzahl verteilt werden. Mit höherem Preis sinkt die Absatzmenge und die Stückkosten steigen [vgl. BECKER 2009, S. 517]. Besonders im B2B-Bereich (z. B. bei Anlagen oder Projekten) wird diese Kalkulation bevorzugt. Bei der Preiskalkulation auf Teilkostenbasis werden demgegenüber nur die variablen Stückkosten berücksichtigt. Das sind die Kostenanteile, die in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung, Produktion und Vermarktung des Produkts stehen. Zentrales Instrument ist dabei die Deckungsbeitragsrechnung (engl. Direct Costing), deren Ausgangspunkt der Preis darstellt (→ retrograde Kalkulation). (2) Kundenorientierte Preisfindung Zu den kundenorientierten Preisfestsetzungsmethoden sollen hier das Target Costing, die Conjoint-Analyse sowie die nachfrageorientierte Preisbestimmung erläutert werden. Ziel des Target Costing ist es, den am Markt durchsetzbaren Preis für ein neues Produkt zu ermitteln. Im Gegensatz zum kostenorientierten Ansatz beginnt der Prozess des Target Costing bei den vom Markt akzeptierten Preisen, um anschließend Obergrenzen für die Kosten der Produkterstellung festzulegen. Dieser Zielverkaufspreis (engl. Target Price) lässt sich mit den Mitteln und Methoden der Marktforschung relativ leicht ermitteln. Zur zielgruppenspezifischen Bestimmung von Preisbereitschaften und zur Ableitung empirischer Preis-Absatz-Funktionen wird die Conjoint-Analyse (siehe auch Abschnitt 3.2.2) eingesetzt. Mit dieser empirischen Analysemethode wird versucht, sich über die Nutzenbestimmung einzelner Produkteigenschaften dem optimalen Preis zu nähern [vgl. LAAKMANN 1995, S. 211 ff.]. Im Zusammenhang mit der Anwendung der Conjoint-Analyse kann daher auch von einer nutzenorientierten Preisfindung gesprochen werden. Die nachfrageorientierte Preisfindung basiert im Wesentlichen auf den Erkenntnissen der klassischen Preistheorie. Eine allein nachfrageorientierte Preisbestimmung liegt dabei vor allem in den Marktformen des Monopols und des Polypols vor. Das klassische Modell der gewinnmaximalen Preisforderung im Monopol geht auf COURNOT (1838) zurück und unterstellt, dass die Preis-Absatz-Funktion mit p = a – bx und die Kostenfunktion mit K = Kfix + Kvar vorliegen. In Abbildung 3-37 ist sowohl die algebraische als auch grafische Ableitung des gewinnmaximalen Preises als Schnittpunkt zwischen Grenzumsatz und Grenzkosten dargestellt. Zusätzlich ist in Abbildung 3-37 auch die Ableitung einer umsatzmaximalen Preisforderung enthalten. Bei atomistischer Konkurrenz im Polypol auf einem vollkommenen Markt existiert im Gegensatz zum Monopol ein bestimmter Gleichgewichtspreis. Die PAF verläuft wegen des für den einzelnen Anbieter unbeeinflussbaren Preis parallel zur Abszisse, d.h. sie ist unendlich elastisch. Bei linearem Kostenverlauf ist es im Polypol unbedeutend, ob die Zielsetzung Gewinnmaximierung oder Umsatzmaximierung angestrebt wird: Bei allen Zielsetzungen liegt hier die optimale Situation immer an der Kapazitätsgrenze. Abbildung 338 veranschaulicht die Preisbestimmung beim Polypol auf vollkommenen Märkten. Allerdings ist das Polypol auf unvollkommenen Märkten wesentlich praxisrelevanter und mit der doppelt geknickten Preis-Absatz-Funktion theoretisch wie auch empirisch vergleichsweise

150

3. Positionierung

gut fundiert (siehe hierzu die entsprechenden Ausführungen in Abschnitt 3.3.1). Im monopolistischen Bereich verfügt der Anbieter über den gleichen preispolitischen Spielraum wie ein Monopolist, der mit dem akquisitorischen Potenzial, d. h. mit der Anziehungskraft aufgrund spezifischer Kundenpräferenzen erklärt wird [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 532 ff.].

p U K U‘ K‘

Zielsetzungen im Monopol: • Gewinnmaximierung • Umsatzmaximierung

K=Kfix+Kvar

U=px

Gewinnmaximierung:

Größter Gewinn

a

G = U – K → max! G‘ = U‘ – K‘ = 0 → U‘ = K‘ K = Kfix + Kvarx K‘ = Kvar a – 2bx = Kvar xc = (a – Kvar)/2b xc = (a – K‘)/2b (Gewinnmaximaler Absatz) pc = (a + K‘)/2 (Gewinnmaximaler Preis) (xc; pc) (Cournot‘scher Punkt)

PAF p=a-bx

pc pu

G=U-K Kfix

U‘

K‘

xc

x

xu

Umsatzmaximierung:

Graphische Lösung:

U = px = (a – bx)x → max! U‘ = a – 2bx = 0 xu = a/2b (Umsatzmaximaler Absatz) pu = a/2 (Umsatzmaximaler Preis)

• Gewinnmaximum: Kostenfunktion parallel verschieben • Umsatzmaximum: x-Achse parallel verschieben

Abb. 3-37:

Gewinn- und umsatzmaximaler Preis bei monopolistischer Angebotsstruktur

p

p U K

PAF

Gewinnschwelle

U=p x G=U-K K=Kfix+Kvarx

p

x

Abb. 3-38:

x

xmax x

Gewinn-, Kosten- und Preissituation im Polypol auf vollkommenem Markt

(3) Wettbewerbsorientierte Preisfindung Die klassische Preistheorie berücksichtigt prinzipiell nur bei der Marktform des Oligopols Wettbewerbseinflüsse bei der Preisbestimmung. Danach können drei typische Verhaltensmöglichkeiten des Anbieters im Oligopol unterschieden werden: wirtschaftsfriedliches Verhalten, Koalitionsverhalten und Kampfverhalten [vgl. GUTENBERG 1984, S. 266 f.].

3.3 Der Preis als Positionierungselement

151

In der Praxis haben sich dagegen drei grundlegende Verhaltensmuster bei der wettbewerbsorientierten Preisfindung durchgesetzt [vgl. ECKARDT 2010, S. 142]:   

Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau, Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau und Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau.

Bei der Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau (engl. Me-too-Pricing) spricht man auch von Preisfolgerschaft (→ wirtschaftsfriedliches oder Koalitionsverhalten). Dies erscheint immer dann sinnvoll, wenn eine Orientierung am Marktführer erfolgen muss, die Preiselastizität der Nachfrage gering und eine Präferenzbildung am Markt schwierig ist. Viele Bereiche des Konsumgütermarktes sind von diesem Preisverhalten geprägt (Zigaretten, Schokolade). Die Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau kann als Preiskampf (→ Kampfverhalten) angesehen werden und wird häufig bei neuen Produkten zur schnelleren Marktdurchdringung angewendet. Voraussetzung ist eine hohe Preiselastizität der Nachfrage. Das klassische Beispiel für dieses Preisverhalten sind die Discounter. Die Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau, die zumeist mit einer Preisführerschaft (→ wirtschaftfriedliches oder Koalitionsverhalten) verbunden ist, wird insbesondere bei der Einführung innovativer Produkte oder bei prestigeträchtigen Marken mit hoher Präferenzbildung praktiziert (Schmuck, Möbel, Bekleidung). In Abbildung 3-39 sind die drei grundlegenden Methoden der Preisfindung in einer Übersicht dargestellt. Preisfindung

Kostenbezogene Preissetzung

Kundenbezogene Preissetzung

Wettbewerbsbezogene Preissetzung

→ Progressive Kalkulation

→ Preis = Persönlicher Nutzen

→ Retrograde Kalkulation

• Vollkostenrechnung

• Target Costing

• Preisbestimmung auf Wettbewerbsniveau

(sämtliche geplanten fixen und variablen Kosten werden auf den Kostenträger verteilt) • Teilkostenrechnung / Deckungsbeitragsrechnung (nur die variablen Kosten werden den Kostenträgern zugeteilt)

(Was darf ein Produkt aufgrund der Marktbedingungen höchstens kosten?) • Conjoint-Analyse (Gesamtpreis eines Produkts sich aus den einzelnen Teilnutzen zusammensetzt) • Nachfrageorientierte Preisfindung

(→ Preisfolgerschaft ) • Preisbestimmung unter Wettbewerbsniveau (→ Preiskampf) • Preisbestimmung über Wettbewerbsniveau (→ Preisführerschaft)

(nur bei Oligopol und Polypol)

Aktive Preispolitik

Abb. 3-39:

Methoden der Preisfindung

Passive Preispolitik

152

3. Positionierung

3.3.3 Preispositionierungsstrategien Bei der Entscheidung über die optimale Preisstrategie geht es nicht um die Preise selbst und ihre kurzfristige Wirkung. Vielmehr geht es darum, Preis-Leistungs-Positionen festzulegen, Märkte zu belegen und Kapazitäten auszulasten. Hierbei stehen dem strategischen Preismanagement mehrere Optionen langfristig wirkender Preisentscheidungen zur Verfügung. Diese Optionen lassen sich grundsätzlich in Preispositionierungs- und in Preisdifferenzierungsstrategien einteilen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 3]. Abbildung 3-40 gibt einen Überblick über die verschiedenen Preisstrategien.

Preispositionierung Strategien der Preispositionierung • Hochpreisstrategie (auch Premiumstrategie) • Mittelpreisstrategie • Niedrigpreisstrategie • Discountstrategie

Abb. 3-40:

Preisdifferenzierung Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung • Penetrationsstrategie • Skimmingstrategie • Preisbündelungsstrategie • Preisvorteilsstrategie • Yield-ManagementStrategie

Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung

Räumliche Preisdifferenzierung

• Rabattstrategie • Bonusstrategie

Personelle Preisdifferenzierung

Preisstrategien [modifizierte Darstellung nach SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S.10]

Mit der strategischen Preispositionierung wird die grundsätzliche Ausrichtung der Preisstrategie festgelegt, die den Rahmen für nachgeordnete Preisentscheidungen vorgibt. Es handelt sich also nicht um eine isolierte Preisfrage, sondern um eine langfristige Entscheidung über die richtige Kombination von Preis und Qualität auf dem Markt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 504]. Aus der Preispositionierungsmatrix in Abbildung 3-41 mit dem relativen Preis und der relativen Leistung als Ordinaten ergeben sich die Optionen aus folgenden fünf Positionierungsstrategien für eine dauerhafte Grundausrichtung:     

Niedrigpreisstrategie Mittelpreisstrategie Hochpreisstrategie (auch Premiumstrategie) Übervorteilungsstrategie Discountstrategie.

(1) Niedrigpreisstrategie Die Niedrigpreispositionierung ist eine Kombination aus einer relativ niedrigen Leistungsqualität und einem relativ niedrigen Preis. In diesem unteren Markt zielt die Niedrigpreisstrategie auf die Realisierung des geringsten Preises bei einer Mindestqualität des Produkts (Billigmarken).

3.3 Der Preis als Positionierungselement

153

(2) Mittelpreisstrategie Ein etwas höheres Niveau sieht die Mittelpreisstrategie vor. Sie verbindet eine Standardqualität mit mittleren Preisen. Dies ist bspw. im B2C-Bereich beim klassischen Markenartikel der Fall. (3) Hochpreisstrategie Bei der Hochpreisstrategie, die auch als Premiumstrategie bezeichnet wird, fällt die Durchsetzung eines relativ hohen Preises mit einer hohen Qualität des Produktangebots zusammen. Hier steht nicht der Preis, sondern der vom Kunden subjektiv empfundene Wert des Produkts (engl. Value Pricing) im Vordergrund. Ihre Bedeutung gewinnt die Premiumstrategie dadurch, dass die Stückkosten des Produkts in der Regel unter dem wahrgenommenen Wert und dem daraus resultierenden Premiumpreis liegen. Automobilmarken wie PORSCHE oder FERRARI sind diesem Bereich zuzuordnen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 6 f.]. Relatives Leistungsniveau

Hochpreisstrategie (Premiumstrategie)

hoch

Discountstrategie

Mittelpreisstrategie

mittel

Übervorteilungsstrategie

niedrig

Niedrigpreisstrategie Relatives Preisniveau niedrig

Abb. 3-41:

mittel

hoch

Preispositionierungsstrategien [in Anlehnung an SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 6]

Neben diesen drei Standardstrategien der Preispositionierung, die im Korridor eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Preis und Leistung angesiedelt sind, besteht die Möglichkeit, diesen Korridor zu verlassen. (4) Übervorteilungsstrategie Bei der Übervorteilungsstrategie wird ein im Verhältnis zur angebotenen Leistung höherer Preis verlangt. Ein Kunde, der aus Unkenntnis oder aus Zeitgründen ein solch überteuertes Angebot akzeptiert, wird sich hinterher übervorteilt fühlen und einen Wiederholkauf meiden. Daher sind die Erfolgschancen für diese Strategieoption gering.

154

3. Positionierung

(5) Discountstrategie Ganz anders sieht es dagegen bei der Discountstrategie aus. Hier wird eine gute Leistung zu einem sehr günstigen Preis angeboten. Voraussetzung zur Durchsetzung dieser Strategie sind Mengen- und Lernkurveneffekte mit einhergehender Stückkostendegression. Dies kann bspw. durch ein reduziertes Serviceangebot oder durch eine hohe Effizienz der Prozesse erreicht werden. Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung einer Discountstrategie sind ALDI, LIDL, IKEA oder die Luftfahrtgesellschaften RYANAIR und EASYJET [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 506].

3.3.4 Preisdifferenzierungsstrategien Grundlage von Preisdifferenzierungsstrategien ist das Phänomen, dass verschiedene Kunden unterschiedliche Zahlungsbereitschaften für identische bzw. nahezu identische Produkte oder Dienstleistungen aufweisen. Zentrales Ziel der Preisdifferenzierung ist eine Gewinnsteigerung durch Abschöpfung der unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften. Eine Gewinnsteigerung lässt sich dadurch erreichen, indem ausgehend von den beim Einheitspreis kaufenden Nachfragern zwei zusätzliche Nachfragergruppen besser erschlossen werden: Zum einen solche Nachfrager, die bereit wären, einen höheren Preis für das Produkt zu zahlen; zum anderen jene Nachfrager, deren Preisbereitschaft unterhalb des Einheitspreises liegt [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 511 und FASSNACHT 2003, S. 485].

Preis

Preis

Ohne Preisdifferenzierung

Mit Preisdifferenzierung P1

P0

P0

Umsatz bei Einheitspreis p0 für alle User

Anzahl Produkte

16 < User < 32 User < 16

P2 x0

Abb. 3-42:

User > 32 Zusätzliche Kunden

Zusätzliche Kunden

x1

x0

x2 Anzahl Produkte

Ausschöpfung der Preisbereitschaft durch Preisdifferenzierung im Softwarebereich [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 161

Ein Beispiel aus dem B2B-Bereich soll die Wirkung der Preisdifferenzierung verdeutlichen (siehe Abbildung 3-42). Anbieter von Softwaresystemen ziehen häufig die Anzahl der mit dem System arbeitenden Benutzer (User) zur Preisdifferenzierung heran. Bei einem Einheitspreis von p0 wird man alle Kunden mit relativ kleinen IT-Budget nicht erreichen und darüber hinaus bei jenen (Groß-)Anwendern, die aufgrund ihres höheren IT-Budgets auch einen höheren Preis akzeptieren würden, auf entsprechenden Mehrumsatz bzw. Gewinn verzichten. Mit einer nach User-Größenklassen ausgerichteten Preisdifferenzierung mit p1 für Unternehmen

3.3 Der Preis als Positionierungselement

155

mit mehr als 32 Usern, p0 für Unternehmen zwischen 16 und 32 Usern und p2 für Unternehmen mit weniger als 16 Usern lässt sich die Preisbereitschaft wesentlich besser ausschöpfen und den Erlös eines Unternehmens nachhaltig steigern [vgl. LIPPOLD 1998, S. 161]. Den Vorteilen der Preisdifferenzierung stehen allerdings auch Nachteile gegenüber. So sind insbesondere Kannibalisierungseffekte und Irritationen im Kaufverhalten bei zu großen Preisunterschieden in ihren Auswirkungen auf Erlöse und Kosten gegen zu rechnen. Ferner ist darauf zu achten, dass die Märkte bzw. Marktsegmente, zwischen denen die Preise differenziert werden sollen, voneinander deutlich getrennt sind und dass die Komplexität der Preisvielfalt kontrollierbar bleibt [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 7]. Grundsätzlich kann zwischen folgenden Hauptformen der Preisdifferenzierung schieden werden [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 241]:

unter-



Zeitliche Preisdifferenzierung (Preise werden in Abhängigkeit vom Kaufzeitpunkt variiert);



Quantitative Preisdifferenzierung (in Abhängigkeit der abgenommenen Menge wird ein anderer Stückpreis gefordert);



Räumliche Preisdifferenzierung (von Kunden in verschiedenen Kunden oder Ländermärkten werden unterschiedliche Preise gefordert);



Qualitative (personen- oder unternehmensbezogene) Preisdifferenzierung (Preise werden von der Erfüllung bestimmter personen- oder unternehmensbezogener Merkmale abhängig gemacht).

Abbildung 3-43 liefert eine Übersicht über die Grundformen der Preisdifferenzierung.

Zeitliche Preisdifferenzierung

Räumliche Preisdifferenzierung

• Für das gleiche Produkt werden in Abhängigkeit vom Nachfragetermin unterschiedliche Preise verlangt

• Produkte werden auf regional abgegrenzten Teilmärkten zu unterschiedlichen Preisen angeboten

• Verbreitetes Mittel zur Förderung des Absatzes und zur Steuerung der Nachfrage • Beispiele: Tag- und Nachttarife; Sommerpreise für Kohle und Heizöl; Urlaubsreisen in Vor- und Nachsaison etc.

Qualitative Preisdifferenzierung

• Spielt bei Exporten eine große Rolle; im Binnenmarkt eher selten • Beispiele: Exportartikel (Dumping, wenn Preise niedriger als im Inland); Benzin auf Autobahnraststätten

Quantitative Preisdifferenzierung

• Preisfestsetzung in Abhängigkeit von der Kaufkraft der Zielgruppe

• Preise werden nach der Menge der verkauften Produkte gestaffelt

• Es erfolgt eine horizontale Aufteilung in homogene Käuferschichten

• Gewährung von Mengenrabatten, Boni, Nachlässen

• Beispiele: Getränke in verschiedenen RestaurantKategorien; Studententarife; Softwarelizenzen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße

• Beispiele: Lebensmittel bei unterschiedlichen Packungsgrößen; Vielfliegerprogramme der Fluggesellschaften

Abb. 3-43:

Grundformen der Preisdifferenzierung

156

3. Positionierung

(1) Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung Ein besonders wichtiger Problembereich der zeitlichen Preisdifferenzierung sind die preisstrategischen Optionen bei Produktneueinführungen. Hier sind insbesondere die Penetrationspreis- und die Abschöpfungspreisstrategie zu nennen. Beide Strategien sind schwerpunktmäßig dem B2C-Marketing zuzuordnen. Bei der Penetrationspreisstrategie (engl. Penetration Pricing) wird mit einem niedrigen Einführungspreis eine schnelle Marktdurchdringung angestrebt. Ist diese (z. B. durch Präferenzbildung) erreicht, wird der Preis sukzessive angehoben. Der Vorteil dieser Strategie besteht darin, dass für die potentiellen Wettbewerber durch den niedrigen Preis eine Markteintrittsbarriere aufgebaut wird. Die Gefahren liegen darin, dass die Amortisationsdauer der Neuproduktinvestitionen zu lang ist und die später geplanten Preiserhöhungen nur schwer durchsetzbar sind. Die Abschöpfungspreisstrategie (engl. Skimming Pricing) geht den umgekehrten Weg. Mit einem relativ hohen Preis in der Produkteinführungsphase, der mit zunehmender Markterschließung und wachsendem Wettbewerbsdruck schrittweise gesenkt wird, sollen möglichst schnell Gewinne abgeschöpft und die Entwicklungskosten wieder eingespielt werden. Das Risiko dieser Strategie liegt darin, dass durch die mit den hohen Preisen verbundenen Ertragschancen schnell Wettbewerber angelockt werden. In Abbildung 3-44 sind diese beiden Strategien der zeitlichen Preisdifferenzierung den Standardstrategien der Preispositionierung mit ihren idealtypischen Verläufen gegenübergestellt. Preis

Prämienpreisstrategie Penetrationspreisstrategie

Mittelpreisstrategie

Skimmingpreisstrategie Niedrigpreisstrategie Zeit

Preisdifferenzierungsstrategien Preispositionierungsstrategien

Abb. 3-44:

Idealtypische Verläufe von Preisdifferenzierungs- und Preispositionierungsstrategien

Ähnlich gelagert wie die Penetrationspreisstrategie ist die Preisvorteilsstrategie. Unternehmen setzen vorübergehend einen besonders vorteilhaften Preis zur Verkaufsförderung ein. Sie schaffen damit eine Preisattraktion für Kunden, ohne die grundlegende strategische Preis-

3.3 Der Preis als Positionierungselement

157

Leistungs-Positionierung zu beeinträchtigen. Dahinter steht die Strategie, sich durch einen vorübergehenden Preisvorteil gegenüber dem Wettbewerb abzuheben, um eine Position der Vorteilhaftigkeit für einen begrenzten Zeitraum zu besetzen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9]. Bei der Preisbündelungsstrategie (engl. Bundling Strategy) werden mehrere Produkte zu einem Paketpreis (Preisbündel) angeboten. Dieses Preisbündel ist günstiger als die Summe der Einzelpreise und stellt somit eine Preisattraktion für den Kunden dar. Insbesondere die Automobilindustrie praktiziert diese Preisstrategie mit Paketen der Fahrzeugausstattung sehr erfolgreich. Auch im Textilhandel werden häufig Produkte nach Themen oder Bedarfsgruppen gebündelt. Da Preisattraktionen und damit auch Preisbündel i. d. R. an eine zeitliche Befristung gebunden sind, kann die Preisbündelungsstrategie als eine Sonderform der zeitlichen Preisdifferenzierung angesehen werden [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9 f.]. Ebenfalls als eine Sonderform der zeitlichen Preisdifferenzierung kann die Strategie des Yield Management, das speziell für den Dienstleistungssektor konzipiert wurde, angesehen werden. Bei dieser Strategie werden die Preise in Abhängigkeit vom Buchungszeitpunkt und den freien Kapazitäten bestimmt. Eine solche Form der zeitlichen Preisdifferenzierung wird in der Luftfahrt und im Tourismus erfolgreich praktiziert [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 521]. (2) Strategien der quantitativen Preisdifferenzierung Eine Spezialform der Preisdifferenzierung ist die Rabatt- und Bonusstrategie. Wie die Praxis allerdings immer wieder zeigt, sind die unüberschaubaren, teils historisch gewachsenen Rabatt- und Bonusstrukturen ohne strategische Orientierung zumeist überflüssig. Mit dem Wegfall des Rabattgesetzes hat die willkürliche Bonus- und Rabattvergabe allerdings stark zugenommen. Ziel einer strategisch orientierten Rabatt- und Bonusstrategie sollte es daher sein, eine auf strikten Grundsätzen basierende kundenindividuelle und leistungsbezogene Preisdifferenzierung zu praktizieren und damit akquisitorische Effekte auf der Nachfragerseite zu erzielen [vgl. SEBASTIAN/MAESSEN 2003, S. 9 f.]. Folgende Rabattarten können unterschieden werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 524 f.]: 

Mengenrabatte sind gewährte Preisnachlässe, um Abnehmer zur Bestellung größerer Absatzmengen zu veranlassen. Dies kann sowohl als fester Betrag als auch in Form proportionaler oder überproportionaler Nachlässe erfolgen (Rabattstaffel). Eine Sonderform sind Boni, die als rückwirkende Preisnachlässe bei der Erreichung gewisser Mengenziele gewährt werden.



Funktionsrabatte werden dem Handel für die Übernahme bestimmter Funktionen wie Lagerhaltung, Produktpräsentation, Kundenberatung oder Kundendienst eingeräumt. Der Rabatt für die Übernahme der Finanzierungsfunktion wird als Skonto bezeichnet.



Zeitrabatte sind Preisnachlässe, die bestellzeitpunktbezogen gewährt werden. Hierzu zählen Vorbestellungs-, Einführungs-, Saison-, Aktions- und Auslaufrabatte.

158

3.4

3. Positionierung

Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb

Letztlich sind es also zwei grundsätzliche Alternativen zur Beeinflussung des Abnehmerverhaltens und damit zur Erzielung eines Wettbewerbsvorteils: der Produkt bzw. Leistungsvorteil und der Preisvorteil. Demzufolge können die Unternehmen zwischen zwei grundlegenden Wettbewerbshebeln bzw. Mechanismen der Marktbeeinflussung wählen [vgl. BECKER 2009, S. 180]:  

Qualitätswettbewerb (engl. Non-Price Competition) und Preiswettbewerb (engl. Price Competition).

Heraus lassen sich zwei grundlegende Strategiemuster ableiten:  

Präferenzstrategie und Preis-Mengen-Strategie

Beide strategischen Beeinflussungsformen von Märkten werden als Marktstimulierungsstrategien bezeichnet. Die Präferenzstrategie verfolgt das Ziel, durch den Einsatz von nichtpreislichen Wettbewerbsmitteln eine bevorzugte Stellung bei den Abnehmern zu erzeugen. Die Preis-Mengen-Strategie dagegen konzentriert alle Marketingaktivitäten auf preispolitische Maßnahmen [vgl. BECKER 2009, S. 180]. In der Strategiesystematik von PORTER [1995, S. 63 ff.] werden die beiden Alternativen als  

Qualitätsführerschaft (Differenzierungsstrategie) und Kostenführerschaft (aggressive Preisstrategie)

bezeichnet. Sie bilden die Eckpfeiler der PORTERschen Wettbewerbsstrategien und entsprechen damit im Prinzip den Marktstimulierungsstrategien. Wenn es auch im Detail Unterschiede zwischen beiden Strategiesystematiken geben mag [zur Diskussion über diese Unterschiede siehe insbesondere BECKER 2009, S. 180 und MEFFERT et al. 2008, S. 299], so gehen doch beide Ansätze von zwei identischen Wettbewerbsvorteilen aus: dem Produkt- bzw. Leistungsvorteil einerseits und dem Preisvorteil andererseits. Daher sind auch in Abbildung 3-45 beide Ansätze zu einer Grafik zusammengefasst. Auf der Seite des Qualitätswettbewerbs sind die Aktualisierung der Markenführung sowie ein exklusiver Ruf wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Präferenzstrategie bzw. Qualitätsführerschaft. Beim Preiswettbewerb steht dagegen die Realisierung eines Kostenvorsprungs (Erfahrungskosten-, Skalen- und Verbundeffekte) im Vordergrund einer erfolgreichen Preis-Mengen-Strategie. PORTER betont in diesem Zusammenhang, dass Unternehmen sich eindeutig für eine der beiden Optionen entscheiden müssen, da sonst die Gefahr eines „Stuck in the Middle“, also einer Zwischenposition ohne klare Wettbewerbsvorteile, drohe [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 201]. Abbildung 3-46 verdeutlicht diesen Zusammenhang.

3.4 Qualitätswettbewerb vs. Preiswettbewerb

159

Qualitätswettbewerb

Preiswettbewerb

Wettbewerbsvorteil

Produkt- bzw. Leistungsvorteil

Preisvorteil

Strategiebezeichnung nach BECKER

Präferenzstrategie

Preis-Mengen-Strategie

Marktstimulierungsstrategien

Strategiebezeichnung nach PORTER

Qualitätsführerschaft (Differenzierungsstrategie)

Kostenführerschaft (aggressive Preisstrategie)

Wettbewerbsstrategien

Voraussetzungen

• Aktualisierung der Markenführung

• Hoher Marktanteil

• Exklusiver Ruf u. a. durch  Image  Design  Qualität

• Kostenvorsprung u.a. durch  Skaleneffekte  Verbundeffekte  Erfahrungskurveneffekte

 Service

Zielgruppe

Abb. 3-45:

Markenkäufer

Preiskäufer

Unterschiede zwischen Qualitäts- und Preiswettbewerb

Rentabilität

Qualitätsführerschaft

Kostenführerschaft

“zwischen den Stühlen”

Leistungsvorteile

Abb. 3-46:

Kostenvorteile

Die „Stuck-in-the-Middle“-Position [Quelle: PORTER 1995]

Allerdings stellt sich die Frage, ob eine einmalige Entscheidung zwischen Kostenführerschaft und Qualitätsführerschaft (Differenzierung) ausreicht, um den langfristigen Erfolg zu sichern. Ist es nicht vielmehr naheliegend, angesichts der laufenden Veränderungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld auch eine Veränderung der strategischen Stoßrichtung bzw. eine Kombination beider Optionen vorzunehmen? Die hiermit angesprochenen hybriden Wettbewerbsstrategien verstoßen zwar auf dem ersten Blick gegen die klassische Zweiteilung, wenn Unternehmen jedoch zum richtigen Zeitpunkt zwischen Kostenführerschaft und Differenzierung

160

3. Positionierung

wechseln, können sie Wettbewerbern durchaus überlegen sein [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 201]. Kostenvorteile

Leistungsvorteile Gesamtmarktabdeckung

Qualitätsführerschaft

Kostenführerschaft

Differenzierungsstrategie

Aggressive Preisstrategie

Nischenstrategie

Teilmarktabdeckung (Nische)

Abb. 3-47:

Selektive Qualitätsführerschaft

Selektive Kostenführerschaft

(Qualität – Nische)

(Preis – Nische)

Differenzierungsfokus

Kostenfokus

Wettbewerbsstrategien nach PORTER

Da bei weitem nicht alle Unternehmen in der Lage sind, eine Abdeckung des Gesamtmarkts vorzunehmen, stellt sich in der zweiten Dimension die Frage nach der Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen, auf Produktgruppen oder auf abgegrenzte Regionen. Solche Fokusoder Nischenstrategien sind damit – neben der Differenzierung und Kostenführerschaft – der dritte generische Strategietyp nach PORTER. Besonders kleine und mittlere Anbieter fokussieren sich auf einzelne Segmente, während größere Wettbewerber zumeist versuchen, den Markt breit anzugehen. Auch bei der Nischenstrategie stehen den Anbietern zwei Optionen zur Verfügung: der Differenzierungs- und der Kostenfokus (siehe Abbildung 3-47). Der Differenzierungsfokus empfiehlt sich dann, wenn ein Unternehmen ein spezifisches Bedürfnis, das Gesamtmarktanbieter nicht gut genug befriedigen können, besser bedienen kann. Ebenso kann es sein, dass ein Unternehmen einen Kostenvorsprung gegenüber den Gesamtmarktanbietern in Form einer selektiven Kostenführerschaft zu realisieren vermag [vgl. MÜLLER-STEWENS/LECHNER 2001, S. 204].

3.5 Optimierung des Kundenvorteils

3.5

161

Optimierung des Kundenvorteils

3.5.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 3.1 dargestellt lässt sich die Optimierung des Kundenvorteils als Funktion der Positionierung darstellen (→ Kundenvorteil = f (Positionierung)). Die Positionierung im Absatzmarkt wiederum wird in hohem Maße von den Differenzierungsmöglichkeiten der beiden Positionierungselemente  

Produkt und Preis

als Aktionsparameter bestimmt. Daher kann die Optimierungsfunktion des Kundenvorteils folgendermaßen erweitert werden: Kundenvorteil = f (Positionierung) = f (Differenzierung (Produkt, Preis)) → optimieren! Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die beiden Aktionsparameter teilweise gegenseitig bedingen. Diese Interdependenz zwischen Produkt und Preis wird ganz besonders deutlich am Positionierungsmerkmal Preis-/Leistungsverhältnis. 3.5.2 Strategische Optionen Die Positionierung ist das Aktionsfeld, in dem das Unternehmen über die meisten strategischen Optionen im Rahmen der Marketing-Gleichung verfügen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Produkt- und den Preispositionierungsstrategien. Zu den strategischen Optionen bei der Produktpositionierung zählen: 

Markteintrittsstrategien (Pionierstrategie, Folgerstrategie),



Marktfeldstrategien (Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung, Diversifikation),



Markenstrategien (Einzelmarken, Mehrmarken, Familienmarken, Dachmarken, Markentransfers, Co-Branding, Ingredient Branding).



Marktstimulierungsstrategien (hier: Präferenzstrategie/Qualitätsführerschaft).

Auf dem Gebiet der Preispositionierung sind folgende Strategien möglich: 

Preispositionierungsstrategien (Niedrigpreis-, Mittelpreis-, Hochpreisstrategie, Discountstrategie, Übervorteilungsstrategie),



Preisdifferenzierungsstrategien (Qualitative, quantitative, räumliche und zeitliche Preisdifferenzierung),



Marktstimulierungsstrategien (hier: Preis-Mengen-Strategie/Kostenführerschaft).

162

3. Positionierung

3.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 3-48 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Positionierung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Angebotsbreite und –tiefe, Art der Werttreiber etc.).

Eingangslogistik

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierung

Unterstützungsprozesse

Abb. 3-48:

Positionierung

Produktrelevante Prozesse

PositionierungsProzesse

PositionierungsTeilprozesse

Operative Funktionen

Innovationsprozess

Produktgestaltung

Marktforschung z. B. Produkt-, Store-, Markttest

Ausgangslogistik

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

Preisrelevante Prozesse

Markierung

Preisfindung

Analyseverfahren wie Erfahrungskosten, Lebenszyklus, Produktportfolio, Produkt-Markt-Matrix, Brand Portfolio Scorecard

Preisstrategie

Preistest, Preispositionierungsmatrix, Preisdifferenzierung

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Positionierung“

Auch für das Aktionsfeld Positionierung kommen für die Informationsgewinnung und -verarbeitung nahezu alle Instrumente der klassischen Marktforschung (Befragung, Beobachtung, Experiment/Test) in Betracht. Darüber hinaus zählen zu den wesentlichen Instrumenten für die Produktpositionierung folgende Methoden, Techniken und Tools:      

Produkt-, Store- und Markttest Erfahrungskosten-Analyse Produktlebenszyklus-Analyse Produktportfolio-Analyse Produkt-Markt-Matrix Brand Portfolio Scorecard.

Demgegenüber stehen folgende Instrumente für die Preispositionierung zur Verfügung:   

Preistest Preispositionierungsmatrix Preisdifferenzierung.

3.5 Optimierung des Kundenvorteils

163

3.5.4 Werttreiber Ebenso wie bei den strategischen Optionen kann das Unternehmen bei den Werttreibern im Aktionsfeld Positionierung auf eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zurückgreifen, die als Hebel für den Unternehmenserfolg in Betracht kommen. Als Werttreiber der Produktpositionerung können insbesondere Kennzahlen Markenmanagements genannt werden [vgl. BAUER et al. 2006, S. 66 ff., S. 190 ff.]:

des



Markeneffizienz-Index, d. h. das Verhältnis des Marken-Outputs (gemessen an der Markenbekanntheit, der Markensympathie, dem Markenimage und der Markentreue) zum Marken-Input (gemessen an Werbekosten, Distributionskosten, Qualitätskosten, Kosten für Markenentwicklung und -schutz, Personalkosten) [vgl. HAMMERSCHMIDT 2005, S. 64];



Kennzahlen aus Markenbekanntheit, Markenimage, Markenassoziationen, Markenidentität und Markenpersönlichkeit als Markenstärke-Treiber;



Kennzahlen aus den Perspektiven Finanzen, Markt, Prozesse und Mitarbeiterpotenziale als Markenportfolio-Treiber (im Rahmen einer Brand Portfolio Scorecard);



Platzierung in „Stiftung Warentest“ und sonstigen Produkt- oder Unternehmensrankings.

Eher preisbezogene Werttreiber sind: 

Kundennutzen/Costumer Value, d. h. das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis der Angebote aus Sicht der Stammkunden/Interessenten;



Wahrgenommene Preisgünstigkeit, d. h. die Einschätzung des absoluten Preises des Angebotes aus Sicht der Stammkunden/Interessenten

In Abbildung 3-49 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Positionierung (wie Aktionsparamter, Positionierungselemente, Strategien, Werttreiber, Instrumente sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

164

3. Positionierung

Aktionsfeld

Positionierung

Aktionsparameter

Differenzierung (Produkt, Preis)

Positionierungselemente

Produkt

Preis

Strategien

• Markteintrittsstrategien • Marktfeldstrategien • Markenstrategien • Präferenzstrategie (Qualitätsführerschaft)

• Preispositionierungsstrategien • Preisdifferenzierungsstrategien • Preis-Mengen-Strategie (Kostenführerschaft)

Instrumentelle Unterstützung

• Produkttest, Storetest, Markttest • Erfahrungskurven-Analyse • Produktlebenszyklus-Analyse • Produktportfolio-Analyse • Produkt-Markt-Matrix • Brand Portfolio Scorecard

• Preistest • Preispositionierungsmatrix • Preisdifferenzierung

Werttreiber

• Markeneffizienz-Index • Diverse Kennzahlen als Markenstärke-Treiber • Diverse Kennzahlen als Markenportfolio-Treiber • Diverse Produktrankings

• Kundennutzen/Costumer Value • Wahrgenommene Preisgünstigkeit

Optimierungskriterium

Kundenvorteil

Abb. 3-49:

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Positionierung“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

165

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Worin besteht der Unterschied zwischen Kundennutzen und Kundenvorteil?

(2)

Welche Kriterien sollte ein strategischer Wettbewerbsvorteil aufweisen?

(3)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen dem Adoptionsprozess und dem Diffusionsprozess bei Produktinnovationen.

(4)

Welche Rahmenfaktoren sprechen eher für eine Pionierstrategie, welche eher für eine Folgerstrategie?

(5)

Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen der 4-Felder-Matrix von BOSTON CONSULTING und der 9-Felder-Matrix von MCKINSEY?

(6)

Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen der Lebenszyklus-Analyse und der Portfolio-Analyse.

(7)

Warum wird die Marktdurchdringungsstrategie auch als die „marketingstrategische Urzelle des Unternehmens“ bezeichnet?

(8)

Grenzen Sie die Marktentwicklungsstrategie und Produktentwicklungsstrategie voneinander ab.

(9)

Worin besteht der Unterschied zwischen einem „Markenzeichen“ und einem „Warenzeichen“?

(10) Stellen Sie die Markenstrategie von GRUNER & JAHR der Markenstrategie des SPRINGER Verlags gegenüber. (11) Diskutieren Sie den Unterschied zwischen einer Produkt- und einer Preispositionierung. (12) Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem unvollkommenen und einem vollkommenen Markt? (13) Worin liegt die besondere Realitätsnähe der doppelt geknickten Preis-Absatz-Funktion? (14) Welche verschiedenen Verhaltensmuster können bei der wettbewerbsorientierten Preisfindung beobachtet werden? (15) Diskutieren Sie Vor- und Nachteile der Preisdifferenzierungsstrategie. (16) Was haben Abschöpfungs- und Penetrationsstrategie gemeinsam, worin bestehen die Unterschiede? (17) Ist die Strategie des Yield Management eher der zeitlichen oder eher der quantitativen Preisdifferenzierung zuzuordnen? (18) Diskutieren Sie Beispiele und Einflussfaktoren für den Qualitätswettbewerb und für den Preiswettbewerb. (19) Erläutern Sie am Beispiel von AIRBERLIN die „Stuck-in-the-Middle“-Position aus der PORTERschen Systematik der Wettbewerbsstrategien.

4. KOMMUNIKATION

4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation .................................................................... 169 4.2 Kommunikationsgrundlagen .................................................................................... 171 4.2.1 Kommunikationsmodell ................................................................................. 171 4.2.2 Kommunikationskonzept ................................................................................ 175 4.3 Kommunikationsinstrumente ................................................................................... 177 4.3.1 (Klassische) Werbung..................................................................................... 177 4.3.2 Online-Werbung ............................................................................................. 191 4.3.3 Direktmarketing und Verkaufsförderung ....................................................... 198 4.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring ............................................................. 202 4.3.5 Product Placement und Product Publicity ...................................................... 205 4.3.6 Messen und Ausstellungen ............................................................................. 206 4.4 Kommunikationsmedien .......................................................................................... 208 4.4.1 Printmedien ..................................................................................................... 209 4.4.2 Klassische elektronische Medien.................................................................... 210 4.4.3 Online-Medien ................................................................................................ 212 4.4.4 Außenwerbung................................................................................................ 213 4.5 Optimierung der Kundenwahrnehmung ................................................................... 215 4.5.1 Aktionsparameter............................................................................................ 215 4.5.2 Strategische Optionen ..................................................................................... 215 4.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 216 4.5.4 Werttreiber ...................................................................................................... 217 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 219

168

4. Kommunikation

4. KOMMUNIKATION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

Distribution Akquisition

Betreuung

+ Kundennähe

+ Kundenzufriedenheit

+ Kundenakzeptanz

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterium © Dialog.Lippold

Die Kommunikation als drittes Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses zielt auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung ab. Zwar ist auch dieser Aktionsbereich eindeutiger Schwerpunkt des B2C-Marketings, doch die grundsätzlichen Mechanismen der Kommunikation gelten in gleicher Weise gegenüber Konsumenten und gegenüber Unternehmen/Organisationen. Als konzeptionelle Grundlage dieses Aktionsfeldes wird zunächst ein Kommunikationsmodell vorgestellt, das es erlaubt, die Ansprache der Zielgruppen und den entsprechenden Einsatz der Kommunikationsinstrumente und -medien in einem systematischen Zusammenhang zu sehen.

4.1 Aufgabe und Ziel der Kommunikation

4.1

169

Aufgabe und Ziel der Kommunikation

Kommunikation im Marketing besteht in der systematischen Bewusstmachung des Kundenvorteils und schließt damit unmittelbar an die Ergebnisse der Positionierung an. Die Positionierung gibt der Kommunikation vor, was im Markt zu kommunizieren ist. Die Kommunikation wiederum sorgt für die Umsetzung, d.h. wie das Was zu kommunizieren ist. Sie führt zum Aufbau eines umfassenden Meinungsbildungsprozesses mit dem Ziel, dass der Kunde von seinem Vorteil bei den kommunizierten Merkmalen überzeugt ist. Die Kommunikation ist damit das dritte wesentliche Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses und zielt auf die Optimierung der Kundenwahrnehmung ab: Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation) → optimieren! Kommunikationssignale haben im Marketing die Aufgabe, einen Ruf aufzubauen und innovative Produkt- und Leistungsvorteile glaubhaft zu machen. Unverzichtbare Elemente sind daher Seriosität, Glaubwürdigkeit und Kompetenz in den Aussagen und Darstellungen. Dazu ist es erforderlich, dass die Signale mehrere Quellen (Unternehmens-, Produkt-, Vertriebssignale) haben und in sich konsistent sind. Gleichzeitig muss sich das kommunizierende Unternehmen bewusst machen, dass die Signale auf mehrere Empfänger mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen stoßen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 166]. In diesem Kontext sei angemerkt, dass für die Bezeichnung des äußeren Kommunikationsprozesses eines Unternehmens der Begriff „Signalisierung“ (statt Kommunikation) schärfer ist, da es bei der Signalisierung – im Gegensatz zur Kommunikation – nicht notwendigerweise zu einer Interaktion (zwischen Sender und Empfänger) kommen muss. Schließlich führt der Einsatz aller „klassischen“ Kommunikationsmittel nicht zu einer Interaktion zwischen Unternehmen und Zielgruppe. Jedoch infolge der zunehmenden Bedeutung der OnlineKommunikation, deren besondere Stärke gerade in der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager liegt, wird hier der weitergefasste Kommunikationsbegriff für die (werbliche) Außendarstellung eines Unternehmens verwendet. Die Grundstruktur der werblichen Kommunikation ist in Abbildung 4-01 dargestellt. Die zu übermittelnde Kommunikationsbotschaft wird vom Sender in ein verschlüsseltes Signal (Text, Bild, Ton etc.) übersetzt und mit Hilfe eines Kommunikations- bzw. Werbeträgers (z. B. Anzeige oder TV-Spot) an die Empfänger als Zielgruppe herangetragen. Die Entschlüsselung (Decodierung) des Signals und die dadurch ausgelöste Wirkung muss nicht zwingend mit der vom Kommunikationssender beabsichtigten Wirkung übereinstimmen. Vielmehr kann es sein, dass der Kommunikationsempfänger die Entschlüsselung der Botschaft im Hinblick auf seine eigenen Wertvorstellungen, Erfahrungen und Bedürfnisse vornimmt. Ziel des kommunizierenden Unternehmens muss es also sein, solche Störungen zu minimieren, indem die Botschaft so verschlüsselt wird, dass sie vom Empfänger in dem beabsichtigten Sinne verstanden wird. Störungen können vor allem auch durch Wettbewerbsaktivitäten (wettbewerbsinduzierte Störungen) oder durch Veränderung der Umweltbedingungen (umweltinduzierte Störungen) hervorgerufen werden. So hat bspw. der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T mit dem Slogan „We hear you“ versucht, Kundennähe zu demonstrieren. Die

170

4. Kommunikation

Interpretation durch die Kommunikationsempfänger änderte sich aber unmittelbar im Zuge der Watergate-Affäre, nach der dieser Slogan als „Wir hören Ihre Gespräche ab“ ausgelegt wurde [vgl. BRUHN 2007, S. 39 f.].

Kommunikationskonzept des Unternehmens

Verschlüsselung der Botschaft

Sender

Codierung

Transport des Signals durch Ton, Bild, Text

Botschaft

Entschlüsselung des Signals durch den Empfänger

Verarbeitungsinterpretation durch den Empfänger

Decodierung

Empfänger

Medien Umweltinduzierte Störungen

Störpegel

Konkurrenzinduzierte Störungen

Feedback

Reaktion Messung des Kommunikationserfolgs

Abb. 4-01:

Schematische Darstellung des Kommunikationssystems [Quelle: BRUHN 2007, S. 41]

4.2 Kommunikationsgrundlagen

4.2

171

Kommunikationsgrundlagen

4.2.1 Kommunikationsmodell Um die Empfänger, d.h. die Zielgruppe der Signale, in ihrer unterschiedlichen Konditionierung mit den jeweils richtigen Kommunikationsinhalten anzusprechen, sollte zunächst ein Kommunikationsmodell aufgestellt werden. Ein solches Modell stellt die Struktur des Kommunikationsprozesses (Ziele, Strategien, Zielgruppe, Zielpersonen etc.) dar und ist die Grundlage für die zu kommunizierenden Inhalte. Die Kommunikationsinhalte (Botschaften) wiederum bilden in ihrer Gesamtheit das Kommunikationsprogramm (Bewusstseins-, Image-, Produkt-, Kundenprogramm), das dann von den Kommunikationsinstrumenten (Werbung, PR, Online-Marketing, Direct-Marketing, Messen, Events etc.) umgesetzt und an die Zielgruppe/-person herangetragen werden muss (siehe Abbildung 4-02).

Kommunikationsmodell Kommunikationsprogramme

• • • • • • •

Kommunikationsinstrumente

Zielgruppe Zielpersonen Ziel Strategie Taktik Prozess Ergebnis

• Bewusstseinsprogramm

• Imageprogramm • Produkt-/Leistungsprogramm

• Betreuungsprogramm

• • • • • •

Werbung / PR Prospekte Infoveranstaltungen Seminare/Vorträge

Zielgruppe/ -person

Messen/Kongresse Online-Marketing

UMSETZUNG INHALT

STRUKTUR

Abb. 4-02:

Die Kommunikation: Von der Struktur über die Inhalte zur Umsetzung [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 167]

Das Kommunikationsmodell ist zugleich eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Markenstrategie. Wer eine starke Produkt- und/oder Unternehmensmarke in seinen definierten Marktsegmenten etabliert und weiterentwickelt, kann der Herausforderung, Aufträge in diesen Zielsegmenten zu gewinnen, leichter begegnen. Diese Erkenntnis gilt nicht nur für das B2C-Marketing. Insbesondere im B2B-Bereich kann eine starke Unternehmensmarke zu niedrigeren Kosten in der vertrieblichen Basisarbeit (z. B. bei der Kontaktgewinnung) führen. Eine solche Markenstrategie wirkt sich zudem auch positiv im Personalbereich aus. Eine bekannte, attraktive Arbeitgebermarke (engl. Employer Branding) erleichtert die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern auf dem Bewerbermarkt und wirkt sich positiv auf den

172

4. Kommunikation

Verbleib der Mitarbeiter im Unternehmen aus. Employer Branding beugt insbesondere der Abwanderung von Potenzial- und Leistungsträgern vor. Dieses Phänomen tritt verstärkt auf, sobald die Chancen zum Wechseln zunehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Konjunktur wieder anspringt [vgl. LIPPOLD 2011, S. 50 f.]. Kommunikationsmodelle haben die Aufgabe, den Kommunikationsprozess mit allen Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) eines Unternehmens zu strukturieren und in seiner Komplexität zu vereinfachen. Zur Verdeutlichung dieser Aufgabenstellung dient ein Kommunikationsmodell, das IBM in ähnlicher Form erfolgreich eingeführt hat [vgl. IBM 1984]. Im Vordergrund des Kommunikationsmodells steht eine Typologisierung der Signalempfänger innerhalb der definierten Zielgruppe. Diese Typologisierung ist keine fachbezogene Bestimmung der unterschiedlichen Zielgruppen, wie dies bei der Segmentierung der Fall ist, sondern grenzt die Signalempfänger innerhalb der Zielgruppe nach ihrer Stellung, ihrem Verhältnis und Kenntnisstand gegenüber dem Unternehmen ab. Das Modell unterteilt die gesamte Zielgruppe in Indifferente, Sensibilisierte, Interessierte und Engagierte bezüglich ihrer Einstellung zum signalisierenden Unternehmen (siehe Abbildung 4-03).

