Die Konstitution der Zeit im Bewusstsein 9783787328420, 9783787305063

""In besonderem Maße ist uns die Zeit ein Rätsel, das uns bohrende Fragen aufgibt. Lauth vollbringt jedoch das

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German Pages 130 [140] Year 1983

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Die Konstitution der Zeit im Bewusstsein
 9783787328420, 9783787305063

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REINHARD LAUTH Die Konstitution der Zeit im Bewußtsein

SCHRIFTEN ZUR TRANSZENDENTALPHILOSOPHIE Herausgegeben von Gerhard Funke, Klaus Hammacher, Reinhard Lauth BAND2

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

REINHARD LAUTH Die Konstitution der Zeit im Bewußtsein

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN: 978-3-7873-0506-3 ISBN eBook: 978-3-7873-2842-0 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1981. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany.  www.meiner.de

INHALT

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Hauptteil: Die Konstitution der Zeit im Bewußtsein . ..........

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I . Das zeitliche Sein als Bewußtseinsgehalt ............... 1 II. Die konstitutiven Leistungen des Bewußtseins im Konzipieren der Zeit .............. . ....... . . . .... 34 Praktisches Anwendungsbeispiel I: Die Einbettung der Sinnes­ emp findung in Zeit und Raum ..................... . . . .... 61 Praktisches Anwendungsbeispiel //: Durch die Struktur der Zeit bedingte Gesetze des geschichtlichen Seins ................... 86 Anmerkungen zum " Hauptteil " . .......................... 109 Anmerkungen zum " Praktischen Anwendungsbeispiel I" . ..... . . 114 Anmerkungen zum " Praktischen Anwendungsbeispiel II" ....... 118 Sachregister .......................................... 121

VORWORT

Mein Zweck in der folgenden Abhandlung über die Konstitution der Zeit im Bewußtsein ist ein doppelter. Zum einen soll durch sie der tran­ szendentale Charakter der Zeitvorstellung herausgestellt und als der not­ wendige Ausgangspunkt für subjektives und objektives Zeitbewußtsein ausgewiesen werden. Zum anderen wollte ich die Teilgesetzlichkeiten, aus denen sich die Struktur der Zeit ergibt bzw. in denen sie sich kon­ stituiert, durch exakte Einzelbestimmung deutlich machen. Es versteht sich von selb st, daß ich mich dabei an den klassischen Einsichten über das Wesen der Zeit orientiert habe. Was ich mir als ei­ gentümlich glaube zuschreiben zu können , ist der bestimmte Nachweis des Zusammenspiels der reinen Anschauung und des Verstandes im Zu­ sammenkommen der Vorstellung zeitlichen Werdens, wie auch den Auf­ weis des spezifischen Modells der Werdensvorstellung als solcher. Soweit ich sehe , sind in den b isherigen Darlegungen Implikations- und Appo­ sitions- Folgeordnungen, durch die das zeitliche Werden vorstellbar wird, nicht deutlich genug unterschieden worden. Bei den Appositionsvor­ stellungen wurden die statischen von den dynamischen nicht oder nur ungenügend abgehoben. Die vorliegende Arb eit soll durchsichtig machen, daß die Zeit un­ möglich eine objektive Gegebenheit sein kann, die der Geist nur wahr­ nehmend erfaßt, sondern daß sie eine hochkomplexe konstitutive Leistung des Bewußtseins ist. S ieht man dies ein, so kann umgekehrt das Bewußtsein nicht wieder zu einer in einer objektiven Zeit vorkom­ menden ontischen Gegebenheit gemacht werden. Damit wird die Au f­ fassung des zeitlichen Werdens in realistischer Supposition unmöglich. Zum mindesten schiefe Redensarten , wie die, daß die Zeit dauert, und die diesen zugrundeliegenden falschen objektivistischen Konzeptionen müssen exakten , wie die, daß das Ich und die Objekte für dasselbe in der Zeit dauern , weichen. Das Anweundung8beispiel I über die Einbettung der Sinnesempfindung in Raum und Zeit verfolgt einen ähnlichen Zweck. Bis in die Gegenwart

VIII

Vmwort

geh t man unkritsch davon aus, daß es Sinnesorgane in realistischer Sup­ position gibt, daß man von ihnen ein gesichertes Wissen hat und daß sich aus ihrem Funktionieren die Sinnesvorstellungen erklären lassen. Man übersieht dabei den handgreiflichen Zirkel in dieser Konzeption, der sich dadurch ergibt, daß die Gewißheit unserer Vorstellungen von den S innesorganen auf die Sicherheit der Information durch die Em­ p findungen gegründet ist, die nun wiederum aus jenen erklärt werden sollen. Sehen wir aber die Außenwirklichkeit tatsächlich so, wie sie an sich ist? Liegt der Vorstellung eines solchen Ansichseins nicht vielmehr ein Widerspruch zugrunde? Der Nachweis de f Ineinanderspielens der Empfindungsweise unseres Bewußtseins mit raum- und zeitkonstituie­ renden Leistungen erschüttert die ontologische Ansicht. Unsere Sinnes­ daten sind nichts Elementares, ohne weiteres in seinem Sosein Erfaß­ bares, sondern bereits komplizierte Resultate geistiger Synthesis. Das Anwendungsbeispiel II über die durch die Stru ktur der Zeit bedingten Gesetze der Geschichte soll zu der Erkenntnis führen, daß auch die Vorstellung von Geschichte auf der transzendentalen Zeitvor­ stellung basiert und durch sie in einer Reihe von Gesetzlichkeiten mitbestimmt ist. Geschichte ist keine bloße Historie ; sie ist aber auch, von daher gesehen, ganz etwas anderes als bloß der Durchgang des Begriffs ; sie ist durch die dynamische Struktur des zeitlichen Wer­ dens ermöglichte inkarnierende Interiorisation, bei der die Diskur­ sivität nur eine untergeordnete Rolle spielt. J ede spezielle Theorie der Geschichte wird getragen von der grundsätzlichen Konzeption von Geschichte, die nicht in unser Belieben gestellt ist, sondern sich aus Gesetzen der Bewuß tseinskonstitution ergibt. Nur durch häu figen Gedankenaustausch mit den Mathematikern , den Herren Wolfgang und Dieter Schüler wurde es mir möglich, die im fol­ genden dargelegte Zeitkonzeption mit der Bestimm theit auszuarbeiten, die ich ihr zu geben vermochte. Die Konstitution der Sinnenwelt konnte ich mit Herrn Dr. Albert Mues meh rfach erörtern. Ihnen gilt daher an dieser Stelle mein besonderer Dank. München , Ostern 1980

Reinhard Lauth

DIE KONSTITUTION DER ZEIT IM B EWUSSTSEIN

I. Das zeitliche Sein als Bewußtseinsgehalt

Alles geschichtliche Sein ist ein zeitliches Sein, und zwar ein zeitliches Sein im Bewußt-Sein, wie sich in den folgenden Darlegungen ergeben wird. Für das geschichtliche Sein ist die Beziehung auf das Dasein in der Zeit wesentlich, und zwar die Beziehung aus einem Sein in der Gegen­ wart auf andere zeitliche Momente (Vergangenheit, Zukunft ) und de­ ren wirkliche oder mögliche Erfülltheit. Um das geschichtliche Sein zu verstehen, ist es deshalb notwendig, zunächst das zeitliche Sein - we­ nigstens soweit es für das geschichtliche Sein grundlegend ist - in seiner Stru ktur zu erkennen. Das zeitliche Sein ist im Bewußt-Sein durch eine bestimmte Weise ge­ danklicher Synthesis gesetz t, die zunächst von anderen Weisen abge­ grenzt werden muß. In der behauptenden Synthesis des Urteils verbin­ den wir mehrere Setzungen des Geistes zu einer Einheit. Die für den Ver­ stand stringenteste Form dieser Synthesen ist das logische Konsequenz­ verhältnis. Von zwei Setzungen wird die eine als in der anderen beschlos­ sen gesetzt, und zwar in der Weise , daß die eine Setzung die andere not­ wendig in sich einschließ t. So impliziert z. B. die Behauptung notwen­ dig die Voraussetzung, daß es Wahrheit gib t. Hier liegt eine einfache Notwendigkeit vor. Die Behauptung impliziert aber auch, daß sie fakul­ tativ Behauptung eines Faktums oder einer Wertgeltung sein kann. Die­ se Möglichkeiten ihrerseits sind notwendig in dem gedanklichen Gebilde die Behauptung beschlossen. Das Wesentliche der logischen implizieren­ den Synthesis ist das notwendige Beschlossensein der Einen Setzung, nämlich der Weiterbestimmung, in der anderen, der Grundbestimmung_ Unter Setzung wird hier eine Bestimmung im Geiste verstanden, sei es ein Bestimmen oder sei es das durch dieses Bestimmen Bestimmte. Die Bestimmung kann eine vorstellende, wollende oder handelnde sein. In unserem Falle haben wir es zunächst mit Vorstellungen, insbesondere mit der (im engeren Sinne) logischen implizierenden Synthesis zu tun .

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Hauptteil

Auch die fakultativen Bestimmungen sind als Möglichkeiten immer notwendig in der Grundbestimmung beschlossen ; der Unterschied zu den einfachen positiven Konsequenzen liegt nur darin, daß hier nicht nur eine Mehrzahl von Bestimmungen überhaupt (wie dies auch schon bei der Relation der Grund- .zur Weiterbestimmung der Fall ist ) , sondern daß eine Mehrzahl von W!!iterbestimmungen gesetzt ist, die in Einer Grundbestimmung beschlossen gedacht werden müssen . Durch diese Mehrzahl von verstandeslogischen Weiterbestimmungen kommt es über das schon mit der einfachen Konsequenz gegebene Grund-Folge-Ver­ hältnis hinaus im Bereich der logischen Implikation zu den disjunktiven logischen Modalitäten des (Einfach- )Notwendigen, des Möglichen und des Notwendig-Möglichen. Gemeinsam ist diesen Modalitäten der Io­ gisch-implikativen Relation, daß sie Verhältnisse in einer und derselben gedanklichen Setzung sind. Es ist das Eigentümliche der logischen Implikationsmöglichkeiten, daß sie einander im Falle der Realisation aus derselben Setzung aus­ schließen. Dieses grundlegende Gesetz wird durch die verschiedene Art und Weise, wie dieser gegenseitige Ausschluß statthaben kann, nicht aufgehoben. Der Ausschluß kann nämlich ein einfacher und vollständi­ ger sein, wie z. B. im Falle des möglichen Grades, den ein geometrischer Winkel hat, oder er kann ein solcher der Fundierung und insofern ein in einer weiteren Hinsicht unvollständiger sein. Ein Beispiel für diesen letzteren Fall ist die Art und Weise, wie Vorstellen, Wollen und Handeln einander ausschließen. Ein Vorstellen ist auch immer ein Wollen und Handeln, und vice versa. Aber das Vorstellen schließt dennoch das Wol­ len und Handeln inso fern von sich aus, als diese es in seinem Falle zwar mitkonstituieren, aber nur in ermöglichender Funktion , nämlich als Mittel ; während im Falle des eigentlichen Wollens und Handeins das Wollen bzw. Handeln letz tkonstitutiv sind und das Vorstellen ihnen nur dient. Ein geistiges Sein, das ein Vorstellen ist, ist zwar ein solches, in dem zugleich auch gewollt und gehandelt wird, aber gewollt und ge­ handelt nur im Dienste des Vorstellens; und insofern schließt das geisti­ ge Sein als Vorstellen das geistige Sein als Wollen und Handeln aus , in welchen ihrerseits zwar auch immer ein Vorstellen impliziert ist, das aber dort seinerseits nur in Mittelfunktion gesetzt sein kann.

Das zeitliche Sein als Bewuß tseinsgehalt

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Die Folge des gegenseitigen Ausschlusses fakultativer Setzungen au f gleicher Disjunktionsebene ist, daß zwei miteinander unverträgliche fa­ kultative Weiterbestimmungen niemals logisch zugleich, d. i. in einer und derselben implizierenden Setzung eines Wirklichen im Bewußt­ Sein gesetzt sein können. Ich gehe nach diesen Feststellungen nunmehr methodisch so vor, daß ich unser aller ursprüngliches Bewuß tsein von Zeit daraufhin ansehe, ob und wieweit es diesen Bestimmungen entspricht und mittels ihrer zu verstehen ist. Un ter dem ursprünglichen Bewußtsein verstehe ich das reine Substrat der Einbildungskraft, auf das sich die Urteilskraft in ih­ ren Bemühungen um diskursives Verständnis der Zeit letztendlich be­ zieht. Auch in jenem Substrat der Einbildungskraft ist der Gehalt in geistigen Formen verarbeite t ; die Reflexionen der Urteilskraft kommen zu jener primären Verarbeitung (Primärreflexion ) als sekundäre hinzu . Das in sekundärer Re flexion Erstellte muß aber mit den primärreflexi­ ven Formen übereinstimmen, soll es eine wahre Nachkonstruktion und nicht eine andersartige Vorstellung geben. So ist in unserem Falle alles, was wi r mit Hilfe der reflektierenden Urteilskraft über die Zeit aussagen werden, an das ursprüngliche Bewußtsein von Zeit zu halten und an die­ sem zu bewähren. Die im Falle des zeitlichen Seins ursprünglich gegebene Synthesis ist nun aber von der bisher beschriebenen logisch-implizierenden Synthesis wesentlich unterschieden. Um sie gänzlich zu verstehen, gehen wir am besten von zwei Setzungen aus, die sich als Bestimmungen in einer ein­ zigen Setzung in jedem Falle ausschließen würden. Nehmen wir z. B. die beiden Fälle " die Wahrheit sagen wollen " und " nicht die Wahrheit sa­ gen wollen ". Beide Bestimmungen schließen einander in einer und der­ selben Setzung aus. Insofern wir die Wahrheit sagen wollen, wollen wir sie nicht nicht sagen. Ist also das Eine gesetzt, so kann in dieser Setzung das Andere nicht gesetzt sein. Versuchen wir u ns diese beiden Bestim­ mungen als Weiterbestimmungen Einer Grundbestimmung, hier: Eines bestimm ten Ichs, zu denken ( - wohlverstanden : logisch-implizierend zu denken ! -), so folgt, daß dieses Ich, insofern es jenes Bestimmte will, nicht, als dieses Bestimm te nicht wollend in eben derselben Setzung ge­ dacht werden kann. Wollen wir uns dennoch beide Weiterbestimmungen an demselben Ich denken , so kann dies nicht mehr in der Form bloß

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Haup tteil

logisch-implizierender Setzungsverbindungen geschehen ; denn die erste Weiterbestimmung schließt die zweite von der durch sie belegten Grund­ bestimmung schlechthin aus. Beide Weiterb estimmungen könnten wohl zwei verschiedenen Grundbestimmungen, hier: zwei Iehen, zukommen ; doch wären diese Ich dann eben verschieden und nicht numerisch Ein Ich. Wenn wir aber von uns aussagen, daß wir etwas Bestimmtes gewollt und (hernac h ) nicht (mehr) gewollt haben, so reden wir doch von einem und demselben Ich, hier: unserem eigenen individuellen Ich. Wie kann aber die Verbindung dieser Weiterbestimmungen mit einem einzigen Ich vorgestellt werden, wenn sie implikationslogisch nicht gedacht werden kann? Nach der Logik der Implikation wird dasselbe Ich nur als ein Ich gedacht, das auf Grund seines Wesens Verschiedenes wollen kann, d. i. auf Grund der Beschaffenheit, daß es einen Willen hat, die Fakultät hat, dieses oder anderes alternativ zu wollen. Durch diese Wesensbestim­ mung sind zwar dem Wollen des Individuums die Möglichkeiten, dieses bzw. jenes Bestimmte zu wollen oder nicht zu wollen, zugeteilt, ja ihm wesensnotwendig inhärierend, aber eben auch nur als Möglichkeiten, und zwar als alternative , in der Weise , daß die Eine Weiterbestimmung imme r nur als eine die andere (n ) ausschließende gedacht werden kann. Nach der zuvor gemachten und auf Grund der inneren Erfahrung ange­ nommenen Voraussetzung jedoch sollen in unserem individuellen Ich · beide Wallungen wirklich sein . Das ist, wie nunmehr ersichtlich, in einer und derselben implikationslogischen Setzung unmöglich. Wie aber stel­ len wir dann Ein Ich mit zwei solchen sich logisch ausschließenden Be­ stimmungen des Willens vor? Diese Vorstellung, die über das b loß logisch-implizierende Denken hinausliegt, erfolgt in einer eigenen Weise der Synthesis. In dieser wer­ den zwei Bestimmungen, die sich als Weiterb estimmungen auf gleicher Disjunktionsebene an einem und demselben Grundwesen in Einer impli­ kationslogischen Setz ung ausschließen, dennoch als zwei Bestimmungen an ein und derselben Substanz gesetzt. Es muß aber von uns begriffen werden, wie diese b eiden Weiterbestimmungen denn mit der Einen Sub­ stanz, an der sie gedacht werden, verknüpft vorgestellt werden. Eine imp likationslogische Verknüp fungsweise liegt hierbei nicht vor. Zwar sind beide Weiterbestimmungen je for sich durch das implika­ tionslogische Grund-Folge-Verhältnis (fakultativ also) mit der Grundbe-

Das zeitliche Sein als Bewußtseinsgehalt

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stimmung verbunden ; sie werden je einzeln als (wirkliche ) Weiterbestim ­ mungen an Einer Grundsetzung gedacht_ Aber darum geht es nicht. Sie sollen ja - nicht je einzeln , sondern -zusammen und wirklich Weiter­ bestimmungen einer und derselben Grundbestimmung sein ; - und das ist, wird bloß implikationslogisch verfahren, eben unmöglich. Die zwei­ te Weiterbestimmung kann auch nicht als Weiterbestimmung an der er­ sten Weiterbestimmung gedacht werden. " Nicht lügen wollen " z . B. ist keine mögli�he Weiterbestimmung an der Weiterbestimmung ersten Gra­ des " lügen wollen". Die hier gesuchte Synthesis kann deshalb auch nicht auf diese Weise in Einer implikationslogischen Setzung erfolgen. Es fragt sich, wodurch sie dann ermöglicht und geleistet wird. Die Substanz, in der die gedachten Weiterbestimmungen verbunden werden sollen, muß noch durch eine andere Beziehung mit ihnen vereinbar sein, als nur durch die implikationslogische Beziehung. Das Ich muß Eins bleiben können, wenn es diese beiden sich implikationslogisch ausschlie­ ßenden Weiterbestimmungen mit sich und in sich verbin det. Nun ver­ bindet es doch laut unserem Erfahrungsbewußtsein, das sich auf unsere ursprüngliche innere Anschauung bezieht, derartige Weiterbestimmun­ gen in sich. Sonach tre ffen wir hier auf die Fähigkeit des Ich, eine ganz neue Art der Syn thesis zu vollziehen : identisch eins mit sich zu bleiben, während es doch sich widersprechende Weiterbestimmungen zugleich an sich realisiert. Ich nenne diese von der impli kationslogischen Synthesis grundlegend verschiedene Art der Synthesis Apposition und verstehe darunter eine Synthesis, in der verschiedene impli kationslogisch fakultative und dis­ junktive Weiterbestimmungen einander beigeordnet werden. Hierbei werden diese Bestimmungen voneinander ausgeschlossen, jedoch unter­ einander - nicht durch Implikation, sondern in einer noch aufzuwei­ senden Art - verbunden, d. i. als einander implikationslogisch ausschlie­ ß ende Setzungen in e iner Einheit eigener Art bezogen. A ist ; b ist. A ist nicht b; b ist nicht a; b und a stehen in keinem implikationslogischen Konse quenzverhältnisse zueinander. Dennoch sind a und b in Einer Grundbestimmu ng (Subst;mz) vereinigt. a und b sind zwar b eide mögli­ , che implikationslogische Weiterbestimmungen dieser Einen Grundbe­ stimmung. Sie sin d aber auf impli kationslogische Weise nicht in Einer wirklichen Setzung zu vereinigen ; a ist vielmehr in Beziehung auf b, und

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Hauptteil

b ist in Beziehung auf a in Einer wirklichen Setzung trotz ihrer impli ka­ tionslogischen Unvereinbarkeit gesetzt. Die neue Art der Synthesis , mit der wir es hier zu tun haben, sei zu­ nächst völlig ordnungslos vorgestellt. Die einzelnen Setzungen sind dann nur durch den Umstand ihres Miteinanderseins im Bewußt-Sein über­ haupt bestimmt , stehen aber untereinander in keiner weiteren bestimm­ ten Beziehung. Sie ähneln einzelnen Buchstaben in einem ungeordneten Buchstabenbehälter, die wahllos durcheinander liegen können ; sie sind, um im seihen Gleichnis zu bleiben, zwar alle in demselben Behälter vor­ handen, stehen aber untereinander in keiner weiteren Ordnungsbezie­ hung. Ihre Lage darf eine x-b eliebige sein . Ein Bienenschwarm , dessen einzelne Bienen sich so lebhaft bewegen, daß man beim ersten Anblick den Ort keiner einzigen genau bestimmen kann, wäre ein sich annähern­ des sinnliches Bild einer solchen ordnungslosen Apposition. So aber erschein t die Zeit in der ursprünglichen Anschauung nicht. Ein bestimmter Zeitmoment soll ein ganz bestimmtes Verhältnis zu an­ deren Zeitmomenten haben, wie ja auch die Raummomente durch eine bestimmte Ordnung zueinander vorgestellt werden. Die Apposition ist also hier nicht als eine ordnungslose, sondern als eine bestimmte vorge­ stellt. Ich nenne das hinzutretende Verhältnis ein ordinales. Die einzel­ nen in die appositionelle Synthesis der Zeit eingehenden Setzungen wer­ den so gesetzt, daß sie zueinander eine ganz bestimmte Stelle einneh­ men. Das Grundverhältnis, das dieses Ordinalsystem beherrscht, ist das des notwendigen Einheitsbezugs zwischen allen appositionellen Setzungen. Mehrere solche Setzungen können nur gesetzt werden, indem sie von ein und demselb en Subjekt auf Eine objektive Einheit bezogen werden, welche natürlich - n ach dem Grundgesetz der Transzendentalphiloso­ phie - eine vorgestellte Einheit, also eine subjektiv-objektive ist. Denn alles, was im Ich gese tzt wird, muß auf die Einheit des Bewußtseins und dadurch auch aufeinander bezogen werden. Die ordinale appositionelle Einheit besteht aber nicht nur in der Be­ ziehung der in ihr erfolgenden Setzungen auf die subjektiv-objektive Einheit überhaupt. In ihr fin det vielmehr auch eine b estimm te Bezie­ hung der Setzur:tgen untereinander statt. Schon die Einheit des Bewußt­ seins erfordert, daß zwei Setzungen, die in ein und demselben Bewußt-

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sein gesetzt werden , miteinander bewußt sind, folglich aber in einer ob­ jektiven Einheit aufeinander bezogen werden. Appositionelle Setzung 2 ist eine Setzung in dem identischen Bewußtsein, in dem auch apposi­ tionelle Setzung 1 gesetz t ist ; dieses Bewußtsein ist sich also beider Set­ zungen bewußt und bezieht sie in sich aufeinander. Denn miteinander bewußt ist nur, was in dem , worin es gleich, und in dem , worin es ver­ schieden ist, bewußt ist. Setzung 2 ist eine Setzung neben Setzung 1 in ein und demselben Bewußtsein. Beide Setzungen sind, soweit gesehen, - zwar nicht gleichzeitig, aber zugleich im gleichen Bewußtsein ge­ setzt. Sehen wir die zeitlichen Se tzungen auf das spezielle Ordnungsele­ ment hin an, durch das sie in ein ordinales Verhältnis geraten , so ent­ decken wir, daß es dasjenige des Bestimmtseins hinsichtlich ihrer Exi­ stenzrelevanz ist. Während die räumlichen appositionellen Setzungen sich eine Stelle untereinander als miteinander existierende anweisen , schließen die zeitlichen Setzungen einander von der Existenz aus 1• Ge­ genwärtig ist dasjenige, was existent ist. Mit der Existenz dieses Gegen­ wärtigen ist je de andere zeitliche Setzung von der Existenz in dieser Ordnung ausgeschlossen ; - dies aber nicht nur überhaupt, sondern nach einer bestimmten zusätzlichen Ordnung, die es hier zu erkennen gilt. Je­ ne zeitlichen Setzungen, die von der Existenz durch die Existenz einer einzigen unter ihnen ausgeschlossen sind, sind nämlich nicht nur einfach­ hin ausgeschlossen. Wäre es so, dann gäbe es zwischen vergangenen und zukünftigen Setzungen keinen Un terschied, und auch die vergangenen und ebenso die zukünftigen Setzungen untereinander wären in nichts voneinander verschieden. Au f diese Weise konzipiert das Bewußtsein aber die Zeit in seiner ursprünglichen Anschauung nicht. Die verschiede­ nen von der Gegenwart unterschiedenen zeitlichen Setzungen stehen vielmehr in einem ganz bestimmten unverwechselbaren Verhältnis zur Gegenwart und dadurch, wie sich zeigen wird, auch untereinander. Der als gegenwärtig angesetzte Moment (s g ) 2 ist ein solcher, der, durch sein Existent- und Gcgenwärtigsein , an sich eine Inexistenz auf­ hebt (e (-ie ) ) . Er ist ferner ein solcher, der durch sein Existent- und Ge­ genwärtigsein an einer anderen zeitlichen Setzung (s v ) die Existenz auf­ hebt, d. i. diese Setzung inexistent setzt (ee (-e ) ). Da das Existentwerden von sv wechselweise mit dem Existentwerden von s g gesetzt wird, so be-

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Hauptteil

zeichnen wir die Weise, wie sv bezüglich seines Verhältnisses zur Exi­ s tenz gesetzt wird, als " unmittelbar vergangen". Die "unmittelbar ver­ gangene " Setzung wird als eine Setzung gedacht, deren Inexistenz an Stelle einer Existenz zu setzen ist, die mit der Existenz von s g ausge­ tauscht wurde, und darum Exexistenz (ee) ist. Die " gegenwärtige " Set­ zung wird als eine Setzung gedacht, deren Existenz an Stelle einer In­ existenz (ie ) zu setzen ist ; - eine Existenz, die im Austausch mit der Existenz (von sv ) gesetzt wurde. Wir machen damit n och keine Aussage darüber, durch welchen Faktor die Aufhebung der jeweils aus der Stelle einer Setzung verdrängten Existenzweise und das sich wechselseitig be­ dingende Verhältnis bei diesem Austausch bewirkt wird. Jedenfalls wer­ den beide die Existenzweise verändernden Setzungen durch Aufhebung als wechselweise sich bedingend gedacht. (Also ist s g gesetzlich verbun­ den mit s v ; d. h. das Eintreten v on s 1 e (-i e ) ist gesetzlich verknüpft mit dem Eintreten von s 2e e (-e ) und umgekehrt. ) Nur wenn zugleich mit dem Existentwerden der Gegenwart und durch dasselbe das Inexistent­ werden der Vergangenheit (aus Existenz ), u nd mit dem Exexistentwer­ den der Vergangenheit und durch dasselbe als Existentwerden der Ge­ genwart (aus Inexistenz ) gedacht wird, wird das hier obwaltende Ver­ hältnis gedachtl . Die aufgehobene E xistenz an der unmittelbaren Vergangenheit ( (-e ) ) soll nun eben diejenige sein , an Stelle deren die Existenz der Gegenwart steht. D. h. aber, daß die Existenz (e ) von s g mit der negierten Existenz von sv formal identifiziert wird. Welcher Art diese Identitätsform ist, muß nunmehr genauer bestimm t werden. Trotz der formalen Identifi­ zierung dieser Exis tenz wird nämlich doch auch die Existenz jeder Set­ zung, insofern sie gedacht wird, als numerisch verschieden v on der Exi­ s tenz der anderen Setzung gedacht. Die Existenz, die im Exexistenten aufgehoben ist, ist andererseits also wieder nicht i dentisch mit der Exi­ stenz der Gegenwart, die aus einer Inexistenz in die Existenz getreten ist. Wie kann trotz der Verschiedenheit dieser Existenz auf der Einen Seite es doch wieder Eine und dieselb e Existenz sein, die das Gegenwär­ tige erhält, während sie das unmittelbar Vergangene verliert? Wir den­ ken offensichtlich hier die Existenz beziehungsweise Gegenwart zwei­ mal: zum einen als Eine einzige , in allen Fällen, wo sie von verschiede­ nen Zeitmomenten eingenommen wird, mit s ich i dentische Setzung; mit

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der zum anderen eine immer wieder andere üeweils neue ) Existenz bzw. Gegenwart koinzidiert. s ie 111

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se

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see Dies erfordert eine sprachliche Differenzierung. Wir werden deshalb sagen, daß in die Eine und einzige Gegenwärtigkeit ( SE ) immer andere Gegenwarten (se ', S e " , se " ' . . . ) hineinfallen. Dieselbe Gegenwart (SE), die sv innehatte, hat an dessen Stelle s g inne. Diese Gegenwart SE kann aber imme r nur von Einer Setzung (s ) innegehabt sein, weil sie nur eine einzige und als solc he jeweils mit den verschiedenen s zu identifizieren ist ; in dieser Identifikation verdrängt sie notwendig eine andere Setzung aus sich (s (-e ) ). Denn die einzige Gegenwärtigkeit kann nicht unbesetzt sein ; sie kann aber auch nur mit je einer z eitlichen Setzung b esetzt sein. Im Falle jeder neuen Identifizierung verliert jene Eine Gegenwärtigkeit also eine andere. Es2 e verliert sle· Ist ein bestimmter Zeitmoment ge­ genwärtig (sg ), so ist eben deswegen ein anderer Moment aus eben die­ ser Gegenwärtigkeit herausgenommen (s_g , d. i . sv )· Wenn wir von der einstmaligen Gegenwart e in es jetzt Vergangenen sprechen, die doch eine von jeder anderen Gegenwart unterschiedene und unverwechselbare sein soll, so denken wir jene spezifische momentane Koinzidenz des be­ stimmten Zeitmoments (si) mit der Einen Gegenwärtigkeit (SE). Indem wir aber sagen, sv sei e xpräsent, denken wir uns diese Setzung s zum einen zwar als nicht koinzidierend mit der Einen Gegenwärtig­ keit, zum anderen aber doch als koin zidierend mit ihr (also als s g ), wel­ che Identität allerdings durch jene Nichtkoinzidenz aufgehoben sein soll . Wir denken also sv nicht einfach als sv , sondern in zwei aufeinander bezogenen Teilvorstellungen, und in der zweiten als sg . Als sg können wir aber Sv nur denken, wenn wir es als solches als eine Setzung denken, die durch ihre Gegenwärtigkeit einer anderen deren Gegenwärtigkeit benommen hat. Das heiß t aber: zu S v , i nsofern es als aufgehobenes sg­ somit aber selbst als sg gedacht wird, muß notwendig ein anderes S v ge-

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Hauptteil

dacht werden, welches in Bezug auf das neue S2 g• das SI aus einem s g zu S v gemacht hat, als ein s2v angesehen werden muß. Wird die (freilich aufgehobene ) Gegenwart an Sv nicht in Bezug auf eine ineins damit ge­ setzte Vergangenheit (s2v ) gedacht, so wird sie nicht als Gegenwart, dann aber auch nicht als ein Element e iner zeitlichen Appositionsord­ nung gedacht. Penn dann würde sie als eine Setzung gedacht, die nicht alternierend mit einer anderen gesetzt gedacht würde. Denken wir die Setzung von Sv im zweiten Teile der Gesamtvorstel­ lung von ihr als gegenwärtig (also als sg ) , so denken wir dasjenige sg , durch das S v vergangen ist, in Bezug auf dessen s g als nicht gegenwärtig (d. i. als s_g ) ; aber wir denken es nicht als expräsent, sondern als einfach inexistent. Diese Inexistenz an jenem s wird jedoch als i dentisch diesel­ be gedacht, die an sg durch sein Gegenwärtigsein (Koinzidenz mit SE) als aufgehoben gedacht wird (d. i. als S (-ie ) ) · Insofern nun dieses letztere ie einem SI zukommt, das im zweiten Teile seiner Gesamtvorstellung als S e gedacht werden muß , m uß von s2v aus (insofern dieses p artial als s g angesetzt wird) , insofern S ig von sei­ nem Vorstellungsteil S ie her angesehen wird, ein anderes s ie (nämlich S 2ie ) angesetzt werden. Auf diese Weise denken wir uns eine Vorzu­ kunft ( futurum perfectum ) und, falls wir von S3 v aus sehen, wiederum eine Vorzukunft zu dieser Vorzukunft und so jeweils weiter ad infini­ tum. -Durch die Identifizierung des e in ee ( e ) und in e ( ie ) vollziehen wir eine Verschiebung desselben Gegenwärtigseins ( SE ) von einer Setzung (s ee ) auf die andere (s e ) · sv wird als expräsen t an Stelle seines (aufgeho­ b enen ) Präsentseins und damit, in diesem letzteren Vorstellungspart von ihm, als Gegenwart e innehmend gedacht, und zwar als dieselbe Gegen­ wart ( S E ) einnehmend, die ineins mit seiner Expräsenz nunmehr sg ein­ nimmt. Insofern sg als gegenwärtig gedacht wird, wird es seinerseits wechselweise in Beziehung zu einer anderen Expräsenz gedacht. Inso­ fern s g in seinem anderen Vorstellungsteil (nämlich als aufgehobenes S ie ) als nichtgegenwärtig gedacht wird, zugleich aber in seinem ersten . Vorstellungsteil (als sg ) an Stelle einer Inexistenz stehend gedacht wer­ den muß, wird es, falls wir von sg aus die Reihe nach der Seite des bloß Inexistenten hin erweitern dürfen, als nichtgegenwärtig und inexistent an Stelle einer anderen Inexistenz gedacht, d. h. als zukünftig mit einer -

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Vorzukunft (futurum futuri ). Wie aber die (aufgehobene) Gegenwärtig­ keit von S v formal mit der (bestehenden) Gegenwärtigkeit von s g iden­ tifiziert worden ist, so wird nunmehr auch die Inexistenz von s g, inso­ fern Sv (noch ) gegenwärtig gedacht wird, mit der (aufgehobenen) Inexi­ stenz des (gegenwärtiggedachten ) Sv , an deren Stelle es existent ist, identifiziert. Wir haben also im Setzen einer zeitlichen Setzung als gegenwärtig drei Setzungsakte in Bezug au f die anderen zeitlichen Setzungen zu un­ terscheiden. 1. Das Setzen einer bestimmten zeitlichen Setzung als ge­ genwärtig erfolgt ineins mit dem Setzen aller anderen zeitlichen Setzun­ gen als nicht gegenwärtig. Alle anderen zeitlichen Setzungen (und dar­ unter auch eine bestimmte Setzung, die wir sogleich näher ins Auge fas­ sen werden - nämlich S v ) werden von dem Gegenwärtigsein ausgeschlos­ sen. 2 . Das Setzen einer bestimmten Setzung (s g ) als gegenwärtig b e­ nimmt Einer und nur Einer anderen zeitlichen Se tzung das Gegenwär­ tigsein . Über das bloße Ausgeschlossensein hinaus ist diese bestimmte zeitliche Setzung (s v ) als e ine Setzung zu denken, an der das Gegenwär­ tigsein aufgehoben wo rden ist. - Soweit betrachtet könnte aber das Ge­ genwärtigsein, das an Sv aufgehoben ist, ein ganz anderes sein, als das Gegenwärtigsein, das an s g gesetzt wird. Es soll aber dasselbe Gegenwär­ tigsein sein. 3 . Deshalb übernim m t das Setzen einer bestimmten Setzung (s g ) das Gegenwärtigsein von ebenjener Setzung, der es ihr Gegenwärtig­ sein benimmt. Ausschließen, Benehmen und Ob ernehmen zusammen erst machen die eigentümliche Setzungsweise des zeitlichen Gegenwär­ tigsetzens aus. Insofern das Gegenwärtigsein , wenn auch als ein benommenes, an S v gedacht werden muß, muß Sy selber als gegenwärtiges Setzen gedacht werden. (Dieses letztere··Denken ist, wie sich noch zeigen wird, kein Denken in Bezug auf ein Erleben, sondern in Bezug auf ein Erinnern. ) Als gegenwärtiges Setzen aber ist es ein solches, das seinerseits von sei­ ner Gegenwart ausschließt und einer anderen Setzung die Gegenwart benimmt und sie von ihr übernim mt. Sv als s g setzt seinerseits ein s v , welches wir sv 2 nennen wollen, welches nunmehr wiederum seinerseits als eine Setzung mit e iner benommenen Gegenwärtigkeit, also z'nsofern als s g, gedacht werden muß. Es ergib t sich also, daß durch das Beneh-