Interessenten

Zielgruppe

Kunden

Zielpersonen

Indifferente

Sensibilisierte

Interessierte

Engagierte

Ziel (=Politik)

Indifferente sensibilisieren

Sensibilisierte interessieren

Interessierte engagieren

Engagierte betreuen

Strategie (=Pläne)

Idee kommunizieren

Unternehmen kommunizieren

Produkte/Leistungen kommunizieren

Kaufentscheidung absichern

Taktik (=Maßnahmen)

Bewusstseinsprogramm

Imageprogramm

Produkt-/Leistungsprogramm

Kundenprogramm

Prozess

Wahrnehmungsprozess

Meinungsbildungsprozess

Entscheidungsprozess

Betreuungsprozess

Ergebnis

Aufmerksamkeit

Vertrauen/ Glaubwürdigkeit

Kaufabschluss

Bestätigung

Abb. 4-03:

Elemente eines Kommunikationsmodells [Quelle: Lippold 1998, S. 170 in Anlehnung an IBM 1984]

(1) Bewusstseinsprogramm Den größten Teil dieser Zielgruppenzugehörigen (= Zielpersonen) bilden die Indifferenten. Sie stehen dem Unternehmen mit seinem Produktprogramm uninformiert und uninteressiert gegenüber. Kommunikationsziel muss es hier sein, die Indifferenten zu sensibilisieren. Das heißt, diesen Zielpersonen muss beispielsweise die Idee, dass ein neues, innovatives Produkt oder eine neue Problemlösung (gegenüber einer konventionellen Lösung) Vorteile bietet, nahegebracht werden. Angenommen, die Idee sei kommuniziert, die Botschaft angekommen, dann ist das erste Kommunikationsziel Indifferente sensibilisieren erreicht, bzw. das signalisierende Unternehmen hat seinen Beitrag dazu geleistet. Alle Maßnahmen, die diesem ersten Kommunikationsziel dienen, spiegeln sich in einem Bewusstseinsprogramm wider. Damit ist

4.2 Kommunikationsgrundlagen

173

ein Wahrnehmungsprozess eingeleitet, der bei den Zielpersonen Aufmerksamkeit erzeugt. Unternehmen, die lediglich ein verbessertes Produkt (engl. Relaunch) einführen wollen (also eine Relaunching-Maßnahme durchführen) sollten sich allerdings gleich auf die zweite Gruppe der Zielpersonen, also auf die Sensibilisierten konzentrieren. Ein Bewusstseinsprogramm sollte demnach immer nur dann durchgeführt werden, wenn eine wirklich innovative Lösung signalisiert werden soll. Ein solches Programm hat in erster Linie die Aufgabe, einen latenten Bedarf bei den potenziellen Kunden für die Innovation zu wecken. Insbesondere im B2B-Bereich und hier ganz besonders im Bereich der Informationstechnik werden immer wieder neue Anwendungsfelder erschlossen, so dass sich Unternehmen, die sich auf solch innovativen Anwendungsfeldern engagieren, die Notwendigkeit eines Bewusstseinsprogramms in ihre kommunikationspolitischen Überlegungen einbeziehen müssen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 171]. Ein Bewusstseinsprogramm ist allerdings auch immer mit erheblichen Kosten verbunden, da die Ansteuerung der Indifferenten erfahrungsgemäß mit erheblichen Streuverlusten verbunden ist. Daher sind in der Regel nur größere Unternehmen in der Lage, ein Bewusstseinsprogramm konsequent und nachhaltig durchzuführen. Andererseits sind es häufig gerade kleinere Unternehmen, die besonders innovativ sind und die auf der Grundlage dieser Innovation ihre Wettbewerbsfähigkeit aufbauen wollen. In einer solchen Situation können Kooperationspartner oder der Einsatz besonders effizienter Kommunikationsinstrumente hilfreich sein [vgl. LIPPOLD 1998, S. 171]. (2) Imageprogramm Die zweite Gruppe der Zielpersonen ist bereits für die Idee sensibilisiert. Hier gilt es, das Interesse dieser Sensibilisierten auf das eigene Unternehmen zu lenken. Das zweite Signalisierungsziel lautet also Sensibilisierte interessieren. Den Sensibilisierten ist deutlich zu machen, dass unter allen Arbeitgebern im definierten Marktsegment keiner mehr Vertrauen verdient als das signalisierende Unternehmen. Die hierzu erforderlichen Kommunikationsmaßnahmen werden in einem Imageprogramm zusammengefasst. Ziel des Imageprogramms ist es, einen Meinungsbildungsprozess in Gang zu setzen, bei dem Vertrauen und Glaubwürdigkeit im Fokus stehen sollten. Während das Bewusstseinsprogramm für viele Unternehmen lediglich eine Option darstellt, gehört das Imageprogramm zum festen Bestandteil des Kommunikationskonzepts. Es hat die Aufgabe, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf die Leistungsfähigkeit des signalisierenden Unternehmens zu lenken und deren Meinung positiv zu beeinflussen. Image ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das die subjektiven Einstellungen, Kenntnisse, Meinungen, Erfahrungen, Wünsche und Gefühle gegenüber einem bestimmten Meinungsgegenstand in ganzheitlicher Form zusammenfasst [vgl. TROMMSDORFF 2004, S. 168]. Da sich solche subjektiven Assoziationen und Bewertungen aus den verfügbaren bzw. abrufbaren Informationen einerseits und der persönlichen Bewusstseinssphäre andererseits bilden, bedeutet dies gleichzeitig, dass Images zu einem Großteil planbar sind. Wenn ein Unterneh-

174

4. Kommunikation

men die Meinungsbildung der Zielgruppe nicht plant und systematisch beeinflusst, bleibt die Meinungsbildung dem Zufall überlassen. Bei ungeplant und zufällig entstehenden Images ist die Gefahr besonders groß, dass Meinungen sich negativ ausprägen und zur Grundlage weiterer Beurteilungen und Handlungen werden. Ein Imageprogramm ist also die systematische Planung und Umsetzung von Meinungsbildern in der Öffentlichkeit [vgl. APITZ et al. 1987, S. 21]. Gegenstand des hier geforderten Imageprogramms ist die positive Beeinflussung des Unternehmensimage - nicht jedoch primär eines Produktimage. Diese Abgrenzung ist insbesondere im B2B-Bereich bei der Vermarktung komplexer Produkte bzw. Systeme von Bedeutung. Wie zahlreiche Imageuntersuchungen gezeigt haben, ist auf dem Gebiet der komplexen Technik (insbesondere High-Tech-Produkte) die Betonung der generellen Leistungsstärke des Unternehmens wirksamer als die Verwendung technischer Produktinformationen. Der Grund für die besondere Relevanz des Unternehmensimages solcher Systemanbieter liegt darin, dass es nahezu unmöglich ist, eine allgemein anwendbare Systemkonfiguration zu entwerfen und diese mit werblichen Maßnahmen zu kommunizieren. Es kommt vielmehr darauf an, die Kompetenz des Anbieterunternehmens als Beweis für die Fähigkeit herauszustellen, ein komplexes System fach- und zeitgerecht konfigurieren und installieren zu können [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 140]. (3) Produkt-/Leistungsprogramm Die dritte Gruppe innerhalb des Kommunikationsmodells sind jene Zielpersonen, die sich bereits konkret für bestimmte Produkte bzw. Leistungen des Unternehmens interessieren. Um diese Interessierten für das Unternehmen zu engagieren, muss der Kaufentscheidungsprozess dahingehend beeinflusst werden, dass sich der Interessent für das ihm angebotene Produkt entscheidet. Die Maßnahmen, die hierzu erforderlich sind, werden in einem Produktbzw. Leistungsprogramm gebündelt. Ziel dieses Programms ist letztlich der Kaufakt. Eine besondere Herausforderung insbesondere für das B2B-Marketing stellt das Produkt (ankündigungs)programm für neue Produkte dar. Hierbei ist allerdings nicht nur die Auswahl und Dosierung der Kommunikationsinstrumente von Bedeutung, ebenso entscheidend ist das richtige Timing der Produktankündigung. Erfolgt die Freigabe für die Vermarktung relativ spät, d. h. nahezu zeitgleich mit der Fertigstellung einer ausgetesteten, stabilen Produktversion, so besteht die Gefahr, dass die notwendigen Umsätze zu spät kommen oder dem Wettbewerb für diesen Zeitraum das Feld überlassen bleibt. Vertrieb und Marketing benötigen also einen entsprechenden Vorlauf für die ersten Akquisitionen, deren erfolgreicher Abschluss zeitgerecht mit der Auslieferungsmöglichkeit zusammenfallen sollte. Ungleich verhängnisvoller kann sich allerdings eine zu frühe Ankündigung auswirken. Ein angekündigtes Produkt, das nicht fertig wird, stellt den Anbieter i. d. R. vor eine Problemsituation, deren Konsequenzen nicht mehr steuerbar sind und häufig an die existentiellen Grundlagen gehen. Dies gilt insbesondere für Ein-Produkt-Unternehmen, die eine neue Version ihres neuen Produktes zu früh ankündigen. Ab dem Zeitpunkt, wo diese Ankündigung erfolgt, wird die VorgängerVersion kaum noch einen Abnehmer finden. Andererseits kann eine frühzeitige Ankündigung in bestimmten Fällen auch gewollt sein. So können sich Markt(segment)führer aufgrund ihrer

4.2 Kommunikationsgrundlagen

175

Reputation durchaus leisten, Produkte anzukündigen, die nicht oder nur teilweise innerhalb der o. g. Frist marktreif sind. Mit einer solchen (bewusst verfrühten) Ankündigungspolitik wird die Absicht einer Art Vorbesetzung bzw. Kauflähmung verfolgt, um kaufwillige Interessenten in eine Warteposition für das neue Produkt zu bringen und ein Abwandern zum Wettbewerb zu verhindern [vgl. Lippold 1998, S. 175 f.]. (4) Kundenprogramm Das vierte und letzte Kommunikationsziel richtet sich an die Engagierten. Sie sind vielleicht die wichtigste Zielgruppe, da sie sich aus den Kunden formiert. Besonders wichtig ist der Kunde deshalb, weil nicht nur sein Neu- sondern auch sein Ersatzbedarf ein erhebliches Absatzpotenzial darstellt. Die Engagierten tragen entscheidend dazu bei, dass das Unternehmen jetzt und in Zukunft erfolgreich ist. Kurzum: Der Kunde ist in seiner Kaufentscheidung zu bestätigen. Das Kommunikationsziel für die Kernzielgruppe lautet daher Engagierte betreuen. Das hierzu erforderliche Maßnahmenbündel ist das Kundenprogramm. Im Rahmen des Aktionsfeldes Kommunikation nimmt das Kundenprogramm eine Sonderstellung ein. Während das Bewusstseinsprogramm, das Imageprogramm und das Produktprogramm den Kaufabschluss vorbereiten, kommt das Kundenprogramm erst nach dem Kauf des Produkts zum Einsatz. Bewusstseins-, Image- und Produktprogramm zählen also zur PreSales-Phase; das Kundenprogramm ist demgegenüber Teil der Post-Sales-Aktivitäten. Es hat die Aufgabe, die Entscheidung des Kunden zu bestätigen und evtl. auftretende kognitive Dissonanzen [FESTINGER 1957] zu beseitigen. Dem Kunden soll das Gefühl vermittelt werden, auch nach dem Kaufentscheid vom Anbieter umworben zu sein und als Kunde behandelt zu werden. Nur ein in seiner Entscheidung bestärkter Kunde wird Wiederholungskäufe tätigen bzw. Anschlussaufträge vergeben und zukünftig Referenzen abgeben. Das Kundenprogramm ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Aktionsfeldes Betreuung und soll engagierte Fürsprecher für das Produkt gewinnen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 177 f.].

4.2.2 Kommunikationskonzept Das Kommunikationsmodell ist gleichzeitig auch die Grundlage für ein umfassendes, integriertes Kommunikationskonzept des Unternehmens. Es fasst das Ergebnis der Kommunikationsplanung zusammen und bereitet die konkreten Aufgabenstellungen und Verantwortlichkeiten für die Akteure des Marketings auf. Integrierte Kommunikationskonzepte beinhalten Entscheidungen über folgende Dimensionen [vgl. MEFFERT 1998, S. 689 ff.]:     

Objektdimension (Idee, Unternehmen, Produkt-/Leistungsprogramm, Kunden) Ausrichtungsdimension (personell, zeitlich, räumlich etc.) Instrumentedimension (Werbung, Verkaufsförderung, PR etc.) Mediadimension (Printmedien vs. elektronische Medien) Gestaltungsdimension (Inhalte, Botschaft)

176

4. Kommunikation

In Abbildung 4-04 sind die verschiedenen Dimensionen des Kommunikationskonzepts zusammengestellt. Die Dimensionen geben zugleich auch die Orientierungsgrößen für die Ressourcenplanung vor. Das Budget für das Aktionsfeld Kommunikation zählt erfahrungsgemäß zu den umfangreichsten Positionen im Marketing. Es orientiert sich in der Praxis in erster Linie am erwarteten Umsatz, am Gewinn oder auch am Verhalten des Wettbewerbs. Erfahrungswerte, die in früheren Budgetprozessen gesammelt worden sind, sowie die Preissituation auf dem Markt für Marketing-Dienstleistungen sind weitere Orientierungsgrößen für die Festlegung des Budgets. Das so ermittelte Soll-Budget wird mit den Budget-Vorgaben der Unternehmensplanung verglichen und kann entweder zu einer Anpassung der Unternehmensplanung oder zu einer Anpassung der Marketingplanung führen [vgl. DGFP 2006, S. 65 f.]. Ist die Entscheidung über die Höhe des Marketing-Budgets gefallen, geht es nun darum, im Rahmen der Mediaselektion die einzelnen Werbeträger auszuwählen und zu budgetieren. Dabei geht es im ersten Schritt um die Frage, welche Werbeträger sich grundsätzlich dafür eignen, die gesteckten Kommunikationsziele zu erreichen. Im zweiten Schritt wird dann die Wirtschaftlichkeit der Werbeträger anhand der Kommunikationsleistung (Reichweite, Zielgruppenabdeckung) und der Kosten analysiert [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 691 ff.].

ObjektDimension • Idee signalisieren (Bewusstseinsprogramm) • Unternehmen signalisieren (Imageprogramm) • Produkt/Leistung signalisieren (Bewerberprogramm) • Kaufentscheidung absichern (Betreuungsprogramm)

Abb. 4-04:

AusrichtungsDimension

InstrumenteDimension

• Personale Ausrichtung (einzelgerichtet – massengerichtet)

„Above the line“:

• Zeitliche Ausrichtung (pulsierend – kontinuierlich)

• Klassische Werbung • Online Marketing • Direktwerbung • Public Relations

• Räumliche Ausrichtung (regional – national – international)

„Below the line“:

• Vertikale Ausrichtung (Konsument (Pull) – Handel (Push) – B2B)

• Product Placement

• Sales Promotion • Sponsoring • Product Publicity • Messen/ Events/ Ausstellungen

MediaDimension • Klassische elektronische Medien (TV/Hörfunk) • Printmedien (Tageszeitungen/ Publikumszeitschriften/Fachzeitschriften/Beilagen/ Verzeichnisse, Plakate) • Neue elektronische Medien (Banner/Suchmaschinen/E-Mail)

Inhalte-/ BotschaftsDimension Inhalte:

• Verständlichkeit • Informationen in „Echtzeit“ • Größtmögliche Offenheit (vollständig, eindeutig) • Wahrheit • Widerspruchsfreiheit Botschaft:

• Rational – emotional • Imitativ – innovativ

(jeweils nach Intensität)

Dimensionen des Kommunikationskonzepts [Inhalte in Anlehnung an MEFFERT 1998, S. 689 ff.]

4.3 Kommunikationsinstrumente

4.3

177

Kommunikationsinstrumente

Wie in Abbildung 4-04 (dritte Spalte) dargestellt, lassen sich die Kommunikationsinstrumente in „Above-the-line“-Instrumente und in „Below-the-line“-Instrumente unterteilen. Zu den „Above-the-line“-Instrumenten gehören die klassische Werbung, die Online-Werbung, die Direktwerbung und die Öffentlichkeitsarbeit. „Below-the-line“-Instrumente zielen auf Maßnahmen ab, die vom Konsumenten (B2C) bzw. den Zielpersonen von organisationalen Beschaffungseinheiten (B2B) nicht ohne weiteres als werbliche Beeinflussung wahrgenommen werden. Dazu zählen die Verkaufsförderung, Product Placement und Product Publicity, Sponsoring sowie Messen und Ausstellungen [vgl. Eckardt 2010, S. 163 f.]. Nachfolgend werden die Grundzüge der genannten Instrumente kurz vorgestellt.

4.3.1 (Klassische) Werbung Die Werbung ist aufgrund ihrer spezifischen Profilleistung sicherlich das durchschlagskräftigste aller Kommunikationsinstrumente. Kein anderes Instrument ist in der Lage, Produkte und Leistungen so zu differenzieren – insbesondere auch psychologisch –, dass nachhaltige, vom Kunden wahrgenommene Wettbewerbsvorteile im Markt kreiert werden können [vgl. BECKER 2009, S. 565]. (1) Grundlagen Die klassische Werbung – auch Mediawerbung genannt – ist eine Form der unpersönlichen Kommunikation, bei der mit Werbemitteln (z. B. Anzeigen, Rundfunk- oder Fernsehspots) durch Belegung von Werbeträgern (z. B. Zeitschriften, Rundfunk oder Fernsehen) versucht wird, unternehmensspezifische Zielgruppen zu erreichen und zu beeinflussen [vgl. BRUHN 2007, S. 356].

Werbeobjekte

Werbende

Produktwerbung (nur ein Produkt wird gefördert, z.B. MARSRiegel, BLENDAX, PERSIL)

Alleinwerbung (ein Unternehmen wirbt – Normalfall)

Unternehmenswerbung (gesamtes Absatzprogramm eines Unternehmens wird beworben z.B. BMW-PKWProgramm, E.ON)

• Sammelwerbung (Unternehmen sind bekannt)

Abb. 4-05:

Kollektivwerbung

• Gemeinschaftswerbung (Unternehmen bleiben anonym)

Zielgruppe Käufer der Erzeugnisse • Verwender/Verbraucher • Wiederverkäufer/ Händler Nicht-Käufer • Bedarfsberater (Ärzte, Apotheker, Architekten) • Bedarfsäußerer (Kinder) • Unternehmensberater (für Auswahlprozesse)

Werbeziele • Einführungswerbung (zur Durchsetzung neuer Produkte im Markt) • Expansionswerbung (zur Verbesserung der Marktstellung) • Erinnerungswerbung (zur Erhaltung der Marktstellung) • Reduktionswerbung (zur kontrollierten Aufgabe eines Produkts)

Gegenstand, Träger, Adressaten und Ziele der Werbung

Werbung tritt in den vielfältigsten Erscheinungsformen auf. Nachfolgend sollen kurz einige wichtige Unterscheidungsformen betrachtet werden (siehe Abbildung 4-05).

178

4. Kommunikation

Nach dem Gegenstand der Werbung (Werbeobjekte) kann in Produktwerbung (inkl. Dienstleistungswerbung) und in Unternehmenswerbung (auch Firmenwerbung) unterschieden werden. Bei der Produkt- und Dienstleistungswerbung wird die einzelne Leistung herausgestellt, während das werbende Unternehmen ganz oder teilweise in den Hintergrund tritt. Produktwerbung spielt im Markenartikelbereich die dominante Rolle. Die Form der Unternehmenswerbung, bei der das gesamte Unternehmen das Werbeobjekt darstellt, wird vornehmlich von Handelsbetrieben mit großen Sortimenten und im B2B-Marketing eingesetzt [vgl. WEISS 2007, S. 433]. Nach dem Träger der Werbung wird in Alleinwerbung (auch Einzelwerbung) sowie in Kollektivwerbung unterschieden. Alleinwerbung liegt dann vor, wenn der Anbieter allein für seine Produkte oder sein Unternehmen wirbt. Dies ist der Normalfall. Kollektivwerbung wiederum, bei der mehrere Anbieter gemeinsam für ihre Angebote werben, wird unterteilt in Sammelwerbung und Gemeinschaftswerbung. Bei der Sammelwerbung treten die Werbenden mit ihrem Namen auf, bei der Gemeinschaftswerbung, die vornehmlich von Verbänden praktiziert wird, bleiben die werbenden Firmen anonym. Adressaten bzw. Subjekte der Werbung (also die Zielgruppe) sind in erster Linie Verwender/Verbraucher sowie Wiederverkäufer bzw. Handelsunternehmen. Die Werbung kann sich aber auch gezielt an bestimmte Nicht-Käufer wenden. Zu dieser Zielgruppe zählen im B2CMarketing bspw. Bedarfsberater (Ärzte bei Arzneimittel) oder Bedarfsäußerer (Kinder). Im B2B-Bereich zählen Unternehmensberater, die vom Kunden für die Auswahl- und Entscheidungsprozesse bestimmter Systeme oder Anlagen beauftragt werden, zu den Nicht-Käufern als Zielgruppe. Bei den Werbezielen ist schließlich nach der Stellung im Produktlebenszyklus zu unterscheiden zwischen Einführungs-, Expansions-, Erinnerungs- und Reduktionswerbung. Neben dieser generellen Einteilung können aber auch operationale Ziele verfolgt werden wie z. B.:     

Bekanntmachung eines neuen Produkts Aufbau oder Änderung des Produkt-/Unternehmensimages Erhöhung des Bekanntheitsgrades Rückgewinnung abgewanderter Käufer Ausgleich saisonaler Absatzschwankungen.

(2) Werbewirkung Eine gängige Systematisierung von Werbezielen liefert auch das sog. AIDA-Modell. Es beschreibt vier Wirkungsstufen der Werbung und unterscheidet diese in potenzialbezogene und in markterfolgsbezogene Wirkungsziele. In der ersten Stufe muss beim Kunden Aufmerksamkeit (engl. Attention) für das Produkt erzeugt werden. Danach muss Interesse (engl. Interest) geweckt werden, so dass in der dritten Stufe das Verlangen bzw. der Kaufwunsch (engl. Desire) nach dem Produkt entsteht. Nach diesen drei potenzialbezogenen Wirkungszielen sollte in der vierten Stufe eine bestimmte Handlung (engl. Action) beim Kunden ausgelöst

4.3 Kommunikationsinstrumente

179

werden. Dieses vierte, markterfolgsbezogene Wirkungsziel sollte möglichst die Kaufhandlung sein [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 738]. Das entscheidende Ziel aller werblichen Aktivitäten ist es somit, durch werbliche Reize Aufmerksamkeit bei den Konsumenten zu erzeugen, da die Wahrnehmung der Werbebotschaft die Grundvoraussetzung für alle nachgelagerten Stufen der Werbewirkung ist [vgl. Bruhn 2007, S. 174]. Abbildung 4-06 zeigt die Kategorisierung von Werbewirkungszielen anhand des AIDAModells.

Potenzialbezogene Ziele

Attention

Aufmerksamkeit des Betrachters/Kunden für das Produkt wecken

Abb. 4-06:

Markterfolgsbezogene Ziele

Interest

Interesse des Betrachters/Kunden am Produkt binden

Desire

Verlangen des Betrachters /Kunden auf das Produkt lenken

Action

Betrachter/Kunden zur Kaufhandlung anregen

Das AIDA-Prinzip der Werbewirkung [Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 739]

In der Folge wurde eine Reihe weiterer Modelle entwickelt, die teilweise bis zu sechs Wirkungsteilprozesse beinhalten. Eine Übersicht über die verschiedenen in der Literatur angebotenen Stufenmodelle der Werbewirkung liefern MEFFERT et al. 2008, S. 705. (3) Werbegestaltung Um Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei den Zielgruppen zu erreichen, müssen Werbeaussagen (Werbebotschaften) konkret gestaltet und im Rahmen der sog. Copy-Strategie festgelegt werden. Bei den Werbebotschaften werden drei Konkretisierungsebenen unterschieden (siehe Abbildung 4-07):   

Gestaltungsart, Gestaltungsform und Gestaltungsmittel.

180

4. Kommunikation

Gestaltungsart

Gestaltungsform

• Rationale, d. h. sachargumentierende Werbung

• Lebenswelten-orientierte Muster

• Emotionale, d. h. erlebnisorientierte Werbung

• Erzählungsorientierte Muster

• Kombiniert rationalemotionale Werbung

„Handschriften“ von Werbebotschaften

Abb. 4-07:

• Symbol-orientierte Muster

• Problemlösungsorientierte Muster

Übersetzungs- bzw. Inszenierungsform der Werbebotschaft

Gestaltungsmittel • Werbekonstanten (Markenlogos, Symbole, Slogans, Layouts etc.) • Variable Werbeelemente (z.B. verschiedene Bildfolgen, situationsspezifische Texte)

Formale Gestaltungsfragen für einen unverwechselbaren Werbe- und Markenauftritt

Gestaltungsart, -form und -mittel von Werbebotschaften [Quelle: BECKER 2009, S. 572 ff.]

Die Gestaltungsart kennzeichnet die „Handschrift“ der Werbung und betrifft die Art und Weise der grundsätzlichen Werbeansprache. Werbebotschaften können auf eine mehr rationale, d. h. sachargumentierende Positionierung oder auf eine mehr emotionale, d. h. erlebnisorientierte Positionierung hinzielen. Rein emotionale und rein rationale Werbebotschaften sind allerdings sehr selten. In der Praxis dominiert die kombiniert rational-emotionale Ansprache, d. h. meistens sind in einer Anzeige sowohl emotionale als auch rationale (informative) Elemente enthalten [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 712 f.]. Hinsichtlich der Gestaltungsform haben sich verschiedene Grundmuster (siehe Abbildung 408) für die inhaltliche Übersetzungs- bzw. Inszenierungsform der Werbebotschaft herausgebildet [vgl. BECKER 2009, S. 577 ff.]: 

Lebenswelten-orientierte Muster, d. h. zufriedene Produktverwender werden in einer Wunsch- oder Traumwelt oder in einer wirklichkeitsgetreuen Lebenssituation (sog. „Slice-of- Life“-Technik) dargestellt (Beispiel: RAMA am Frühstückstisch);



Symbol-orientierte Muster, d. h. es wird eine Symbolfigur zur Verkürzung bzw. Codierung wichtiger Werbeaussagen geschaffen; die Wahl möglicher Symbole reicht von Tieren (ESSO: „Pack den Tiger in den Tank“), über Comic-Figuren (MEISTER PROPPER) bis hin zu Personen (ARIEL-Klementine);



Erzählungsorientierte Muster, d. h. es werden attraktive Alltagssituationen in „Geschichtsform“ dargestellt (EDEKA-Theke, DEA: Tanken mit Super-Ingo) wobei sich diese Inszenierungsform naturgemäß besonders für Fernsehwerbung eignet;



Problemlösungsorientierte Muster, d. h. typische „Testsituationen“ (Before-AfterTests) stellen den konkreten Produktnutzen heraus („Neues aus der BLEND-A-MEDForschung“).

4.3 Kommunikationsinstrumente

Lebensweltenorientierte Muster

181

Inszenierung von Wunsch-/Traumwelten oder realitätsnahen Situationen (auch als „Slice-of-Life“-Technik bezeichnet), z. B. • RAMA am Frühstückstisch • TUI-Reisen: „Sie haben es sich verdient“

Symbol-orientierte Muster

Verkürzung bzw. Codierung wichtiger Aussagen mit Hilfe geeigneter Symbole, z. B.

Erzählungsorientierte Muster

Geschichten-erzählende Form zu vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Produkts oder einer Leistung, z. B.

Problemlösungsorientierte Muster

Abb. 4-08:

• ESSO: „Pack den Tiger in den Tank“ • MEISTER PROPPER

• DIEBELS ALT: „Welch ein Tag“ oder „Der Moment gehört dir“ • D2-Mobilfunk: „Das Leben ist zu kurz für eine lange Leitung“ Typische Testsituationen (vorher – nachher) werden als Darstellungsprinzip gewählt, z. B. • LENOR: „Wäsche kratzig, weil ohne Weichspüler gewaschen“ • CALGON: Vergleich zweier Spülmaschinen-Heizschlangen

Typische Inszenierungsformen von Werbebotschaften [Quelle: BECKER 2009, S. 577 ff.]

Neben den inhaltlichen Darstellungs- und Inszenierungsformen der Werbung spielen auch die eingesetzten formalen Gestaltungsmittel eine wichtige Rolle für einen unverwechselbaren Werbe- und Markenauftritt (siehe Abbildung 4-09).

Formale Gestaltung der Werbebotschaft

Konstante Werbeelemente

• Verwendung von Bildern

Markenlogos, Symbole, Slogans, Layouts etc. (dienen als Identifikations-, Verdichtungs- und Klammerfunktion)

• Typographische Gestaltung • Sprachliche Gestaltung • Farbliche Gestaltung • Verwendung von Musik • Größe von Anzeigen/Länge von Spots

Abb. 4-09:

Variable Werbeelemente Wirkungselemente, die einmalig oder nur eine bestimmte Zeit eingesetzt werden (bestimmte Bildfolgen oder situationsspezifische Texte)

Wichtige Gestaltungsmittel von Werbebotschaften [Quelle: BECKER 2009, S. 579 ff.]

Als formale Mittel der Werbegestaltung sind Bilder, Zeichen, Farben, Formen, Größen und Proportionen, aber auch die allgemeine typografische und sprachliche Gestaltung sowie der Verwendung von Musik von wesentlicher Bedeutung. Dabei ist zwischen konstanten und variablen Gestaltungsmitteln zu unterscheiden. Konstante Werbeelemente (Werbekonstanten) kehren in allen eingesetzten Werbemitteln wieder und sollten möglichst lange unverändert bleiben. Dazu zählen u. a. Markenlogos, Symbole, (Schlüssel-)Bilder, Slogans und Layouts. Schlüsselbilder spielen als sog. Brand Icons eine wichtige Rolle bei der Profilierung einer Marke (z. B. der MARLBORO-Cowboy, siehe Insert 4-01). Variable Werbeelemente (Werbevariable) werden demgegenüber einmalig oder zeitlich begrenzt eingesetzt. Hierbei kann es sich um verschiedene Bildfolgen oder um situationsspezifische Texte handeln [vgl. BECKER 2009, S. 580].

182

4. Kommunikation

Insert 4-01: Der MARLBORO-Cowboy als klassisches Schlüsselbild [Quelle: Kroeber-Riel 1993, S. 200] Die Mischung von konstanten und variablen Werbeelementen wird ganz besonders deutlich beim Aufbau einer Werbeanzeige. In Abbildung 4-10 sind der Aufbau und die verschiedenen Gestaltungselemente einer idealtypischen Printanzeige dargestellt. Dabei stechen die Überschrift (engl. Headline), das oder die Bildelement(e) (engl. Visual(s)) sowie der kurze und unverwechselbare Slogan besonders heraus.

4.3 Kommunikationsinstrumente

183

Topline: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Headline = Schlagzeile, Überschrift …

Visual evtl. mit Produktnamen

Subheadline = Unterüberschrift: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtest

Copy = Textbody, Body Copy, Fließtext: Blindtext, Blindtext, Blindtext Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Claim = Abbinder: Blindtext, Blindtext

Slogan: Blindtext, Blindtext, Blindtext, Blindtext

Insert = Störer (Einklinker, Deranger)

Visual

Headline

• Sprachlicher und typografischer Blickfang, kurz und prägnant • Konkret und informativ (manchmal auch provozierend) • Anregend und spannend (manchmal auch witzig)

Copy

• Informationsfunktion (wir allerdings häufig nicht gelesen) • Shortcopies vs. Longcopies • Claim als Abbinder/Fazit für den Leser

Slogan

• Werbekonzentrat einer Anzeige • Kurz, einfach, eingängig und unverwechselbar • Identifikations- und Imagefunktion

Abb. 4-10:

Struktur und Elemente einer Werbeanzeige [Quelle: FEMERS 2006, S. 184ff.]

Unter den Aspekten der Wiedererkennbarkeit, der Lesbarkeit und Vermittlung spezifischer Stimmungen sollte die typografische Gestaltung der Werbebotschaft erfolgen. Hierbei geht es insbesondere um die Wahl geeigneter Schrifttypen sowie um die räumliche Aufteilung und Gliederung von Texten. Die wichtigsten Schriftklassen sind Antiqua und Grotesk. Bei den Antiqua-Schriften haben die Buchstaben Serifen und unterschiedliche Strichstärken. Die Buchstaben der Grotesk-Schriften sind serifenlos und haben eine gleichmäßige Schriftstärke. Während die Antiqua-Schriftart mehrheitlich für längere Schriften empfohlen wird, eignen sich die Grotesk-Schriften besonders gut für die Beschriftung von Folien mit weniger langen Textteilen. In Abbildung 4-11 sind die wichtigsten Schriftklassen zusammengestellt.

184

4. Kommunikation

Schriftklasse

Merkmale

Beispiele

Antiqua

Buchstaben mit unterschiedlichen Strichstärken und mit Serifen

Times New Roman, Book Antiqua, Palatino, Baskerville

Egyptienne

Buchstaben mit (nahezu) gleichmäßiger Strichstärke und mit kräftigen Serifen

Rockwell Garamond

Grotesk

Buchstaben mit gleichmäßiger Strichstärke ohne Serifen

Arial, Sans Serif, Calibri

Schreibschrift

Schriften, deren Vorlagen verschiedene Schreibwerkzeuge sind

Monotype Corsiva

Schreibmaschinenschrift (Courier)

Schrifttype für Schreibmaschinen und Computer

Courier New

Abb. 4-11:

Gängige Schriften und ihre Merkmale [Quelle: FEMERS 2006, S. 157]

Im Zusammenhang mit der Auswahl der Schrifttypen sind auch die Schrift-Maße und die typografischen Grundbegriffe von Bedeutung. Abbildung 4-12 liefert einen entsprechenden Überblick in Form eines typografischen Glossars.

Schrift-Maße

Texter Designer Oberlänge

Grundlinie

Durchschuss

Unterlänge Dickte

Typografisches Glossar

Mittellänge Zeilenabstand Schriftgröße

Schriftstärke: Stärke der Striche (normal, fett) Schriftlage: Kennzeichnet den Neigungsgrad (normal oder kursiv) Laufweite: Abstand der Zeichen (eng, normal, w e i t ) Schriftgrad: Größe der Zeichen (1 Punkt = 0,352 mm) Proportionalschrift: „i“ hat weniger Raum als „m“: z.B. „Times“ Dicktengleiche: Schreibmaschinenschriften, z.B. Courier Versalien: GROßBUCHSTABEN Gemeine: kleinbuchstaben

Abb. 4-12:

Schrift-Maße und typografisches Glossar [Quelle: FEMERS 2006, S. 156]

Bei der Vermittlung emotionaler Werbebotschaften steht häufig die Verwendung von Bildern im Vordergrund, denn Bilder werden besser erinnert als Wörter. Auch fällt in einer Bild-Text-Anzeige der Blick des Lesers fast immer zuerst auf das Bild. Die direkte Umsetzung von Produkteigenschaften in Bilder lässt sich sehr wirksam mit folgenden Verfahren aus der Imagery-Forschung durchführen [vgl. KROEBER-RIEL 1993, S. 126 ff.]:  

Bildassoziationen, Bildanalogien,

4.3 Kommunikationsinstrumente

 

185

Bildmetaphern und Wahrnehmungsschemata.

Mit (freien) Bildassoziationen wird versucht, unabhängige Bilder bei der gedanklichen Verarbeitung in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen (MARLBORO – Freiheit und Abenteuer). Bildanalogien schlagen Brücken vom abstrakten Begriff zum anschaulichen Bild und sind in der Werbung weit verbreitet („Ein Auto wie ein …“, „Auf diese Steine können Sie bauen“, „Berater knacken Nüsse“). Beim Gebrauch von Bildmetaphern wird im Gegensatz zur Bildanalogie kein offen bleibender Vergleich gezogen. Metaphern vermitteln vielmehr einen engeren, standardisierten Inhalt. Typische Metaphern sind: Löwe für „Stärke“, „Kraft“, Stahl für „Unnachgiebigkeit“, „Dauerhaftigkeit“ oder der rote Teppich für den „exklusiven Weg“. Bilder oder Bildelemente sind besonders wirksam, wenn sie in ein Wahrnehmungsschema eingeordnet werden können. Schemata greifen auf vorhandene Gedächtnisstrukturen zurück, die sich aus assoziativen Verknüpfungen gebildet haben („Kindchenschema“, „Busenschema“). So wird das allgemeine Schema von einer Kuh mit der besonderen Ausprägung dieses Schemas (wie „lila Kuh“) gespeichert und mit MILKA verbunden [vgl. KROEBER-RIEL 1993, S. 126 ff.]. Weitere effektive Methoden, eine Botschaft bildlich zu übermitteln, sind die Verwendung von Testimonials, Humor oder Erotik („Sex sells“). Bei der Testimonial-Werbung wird das Werbeobjekt (Produkt, Dienstleistung, Unternehmen) von einer glaubwürdigen und kompetenten Person präsentiert. Auf diese Weise sollen bei der Zielgruppe Prozesse ausgelöst werden, die eine Identifikation mit der werbenden Person (Prominente, Experten oder typische Verwender) ermöglichen. Eine besonders hohe Identifikation wird bei der Werbung mit Prominenten unterstellt. Hierbei soll die Möglichkeit eines Bekanntheits- und Imagetransfers auf das Werbeobjekt genutzt werden (THOMAS GOTTSCHALK für HARIBO, STEFFI GRAF für REXONA) [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 714 f.]. Insert 4-02 zeigt die Testimonial-Werbung von ULRICH WICKERT für die RAIFFEISENVOLKSBANKEN-Finanzgruppe.

UND

In diesem Kontext sei vermerkt, dass die richtige Auswahl der prominenten Persönlichkeit für die Testimonial-Werbung von entscheidender Bedeutung für den späteren Kommunikationserfolg ist. Im Idealfall können die Persönlichkeitsmerkmale als Prominenter, als Experte und als typischer Verwender in einer Person zusammengefasst werden. Hierbei sollten Glaubwürdigkeit und die markenexklusive Verwendung der Person besonders beachtet werden. Die Werbung von TIGER WOODS für ACCENTURE (nach seinem Sex-Skandal) sowie der „ubiquitäre Einsatz von FRANZ BECKENBAUER in zahlreichen Kommunikationskampagnen“ [MEFFERT et al. 2008, S. 715] sind Beispiele dafür, wie man es nicht machen sollte.

186

4. Kommunikation

Insert 4-02: Beispielhafter Einsatz von Prominenten in der Werbung (4) Werbebotschaft Zu den wichtigsten (und kreativsten) Aufgaben der inhaltlichen Gestaltung von Werbebotschaften zählen die Formulierung der Headline und des Slogans. Von den textlichen Gestaltungselementen verfügt die Headline über die höchste physische Reizqualität. Diese wird bestimmt durch die eingesetzte Schrift bzw. Schriftart sowie durch ihre Beziehung zu den anderen Gestaltungselementen [vgl. BRUHN 2007, S. 480 f.].

4.3 Kommunikationsinstrumente

187

Besonders viel Kreativität erfordert die Entwicklung des Slogans. Der Slogan, der das „Werbekonzentrat“ einer Anzeige darstellt, sollte kurz, einfach, eingängig und unverwechselbar sein. In Abbildung 4-13 sind einige Slogans zusammengestellt, die diesen Anspruch erfüllen und sich seit Jahren als unverwechselbar bewährt haben. Doch selbst erfolgreiche Slogans haben keine lange Lebensdauer, sondern werden dem Zeitgeschmack angepasst und verändert. Abbildung 4-14 zeigt an den Beispielen der Marken MCDONALD’S und PERSIL, wie Slogans im Zeitablauf verändert bzw. ersetzt werden.

Nicht immer, aber immer öfter. Pack den Tiger in den Tank. Nichts ist unmöglich. Alle reden vom Wetter. Wir nicht. Bauknecht weiß, was Frauen wünschen. Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt. Ich bin doch nicht blöd. Auf diese Steine können Sie bauen. Wir machen den Weg frei. Wohnst Du noch oder lebst Du schon?

Abb. 4-13:

Erfolgreiche Slogans mit langer Lebensdauer [Quelle: FEMERS 2006, S. 192]

McDonald‘s

1971 – Das etwas andere Restaurant 1978 – Essen mit Spaß 1982 – Gut, dass es McDonald's gibt 1987 – Der Platz wo Du gern bist, weil man gut isst 1991 – McDonald's ist einfach gut! 1999 – Every time a good time 2003 – Ich liebe es

Persil

1913 – Persil bleibt Persil 1959 – Das beste Persil, das es je gab 1970 – Unser Bestes. 1973 – Da weiß man, was man hat.

Abb. 4-14:

Entwicklung der Slogans von MCDONALD’S und PERSIL

In der Werbesprache finden sich mehr und mehr Anglizismen – besonders auch bei Slogans. Von ihrem Einsatz erwartet man besondere Aufmerksamkeit und Imagegewinn. Denn die

188

4. Kommunikation

englische Sprache erweckt den Eindruck der Modernität, auf viele wirkt sie cool und jugendlich. Doch der Eindruck trügt (siehe Abbildung 4-15). Einige Unternehmen haben daraus ihre Konsequenzen gezogen und ihren englischen Slogan durch einen deutschsprachigen ersetzt. So heißt es bei DOUGLAS anstatt „Come in and find out“ (das von manchen Konsumenten als „Komm rein und finde wieder raus“ übersetzt wurde) seit 2004 nun „DOUGLAS macht das Leben schöner“. Slogan

Abb. 4-15:

Absender

Voll verstanden in %

Geglaubt verstanden zu haben in %

Every time a good time

McDonalds

59

65

There‘s no better way to fly

Lufthansa

54

62

Come in and find out

Douglas

34

54

Powered by emotion

SAT.1

33

49

We are drivers too

Esso

31

44

Stimulate your senses

Loewe

25

34

Share moments, share life

Kodak

24

29

Driven by instinct

Audi TT

22

30

Where money lives

Citibank

21

34

One Group. Multi Utilities

RWE

8

15

Verständnis englischsprachiger Slogans in Deutschland [Quelle: FEMERS 2006, S. 196 unter Bezugnahme auf ENDMARK INTERNATIONAL NAMEFINDING 2004]

Ein weiterer Aspekt bei der Gestaltung von Werbebotschaften ist die grundsätzliche Positionierung des Produktnamens. Das Modell von HERSTATT, das die Benennung des Produkts nach dem Motiv klassifiziert, bietet für die Namensgebung sieben Kategorien an (siehe Abbildung 4-16). Die analytische Herleitung von Produktnamen nach diesem Modell kann zwar viele, bei weitem aber nicht alle Werbebotschaften von Produkten erklären (z. B. Phantasienamen wie MARS oder PERSIL).

Abb. 4-16:

Kategorie

Beispiele

Produktherkunft

Rügenwalder, Bad Reichenhaller Spezialsalz, Gerolsteiner

Produkthersteller

AEG Lavamat, Miele Geschirrspüler

Produktbestandteile

Nuts, Milchschnitte, Milky Way

Produkteigenschaften

Knirps (Größe), Nirosta (Haltbarkeit), Jakobs Krönung (Qualität)

Produktnutzen

Kinder-Überraschungsei, Slim Fast, Doppelherz

Produktverwendung

Spüli (Anwendungsbereich), Always (Verwendungszeit)

Zielgruppennennung

Bebe, Kinderschokolade, Lady Shave

Klassifikation von Produktnamen nach ihrem Benennungsmotiv [Quelle: FEMERS 2006, S. 203 unter Bezugnahme auf HERSTATT 1985]

4.3 Kommunikationsinstrumente

189

Die Bedeutung der Werbung ist im B2C-Marketing und hier insbesondere bei den Markenartikeln deutlich höher einzustufen als im B2B-Bereich. Dennoch hat die Werbung auch im B2B-Marketing ihren Stellenwert. Sie muss allerdings im engen Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Akquisition gesehen werden. Hier spielt das Zusammenwirken von unpersönlicher Kommunikation und persönlichem Verkauf eine wesentlich größere Rolle als im B2CMarketing. Die Aufnahme von Werbebotschaften wird sehr stark von Image- und Kompetenzschwerpunkten bestimmt, die von persönlichen Verkaufs-, Informations- und Beratungsleistungen bei den Zielgruppen geschaffen wurden [vgl. BECKER 2009, S. 581]. Hinzu kommt, dass die erheblich geringere Zahl an potenziellen Zielpersonen im B2BBereich einen wesentlich gezielteren Einsatz von Werbeträgern und Werbemitteln erfordert [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 368]. Eine weitere Besonderheit ist auch bei den Fragen nach der Gestaltungsart (emotional/ rational) und dem Grundmuster der Gestaltungsform zu beachten. So überwiegen im B2BMarketing eher die rationale Gestaltungsart und die problemlösungs-orientierte Gestaltungsform. Das hängt in erster Linie mit dem Informationsverhalten der in den Unternehmen/Organisationen agierenden Zielgruppen zusammen. Sie sind aufgrund ihrer Rollen gehalten, sich rational im Sinne der Zielsetzungen des eigenen Unternehmens zu verhalten [vgl. BECKER 2009, S. 581]. Als (nahezu klassisches) Beispiel für eine sehr text-lastige und rationale Gestaltungsart ist die Anzeige der IBM in Insert 4-03 (rechtes Bild) anzusehen. Dass es jedoch auch emotionale Gestaltungsarten von Anzeigen gibt, zeigt die an die Zielgruppe des Mittelstands gerichtete Anzeige der SAP (linkes Bild in Insert 4-03).

Insert 4-03: Werbung im B2B-Marketing

190

4. Kommunikation

Ein weiteres Beispiel aus dem Personalmarketing der Beratungsbranche, die sich mit Anzeigen ansonsten nur schwer differenzieren kann, zeigt eine emotionale Gestaltungsart in Verbindung mit einem – für den B2B-Bereich sehr ungewöhnlichen – erzählungs-orientierten Werbemuster. Es handelt sich dabei um eine Anzeige zur Rekrutierung von Top-Absolventen. Die Kunden sind hier potentielle Mitarbeiter. Hier wird mit wenigen gestalterischen Mitteln eine vielschichtige Geschichte erzählt (siehe Insert 4-04).

Insert 4-04: Erzählungsorientiertes Werbemuster einer B2B-Anzeige

4.3 Kommunikationsinstrumente

191

4.3.2 Online-Werbung Aufgrund der rasch zunehmenden und immer intensiveren Nutzung des Internets hat sich die Online-Werbung als feste Größe im Kommunikationsmix der Unternehmen durchgesetzt. Inzwischen nutzen rund 51 Millionen Deutsche das Internet. Das entspricht 72 Prozent aller Bundesbürger ab 14 Jahren. Die durchschnittliche aktive Nutzungsdauer liegt bei über zwei Stunden pro Tag (140 Minuten). Diese Zeit schließt die Nutzung zu privaten und beruflichen Zwecken ein, aber keine lediglich im Hintergrund geöffneten Webseiten [Quelle: BITKOMPressemitteilung vom 12.04.2011]. Besonders bei Kaufentscheidungen spielt das Internet eine zunehmend größere Rolle. So sucht nahezu jeder zweite Internetnutzer (47 Prozent) die Webseiten von Anbietern als Entscheidungshilfe beim Kauf von Produkten auf. Weitere wichtige Informationsquellen sind Preisvergleichsportale und Testberichte in Online-Medien mit jeweils 41 Prozent (siehe Abbildung 4-17).

70%

Welche Entscheidungshilfen Internet-User nutzen

60%

- Mehrfachnennungen möglich -

50% 40% 30% 20%

47%

41%

41%

10%

17% 9%

0% Webseiten der Anbieter

Abb. 4-17:

Preisvergleichsseiten

Testberichte in Online-Medien

Verbraucherportale

Foren, Blogs

Internet hilft bei Kaufentscheidungen [Quelle: BITKOM-Pressemitteilung vom 10.03.2010]

Die Online-Werbung ist nicht überschneidungsfrei zu anderen Kommunikationsinstrumenten. So kann die Banner-Werbung auch der klassischen Werbung, die E-Mail-Newsletter dem Direktmarketing und die veröffentlichten Pressemitteilungen auf der Unternehmenshomepage der PR zugeordnet werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 662]. Online-Werbung ist eine Kombination aus Text, Bild und Toninhalten auf digitaler Basis. Sämtliche Werbeinhalte, die zuvor in den klassischen Medien getrennt angeboten wurden, lassen sich auch auf Online-Umgebungen übertragen [vgl. UNGER et al. 2004, S. 311]. (1) Online-Werbeformen Das Internet bietet eine nahezu unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Werbeformen und Werbeformate, da den gestalterischen Fähigkeiten der Web-Designer praktisch keine Grenzen gesetzt sind. Besonders die oft aus dem Englischen übernommenen Bezeichnungen dieser

192

4. Kommunikation

Werbeformen stiften eine starke Verwirrung und erschweren eine klare Gliederung in leicht nachvollziehbare Kategorien [vgl. RODDEWIG 2003, S. 15]. In Abbildung 4-18 ist in Anlehnung an den Online-Vermarkterkreis (OVK) des BUNDESVERDIGITALE WIRTSCHAFT eine Übersicht über wichtige Online-Werbeformen zusammengestellt. BANDS

Online-Werbeformen

Affiliate Marketing

Display Ads

Search Engine Marketing

Verkaufsfördernde OnlineKooperation

Online-Anzeigen in Suchmaschinen oder Webkatalogen

In-Stream Video Ads Sind mit regulären TV-Spots vergleichbar; aber auch interaktiv z. B. als Gewinnspiel

In-Page Ads

Standardwerbeformen z. B. • Banner • Rectangle • Skyscraper • Flash Layer

Abb. 4-18:

Sonderwerbeformen z. B. • DHTML • Streaming Ads • Wallpaper • Interstitial • Microsite • Sponsoring

Wichtige Online-Werbeformen [Quelle: OVK 2011]

Danach lassen sich die Online-Werbeformen in drei sehr unterschiedliche Bereiche aufteilen:   

Display Ads (Schwerpunkt: Banner-Werbung) Affiliate Marketing (Online-Vertriebskooperation) Search Engine Marketing (Suchmaschinen-Marketing, d. h. Online-Anzeigen in Suchmaschinen).

Die sog. Display Ads bilden das Zentrum der Online-Werbung. Sie lassen sich nochmals in In-Stream Video Ads (Online Video Advertising) und in In-Page Ads unterteilen. Zur Gruppe der In-Page Ads zählt vor allem die klassische Banner-Werbung als derzeit am weitesten verbreitete Werbeform. Das Banner ist eine grafische Darstellung mit der Möglichkeit zur Interaktion, die durch eine Verknüpfung bzw. Verbindung (engl. Link) zu einer anderen Website ermöglicht wird. Eine Differenzierung der Vielzahl von existierenden Bannern kann nach folgenden Kriterien vorgenommen werden [vgl. RODDEWIG 2003, S. 16 ff.]: 

Differenzierung nach der Funktionalität (z. B. statische, animierte oder transaktive Banner),



Differenzierung nach der Software bzw. Programmiersprache (DHTML-, Java-, Flashund Shockwave-Banner),



Differenzierung nach dem Erscheinungsbild (z. B. Blend Banner, Bouncing Banner, Expanding Banner, Flying Banner, PopUp Banner).

4.3 Kommunikationsinstrumente

193

In Insert 4-05 sind einige Standard-Bannerformate mit der entsprechenden Pixel-Angabe beispielhaft dargestellt.

Wallpaper Skyscraper

Fullsize Banner Square Button

Vertical Banner

Button

Insert 4-05: Beispiele für Standard-Bannerformate mit Pixel-Angabe Darüber hinaus existieren noch einige weitere Standardformen der Online-Werbung, die auch als Derivate des Banners bezeichnet werden können wie z. B. 

Rectangle (wird in das redaktionelle Umfeld einer Website integriert),



Skyscraper (wird meistens rechts neben dem Content als hochformatiges Werbemittel eingesetzt),



Flash Layer (seine Platzierung erfolgt beim Aufruf einer Internetseite direkt über dem Content).

Zu den Sonderformen der Online-Werbung zählen: 

DHTML (mit dieser Technologie lassen sich dynamische Werbebotschaften auf einer Internetseite abbilden),



Streaming Ads (sind interaktive Werbespots im Internet, die sofort nach dem Aufbau einer Website abgespielt werden),



Wallpaper (ermöglicht es, eine ganze Website mit dem Corporate Design einer Marke oder dem Look einer Kampagne zu prägen),



Interstitial (ist eine Art „Werbeunterbrechung“ im Internet, bspw. nach Aufruf einer neuen Seite),



Microsite (ist eine eigene Website mit weiterführenden Inhalten, auf die der User gelangt, sobald er das Werbemittel angeklickt hat),

194



4. Kommunikation

Sponsoring (hierbei tritt der Werbende als „Pate“ für eine Website auf).

Beim Affiliate Marketing handelt es sich mehr um eine Online-Vertriebskooperation als um eine Werbeform im eigentlichen Sinne. Die Teilnehmer dieser Kooperation sind der Merchant (Anbieter) und Affiliate (Partner). Der Merchant stellt dem Affiliate Werbemittel (in der ursprünglichen Form) oder Teile seines Angebots zur Verfügung, die dann auf den Webseiten des Affiliate eingebunden werden. Es entsteht eine Win-Win-Situation für beide Parteien: Der Merchant kann seine Vertriebsreichweite sowie seine Markenpräsenz steigern, der Affiliate erhält dafür eine Provision. Je nach Vereinbarung entstehen dem Merchant nur Kosten für eine von ihm festgelegte Leistung. Dies kann in Form einer Umsatzbeteiligung (Pay per Order), einer Vergütung für einen neuen Besucher (Pay per Click) oder für eine Registrierung (Pay per Lead) erfolgen [vgl. RODDEWIG 2003, S. 52 f.]. Da die Internet-Recherche in Suchmaschinen und Webkatalogen häufig die Basis für Onlineoder Offline-Käufe ist, verbinden die Unternehmen ihr Online-Angebot und ihre Website mit Suchbegriffen, die für ihr Angebot relevant sind. Diese als Suchmaschinen-Marketing (engl. Search Engine Marketing – SEM) bezeichnete Online-Werbeform schließt Streuverluste aus und zeichnet sich durch eine hohe Kostentransparenz aus, da der Werbende nur dann bezahlt, wenn ein Interessent auf das entsprechende Suchergebnis klickt (Pay per Click). Das Suchmaschinen-Marketing ist in zwei Bereiche unterteilt:  

Suchmaschinen-Optimierung (engl. Search Engine Optimization – SEO) Suchmaschinen-Werbung (engl. Search Engine Advertising – SEA)

Mit der Suchmaschinen-Optimierung zielt das Unternehmen darauf ab, die eigene Website möglichst weit vorne in den „organischen“ Suchergebnissen zu platzieren. Dadurch wird in der Regel eine Steigerung der Besucherfrequenz und der entsprechend nachgelagerten Maßnahmen (Shop-Verkauf, Anmeldungen etc.) angestrebt. Dabei wird versucht, die eigene Website den Algorithmen der Suchmaschinen bestmöglich anzupassen. Allerdings werden diese Algorithmen und deren genau Zusammensetzung, die laufend optimiert bzw. verändert werden, von den Suchmaschinen nicht bekannt gegeben [Quelle: MARKETING.CH 2011]. Mit Suchmaschinen-Werbung sind sämtliche Werbemöglichkeiten gemeint, die Suchmaschinen gegen Bezahlung anbieten. Dazu räumen die meisten Suchmaschinen oberhalb und rechts der Suchergebnisse die Möglichkeit ein, Textanzeigen zu platzieren. Die Anzeigen erscheinen jeweils, wenn bei der Websuche ein Suchbegriff benutzt wird, der für das werbetreibende Unternehmen relevant und im Vorfeld definiert worden ist (Beispiel: Ein Hotel schaltet Anzeigen für den Begriff „Ferien“). Berechnet werden jeweils nur die Klicks auf die Textanzeige. Der Klickpreis wird in einer Art Auktionsverfahren bestimmt: Jeder Anzeigenkunde legt fest, wie viel er für einen Klick pro Suchbegriff zu zahlen bereit ist. Je mehr Mitbewerber sich für den gleichen Suchbegriff interessieren, desto höher gehen die Gebote und desto teurer wird der Klick [Quelle: MARKETING.CH 2011]. Insert 4-06 zeigt beispielhaft eine Suchmaschinen-Seite mit entsprechenden Textanzeigen oberhalb und rechts der „organischen“ Suchergebnisse.

4.3 Kommunikationsinstrumente

195

Suchmaschinen-Werbung

Suchmaschinen-Optimierung

Insert 4-06: Beispiel für Suchmaschinen-Werbung und -Optimierung (2) Wirkungsweisen von Online-Werbung Bei der Wirkungsweise von Online-Werbung lassen sich zwei Wirkungsdimensionen unterscheiden [vgl. RODDEWIG 2003, S. 89]:  

Kommunikationsleistung Interaktionsleistung.

Die Kommunikationsleistung zielt auf die Beeinflussung des Wissens und der Einstellung des Betrachters. Zu den wichtigsten Messkriterien der Kommunikationsleistung zählen die Markenbekanntheit und das Markenimage. Bei der Interaktionsleistung geht es um die Veränderung des Verhaltens des Betrachters. Messkriterien sind hierbei die Klickrate, die Anzahl der erfolgten Online-Käufe oder das Hinterlassen von Information z. B. durch Registrierung. Um sowohl die Kommunikations- als auch die Interaktionsleistung zu erhöhen, steht dem Webdesigner eine ganze Reihe von Wirkungselementen zur Verfügung. In Abbildung 4-19 sind beispielhaft einige Wirkungselemente der Banner-Werbung auf verschiedene Werbeziele zusammengestellt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Online-Werbung zur Erreichung vieler Werbeziele einen erheblichen Beitrag leisten kann. Dabei stellt die Möglichkeit, eine direkte realtime Erfolgskontrolle eines Werbemittels durchführen zu können, einen bedeutenden Vorteil gegenüber anderen Signalisierungsinstrumenten dar.

196

4. Kommunikation

Ziele

Ziele der Kommunikationsleistung

Ziele der Interaktionsleistung

Abb. 4-19:

Wirksame Bannerelemente Markenimage verbessern Markenbekanntheit steigern

Klickrate steigern Kaufinteresse steigern

• Markenname einbinden • Klare und zielgruppengerichtete Texte • Permanent sichtbares Logo • Produkt- bzw. unternehmensbezogene Bilder

• Einsatz scheinbar interaktiver Bildelemente • Aggressive und provokante Texte • Klare Handlungsaufforderung („Klick hier“) • Signalfarben verwenden

Wirksamkeit einzelner Bannerelemente auf verschiedene Werbeziele [Quelle: RODDEWIG 2003, S. 118]

(3) Web 2.0-Entwicklung Die Nutzung des Internets im Marketing beschränkt sich nicht nur auf das reine, kundengerichtete Online-Marketing. Seitdem Foren, Blogs und Social Networks bestehen, haben sich sowohl für Unternehmen, als auch für Kunden und Interessenten neue Potenziale eröffnet, wenn es um die Suche nach Informationen über die jeweils andere Seite geht. Die Kommunikation verlagert sich also zunehmend vom privaten in den öffentlichen Raum. Zusammengefasst wird diese Entwicklung unter dem Schlagwort Web 2.0, das die Kommunikation in beide Richtungen zulässt. Web 2.0-Anwendungen ermöglichen den Kunden heutzutage, eigenständig zu kommunizieren und produkt- und unternehmensspezifische Botschaften im Netz zu verbreiten [vgl. ECKARDT 2010, S. 165]. Im Einzelnen stehen sowohl Unternehmen als auch Kunden folgende Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung zur Verfügung:     

Blogs (Kurzbezeichnung für Weblogs) Wikis und Nachschlagewerke Beziehungsnetzwerke (engl. Social Networks) Podcasts RSS Feed (engl. Really Simple Syndication)

In Abbildung 4-20 sind diese Begriffe im Einzelnen erläutert.

4.3 Kommunikationsinstrumente

197

Blogs (Kurzbezeichnung für Weblogs)

Online-Tagebücher, in denen Personen zu persönlichen und fachlichen Themen Texte und Bilder veröffentlichen

Wikis und Nachschlagewerke

Enzyklopädien wie Wikipedia, die von den Nutzern selbst erstellt, korrigiert und weiterentwickelt werden

Beziehungsnetzwerke

Webanwendungen wie Xing oder LinkedIn, die es ermöglichen, persönliche Profile anzulegen und diese miteinander zu verknüpfen, um Beziehungen zwischen Personen abzubilden

Podcasts

Selbstproduzierte Audioaufnahmen, die auf dem Computer direkt gehört oder auf ein tragbares Gerät (z.B. APPLE iPod) überspielt werden können

RSS Feed

Abonnement-Funktion, die neue Inhalte aus ausgewählten Blogs, Podcasts und anderen Informationsquellen direkt in den Browser oder an das E-Mail-Programm des Nutzers sendet

(engl. Social Networks)

(Really Simple Syndication)

Abb. 4-20:

Anwendungsformen der Web 2.0-Entwicklung [Quelle: JÄGER 2008, S. 57 f. und JÄGER et al. 2007, S. 10]

Als Beispiel für die unternehmensweite Nutzung einer freizeitorientierten Netzwerkplattform ist in Insert 4-07 die Facebook-Seite der deutschen LUFTHANSA dargestellt. Auf diese Weise ist es für interessierte Kunden (und bspw. auch Bewerber) leicht und unkompliziert möglich, mit „Be Lufthansa“ in Verbindung zu treten. Die Beteiligung an einer Netzwerkplattform bedeutet für das Unternehmen ein gewisses Investment, da sich ein autorisiertes Team um die Beantwortung der Fragen, Reklamationen etc. zeitnah bemühen muss.

Insert 4-07: Die Facebook-Seite der LUFTHANSA Fazit: Die Nutzung von Web 2.0-Anwendungen haben aber nicht nur die Kommunikationsmöglichkeiten für Unternehmen sondern auch für Kunden erheblich erweitert. Damit verlie-

198

4. Kommunikation

ren die Unternehmen die absolute Kontrolle über ihre Kommunikation. Sie stehen vor der Herausforderung, die Kunden aktiv einzubeziehen und auf diese zu hören [vgl. ECKARDT 2010, S. 165].

4.3.3 Direktmarketing und Verkaufsförderung (1) Direktmarketing Das Direktmarketing (auch als Direktwerbung bezeichnet) umfasst alle Kommunikationsmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, durch eine gezielte Einzelansprache einen direkten Kontakt zum Adressaten herzustellen [vgl. DALLMER 2002, S. 11]. Wichtigste Zielsetzung des Direktmarketings ist die Gewinnung von Neukunden und die intensivere Betreuung bestehender Kunden (→ Kundenbindung). Nach der Art der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager lassen sich drei Erscheinungsformen des Direktmarketings unterscheiden [vgl. BRUHN 2007, S. 387 f.]:   

Passives Direktmarketing Reaktionsorientiertes Direktmarketing Interaktionsorientiertes Direktmarketing.

Passives Direktmarketing liegt vor, wenn Kunden bzw. Interessenten mit adressierten Werbebriefen oder mit unadressierten Mailings in Form von Flugblättern oder Hauswurfsendungen angesprochen werden. Durch diese Form der Direktwerbung wird zwar auf das Leistungsprogramm des Unternehmens aufmerksam gemacht, es entsteht aber kein direkter Kundendialog. Beim reaktionsorientierten Direktmarketing wird mit der direkten und individuellen Ansprache des Kunden/Interessenten die Möglichkeit einer Reaktion gegeben. Dies kann in Form sog. Mail Order Packages oder mit Anzeigen-Coupons (Direct-Response-Werbung) erfolgen. Die dritte Erscheinungsform ist das interaktionsorientierte Direktmarketing. Durch die individuelle Kundenansprache über das Telefon (Telefonmarketing) treten Anbieter mit selektierten Personen in einen unmittelbaren Dialog. Hierbei besteht die Möglichkeit, individuell auf Wünsche und Anregungen der Zielpersonen zu reagieren und zudem eine direkte Erfolgsmessung durchzuführen [vgl. HOLLAND 2004, S. 30]. In Abbildung 4-21 sind die drei Erscheinungsformen des Direktmarketings im Überblick dargestellt.

4.3 Kommunikationsinstrumente

Passives Direktmarketing

Reaktionsorientiertes Direktmarketing

199

• Versand von adressierten Werbebriefen oder Katalogen • Anonyme Flugblätter oder Hauswurfsendungen • Mail-Order-Packages mit adressiertem Werbebrief, Prospekt/ Informationsmaterial, Bestellliste und Rückumschlag •Werbeanzeige mit Coupon (Direct-Response-Werbung) • E-Mails (Werbebriefe per Internet)

Interaktionsorientiertes Direktmarketing

Abb. 4-21:

Telefonmarketing (in der Regel über Call Center) zur •Neukundengewinnung •Verbesserung der Kundenbeziehung (Kundenpflege)

Erscheinungsformungen des Direktmarketing

Bei den genannten drei Erscheinungsformen werden unterschiedliche Medien genutzt. Zu den wichtigsten Direktwerbemedien zählen   

Werbebriefe (engl. Mailings) per Post oder Fax, E-Mails (per Internet) und Telefonate (Telefonmarketing).

Die klassische Form der adressierten Werbesendung ist der Werbebrief bzw. das Mailing. Mailings bzw. Mail-Order-Packages setzen sich je nach individueller Zielsetzung aus verschiedenen Teilen zusammen. Neben dem Anschreiben, einem Prospekt oder Katalog, einem Bestellschein und einer Bestell- bzw. Antwortkarte können auch „Give Aways“, Gutscheine und ähnliches beigefügt werden. Zu einem der wichtigsten Medien zur direkten Kundenkommunikation hat sich die E-Mail entwickelt. Die drei gebräuchlichsten Formen sind E-Mail-Werbebriefe, E-Newsletter und EKataloge. Kernaufgabe des Telefonmarketings ist der Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen. Besonderes Kennzeichen ist der persönliche, direkte Kontakt mit dem Kunden bzw. Interessenten. Beim sog. Outbound-Telefonmarketing wird eine ausgesuchte Zielperson direkt durch den Anbieter oder durch eine Vermittlungsagentur (Call Center) kontaktiert, um Produkte oder Serviceleistungen anzubieten bzw. Informationen zu erfragen. Im B2B-Bereich werden Unternehmen, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht, telefonische Nachfassaktionen (z. B. nach dem Versand einer Seminareinladung) durchgeführt. Auch kann das OutboundTelefonmarketing im Rahmen der Marktforschung genutzt werden, um Kundendaten für den Aufbau und die Pflege einer Kundendatenbank zu erfragen. Beim sog. InboundTelefonmarketing, das häufig durch die Einrichtung eines Servicetelefons unterstützt wird, nimmt die Zielperson von sich aus telefonischen Kontakt zum Anbieter auf. Auslöser solcher Kontaktaufnahmen können Beschwerden, der Wusch zur Kontaktaufnahme, die Teilnahme an Gewinnspielen oder spezielle Promotion-Kampagnen mit einem kostenlosen Bestellservice unter einer 0800er-Telefonnummer (z. B. Teleshopping) sein [vgl. BRUHN 2007, S. 394]. Abbildung 4-22 liefert einen Überblick über die wichtigsten Direktwerbemedien.

200

4. Kommunikation

Werbebriefe (engl. Mailings)

• Standard-Mailings (vorwiegend Informationscharakter) • Post-Order-Packages (mit vollständigem Bestellservice) • E-Mail-Werbebriefe

E-Mails

• E-Newsletter (informiert in regelmäßigen Abständen über Produkt- und Unternehmensneuigkeiten) • E-Kataloge

Telefonate (Telefonmarketing)

Abb. 4-22:

• Outbound-Telefonmarketing (Anbieter oder Vermittlungsagentur nimmt Kontakt mit dem Kunden/Interessenten auf) • Inbound-Telefonmarketing (Zielperson nimmt von sich auf Kontakt i. d. R. über einer Servicenummer auf)

Wichtige Direktwerbemedien

Eine wichtige Voraussetzung für ein leistungsfähiges Direktmarketing ist die Verfügbarkeit von leistungsfähigen Kundendatenbanken. Das Database-Marketing ermöglicht eine individualisierte Kunden- und Interessentenansprache, wobei die Daten über Kunden und Interessenten in einer Datenbank systematisch organisiert sind. In dieser Datenbank müssen alle erforderlichen Daten gespeichert, aktualisiert und jederzeit segmentspezifisch abrufbar sein. Der Trend geht dabei mehr und mehr zum Aufbau von E-Mail-Datenbanken, um selektierte Zielpersonen direkt über das Internet anzusprechen. Die Gefahr des E-Mail-Marketings besteht allerdings darin, dass immer mehr Personen, die unaufgefordert E-Mails erhalten, Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Privatsphäre äußern. Daher kommt dem sog. Permission Marketing eine immer größere Bedeutung zu; d. h. dem Kunden/Interessenten bleibt die Entscheidung überlassen, ob er Informationen über das Unternehmen erhalten möchte oder nicht [vgl. BRUHN 2007, S. 395 f.].

(2) Verkaufsförderung Das Instrument der Verkaufsförderung (engl. Sales Promotion) verfügt flankierend zur klassischen Werbung über vielfältige Möglichkeiten zur Absatzaktivierung am Ort des Verkaufs (engl. Point of Sale (PoS)). Dabei können – vornehmlich für den B2C-Bereich – drei Stufen bzw. Zielgruppen aus Sicht des Anbieters unterschieden werden [vgl. BECKER 2009, S. 587]:   

Verkäuferpromotion (engl. Staff Promotion), Händlerpromotion (engl. Trade Promotion), Verbraucherpromotion (engl. Consumer Promotion).

Bei der Verkäuferpromotion stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und zur Motivation des Verkaufspersonals im Vordergrund. Zielgruppe dieser Promotionsmaßnahmen, die von Verkaufstrainings über Verkaufswettbewerbe bis hin zu Verkaufshandbüchern reichen, sind Mitarbeiter der eigenen Verkaufsorganisation.

4.3 Kommunikationsinstrumente

201

Die Händlerpromotion hat die Festigung der Beziehungen zum Handel zum Ziel. Dieses kann mit Hineinverkaufsmaßnahmen (engl. Sell-in) oder mit Herausverkaufsmaßnahmen (engl. Sell-out) erreicht werden. Zu den typischen Sell-in-Maßnahmen zählen vor allem finanzielle Anreize wie Listungsgelder, Einführungsrabatte und Werbekostenzuschüsse. Sellout-Maßnahmen sind Verkaufsförderungsmittel wie Displays, Dekorationsmaterial, Verkostungen oder Regalbeschickung und -pflege [vgl. BECKER 2009, S. 591]. Maßnahmen der Verbraucherpromotion überschneiden sich zu einem großen Teil mit denen des Online- und Direktmarketings. Zu den wichtigsten verbrauchergerichteten Maßnahmen zählen u. a. das Couponing (Wertgutschein zur Einlösung eines erheblich preisreduzierten Produkts), Preisausschreiben, Gewinnspiele und Verbraucherzeitungen. In Abbildung 4-23 sind die wichtigsten Promotionsmaßnahmen aufgeführt. Verkäuferpromotions

Händlerpromotions

Verbraucherpromotions

Sell-in-Maßnahmen

Sell-out-Maßnahmen

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

• Verkäuferbriefe • Verkäuferinformationen • Verkaufstrainings • Verkaufswettbewerbe • Incentives • Verkaufshandbücher

• Verkaufsbriefe • Händlerschulungen • Listungsgelder • Einführungsrabatte • Werbekostenzuschüsse

• Displays • Dekorationsmaterial • Regalbeschickung und -pflege • Verkostungen • Probierpackungen

• Couponing • Verbraucherzeitungen • Prospekte • Preisausschreiben • Gewinnspiele • Warenproben

Verkäufergerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Verkaufsqualität

Handelsgerichtete Maßnahmen zur Festigung der Beziehung zum Handel

Abb. 4-23

Verbrauchergerichtete Maßnahmen zur Initiierung von Käufen

Wichtige Promotionsmaßnahmen

Obwohl ein Großteil der Verkaufsförderungsmaßnahmen handelsgerichtet und damit eine Domäne des B2C-Marketings ist, gewinnt diese Form der Absatzaktivierung aber auch im B2B-Bereich zunehmend an Bedeutung. Zu solchen B2B-Verkaufförderungsaktivitäten zählen:         

Prospekte und Kataloge Seminare und Vorträge Produktinformationsveranstaltungen Interessenten-Workshops Produktdemos Testversionen und Konfiguratoren (z. B. im Softwarebereich) Referenzbesuche Installations- und Referenzlisten User-Clubs.

202

4. Kommunikation

4.3.4 Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring (1) Öffentlichkeitsarbeit Während Werbung und Verkaufsförderung auf die Absatzaktivierung und auf die Kundenbeziehungen ausgerichtet sind, wendet sich die Öffentlichkeitsarbeit (engl. Public Relations (PR)) mit ihren Aktivitäten an alle Anspruchsgruppen (engl. Stakeholder) des Unternehmens. Ziel der PR ist es, diese Gruppen (z. B. Kunden, Aktionäre, Lieferanten, Mitarbeiter, öffentliche Institutionen) über das Unternehmen zu informieren und auf diese Weise Vertrauen aufzubauen und zu erhalten. Dabei gehen die Anforderungen dieser Anspruchsgruppen heutzutage deutlich über die Profilierung des Produkt- und Leistungsprogramms hinaus und stellen die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens – Corporate Social Responsibility (CSR) – in den Mittelpunkt. So muss eine glaubwürdige und nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit (verkürzt auch Pressearbeit genannt) den Nachweis dieser Verantwortung in Form von sicheren Arbeitsplätzen, Engagement für die Umwelt, umweltverträglichen Produkten, Weiterbildungsangeboten u. a. erbringen [vgl. BECKER 2009, S. 600 f.]. In der betrieblichen Praxis ist die Öffentlichkeitsarbeit i. d. R. in der Kommunikationsabteilung (Unternehmenskommunikation) organisatorisch verankert und wendet sich an zwei Zielgruppen: 

Unternehmensinterne Öffentlichkeit (interne Zielgruppen: Mitarbeiter, Eigentümer, Management, Betriebsrat),



Externe Öffentlichkeit (externe Zielgruppen: Kunden, Presse und Journalisten, Lieferanten, Fremdkapitalgeber, Verbraucherorganisationen, Staat und Gesellschaft).

In Abbildung 4-24 sind wichtige PR-Maßnahmen den entsprechenden Ansprechpartnern der internen und externen Kommunikation zugeordnet. Grundlage und sicherlich das wichtigste Instrument der klassischen PR-Arbeit ist die Pressemitteilung. Hauptanlässe für die Herausgabe von Pressemitteilungen sind:         

Neue Produkte Personalveränderungen Jahresabschlüsse Großaufträge Messebeteiligungen Jubiläen Wichtige Besuche/Werksbesichtigungen Soziales Engagement (Sozialbilanz) Krisenkommunikation.

Neben Pressemitteilungen bilden Pressekonferenzen sowie der persönliche Dialog mit Journalisten und Medienvertretern die Grundlage für eine den Unternehmenszielen entsprechende Berichterstattung im redaktionellen Teil der Medien.

4.3 Kommunikationsinstrumente

Interne Kommunikation

203

Externe Kommunikation

Mitarbeiter

Kunden

Presse und Journalisten

• Mitarbeiterzeitschriften

• Kundenzeitschriften

• Prospekte, Flyer, Broschüren

• Produkt- und ImageBroschüren

• Handbücher und Dokumentationen

• Prospekte, Flyer

• Berichte, Protokolle und Rundschreiben

• Q & A-Papiere

• Pressemitteilungen (Pressemeldung, Presseerklärung, Pressebericht, Datenblätter, Fact-Sheets) • Themenexposés • Pressemappen • Pressedienste und Newsletter • PR-Anzeigen • Interviews • Pressekonferenz, -gespräch, -empfang • Journalistenreisen • Presseseminar

• Briefe und E-Mails • Newsletter und Informationsdienste • Aushänge, Plakate

• Mailings • Newsletter und Informationsdienste • PR- und Werbeanzeigen • Plakate • Beilagen für Zeitschriften • Kataloge

Abb. 4-24:

Geschäftspartner, Investoren etc. • Geschäftsbericht • Umweltbericht • (Image-) Broschüren, Prospekte, Flyer • Mailings • Newsletter und Informationsdienste • PR- und Werbeanzeigen

Wichtige PR-Maßnahmen und ihre Zielgruppen

Die Nutzung von Web 2.0-Applikationen und Suchmaschinen haben aber nicht nur die Möglichkeiten der Kommunikation durch das Internet für Unternehmen und Kunden, sondern auch für die eigenen Mitarbeiter des Unternehmens erheblich erweitert. Diese können ihre Meinungen nun auch fernab von Presse- und Kommunikationsabteilungen veröffentlichen. Zukünftig werden also immer mehr Mitarbeiter freiwillig oder unfreiwillig zu Botschaftern ihres Unternehmens bzw. der Unternehmensmarke. Auf diese (weitgehend unkontrollierbaren) Kommunikationswege müssen sich die Verantwortlichen für die Unternehmenskommunikation einstellen und vorbereiten [vgl. LIPPOLD 2011, S. 71]. (2) Sponsoring In engem Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit hat sich mit dem Sponsoring ein vergleichsweise neues Kommunikationsinstrument etabliert. Sponsoring bedeutet die systematische Förderung von Personen, Organisationen oder Veranstaltungen im sportlichen, kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich zur Erreichung von Marketing- und Kommunikationszielen. Anders als bei Spenden beinhaltet Sponsoring das Prinzip von Leistung und Gegenleistung, d. h. der Sponsor stellt seine Fördermittel in der Erwartung zur Verfügung, dass der Gesponserte ihn bei dessen Aktivitäten ausdrücklich nennt. Entsprechend wird von einem Sponsorship gesprochen, wenn Sponsor und Gesponserter ein konkretes Projekt in einem bestimmten Zeitraum gemeinsam durchführen [vgl. BRUHN 2007, S. 411]. Bei der Auswahl des Sponsorings bzw. Sponsorships sollte darauf geachtet werden, dass ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit zwischen Sponsor und gesponsertem Bereich gegeben ist, damit sich positive Imagekomponenten übertragen lassen (Imagetransfers). Mögliches Ziel der Sponsoring-Aktivitäten ist die Erhöhung des Bekanntheitsgrades, die Aktualisierung des Images oder die Dokumentation gesellschaftlicher Verantwortung. Folgende Sponsoring-Bereiche kommen in Frage [vgl. BRUHN 2007, S. 414 ff]:

204

4. Kommunikation



Sportsponsoring (mit Einzelsportlern, Mannschaften, Sportveranstaltungen und Sportarenen als Kommunikationsträger),



Kultursponsoring (mit Künstlern, Kulturgruppen, Kulturorganisationen, Kulturveranstaltungen und Stiftungen als Kommunikationsträger),



Soziosponsoring (mit sozialen, staatlichen, wissenschaftlichen und bildungspolitischen Institutionen als Kommunikationsträger),



Umweltsponsoring (mit lokalen, nationalen und internationalen Umweltschutzorganisationen als Kommunikationsträger),



Mediensponsoring (mit Fernsehen, Rundfunk, Kino und Internet-Unternehmen als Kommunikationsträger).

In Abbildung 4-25 sind den einzelnen Sponsoring-Bereichen verschiedene SponsoringMaßnahmen zugeordnet. Insert 4-08 zeigt ein Beispiel für Sportsponsoring.

Sportsponsoring • Trikotsponsoring • Bandenwerbung • Breitensportförderung • Leistungssportförderung • Sponsoring von Meisterschaften

Abb. 4-25:

Kultursponsoring

Soziosponsoring

• Förderung von Kunstausstellungen • Konzertförderung • Förderung von Musikwettbewerben • Vergabe von Stipendien • Gründung eigener Stiftungen

Umweltsponsoring

Mediensponsoring

• Förderung sozialer Einrichtungen (wie Kinderhilfswerk)

• Förderung von Umweltschutzaktionen

• Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen

• Förderung von Umweltprojekten

• Förderung von Fernseh- und Rundfunksendungen

• Gründung eigener Stiftungen

• Förderung von Natur-/Artenschutzaktionen

• Förderung von (Fernseh-)Filmen • Förderung von Internetauftritten

Sponsoring-Bereiche und Sponsoring-Maßnahmen (Auswahl)

Insert 4-08: Die deutsche Biathlon-Damenstaffel als Beispiel für Sportsponsoring

4.3 Kommunikationsinstrumente

205

4.3.5 Product Placement und Product Publicity (1) Product Placement Beim Product Placement werden Markenprodukte, -namen oder -logos gezielt in Video- und Filmproduktionen gegen finanzielle oder sachliche Zuwendungen integriert. Vorteil des Product Placements ist die erhöhte Authentizität des Markenauftritts, da der Nachfrager die kommunikative Beeinflussung nicht bewusst wahrnimmt [vgl. MEFFERT 2008, S. 689]. Mit der aktuellen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages (RStV vom 1. April 2010), die an EU-Richtlinie zu audiovisuellen Mediendiensten anknüpft, wird in Deutschland zum ersten Mal der Einsatz von Product Placement im Fernsehen geregelt. Danach gilt im Kern ein Verbot des Product Placement. Für bestimmte Sendeformen wie Kinofilme, TV-Serien, Fernsehfilme, Sportfilme und Sendungen der leichten Unterhaltung ist der Einsatz allerdings gestattet. In diesen Formaten darf Product Placement bei privaten Sendern gegen Entgelt, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Form der unentgeltlichen Beistellung von Requisiten erfolgen. Ein striktes Verbot des Product Placement besteht für Nachrichten- und Kindersendungen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen sowie politische Sendungen. Im Kino dagegen ist Product Placement seit jeher erlaubt. Bekannte Beispiele sind der ALPHA ROMEO Spider in „Die Reifeprüfung“ (1967), die Verwendung des APPLE-Logos in „Forest Gump“ (1994), RAY BAN-Sonnenbrillen in „Men in Black“ (1997), diverse James-BondFilme sowie die Verwendung von über 60 Marken in „Sex and the City: The Movie“ (2008). Insert 4-09 zeigt ein Product Placement des Audi RSQ, der als Prototyp eigens für den Film „I, Robot“ (2004) gebaut wurde.

Insert 4-09: Beispiel für ein Product Placement von Audi in „I, Robot“ (2004)

206

4. Kommunikation

(2) Product Publicity Product Publicity (auch als Produkt-PR bezeichnet) ist eine Sonderform der Öffentlichkeitsarbeit. Sie versucht, ein neues Produkt (Marke) in den redaktionellen Teilen von Publikumsoder Fachmedien einfließen zu lassen (Beispiel: Testberichte in Automobilzeitschriften).

4.3.6 Messen und Ausstellungen Messen und Ausstellungen haben nicht nur im B2C-Bereich, sondern ganz besonders auch im B2B-Marketing einen hohen Stellenwert. Sie ermöglichen eine direkte Kundenansprache und dienen der Bekanntmachung von neuen Produkten ebenso wie der Anbahnung und Pflege von Kunden- bzw. Geschäftsbeziehungen. Die begriffliche Abgrenzung zwischen Messen und Ausstellungen ist nicht trennscharf vorzunehmen. Messen sind fachlich, zeitlich und geografisch festgelegte Veranstaltungen, bei denen mehrere Anbieter ihr Produkt- und Leistungsangebot den Fachbesuchern (Einkäufern) präsentieren. Ausstellungen sind i. d. R. dem breiten Publikum zugänglich und verfolgen vornehmlich Werbe- und Informationsziele; z. T. dienen Ausstellungen – ebenso wie Messen – aber auch dem Produktverkauf [vgl. BECKER 2009, S. 538 f.]. Deutschland ist weltweit der größte Messeplatz; von den sechs größten Messegeländen der Welt liegen vier in Deutschland (Hannover, Frankfurt, Köln, Düsseldorf). Jährlich werden in Deutschland zwischen 150 und 160 internationale Messen und Ausstellungen durchgeführt, die von ca. 170.000 Ausstellern genutzt und 9 bis 10 Mio. Besuchern besucht werden [Quelle: AUMA 2011]. Hinsichtlich der Breite des Messeangebots kann zwischen Universal- bzw. Mehrbranchenmessen (z. B. Hannover Messe), Branchen- bzw. Fachmessen (z. B. Frankfurter Buchmesse) Kongressausstellungen und Verbraucherausstellungen unterschieden werden. Darüber hinaus ist die Differenzierung in Informationsmessen und in Ordermessen von Bedeutung. Die besondere Bedeutung von Messen und Ausstellungen für den B2B-Bereich bestätigt eine TSN-EMNID-Umfrage aus dem Jahr 2009 unter 500 ausstellenden Unternehmen. Danach sind Messen und Ausstellungen nach der eigenen Homepage das wichtigste Instrument im Kommunikationsmix der befragten Unternehmen (siehe Abbildung 4-26). Ein Augenmerk sollten die anbietenden Unternehmen auf die Wirtschaftlichkeit einer Messebeteiligung legen, da die Zielgruppe nur mit einem hochkonzentrierten, aber erheblichen Aufwand sehr gut erreicht werden kann. So haben in der Vergangenheit einige wichtige Anbieter auf die Präsenz bei der CEBIT verzichtet, da augenscheinlich Kosten und Nutzen nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH (2008), S. 377].

4.3 Kommunikationsinstrumente

207

In der B2B-Kommunikation betrachten … Prozent der deutschen ausstellenden Unternehmen als sehr wichtig oder wichtig : Eigene Homepage

90%

Messen und Ausstellungen

83%

Persönlicher Verkauf/Außendienst

76%

Direct Mailing

57%

Werbung in Fachzeitschriften

53%

Public Relations

44%

Vertrieb über Internet

42%

Events

41% 0%

Abb. 4-26:

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90% 100%

Messen im Kommunikations-Mix [Quelle: AUMA Messe Trend 2010, S.19]

208

4.4

4. Kommunikation

Kommunikationsmedien

Nachdem die Grundlagen der Instrumentedimension behandelt worden sind, soll nunmehr auf die Fragen der Mediadimension, also auf die Auswahl geeigneter Werbeträger eingegangen werden. Danach stehen dem Werbeplaner grundsätzlich folgende Kommunikationsmedien (Werbeträger) zur Verfügung (siehe Abbildung 4-27):    

Printmedien Klassische elektronische Medien Online-Medien Außenwerbung. Kommunikationsmedien (Werbeträger)

Printmedien

Klassische elektronische Medien

Online-Medien

Außenwerbung

Zeitungen/Zeitschriften

Fernsehen

Internet

Stationäre Außenwerbung

Zeitschriften

Radio

Mobile Dienste

Mobile Außenwerbung

Anzeigenblätter

Kino

Terminal Systeme

Verzeichnis-Medien Zeitungssupplements Direktwerbung

Abb. 4-27:

Kommunikationsmedien (Werbeträger)

Hinsichtlich der Bedeutung dieser Werbeträger geben die Netto-Werbeeinnahmen bzw. Werbeaufwendungen der erfassbaren Werbeträger einen guten Hinweis (siehe Abbildung 428). Danach entfielen 2010 insgesamt 3,95 Mrd. Euro aller Werbeeinnahmen in Deutschland auf das Fernsehen als meistgebuchten Werbeträger, knapp gefolgt von den Tageszeitungen mit 3,64 Mrd. Euro. Damit hat das Fernsehen mit einem Marktanteil von 21,1 Prozent erstmalig die Tageszeitungen (19,4 Prozent) als umsatzstärkster Werbeträger abgelöst. Diese Marktanteilsverschiebung ist vor allem auf die im Massenmedium TV werbenden Online-Dienste mit einer Steigerungsrate bei ihrer Spotschaltung von 64 Prozent zurückzuführen. Damit stabilisiert das Internet das Werbegeschäft des Fernsehens. Insgesamt kommen alle Printmedien (inkl. Direktwerbung) zusammen auf einen Marktanteil von 66,2 Prozent, gefolgt von den klassischen elektronischen Medien mit 25,1 Prozent sowie den Online-Medien mit 4,6 und der Außenwerbung mit 4,1 Prozent. Die mit Abstand stärksten Zuwachsraten verzeichnet seit Jahren die Online-Werbung, während die Tageszeitungen seit 2006 kontinuierlich an Marktanteil verlieren [vgl. ZAW 2011, S. 16 f.]. Auch wenn sich der Marktanteil der Online-Werbung mit knapp fünf Prozent in dieser Statistik noch relativ bescheiden ausmacht, so muss berücksichtigt werden, dass ein beträchtlicher

4.4 Kommunikationsmedien

209

Teil der Online-Werbung nicht erfassbar ist (z. B. Umsätze mit Affiliate Werbung, mobilen Diensten und Terminal Systemen). Veränderung Marktgegenüber anteil 2009 2010

Netto-Werbeeinnahmen 2010 in Mrd. Euro Fernsehen

3,95

Tageszeitungen

3,64

Werbung per Post

2,98

Anzeigenblätter

2,01

Publikumszeitschriften

1,45

Verzeichnis-Medien

1,15

21,1% 19,4%

-3,1%

15,9%

2,3%

10,7%

2,9%

7,7%

-2,5%

6,1%

Online-Angebote

0,86

12,7%

4,6%

Fachzeitschriften

0,86

0,9%

4,6%

3,9%

4,1%

2,0%

3,7%

4,6%

1,2%

Außenwerbung

0,77

Hörfunk

0,69

Wochen-/Sonntagszeitungen

0,22

Zeitungssupplements

0,09

4,8%

0,5%

Filmtheater

0,07

4,1%

0,4%

0

Gesamteinnahmen:

Abb. 4-28:

8,6% -1,5%

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

18,7 Mrd. Euro

Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland absolut und nach Anteilen 2010 [Quelle: ZAW 2011, S. 17]

Allerdings wird die Abgrenzung der relevanten Medienmärkte zunehmend schwieriger, da sich Medien, Informationstechnologie und Telekommunikation immer stärker aufeinander zu bewegen. Die Annäherung der zugrunde liegenden Technologien (→ Digitalisierung) und das Zusammenwachsen der Medienmärkte insgesamt wird auch als Konvergenz im Informations- und Kommunikationsbereich bezeichnet [vgl. WIRTZ 2009, S. 44 f.].

4.4.1 Printmedien Die wichtigsten Untergruppen der Printmedien bilden Zeitungen und Zeitschriften. Zeitungen werden vorwiegend nach der Erscheinungshäufigkeit (täglich/wöchentlich) und nach dem Verbreitungsgebiet (regional/überregional) differenziert. In Deutschland existieren rund 380 Zeitungen, darunter 32 Wochen- bzw. Sonntagszeitungen. Die etwa 2.000 deutschen Zeitschriftentitel werden in Publikums- und in Fachzeitschriften unterteilt. Während Publikumszeitschriften einen gewissen Unterhaltungscharakter aufweisen und sehr breite, aber auch sehr spezielle Lesergruppen ansprechen, dienen die zumeist periodisch erscheinenden Fachzeitschriften eher der Vermittlung von Informationen und Wissen. Darüber fungieren Verzeichnis-Medien wie Adressbücher und Kataloge sowie sonstige Printmedien wie Karten und Kalender als Werbeträger [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 765]. Angesichts der immer stärkeren Zunahme von Online-Medien und dem gleichzeitigen Rückgang der Verkaufsauflagen

210

4. Kommunikation

von Zeitungen ist die Frage zu stellen, ob es in 30 Jahren eine Tageszeitung wie BILD in einer gedruckten Form überhaupt noch geben wird. Zeitschriften eignen sich u. a. aufgrund der besseren Druckqualität besser zur Vermittlung emotionaler Sachverhalte als Zeitungen. Zum Aufbau eines Images werden gerne überregionale Tageszeitungen und Publikumszeitschriften belegt [vgl. KOTLER et al. 2007, S. 728]. Abbildung 4-28 enthält eine Übersicht über die wichtigsten Printmedien bzw. Werbeträger. Zeitungen

Zeitschriften (Magazine)

• Regionale Tageszeitungen (z. B. Wilhelmshavener Zeitung, Nordsee-Zeitung)

• Publikumszeitschriften

• Überregionale Tageszeitungen (z. B. Bild, FAZ) • Wochenzeitungen (z. B. Die Zeit, Bayernkurier) • Sonntagszeitungen (z. B. WamS, BamS)

- General-Interest-Z. (z. B. Spiegel, Stern) - Special-Interest-Z. (z. B. Reise, Lifestyle, Sport, Auto, Wohnen, Teenager, Frauen)

• Anzeigenblätter

• Fachzeitschriften (z. B. Architektur, Literatur, Betriebswirtschaft, Kultur, Technik)

Verzeichnis-Medien

Sonstige Printmedien

• Adressbücher • Kataloge • Bücher • Kompendien • Jahrbücher • Lexika

• Karten • Geografische Karten und Pläne • Prospekte • Kalender • Plakate • Poster

Abb. 4-28:

Printmedien im Überblick

Das Werbemittel der Printmedien sind Anzeigen, deren Formate und Platzierungsmöglichkeiten vielfältig sind. Standardanzeigen sind zumeist schwarz-weiß oder vierfarbig. Die Platzierung kann auf der Titelseite, der Rückseite oder im Textteil erfolgen. Der Anzeigenpreis berücksichtigt sowohl die Größe bzw. das Format, die Platzierung und entsprechende Farbaufschläge.

4.4.2 Klassische elektronische Medien Nach den Printmedien repräsentieren die klassischen elektronischen Medien die zweite große Gruppe der Werbeträger. Sie umfassen die drei Mediengattungen Fernsehen, Hörfunk und Kino (siehe Abbildung 4-29).

4.4 Kommunikationsmedien

Werbeträger (Medium)

211

Werbemittel

Werbewirkung

Fernsehen

TV-Spot

• Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten durch Kombination aus Bild, Text und Ton • Vor allem für emotionale Wirkung bedeutsam

Hörfunk

Radio-Spot

• Sprache, Rhetorik, Musik, Gesang und Geräusche als akustisch wahrnehmbare Gestaltungsmöglichkeiten • Gegenüber Fernsehen mehr ein Hintergrundmedium

Kino

Werbefilm

• Wie Fernsehwerbung vor allem für die emotionale Wirkung geeignet • Vorwiegend als Zusatzmedium da Reichweite gering

Abb. 4-29:

Merkmale der Medien Fernsehen, Hörfunk und Kino

(1) Fernsehen Fernsehwerbung ist aufgrund ihrer Kombinationsmöglichkeiten aus Bild, Ton und Text sehr vielschichtig und aufmerksamkeitsstark. Das Fernsehen bietet sehr gute Möglichkeiten für emotionale Werbeauftritte und wird erfolgreich für die kurzfristige Bekanntmachung von Produkten, Leistungen und Marken eingesetzt. Die Verfügbarkeit des Mediums ist aufgrund der Vielzahl privater Kanäle erheblich gestiegen. Das Werbemittel im Rahmen der Fernsehwerbung ist der TV-Spot, dessen Länge zwischen fünf und 90 Sekunden variieren kann. Die Produktionskosten eines TV-Spots sind deutlich höher als bei einer Printanzeige [vgl. BRUHN 2007, S. 359]. (2) Hörfunk Die Gestaltungselemente der Hörfunk- oder Radiowerbung beschränken sich auf das akustisch Wahrnehmbare: Sprache, Rhetorik, Musik, Gesang und Geräusche. Die Zulassung privater Rundfunksender hat das Angebot an Werbezeiten für diesen Werbeträger ebenfalls deutlich steigen lassen. Das Werbemittel der Hörfunkwerbung ist der Radio-Spot, der deutlich günstiger als ein TV-Spot produziert werden kann. Da das Radio im Vergleich zum Fernsehen mehr ein Hintergrundmedium darstellt und zudem die geografischen Reichweiten im Normalfall deutlich unter denen des Fernsehens liegen, sind auch die Schaltungskosten für einen Radio-Spot vergleichsweise gering [vgl. BRUHN 2007, S. 359]. (3) Kino Die Kinowerbung hat aufgrund des allgemeinen Rückgangs der Kinobesuche an Bedeutung verloren, obwohl dieser Werbeträger alle Vorteile der Gestaltungsmöglichkeiten auf sich vereinigt, die auch die Fernsehwerbung auszeichnet. Das klassische Werbemittel der Kinowerbung ist der Werbefilm, dessen Spieldauer 44 bis 440 Sekunden dauert. Der Werbefilm bietet daher noch mehr Wirkungsmöglichkeiten als der TV-Spot [vgl. BRUHN 2007, S. 360].

212

4. Kommunikation

4.4.3 Online-Medien Der Online-Werbemarkt verzeichnet – im Gegensatz zu den klassischen Werbeformen – seit Jahren kontinuierlich hohe Zuwachsraten. Ein unmittelbarer Vergleich der Marktanteile von Print- und Online-Medien zeigt, dass sich bei annähernd gleichem Marktvolumen die Marktanteile der Online-Medien sukzessive zu Lasten der Print-Medien verschieben. In diesem Zusammenhang wird auch von einem Kannibalisierungseffekt in der Medienbranche gesprochen. Da der Siegeszug der Online-Medien schon seit längerer Zeit absehbar ist, sind die Anbieter von Tageszeitungen und Publikumszeitschriften dazu übergegangen, neben ihrem Printmedium auch ein aktuelles Online-Angebot vorzuhalten. In Insert 4-10 sind Beispiele für kostenpflichtige Apps-Versionen von überregionalen Tageszeitungen und Publikumszeitschriften bzw. Nachrichtenmagazinen aufgeführt.

Insert 4-10: Apps-Versionen von DER SPIEGEL, BILD und FAZ auf dem iPhone Der Kannibalisierungseffekt, der also die Substitutionsbeziehung zwischen verschiedenen Angeboten eines Unternehmens charakterisiert, ist in Abbildung 4-30 ersichtlich. Online-Medien sind zunehmend von Multimediasystemen geprägt, so dass eine systematische Unterteilung dieses Kommunikationsmediums erschwert wird. Eine mögliche Einteilung kann nach den verwendeten Endgeräten durchgeführt werden. Danach lassen sich die OnlineMedien grob in   

Internet-Kommunikation, Mobilkommunikation (mobile Dienste) und Kommunikation über Terminal Systeme

einteilen. Die Internet-Kommunikation basiert auf dem Anschluss der Endgeräte an das World-WideWeb (www). Die wichtigsten Werbekunden im Internet sind Telekommunikationsanbieter

4.4 Kommunikationsmedien

213

und Betreiber von Online-Diensten. Aber auch die Versand- und Handelsbranche, die Medien- und Entertainment-Branche, die KFZ-Branche und der Finanzsektor nutzen zunehmend die Kommunikation mit Werbebannern, Banderolen und Streaming Ads. Hauptvorteile der Internet-Werbung sind die guten Individualisierungsmöglichkeiten und die exakte Werbeerfolgskontrolle in Form von Klickraten und Online-Käufen. Hinzu kommt, dass der InternetNutzer die Möglichkeit zur direkten Interaktion mit dem werbetreibenden Unternehmen wahrnehmen kann [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 783]. Vergleich der Anteile von Online-Medien und Tageszeitungen von 2001 bis 2010 100% 90% 80% 70% 60% 50%

Online-Werbung

40%

Tageszeitungen

30% 20% 10% 0% 2001

Abb. 4-30:

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Marktanteilsverschiebungen zwischen Tageszeitungen und Online-Medien [berechnet aus ZAW 2011, S. 17]

Mit Hilfe mobiler Dienste können werbliche Texte und Bilder als SMS (Short Message Services) oder MMS (Multimedia Messaging Services) auf mobile Endgeräte (z. B. Mobiltelefone, Smartphones, Handhelds) von Kunden gesendet werden. Diese Form der Kommunikation erlaubt eine personalisierte Zielgruppenansprache [vgl. BRUHN 2007, S. 455]. Interaktiv bedienbare Terminal Systeme kommen primär am Point of Purchase (PoP) zum Einsatz. Diese Endgeräte werden durch das kommunizierende Unternehmen (z. B. LUFTHANSA-Check-in-Terminals) bereitgestellt und bieten eine zielgruppenspezifische Werbeplattform für dritte Unternehmen [vgl. BRUHN 2007, S. 454 f.].

4.4.4 Außenwerbung Zur Außenwerbung (engl. Out-of-Home Media) zählen alle Werbeformen, deren Werbeträger im öffentlichen Raum platziert sind. Grundsätzlich können die vielfältigen Ausprägungen dieser Werbeträgergruppe in stationäre und mobile Außenwerbung eingeteilt werden. Stationäre Außenwerbung umfasst insbesondere Plakatsäulen, Plakatwände, Lichtwerbung an Gebäuden, Prismen-Anlagen, elektronische Videoboards oder Rollenwechselsysteme. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich in jüngerer Zeit Mega-Werbeflächen, die zumeist an Baugerüsten oder Fassaden angebracht sind (siehe Insert 4-11). Solche großflächigen Plakate mit

214

4. Kommunikation

einer Größe bis zu 2.000 Quadratmeter bezeichnet man als Riesenposter (engl. Blow Up’s). Ursprung der stationären Außenwerbung ist die Litfaßsäule, die der Berliner ERNST LITFAß 1855 als Art „Zeitung für die Straße“ schuf. Mobile Außenwerbung ist vor allem die Verkehrsmittelwerbung. Sie kommt als sog. Traffic Boards im Außenbereich von Zügen, Bussen, Straßenbahnen, Taxis etc. zum Einsatz. Aber auch im Innenbereich der Verkehrsmittel können Plakate an Seiten und Heckscheiben befestigt werden [vgl. BRUHN 2007, S. 364].

Insert 4-11: Die Litfaßsäule (links) und ein Riesenposter am Berliner Ernst-Reuter-Platz (rechts)

4.5 Optimierung der Kundenwahrnehmung

4.5

215

Optimierung der Kundenwahrnehmung

Zum Abschluss dieses Kapitels sollen die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Kommunikation zusammengefasst werden. Dabei geht es um die wichtigsten Aktionsparameter, um die verschiedenen strategischen Optionen, um die Prozesse und Instrumente sowie um die Werttreiber dieses Aktionsfeldes. 4.5.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 4.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundenwahrnehmung als Funktion der Kommunikation darstellen (→ Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation)). Die Kommunikation im Absatzmarkt wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern: 

Kommunikationsinstrumente (Klassische Werbung, Online-Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Direktwerbung, Verkaufsförderung, Product Placement, Product Publicity, Sponsoring, Messen und Ausstellungen)



Kommunikationskanäle bzw. -medien (Printmedien, klassische elektronische Medien, Online-Medien, Außenwerbung, persönliche Kommunikation)



Kommunikationsbudget

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundenwahrnehmung folgendermaßen erweitert werden: Kundenwahrnehmung = f (Kommunikation) = f (Kommunikationsinstrumente, Kommunikationsmedien, Kommunikationsbudget) → optimieren! Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die einzelnen Parameter von Branche zu Branche unterschiedlich zu gewichten sind.

4.5.2 Strategische Optionen Die strategischen Optionen im Rahmen des Aktionsfeldes Kommunikation konzentrieren sich in erster Linie darauf, ob eine (vermarktungsfähige) Idee, ob das Unternehmen in seiner Gesamtheit oder bestimmte Produkt-/Leistungsvorteile zu kommunizieren sind oder ob eine Kaufententscheidung abgesichert werden soll. Aus diesen strategischen Optionen lassen sich folgende Programme ableiten:    

Bewusstseinsprogramm (um eine vermarktungsfähige Idee zu kommunizieren) Imageprogramm (um das Unternehmen in seiner Gesamtheit zu kommunizieren) Produkt-/Leistungsprogramm (um Produkt-/Leistungsvorteile zu kommunizieren) Kundenprogramm (um die Kaufentscheidung abzusichern)

216

4. Kommunikation

4.5.3 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 4-31 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Kommunikation dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Kommunikationsstrategien, Art der Werttreiber etc.).

Eingangslogistik

Kernprozesse

Operative Funktionen

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierung

Kommunikationsprozesse

Wahrnehmungsprozess

Kommunikationsteilprozesse

Unterstützungsprozesse

Abb. 4-31:

Klassische Werbung

Positionierung

Ausgangslogistik

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Meinungsbildungsprozess

OnlineWerbung

Entscheidungsprozess

Öffentlichkeitsarbeit

Verkaufsförderung

Betreuung

Betreuungsprozess

Messen und Ausstellungen



Marktforschung (Image-, Media-, Werbewirkungsforschung) insbesondere

Apparative Verfahren

Pre-/Posttests

Werbetrackings, Panels

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Kommunikation“

Im Fokus der für dieses Aktionsfeld relevanten instrumentellen Unterstützung steht die Messung der Kommunikationswirkung. Zur Überprüfung der Kommunikationswirkung stehen drei Verfahrensklassen aus der Marktforschung (neben der Beobachtung und Befragung) zur Auswahl [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 829 f.]: 

Apparative Verfahren (z. B. Blickaufzeichnung),



Pre-/Posttests (zeitpunktbezogene Untersuchungen vor nach dem geplanten Einsatz des Kommunikationsinstruments),



Werbetrackings und Panels (zeitraumbezogene Untersuchung, wobei beim Werbetracking auch die Wirkung von Konkurrenzmaßnahmen auf die eigene Werbemaßnahme berücksichtigt wird).

Die o. g. Verfahren sind der Werbewirkungsforschung als Teilgebiet der Marktforschung zuzuordnen. Die Bestimmung der Bekanntheit (engl. Awareness) in gestützter Form (engl. Recall) oder in ungestützter Form (engl. Recognition) sowie der Reichweite einer Kommunikationsmaßnahme zählen zum Bereich der Image- bzw. Mediaforschung.

4.5 Optimierung der Kundenwahrnehmung

217

4.5.4 Werttreiber Es existiert eine Vielzahl von Verfahren der Effizienzmessung in der Kommunikation und speziell in der Werbung. Diese Verfahren bedienen sich sowohl der Outputs der Kommunikationsaktivitäten (Ergebnisse bzw. Wirkungen wie Anzahl Bruttokontakte, Reichweite, Bekanntheitsgrad, Anzahl Kundenanfragen etc.) als auch deren Inputs (Ressourceneinsätze in Form von Schaltungskosten einer Anzeige, Anzahl und Größe der Anzeigen, Dauer der Kampagne etc.). Zur Quantifizierung des Effizienzwertes einer Kommunikationsmaßnahme werden die erreichten Outputs ins Verhältnis zu den dafür eingesetzten Inputs gesetzt [vgl. BAUER et al. 2006, S. 264 unter Bezugnahme auf MORGAN et al. 2002, S. 363]. In Abbildung 4-32 sind ausgewählte Inputs den entsprechenden Outputs für das Aktionsfeld Kommunikation gegenübergestellt. Inputs

Outputs

• Entwicklungskosten der Maßnahme

• Anzahl Bruttokontakte

• Kosten der Schaltung

• Aufmerksamkeit (engl. Awareness)

• Anzahl der Anzeigen

• Reichweite

• Größe der Anzeige

• Werbeerinnerung (gestützt und ungestützt)

• Werbeintensität

• Bekanntheitsgrad (gestützt und ungestützt)

• Einsatzzeitraum einer Kampagne

• Produktinteresse

• Anzahl der Werbetests

• Kaufinteresse

• Anzahl Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung • • •

• Anzahl Kundenanfragen • • •

Abb. 4-32:

Ausgewählte Inputs und Outputs für das Aktionsfeld „Kommunikation“ [Quelle: BAUER et al. 2006, S. 269]

Aus der Vielzahl der in Frage kommenden Werttreiber sollen hier beispielhaft vier Werttreiber ausgewählt werden. Sie betreffen die Kommunikationsinstrumente (klassische) Werbung, Online-Werbung und Öffentlichkeitsarbeit: 

Gross Rating Point (GRP) = (Bruttoreichweite/Anzahl der Zielpersonen) x 100, wobei die Bruttoreichweite die Anzahl der Kontakte angibt, die mit einer Werbemaßnahme (einmalige oder mehrmalige Belegung eines Mediums oder mehrerer Medien) realisiert werden;



Klick-Rate (engl. Click-Through-Rate – CTR), d. h. die Anzahl der Klicks auf Werbebanner oder Sponsorenlinks im Verhältnis zu allen gezeigten Anzeigen (Impressionen);



Konversionsrate (engl. Conversion Rate – CR), d. h. die Anzahl der Bestellungen im Verhältnis zur Anzahl der Besucher einer bestimmten Website;



Clipping-Rate, d. h. die Anzahl der Clippings im Verhältnis zur Gesamtzahl aller versendeten PR-Mitteilungen (zur Ermittlung der Presseresonanz).

218

4. Kommunikation

In Abbildung 4-33 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Kommunikation (wie Aktionsparamter, Strategien, Prozesse, Wertreiber sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

Abb. 4-33:

Aktionsfeld

Kommunikation

Aktionsparameter

• Kommunikationsinstrumente • Kommunikationsmedien • Kommunikationsbudget

Strategien

• Bewusstseinsprogramm • Imageprogramm • Produkt-/Leistungsprogramm • Kundenprogramm

Instrumentelle Unterstützung

Marktforschung (Image-, Media-, Werbewirkungsforschung) insbesondere • Apparative Verfahren • Pre-/Posttests • Werbetrackings und Panels

Werttreiber

• Gross Rating Point (GRP) • Klick-Rate • Konversionsrate • Clipping-Rate

Optimierungskriterium

Kundennutzen

als Beispiele

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Kommunikation“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

219

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Grenzen Sie die Begriffe „Signalisierung“ und „Kommunikation“ voneinander ab.

(2)

Erläutern Sie die Grundstruktur der werblichen Kommunikation (Kommunikationssystem).

(3)

Welche Aufgaben und Elemente hat ein Kommunikationsmodell?

(4)

An welche Zielpersonen wendet sich ein Bewusstseinsprogramm? In welchen Situationen ist der Einsatz eines Bewusstseinsprogramms besonders sinnvoll?

(5)

Welche Zielpersonen spricht das Imageprogramm an? Welches sind die Ziele eines Imageprogramms?

(6)

Worin unterscheidet sich das Produkt-/Leistungsprogramm vom Kundenprogramm?

(7)

Welche Dimensionen beinhaltet ein integriertes Kommunikationskonzept?

(8)

Auf welche Maßnahmen zielen „Below-the-line“-Kommunikationsinstrumente ab?

(9)

Erläutern Sie das AIDA-Modell der klassischen Werbung.

(10) Welche grundlegenden Gestaltungsmuster haben sich für die inhaltliche Übersetzungsbzw. Inszenierungsform einer Werbebotschaft herausgebildet? (11) Auf welche formalen Aspekte sollte bei der typografischen Gestaltung einer Werbeanzeige besonders geachtet werden? (12) Welche Bedeutung hat die Verwendung von Bildern bei der Vermittlung emotionaler Werbebotschaften? Welche Verfahren aus der Imagery-Forschung stehen dem Werbegestalter zur Verfügung? (13) Welche Chancen, aber auch welche besonderen Gefahren bestehen bei der TestimonialWerbung? (14) Welche drei grundlegenden Werbeformen lassen sich bei der Online-Werbung unterscheiden? (15) Welche beiden Grundformen kennt das Suchmaschinen-Marketing? Welche Vorteile bietet das Suchmaschinen-Marketing gegenüber der klassischen Werbung? (16) Welche grundsätzlichen Vor- und Nachteile sind mit der Web 2.0-Entwicklung für das werbende Unternehmen verbunden? (17) Welche Zielgruppen der Verkaufsförderung sind für das B2B-Marketing ausschließlich relevant? (18) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring und Corporate Social Responsibility (CSR). (19) Grenzen Sie „Product Placement“ und „Product Publicity“ voneinander ab. (20) Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem „Konvergenzeffekt“ und dem „Kannibalisierungseffekt“ in der Medienbranche?

5. DISTRIBUTION

5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution ........................................................................... 223 5.2 Grundlagen des Distributionssystems ...................................................................... 225 5.3 Distribution im B2C-Bereich ................................................................................... 230 5.3.1 Distributionskanäle ......................................................................................... 230 5.3.2 Entwicklungstendenzen im Einzelhandel ....................................................... 232 5.3.3 Distributionsstrategien .................................................................................... 235 5.4 Distribution im B2B-Bereich ................................................................................... 237 5.4.1 Direkter Vertrieb............................................................................................. 237 5.4.2 Indirekter Vertrieb .......................................................................................... 237 5.5 Distributionslogistik ................................................................................................. 241 5.5.1 Grundlagen der Distributionslogistik ............................................................. 241 5.5.2 Lagerhaltung ................................................................................................... 241 5.5.3 Lagerstandorte ................................................................................................ 242 5.5.4 Transport ......................................................................................................... 243 5.6 Optimierung der Kundennähe .................................................................................. 244 5.6.1 Aktionsparameter............................................................................................ 244 5.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 244 5.6.3 Werttreiber ...................................................................................................... 245 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 247

222

5. Distribution

5. DISTRIBUTION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil • Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

Distribution Akquisition

Betreuung

+ Kundennähe

+ Kundenzufriedenheit

+ Kundenakzeptanz

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterium © Dialog.Lippold

Entscheidungen im Aktionsfeld Distribution haben strukturell-bindenden Charakter, d. h. sie sind nicht so ohne weiteres wieder revidierbar. Insbesondere die Einrichtung von mehreren Distributionskanälen (engl. Multi Channel) hat z. T. erhebliche Auswirkungen auf andere Aktionsfelder wie Segmentierung, Positionierung und Kommunikation. Da sich die Distributionssysteme im B2C-Bereich mit vornehmlich indirekten Vertriebswegen im Allgemeinen deutlich von denen des B2B-Bereichs mit hauptsächlich direktem Vertrieb unterscheiden, werden beide Bereiche weitgehend getrennt behandelt.