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men von Gegenwart n otwendigerweise die Iteration dieses Prozesses ge­ dacht wird. Inso fern an je dem S v dessen (aufgehobenes ) Gegenwärtigsein als ein solches gedacht wird, das von einer folgenden Se tzung benommen und übernommen wurde, kann die (Ex )Gegenwart von s g auch so gedach t werden , daß sie von einer anderen Setzung, die wir S z nennen wollen , aufgeh oben wird, in dem sie von ihr übernommen wird. Wird diese, Ge­ genwart übernehmende Setzung S z auf die. Gegenwärti"gkeit hin angese­ hen, die sie übernimmt, so wird sie insofern als . gegenwärtig gedacht ( zweiter Vorstellungspart von ihr! - ), aber insofern auch als eine Set­ zung, deren Vorgegenwart ih rerseits, falls die Reihe fortgeführt wird , von einer anderen, ihrerseits deren Stelle übernehmenden Setzung (s z 2 ) übernommen wird. Die damit eingele itete Iteration entfaltet eine inde­ finite Zukunft. Von der Erfassung des spezifischen (Teii )Charakters der Gegenwart an der vergangeneo Setzung - nämlich : übernommen und benommen worden zu sein - wird, durch Übertragung dieses Charak­ ters auf die Gegenwart der gegenwärtigen Setzung, die Zukunft erzeugt. Es ist aber nicht n o twendig, anzunehmen, daß aller Gegenwart in ihrem Part ie jener Charakter des " Benommen- und übernommenwerdens " zukommen muß, der der Exgegenwart an der Vergangenheit notwendig zukommt. Hier wird vielmehr - von der Auswirkung des Gegenwärtigset­ zens von s g (das notwendig wechselweise mit dem Expräsentsetzen von Sv und mit der Obernahme von dessen Gegenwärtigkeit erfolgt) auf die Gegenwart, die an Sv zu denken ist, -frei geschlossen auf eine entspre­ chende Auswirkung eines (noch ) nicht wirklich geschehenden weiteren Setzens (s z ) auf s g. Da das wechselweise Setzen von s g und Sv aber er­ folgt, weil wirklich gesetzt wird, so hängt das Recht, weitere , zukünfti­ ge Setzungen anzuse tzen, von der Statthaftigkeit der Annahme ab, daß wirklich erneut apponiert wird. Die in definite Zahl der zeitlichen Setzungen entsteht, wie wir gese­ hen haben, dadurch, daß infolge des Benehmens und übernehmens die gleiche Eigenschaft (g), die der gegenwärtigen Setzung (s g ) zugespro­ chen wird, auch der durch sie aus der Gegenwärtigkeit verdrängten Set­ zung in einem Vorstellungspart, nämlich insofern letztere mit der Eigen­ schaft der Gegenwärtigkeit (wenn auch einer aufgehobenen) gedacht werden muß, zugesprochen werden muß. Das Iterieren des Gegenwärtig­

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seins durch die gerade wirkliche Gegenwart muß auch an der au fgehobe­ nen Gegenwart der expräsenten Setzung angesetzt werden. Hierdurch ist ein ständiges Iterieren erzeugt. Die Gegenwart ist als ein terminus medius in Bezug auf Ex existenz und Inexistenz gedacht, der, weil in der Exexistenz und Inexistenz auch Existenz und damit Gegenwart gedacht wird , indefinit fortlaufend auf seine Anlieger und von diesen auf deren Anlieger u.s.w. übertragen wird. Eben infolge dieser notwendigen über­ tragung erzeugen wir die Vorstellung einer indefiniten Anzahl zeitlicher Setzungen. Denn wird die " unmittelbare Vergangenheit" in ihrer Eigen­ schaft, expräsent zu sein , in dieser Hinsicht als Gegenwart gedacht und sie muß o ffensichtlich so gedacht werden, da sie von ihrer aufgeho­ benen Gegenwärtigkeit her gedach t wird -, so erfordert sie ihrerseits eine Vergangenheit zu sich ; diese neue " unmittelbare Vergangenheit " zu S v erfordert ihrerseits wieder eine solche, u.s.w. , u.s .w. Wird mit dem Setzen von sg dessen Inexistenz au fgehoben gedacht, so wird an dersel­ b en Setzung (s ) ie mit e vertauscht - je doch nicht, ohne daß zu diesem nunme hr existenten s ( ie ) ein anderes ie gedacht wird. Wird das Gegenwärtigsein einer bestim mten Setzung (nämlich der Setzung s g ) festgehalten und zum Ausgangspunkt der Entfaltung des Systems der zeitlichen Setzungen gemacht, so erhalten wir infolge der notwendigen Übertragung des medius terminus der Trias s v -s g -S z auf die beiden anderen Termini eine indefinite Zahl zeitlicher Se tzungen . Es schein t aber soweit noch nicht ausgeschlossen, daß eine der so ent­ falteten Setzungen erneu t mit derselben Eigenschaft aufträte. S v 3 z. B. könnte möglic herweise wie der als S z 3 auftreten. Wir erhielten dann eine zyklische, in sich zurücklaufende Zeit. An einer bestimmten Stelle (oder an bestimmten Stellen ) würde die Vergangenheit wieder Gegenwart. Ist dies aber von dem schon genommenen Ansatz her ohne Widerspruch denkbar? Es ist nicht denkbar ! Denn jedes S z kann als solches nur un ter völli­ gem Ausschluß von Exexistenz gedacht werden. An einem " unmi ttelbar zukünftigen " Moment wird z war in dem entfalteten System seine Vor­ zukun ft au fgehoben gedacht, niemals aber eine Gegenwart oder eine Vergangenheit (und in dieser le tzteren eine ehemalige Gegenwart ). Nach dem Gesetz e ihrer Erzeugung kann keine der indefiniten zeitli­ chen Setzungen unseres Systems ihre bestimmte Nachbarschaft aufge =

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ben und e twa em zweitesmal in einer neuen Nachbarschaft auftre ten. Denn dadurch verlöre sie ihr Wesen, könnte also nicht mit sich identisch bleiben. Eine vergangene Setzung, die als eine zukünftige oder gegenwär­ tige auftre ten sollte, verlöre ihre Eigenschaft, derselben Gegenwärtigkeit verlustig zu sein, die in Bezug auf sie eine andere Setzung (nämlich s g ) innehat. Sie müß te also der Gegenwärtigkeit verlus tig und ineins damit nichtverlustig gedacht werden, was einen Widerspruch in sich birgt. Eine zyklische Zeit ist als o eine sich widersprechende Vorstellung; sie kann nicht gedacht werden4 • Durch die nach der angesetzten Regel n otwendige Übertragung des medius terminus der Trias s v-s g -S z au f indefinite weitere Setzungen in­ nerh alb eines von einer ausgezeichneten Setzung (nämlich s g ) her entfal­ te ten Systems erhält jede einzelne Setzung in diesem System ihren be­ stimm ten, einmaligen und unwz"ederholbaren Bezug zu allen anderen Setzungen, in Bezug auf die sie gedacht ist (wie diese ihrerseits in Bezug auf sie gedacht sind). Im Bewußtsein von Gegenwart ist deshalb niemals nur eine isolierte (nämlich die " gegenwärtige " ) Setzung bewußt, son­ dern sind auch die durch sie konstellierten und sie wiederum konstellie­ renden anderen zeitlichen Setzungen bewußt. Andernfalls wäre die als " Gegenwart " apostrophierte Setzung keine zeitliche Setzung5 • Gegen­ wärtigsein ist nur in Wechselbeziehung zu Expräsentsein und (bloßem ) Nichtpräsen tsein denkbar. Im Bewußtsein der Gegenwart sind zugleich alle anderen zeitlichen Setzungen in unverwechselbarer Bestimm theit und im ordinalen Wech­ selb ezug mit der Gegenwart gesetz t. [ Schema I der Bezogenheit aller zeitlichen Momente auf die Gegen­ wart und der Einbezogenheit in dieselb e : )

J ede der zeitlichen Setzungen, außer s � , aus Schema I muß ihrerseits auch als gegenwärtig vorgestellt werden - außerdem , daß sie in ihrem Sein, das an Stelle dieser Gegenwärtigkeit nun ihr Sein ist, als nichtge­ genwärtig vorgestellt werden muß. Jede zukünftige Setzung wird als eine solche gedacht, deren Inexistenz irgendwo in existente Gegenwär-

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tigkei t aufgehoben wird. Sie wird damit dort, wo das geschieht, zum einen als eine inexistente , zum anderen als eine existente Setzung vorge­ stellt 7• In der le tz teren Teilvorstellung wird ihr also Gegenwart zuge­ dacht. Jede vergangene Setzung wird zum einen als exexis tent, eben da­ mit aber zum anderen als e xistent vorgestellt. In der letzteren Teilvor­ stellung wird ihr Gegenwart zugedacht. Insofern wir aber alle diese zeit­ lichen Setzungen in Einer Teilvorstellung als gegenwärtig denken, müs­ sen sie dort als medius terminus der Trias sv -s g - S z gedacht werden. Sie werden damit aber ih rerseits mit einem eigenen, ihnen zugeordneten System von in Bezug auf sie unverwechselbar bestimm ten anderen zeit­ lichen Se tzungen gedacht. Sie haben insofern ihre je eigene unmi ttelba­ re , mittelbare und mittelmittelbare u.s.w. u .s.w. Vergangenheit und Zu­ kunft, - lauter unverwechselbare, in ihrem Charakter einmalige Korre­ late. Da aber die Expräsenz resp. die Impräsenz der anderen zeitlichen Setzungen mit der Gegenwart der gegenwärtigen Setzung ein er s eits iden­ tifiziert werden müssen, ergib t sich eine Beziehung der Systeme mit al­ len ihren unverwechselbaren Elementen aufeinander. Im Bewußtsein ein er bestimm ten Gegenwart sind alle anderen auf dieselb e bez ogenen zeitlichen Setzungen als in sich von einer Seite auch je eigene Gegenwarten mit ihrem spezifischen Beziehungsgeflech t vor­ gestellt und, als solche, auf die ausgezeichnete b ewußte Gegenwart und deren Beziehungssystem b ezogen, angesetzt. [ Schema //der Bezogenheit aller zeitlichen Momente als je eigene Beziehungszentren auf die ausgezeichnete bewußte Gegenwart und der Einbezogenheit in dieselbe: ]

l@

S z l S z 2 -S z 3 . . . . . . . (1.) . . . . . s v 3sv 2 sv (2. ) S v 2 -sv Cs g s z Cs z 2S z 3 -S z 4 (3 . ) s v Cs g s z CS z 2 -s z 3-s z rS z 5 - (4 . ) Sg S z CS z 2 S z 3 S z 4 s z 5S z 6 .

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Schema II wu rde dadurch möglich, daß wir die nicht gegebene Gegen­ wart einer zeitlichen Setzung aus Schema I, an Stelle derer eine Inexi-

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stenz oder eine Exexis tenz vorliegt, gedanklich festhielten und von ihr aus alle anderen ihr korrespondierenden Setzungen entfalteten, die je­ weils dadurch erzeugten Systeme aber auf das durch das Gegenwartser­ lebnis ausgezeichnete System, dessen Träger ist, bezogen. Stellt sich das abstrahierende Bewußtsein indifferent zu diesem ausgezeichneten System der allein e xistentiell gege:qwärtigen Setzung �, so erhalten alle zeitli chen Setzungen aller Systeme wechselweise in Bezug aufein­ ander alle möglichen (je unverwechselbaren) Charaktere. s g in seinem System ist z. B. Sv oder Sz , Sv 2 oder Sz 2 u.s.w. u.s.w. in den anderen Sy­ stemen. Die Zeit erscheint damit als ein System von Systemen, in wel­ chem keines derselb en mehr vor den anderen ausgezeichnet ist. Jede Set­ zung jedes Systems erhält Z':JSätzlich zu dem spezifischen Charakter, den sie in ihrem eigenen System hatte, durch ihre Beziehung auf die Zentren der anderen Systeme noch alle anderen, von diesem ersten spe­ zifischen Charakter verschiedenen Charaktere. Sie kann allerdings da­ bei in keinem der anderen Systeme als das auftreten , was sie in ihrem eigenen System ist ; und sie erhält in Bezug auf jedes andere System je einen einmaligen , in Bezug auf kein anderes System wiederholbaren Charakter. s g im System der 1 . Reihe von Schema 11 wird z. B. nur in Beziehung auf das System der 2 . Reihe Sz l• und nur in Beziehung auf das System der 3 . Reihe Sz 2 u .s.w. u.s.w. Alle Setzungen aller Systeme und alle Systeme untereinander sind al­ so in einmaliger und unverwechselbarer Weise aufeinander bezogen. Das gesamte neu e Schema wurde aber nur dadurch möglich, daß zunächst Setzungen mit einmaliger e rlebter Wirklichkeit ausgezeichnet und dann erst diese Auszeichnung an ihnen aufgehoben wurde. Es ist nicht mög­ lich, sogleich und ohne Vollzug dieser Auszeichnung die Zeit als System gleichberechtigter Systeme zu entwerfen. Im Prozeß des Abstrahierens relativieren wir die Auszeichnung, müssen aber die eindeutige Relation der durc h jeweilige Auszeichnung entfalteten Systeme zueinander fest­ halten. Abstrahierend kann eine indefinite Zahl von Gegenwarten in Einer einzigen Zeit als einem System gleichberechtigter Systeme gedach t wer­ den, deren Relatio nen zueinander innerhalb des sie umfassenden Sy­ stems eindeutig sind.



Das zeitliche Sein als Bewußtseingehalt

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[ Schema J/1 der abstrakt gedachten Zeitlichkeit als System gleich­ berechtigter Systeme mit je eigenen Gegenwarten und deren unver­ tauschbaren Apponenten:]

....... � In jeder e inzelnen zeitlichen Setzung, wenn sie als gegenwärtige Setzung vorgestellt wi rd, wie derholt sich dasselbe Schema 111 eines Universalbe­ zuges mittelbarer und unmittelbarer Setzungen in ihren jeweiligen Sy­ stemen und der Systeme auf die hier vorzugsweise als gegenwärtige an­ gesetzte Setzung. Wird von der vorzugsweisen Auszeichnung zugunsten einer Gleichberechtigung aller Systemsysteme abstrahiert, so bleibt kein ausgezeichnetes System mehr übrig, sondern nur eine universelle Korre­ lation, allerdings von Elementen e inseitig apponierender Systeme. J ede Setzung kann hier alternativ sowohl als primär gegenwärtig als auch als aufgehoben gegenwärtig bzw. durch mögliche Gegenwart aufheben wer­ dend angesehen werden. Die Zeitlich keit des Bewußtsein s ist je doch nicht die reine Vorstel­ lung aller Zeitlichkeit überhaupt. Sie ist unbeschadet des Entwurfs aller angegebenen formalen zeitlichen Setzungen dadurch bestimmt, daß für sie nur Eine zeitliche Setzung wirkliche Gegenwart ist, und sein kann. Das heiß t aber, daß diese Gegenwart nicht nur abstrakt als Gegenwart gedacht, sondern zugleich auch k onkre t gebildet wird. Diese Gebunden­ heit des wirklichen Bewußtseins an eine einzige wirkliche Gegenwart fuhrt erst die Auszeichnung Einer zeitlichen Setzung, als terminus a quo der Entfaltung des Beziehungsgeflechts aller anderen zeitlichen Setzun­ gen auf sie und untereinander, herbei8 • Erst von dieser absoluten Aus­ zeichnung her wird es möglich, durch einen Abstraktionsprozeß rein ge­ danklich diese Ausgezeichnetheit auf alle anderen Setzungen zu über­ tragen. Das abstrakte Vorstellen ist und bleibt an das konkrete gebun­ den. Das Bewußtsein ist n icht frei, an beliebiger Stelle gegenwärtig zu sein oder an mehreren Zeitstellen z ugleich gegenwärtig zu sein. Das Be­ wußtsein kann das Schema 111 des Universalbezugs aller Setzungen in einem System von Systemen bloß von einer k onkre t gebildeten einzigen

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Gegenwart her entfalten. Nur durch einen Abstraktionsakt kann die Gleichberechtigung aller dieser Systeme un tereinander gedacht werden. Die wirkliche Bin dung an eine einzige Setzung innerhalb des gesam ten Setzungskosmos als wirkliche Gegenwart ist allerdings mit der Fähigkeit verknüpft, e ine wirkliche Gegenwart aller anderen Zeitmomente bloß zu imaginieren, die allerdings dann ihrerseits als eine wirkliche Gegenwart gedacht werden muß, die das wirkliche-Gegenwart-Sein aller anderen Zeitmomente durch ihre Wirklichkeit ausschließt. Die sich nach den For­ men der kategorialen Modali tät (nämlich durch disjunktives Gesetztsein in einer Totalität ) ausschließende fakulta tive Gegenwart aller Momente ist also die gedankliche Substruktur einer Realstruktur, in der alle diese fakultativen Gegenwarten wiederum von einer eben durch ihre Wirklich­ keit ausschließenden Gegenwart vom Wirklichsein ausgeschlossen sind. Dem realen gegenwärtigen Anschauen und der ineins mit dieser reali­ sierten Reals truktu r ist jene rein und bloß imaginierte Substruktur und die rein gedankliche Substruktur der Zeit als eines Systems gleichbe­ rechtigter Systeme komplementär zugeordnet9 • Soweit wir die Zeit bisher gebildet haben, steht sie jedoch still. Alle Setzungen haben zwar e ine einseitige Funktion in Bezug auf bestimmte andere Setzungen, aber s ie sind b is hierher noch statisch gedacht. In un­ serem wirklichen Zeitlichsein s tehen wir jedoch nicht, sondern gehen wir (im s tehenden Gegenwärtigsein SE) zu immer neuen Gegenwarten über. Hierbei müssen wir von der einen und einzigen Setzung, die unsere wirk­ liche Gegenwart ist, immer zu jeweils einer einzigen anderen Setzung, nämlich zu derjenigen, die durch Abwerfen ihrer Inexistenz unmittelbar Existenz annimmt , womit ineins der schon existenten Setzung ihre Exi­ stenz genomme n wird, übergehen. Das wirkliche Obergehen ist vom Zeit­ lichsein nicht we gzudenken und erfolgt nach einem bestimmten Gesetz . Wohlverstanden : es wird nicht gesagt, daß es denknotwendig sei, daß wir imme rfort wirklich übergehen ; es wird nur gesagt, daß wir, wenn wir wirklich in der Zeit (im Werden begriffen) sind, fortwährend aus der wirklichen Gegenwart einsinnig in die unmittelbar an ihr existent wer­ dende Setzung (s z ) übergehen müssen. Wir können niemals in der voll­ zogenen Identifizierung von S mit s g bleiben, sondern müssen aus ihr in eine neue Identifizierung weitergehen, können aber nur in die Identifi­ zierung mit S z hineingehen, wenn wir in der Zeit bleiben s ollen.

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Für jedes Bewußtsein ist nur eine einzige zeitliche Setzung vorstell­ bare u n d z ugle ic h wirklich erleb te Gegenwart, aus der es nur einsinnig in jeweils eine einzige, nämlich die unmittelbar an dieser existenzanneh­ mende Setzung, fortgehen kann. [ Schema IV des einsinnigen Fortgangs aus einer einzigen wirkli­ chen Gegenwart in eine einzig an ihr entstehende neue Gegenwart : ] S l-+S2-+S 3-+S 4-+S 5 a-+b-+c-+d-+e Eben durch diese im wirklichen Zeitlichsein erfolgende reale Verlage­ rung in einen durch die wirkliche Gegenwart bestimmten anderen Zeit­ moment wird die Vorzukunft unmittelbare Zukunft und die Vergangen­ heit Vorvergangenheit. Das Ich identifiziert nicht nur immer und immer wieder von neuem, es hält auch die schon vollzogenen wirklichen Iden­ tifizierungen vorstellend fest und bezieht seine neue wirkliche Gegen­ wart auf seine vergangene wirkliche zeitliche Existenz. Es erfaßt sich in b als dasselb e wirklich gegenwärtig, das auch in a wirklich gegenwärtig war und einsinnig und unmittelbar zu b fortgegangen ist. Dasselbe Sche­ ma III, nach dem jede zeitliche Setzung als eine Setzung gedacht wird, die in einem System, und mit diesem in einem System von Systemen, steht, funktioniert dabei ständig in (durch Wirklichkeit ) ausgezeichne­ ter Weise an der jetzt wirklichen Setzung und rein imaginiert an allen anderen zeitlichen Setzungen, unbeschadet dessen , daß nur gewisse Set­ zungen aus diesem Systemkosmos als (in ihrem Gegenwartspart) wirk­ liche bzw. wirklichgewesene Setzungen in einem vor den bloß gedach­ ten ausgezeichneten Verhältnis zueinander s tehen. Das wirkliche Zeitlichsein ist durch die Erfüllung mit e inem materia­ len und - wie im folgenden dargelegt werden wird - uns absolut und unmittelbar angehenden Gehalt ausgezeichnet. Diese Zeiterfüllung kann einen Anfang haben. Sie kann auch intermittieren. Selbstverständlich hat jeder inhaltlich erfüllte Zeitmoment die Charakteristika des bloßen formalen Zeitmoments. Doch gehen vor dem ersten wirklich erleb ten Zeitmoment keine anderen erlebten Zeitmomente voraus ; diesem wer -

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den nur formale Zeitm omente vorhergehend gedacht, weil sonst der er­ ste erlebte Moment nic ht als Gegenwart gedacht werden könnte. Die erlebten Zeitm omente müssen z war auch immer zugleich formale Zeitmomente sein , und sie können mittels Abstraktion als bloß formale Momente rein gedacht werden, nichts aber verbietet, daß z wischen zwei erlebten Zeitmomenten von keinem Erlebnis ausgefüllte bloß formale Zeitmomente gesetzt werden (und nach bestimmten Gesetzen gesetzt werden müssen). So setzen wir z. B. zwischen dem letzten Zeitmoment vor einer Ohnmacht (etwa d) und dem ersten erlebten Zeitmoment, wenn wir wieder zu uns kommen (etwa e ) , nur formale Zeitmomente an. Das bedeutet aber n icht, daß wir die erlebte Zeit in e im originären Einbilden an ein bloß formales (nämlich· das letzte ), e vorangehendes Zeitmoment anknüpfen. Vielmehr beziehen wir originär, unser Werden einbildend, e unmittelbar auf d und fassen es als dessen unmittelbaren Erlebnisnachfolger auf. Wir wahren unsere konkrete Identität, indem wir unser erneutes Dasein an unser vor der Bewußtseinsunterbrechung liegendes Dasein unmittelbar anknüp fen. Erst im sekundärreflexiven Verstehen werden bloß formale Zeitmomente, die wir uns (aus be­ stimmten Gründen ) zwischen das unterbrochene Erleben anzusetzen ge­ nötigt finden, und die erlebten Momente zu einer einzigen Zeitfolge in­ einander gearbeitet. Aus Gründen der transzendentalen Konstitution des Selbstbewußt­ sein knüpft übrigens der allererste bewußte wirkliche Moment (a) im­ mer bereits an einen anderen, in ihm erst bewußtwerdenden, aber ihm zeitlich als vorausliegend angesetzten inhaltlichen Moment (a' ) an. Die­ ser Moment a' ist der erste inhaltlich erfüllte, obwohl n icht in sich, son­ dern erst im zweiten Moment a bewußtwerdende Zeitmoment, den das originäre Einbilden setzt. [ Schema V der e insinnig fortgehenden erlebten Zeit m it Bezug auf die einsinnig fortgehende gedachte bloß formale Zeit :] . . . . . . . s� s� s� s� s� s� s� s� s� s� s� s . . . . . . . (a')� a� b�c�d --+ e . . . . . . . Vor a' muß also keine erfüllte, wirkliche Zeit, wohl aber eine indefinite

Das zeitliche S ein als Bewußtseinsgeh alt

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formale Zeit vorausgedacht werden. a' selbst wird dem ersten wirkli­ chen, erfüllten Zeitmoment vorausgehend gedacht, als ebenfalls erfüllter, aber vor dem ersten bewußten Moment liegender Moment, und zwar als erster erfüllter überhaupt. Wir haben im Vorhergehenden zwar den Übergang als für das Zeitlich­ sein notwe ndig angesetz t, haben aber bislang nur die aus diesem Zeit­ lichsein resultierende Struktur des Setzungssystems appositioneller sta­ tischer Momente erörtert. Wir müssen uns nun dem Obergehen selbst zuwenden, um das Fortgehen als solches in seinem Wesen zu verstehen. Mit dem Obergehen s tehen wir aber vor einem Bewußtseinskonstitu­ tivum, das grundsätzlich anderer Art als die bislang in Betracht gezoge­ nen Setzungselemente ist. Letztere waren s tatisch aufgefaßte Elemente mit einem gewissen Gefüge von Relationen untereinander. Sie waren außerdem wohlunterschiedene Momente, separierte Setzungen. Diese aber erlauben es als solche nicht, ein Übergehen und Werden vorzustel­ len. Wollten wir allein mit den bisher entfalteten Appositionssetzungen operieren, so könnten wir mittels ihrer kein zeitliches Werden und Über­ gehen vorstellen oder erzeugen. Was müssen wir hinzusetzen, um zu einem Zeitfließen zu kommen? Es wird sich zeigen, daß das Fehlende der Verstand allein nicht geben kann, sondern nur die originäre An­ schauung, deren Konstitutivmomente sich freilich auch bestimmen las­ sen. Wir werden auch zeigen können, daß sich das Werden nicht als sol­ ches erfassen läßt, ohne daß wir die schon entfalteten appositionellen separierten und s tatischen Setzungen auf dasselbe beziehen. Wir erfas­ sen das Werden nur von s tatischen, das Werden fixierenden Setzungen aus. Das Werden reps. Übergehen vollzieht sich von S I zu s 2 . Die Apposi­ tion von Setzungen, mit der wir es bisher zu tun hatten, konnte ohne ein solches Obergehen gar nicht konzipiert werden und erfolgen. Es be­ durfte, um sie zu vollziehen, des Obergehens von S I zu s 2 . Denn s 1 und s 2 sollten sich gerade nicht (wie Grundbestimmung und Weiterbestim­ mung in implikationslogischen Setzungen ) in Einer Setzung ansetzen lassen, sondern nur in zwei getrennten Setzungen. Das bedeutete aber, daß aus SI herausgegangen und n eben ihm ein s 2 gesetzt werden mußte. Nur durch dieses Herausgehen aus S I und Fortgehen zu s 2 wurde den

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appositionellen separierten Setzungen ihr sie von den impli kationslogi­ schen Setzungen unterscheidender spezifischer Charakter gegeben. Oh­ ne ein derartiges übergehen wäre also diese s spezifische Wesen nicht konzipierbar. Da das wirkliche Bewußtsein, soweit wir es bis jetzt kon­ zipieren, imme r nur Eine Setzung wirklich als gegenwärtig setzen kann, so sieht es sich gezwungen, aus der Setzung, die es gerade wirklich setzt, in der es aber s 2 n icht mitsetzen kann, zu s 2 herauszugehen, das es s tatt der ersten setz t. Dies erfordert ein übergehen, um realisiert werden zu können. Das wirkliche Bewußtsein muß, um zu apponieren, von einem seine Gegenwärtigkei t SE mit s 1 identifizierenden Status zu einem seine gleichbleibende Gegenwärtigkeit SE mit s 2 i dentifizierenden (und dabei s 1 aus der Identifizierung entlassenden) Status fortgehen. Wir wollen zunächst die separierten statischen Appositionssetzungen abstrahierend außer Betracht lassen, um das reine Wesen des Werdens zu erfassen. Das Werden spielt sich zwischen zwei Setzungsmomenten ab, die wir, weil ihre Elemente (resp. besser: das diesen Analoge ) nicht wohl unterscheidbar sind, vorläufig als Partz"en bezeichnen wollen. Es er­ folgt von der e inen Partie her resp . zu der anderen Partie hin. Das Wer­ den resp . übergehen muß also als von her - zu hz"n gehend bestimmt werden. Nicht, als ob die Partien schon vor dem Werden daseiend ge­ dacht werden müßten ; sie werden vielmehr mit dem Werden zusammen erzeugt. Indem das Werden als ein Partie a Verlassendes, aber doch im Sein Bleibendes und eben deshalb in eine neue Partie (Partie b ) Einge­ hendes aufgefaßt werden muß, erzeugen wir in der Vorstellung des Wer­ dens mit dem Werden zugleich beide Partien und das von her bzw. zu hin der Richtung. Alles Werden ist deshalb gerichte t. Wäre das von her i dentisch m i t dem zu hz"n, so könnte es - per im­ possibile die turn - ein Werden geben, durch das die Identität SE = s 1 gar nicht verlassen würde, ein Werden also, das eine einfache Identität wäre. Eine einfache Identität s tellt aber kein Werden dar. Man kann die einfache Identität, in bzw. zu der das Werden erfolgen soll, auch nicht so auffassen, als wenn bei Identität des Wesens numerische Verschieden­ heit erzeugt und so doch die Identität gewahrt würde. Denn numerische Verschiedenh�it besagt gerade ein übergehen von Ss 1 zu Ss 2 , also ein Werden von s 1 zu s 2 h in. Unsere überlegung macht uns reflexiv bewußt, daß das Werden notwendigerweise zwischen Partien erfolgt und gerich-

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tet ist. Nur dank der Vorstellung der Ric htung konnten wir übrigens früher bei Darlegung der Funktion separierter statischer Appositions· setzungen im Aufbau der Zeitvorstellung das Moment der Einsinnigkeit einführen. Weil wir nämlich im Entfalten von Zeitlichkeit die Elemente der Trias sv -s g -S z wechselseitig durcheinander bestimmt ansetzen mußten, s v aber = S ( - g) ist, darum muß ten wir - um nämlich g in S ( -g) als g zu ver­ stehen - immer wieder von neuem übergehen . Erneu t übergehen heiß t aber, das Werden je und je rein formal wiederholen. Wir vollzogen in die­ sem Erzeugen der statischen Appositionselemente ein sich wie derholen­ des Werden. Nun komm t alles darau f an, dieses Sich wiederh olen zu ver­ stehen. Wir setzen dabei, wie bei aller Iteration, zunächst das Werden als solches, trennen das Wesen des Werdens von seinem Sein und setzen das letztere wiederholt. Eine solche Vervielfältigung des Werdens setzt je­ doch die verschiedenen Werden noch nicht in eine bestimmte Beziehung zueinander. Sie müßten dazu vielmehr erst ordinal apponiert und als Momente einer Einheit gefaßt werden, in der sie auf eine bestimmte Wei­ se miteinander verknüpft sin d. Alles kommt nun darauf an, richtig zu verstehen, wie dieses verbin­ dende Apponieren der verschiedenen Werden durch die originäre reine Anschauung vollzogen wird. Ordinal apponieren selbst heißt, wie wir so­ eben n och bemerkt haben, von einem Moment zu einem anderen über­ gehen. Wir h aben es hier somit mit einem Obergehen (eS ) von übergehen d 1 zu Obergehen d 2 zu tun, d. i. mit einem Obergehen von einem über­ gehen in ein weiteres übergehen. Ein einzelnes Obergehen muß aber schon seinerseits, wie zuvor dargelegt, von einem bestimm ten Setzungs­ moment (Partie a) zu einem anderen (Partie b) erfolgen. Wir wollen die­ se Partien als Setzungen mit s 1 und s 2 resp. - im zweiten Übergehen : " mit s ' und s bezeichnen. Im übergehen zu einem neuen übergehen er­ folgt also ein übergehen (eS ) von d 1 (s 1 zu s 2 ) zu d 2 (s ' zu s " ). Nach dem Gesetz des h ier obwaltenden Apponierens kann jeweils immer nur zu einem Einzigen übergegangen werden, da nur Eine Identifikation voll­ zogen werden kann, Eine aber auch vollzogen werden muß. Es kann al­ so von d 1 nur zu einem einzigen anderen d - eben d 2 - und zu keinem anderen übergegange n werden. d 2 aber ist laut terminologischer Fest­ setzung ein übergehen von s' zu s " . Der Obergang d 2 (von s ' zu s " )

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folgt also und folgt einzig und allein auf den Obergang di (von SI zu s 2 ). Der Obergang d 2 geht von s' aus (zu s " hin ). Der Obergang di ende­ te (von S I herkommend) in s 2 . Werden nun s 2 und s' nicht als identisch angenommen, so müßte nach dem Obergang von S I zu s 2 erst noch von s 2 zu s' übergegangen werden. Der Obergang von s 2 zu s' ( Obergang d i ' ) is t aber nicht identisch mit dem Obergang von s ' zu s " ( d 2 ). Wir müß ten dann aber statt nur Eines übergehens Ei zwischen den beiden Obergehen (d i und d 2 ) hier zwei Obergehen (Ei ', ll " ) zwischen jedem einfachen übergehen, nämlich übergehen lJ ' zwischen d I und d I ' und übergehen ll" zwischen d 1 > und d 2 ansetzen. Der Obergang d I , von s 2 zu s' kann aber nur dann unmittelbar aus d I folgen, wenn das s 2 , von welchem übergegangen wird, identisch mit dem s 2 ist, zu welchem in di übergegangen worden war. Andernfalls müßte zwischen beide Ob ergänge ein neuer Obergang (d+ ) angesetzt und zwischen diesem neuen d+ und den alten di und di zwei neue Übergänge zwischen Obergängen vorgestellt werden. Mit Einem Wort : entwe der wir benötigen unendlich viele Obergänge und kommen infol­ gedessen zu gar keiner Apposition eines bestimmten Werdens an ein an­ deres bestimmtes Werden, oder die Endpartie (s 2 ) eines vorhergehenden Werdens muß mit d er Anfangspartie (s ' ) des neuen Werdens identifiziert werden können. Nur unter Voraussetzung der Identifizierung der bei­ den fraglichen Momente (s 2 und s ') ist also die anschließende Apposi­ tion von Werden an Werden denkbar. Hiermit aber erfolgt eine partielle Identifizierung des Einen Gesetz­ ten (nämlich des Obergangs d i [mit S I u. s 2 ] ) mit dem anderen (näm­ lich des Üb ergangs d 2 [ mit s' und s "] ). Nicht die beiden Werden werden identifiziert, auch nicht die in ihnen herrschenden Relationen (von s 1 zu s 2 mit von s ' zu s "), sondern zwei Setzungspartien werden i dentifi­ ziert (s 2 = s ' ) . Dadurch ist der Eine Obergang in seiner Endpartie schon mit dem anderen Ob ergang in seiner Anfangspartie identisch, obwohl sie insgesamt voneinander verschieden sind. Das besagt : die Obergänge gehen ineinan der über10 ; u nd insofern ist die Apposition hier eine Im­ position. Sieht man nun nicht auf die (zu diesem Zwecke zu fixieren­ den ) Momente, zwischen denen jedes übergehen vorgehend gedacht werden muß, sondern nur auf das sich alterierende übergehen, so erhält man eine Quantität des Werdens ohne Wohlunterschiedenheit seiner =