5.1 Aufgabe und Ziel der Distribution

5.1

223

Aufgabe und Ziel der Distribution

Die Distribution ist das vierte Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses. Sie umfasst im Wesentlichen die Festlegung der Distributionsformen, die Wahl der Distributionskanäle und der jeweils einzuschaltenden Distributionsorgane (Channel Policy). Die Distribution zielt somit auf die Optimierung der Kundennähe: Kundennähe = f (Distribution) → optimieren! Die Notwendigkeit zur Optimierung der Kundennähe und dem damit verbundenen Aufbau einer schlagkräftigen Vertriebsorganisation ergibt sich zwangsläufig durch den Wunsch nach Ausweitung des potentiellen Kundenkreises. Die Optimierung hat sich daher an den Zielen des Aktionsfeldes Distribution zu orientieren. Ausgehend von den übergeordneten Umsatzund Marktanteilszielen können bspw. folgende Zielgrößen zugrunde gelegt werden [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 563 f.]:     

Erhöhung der Marktabdeckung Reduzierung der Distributionskosten, Erhöhung des Distributionsgrades, Vermeidung distributionsspezifischer Risiken, Kontrollierbarkeit der Distributionskanäle.

Beim Aktionsfeld Distribution steht die Frage im Vordergrund, wie die Produkte und Leistungen des Unternehmens am besten an die Kunden herangetragen werden können [vgl. BECKER 2009, S. 528]. Diese zentrale Frage wird im B2C-Marketing teilweise grundlegend anders beantwortet als im B2B-Marketing. In Abbildung 5-01 sind die wesentlichen Unterschiede zusammengefasst dargestellt.

B2C-Marketing

B2B-Marketing

Beherrschung der Distributionskanäle

Dominanz des Handels

Dominanz des Herstellers

Tiefe der Distributionskanäle

Oft viele Stufen

Keine oder nur wenige Stufen

Anteil des Geschäfts durch indirekten Vertrieb

Sehr hoch, nur geringe Direktverkäufe

Eher gering, Direktverkäufe überwiegen

Auswahl der Distributionskanäle durch den Kunden

Groß, da ein Produkt sehr häufig über mehrere Kanäle angeboten wird

Gering, da ein Produkt nur über sehr wenige Kanäle angeboten wird (meist sogar nur ein Kanal)

Existenz und Bedeutung von Großkunden

Eher gering

Sehr groß

Abb. 5-01:

Distributionsschwerpunkte im B2C- und B2B-Marketing [Quelle: GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 257]

224

5. Distribution

Grundsätzlich lässt sich das Aktionsfeld Distribution in die akquisitorische und in die physische Distribution unterteilen. Bei der akquisitorischen Distribution geht es um Entscheidungen über die Wahl des richtigen Distributionssystems mit seinen Komponenten Distributionsorgane, Distributionskanäle und Distributionsformen. Die physische Distribution, die hier als Distributionslogistik bezeichnet wird, befasst sich mit seinen Subsystemen Lagerhaltung, Transport und Auftragsabwicklung mit den räumlichen und zeitlichen Strukturen der Warenverteilung. Abbildung 5-02 gibt einen Überblick über die hier gewählte Gliederung des Aktionsfeldes Distribution.

Distribution

Akquisitorische Distribution

• Distributionsorgane • Distributionskanäle • Distributionsformen

Akquisitorisches Distributionssystem

Abb. 5-02:

Physische Distribution

• Lagerhaltung • Transport • Auftragsabwicklung

Physisches Distributionssystem

Gliederung des Aktionsfeldes „Distribution“

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

5.2

225

Grundlagen des Distributionssystems

Das (akquisitorische) Distributionssystem (auch als Vertriebssystem bezeichnet) stellt die institutionelle und strukturelle Grundlage des Aktionsfeldes Distribution dar. Die Komponenten des (akquisitorischen) Distributionssystems sind die Distributionsorgane (auch Vertriebsoder Absatzorgane), die Distributionskanäle (auch Vertriebs- oder Absatzwege) und die Distributionsformen (direkter/indirekter Vertrieb) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 830]. Abbildung 5-03 gibt einen Überblick über die Komponenten des akquisitorischen Distributionssystems.

Distributionssystem

Distributionsorgane

Distributionskanäle

Distributionsformen

• Unternehmensinterne Organe

• Einkanalsystem

• Direkter Vertrieb

• Unternehmensexterne Organe

• Mehrkanalsystem

• Indirekter Vertrieb

Abb. 5-03:

Elemente eines Distributionssystems

(1) Distributionsorgane Zu den Distributionsorganen zählen alle unternehmensinternen und unternehmensexternen Personen, Abteilungen und Institutionen, die an den Vertriebsaktivitäten eines Unternehmens beteiligt sind. Unter räumlich-organisatorischen Gesichtspunkten lassen sich die unternehmensinternen Distributionsorgane in den Vertriebsinnendienst und in den Vertriebsaußendienst unterteilen. Zu den Abteilungen der Innenorganisation zählen im Allgemeinen 

die zentrale Vertriebsleitung (Vertriebsmanagement) zur Steuerung und Kontrolle aller Vertriebsaktivitäten sowie zur Herbeiführung besonders wichtiger Verkaufsabschlüsse,



der akquisitorische Vertriebsinnendienst mit direktem Kontakt zu (wichtigen) Kunden inkl. Inbound Call Center (siehe 3.4.4),



der administrative Vertriebsinnendienst für die Auftragsabwicklung (Vertriebslogistik) und ggf. in Verbindung mit einer E-Commerce-Abteilung für die Abwicklung des internetgestützten Vertriebs,



die Versandabteilung für die versandtechnische Abwicklung des Verkaufs,



der Kundendienst für die Auskunftserteilung bei auftretenden Problemen und die Erbringung von Reparatur- und Wartungsdienstleistungen.

Der Vertriebsaußendienst, der häufig regional gegliedert und in Niederlassungen zusammengefasst ist, ist in seiner Region verantwortlich für die Akquisition von Neukunden, die

226

5. Distribution

Pflege des vorhandenen Kundenstamms, die Betreuung von Vertriebspartnern (z. B. Händler) sowie für das Key Account Management (Betreuung von Groß- bzw. Schlüsselkunden). Bei den unternehmensexternen Distributionsorganen muss differenziert werden zwischen unternehmensgebundenen Organen und unabhängigen Distributionsorganen. Zu den unternehmensgebundenen Organen, bei denen eine wirtschaftliche Abhängigkeit zum Unternehmen vorliegt, zählen insbesondere 



Vertragshändler, die zwar rechtlich selbständig, aber voll in die Vertriebsstrategie des Anbieters eingebunden sind (z. B. Vertragshändlersysteme in der Automobilbranche oder der Mineralölvertrieb über Tankstellen) sowie Franchise-Systempartner, der mit Abschluss eines entsprechenden Vertrages das Recht sowie die Pflicht zu einer Beteiligung am Marktauftritt des Franchise-Gebers und damit zur Nutzung des Marketingkonzeptes des Anbieters übernimmt (z. B. MCDONALD’S, FOTO QUELLE, TUI/FIRST-Reisebüros) [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 830 ff.].

Bei den vom Unternehmen unabhängigen Distributionsorganen handelt es sich um rechtlich selbständige Absatzmittler bzw. -helfer. Zu dieser Gruppe zählen u. a. 

Großhandelsunternehmen (engl. Wholesaler), deren Kunden gewerbliche Nachfrager (Einzelhandel, Weiterverarbeiter oder behördliche Großverbraucher) sind und deren Verkauf üblicherweise in großen Mengen erfolgt.



Einzelhandelsunternehmen (engl. Retailer), deren Kunden private Nachfrager (Endverbraucher) sind. Auf die verschiedenen Betriebsformen des Einzelhandels wird in Abschnitt 5.3.3 eingegangen.



Handelsvertreter, die als selbständige Gewerbetreibende entweder nur für einen Anbieter (Einfirmenvertreter) oder für mehrere Unternehmen (Mehrfirmenvertreter) in fremden Namen für fremde Rechnung Geschäfte vermitteln. Im B2B-Bereich sind dieser Gruppe die sog. Value-Added-Reseller (VAR) zuzurechnen (z. B. Softwarehaus, das neben seiner eigenen Software auch die entsprechende Hardware mit verkauft (vermittelt)).



Kommissionäre, die im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Auftraggebers tätig sind. Regelmäßige Kommissionsverhältnisse spielen im Buch-, Zeitschriften- und Kunsthandel, im Gebrauchtwagenmarkt sowie im Effektenhandel der Banken eine Rolle.



Makler, die den Abschluss von Verträgen über die Beschaffung oder Veräußerung von Produkten oder andere Geschäfte (z. B. Vermietung von Wohnungen) vermitteln, ohne damit ständig von ihren Auftraggebern betraut zu sein.

In Abbildung 5-04 sind die wichtigsten Distributionsorgane im Überblick dargestellt.

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

227

Distributionsorgane

Unternehmensinterne Distributionsorgane

Vertriebsinnendienst

Unternehmensexterne Distributionsorgane

Vertriebsaußendienst

• Zentrale Vertriebsleitung

• Regionale Vertriebsleitung

• Akquisitorischer Innendienst

• Außendienstmitarbeiter

• Administrativer Innendienst

Unternehmensgebundene Distributionsorgane

Unabhängige Distributionsorgane

• Vertragshändler

• Großhandel

• FranchiseSystempartner

• Einzelhandel • Handelsvertreter

• Key-Account-Manager

• Kommissionär • Makler

• Versand • Kundendienst

Abb. 5-04:

Distributionsorgane im Überblick [Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 832]

(2) Distributionskanäle Distributionskanäle (bzw. Vertriebs- oder Absatzwege) entstehen durch die Auswahl und Kombination der obigen Distributionsorgane. Die Festlegung der Distributionskanäle ist strukturell-bindend, d. h. sie ist kurz- und mittelfristig nur mit erheblichem organisatorischen Aufwand und entsprechenden Kosten revidierbar. Entscheidungen im Zusammenhang mit der Auswahl der Distributionskanäle haben also Grundsatzcharakter [vgl. BECKER 2009, S. 528].

Endverbraucher

Hersteller

Typische B2CDistributionskanäle

Typische B2BDistributionskanäle

Hersteller

Hersteller

Großhandel

Einzelhandel

Endverbraucher

Hersteller

Großhandel

Handwerk

Endverbraucher

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Abb. 5-05:

Endverbraucher

Einzelhandel

Typische Distributionskanäle

Verwender

Händler/Distributoren/VARs

Absatzmittler

Kunde

Verwender

228

5. Distribution

In der Praxis hat sich eine Vielzahl von Distributionskanälen herausgebildet, von denen einige wichtige in Abbildung 5-05 dargestellt sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass viele Unternehmen sich nicht nur auf einen Distributionskanal festlegen. Begünstigt durch die Möglichkeiten der Online-Vermarktung nutzen diese Unternehmen mehrere Distributionskanäle für den Absatz ihrer Produkte. Solche Mehrkanalsysteme (engl. Multi-Channel) sind in sehr unterschiedlichen Branchen zu finden (z. B. Fluggesellschaften, Automobilhersteller, Versicherungsgesellschaften). (3) Distributionsformen Die Distributionsform steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Distributionskanälen und betrifft die Auswahlentscheidung zwischen direktem und indirektem Vertrieb. Der direkte Vertrieb ist dadurch gekennzeichnet, dass der Hersteller den Absatz seiner Produkte in eigener Regie, d. h. mit seinen unternehmenseigenen Distributionsorganen durchführt. Der Vertrieb erfolgt über eigene Verkaufsabteilungen, Verkaufsniederlassungen, den eigenen Außendienst mit sog. Reisenden sowie über das Internet. Der direkte Vertrieb ist für die Herstellerunternehmen des B2B-Bereichs erst durch die Möglichkeiten des Internets wieder interessant geworden. Demgegenüber schaltet der Hersteller beim indirekten Vertrieb bewusst unternehmensfremde, rechtlich selbständige Distributionsorgane ein. Wird nur eine externe Handelsstufe (z. B. nur der Einzelhandel) eingeschaltet, so spricht man von einem einstufigen indirekten Vertrieb. Ein zwei- oder mehrstufiger Vertrieb liegt vor, wenn zwei oder mehrere Handelsstufen für den Absatz eines Produktes in Anspruch genommen werden. Abbildung 5-06 zeigt die wichtigsten Distributionsformen im Überblick.

Direkter Vertrieb (Schwerpunkt B2B)

Indirekter Vertrieb (Schwerpunkt B2C)

Persönlicher Direktvertrieb

InternetVertrieb

Einstufig

Zweistufig

Dreistufig

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Hersteller

Hersteller (Fach-) Großhandel

Endkunde

Abb. 5-06:

Endkunde

Großhandel

(Sortiments-) Großhandel

Einzelhandel

Einzelhandel

Einzelhandel

Endkunde

Endkunde

Endkunde

Typische Distributionsformen [Quelle: BECKER 2009, S. 528]

5.2 Grundlagen des Distributionssystems

229

Während im B2C-Bereich der indirekte Vertrieb (vornehmlich über den Groß- und Einzelhandel) dominiert, ist der direkte Vertrieb im B2B-Marketing die vorherrschende Distributionsform. Wie Abbildung 5-07 zeigt, lässt sich hier allerdings keine eindeutige Trennungslinie ziehen.

100%

Indirekter Vertrieb Vertriebsvolumen

Direkter Vertrieb Direkter Vertrieb

0% Pharma

Abb. 5-07:

Automobilhersteller

Konsumgüterindustrie

Textilu. Bekleidungsindustrie

Computeru. Elektrogerätehersteller

Tourismus

Versicherungen

Airlines

Telekommunikation

Versorger

Medien

Softwarehersteller

UnterBaunehmens- stoffberatung hersteller

Großanlagen, Schiffe

Direkte und indirekte Vertriebsanteile in ausgewählten Branchen [Quelle: GRUeigene Einschätzungen]

NER + JAHR, FACTIVA,

230

5.3

5. Distribution

Distribution im B2C-Bereich

5.3.1 Distributionskanäle Im B2C-Marketing herrschen nach wie vor jene Distributionskanäle vor, in denen der Einzelhandel die führende Rolle bei der Vermarktung einnimmt. Die zunehmende Konzentration im Einzelhandel hat in Verbindung mit der wachsenden Attraktivität von Handelsmarken allerdings zu einem intensiven Regalplatzwettbewerb insbesondere bei schnelldrehenden Konsumgütern (engl. Fast Moving Consumer Goods) geführt. Daher wird es für die Herstellerunternehmen zunehmend schwieriger, ihre Marketingkonzepte eigenständig durchzusetzen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 566 f.]. Parallel zu dieser Entwicklung gewinnt das Internet als Distributionskanal für Waren und Dienstleitungen ständig an Bedeutung. Nach einer repräsentativen Umfrage des BITKOM kauften 2010 sechs von zehn Deutschen (59 Prozent) im Internet ein – deutlich mehr als der Durchschnitt der EU-Bürger (40 Prozent). Und auch weitere Umfrageergebnisse des BITKOM machen die zunehmende Internet-Attraktivität für Konsumenten für die verschiedensten Branchen deutlich [Quelle: diverse BITKOM-Pressemitteilungen]: 

Zehn Millionen Bundesbürger haben schon PC- oder Videospiele im Internet gekauft [15.06.2011].



Waren es 2009 erst 24 Prozent, so haben 2011 bereits 37 Prozent der deutschen Internetnutzer Musik im Web gekauft. Das entspricht 19 Millionen Bundesbürgern [17.05.2011].



Nach Berechnungen des BITKOM machen die deutschen Blumenhändler jährlich mehr als 300 Millionen Euro Umsatz im Internet. Etwa jeder zehnte Blumenstrauß kommt über das Web [04.05.2011].



Rund 4,5 Millionen Deutsche kaufen Lebensmittel über das Internet. Das entspricht neun Prozent aller Internetnutzer in Deutschland. Damit hat sich die Zahl seit 2009 verdreifacht [20. 01 2011].



Fast jeder zehnte Bundesbürger (9 Prozent) hat schon eine Kfz-Versicherung online abgeschlossen [18.10.2010].



2009 wurden über eine Million Flachbild-Fernseher über das Internet abgesetzt, über 25 Prozent mehr als ein Jahr zuvor [25.06.2010].

Angesichts dieser und ähnlicher Umfrageergebnisse einerseits und dem immer härteren „Kampf um die Regalplätze“ andererseits gehen immer mehr Unternehmen im B2C-Bereich dazu über, ihre bisherigen Distributionssysteme neu zu formieren. Sie suchen nach alternativen Distributionskanälen und sprechen die Kunden gleichzeitig über Internet, Fachhandel, Discounter oder auch über den Versandhandel an. Einige Beispiele für solche Mehrkanalsysteme sind [vgl. SCHÖGEL/PERNET 2008, S. 3]:

5.3 Distribution im B2C-Bereich

231



TCHIBO verkauft seine Produkte nicht nur über ca. 1.000 eigene Filialen und über rund 17.000 Shop-in-Shop-Systeme sondern auch über den klassischen Versandhandel und über den Internet-Versandhandel.



Die DEUTSCHE BAHN hat ihren dauerhaften Vertrieb über Bahnhöfe, Reisebüros und Internet temporär durch zusätzliche Verkaufsaktionen über bestimmte Vertriebspartner (z. B. TCHIBO) ergänzt.



Zigarettenkonzerne wie BAT, REEMTSMA oder PHILIP MORRIS nutzen bis zu sechs unterschiedliche Distributionskanäle: Automaten, Lebensmitteleinzelhandel, Tabakgeschäfte, Kioske, Gaststätten und Tankstellen.



Der Befestigungshersteller HILTI setzt neben dem Direktvertrieb über den eigenen Außendienst einen Telefonverkauf und Shop-in-Shop Konzepte (HILTI Shops) als Vertriebswege ein.



Die deutsche LUFTHANSA setzt zur Distribution eigene Verkaufsbüros, selbstständige Reisebüros, Tour-Operator, Broker, das Internet sowie mehrere Call Center ein.



Der Kosmetikanbieter AVON als weltweit größte Direktvertriebsorganisation vertreibt seine Leistungen nicht mehr nur über einen Haustürverkauf, sondern setzt inzwischen auch einen Versandhandel und Home Order Television als Vertriebsweg ein.

Ein weiteres Beispiel für gravierende Änderungen im Distributionssystem, die durch die Internet-Nutzung eingetreten sind, ist der Buchhandel. Abbildung 5-08 zeigt die verschiedenen Distributionskanäle für den Absatz von Büchern. Direkter Vertrieb Autor

Leser Kann künftig für Autoren interessant werden

Abb. 5-08:

Indirekter Vertrieb

Autor

Autor

Autor

Autor

Verlag

Verlag

Verlag

Verlag

Großhandel „Barsortiment“

Elektronischer Buchhändler

Einzelhandel

Einzelhandel „Sortiment“

Leser

Leser

Leser

z.B. Loseblattwerke im Rechtsund Steuerberatungsbereich „Desintermediation“

Nichtbuchhändlerischer EH wie Discounter, Supermärkte, Gartencenter

Klassischer Absatzkanal im Buchhandel

Leser z. B. Amazon „Reintermediation“

Distributionskanäle im Buchhandel [Quelle: GLÄSER 2008, S. 544]

Für die Wahl eines Mehrkanalsystems spricht die breitere Marktabdeckung, ein besserer Risikoausgleich, ggf. eine höhere Wirtschaftlichkeit und der Einsatz kundengerechter Metho-

232

5. Distribution

den. Diesen Chancen stehen aber auch einige Risiken gegenüber. So kann der parallele Einsatz von verschiedenen Kanälen zur Verwirrung der Kunden und zu Konflikten zwischen den Kanälen führen. Auch bestehen die Gefahren des Kontrollverlustes und der Suboptimierung durch die zunehmende Komplexität des Distributionssystems. Während in der Regel eine isolierte Betrachtung des einzelnen Distributionskanals eine ganze Reihe von Vorteilen für den Anbieter erkennen lässt, besteht die Herausforderung des Managements eines Mehrkanalsystems darin, den neuen Distributionskanal in das Distributionssystem zu integrieren [vgl. SCHÖGEL/PERNET 2008, S. 5 ff.]. Die Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen sind in Abbildung 5-09 gegenübergestellt.

Chancen von Mehrkanal-Systemen

Risiken von Mehrkanal-Systemen

• Erhöhte Marktabdeckung durch Gewinnung neuer Nachfragersegmente und kanalübergreifendes Cross Selling

• Verwirrung und Verärgerung der Kunden durch eine nicht integrierte und kanalübergreifende Betreuung

• Einsatz kundengerechterer Methoden, da sich die Bedürfnisse der Kunden innerhalb eines Segments deutlich unterscheiden und durch mehrere Kanäle besser angesteuert werden können

• Konflikte zwischen den Absatzkanälen reduziert das Vertriebsengagement der Kanäle

• Multiple Kundenbindung durch ein Netzwerk an Geschäfts- und Servicebeziehungen mit dem Kunden • Risikoausgleich, da sich die Abhängigkeit von nur einem Distributionskanal verringert

Abb. 5-09:

• Kontrollverlust durch zu hohe Komplexität • Hohe Investitionskosten beim Aufbau in Verbindung mit einem hohen Koordinationsaufwand • Entstehung von Markenimageirritation durch fehlende Abstimmung der Distributionskanäle

Chancen und Risiken von Mehrkanalsystemen [in Anlehnung an MEFFERT et al. 2008, S. 580].

5.3.2 Entwicklungstendenzen im Einzelhandel Der Handel und hier insbesondere der Einzelhandel als wichtigstes externes Distributionsorgan der Hersteller war und ist durch einen grundlegenden Wandel in folgenden Bereichen gekennzeichnet [vgl. BECKER 2009, S. 534]: 

Starke Konzentration durch Fusionen, Filialisierung und Verbundgruppen wie Einkaufvereinigungen und freiwillige Ketten,



Grundlegende Verschiebungen bei den Betriebsformen des Einzelhandels,



Änderung des Konsumentenverhaltens (Stichwort „Hybrider Konsument“) und des Einkaufsverhaltens durch neue Kommunikationstechnologien (Stichwort „Electronic Shopping“).

(1) Konzentration im Einzelhandel Der fortschreitende Konzentrationsprozess im Einzelhandel lässt sich besonders gut am Lebensmitteleinzelhandel festmachen. Erzielten im Jahre 1999 die acht größten Handelsunter-

5.3 Distribution im B2C-Bereich

233

nehmen zusammen einen Marktanteil von 70 Prozent, kommen inzwischen die vier größten Lebensmitteleinzelhändler (EDEKA, REWE, die SCHWARZ-Gruppe (LIDL und KAUFLAND) sowie die METRO Gruppe) auf einen Marktanteil von zusammen 85 Prozent [Quelle: DIWPressemitteilung vom 30.03.2011]. Die Belieferung dieser vier Handelsketten ist daher für jeden Hersteller nahezu unverzichtbar. Die daraus resultierende Handelsmacht hat einerseits zur Schaffung und Durchsetzung eigener Marketingkonzepte geführt (→ Handelsmarkenkonzepte) und andererseits den Druck auf die Margen schnell drehender Konsumgüter weiter verstärkt. (2) Dynamik der Betriebsformen Die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Handels mit ihren wesentlichen Merkmalen werden auch als Betriebsformen bezeichnet. Zur Charakterisierung der Betriebsformen des Einzelhandels werden besonders häufig folgende Merkmale herangezogen [vgl. MÜLLERHAGEDORN 2005, S. 82]: 

Art des Standortes (z. B. klassisches Warenhaus in City-Lage, SB-Warenhaus auf der „grünen Wiese“),



Größe der Verkaufsfläche (z. B. Fachgeschäft < 500 qm, Kaufhaus > 2.000 qm),



Sortiment (z. B. Warenhaus mit einem umfassenden, breiten und tiefen Sortiment, Fachgeschäft mit einem begrenzten, tiefen und modisch betonten Sortiment),



Art des Kundenkontaktes (z. B. Fachgeschäft persönlich, Versandhandel unpersönlich),



Art der Preisstellung (z. B. Supermarkt normal, Discounter beträchtlich unter normal).

Die Dynamik der Betriebsformen zeichnet sich dadurch aus, dass fortlaufend neue Betriebsformen entstehen (E-Commerce, Teleshopping), bestimmte Betriebsformen zu Lasten anderer wachsen (Discounter verdrängen Fachhandel) und weitere Betriebsformen an Bedeutung verlieren oder schließlich ganz vom Markt verschwinden („Tante-Emma-Läden“). Besonders auffallend ist, dass sich das Discount- und Fachmarktsegment zur umsatzstärksten Handelsschiene entwickelt hat. In diesem Segment dominieren Lebensmittel, Unterhaltungselektronik, Elektrogeräte, Drogerieartikel sowie der Bau- und Heimwerkerbedarf. Die Lebensmitteldiscounter präsentieren sich gegenüber den klassischen Supermärkten mit einem sehr niedrigen Preisniveau und stark eingeschränktem Sortiment. Bei der Betriebsform der Lebensmitteldiscounter haben sich zwei Hauptrichtungen herauskristallisiert: die HardDiscounter und die Soft-Discounter. Hard-Discounter führen ein 500 bis 1.000 Artikel umfassendes Kernsortiment, bei dem der Angebotsschwerpunkt auf Eigenmarken liegt. Typische Vertreter dieses Typs sind ALDI, LIDL UND PENNY. Demgegenüber bieten Soft-Discounter ein auf 2.000 bis 2.500 Artikel erweitertes Kernsortiment an. Angebotsschwerpunkt sind Markenartikel. PLUS und SCHLECKER sind typische Vertreter dieser Discountkategorie. Generell sprechen Lebensmitteldiscounter inzwischen nahezu alle Einkommensschichten an, d. h. sie wandelten sich zur allseits akzeptierten Einkaufseinrichtung und sind auch eine beliebte Anlaufstelle für „Smart Shopper“ [Quelle: PFEIFFER 2011 unter Bezugnahme auf diverse Studien der BBE-Unternehmensberatung].

234

5. Distribution

Auch das Internet als Distributionskanal und E-Commerce als entsprechende Betriebsform hat seit den beträchtlichen Kapitalinvestitionen von JEFF BEZO (AMAZON) an Momentum gewonnen, dessen weitere Entwicklung auf die Einzelhandelsstrukturen noch gar nicht abzusehen ist. Abbildung 5-10 zeigt die deutlichen Verschiebungen bei den Betriebsformen des Einzelhandels seit 1995. Betriebsformen im Einzelhandel nach Anteilen 1995 und 2010 100% 90% 80% 70% Sonstige

60%

Online-Handel Kauf-/Warenhäuser

50%

Verbrauchermärkte

40%

Fachgeschäfte Discounter/Fachmärkte

30% 20% 10% 0% 1995

Abb. 5-10:

2010

Entwicklung der Marktanteile der Betriebsformen von 1995 bis 2010 [Quelle: PFEIFFER 2011]

(3) Änderung des Konsumenten- und Einkaufsverhaltens Während sich in den 80er und 90er Jahren die Kundennachfrage vorwiegend auf Angebote mittleren Preises und durchschnittlicher Qualität konzentrierte, führten ein verändertes Rollenverständnis, gewandelte Haushaltsgrößenstrukturen, veränderte Zeitbudgets, verstärkte Einkommensdifferenzierung und neue Konsumtrends zu einer Polarisierung der Konsumentennachfrage. Der Verbraucher stellt sich heute zunehmend als hybrider Konsument dar. Auf der einen Seite lässt er sich seine Wünsche (z. B. Qualität, Marke, Design, Gourmet-Genüsse) viel kosten und auf der anderen Seite kauft er die Güter des täglichen Bedarfs sehr preisbewusst. Diese polarisierenden Konsumstile lösen auch polarisierende Veränderungen in der Handelslandschaft aus. Hierzu zählt bspw. auch der Rollenverteilungskampf zwischen Versorgungs- und Erlebnishandel, aber auch die Uniformität der Innenstädte, die zunehmend von den Einzelhandelsbekleidungsketten dominiert werden, da sich die hohen Mieten in den 1A-Lagen für Fachgeschäfte nicht rechnen [vgl. BECKER 2009, S. 535]. Abbildung 5-11 zeigt sehr deutlich die Polarisierung und Konzentration der Marktsegmente im Einzelhandel.

5.3 Distribution im B2C-Bereich

235

Einzelhandelsumsatzanteile nach Preissegmenten in Prozent 100% 90%

24%

80%

34%

41% 52%

70% 60% 50%

49%

30%

Niedrigpreissegment 22%

Mittelpreissegment 12%

40%

Hochpreissegment

30% 20% 10%

27%

36%

37%

36%

1990

2000

2010

0% 1981

Abb. 5-11:

Entwicklung der Preissegmente im Einzelhandel von 1981 bis 2010 [Quelle: PFEIFFER 2011]

Insert 5-01 zeigt einen satirischen Beitrag zur zunehmenden Uniformität der Innenstädte.

Insert 5-01: Zur Uniformität der Innenstädte [Quelle: CICERO 09/2007] 5.3.3 Distributionsstrategien Im Vordergrund möglicher Strategieoptionen im B2C-Marketing steht die Wahl eines pushoder pull-orientierten Vorgehens. Während die Push-Strategie auf den Handel am Point of Sale (POS) gerichtet ist, zielt die Pull-Strategie auf den Endverbraucher.

236

5. Distribution

(1) Push-Strategie Bei der Push-Strategie versucht der Hersteller mit bestimmten Anreizen, seine Produkte in den Handel „hineinzudrücken“ (engl. Push). Push-Anreize können sich auf den „Hineinverkauf“ oder auf den „Herausverkauf“ beziehen. Beim „Hineinverkauf“ (engl. Sellin) geht es vornehmlich um die Gewährung finanzieller Anreize wie Listungsgelder, Einführungsrabatte oder Werbekostenzuschüsse. Beim „Herausverkauf“ (engl. Sell-out) werden Verkaufsförderungsmittel wie Verkaufsdisplays, Dekorationsmittel, Verkostungen, Probierpackungen, Regalbetreuung mit dem Handel vereinbart. Solche abverkaufsunterstützende Maßnahmen werden auch als Merchandising bezeichnet [vgl. PEPELS 1999, S. 12 ff.]. (2) Pull-Strategie Bei der Pull-Strategie setzen die Hersteller auf die Macht ihrer Produktmarken. Hier wird der Konsument direkt – also unter Umgehung des Handels – durch Kommunikationsmaßnahmen des Herstellers angesprochen („Sprungwerbung“). Der dadurch angeregte Bedarf beim Verbraucher initiiert eine Sogwirkung und damit ein „Herausziehen“ (engl. Pull) der Produkte aus den Regalen. Durch diese Mobilisierung der Verbrauchernachfrage soll sich der Handel veranlasst sehen, entsprechend starke Marken („Mussmarken“) des Herstellers im Sortiment zu führen [vgl. BECKER 2009, S. 596 f.]. In Abbildung 5-12 ist der Zusammenhang zwischen Push- und Pull-Strategie verdeutlicht. Pull-Strategie Nachfragesog z. B. durch • Endverbraucherwerbung („Sprungwerbung“) • Profilierung der Marke („Mussmarke“)

Push-Strategie

Hersteller

Abb. 5-12:

Handel

Kunsument

„Hineinverkauf“

„Herausverkauf“

z. B. durch • Listungsgelder • Einführungsrabatte • Werbekostenzuschüsse

z. B. durch • Verkaufsdisplays • Dekorationsmittel • Verkostungen • Probierpackungen • Regalbetreuung

Push- und Pull-Strategie [in Anlehnung an Meffert et al. 2008, S. 593]

5.4 Distribution im B2B-Bereich

5.4

237

Distribution im B2B-Bereich

5.4.1 Direkter Vertrieb Einer der Hauptgründe für den Vertrieb über die eigene Organisation liegt in der absoluten Loyalität der eigenen Vertriebsmitarbeiter, die sich ausschließlich für die Vermarktung des eigenen Produkt- und Leistungsprogramms einsetzen können und müssen. Ein weiteres Argument für den Direktvertrieb sind die erforderlichen Kenntnisse beim Vertrieb von erklärungs- bzw. beratungsintensiven Produkten [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 259]. Um hochgesteckte Distributionsziele zu erreichen, reicht es somit nicht aus, die Vertriebsorganisationen rein zahlenmäßig auf- bzw. auszubauen. Es ist vielmehr zusätzlich zu gewährleisten, dass die Vertriebsmitarbeiter den hohen Informations- und Beratungsansprüchen mit einem umfassenden Wissensstand und hinreichender Qualifikation entsprechen [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 17 f.]. Damit ist neben der quantitativen Dimension, die sich durch die neu entstandenen Abnehmerkreise ergibt, auch das Qualifikationsproblem angesprochen. Mitarbeiter eines Direktvertriebs treten dem Kunden i. d. R. mit einem größeren Problemverständnis gegenüber als eine indirekte Vertriebsorganisation, deren Beratungsleistung häufig zu wünschen übrig lässt. Wesentlicher Vorteil des Direktvertriebs ist seine Akzeptanz als kompetenter Problemlöser, denn nur für die Vertriebsmitarbeiter der eigenen Organisation lassen sich ein umfassender Wissensstand und eine hinreichende Qualifikation sicherstellen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass im B2B-Bereich in aller Regel der direkte Vertrieb vorherrscht. Diesen Vorteilen des direkten Vertriebs stehen allerdings auch kosten- und kapazitätsmäßige Nachteile gegenüber. Die Personalkosten für die eigene Vertriebsorganisation müssen im Wesentlichen als fix angesehen werden, da eine kapazitätsmäßige Personalanpassung an Markt- bzw. Nachfrageschwankungen nur in sehr engen Grenzen möglich ist. Da sich im B2B-Bereich ein (komplexes) Kundenproblem häufig nicht allein mit den Produkten eines einzelnen Anbieters lösen lässt, ist der Direktvertrieb zudem gezwungen, in Generalunternehmerschaften oder ähnliche Vertragskonstruktionen einzusteigen [vgl. GODEFROID/ PFÖRTSCH 2008, S. 260].

5.4.2 Indirekter Vertrieb (1) Vertriebskooperationen Obwohl nach wie vor der direkte Vertriebsweg im B2B-Geschäft vorherrscht, gibt es aus Sicht der Herstellerunternehmen mehrere Optionen, Produkte und Leistungen auch indirekt zu distribuieren. Aufgrund der Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit dieser Leistungen sind die indirekten Vertriebswege vornehmlich durch zwischenbetriebliche Kooperationen gekennzeichnet. Hierzu zählen im Wesentlichen:

238

   

5. Distribution

Vertrieb über Händler/Distributoren (insbesondere im IT-Bereich) Vertrieb über Value-Added-Reseller (VARs) Vertrieb über Original Equipment Manufacturer (OEMs) Strategische Allianzen.

Zwischen den Begriffen „Händler“ und „Distributor“ soll im B2B-Geschäft nicht differenziert werden, weil beide Absatzmittler das gleiche Geschäftsmodell verfolgen: Sie kaufen vom Herstellerunternehmen Produkte ein und verkaufen diese nahezu unverändert an andere Händler oder an Endkunden weiter. Neben dem Vertrieb der Produkte übernimmt der Händler/Distributor auch die Beratung und Betreuung der Kunden und ggf. die entsprechende Werbung und Verkaufsförderung. Der Vertrieb über Händler/Distributoren ist für das Herstellerunternehmen i. d. R. immer dann vorteilhaft, wenn es sich um ein relativ geringes Umsatzvolumen pro Transaktion und um geografisch große Märkte handelt, die sich mit einem Direktvertrieb wirtschaftlich nicht sinnvoll abdecken lassen [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 265 ff.]. Der indirekte Vertrieb über Value-Added-Reseller (VAR) geht einen Schritt weiter als der Vertrieb über Distributoren. Während der Distributor das Produkt weitgehend unverändert anbietet, „veredelt“ der VAR das Produkt durch wesentliche eigene Komponenten und bietet dem Käufer eine vollständige Lösung an, bei der er das Produkt des Herstellers (z. B. Hardware) „mitverkauft“ und dafür eine Vermittlungsprovision erhält. Der entscheidende Unterschied zum Distributor besteht darüber hinaus darin, dass der VAR auf Rechnung des Herstellers verkauft und damit nicht Eigentümer der Ware wird [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 268]. Als Original Equipment Manufacturer (OEMs) werden Unternehmen bezeichnet, die Produkte bzw. Komponenten des Herstellers in ihre eigenen Produkte einbauen. Für den Endkunden ist nicht so ohne weiteres erkennbar, welche Komponenten der OEM in seinen Produkten verwendet. OEMs sind für die Herstellerunternehmen zwar sehr wichtige, aber durchaus auch schwierige Partner. Dies gilt insbesondere dann, wenn der OEM über eine entsprechende Marktposition gegenüber dem Herstellerunternehmen verfügt und diesem dadurch erhebliche Preiszugeständnisse abringen kann. Ein Beispiel hierzu ist die Automobilbranche, in der die Automobilhersteller (also die OEMs) in Krisenzeiten häufig die Preise für die Zulieferindustrie diktieren. Einerseits ist der indirekte Vertrieb über OEMs aufgrund der hohen Mengenabnahmen sehr lukrativ, andererseits sind die Gefahren nicht zu unterschätzen, wenn der Hersteller in Abhängigkeit von OEMs gerät [vgl. GODEFROID/PFÖRTSCH 2008, S. 269]. Die strategische Allianz ist eine besonders intensive Form der Kooperation, bei der beide Partner das Ziel einer langfristigen Steigerung der Rentabilität und Ertragskraft (z. B. durch gemeinsame Markterschließung) verfolgen. Insbesondere für international ambitionierte Unternehmen stellt sich angesichts der zunehmenden Globalisierung die Frage, ob man künftig in verschiedenen Ländern seine Produkte anbieten will und vielleicht sogar als „Global Player“ agieren möchte oder ob man sich auf bestimmte, durchaus einträgliche Nischen im nationalen Bereich zurückziehen möchte [vgl. LIPPOLD 1998, S. 216].

5.4 Distribution im B2B-Bereich

239

(2) Vertrieb auf ausländischen Märkten Hat sich das Herstellerunternehmen entschieden, sein Produkt- und Leistungsprogramm auch über die Landesgrenzen hinaus zu vermarkten, so stehen ihm verschiedene Optionen zur Verfügung (siehe Abbildung 5-13): Als „strategische Urzelle“ des übernationalen Marketings ist prinzipiell der Export anzusehen. Hierbei werden die Kapital- und Managementleistungen vollständig im In- oder Stammland erbracht. Als zweite Stufe ist die Vergabe von Lizenzen anzusehen. Dabei werden befristete Patente oder eingetragene Warenzeichen ausländischen Unternehmen entgeltlich zur Nutzung überlassen, ohne allerdings großen Einfluss auf das Vermarktungskonzept zu haben. Beim Franchising nutzt der ausländische Franchise-Nehmer ein klar umrissenes, vertraglich festgelegtes Marketing- und Vertriebskonzept. Diese Stufe eignet sich besonders gut, um international weitgehend standardisierte Konzepte durchzusetzen. Das Joint Venture ist ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen dem Stammhaus und einem oder mehreren ausländischen Partnern. Die Gründung eines solchen Gemeinschaftsunternehmens, dessen Standort im Land des jeweiligen Partners liegt, wird vor allem dann vorgenommen, wenn das eigene Know-how für den Aufbau eigener Tochtergesellschaften bzw. Produktionsbetriebe fehlt. Beim stärkeren Ausbau des Auslandgeschäfts werden eigene Auslandsniederlassungen eingerichtet, die zumeist als Vertriebsniederlassungen konzipiert sind. Solchen Niederlassungen folgt häufig der Aufbau eigener Produktionsbetriebe und Tochtergesellschaften, die eine systematische Bearbeitung der Auslandsmärkte ermöglichen [vgl. BECKER 2009, S. 324 ff.].

100%

0%

Export Lizenzvergabe Franchising

Kapital- und Managementleistung im Stammland

Kapital- und Managementleistung im Gastland

Joint Venture Auslandsniederlassung Betrieb/ Tochter

0%

Abb. 5-13:

100%

Realisierungsstufen im übernationalen Marketing [Quelle: BECKER 2009, S. 324]

(3) Voraussetzungen für erfolgreiche Vertriebskooperationen Gleich, ob es sich um eine Vertriebspartnerschaft oder um eine strategische Allianz, ob es sich um ein inländisches oder um ein übernationales Engagement handelt, eine Partnerschaft muss von beiden Seiten „gelebt“ und ernst genommen werden. Sie ist nicht zum „Nulltarif“

240

5. Distribution

zu bekommen und sollte immer wieder überprüft werden. Generell können folgende Kriterien für eine erfolgversprechende Vertriebskooperation herangezogen werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 217]: 

Es sollte Konsens über die Beurteilung und Einschätzung der Marktsegmententwicklung (→ Chancen, Risiken) bestehen.



Es ist ein ernsthaftes Engagement beider Partner zur gegenseitigen Unterstützung erforderlich (→ Vertriebsschulungen, Vertriebssupport).



Die Marketing-Strategien beider Partner sollten mittel- und langfristig zusammen passen oder sich ergänzen.



Das gemeinsame Marktpotenzial sollte erfolgversprechend sein.



Synergien können genutzt und umgesetzt werden, d. h. eins plus eins sollte größer als zwei werden.



Qualität, Kompetenz und Anspruch beider Partner sollten übereinstimmen.

Beispiele für Vertriebskooperationen liefert der B2B-Bereich in ausreichender Anzahl. Dennoch sind viele Partnerschaften, die zu Beginn der Liaison teilweise sogar als „strategisch“ angekündigt wurden, nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwunden. In jedem Fall sollten klare Kooperationsvereinbarungen geschaffen werden. Zu den wichtigsten Punkten eines vertrieblich orientierten Kooperationsvertrages zählen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 217 f.]: 

Klare Aufgaben- und Zieldefinition sowie eine ebenso deutliche Abgrenzung des angestrebten Zusammenwirkens, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden;



Genaue Festlegung und Abgrenzung der einzelnen Marktsegmente, denen sich der jeweilige Partner widmet;



Regelungen über das vertriebliche Vorgehen bei Doppelkontakten;



Regelungen über Provisions- und Lizenzaufteilungen bei gemeinsamen vertrieblichen Vorgehen;



Schaffung gemeinsamer Kontrollgremien;



Vertragsdauer, Vertragskündigung, ggf. Erwerb und Verkauf von Kapitalanteilen.

Es wird häufig sehr viel Zeit in die vertraglichen Vereinbarungen einer Vertriebspartnerschaft bzw. einer strategischen Allianz investiert. Insbesondere Provisions- und Lizenzaufteilungsmodelle werden sehr intensiv und teilweise akademisch verhandelt. Doch nur wenn neben der Sach-, Kultur- und Marktidentität auch der gute Wille aller Mitarbeiter auf Dauer vorhanden ist, werden beide Vertragsparteien Nutznießer der Vertriebsallianz sein – unabhängig davon, welche Lizenzaufteilungen vereinbart worden sind.

5.5 Distributionslogistik

5.5

241

Distributionslogistik

5.5.1 Grundlagen der Distributionslogistik Neben den strategischen Entscheidungen der akquisitorischen Distribution (Festlegen der Distributionsorgane, Distributionskanäle und Distributionsformen) müssen in der physischen Distribution (→ Distributionslogistik) die räumlichen und zeitlichen Strukturen der Warenverteilung festgelegt werden. Aufgabe der Distributionslogistik (auch als Absatzlogistik (BECKER), Marketinglogistik (MEFFERT) oder Vertriebslogistik (HOMBURG/ KROHMER) bezeichnet) ist es, die räumliche und zeitliche Distanz zwischen der Erstellung und dem Verkauf bzw. der Übergabe des Produktes und den Verbraucher/Verwender zu überbrücken [vgl. BECKER 2009, S. 556 f.]. Im Wesentlichen sind es drei Entscheidungsfelder, die auf folgenden Subsystemen der physischen Distribution beruhen:   

Entscheidungen über die Lagerhaltung (→ Lagerhaltungssystem inkl. Verpackung) Entscheidungen über Lagerstandorte (→ Lagerstandortsystem) Transportentscheidungen (→ Transportsysteme).

Zur Distributionslogistik zählen weiterhin Entscheidungen über die Ausgestaltung der Subsysteme wie z. B. Computersysteme, Fahrzeugflotten und Lagerhäuser. Zielsetzung der Distributionslogistik, den Kunden die richtigen Produkte, in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit, in der richtigen Qualität am richtigen Ort möglichst kostengünstig verfügbar zu machen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 869 ff.]. Im Zusammenhang mit den Kundenanforderungen und den Anforderungen der Distributionslogistik spielt die sog. Supply Chain eine wichtige Rolle. Als umfassende Abstimmung über die integrierte Versorgungskette von den Zulieferern über die Produktion des Anbieters bis zu den Kunden hat sich das Supply Chain Management als prozessorientiertes Führungskonzept in vielen Unternehmen etabliert. Zielsetzung des Konzepts ist es, überhöhte Lagerbestände und lange Durchlaufzeiten zu vermeiden [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 870]. 5.5.2 Lagerhaltung Lagerhaltungssysteme verfolgen vornehmlich die Aufgabe, zeitliche, mengenmäßige und räumliche Schwankungen zwischen Nachfrage und Produktion auszugleichen (Ausgleichsfunktion der Lagerhaltung). Die Höhe der Lagerbestände hängen von u. a. von folgenden Faktoren ab [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 619 ff.]:     

Angestrebtes Lieferservice-Niveau Bestellverhalten der Kunden (Bestellrhythmus, Bestellmenge, Bestellzeitpunkt) Sicherheits-(Mindest-)Bestand Wiederbeschaffungszeit Bevorratungsverhalten des Handels.

242

5. Distribution

Eine Abkehr von den klassischen Lagerhaltungssystemen stellt das Just-in-time-Konzept dar. Das Grundprinzip dieses Konzept liegt darin, den Kunden produktionssynchron zu beliefern, d. h. die Zulieferunternehmen liefern ihre Teile und Komponenten immer dann, wenn der industrielle Abnehmer diese für seinen Fertigungsprozess gerade benötigt. Ein Paradebeispiel für das Just-in-time-Prinzip ist die Automobilindustrie, die mit der bestandslosen Fertigung die hohen Kosten für die Kapitalbindung vermeiden wollen [vgl. BECKER 2009, S. 558]. 5.5.3 Lagerstandorte Wesentliche Entscheidungen der Distributionslogistik betreffen die Lagerstandorte in vertikaler und horizontaler Hinsicht. Im Rahmen der vertikalen Distributionsstruktur geht es um die Anzahl der verschiedenen Lagerstufen (Werkslager, Zentrallager, Regionallager, Auslieferungslager). In Abbildung 5-14 sind vertikale Distributionsstrukturen mit verschiedenen Lagerstufen dargestellt.

Vierstufige vertikale Distributionsstruktur

Werkslager

WL

WL

Zentrallager

WL

RL

AL

Zweistufige vertikale Distributionsstruktur

Einstufige vertikale Distributionsstruktur

ZL

ZL

WL

ZL

RL

AL

AL

Kunde

Abb. 5-14:

WL

ZL

Regionallager

Auslieferungslager

Dreistufige vertikale Distributionsstruktur

AL

AL

AL

Kunde

AL

AL

Kunde

Kunde

Vertikale Distributionsstrukturen [Quelle: HOMBURG/KROHMER 2009, S. 872 in Anlehnung an SCHULTE 2009, S. 460]

Im Rahmen der Gestaltung der horizontalen Distributionsstruktur werden die Anzahl und die Standorte der Distributionslager auf jeder Lagerstufe bestimmt. Die Entscheidung darüber ist abhängig von der Zahl und geografischen Verteilung der Produktionsstandorte, von der geografischen Verteilung und dem Bestellverhalten der Kunden, von den Lagerhaltungskosten, von möglichen Verbundeffekten im Produktionsprogramm und den jeweiligen Transportkosten [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 872 f.].

5.5 Distributionslogistik

243

5.5.4 Transport Die Entscheidungen über die Festlegung der Transportmittel und -wege von den Produktionsstätten zu den verschiedenen Lagerstufen bis hin zum Kunden sind besonders durch produktspezifische Besonderheiten (z. B. Sperrigkeit, Wert, Empfindlichkeit, Verderblichkeit) geprägt. Bei der Auswahl der unterschiedlichen Transportarten bzw. Verkehrsträger sind darüber hinaus Kriterien wie Transportkosten, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit der Auslieferung, Flexibilität in Hinblick auf Produktvielfalt sowie die geografische Verfügbarkeit zu berücksichtigen [vgl. BECKER 2009, S. 561]. In Abbildung 5-15 sind die Eignungschakteristika der wichtigsten Transportalternativen gegenübergestellt. Transportalternativen Schiene

Wasser

Straße

Luft

Pipeline

Geschwindigkeit „Tür-zu-Tür-Zeit“

mittel

am langsamsten

schnell

am schnellsten

langsam

Transportkosten

mittel

am niedrigsten

hoch

am höchsten

niedrig

Verlässlichkeit der Auslieferung

mittel

schlecht

gut

gut

sehr gut

größte Vielfalt

sehr große Vielfalt

mittel

begrenzt

sehr begrenzt

sehr umfangreich

begrenzt

unbegrenzt

umfangreich

sehr begrenzt

Flexibilität (im Hinblick auf Produktvielfalt) Geografische Verfügbarkeit

Abb. 5-15:

Eignungsvergleich verschiedener Transportmittel [Quelle: BECKER 2009, S. 561]

244

5.6

5. Distribution

Optimierung der Kundennähe

Am Ende dieses Kapitels sollen die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Distribution zusammengefasst werden. Dabei geht es um   

die wichtigsten Aktionsparameter, die Prozesse und deren instrumentelle Unterstützung sowie um die Werttreiber

dieses Aktionsfeldes.

5.6.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 5.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundennähe als Funktion der Distribution darstellen (→ Kundennähe = f (Distribution)). Die Distribution im Absatzmarkt wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern: 

Distributionsorgane (unternehmensinterne und unternehmensexterne Distributionsorgane)



Distributionskanäle (Einkanalsystem, Mehrkanalsystem)



Distributionsformen (direkter und indirekter Vertrieb)

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundennähe folgendermaßen erweitert werden: Kundennähe = f (Distribution) = f (Distributionsorgane, Distributionskanäle, Distributionsformen) → optimieren! Mit diesen Aktionsparametern sind gleichzeitig auch die wichtigsten strategischen Optionen für das Aktionsfeld festgelegt.

5.6.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 5-16 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Distribution dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.). Aus Vereinfachungsgründen befasst sich diese Modelldarstellung ausschließlich mit der „akquisitorischen“ Distribution, d. h. die besonderen Aspekte der „physischen“ Distribution (Lagerhaltung, Transport, Auftragsabwicklung) sind außer acht gelassen.

5.6 Optimierung der Kundennähe

Eingangslogistik

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Segmentierung

Operative Funktionen

Positionierung

Ausgangslogistik

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Organisation Distributionskanäle

Distributionsprozesse

Distributionsteilprozesse

EinkanalSystem

Unterstützungsprozesse

Abb. 5-16:

245

MehrkanalSystem

Marktforschung

Betreuung

Organisation Distributionsformen

Direkter Vertrieb

Indirekter Vertrieb

Informationstechnik

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Distribution“

5.6.3 Werttreiber Zu den bevorzugten Werttreibern des Aktionsfeldes Distribution zählen vor allem zwei Kennzahlen [vgl. MEFFERT et al. 2008, S. 827 f. unter Bezugnahme auf REINECKE/JANZ 2007, S. 324]: 

Lieferserviceniveau, d. h. der Zielerreichungsgrad des angestrebten Lieferservices als Maß für die Qualität der erbrachten Distributionsleistung,



Distributionsgrad, d. h. die Anzahl der Verkaufsstätten (engl. Point of Sale – PoS), die das Produkt führen im Verhältnis zur Anzahl der Verkaufsstätten, die die entsprechende Warengruppe führen.

In Abbildung 5-17 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Distribution (wie Aktionsparamter, Wertreiber sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

246

5. Distribution

Aktionsfeld

Distribution

Aktionsparameter

• Distributionsorgane • Distributionskanäle • Distributionsformen Marktforschung insbesondere

Instrumentelle Unterstützung

Abb. 5-17:

• Befragung • Beobachtung • Panels

Werttreiber

• Lieferserviceniveau • Distributionsgrad

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Perspektiven des Aktionsfeldes „Distribution“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

247

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen der „akquisitorischen“ Distribution und der „physischen“ Distribution.

(2)

Beschreiben Sie wichtige Ziele und Aufgaben von unternehmensinternen Distributionsorganen.

(3)

Welche unternehmensexternen Distributionsorgane sind für das B2B-Marketing von besonderer Bedeutung?

(4)

Stellen Sie die Chancen von Mehrkanalsystemen den entsprechenden Risiken gegenüber.

(5)

Worin liegen die besonderen Vorteile des Internets als Distributionskanal für den B2CBereich?

(6)

Warum spielt das Internet als Distributionskanal für das B2B-Marketing nur eine untergeordnete Rolle?

(7)

Kennzeichnen Sie die Entwicklungstendenzen des Einzelhandels in den letzten 20 Jahren.

(8)

Was ist unter der „Betriebsformendynamik“ im Einzelhandel zu verstehen?

(9)

Erläutern Sie den Unterschied zwischen „Hard-Discountern“ und „Soft-Discountern“.