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Konstitutivmomente 1 1 ; u n d das gerade i s t eine Dimension 1 2 • D a es sich hier um eine indefinite Quantität handelt, können an der Dimension sehr wohl verschiedene Partien unterschieden werden, indem m an näm­ lich Quantitätsgruppen herausgreift und bestimmt. Aber keine dieser Partien läßt sich von der anderen einfach separieren. In der Dimension des Fließens als solchen gib t es keine Grenzen. Wir bekommen immer nur partiell ineinander verfließende Grundmomente, die ich, insofern sie wesensnotwendzg einseitig in das jeweils anschließende Moment über­ gehen müssen, Dynama n ennen werde. Erfolgt keine Identifizierung von s z und s ', so muß zwischen d 1 und dz ein abermaliges übergehen d 1 angenommen, und statt des Einen übergehens li zwischen d 1 und dz müssen zwei übergehen, nämlich li ' und li , angesetzt werden, soll Kontinuität bestehen. Aber auch diese reichen nur dan n aus, wenn die Setzungspartie am Ende des jeweils vor­ hergehenden übergehens d mit der Setzungspartie am Anfang des neu ­ en übergehens d ' identifiziert wird. D a ein unendliches übergehen li gleich gar keinem üb ergehen sein würde, weil man auf diese Weise nie­ mals von sz zu s' käme, so kann das Iterieren des Ubergehens, als ein übergehen zwischen übergehen, nur erfolgen, wenn es zwischen den einzelnen übergehen (d, d ', d " . . . ) eine partielle Identz"tät gib t. Nun ge­ hen wir laut ursprünglicher Anschauung tatsächlich in der Zeit über ; folglic h muß ein e s olche partielle Identität angesetzt werden. Nur durch das Bestehen dieser Identität kommt es nicht zwischen zwei bestimm­ ten übergehen zu einem unendlichen übergehen (das wäre zu einem völligen Zerfallen ) . Somit ist aber die Vorstellung eines iterierenden übergehens an die Vorstellung der partiellen Identität der einzelnen übergehen mit ihren anschließenden Nachbarn gebunden. Könnte das W erden ohne A nschluß iterierend vorgestellt werden , so würde eine gänzlic h amorphe, ordnungslose Quantität (ein Aggregat) der Momente des Werdens vorgestellt (per impossibile dictum ). Da eine solche Vor­ stellung nicht realisierbar ist, kann es ein Vorstellen von ungeordnetem und diskontinuierlichem Werden (ohne ineinan derschließende partielle Identität der e inzelnen Dynama) nicht geben. Um das sich wiederholen­ de üb ergehen als Ein Ganzes vorzustellen, ist demnach ein Minimum von Identifizierung der Setzungspartien der Dynama notwendig. Der Übergang ist, wie wir schon dargelegt haben, nur von her - zu •

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hin vorstellbar. Dasjenige, von dem der Ob ergang herkommt bzw. wozu er hingeht, muß dabei nicht notwendig als separierte Setzung gedacht werden ; es kann auch selbst ein (anderes ) übergehen ( Dynamon ) sein. Um dies aufzufassen, müßte allerdings jene Partie des Dynamons, von dem das fragliche üb ergehen herkommt , erst als solche bestimmt, d. i. festgestellt (fixiert) werden. Mit dem Ausdruck Partie bezeichne ich eine Teilquantität ohne Woh/unterschiedenheit von einer anderen Quan­ tität. Im übergehen als solchen erfolgt kein Festhalten ; da ist vielmehr nur dessen Gegenteil, ein Verlassen und Erreichen. Im Verlassen wird das Verlassene eben wirklich verlassen. Im bloßen übergehen werden also keine Partien der Gesamtquantität des Werdens bestz"mmt (festgestellt ) . (Auf der anderen Seite der statischen separierten Appositionssetzungen steht dem gegenüber, daß letztere zwar wohlbestimmt sind, aber kein Werden realisieren. ) Durch welche Handlung des Bewußtseins wird nun ermöglicht, daß es nicht einfachhin anschauend mit dem Werden (ohne jedes Festhal­ ten) abfließt, sondern das Werden als von her - z u hin konzipieren kann? Halten wir zunächst fest, daß jedes übergehen, infolge des Ge­ setzes der p artiellen Identität, in einem Minimum schon das ihm folgen­ de übergehen is t, und insofern mit ihm identisch ist, Wir haben erkannt, daß diese Identität nicht als ein erneutes üb ergehen (d l ) bzw. dessen Resultat aufgefaß t werden kann, weil wir sonst ein unendliches überge­ hen zwischen zwei übergehen (ein 8 indefinitum zwischen jedem d und nachfolgensollendem d') ansetzen müßten, folglich aber das übergehen von d 1 zu d 2 gar nicht vorstellen könnten. J ede Identifizierung ist ein reflexiver Akt. Zwei in Einer Hinsicht verschiedene Setzungen, die als solche aufgefaßt werden, sollen in an­ derer Hinsicht identisch sein. Als verschieden können wir Setzungen nur dann auffassen, wenn wir sie beide bewußt haben. Appositionelle Setzungen können aber als verschiedene nur als (logisch ) außereinander liegend erfaßt werden, und nicht als einander implizierend, wie logische Setzungen. Soll also Setzung a auf Setzung b bezogen werden, so muß ich, wenn ich mit meinem Bewußtsein in einem bestimmten Zeitmoment lebe und in diesem b vorstelle , a zugleich vorstellend gegenwärtig haben, d. i. ich muß mich in b auf a zurückbeziehen. Das in der Anschauung er•

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folgende übergehen i s t aber nur ein stetes Verlassen von etwas bzw. Hingehen zu e twas, niemals ein Stehen in etwas oder gar ein Beziehen von zwei festgestellten Etwas aufeinander. Ohne ein solches Beziehen Festgestellter aufeinander aber wird das Werden nicht als Werden auf. gefaßt, ist es also nicht. Das Werden von Dynamon b soll mit dem Werden von Dynamon a partiell identisch sein. Um das vorzustellen, muß Dynamon b rückbezo­ gen auf Dynamon a vorgestellt werden. Ein derartiger Rückbezug ist aber nicht im Werden als solchem vollziehbar, sondern nur in einem , ­ nicht im Werden das Gelebte stets verlassenden, sondern es selbst bleibenden (besser noch: seienden ) Setzen. Wir müssen somit, um die partielle Identi tät der Dynama überhaupt vorzustellen, diese aufeinan­ der beziehen und zu diesem Zwecke die Dynama selbst in ihren identi­ schen Teilpartien aus dem in Anschauen erfolgenden Werden heraushe­ ben. Das können wir, weil ein Teil unseres Vorstellens, nämlich das freie Vorstellen, dem Zwang des übergehens enthoben ist, so daß in ihm Meh­ reres zugleich au fgefaßt werden kann. In dem zugleich Aufgefaß ten müs­ sen wir das übergehen 8 in einer Weise vorstellen, durch die wir nicht einfach das, wovon wir herkommen, verlassen, sondern es behalten und au f Grund eines solchen Behaltens es festsetzen und die Relation zwi­ schen den Dynama vors tellen können 1 3 • Dazu ist nicht nur nötig, d aß wir die Relata festhalten können, son­ dern auch das übergehen vorzustellen vermögen, ohne doch selbst im vorgestellten Vollzug dieses übergehens zu einem anderen übergehen dergestalt überzugehen, daß darin das erste übergehen verschwunden wäre . Um dies zu leisten, heben wir das übergehen aus der wirklichen, an das Abfließ en gebundenen Anschauung heraus in ein dem nichts fest­ haltenden Fließen nicht ausgesetztes Setzen. Der Zwang des Verlassens wird benommen, heiß t: das übergehen wird als übergehen in seinen Partien frei vorgestell t, auf diese Weise zugleich faßbar und feststellbar. Die gedankliche Feststellung ist nicht mit einem Separieren d er Partien zu verwechseln. Durc h die hier aufgewiesene gedankliche Fixierung wird das übergehen (mit seinen Teilquantitäten) nicht etwa in eine Menge separz"e rter appositioneller Elemente verwandelt. Im gedankli­ chen Feststellen heben wir nur den Zwang des bloßen Identitätswech­ selns (mit Verlust der verlassenen Identität ) auf; wir sin d bei den ver-

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schierlenen Identitäten zugleich ; wir sind 1m feststellenden Vorstellen die Gesamtheit des ins Auge gefaßten Werdens frei vorstellend zugleich . In diesem zugleich aufgefaßten Gesamtwerden können wir sodann Dy­ namon au f Dynamon beziehen. In diesem Beziehen gehen wir, abgelöst vorstellend, beziehend von Dynamon d 1 zu Dynamon d 2 und umgekehrt. Dieses gedanklich bezie­ hende Obergehen ist aber nicht mit dem anschaulichen (gebundenen oder freien ) übergehen zu verwechseln . Es ist kein Ineinanderübergehen , sondern ein gedankliche Relationen erstellendes denkendes Übergehen. Indem wir aber denkend beziehend übergehen, können wir die Dyna­ ma vers tehend ineins erfassen und so eine Relation zwischen ihnen als Relata konzipieren. J etzt erst sind wir nicht nur. (wie im reinen Anschau­ en, wenn ein solches separiert mögKch wäre ) in zwei aneinander an­ schließenden Werden partiell identisch, sondern wir s tellen auch eine solche Partialiden tität vor. (Da aber transzendental angesehen kein Sein ohne Vorstellung ist, so war jenes Sein ohne Vorstellen für sich; nichts weiter als eine Vorstellung per impossibile. Das anschauende gebundene einseitige Ineinanderübergehen ist nur unselbständiges Moment eines komplexeren geis tigen Aktes. ) Wir identifizieren nunmehr die abgelöst vorgestellten Setzungen s 2 und s' in den ineinander übergehenden Dy­ nama dJ und d2 und können so eine Einheit des Werdens konzipieren. Wir erh alten dadurch eine feste Ordnung des Werdens (ein fixiertes Fließen ) und in dieser indefinite ineinander übergehende Teil-Werden mi t indefiniten Teilidentitäten. J etzt erst kann auch ein von her - zu hin vorgestellt werden, weil erst nunmehr andere Partien zugleich ge­ dacht werden können und dadurch aufeinander beziehbar sind. · Aber die Identitäten, mit denen wir es soweit zu tun haben, sind Identitäten des Werdens, und auch in dem abgelösten Vorstellungsbild entgleiten diese ununterbrochen dem Anschauen in neue Teilidentitä­ ten. Zwar kann das Anschauen zu ihnen zurückkehren, aber nicht wie zu statischen Setzungen, sondern immer n ur als zu dynamischen. Wol­ len wir bestimmte Werden und deren Partien als solche vors tellen (und nicht nur als rein-logische Identitäen denken ), so bedarf es dazu e iner weiteren Operation des Geistes. Wir wollen uns n och e inmal genau vorstellen, was wir denn bis hier­ her erstell t haben. Wir haben jetzt zwar ein indefinites Gesamt der Quan-

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tität des Werdens, aber dieses Gesamt ist eine solche Einheit, in der alles, was darin befaßt is t, wesensgemäß ineinander (und zwar: je in ein ande­ res aus diesem Gesam t ) entgleitet. Soll das, was hier zugleich vorgestellt wird, nicht nur rein-logisch beziehbar und b ezogen, sondern auch halt­ bar vorstellbar und auf diese Weise vorgestellt werden, so muß das stets der identifizierenden Vorstellung entgleitende Fließen bestimmend an­ gehalten werden. Dies wird n un möglich durch eine Opera tion der Einbildungskraft, in welcher sz'e die gedanklz'ch entworfenen separierten statischen Apposi­ tionsse tzungen, die wir frii h er entwickelt haben, auf dz'e dynamischen Appositio nssetzungen der Anschauung bezz'e ht. Beide Appositionsord­ nungen haben das miteinander gemeinsam, daß sie einsinnige Nachfolge­ ordnungen einer indefiniten Quantität sind. In beiden Ordnungen er­ folgt eine Beziehung aller Elemente aufeinander in der Weise, wie wir sie zuvor auseinandergesetz t haben, obwohl es sich in der Einen Ord­ nung immer nur um Werden , in der anderen nur um in sich stehende Elemente handelt. In beiden Ordnungen haben wir alle Teilsetzungen an unverwechselbarer Stelle. Wäre keinerlei Identität zwischen Dynamon und Dynamon, so erhiel­ ten wir keine Gesamtquantität Eines Werdens. Wir hätten nur - per im­ p ossibile gesprochen - eine indefinite Quantität un tereinander unver­ bundenen und ordinal n icht beziehbaren Werdens. Wäre völlige Identi­ tät, so müßte d 1 = d 2 sein und also s' nicht nur = s 2 , sondern auch s' = s 1 o folglich s 1 = s 2 . Das aber bedeutete, daß gar kein Werden statthätte , sondern daß das Sein in sich widerspruchlieh vorzustellen wäre. Dies kann man zwar zu denken versuchen, aber nicht denkend vollziehen. Im Werden aber ist jede Teilquantität mit einer anderen teilweise identisch, und auch die geringste Quantität Werden muß ein Minimum von Identi­ tät mit je einer anderen aufweisen, durch das allein so etwas wie Über­ gang gedacht und folglich eine Quantität Werden überhaupt vorgestellt werden kann. Dieses Minimum an Identität aber z's t Identität, obwohl wir sie im Werden allein nicht wohl unterscheiden können, und dank dieser Iden­ tität im Werden kann es in seinen Teilquantitäten auf die Identitäten der separierten s tatischen Setzungsordnung ( und jene auf diese ) eindeu­ tig bezogen werden, ohne den Charakter des Werdens zu verlieren. Mit-

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tels dieser Beziehung der Ordnung separierter appositioneller Setzungen auf die Ordnung der Dynama des Werdens wird die Einheit im Werden nicht nur als in den Teilpartien entgleitend (als Fließen ), sondern als in diesen statisch fixierbar und faßbar (als Fluß ) vorstellbar. Im wirklichen Werden besteht für das Bewußtsein der Zwang des ein­ sinnigen Obergehens. Da benimmt ein existentes Dynamon durch Aus­ schluß Einem anderen die Existenz und durch Obernahme derselben von le tzterem diese auch allen anderen. Dasfreie Vorstellen des Werdens ist zwar diesem Zwange enthoben, bleibt aber immer noch das Vorstel­ len eines unaufhaltsamen einsinnzgen Ob ergehens ; auch es geht stets von d 1 zu d 2 u .s .w. fort und nicht etwa in umgekehrter Richtung. Durch die Beziehung der Separata auf die Dynama erst werden letztere und ihre Partien bestimmt vorstellbar. Allerdings bleibt auch in dieser Fest­ stellung das einsinnige Anliegerverhältnis bestehen. Die festgestellten Momente des Flusses werden als Momente am und im einsinnigen Flie­ ßen aufgefaßt. Durch die rein gedankliche Beziehung der Relata aufein­ ander wird zwar logzsch wechselweise übergegangen, aber dieses logisch­ beziehende Obergehen ist etwas anderes als das gebunden oder frei an­ schauend vorgestellte Ob ergehen im Bereich der Dynama. Könnten wir nun aber die R ichtung des angeschauten Obergehens in dem Sinne um­ kehren, daß die Grundpartien auch in anderer Folge vorgestellt werden könnten, dann könnte sich das Vorstellen von der Gebundenheit an die Einsinnigkeit befreien. Es kann an dieser Stelle noch dahingestellt bleiben, wodurch es uns möglich ist, eine solche Umwendung zu vollziehen. Genug, unser Be­ wußtsein offenbart, daß wir es v ermögen. Damit aber verändert sich un­ ser freies Vorstellen des Obergehens in ganz bestimmter Weise. Das Obergehen funktioniert jetzt sowohl von -s 2 zu s ' - als auch von -s 'zu s 2 - (und entsprechend sowohl von d 1 zu d 2 als auch von d 2 zu d l ). Dabei bleiben aber die Teilidentitäten dieselben, nämlich s' = s 2 , s " = s+ u.s.f. Das in entgegengesetz ter Richtung verlaufend vorgestellte Werden, rein für sich vorgestellt, unterscheidet sich als Werden formal in Nichts von dem ihm entgegengesetzten Werden. Erst wenn wir beide Weisen des Werdens aufeinander b eziehen, erhalten wir die Vorstellung von zwei verschiedenen, entgegengesetz t einsinnigen, Werden, und mit dieser Vor-

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stellung die Vorstellung von einer spezifischen Richtung und gegenläu­ figer Gerichtetheit. Heben wir nun noch den Zwang auf, daß nur eine einzige Teilidentität als existierend vorgestellt werden kann, so verlieren wir zwar die Zeit, stellen aber ein übergehen vor, in dem alle Momente zugleich existieren und zugleich und nach beiden Richtungen übergehen. Das zeitliche Werden wurde gezwungenermaß en einsinnig übergehend vorgestellt. Im freien Vorstellen des Werdens wurde die Zwangsläufig­ keit des einsinnigen übergehens in einer R ich tung (d. i. nur Einer Folge der Partien ) aufgehoben. Indem wir in einem weiteren Akt des freien Vorstellens auch den Zwang des Existenzauswechselns aufheben, indem wir alle Momente des Flusses als zugleich existierend vorstellen, bekom­ men wir ein nach beiden Richtungen freies übergehen. Das freie Vor­ stellen kann nunmehr allen Momenten dieses Gesamtübergehens , die ich im Unterschiede von den Dynama nunmehr Erstreckungsmomente nen­ nen will, zugleich Exis tenz zuteilen. Die Vorstellung, die damit erzeugt wird, ist die Vors tellung der räumlichen Dimension. Faßbar wird auch diese räumliche Erstreckung nur durch die Beziehung separierter Ele­ mente einer appositionellen statischen Ordnung auf die Momente der Erstreckungsordnung: Wir setzen Punkte auf die räumliche Erstreckung. Die Beziehung der Separate auf die Dynama resp . die Erstreckungs­ momente macht die letz teren wohl feststellbar, benimmt ihnen aber mit dieser Identifizierung den Charakter des übergehens. Wir erhalten auf diese Weise zwar wohlunterschiedene Elemente, aber damit zugleich auch Grundgegebenheiten, die keine Momente des Werdens resp . der reinen Erstreckung mehr sind. Dem statisch fixierten Teil des Moments wird der andere , zu ihm gehörige Teil (s l wird s 2 ) benommen. Wir be­ halten die bestimmte Ordnung und die Teilidentitäten bei, wir verlieren das übergehen.

Fassen wir nunmehr das Ergebnis unserer Untersuchung über das über­ gehen zusammen, so können wir zunächst formulieren: Zeitliches Sein besteht im Anschauen eines ständigen einsinnigen Ubergehens, in dem die Teilpartien des je einzelnen Werdens tez"lwei'se identz"s ch sz"nd mz"t denjenz'gen der Werden, von denen sz"e her bzw. zu denen sie hingehen.

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[ Schema VI der Ordnung des einsinnigen übergehens von Existenz in Existenz : ]

Dieses einsinnige Ob ergehen wird faßbar durch Loslösung des Vorstel­ lens vom Zwang des Abfließenmüssens in nur eine einzige Folge je neuer Werdensexis tenz und durch Feststellung des Fließens mittels Identifika­ tion der Partien des Ob ergehens mit Elementen der in den Schema ten I-I V dargestellten separierten statischen Setzungsordnung, wodurch zu­ gleich eine gedankliche Beziehung der Teile aufeinander möglich wird. [ Schema VII der Synthesis der dynamischen Appositionsordnung des übergehens mit der statischen Ordnung separierter Elemente : ] Sv 3 S v 2 S v l s g S z l S z 2 S z 3 . . . . . . . . dl d3 d5 d7 . . . . . . . ·

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Auch für das zeitliche Werden gilt, daß nur ein einziges Übergehen ein vorstellbares und zugleich wirklich erlebtes übergehen sein kann, aus dem nur einsinnig in jeweils ein einziges neues übergehen übergegangen werden kann, nämlich in das unmittelbar aus und an dem vorhergehen­ den Existenz annehmenden Übergehen. Durch dieses Gesetz ist ausge­ schlossen , · daß etwa aus Einem bestimmten Moment des übergehens zu­ gleich in zwei verschiedene Richtungen (und zu zwei verschiedenen neu­ en übergehen ) übergegangen werden könnte . Erfolgte von d 1 aus ein Übergang zugleich zu d 2 und d 0 , so müßten d 2 und d 0 identisch sein. Soll dies bedeuten, daß nur zu Einem neuen Obergang übergegangen würde, der nur irreführend mit zwei Bezeichnungen (d 2 , d 0 ) aufgeführt würde, so liegt freilich kein Widerspruch, aber auch keine neue Vorstel­ lung vor. Sin d d 2 und d 0 nämlich verschieden, so müßte das Bewußt­ sein im zweiten Momente zugleich in zwei verschiedenen Momenten

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wirklich gegenwärtig sein, was sich aufbeb t. Auch wäre das vergangene Obergehen dann das zukünftige, und das zukünftige das vergangene. Für diese Obergehen gilt jedoch dasselbe Gesetz wie für die früher bestimm­ ten Separata der Zeitordnung: das zukünftige ist bloß inexistent, das vergangene ist inexistent und exexistent. Wäre dieses Gesetz aufgeho­ ben, so würde kein zeitliches Werden mehr vorgestellt. Auch kann an ein wirkliches Obergehen nur ein einziges anderes wirk­ liches Obergehen anschließen, weil nur ein einziges Obergehen die wirk­ liche Existenzstelle einnehmen kann, eines sie allerdings auch immer einnehmen muß. Es kann aus diesem Grunde kein Oberspringen von Dy­ nama stattfinden ; denn die wirklichen Dynama sind nicht vor ihrem Ge­ setztwerden da, sondern erst infolge desselben. Das Werden kann im Werden nur kontinuierlich vorgestellt werden. Auf Grund des Gesagten müssen mehrere Zeitkonzeptionen schon hier als widerspruchsfrei nicht denkbar ausgeschlossen werden : 1 . Es kann keine zyklische Zeit gedacht werden. Denn in einer solchen "Zeit " hätten die Vorstellungen von Gegenwart, Zukunft und Ver- . gangenheit keine Bedeutung mehr ; ohne diese Teilbegriffe aber ist Zeit nicht denkbar. 2 . Es kann keine in die Vergangenheit laufende Zeit vorgestellt werden. Denn in einer solchen "Zeit " müßten ebenso wie in der zyklischen jene Teilvorstellungen ihre Bedeutung verlieren. Ein zukünftiger Mo­ ment wäre zugleich ein vergangener und vice versa ; die Gegenwart wäre zugleich etwas Exexistenzfreies als auch etwas Exexistentes. Kurzum, die Teilvorstellungen, mittels deren wir die Zeit konzipieren sollten, wären undenkbar, da in sich einen Widerspruch bergend. 3 . Es kann keine diskontinuierliche Zeit vorgestellt werden. Denn eine solche "Zeit" wäre eine Gesamtheit von Dynama, zwischen denen kein Zusammenhang des Obergehens in Obergehen hergestellt wäre. Das Obergehen in Obergehen ist aber für die Zeitvorstellung schlecht­ hin konstitutiv. Wir müssen dort, wo für unser Wirklichkeitserleben Leerstellen auftreten, also Eine erfüllte Gegenwart nicht in eine an­ dere übergeht, ein leeres Obergehen zwischen Obergehen ansetzen. Nur auf diese Weise kann ein zusammenhängendes Gesamt der in Obergehen übergehenden übergehenden, und das ist ein Gesamtwer­ den, vorgestellt werden.

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II. Die konstitutiven Leistungen des Bewußtseins im Konzipieren der Zeit

Wir wollen nach der im ersten Kapitel erfolgten Erstellung der objekti­ ven Zeitvorstellung nunmehr in einem zweiten Ansatz die Leistungen des die Zeit konzipierenden Bewußtseins zu reflexiver Deutlichkeit bringen. Wir gehen aus diesem Grunde die bereits erstellten Faktoren der Zeitvorstellung noch einmal durch, beginnen aber diesesmal mit dem Werden, um von den elementarsten Vorstellungsmomenten zu den komplizierteren heraufzusteigen. Nehmen wir zunächst an, etwas solle als im (quantitierten) Werden . befindlich gedacht werden. Die Voraussetzungen dafür sind, dem ge­ wöhnlichen Bewußtsein nach, daß es eine Zeitlang, aber selbst immer nur an jewez1s Einer Stelle in der Zeit exis tiert, und daß es ständig ein­ sinnig übergeh t. Daß diese Voraussetzungen notwendig sind, erkennt man an folgen­ dem : Versuchen wir, uns etwas vorzustellen, das nur einmal, einen Mo­ ment lang, an einer einzigen Zeitstelle existierte, so können wir es uns nicht in der Zeit vorstellen. Man darf dabei allerdings nicht stillschwei­ gend zuvor die Vorstellung von einem Anderen, das seinerseits eine ge­ wi sse Zeitlang existiert, an die Vorstellung dessen, das nur in einem ein­ zigen Moment exis tieren soll, herantragen; sonst könnte allerdings das, was nur einen Moment lang existiert, in die Zeitordnung dessen, was eine Zeitlang existiert, eingeordnet werden. Es muß hier also ausschlie­ ßend nur Eines gedacht werden, das nur Einen einzigen Moment lang existiert. Anders ausgedrückt: A sei nur ein einziges Mal, Einen einzi­ gen Moment lang, gesetzt. Es ist klar, daß eine solche singuläre Setzung s auf keinerlei andere Setzungen (s, s, s . . . ) b ezogen werden könnte. Zeit aber kann nur aus der Relation mehrerer appositioneller Setzungen zu­ einander vorgestellt werden. Wir müssen also, um etwas als in der Zeit werdend vorzustellen, es zwangsläufig als über mehrere Setzungen hin existierend vorstellen. Das setzt jedoch voraus, daß wir ein über diesen zeitlichen Setzungen mit sich Identisches ansetzen: A, als mit sich identisch, soll in mehreren Teilsetzungen (s � o s 2 , s 3 . . . ) existieren. Zunächst ist zu bemerken, daß alle diese Teilsetzungen als Formen

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dieses A implikationslogisch möglich sein müssen. A muß in der Form S b in der Form s2 , in der Form s 3 , u.s.f., logisch angesehen, möglich sein ; es muß also diese Setzungsweisen der Möglz"chkeit nach in sich not­ wendig beschließen. Andererseits ergibt diese bloße logische Implika­ tion noch nichts .für das jeweilige Exis tieren. Der Bestimmungsgrund, daß diese oder jene Form existent und ausschließend existent ist, muß in etwas anderem als in der logischen Beschlossenheit ihrer Möglichkeit gesucht werden. Lassen wir es vorerst noch dahingestellt, infolge welchen Bestim­ mungsgrundes A jeweils die Existenz von Sb s2, s 3 u.s.f. annimmt. Soll A werden , so muß es als von der Bestimmung s 1 zu der Bestimmung s 2 übergehend, also in der Form db vorgestellt werden. Wäre s 2 von s 1 weder qualitativ noch quantitativ verschieden, so wäre es mit ihm iden­ tisch (es lägen dann nur zwei Bezez"c hnungen für dasselbe vor). Das nur Identische aber wird nicht. s 1 und s2 müssen also in etwas verschieden sein, soll ein Werden vorgestellt werden können. Zwei Weiterbestimmungen verschiedener Art könnten an A gedacht werden, ohne daß ihre Existenz sie gegenseitig ausschlösse. Eine Orgel z. B. kann zugleich laut und harmonisch tönen. Bestimmungen schlie­ ßen einander jedoch dann aus, wenn sie zu der gleichen Totalität gehö­ ren, also auf derselben Disjunktionsebene liegen. Derselbe Ton kann nicht zugleich laut und leise tönen. Was nun das zeitliche Werden von A b etrifft, so haben wir es bei ihm immer mit dem Obergehen von Wei­ terbestimmungen zu Weiterbestimmungen zu tun, die einander gegen­ seitig ausschließen. Weil zwei derartige Weiterbestimmungen einander ausschließen, können sie nicht in einer einzigen Setzung mit der Grund­ bestimmu ng vereinigt sein. Die Bestimmungen Sb s 2 , s 3 u.s.f müssen aus diesem Grunde apponiert werden. Die appositionellen Setzungen implizieren sich nicht wie die rein lo­ gischen. Das bedeutet, daß mit der Einen Setzung nicht auch schon die andere notwendig zugleich gesetz t ist. Appositionelle Setzungen müssen deshalb jede für sich gesetzt und so aufeinander bezogen werden. Das Werdende, um dessen reflexives Verständnis wir uns bemühen, soll zwar eine Zeitlang existieren; es kann dies jedoch, soweit wir es bis jetzt kon­ zipiert haben, immer nur jeweils in Einer Setzung, denn die zeitlichen appositionellen Setzungen schließen einander von der Existenz, die das

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Werdende jeweils hat, wenn anders es sich so verhält, aus. Das Werdende wäre demnach zwar immer in Einem Moment (es möchte auch für einen Betrachter außer ihm werden und von Einem Moment zum anderen übergehen ), aber es wäre für sich nicht in der Zeit, da es immer nur Eins wäre (immer nur in Einem wäre ), wodurch eben das Andere von ihm ausgeschlossen wäre. Soll das nicht so sein, so muß das Werdende Setzung auf Setzung be­ ziehen können. Dies kann es nicht, insofern es nur jeweils Eine apposi­ tionelle Setzung unter Ausschluß aller anderen ist. Es muß also auf dne noch zu bestimmende Weise mehrere Setzungen zugleich sein und diese aufeinander beziehen können. Wie wir schon gesehen haben, kann das Werdende nur solche Setzun­ gen sein, die implikationslogisch an ihm möglich sind. Was mit seinem Grundwesen als Weiterbestimmung logisch unvereinbar ist, kann auch nicht als Setzung in ihm auftreten. Die mehreren Setzungen müssen also alle in den Bereich der mit der Grundbestimmung des Werdenden gege­ benen möglichen Weiterbestimmungen fallen. Auf der anderen Seite haben wir schon erkannt, daß die hier infragekommenden Weiterbe­ stimmungen z"n der jeweiligen Setzungsexistenz einander ausschließen. Es scheint also, daß mehrere appositionelle Setzungen zwar jeweils in einer z"mp lz"ka tz"onslogischen Beziehung zu anderen m öglichen Setzungen an derselben Grundbestimmung stehen, aber z"m wz"r klichen Werden un­ tereinander in keinem Verhältnis stehen können. Wäre aber das Werden­ de ein jeweils nur in Einem einzigen Moment existierendes, das in dieser Existenz nur im Verhältnis zu rein logischen möglichen Momenten zu denken wäre, so könnte es nicht als in der Zeit seiend, also nicht als Werdendes, gedacht werden. Soll das Werdende sich als Werdendes, d. i. in der Zeit Seie n des kon­ stituieren, so muß es die Eine zeitliche Existenz auf andere Momente seines Existierens beziehen können. Aber es scheint, es ist jeweils nur in Einer einzigen momentanen Setzung unter Ausschluß aller anderen mo­ mentanen Existenzsetzungen. Soll es nun in dieser j eweils einzigen Exi­ stenzsetzung nicht vermauert sein, so muß es in eben dieser Existenz­ setzung zu anderen Existenzsetzungen Bezug haben können. Das bedeu­ tet aber, daß andere Existenzsetzungen (desselben Werdenden ) in der jeweils innegehabten von der Einen Existenz erfüllten Gegenwart auf

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irgendeine (andere, als im plikationslogische ) Weise mitgesetzt werden können müssen. Soll dies der Fall sein und doch der Satz gewahrt bleiben, daß alle zeitlichen Setzungen immer nur in ihrer Existenz unter Ausschluß aller anderen Existenzen in ihrer Setzung gesetzt sind, so muß der bislang ge­ brauchte Terminus Ex istenz setzen " noch äquivok sein. Das im mo­ " mentanen Existieren mitgesetzte andere Existieren muß in einer noch zu bestimme nden Weise existent gesetzt " sein, ohne doch jene erste " Existenzsetzung selber zu sein. Zwecks Lösung der aufgeworfenen Frage wollen wir zunächst zu klä­ ren versuchen, was die zeitliche Existenz ausmacht. Wir greifen dazu in unseren üb erlegungen weiter aus. Es ist zunächst zu bemerken, daß wir, wenn wir hier von anderen Existenzmomenten im wirklichen m omen­ tanen zeitlichen Existieren sprechen, als Betrachter des Werdenden schon von außen das Appositionsgefüge der Zeit an das Werdende heran­ getragen und darauf bezogen haben. Ab er abstrakt und formal genom­ men kann jede r zeitliche Moment als Gegenwart betrachtet werden, und die einzelnen Gegenwarten hätten dann einzeln je ein bestimmtes Be­ ziehungsgeflecht mit Bezug auf unmittelbare und mittelbare Vergangen­ heit und Zukunft (nach Schema II). Keine Gegenwart wäre vor der an­ deren ausgezeichnet (nach Schema 111). Wir haben aber schon früher er­ kannt, daß wir zu einer solchen Zeitvorstellung nur von einer ursprüng­ licheren aus gelangen, in der ein einziges Zeitmoment dadurch ausge­ zeichnet ist, daß es allein wirklich gegenwärtig ist. Bislang wurde aber noch nicht herausgestellt, worin denn diese Auszeichnung begründet und wodurch sie ermöglicht und n otwendig ist. Alle zeitlichen Setzun­ gen sind doch formal darin ununterschieden, daß sie immer das gleiche Verhältnis zu einer u nmittelbaren Vergangenheit und Zukunft, und von diesen aus zu mittelbaren und mittelmittelbaren u .s.f. u.s.f. Vergangen­ heiten und Zukunften haben. Zwar bekommt jede zeitliche Setzung, wenn man die von verschiedenen Gegenwarten aus entworfenen Zeit­ vorstellungen aufeinander bezie ht, in Bezug auf die jeweils als Bezugs­ punkt gewählte Gegenwart einen je anderen und einmaligen Charakter - aber dies ist doch immer nur von einer das System und die Systeme von Systemen ermöglichenden, als Gegenwart, von der her das Ganze erzeugt wird, angesetz ten , ausgezeichneten zeitlichen Setzung aus mög-

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lieh. Es muß nun aber reflexiv ersichtlich werden, wodurch eine solche Auszeichnung ermöglicht wird. Anders ausgedrückt: Wir fragen uns : Wo­ durch wird Eine der zahllosen abstrakt konzipierbaren zeitlichen Setzun­ gen zur einzig wirklichen Gegenwart? Dasjenige Moment, was etwas zum wirklich Gegenwärtigen macht, ist die unmittelbare und abso lu te Pertinenz. Unter Pertinenz verstehe ich die Beschaffenheit von etwas, in einer willentlichen Intention befaßt zu sein. Pertinent ist, worauf der Wille bezogen ist; pertinent ist dasjeni­ ge, worum es ihm geht, wovon er betroffen ist resp. was vom Willen um­ fangen ist. Pertinent ist demnach zum einen ein Wert, zum anderen eine diesen Wert verwirklichende Existenz. Unmit telbar pertinent ist, was in unserer willentlichen Intention un­ mittelbar befaßt ist und sie unmittelbar betrifft, worum es unserem Willen unmittelbar und nicht vermittelt durch ein anderes o der als Mit­ tel zu einem anderen geht ; unmittelbar pertinent ist dasjenige , um das es uns um seiner selbst willen geht. A bsolu t pertinent ist dasjenige, um das es uns unübertrefflich vor al­ lem anderen geht, um das es uns gar nicht nicht gehen kann, wenn wir wollen. Ginge es uns um dieses nicht, so wären wir gar nicht da und existierten nicht. Absolut pertinent ist nicht nur der höchste Wert, son­ dern auch die diesen Wert verwirklichende Existenz. Der höchste Wert ist in Bezug auf einen äußersten Widerwert, die den höchsten Wert verwirklichende Existenz ist in Bezug auf eine Vernich­ tung dieser Existenz gefaßt. Gegen eine derartige Vernichtung der Exi­ stenz, die selbst unsere den höchsten Wert zu verwirklichen suchen­ de Existenz aufheben würde und deren Möglichkeit diese unsere Exi­ stenz gefährdet und bedroht, is t der Wille, dem es absolut um diese wertrealisierende Existenz geht, gerichtet. Unser Wille steht als Wille , der nicht einfachhin der Wert, den er rea­ lisieren will, ist, in ständiger Auseinandersetzung mit jenem wirklichen antagonistischen Element, das seine Realisierung beeinträchtigt. Er muß sich ihm gegenüber behaupten. Würde er sich diesem ihm realiter wider­ streitenden Elemente nicht widersetzen, so könnte er seine ihm wesent­ liche Exis tenz (den höchsten Wert realisieren zu wollen ) nicht erhalten. Ohne tätige Selbstbehauptung gäbe der Wille sein Wollen auf. Der Gehalt des Wollens kommt ihm aus ihm selbst. Das ihm Wider-

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streitende hemmt ihn nur und schränkt ihn ein, ohne von ihm gewollt zu sein. Der Wille findet sich vielmehr im Setzen seiner selbst, ineins mit dem aus ihm gesetzten und von ihm umfangenen Gehalt, von etwas an­ derem bestimmt vor, dessen Prinzip er nicht ist, das vielmehr aus sich ihm widerstehend ist, aber seine Realisation mitbestimmt. Als derge­ stalt den Willen Beschränkendes und Bestimmendes besitzt dieses An­ dere eine dynamische Wirksamkeit für ihn. Ohne eine derartige dyna­ mische Potenz wäre es nur ein außer dem Willen und seiner Realisations­ sphäre Liegendes , wäre es ein ihn nicht Beschränkendes, vielleicht an ihn angrenzendes, aber jedenfalls ein solches, das er nicht dynamisch auf sich beziehen wü rde. Als dynamisch Wirksames kann das den Willen Begrenzende ihm nicht gleichgültig sein ; es ist vielmehr notwendig et­ was, das die Exis tenz oder Nichtexistenz des Willens selber und des vom Willen aus sich b ejahten und zu realisierenden Gehalts betrifft. Eine derartige dynamische Bestimmung wird empfunden und gefühlt. Empfunden wird diese den Willen einschränkende und insofern zwin­ gende Bestimmu ng in ihrer fak tischen Beschaffenheit ; gefühlt wird sie in ihrer doxischen Potenz. Gefühlt wird ineins damit ihre Relevanz für die eigene doxische Intention ; es kann beraubend oder erfüllend sein. Nur in der Sichbehauptung gegen eine solche wirkliche dynamisch­ relevante Fremdbestim mung vermag der Wille zu existieren ; nur in Ak­ ten des Sichbehauptens ist er da. Ein derartiges Sichbehaupten ist also seine unmittelbare Existenz. Was das wirkliche Ich sonst noch ist, kann es nur auf der Grundlage dieses unmittelbaren Sichbehauptens sein. Das Andere und Sonstige kann also nur mittelbar über das, worum es in die­ sem unmittelb aren Sichselb stbehaupten geht, für das Ich relevant sein. Nur indem es dem Willen absolu t um die Behauptung der Wirklichkeit des höchsten Wertes geht, vermag auch anderes relativ zu diesem abso­ luten Zwecke für den Willen pertinent zu sein. Nur im Akte des Sichbe­ hauptens ist das Ich in der Lage, auch noch in Bezug auf anderes, das es betrifft oder will, da zu sein. Das Bestehen ( - dieses Wort verbaliter genommen 14 ) des gegenwärtigen in der Verwirklichung des höchsten Wertes begriffenen Seins ist die Grundlage für alle anderen hinzukom­ menden Beziehungen. Dieses Bestehen und der in ihm sich durchhaltende Wille erfordern aber einen Bezug appositioneller Momente aufeinander. Wenn der Wille -

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sich behaupten will, muß er auf das, wogegen er sich behaupten will, ebenso wi e auf sich bezogen sein. Er muß dynamische Begrenzungen als solche erfassen, um sich im Widerstreite mit ihnen zu setzen. Indem er eine Einschränkung überwinden will, muß er zugleich auf sich und sei­ nen Gehalt bezogen sein, muß sich als so wollender ineins mit sich als beschränktwerdendem verstehen und mit Bezug auf dieses sein Sein ein Handeln realisieren , das den Zwang des Beschränkenden vernichten oder we nigstens vermindern soll. Dies erfordert eine ganze Reihe von Setzungsakten. Das widerstrei­ tend Einwirkende muß zunächst als solches gesetzt werden. Es kann aber nicht außerhalb des Willens, sondern nur in demselben als densel­ ben zu einer Bestimmung Zwingendes gesetzt werden. Obwohl es also als eine bestimmte Modifikation des wirklich sich vollziehenden Wollens gesetzt wird, kann es doch nicht aus dem Willen (allein ) kausiert gesetzt werden, sondern muß als aus s ich selbst und gegen den Willen bestimmt gesetzt werden. Um das vorzustellen, muß das Widerstreitende zwar als Setzung im Ich (i/w ) , aber es muß auch als Setzung aus sich (W ) ange­ setzt werden. Beide Vorstellungen sind nicht zu identifizieren. Das Ich dissoziiert in seiner Bestimmung also notwendig das Widerstreitende als e igenständige Setzung von dem Widerstreitenden als Setzungsgestalt in (und aus ) sich. Da beides n icht in Einer Setzung gesetzt werden kann, sind dazu zwei selbständige Setzungen erforderlich: i /w und W. Das Ich erfaßt auch seinen e igenen Status i /w nur als seinen Status, wenn es ihn mit e inem anderen Status in sich vergleicht. Nur dadurch wird er zu diesem bestimmten Status, d. i. dieser bestimm ten Modifika­ tion des Ic;:h. Das Ich muß folglich sich in i/w , wo wir es als i ' bezeich­ nen wollen, mit sich in e inem anderen Status, wo wir es mit i" bezeich­ nen wollen, vergleichen. Das Ich knüpft sich als i ' im Status i 'Iw an sich als i in einem anderen Status, also an sich als i " an. Dazu ist aber notwendig, daß das Ich s ich als i dentisch in den beiden Modi i' und i " festhält und faßt. Es darf nicht einfach von einem appo­ sitionellen Moment in den anderen abfließen. Es muß sich in i' auf sich , als dasselbe , in i " b eziehen können. Es setzt das bestimmte Einge­ schränktsein als bestimmten Modus seines Status überhaupt. Im Hinein­ gehen in den Status dieser bestimmten Beschränkung (i '/ w ) setzt es sich zugleich als herkommend aus e inem anderen Status (i ) und vice versa. "

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Das kann es aber nur, wenn e s i ' und i ", wenigstens auf eine gewisse Weise, obwohl als zwei eigenständige Setzungen, doch zugleich in sich setzen und beide als Modi seiner selbst (als des Identischen in diesen ) vorstellen kann. Es ist zur Erlangung reflexiver Klarheit über das Werden an dieser Stelle unbedingt notwendig, daß alle hier erfolgenden Setzungsakte des Ich einzeln für sich und in ihrem Ineinandergreifen deutlich werden, um die gesamte Leistung, die der Aufbau des zeitlichen Seins erfordert, in Einer Synthesis erfassen zu können. Wir gehen vom Setzen des Widerstehenden (W ) aus. Das Widerstehen­ de kann nur bewußt sein, wenn es im Bewußtsein gesetzt wird. Somit muß das Widerstehende als Modus des Ich und damit als bewußtes Wi­ derstehendes (i '/ w ) gesetzt werden. In welcher Form aber wird es im Bewußtsein angesetzt? Hierauf können wir zunächst antworten, daß es auf jeden Fall als ein Modus des Bewußtseins muß angesetzt werden können_ Denn was das Bewußtsein gar nicht setzen kann, kann auch nicht im Bewußtsein vorkommen. Der Modus des Bewußtseins ist je­ doch, rein logisch angesehen, nur ein m öglicher Modus. Hier aber soll der Modus wirklich sein. Zu der implikationslogischen Möglichkeit die­ ses Modus muß also noch etwas Weiteres hinzukommen, das bewirkt, daß er wirklz"ch ist. Für das Bewußtsein ist nur wirklich, was durch das Bewußtsein selber gesetzt wird. Dieser allgemeine Satz bedeutet für unsern Fall : Das Be­ wußtsein selb er muß die Wirklichkeit dieses Modus setzen. Der Akt, durch den das Bewußtsein sie setzt, ist der des Kausierens : das Ich in Status 1 muß Ursache von seinem Status 2 sein, wenn dieser wirklich als sein Status werden soll. Da die Wirkung aber nicht schon notwendig mit dem logischen Status des Ich in 1 mitgesetzt ist, muß sie als zu diesem hinzukommend, wenn auch aus ihm ausfließend, vorgestellt werden. Die Kausation der Wirkung kann also nur mittels eines appositionellen Setzens vorgestellt werden. Die Wirkung wird zu demjenigen, aus dem sie hervorgehen soll, hinzugesetzt. Eine zur 1 . Setzung b loß hinzugesetzte 2 . Setzung stellen wir jedoch noch nicht als Wirkung vor. Die 3 z. B. im Zahlensystem ist als der zur 2 hinzugesetzte Nachfolger nicht die Wirkung der 2 . Die Wirkung soll zwar eine selb ständige (nicht logisch in der Ursache beschlossene ) Set-

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zung sein, aber aus der Ursache hervorgehen. Ein solches Hervorgehen erfaßt unser Bewußtsein nur im eigenen Wz"llensak t. Im Wollen geht das betreffende bestimmte Wollen aus dem Willen hervor. Der Wille faßt sich aus seinen Möglichkeiten zusammen und erzeugt die Wirklichkeit eines bestimmten Wollens. Das bestimmte Wollen erfolgt hierbei aber nicht in der Weise, daß es zu dem Willen in actu nur hinzutritt, sondern so, daß es aus ihm (neu) gesetzt wird. Ein solches Herausfließen, Hervor­ gehen, Erzeugen, oder wie immer man es benennen will, können wir des­ halb vorstellen , weil das Verursachen in actu angeschaut, besser und en­ ger hier gesagt: eingeschaut wird. Unser Sehen ist im Hervorgehen darin, und deshalb fließt e s mit heraus. Nur deshalb tritt die 2 . Setzung (die Wirkung") hier nicht von außen zur 1 . Setzung hinzu, sondern erfolgt " aus dieser (als der Ursache " ) , geht aus ihr hervor, fließt aus ihr heraus, " wird aus ihr erzeugt. Um das zu konzipieren, muß das Ich in zweifacher Weise vorgestellt werden. In i '/ w für sich allein genommen, wird das Ich nur als eben­ diese bestimmte Modalität von I vorgestellt. i' I w enthält insofern keine Vorstellung vom Ich als Wirkung. Soll i '/ w als Wirkung des Ich vorge­ s tellt werden, so muß I in einem die Wirkung erzeugenden Status als Ursache gedacht werden : i " (Ur). i " (Ur) wiederum, für sich allein ge­ nommen, is t n icht implizit in derselben Setzung (als Ursache) auch sei­ ne Wirkung. Vielmehr kann diese Wirkung nur als nicht implikationslo­ gisch in i " (Ur) b eschlossene, vom logischen Gesichtspunkt aus : nur als hinzukommende Setzung angesehen werden. Zu i " (Ur) muß also, da­ mit es Ursache sein kann, eine neue Setzung, nämlich i '/w hinzugesetzt werden. Wiederum gäbe das bloße Hinzusetzen von einer Setzung zur an­ deren zwar eine Zugeordnetheit, aber kein Ursache-Wirkungs-Verhält­ nis. Wir müssen also n och etwas Weiteres als das bloße Hinzusetzen vor­ stellen, wenn wir zur Vorstellung e iner bewirkenden Ursache kommen wollen. Dieses Weitere ist das Kausieren i " ( Ur) -+ i 'fw · Erst durch Vorstellung dieses Kausierens wird i " wirklich Ursache (al­ so: i " (Ur) ) ; zuvor war es nur ein Modus des allgemeinen Ich. Das Wir­ ken war im I als i " nicht mit logischer Notwendigkeit zu denken. (Wäre dies letztere der Fall, so müßte die Wirkung eine logische Weiterbestim­ mung von i " sein. ) i " war also etwas, das verursachen konnte, aber nicht

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mußte. Sollte es nun wirklich verursachen, so mußte das die Wirklich­ keit ausmachende Moment des Kausierens in ihm vorgestellt werden. Wir können uns eine verursachende Setzung vorstellen, die nur ein­ mal verursacht. So aber konzipieren wir den Willen in originärer Erfah­ rung nicht. Der Wille gibt sich in seinem aus ihm erfolgenden Verursa­ chen nicht auf, sondern setzt sich als erneut verursachenkönnende Reali­ tät. Eine Setzung, die eine Reihe von Verursachungen einleiten kann, nen­ nen wir ein Prinzip . Der Wille wird also als (Kausal )Prinzip vorgestellt. i " ist im Wollen e in Prinzip in actu oder - wie wir uns auch ausdrük­ ken können : - ein prinzipiierendes Prinzip . Wir stellen also in i " außer den ihm zukommenden logischen Möglichkeiten des I sein Prinzipsein und zwar ein bestimmtes Prinzipiieren vor. Im Prinzipiieren vollzieht sich, vom Bewußtsein eingeschaut, der Obergang von Status a in Status b bzw. das Hervorgehen des Status b aus Status a. Alles soweit Dargelegte ermöglicht aber nur dann ein wirkliches Zeit­ lichsein , wenn nicht nur abgeflossen wird, sondern in diesem Ab fließen bestimmte identische Momente miteinander zugleich au fgefaßt werden können. Andern falls flösse das Bewuß tsein (wenn es sodann ein Be­ wußtsein geben könnte ) mit ab und wäre in i '/w nur i 'fw und weiter nichts 1 5 • Um i ' /w aus i " ( Ur) b ewirk t vorstellen zu können, muß i '/ w in­ eins mit i " (Ur) vorgestellt werden können. Wenn i' /w vorgestellt wird, kann es nur dann als prinzipiierte Setzung aus i " (Ur) vorgestellt werden, wenn beide zugleich im Bewußtsein sind und aufeinander bezogen werden. Die erforderliche Beziehung ist, zunächst gesagt, keine implikations­ logische. Wäre sie das, so würden im Bewußtsein nur m ögliche Verhält­ nisse aufgefaß t. i' soll aber wirk lz"ch aus i " hervorgehen. Wir müssen also zu i' i " hinzu vors tellen. Das setzt voraus, daß wir i' und i " in irgend­ einer Weise zugleich vorstellen können. Einen Teil der Bedingungen, unter denen allein ein Obergehen vorge­ stellt werden kann, haben wir in Kapitel I. dargelegt : Im Einbilden der Zeitlichkeit vermögen wir uns m ittels e ines freien Vorstellens aus dem zwangsläufig abfließenden Anschauen zu lösen. Das freie Vorstellen kann das schon frei vorgestellte Fließen wiederholen ; es kann die Rich­ tung dieses Fließens (was die Folge der Partien anbetrifft ) auch verkeh­ ren. Auf das dergestalt frei vorgestellte Fließen und seine Partien kön-

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nen separierte statische Appositionssetzungen bezogen werden. Die da­ durch realisierte festgesetz te appositionelle Synthesis kann in logischen Formen gedacht werden. Diese Akte des Vorstellens sind aber nur dann möglich , wenn das Vor­ stellen nicht nur, wie die wirkliche Anschauung, schlechthin in dasjeni­ ge (absolut und unmittelbar pertinente ) Moment eingetaucht ist, in dem das Ich gerade lebt, sondern für das Gleichzeitige für mehrere Vorstel­ lungen frei ist. Die Apposition als solche muß als ü b e r dem moment­ gebundenen wirk lichen Anschauen erfo lgend, also als das zeitliche Wer­ den übergrezfend vorgestellt und gedacht werden können . Das ist nur möglich , wenn im wirklichen Existieren Setzendes im Gesetzten - oder besser gesagt : mit dem Gesetzten zugleich, eingeschaut und in weiteren Akten des Vorstellens erinnernd vorgestellt werden kann: Im Erfassen zeitlichen Werdens wird ein Prinzipiierendes mit dem Prinzip iierten zugleich vorgestellt. [ Schema VIII des Mitvorgestelltseins eines prinzipiierenden Mo­ mentes mit dem von ihm prinzipiierten wirklich gegenwärtigen Mo­ ment: ] 1

a

b

In einem bestimmten zeitlichen Daseinsmoment kann also Mehreres zu­ gleich vorgestellt und gedacht werden. In welcher Form aber findet die­ se Vereinigung von mehreren Setzungen im wirklichen Bewußtsein statt? i ' und i " sollen aufeinander bezogen werden. J ede Beziehung erfordert, daß die au feinan der Bezogenen in etwas gleich und in etwas verschieden sind. i' und i " müssen also als in etwas gleich seiend vorgestellt werden . Dieses Gleiche " ist zunächst ihr Wesen I. Beide sind ( Formen des ) Ich. " Sie sind aber in unserem Falle nicht nur wesensgleich, sie sind auch i den­ tisch dasselbe Ich. i ' und i " müssen also als identisch vorgesteilt sein : I. Zu diesem Zweck muß das ineins mit i' vorgestellte i " als dasselbe Ich seiend vorgestellt werden, das jetzt eben i' wird. Als Träger der m od i i ' u n d i " wird also ein identisches Ich gedacht. i ' und i " müssen aber auch als verschieden vorgestellt werden. Die Verschiedenheit liegt in ihrem Falle darin, d aß I in i " als unbestimmtes, sich zur Bestim mung zusam=

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menziehendes und sie erzeugendes Ich, in i ' als durch dieses Bestimmen bestimm tes Ich gedacht wird. Dieses Denken ist aber als eine Anschau­ ung verstehendes, n icht abstraktes Denken nur möglich , weil i " im ein­ schauend mitvollzogenen Ab fließen des Ich in der Selbstbestimmung nicht verloren wird, sondern in und mit i' zugleich eingeschaut werden kann 1 6 • Würde das Hervor- und übergehen nicht eingeschaut, so könn­ ten i ' und i " wohl abstrakt gedanklich (ohne Bezug auf eine Anschau­ ung) als identisch konzip iert, aber nicht als identisch eingesehen werden. Tatsächlich stünden sie dann für die A nschauung unverknüp ft neben­ einander (i " / i ') und e ine Iden tität ihres Trägers würde nur erdacht. Was wir damit ausgesprochen haben, greift bei weitem tiefer, als man sich vorstellen mag. Das Sehen geht nur dann einschauend mit über, wenn es nicht unterbrochen wird. (Wäre das Angeschaute im Träger nicht identisch dasselbe , so könnte auch das Sehen nicht ununterbro­ chen bleiben. ) Nur in der willentlichen Bestimmung aber ist dies im Be­ wußtsein der Fall. Nur da gehen wir in der Helligkeit des Bewußtseins, und nur in dieser Hell igkeit, zu einer Bestimmung unseres Seins über, und nur, weil das Sehen hier ganz in den Willen eingetaucht ist (nich t etwa ihn nur z . T. auffaß t ) , ble ib t auch der Wille Wille , d. i. im Vollzug des Wollens mit sich identisch. Das übergehen vollzieht sich als ein An­ derswerden des identisch es selbst bleibenden wollenden Ich. Die Ein­ schauung residiert gar nicht nur in einer einzelnen Identität des Wer­ dens, sondern sie vollzieht sich im übergehen der Einen Identität in die folgende bzw. im Hervorgehen der folgenden Identität aus der sie erzeu­ genden. Im Einschauen des Ubergeh ens werden die prinzipiierende und dz'e pn'nzz"pü'e rte Partie zugleich eingeschaut. [ Schema IX des zugleich Einschauens zweier Identitäten im Ober­ gang: ] wirk!. Einschauung ---

Sl

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Das zugleich Eingeschaute kann hier niemals i n Einer einzigen Setzung

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implikationslogischer Art gedacht werden, es besteht immer aus zwei Setzungen. Weil das Ich aber nicht nur einmal kausiert, sondern in einer Serie von Verursachungen begriffen ist, und so prinzipiiert, wird es als immer wieder übergehend, folglich als immer wieder ( - vom allerersten Prinzi­ piieren abgesehen ) aus einem wirklich bestimmten Modus in einen an­ deren übergehend eingeschaut. Das Einschauen dieses Prinzipiierens übergreift jedoch dabei nicht alle Setzungen zugleich, sondern es voll­ zieht sich immer nur in Einem wirklichen Obergang (d) von S I zu s 2 , und zwar in der Weise, daß S I im übergehen zugleich mit s 2 wirklich eingeschaut wird. In der Serie des Prinzipiierens des Willens wird das Obergehen immer nur an jeweils Einer Stelle eingeschau t. -

[ Schema X der jeweiligen Einschauung des Willens in dem Ober­ gang, in dem er gerade begriffen ist : ] wirk!. Einsch. I

wirk!. Einsch. 2 . . . . . . . Das wirkliche Einschauen dieser Obergänge und ihrer Partien ist im Be­ wußtsein synthetisch mit frei vorgestellten und gedachten Momenten verknüpft und bezogen auf das in allen Zeitmomenten und allem Über­ gehen mit sich identische Ich . Das Ich wird also als identischer zeitüber­ dauern der Träger der verschiedenen Bestimmungen an ihm (i " und i ' ) gedacht. Der Obergang von i " zu i ', welche als statische und separierte S I und s 2 festgestellt werden, wird, frei vom Zwange des wirklichen Obergehens, vorgestellt und als am identischen Ich vorgehend gedacht. Die gedachte Icheinheit und die freie Vorstellung werden ihrerseits auf die in jedem wirklichen Moment des Zeitflusses realiter eingeschauten Partien SI und s 2 in di bezogen und so das wirkliche In-der-Zeit-Sein als solches verstanden 1 7 • Wäre das nicht so, s o müßten S I und s 2 mit i " und i ' als Modi (Zu -

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stände ) verschiedener Iche aufgefaßt werden. Zwischen letzteren läge ein jedem dieser Iche unüberschreitbarer Hia tus. Dann aber könnte kei­ nes dieser Iche sich als in der Zeit seiend vorstellen. s 2 beispielsweise könnte auf keinen vorhergehenden " appositionellen Moment" bezo­ " " gen werden. Die momentane, die beiden Partien zugleich (aber nicht in Einer Setzung) setzende Einschauung des Willensaktes ist conditio sine qua non des identischen Seins im zeitlichen Werden und des zeitlichen Werdens im identischen lchsein. Das Ich bezieht sich in jedem Momente des Zeitflusses von Einem bestim mten prinzipiierenden Moment auf Ein anderes gleichfalls eingeschau tes bestimmtes hervorgehendes ande­ res Moment. Eben dadurch wird das Ich zu einem dauernden. Dauer ist nur denkbar durch Beziehung eines Identischen auf sein Sein in meh­ reren aufeinander folgenden Momenten, die ihm zukommen. In jedem hausierenden Obergehen sieht sich ez"n und dasselb e Ich aus einem vorhergehenden kausz"erenden Setzen z"n ein erzeugtes Setzen über­ gehen. [ Schema XI der notwendigen Beziehung eines Ich auf sich im kau­ sierenden übergehen : ]

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Erst aus diesem Bezug des identischen Ich auf sich selbst im eingeschau­ ten übergehen wird begreiflich, warum die Gegenwart zum einen als der bleibende und unveränderliche Ort vorgestellt wird, in dem das Ich dem Wandel gegenwärtig ist (SE), zum anderen aber eine s tändig einma­ lige und andere ist, die jeder Setzung (des Ich ) als Bestimmungscharak­ ter anhängend bleib t, auch wenn sie vergangen ist. Das eingeschaute Mo­ me nt des übergehens war resp. ist dem bleibenden Ich nur ein einziges Mal gegenwärtig ; das aus dem Werden und Vergehen hinausgehobene Ich aber ist als dasselb e allen Momenten des Werdens gegenwärtig. Das werdensüberhobene identische Ich des Verstandes wird im Be­ wußtsein auf das wirklich die Gegenwart ständig gewinnende und wie­ der verlierende Ich der Einschauung bezogen. Die aus dem Werden her­ ausgehobene Gegenwart des Verstandesich koinzidiert in jedem zeitli-

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chen Momente mit der nur momentan sich realisierenden Gegenwart des Anschauungsich. Beide Vorstellungskomponenten müssen gesetzt werden , soll die Zeitlichkeit des Ich überhaupt vorgestellt werden kön­ nen. Ohne das zeitüberh obene Verstandesich flösse das Anschauungsich (das aber dann kein Ich in der Zeit sein könnte ) ständig ab : Es gäbe dann nur ein Fließen ohne jegliche übergreifende Identität. Ohne das stets werdende Anschauungsich erfolgte keine dynamische Apposition : Das Vers tandesich wäre zeitlos Eine einzige Setzung m it ihren Implika­ tionen. Dieses Ich (wenn es dann nur ein Ich sein könnte ) wäre ein akt­ loses Ich. Nun wird auch verständlich, wie im Werden das Obergehen d 1 in der Vorstellung partienweise mit dem Obergehen d 2 koinzidieren kann. Im Werden ist das s2 von d 1 zugleich mit S 1 eingeschaut. Im Werden erfolgt in s2 = s ' ein Umschlag von der Einschauung in s 1 -s 2 zu der Einschau­ ung in s' -s " ; s 1 entfällt der Einschauung und s " tritt in sie ein. ( Ineins damit wird, wie sogleich zu zeigen sein wird, in s' das Prinzipiieren er­ neuert. ) Das Werden des Ich wird an seiner werdensüberhobenen Identz"tät vorgehend vorgestellt. [ S chema XII des (intuierten) Werdens an der eigenen (gedachten) zeitüberhobenen Identität : ]

111

d1

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i

An dieser Stelle kann auch die Art und Weise deutlich gemacht werden, wie wir Zukunft haben. Es wurde schon oben herausgestellt, daß an die Zukunft nur geglaub t wird. Wir sind nur in der Gegenwart (und sind uns

Die konstitutiven Leistungen des Bewußtseins

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in dieser Gegenwart, wie sich noch zeigen wird, unserer wirklichen Ver­ gangenheit als solcher bewuß t). Mit dem sich aktuierenden Prinzipsein entsteht ein Prinzip iat als eine sich abschließende, in die Vergangenheit ruckende Setzung. Aber nur wenn das Prinzipsein sich in s 2 von neuem aktuiert, erfolgt im Obergang d2 die Setzung von s ". Diese erneu te A k tuierung ist übrigens nichts Selbstverständliches. Wä­ re S I nur eine einmalig und einfach kausierende Ursache, so könnte die­ se Ursache in s 2 nicht erneut als Prinzip erstehen. Das Ich (das dann al· lerdings eben kein Ich wäre ) ginge dann aber nicht zu sich als Ich über. Die einmalige Ursache wäre in ihrem Effekt vollendet. Wenn das Ich sich in seinem Werden als Prz"n zzp erfaßt, so bedeutet das, daß das Ich für sich in s 2 s ' , d. i. eine neue sich aktuierende Ursache ist, d. i. trotz der andersartigen Kausierung in d 2 identisch dieselbe Ursache (also das Prinzip ), die schon in S I kausierte, d. i. sich durchhaltender Wirkgrund einer Reihe von Wirkungen. Aus der Erfahrung wissen wir, daß wir uns mi t jeder neuen Aktuierung nicht nur angesichts eines abgeschlossenen Prinzipiats, sondern auch im Obergang zu einer neuen Setzung (nämlich s " ) wiederfinden, die aus unserem identischbleibenden Ich, wo sie der Potenz nach war, hervorgeht ; und wir wissen, daß jede Aktuierung aus Inaktualität hervorgeht. Wir übertragen durch freies Vorstellen diese in der vergangenen Gegenwart erfahrene Einheit Prinzipiiertes potentiel­ " les Prinzip als prinzipiierendes aktuelles Prinzip im Obergang zu seinem Prinzipiat" auch auf die jeweilige künftige Setzung, zu der wir überge­ hen, und von dort durch freies Vorstellen auf entsprechende noch wei· ter hinausliegend gedachte Setzungen. Aber dieses übertragen stellt eine glaubende Antizipation dar, keine auf Einschauung gegrii n dete Ein­ sicht in den zukünftigen Willen und sein Wollen. In s 2 = s' wird dieses s 2 = s' in Einschauung I als Prinzipiat von S I und in Einschauung 2 als prinzipiierendes Prinzip von s" eingeschaut, s 2 = s ' also als prinzipiiertes prinzipiierendes Prinzip verstanden. Das Ich prinzipiiert sich in einen Modus, in welchem es erneut prin­ zzpiierendes Prinzip zst.

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Hauptteil

[Schema XIII des Prinzip iierens eines erneut prinzipiierenden Prin­ zips : ]

Einsch. 1 s c-

fS21 w

-

s''

Einsch. 2 Verstand Wir haben früher eingesehen, daß das Ich sich nur als i '/w setzt, indem es sich aus sich selbst als Ursache (i " (Pr ) ) ableitet. Das Ich setzt sich aber nicht nur als sich frei modifizierend, es setzt sich auch als durch faktische Notwendigkeit modifiziert ; es setzt darum das Widerstehende als solches und dieses nicht als (nur) Modifikation aus ihm selbst. Wäre die Modifikation in i ' nur das Produkt des Prinzipiierens aus i " (Pr), so wäre kein Widerstehendes gesetzt, sondern nur der reine Willenseffekt selbst. So verhält es sich denn auch in der Tat bei den reinen Willensge­ halten, die wir setzen (Wertungen, Entscheidungen, Entschlüsse u. der­ gl. ), nicht aber b ei dem uns Widerstehenden. So gewiß das letztere nur da ist, wenn wir es als Modifikation in uns realisieren, so gewiß ist es keine bloße aus uns kommende Modifikation. Das heiß t, daß das Widerstehende, außer daß es aus i " (Pr) gesetzt ist, auch nicht aus ihm gesetzt ist. W wird unabhängig von i " hervorgehend eingeschaut. Es tritt unabhängig von i " hervor ; es taucht im Bewußtsein auf, ohne daß das Ich es gewollt hätte. In i " war nichts von W (in i " war nur die mögliche Vorstellung w ) ; i " hat auch W nicht erzeugt (es hat nur i ' /w erzeugt, aber unter der Bedingung des sich manifestierenden selb­ ständigen Faktors W ) 1 8 • Mit der einschauend hervorgehenden Sz'chbestimmung des Ich inez'ns tritt eine o bjektive Bestimm theit hervor, die nicht als aus der Sichbe­ stimmung hervorgehend eingeschaut, sondern nur angeschaut wz'rd.

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[ Schema XI V der mit der Selbstbestimmung hervortretenden selb­ ständigen objektiven Bestimmung: ]

i " (Pr)

--

i '/w

Iw

Eben weil W nicht aus i " hervorgeht, wird es nicht im Werden hervor­ gehend ein geschaut, sondern als abgerissenes Faktum nur angeschaut_ Da W nicht geistiger Akt ist, kann in ihm auch kein Obergehen zu einem anderen eingeschaut werden. Deshalb ist auch das Erlebnis des zeitli­ chen Werdens hier ein grundlegend anderes als beim kausierenden Ober­ gehen des Ichs im Willensakte. Bei diesem gehen wir aktiv aus einer Ge­ genwart a heraus in eine neue Gegenwart b hinein. Da Gegenwart a in der Gegenwart b unmittelbare Vergangenheit ist, haben wir das Erlebnis aus der Vergangenheit in die neue Gegenwart geschritten zu sein. Beim Eintreten des Widerstandes hingegen fehlt die Herkunft aus der (Ex)­ Gegenwart a in seinem Gegenwärtigsein. Deshalb erleben wir das Ein­ treten als ein Kommen aus der Zukunft. Erst wenn wir der Hemmung eine verursachende Substanz hinterstellen ("das Widerstehende" ) , be­ trachten wir auch diese Substanz als aus der Vergangenheit herkom­ mend. Aber das ist ein Verständnis mittels einer regulativen Idee. In Wahrheit gilt nur: Es gibt keinen Obergang in W (etwa von W " zu W ') wie es einen Obergang in I gibt. Mit jedem neuen Ob ergehen des Ich tritt, nicht hausiert, ez"n neues W (W l• W2, W3 . . . ) auf. [Schema X V der diskontinuierlichen Folge nichtprinzipiierter Wi­ derstehender: ]

. . . . . . . i " (Pr)

---+

i '/w I W1 i ' (Pr )

---+

iXfw I W2

Das Ich vergleicht sich in jedem Status, in dem W auftaucht und es ein­ schränkt, mit sich selbst in dem vorhergehenden Status, aus dem es sich

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Haup tteil

intendierend zu i ' , und darin zu i '/ w modifiziert hat. Der Status 1 , mit welchem das Ich seinen Status 2 vergleicht, wird dabei als Status eines bestimm ten Wertrealisierenwollens gefaßt. Der realisierte Status 2 har­ moniert (oder harm oniert nicht), er harmoniert (oder harmoniert nicht ) mehr oder we niger mit dem Willen in Status 1 . Das das Willensergebnis ungewollt Modifizierende ist W . W hemmt also resp. widersteht dem wertrealisierenwollenden Willen des Status 1 . Da W nicht aus dem Wil­ len hervorging, wird es als selb ständiger Faktor angesetzt, der hemmt, widersteht und einschränkt. In einer Serie solcher Faktoren kann die Harmonie bzw. Disharmo­ nie zu- bzw. abnehmen. Nimmt die Disharmonie zu, so ist der Wider­ stand und die Einschränkung erhöht ; nimmt sie ab, so weicht der Wi­ derstand. Dieses in Zeitpunkten sich realisierende Verhältnis aber kon­ zipiert nur der Geist. Niemals wird zwischen den verschiedenen Hem­ menden bzw. Widerstehenden ein Übergehen des einen aus dem anderen eingeschaut; es werden immer nur sich diskontinuierlich folgende diffe­ rierende Status mit verschiedenen Einschränkungen angeschaut. Wenn hier von Zuständen (statu s ) gesprochen wird, darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß das Ich ständig wird und niemals s ta­ tisch is t. Sein Werden wird nur zum Zwecke des Begreifens desselben festgestellt. Im Werden entspricht auch dem, was wir als einzelnes Dy­ namon angesetzt haben, immer eine Mannigfaltigkeit der (statischen ) Hemmungen. Deshalb können diese Hemmungen gedanklich formal stets weiter quantitativ unterteilt werden. Es stellt sich dem Ich notwendiger­ weise eine scheinbar kontinuierliche Sukzession im Hemmenden bzw. Wi­ derstehenden dar 1 9 • Das Widerstehende erschein t in den Bereich der Frei­ heit einbrechend oder aber dem Vollzug des Willens weichend. Im letz­ teren Falle haben wir das Erlebnis unserer Kausalität in der Sinnenwelt. Auch das Ich schaut seinen Status 1 , in dem es den Wert realisieren wollte, nicht mehr ein, wenn es das abgeschlossene Produkt seines Prin­ zipiierens anschaut. Was es einschaut, ist sein wirkliches u'bergehen aus i " (Pr) zu i '. Indem - aber auch erst indem - das Ich W von w (in i '/w ) ablöst, setzt es sich W entgegen20 • Auf sein eigenes (von W abgelöste s ) Sein in i ' b ezieht es dann sein Sein in i " (das Wertrealisierenwollende ) . Doch m u ß es dazu i n einem neuen Zeitmoment wieder auf i " zurückge­ hen, das in diesem neuen Moment nicht mehr angeschaut (sondern nur

Die konstitu tiven Leistungen des Bewußtseins

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noch erinnert ) wird. Dieses Zurliekgehen ist jedoch nur dann möglich , wenn i " mit i ' in einem das h ier gesuchte Beziehen leistenden Setzen s x mi tgesetz t werden kann. Dies ist nicht durch Einschauen möglich , denn das Ein schauen befindet sich dann schon im Übergehen d 2 . Es ist auch nicht durch Anschauen möglich, denn i " ist vetgangen. Es ist nur durch eine eigene Art freien VorstelJens möglich, nämlich durch reproduzie­ rendes Einbilden : das Erinnern. Der Wille , der in Status 1 einen bestimm ten Wert realisieren wollte, wi rd aber nicht nur erin nert. Denn das Ich bezieht ja seinen gegenwärti­ gen Status (i ') auf das erinnerte i " . In Status 2 wird das Hemmende bzw. Widerstehende als selbständiger Faktor vorgestell t. In Status 2 wird aber auch der eigene Wille ( i ' ) erneut vorgestell t, wie er als abermalig prinzi­ piierendes Prinzip eine Wirkung effiziert. i' ist auf die eine oder andere Weise in seiner Erfüllung gehemmt. Dieser Status des Willens in i ' wird in sx mit dem Status in i " verglichen. In diesem Vergleichen wird der Modus 1 an dem identischen Willen ( I ) von dem Modus 2 unterschieden. Eine Identifikation erfolgte schon im Einschauen des cHizierenden Wil­ lensaktes (d i ). Nach dem Bilde dieser ersten Identität wird die hier zu realisierende vorgestellt. Ich, der ich in i '(/ w ) in dem und dem Grade befriedigt bin, bin derselbe, der jenen Wert in Status 1 realisieren wollte, der hier nur bis zu dem und dem Grade (an sich und im Vergleich zu Status 1 ) realisiert ist. Beide Willensverfassungen werden verglichen und geurteilt, daß der neue Status mit dem Gewollten in dem und dem Gra­ de harmoniert. Das erstpn"n zipiierende Prinzip wird in der Einschauung des erneu t prinzipiierenden Prinzips reproduk tiv eingebilde t, d. i. erinnert, und als erinnertes mit dem Sta tus des gegenwärtigen prinzipiierenden Willen verglichen. [ Schema X VI des Erinnerns : ] (i " ) i ' .._

Sx

Es kommt für das Verstehen der Wesenseigentümlichkeit des Erinnerns alles darauf an, daß man erkennt, in welcher Weise das Vergangene

54

H aup tteil

durch die ursprüngliche reproduzierende Einbildungskraft im gegenwär­ tigen Setzen mitgesetzt wird. Das erinnerte Wollen wird nämlich keines­ wegs nur faktisch aufgefaßt - wie sich dies das oberflächliche Denken vorstellt ; es ist vielmehr im gegenwärtigen (erinnernden ) Vorstellen do­ xisch-praktisch wirksam. Sein vergangenes Wollen geht das Ich in der Gegenwart an, betrifft es und ist für dasselbe ak tuell. Der Grund für diese Sachlage ist folgender: Das Ich konnte sich im Prinzipiieren des i' aus i " im Akte des üb ergehens zugleich als i" und i ' einschauen. Dieses Einschauen ist kein Anschauen. Das Sehen bleibt in ihm dem Willensakt nicht äußerlich ; es läßt ihn nicht an sich vorbei­ fließen, sondern es ist dem Fließen, übergehen, Erzeugen, Effizieren selber innerlich. Das bedeutet, daß der sich selbst helle Wille, sz"ch selbst bewußt, (aus i " ) in i ' ez"ngeht. Das Einschauen z"s t (nicht: vollzieht extra actum ) das Hinübergehen des identischen Willens. Eben darum ist der Wille zugleich er selbst aus i" in i '. Die Identität wird dank dieses sich selbst im Akte des Effizierens Durchsichtigseins niemals unterbrochen ; i " ist in i ', und i ' is t in i O . Wenn das erste Einschauen (von ii ' - i ' ) auch im übergehen von i' zu i 0 verloren geht und das zweite Einschauen i " verloren hat, s o ist doch I mit seiner zeitübergreifenden Identität als I mit seiner Intention in i " z"n i ' eingegangen und in i O übergehend. Würde die Kontinuität der Identität auch nur in einem einzigen Gliede des Werdens unterbrochen, dann freilich könnte das vergangene Wollen als bloßes Faktum vorgestellt werden und wäre im gegenwärtigen Wollen nicht mehr aktuell. Eine solche Unterbrechung der Kontinuität würde aber auch die Identität der Person aufheben. Das im gegenwärtigen Wollen mit wirksame (aktuelle ) vergangene Wollen wird in seiner vergangenen Eigenart zwar nicht mehr eingeschaut, aber erinnert (reproduziert ). Das erinnerte Wollen wird in freiem Vor­ stellen mit dem gegenwärtigen identifiziert. Diese Identifikation aber hat ihre anschauliche Basis im gegenwärtigen Wollen, in dem das ver­ gangene mitwirksam ist2 1 • Infolge des Einschauens des effzzzerenden Willensak tes geh t das vor­ hergehende Wollen z"n das folgende mit ein und aktuz"ert sich in ihm.