(10) Erläutern Sie die Zusammenhänge zwischen „Push-Strategie“ und „Pull-Strategie“. Nennen Sie Beispiele aus der Praxis. (11) Warum dominiert im B2B-Marketing in der Regel der Direktvertrieb den indirekten Vertrieb als Distributionsform? (12) Worin besteht im B2B-Marketing der Unterschied zwischen einem Distributor und einem Value Added Reseller (VAR)? (13) Diskutieren Sie die verschiedenen Realisierungsstufen im internationalen Marketing/Vertrieb? (14) Welche wesentlichen Entscheidungsfelder bestimmen die Aktivitäten in der Distributionslogistik? (15) Erläutern Sie die verschiedenen Ausgleichsfunktionen der Lagerhaltung. (16) Inwiefern stellt das Just-in-time-Konzept eine Abkehr von den klassischen Lagerhaltungssystemen dar? (17) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der horizontalen und der vertikalen Distributionsstruktur. (18) Diskutieren Sie die verschiedenen Transportalternativen im Hinblick auf verschiedene Güterarten.

6. AKQUISITION

6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition ........................................................................... 251 6.2 Grundlagen der Akquisition ..................................................................................... 253 6.2.1 Akquisitionsbegriffe ....................................................................................... 253 6.2.2 Vertriebliche Qualifikationen ......................................................................... 255 6.2.3 Akquisitionszyklus ......................................................................................... 256 6.2.4 Akquisitionscontrolling .................................................................................. 258 6.3 Das Akquisitionsgespräch ........................................................................................ 261 6.3.1 Grundlagen ..................................................................................................... 261 6.3.2 Gesprächsvorbereitung ................................................................................... 263 6.3.3 Gesprächseröffnung ........................................................................................ 263 6.3.4 Bedarfsanalyse ................................................................................................ 264 6.3.5 Nutzenargumentation...................................................................................... 265 6.3.6 Einwandbehandlung ....................................................................................... 265 6.3.7 Gesprächsabschluss ........................................................................................ 266 6.4 Optimierung der Kundenakzeptanz ......................................................................... 268 6.4.1 Aktionsparameter............................................................................................ 268 6.4.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung .................................................... 268 6.4.3 Werttreiber ...................................................................................................... 269 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 271

250

6. Akquisition

6. AKQUISITION

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Das Aktionsfeld Akquisition ist von besonderer Bedeutung für die Vermarktung von komplexen erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen (B2B). Aber auch im Konsumgüterbereich (B2C) ist der persönliche Verkauf mit seinem Instrumentarium überall dort relevant, wo die Vertriebsorganisation des Herstellers direkt auf den nächsten Verwender (z. B. auf den Zentraleinkauf von Warenhäusern oder Handelsketten) trifft und es dabei um große Auftragsvolumina geht. Zunächst werden einige wichtige akquisitorische Grundbegriffe sowie der Akquisitionszyklus erläutert. Es folgen einige Hinweise zum Akquisitionscontrolling, da kaum ein anderes Aktionsfeld so stark von Kosten-Nutzen-Aspekten geprägt ist wie die persönliche Akquisition. Im Mittelpunkt steht eine strukturierte Darstellung der einzelnen Phasen des Verkaufsgesprächs und Hinweise darüber, wie sich der Verkäufer in diesen Phasen verhalten sollte und welche Techniken im Verkaufsgespräch einzusetzen sind.

6.1 Aufgabe und Ziel der Akquisition

6.1

251

Aufgabe und Ziel der Akquisition

Ist im Rahmen der Distribution die Kundenkontaktierung optimiert, so geht es in der (persönlichen) Akquisition darum, die vorhandenen Kundenkontakte zu qualifizieren und in Aufträge umzumünzen. Die Akquisition, das fünfte Aktionsfeld im Vermarktungsprozess, zielt damit auf die Optimierung der Kundenakzeptanz: Kundenakzeptanz = f (Akquisition) → optimieren! Insbesondere bei erklärungsbedürftigen Produkten und Leistungen zählt der persönliche Verkauf zu den wirksamsten, aber zugleich auch zu den teuersten Kommunikationsinstrumenten. Bei der Systematisierung der Aktionsfelder der hier vorgestellten Marketing-Gleichung bestehen hinsichtlich der persönlichen Akquisition durchaus Abgrenzungsprobleme. So ließe sich die persönliche Akquisition bzw. der persönliche Verkauf auch im Zusammenhang mit der Kommunikation oder mit der Distribution behandeln. In vielen Branchen ist der persönliche Verkauf (engl. Personal Selling) hauptverantwortlich für den Markterfolg. Dies gilt aber nicht nur für die Vermarktung der allermeisten Produkte im B2B-Marketing, sondern auch beim Verkauf erklärungs- und beratungsbedürftiger Produkte gegenüber Privatkunden (z. B. Finanzdienstleistungen, Autos, Immobilien). Zudem kommt im B2C-Bereich der persönliche Verkauf überall dort zum Tragen, wo die eigene Vertriebsorganisation im Rahmen der Distributionskanäle direkt auf den nächsten Verwender trifft. So muss ein Markenartikelhersteller bspw. mit dem Zentraleinkauf von Warenhäusern oder Handelsketten durchaus Verhandlungen über Abnahmemengen sowie Preise und Konditionen verhandeln. In Abbildung 6-01 sind diese Schnittstellen, an denen der persönliche Verkauf auch für den Konsumgüterbereich von Bedeutung ist, besonders gekennzeichnet.

Endverbraucher

Hersteller

Typische B2CDistributionskanäle

Typische B2BDistributionskanäle

Hersteller

Abb. 6-01:

Hersteller

Einzelhandel

Endverbraucher

Hersteller

Großhandel

Einzelhandel

Endverbraucher

Hersteller

Großhandel

Handwerk

Endverbraucher

Hersteller

Hersteller

Absatzmittler

Verwender

Händler/Distributoren/VARs

Kunde

Verwender

Persönlicher Verkauf durch den Hersteller

Persönlicher Verkauf durch den Hersteller

252

6. Akquisition

Um dieser besonderen Bedeutung des persönlichen Verkaufs gerecht zu werden, wird die Akquisition als eigenständiges Aktionsfeld der Marketing-Gleichung behandelt. Dabei sollen im Wesentlichen folgende Fragen behandelt werden [vgl. LIPPOLD 1998, S. 220]:     

Welche Anforderungen sind an die Qualifikation der Vertriebsmitarbeiter zu stellen? Wie lässt sich die Effizienz des persönlichen Verkaufs steigern? Für welche Marketing-Aktivitäten sollte dieses teure Instrument eingesetzt werden? Wie lässt sich die Abschlussquote erhöhen? Wie kann der Akquisitionszyklus verkürzt werden?

Die wesentliche Aufgabe des persönlichen Verkaufs besteht darin, den kundenseitig verlaufenden Auswahl- und Entscheidungsprozess so zu beeinflussen, dass letztlich der Auftrag gewonnen wird. Eine zweite Aufgabe des persönlichen Verkaufs besteht in der Pflege bestehender Kundenbeziehungen. Dies hat für den Anbieter deshalb eine besondere Bedeutung, weil der bereits erbrachte Nachweis der Leistungsfähigkeit sowohl für das Folgegeschäft (bei demselben Kunden) als auch für das Neugeschäft eine verkaufsauslösende Wirkung hat. Dieses sog. Referenz-Selling ist damit ein aktiver Bestandteil des Aktionsfeldes Akquisition. Schließlich obliegt dem persönlichen Verkauf auch die Aufgabe, Informationen zu gewinnen. Der (potenzielle) Kunde ist als Informationsquelle für die Marktforschung von besonderer Bedeutung. Ob es sich dabei um Informationen über Leistungen, Aktionen und Vorgehen der wichtigsten Wettbewerber, um die Aufnahme spezifischer Kundenanforderungen oder um Informationen über bestimmte betriebswirtschaftliche oder technologische Ausrichtungen der Kundenunternehmen handelt, in jedem Fall bietet das Verkaufsgespräch eine Fülle von Ansatzpunkten für das eigene Leistungsportfolio.

6.2 Grundlagen der Akquisition

6.2

253

Grundlagen der Akquisition

6.2.1 Akquisitionsbegriffe Ebenso wie das Marketing sind auch Systematik, Begriffe und Vorgehensweise des klassischen Verkaufens sehr stark von der englischsprachigen Literatur geprägt. Daher soll hier kurz auf die Begriffe Selling Center, Targeting, Cross Selling und Key Accounting eingegangen werden. ”



(1) Selling Center Allen oben genannten Anforderungen kann der Beratungsverkäufer keinesfalls mit gleicher Qualität entsprechen. Häufig ist es dann die Geschäftsführung selbst, die evtl. vorhandene Defizite im Qualifikationsprofil durch ihre hierarchische Stellung wettmachen kann. Eine weitere Möglichkeit ist darin zu sehen, dem Vertriebsmanagement (z. B. Vertriebsleiter) Spezialisten, z. B. für systemtechnische oder konzeptionelle Fragen, an die Seite zu stellen. Mit dieser Teambildung kann man dem vielfältigen Informationsanspruch der Einkaufsseite ein entsprechendes Gewicht auf der Verkaufsseite gegenüber stellen. Diese multipersonale Form des Verkaufsteams wird auch als Selling Center bezeichnet [vgl. BACKHAUS/VOETH 2010, S. 37 ff.] Teammitglieder im Vertrieb von komplexen Produkten und Leistungen können Verkäufer, Key Account Manager, System- und Anwendungsspezialisten, Juristen und/oder Finanzierungsfachleute sein. In Abbildung 6-02 sind die Teammitglieder des Buying Center den entsprechenden Vertriebsrepräsentanten des Selling Center beispielhaft gegenübergestellt [vgl. BÄNSCH 2002, S. 207 ff.].

Selling Center

Systemspezialist Key Account Manager

Anwendungsspezialist Sales Mitarbeiter

TOP Management

Entscheider Einkäufer

Gatekeeper

Nutzer

Beeinflusser Buying Center

Abb. 6-02:

Gegenüberstellung von Buying Center und Selling Center

Die Darstellung kann als typisch für die meisten größeren Akquisitionsprozesse besonders im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (z. B. High Tech-Produkte, Anlagen, Sys-

254

6. Akquisition

teme) angesehen werden. Eine etwas vereinfachte Form des Selling Center ist die Bildung eines Tandems, bestehend aus einem Kunden- und einem Konzeptmanager oder aus einem anwendungsorientierten und einem systemorientierten Verkäufer. Der Vorteil einer solchen Tandemlösung liegt in der Einsparung von Kosten unter Aufrechterhaltung eines arbeitsteiligen Vorgehens. (2) Targeting, Cross Selling und Key Accounting Die gezielte Auswahl und Bestimmung von Unternehmen, die einem bestimmten zielgruppen-orientierten Profil entsprechen wird als Targeting bezeichnet. Das Besondere an einem Targetingprozess ist die systematische Herangehensweise und das gezielte Nachfassen unter bestimmten Vorgaben, so dass auch das Ergebnis entsprechend gemessen werden kann. Unter Cross Selling wird die Ausdehnung der bestehenden Kundenbeziehung bzw. der Produktverkäufe einer Geschäftseinheit des Anbieters auf die Produkte und Leistungen anderer (benachbarter) Geschäftseinheiten des Anbieters verstanden. Absatz-, Umsatzerfolg und Gewinn des Unternehmens hängen häufig stark davon ab, ob es gelingt, bestimmte Schlüsselkunden (engl. Key Accounts) zu gewinnen und zu halten. Mit solchen Schlüsselkunden (= Großkunden) wird ein nicht unbeträchtlicher Teil des Gesamtumsatzes erzielt. Die Analyse-, Planungs-, Verhandlungs-, Steuerungs- und Koordinationsprozesse, die im Zusammenhang mit der Betreuung von Schlüsselkunden durchzuführen sind, werden als Key Accounting bezeichnet. Diese Aufgaben werden vom sog. Key Account Manager wahrgenommen. Das Key Account Management zählt somit zu den wichtigsten Aufgaben des Aktionsfeldes Akquisition [vgl. BECKER 2009, S. 542 f.]. In Abbildung 6-03 sind die unterschiedlichen Zielrichtungen beim Targeting, Cross Selling und Key Accounting am Beispiel eines Unternehmens dargestellt. Strategische Geschäftseinheit A

Strategische Geschäftseinheit B Cross Selling =

Verkaufen (Empfehlen) der Produkte einer anderen Geschäftseinheit (hier aus Sicht der Geschäftseinheit A)

Kunden

NichtKunden

Key Accounts bzw. Key Accounting = Targeting = Zielkundenbestimmung und -gewinnung

Abb. 6-03:

Wichtige Akquisitionsbegriffe

Schlüsselkundengewinnung und -betreuung

6.2 Grundlagen der Akquisition

255

6.2.2 Vertriebliche Qualifikationen Alle bislang genannten vertrieblichen Aufgaben machen nur ansatzweise deutlich, welche vergleichsweise hohen Anforderungen an die Qualifikation des Vertriebsmanagements zu stellen sind. Insbesondere im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (Anlagen, Systeme, Projekte) ist neben dem erforderlichen betriebswirtschaftlichen Anwendungswissen auch ein sehr fundiertes systemtechnisches Know-how erforderlich. Da derartige Ansprüche meist schon bei Kontaktaufnahme an den Verkäufer gestellt werden, müssen die Anbieter darauf bedacht sein, dass gleich zu Beginn des Auswahl- und Entscheidungsprozesses die Kompetenz des Verkäufers eine Assoziation zur Leistungsstärke des Anbieterunternehmens auf dem Gebiet der nachgefragten Problemlösung auslöst. In diesen Kontext ist auch die Erfahrung einzuordnen, dass der Verkäufer die Sache (also das Produkt) zunächst immer über die (eigene) Person verkauft [vgl. LIPPOLD 1993, S. 233]. Zu dem fachlichen Informationsanspruch, den die Entscheidungsgremien auf der Kundenseite an den Vertrieb stellen, kommen – und dies gilt auch für die Vermarktung von Konsumgütern mit großem Auftragsvolumen – noch die typischen kaufmännischen Gesprächsthemen wie Preise, Fertigstellungstermine, Zahlungsmodalitäten bis hin zu juristischen Feinheiten der Angebots- und Vertragsgestaltung. Darüber hinaus hängt der Erfolg des persönlichen Verkaufs neben der Persönlichkeit in hohem Maße von der Fachkompetenz (→ Fachebene) und den interaktionsbezogenen Fähigkeiten (→ Beziehungsebene) des Verkäufers ab. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die angemessene Veränderung des Verkäuferverhaltens innerhalb einer Interaktion mit dem Kunden. Eine derartige flexible Vorgehensweise während des Verkaufsgesprächs wird auch als Adaptive Selling bezeichnet [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 867 ff.].

Emotion

hoch

Kundenkompetenz =

Soziale Kompetenz (social skills)

Soziale und fachliche Kompetenzen (Akzeptanz als Problemlöser)

Inkompetenz

Fachkompetenz

Leistungen auf der Beziehungsebene

niedrig

niedrig

hoch

Leistungen auf der Sachebene

Abb. 6-04:

Kompetenzen des Key Account Managers

Rationalität

256

6. Akquisition

In Abbildung 6-04 sind die entsprechenden Kompetenzen eines Key Account Managers beispielhaft in einer Matrix zusammengestellt. Ein weiterer Ansatz zur systematischen Einordnung des Verkäuferverhaltens ist in dem sog. GRID-System zu sehen. In diesem „Verkaufsgitter“ werden die unterschiedlichen Ausprägungen im Verkaufsstil auf der Basis von zwei Kriterien erfasst. Das eine Kriterium beschreibt das Bemühen um den Kunden, das andere Kriterium zeigt das Interesse am Kaufabschluss auf [vgl. BECKER 2009, S. 547 f.]. Abbildung 6-05 zeigt eine vereinfachte Darstellung dieses Verkaufsgitters.

hoch Menschlich orientiert

Problemorientiert

Verkaufstechnischorientiert

Interesse am Kunden

Nimm es – oder lass es

Umsatzorientiert

niedrig niedrig

Abb. 6-05:

Interesse am Verkauf

hoch

Das Verkaufsgitter (GRID-System) [Quelle: BLAKE/MOUTON 1972, S. 14]

Die aufgeführten Ansätze zur Einordnung des Verkäuferverhaltens weisen im Prinzip jedoch den Nachteil auf, dass jeweils nur zwei Verhaltensdimensionen (Kriterien) in Betracht gezogen werden.

6.2.3 Akquisitionszyklus Besonderes Merkmal von stark erklärungs- und unterstützungsbedürftigen Produkten ist ein relativ langer Akquisitionszyklus (engl. Sales Cycle). Neben Entscheidungstragweite und Risiko dürfte die Länge des Akquisitionszyklus auch von der Anzahl der am Entscheidungsprozess beteiligten Personen (bzw. von der Größe des Buying Center) abhängen [vgl. LIPPOLD 1993, S. 233].

6.2 Grundlagen der Akquisition

257

Um den Akquisitionszyklus zu verkürzen, sollte das Interessentenpotenzial durch eine entsprechende Qualifizierung selektiert und somit die wirklich ernsthaften Kontakte herausgefiltert werden. Der mangelhafte Erfolg vieler Vertriebsorganisationen im Geschäft mit komplexen Produkten und Leistungen (B2B) ist ganz offensichtlich darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der teuren Vertriebsressourcen mit der Verfolgung sog. „Luftnummern“ vergeudet wird. Nur durch eine gezielte Qualifizierung der Kontakte, in der bewusst Schwellenwerte gesetzt werden, lassen sich Akquisitionen kostengerechter und damit rentabel gestalten.

AKontakt

B-Kontakt

C-Kontakt

D-Kontakt

Abb. 6-06:

• Akquisitionsprozess im Prinzip abgeschlossen • Verbindliches Angebot ist abgegeben • Entscheidung fällt innerhalb von drei Monaten • Erfolgswahrscheinlichkeit > 50% • Preisinformation ist abgegeben • Pflichtenheft/Workshop durchgeführt • Entscheidung fällt innerhalb von 9 Monaten • Erfolgswahrscheinlichkeit 10 – 50% • Interessent ist qualifiziert (zielgruppenkonform)

• Interessent noch nicht qualifiziert

ABC-Analyse bestehender Kontakte (Beispiel) [Quelle: Lippold 1998, S. 229]

Eine gute Möglichkeit für eine Qualifizierung von Kontakten ist die ABC-Analyse, die in Abbildung 6-06 dargestellt ist. In dem Beispiel dienen der Status des Akquisitionsprozesses, das voraussichtliche Datum der Auftragserteilung und die Einschätzung der eigenen Chancen als Kriterien und damit als Schwellen für die jeweilige Bewertung und Einstufung der Kontakte. Heutzutage übernehmen moderne Costumer Relationship Management-Systeme (CRMSysteme wie z. B. SIEBEL, SAP CRM) die Analyse und Verfolgung bestehender Kontakte. Dabei erfolgt die Verwaltung und Dokumentation von Geschäften in Anbahnung nach den einzelnen Stufen (engl. Stages) des Sales Cycle. Auf diese Weise ist es möglich, Vertriebsanalysen, Auftragswahrscheinlichkeiten und Erfolgsquotenmessungen je Kontaktstufe vorzunehmen. Ein so eingerichtetes Pipeline Performance Management erlaubt überdies periodenspezifische Vertriebsprognosen anhand der Bewertung der ungewichteten oder gewichteten Vertriebspipeline auf jeder Kontaktstufe. In Abbildung 6-07 ist der Sales Cycle auf der Grundlage von sieben Kontaktstufen beispielhaft dargestellt. Der Sales Cycle hat die Form eines „Vertriebstrichters“ (engl. Sales Funnel). Während in Stufe (Stage) 1 sämtliche Kontakte (engl. Leads) des Unternehmens erfasst sind, verdünnt sich der Trichter stufenweise bis zur Stufe 7, in der nur noch jene Kontakte enthalten sind, die eine hohe Auftragswahrscheinlichkeit besitzen und bei denen die Akquisition prinzipiell abgeschlossen ist.

258

6. Akquisition

Stage 1

Market Planning (PMP)

Business Leadership Global Marketing Global Sales SBU’s/BU’s

Stage 2 2.1 2.2 2.3 2.4

Abb. 6-07:

“Drive to” Campaign Focal Point Follow-up/Lead Identification Pre-Qualification

Stage 3

Qualification

Stage 4

Winning Strategy

Stage 5

Finalizing Solution

Stage 6

Proposing

Stage 7

Formalizing Agreement

BU/SBU/ Sector Marketing Formal Handover from Marketing to Sales (Conversion 2 to 3)

Sales

Beispiel eines Sales Cycle [Quelle: Capgemini]

6.2.4 Akquisitionscontrolling Der unternehmenseigene Außendienst zählt zweifellos zu den bedeutendsten Kostenfaktoren im Vermarktungsprozess. Straffung der administrativen Abläufe, Förderung der Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst, Vereinfachung des Berichtswesens, Einsatz des Internets für vertriebsunterstützende Maßnahmen und Abbau von Hierarchieebenen sind Ansatzpunkte, um die Wirtschaftlichkeit im Vertrieb zu steigern. Jede Stunde, die der Vertriebsmitarbeiter mit vertrieblich unproduktiven Tätigkeiten verbringt, fehlt für die qualifizierte Vertriebsarbeit [vgl. BITTNER 1994, S. 180 f.]. Abbildung 6-08 zeigt als Beispiel die Ergebnisse einer Untersuchung, die das Software- und Beratungsunternehmen ADV/ORGA in den 80er Jahren durchgeführt hat und zum Anlass nahm, seine Vertriebsorganisation grundlegend neu zu formieren und verstärkt auf den Einsatz moderner IT-Systeme zu setzen [vgl. LIPPOLD 1998, S. 231 ff.]. Um die oben angesprochenen „Luftnummern“ rechtzeitig zu erkennen, bietet es sich besonders im B2B-Marketing an, bereits direkt im Verkaufsgespräch oder im Vertriebsaudit Akquisitionsschwellen zu setzen. Mögliche Fragen in diesem Zusammenhang können sein [vgl. Lippold 1993, S. 233]:

6.2 Grundlagen der Akquisition

259

Ist Vertrieblich unproduktive Tätigkeiten • • • • •

Administration „Luftnummern“ verfolgen Mitarbeiter-Disposition Reklamationen bearbeiten Interne Meetings

Ziel 10 %

50 %

20 %

Vertriebliche Basisarbeit • • • • • •

Pflichtenhefte bearbeiten/koordinieren Termine abstimmen Informationen zusammenstellen Nachfass-Aktionen Adressenpflege Angebote/Verträge

20 % 70 %

Qualifizierter Vertrieb • • • •

Abb. 6-08:

Kundenkontakte vor Ort Präsentationen/Demos Vertriebsveranstaltungen Vertragsverhandlungen

30 %

Tätigkeiten eines Vertriebsbeauftragten im High-Tech-Bereich [Quelle: LIPPOLD 1998, S. 232]



Stimmt das Anforderungsprofil des Kundenunternehmens grundsätzlich mit dem Profil der angebotenen Produktleistung überein?



Wann soll das Produkt eingeführt bzw. das Projekt wirklich gestartet werden?



Ist überhaupt ein Budget (und wenn ja, welches) für die Produktlösung eingeplant?



Wer entscheidet letztendlich über die Vergabe des Auftrags, d. h. wird in der Endphase des Akquisitionsprozesses auch mit dem richtigen Ansprechpartner verhandelt?

Sollten keine zufriedenstellenden Antworten auf diese oder ähnliche Fragen gegeben werden, so ist die Ernsthaftigkeit des Vertriebskontakts mehr als in Frage gestellt. Ggf. ist der Kontakt aus der Auftragserwartung zu streichen. Der stärkste Hebel zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit im Vertrieb ist im Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zu sehen. Im Vordergrund stehen hierbei die bereits oben erwähnten CRM-Systeme, die eine konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf ihre Kunden und die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse zum Gegenstand haben. Die dazu gehörende Verfolgung (Historie) von Kunden- und Interessentenbeziehungen ist ein wichtiger Baustein und ermöglicht ein vertieftes Beziehungsmanagement. In den meisten Branchen sind Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden langfristig ausgerichtet. Mit Hilfe von CRM-Systemen werden diese Kundenbeziehungen gepflegt und eine differenzierte Kundenbetreuung (z. B. Fokus auf „wertvolle“ Kunden) ermöglicht. Gleichzeitig dienen die CRM-Daten der Vorbereitung und Durchführung des Kundenbesuchs.

260

6. Akquisition

Was?

Stimmen Anforderungsprofil (des Interessenten) und Leistungsprofil (des Angebots) überein?

Bedarfsanalyse

Wann ist die Einführung der Problemlösung geplant?

Einführungszeitpunkt

Wann?

Ist ein angemessenes Budget für die Realisierung der Problemlösung vorhanden?

Budget

Wie viel?

Wer entscheidet letztendlich über die Vergabe des Auftrags? Wer?

Abb. 6-09:

Entscheidungsträger

Vier Fragen zur Überprüfung der Ernsthaftigkeit eines Akquisitionskontaktes

6.3 Das Akquisitionsgespräch

6.3

261

Das Akquisitionsgespräch

6.3.1 Grundlagen Das wesentliche Ziel des persönlichen Verkaufs besteht darin, den Auswahl- und Entscheidungsprozess beim Kunden so zu beeinflussen, dass letztlich der Verkaufsabschluss realisiert wird. Drei Voraussetzungen sind für den Akquisitionserfolg eines Verkäufers unabdingbar: 

Der Verkäufer muss sein Produkt in seinen Leistungsmerkmalen und dem daraus folgenden Nutzen für den Käufer kennen.



Der Verkäufer muss den objektiven Bedarf und die subjektiven Bedürfnisse der Kunden so gut kennen, dass er beurteilen kann, mit welchem Produkt bzw. Programmausschnitt er den Bedarf/die Bedürfnisse am besten befriedigen kann.



Der Verkäufer muss in der Lage sein, durch angemessenes Verhalten den Kunden zu der Überzeugung kommen zu lassen, dass bei ihm seine Wünsche am besten erfüllt werden.

Da die vom Kunden gewünschte Produktleistung (→ Anforderungsprofil) häufig mit dem (Erst-)Angebot des Herstellers (→ Leistungsprofil) nicht übereinstimmt bzw. nicht deckungsgleich ist, ist es Aufgabe des Verkäufers, Abweichungen zu analysieren, zu bewerten und zu priorisieren. Abweichungen treten immer dann auf, wenn aus Kundensicht ein Teil der Produktleistung die Anforderungen nicht abdeckt, oder dann, wenn das angebotene Produkt mehr bietet als nachgefragt bzw. honoriert wird (siehe Abbildung 6-10).

Angebotenes Produkt (→ Leistungsprofil)

Vom Kunden gewünschte Produktleistung (→ Anforderungsprofil)

Anforderungsprofil = Leistungsprofil

Aus Kundensicht fehlende Produktleistung (Anforderungsprofil > Leistungsprofil)

Underengineering Tendenz zu Modifikation

Abb. 6-10:

Vom Kunden nicht honorierte Produktleistung (Anforderungsprofil < Leistungsprofil)

Overengineering Tendenz zur Überforderung des Kunden

Gegenüberstellung von Anforderungsprofil und Leistungsprofil

Beim Akquisitionsgespräch lassen sich nach den Gesprächsphasen das Kontaktgespräch, das Vertiefungsgespräch und das Abschlussgespräch unterscheiden. Nach dem Gesprächsinhalt kann zwischen dem Fachgespräch und dem (reinen) Informationsgespräch differenziert werden. Besonders wichtig ist die Einteilung des Verkaufsgesprächs nach dem Standardisie-

262

6. Akquisition

rungs- bzw. Strukturierungsgrad (siehe Abbildung 6-11). Ein standardisiertes Gespräch wird in aller Regel nur im Telefonverkauf (vornehmlich durch Call Center) durchgeführt. Der persönliche direkte Vertriebskontakt wird in Form eines nicht-standardisierten Gesprächs wahrgenommen. Verlässt sich der Verkäufer dabei ausschließlich auf seine Intuition und seine „Tagesform“, so wird er ein nicht-strukturiertes Gespräch führen. Eine solche unvorbereitete Gesprächsform ist allerdings nicht zu empfehlen, denn angesichts unterschiedlicher Zielsetzungen zwischen Käufer und Verkäufer sollte ein Verkaufsgespräch gut vorbereitet und zuvor gedanklich strukturiert sein. Daher wird für den Vertrieb von komplexen und beratungsintensiven Produkten und Leistungen, aber auch auf der Handelsstufe für Konsumgüter in Verbindung mit einem hohen Auftragsvolumen immer das strukturierte Verkaufsgespräch die Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss bilden. Arten des Akquisitionsgesprächs

Nach den Gesprächsphasen

Nach dem Standardisierungsgrad

Nach dem Gesprächsinhalt

• Kontaktgespräch • Vertiefungsgespräch • Abschlussgespräch

• Fachgespräch • Informationsgespräch Standardisiertes Gespräch

Nicht-standardisiertes Gespräch

Strukturiertes Akquisitionsgespräch

Abb. 6-11:

Nicht-strukturiertes Gespräch

Arten des Akquisitionsgesprächs

Im Folgenden werden sechs Phasen unterschieden (siehe Abbildung 6-12), die im Verkaufsgespräch durchlaufen werden und die einen vorgedachten Gesprächsaufbau im Sinne eines strukturierten Verkaufsgesprächs darstellen [vgl. HEITSCH 1985, S. 181 ff.]:      

Gesprächsvorbereitung Gesprächseröffnung Bedarfsanalyse Nutzenargumentation Einwandbehandlung Gesprächsabschluss.

Wesentlich dabei ist, dass diese Phasen nicht zwingend in obiger Reihenfolge durchlaufen werden müssen. So kann es sein, dass die eine oder andere Phasen übersprungen werden kann. Prinzipiell sollte sich aber jeder Verkäufer im Vorfeld eines Akquisitionsgesprächs darüber im Klaren sein, dass die in diesen Phasen zu berücksichtigenden Punkte im Verkaufsgespräch auch tatsächlich auf ihn zukommen.

6.3 Das Akquisitionsgespräch

Kontakt

Abb. 6-12:

Gesprächsvorbereitung

263

Gesprächseröffnung

Bedarfsanalyse

Nutzenargumentation

Einwandbehandlung

Gesprächsabschluss

Abschluss

Phasen des Akquisitionsgesprächs

6.3.2 Gesprächsvorbereitung Vorbereitung ist vorgedachte Wirklichkeit, d. h. durch eine sorgfältige Vorbereitung lassen sich die Erfolgschancen im Verkaufsprozess erhöhen. In der Phase der Gesprächsvorbereitung sollte sich der Vertriebsmitarbeiter über die Situation seines Gesprächspartners (Zielsetzungen, Erwartungshaltung, Einfluss auf die Kaufentscheidung) informieren. Gleichzeitig muss der Vertriebsmitarbeiter die Situation seines eigenen Unternehmens im Hinblick auf die spezifische Kundensituation reflektieren (Kundenzufriedenheit, Kaufhistorie etc.). Auch muss er seine eigenen Vertriebsziele und seine Vorgehensweise abstecken sowie evtl. Konfliktstoffe ins Kalkül ziehen. Was bei der Gesprächsvorbereitung im Einzelnen zu beachten ist und welches die wichtigsten Punkte dieser Phase sind, ist in Abbildung 6-13 zusammengetragen.

Was bei der Gesprächsvorbereitung zu beachten ist

Wichtige Punkte der Gesprächsvorbereitung

Die Bedeutung der Gesprächsvorbereitung

• Wer ist mein Kunde und was will er erreichen?

• Sorgfältige Vorbereitung, nicht auf eigene Intuition verlassen

• Durch sorgfältige Vorbereitung Erfolgschancen erhöhen

• Was möchte ich erreichen, wenn es gut läuft?

• In die Lage des Partners versetzen

• Misserfolgssituation mindern

• Was möchte ich erreichen, wenn ich merke, dass ich nicht weiterkomme?

• Gesprächsziel definieren • Grobe Vorgehensweise vordenken

• Bedeutung von Intuition und Tagesform verringern

• Hilfsmittel planen (Demo, PC, Beamer, Präsentationsunterlagen)

• Zeit sparen • Stress vermindern

• Mentale Einstellung auf Fragen und Einwände

• Denn: Vorbereitung ist vorgedachte Wirklichkeit

• Wo treffen sich die Kundeninteressen mit meinen eigenen? • Wo liegt Konfliktstoff? • Wie will ich vorgehen?

Abb. 6-13:

Die Gesprächsvorbereitung im Überblick

6.3.3 Gesprächseröffnung Die Gesprächseröffnung ist deshalb so wichtig, weil der erste Eindruck, den sich ein Gesprächspartner von seinem Gegenüber macht, sehr viel nachhaltiger ist, als die Zeitabschnitte, die dann folgen. So haben Verhaltensforscher nachgewiesen, dass es max. 30 Sekunden dauert, bis zwei wissen, ob sie sich sympathisch sind oder nicht. Der erste Eindruck bestimmt das

264

6. Akquisition

Akquisitionsgespräch also in hohem Maße, wobei auch “Kleinigkeiten” wie z.B. Kleidung zählen. Hinzu kommt, dass es wesentlich leichter ist, einen guten Eindruck aufrechtzuerhalten als einen negativen Eindruck aufzuheben und positiv neuzugestalten. Da es dem Gesprächspartner an Erfahrung mit seinem Gegenüber mangelt, wird er alles an Vorurteilen und Augenblickseindrücken heranziehen, um sich ein Urteil über sein Gegenüber zu bilden [vgl. HEITSCH 1985, S. 275]. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Vertriebsmitarbeiter auf seine Sprache, Gestik, Mimik und Körperhaltung besonders achtet. Auch muss er sich ein genaues Bild von der Gesprächsatmosphäre, von der Rollen- und Machtverteilung seiner Gesprächspartner und von der eigenen Situation im Gespräch machen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 862].

6.3.4 Bedarfsanalyse Der Bedarfsanalyse kommt bei Erst- und Kontaktgesprächen eine besondere Bedeutung zu. Hier geht es darum, die Kaufmotive des Kunden zu ergründen. Diese Kaufmotive sind personenbezogen und haben einen Einfluss auf die einzusetzenden Argumente des Verkäufers. Ist das dominante Kaufmotiv des Ansprechpartners bspw. Sicherheit, so sollte der Vertriebsmitarbeiter mit Formulierungen wie „ … das sichert Ihnen …“ oder „…das gewährleistet Ihnen …“ verstärkt den Sicherheitsaspekt ansprechen. Ist das Kaufmotiv dagegen Kosten oder Gewinn, so sind Verbalisierung wie „ … das bringt Ihnen …“ oder „ … damit erreichen Sie …“ wirkungsvolle Formulierungen. In dieser Phase gilt es, konzentriert aktiv (z. B. in Form von Fragen) oder passiv (z. B. in Form von signalisierter Zuwendung und Interesse) zuzuhören. Der Einsatz von Fragetechniken (offene und geschlossene Fragen) steht im Zentrum der Bedarfsanalyse, denn wer fragt, führt das Gespräch. Abbildung 6-14 gibt einen Überblick über wichtige Punkte dieser Phase.

Was bei der Bedarfsanalyse zu beachten ist

Wie bei der Bedarfsanalyse vorzugehen ist

Fragetechniken bei der Bedarfsanalyse

• Kunde erwirbt nur Produkte/ Leistungen  die seine subjektiven Bedürfnisse und seinen objektiven Bedarf befriedigen (Bedarf sind konkretisierte Bedürfnisse)

• Konzentriert passiv zuhören  Ungeteilte Aufmerksamkeit zuwenden  Körpersprache einsetzen  Interesse signalisieren

• Offene Fragen (W-Fragen)  wer, wann, wo, womit, was, wozu, weshalb, welche, wie, ...  Meinungen erfragen  lassen sich nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten

 von deren Nutzen/Vorteil er überzeugt ist • Kaufmotive des Kunden ergründen, damit nutzen-orientiert argumentiert werden kann

Abb. 6-14:

• Aktiv zuhören  Paraphrasieren  Verbalisieren  Kontrollierter Dialog  Fragen stellen Wer fragt, führt das Gespräch!

Die Bedarfsanalyse im Überblick

• Geschlossene Fragen  beginnen mit einem Verb und lassen sich mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten  haben lenkende Wirkung  können unbedenklich verwendet werden, um sich einer Übereinstimmung zu versichern

6.3 Das Akquisitionsgespräch

265

6.3.5 Nutzenargumentation Die Nutzenargumentation im Rahmen des Verkaufsgesprächs (engl. Benefit Selling) sollte vor dem Hintergrund erfolgen, dass der Kunde keine Produkte erwerben will, sondern den Nutzen bzw. den Vorteil, den er sich von dem Produkt erhofft. D. h. die verwendeten Argumente müssen den Nutzen von Leistungsmerkmalen anschaulich und glaubhaft machen. Solche Merkmals-/Nutzen-Argumentationen werden dann zu schlagenden Argumenten, wenn sie zusätzlich die Motivlage des Ansprechpartners treffen („Der Köder soll dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“). In Abbildung 6-15 ist an einem einfachen Beispiel illustriert, wie nachteilig eine Argumentation, die sich auf reine Produkt- bzw. Leistungseigenschaften konzentriert (engl. Character Selling), im Vergleich zu einer Merkmals-/Nutzen-Argumentation wirkt. Und das kann darunter verstanden werden:

Character Selling

“Wir haben eine Qualitätskontrolle”

Merkmal

Benefit Selling

Abb. 6-15:

„Unsere Qualitätskontrolle

• • • • • • •

Die haben's wohl sehr nötig! Das sagen alle, um mehr verlangen zu können. Das verteuert das Ganze. Fein, dann wird ja alles störungsfrei laufen. Gut, dann haben wir ja richtig entschieden. Der spricht von Selbstverständlichkeiten. Da schlupft auch noch was durch.

Verb

Nutzen

Motiv

spart

unnötige Reklamationskosten.“

Geld

erhöht

die Funktionssicherheit.“

Sicherheit

steigert

Ihren Ruf als qualitativer Marktführer.“

Ansehen

Gegenüberstellung von Character Selling und Benefit Selling

Wichtig bei der Nutzenargumentation ist darüber hinaus, dass der Verkäufer diskutierte Produktmerkmale zweiseitig argumentiert. Dadurch erhöht er die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen, denn nur Vorteile gibt es nicht. Dem erwarteten Nutzen stehen zumindest immer Kosten gegenüber. Ferner sollten Fachausdrücke vermieden werden (es sei denn, der Kunde spricht sie aus). Auch sollte der Vertriebsmitarbeiter die Lernbereitschaft des Kunden nicht überfordern, sondern die Argumente zusammenfassen, Zwischenergebnisse festhalten und die vom Gesprächspartner akzeptierten Argumente wiederholen. Auch sollte man mit der Argumentation erst dann fortschreiten, wenn Einigkeit über ein wichtiges Argument erzielt worden ist.

6.3.6 Einwandbehandlung Einwände sind für jeden Verkäufer lästig. Sie ziehen seine Glaubwürdigkeit in Zweifel oder zeigen, dass der Kunde die Argumente nicht verstanden hat oder nicht verstehen will. In je-

266

6. Akquisition

dem Fall verzögern Einwände das Verkaufsgespräch. Ursachen für Einwände können sein, dass die gegebenen Informationen nicht verstanden werden. Es kann aber auch sein, dass der Gesprächspartner die Information sehr wohl verstanden hat, diese aber anders bewertet. Schließlich kann es auch sein, dass der Kunde im Vorfeld des Verkaufsgesprächs andere Informationen hatte und ihn zu anderen Schlüssen kommen lässt. Ziel der Einwandbehandlung ist es, eine gemeinsame Informationsbasis zwischen Verkäufer und Kunden zu schaffen, d. h. es sollte eine Einigung über die Bewertung der Informationen bestehen, ohne dass es Sieger oder Besiegte gibt. Die Einwandbehandlung wird in den einschlägigen Vertriebstrainings und Verkäuferschulungen immer wieder geprobt. Bewährte Einwandbehandlungstechniken sind      

die „Ja-aber-Methode“, die „Gesetzt-den-Fall-dass-Methode“, die „Pro-und-Kontra-Methode“, die Vorwegnahme des Einwands, das Wiederholen und Versachlichen der Einwände sowie die Bumerang-Methode, bei der ein Einwand in ein positives Argument umgewandelt wird (… ja, gerade deshalb …“).

Bei der Behandlung von Einwänden geht es letztlich nicht darum, wer Recht hat. Selbst wenn der Verkäufer immer Recht bekommt, unterliegt er mindestens einmal: Wenn er die Unterschrift unter den Vertrag nicht bekommt.

6.3.7 Gesprächsabschluss Für den Kunden kommt die Entscheidung fast immer zu früh, denn es besteht in aller Regel – trotz bester Argumente – immer noch ein Stück Restunsicherheit. Trotzdem: Wenn alle Fragen geklärt sind und keine Einwände mehr bestehen, ist die Zeit für eine Entscheidung reif. Häufig sendet der Kunde auch bereits Kaufsignale, z. B. wenn er sehr häufig und unaufgefordert zustimmt oder Fragen stellt, die erst nach dem Kauf relevant sind. Weitere Kaufsignale können sein, dass sich der Kunde nach der Erfahrung anderer Kunden (→ Referenzen) erkundigt, um die eigene Entscheidung final abzusichern. Ein recht zuverlässiges Kaufsignal ist auch, wenn der Kunde bereits nach Zahlungsterminen fragt oder sich mit Details beschäftigt, die ebenfalls erst nach dem Kaufabschluss zu Tragen kommen. Wenn der Kunde ungeduldig wird, sollte man darauf verzichten, seine noch so guten Argumente fortzuführen. Der Kunde entscheidet! Häufig muss dem Gesprächspartner beim Abschluss über die Schwelle hinweg geholfen werden. Hierzu bietet sich dem Verkäufer die direkte Aufforderung („Ich meine, wir sind uns einig, was meinen Sie?“) oder die indirekte Aufforderung („Was steht aus Ihrer Sicht einer Entscheidung noch im Wege?“) an.

6.3 Das Akquisitionsgespräch

267

Sollte allerdings keine Entscheidung erreichbar sein, so müssen die Teilergebnisse gesichert und das weitere Vorgehen vereinbart werden (z. B. Aktionsplan, Referenzbesuch, Termin bei der Geschäftsleitung). Generell stellt der Gesprächsabschluss für jeden Vertriebsmitarbeiter eine besondere Herausforderung dar. Die Anforderung, die in diesem Zusammenhang an die Qualifikation des erfolgreichen Verkäufers zu stellen ist, betrifft seine Abschlusssicherheit. Da ganz offensichtlich die Dauer der Auswahl- und Entscheidungsprozesse mit der Komplexität der einzusetzenden Lösung zunimmt, droht häufig die Gefahr, dass sich die Prozesse schier endlos und für beide Seiten unbefriedigend hinziehen.

268

6. Akquisition

6.4 Optimierung der Kundenakzeptanz Am Ende dieses Kapitels werden die wesentlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Aktionsfeld Akquisition zusammengefasst werden. Dabei geht es um   

die wichtigsten Aktionsparameter, die Prozesse und deren instrumentelle Unterstützung sowie um die Werttreiber

dieses Aktionsfeldes.

6.4.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 6.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundenakzeptanz als Funktion der Akquisition darstellen (→ Kundenakzeptanz = f (Akquisition)). Die Akquisition wiederum ist in hohem Maße abhängig von folgenden Parametern:   

Vertriebliche Qualifikation Akquisitionszyklus Akquisitionscontrolling.

Daher kann die Optimierungsfunktion der Kundenakzeptanz folgendermaßen erweitert werden: Kundenakzeptanz = f (Akquisition) = f (Vertriebliche Qualifikation, Akquisitionszyklus, Akquisitionscontrolling) → optimieren! Auch die Aktionsparameter des Aktionsfeldes Akquisition sind nicht „in Stein gemeißelt“, sondern können sich je nach Produktart (Industriegüter, Konsumgüter, Dienstleistungen) ändern bzw. unterschiedlich gewichtet werden.

6.4.2 Prozesse und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 6-16 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Akquisition dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.). Das besondere an diesem Beispiel ist, dass der Akquisitionsprozess in Teilprozesse erster und zweiter Ordnung gegliedert ist. Im Teilprozess erster Ordnung sind beispielhaft die Phasen des Akquisitionszykluses aufgenommen, während sich der Teilprozess zweiter Ordnung mit den Phasen des Akquisitionsgesprächs befasst.

6.4 Optimierung der Kundenakzeptanz

Kernprozesse

Eingangslogistik

MarketingWertschöpfungskette

Operative Funktionen

Segmentierung

Positionierung

Akquisitionszyklus

Akquisitionsprozesse

Akquisitionsteilprozesse 1. Ordnung

Kontaktidentifikation

PreQualification

AkquisitionsTeilprozesse 2. Ordnung

Gesprächsvorbereitung

Gesprächseröffnung

Unterstützungsprozesse

Abb. 6-16:

Marktforschung

269

Ausgangslogistik

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

Akquisitionscontrolling

Angebotserstellung

Bedarfsanalyse

Akquisitionsgespräch

Nutzenargumentation

Vertragsabschluss

Einwandbehandlung

Gesprächsabschluss

Informationstechnik (insbesondere CRM-System)

Prozessmodell des Aktionsfeldes „Akquisition“

6.4.3 Werttreiber Für das Aktionsfeld Akquisition kann eine Vielzahl von Werttreibern genannt werden. Zu den wichtigsten Kennzahlen zählen [vgl. BECKER 2009, S. 874; BAUER et al 2006, S. 106 f.]: 

Abschlussquote, d. h. Anzahl aller erzielten Aufträge im Verhältnis zur Gesamtzahl der Auftragserwartungen innerhalb einer definierten Periode,



Umsatzquote, d. h. Umsatz aller erzielten Aufträge im Verhältnis zum potentiellen Gesamtumsatz aller Auftragserwartungen innerhalb einer definierten Periode,



Neukundenquote, d. h. Anzahl der akquirierten Aufträge bei Erstkunden im Verhältnis zur Anzahl aller akquirierten Aufträge innerhalb einer definierten Periode,



Kundenbesuchsquote, d. h. die Anzahl der Kundenbesuche pro Verkäufer innerhalb einer bestimmten Periode,



Auftragsquote, d. h. Anzahl der erzielten Aufträge pro 10 Kundenbesuche,



Kundenportfolio, d. h. Anzahl der Neukunden an der Gesamtzahl aller Kunden.

In Abbildung 6-17 sind alle wesentlichen Aspekte des Aktionsfeldes Akquisition (wie Aktionsparamter, Wertreiber und instrumentelle Unterstützung sowie das Optimierungskriterium) zusammengefasst.

270

Abb. 6-17:

6. Akquisition

Aktionsfeld

Akquisition

Aktionsparameter

• Vertriebliche Qualifikation • Akquisitionszyklus • Akquisitionscontrolling

Instrumentelle Unterstützung

• Marktforschung • Informationstechnik insbesondere CRM-System

Werttreiber

• Abschlussquote • Umsatzquote • Neukundenquote • Kundenbesuchsquote • Auftrags(besuchs)quote • Neukundenportfolio

Optimierungskriterium

Kundennutzen

Perspektiven des Aktionsfeldes „Akquisition“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

271

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Warum ließe sich das Aktionsfeld „Akquisition“ im B2C-Marketing auch im Rahmen der Aktionsfelder „Kommunikation“ oder „Distribution“ behandeln?

(2)

An welchen Schnittstellen ist der persönliche Verkauf auch für den Konsumgüterbereich entscheidend für den Markterfolg?

(3)

Grenzen Sie die Begriffe „Targeting“, „Cross Selling“ und „Key Accounting“ voneinander ab.

(4)

Erläutern Sie den Begriff „Adapting Selling“.

(5)

Was unterscheidet im Wesentlichen den Akquisitionszyklus im B2B-Marketing von dem des B2C-Bereichs?

(6)

Welche wesentlichen Fragen sollte der Vertriebsmitarbeiter seinen Mitarbeitern stellen, um die Ernsthaftigkeit eines Vertriebskontaktes zu überprüfen?

(7)

Wodurch sind „Luftnummern“ in der vertrieblichen Arbeit gekennzeichnet? Woran kann man sie erkennen?

(8)

Welche drei Grundvoraussetzungen sind für den vertrieblichen Erfolg eines Verkäufers unabdingbar?

(9)

Diskutieren Sie die Zusammenhänge zwischen dem Anforderungsprofil und dem Leistungsprofil.

(10) Was ist bei der Vorbereitung eines Akquisitionsgesprächs zu beachten? (11) Warum ist die Gesprächseröffnung so wichtig für den weiteren Verlauf des Akquisitionsgesprächs? (12) Welche Techniken sind bei der Bedarfsanalyse einzusetzen? (13) Erläutern Sie den Unterschied zwischen „Character Selling“ und „Benefit Selling“. (14) Warum schaffen Einwände im Akquisitionsgespräch eine gemeinsame Informationsbasis? (15) Welche Einwandbehandlungstechniken können im Akquisitionsgespräch eingesetzt werden? (16) Nennen Sie einige Beispiele für Kaufsignale, die der Kunde im Akquisitionsgespräch sendet. (17) Was ist zu tun, wenn man erkennt, dass es in einem Akquisitionsgespräch nicht zum Kaufabschluss kommt? (18) Welche wichtigen Werttreiber können für das Aktionsfeld „Akquisition“ herangezogen werden?

7. BETREUUNG

7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung .............................................................................. 275 7.2 Das akquisitorische Potenzial im Kundenstamm ..................................................... 276 7.2.1 Kundenbeziehung als Unternehmenswert ...................................................... 276 7.2.2 Kundenwert .................................................................................................... 276 7.2.3 Kundenlebenszyklus ....................................................................................... 277 7.3 Customer Relationship Management ....................................................................... 280 7.4 Kundenbindung ........................................................................................................ 283 7.4.1 Kundenbindungsprogramme im B2C-Bereich ............................................... 283 7.4.2 Kundenbindungsprogramme im B2B-Bereich ............................................... 285 7.5 Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich ............................................................... 287 7.5.1 Benutzergruppen ............................................................................................. 287 7.5.2 Benutzertreffen ............................................................................................... 288 7.5.3 Referenzbesuche ............................................................................................. 289 7.5.4 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente .................................... 290 7.6 Optimierung der Kundenzufriedenheit .................................................................... 292 7.6.1 Aktionsparameter............................................................................................ 292 7.6.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung ..................................................... 292 7.6.3 Werttreiber ...................................................................................................... 293 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 295

274

7. Betreuung

7. BETREUUNG

Marketing-Aktionsfelder

Nachhaltiger Gewinn

Wettbewerbsvorteil

• Produkte • Leistungen • Fähigkeiten • Know-how • Innovationskraft

Segmentierung

Positionierung

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

+ Kundennutzen

+ Kundenvorteil

+ Kundenwahrnehmung

+ Kundennähe

+ Kundenakzeptanz

+ Kundenzufriedenheit

=

Vom Markt honorierter Wettbewerbsvorteil

Kundenkriterien © Dialog.Lippold

Die Betreuung ist das sechste und letzte Aktionsfeld im Rahmen der Marketing-Gleichung. Im Mittelpunkt steht dabei das Beziehungsmarketing, das auf die nachhaltige Bindung von Stammkunden abzielt und unter dem Begriff Customer Relationship Management als wesentlicher Marketingansatz gesehen wird. Da sich die unterschiedlichen Kundenbindungsmaßnahmen im B2B-Bereich recht deutlich von denen des B2C-Marketings unterscheiden, werden auch hier die einzelnen Programme getrennt dargestellt. Das Beziehungsmarketing hat seinen Ursprung und auch seine heutige Dominanz im B2BMarketing, wo die Geschäftsbeziehungen zahlenmäßig zumeist überschaubar sind und zudem auf verschiedenen Interaktionsebenen (Organisationen, Gruppen, Personen) stattfinden.

7.1 Aufgabe und Ziel der Betreuung

7.1

275

Aufgabe und Ziel der Betreuung

Die Betreuung ist das sechste und letzte wichtige Aktionsfeld im Rahmen des Vermarktungsprozesses. Die Komponente Betreuung unterscheidet sich insofern von den übrigen Aktionsfeldern der Marketing-Gleichung, weil sie erst nach der Auftragsvergabe zur Wirkung gelangt. Innerhalb des Vermarktungsprozesses ist sie der Post-Sales-Phase zuzuordnen. Da die Marketingaktivitäten eines Unternehmens nicht mit dem Auftragseingang enden, zielt die Betreuung auf die Optimierung der Kundenzufriedenheit ab: Kundenzufriedenheit = f (Betreuung) → optimieren! Dem Aktionsfeld Betreuung kommt in zweifacher Hinsicht eine besondere Bedeutung zu [vgl. LIPPOLD 1998, S. 237 f.]: Zum einen ist die vorhandene Kundenbasis immer dann das am leichtesten zu erreichende Absatzpotenzial für das Folgegeschäft, wenn es gelingt, die bisherige Beziehung zur Zufriedenheit des Kunden zu gestalten. Im B2C-Marketing lässt sich die Kundenzufriedenheit relativ leicht an den unmittelbaren Wiederholungskäufen festmachen. Im B2B-Marketing mit komplexen Produkten und Leistungen ist dies dann der Fall, wenn das Projekt aufwandsgerecht durchgeführt wird, der Funktionsumfang den Erwartungen entspricht und das Kundenunternehmen auch nach dem erfolgreichen Projekteinsatz das Gefühl hat, jederzeit kompetent (und bevorzugt) betreut zu werden. Mit den daraus resultierenden Folgeaufträgen wächst das Unternehmen mit seinem Kunden. Kurzum: Die verkauften Produkte und Leistungen sollten dem abgegebenen Nutzen- und Qualitätsversprechen entsprechen und damit Wiederholungskäufe initiieren. Zum anderen ist ein gut betreuter Kunde in idealer Weise auch immer eine Referenz für das Neugeschäft, d. h. zur Gewinnung neuer Kunden. Besonders im B2B-Bereich sind Referenzen in einem Markt, dessen Entscheidungsprozesse häufig vom Kaufmotiv Sicherheit geprägt sind, in vielen Fällen ein wesentlicher Schritt zur Absicherung der Kaufentscheidung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass dem Aktionsfeld Betreuung in der Marketingliteratur im Rahmen des marketingpolitischen Instrumentariums (Marketing-Mix) generell keine sehr große Bedeutung beigemessen worden ist. Im Mittelpunkt stand das „Neukunden-Marketing“ und nicht das „Bestandskunden-Marketing“. Erst mit dem Aufkommen der Idee des Customer Relationship Managements (CRM) ist die Beziehung zu den Bestandskunden stärker in das Bewusstsein der verschiedenen Marketingansätze gerückt. Hier kann vielleicht eine Parallele zum Personalmarketing gezogen werden. Auch das Personalmarketing befasste sich zunächst ausschließlich mit der Personalgewinnung. Erst später ist die Personalbindung als wesentliche zweite Zielsetzung hinzugekommen [vgl. LIPPOLD 2011, S. 8]. Um die Betreuung, d. h. um die Bearbeitung der Bestandskunden zu optimieren, ist es erforderlich, sich zunächst mit den Aspekten des Kundenbeziehungsmanagements zu befassen.

276

7.2

7. Betreuung

Das akquisitorische Potenzial im Kundenstamm

7.2.1 Kundenbeziehung als Unternehmenswert Das Beziehungsmarketing (engl. Relationship Marketing), das eine Zeit lang unter dem Begriff Beziehungsmanagement diskutiert wurde, wird inzwischen unter dem Begriff Customer Relationship Management (CRM) immer stärker als ein wesentlicher, erfolgsbestimmender Marketingansatz gesehen. Das Beziehungsmarketing hat seinen Ursprung im B2B-Bereich und hier insbesondere im System- und Anlagengeschäft, wo besonders vielschichtige und intensive Kundenbeziehungen typisch sind. Zunehmend wird dieser Ansatz aber auch im Konsumgüterbereich angewendet [vgl. BECKER 2009, S. 628]. Prinzipiell steht das Beziehungsmarketing im Gegensatz zum Transaktionsmarketing, bei der die „übliche instrumentelle, eher auf den kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Einwegbetrachtung“ [MEFFERT et al. 2008, S. 41] – also der reine Verkaufsakt – im Vordergrund steht. Als prozessuale und ganzheitliche Betrachtung der Austauschbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager ist das Beziehungsmarketing dagegen beeinflusst von den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen zwischen Kundenbindung und Gewinnerzielung. So ist die Neukundengewinnung etwa fünf bis sieben Mal teurer als die Kundenbindung. Damit wird zugleich deutlich, dass die nachhaltige Pflege der Kundenbeziehung zugleich auch zur Steigerung des Unternehmenswertes beiträgt [vgl. BECKER 2009, S. 631]. Auch das klassische Konsumgüter- sowie das Dienstleistungsmarketing haben erkannt, dass eine auf Dauerhaftigkeit angelegte Beziehungspflege von besonderer Bedeutung ist. Grundvoraussetzung einer dauerhaften Beziehung ist der Aufbau von Vertrauen. So verwundert es auch nicht, dass die DEUTSCHE BANK ihren Slogan „Vertrauen ist der Anfang von allem“ zur Grundlage ihrer Geschäftsbeziehung gemacht hat.

7.2.2 Kundenwert Der Kundenwert nimmt im Rahmen einer Geschäftsbeziehung eine zentrale Rolle ein, denn der Kunde stellt dem Unternehmen eine existenzkritische Ressource in Form von Umsätzen zur Verfügung. Der Kundenwert, der alle Zahlungsströme eines Kunden über seinen gesamten Kundenlebenszyklus hinweg umfasst, setzt sich aus folgenden Teilwerten zusammen [vgl. BAUER et al. 2006, S. 49 ff.]: 

Basiswert als jährlicher monetärer Mindestbeitrag eines Kunden aus dem Basisgeschäft (z. B. die Grundgebühren bei Mobilfunk- oder Abonnementkunden),



Loyalitätswert als zusätzlicher Wertbeitrag eines Kunden, der durch zusätzliche Intensivierung der Geschäftsbeziehung verursacht wird (z. B. höhere Kaufintensität oder höhere Kauffrequenz),

7.2 Das akquisitorische Potenzial im Kundenstamm

277



Cross-Selling-Wert, der beim „Überkreuz-Verkauf“ von Produkten und Dienstleistungen für einen anderen Geschäftsbereich entsteht,



Referenzwert, der durch Weiterempfehlung von zufriedenen und loyalen Kunden außerhalb der bestehenden Geschäftsbeziehung entsteht,



Informations- und Kooperationswert, der durch einen intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen dem Anbieterunternehmen und dem Kunden entsteht und zu zusätzlichen Wertbeiträgen führt (z. B. Entwicklungskooperation mit Lead User oder Effizienzverbesserungen bei Prozessinnovationen).

Umsätze aus dem Basis-, Loyalitäts- und Cross-Selling-Wert entstehen direkt aus Transaktionen und werden daher als Transaktionswerte bezeichnet. Im Gegensatz dazu beschreiben der Referenz- sowie der Informations- und Kooperationswert die Interaktionswerte, die nur indirekt monetär sind und auf Interaktionen des Kunden mit anderen (potenziellen) Kunden oder auf Kunden-Anbieter-Interaktionen basieren [vgl. BAUER et al. 2006, S. 49]. In Abbildung 7-01 sind die Kundenwertbestandteile im Überblick dargestellt. Kundenwert

Transaktionswerte

Interaktionswerte

Basiswert

Loyalitätswert

Cross-SellingWert

Monetärer jährlicher Mindestbetrag

Zusätzlicher Wertbeitrag durch Intensivierung der Geschäftsbeziehung

Zusätzlicher Wertbeitrag durch Umsätze für andere Geschäftsbereiche

Abb. 7-01:

Referenzwert Zusätzlicher Wertbeitrag durch Weiterempfehlung an Dritte

Informations- und Kooperationswert Zusätzlicher Wertbeitrag durch Informations- und Erfahrungsaustausch

Komponenten des Kundenwerts [Quelle: BAUER et al. 2006, S. 58]

7.2.3 Kundenlebenszyklus Ähnlich wie bei Produkten unterliegt auch die Kundenbeziehung einem Lebenszyklus. Der Kundenbeziehungs- bzw. Kundenlebenszyklus (engl. Customer Lifecycle) beschreibt idealtypisch die verschiedenen Phasen einer (langfristigen) Geschäftsbeziehung. Nach diesem Konzept, das Steuerungsansätze zur systematischen Kundenbindung in den Mittelpunkt stellt, können sechs Phasen unterschieden werden [vgl. BECKER 2009, S. 632 ff. und DWYER et al. 1987, S. 15]:  

Anbahnungsphase Explorationsphase

278

   

7. Betreuung

Expansionsphase Reife- bzw. Gefährdungsphase Kündigungsphase Revitalisierungsphase.

Zielgruppe der Anbahnungsphase sind Interessenten, die bislang noch keine Kunden sind. Im Mittelpunkt steht das Interessentenmanagement, dessen Ziel die Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen ist. Die Explorationsphase beschreibt die frühe Entwicklung der Kundenbeziehung. Im Mittelpunkt steht das Neukundenmanagement, das in der Regel durch geringfügige Umsätze bei hohen (kundenbezogenen) Kosten gekennzeichnet ist. Bei der Expansionsphase geht es um die Stärkung einer stabilen Kundenbeziehung mit signifikant steigenden Umsätzen und sinkenden Kosten. Im Mittelpunkt steht das Zufriedenheitsmanagement. Die Reifephase einer Kundenbeziehung ist zugleich auch die Phase der höchsten Gefährdung. Einer hohen Kundenbindung mit minimalen Kosten und maximalen Umsätzen kann hier die Gefahr sich beschwerender Kunden gegenüberstehen. Beschwerdemanagement bzw. Kündigungspräventionsmanagement ist hier die zielführende Managementaufgabe. Ziel der Kündigungsphase sollte es sein, dass der Kunde seine Kündigung zurücknimmt. Ein hierfür eingesetztes Kündigungsmanagement kann dieses Ziel unterstützen. Die Revitalisierungsphase ist auf die Wiederanbahnung einer stabilen Geschäftsbeziehung ausgerichtet. Das hierzu eingesetzte Rückgewinnungsmanagement ist demnach ein Spezialfall des Kundenbeziehungsmanagements. Damit konzentrieren sich die Managementaufgaben im Rahmen des Kundenlebenszyklus auf die drei Schwerpunkte   

Interessentenmanagement, Kundenbindungsmanagement und Rückgewinnungsmanagement.

In Abbildung 7-02 sind die Phasen des Kundenlebenszyklus sowie die entsprechenden Managementaufgaben dargestellt.

7.2 Das akquisitorische Potenzial im Kundenstamm

Anbahnungsphase

Phase

Anbahnung von neuen Geschäftsbeziehungen

Ziel

Kundenbezogene Umsätze und Kosten Managementaufgabe

Interessentenmanagement

Interessentenmanagement

Abb. 7-02:

Explorationsphase

Expansionsphase

279

Reifephase (Gefährdungsphase)

Festigung von neuen Geschäftsbeziehungen

Stärkung von stabilen Geschäftsbeziehungen

Stabilisierung gefährdeter Geschäftsbeziehungen

Geringe Umsätze – hohe Kosten

Steigende Umsätze – sinkende Kosten

Maximale Umsätze – minimale Kosten

Neukundenmanagement

Zufriedenheitsmanagement

Beschwerdemanagement

Kundenbindungsmanagement

Kündigungsphase

Revitalisierungsphase

Rücknahme von Kündigungen

Wiederanbahnung der Geschäftsbeziehung

Kündigungsmanagement

Revitalisierungsmanagement

Rückgewinnungsmanagement

Ziele und Aufgaben des Kundenmanagements in den Phasen des Kundenlebenszyklus [Quelle: BECKER 2009, S. 632 unter Bezugnahme auf STAUSS 2000, S. 15]

280

7.3

7. Betreuung

Customer Relationship Management

CRM steht für die konsequente Ausrichtung aller Unternehmensprozesse auf den Kunden. Der Kerngedanke des CRM ist die Steigerung des Unternehmens- und Kundenwerts durch das systematische Management der existierenden Kundenbeziehungen. Mit CRM lassen sich besonders wertvolle Kundengruppen identifizieren und mit gezielten Maßnahmen der Kundenbindung (engl. Customer Retention) an das Unternehmen binden. Dies wird durch Konzepte wie Loyalitätsmaßnahmen, Personalisierung und Dialogmanagement erreicht [vgl. RAPP 2000, S. 42 f.]. Wie eine CRM-Untersuchung aus dem Jahre 2009 zeigt, sind die Erhöhung der Kundenbindung, der Aufbau von Kundenwissen und die Steigerung der Vertriebseffizienz die Hauptziele der 110 befragten Unternehmen aus den verschiedensten Branchen und Umsatzgrößenlassen (siehe Abbildung 7-03). Welche Ziele verfolgt Ihr Unternehmen mit der Umsetzung von CRM?

Erhöhung der Kundenbindung

76%

Aufbau von Kundenwissen

49%

Steigerung der Vertriebseffizienz

49%

Cross-Selling

44%

n=110; Mehrfachnennungen

Erreichung eines höheren Marktanteils

30%

0%

Abb. 7-03:

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

CRM-Ziele [Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 6]

Generell beruht der Erfolg von CRM auf der Beantwortung folgender strategischer Fragen [vgl. RAPP 2000, S. 46 f.]: 

Welche Kunden sind die profitabelsten in der Dauer der Kundenbeziehung und wie unterscheiden sich diese in ihrem Verhalten und ihren Prozessen?



Welche Leistungen und Personalisierungsangebote müssen geboten werden, damit sie dem Unternehmen langfristig verbunden bleiben?



Wie können ähnliche neue profitable Kunden nachhaltig gewonnen werden?



Wie lässt sich ein differenziertes Leistungsangebot für unterschiedliche Kunden entwickeln ohne die Kosten zu erhöhen?

Zur Beantwortung dieser Fragen benötigen Unternehmen differenzierte Daten über ihre Kunden. Diese sind zumeist in mehr oder weniger strukturierter Form (als numerische Daten, als Fließtext, als Grafiken etc.) in verschiedenen Kunden- oder Produktdatenbanken des Unternehmens vorhanden. Für Zwecke des Customer Relationship Management müssen diese Daten in geeigneten IT-gestützten CRM-Systemen zusammengefügt werden, um die notwendi-

7.3 Customer Relationship Management

281

gen Kundeninformationen herausfiltern zu können. Wesentliche Instrumente dazu sind Data Warehouse- und Data Mining-Systeme [vgl. BECKER 2009, S. 633]. Beim Data Warehouse handelt es sich um ein speziell für die Entscheidungsfindung aufgebautes Informations- bzw. Datenlager, in dem Daten aus unternehmensweiten, operativen ITSystemen (Call Center, Internet, Vertrieb etc.) gesammelt, transformiert, konsolidiert, gefiltert und fortgeschrieben werden. Das Data Mining wiederum dient nun dazu, aus diesem Datenberg wertvolle Informationen zu extrahieren, um Aussagen im Sinne der Kundenorientierung und Gewinnmaximierung treffen zu können [vgl. RAPP 2000, S. 73 ff.]. Wie die Umfrageergebnisse des CRM-Barometers 2009/2010 weiter zeigen, wird die Vielzahl der gesammelten Daten von der Mehrheit der befragten Unternehmen analytisch ausgewertet. So nehmen zwei Drittel der befragten Unternehmen eine Effektivitätsmessung in Marketing, Vertrieb und Service vor. Hier wird die Profitabilität von Marketingkampagnen oder die Effektivität von Vertriebs und Serviceprozessen gemessen (siehe Abbildung 7-04). Welche Analysetools werden in Ihrem Unternehmen technologisch unterstützt und aktiv genutzt? Effizienzmessung (Marketing/Vertrieb/Service)

67%

Profitabilitätsmessung (Kunde, Produkte)

49%

Data Mining (Mustererkennung, Cross-Selling Potenziale)

43%

Kundenwertbestimmung (z. B. Umsatzanalyse, Kundenlebenszyklusrechnung etc.)

39%

Kein Einsatz analytischer Tools

14% 0%

Abb. 7-04:

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Einsatz von CRM-Analysetools [Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 12]

Die Umsetzung von CRM-Maßnahmen ist allerdings nicht frei von Problemen und Herausforderungen. Keine klare Zielsetzung und zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wurden, sind bei 55 Prozent der befragten Unternehmen das entscheidende Umsetzungsproblem [Quelle: CRM-Barometer 2009/2010, S. 8]. CRM muss nicht zwingend als ein umfassendes Maßnahmenpaket im Rahmen eines Großprojektes eingeführt werden. Oft ist es effektiver, die Umsetzung – entsprechend der unternehmerischen Priorisierung und der Gesamtstrategie – in Einzelteile zu zerlegen. Geschieht dies, können zahlreiche CRM-Aktivitäten auch parallel mit Erfolg umgesetzt werden. Diese Vorgehensweise hat neben dem Vorteil des geringeren Umsetzungsrisikos auch den Vorzug, dass die Mitarbeiter CRM als schrittweisen Veränderungsprozess erkennen und dadurch den eingeschlagenen Weg nicht nur mitgehen, sondern im Idealfall sogar aktiv unterstützen [vgl. CRM-Barometer 2009/2010, S. 7 f.]. Schließlich noch ein weiterer Aspekt, der beim Auf- und Ausbau eines nachhaltigen CRM zukünftig eine bedeutende Rolle spielen wird: der Trend zur Kommunikation über Social

282

7. Betreuung

Media. Bereits in wenigen Jahren wird es selbstverständlich sein, Kundenanfragen über Blogs zu beantworten oder Podcasts zur Erläuterung der Produktnutzung online zu. 70 Prozent der Teilnehmer einer DETECON-Studie zum „Kundenservice der Zukunft“ glauben, dass Social Media ein bedeutender Servicekanal der Zukunft ist. Unternehmen werden künftig wesentliche Prozesse des Kundenservice über öffentliche Dialoge abwickeln und Kundenbindung auf einer neuen, viel persönlicheren Ebene etablieren. Social Media wird so immer mehr zu einer Herausforderung im Rahmen des Zufriedenheits-, Beschwerde- und Kündigungsmanagements – zum Social CRM. Diesen Austausch aktiv zu gestalten, ihn zu moderieren, wird ein wichtiges Merkmal des Kundenservice der Zukunft sein [vgl. DETECON 2010, S. 4]

7.4 Kundenbindung

7.4

283

Kundenbindung

7.4.1 Kundenbindungsprogramme im B2C-Bereich Die Einsicht, dass Wertsteigerung in starkem Maße von der Bindung einmal gewonnener Kunden abhängt, hat sich – wie oben bereits erwähnt – zunehmend auch im B2C-Marketing durchgesetzt. So gehen immer mehr Unternehmen dazu über, Kundenbindungsprogramme zu initiieren und umzusetzen. Zu den wichtigsten Kundenbindungsprogrammen im B2CBereich, die sich zumeist kaum voneinander trennen lassen, zählen    

Bonusprogramme, Kundenkarten, Couponing (Rabattmarken) und Kundenclubs.

Bonusprogramme bieten dem Kunden eine finanzielle Belohnung für seine Treue zu einem Anbieterunternehmen. Der Bonus wird in der Regel am vom Kunden getätigten Umsatz festgemacht. Dieser Umsatz wird mit Punkten, Rabattmarken oder Meilen belohnt, die der Kunde gegen Prämien, Gutscheine oder eine Rückerstattung eintauschen kann. Kundenkarten sind Träger eines Kundenbindungsprogramms und damit sehr häufig auch Träger eines Bonusprogramms. Kundenkarten können als Bonuskarten (z. B. Payback, DeutschlandCard, Miles & More), als Zugangskarten (z. B. SIM-Karte), als Kredit- oder Vorteilskarten (z. B. DouglasCard) fungieren. Darüber hinaus ist die Kundenkarte zugleich auch Träger kundenbezogener Daten, die es erlauben, das Kaufverhalten zu analysieren und Kundenprofile zu erstellen. Durch die zunehmende Angst vor Datenmissbrauch hat die Akzeptanz der Kundenkarte allerdings abgenommen [vgl. SCHENK 2007, S. 226]. Das Couponing nutzt den Grundgedanken der (guten, alten) Rabattmarke. Die häufigste Coupon-Art ist daher der Rabatt-Coupon, bei dem gegen Abgabe eines Couponheftes dem Verbraucher die beworbenen Vergünstigungen des jeweiligen Anbieters eingeräumt werden. Zwischenzeitlich können Coupons auch über das Handy abgerufen werden (engl. Mobile Couponing). Kundenclubs zählen zu den wirksamsten Instrumenten der Kundenbindung. Sie werden grundsätzlich vom Anbieterunternehmen initiiert und organisiert. Zu den wichtigsten ClubTypen zählen Fan-Clubs (z. B. ERDINGER WEIßBRÄU-Club), VIP-Clubs (z. B. Airport-Club Frankfurt), Lifestyle-Clubs (z. B. DAVIDOFF-Club), Product-Interest-Clubs (z. B. Dr. OETKER-Back-Club) sowie Kundenvorteils-Clubs (z. B. IKEA Family Club). Die besondere Bedeutung von Kundenbindungsmaßnahmen zeigen auch die Umfrageergebnisse einer ROLAND BERGER-Studie zur Beurteilung von Aktivitäten zur Kundenbindung. Von den insgesamt 82 befragten B2B-Unternehmen wird die Kundenbindung als wichtigster Erfolgsfaktor im Marketing-Mix angesehen – noch vor Produktqualität und niedrigen Kosten (siehe Abbildung 7-05).

284

7. Betreuung

Bedeutung von Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix - arithm. Mittel Kundenbindung

4,6

Produktqualität

4,4

Niedrige Kosten

4,3

Markenbekanntheit

4,2

Neukundenakquisition

4,1

Innovation

3,8 0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

Niedrige Bedeutung

Abb. 7-05:

4,5

5

Hohe Bedeutung

Erfolgsfaktoren im Marketing-Mix von B2C-Unternehmen [Quelle: ROLAND BERGER-Studie 2003, S. 6]

Von den in dieser Studie befragten Unternehmen haben bereits 61 Prozent ein Kundenbindungsprogramm eingesetzt, davon wiederum über die Hälfte (54 Prozent) ein Bonusprogramm. Mit deutlichem Abstand folgen Kundenkarten (36 Prozent), Couponing (Rabattmarken) mit 32 und Kundenclubs mit 28 Prozent (siehe Abbildung 7-06). Existenz von Kundenbindungsprogrammen in Unternehmen Nennungen in %; Mehrfachnennungen

Unternehmen ohne Kundenbindungsprogramm

Bonusprogramm

54%

Kundenkarte

36%

39% 61%

Couponing

Unternehmen mit Kundenbindungsprogramm

32%

Kundenclub

28% 0%

Abb. 7-06:

10%

20%

30%

40%

50%

60%

Existenz von Kundenbindungsprogrammen in B2C-Unternehmen [Quelle: ROBERGER-Studie 2003, S. 7]

LAND

Ein Blick auf die Branchenzugehörigkeit der befragten Unternehmen zeigt, dass Fluggesellschaften, Tankstellen, Baumärkte und der Versandhandel zu 100 Prozent ein Kundenbindungsprogramm einsetzen und hierbei die Bonusprogramme am häufigsten auftreten. Nicht alle Kundenbindungsprogramme sind erfolgreich. Häufig sehen die Kunden keinen echten Vorteil für sich. Teilweise sind die Programme zu kompliziert oder die Rabatte bzw. Prämien sind zu unattraktiv. Bei Kundenkartenprogrammen kommt hinzu, dass die Steckkartenplätze im Geldbeutel des Konsumenten schon belegt sind.

7.4 Kundenbindung

285

Als Erfolgsfaktoren für Kundenbindungsprogramme haben ein einfacher Anmeldeprozess, die emotionale Bindung des Kunden, finanzielle Anreize und eine bevorzugte Behandlung die größte Bedeutung (siehe Abbildung 7-07). Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen - Anzahl Nennungen in %; Mehrfachnennungen Einfacher Ameldprozess/Programmmechanismen

82%

Emitionale Bindung des Kunden

82%

Finanzielle Vorteile für den Kunden

80%

Bevorzugte Behandlung/Service

78%

Attraktivität der Partnerunternehmen

68%

Attraktive Prämien

56%

Breites Einsatzgebiet

54% 0%

Abb. 7-07:

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

90% 100%

Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen [Quelle: ROLAND BERGERStudie 2003, S. 19]

Allerdings sind mit der Einführung von Kundenbindungsprogrammen auch Risiken verbunden. In der ROLAND BERGER-Studie werden dazu folgende Risiken genannt:     

Unklare strategische Einordnung des Programms Fehlende Quantifizierbarkeit der Kosten-Nutzen-Effekte Fehlendes Anwendungs-Know-how für die Umsetzung Probleme bei der IT-Umsetzung Fehlende Unterstützung durch das Top-Management.

7.4.2 Kundenbindungsprogramme im B2B-Bereich Kundenbindungsprogramme im B2B-Marketing zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich wesentlich stärker personifizieren lassen. Die Anzahl der Kunden/Organisationen und damit auch die Anzahl der Zielpersonen für Bindungsmaßnahmen sind im Gegensatz zum Konsumgüterbereich zumeist sehr überschaubar. Aus diesem Grunde werden Bonusprogramme, Kundenkarten und das Couponing im B2B-Marketing weniger eingesetzt. Eine Ausnahme bilden die Business-Kunden der großen Luftfahrtgesellschaften (z. B. das LUFTHANSA Miles-andMore-Programm mit der Senator-Card). Auch andere Unternehmen, die einen Großteil ihres Umsatzes mit B2C-Kunden erzielen, haben Geschäftskundenbereiche eingerichtet (z. B. VODAFONE oder BMW), um diese Zielgruppen mit besonderen Bindungsprogrammen gezielter und nachhaltiger betreuen zu können.

286

7. Betreuung

Zu den wichtigsten Kundenbindungsmaßnahmen im B2B-Geschäft zählen    

Kundenveranstaltungen, Kunst- und Sportveranstaltungen, Kundenclubs sowie Kundenzeitschriften.

Zu Kundenveranstaltungen wird in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen ein relativ kleiner Kreis aus Geschäftskunden eingeladen. Besonders bewährt hat sich dabei die Form des Kamingesprächs, bei der zu Beginn der Veranstaltung ein politisches oder wirtschaftliches Thema von allgemeiner Bedeutung referiert wird. Ein solches Referat bietet den Aufhänger für Diskussionen und für das anschließende Get-together. Die Exklusivität der Veranstaltung vermittelt bei den eingeladenen Gästen den Eindruck, besonders bevorzugt behandelt zu werden. Eine ähnliche Zielsetzung verfolgen Kunst- und Sportveranstaltungen. Auch hier steht im Hintergrund, bewusst geschäftsfremde Themen (wie Ballett, Theater, Malerei, Konzert oder Sport) zum Anlass für ein Get-together auszusuchen. Besonders die VIP-Bereiche bei großen Sportveranstaltungen (Fußball, Basketball, Handball, Eishockey) bieten eine gute Gelegenheit, unmittelbar mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen. Besonders nachgefragt sind in jüngster Zeit Einladungen zu firmeneigenen Golfturnieren. Sehr häufig sind diese Veranstaltungen, die von unternehmensfremden Organisatoren initiiert und durchgeführt werden, in engem Zusammenhang mit den Sponsoring-Aktivitäten des Unternehmens zu sehen (siehe hierzu auch Abschnitt 4.3.4). Kundenclubs, die ihren Ursprung im Endkundensegment haben (z. B. Dr. OETKER-BackClub), werden zunehmend auch im B2B-Segment als Bindungsmaßnahme ins Leben gerufen. Bespiele sind der RWE Business Club oder der GROHE Profi Club. Solche Clubs bieten einem ausgewählten Segment exklusive Leistungen und Services an. Durch regelmäßige Kontakte und eine intensive Kommunikation bauen sie eine emotionale Bindung zum Unternehmen auf. Eine weitere, sehr häufig angewendete Kundenbindungsmaßnahme sind Kundenzeitschriften, die einem ausgewählten Verteilerkreis zugänglich gemacht werden. Informationen über Neuentwicklungen, Produktmodifikationen und Aktivitäten im Bereich des Corporate Social Responsibility (CSR) bilden den Inhalt dieser teilweise sehr hochwertig aufgemachten Zeitschriften.

7.5 Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich

7.5

287

Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich

Insbesondere in ihrer Gründungs- und Wachstumsphase messen viele Unternehmen im B2BBereich dem akquisitorischen Potenzial im Kundenstamm nicht die gleiche Bedeutung wie dem Neugeschäft bei. Erst wenn sich das Wachstum verlangsamt, das Innovationspotenzial erlahmt oder der Wettbewerb bereits eine neue Produktgeneration einführt, wenden sich die B2B-Unternehmen verstärkt dem Folgegeschäft in der eigenen Kundenbasis zu. Das Absatzpotenzial bei bestehenden Kunden ist wiederum in zweierlei Hinsicht von strategischer Bedeutung [vgl. LIPPOLD 1998, S. 238 ff.]: Zum einen besteht die Möglichkeit, im Rahmen der bereits installierten Produktleistung zusätzliche Leistungen wie Ergänzungskomponenten, Organisationsberatung u. ä. m. zu verkaufen. Diese Vorgehensweise bietet sich immer dann an, wenn der Kunde zunächst lediglich ein Basissystem oder nur bestimmte Teilkomponenten erworben hat. Desweiteren bietet der aktuelle Kundenkreis eine ideale Basis, um in dieser Zielgruppe die nächste Produktgeneration zu akquirieren. Da sich eine neue Produktgeneration i. d. R. weniger durch gravierende organisatorische sondern mehr durch technologische Neuerungen auszeichnet, lässt sie sich innerhalb dieser Zielgruppe wesentlich leichter, d. h. ohne große Eingriffe in die bestehende Aufbau- und Ablauforganisation, einführen. Naturgemäß reicht das Absatzpotenzial im bestehenden Kundenstamm für sich genommen nicht aus. Als Plattform für die Ausweitung auf neue Segmente und Zielgruppen sowie zur Überbrückung schwerfälliger Anlaufphasen ist es aber sehr gut geeignet. Zu den wichtigsten Instrumenten, die im Rahmen der Post-Sales-Phase für das B2B-Geschäft sinnvoll und nützlich sind, zählen   

die Zusammenarbeit mit Benutzergruppen, die Organisation von Benutzertreffen sowie die Organisation von Referenzbesuchen.

7.5.1 Benutzergruppen Verfügen Produkte über eine hinreichend große Installationszahl und darüber hinaus über einen entsprechend großen (strategischen) Stellenwert bei den Anwenderunternehmen, so kommt es häufig zur Bildung von Benutzergruppen (engl. User-Groups). Dabei geht es zunächst um einen informellen Informations- und Erfahrungsaustausch unter Fachleuten der Anwenderunternehmen, die in regelmäßigen Zeitabständen zusammentreffen. Im Zusammenhang mit der Systemeinführung wird in diesen Gruppen vor allem auch erörtert, inwieweit die Hersteller ihren werblichen und verkaufspolitischen Versprechungen gerecht geworden sind. Die damit vorgenommene Bewertung des Anbieterunternehmens kann dessen Image u. U. erheblich beeinflussen. B2B-Unternehmen sind somit vor die Entscheidung gestellt, ob sie die

288

7. Betreuung

User-Groups zum Gegenstand ihres Marketing machen sollen oder nicht [vgl. STROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 119]. Hat sich das Herstellerunternehmen für eine aktive und konstruktive Mitarbeit in diesen Anwendergremien entschieden, so kann es die Zusammenkünfte der Anwender dazu nutzen, kompetente Referenten für Fachvorträge abzustellen und damit zum Abbau der kognitiven Dissonanz beizutragen. Insofern bietet die Benutzergruppe einerseits eine ideale Möglichkeit für den Absatz evtl. Zusatzleistungen (Erweiterungsmodule, Ergänzungsbausteine, Beratungsleistungen) und andererseits dient sie als Referenz zur Gewinnung neuer Kundenpotenziale [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 168]. Die Einrichtung einer User-Group muss allerdings nicht nur positive Wirkung auf das Anbieter-Image haben, sondern kann durchaus auch Risiken für das Unternehmen in sich bergen. So kann der Einfluss der Benutzer durchaus dazu führen, dass der Anbieter seine Entwicklungspolitik entgegen den ursprünglichen Planungen verändern muss. Ggf. müssen eliminierungswürdige Teilsysteme (Module) auf Druck der User in der Produktpalette verbleiben oder bestimmte Produktfunktionen ins Angebot aufgenommen werden, ohne dass jemals eine Amortisierung der Entwicklungskosten in Aussicht steht [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 168 f.]. Besonders hinzuweisen ist schließlich auf die Möglichkeit, sich mit der Etablierung einer Benutzergruppe zugleich auch eine wichtige Informationsquelle zu erschließen, die für das Gebiet der Marktforschung von erheblichem Wert ist. Erhebungen innerhalb der Anwenderschaft können nicht nur wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des Produktes liefern, sondern auch evtl. Unzulänglichkeiten in der Einführungsphase oder in der Funktionalität aufzeigen [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 121].

7.5.2 Benutzertreffen Unabhängig davon, ob für ein Produkt eine Benutzervereinigung existiert oder nicht, in jedem Fall bietet sich zur Intensivierung der Kundenbetreuung die periodische Organisation und Durchführung von Benutzertreffen an. In diesen Veranstaltungen kann der gastgebende Hersteller sein gesamtes Marketing-Instrumentarium gezielt und ohne Streuverluste einzusetzen. Der Veranstaltungserfolg hängt entscheidend von der Programmgestaltung ab. Themen- und Referentenauswahl sind dabei ebenso wichtig wie Organisation und Inhalte des Rahmen- und Beiprogramms. Insbesondere durch das Angebot themen- bzw. problembezogener Workshops, die den Benutzern die Möglichkeit zum Informations- und Erfahrungsaustausch bieten, kann es dem Veranstalter gelingen, eine besonders starke Bindung zum Geschäftskunden herzustellen. Zweifellos sind Benutzertreffen neben ihrer Funktion als Informationsbörse zugleich auch immer Verkaufsveranstaltungen. So sind Vorträge über die künftige Unternehmens- und Entwicklungsstrategie ebenso fester Programmbestandteil wie die Präsentation neuer Pro-

7.5 Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich

289

grammbausteine oder die Vorstellung eines Kooperationspartners mit seinem ergänzenden Produkt- und Leistungsangebot. Darüber hinaus kann ein Benutzertreffen in ähnlicher Form der Informationsbeschaffung dienen wie eine User-Group. Entsprechend konzipierte Fragebögen, die im Rahmen der Veranstaltung ausgeteilt werden, können dabei wichtige Aufschlüsse über zukünftige Benutzeranforderungen und damit über Teilaspekte der einzuschlagenden Entwicklungsstrategie geben.

7.5.3 Referenzbesuche Insbesondere im Geschäft mit komplexen Produkte und Leistungen gehört der Nachweis von Referenzen zu einem der wichtigsten Marketing-Bestandteile überhaupt. Als Referenzen werden Kunden bezeichnet, bei denen ein Produkt oder Projekt erfolgreich und zur Zufriedenheit des Kunden durchgeführt wurde. Die Nachfrage nach Referenzen drückt in besonderem Maße das hohe Sicherheitsbedürfnis des potentiellen Anwenders bei der Beschaffung von Produkten oder Systemen aus. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen aktiver und passiver Form des Referenznachweises [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 122]. Eine aktive Referenzpolitik liegt dann vor, wenn auf Referenzunternehmen bereits hingewiesen wird, ohne dass ein darauf gerichtetes Kundeninteresse erkennbar ist. Die aktive Form des Referenznachweises setzt voraus, dass der Anbieter über eine hinreichend große Anzahl von Kunden verfügt, bei denen das Produkt zur Zufriedenheit der Benutzer eingeführt wurde und die jederzeit bereit sind, Auskunft über die Tauglichkeit des Systems - auch gegenüber möglichen Wettbewerbern - zu geben [vgl. STROTHMANN/KLICHE 1989, S. 122]. Wird bei der Angabe von Referenzen Zurückhaltung geübt und werden Referenzadressen nur dann genannt, wenn der potentielle Kunde darauf besteht, so wird von einer passiven Referenzpolitik gesprochen. Die passive Form des Referenznachweises ist in der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen, weil die meisten Anwender (trotz allgemeiner Zufriedenheit mit dem installierten Produkt) i. d. R. nicht bereit sind, einem Dritten ohne entsprechende „Vorwarnung“ durch den Anbieter Auskunft über die Installation zu geben [vgl. STROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 122]. Besonders wirkungsvoll sind Referenzanwender, die ihre Räumlichkeiten zur Besichtigung oder zum Test des bei ihnen installierten Produkts durch den potentiellen Kunden zur Verfügung stellen. Ein solcher Besichtigungstermin sollte jedoch sehr gut vorbereitet sein, da Komplikationen bei der Vorführung das Entscheidungsrisiko der potentiellen Investoren nicht gerade abbauen hilft [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 170]. Dies alles setzt voraus, dass sich Anbieter eine Datei von potentiellen Referenzanwendern aufbauen. In dieser Referenzdatei sollten alle Funktionsbausteine, die der jeweilige Anwender im Einsatz hat, aufgeführt sein. Desweiteren sollten die technologische Infrastruktur sowie Strukturmerkmale, wie Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit, in der Datei festgehalten werden. In der Systematik der Referenzdatei spiegeln sich somit im Prinzip

290

7. Betreuung

nichts anderes wider als die Kriterien der Makrosegmentierung (siehe auch Abschnitt 2.5.2), die der Festlegung des relevanten Marktausschnittes dienen. Eine solche Systematik ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil viele potentielle Kunden bei einem Referenzbesuch besonderen Wert auf eine vergleichbare Systemumgebung legen. Der Referenznehmer verspricht sich davon den Vorteil, den Systemeinsatz unter ähnlichen Bedingungen zu erleben [vgl. STROTHMANN/ KLICHE 1989, S. 124]. Unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher Branchenanforderungen kommt der Etablierung eines Lead User pro Branche eine besondere Bedeutung zu. Als Lead User werden Referenzkunden bezeichnet, die den Produktentwicklungsprozess aktiv mitgestalten und somit Einfluss auf das Entwicklungsergebnis nehmen. Besonders wichtig bei der Auswahl des Lead User ist die Forderung, dass dieser ein typischer Vertreter seiner Branche ist und über ein entsprechend positives Image in der Branche verfügt [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 170 unter Bezugnahme auf VON HIPPEL (1986), S. 791-805]. In Abbildung 7-08 sind die wichtigsten Instrumente im Post-Sales-Geschäft im Überblick dargestellt.

Gründung von Benutzergruppen (User-Groups)

Organisation von Benutzertreffen

Organisation von Referenzbesuchen

• Informeller Erfahrungsaustausch unter Fachleuten (User)

• Intensivierung der Kundenbetreuung durch periodische Organisation von Zusammenkünften

• Aktive Referenzpolitik:

• Gesamtes MarketingInstrumentarium kann ohne Streuverluste eingesetzt werden

• Passive Referenzpolitik

• Eine aktive und konstruktive Mitarbeit des Herstellers bietet sich an • Ideale Möglichkeit um Zusatzbausteine und Ergänzungsleistungen anzubieten • Einbindung der User in die künftige Entwicklungspolitik • Erheblicher Wert für die Marktforschung

Abb. 7-08:

• Neben der Funktion als Informationsbörse zugleich auch Verkaufsveranstaltung • Ggfs. auch Einbindung von Kooperationspartnern

- Setzt voraus, dass genügend zufriedene Kunden bereit sind, Auskunft zu geben - In der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen - Viele Kunden sind nicht bereit, ohne entsprechende Vorwarnung Auskunft zu geben • Besonders wirkungsvoll, wenn der Kunde seine Räumlichkeiten für den Referenzbesuch zur Verfügung stellt

Instrumente im Post-Sales-Geschäft

7.5.4 Produktwartung als zentrale Betreuungskomponente Eine wesentliche Betreuungsfunktion im B2B-Bereich ist die Produktwartung, die dem Erhalt der Funktionsfähigkeit des Produktes dient. Der hohe Stellenwert der Wartung wird besonders im Softwarebereich deutlich, wo bis zu 70 Prozent des Softwarebudgets eines Unternehmens allein für die Wartung vorhandener Programme ausgegeben werden [vgl. Sneed 1990, S. 13]. Dieser Prozentsatz ist auch deshalb so bemerkenswert hoch, weil die Wartung im Softwaregeschäft neben der permanenten Fehlerbereinigung auch die Lieferung verbesserter Release-

7.5 Das Post-Sales-Geschäft im B2B-Bereich

291

Stände umfasst. Die Software-Wartung stellt also nicht nur die reine Reparaturtätigkeit (wie bei Maschinen), sondern darüber hinaus auch die Produktverbesserung dar. Diese Besonderheit im Wartungsumfang ist vornehmlich damit zu begründen, dass zum Erhalt der Produktionsfähigkeit neben der Fehlerbeseitigung beispielsweise auch Programmänderungen gehören, die durch Gesetzesänderungen oder durch Betriebssystemwechsel notwendig werden. Software unterliegt im Gegensatz zum Maschinenpark keinem physischen Verschleiß, sondern einer wirtschaftlichen Veralterung, die durch die stetige technologische Weiterentwicklung (Hardware, Betriebssystemsoftware) sowie durch gesetzliche Änderungen bedingt ist [vgl. BAAKEN/LAUNEN 1993, S. 135 ff.].

292

7.6

7. Betreuung

Optimierung der Kundenzufriedenheit

7.6.1 Aktionsparameter Wie in Abschnitt 7.1 dargestellt lässt sich die Optimierung der Kundenzufriedenheit als Funktion der Betreuung darstellen (→ Kundenzufriedenheit = f (Betreuung)). Die Betreuung wiederum wird im Wesentlichen durch zwei Parameter bestimmt: 

Kundenwert, der sich zusammensetzt aus dem Basiswert, dem Loyalitätswert, dem Cross-Selling-Wert, dem Referenzwert sowie dem Informations- und Kooperationswert.



Kundenbeziehung als Stellschraube, um aus dem Kundenwert (an sich) einen Unternehmenswert zu generieren.

Daraus ergibt sich für die Kundenzufriedenheit folgender erweiterter Optimierungsansatz: Kundenzufriedenheit = f (Betreuung) = f (Kundenwert, Kundenbeziehung)

7.6.2 Prozess und instrumentelle Unterstützung In Abbildung 7-09 ist beispielhaft ein Prozessmodell für das Aktionsfeld Betreung dargestellt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Prozessmodells ist auch hier von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig (Branche, Unternehmensgröße, Distributionssystem, Art der Werttreiber etc.).

Kernprozesse

MarketingWertschöpfungskette

Eingangslogistik

Segmentierung

Operative Funktionen

Positionierung

Marketing/ Vertrieb

Kundendienst

Kommunikation

Distribution

Akquisition

Betreuung

Kundenbindungsprogramme

Betreuungsprozesse

Betreuungsteilprozesse

Organisation Kundendatei

Unterstützungsprozesse

Abb. 7-09:

Ausgangslogistik

Analyse Kundendatei

Organisation Bindungsprogramme

Verfahren der Kundenwertanalyse wie z. B. ABC-Analyse, Kundendeckungsbeitragsanalyse, Customer Lifetime Value-Ansätze, Scoring-Modelle, Portfolio-Ansätze

Prozessmodell für das Aktionsfeld „Betreuung“

Informationstechnik insbesondere CRM-System

7.6 Optimierung der Kundenzufriedenheit

293

Als Instrumente bzw. Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit kommen vor allem die verschiedenen Methoden der Marktforschung (insbesondere Kundenbefragung, Benchmarking) in Betracht. Speziell zur Messung des Kundenwerts können monetäre und nicht-monetäre Ansätze herangezogen werden. Zu den monetären Ansätzen zählen [vgl. BAUER et al. 2006, S. 170 ff.]: 

ABC-Analyse, d. h. eine grobe Einteilung der Kunden in Gruppen, die in unterschiedlichem Ausmaß zum Umsatz oder Gewinn des Anbieterunternehmens beitragen.



Kundendeckungsbeitragsrechnung, d. h. eine kundenbezogene Erfolgsrechnung, die aus der Produkterfolgsrechnung abgeleitet ist und die neben den Umsätzen eines Kunden auch die durch ihn verursachten Kosten berücksichtigt.



Costumer Lifetime Value-Ansatz, d. h. ein periodenübergreifender Ansatz, der die Umsatz- und Kostenentwicklung während der gesamten Dauer des Kundenlebenszyklus berücksichtigt.

Nicht-monetäre Ansätze der Kundenwertmessung sind [vgl. BAUER et al. 2006, S. 182 ff.]: 

Scoring-Modelle. Es handelt sich dabei um Punktbewertungsverfahren, mit denen die Kunden nach einem für das Anbieterunternehmen relevanten Kriterienkatalog und mit Hilfe eines Punktesystems bewertet werden. Das bekannteste Scoring-Verfahren ist die sog. RFM-Methode. Als Kriterien werden dabei die Aktualität der letzten Transaktion (engl. Recency), die Häufigkeit der Transaktion (engl. Frequency) sowie Umsatz oder Deckungsbeitrag pro Transaktion (engl. Monetary Ratio) herangezogen.



Portfolio-Ansätze. Die Portfolio-Analyse kann der Geschäftsfeld- und Produktplanung auch für die Beurteilung der Investitionswürdigkeit von Kundenbeziehungen eingesetzt werden. Dabei werden die beiden Dimensionen Kundenattraktivität und Kundendurchdringung in einer 4- oder 9-Felder-Matrix gegenübergestellt.

7.6.3 Werttreiber Als Werttreiber im Aktionsfeld Betreuung können entlang des Kundenlebenszyklus u. a. genannt werden [vgl. BAUER et al. 2006, S. 107 ff. unter Bezugnahme auf REINECKE 2004]: 

Kundenzufriedenheitsindex, d. h. Anteil der Kunden, die mit dem Unternehmen bzw. der Marke oder der Leistung zufrieden sind, im Verhältnis zu allen Kunden.



Wiederholungskaufrate, d. h. der Anteil der Kunden am Gesamtkundenstamm, die Wiederholungskäufe getätigt haben, oder Anteil des Umsatzes mit vorhandenen Kunden am Gesamtumsatz.



Kundenbindungsrate, d. h. Anteil der Kunden zum Zeitpunkt t0, die zum Zeitpunkt t1 noch Kunden sind; pro Jahr oder nach Alter der Kundenbeziehung; ggf. gewichtet nach Umsatz oder Deckungsbeitrag.

294

7. Betreuung



Kundendurchdringungsrate (engl. Share of wallet), d. h. Anteil der Bedarfsdeckung des Kunden beim Anbieter im Verhältnis zum geschätzten relevanten Gesamtbedarf des Kunden.



Cross-Buying-Rate, d. h. tatsächliche Zusatzkäufe bzw. Zusatzaufträge für benachbarte Geschäftsbereiche des Unternehmens nach Anzahl oder Umsatz pro Zeiteinheit.



Kundenhalbwertszeit, d. h. Zeitdauer, nach der die Hälfte aller neu akquirierten Kunden das Unternehmen wieder verlassen hat.



Referenzquote, d. h. Anteil der Kunden, die bereit sind, eine (passive) Referenz für das Unternehmen abzugeben, im Verhältnis zu allen Kunden.



Stornoquote bei Stammkunden, d. h. Anteil der stornierten Aufträge von Stammkunden im Verhältnis zu allen Aufträgen (ggf. nach Umsatz gewichtet).



Kundenabwanderungsrate (engl. Attrition rate), d. h. Anteil der Kunden aus t0, die in t1 nicht mehr Kunden sind.



Kundenrückgewinnungsrate, d. h. Anteil der nach einer Abwanderung zurück gewonnenen Kunden an der Gesamtzahl der kontaktierten abgewanderten Kunden.

In Abbildung 7-10 sind die wichtigsten Aspekte des Aktionsfeldes Betreuung (wie Aktionsparameter, Instrumente, Werttreiber sowie das Optimierungskriterium) im Überblick dargestellt.

Aktionsfeld

Segmentierung

Aktionsparameter

• Kundenwert • Kundenbeziehung Zur Kundenzufriedenheitsanalyse Verfahren wie • Kundenbefragung • Benchmarking

Instrumentelle Unterstützung

Zur Kundenwertmessung Verfahren wie • ABC-Analyse • Kundendeckungsbeitragsanalyse • Customer Lifetime Value-Ansatz • Scoring-Modelle • Portfolio-Ansätze

Werttreiber

• Kundenzufriedenheitsindex • Wiederholungskaufrate • Kundenbindungsrate • Kundendurchdringungsrate • Cross-Buying-Rate • Kundenhalbwertszeit • Referenzquote • Stornoquote bei Stammkunden • Kundenabwanderungsrate • Kundenrückgewinnungsrate

Optimierungskriterium

Kundenzufriedenheit

Abb. 7-10:

Wesentliche Aspekte des Aktionsfeldes „Betreuung“

Kontroll- und Vertiefungsfragen

295

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Worin liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen dem Aktionsfeld „Betreuung“ und den übrigen Aktionsfeldern des Marketings?

(2)

Warum kommt dem Aktionsfeld „Betreuung“ in zweifacher Hinsicht eine besondere Bedeutung zu?

(3)

Grenzen Sie die Begriffe „Beziehungsmarketing“ und „Transaktionsmarketing“ voneinander ab.

(4)

Aus welchen Teilkomponenten setzt sich der Kundenwert zusammen? Diskutieren Sie in diesem Zusammenhang die Begriffe „Transaktionswerte“ und „Interaktionswerte“.

(5)

Auf welche Schwerpunkte sollten sich die Managementaufgaben im Rahmen des Kundenlebenszyklus konzentrieren?

(6)

Welche Hauptziele werden mit dem Customer Relationship Management verfolgt?

(7)

Grenzen Sie die Begriffe „Data Warehouse“ und „Data Mining“ voneinander ab.

(8)

Worin entscheiden sich die Kundenbindungsprogramme im B2C-Marketing von den entsprechenden Programmen im B2B-Bereich?

(9)

Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile von Kundenbindungsprogrammen im B2Cmarketing.

(10) Welches besondere akquisitorische Potenzial liegt im Kundenstamm von B2BUnternehmen? (11) Welche besonderen Chancen, aber auch Risiken liegen in der Gründung von Benutzergruppen (User Groups)? (12) Grenzen Sie Benutzertreffen, Benutzergruppen und Referenzbesuche inhaltlich voneinander ab. (13) Welchen Stellenwert hat die Referenzpolitik im B2B-Marketing? (14) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der aktiven und der passiven Referenzpolitik im B2B-Marketing. (15) Aus welchen beiden Komponenten setzt sich die Wartung bei Produkten der Informationstechnologie in der Regel zusammen? (16) Welche Werttreiber sind für das Aktionsfeld „Betreuung“ von besonderer Bedeutung? (17) Nennen Sie monetäre und nicht-monetäre Verfahren zur Kundenwertmessung. (18) Mit welchen Methoden bzw. Verfahren der Marktforschung lässt sich die Kundenzufriedenheit messen?

8. MARKETINGORGANISATION

8.1 Organisatorische Grundlagen ................................................................................... 299 8.1.1 Einführung ...................................................................................................... 299 8.1.2 Aufbauorganisation ........................................................................................ 301 8.1.3 Ablauforganisation ......................................................................................... 306 8.1.4 Prozessorganisation ........................................................................................ 307 8.1.5 Business Process Reengineering .................................................................... 308 8.2 Organisation des Marketingbereichs ........................................................................ 313 8.2.1 Einführung ...................................................................................................... 313 8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie .............. 313 8.2.3 Produktmanagement ....................................................................................... 315 8.2.4 Organisationsformen des Marketingbereichs ................................................. 316 8.3 Weiterführende Organisationsansätze...................................................................... 322 8.3.1 Shared Service Center .................................................................................... 322 8.3.2 Auslagerung von Organisationseinheiten ....................................................... 324 8.3.3 Change Management ...................................................................................... 327 Kontroll- und Vertiefungsfragen ..................................................................................... 332

298

8. Marketingorganisation

8. MARKETINGORGANISATION Im Rahmen des achten und letzten Kapitels werden neben den generellen organisatorischen Grundlagen die Organisation des Marketingbereichs sowie weiterführende Organisationsansätze angesprochen. Zu den generellen organisatorischen Grundlagen zählen die Darstellung der Unterschiede zwischen Aufbau-, Ablauf- und Prozessorganisation sowie eine Einführung in das Business Process Reegineering. Die Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie sowie spezielle Organisationsformen wie das Produktmanagement bilden einen weiteren Fokus. Weiterführende Organisationsansätze wie das Shared Service Center, das Outsourcing, Nearund Offshoring-Ansätze sowie Ausführungen zum Change Management runden das Kapitel ab.

8.1 Organisatorische Grundlagen

8.1

299

Organisatorische Grundlagen

8.1.1 Einführung Jedes Unternehmen ist prinzipiell eingebettet zwischen dem Beschaffungsmarkt und dem Absatzmarkt. Zwischen diesen beiden Polen werden Güter bewegt und entsprechend finanziert. Der betriebliche Güterfluss verläuft – vereinfacht ausgedrückt – vom Einkauf der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe über die entsprechende Veredelung in der Produktion bis zum Verkauf der Fertigprodukte. Die aus dem Verkauf erzielten Umsätze dienen zur Bezahlung bzw. zur Finanzierung der Einsatzstoffe, der Mitarbeiter, der Gebäude, der Anlagen etc. Die Verkaufserlöse bilden dementsprechend den Ausgangspunkt des betrieblichen Werteflusses, der sich damit gegenläufig zum Güterfluss bewegt. Einkauf, Produktion und Verkauf bilden die betrieblichen Sachfunktionen und zusammen mit der Finanzierung die betrieblichen Kernfunktionen. Abbildung 8-01 stellt diesen Zusammenhang schematisiert dar. Betriebliche Grundfunktionen (Sachfunktionsbereiche) Einkauf Beschaffung

Produktion Fertigung

Verkauf Marketing

Güterfluss Beschaffungsmarkt

Absatzmarkt Wertefluss Finanzierung

Abb. 8-01:

Die betrieblichen Grundfunktionen im Überblick

Eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit ist das Unternehmen aber erst dann, wenn diese Funktionsbereiche entsprechend den Unternehmenszielen koordiniert und gesteuert werden. Diese Leitungsfunktion ist die wesentliche Aufgabe des Managements. Managementaufgaben fallen in und zwischen jedem Bereich des Unternehmens an, gleich ob im Einkaufs-, Produktions-, Vertriebs- oder Finanzbereich. Das Management ist quasi eine komplexe Verknüpfungsaktivität, die den Leistungserstellungsprozess netzartig überlagert und in alle Sachfunktionsbereiche steuernd eingreift [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 7]. Aus der Verzahnung von Managementfunktionen und originären betrieblichen Funktionen haben sich eigenständige Managementbereiche entwickelt. So hat sich die Bezeichnung Einkaufsmanagement ebenso etabliert wie Produktionsmanagement, Marketingmanagement oder Finanzmanagement. Aber auch der mehrere Funktionsbereiche übergreifende Begriff des Logistikmanagements hat sich in der betrieblichen Praxis durchgesetzt. Neben den „klassischen“ Managementbereichen werden zunehmend weitere Gebiete mit Managementfunktionen belegt. Hierzu zählen insbesondere das Innovations- und Technologiemanagement sowie das Informations- und Kommunikationsmanagement, wobei die Bestand-

300

8. Marketingorganisation

teile beider Begriffspaare auch singulär verwendet werden. Allen Managementbegriffen liegt – unabhängig von ihrem Sachbezug – das folgende gemeinsame Funktionsspektrum zugrunde [vgl. auch 3.2.3].     

Planung (engl. planning) Organisation (engl. organizing) Personal (engl. staffing) Führung (engl. directing) Kontrolle (engl. controlling).

Dieser als Fünferkanon bezeichnete Funktionsumfang hat sich als Standard in der modernen Managementlehre durchgesetzt [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 10]. Er steht nicht im Gegensatz zu den originären betrieblichen Funktionen, sondern ergänzt diese als Querschnittsfunktionen. In Abbildung 8-02 ist der Gesamtzusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen dargestellt. Betriebliche Grundfunktionen (Sachfunktionsbereiche) Managementfunktionen

Einkauf Beschaffung

Produktion Fertigung

Verkauf Marketing

Logistikmanagement

Planung (engl. Planning) Organisation (engl. Organizing)

Einkaufsmanagement

Produktionsmanagement

Marketingmanagement

Güterfluss

Personal (engl. Staffing) Führung (engl. Directing)

Finanzmanagement

Kontrolle (engl. Controlling)

Wertefluss

Finanzierung

Innovationsmanagement

Technologiemanagement

Kommunikationsmanagement

Informationsmanagement

Abb. 8-02:

Zusammenhang zwischen betrieblichen Grundfunktionen und Managementfunktionen

Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Managementfunktion Organisation bzw. Organisationsentwicklung. Hierbei geht es um die Schaffung eines Handlungsgefüges zur Realisierung der Unternehmenspläne, also um die Einrichtung von Stellen und Abteilungen, denen entsprechende Aufgaben, Kompetenzen und Weisungsbefugnisse zugewiesen werden. Nach dem herkömmlichen Organisationsverständnis wird zwischen   

Aufbauorganisation (oder Strukturorganisation), Ablauforganisation und Prozessorganisation

8.1 Organisatorische Grundlagen

301

unterschieden. Alle drei organisatorischen Grundprinzipien sollen im Folgenden vorgestellt werden.