Die konstitutiven Leistungen des Bewußtseins

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[ Schema X VII der Aktuation des zuvor effizierenden Willens im gegenwärtig effizierenden: ]

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.

. . . . . .

Eben weil dieses Gesetz der Aktuierung wirksam ist, potenziert sich der Wille im Fortgange zu einer immer komplexeren Synthesis. Denn weil das vorhergehende effizierende Wollen in das effizierte, nunmehr er­ neut effizierende Wollen mit eingeht, geht dieses, mit dem erstcHizie­ renden Wollen synthetisch Eine, effizierte Wollen als seinerseits effizie­ rendes Wollen in das nunmehr von ihm effizierte Wollen mit ein u.s.f. Zwar wird das vorhergehende Wollen in seiner Wesenseigenart im erneut effizierenden Wollen nicht mehr eingeschaut, sondern nur noch repro­ duziert, aber es ist infolge des wirklichen, sich hellen Übergangs des Wil­ lens zu seinen jeweils neuen Modi in ihm in actu mitwirkend2 2 • Durch das Sichaktuieren des vorhergehenden Wollens im folgenden po tenziert sich das Wollen zu einer je und je komplexeren Synthesis, in der das vergangene Wo llen a k tuell und m itwirkend zst. [ Schema X VIII der Potenzierung des Wollens : ) . . . . . . . i"

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(i ")

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In dem neu eingeschauten Willen (d 2 mit i ' -+ i0) erscheint der Effekt des ersten Willensaktes als abgeschlossenes Prinzipiat. Als abgeschlosse­ nes aber liegt dieses für das erneute Einschauen schon in der unmittelba­ ren Vergangenheit. Wäre dem nicht so, müßten wir vielmehr zuerst nur in das Prinzip iat, und erst dann, in einem neuen Akte, ins neue Prinzi­ piieren eintreten, dann wären wir im Prinzipiate nicht ein neues Prinzip , sondern nur noch eine gänzlich effizierte Wirkung. Wir wären dann nur noch rein faktisch unser vergangen es Wollen (wenn wir dann noch Wir sein könnten). Dies ist undenkbar, weil das Ich nur im Akte des Beste-

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Hauptteil

hens des Hemmenden und Widerstehenden ist, hier aber kein Bestehen mehr statthaben könnte , weil kein neuer Willensvollzug erfolgte. Der Obergang aus dem vorhergehenden in ein neues Prinzipiieren im Sichef. fizieren des ersten Prinzipiierens ist also notwendige Bedingung des ge­ genwärtigen geistigen Seins. Der sich effizierende Wille effiziert sich in jedem gegenwärtigen Sein in ez"n neues Prz"nzz/n"z"eren unbeschadet sez"nes A bschlusses in einem blo­ ßen Prz"nzz/na t. Das abgeschlossene Prz"n zzpiat wz"e auch das mit diesem zuglez"ch auftretende Wz"derstehende werden im Vollzug des neuen Prin­ zipwerdens vom gegenwärtzgen Willen dz"s sozz"z"ert und nur in unmz"t tel­ barer Vergangenheit b ewußt. [Schema XIX des sich im Effizieren erneuernden Prinzipierens und des Dissoziierens des abgeschlossenen Prinzipiats und des Wider­ stehenden vom gegenwärtigen Ich: ]

l/

i ' (Pr)

i " (Pr) -

JJ Prinzipiat ) w

J edes neue Prinzipiieren is t ein Akt, durch den sich das Ich aus dem bloßen Bestimmtsein im Prinzip iat (mit konkomitierender Hemmung ) herausheb t und sich als erneutes Prinzip realisiert. In diesem Realisie­ rungsakte geht das Ich mit seiner Selbstbestim mung gegen das Hemm en­ de und Widerstehende an : es sucht durch eine bestimm te Selbs tbestim ­ mung die Hemmung bzw. den Widerstand aufzulösen. Der Akt des Ich ist also grundlegend Willensakt. Der Wille ist sich selber hell. So wahr darum der Wille will und es ihm in seinem Sichbestimmen um sein W ol­ len geht, ist ihm nicht nur das, worum es ihm geht, gegenwärtig, son­ dern auch die Hemmung, die er zu lösen trachtet, und sein dynamisches Angehen gegen dieselbe, die ja seiner Realisation widersteht und sie nicht (voll ) gelingen läßt. Da sich der Wille in seinem Effizieren selbst h ell ist, sieht er auch seinen entstehenden Effekt. Er sieht - wenn auch nur in unmittelbarer Vergangenheit - das, was diesen Effekt, ohne von ihm effiziert worden zu sein , absc hließend mitbestimmt hat, nämlich

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Die konstitutiven Leistungen des Bewußtseins

W . Er sieht sich i m Effekt seines Aktes als ifw · Aber das Ich wird nie zum bloßen Prinzipiat ; es wird stets zu einem erneuten Prinzipiieren, das den Effekt des ers ten Prinzip iierens mit sich führt. Um dies alles zugleich zu sehen, bedarf es aber noch einer besonderen Leistung des Ich. Wie das Ich im üb ergehen infolge seiner Selbsthellig· keit sein Prinzip iieren und dessen entstehenden Effekt zugleich einzu­ schauen vermag, so muß es auch in einem und demselben Moment Meh­ reres in verschiedenen (und bloß im plikationslogisch unvereinbaren ) Setzungen teils einschauen, teils frei einbilden können. Das freie Vor­ stellen ist nicht an die wirkliche Gegenwart des Vorgestellten gebunden, wie es die Einschauung ist. Obwohl es selbst auch in der Zeit erfolgt, vermag es seine Vorstellungsgehalte aus dem Zeitfluß herausgehoben zu bilden und zu denken. In diesem freien Anschauen und Denken synthe­ tisiert es sich, als überzeitlich Identisches gedachtes, mit sich, als dem je­ weils anders modifiziert vorgestellten. Sich als auf bestimmte Weise Mo­ difiziertes vermag es auch aus dem wirklichen Fließen herausgehoben sich vorzustellen23 • Ineins mit der wirklichen Einschauung vermag das Ich sich von der wirklichen Gegenwart losgelöst vorzustellen. Beide Ar­ ten von Vorstellungen vermag es in einer Synthesis zu vereinigen. Schon das wirkliche Einschauen erfolgt niemals für sich allein ; es wä­ re so gar nicht möglich. Es muß vielmehr zugleich gedanklich verarbei­ tet werden. Um sich als Effizierendes mit sich als effiziert Werdendem zu identifizieren, genügt das bloße Schauen nicht. Das Ich muß als das in i " und i' Identische gedacht werden, um auch identisch zu sein. Das " den Akt Initiierende ist das aus dieser Initiation Erfolgende ( Ich ) ", muß das Ich denken, um sie als eins vorstellen zu können. Wenn wir im vorhergehenden philosophisch abstrahierend zunächst vorwiegend nur den geistigen Akt des Einschauens in Betracht gezogen haben, so des­ halb , um dieses Einschauen in seiner spezifischen funktionalen Leistung zu würdigen. Sich selber hell kann das Einschauen jedoch nur sein, wenn es ineins mit einem Denken erfolgt. Das Denken der Ich-Identität im wirklichen Werden stützt sich indes nicht nur auf die wirkliche Ein­ schauung, es stützt sich auch auf nur Eingebildetes. Das freie Vorstellen vermag üetzt) nicht (mehr) eingeschaute Inhalte des wirklichen Ein­ schauens zu erinnern, d. i. zu reproduzieren24 • Das Denken faßt diese =

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Hauptteil

Vorstellu ngsgehalte in synthetischen Formen zusamm en. Nur so werden wir uns unserer im Werden bewußt. Gleichzeitig mit dem wirklichen Ez"nsehen vollzz"e ht das Ich ez"n frez"es Einbz"lden und ez"n Denken. Nur durch das Zusammenwz"rken dz"eser Ver­ mögen werden wir uns u nser als in der Zeit werdend bewußt. [ Schema XX des mit dem wirklichen Einschauen zugleich erfol­ genden freien Einbildens und Denkens : ] frei Eingebildetes (z. T. Erinnertes )

wirklich Eingeschautes

-------��--

Denken Das Bewußtsein von absolu t und unmittelbar Pertinentern bildet den terminus a quo der Konstitution der Vorstellung eines wirklichen Wer­ dens im Ganzen der Zeit. Dieses Bewußtsein des Gegenwärtigen bezöge sich - per imp ossibile gesagt - immer nur auf rein gedachte leere Zeit­ stellen, könnten nicht ineins mit ihm andere inhaltlich erfüllte z eitliche Momente eingeschaut oder frei eingebildet werden. Das letztere ge­ schieht durch Reproduktion ursprünglich gegenwärtig erleb ter Inhalte im Erinnern. In der Gegenwart wird der Inhalt dieser erinnerten Setzun­ gen zwar nicht als unmittelbar wirklich, aber doch als ak tuell, d. i. als etwas, worum es uns (notwendig) geht, und auf diese Weise als perti­ nent gesetzt - also als mz"t telbar pertinent, d. h. als etwas, aus welchem der gegenwärtige Wille sich mitbestimm t und auf dessen Sein er sich von neuem bezieht. Im Erinnern wird das Erinnerte a. als ein in vergangener Gegenwart absolut und unmittelbar Perti­ nentes gesetz t ; und b. als ein dennoch auch nach jener ehemaligen Entscheidung in der (neuen ) Gegenwart Mitbestimmendes und ftir sie Aktuelles, mittelbar Pertinentes gesetzt. Es ist an dieser Stelle allerdings genau darauf zu achten, daß hier nur vom ursprünglichen Erinnern durch die Einbildungskraft, nicht von dem willkürlichen Vorstellen der freien Sekundärreflexion die Rede ist25 • Auch muß dies ursprüngliche Erinnern nicht mit dem Einschauen des

Die ko nstitutiven Leistungen des Bewußtseins

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effizierenden und effiziert werdenden Momentes im wirklichen über­ gehen verwe chselt werden. Wir nennen diesen Setzungsakt mit den genannten Momenten ein Vergegenwärtigen. Vergegenwärtigen heißt nicht, zur wirklicheFt Gegen­ wart machen. Die durch den geistigen Akt in Auseinandersetzung mit dem ihm Widerstehenden realisierte wirkliche Gegenwart schließt in­ folge des Fortgehens im Prinzipiieren aus, daß etwas anderes an ihrer Stelle als wirkliche Gegenwart gesetzt wird. Wieder Vergegenwärtigen heißt, in der unmittelbaren Gegenwart des Bewußtseins neben und in­ eins mit dem unmittelbar Gegenwärtigen etwas setzen , das mittelbar, nämlich durch seinen Bezug auf das u nmittelbar Gegenwärtige, von ihm aus und in ihm, - im Bewußtsein aktuell und folglich konkret pertinent ist und als solches erlebt und erfahren wird. Erst durch die Leistung des Erinnerns und Vergegenwärtigens können wir einen werdenden Inhalt auf einen abgeschlossenen beziehen bzw. einen abgeschlossenen Gehalt zu und in e inem werdenden Gehalt im konkreten Werden hinzusetzen und mit ihm gedanklich verbinden. Eine in mancher Hinsicht ähnliche, aber doch andere Funktion hat die A n tizipatz"on. Auch in ihr wird eine durch freies Vorstellen mit In­ halt erfüllte zeitliche Setzung auf (und in) Gegenwart bezogen - eine Gegenwart notabene, die schon von sich aus mit Inhalt erfüllt wird und damit mittelbar p ertinent. Nur ist dieser antizipierte Inhalt im Ge­ gensatz zum erinnerten kein das Bewußtsein in seiner Sobeschaffenheit (faktisch-)notwendig bin dender; denn er war nie wirklich und ist nicht in den nächsten Moment m it eingegangen. Er ist immer nur ein frei ent­ worfener möglicher (wenn auch in manchen Fällen als " sehr wahr­ scheinlich Realität annehmen werdender" angesehener) Inhalt. Dieser Inhalt ist für das Bewußtsein niemals ein schon unabänderlich bes timm­ ter, sondern immer nur ein hinsichtlich ihm zukommender Realität n och unbestimm ter. (Es ist eine andere Sache, daß die Unbestimmtheit der zukünftigen Wirklichkeit für das antizipierende Bewußtsein gerade als Unbestimmt­ heit eine erhöhte mittelbare Pertinenz erlangen kann, die sogenannte " quälende Ungewiß heit ", die durch das unentschiedene Schweben des antizipierenden Vorstelleus zwischen mehreren Möglichkeiten, die uns zugleich angehen, entsteht. Bei aller Intensität, die sie erlangen kann,

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Die konstitu tiven Leistungen des Bewußtseins

bleib t diese Pertinenz doch immer eine nur mittelbare und auf die un­ mittelbare und absolutrelevante gegenwärtige bezogene. ) Die Vors tellung des zeitlichen Werdens wird, wie aus allem Gesagten hervorgeht, durch eine Reihe von geistigen Akten konstituiert. Das gleichzeitige Einschauen zweier Setzungen im Erzeugen der Einen und Hervorgehen der anderen ermöglicht die Anschauung des wirklichen Werdens eines Identischen. Die Ab lösung des Vorstellens ermöglicht die Entfaltung der Zeitanschauung, ein darauf bezogenes apponierendes Denken das Feststellen dieser Anschauung und die Entfaltung eines Set­ zungsganzen separierter appositioneller Momente in einem System von Systemen. Das Erinnern ermöglicht die Erfüllung der als vergangen ge­ dachten Momente mit Inhalt. Die frei entwerfende Einbildungskraft vermag die zukünftigen Setzungen mit möglichem Inhalt zu erfüllen. Die Primärreflexion endlich faßt in einem alles synthetisierenden Den­ ken die eingebildeten Momente zu einer Einheit zusamm en : zu einem in der Zeit werdenden, aktiv übergehenden, mit lebendiger Vergangen­ heit erfüllten, zukünftige Möglichkeiten frei entwerfenden Ich.

P RAKTISCHES ANWENDUNGSBEISPIEL I

DIE EINBETTUNG DER SINNESEMPFIND UNG IN ZEIT UND RA UM 1 . Um die Sinnesemp findungen und ihr Eingebettetsein m Zeit und Raum zu verstehen, dürfen wir nicht unkritisch davon ausgehen, daß wir körperliche Sinnesorgane, wie z. B. das Auge, haben, die uns diese Emp findungen vermitteln. Denn von solchen Sinnesorganen und der zeit-räumlichen Struktur derselben wissen wir nur durch die Sinnesemp­ findungen, auf deren Aussage wir uns müßten verlassen können 1 • Ob dies letztere der Fall ist, steht aber gerade infrage. Wir gehen deshalb nur von den Empfindungen als ursprünglichen Manifestationen des Be­ wußtseins aus. Unsere Uberlegung wird darauf gerichtet sein, die Be­ dingungen ihres phänomenalen Soseins zu erfassen. Ein anderer, häufig begangener Fehler, den wir vermeiden müssen, ist die unkritische Annahme, die Sinnesempfindungen seien das zeit­ lich Erste , was im Bewußtsein auftrete ; die Anschauungsformen, Ver­ standesbegriffe und Ideen fügten wir erst zeitlich später hinzu2 • Für eine solc he Annahme besteht gar kein berechtigter Grund ; sie ist sogar unmöglich. Die Reflexion über die Bedingungen der Möglichkeit der Empfindungen z eigt vielmehr, daß sie nicht als für sich bestehende Be­ wußtseinsinhalte gedacht werden können, sondern immer nur als Er­ scheinung an etwas Grundlegenderem, sie substantiell Tragenden, der Spontaneität. Die Empfindungen sind nur insofern ein (transzendentallogisch ) Letz­ tes, als sie reiner Gehalt und damit term inus a quo der Formung sind, die die Anschauung, der Verstand u.s.w. an ihnen vornehmen. Aber die Forme n sind ihrerseits ebenso terminus a quo, in dem allein ein derarti­ ger Gehalt auftreten kann. Die Empfindungen sind Konstitutivmomen­ te des Bewußtseins von Wirklichkeit, die nur im Zusammenspiel mit an­ deren Konstitutivmomenten jene synthetische Einheit ermöglichen, die das wirkliche Bewußtsein ist.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Die Emp findungen kommen niemals bloß und allein als solche im Be­ wußtsein vor, sondern immer nur als angeschaute und verstandene ; wir haben sie nie anders als in die Formen des Anschauens und Begreifens aufgenommen. So treten die Empfindungen z. B. stets mit e inem Grad an Intensität, als dauernd in einer Zeit, als vom Verstande von anderen Empfindungen und Nichtempfundenem unterschieden auf. J a, der Nexus zwischen Emp findungen und Empfindungen, der Nexus zwi­ schen Empfindungen und Gefühlen, ihre Verbundenheit mit Intensität, Extensität, Zeit und Raum ist es, der das eigentümliche Reich der Sinne konstituiert. Die Erfahrung zeigt, daß wir die Emp findungen verschiedener Sinne zu einer Einheit verbinden, der Wahrnehmungseinheit. Daß das als warm Empfundene aber i dentisch mit dem Schmeckbaren und Tastbaren sei, und entsprechende Relationen dieser Art, ist keineswegs selbstverständ­ lich. Es muß sich e in Grund für dieses Identischnehmen des durch ver­ schiedene Sinne Empfindbaren aufweisen lassen. Gehen wir, um die Bedingungen der Möglichkeit der Empfindung zu erkennen, zunächst von einem Grundtatbestand aus : Empfindungen müssen affizieren. Das heiß t aber, sie können nur als Hemmungen der Spontaneität im Bewußtsein auftreten. Sie sind von dieser Seite her ge­ sehen Akzidenzien an der Substanz der Spontaneität. Nur an einer sie tragenden Spontaneität können sie als Beschränkungen derselben, die sinnlich wahrgenommen werden, auftreten, und anders können sie im Bewußtsein nicht gegeben sein. Empfindungen sind also Erlebnismo­ mente im Erleben u nserer (gehemmten ) Spontaneität. Indem der Geist handelt und in diesem Handeln eine bestimmte Ver­ wirklic hung vollziehen will, findet er sich mehr oder weniger gegen sei­ ne Intention oder jedenfalls ungewollt auf eine bestimmte Realisation reduziert, als deren alleinige Ursache er sich eben deshalb nicht auffas­ sen kann. Die jeweils bestimmende Hemmung wird dabei ihrerseits nicht, son­ dern sie wird nur etwas im Geiste, weil dieser wird. Die Hemmung bloß als solche ist stehend. Sie ist nicht schon vor ihrer Aufnahme ins Be­ wußtsein in einer Zeit außerhalb desselben, so daß sie von sich aus wer­ den und selbst we rdend affizieren könnte. Nur das Ich ist dank seines spezifischen Aktes und der reflexiven Fassung desselben in eine Refle -

Die E inbettung der Sinnesemp findung in Zeit und Raum

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xionseinheit (die au f einer Reflexeinheit basiert ) als identisch dasselbe bleibend in einem Werden begriffen. Empfinden heißt also, statische Hemmungen im Bewußtsein des zeitlichen Fortgehens des identischen Ichs als Hemmungen des Handeins desselben qualitativ auffassen. War­ um diese Empfindungen oder besser: ihr Substrat, in der Zeit werdend aufgefaßt werden, wird sich im folgenden zeigen. Das Akzidenz, das die bestimmte Hemmung, die im Bewußtsein emp­ funden wird, an der Spontaneität darstell t, muß von der Seite der letzte­ ren her gesehen als ein möglicher Modus von Realisation derselben ange­ sehen werden. Von der Seite ihrer Auswirkung her aber muß die Hem­ mung als nicht von der Spontaneität kausiert betrachtet werden. Sie tritt, ohne von der Spontaneität so beabzwec kt und kausiert zu sein, zu deren Bildung nur (mit )bestimmend hinzu. Appositionen werden primär nur durch freies Kausieren erzeugt. Nun kann aber im Falle der Hemmung das sich durch sie apponierend Ein­ s tellende nicht als aus der Kausation der Spontaneität hervorgegangen angesehen werden. Der Verstand unterstellt deshalb, daß es aus einer spontaneitätsunabhängigen eigenständigen Kausation hervorgegangen sei. Die Empfindung tritt nicht nur als Akzidenz der Spontaneität auf, sondern wird auch als eigenständig verursacht gedacht. Wohlgemerkt, von der Empfindung muß nicht erst auf deren Realität geschlossen werden. Die Empfindung ist schon als Moment am Willen, nämlic h als Hemmung desselben, mit ihm ineins real. Ihre Realität ist, daß sie ein Willenszwang ist, so wie die Realität des Willens ein sich aus sich selbst vollziehendes Bestimmen ist. Nicht die Realität der Empfin­ dung, sondern nur, daß dieser Realität eine Eigenständigkeit der Hem­ mung außer dem Ich entsprechen s oll, wird hinzugedacht. Dieses Außen­ sein wird tatsächlich nicht empfunden, sondern nur gedacht - und mit welchem Recht, bleib t noch zu eruieren. Die Hemmung ist auch nicht die einzige Realität, deren wir uns bewußt wären ; und folglich gibt auch nicht nur die Empfindung Realität. Ganz im Gegenteil ist diese Realität und mit ihr die Empfindung immer nur an e iner anderen , sie grunden­ den Realität gegeben, an der Realität der eigenen Spontaneität, die im Bewußtsein konstituiert ist. Nur attendieren wir im primären Bewußt­ sein zunächst auf die Empfindung und die in dieser gegebene Hemmung, weil diese ein unerwartetes Akzidenz in unserem geistigen Werden dar-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

stellt, sich der Spontaneität, diese einschränkend, aufzwingt und als Widerfahrnis bestanden werden muß. Man muß sich an dieser Stelle sorgfältig vor der Fehlannahme hüten, das Hemmn is müsse jedenfalls als ein zunächst rein objektiv Bestehen­ des gedacht werden, das von außen ins Bewußtsein hineinkomme. Wir kennen an der Stelle, an der wir stehen, kein anderes Sein als ein Sein im Bewußtsein. Das Sein der Hemmung ist nur nicht aus der Spontanei­ tät als alleiniger Ursache zu erklären. Die Hemmung tritt jedoch immer nur im Bewußtsein auf, und die Empfindung derselben zeigt sich nie anders als im Bewußtsein. Daß sie nicht aus der Spontaneität allein kau­ siert aufgefaßt werden kann, also insofern außer der Spontaneität ange­ setzt werden muß, bedeutet nicht, daß sie auch außer dem Bewußtsein angesetzt we rden muß. Die Akzidentalität an der Spontaneität und das eigenständige Ursa­ chesein müssen im Falle der Hemmung vereinigt gedacht werden. Bloß als Akzidenz ist die Empfindung eine Selbstmodifikation der Spontanei­ täe ; als selbständig verursacht darf sie nicht aus dieser hergeleitet wer­ den. Beide Seiten sind durch bloßes Verstandesdenken nicht befriedi­ gend zu vereinigen. Das eine widerstreitet dem anderen. Aber es ist auch nicht der Verstand, der diese Synthesis vollbringt, sondern es ist die produzierende Einbildungskraft, die zwischen beiden Aspekten dia­ lektisch vermittelnd etwas produziert, was fixiert als objektive Realität, nämlich als Stoff abgesetzt wird. Alle Spontaneität ist sich manifestierende Freiheit. Alle Freiheit ist auf der Seite ihres Sichgegebenseins Spontaneität. Hier ist Freiheit, die affiziert wird, und nicht ein automaton spirituale, das nach seiner not­ we ndigen Einrichtung reagieren muß. Die Spontaneität kann sich also frei manifestieren, und das heiß t : sie kann frei Kraft aufwenden oder zurücknehmen oder Kraftaufwendung unterlassen. Ziehen wir nur die Spontaneität überhaupt in Betracht, ohne auf die Verfügung über freie Kraft in ihr zu sehen, so tritt die Affektion an ihr bloß als Hemmung auf. Wird besondere Kraft aufgeb oten, so manifestiert sich diese Hemmung als Widerstand. Bleib t der Kraftaufwand im folgen­ den Zeitmo ment derselbe und ändert sich der Widerstand nicht, so be­ finden sich Kraft und Widerstand im Gleichgewicht. Erfolgt in t 2 eine stärkere Hemmu ng, so wird die Empfindung druckintensiver4 , sei es,

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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daß keine zusätzliche Kraft aufgewendet wurde, sei es, daß dies geschah und dennoch der Widerstand stärker wurde. Wenden wir mehr Kraft auf und wird der Widerstand geringer, so schreiben wir das im Wieder­ holungsfalle unserer Aktivität zu ; wir haben dann das Erlebnis des Wir­ kens ( Bewußtsein des Krafteinsatzes und Empfindung des Nachgebens des Widerstandes )5 • Die Hemmung selbst wird n icht. Das gilt auch von ihr als Widerstand. Aller Widerstand manifestiert sich immer nur an freie Kraft aufwenden­ der Spontaneität. Es wechseln nur Empfindungen größeren oder gerin­ geren Widerstands in den Zeitmomenten, die wir durchleben ; aber diese Empfindungen werden nicht eine aus der anderen, sondern nur wir wer­ den ; und wir vergleichen die Widerstände in den verschiedenen Zeitmo­ menten, die wir durchleben. Eine stärkere Empfindung kann, wie wir gesehen haben, auch eintre­ ten, wenn keine freie Kraft aufgewendet wird. Sie affiziert dann (als im Vergleich mit der vorhergehenden Empfindung stärkere ) in einem nach­ folgenden Zeitmoment ein und dieselbe Spontaneität. Wie in der Ab­ handlung über das zeitliche Werden (vgl. S. 5 1 ) dargelegt, fallen die statischen Hemmungen in die freikausierten Setzungen des Ich mit ein, so daß sie diese mitbestimmen. Das konstituierende Grundmoment der Empfindung, die Hemmung, ist ein voluntatives Konstitutivmoment ; sie tritt nur an einer Manifesta­ tion der Spontaneität auf. Die Spontaneität wird unmittelbar einge­ schaut (intuiert ) ; die Hemmung wird empfunden und, indem sie von der Spontaneität abgegrenzt und unterschieden wird, angeschaut. Das ent­ sprechende Gefühl des Willenszustandes ist das eines Gehemmt- und Ge­ zwu ngenseins (Zwangsgefühl ) . Zugleic h mit diesem Zwang und durch ihn vermittelt wird aber auch die eigene Kraft, die gegen denselben aufge­ wendet wird, (nicht: eingeschaut, sondern : ) gefühlt (Kraftgefühl ) , denn die Kraft ist nunmehr durch den Widerstand b estimmt. Da die Empfindung nur als Zwang, d. i. als eine Determination, die nicht aus der eigenen Spontaneität kommt, auftritt, kann sie nur passiv erfahren, nicht aber aktiv produziert werden. Wir vermögen sie nur vor­ stellend zu reproduzieren. Die Empfindung manifestiert sich als etwas Materiales, Qualitatives, das als solches nicht konstruiert werden kann. Dieses Materiale (Qualitative) kann wohl einen Bewußtseinsgehalt dar-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

stellen, der in Formen gewußt wird, aber es bleibt dabei invariabel der terminus a quo aller Form ung, dasjenige, was selbst nie Form zu werden vermag. Deshalb sind die Emp findungen rein als Qualitäten schlechthin unableitbar ; sie müssen erfahren werden, um gewußt zu werden. Die Spontaneität, die affiziert wird, ist ihrerseits Wille (im weitesten Sinne dieses Wortes ). Aller Wille ist Intention, er geht auf e in Ziel. Die durch die Hemmung bzw. den Widerstand der Spontaneität aufgezwun­ gene Bildung entspricht mehr oder weniger diesem Ziel. Dementspre­ chend wird sie als m ehr oder weniger befriedigend erlebt. Diese Befrie­ digung bzw. Nichtbefriedigung wird n icht empfunden, sondern gefühlt. Das Ich vergleicht bei erneutem Empfinden die sich ihm dabei auf­ zwingende Determination m it der ihr vorhergehenden betreffs des Aus­ maß es ihres Befriedigendseins. Sie wird dabei als vergleichsweise befrie­ digender oder unbefriedigender gefühlt, d. i. dem Idealziel angemesse­ ner oder weniger angemessen angesehen. Emp findung und Gefühl sind Ausdifferenzierungen aus einer Ursen­ sation. Die Emp findung gib t die objektiv-faktische Seite, das Gefühl die subjektiv-praktische der Gegebenheit. Da die Empfindung nicht kon­ stru iert werden kann, sondern sich immer ganz von ihr aus einstellt, sind wir betre ffs ihrer und des ihr entsprechenden Gefühls von der Gunst des Zufalls abhängig. Die Spontaneität h ingegen verfügt über sich selbst. Es liegt an einem Freiheitsakt, ob wir dies oder jenes wollen ; und des­ halb liegt es auch an uns selbst und unserem Handeln, ob wir mit uns zufrieden sein können oder nicht. Nur durch Erfahrung lernen wir, daß es gewisse regelmäßige Folgen v on Empfindungen gibt und im Falle des Einsatzes freier Kraft gewisse regelmäßig konkomitierende Emp fin­ dungsfolgen. Insofern können wir allerdings indirekt dadurch, daß wir wirken, gewisse Empfindungen h erbeiführen. Der Zwang, der von dem uns Hemmenden bzw. Widerstehenden aus­ geht, kann kleiner oder größer sein. Das Äußerste, was sich in dieser Hinsicht präsupponieren läßt, ist, daß er die von ihm betroffene Sp on­ taneität gänzlich aufheben könnte6 • Wird die Gefahr einer solchen Ver­ n ichtung erlebt so kommt es zu einer spezifischen Modifikation des Zwangsgefühls, zum SchmerzgefühF . Verbleibt hingegen eine Serie von Hemmungen innerhalb des Bereichs n ur relativer Einschränkung, die die Existenz der Spontaneität nicht tangiert, so herrscht Schmerzfreiheit.

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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D e r Schmerz tritt nicht peu a peu, sondern auf einmal auf, weil e r das qualitativ andersartige Gefühl der antizipierten Vernichtung ist. Diejenige Spontaneität und freie Kraft, die von der Hemmung bzw. dem Widerstand ineffizient gemacht wird, wird vom Bewußtsein auf die die Aufhebung bewirkende Hemmung bzw. den entsprechenden Wi­ derstand übertragen : wir erleben eine ,Kraft ' und , Spontaneität ' im Af­ fizierenden, die der eigenen unterdrückten Kraft und Spontaneität kom­ p lementär ist. Wird in der Zeitfolge Affektion mit Affektion verglichen, so kann sie druckintensiver oder weniger druckintensiv befunden wer­ den. Die einander folgenden Affektionen mit ihren spezifischen Druck­ intensitäten werden in uns an ein und derselben Spontaneität und Kraft gemessen. Die Druckintensität in einer Serie von Empfindungen kann dadurch erprobt werden, daß wir sukzessive mehr bzw. weniger freie Kraft auf­ wenden. In vielen Fällen erscheint dann die Intensität seriell geordnet. Empfindungen wechseln mit Empfindungen in abgestufter Ähnlichkeit. Dem Bewußtsein scheinen diese Intensitäten kontinuierlich auseinan­ der zu folgen. Tatsächlich ist dies nur ein Schein. Denn Empfindung und andersartige Empfindung begrenzen einander nur durch ihre Ver­ schiedenheit, die stets qualitativer Art ist. Nur verleitet die abgestufte Ähnlichkeit der Qualitäten in Verbindung mit der kontinuierlich auf­ gewendeten größeren oder geringeren Kraft dazu, sie als eine quantita­ tiv kontinuierliche aufzufassen. Eine dergestalt ,kontinuierliche ' Serie von Emp findungen kann auch dann erlebt werden, wenn keine freie Kraft aufgewendet, sondern nur ein Zustand über eine Zeitstrecke hinweg erlebt wird. Dann ändert sich dieser Zustand (scheinbar ) kontinuierlich. Aber dabei sind wir auf den Zufall angewie sen, der gerade eine solche Serie abgestuft ähnlicher Emp­ findungen auftreten läßt, während wir erfahrungsgemäß durch Einsatz von Kraft leicht eine solche provozieren können. Die Größe der Druckintensität reicht von > 0 bis zu einer unbestimm­ baren maximalen Intensität, die wir mit < 11 bezeichnen können. (11 soll dabei für 11avaroc: , d. i. die gedachte Aufhebung aller Spontaneität ste­ hen. ) Wir können a priori sagen, daß jede Empfindung Intensität zwi­ schen > 0 und < 11 hat8 • Denn in jeder erscheint ja die in der Spontanei­ tät unterdrückte Kraft als Kraft der Affe ktion.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Die Qualitäten rein als solche fallen der Spontaneität nicht wie die Hemmungen zu, sondern werden aus Anlaß der Hemmungen und Wider­ stände aus dem Geiste hervorgerufen. Wir emittieren aus diesem Anlaß Qualitäten, die in Bereichen (der Ähnlichkeit ) geordnet sind. Sie kön­ nen, wie schon gesagt, von uns nicht aktiv produziert, sondern nur aktiv reproduziert werden, so daß wir auf die Erfahrung von Hemmungen bzw. Widerständen angewiesen sind, um uns ihrer bewußt zu werden. Das Verhältnis der Qualitäten zueinander in unserem Bewußtsein ist von eigener Art ; es ist nur mittelbar durch formale Bestimmungen be­ dingt (wie z . B. Extension, Nähe, Feme ), unmittelbar aber durch quali­ tative Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten. Daß diese Ähnlichkeiten bzw. Verschiedenheiten im Bewußtsein stets nur mit reinen Anschau­ ungsbestimmungen zusammen gegeben sind, die ihrerseits formal ver­ standen werden, besagt nichts über das Verhältnis der Qualitäten rein als solcher unter sich. Die einzelnen Empfindungen ordnen sich in hö­ heren materialen Bereichen, die ihrerseits hierarchisiert sind. So sind karmi nro t, purpurrot, scharlachrot u.s.w. in dem höheren materialen Bereich rot ; gelb , blau, ro t u .s.w. in dem höheren Bereich des l arbig­ seins geordnet. Farbe, Geruch, Temperaturempfindung u.s.w. sind in dem höchsten Bereich Empfindung schlechthin vereinigt. Die Ähnlichkeit der reinen Qualitäten darf n icht mit der Druckinten­ sität der Empfindungen verwechselt werden. Um diese letztere rein als solche aufzufassen, muß davon abgesehen werden, daß sie immer Inten­ sität an Qualitäten ist. Die Druckintensität als solche wird immer nur als ein Mehr oder Weniger an Hemmung bzw. Widerstand erfahren, d. h. als eine (für unser Erlebnis ,kontinuierliche ') zunehmende oder abnehmen­ de Affektion unserer Spontaneität b zw. Bindung unserer Kraft, durch welche wir unmittelb ar genötigt werden, die unserer Verfügung entzo­ gene Kraft auf das Hemmende bzw. Widerstehende zu übertragen. Des­ halb ist eine negative Intensität (< 0 ) unmöglich. Den verschiedenen Intensitätsgraden korrespondieren jeweils verschie­ dene Druckqualitäten. Doch sind diese letzteren nicht wahllos vonein­ ander verschieden, sondern von abgestufter Ähnlichkeit. Sie können deshalb durch (eine nicht ganz legitime ) übertragung quantitativ inter­ pretiert werden (z. B. die Schattierungen von grün bei sich kontinuier­ lich änderndem Kraftaufwand).