8.1.2 Aufbauorganisation Die Aufbauorganisation bildet das hierarchische Handlungsgefüge des Unternehmens. Sie legt fest, welche Aufgaben von welchen Personen bzw. Stellen wahrgenommen werden. Methodisch gesehen setzt die organisatorische Verteilung der Unternehmensaktivitäten also eine systematische Durchdringung der Aufgaben voraus. Die Aufgabenanalyse besteht aus fünf Teilbereichen [vgl. KOSIOL1966, S. 60 ff.]:     

Verrichtungs- bzw. Funktionsanalyse (zerlegt die Aufgaben in Tätigkeitsarten) Objektanalyse (zerlegt die Aufgaben in Objekte) Phasenanalyse (zerlegt die Aufgaben in die Phasen Planung, Realisierung und Kontrolle) Ranganalyse (zerlegt die Aufgaben in Entscheidungs- und Ausführungsarbeiten) Zweckbeziehungsanalyse (zerlegt die Aufgaben in Zweck- und unterstützende Aufgaben)

Wie Abbildung 8-03 zeigt, hat die KOSIOL‘sche Systematik ihre Relevanz bis heute nicht verloren.

Abb. 8-03:

Kriterium

Beispiele nach Kosiol

Heutige Relevanz

Verrichtung/Funktion

Sägen, schweißen, nieten, einkaufen, herstellen, verpacken, montieren, lagern, verkaufen

Kernsachfunktionen wie • Einkauf/Beschaffung • Forschung und Entwicklung • Produktion/Fertigung • Marketing/Vertrieb

Objekt

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Fertigprodukte, Zwischenprodukte

• Produkte/Produktgruppen • Regionen/Märkte • Kunden/Kundengruppen

Phase

Planen, durchführen, kontrollieren

Rang

Entscheidungen, Ausführungsarbeiten

Zweckbeziehung

Zweckaufgaben, unterstützende Aufgaben

• Kernaufgaben • Supportaufgaben

Heutige Relevanz der KOSIOL’schen Aufgabenanalyse

Die herkömmliche Organisationsentwicklung ist nun dadurch gekennzeichnet, dass zunächst im Rahmen einer Aufgabenanalyse einzelne Aufgaben in Teilaufgaben zerlegt und danach Aufgaben und Teilaufgaben zu Stellen und Abteilungen gebündelt werden. Aus dieser Aufgabensynthese ergibt sich die grundlegende Struktur der Organisation. Abbildung 8-04 stellt Aufgabenanalyse und -synthese im Zusammenhang dar.

302

8. Marketingorganisation

Aufgabe

AufgabenAnalyse

AufgabenSynthese

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Teilaufgabe

Stellen

Stellen

Stellen

Stellen

Abteilung

Abteilung Hauptabteilung

Abb. 8-04:

Aufgabenanalyse und -synthese [Quelle: STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 444 nach FRESE 1988, S. 114]

Die Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit. Ist eine Stelle mit einer Weisungsbefugnis gegenüber anderen Stellen ausgestattet, wird sie als Instanz bezeichnet. Durch die Zusammenfassung und hierarchische Abstufung mehrerer Stellen entstehen Abteilungen, die wiederum zu Hauptabteilungen, Unternehmensbereichen etc. verknüpft werden können. Auf diese Weise entsteht ein Leitungsaufbau als rangmäßige Zuordnung (Hierarchie) der einzelnen Instanzen. Eine so beschriebene Hierarchie dient insbesondere der Lösung von Abstimmungsproblemen zwischen den Instanzen. Solche Probleme, die sich teilweise auch in Konflikten äußern, werden solange im Rahmen der Hierarchie nach oben weitergegeben, bis eine Instanz gefunden ist, deren Entscheidungsbefugnisse die zu koordinierenden Bereiche gemeinsam umspannt. In letzter Konsequenz ist dies immer die oberste Instanz [vgl. STEINMANN/ SCHREYÖGG 2005, S. 457]. (1) Strukturtypen der Organisation Grundsätzlich werden drei Strukturtypen diskutiert, wenn es um die hierarchische Festlegung von entscheidungsbefugten Instanzen und Instanzenwegen geht [siehe auch STEINMANN/ SCHREYÖGG 2005, S. 457 ff. sowie die entsprechende Übersicht in Abbildung 8-05]:   

Einlinienorganisation Stablinienorganisation Mehrlinienorganisation

Einlinienorganisation. Maßgeblich für diesen Strukturtyp ist das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung. Danach hat ein Mitarbeiter nur einen direkten (weisungsbefugten) Vorgesetzten. Dies gilt nicht umgekehrt, da eine übergeordnete Instanz gewöhnlich mehreren Stellen gegenüber weisungsbefugt ist. Der Vorteil der Einlinienorganisation liegt in der eindeutig abgegrenzten Weisungskompetenz. Nachteilig wirkt sich dagegen der hohe Kommunikationsaufwand aufgrund langer Instanzenwege aus. Stablinienorganisation. Dieser Strukturtyp ist eine um eine oder mehrere Stabstelle(n) erweiterte Form der Einlinienorganisation. Stabsstellen haben weder Entscheidungs- noch Weisungsbefugnisse. Sie werden vor allem dann eingerichtet, wenn ein Spezialistenteam einer

8.1 Organisatorische Grundlagen

303

bestimmten Instanz zuarbeitet und diese damit entlasten soll. Typische Beispiele in Unternehmen sind die Marktforschung als Stabstelle der Marketingleitung oder die Interne Revision als Stabstelle des Vorstands. Mehrlinienorganisation. Dieser Strukturtyp ist quasi das Gegenstück zur Einlinienorganisation. Die Mehrlinienorganisation verteilt die Führungsaufgabe auf mehrere spezialisierte Instanzen, so dass ein Mitarbeiter an mehrere Vorgesetzte berichtet. In der Praxis ist dieser Strukturtyp auf wenig Akzeptanz gestoßen, da er mit der Aufweichung der Autorität verbunden ist. Erst in neuerer Zeit wird die Matrixorganisation als eine spezielle Ausprägung dieses Organisationstyps häufiger praktiziert. Einlinienorganisation

Stablinienorganisation

Mehrlinienorganisation

Matrixorganisation

Abb. 8-05:

Strukturtypen der betrieblichen Organisation

(2) Funktionale Organisation Eine funktionale Gliederung liegt vor, wenn die zweitoberste Hierarchieebene des Unternehmens eine Spezialisierung nach den betrieblichen Funktionen (z. B. Vertrieb, Entwicklung, Produktion, kaufmännischer Bereich) vorsieht. Im kaufmännischen Bereich sind i. d. R. unterstützende Funktionen wie Finanzierung, Controlling oder Personal integriert. Diese Organisationsform dominiert bei Unternehmen, die nur ein Geschäftsfeld bearbeiten oder über ein homogenes Produktprogramm verfügen, sowie bei kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs). In Abbildung 8-06 sind die Grundzüge der funktionalen Organisation dargestellt. Der Vorteil dieser Organisationsform liegt in Spezialisierungsgewinnen und Produktivitätssteigerungen durch Nutzung hochkompetenter spezialisierter Einheiten. Allerdings gestaltet sich die horizontale Koordination, d. h. die Abstimmung zwischen den Funktionsbereichen außerordentlich schwer. Viele organisatorische Schnittstellen, Ressortegoismen und hohe Fragmentierung der Arbeitsabläufe führen daher zu einem erhöhten Kommunikations- und Integrationsaufwand.

304

8. Marketingorganisation

Unternehmensleitung / Geschäftsbereichsleitung

Funktionen

Abb. 8-06:

Vertriebsleitung

Entwicklungsleitung

Produktionsleitung

Kaufm. Leitung

Kundenteams

Technische Fachabteilungen

Produktionswerke

Kaufmännische Fachabteilungen

Beispiel für eine funktionale Organisation

(3) Objektorientierte Organisation Eine objektorientierte Gliederung liegt vor, wenn die zweitoberste Hierarchieebene eine Orientierung an Objekten vorsieht. Hier bilden Geschäftsbereiche (engl. business units), Produktgruppen, Kunden, Kundengruppen oder Regionen/Märkte das Spezialisierungskriterium. Häufig wird die Objektorientierung einer Organisation auch als divisionale Organisation, Spartenorganisation oder Geschäftsbereichsorganisation bezeichnet. Unterhalb der Spartenebene erfolgt der Organisationsaufbau häufig nach funktionalen Kriterien (siehe Abbildung 8-07). Bei Großunternehmen ist aber auch eine mehrstufige Divisionalisierung üblich, d. h. auch unterhalb der zweiten Hierarchieebene findet eine Gliederung nach Objekten statt (z. B. folgt im Rahmen einer Geschäftsbereichsorganisation eine Untergliederung nach Ländern oder nach Produktgruppen). Unternehmensleitung/ Geschäftsbereichsleitung

Abb. 8-07:

Kaufm. Funkt.

Produktion

Entwicklung

Produktgruppe 4

Vertrieb

Kaufm. Funkt.

Produktion

Entwicklung

Produktgruppe 3

Vertrieb

Kaufm. Funkt.

Produktion

Entwicklung

Produktgruppe 2

Vertrieb

Kaufm. Funkt.

Produktion

Entwicklung

Produktgruppe 1

Vertrieb

Sparten Divisionen

Stabsabteilungen

Beispiel für eine objektorientierte Organisation

Voraussetzung für den Aufbau einer Spartenorganisation ist die Aufteilung der geschäftlichen Aktivitäten in möglichst homogene, gut voneinander abgrenzbare Sektoren. Dies ist häufig dann der Fall, wenn eine Erfolgszurechnung (Profit- und Loss-Verantwortung) zu den einzelnen Sektoren möglich ist.

8.1 Organisatorische Grundlagen

305

Mit einer objektorientierten Aufbauorganisation ist eine bessere Ausrichtung auf die jeweiligen Divisionsstrategien ebenso gewährleistet wie eine Entlastung der Unternehmensgesamtführung. Auch sind Unternehmenszukäufe oder der Verkauf von Teilbereichen leichter zu bewerkstelligen. Diesen Vorteilen stehen ein höherer administrativer Aufwand (durch Spartenerfolgsrechnungen, Transferpreis-Regelungen etc.) sowie eine Vervielfachung hoher Führungspositionen als wesentliche Nachteile gegenüber [vgl. STEINMANN/SCHREYÖGG 2005, S. 452]. Insert 8-1 zeigt die Konzernstruktur der Deutschen Telekom aus dem Jahr 2003 als Beispiel für eine Spartenorganisation. Die Aufbauorganisation wird auch als Strukturorganisation bezeichnet und bildet die Grundlage für das Organigramm eines Unternehmens. Das Organigramm ist eine schaubildartige Darstellung der Organisationsstruktur und gibt einen Überblick über die Leitungsstruktur, wobei neben den allgemein üblichen Linieninstanzen Stabstellen gesondert gekennzeichnet sind.

Insert 8-01: Die Konzernstruktur 2003 der DEUTSCHEN TELEKOM (4) Matrixorganisation Dieser Organisationstyp ist eine besonders strukturierte Form der Mehrlinienorganisation, bei der genau zwei Leitungssysteme miteinander kombiniert werden (siehe Abbildung 8-08). Die Mitarbeiter stehen dementsprechend in zwei Weisungsbeziehungen, d. h. sie sind gleichzeitig dem Leiter eines horizontalen Verantwortungsbereichs (z. B. Vertriebsmanager) und dem Leiter eines vertikalen Verantwortungsbereichs (z. B. Produktmanager) unterstellt. Die Besonderheit bei der Matrixorganisation liegt darin, dass bei Konflikten oder Meinungsver-

306

8. Marketingorganisation

schiedenheiten keine organisatorisch bestimmte Dominanz zugunsten der horizontalen oder der vertikalen Achse geschaffen ist. Die Befürworter dieses Strukturtyps vertrauen vielmehr auf die besseren Argumente und die Bereitschaft zur Kooperation. Kürzere Kommunikationswege, Förderung des Teamgedankens, Problemlösungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Standpunkte stehen ein höherer Kommunikationsaufwand, eine schwerfällige Entscheidungsfindung und vor allem die Unsicherheit bei einer Mehrfachunterstellung gegenüber. Insbesondere bei größeren international agierenden Unternehmen, bei denen mindestens zwei Gliederungsdimensionen wettbewerbsrelevant sind, wird die Matrixorganisation praktiziert. Unternehmensleitung/ Geschäftsbereichsleitung

Vertriebsleitung

Entwicklungsleitung

Produktionsleitung

Kaufm. Leitung

Produktmanager A Produktmanager B Produktmanager C

Abb. 8-08:

Beispiel für eine Matrixorganisation

8.1.3 Ablauforganisation Während die Aufbauorganisation auf einer statischen Betrachtung basiert, liegt der Ablauforganisation eine dynamische Analyse der Organisationszusammenhänge zugrunde. Sie befasst sich mit der zeitlichen und räumlichen Gestaltung der Arbeitsabläufe innerhalb der Stellen und Abteilungen mit dem Ziel, diese möglichst straff, d. h. optimal zu organisieren. Sie will die Frage beantworten, welcher Stelleninhaber die entsprechende Aufgabe wann, wo und mit welchem Ressourceneinsatz zu erledigen hat. Da die oben beschriebene Aufgabensynthese, die im Rahmen der Aufbauorganisation durchgeführt wird, Voraussetzung für die Zuordnung der Abläufe ist, kann die Ablauforganisation erst dann gestaltet werden, wenn die Aufbauorganisation mit der Festlegung von Stellen, Abteilungen und dem Leitungssystem abgeschlossen ist. Bei dieser Form der Organisationsentwicklung wird also die Ablauforganisation von der Aufbauorganisation dominiert. In kleineren Unternehmen stellt der damit verbundene Blick von oben auf die Organisation kein Problem dar, weil sich die Mitarbeiter untereinander kennen und das Zusammenwirken

8.1 Organisatorische Grundlagen

307

der Funktionen und Abläufe verstehen. In wachsenden Organisationen werden dagegen Abteilungen zu Silos: groß, dick und fensterlos [vgl. OSTERLOH/FROST 2003, S. 28 f.]. Durch die isolierte Betrachtung von arbeitsplatzbezogenen Abläufen ergibt sich ein nur sehr begrenztes Optimierungspotenzial. Auch zeigt sich in der Unternehmenspraxis, dass eine solche Organisation funktionalen Ressortegoismen Vorschub leistet, weil die Bereichsmanager nur noch ihre eigenen Aufgaben sehen.

8.1.4 Prozessorganisation Die oben skizzierte Vorgehensweise bei der Organisationsentwicklung führt also zu einem vertikalen Blick auf die Organisation. Die grundlegende Prozessidee besteht nun darin, einen 90-Grad-Shift der Organisation vorzunehmen (siehe Abbildung 8-09). Durch den Wechsel der Perspektive dominieren bei der Prozessorganisation nicht mehr die Abteilungen die Abläufe, sondern der Fokus liegt auf Vorgangsketten bzw. Prozessen, die auf den Kunden ausgerichtet sind.

Vertikale Betrachtungsweise

Horizontale Betrachtungsweise

Abb. 8-09:

Der 90-Grad-Shift

Ein Prozess ist eine Struktur, deren Aufgaben durch logische Folgebeziehungen miteinander verknüpft sind. Jeder Prozess wird durch einen Input initiiert und führt zu einem Output, der einen Wert für den Kunden schafft. Innerhalb des Prozesses werden Vorgaben (= Input) in Ergebnisse (= Output) umgewandelt. Prozesse wiederum bilden eine Folge von Prozessen im Unternehmen und werden durch Anforderungen des Kunden für den Kunden umgesetzt. Unter Kunden sind dabei sowohl externe als auch interne Kunden zu verstehen. Jeder Prozess liefert Ergebnisse, mit denen der anschließende Prozess weiter arbeitet. Das Verhältnis zwischen aufeinander folgenden Pro-

308

8. Marketingorganisation

zessen ist eine Kunde-Lieferant-Beziehung. Mit dem letzten Prozess der Prozesskette erfolgt die Erstellung der betrieblichen Leistung für den Kunden. Die Prozesskette ist linear und Teil der betrieblichen Wertschöpfungskette. Die Durchführung von Prozessschritten wird durch Informationen gesteuert. Die Verbesserung der Prozesse wird heutzutage durch betriebswirtschaftliche Software vorgenommen. Jedem Prozess kommen damit drei verschiedene Rollen zu: 

Der betrachtete Prozess ist Kunde von Materialien und Informationen eines vorausgehenden Prozesses.



Der betrachtete Prozess ist Verarbeiter der erhaltenen Leistungen.



Der betrachtete Prozess übernimmt die Rolle eines Lieferanten gemäß den Anforderungen des nachfolgenden Prozesses und gibt die erstellten Ergebnisse weiter.

Bei der prozessorientierten Organisation eines Unternehmens wird versucht, Prozessziele und die hieraus resultierenden Ergebnisse in den Vordergrund zu stellen. Diese sind im Regelfall nicht deckungsgleich, wenn man sie mit den Abteilungs- bzw. Bereichszielen und -ergebnissen der klassischen Organisation vergleicht. Der zunehmende Zwang zur Dezentralisierung im Hinblick auf Markt- und Kundennähe, zur Umgestaltung der Produktpalette, zur Reduktion des Verwaltungsaufwands, zur Verflachung der Hierarchien u. ä. führt in immer kürzeren Abständen zur Verlagerung oder zum Wegfall von Aufgaben und zu neuen Schnittstellen in der Organisation. Diesem permanenten Wandel wird das herkömmliche Organisationsverständnis mit hochgradig zentralistischen und arbeitsteiligen Strukturen aber nicht mehr gerecht. Gefragt sind also weniger stör- und krisenanfällige Organisationsformen, wie dies bei der Prozessorganisation der Fall ist [vgl. DOPPLER/ LAUTERBURG 2005, S. 37 und S. 55].

8.1.5 Business Process Reengineering Das Geschäftsprozessmanagement – und damit die Prozessidee – hat über das Business Process Reengineering von HAMMER/CHAMPY Eingang in die moderne Managementlehre gefunden. Die vier Grundaussagen (engl. essentials) des Business Process Reengineering (BPR) sind: 

Business Process Reengineering orientiert sich an den entscheidenden Geschäftsprozessen.



Die Geschäftsprozesse müssen auf die Kunden (interne und externe Kunden) ausgerichtet sein.



Das Unternehmen muss sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.



Die Möglichkeiten der aktuellen Informationstechnologie zur Prozessunterstützung müssen intensiv genutzt werden.

8.1 Organisatorische Grundlagen

309

Business Process Reengineering bedeutet fundamentales Umdenken und radikales Neugestalten von Geschäftsprozessen, um dramatische Verbesserungen bei bedeutenden Kennzahlen wie Kosten, Qualität, Service und Durchlaufzeit zu erreichen. Beim Business Process Reengineering geht es nicht um marginale Veränderungen, sondern um Quantensprünge. Verbesserungen von 50 Prozent und mehr sind gefordert. Das bedeutet nicht nur die Abkehr vom rein funktionalen Denken, sondern neue Management- und Teamkulturen sind erforderlich [vgl. HAMMER/CHAMPY 1994, S. 12 und S. 113 f.]. Business Process Reengineering befasst sich mit den Arbeitsabläufen und versucht diese aus Sicht des Geschäftes, d. h. aus Kundensicht zu optimieren. Business Process Reengineering soll helfen, die traditionelle funktionsorientierte Organisationsentwicklung zu überwinden. Es beschränkt sich nicht nur auf die Arbeitsabläufe in den klassischen betrieblichen Funktionsbereichen, sondern es beschäftigt sich intensiv mit den Kundenbedürfnissen. Demzufolge werden die Prozesse an den Anforderungen der (externen und internen) Kunden ausgerichtet und nicht an den Anforderungen der Organisation [vgl. GADATSCH 2008, S. 12]. Kundenorientierung ist also die zentrale Leitlinie des Geschäftsprozessmanagements. Je besser und effizienter ein Unternehmen seine Geschäftsprozesse beherrscht und die Kundenanforderungen erfüllt, umso wettbewerbsfähiger wird es sein. Beispiele für die wichtigsten Geschäftsprozesse eines Industrieunternehmens liefert Abbildung 8-10. Die dort aufgeführten Geschäftsprozesse haben jeweils einen Bezug zum Kunden. Anforderung (von)

Externe Kunden (Lieferanten)

Kundenproblem

Innovationsprozess

Produktidee

Produktidee

Produktplanungsprozess

Pflichtenheft

Pflichtenheft

Produktentwicklungsprozess

Produkt

Produkt

Vertriebsprozess

Kundenauftrag

Kundenauftrag

Auftragsabwicklungsprozess

Lieferung

Serviceprozess

Lösung

Lieferung (problembehaftet)

Abb. 8-10:

Ergebnis (bis)

Externe Kunden

Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen mit Serienprodukten [Darstellung modifiziert nach SCHMELZER/SESSELMANN 2006]

Prozesse in Unternehmen müssen schnell, kundenorientiert und qualitativ hochwertig ablaufen. Die „Entschlackung“ eines häufig als hinderlich (weil zu teuer) empfundenen Verwaltungsapparates (engl. Overhead) steht daher heute ganz oben auf der Liste des Handlungsbedarfs. In diesem Zusammenhang haben sich vier (allerdings nicht ganz überschneidungsfreie) Begriffe im Umfeld des Business Process Reengineering durchgesetzt:

310

8. Marketingorganisation



Beim Renewing (Erneuerung) geht es um verbesserte Schulung und organisatorische Einbindung von Mitarbeitern in das Unternehmen. Neue Fähigkeiten sollen erworben und die Motivation der Mitarbeiter verbessert werden.



Revitalizing (Revitalisierung) zielt auf die gesamte Überarbeitung und Neugestaltung der Geschäftsprozesse ab.



Beim Reframing (Einstellungsänderungen) sollen herkömmliche Denkmuster abgelegt werden und neue Wege bei der Prozessgestaltung beschritten werden. Neue Visionen und Entschlusskraft stehen hierbei im Vordergrund.



Restructuring (Restrukturierung) hat die Neugestaltung bzw. Änderung des Aktivitätenportfolios zum Ziel.

Amerikanische und deutsche Unternehmensberatungen trugen wesentlich dazu bei, das Prozessbewusstsein zu verbreiten. So hat fast jedes Beratungsunternehmen zwischenzeitlich seine eigenen Methoden und Techniken zur Prozessorganisation entwickelt. Es verwundert daher auch nicht, dass sich für ein und dieselbe Idee eine ganze Reihe synonymer Begriffe etabliert haben: Business Process Redesign, Business Reengineering, Process Innovation, Core Process Redesign, Process Redesign und Business Engineering. Im Gegensatz zu dieser Begriffsvielfalt rund um das Business Process Reengineering gibt es aber noch weitere, teilweise ergänzende Ansätze, die sich im „magischen“ Dreieck von Qualität, Zeit und Kosten mit etwas anderen Zielsetzungen bei der Prozessbetrachtung bewährt haben [siehe hierzu insbesondere die ausführliche Darstellung bei Schmelzer/Sesselmann 2006]. Eine Beschreibung dieser Managementansätze würde den hier vorgegebenen Rahmen sprengen. Stattdessen sind in Abbildung 8-11 einige Ansätze mit ihrer zentralen Fragestellungen aufgeführt.

Business Process Reengineering

Six Sigma Wie kann ein Prozess im Sinne des Kundennutzens verbessert werden?

Total Quality Management

Haben wir die richtigen Prozesse?

Wie optimieren wir die richtigen Prozesse unter dem Aspekt der Qualität?

Qualität Target Cost Management

Kaizen Wie können Prozesse ständig weiter verbessert werden?

Time Based Management Wie können die Durchlaufzeiten verbessert werden?

Abb. 8-11:

Kunde Zeit

Kosten

Welche Kosten können wir uns für Produkte und Prozesse leisten?

Lean Management Simultaneous Engineering Welche Prozesse müssen chronologisch, welche parallel laufen unter dem Aspekt der Durchlaufzeit?

Wie werden wir flexibler, schneller und effizienter unter dem Aspekt von Strukturen und Prozessen?

Management-Ansätze (Auswahl) bei der Prozessgestaltung [Quelle: WISS 2001, S. 9]

8.1 Organisatorische Grundlagen

311

Bereits in Abschnitt 1.3.1 wurde auf den Beitrag von Wertschöpfungsketten (Wertketten) zum Unternehmenserfolg eingegangen. Hierbei handelt es sich um Geschäftsprozesse, die zu Prozessketten verknüpft sind und deren Output idealerweise einen höheren Wert für das Unternehmen darstellt als der ursprünglich eingesetzte Input. Zu den bekanntesten Wertschöpfungsketten zählen: 

CRM (Customer Relationship Management) beschreibt die Geschäftsprozesse zur Kundengewinnung, Angebots- und Auftragserstellung sowie Betreuung und Wartung.



PLM (Product Lifecycle Management) beschreibt die Geschäftsprozesse von der Produktportfolio-Planung über Produktplanung, Produktentwicklung und Produktpflege bis zum Produktauslauf sowie Individualentwicklungen.



SCM (Supply Chain Management) beschreibt die Geschäftsprozesse vom Lieferantenmanagement über den Einkauf und alle Fertigungsstufen bis zur Lieferung an den Kunden ggf. mit Installation und Inbetriebnahme.

Wichtige Beiträge für die organisatorische Gestaltung der Geschäftsprozesse leisten prozessorientierte ERP-Systeme (ERP = Enterprise Resource Planning). Hierbei handelt es sich um integrierte Standardsoftwaresysteme, deren Teilsysteme zwar funktional ausgerichtet sind, über eine gemeinsame Datenbasis aber die Integration dieser Teilsysteme ermöglichen. Typische Einsatzfelder sind Produktionsplanung und -steuerung (PPS), Einkauf- und Materialwirtschaft bzw. Logistik, Vertrieb, Kostenrechnung und Controlling sowie Personal. Das bekannteste ERP-System ist SAP R/3, das sowohl in Deutschland als auch international in diesem Anwendungsgebiet Marktführer ist. Abbildung 8-12 gibt einen Überblick über die Marktanteile im deutschen ERP-Markt. Lizenz- und Wartungsumsätze mit ERP-Produkten nach Anbietern 2008

Sonstige 31% SAP 51% Oracle 3% Sage 4% Infor 5% Microsoft Dynamics 6%

Abb. 8-12:

Marktanteile im deutschen ERP-Markt 2008 [Quelle: COMPUTERWOCHE 12.08.2009]

ERP-Systeme drängen Individualsoftware, die eigens für ein bestimmtes Anwendungsgebiet entwickelt wird, immer stärker zurück. Maßgebend dafür sind die hohen Entwicklungs- und Wartungskosten sowie die mangelnde Portierbarkeit von Individualsoftware über die Unternehmensgrenzen hinaus. ERP-Systeme wurden zunächst nahezu ausschließlich für Großun-

312

8. Marketingorganisation

ternehmen konzipiert, heute gewinnen sie auch in mittleren Betrieben zunehmend an Bedeutung. In Abbildung 8-13 ist der Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen skizziert. SCM Kunde 1 Lieferant Stufe 2

Händler 1

MIS

Lieferant Stufe 3

Kunde 3 Händler 2 Kunde 4

Lieferant Stufe 1 Lieferant Stufe 4

Kunde 2

Management Informationssysteme

ERP-Systeme

Kunde 5 Händler 3

FIBU

KORE

MAWI

PPS



HR

Kunde 6 Kunde 7

Lieferant Stufe n

Händler m

Data Warehouse Integrierte Datenbasis

Kunde r

CRM

Abb. 8-13:

Zusammenhang zwischen internen und externen Informationssystemen [in Anlehnung an MEFFERT et al. 2008, S. 833 f.]

8.2 Organisation des Marketingbereichs

8.2

313

Organisation des Marketingbereichs

8.2.1 Einführung Die organisatorische Gliederung des Marketingbereichs sowie seine Stellung innerhalb der Unternehmensorganisation sind grundsätzlich abhängig von der Größe des Unternehmens und der Bedeutung, die dem Marketing im Unternehmen beigemessen wird. Folgenden Fragen soll in diesem Zusammenhang nachgegangen werden:  

Wie ist der Marketingbereich in die hierarchische Struktur des Unternehmens eingebettet? Wie ist der Marketingbereich in sich strukturiert?

Zunächst ist festzustellen, dass nicht nur die Arbeitswelt im Allgemeinen, sondern auch die sie begleitende Organisation einem permanenten Wandel unterworfen ist. Der Wandel im Marketingbereich ist gekennzeichnet durch permanente Innovationen, die durch einen fortwährenden Kostendruck, durch neue Qualitätsziele sowie durch den Einsatz neuer Technologien bedingt sind. Die meisten Unternehmen haben in den letzten zwei Jahren mindestens eine Reorganisation durchgeführt, ein Großteil der Unternehmen hat sogar „großformatig“ reorganisiert.

8.2.2 Einordnung des Marketingbereichs in die Unternehmenshierarchie Hinsichtlich der Einordnung des Marketingbereichs in die hierarchische Struktur des Unternehmens sind in der Praxis alle unter 8.1.2 vorgestellten Organisationsformen zu finden: Einordnung in eine funktionale Organisation, in eine objektorientierte Organisation und in eine Matrixorganisation. Da die Marketingfunktion dem Business folgen sollte, ist die organisatorische Eingliederung des Marketingbereichs grundsätzlich an der Gesamtorganisation auszurichten. In einem regional ausgerichteten Unternehmen werden regionale Marketingmanager gefragt. In einer Spartenorganisation nach Geschäftsbereichen benötigen die Business Units ihr eigenes Marketing. (1) Einordnung in die funktionale Organisation In Kleinbetrieben existiert üblicherweise keine eigenständige Abteilung für die Marketingaktivitäten. Marketingentscheidungen werden meist vom Unternehmer/Geschäftsführer oder vom Vertriebsleiter getroffen. In mittleren und größeren Unternehmen mit funktionaler Organisationsausrichtung ist der Marketingbereich entweder der Vertriebsleitung oder direkt der Unternehmensleitung unterstellt. In Großunternehmen ist der Marketingsektor regelmäßig auf der ersten oder zweiten Hierarchieebene (also im Vorstand oder in der Geschäftsbereichsleitung) vertreten. In Abbildung 8-14 ist eine Einordnung auf der zweiten Hierarchieebene dargestellt.

314

8. Marketingorganisation

Unternehmensleitung

::::::::::::::

Abb. 8-14:

Kaufm. Funktionen

Entwicklung

::::::::::::::

Marketing

Produktion

Einordnung des Marketingbereichs in eine funktionale Organisation

(2) Einordnung in die objektorientierte Organisation Vornehmlich größere Unternehmen sind nach der Organisationsform der objektorientierten Organisation aufgebaut. Objekte können Produkte, Produktgruppen oder Regionen sein, die dann zu Geschäftsbereichen zusammengefasst werden. Jeder Geschäftsbereich verfügt bei dieser Organisationsform über eigene Marketingressourcen. Auf diese Weise kann ein Marketing verfolgt werden, das genau auf die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Geschäftsbereichs zugeschnitten ist. Dies ist dann von Vorteil, wenn die Geschäftsbereiche sehr heterogen sind. Nachteilig ist diese Organisationsform dann, wenn die Unternehmensleitung ein einheitliches, unternehmensübergreifendes Marketingkonzept verfolgt. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, richten objektorientierte Organisationen auf Ebene der (Gesamt-)Unternehmensleitung eine zentrale Marketingabteilung ein, die für die Koordination einer einheitlichen Corporate Identity zuständig ist. Abbildung 8-15 zeigt die organisatorische Eingliederung des Marketingbereichs in eine Spartenorganisation mit einer zusätzlichen zentralen Stabsstelle auf der ersten Stufe der Unternehmenshierarchie. In dieser Stabstelle ist zumeist auch die zentrale Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt.

Unternehmensleitung

Marketing

Abb. 8-15:

Marketing

Marketing

Marketing

Geschäftsbereich 1

Geschäftsbereich 2

Geschäftsbereich 3

(Division, Sparte, Region)

(Division, Sparte, Region)

(Division, Sparte, Region)

Einordnung des Personalsektors in eine objektorientierte Organisation

8.2 Organisation des Marketingbereichs

315

(3) Einordnung in die Matrixorganisation Bei der Matrixorganisation wird der funktionale Aspekt mit der objektorientierten Sichtweise verknüpft. Damit soll sichergestellt werden, dass die spezifischen Marketinganforderungen der Geschäftsbereiche von vornherein mit den unternehmensweiten Marketingleitlinien vereinbart werden (siehe Abbildung 8-16). Durch die nicht eindeutige Kompetenzabgrenzung, die der Matrixorganisation inne liegt, kann es allerdings zu Konfliktfällen kommen. Viele Unternehmen nehmen diese nicht eindeutigen Weisungsbeziehungen in Kauf und setzen auf die Kooperationsfähigkeit des Marketingmanagements. Insbesondere international agierende Unternehmen, die sehr gute Erfahrungen mit der Matrixorganisation gemacht haben, gehen sogar noch einen Schritt weiter, in dem sie dreidimensional gekreuzte Organisationen aus Funktionen, Geschäftsbereichen und Geografie (Länder) entwickeln und einführen.

Unternehmensleitung

Geschäftsbereich 1

Geschäftsbereich 2

Geschäftsbereich 3

Personal

Personal GB 1

Personal GB 2

Personal GB 3

Marketing

Marketing GB 1

Marketing GB 2

Marketing GB 2

Controlling

Controlling GB 1

Controlling GB 2

Zentralbereiche

Controlling GB 2 GB = Geschäftsbereich

Abb. 8-16:

Einordnung des Marketingsektors in eine Matrixorganisation

8.2.3 Produktmanagement Das Produktmanagement im Marketing ist quasi das Gegenstück zum Key Account Management im Vertrieb. Während das Bezugsobjekt des Key Account Managements die Großkunden sind, ist die Sichtweise des Produktmanagements, das im Konsumgüterbereich auch als Markenmanagement bzw. Brand Management bezeichnet wird, auf das einzelne Produkt bzw. auf Produktgruppen gerichtet. Das Konzept des Produktmanagements hat sich im Konsumgüterbereich entwickelt und wird heute in nahezu allen Branchen mit einer gewissen Produktprogrammbreite als Koordinierungstelle für die Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle aller produkt(gruppen)bezogenen Aufgaben eingesetzt [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 1100]. Als weitere Koordinierungstelle neben dem Produktmanagement und dem Key Account Management setzt sich zunehmend auch das Kategorien-Management (engl. Category Management) durch. Während sich das Produktmanagement auf einzelne Produkte oder Produkt-

316

8. Marketingorganisation

gruppen bezieht, ist das Bezugsobjekt des Kategorien-Managements eine Produktkategorie, die sich an ähnlichen Kundenbedürfnissen orientiert („Bedürfniskategorien“ wie z. B. Waschmittel oder Körperpflegemittel). Die Abgrenzung zwischen dem klassischen Produkt(gruppen)management und dem Kategorien-Management ist nicht immer ganz leicht vorzunehmen, da Unternehmen ihre Produktgruppen durchaus auch nach Bedürfniskategorien bilden können. Dass beim Kategorien-Management eine konsequentere Delegation von Profit- und Loss-Verantwortung betrieben wird als beim herkömmlichen Produktgruppenmanagement, ist als Abgrenzungskriterium auch nicht sehr hilfreich, denn auch Produkt(gruppen)manager haben häufig eine direkte Gewinnverantwortung [vgl. BECKER 2009, S. 840].

8.2.4 Organisationsformen des Marketingbereichs Der organisatorische Aufbau des Marketingsektors ist von einigen wesentlichen Einflussfaktoren abhängig. Neben der Größe des Unternehmens und der Bedeutung, die dem Marketing grundsätzlich beigemessen wird, zählen zu diesen Einflussfaktoren die 

Breite und Tiefe des Aufgabenspektrums, die das Marketingmanagement zu bewältigen hat,



Aufgabenteilung und Beziehung zwischen den beiden Bereichen Marketing und Vertrieb,



Umsetzungsqualität des Business-Partner-Konzepts,



Einsatzbreite und -tiefe der technologischen Infrastruktur insbesondere unter dem Aspekt der software- und medientechnischen Unterstützung,



Bereitschaft zur Umsetzung des Business Process Outsourcing („Make-or-buy“) in Verbindung mit dem allgegenwärtigen Kostendruck auf alle administrativen Bereiche.

Je nachdem inwieweit diese Einflussfaktoren berücksichtigt werden, lassen sich darauf aufbauend eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationsformen für den Marketingsektor entwickeln. Es würde im Rahmen dieser Darstellung zu weit führen, alle Ausprägungen einzeln vorzustellen, da es sich ohnehin nur um intensitätsmäßige Abstufungen eines Organisationsmodells handelt. In Abbildung 8-17 sind die Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit einem relativ breiten Aufgabenspektrum dargestellt. Diese Organisationsform spiegelt als Matrix quasi die Organisation des Gesamtunternehmens wider.

8.2 Organisation des Marketingbereichs

WerbeAgentur

Communications

PRAgentur

• Strategie • Budgetplanung • Studien etc.

Sonstige Agenturen

Marketing Services

Marketing Projects

MarketingBereiche

Abb. 8-17:

317

MarketingLeitung

Business Communication SGE

SGE

SGE

SGE

SGE

Public Relations

Presse

Interne Kommunik.

Mitarbeiter

Branding

alle

• Corp. Design • Anzeigen • Broschüren • Werbemittel

Messen/Events

alle

Direct Marketing

alle

Internet/Intranet

alle

Market Research Sales Services Zusammenarbeit mit Externen

MarketingAbteilungen

Zielgr. B Zielgr. A KundenZielgruppen

Zielgr. N StakeholderZielgruppen

Organisationseinheiten eines Marketingbereichs mit relativ breitem Aufgabenspektrum

Neben Breite und Tiefe der Marketingaufgaben spielt auch die Aufgabenteilung und Beziehung zwischen dem Marketing- und dem Vertriebsbereich eine Rolle bei der organisatorischen Ausrichtung des Marketingsektors. Dabei lassen sich drei grundlegende Typen der Aufgabenverteilung ausmachen [vgl. HOMBURG/KROHMER 2009, S. 1098 unter Bezugnahme auf HOMBURG et al. 2005, S. 6]: 

Dominanz des Vertriebs, d. h. der Vertrieb ist die strategische und operative Führungsabteilung, für die das Marketing hauptsächlich Serviceaufgaben in den Bereichen Werbung und Marktforschung erfüllt. Diese Aufgabenteilung ist vornehmlich in technisch orientierten Branchen (Maschinenbau, Zulieferindustrie) sowie im Finanz- und Versicherungsbereich zu finden.



Marketing und Vertrieb mit paritätischer Arbeitsteilung, d. h. die Aufgaben sind relativ gleichgewichtig aufgeteilt: Der Vertrieb ist zuständig für Preise und Verkaufsaktivitäten, das Marketing ist vorwiegend verantwortlich für Produktmanagement und Werbung. Charakteristisch ist diese Aufgabenteilung für die Konsumgüterbranche.



Dominanz des Marketings, d. h. das Marketing übernimmt die strategische und operative Führungsrolle, während der Vertrieb vorwiegend Kundenbetreuungsaufgaben wahrnimmt. Typisch für diese Aufgabenteilung ist die chemische Industrie mit großem Mengenabsatz sowie Unternehmen des Finanzdienstleistungsbereichs mit einem starken Endkundengeschäft.

318

8. Marketingorganisation

Organisationsmodul

Competence Center

Strategic Marketing

Bereich

Business Partner

Relationship Marketing

Service Center

Transactional Marketing

Strategisch, Leadership-orientiert

Kunden- und produktorientiert

Service-orientiert

Kompetenzen

Marketing-Experten • Verantwortlich für spezielle Themen • Grundsatzfragen und Richtlinien (z. B. Corporate Branding)

Marketing Business Partner • Verantwortlich für Marketingleistungen der Geschäftseinheiten (SGEs) • Produkt(gruppen)Marketing

Marketing-Administratoren • Kostenoptimierte Dienstleistungen • Definierte Standards

Aufgaben

Bearbeitung von Themen wie

Bearbeitung produkt(gruppen)-bezogener Themen wie Konzeption von • Service Offerings • E-Mail-Aktionen • Anzeigen • Prospekte

Marketing-Services wie

• Marketing-Strategie • Corporate Design • Budgetplanung • Externe Kommunikation • Interne Kommunikation

Zentral (als Corporate Center)

Dezentral (Zuordnung zu Geschäftsbereichen)

Zentral (als Service Center)

Ausrichtung

Organisation

Abb. 8-18:

• Internet/Intranet (Webmaster) • Marktforschung • Grafik

Aufgaben- und Kompetenzspektrum des Marketing-Service-Delivery-Modells

Bei größeren, international agierenden Unternehmen, die nach Geschäftsbereichen oder Produktgruppen organisiert sind, kommt zunehmend das sog. Business-Partner-Modell zum Tragen. Hinter diesem Begriff steht ein Marketing-Service-Delivery-Modell mit folgenden drei Organisationsmodulen: 

Competence Center für alle strategischen Themen des Marketings, für das Corporate Branding und Design sowie für die interne und externe Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit),



Business Partner als verantwortliche Ansprechpartner für alle Marketingfragen der Geschäftsbereiche bzw. Produkte (→ Produktmarketing),



Service Center für alle Marketing-Services auf der Basis definierter Standards.

Um eine Organisation des Marketingsektors auf Basis des Marketing-Service-DeliveryModells zu entwickeln, ist zunächst eine konkrete Analyse des Aufgaben- und Kompetenzspektrums der drei Organisationsmodule durchzuführen. Abbildung 8-18 zeigt beispielhaft eine solche Analyse. (1) Organisationsmodul Competence Center Im strategisch ausgerichteten Competence Center (→ Strategic Marketing) ist die gesamte Marketing-Expertise des Unternehmens zusammengefasst. Die Mitarbeiter dieses Organisationsmoduls sind hochspezialisiert und befassen sich mit Themen wie die Entwicklung von Marketingstrategien, die Entwicklung und Umsetzung des Corporate Branding und des Corporate Design. Auch die interne und externe Unternehmenskommunikation sollte im Compe-

8.2 Organisation des Marketingbereichs

319

tence Center verankert sein. Unmittelbarer Ansprechpartner dieses Center ist die Geschäftsleitung. Das Competence Center ist eher zentral zu organisieren, weil die notwendige Expertise für das Gesamtunternehmen gebündelt und nur an einer Stelle vorgehalten werden sollte. Dazu bietet es sich an, das hoch spezialisierte Competence Center als so genanntes Corporate Center direkt an die Unternehmensleitung anzubinden. (2) Organisationsmodul Business Partner Das Aufgabenspektrum des Business Partner-Organisationsmoduls ist vorwiegend prozessorientiert. Führungskräfte und Mitarbeiter der Geschäftsbereiche sind nach dem Prozessmodell (interne) Kunden und zugleich (interne) Lieferanten der Marketing-Business Partner. Diese hohe Beziehungsorientierung (engl. Relationship) führt zur Bezeichnung „Relationship Marketing“. Die Marketing-Business Partner sind im Wesentlichen zuständig für das Produktmanagement und ggf. für das Category Management. Um im Rahmen dieses Prozessmodells der Anforderung nach Kundennähe (im Sinne von Geschäftsbereichs- oder Produktnähe) gerecht werden zu können, ist dieses Organisationsmodul dezentral bzw. in Form einer Matrix zu organisieren. (3) Organisationsmodul Service Center Im Organisationsmodul Service Center sind alle transaktionsorientierten Marketing-Dienstleistungen („Transactional Marketing“) gebündelt. Es handelt sich dabei in erster Linie um klassische Marketing-Services wie Marktforschung, Internet/Intranet-Services, grafische Unterstützung, Events und Kampagnen. Ähnlich wie das Competence Center sollte auch das Service Center dezentral organisiert sein, da solche kostenoptimierte Dienstleistungen ebenfalls nur an einer Stelle des Unternehmens administriert werden sollten. Da sich alle Geschäftsbereiche die in diesem Center angebotenen Dienstleistungen teilen, wird es auch als Shared Service Center bezeichnet.

320

8. Marketingorganisation

Strategic Marketing

Bereich

Relationship Marketing

Transactional Marketing

Marketing-Strategie

Produktmanagement 1

Market Research

Corporate Branding

Produktmanagement 2

Graphics Internet



Externe Kommunikation Interne Kommunikation

Produktmanagement n

Intranet Event-Marketing

Budgetplanung

Campaign-Center

Corporate Center

Organisationsform

Abb. 8-19:

Business Partner (dezentral)

Service Center

Shared Service Center

Aufgabenbereiche der drei Marketing-Organisationsmodule

In Abbildung 8-19 sind die einzelnen Aufgaben der drei Organisationsmodule zu Aufgabenbereichen zusammengefasst und im Überblick dargestellt. Gliedert man diese Organisationsstruktur in eine Gesamtorganisation ein, die nach Geschäftsbereichen strukturiert ist, so bietet es sich an, die zentralen Organisationsmodule auf der hierarchischen Ebene der Unternehmensleitung anzubinden. Das für das Marketing zuständige Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglied hätte dann unmittelbare Weisungsbefugnis sowohl für das Corporate Center als auch für das Shared Service Center (siehe hierzu die Darstellung in Abbildung 8-20). Die Business Partner-Organisation ist dagegen dezentral organisiert, d. h. jedem Geschäftsbereich sind die zugehörigen Marketing-Business Partner direkt zugeordnet. Marketing

Personal Controlling Einkauf

Unternehmensleitung

Service Center

IT …

Geschäftsbereich 1 (Division, Sparte, Region)

Abb. 8-20:

Business Partner

Corporate Center

Geschäftsbereich 2 (Division, Sparte, Region)

Business Partner

Geschäftsbereich 3 (Division, Sparte, Region)

Organisatorische Zuordnung der drei Organisationsmodule

Business Partner

8.2 Organisation des Marketingbereichs

321

Die oben skizzierte organisatorische Anbindung ließe sich aber auch dahingehend modifizieren, dass das gesamte Shared Service Center oder bestimmte Teile (Prozesse) davon ausgegliedert und die Verantwortung für die Leistungserbringung an Dritte übertragen werden. Man spricht hierbei vom Business Process Outsourcing. Die Auslagerung von bestimmten Marketingaufgaben an sich ist allerdings für das verantwortliche Marketingmanagement nichts Neues. So ist die Entscheidung, ob bspw. das Imageprogramm eines Unternehmens in Eigenregie verwirklicht, durch Dritte erarbeitet oder als eine Mischform daraus entwickelt wird, schon immer eine Frage des „Make-or-buy“ gewesen. Für Unternehmen, die das Neuland Öffentlichkeitsarbeit beschreiten wollen und müssen, bietet die Zusammenarbeit mit externen Partnern eine Gewähr dafür, dass die allergrößten Fehler beim Einstieg in die Öffentlichkeitsarbeit vermieden werden. Das Leistungsspektrum von PR-Beratern und -Agenturen reicht von der Entwicklung einer zieladäquaten PRStrategie über das Erarbeiten und Publizieren von Pressemitteilungen, Anwender- und Fachberichten bis hin zur Vorbereitung und Durchführung von Interviews, Journalistenaktionen und Pressekonferenzen. Eine Zusammenarbeit mit externen Partnern empfiehlt sich vor allem auch für kleinere Unternehmen, die einen eigenen PR-Mitarbeiter nicht auslasten können. In größeren Unternehmen sollte ein PR-Referent als Ansprechpartner für Journalisten und Unternehmensleitung präsent sein. Dabei ist jedoch zu prüfen, ob nicht ein Outsourcing verschiedener PR-Aktivitäten kostengünstiger ist [vgl. BÜRGER 1989, S. D1]. Bei den nachfolgenden organisatorischen Betrachtungen geht es über die Frage des „Makeor-buy“ hinaus um die Entscheidung, ob bestimmte Marketingprozesse, die bislang im Unternehmen durchgeführt wurden, nun organisatorisch ausgegliedert werden sollten.

322

8.3

8. Marketingorganisation

Weiterführende Organisationsansätze

8.3.1 Shared Service Center Seit einigen Jahren zeichnet sich der Trend ab, unterstützende Geschäftsprozesse aus einzelnen Unternehmensbereichen herauszulösen und als Shared Service Center (SSC) zu einer bereichsübergreifenden Organisationseinheit zusammenzufassen. Es handelt sich dabei um interne, zentrale Organisationseinheiten, die ihre Dienstleistungen nun für alle Unternehmensbereiche an verschiedenen Standorten anbieten. Sie versprechen für die Durchführung der Prozesse messbare wirtschaftliche Vorteile und ein höheres Maß an Kundenorientierung. Im Gegensatz zur klassischen Zentralisierung von unterstützenden Funktionen (engl. Support Functions) wird das Shared Service Center als eigenständige Einheit geführt. Einen Konzeptvergleich zur klassischen Zentralisierung sowie zur Dezentralisierung von SupportFunktionen liefert Abbildung 8-21.

Konzept

Zentralisierung

Dezentralisierung

Shared Service Center

Unternehmenszentrale/ Support-Funktionen

Unternehmenszentrale

Unternehmenszentrale

Geschäftsbereich

Geschäftsbereich

Geschäftsbereich/ SupportFunktionen

Geschäftsbereich/ SupportFunktionen

Geschäfts- Geschäftsbereich bereich

Shared Services Organisation (SupportFunktionen)

Detaillierung

Abb. 8-21:

• Zentrale Ansiedlung der Support-Funktionen in der Unternehmenszentrale • Kontrolle durch Unternehmenszentrale

• Dezentrale Ansiedlung der Support-Funktionen in den Geschäftsbereichen • Kontrolle durch Geschäftsbereiche

• Zentrale Auslagerung der Support-Funktionen • Führung als eigenständige Einheit • SSC als StandardOrganisationsform für Support-Funktionen

Konzept und Detaillierung des Shared Service Center [Quelle: CAPGEMINI CONSULTING]

Mit der Einrichtung eines Shared Service Center werden grundsätzlich folgende Ziele verfolgt: 

Messbarkeit der Dienstleistungen hinsichtlich Qualität, Kosten und Zeit;



Kostenreduktion durch Standardisierung der Prozesse sowie durch Nutzung von Skalenerträgen, Synergien und Stellenabbau;



Eindeutige (Prozess- und Produkt-)Verantwortlichkeiten bei gleichzeitiger Entlastung der Personalbetreuer von unterstützenden Aufgaben;



Steigerung der Prozessqualität;

8.3 Weiterführende Organisationsansätze

323



Sicherstellung definierter Qualitätsstandards;



Wettbewerbsfähigkeit der Shared Services.

Shared Service Center sind allerdings im Marketingbereich derzeit noch selten. Das ist auch das Ergebnis einer empirischen Erhebung der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2007. Danach wurden lediglich in einem Prozent der befragten Unternehmen bereits Prozesse im Bereich „Marketing“ auf ein Shared Service Center übertragen. Zwar liegen derzeit noch keine neueren Untersuchungen vor, es ist aber davon auszugehen, dass angesichts des immer stärker werdenden Kostendrucks auf alle Unternehmensbereiche auch Teile des Marketingbereichs mit seinen Serviceleistungen von dieser Entwicklung nicht verschont bleiben. Immerhin hatten 2007 bereits 4,5 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, im Marketingbereich ein Shared Service Center zu planen. Unter den Prozessen, für die ein Shared Service Center geplant ist, liegt der Bereich „Personal“ mit 22,7 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Prozessen in den Bereichen „Einkauf“ (18,2 Prozent) und „Rechnungswesen“ (13,5 Prozent). Abbildung 8-22 gibt einen Überblick über geplante und bereits realisierte Shared Service Center nach Prozessarten bzw. Bereichen.

Geplante und realisierte Shared Service Center nach Funktionsbereichen 2007 15,4

Personal

22,7 14,4

Rechnungswesen

13,5 14,4

Finanzen

4,5 11,2

Reisemanagement

9,1 10,1

Einkauf

18,2 9,6

Controlling

9,1 8,5 9,1

Informationstechnologie

Geplant

6,4

Steuern

0,0 4,3 4,5 4,3 4,5

Facility Management Recht

Angaben in Prozent Mehrfachnennungen möglich

1,0

Marketing/Vertrieb

4,5 0

Abb. 8-22:

Eingeführt

5

10

15

20

25

Status quo und zukünftige Betrachtung von Shared Service Centern nach Prozessarten [Quelle: Shared Service Center Controlling (KPMG) 2007, S. 13]

Das wichtigste Instrument zum erfolgreichen Betrieb eines Shared Service Center ist das Service Level Agreement (SLA). Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung zwischen dem Center und seinem Kunden und beschreibt die für den Kunden zu erbringenden Leistungsbestandteile und deren Qualität zu einem definierten Preis. Im SLA sind Verantwortlichkeiten,

324

8. Marketingorganisation

Rechte und Pflichten des Dienstleistungserbringers und dessen Kunden definiert. Zusätzlich bestimmt es die Ansprechpartner auf beiden Vertragsseiten. Inhalt und Umfang der erbrachten Leistungen des Shared Service Center wird mit Hilfe wichtiger Leistungsindikatoren (engl. Key Performance Indicators – KPI‘s) gemessen und ggf. veränderten Geschäftsbedürfnissen angepasst.

8.3.2 Auslagerung von Organisationseinheiten Im Zuge der Einrichtung von Shared Service Centern kommt es – nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten – häufig zu Standortverlagerungen. Hierbei wird je nach Entfernung der geografischen Verlagerung zwischen folgenden Varianten („X-Shoring“) unterschieden: 

Onshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen anderen Standort im eigenen Land; für deutsche Unternehmen bedeutet Onshoring demnach eine Standortverlagerung innerhalb Deutschlands;



Nearshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen Standort in nahe gelegene Länder; für deutsche Unternehmen bedeutet Nearshoring eine Standortverlagerung in europäische Länder wie z. B. Polen, Rumänien oder Slowakei;



Offshoring – Verlagerung von Aktivitäten an einen Standort in weit entfernte Länder; für deutsche Unternehmen bedeutet Offshoring eine Standortverlagerung z. B. in asiatische Länder wie China, Indien oder Vietnam.

Auslöser für die Entscheidung zur geografischen Auslagerung von Shared Service Center oder sonstigen Organisationseinheiten sind die teilweise günstigeren Rahmenbedingungen im Ausland insbesondere bei den Arbeitskosten. So kann die Verlagerung an einen Near- oder Offshore-Standort durchaus ein beachtliches Einsparungspotenzial bergen. Nearshoring-Konzepte bergen den Vorteil von geringeren Risiken und schnelleren Abstimmungen, verbunden allerdings mit höheren Personalkosten im Vergleich zu OffshoreStandorten. Abbildung 8-23 liefert einen Überblick über die unterschiedlichen Standortfaktoren, die bei der Auslagerung unternehmerischer Funktionen und Prozesse berücksichtigt werden müssen.

8.3 Weiterführende Organisationsansätze

325

Onshoring (Deutschland)

Nearshoring (Osteuropa)

Offshoring (Asien)

+ + + +

Keine Sprachbarrieren Deutsches Rechtssystem Gute Infrastruktur Technisches Know-how vorhanden + Qualifiziertes Personal + Nähe zum Unternehmen

+ Keine/geringe Sprachbarrieren + Niedrige Lohnkosten + Nähe zu Deutschland + Geringe kulturelle Anpassungen

+ Sehr niedrige Lohnkosten + Flexible Rahmenbedingungen

-

-

-

-

Hohe Lohnkosten Unflexible Rahmenbedingungen Arbeitnehmerfreundliches Kündigungsschutzgesetz

-

Weniger qualifiziertes Personal verfügbar Schlechtere Infrastruktur Größerer Implementierungsaufwand des Shared Service Center

-

Abb. 8-23:

Größere Sprachbarrieren Kulturelle Unterschiede Fremdes Rechtssystem Schlechtere Infrastruktur Weniger qualifiziertes Personal verfügbar Große räumliche Distanz Sehr großer Implementierungsaufwand des Shared Service Center

Vor- und Nachteile von On-, Near- und Offshore-Standorten

Wichtig für die Standortentscheidung sind die Relevanz einzelner Punkte, die Identifizierung der Risikobereitschaft und die Formulierung einer eindeutigen Risiko-Gewinn-Spanne. Im Zusammenhang mit der geografischen Verlagerung von Organisationseinheiten kann auch über die rechtliche Ausgliederung von Organisationseinheiten entschieden werden. Die Abgabe der rechtlichen und damit unternehmerischen Verantwortung an ein Drittunternehmen wird als Outsourcing bezeichnet. Outsourcing ist damit eine spezielle Form des Fremdbezugs von bisher intern erbrachten Leistungen. Zwischen On-, Near- und Offshoring einerseits und dem Outsourcing anderseits besteht grundsätzlich kein zwingender sachlicher Zusammenhang, obgleich die verschiedenen Begriffe immer wieder zu Missverständnissen führen. Abbildung 8-24 liefert eine entsprechende begriffliche Abgrenzung. Unternehmerische Verantwortung für die Leistungsquelle

Geografische Verlagerung

Abb. 8-24:

Interne Verlagerung (Verantwortung trägt eigenes Unternehmen)

Externe Verlagerung (Verantwortung trägt Drittunternehmen) → Outsourcing

Onshoring

Captive Onshoring

Onshore Outsourcing

Nearshoring

Captive Nearshoring

Nearshore Outsourcing

Offshoring

Captive Offshoring

Offshore Outsourcing

Begriffliche Abgrenzung zwischen On-, Near- und Offshoring sowie Outsourcing

Vorreiter beim Fremdbezug von bislang intern erbrachten Leistungen ist das IT-Outsourcing. Hierbei dominierte zunächst das infrastrukturorientierte Outsourcing (Hardware, IT-Netze). Aktuell gewinnen aber das anwendungsbezogene Outsourcing (engl. Application Management) und das prozessorientierte Outsourcing (engl. Business Process Outsourcing) zunehmend an Bedeutung im Rahmen des IT-Outsourcings.

326

8. Marketingorganisation

Wesentliche Gründe für die Auslagerung eines Shared Service Center im Rahmen eines Outsourcing-Vertrags sind: 

Kostenreduktion durch geringere Total Cost of Ownership, die nicht nur die Anschaffungskosten einer bestimmten Infrastruktur, sondern auch die späteren Nutzungskosten (Modifikationen, Wartung) berücksichtigt



Konzentration auf die eigentliche Kernkompetenz



Mangel an Know-how oder qualifizierten Arbeitskräften



Höhere Leistung und bessere Qualität



Schnellere Reaktion auf Veränderungen



Höhere Spezialisierung.

Demgegenüber sind aber auch einige Risiken zu berücksichtigen, die mit dem Outsourcing einhergehen können: 

Qualität der ausgelagerten Prozesse kann nicht beeinflusst werden



Abhängigkeit vom Drittunternehmen



Möglicher Verlust von internem Know-how



Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung eines Outsourcing-Projekts



Kommunikationsmängel bei der Umsetzung der Outsourcing-Maßnahme (Change Management).

Eine grundsätzliche Einschätzung darüber, ob zentrale Unterstützungsleistungen und -prozesse in eigener Regie lokal, als Shared Service Center oder als Fremdbezug in Form eines Business Process Outsourcing organisiert werden sollten, liefert Abbildung 8-25. Danach wird der Entscheidungsprozess anhand der beiden Parameter „Reifegrad der Prozesse“ und „Kosteneinsparungspotenzial“ bestimmt. Je höher der Reifegrad (engl. Maturity), also die Stabilität der Prozesse ist und je höhere Kosteneinsparungen (engl. Cost Savings) angestrebt werden, umso mehr spricht für eine „Buy“-Entscheidung in Form eines Business Process Outsourcing.

8.3 Weiterführende Organisationsansätze

Kosteneinsparungen

Business Process Outsourcing • Vergabe von bisher intern erbrachten Leistungen an Dritte • Hohe Anforderungen an den Reifegrad der Prozesse • Höhere Kosteneinsparungen möglich Shared Service Center • Einrichtung eines Shared Service Center in eigener Regie • Mindestanforderungen an den Reifegrad der Prozesse nötig • Größere Kosteneinsparungen möglich

= Buy = Make

Reifegrad der Prozesse

Abb. 8-25:

327

Interne Leistungserbringung • Zentrale oder lokale Leistungserbringung • Geringe Anforderungen an den Reifegrad der Prozesse • Kaum Kosteneinsparungen möglich

Parameter für „Make-or-buy“-Entscheidungen bei Support-Funktionen [Quelle: CAPGEMINI CONSULTING]

8.3.3 Change Management Das Veränderungsmanagement (engl. Change Management) steuert und begleitet kulturelle, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Unternehmen, um die Risiken zu reduzieren, die sich durch Veränderung und Transformation ergeben können [vgl. REGER 2009, S. 5]. Dabei steht die Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen oder Verhaltensweisen im Vordergrund. Bei Restrukturierungen, umfassenden Prozessveränderungen, der Implementierung von ERP-Systemen und der Neuausrichtung von Strategien oder Post-MergerIntegrationen gilt es, das entsprechende Geschäftsmodell möglichst schnell in operative Ergebnisse umzuwandeln. Entscheidend für den Erfolg einer notwendigen Umsetzungsmaßnahme ist, wie gut und wie schnell sich Mitarbeiter an die Veränderung anpassen und ihre Arbeit daran ausrichten. Führungskräfte und Mitarbeiter müssen zielgerichtet mobilisiert und motiviert werden, damit sie die bevorstehenden Veränderungen mitgestalten und vorantreiben. Flexibilität und Veränderungsfähigkeit ist demnach ein wichtiger Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Welches sind die häufigsten Gründe für Veränderungen in Unternehmen? In der Change Management-Studie 2008 von CAPGEMINI geben die Hälfte der befragten Unternehmen Restrukturierung bzw. Reorganisation als wichtigsten Veränderungsgrund an. Wachstumsinitiativen spielen in zwei von fünf Unternehmen eine zentrale Rolle. An dritter Stelle der Veränderungsgründe liegt ein Wechsel der Unternehmensstrategie gefolgt von Kostensenkungsprogrammen. In Abbildung 8-26 sind die Ergebnisse der Change Management-Studie zusammengefasst.

328

8. Marketingorganisation

Häufigste Veränderungsgründe in den nächsten drei Jahren Restrukturierung/Reorganisation

49%

Wachstumsinitiativen

38%

Veränderte Unternehmensstrategie

33%

Kostensenkungsprogramme

32%

Veränderte Marktstrategie

32%

Mergers & Acquisitions

21% 0%

Abb. 8-26:

10%

20%

30%

40%

50%

60%

Häufigste Gründe für Change Management [Quelle: Change ManagementStudie 2008, S. 14]

Jede Veränderung löst Verunsicherung, teilweise sogar Ängste und das Gefühl von Kontrollverlust bei den Mitarbeitern aus. Sie wissen nicht, was auf sie zu kommt, wie sie sich in der neuen Situation oder während der Übergangsphase verhalten sollen. So sind Widerstände ganz normale und unvermeidliche Begleiterscheinungen von Veränderungsprozessen. Widerstände lassen sich oftmals auf fehlende Akzeptanz und Perspektiven zurückführen. Die Zufriedenheit mit der aktuellen Situation oder auch sachliche, persönliche oder machtpolitische Gründe können für das Nicht-Wollen vorliegen. Widerstände können aber auch auf fehlender Qualifikation beruhen. Aus Angst vor Versagen nimmt man am Veränderungsprozess nicht teil oder versucht ihn zu unterlaufen. Häufig ist es auch fehlendes Verständnis für den Veränderungsdruck. Mangelnde oder falsche Informationen über die Gründe und Notwendigkeit der Veränderung sind i. d. R. auf fehlerhafte Kommunikation zurückzuführen [vgl. REGER 2009, S. 18 f.]. Generell sind es drei Voraussetzungen, die den Erfolg von Change Management-Projekten bestimmen: 

Veränderungsbedarf, d. h. die grundsätzliche Erkenntnis und Überzeugung, dass eine Veränderung zu einer besseren Ausgangssituation führt und damit wettbewerbsrelevant ist,



Veränderungsfähigkeit, d. h. das Potenzial von Führungskräften und Mitarbeitern, die Veränderung erfolgreich umzusetzen und



Veränderungsbereitschaft, d. h. den Willen aller Beteiligten und Betroffenen zur Umsetzung.

Nur wenn alle drei Voraussetzungen zusammen kommen, hat das Change Management „leichtes Spiel“. In Abbildung 8-27 sind die Beziehungszusammenhänge von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft dargestellt.

8.3 Weiterführende Organisationsansätze

329

1

Reformstau

Fähigkeitsdefizite

Veränderungsbedarf Unbefriedigter Veränderungsdrang

Willensbarrieren

2

4 7

Veränderungsfähigkeit

5 Veränderungsbereitschaft

6 3 Ungenutztes Fähigkeitspotential

Abb. 8-27:

Fehlgeleitete Aktivitäten

Zusammenhang von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft [Quelle: REGER 2009, S. 14]

Konkret muss das Unternehmen Sorge dafür tragen, dass die Veränderung zu einer Anreizkompatiblen Organisationslösung führt, d. h. der Mitarbeiter sollte durch Erfüllung der gestellten Aufgabe auch seine eigenen Ziele erreichen können. Des Weiteren ist die Motivation der Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, um den Abbau von Blockaden zu erleichtern. Auch eine gezielte Steuerung der Erwartungen sowie eine entsprechende Qualifizierung der Mitarbeiter sind Grundlagen für einen erfolgreichen Change ManagementProzess. Jede Veränderung ist ein Prozess, der zweckmäßiger Weise in folgenden fünf Phasen ablaufen sollte [vgl. KRÜGER 2002, S. 49]: 

Initialisierung, d. h. der Veränderungsbedarf wird festgestellt und die Veränderungsträger müssen informiert werden,



Konzipierung, d. h. die Ziele der Veränderung sind festzulegen und die entsprechenden Maßnahmen zu entwickeln,



Mobilisierung, d. h. das Veränderungskonzept muss kommuniziert und Veränderungsbereitschaft und Veränderungsfähigkeit geschaffen werden,



Umsetzung, d. h. die priorisierten Veränderungsvorhaben sind durchzuführen und Folgeprojekte anzustoßen,



Verstetigung, d. h. die Veränderungsergebnisse müssen verankert und Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit abgesichert werden.

Ein wichtiger Bestandteil des Change Management ist eine klare, konsequente und konsistente Kommunikation. Führungskräfte und Mitarbeiter werden sich nur dann für den Wandel einsetzen, wenn sie ausreichend über das Veränderungsvorhaben informiert sind und den Ge-

330

8. Marketingorganisation

samtzusammenhang zur Unternehmens- bzw. Marktstrategie kennen. Alle Beteiligten und Betroffenen müssen mit geeigneten Kommunikationsmitteln und -maßnahmen angesprochen werden, um ein konsistentes Bild der Veränderung zu erzeugen.

Ohne Ziele

?

Ohne Pläne

Ziele

+

Ohne Ressourcen

Ziele

+

Aktionspläne +

Ohne Fähigkeiten

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen +

Ohne Anreize

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten +

Ohne Information

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten + Anreize +

Ziele

+

Aktionspläne + Ressourcen + Fähigkeiten + Anreize +

Abb. 8-28:

+ Aktionspläne ?

+ Ressourcen + Fähigkeiten

+ Anreize + Information

= Aktionismus

+ Ressourcen + Fähigkeiten

+ Anreize + Information

=

Chaos

+ Anreize + Information

=

Frustration

+ Anreize + Information

=

Angst

=

Kaum Veränderung

=

Verwirrung

?

+ Fähigkeiten ?

?

+ Information ?

Information =

Gewünschte Veränderung

Komponenten der gewünschten Veränderung [Quelle: UNKRIG 2005, S.45]

Jedes Change Management-Team sollte sich darüber im Klaren sein, dass sich ohne Ziele, Aktionspläne, Ressourcen, Fähigkeiten, Anreize und Informationen die gewünschte Veränderung nicht einstellen wird. Im Gegenteil, fehlt bereits eine dieser Komponenten, so ist Aktionismus, Chaos, Frustration, Angst oder Verwirrung vorprogrammiert. Abbildung 8-28 zeigt anschaulich, was das Fehlen einzelner Komponenten im Change Management-Prozess bewirken kann. Besonders deutlich werden diese Effekte, wenn man die Ursachen fehlgeschlagener Change Management-Projekte analysiert. In Abbildung 8-29 sind die häufigsten Ursachen für IT-Projekte, die die Erwartungen nicht erfüllt haben, aufgelistet. Daran wird deutlich, dass es im Wesentlichen immer wieder an der Vernachlässigung mindestens einer der o. g. Komponenten liegt, wenn Projekte nicht den gewünschten Erfolg bringen.

8.3 Weiterführende Organisationsansätze

331

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, wenn IT-Projekte in Ihrem Unternehmen die Erwartungen nicht erfüllen? Ohne (Prioritäten-) Pläne Ohne Ressourcen Ohne Ziele Ohne Ressourcen Ohne Information/Anreize Ohne Pläne

Zu viele interne Projekte gleichzeitig

70%

Zu wenig interne Ressourcen

50%

Unklare fachliche Zielsetzung

46%

Fehlendes Change Management

43%

Zu viel interne Politik

39%

Mangelnde Abstimmung

Ohne Ressourcen

Zu wenig interne Betreuer

Ohne Fähigkeiten

Mangelndes Know-kow

Ohne Fähigkeiten

Technische Probleme

36% 19% 15% 7% 0%

20%

40%

60%

80%

Mehrfachnennungen möglich

Abb. 8-29:

Ursachen fehlgeschlagener IT-Projekte [Quelle: STUDIE IT-TRENDS 2009, S. 12]

Fazit: Eine der Veränderung positiv gegenüberstehende Unternehmenskultur, eine angemessene und zielgruppenorientierte Kommunikation sowie ein kompetentes Change Management-Team, das mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet ist, bilden die wichtigsten Grundlagen für einen erfolgreichen Wandel im Unternehmen.

332

Kontroll- und Vertiefungsfragen

Kontroll- und Vertiefungsfragen (1)

Welche drei organisatorischen Grundprinzipien werden nach dem heutigen Organisationsverständnis unterschieden?

(2)

Welche Managementfunktionen beschreibt der sogenannte „Fünferkanon“ der modernen Managementlehre?

(3)

Worin unterscheiden sich Stelle, Instanz und Abteilung als Organisationseinheit?

(4)

Inwiefern ist die Matrixorganisation eine Sonderform der Mehrlinienorganisation?

(5)

Ist die funktionale Organisation für ein Ein-Produktunternehmen in jedem Fall die zweckmäßigste Organisationsform?

(6)

Warum nehmen die Verfechter der Matrixorganisation die „vorprogrammierten“ Konfliktfälle aufgrund der unklaren Weisungsbefugnisse bewusst in Kauf?

(7)

Worin liegen die grundlegenden Unterschiede zwischen der Ablauforganisation und der Prozessorganisation?

(8)

Worin besteht die grundsätzliche Prozessidee?

(9)

Welche drei Rollen kommen jedem Prozess zu?

(10) Beschreiben Sie die Grundphilosophie des Business Process Reengineering. (11) Welche Geschäftsprozesse beschreibt das Supply Chain Management? (12) Von welchen Einflussfaktoren wird die Organisation des Marketingbereichs im Wesentlichen bestimmt? (13) Welche Aktivitäten des Marketingbereichs sollten als Service Center organisiert werden, welche als Competence Center? (14) Welche Ziele werden mit der Einrichtung eines Shared Service Center verfolgt? (15) Welche Varianten bieten sich bei der geografischen Auslagerung eines Shared Service Center an? (16) Warum bildet das Service Level Agreement eine wichtige Grundlage für den Betrieb eines Shared Service Center? (17) Worin besteht der Unterschied zwischen X-Shoring und Outsourcing? (18) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft? (19) Warum ist die Kommunikation so wichtig für die Umsetzung von Change Management-Projekten?

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Sachwortverzeichnis A ABC-Analyse 293 Ablauforganisation 306 Above-the-line-Instrumente 177 Absatz 6 Absatz- und Umsatzstatistiken 87 Absatzlogistik 241 Absatzmittler 20, 226, 238 Absatzorgane 225 Absatzwege 225 Absatzwirtschaft 6 Abschlussgespräch 261 Abschlusssicherheit 267 Abschöpfungspreisstrategie 156 Abteilung (als Organisationseinheit) 302 Adaptive Selling 255 Added Value 138 Adoptionsprozess 124 Affiliate 194 Affiliate Marketing 194 Akquisition 251 Akquisitionscontrolling 258 Akquisitionserfolg 261 Akquisitionsgespräch 261, 264 Akquisitionspotential 31 Akquisitionsschwellen 258 Akquisitionszyklus 256 Akquisitorisches Potential 150 Aktionsfeld 4, 37, 113 Aktionsparameter 4 Aktivierung 51 Alleinstellungsanspruch 114, 115 Alleinstellungsmerkmal 113, 115 Alleinwerbung 178 Alpha-Test 123 Alternativfragen 92 Analysemethoden 101 Analyseverfahren 86 Anbahnungsphase 277 Anbietersuche 60 Anbietervorauswahl 61 Anforderungsprofil 261 Angebotseinholung 60 Angebotspreis 148 Anpassungsinnovation 120 Anregungsphase 53 Anspruchsgruppen 20, 26 Antriebsfunktion 51 Antwortquote 98 Anzeigen 210 Anzeigenpanel 97

Anzeigenpreis Application Management Arbeitgebermarke Arme Hunde Artefakte Asset Attrition rate Aufbauorganisation Aufgabenanalyse Aufgabensynthese Auftragserwartung Auslandniederlassungen Ausrichtungsdimension Außendienstberichte Außenwerbung Auswahl, typische Auswahlverfahren Auswahlverfahren, repräsentative Auswertungsverfahren Automobilindustrie

210 325 171 131 25 138 294 301, 306 301 301, 306 259 239 175 87 213 100 86 99 101 20

B Banner 192 Bannerformate 193 Banner-Werbung 191, 192, 195 Basic Beliefs 25 Basisinnovation 120 Basiswert 276, 292 BCG-Matrix 132 Bedarfsanalyse 264 Bedarfsbeschreibung 60 Bedarfserkennung 60 Bedürfnispyramide von MASLOW 52 Beeinflusser 57 Befragung 90 Befragung, mündliche 91 Befragung, schriftliche 91 Befragung, telefonische 91 Befragungsformen 90, 92 Befragungsstrategie 90 Befragungstaktik 90, 92 Bekanntheitsgrad 24 Below-the-line-Instrumente 177 Benchmarking 21, 293 Benchmarking-Grundtypen 22 Benchmark-Zahlen 19 Benefit Segmentation 66 Benefit Selling 265 Benutzer 58 Benutzergruppen 287 Benutzertreffen 288

342

Benutzervereinigung 288 Beobachtung 88 Beobachtung nicht-teilnehmende 88 teilnehmende 88 Beobachtungssituation 89 Beobachtungssituation biotische 90 nicht-durchschaubare 90 Beobachtungssituation offene 90 quasi-biotische 90 Beschwerdemanagement 278 Beta-Test 123 Betreuung 275 Betriebsformen des Einzelhandels 233, 234 Betriebsgröße 70 Bewusstseinsprogramm 173 Beziehungsebene 255 Beziehungsmanagement 259, 276 Beziehungsmarketing 276 Beziehungspflege 276 Bildanalogien 184 Bildassoziationen 184 Bildelement 182 Bildmetaphern 185 Blickaufzeichnung 88 Blickaufzeichnungstechniken 89 Blindtest 94 Blogs 196 Blow Up’s 214 Boni 157 Bonusprogramm 285 Bonusprogramme 283 Brainstorming 121 Brainwriting (Method 6-3-5) 121 Branchenmessen 206 Branchenorientierung 70 Brand 138 Break-even-Analyse 123 Bumerang-Methode 266 Bundling Strategy 157 Business Engineering 310 Business Partner 4, 319 Business Process Outsourcing (BPR) 316 Business Process Redesign 310 Business Process Reengineering 308, 309, 310 Business Reegineering 310 Business-Partner-Konzept 316 Business-to-Business (B2B) 8 Business-to-Consumer (B2C) 8 Buyer 58 Buying Center 57, 58, 76, 256

Sachwortverzeichnis

C CAD/CAM-Systeme 71 Call Center 262 Cash Cows 131 Category Management 315 Change Management 58, 326, 327 Channel Policy 223 Character Selling 265 CI-Komponenten 26, 27 Click-Through-Verfahren 89 Clusteranalyse 106 Co-Branding-Strategie 144 Competence Center 318 Computer Assisted Telephone Interviewing – CATI 91 Conjoint-Analyse 122, 149 Consumer Promotion 200 Copy-Strategie 179 Core Process Redesign 310 Corporate Behavior 26 Corporate Communication 26 Corporate Companies 72 Corporate Culture 25, 26 Corporate Design 26 Corporate Governance 26 Corporate Identity 26, 314 Corporate Social Responsibility (CSR) 202 Corporate/Umbrella Branding 141 Cost-Plus-Pricing 148 Costumer Lifetime Value-Ansatz 293 Couponing 201, 283, 284, 285 CRM-Systeme 257, 259, 280 Cross Selling 254 Cross-Buying-Rate 294 Cross-Selling-Wert 277, 292 Customer Relationship Management (CRM) 116, 276, 280, 311 Customer Retention 280 Cut-off Method 100 Cut-off-Verfahren 100 D Dachmarkenstrategie Data Mining Data Warehouse Database-Marketing Datenauswertung Datengewinnung Datenquellen Decider Deckungsbeitragsrechnung Defining the Business Desk Research

141 281 281 200 86 86 86, 87 58 149 80 87

Sachwortverzeichnis

343

DHTML 193 Dienstleistungsmarketing 8, 9 Differenzierung 113 Differenzierungsfokus 160 Differenzierungsmerkmale 117 Differenzierungsmöglichkeiten 115 Differenzierungsstrategie 158 Diffusionsprozess 125 Digitalisierung 209 Direct Costing 149 Direktmarketing 198 Direktvertrieb 237 Direktwerbung 177, 198, 208 Discountstrategie 154 Diskriminanzanalyse 106 Display Ads 192 Dissonanz, kognitive 54, 175 Distribution 223 akquisitorische 224 physische 224 Distributionsformen 223, 225 Distributionsfunktion 10 Distributionskanäle 223, 227, 230, 232 Distributionslogistik 224, 241 Distributionsorgane 223, 225 Distributionspolitik 4 Distributionsstruktur 242 Distributionssystem 225, 231, 232 Distributor 238 Diversifikation 137 Diversifikationsstrategie 137 Durchlaufzeiten 241 Dynamik der Betriebsformen 233

Einwandbehandlungstechniken 266 Einzelhandel 226 Einzelhandelskonzentration 230, 232 Einzelmarkenstrategie 140 Einzeltest 94 Einzelwerbung 178 Einzugsbereich konsumwirtschaftlicher 65 Elastizitätsfaktor 146 E-Mail-Marketing 200 E-Mail-Newsletter 191 Emotion 51 Employer Branding 171 Engagierte 175 Enterprise Resource Planning (ERP) 311 Entrepreneurial Companies 72 Entscheider 58 Entwicklungsschritte des Marketings 9 Entwicklungsstrategie 289 Erfahrungskurve 128 Erfolgsfaktoren 115, 118 Erhebungsmethode 88 Erhebungsmethodik 86 ERP-Software 118 ERP-Systeme 71, 311, 327 Ersatzkäufe 123 Erstkauf 60 Erstkäufe 123 Expansionsphase 278 Experiment 93 Explorationsphase 277 Export 239 External Analysis 15 Eye Tracking 88

E F E-Commerce Economies of Scale Einfachkorrelation Einfachregression Einflussfaktoren makro-ökonomische politisch-rechtliche sozio-kulturelle technologische unternehmensexterne unternehmensinterne Einführungsrabatte Einkauf Einkäufer Einkaufsprozess Einkaufsstättenwahlverhalten Einlinienorganisation Einstellung Einwandbehandlung

233 128 104 103 17 18 17 18 16 19 201 299 58 61 66 302 53 266

Fachgeschäft Fachkompetenz Fachmessen Fachpromotoren bzw. -opponenten Faktorenanalyse Familie Familienmarkenstrategie Fast Moving Consumer Goods Fehler, systematischer Fehlerbereinigung Feldbeobachtung Feldexperiment Fernsehen Fernsehpanel Fernsehwerbung Fertigungsarten Field Research Filterfragen

233 255 206 58, 76 105 50 141 230 100 290 88 93 211 97 211 70 87 93

344

Sachwortverzeichnis

Finanzierung 299 First-to-Market 125 Five-Forces-Modell 23 Flash Layer 193 Folgegeschäft 252, 275 Formalziel 27 Fragebogen 91 Fragen direkte und indirekte 92 instrumentelle 93 offene und geschlossene 92 Fragetechniken 264 Fragezeichen 130 Franchise-Systempartner 226 Franchising 239 Frühadopter 125 Fünferkanon (der Managementlehre) 300 Funktionsbereiche 72 Funktionsrabatte 157 G Gatekeeper Gebrauchsgüterpanel Gefährdungsphase Gemeinschaftswerbung Geomarketing-Datenbanken Gesamtmarktabdeckung Geschäftsbereichsorganisation Geschäftsfeldplanung Geschäftsmodellinnovation Geschäftsprozesse Geschäftsprozessmanagement Geschmackstest Gesprächsabschluss Gesprächseröffnung Gesprächsphasen Gesprächsvorbereitung Gestaltung typografische Gestaltungsart Gestaltungsdimension Gestaltungsform Gestaltungsmittel Gewinn Gravitationsmodell GRID-System Größendegressionseffekte Großhandel Grundgesamtheit Güterfluss betrieblicher

10, 57 96 278 178 65 81 304 45, 80, 81 120 309 308 94 266 263 261 263 183 180 175 180 181 24 65 256 128 226 86, 98 299

H Handel Handelsketten Handelsmacht Handelsmarkenkonzepte Handelsmarkenstrategie Handelsorientierung, Phase der Handelspanel Handelsvertreter Händler Händlerpromotion Häufigkeiten Häufigkeitsverteilungen Haushaltspanel Headline Herausverkaufsmaßnahmen Herstellermarkenstrategie Heterogenität der Produkte High-Involvement High-Tech-Produkte Hineinverkaufsmaßnahmen Hochpreisstrategie Hybride Wettbewerbsstrategien

20 233 233 233 139 10 96 226 238 200 101 101 96 182, 186 201 139 146 51 174 201 153 159

I Ideengewinnung 121 Ideenkonkretisierung 122 Ideenproduktion 121 Ideenprüfung 122 Ideenquellen 121 Ideensammlung 121 Image 24, 173 Imageanalysen 86 Imageprogramm 173 Imagery 184 Imitationsinnovation 120 Inbound-Telefonmarketing 199 Indifferente 172 Individualpanel 96 Industriegütermarketing 7, 9 Influencer 57 Informations- und Kooperationswert 277, 292 Informationsmessen 206 Informationsquellen externe 87 interne 87 Informationsselektierer 57 Ingredient Branding 144 Initiator 57 Initiatoren 57 Innovation 119 Innovationsbegriff 119 Innovationspotential 74

Sachwortverzeichnis

Innovationsprozess Innovationstypen Innovatoren In-Page Ads Instanz (als Organisationseinheit) In-Stream Video Ads Instrumentedimension Interaktionsleistung Interaktionswert Interessentenmanagement Interessenten-Workshops Interessierte Internet Internet als Distributionskanal Internet-Kommunikation Internet-Nutzer Interstitial Interview Interviewereffekt Interviewereinsatz Investitionsgütermarketing Involvement

345

119 74 125 192 302 192 175 195 277 278 201 174 87 230 212 213 193 91, 93 91 91 7 51

J Joint Venture Just-in-time-Konzept

239 242

K Kalkulation progressive 148 retrograde 149 Kannibalisierungseffekt 155, 212 Kapazitätsgrenze 149 Kapitalbedarf 79 Kapitalflussrechnung 79 Kataloge 201 Kategorien-Management 315 Kaufentscheidungen organisationale 57 Kaufhaus 233 Kaufhistorie 263 Kaufkraftströme regionale 65 Kaufprozess organisationaler 59 Kaufsignale 266 Kaufverhalten von Konsumenten 48 Kaufverhaltensforschung 48 Kaufverhaltensrelevanz 66 Kernfunktionen, betriebliche 299 Kernprozesse 30 Key Account Management 226, 254, 315 Key Account Manager 254

Key Accounting 254 Key Performance Indicator (KPI) 324 Kinowerbung 211 Klickrate 213 Kodierung der Rohdaten 86 Kollektivwerbung 94, 178 Kommissionär 226 Kommunikation 169, 329 Kommunikationsbegriff 169 Kommunikationsempfänger 169 Kommunikationsinhalt 113 Kommunikationsinstrumente 177 Kommunikationskonzept 175 Kommunikationsleistung 195 Kommunikationsmodell 171, 172 Kommunikationspolitik 4 Kommunikationsprozess 171 Kommunikationssender 169 Kommunikationsstörungen 169 Kommunikationsverhalten 66 Kommunikationsziel 172 Komparativer Konkurrenzvorteil (KKV) 114 Konfiguratoren 201 Konsumentenverhalten 49 Konsumgüterbereich 276 Konsumgütermarketing 7, 8 Kontakt- und Eisbrecherfragen 93 Kontaktgespräch 261 Kontrollfragen 93 Kontrollphase 53, 54 Konvergenz 209 Konzeptentwicklung 122 Konzepttest 94 Kooperationsvereinbarung 240 Körperhaltung 264 Korrelation multiple 104 Korrelationsanalyse 104 Korrelationskoeffizient 104 Kostenführerschaft 158, 160 Kostenträger 148 Kostenvorteil 114 Kreativitätstechniken 121 Kristallisationspunkt konzeptioneller 14, 24 Kultur 49 Kultursponsoring 204 Kunden 20 Kundenabwanderungsrate 294 Kundenakzeptanz 251 Kundenbefragung 293 Kundenbeziehung 292 Kundenbeziehungen 20 Kundenbeziehungsmanagement 275 Kundenbindung 276, 283

346

Kundenbindungsmanagement 278 Kundenbindungsprogramm 283, 284, 285 Kundenbindungsrate 293 Kundenclub 284, 286 Kundenclubs 283, 286 Kundendateien 87 Kundendatenbanken 200 Kundendeckungsbeitragsrechnung 293 Kundendienst 225 Kundendurchdringungsrate 294 Kundenhalbwertszeit 294 Kundenkarte 284, 285 Kundenkarten 283 Kundenkartenprogramm 284 Kundenkriterium 31 Kundenlaufstudien 89 Kundenlebenszyklus 277 Kundenmärkte 20 Kundennähe 117, 223 Kundennutzen 20, 113 Kundenorientierung, Phase der 10 Kundenprogramm 175 Kundenrückgewinnungsrate 294 Kundenveranstaltungen 286 Kundenvorteil 20, 113, 115 Kundenwahrnehmung 169 Kundenwert 276, 292 Kundenwertmessung 293 Kundenwünsche 20 Kundenzeitschrift 286 Kundenzufriedenheit 263, 292, 293 Kundenzufriedenheitsindex 293 Kündigungsmanagement 278 Kündigungsphase 278 Kündigungspräventionsmanagement 278 Kunst- und Sportveranstaltungen 286 L Laborbeobachtung 88 Laborexperiment 93 Labortestmarkt 95 Lageparameter 102 Lagerbestände 241 Lagerhaltung 241 Lagerhaltungssystem 241 Lagerhaltungssysteme 241 Lagerstandorte 241 Lagerstandortsystem 241 Lagerstufen 242, 243 Later-to-Market 126 Lead User 290 Lebenszyklusmodell 129 Leistungserbringung und -bewertung 61 Leistungsprofil 261

Sachwortverzeichnis

Leitbildgruppen Lernkurve Lichtwerbung Lieferanten Listungsgelder Litfaßsäule Lizenzen Low-Involvement Loyalitätswert

50 128 213 20 201 214 239 51 276, 292

M Machtpromotoren bzw. -opponenten 58, 76 Makler 226 Makrosegmentierung 70, 290 Makro-Umfeld 16 Managementaufgaben 299 Marke 138 Markenartikel 139 Markenbewusstsein 66 Markenführung 139 Markenkombinationen 144 Markenmanagement 138 Markenname 138 Markenstrategie 171 gemischte 139 globale 139 Markenstrategien 139 Markentransferstrategie 142 Markentreue 66 Markenzeichen 138 Market Pull 120 Marketing Myopia 27 Marketingaktionen 85 Marketing-Begriff 7 Marketingbudget 122 Marketinglogistik 241 Marketingmanagement 11, 20 Marketing-Mix 4, 29, 36 Marketingplanung 14 Marketingprozesse 19 Marketing-Prozesskette 30 Marketingstrategie 15, 122 Marketingziele 24 Marktanteil 24 relativer 131 Marktanteils-Marktwachstums-Matrix 130 Marktattraktivität 133 Marktattraktivitäts-WettbewerbsvorteilsMatrix 133 Marktausrichtung mehrdimensionale 74 Marktbearbeitungsmuster 81

Sachwortverzeichnis

Marktbearbeitungsstrategie differenzierte 82, 83 konzentrierte 82 selektive 82, 83 undifferenzierte 82 Marktbearbeitungsstrategien 82 Marktchancen 85 Marktdurchdringung 24 Marktdurchdringungsstrategie 134 Märkte 70 horizontale 70 räumliche 70 vertikale 70 Markteinführung 124 Markteinführungsphase 129 Markteintritt 125 Markteintrittsbarriere 156 Markteintrittsschranke 78 Markteintrittsstrategie 126 Marktentwicklungsstrategie 136 Markterprobung 124 Marktfelder 134 Marktfeldstrategien 134 Marktformen 147, 149 Marktforschung 25, 85, 149 Marktforschungsinstitut 86 Marktforschungsprojekt 86 Marktparzellierungsstrategien 82 Marktposition 24, 85 Marktpotentialuntersuchungen 86 Marktsegment 45 Marktsegmentanalysen 86 Marktsegmentbarriere 78 Marktsegmentbearbeitung 45 Marktsegmenterfassung 45 Marktsegmentierung 45 Marktspezialisierung 81 Marktstimulierungsstrategien 158 Markttest 95, 124 Massenmarktstrategie mit partialer Marktabdeckung 82 Massenmarktstrategie mit totaler Marktabdeckung 82 Maßnahmen-Mix 29 Matrixorganisation 303, 305, 315 Mediadimension 175, 208 Mediaselektion 176 Mediawerbung 177 Medien 210 Mediengattungen 210 Mediensponsoring 204 Megatrends 17 Mega-Werbeflächen 213 Mehrbranchenmessen 206

347

Mehrheit frühe 125 späte 125 Mehrkanalsysteme 228, 230, 231 Mehrlinienorganisation 303, 305 Mehrmarkenstrategie 141 Meinungsführer 50 Mengenanpasser 147 Mengenrabatte 157 Merchandising 236 Merchant 194 Merkmal 99 Merkmals-/Nutzen-Argumentation 265 Messen und Ausstellungen 177, 206 Messvorschriften 24 Methode der kleinsten Quadrate 103 Me-too-Pricing 151 Microsite 193 Mikromarkttest 95 Mikrosegmentierung 75 Mikro-Umfeld 19 Milchkühe 131 Mini-Testmarkt 95 Mitgliedschaftsgruppen 50 Mittelpreisstrategie 153 Mittelwerte 102 Mobile Dienste 212 Mobile Endgeräte 213 Mobilisierung 329 Monopol 147, 149 Monopolistischer Bereich 146 Morphologische Analyse 122 Motivation 52 Motive extrinsische 52 intrinsische 52 Multi-Channel 228 Multimedia Messaging Services (MMS) 213 Mussmarken 236 Mystery Shopping 88 N Nachfolgerstrategie Nachfrage elastische unelastische Nachzügler Nearshoring Netto-Nutzen-Vorteil Neugeschäft Neukundengewinnung Neukundenmanagement Niedrigpreisstrategie NIELSEN-Gebiete

125 146 146 125 324 114 252 276 278 152 65

348

Nischenspezialisierung Nischenstrategie Non-Price Competition Normen Normstrategien Nutzen funktionaler Nutzenargumentation Nutzenvorstellung

Sachwortverzeichnis

81 160 158 25 132 117 265 45

O Objektdimension 175 Observational Method 88 Öffentlichkeit 20 Öffentlichkeitsarbeit 177, 202, 314 Offshoring 324 Oligopol 147, 150 Omnibusbefragungen 97 Online-Befragungen 91 Online-Datenbanken 87 Online-Dienste 213 Online-Fragebogen 91 Online-Käufe 213 Online-Kommunikation 169 Online-Medien 191 Online-Werbeformen 192 Online-Werbemarkt 212 Online-Werbung 177, 191, 193, 195 Onshoring 324 Opinion Leader 50 Optimierungsphase 53, 54 Order Qualifications 61 Ordermessen 206 Organigramm 305 Organisation divisionale 304 funktionale 303 objektorientierte 304, 314 Organisationsinnovation 120 Original Equipment Manufacturer (OEM) 238 Outbound-Telefonmarketing 199 Out-of-Home Media 213 Outsourcing 18, 325 Overconcentration 81 Overreporting 97 Oversegmentation 81 P Paarvergleichstest Panel Paneleffekt Panelerstarrung Panelsterblichkeit

94 96 97 97 97

Partialtest 94 Pay per Click 194 Pay per Lead 194 Pay per Order 194 Penetration Pricing 156 Penetrationspreisstrategie 156 Permission Marketing 200 Personal Selling 251 Personalmarketing 190 Pionierstrategie 125 Pipeline Performance Management 257 Pitch 61 Plakatsäulen 213 Plakatwände 213 Planned Obsolescence 12, 135 Plausibilitätsfragen 93 Point of Purchase (PoP) 213 Point of Sale (PoS) 95, 200 Policy 26 Polypol 147, 149 Poor Dogs 131 Portfolio-Analyse 130, 133 Portfolio-Ansätze 293 Positionierung 112, 113 Positionierungsmodell 118 Post-Sales-Geschäft 287 Potenzialunterschiede 116 Präferenzbildung 156 Präferenzen 115, 146 Präferenzstrategie 158 Preis-Absatz-Funktion 145, 149 Preis-Absatz-Funktion, doppelt-geknickte 146, 149 Preisanpasser 147 Preisbündelungsstrategie 157 Preisdifferenzierung 154, 155 qualitative 155 quantitative 155 räumliche 155 zeitliche 155, 156 Preisdifferenzierungsstrategien 152, 154 Preiselastizität 145 Preiselastizität der Nachfrage 151 Preisfestsetzung auf Wettbewerbsniveau 151 Preisfestsetzung über Wettbewerbsniveau 151 Preisfestsetzung unter Wettbewerbsniveau 151 Preisfindung kostenorientierte 148 kundenorientierte 149 nachfrageorientierte 149 nutzenorientierte 149 wettbewerbsorientierte 151 Preisfolgerschaft 151 Preisführerschaft 151 Preiskampf 151

Sachwortverzeichnis

Preis-Mengen-Strategie 158 Preisniveau 78 Preispolitik 4 Preispositionierungsmatrix 152 Preispositionierungsstrategien 152 Preissensibilität 145 Preissensivität 66 Preisstrategien 152 Preistheorie 145, 149, 150 Preisverhalten 66 Preisvorteil 114, 158 Preisvorteilsstrategie 156 Preiswettbewerb 158 Premiumstrategie 153 Pre-Sales-Phase 175 Pressekonferenzen 202 Pressemitteilungen 202 Prestige 24 Price Competition 158 Primäraktivitäten 30 Primärdaten 87 Primärforschung 87 Printanzeige 182 Printmedien 208, 209 Process Innovation 310 Process Redesign 310 Product Lifecycle Management (PLM) 116, 311 Product Line Branding 141 Product Placement 177, 205 Product Publicity 177, 206 Produkt-/Leistungsprogramm 174 Produkt/Markt-Matrix 80 Produktankündigung 174 Produktdemos 201 Produktentwicklung 123 Produktentwicklungsstrategie 136 Produktinformationsveranstaltungen 201 Produktinnovation 120 Produktinnovationsprozess 120 Produktion 299 Produktlebenszyklus 129 Produktleistung 261 Produktmanagement 315 Produkt-Markt-Matrix 134 Produktmerkmale 115 Produktpolitik 4 Produktportfolio 131 Produktspezialisierung 81 Produktstabilität 117 Produkttest 94, 124 Produktverbesserung 291 Produktvorteil 114, 158 Produktwartung 290 Produktwerbung 178

349

Programmunterschiede 116 Promotionmaßnahmen 201 Prospekte 201 Prototyp 123 Prozess 307 Prozesshierarchie 30 Prozessinnovation 120 Prozesskette 308 Prozessmodell 108, 162, 216, 244, 268, 292 Prozessorganisation 31, 307, 308 Prozessorientierung, Phase der 10 Prozessphasen 30 Prozesspromotoren bzw. -opponenten 58 Prozessschritte 30 Prozessunterschiede 116 Public Relations (PR) 202 Pull-Strategie 236 Push-Strategie 236 Q Qualifizierung der Kontakte Qualitätsführerschaft Qualitätswettbewerb Question Marks Quota Sampling Quotenauswahlverfahren

257 158 158 130 100 100

R Rabatt- und Bonusstrategie Rabattarten Radio-Spot Random Sampling Rasierwassertest Realisierungsphase Rectangle Referenz Referenzbesuche Referenzdatei Referenzen Referenzlisten Referenzpolitik aktive passive Referenzquote Referenz-Selling Referenzwert Reframing Regalplatzwettbewerb Regression multiple Regressionsanalyse Regressionsgerade Regressionsparameter

157 157 211 100 88 53, 54 193 275 201, 289 289 289 201 289 289 294 252 277, 292 310 230 103 102, 103 103 103

350

Reifephase Reisende Relationship Marketing Relaunch Relaunching-Maßnahmen Renewing Rentabilität Repräsentativität Ressourcenplanung Restructuring Retailer Return on Investment Revitalisierungsphase Revitalizing RFM-Methode Riesenposter Risikoanalyse Rolle Rollenwechselsysteme RSS Feed Rückgewinnungsmanagement Rücklaufquote

Sachwortverzeichnis

130, 278 228 276, 319 130 130 310 24 98 176 310 226 5 278 310 293 214 123 50 213 196 278 91

S Sachfragen Sachfunktionen betriebliche Sachziel Sales Cycle Sales Funnel Sales Promotion Sammelwerbung Sättigungsphase SB-Warenhaus Scannerpanel Schichten soziale Schlüsselfaktoren Schlüsselkunden Schriftklassen Schrifttypen Scoring-Modelle Search Engine Advertising – SEA Search Engine Optimization – SEO Second-to-Market Segmentanteil Segmentbewertung Segmentierung eindimensionale geografische horizontale mehrdimensionale multiple psychografische

93 299 27, 28 256, 257 257 10, 200 178 130 233 97 49 115 254 183 183 293 194 194 126 77 77 45 47 65 72 47, 75 83 64

regionale 73 soziodemographische 63 verhaltensorientierte 66 vertikale 70 Segmentierungsanforderungen 46 Segmentierungsansätze 69 Segmentierungsarten 47 Segmentierungsbaum 71 Segmentierungskriterien 63, 70 Segmentierungsstrategien 81 Segmentierungsstufen 69 Segmentpotential 77 Segmentvolumen 77 Sekundäraktivitäten 30 Sekundärdaten 87 Sekundärforschung 87 Self Analysis 15 Sell-in 201 Selling Center 253 Sell-out 201, 236 Seminare 201 Semi-public Companies 72 Sensibilisierte 173 Service Center 319 Service Level Agreement (SLA) 323 Serviceinnovation 120 Serviceleistungen 117 Share of wallet 294 Shared Service Center 319, 322, 323 Short Message Services (SMS) 213 Sicherheit 24 Signalempfänger 172 Signalisierung 169 SINUS-Milieus 64 Situationsanalyse 15 Skala-Fragen 92 Skalenerträge 128 Skimming Pricing 156 Skonto 157 Skyscraper 193 Slogan 182, 187 Social Media 282 Social Networks 196 S-O-R-Modelle 48 Soziosponsoring 204 Spartenorganisation 304, 314 Spezialpanel 97 Sponsoring 177, 194, 203, 286 Sponsoring-Bereiche 204 Sponsoring-Maßnahmen 204 Sponsorship 203 Sportsponsoring 204 Sprungwerbung 236 Stablinienorganisation 302 Stakeholder 20, 26, 172, 202

Sachwortverzeichnis

351

Stars 131 Status 50 Statussymbol 50 Stelle (als Organisationseinheit) 302 Sterne 131 Stichprobe 98, 99 Stichprobenauswahlverfahren 99 Stichprobenfehler 100 Stichprobenplan 86 Stichprobenumfang 86, 98, 99 Stimuli 48 Storetest 95, 124 Stornoquote 294 Strategic Marketing 318 Strategische Allianz 238 Strategische Geschäftseinheiten (SGE) 80 Strategische Geschäftsfelder (SGF) 80 Stratified Sampling 100 Streaming Ads 193 Streuungsmaße 102 Streuungsparameter 102 Streuverluste 173 Stuck in the Middle 158 Stücklisten 123 Stücklistenorganisation 71 Subkulturen 49 Suchmaschinen 87, 203 Suchmaschinen-Marketing 192, 194 Suchmaschinen-Optimierung 194 Suchmaschinen-Werbung 194 Suchphase 53, 54 Supply Chain Management (SCM) 116, 241, 311 Support Functions 322 Survey Method 90 SWOT-Analyse 15, 21 Synektik 121 T Tageszeitungen Target Costing Target Price Targeting Technologie Technology Push Teilerhebung Teilkostenrechnung Telefonmarketing Telefonverkauf Telemeter Teleshopping Terminal Systeme Test Testimonials

208 149 149 254 70 120 98 148 199 262 89 199, 233 213 93 185

Testimonial-Werbung Testmarketing Testmarkt Testmarktergänzungsverfahren Testmarktersatzverfahren Testverfahren Testversionen Tiefeninterview Time-to-Market Time-to-Marketing-Strategie Timing-Strategie Tochtergesellschaften Trade Promotions Traffic Boards Transactional Marketing Transaktionsmarketing Transaktionswert Transport Transportarten Transportentscheidungen Transportkosten Transportmittel Transportsysteme Trendanalyse Trendbeobachtungen Trendextrapolation TV-Spot

185 124 95 124 95 94 201 91 125 127 126 239 200 214 319 276 277 243 243 241 243 243 241 102 86 102 211

U Überkonzentration Übersegmentierung Übervorteilungsstrategie Umsatz Umweltanalyse Umwelteinflüsse Umweltorientierung, Phase der Umweltsponsoring Unabhängigkeit Underreporting Unique Selling Proposition (USP) Universalmessen Unternehmensanalyse Unternehmensentwicklung Unternehmensidentität Unternehmenskommunikation Unternehmenskultur Unternehmensleitlinien Unternehmensmission Unternehmensorganisation Unternehmensperformance Unternehmensphilosophie Unternehmensstrategie Unternehmensvision Unternehmenswerbung

81 81 153 6, 24 15 16 10 204 24 97 114 206 15 19 26 202 25, 41 26 27 19 72 25, 26 19 19, 27 178

352

Unternehmensziele Unternehmenszweck Unterstützungsprozesse Untersuchungsdesign Unvollkommenheit des Marktes Ursachenanalyse User User-Clubs User-Groups

Sachwortverzeichnis

24 27 30 86 146 103 58 201 287

V Value Pricing 153 Value Proposition 114 Value-Added-Reseller (VAR) 226, 238 Varianzanalyse 105 Veränderungsbedarf 328 Veränderungsbereitschaft 328 Veränderungsfähigkeit 328 Veränderungsmanagement 58, 327 Verantwortung soziale 24 Verbraucherpanel 96 Verbraucherpromotion 200 Verbrauchsgüterpanel 96 Verfahren der bewussten Auswahl 99 Verfahren bivariate 102 multivariate 105 univariate 101 Verhaltensrichtlinien 26 Verhandlungen 61 Verkauf 6, 299 Verkäufermarkt 10 Verkäuferpromotion 200 Verkäuferverhalten 256 Verkaufsförderung 10, 177, 200 Verkaufsförderungsmittel 201 Verkaufsgespräch 262 Verkaufsgitter 256 Verkaufsorientierung, Phase der 10 Verkehrsmittelwerbung 214 Verkehrsträger 243 Vermittlungsprovision 238 Vermögensgegenstand 138 Verpackungstest 88 Versandabteilung 225 Versandhandel 233 Vertiefungsgespräch 261 Vertragsabschluss 61 Vertragshändler 226 Vertrieb 6 direkter 228, 237 einstufiger 228 indirekter 228, 237

mehrstufiger Vertriebsaudit Vertriebsaußendienst Vertriebsinnendienst Vertriebskontakt Vertriebskooperation Vertriebslogistik Vertriebsmanagement Vertriebsniederlassungen Vertriebsorgane Vertriebsorganisation Vertriebspartner Vertriebspartnerschaft Vertriebspipeline Vertriebsqualifikation Vertriebssystem Vertriebstrichter Vertriebswege Videoboards Visual(s) Vollerhebung Vollkommenheitsgrad des Marktes Vollkostenrechnung Volltest Vorlagefragen Vorträge Vortragsfragen

228 258 225 225 259 238, 240 241 225 239 225 223 20 239 257 255 225 257 225, 237 213 182 98 147 148 94 93 201 93

W Wachstum Wachstumsphase Wahrnehmung Wahrnehmungsschema Wallpaper Warenhaus Warenzeichen Web 2.0 Web 2.0-Anwendungen Web 2.0-Applikationen Web 2.0-Entwicklung Web-Designer Weblogs Werbeanzeige Werbeaufwendungen Werbebotschaft Werbebotschaften Werbebriefe Werbeeinnahmen Werbeelemente Werbeerfolgskontrolle Werbefilm Werbeformate Werbeformen Werbekonstanten

24 129 52 185 193 233 138 196 196, 197 203 5, 196 191 196 182 208 179, 183, 186, 188 179 199 208 182 213 211 191 191 181

Sachwortverzeichnis

353

Werbekostenzuschüsse 201 Werbemittel 177, 189 Werbeobjekte 178 Werbepretest 88 Werbeträger 176, 189, 208 Werbevariable 181 Werbewirkung 178, 179 Werbewirkungsprognosen 86 Werbeziele 178 Werbung 177 Werte 25 Wertschöpfungsaktivitäten 30 Wertschöpfungsbeitrag 5 Wertschöpfungskette (Wertkette) 4, 30, 308, 311 Werttreiber 3, 4, 11, 293 Wertvorstellungen allgemeine 25 Wettbewerb 20, 85 Wettbewerbsanalysen 86 Wettbewerbsintensität 78 Wettbewerbskräfte 23 Wettbewerbsorientierung, Phase der 10 Wettbewerbsstrategie 20 Wettbewerbstrategien 158 Wettbewerbsvorteil 20, 30, 31, 114, 119 Wholesaler 226 Wiederholungskauf modifizierter 60 reiner 60 Wiederholungskäufe 123, 275 Wiederholungskaufrate 293 Wikis 196 Wirkungsprognose 103 Wirtschaftlichkeitsanalyse 123, 124 Wirtschaftsabteilungen 70 X X-Shoring

324

Y Yield Management

157

Z Zeitrabatte Zeitreihenanalyse Zeitschriften Zeitungen Zielausmaß Zielbildungsprozess Ziele marktökonomische marktpsychologische Zielerfüllung Zielgruppe Zielinhalt Zielpersonen Zielpersonenkonzept, hierarchischfunktionales Zielpersonenkonzept, kommunikationsorientiertes Zielpyramide Zielsystem Zielverkaufspreis Zufallsauswahl geschichtete mehrstufige reine, uneingeschränkte Zufallsfehler Zufallsprinzip Zufriedenheitsmanagement Zukunftssicherheit Zulieferindustrie Zusatzleistung Zuschlagskalkulation

157 102 209 209 24 15, 24 24 24 24 24 75 24 75, 172 75 75 25, 26 25 149 100 100 101 100 100 100 278 117 20 138 148