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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Unser Geist überträgt nicht nur im Erfahren von Hemmungen bzw. Widerständen Realität auf dieselben, er versteht sie auch analog zu sich selber als subsistierend. Die Hemmung bzw. der Widerstand sind für ihn das Hemmende bzw. Widerstehende (= Gegen-Stand). Er versteht sie in­ eins damit als Ursachen, wiederum analog zu seinem eigenen Kausie­ ren. Die Substanz , die hemmt bzw. widersteht, ,verursacht' die Hem­ mung bzw. den Widerstand. Es ist höchst wichtig, daß man diese Inter­ pre tation nach der Analogie unseres Geistes bemerkt. Die vor allem durch Au fbieten freier Kraft bzw. durch Nachlassen von Kraftaufwand erlebbare ,kontinuierliche ' Steigerung bzw. Minde­ rung der Druckintensität (mit etwa konkomitierenden Ähnlichkeitsab­ schattungen in den reinen Qualitäten) verleitet den Geist zur übertra­ gung des Werdens auf den Gegenstand bzw. die Hemmung. Tatsächlich wird nur das Ich, weil nur es identisch über dem Werden ist und damit Werden als solches fassen kann. Aber die kontinuierliche Veränderung im Bewußtsein (kontinuierliche Kraftgraderlebnisse begleitet von ,kon­ tinuierlichen ' Obergängen von abgeschattet ähnlichen Druckqualitäten ineinander ) seiner selbst veranlaßt das unmittelbare Bewußtsein zum Transfert seines Werdens auf den Gegenstand bzw. die Hemmung. Es ist analog wie beim Ablauf eines Filmes. Tatsächlich werden stehende Bil­ der in rascher Folge auf die Leinwand geworfen; da aber das kontinuier­ liche Bewußtsein sie fortlaufend in sich auftauchen sieht, versteht es sie unmittelbar als ,sich selbst verändernd'. So sollen auch die tatsächlich statischen und atomaren Hemmungen bzw. Widerstände selbsttätig in­ einander übergehen. " Der substantielle und Empfindungen verursachen­ de Gegenstand wird in der Zeit" - so urteilt das Bewuß tsein. Alle Hemmungen und Widerstände treten immer nur als Akzidenzien der Spontaneität des Ich auf, deren Ursache nicht in der Spontaneität des Ich liegt und überhaupt nicht erblickt wird. Daher kommt es, daß alle Hemmungen bzw. Widerstände immer nur als zufällig zwingend, also als kontingent wahrgenommen werden. Alle Affektionen sind kon­ tingent und nur faktisch (nicht wesensgesetzlich) n otwendig. Sie alle und mit ihnen alle äußeren Gegenstände tragen mit diesem Charakter der faktischen Notwendigkeit den Stempel dessen an sich, daß sie Modi­ fikationen der Freiheit sind. (Nur die Gedankenlosigkeit übersieht dies

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Praktisches Anwendungsbeispiel

und nimmt die Gegenstände als Dinge an sich, mit denen es das freie geistige Handeln nur akzidentell zu tun habe . )

2 . Die Emp fin dungen manifestieren sich i m Zeitfluß des Ich auf Veran­ lassung atomarer und s tatischer Hemmungen. Empfindung begrenzt ato­ mar Empfin dung. J ede Empfindung wird dabei als solche dadurch faß­ bar, daß sie von einer andersartigen Empfindung begrenzt wird. Wir be­ ziehen, wie schon dargelegt, die bestimmte einzelne Empfindung auf die Emp findung ihres Bereichs bzw. auf die Empfindungen, von der (bzw. denen ) sie in unmittelbarer Nachbarschaft begrenzt wird. Außer­ dem wird jede Empfindung (dunkel ) aus dem Gesamt andersartiger Emp findungen ihres Bereichs (und der höheren Bereiche ) ausgegliedert. Diese Ausgliederung ist nur möglich, weil bei aller Differenziertheit le tztlich jede Empfindung aus der Einheit der Empfindung überhaupt hervorgeht. Dieser Zusammenhang in einer le tzten Einheit ermöglicht es auch, daß b estimmte sinnliche Gegebenheiten auf andere verweisen. Dasselbe z. B., das ich als ro t sehe , kann auch als süß geschmeckt oder als we ich getaste t werden. Allen Empfindungen liegt eben ein und das­ selbe, nämlich Hemmung, zugrunde, und solche Hemmung vermag sich in vielen Fällen verschiedenen Sinnenfeldern darzubieten ; auch tritt sie stets in graduierter Intensität auf. Die Emp fin dungen, die in unserem Bewußtsein in der Zeit aufeinan­ der folgen, können gleichartig oder verschiedenartig sein . Die Verschie­ denheit kann ausschließlich in der bloßen Veränderung des Zustandes gefunden oder durch Kraftaufwand verschiedener Art zum Teil durch freie Spontaneität hervorgeru fen werden. Nur bei Verschiedenheit wird ein Wechsel in der Empfindung konstatiert. Bei Gleichartigkeit erschei­ nen die an sich atomaren (und insofern voneinander getrennten) Emp­ findungen in folge des Transferts unseres eigenen kontinuierlichen Wer­ dens auf dieselben als ,ein und dieselbe ' Empfindung. Nun haben wir in der Analyse des zeitlichen Werdens gefunden, daß zwei zeitliche Setzungen durch Einschauung unseres Kausierens zu­ gleich (obwohl nicht einander implizierend) aufgefaßt werden können, und zwar in dem Modus, daß die eine dieser beiden zugleich erfaßten Setzungen e twas wird und die andere aus etwas wird. Erweitern wir die-

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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ses Mo dell dadurch, daß wir voraussetzen, daß i n beide zeitlichen Set­ zungen Emp findungen einfallen_ Dann gilt, daß wir in beiden zeitlichen Setzungen infolge der Struktur des Zeitdynamons die in ihnen gegebe­ nen Empfin dungen zugleich und gleichzeitig empfinden können, aller­ dings immer nur im zeitlichen Modus dieser " Gleichzeitigkeit", d. i. im Modus des Auftretens in einem aktiven und in einem passiven Werden. Es handelt sich hier als o um ein einsinniges " Gleichzeitig", das ständig zugunsten eines neuen und partiell anderen einsinnigen " Gleichzeitig" au fgehoben wird. Die Empfindung in der Setzung b wird auf diese Wei­ se gleichzeitig mit der Empfindung in der Setzung c angeschaut (näm­ lich beide als Fremdmodifikation des geistigen Handeins in b und c ) . Unmittelbar danach wird die Empfindung b bereits nur mehr erinnert, während diejenige in c nunmehr gleichzeitig mit einer Empfindung in d angeschaut wird. Die auf diese zeitliche Weise mit einer anderen koprä­ sente Empfindung wechselt also allaugenblic klich aus der Perzeption in die Imagination (Erinnerung) hinüber. Je druckintensiver diese gegenwärtigen Empfindungen werden, desto me hr nähern sie sich der oberen Grenze ß . Damit aber kommen sie in einen Bereich, in dem Vernichtung der Spontaneität antizipiert wird. Geschieht dies, so wird die vom Seinswillen bestimmte Spontaneität sich au f diese lebensbedrohende Hemmung konzentrieren und punk­ tuell freie Kraft aufwenden, um sich der zunehmenden Einschränkung zu widersetzen und der eindringenden " Kraft " des Gegenstandes zu­ mi ndest standzuhalten. Derart bedrängende Empfindungen erzwingen, daß sich die Spontaneität durch Aufbringen von ihr zur Verfügung ste­ hender freier Kraft (und gegebenfalls aller derartigen Kraft ) dieser vor­ dringenden " Kraft " des Nichtichs genau hier und an dieser Stelle des Drucks wi dersetzt. Nehmen wir an dieser Stelle e inmal schon vorweg, was erst im folgen­ den entwi ckelt wird, daß Hemmungen koexis tent extensiv gegeben sein können. Dann muß die Insertionsstelle der Kraftaufwendung nicht als mit jeder Rezeptionsstelle der Emp findung zusammenfallend gedacht werden. Sin d beide Stellen voneinander getrennt, so kann die empfin­ dende Stelle als solche nicht durch Kraftaufwendung reagieren. Viel­ mehr muß die Motori k informiert werden, damit freie Kraft angewandt werden kann.

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Praktisches Anwendungsb eispiel

Wo immer die Hemmung nicht nur zustandsverändernd sich wandelt, sondern als Widers tand gegen frei aufgewandte Kraft auftritt, da findet eine Trennung von Widerstand und Kraft dergestalt s tatt, daß die aufge­ wandte Kraft dem Ich (in dem ja die Spontaneität mit dem Bewußtsein eins ist), der Widerstand aber einem Gegenst a nde, der ichunabhängig ge­ dacht wird, zugeschrieben wird. Erst an dieser Stelle erfolgt die eindeu­ tige Objek tivierung der Hemmung. Im reinen Zustandssinn (z. B. dem Thermalsinn ) können subjektive und objektive Seite noch nicht klar voneinander differenziert werden. Man erlebt verworren ineins, daß dieser Zustand sich ergib t und daß man selbst in diesen Zustand eintritt. (Z. B. " es wird warm " und " mir wird warm ". ) ( Ich spreche nicht da­ von, daß durch Zuhilfenahme anderer Sinne eine solche Zus tandsemp­ findung objektiviert werden kann - z. B. die Temperatur mit Hilfe des Tastsinns - sondern von dem, was der Zustandssinn rein für sich gibt. ) Durch die Objektivation wird das Emp fundene vom Empfindenden und dessen Aktivität differenziert. Doch ist immer noch, soweit angese­ hen, in jeder zeitlichen Setzung nur Eine Empfindung gegeben, die je­ weils durch eine und nur Eine im nächsten Zeitpunkt abgelöst wird. Zwar sind wir uns dank der Dynama-Struktur der Zeitmomente stets zweier Emp fin dungen zugleich bewußt, aber doch nur je einer Empfin­ dung in jeder der zwei ein Dynamon ausmachenden Partien, also nur in jener Gleichzeitigkeit, die dem zeitlichen Werden eigentümlich ist, keineswegs in einer räumlichen Gleichzeitigkeit. Der sinnliche Gegen­ stand ist insofern in seiner Obje ktivität dem Empfinden unmittelbar an­ liegend. Man könnte sagen: es gibt nur Nahsinn, wenn Nähe im Gegen­ satz zur Ferne an dieser Stelle schon etwas bedeuten könnte. Mit der Objektivation ist gegenüber dem bloßen Zustandserlebnis et­ was Neues gegeben. Wir empfinden nicht nur Hemmung, sondern Druck, d. i. Hemmung als Widerstand gegen unseren freien Kraftaufwand. Die Emp fin dung wird dem Kraftaufwand (der Motorik) entgegengesetzt : das Empfundene soll selbst Kraft haben und mit dieser wirken. Unse­ rem Drücken entspricht Druck auf der Seite des Gegenstandes. Der ge­ genständliche Druck wird als unmittelbar dem eigenen Drücken anlie­ gend empfunden. Durch den Drucksinn s tell t sich uns ein objektiver Druck dar, der ge­ gen die eigene freie Kraft und deren Druck in unmittelbarem Gegenüber

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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angeht. Insofern erfährt die Spontaneität diesen objektiven Druck pas­ siv ; sie wird von ihm affiziert. Das aktive Ich empfängt, wie man es pas­ send ausgedrückt hat, einen Eindruck. Ich empfinde ,fremde Kraft ' (so muß ich diese Art des Widerstandes notwendig interpretieren). Zugleich aber bin ich mir in meiner Aktivität auch des Aufwandes eigener Kraft b ewußt ; und zwar schaue ich diese letztere ein, fühle sie aber auch zu­ gleich, we il sie durch den Widerstand fixiert ist. (Denn alles, was in der Spontaneität passiv bestimmt wird, kann innerlich empfunden , d. i. ge­ fühlt, werden . ) Beim Druckerlebnis kann infolge des soeben Gesagten der Fall ein­ treten, daß mein aktives Drücken, das ich ausübe und das innerlich emp­ funden wird, zugleich mit einem Druck und ihm genau entsprechend er­ lebt wird, den ich als einen objektiv affizierenden empfinde und als äußerlich ansehe. Die Sensation der aktiven Kraft und der passiven Kraft entsprechen sich, wenn sie synthetisch aufeinander bezogen und vergli­ chen werden. Wir empfinden passiv die Kraft, die wir aktiv (sie als sol­ che aktive, fühlend) aufwenden. Ich drücke mich selbst und erleide die­ sen Druck, ihn äußerlic h empfindend. Damit ist ein Analogon zum Selbstbewußtsein in der Sinnlichkeit gegeben. Im Sichbewußtsein weiß das Ich sich ; es ist darin für sich selbst zugleich Subjekt und Objekt, welch beide unter Absehung von ihrer Verschiedenheit als identisch be­ griffen werden. Ein und dasselbe Ich bil det sich, ist also ineins Bilden­ des und Gebildetes. Das Gebildete wird dabei keineswegs als dem Ich Äußerliches angesehen (das wird es nur in sekundärer Interpretation in einem entfremdenden Auffassen ) , sondern als seinerseits bildendes Bil­ den dieses Bildens. Entsprechend ist im Falle des synthetischen Bezie­ hens der aktiven Kraft auf die passive das aktive Drücken stets gleich dem passiv empfundenen Drücken, welches letztere wiederum nicht an­ ders als ein seinerseits ,aktives Drücken draußen' b egriffen werden kann. Das aktive Drücken in mir wird als Kraftaufwand innerlich empfunden ( ,Kraftgefühl '). Dem passiv erleb ten Druck draußen wird in diesem be­ sonderen Falle , da er ja identisch mit dem aktiven Druck, den ich selbst aufwende, sein soll, ein ihn begleitendes inneres Empfinden aktiven Druckes zugesprochen. Wir erhalten auf diese Weise im Empfinden die Doppelung von Aktivität und Passivität, die derjenigen des Selbstbe­ wußtseins entspricht.

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Pra ktisches Anwendungsbeispiel

Das beschriebene synthetische Druckerlebnis begrundet das Erlebnis des eigenen Leib es. Man muß den Leib an dieser Stelle nur nicht in der Weise der Naturwissenschaft verstehen, sondern rein philosophisch . Zum Leib im philosophischen Sinne können nur die Stellen der unmit­ telbaren Motorik und des unmittelbaren Sensoriums gerechnet werden , also die Stellen, wo der passive Druck als unmit telbar anliegend unse­ rem Emp finden oder wo der aktive Druck als unmittelbar die Hemmung modifizierend erlebt wird. Nur dadurch, daß es möglich ist, unmittel­ bares Mo torium und Sensorium als synthetische Einheit zu fassen, kann innerlich empfundene Kraft mit äußerlich empfundenem Widerstand zu einer Einheit synthetisiert werden. Meine aktive (eigentlich nur inner­ lich empfindbare ) Kraft ist dieselbe Kraft, die äußerlic h als Druck pas­ siv erfahren wird ; und eben dadurch ist sie der Anfangspunkt des Objek­ tiven in der Außenwelt. Sie stellt sich äußerlich als ein eigenständig Wir­ kendes (und als solches passiv Empfindbares) dar, das eben deshalb als objektiv-außenseiend angesehen werden muß.

3 . Kehren wir zum Druckerlebnis eines Druckes, der nicht selbst erzeugt, sondern nur erli tten wird, zurück. Wir haben schon gesehen : wird der Widerstand als existenzbedrohend erlebt, so wird die eigene freie Kraft zur Befreiung von der eindringenden ,Kraft ' angesetzt und au f die ge­ genwärtige Empfindungsstelle konzentriert. Ist die freie Kraft, die gegen den Druck von außen aufgewandt wird, siegreich, so wird der Wider­ stand mo difiz iert. Es ist aber auch der Fall möglich, daß frei aufgewendete Kraft und eindringender Widerstand in ein Verhältnis des Gleichgewichts geraten. Dauert dieses Gleichgewicht eine gewisse Zeitlang an, so wird ein konti­ nuierlicher Zustand dieser Art erleb t. Besteht dabei keine Gefahr der Erschöpfung unserer aufzuwendenden Kraft, so hat dieser Zustand nichts bedrohliches für uns. Wir stellen uns dann auf einen solchen Zu­ s tand ein . Es versteht sich, daß hierbei auf Grun d der mit der Druck­ emp findung erfolgenden Objektivierung ständig die Gegenwart eines Gegenstandes erlebt wird. Ab er dieser Gegenstand bedrängt uns nicht ; das Ich kann sich ihm gegenüber detachiert verhalten. Es braucht nicht eine erhebliche oder gar seine gesamte Kraft ausschließlich auf die Ab-

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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wehr des ein dringenden Drucks a n dieser Empfindungsstelle z u konzen­ trieren. Vielmehr bleibt genügend ungebundene freie Kraft zur weite­ ren Disposition. Dieses Detachement ermöglicht einen neuen Entwicklungsschritt , durch den über bloße Zustands- und Druckempfindungen hinausgegan­ gen werden kann. Es erö ffnet sich nämlich die Möglichkeit einer Expan­ sion des Empfindens in der Weise, daß m ehrere Empfindungen in einem unzeitliehen Mo dus zugleich empfunden werden können. Das Empfin­ den kann deklinieren, sich zerstreuen, expandieren. Ein solches durch Zerstreuung erfolgendes Deklinieren muß von den damit zugleich auftretenden Empfindungen immer wechselweise erfol­ gen. Wäre das nicht so, so würde nur, wie im zeitlichen Fortschritt, von einer Empfindung in der zweiten Setzung eines Dynamons 1 (s 2 ) zu einer anderen Emp findung in der zweiten Setzung des Dynamons 2 (s " ) fortgegangen; und da s 2 = s ' ist, würden beide Empfindungen im spezi­ fisch zeitlichen Modus der Gleichzeitigkeit empfunden. Dieses zeitliche Zugleichsein ist hier aber nicht gemein t, sondern ein Zugleichsein von neuer und, wie sich zeigen wird, räumlicher Art. Es genügt n icht, anzusetzen, daß E 1 und E 2 in einem und demselben Zeitpunkte miteinander vorkommen; denn dann blieben sie als atomar­ statische Setzungen trotz ihres zeitlichen Miteinanderseins ohne Konti­ nuität zueinander. Hier hingegen soll wechselweise von E 1 zu E 2 und von E 2 zu E 1 übergegangen werden, und zwar nach folgendem Schema: s1

-- - --+

d1

s2 \II

s' E1 E2

d2

s" E2 E1

E 1 und E 2 werden nach diesem Modell nicht nur gleichzeitig in s2 = s ' emp funden (wobei sie ohne Kontinuitätsbezug aufeinander bleiben ) , sondern wir gehen auch i n ein und demselben Dynamon wechselweise von einer zu der anderen über. Erst durch dies letz tere wechselweise Obergehen wird ein unzeitlicher Kontinuitätsbezug zwischen ihnen ge­ schaffen.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Verschiedene Emp findungen als solche können nicht kontinuierlich ineinander übergehen, sie sind atomar und s tatisch ; die eine wird durch die Andersartigkeit der anderen begrenzt. Aber der Geist kann außer dem Modus zeitlichen übergehens e inen anderen Modus des übergehens vollziehen und ein Kontinuum realisieren, in dem die verschiedenen oder gleichartigen Empfindungen als ,kontinuierende ' genommen werden können. Das kontinuierliche übergehen in der Wechselvermittlung läßt die Emp findungen in einem kontinuierlichen Zusammenhang erschei­ nen: der Übergang in den formalen Setzungen der Wechselvermittlung ermöglicht es, die Empfindungen als ,kontinuierende ' in einem und dem­ selben Medium aufzufassen. Geschieht das, so tritt die Empfin dung nicht mehr nur, wie zuvor, in tensiv , sondern n och in einem zweiten Modus, nämlich extensiv auf. Auf diese Weise sind die Empfindungen, die gleichzeitig empfunden werden, nicht mehr (sieht man von ihrem Vorhandensein im Kontinu­ um der Zeit ab ) voneinander separiert, sondern in einem gemeinsamen Nexus, der schlußendlich die gemeinsame ,Welt außer uns' gibt, befaßt. Diese Extension setzt zwei Gegenstände und zwei Bewußtseinsstrahle voraus. Es ist dabei gleichgültig, ob man dies Verhältnis so ansetzt, als ob Ein Bewußtsein auf zwe i Objekte ginge, oder so: als ob zwei Bewußt­ seinsstrahle auf Ein Objekt gingen. Die zuletzt gebrauchte Formel hebt allerdings etwas heraus, das leicht übersehen wird aber wesentlich ist. Nur we nn zwei Objekte unbeschadet ihrer materialen Differenz formal als Ein Objekt gesehen, also partiell identifiziert werden, kann Exten­ si O n sem. Der extensionale Obergang hat mit dem zeitlichen Obergang gemein, daß seine Setzungen unterscheidbar, aber nicht wohlunterscheidbar sind. Die Objektivität muß als nicht wohlunterscheidbar ineinander übergehend aufgefaß t werden. J e des einzelne Objekt zeigt dabei zwei , Seite n '. Von der , Seite ' der Verschiedenheit ist es nicht mit dem ande­ ren identisch ; von der ,Seite' der Einheit ist es mit dem anderen partial­ identisch. So wie s 2 in Dynamon 1 nicht nur eine Setzung in diesem , sondern bereits s ' in Dynamon 2 ist, so ist in der Elementarextension Ex 1 a als a 2 bereits identisch mit a' in Ex 2 , und damit partial-identisch mit a in Ex 2 . Umgekehrt ist infolge des wechselweisen Übergangs a' in Ex 2 partial-identisch mit a 2 in Ex 1 · In diesem formalen Kontinuum

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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der Ex tension , das die reine Anschauung erstellt, erscheinen die einge­ lagerten Empfin dungen in der ,Kontinuität' einer gemeinsamen Außen­ welt gegeben. Die No twendigkeit dieser partialen Identifizierung bringt es mit sich , daß wir das Extendierte immer nur von einem Identitätszentrum aus auffassen können. Auch in einer ins Unendliche weitergehenden Exten­ sion findet sich für diese immer Ein Fokus, von dem die gesamte Ex­ tension gehalten wird. Der Fokus ist, soweit gesehen, das Zentrum der objektiven Identität des Ex tendierten, in dem alles Ausgedehnte zusammenhängt. Aber der empfundene Gegenstand grenzt unmittelbar an unser empfindendes Innere an, das wir durch die Ermöglichung des Drucks auf uns selbst zugleich als (Ausgangs ) Stelle in der Extension auffassen. In dieser Rück­ sicht ist der Fokus s tets der Obergangspunkt unseres Innen ins Außen. (In der Folge können wir den Fokus auch durch freie Imagination von dieser übergangsstelle abheben und in die Tiefe versetzen. ) Vom Fokus als Übergangspunkt m eines geistigen Handeins zur objektiven Gegeben­ heit aus !Jeginnt die Konstruktion eines extendierten Außen ; er hält als solcher Ausgangspunkt zum Außen die gesamte Extension und das in ihr Extendierte . Die Extension ist im Falle der Expansion durch Wechselvermittlung , flächenhaft ' und nicht wie im Falle der zeitlichen Erstreckung Iinien­ haft. Im zeitlichen Werden kann ausschließlich immer nur einseitig fortgegangen werden (von s 1 zu s 2 ; von d 1 zu d 2 ) ; im Übergang gibt es in diesem Falle immer ein " von her" und ein " zu hin " in einseitiger Folge. In der Extension gib t es in jeder zeitlichen Setzung zwei Setzun­ gen, zwischen denen wechselweise vermittelt wird. Die jeweils andere Setzung steht also nich t unter dem Zwang der Einseitigkeit. Die zweite Setzung ist in q schon da; nur die Wechselvermittlung mit der je anderen fin det im Zeitablauf statt (nämlich in einem Dynamon ). (Dies ist aller­ dings auch der Grund dafür, daß der Raum nur in zeitlichen Akten rea­ lisiert wird. ) So kann jede Setzung der Extension terminus ad quem und terminus a quo sein. Dies eröffnet die Möglichkeit, daß ein und dieselbe extensive Setzung in Einer Hinsicht terminus ad quem und in anderer Hinsicht terminus a quo für verschiedene andere Setzungen ist. Es kann also in verschiedenen Verhältnissen wechselvermittelt werden.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Da jede Grundpartie der Extension im Ganzen Einer Extension ange­ setzt wird, wird kraft der Erinnerung die extensive Identität von a 2 = a 3 im kontinuierlichen Zusammenhang mit der präsenten extensiven Identität a2 = a1 vorgestellt, so daß a2 unter der übergreifenden Identi­ tät der Extension schlechthin als Einheit beider Extensionen gesehen wird. Auf diese Weise sind alle Teilextensionen in einer einzigen Gesamt­ extension enthalten, die immer irgendwo ihren Fokus hat. Aber es kann im zeitlichen Fortgang nicht nur zu Einer, sondern zu beliebigen an­ deren unmittelbar sich eröffnenden Setzungen - freilich immer nur je­ weils zu unmittelbar folgenden - e xtendiert werden. Damit ist der Kon­ struktion ein freies Feld eröffnet, in welcher Richtung zu welchen m ög­ lichen Mitsetzungen sie sich vollzieht. Von Tiefe können wir allerdings an dieser Stelle überhaupt noch nicht sprechen, und insofern ist auch der Ausdruck " Fläche " für die Extension der Empfindung, wie wir sie hier vor uns haben, nur im übertragenen Sinne zu gebrauchen. Die Be­ ziehung auf geometrische Erstreckungen und ihre Möglichkeit ist erst noch zu untersuchen.

4 . So weit wir entwic kelt haben, können Extension und Intensität zwar nebeneinander im Bewußtsein gegeben sein , vereinigt im jeweiligen Zeit­ mome nt am Empfundenen, aber sie sind noch in keinem übergeordne­ ten gemeinsamen (außerzeitlichen ) Kontinuum vereinigt. Sinnliche Qua­ litäten dieser Entwic klungsstufe erscheinen objektiviert, mit spezifi­ scher Druckintensität und in einer Extension, die in einem Fokus zen­ triert ist. Von solcher Art sind die Tastempfindungen (die von den Druckemp findungen scharf zu unterscheiden sind), z. B. hart, rauh, glatt u.s.w. Bei Empfindungen dieser Art ist wie bei allen objektivierten Empfin­ dungen die Motori k erster Art, die im Einsatz freier Druckkraft besteht, im Spiele , darüber hinaus aber noch eine Motorik zweiter Art, die in einer Veränderung ohne veränderten Einsatz von freier Druckkraft auf einer Grenze konstanten Widerstandes besteht. In dieser letzteren wird ohne Veränderung des aufgewandten Drucks frei wechselweise dekli­ n iert (= expandiert ).

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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Im Druckerlebnis steh t ichliehe Kraft gegen nichtichliehe Gegen­ ,kraft ' ; es ist als o das Erlebnis der Auseinandersetzung mit dem äußeren Gegenstand und der Bewältigung desselben. Im Tasterlebnis kann von dieser Aufgabe der Bewältigung abstrahiert werden ; hier beschäftigt die Aufme rksamkeit ganz vorwiegend das Verhältnis der gegenständlichen ,Kraft 'setzungen zueinander. Infolgedessen ist der Tastsinn erhöht ein bloß objektiver Sinn. Deklinationen und von diesen wieder andersartige Deklinationen er­ folgen in diesem Sinnenfelde ohne Änderung im Ausmaß der eingesetz­ ten Druckkraft. Wohl bedarf es einer besonderen Initiation in der Spon­ taneität, um die Richtung der Wechselvermittlung zu ändern ; aber die­ ser Initiierungsimpuls ist von dem druckverändernden Impuls verschie­ den. Die jeweils im Wechseldeklinieren verwirklichte Vermittlung setz t allerdings jeweils die Vermittelbarkeit auf diese Weise als vorgängig be­ stehend voraus, und das Wechseldeklinieren bleibt allerdings an die Ord­ nung möglicher Vermittelbarkeit gebunden. Aber diese Ordnung der Vermi ttelbarkeit ist eben im Gegensatz zu derjenigen in zeitlicher Rück­ sicht eine plurip otentielle. Es kann von a nach b, c, d . . . , es kann aber ebensogut auch nach ß, -y , o . vermittelt werden. Zwar erfolgt in Einem Zeitm oment nur Eine dieser möglichen Wechselvermittlungen ; aber in einem anderen kann eben die Eine Setzung der b eiden aus dieser ersten Wechselvermittlung erneut gleichzeitig mit einer dritten Setzung vermittelt werden. Au f diese Weise erstellen wir in der Zeitfolge die von uns konstruierte (Gesamt)Extension. Beide Ordnungen, die der Extension und die der Intensität, werden als kontinuierliche erlebt. Der Druck scheint kontinuierlich zu wachsen b zw. abzunehmen, die Extension ist kontinuierlich expandiert. Freilich ist zwischen beiden Kontinuitäten in Wahrheit ein entscheidender Un­ terschied. Die Kontinuität der Intension ist zwar subjektiv die des Wer­ dens des Ich, aber objektiv ist sie eine solche von einander ähnelnden Druckqualitäten, die für eine genaue Nachprü fung doch stets wohlunter­ schieden voneinander sind und deren Wohlunterschiedenheit nur über­ sehen wi rd; die Kontinuität in der Extension ist schon objektiv als rein­ anschauliche eine solche der Nichtwohlunterscheidbarkeit. Auch in die­ ser reinen Extension sind allerdings die in ihr ausgebreiteten Qualitäten, soweit sie voneinander verschieden sind, stets wohlunterscheidbar. .

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Auch hier wird freilich diese Wohlunterscheidbarkeit bei kleinsten Un­ terschieden in der Ähnlichkeit häufig übersehen. Es liegt nahe, daß diese beiden ,Kontinuitäten' miteinander in Bezie­ hung gebracht und unter gewissen Umständen als eine und dieselbe Art von Kontinuität angesehen werden. Geschieht das, dann entsteht ein ob­ jektives Gesamtkontin uum nichtzeitlicher Art, in dem die Eine Konti­ nuität als von gleicher Art mit der anderen Kontinuität aufgefaßt wird : die Serie der Intensität wird als Serie der Ex tension aufgefaßt. Wir stel­ len uns jede einzelne Intensität wie eine Extensionssetzung auf einer extensiven Erstreckung liegend vor. Zu der , Fläche ' kommt Tiefe hinzu . überall , wo wir Druck empfinden, projizieren wir dann derartigen Druck als pun ktuell gegeben auf einer Extensionslinie und in einem Ex­ tensionsfeld (zu der schon erfahrenen Ex tension zusätzlicher Art ). Da­ mit wird aber (von sich aus auf uns drückende) Gegenständlichkeit auch abgehoben von der Immediatstelle " wahrgenommen ". Dies ist nun gera­ de die Art und Weise, wie wir ursprünglich Materie vorstellen: als " schwer", d. i. drückend in einem Felde und damit auch außerhalb des Fokus. Tatsächlich empfinden wir Druck ja immer nur auf den Imme­ diatstellen ; aber wir projizieren ihn auch in eine Ex tension neuer Art (analog zur Tastextension ) und damit in die Tiefe. Dies geschieht, wohl­ verstanden , nicht etwa nur bloß-imaginierend, sondern es geschieht im Empfinden. Wir erhalten auf diese Weise Tiefensensibilität. J etzt kann die Gegenständlichkeit auch als abständig von der Stelle unmittelbaren Druckerleidens empfunden werden. Da es sich um die Extension der Intensität handelt, die Intensität aber durch Einsatz freier Kraft als (punktuell konzentriert ) widerstän­ dig erlebt wird, so versteht es sich, daß die Tiefe vor allem in der Rich­ tung des freien Kraftaufwandes angesetzt wird ; der Druck wird als vor allem in dieser Richtung extensiv-entfernt liegend angesetzt. Aber die Extension ist als solche nicht linearer, sondern , flächen 'artiger Natur; und so wird der entfernt liegende Druck auch als in einem Felde sich befindend empfunden. ( Lagesinn ! ) Der Druck, als gleichbleibend gegen unseren freien (unangestrengten ) Krafteinsatz emp funden, erlaub t eine Expansion der Empfindung. So emp finden wir nun Qualitäten expandiert in der Ferne (Gerüche , Far­ ben ) , wie wir Qualitäten expandiert in Immediatobjektivität empfinden

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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(Geschmäcke, Tastqualitäten). ( Der impräzisen Extension des Ge­ schmacks entspricht hierbei die impräzisere Lokalisation des Geruchs in der Ferne ; der präziseren Extension des Getastes die präzisere Exten­ sion der Farbe in der Ferne. ) Mit der Projektion der Intensität auf eine Extension eigener Art (Tie­ fe ) , die aber als gleichartig mit der Extension der wechselseitigen Dekli­ nation in der Zone des Kraft-Gegenkraft-Gleichgewichtes angesetzt wird, ist der entscheidende Schritt zur Erfassung unserer Sinnesempfindungen in Einem einzigen Kontinuum getan. Wir kombinieren beide Motoriken, die des Druckaufwendens und des Wechseldeklinierens miteinander und mit der Sensation in beiden Empfindungsbereichen (nämlich den Berei­ chen der Verschiedenheit in der Druckintensität und der bloß qualita­ tiven Verschiedenheit in der Extension). Druck- und Tasterfahrung wer­ den synthetisch vereinigt (so wie auf viel primitiverer Stufe die bloße Veränderung des Zustandes mit der durch Krafteinsatz hervorgerufenen Veränderung im Empfinden synthetisch vereinigt wurde). Wir empfin­ den Druck "in der Tiefe ", obwohl wir in Wahrheit nie in der Tiefe zu einem Empfinden kommen, sondern immer nur an den Immediatstel­ len9 . Wir antizipieren z. B. ein in der Tiefe Drückendes als dort auch tastbar, so wie wir das an der Immediatstelle Getastete als einem auch in der Tiefe Drückenden "vorgelagert" auffassen. Wir erhalten auf diese Weise Druck- und Tastqualitäten in der Ferne : Farbe als Getast in der Ferne; Geruch als Geschmack in der Ferne10 ; dem sinnlichen Erfassen des Immediatdrucks entspricht ein s olches von Druck aus der Ferne. Immer ist b ei dieser Verlegung in die Ferne Voraussetzung, daß nicht nur das ,Kontinuum ' der Intensität mit dem Kontinuum der Extension als gleichartig behandelt wird, sondern daß auch das extensiv zu gleicher Zeit mehrfach Empfundene in einem Fokus identifiziert wird. Zwei Be­ wußtseinsstrahle - physisch repräsentiert durch zwei Organe gleicher Art : 2 Augen, 2 Ohren, 2 Gleichgewichtsorgane, 2 Nasenflügel - müs­ sen zwei Objekte als partial identisch auffassen, wie zuvor dargelegt. Dies letztere gelingt, wenn die paarweisen Organe in der partiellen Identifizierung ihres Gegenstandes variieren können. Dazu ist eine Ver­ änderung des Verhältnisses des Organs zum Gegenstand notwendig, die entwe der durch unmittelbar aktiv-motorische Veränderung der Rich-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

tung des Sinnenstrahls erwirkt werden kann oder durch mittelbare mo­ torische Veränderung des Gegenstandes selbst- Wir haben bewegliche und ,forttragbare ' Sinne_ Es sei ausdrücklich hervorgehoben, daß der Sinnenraum , dessen Kon­ struktion wir jetzt verfolgt haben, nicht einfachhin mit dem geometri­ schen Raum zusammenfällt. Die Interpretation des Intensitätskontinu­ ums als eines Extensionskontinuums beruht auf einer Gleichsetzung kontinuierlicher Quantitäten, die tatsächlich nicht gleich sind. Trotz der Identifizierung bleib t der Druck intensitätsdominant, das Getast exten­ sitätsdominant. Die Kontinua werden nur prinzipiell als gleichwertig behandelt ; Breite wird gleich Tiefe genommen und umgekehrt. Aber die Tiefe wird durch die Intensitätsdominanz anders als die Fläche erlebt. In der Geometrie hingegen ist kein Unterschied zwischen den verschie­ denen Dimensionen. In der Sinnenwelt aber besteht eine solche Diffe­ renz, und sie kann für das Sinneserlebnis nicht völlig aufgehoben wer­ den. Die Sinnesempfindung ist von der Seite ihrer Intensität her mit einer mo torischen Reaktion gekoppelt. Wir können keinen Eindruck empfan­ gen, ohne uns dazu zu verhalten. So empfinden wir keinen Ferndruck, ohne uns darauf lagemäßig einzustellen (Gleichgewicht ) . Auch tritt ein qualitativer Wandel in der motorischen Reaktion ein, wenn Vernichtung der Spontaneität und freien Kraft apprehendiert wird: die Kraft wird dann gegen den Fremddruck an einem Punkt konzentriert aufgewendet. Unsere jeweilige Empfindung ist nicht nur das Resultat einer Ausein­ andersetzung mit der jeweils zugrundeliegenden Hemmung; sie ist auch durch die vorhergehenden und angrenzenden Empfindungen modifi­ ziert, so wie die motorische Reaktion des Augenblicks durch die moto­ rischen Reaktionen und Aktionen, die vorhergingen oder sie begleiten, mitbestimmt wird. Die tatsächliche, auf die zuletzt dargelegte Weise in der Raumtiefe angesetzte Empfindung füll t immer nur ein begrenztes Empfindungs­ feld, das in einem Fokus zentriert ist. Dieses Breite und Tiefe aufwei­ sende Empfindungsfeld wird als innerhalb eines homogenen geometri­ schen dreidimensionalen Raumes liegend angesehen, dessen sämtliche Stellen zwar nicht empfunden, aber - soweit nicht empfunden - als emp findbar aufgefaßt werden. Aus diesem Gesamtraume heben wir stän-

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dig Felder von wirklich Empfundenem aus, innerhalb welcher wir ge­ richtet von Empfindung zu Empfindung fortgehen und ineins damit den Fokus verlagern. Wir stellen uns aber ergänzend vor, daß die jeweili­ ge Empfindung an ihrer Stelle aus jeder Richtung erreicht werden könn­ te, nicht bloß aus derjenigen, aus der wir sie tatsächlich erreichen. Da­ durch ergibt sich für uns die Vorstellung e iner im Raum selbständig ste­ henden und ihn erfüllenden Materie. Um die partielle Extension einer Gruppe von Empfindungen als Ein­ heit bewußt zu erfassen, wird vom Geiste eine räumliche Anschauungs­ gestalt entwo rfen, indem die primäre Tiefe und Breite sekundär nachge­ b ildet wird. Entsprechendes gilt übrigens auch von der Zeitgestalt eines Empfindungskomplexes ; auch da muß der spezifische zeitliche Fluß in einer Gestalt gefaßt werden. Wir sprechen z. B . das Gehörte innerlich nach, um es gestalthaft zu erfassen (und zu verstehen ). Diejenigen Empfindungen, die sich rasch ändern, erweisen sich dabei als psychisch zeitdominant, während die häufiger gleichbleibenden Emp­ findungen Raumdominanz aufweisen. Künstlich kann man solchen zeit­ bzw. raumd ominanten Sinnen aber auch einmal die entgegengesetzte Funktion zuweisen ; man kann z. B. die Töne den Eindruck des Stehens und die Farben den des raschen Flusses ( Farbenklavier ! ) vermitteln las­ sen. Es handelt sich eben nur um Dominanz, nicht um ausschließliche Funktion. Auffälligerweise haben wir Einen Sinn, der nur Fernsinn ist, d. h. dem nicht ein ähnlicher Sinn als Nahsinn entspricht (wie das z . B . beim Geruch der Geschmack, beim Gesicht das Getast, beim Ferndruck der Imme diatdruck tat) - der Gehörsinn. Da jeder Fernsinn (zumindest mittelbar ) von einem Nahsinn deriviert ist, so muß auch das Gehör ir­ gendwo in e in em Nahsinn vertreten sein, sei es auch nur mittelbar. Das Gehör scheint noch einmal von einem ihm vorgängigen Fernsinn deri­ viert zu sein , nämlich von dem Sinn für den Druck aus der Feme. Was wir hören, hat auch immer eine Tonstärke, die zugleich eine bestimmte Stärke des Drucks ist. Von der Seite s einer Stärke her vermittelt uns der Ton ( Fem- )Druck, der als Immediatdruck existenzgefährdend werden könnte. Konzentriert s ich das Bewußtsein auf diejenige Seite des Tons , d i e nicht d i e d e s Drucks i s t , so erfaßt es die Ton,farbe ', d. h . etwas der Sehfarbe Analoges.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Als ausschließlicher Fernsinn steht das Gehör konträr dem reinen Zu­ standssinn (Temperatursinn) gegenüber. Der Ton vermittelt uns einen Gegenstand, der sich nicht nur als Objekt außer uns befindet, sondern der auch stets durch seine Ferne vor e iner eigentlichen Greifbarkeit, da­ mit ineins aber auch vor jeder Verschmelzung mit unserem subjektiven Zustand bewahrt bleibt. Der Ton hat keine Nahstelle ; zu ihm gehört auch kein entsprechender Nahsinn, durch den eine analoge Empfindung uns einen unmittelbar an der Empfindungsstelle gegebenen Gegenstand entdecken könnte, so daß die Empfindung der Gegenständlichkeit mit der des eigenen Zustandes in Eine Empfindung zusammenfließen könn­ te1 1 . Durch diese Beschaffenheit eignet sich der Ton besonders dafür, Träger von Zeichen zu sein, durch die s ich e in Fremdich für uns mani­ festiert. Als ausschließlicher Fernsinn kann das Gehör immer nur fein­ determiniert werden ; wir brauchen bei ihm keine grobe Immediatdeter­ mination zu befürchten, nicht einmal in einem ihm entsprechenden Nah­ sinn. Der Ton ist deshalb der geeignetste Sinn, uns nur anzudeterminie­ ren, da ihm ein Pendant, das voll determinieren könnte, abgeht. Ich und Fremdich kommunizieren zwar über den Ton, können aber in diesem Empfindungsbereich niemals miteinander verschmelzen (so wie umge­ kehrt beim bloßen Zustandssinn die objektive Ablösung nicht möglich war). Die Extension wurde möglich, weil ein die Eigenkraft nicht erschöp­ fendes Kraft-Gegenkraft-Gleichgewicht den konzentrierten Einsatz frei­ er Kraft unnötig machte_ Tast- und Geschmacksempfindungen haben deshalb nicht die existenzrelevante Bedeutung der Druckempfindung. Existentiell sind wir vom Druck am meisten betroffen und bedroht. Im Vergleich zu dieser Relation von Druck- und Flächenempfindung er­ scheinen die Fernempfindungen als existentiell weniger relevant1 2 in zweiter Potenz1 3 . Das Gesicht kündigt uns nur an, was wir tasten könn­ ten14 , der Geruch nur, was wir schmecken könnten. Der Ferndruck kün­ digt uns nur an, was wir immediat an Druck erleben könnten. Die Verle­ gung in die Feme täuscht eine völlige Ablösung der betreffenden Emp­ findungen von unserem Leib e vor, die tatsächlich nicht gegeben ist. Aber in der vierfachen Stufung: Zustandserlebnis, unmittelbares Druck­ erlebnis, Flächenerlebnis und Fernerlebnis spiegelt sich eine vitale Di­ stanzierung, die der abnehmenden vitalen Existenzpertinenz entspricht.

Die Einbettung der Sinnesempfindung in Zeit und Raum

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Umgekehrt wird mit dem Nachlassen des Engagements eine bloß theo­ retische Objektauffassung in zunehmender Annäherung möglich.

P RAKTISCHES ANWENDUNGSBEISPIEL II

D UR CH DIE S TR UKTUR DER ZEIT BEDING TE GESETZE DES GESCHICHTLICHEN SEINS 1. Man hat im Laufe der Entfaltung der Philosophie die Philosophie der Geschichte stets viel zu hoch angesetzt. Man wollte sogleich eine Inter­ pretation unserer speziellen Geschichte , ohne sich zuvor um eine grund­ sätzliche Philosophie von Geschich te überhaup t bemüht zu haben. Offensichtlich kann aber eine spezielle Philosophie der Geschichte nur auf einer grundsätzlichen aufbauen. Zunächst müssen die Prinzipien der Geschichte überhaupt, und das ist: jeder Art von Geschichte, eru­ iert sein, bevor eine spezielle Geschichte wissenschaftlich verstanden werden kann. Davon abgesehen, wurde auch der Begriff von Geschichte nicht ele­ mentar genug angegangen. Geschichte wurde als Histori k (Geschichts­ wissenschaft ) genommen. Die Histori k stellt aber eine höherstu fige Re flexion über etwas dar, das ihr voraus- und zugrundeliegt, das (un­ mittelbar erlebte ) geschich tliche Geschehen selbst. Auch in dieser Hinsicht bedarf es einer vorgängigen Klärung des Wesens geschicht­ lichen Geschehens, um zureichend eine Historik in dem, was sie wis­ senschaftlich sein muß und kann, zu bestimmen und zu erstellen. Ein dritter Mangel der bisherigen Geschichtsphilosophie ist, daß das Spezifische, was die Geschichte zur Geschichte macht, nicht deutlich oder sogar überhaupt nicht erkannt wurde. Als höherstu fige Wissen­ schaft grei ft die Geschichtswissenschaft au f eine ganze Reihe von Hilfs­ wissenschaften zurück, mit denen sie aber deshalb nicht identifiziert werden darf. Wie sich die Physik der Mathematik zwar bedient, aber deshalb keineswegs mit ihr zusammenfällt, so bedient sich die Ge­ schichtswissenschaft z. B. eventuell des Wissens von soziologischen Ge­ setzlichkeiten, ohne deshalb doch mit der Soziologie zu koinzidieren. Die Geschichtswissenschaft ist überhaupt keine Wissenschaft vom Typus der induktiven Erfahrungswissenschaften (wie auch keine solche vom

Gesetze des geschich tlichen Seins

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Typus der reinen Formalwissenschaften ) . Ihr Gegenstand sind keine faktischen Gesetzmäßigkeiten, sondern ein durch seine spezifische Struktur einmaliges Geschehen 1 • In der Basis ist die Geschichtswissen­ schaft deshalbt Historie, d. i. in Erfahrung gründende Feststellung des je einzelnen Faktums als solchen. Aber Historie ist nicht Geschichts­ wissenschaft ; sie gib t nur eine Fundamentalp osition, au f welcher die Geschichtswissenschaft aufbauen kann. Die einzelnen Fakten sind in einer ganz bestimmten Weise für die Geschichtswissenschaft zu einer einmaligen Einheit verknüp ft, wobei diese Verknüp fung auf der spezi­ fischen Gesetzlichkeit der Geschichte beruht. Wir wollen uns nun im folgenden fragen, welche Gesetzlichkeiten sich aus der Bewußtseins- Struktur der Zeit für die Wissenschaft von der Geschichte überhaup t, und zwar als Wissenschaft des geschichtlichen Geschehens - nicht nur der historischen Fakten -, in ihrer spezifischen Eigenart als Geschichtswissenschaft stringent ableiten lassen. Wir fragen also nach den spezifischen Wesensgesetzen der Geschichte als solcher, wie sie sich aus den Gesetzen des zeitlichen Werdens ergeben. Bloße Historie ohne jede Herstellung eines geschichtlichen Bezuges bestünde in der bloßen zeitlichen Apposition einzelner Fakten und dem Wissen um diese Zuordnung. Im Zeitpunkt t 1 war dieses, und im Zeitpunkt t 2 war jenes. Die Fakten werden auf diese Art zwar nicht ordnungslos angesetzt, doch untereinander - außer daß sie in Einer und derselben Zeit vorkommen - nicht weiter miteinander verknüpft. Nun hat sich uns aber in der Analyse der Zeit ergeben, daß die einzelnen . Setzungen zumindest immer in Ei nem Bewußt-Sein, subjektiv und ob­ jektiv also in Einer Einheit vorkommend gesetzt werden müssen. (S. 6 fg. ) Alles, was die Historie feststellt, ist wenigstens auf diese Weise aufeinander bezogen. Die Überlegungen über die Struktur des Werdens, die zu der in Schema I ausgezeichneten Gesetzlichkeit flihrten, zeigten aber, daß das Vorkommen der historischen Fakten in der Zeit ihnen eben auf Grund der Struktur der Zeit eine jeweils einmalige Stellung in Beziehung auf Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft der anderen, mit ihnen in der gleichen Zeit vorkommenden Fakten zuweist. Sie haben stets unver­ wechselbare Vorgänger und Nachfolger in einer spezifischen Gesamt­ ordnung, gleichgültig, ob �ir diese Fakten von einem durch Gegenwär-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

tigkeit ausgezeichneten Faktum her oder jeweils von ihnen selbst als gegenwärtig gedachtem Ausgangspunkt her ansehen . Nehmen wir einen Moment lang vorweg, was erst im folgenden ab­ geleitet werden wird, daß die historischen Fakten in jeder solchen Per­ spektive notwendig zu einem geschichtlichen Zusammenhang vereinigt werden, so erhalten wir von Schema II und 1 1 1 her je eigene geschicht­ liche Synthesen im Verhältnis zueinander in einem übergreifenden System von Geschichte , in dem sich die jeweilige einzelne Geschichte zu den anderen jeweils einzelnen wie ein einzelnes System innerhalb eines Systems von Systemen verhält. Auch hier gil t, was von der relativ angesehenen Zeit gilt, daß zu einer relativen Geschichtsbetrach tung im­ mer nur auf dem Wege der Abstraktion von einer erlebten ausgezeichne­ ten Geschichte fortgegangen werden kann, wobei trotz der Abstraktion der Rückbezug auf diese ausgezeichnete erlebte Geschichte nicht völlig aufgehoben werden kann. Wir können uns in eine andere Geschich te , z. B. die Biographie eines anderen Menschen versetzen, wir können so­ gar unsere eigene Geschichte relativieren ; aber es sind und bleiben dabei Wir, die diese fremde oder relativierte eigene Geschich te mit ihrer ei­ gentümlichen Perspektive erfassen. Das in Schema IV ausgedrückte Gesetz des einsinnigen Fortgehens macht, daß die historischen Vorkommnisse notwendig in einem ein­ sinnigen Verhältnis von Existenz, Exexistenz und noch nicht zur Existenz gekommener Inexistenz stehen. Die historische Situation ist irreversibel2 • Die einzelnen historischen Fakten sind nicht nur in einer Synopsis gcfaßt, sie stehen auch nicht nur im Verhältnis einer ordinalen Apposition überhaupt zueinander ; sie haben vielmehr ihre jeweils be­ stimmte Stelle innerhalb einer einsinnigen Progression, durch die ihre und der anderen Fakten Existenzbezogenheil einmalig und unum kehr­ bar ist. Die historischen Fakten in ihrer Inhaltlichkeit stellen sich nach Schema V als ein inhaltliches Werden auf dem Untergrund einer formalen zeit­ lichen Folge dar. Diese Folge ist keine Folge statischer Setzungen, son­ dern eine solche wirklichen übergehens, in dem die Ereignisse, soweit sie wirkliche Geschehnisse eines Werdens sind (und nicht nur verwechselnd als solche genommen werden ), dergestalt ineinander einsinnig wechseln, daß Teilpartien von ihnen miteinander identisch sein müssen. (Schema

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VI. ) Dieses dynamische übergehen erfolgt aber niemals nur einfachhin ontisch, sondern wird im Bewußtsein des Vollzuges im historische Fak­ ten Setzenden als solches gesetzt, d. i. angeschaut, reproduziert und ge­ dacht. (Schema VII. ) Erst der zweite Teil unserer Darlegung der Struktur der Zeit als der Struktur eines Bewußtseinszusammenhanges ermöglicht es jedoch, die­ se ineinander übergehenden historischen Faktizitäten als eigentlich ge­ schichtliche zu fassen. Wirklich (und nicht nur scheinbar) historisch sind ausschließlich Bewußtseinssetzungen, in denen das Gesetzte ineins mit dem Setzenden eingeschaut wird. (Schema VIII. ) Eben dadurch wird aber das bis dahin nur historische Geschehen zu einem geschz"cht­ lz"chen. Das Geschehen 1 geht in der Helligkeit des Bewußtseins in das Geschehen 2 , das (nach Schema IX) mit ihm zugleich als aus ihm über­ gehend eingeschaut wird, es geht als prinzipiierendes Geschehen in das von ihm prinzipiierte (nach Schema X) über, und zwar an einem mit sich identisch bleibenden Ich, welches das Prinzipiierte kausiert. (Sche­ mata XI u. XII. ) An dieser Stelle ergeben sich die ersten fundierenden Gesetze der Ge­ schichte. 1 . Nur wo das Bewußtsein als solches prinzipiierend zu Prinzipiaten übergeht, entsteht Geschichte. 2 . Jedes geschichtliche Geschehnis ist nur an einem überzeitlich iden­ tischen Ich möglich. 3 . Dieses Ich erfaßt im prinzipiierenden übergehen das Prinzipiierte notwendig als von ihm Kausiertes. Die zuvor und zunächst nur historischen Vorkommnisse enthüllen sich somit als Kausationen in der Einheit Eines Ich und damit als ge­ schichtliche Akte innerhalb einer Serie freier Kausation, von denen je­ der seine unverwechselbare Stelle in der Folge des Prinzipiierens hat. Das Ich prinzipiiert (nach Schema XIII ) in einem Modus, nach wel­ chem es mit dem Erzeugen des Prinzipiierten zugleich erneut als Prinzi­ piierendes hervortritt, und dies nicht einmalig, sondern in einer indefini­ ten Reihe. Dadurch vollzieht sich im geschichtlichen Werden nicht nur eine ständige 'YfVEULc; Kai '{){}opa, sondern ein Werden im identisch blei­ benden Bewußtsein des Ich. Dieses Ich muß identisch dasselbe im Prin­ zipiieren und im Prinzipiat wie im erneuten Prinzipiieren sein, wenn es

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Praktisches Anwendungsbeispiel

überhaupt zu einem Werdenszusammenhang kommen soll. Nicht die Zeit, sondern das Ich dauert3 , und es dauert im geschichtlichen Werden, das seinerseits notwendig in der Zeit erfolgend gesetzt wird. An dieser Stelle wird es nun notwendig, tiefer auf den Grund einzu­ gehen, warum das Ich prinzipiiert. Das Ich ist keine einfache ontische Einheit, sondern eine transzendentale Einheit, d. i. eine Reflex - und Reflexionseinheit. Es ist auf Grund seines Wesens nur, indem es seinen bildenden Akt mit dem durch ihn Gebildeten, sich als Subjekt mit sich als Objekt identifiziert. Diese Identifizierung aber besagt, daß das Ich nicht nur synthetisch Subjekt und Objekt vereinigt ist, sondern daß es diese Einheit auf Grund einer vorgängigen und durchgehenden Iden­ tität ( Reflexeinheit) ist. Die Reflexeinheit enthüllt sich in der Reflexi­ onseinheit als die tragende transzendentale Einheit. Die Reflexionseinheit kommt aber nur dadurch zustande, daß sich die Agilität des Ich aus dem Vermögen, sich so oder anders zu bestim­ men, zu einer einzigen Bestimmung konstringiert und damit sich selbst bestimmt. Der Übergang vollzieht sich als aktives Kausieren, in dem das Ich sich seines Bestimmens bewußt ist. Hierbei muß wenigstens mo­ mentweise (d. i., wie wir nunmehr wissen , in Einem Dynamon ) das Be­ wirken und das Bewirkte gleichzeitig bewußt sein. Es ist hierbei dasselbe Ich, das sich seiner in beiden Momenten bewuß t ist. Dieses sieht seine über der Veränderung liegende und von dieser nicht betroffene Iden­ tität ineins mit der im übergehen sich vollziehenden Handlung, die sich in einem Produkte abschließt. Aus der spezifischen Struktur des Ich, sich in einer auf einem Reflex beruhenden Reflexion zu konstituieren, ergibt sich für das Ich die Not­ wendigkeit, in ständigem Obergang begriffen zu sein und sich ständig mit sich zu vermitteln. Das Ich übereignet sich dabei ununterbrochen sich selbst in einem zeitlichen Werden. Es ist nicht nur in Einem Dyna­ rnon als a ( s 1 ) sich selbst als b ( s 2 s ' ) kopräsent ; es geht mit dem, was es in a ist, in b mit ein. Die Vermittlung kann niemals unterbrochen werden, da sonst die Einheit des Ich aufgehoben wäre. a und b wären aber in einem solchen Fall Momente zweier verschiedener Iche. Das Ich übermittelt also im zeitlichen übergehen, in dem es die Reflexion vollzieht, sich sich selbst. b ergibt sich durch das Hineinwir=

=

=

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ken in es von a aus. b ist infolgedessen nicht bloß einfach b , sondern eine Setzung, in der a sich ausprägt. Auf diese Weise findet eine ständige Kumulation statt. b entsteht aus der Vermittlung von a; c entsteht aus der Vermittlung von b, das seinerseits bereits die Übermittlung aus a in sich hat . . . . a - (a)b - (ab )c - (abc )d . . . In jeder Bewußtseinsgegenwart ist die gesamte reale Vergangenheit des Ichs vermittel t ; und es ist unmöglich, daß sie nicht vermittelt wäre. Deshalb konnte Bergson sagen: " II n 'y a pas deux moments identiques dans le meme etre conscient. Une conscience qui aurait deux moments identiques serait une conscience sans memoire. " b kumuliert eben immer a, c immer ab, d immer abc u. s. w. in sich. Will man den Ter­ minus " memoire " für dieses Er-eignen bzw. über-eignen benutzen, so bedeutet das, daß das Ich sich in jedem Zeitmoment seines Daseins er-eignet, sich sich über-eignet, sich er-innert, sich interiorisiert. Es macht sich als Ich-a in b zu dem, was ihm in b innerlich ist. Dies bedeutet nicht weniger als die ständige Präsenz aller gelebten Vergangenheit in der gegenwärtigen Aktivität. Diese Präsenz muß frei­ lich nicht mit einem expressen Sicherinnern der gewöhnlichen psycho­ logischen Art verwechselt werden. Sie ist zunächst einmal gelebte ln­ teriorisation. Eine solche vollzieht sich aber auch für das Ich allaugen­ blicklich. Das Ich setzt jedoch nicht nur in jedem Augenblick des Reflexions­ vollzugs sein bestimmtes Sein, dem seine gelebte Vergangenheit präsent ist, es zieht sich auch immer, ineins mit der Kausation und der Übereig­ nung seiner selbst in seinen neuen Moment, aus der vollzogenen Bestim­ mung in die Unbestimmtheit zurück, um sich sogleich wieder neu zu be­ stimmen. Das Ich realisiert sich demnach in jedem Momente seines Da­ seins in doppelter Weise : als sich bestimmende Tat und als erneutes Prinzip eines neuen Kausierens. Als solches Prinzip disponiert es von neuem über eine Unbestimmtheit, nämlich in Bezug auf die nunmehr zu treffende Bestimmung. Eben dadurch ist das Ich in b nicht nur abge­ schlossenes Produkt, sondern auch Prinzip eines Prinzipiierens, und in­ sofern mit sich (abgesehen von seiner spezifischen Weise ) als Prinzip in a

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identisch. Es ist und bleibt in einer gewissen Sphäre unbestimmt und stets bestimmungsfähig für eine erneute Bestimmung. " Pour un etre conscient, exister consiste a changer, changer a se murir, se murir a se cn!er indefiniment soi-meme", sagt wiederum Bergson4 • Man muß diesen doppelten Vorgang des Er-innerns und der Erneu­ erung des Prinzipiierens sehen, wenn man den geschichtsbildenden Grundfaktor verstehen will5 • a - ab h-t ab - abc h -t... Das Sichbestimmen ist in jedem Augenblick des Werdens für das Ich auch ein sich in die Unbestimmtheit Zurückziehen und ein Sicherneuern in der Selbstbestimmung. Da es jedoch dasselbe Ich ist, das sich im Be­ stimmen zum Prinzip erneuert, so er-innert es auch in jedem Augenblick sein vorhergehendes Bestimmen und kumuliert auf diese Weise seine Vergangenheit in sich6 • Das Zueinander von sich als Gegenwärtigem mit sich als Vergange­ nern und von sich als Tat mit sich als Prinzip ist nun aber kein einfach faktisches, sondern ein pragmatisches. Die Bestimmung aus dem vor­ hergehenden Status ist eine willensmäßige, und ebendas ist auch der Rückgang aus der Bestimmung in erneute Bestimmungsfähigkeit. Die erneute Bestimmung steht deshalb in dynamisch-voluntativem Wechsel­ bezug mit dem Vorhergehenden, von dem sie ausgeht. Das Ich will in einem solchen erneuten Bestimmen etwas in Bezug auf sein vorher­ gehendes Wollen und dessen Produkt ; und es will etwas in Bezug auf die abgeschlossene Bestimmung, von der es sich zu erneutem Sichbestim­ men zurückzieht. Wenn das Ich erneut kausiert, entscheidet es sich bezüglich seiner vor­ hergehenden Kausierungen, die ebenfalls voluntativer Art waren. Weil das Ich nur übermittelnd und sich interiorisierend kausieren kann, da­ rum ist in ihm das Vergangene im gegenwärtigen Akt des Prinzipiierens pertinent. Sein vorhergehendes Wollen und Handeln wird nicht als bloßes, es nichts (mehr) angehendes Faktum registriert, sondern geht

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das erneut wollende und handelnde Ich an, betrifft es, bewirkt i n ihm eine Einstellung, so daß dessen erneutes Prinzipiieren zugleich eine Stellungnahme zu dem Vergangeneo darstellt. Aber nicht nur, daß das Ich sich zu seiner Vergangenheit entscheide t ; e s selbst i s t infolge der Kumulation auch als dergestalt geschichtliches im gegenwärtigen Prinzipiieren in actu. Der Wille des Ich kumuliert in sich sein vergangenes Prinzipiieren, sodaß dieses im gegenwärtigen Wol­ len als synthetisches Teilmoment mit wirksam ist und mit entscheidet 7 • Nicht als ob das gegenwärtige Prinzipiieren durch das vergangene ein­ fach determiniert wäre. J edes gegenwärtige Handeln hat seine ihm ei­ gene Freiheit. Aber das Ich entscheidet nicht als tabula rasa; es entschei­ det als mit sich identisches Ich, und das heißt als Wollendes, auch , in­ wiefern es in der Vergangenheit so und so gewollt hat. Unser gegenwär­ tiges Wollen ist eine Synthese aus unserer augenblicklichen Freiheit und dem schon bestimmten vergangeneo Wollen. Ein Mörder z . B . handelt nach der Tat immer als Mörder und kann seine Vergangenheit nich t ab­ schütteln. Bezeichnen wir den noch freien Willen mit f und den aus der Vergangheit schon entschiedenen Willen mit d, so ergibt sich das Sche­ ma: W f -� w d X

W f -� w d X

Wf . . . . . . . Es ist immer der ganze Wille, der sich entscheidet, also auch der Wille, der sich zuvor schon entschieden hat. Dennoch ist der Wille in jedem Augenblick seines erneuten Entscheidens frei. Der schon entschiedene Wille aus der Vergangenheit geht eine Synthese ein mit dem sich in der aktuellen Gegenwart entscheidenden, nochfreien Willen. Insofern istjede Entscheidung frei, und nicht einfachhin vordeterminiert. Es kann in je­ dem Augenblick unseres Wollens nicht nur zu anderen Entscheidungen, es kann auch zu einer Umstellung in unserem grundsätzlichen Wollen, d. i. zu dem, was Kant eine " Revolution der Gesinnungsart" nennt, kommen, und sei dieser Augenblick auch unser letzter.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Das m Einem Dynamon als erste Partie (s l ) noch zugleich (mit s 2 ) eingeschaute Wollen kann im weiteren Fortgang des Werdens nicht mehr zugleich eingeschaut, sondern nur noch erinnert werden, wenn­ gleich es im gegenwärtigen Wollen inseriert_ Im Erinnern sind wir au f die "Treue" unserer Erinnerungen angewiesen und können uns täuschen, während wir im Co-Intuieren uns unseres Wollens evident gewiß waren. Erinnerungen und Erinnerungstäuschungen können ihrer­ seits bestimmende Faktoren im gegenwärtigen Entscheiden werden und auf diese Weise ebenfalls in das Produkt unseres geistigen Handeins inseriert werden und mitbestimmend in dasselbe eingehen. Leitet uns in unserer Selbstbestimmung ein Trugbild, so verhalten wir uns nicht mehr so zu uns selbst, wie wir uns unmittelbar uns übereignen, und wir bestimmen uns dann nicht völlig so, wie wir uns ohne diesen Einschlag bestimmt hätten. (Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß die Möglichkeit einer Erinnerungstäuschung ein sittlich zu verantwortendes Handeln nicht unmöglich macht, zum einen, weil es in der Willensbildung vor allem auf die Entscheidung zum sittlich Gesollten ankommt, die auch durch unverschuldet falsche Voraussetzungen nicht unmöglich wird, zum andern, weil es Wahrscheinlichkeitsgründe für die Annahme des Zu treffens gewisser Erinnerungen gibt. ) Schon allein durch die fortlaufende freie Bestimmung, mit der das Produkt unseres Wollens gesetzt wird, en tsteht mit dem Anheben des freien Bewußtseins eine einmalige geschichtliche Reihe8 • Ihre Einmalig­ keit resultiert daraus, daß unvörhersehbare und infolgedessen auch zu­ vor unbestimmbare Setzungen in der spezifischen Nachfolgeordnung des zeitlichen Werdens, rückbezogen auf eine erste, die Reihe anheben­ de Setzung, seriell situiert werden. Geschichtlich ist diese einmalig individuelle Reihe dadurch, daß alle vorhergehenden Setzungen in der jeweils gengenwärtig erfolgenden integriert werden. Durch die Integration unserer vergangeneo Entscheidungen werden wir immer mehr konstelliert. Wir sind nicht in jedem neuen Moment wieder eine tabula rasa, sondern wir sind Wesen, die dies und das schon gewollt haben, das sie in der Gegenwart angeht und das im gegenwär­ tigen Entscheiden eine mitbestimmende Rolle spielt. Dadurch werden die uns noch offenstehenden Möglichkeiten schrittweise verengt. Wenn ich z. B. geheiratet habe, kann ich mich nie mehr als Unverheirateter

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entscheiden und entsprechend handeln. Alle meine nun noch erfolgen· den Entscheidungen sind die eines Verheirateten oder verheiratet Gewe­ senen. Zugleich mit dieser ständigen Verengerung unseres Spielraums er­ folgt aber auch Eine spezifische Erweiterung und Ermächtigung. Als ich anfing, mich zu entscheiden, war ich noch ein unbeschriebenes Blatt und konnte ich mich nur als solches entscheiden. Ich konnte unmöglich schon jenen Grad der Individuierung haben, der mir später zuteilwurde. Wir erhalten nämlich durch den Fortgang unserer Entscheidung eine immer reichere Individualität, die es uns ermöglicht, aus eben einer solchen heraus zu entscheiden. Dadurch, daß immer mehr integriert wird, wird auch immer mehr mittelbar pertinent, auf das wir zurück­ greifen und zurückgreifen können, wenn wir uns gegenwärtig ent­ scheiden. Dies bedeutet eine Bereicherung unseres Vermögens in Einem einzigen Sektor. Beide Momente, das der Einengung unserer Möglichkeiten insgesamt und das der Bereicherung unserer Möglichkeiten in einem durch Indi­ viduierung ständig sich verengenden Sektor, gehen Hand in Hand. Wir schränken uns notwendigerweise immer mehr in den uns noch offen­ stehenden Möglichkeiten ein, bis auf jenen schmalen Sektor ureigenster Möglichkeiten, der sich gerade durch unsere fortschreitende Individuie­ rung uns eröffnet. Indem wir uns durch unser Selbstbestimmen einen­ gen, befreien wir uns zugleich zu einer Höhe der Individuation , von der aus erst bestimmte Realisierungen möglich werden. Wir bestimmen uns im gegenwärtigen Prinzipiieren allerdings nicht nur in Bezug auf unser vergangenes Wollen und aus ihm ; jedes neue Bestimmen antizipiert auch eine Zukunft. Die unmittelbare Zukunft ist diejenige, die im gegenwärtigen Dynamon zur Gegenwart wird. Wir stehen mit Bezug auf sie in einem ständigen Vergegenwärtigen. Die fer­ nere Zukunft aber wird global antizipiert. Nur durch sekundäre geistige Operationen strukturieren wir diese unsere Zukunft, vor allem dadurch , daß wir induktiv am Vergangenen gewonnene Folgen und Perioden auf die Zukunft projizieren. Unsere Entscheidungen sind insofern auch durch diese Zukunftsperspektiven und die Rolle, die wir ihnen für un­ sere gegenwärtige Bestimmung zuerkennen, geschichtlich bestimmt. Immer bleiben wir in diesem Bereich aber in der durch die Struktur

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Praktisches Anwendungsbeispiel

des zeitlichen Werdens bedingten Grundsituation, daß wir die Zukunft nur glaubend umfassen können. Wir glauben, daß wir eine Zukunft haben werden, und wir glauben (auf Grund z. B. von induktiven Er­ kenntnissen, die wir auf die Zukunft projizieren ), daß sie, unbeschadet der Freiheit unserer künftigen Entscheidungen, diese und jene bestimm­ te Stuktur haben wird. Müssen wir annehmen, daß uns insgesamt nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so müssen wir a priori damit rechnen, daß uns in der noch zur Verfügung stehenden Zukunft immer weniger Möglichkeiten offenstehen werden, ausgenommen die immer reicher werdende Mög­ lichkeit, die sich aus unserer sich erhöhenden Individualität erö ffnet. Wir können dann auch a priori wissen, daß uns auch immer weniger Zeitmomente zu noch möglichen Entscheidungen zur Verfügung stehen werden, so daß wir uns, bei (induktiv begründeter ) Annahme zu erwar­ tender Ereignisse vieles immer weniger sinnvoll oder nur noch, ohne daß es einen Sinn hätte, zur Durchführung vornehmen können. Die ständige Interiorisation früherer Entscheidungen bedeutet aber nicht nur eine zuneh � ende Individuierung, sie bedeutet auch, daß sich in unserem Existieren immer mehr Vergangenheit in unserem Bewußt - Sein aufschichtet. J ede neue Gegenwart ist geschichtsträchtiger als die vorhergehenden9 • Die jeweils geleb te Gegenwart ist das vorläu­ fige Endmoment einer Gesamtschichtung, die in die Gegenwart hinein­ wirkt, indem sie aktuell ist und die momentane Entscheidung mitbe­ stimmt. Die drei Momente der ständig zunehmenden Aufschichtung des Vergangenen, der ständig wachsenden individuellen Bestimmtheit und der Abnahme der sonstigen Möglichkeiten können wir in dem Ter­ minus altern zusammenfassen 1 0 • Das im zeitlichen Werden sich fort­ bestimmende Ich altert ständig. Immer mehr in ihm wird mittelbar per­ tinent mit Bezug auf das unmittelbar Pertinente der Gegenwart. J eder Fortschritt ist ein Schritt in ein höheres Alter hinein , in eine reicher in­ teriorisierte Vergangenheit, in eine konkretere Geschichtlichkeit und in eine an konkreten Möglichkeiten insgesamt ärmere, aber auf einer ein­ zigartigen Individuierungslinie reichere Zukunft. Die vergangene Entscheidung ist aus der unmittelbaren Pertinenz ver­ drängt, sie wird insofern zum Faktum, zu etwas Abgeschlossenem ,

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über das wir nicht mehr verfügen können. Aber sie bleibt mittelbar pertinent. Ihre ehemalige unmittelbare Pertinenz wirkt in der Gegen­ wart weiter - ganz so, wie die Vergangenheit auch in der momentanen Gegenwart nicht nur exexistent, sondern eben auch exexistent ist, d. h. den Charakter ehemaliger Gegenwart nicht verliert. Indem sich aber die gegenwärtige Entscheidung den vergangenen Ent­ scheidungen synthetisch verbindet, wird die interiorisierte Gesamtreihe vergangener Entscheidungen verändert. Unsere Vergangenheit erhält eine neue (Gesamt)Gestalt1 1 • Da wir das Gesamte der Gestalt synthe­ tisch von seinen verschiedenen Gliedern her auffassen, gewinnt unsere Vergangenheit für uns ständig einen neuen Charakter. Die einzelnen vergangenen Akte werden als Momente in immer neuen, anderen und jeweils einzigartigen Gesamtgestalten erfaßt1 2 • Da wir aber unabkömm­ lich interiorisieren, er-innern wir nicht nur die jüngste Gestalt, sondern auch die jeweiligen Gestalten, die sich mit den jeweiligen vergangenen Entscheidungen ergaben. Die Gesamt-Interiorisation stellt demnach ein System von Gestalten in einer (vorläufigen) Gesamtgestalt dar. Wir kön­ nen uns erinnernd auf eine jede dieser Gestalten (unabhängig von den sie nachfolgend verändernden B estimmungsmomenten) zurückbeziehen. Die Einsinnigkeit des Geschichtsprozesses macht, daß unsere Situ­ ation in der Gegenwart unaufhebbar irreversibel ist. Das never more steht über unserem gesamten Dasein geschrieben. Wir können unserer Vergangenheit durch das, was wir noch frei setzen, nur eine andere Be­ deutung, eine andere Funktion, nicht aber ein anderes Sein in der Ge­ samtgestalt unserer Geschichte geben. Das Gesetz der Irreversibilität bewirkt aber auch, daß die Vergangenheit unberührbar wird und durch niemand und nichts mehr zerstört werden kann. Das Gesetz der Zeit schirmt sie vor jedem Zugriff ab. Jede gegenwärtige Entscheidung ist frei. Wie reich auch immer unsere Vergangenheit sein mag, sie ist in uns zwar aktuell, aber sie kann nie­ mals determinieren. Jede Gegenwart eröffnet unserer Freiheit einen schöpferischen Moment. Es liegt an uns, wie wir uns fassen. In jedem Falle stellt unsere Selbstbestimmung eine Synthesis der gegenwärtigen Freiheitsentscheidung mit dem vergangenen Wollen dar. Wir erschaffen uns durch die Serie dieser Synthesen eine eigene geistige Natur; wir in­ kamieren uns ständig. Das geschichtliche Werden ist ein Prozeß stän-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

diger Inkarnation. Unsere geistige Natur, eben weil sie getsttge Natur ist, determiniert uns aber nie in unseren folgenden Entscheidungen , son­ dern sie disponiert uns nur. Soweit die geistigen Akte, durch die wir uns unser gegenwärtiges Sein geben, nicht bloß Akte der Spontaneität, sondern bewußter Freiheits­ entscheidung sind, greift in sie unsere Urteilskraft ein. Diese analysiert Implikationen und synthetisiert das Analysierte von neuem. Synthesen dieser Art vollziehen wir schrittweise in der Zeit. Was also in der lo­ gischen Implikation zugleich gesetzt ist, wird von der Urteilskraft in in zeitlichen Syntheseschritten nachvollzogen. Hierbei sind die höheren Operationen an das schon Vollzogensein der niederen und elementaren gebunden. Erst am Ende der synthetischen Vollzüge können wir die Ge­ samtimplikation auf einmal erfassen. Aus diesem Umstand resultiert das Gesetz der Diskursivität unseres geschichtlichen Werdens. Die höhe­ ren Reflexionsakte der Urteilskraft haben die niederen zur Vorausset­ zung. Wir können gewisse Erkenntnisse und aus diesen resultierende Handlungen nur vollziehen, wenn wir zuvor die sie bedingenden Er­ kenntnisse vollzogen haben. Es versteht sich, daß wir auch die Setzungen unserer Urteilskraft ineins mit dem, was sie an diskursiven Leistungen hervorbringen, eben deshalb, weil sie Freiheitssetzungen sind, stets mit unserem vergangeneo Sein synthetisieren und auf diese Weise inkarnieren. Diskursiver Fort­ gang und fortschreitende Inkarnation greifen ineinander13 • Bis hierher haben wir in Betracht gezogen, was allein aus dem freien Ich geschichtlich wirklich wird. Nach Schema XIV und XV tritt aber ineins mit dem Produkt der Selbstbestimmung eine selbständige objek­ tive Determination in die Gegenwart ein. Dem entspricht im geschicht­ lichen Werden, daß dieses nicht nur aus unseren Freiheitsakten, sondern auch aus den faktischen Bestimmungen resultiert, die das Produkt unse­ res freien geistigen Handeins mitbestimmen und ungewollt modifizieren. In die Geschichte tritt nicht nur das ein, was aus unserem geistigen Sein hervorgeht (evenement) , sondern auch das , was sich ineins mit dem Produkt unseres Wollens ungewollt realisiert (avenement ) . Das ur­ sprüngliche Hinzukommende sind die unsere Spontaneität treffenden und einengenden Hemmungen. Aus diesen bauen wir im Verständnis den Bereich des rein objektiv Wirklichen auf.

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J ede Hemmung ist nur Hemmung, weil sie unsere Spontaneintät b e­ trifft. Sie ist also etwas, das uns notwendig angeht und durch das wir betroffen sind. Unsere Spontaneität stellt sich auf diese Einwirkung ein14 • Ineins mit jeder Hemmung vollzieht sich eine Neufassung unseres Wollens. Diese Neufassung erfolgt in synthetischer Vereinigung mit je­ ner anderen, uns schon bekannten, in der der Wille erneut zu dem , was er gewollt hat, Stellung nimmt. Die Hemmung tritt aber nicht nur dynamisch provozierend in die Ge­ genwart mit ein, sie rückt auch wie das reine Produkt unseres Wollens und mit diesem synthetisch vereint in die Vergangenheit. Aus der Hem­ mung in actu wird das vergangene Fak tum der Hemmung. Ungleich dem Wollen geht sie jedoch nicht als wirkender Wille mit in das folgende Prinzipiieren ein, sondern bleibt, was sie bei ihrem Auftreten war, blos­ ses (nur nunmehr nicht mehr aktuelles ) Faktum. Sie ist damit in unse­ rem gegenwärtigen Entscheiden nicht in actu und wird auch nicht im gegenwärtigen Handeln verantwortet. In actu ist vielmehr immer nur das, was wir in Bezug auf die vergangenen Hemmungen und die aus ihnen begriffene Hemmungswelt gewollt haben. Wir werden auch in jedem folgenden Augenblick nicht durch eine aus der jüngstvorherge­ henden Hemmung einsichtig erfolgende zweite Hemmung determiniert, sondern immer nur durch abgerissen auftretende, faktisch sich mani­ festierende neue Hemmungen. Etwas anderes ist, daß wir diese Hem­ mungsfolgen als Kausalketten bzw. Finalkomplexe z"n terpretieren. Inter­ pretation und effektiver Tatbestand sind nicht dasselbe. Unsere Inter­ pretationen gehen freilich in unser geschichtliches Sein als mittelbar pertinente Faktoren mit ein, aber eben nur als subjektive Faktoren. Es kann uns im gegenwärtigen Wollen auch um vergangene Hem­ mungen gehen. Wir können zum Beispiel wollen, daß sie anders gewesen wären. Aber dabei geht es uns um diese Hemmungen als solche nur als um Elemente , die reine Fakten sind, niemals als um etwas, das aktu­ ierend in die gegenwärtige Selbstbestimmung mit eingeht. Frühere Hemmungen werden allerdings z"ndz"rek t in der Gegenwart eines Wollenden wirksam. Sie wurden, als sie auftraten und seine Frei­ heit dynamisch provozierten, Veranlassung zu dessen Einstellung ihnen gegenüber. Dieser veränderte, aber dabei immer nur durch sich selbst

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Praktisches Anwendungsbeispiel

bestimmte Wille ging, wie alles vergangene Wollen, integrierend in das gegenwärtige Wollen mit ein. Die Einstellung auf Hemmungen erfolgt von unserer Seite nicht nur im Wollen und Handeln, sondern auch im Verstehen. Die Serie der Hemmungserfahrungen veranlaß t uns, sie induktiv zu bewältigen. In­ duktionsresultate werden ihrerseits wieder zu bestimmenden Momenten unseres gegenwärtigen Wollens. Auf Grund solcher Induktionen struk­ turieren wir z. B. unsere Zukunft und verhalten uns der Ansicht von ihr entsprechend. Wir entscheiden uns immer mit Bezug auf eine Er­ fahrungswelt, die von uns im Verständnis der Hemmungen, d. i. durch Empirie, erstellt worden ist. Auf jede Hemmung, da sie eine dynamische Provokation ist, rea­ gieren wir auch unmittelbar praktisch. Das Ergebnis dieser Reaktion sind unsere unmittelbaren Sinnesempfindungen und die Art, wie wir uns unmittelbar zu den Sinneseindrücken verhalten. Infolge unserer Losgelöstheit von dem Zwang, in jedem Moment nur Einer Hemmung unausweichlich ausgeliefert zu sein, können wir uns von der bl oßen Unmittelbarkeit der Reaktion auf den dynamischen Schock, den die Hemmung in uns hervorruft, lösen und durch Deliberation vermittelt praktisch antworten. Das bedeutet sowohl, daß die Spontanreaktion suspendiert, als auch, daß das Verständnis der erfolgten faktischen De­ termination effektiv werden kann. Wir entscheiden uns auf diese Art weithin in unserem Selbstbestim­ men auf Grund des Erfahrungswissens, das wir gewonnen haben, und nach praktischen Grundsätzen, die wir jeder momentanen Selbstbestim­ mung voranstellen. Dennoch kann die mittels Loslösung vom unmit­ telbaren Eindruck gewonnene distanzierte Entscheidung nicht jede un­ mittelbare Einstellungsreaktion einfachhin aufheben. Vielmehr stellt unser Verhalten im Falle von Entscheidungen, die aus der Distanz ge­ troffen werden, eine oft komplizierte Synthese aus vermittelter und unmittelbarer Reaktion dar. Alle bisher aufgeführten Momente der Geschichtsbildung greifen ineinander und müssen als ineinandergreifende verstanden werden, wenn wir die Geschichte als solche verstehen wollen. Ähnlich wie die Zeit ist die Geschichte eine hochkomplizierte Gestalt, die nur durch das

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Ineinandergreifen zahlreicher konstituierender Momente als geistiges Gebilde zustandekomm t. Nur im übertragenen Sinne können wir von der Geschichte von etwas sprechen, das selbst kein Selbstbewußtsein hat, z. B. von einer Natur­ geschichte. Die Natur oder richtiger das , aus dem wir eine Natur au f­ bauen, die Hemmungen, haben selbst keine Geschichte ; nur wir selbst haben eine Geschichte. Wir übertragen vielmehr nur ein Analogon un­ serer wirklichen Geschichte au f die objektiven Gegebenheiten. Diese haben nur für uns eine Geschichte, nicht an sich. 2 . Die in das Produkt unserer Selbstbestimmung mi teingehenden Hem­ mungen können von zweierlei Natur sein : entweder stellen sie bloße Hemmungen dar, die das Produkt unseres geis tigen Handeins mitbe­ stimmen, ohne daß wir sie durch unseren Willen hervorgeru fen hätten, oder sie stellen Hemmungen dar, die wir nicht als derartige b loße Hem­ mungen, sondern als inten tio nale Andeterm inationen erfahren. Wir gehen zunächst von diesen letzteren aus. Hemmungen als intentionale Andeterminationen, die darau f abzielen, daß wir uns frei zu ihnen entscheiden, sind die Basiserlebnisse, aus de­ nen wir eine interpersonale Welt konstituieren. In Mitteilung und Auf­ ruf erschließt sich uns nach Gesetzen, die hier nicht im einzelnen zu entfal ten sind, eine Welt, in der wir mit anderen Personen uns gemein­ sam befinden. Fassen wir hier nur besonders ins Auge, daß Andetermi­ nationen, die auf Durchdeterminati onen au f unserer Seite abzielen, ihrer Wesensnatur nach einerseits geistiger, andererseits physischer Natur sind. Wir werden physisch so determiniert, daß diese Determi­ nation den Zweck, der sich in der uns zugleich treffenden Intention bekundet, nicht ein fachhin an uns realisiert, sondern ihn uns nur so weit bemerklich macht (mitteil t ) , daß wir ihn frei realisieren oder auch nicht realisieren können. Infolge dieser Grundstruktur finden wir uns nicht nur konkret au f fremde Intention, sondern auch auf physische Determination, und in­ sofern einfache Hemmung, bezogen. Intentionale Hemmung ist ineins auch immer bloße Hemmung. Das bedeutet, daß der uns Au frufende und wir nicht nur an einer gemeinsam vorgestellten Intention, sondern auch an einer gemeinsamen physischen Determination partizipieren.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Der physische Druck, der mich trifft, ist ein physischer Druck, der vom anderen ausgeht und von ihm als ein Druck vorgestellt wird, der auch von ihm erfahren (sinnlich emp funden ) werden könnte. Wir wenden uns nun zuerst der Gemeinschaft in der Intention zu. Der erfahrenen Fremdintention muß ein sie p rinzipiiert habendes frem­ des Prinzip , d. i. ein fremdes Ich hinterstellt werden, das, weil es eben­ so wie ich Ich ist, ebenso als eine Zeit in seinem Bewußtsein und darin eine Geschichte konstituierend gedach t werden muß. Notwendigerweise verbleibe ich nicht als einziges Zentrum der Zeit und Geschichte, son­ dern partizipiere ich nunmehr an einer fremden Zeit und Geschichte. Im Nachvollzug der Konstitution der Interpersonalität ergibt sich, daß Selbstbewuß tsein eines Individuums prinzipiell nur aus dem Aufge­ rufensein durch eine ander Person möglich ist. Wir werden erst im Auf­ ruf und mit Bezug auf ihn zu einem seiner selbst sich bewußten Ich. Wir finden uns also von Anfang an garnicht mit einem ausschließlichen Zeit - und Geschichtszentrum vor , sondern bezogen auf ein anderes Ich, das seinerseits Zeit- und Geschichtszentrum seines Erlebens ist. Das bedeutet aber, daß wir sch on im Entstehen unseres Bewußtseins mit Notwendigkeit von der in Schema III des Hauptteils au fgezeigten Möglichkeit Gebrauch machen, Zeit und Geschichte zu relativieren. Wir erkennen dem Anderen seine Erlebnisgegenwart zu, so wie wir uns notwendig die unsere zuschreiben. Da nun der Andere als Selbstbe­ wußtsein gedacht wird, so wird er notwendig als seinerseits geschicht­ liches Wesen vorgestellt. Seine Gegenwart für ihn ist zugleich das Zen­ trum seiner Geschichte für ihn. Diese Geschichte kann jedoch eine an­ dere Gestalt haben als die meine ; er kann z. B. älter und mehr indivi­ duiert sein als ich. Ich kann ihm deshalb nicht ohne weiteres eine der meinen analog entwickelte Geschichtsgestalt zuschreiben. Aber er ist Ich wie ich, und das bedeutet von der anderen Seite, daß die transzendentale Konstitution von Zeit und Geschichte sich in ihm nicht anders als in mir vollziehen kann. Dieselben Konstitutionsmo­ mente, die Zeit und Geschichte überhaupt aufbauen, müssen auch seine individuelle Zeit und Geschichte konstituieren. Nur ergibt sich durch unsere Interpersonalität die zusätzliche Konstitution der jeweilig ande­ ren Individualzeit und -geschichte innerhalb der uns gemeinsamen tran­ szendentalen Grundstruktur, so wie er und ich Individuen innerhalb der

Gese tze des geschichtlichen Seins

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gemeinsamen transzendentalen Ichstruktur sind. Da wir beide als Selbst­ bewußtseine im Interpersonalnexus stehen, ergibt sich für das Verhält­ nis der Individualzeiten und -geschichte zusätzlich, daß jeder nicht nur eine Individualzeit und -geschichte für sich , in der in bestimm ten kon­ kreten Momenten die Erfahrung des Anderen gemacht wird, sondern auch eine Individualzeit und -geschichte für den Anderen hat. J eder weiß im Interpersonalkommerzium von einer anderen Individualzeit und -geschichte außer der ihm eigenen. Der terminus a quo der Konstitution der Zeit und Geschichte des An­ deren in meinem Bewußtsein ist der Mo ment (in meiner Zeit und Ge­ schichte ) der konkreten Erfahrung des Anderen. Entsprechend ist der terminus a qu o der Konstituion meiner Zeit und Geschichte im Bewußt­ sein des Anderen der Moment, in dem er mich kunkret erfährt. Daß dies letztere überhaupt vollzogen wird, kann ich nur aus einer zweiten Be­ kundung von seiner Seite wissen ; erst durch die Bekundung, daß er mich als Person (mit Zeit- und Geschichtsbewußtsein ) erfaßt hat, wird aus dem vorher nur möglichen und hypothetischen Verhältnis zwischen uns ein wirkliches und kategorisches. J etzt wissen wir beide von einer Verdopplung im je anderen Zeit- und Geschichtsbewußtsein der Einen transzendentalen Konzeption von Zeit und Geschichte. Unsere Individualzeiten und -geschichten verhalten sich jedoch damit nicht nur zu der Einen und identischen transzendentalen Konzeption von Zeit und Geschichte, sie müssen auch in eine davon gedanklich zu unterscheidende gemeinsame " o bjek tive " Zez"t und Geschichte eingehen, in der sie individuelle Ausgliederungen darstellen. Das konstituierende Grundmoment dieser gemeinsamen Zeit und Geschichte muß dabei sein, daß meine und seine Geschichte für ihn und ftir mich je eine bestimmte, relative Stelle in dieser gemez·nsamen Ez"nhez·t erhalten. Die Frage ist nur, welche Stelle? Naiverweise gehen wir davon aus, daß der Moment der konkreten Kommunikation in dieser gemeinsamen Zeit ein und derselbe ist; und dann bauen wir von diesem Einen und gleichen Moment der konkreten Partizipation die uns gemeinsame " objektive " Zeit auf, in der seine und unsere individuelle Erlebnisgeschichte samt der dazugehörigen je individuellen Zeitkonstitution ihre bestimmte Stel­ le habe.

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Praktisches Anwendungsbeispiel

Dieser gemeinsame Augenblick aber ist eine rein gedankliche F ik­ tion. J edes konkrete Interpersonalkommerzium vollzi e ht sich in Wahr­ heit immer nur einsinnig, entweder als Geben oder als Nehmen ; erst in einer zweiten Kommunikation können diese Funktionen vertauscht werden. Ich kann z. B. in secundo dem anderen konkret mitteilen, daß ich seine in primo erfolgte Mitteilung als solche verstanden habe, oder ich kann in secundo verstehen, daß er meinen Aufruf (in primo) ver­ standen hat. Zwischen Aussendung und Emp fang liegt also immer eine Differenz, die darau f beruht, daß sie zwei verschiedene Setzungen sind und niemals koinzidieren können. Wir vernachlässigen im naiven Korn­ munikationsverständnis und der Vorstellung der gemeinsamen Zeit, die wir uns dabei zugrundelegen, diesen Zeitin tervalL Nur wenn dieser erheblicher wird, werden wir uns seiner als eines Faktors bewußt, der es mehr und mehr unmöglich macht, eine au f gemeinsamen A ugen­ blicken basierende "gemez'nsame Zeit " zu konzipieren 1 5 • Tatsächlich können wir dann nur noch relative Zeiten mit Bezug au f die Größe des zum Zustandekommen der Kommunikation zumindest gegebenen Intervalls konzipieren. Und nur au f Grund der entsprechenden Infor­ mation durch den Anderen können wir ein bestimmtes Zeitmaß des zwischen Aussendung und Emp fang statthabenden Intervalls zu konsti­ tuieren versuchen. Unterbrechen wir den vorliegenden Gedankengang an dieser Stelle für eine Weile, um uns einer damit zusammenhängenden und in ihn ein­ greifenden Problematik zuzuwenden. Wir haben es, wie schon gesagt, nicht nur mit den Intentionen von Andeterminationen durch andere Individuen, Wir haben es auch mit einfachen physischen Determina­ tionen zu tun. Diese bloßen Hemmungen werden von uns in unserer Be­ wußtseinszeit erfahren. Doch begnügen wir uns nicht mit ihrem bloßen innerzeitlichen Nacheinander. Indem wir, wie in dem Kapitel über die Sinnesempfindung dargelegt, mehrere Hemmungen zugleich, obwohl nicht in Einer implizierenden Setzung, erfassen, erfahren wir sie in räumlicher Extension. Neben der Innenwelt unseres zeitlichen Werdens bauen wir eine Außenwelt räumlicher Koexistenz auf. In dieser Welt der Ex tension gehen wir in unserer Bewuß tseinszeit wahrenehmend nicht nur einsinnig fort, sondern auch gegensinnig zu­ rück. Zwar tun wir das letztere in einem anderen und neuen Abschnitt

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unserer Bewußtseinszeit, aber wir setzen gedanklich voraus, daß dieses zeitliche Nacheinander unserer Vorstellung von den betreffenden Hem­ mungen deren räumliches Zugleichsein nicht tangiert. Wir erleben es nacheinander, aber es ist unabhängig davon zugleich - so denken wir. Wenn wir nun nach Substantiierung der Hemmungen diesen Ursäch­ lichkeit zuschreiben und sie zu krafthabenden und raumerfüllenden Substanzen machen, die sich bewegen, so denken wir uns diese Bewe­ gung in der Zeit losgelöst davon, daß wir diese Bewegting wahrnehmen. Notwendigerweise bauen wir also für diese Körperbewegungen eine " objektive" Zeit analog der " objektiven " Zeit auf, die die gemeinsame Zeit unseres Ichs mit der Zeit des anderen Ichs sein soll. Im Moment der Empfindung soll nach der Vorstellung des gemeinen Bewußtseins zwischen der Zeitstelle des empfundenen Körpers und der­ jenigen unserer empfindenden Stelle in der " objektiven " Zeit kein In­ tervall sein. Aber wir stellen ja vor, daß es zahlreiche Körper gibt, von welchen wir nur einen infimen Bruchteil zugleich empfinden. Wir wis­ sen auch aus Erfahrung, daß wir, um bestimmte nicht gegenwärtige Kör­ per konkret empfinden zu können, durch eine Menge zwischenzeitlich konkreter Körperempfindungen hindurchgehen müssen. Wir nehmen entsprechend distante Körper in der Raumtiefe an. Zwischen die Wahr­ nehmung der jetzt empfundenen Körper und der bestimmten gedachten distanten Körper fällt auf diese Weise ein Intervall, das u. U. erheblich sein kann. Denken wir uns an die Stelle jener weit entfernten Körper als Em­ pfänger von Wahrnehmungen, so ergibt sich für das zeitliche Verhältnis dieser Körper und unseres Körpers die Notwendigkeit, es als in einer " objektiven " Zeit situiert zu denken, ganz analog dem Verhältnisse, das wir mit dem anderen Ich in einer objektiven Zeit haben sollen. Da wir auf Grund der Tatsache, daß wir mit dem Anderen auch phy­ sisch kommunizieren, und aus Gründen der interpersonalen Konstitu­ tion nicht nur uns, sonder auch den Anderen als einen Leib habend und insofern als Körper in einem gemeinsamen " objektiven " Raum konzi­ pieren müssen, ergibt sich zwischen uns nicht nur ein Verhältnis von Be­ wuß tsein zu Bewußtsein in einer als gemeinsam zu denkenden " objek­ tiven" Zeit , sondern auch ein Verhältnis als Körper in einer " objektiven Zeit" und in einem "objektiven" Raume , und zwar als Körper, die zu-

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Praktisches Anwendungsbeispiel

gleich, für beide Bewußtseine, Vorstellungsgehalt sind, wie um gekehrt beide B ewußtseine sich auch notwendig mit j e einem Körperpunkt oder mehreren im " objektiven" Raume identifiziert vorstellen. Die materielle Vermittlung ist somit auf Grund einer beidseitigen Partizipation an Einem gemeinsamen " objektiven" Raum - als Körper und als diesen Raum Vorstellende - in Einer gemeinsamen " objektiven" Zeit ermöglicht. Es liegt vor Händen, die " objektive" Zeit der dem einen und anderen Ich gemeinsamen Körperwelt im Raume, als vermittelndes Moment zwischen deren subjektiven Zeiten in Ansp ruch zu nehmen. Erfolgen die Bewegungen bloßer Körper und überhaupt materieller Erscheinungen im Raume in einer " objektiven " Zeit, so können die durch sie gege· benen Veränderungen zum Maßstab der gemeinsamen Zeit promoviert werden. Voraussetzung dabei ist freilich, daß es eine gleichförmige Bewegung bloßer Körper gibt, und das können wir niemals rein objektiv, sondern immer nur durch Beziehung auf unsere je subjektive Zeit und deren Ab­ fluß feststellen. Es ist nicht mehr Aufgabe dieser Darlegung, die Möglich­ keit einer solchen Festlegung zu erörtern. Setzen wir sie mit dem naiven Bewußtsein als bestehend voraus, so können wir die personalen subjek­ tiven Zeiten auf die " objektive" Zeit der Bewegung bloßer Körper be­ ziehen und sie daran orientieren. An dieser Stelle wird dann eine " ob­ jektive" Zeit vorgestellt, die Zeit nicht nur miteinander partizipierender oder partizipierenkönnender Bewußtseine, sondern zugleich auch Zeit der von diesen wahrgenommen oder wahrgenommen werden können­ den Körper (und darunter ihrer Leiber) in Einer gemeinsamen Welt ist. Durch die konkret gegebene Tatsächlichkeit und gedanklich anzu­ setzende Möglichkeit der differenten Partizipation mehrerer Bewuß t­ seine an mehreren Raumpunkten und des dadurch gegebenen unmittel­ baren Wahrnehmungskontakts ergibt sich die Relativierung der " objek­ tiven " Zeit als notwendige Folge. J ede relative Zeitlichkeit kann jedoch relative Zeitlichkeit nur auf der Basis eines Bezugsmoments sein, das als nicht-relativ gedacht werden muß. Dieses Bezugsmoment (z. B. die Lichtgeschwindigkeit ) kann in seiner Absolutheit niemals erkannt, sondern zwischen mehreren Indivi­ duen immer nur hypothetisch festgesetzt werden. Auch erhält es in solcher Festsetzung in jedem Individuum immer eine eindeutige Be-

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ziehung auf die je eigene absolute subjektive Bewußtseinszeit. Und selbstverständlich ist alle Zeit, sei sie subjektiv, " objektiv " oder relativ, immer nur als Ausformung der EINEN transzendentalen Zeitkonstitu" tion zu denken. Ob überhaupt und wie eine gemeinsame " objektive" Zeit und in dieser sich abspielende Gesamtgeschichte gedacht werden kann, hängt von der Möglichkeit eines gemeinsamen Intervallmaßes und der Kommunikabilität desselben und dessen Beschaffenheit ab . Hier stehen wir an der Grenze, an der der Übergang von der Bewuß tseinszeit und -geschichte zu einer " objektiven " Zeit und Geschichte unternom­ men wird.

ANME RKUNGEN

Anmerkungen zum " Hauptteil " 1.

2.

Die Maimonsehe Definition: "Zeit ist das Vorhergehen und Folgen der Objekte auf einander" (Vgl. Salomon Maimon : "Versuch über die Transcendentalphilo­ sophie" Berlin 1 79 0 , S . 1 7 ) läßt die Existenzrelevanz aus . Folgerichtig kann Maimon sagen : "Die reine Arith metik hat die Zahl , deren Form die reine Zeit als Begriff ist , zum Gegenstande. " (Ebd., S. 2 2 . ) - Aristoteles hingegen sagt : xpovoc; iLpu9p.oc; l!an KtvT,aewc; KaTa TO rrp6Tepov Kai iJarepov. Wenn er damit sagen will, daß die reale Bewegung (das reale Werden) es der Seele erst ermög­ licht , mittels der Zahl des früher und später sich bewußt zu werden , so ist das ganz richtig. Die Buchstaben stehen i m folgenden fü r folgende Worte : steht für nicht bzw. nicht mehr Setzung s g Gegenwart identisch mit Vergangen V 0 Obergehen zu Obergehen existent e inexistent Dynamon (übergehen) ie d ee exexistent Ich z Widerstehen zukünftig w Ur Ursache "Bemerken Sie , durch dieses Hineintragen der Bedingtheit bekommt die ganze oben beschriebene Zeitreihe einen neuen und näher bestimmten Charakter. Oben schlossen die verschiedenen Principiate [ sc. Setzungen ) sich bloß aus, und sollte das eine eintreten, so m ußte das andere vernichtet werden ; übrigens war ihre Stelle in der Reihe ganz gleichgültig, und wenn auch etwa von ohngefähr diesmal b auf a folgte , so wäre es doch eben so möglich gewesen , daß in umge­ kehrter Ordnung a auf b gefo lgt wäre . Hier schließen die Mannigfaltigkeilen sich nicht nur aus, sondern sie bedingen sich auch, und weisen dadurch ihre Stelle in der Reihe sich an ; es ist nicht mehr, wie oben , ein v o r und n a c h über­ haupt, sondern ein gebundenes v o r und n a c h . " ( F ichte : "Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , S. 5 3 . ) Dies schließt freilich nicht aus, daß die Illusio n einer zyklischen Zeit entstehen kann, indem durch die Phantasie der in die Gegenwart eintretenden Zukunft der Erlebnischarakter der Vergangenheit assoziiert wird . Im dej a -vu-Erlebnis liegt etwas derartiges vor. =

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Anmerkungen ,.Quod autem nunc Iiquet et claret, nec futura sunt nec praeterita, nec proprie dicitur : tempora sunt tria, praeteritum, praesens et futurum, sed fortasse prop­ rie diceretur : tempora sunt tria , praesens de praeteritis, praesens de praesenti­ bus, praesens de futuris. Sunt enim haec in anima tria quaedam et alibi ea non video." (Augu stinus, confessiones Iib. X I , 2 0 , 2 6 . ) ,.Si enim sunt futura e t praeterita, volo scire , ubi sint. Quod s i nondum valeo , scio tarne n , ubicumque sunt, non ibi ea futura esse aut praeterita , sed praesen­ tia. Nam si et ibi futura sunt, n ondum ibi sunt, si e t ibi praeteria sunt , iam non­ ibi su nt. Ubicumque ergo sunt, quaecumque sunt, nori sunt nisi praesentia. " (Augustinus, Confessiones Iib . X I , 1 8 ,2 3 . ) Insofern eine Vorzukunft nur als eine andere Zu kunft aufhebend vorgestellt wird, hat diese Zukunft für uns eine eigenartige Inkonsistenz; denn dem bloß Inexistenten können wir keine weitere Bestimmung geben (außer durch Analo ­ gieschluß aus der Induktion , wozu wir aber die Bestimmtheit aus der Gegen­ wart und der Vergangenheit hernehmen ) . Deshalb ist auch das Verhältnis ie : ie inhaltleer. Nur die u nmittelbare Zukunft , die in die Gegenwärtigkeit tritt , hat - aber eben wiederum n ur durch den Inhalt der Gegenwart - eine gewisse Be­ stimmtheit. Deshalb erscheint uns die fernere Zukunft global bestimmungslos. ,.Die Principiate [ d. i. w ir k lichen Setzungen des kausierenden Ich) schließen einander schlechthin aus, und wenn das eine ist, so ist es schlechthin unmög­ lich, daß irgend ein anderes sey , u nd umgekehrt. Soll daher ein neu es eintreten , so muß erst das vorhandene au fgehoben und vernichtet werden ; sie folgen n a c h einander . " ( Fichte : ,.Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , s. 4 8 . ) ,.Die Inhalte sind nicht die [formalen ) Zeitmo mente, denn diese sind a n sich als Theile derselben Einen Zeit sich durchaus gleich; sondern sie machen nur in der Zeit etwas unterscheidbar." (Fichte : "Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , S . 4 9 . ) Fichte saht i m ,.System der Sittenlehre " etwas ungenau : , .Das rea le, thätige und fühlende Ich beschreibt handelnd eine stätige Linie , in welcher gar kein Absatz , o der des etwas ist ; eine Linie , in welcher unvermerkt zum entgegenge­ setzten fortgegangen wird , ohne daß im nächsten Punkte , aber wohl etwa um einige Punkte hinaus, eine Veränderung erscheine. Das reflectirende Ich faßt beliebige Theile dieser fortschreitenden Linie auf, als einzelne Momente . Daher entsteht ihm eine Reihe , b estehend aus Punkten , die außer einander liegen . Die Reflexion geht gleichsam ru ckweise, die Empfindung ist stätig. Zwar die bei­ den äußersten Gränzpunkte der auf e i n a n d e r folgenden Momente - wenn es in einer ins unendliche theilbaren Linie dergleichen geben könnte ; aber nichts verhindert , sich die Sache ir.deß so zu denken - diese b eiden äußersten Gränz­ punkte schließen unvermerkt in einander über , und in sofern ist das, was in den beiden getrennten Momenten liegt, einander gleich ; aber es wird nur reflectirt auf das entgegengesetzte , und so sind es verschiedene Momente , und es entsteht

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ein wec hselndes Bewußtseyn. Dadurc h , daß alles denn doch in einer gewissen Rücksic ht auch gleich ist , wird Identität des Bewußtseyns möglich." (SW I V , 99-1 00.) "Von der abgelaufenen Strecke sagen wir , sie sei in Retentionen bewußt, und zwar seien die n ic ht scharf abzugrenzenden Teile der Dauer o der Phasen der Da u er , die dem aktuellen J etztpunkt am nächsten liegen , mit absteigender Klar­ heit bewußt ; die ferneren, weiter zurückliegenden Vergangenheitsphasen seien ganz unklar, leer bewußt. " ("Edmund Husserls Vorlesungen zur Phänomeno­ logie des inneren Zeitbewußtseins." In : , Jahrbuch für Philosophie und phäno­ menologisc he Forschung" 9. Band, Halle a.d.S. 1 9 2 8 , S. 3 8 7 . - Hervorhebung vom Verf . ) "Inde m i h i visum e s t nihil esse aliud tempus quam distensionem : s e d cuius rei, nescio , et mirum, si non ipsius animi. Quid enim metior , obsecro , deus meus, et dico aut indefinite : L o ngius est h o c temp u s q ua m illud aut etiam definite : Duplu m est h o c ad illu d ? Tempus metior, scio ; sed non metior futuru m , quia nondum est , non metior praesens, quia n ullo spatio tenditur , non metior prae­ teritum, quia iam non est. Quid ergo metior? An praetereuntia tempora , non praeterita ? Sie enim dixeram. " (Augustinus, confessiones, lib . XI, 2 6 ,3 3 . ) Der Tropfen i m Fluß fließt a b , und a n seiner Stelle könnte das Fließen nicht bemerkt werden . Denkt man sich aber aus dieser Stelle über den Fluß erhoben und in einem Punkte stehend, der nicht abfließt, so kann der Fluß ermessen werden . Man sagt z. B . : ich bestehe einen Kampf, ein Examen. "Man möchte etwa sagen : das Bewußtseyn entwickelt sich allerdings in der Zeit, und kann sich nicht anders entwickeln , nemlich für einen Zuschauer außer dem Bewußtseyn , der die Einheit desselben denkt, und dem Wechsel seiner Zu­ stände zusieht ; aber es könnte doch immer seyn, daß dieses beobachtete Be­ · wußtseyn selbst für sich selbst in jedem Punkte , der für jeden Zuschauer ein Zeitmo ment seyn würde , durchaus mit seinem ganzen Wesen aufginge . Ein sol­ ches Bewußtseyn wäre ein durchaus zerrissenes, in jedem Momente neues , jeder Moment wäre für dasselbe eine eigene , in sich geschlossene und mit nichts an­ derem zusammenhängende Welt . Für ein solches wäre weder Zeit, noch Zeit­ mo ment. Soll es n un nicht also seyn , so müßte das Ich unmittelbar und in dem­ selben Zustande mit der Auffassung des Principiats dasselbe auffassen als noth­ wendigen Theil nur eines Ganzen , und mit dem Bewußtseyn des Theils unmit­ telbar das Bewußtseyn des Ganzen zu verknüpfen genöthigt sey n ; gar nicht ver­ mögen im Theile zu beruhen , sondern von ihm herausgetrieben werden zum Ganzen . [ . . . ] Der Theil müßte gar nicht b egriffen werden können als seyendes , der Gedanke seines Seyns müßte einen Widerspruch enthalten, und eine Un­ möglichkeit darbieten, wenn man dieses Seyn nicht anknüpfte an ein andres , das jedoch m i t dem ersten nicht zu gleicher Zeit seyn kann ; kurz wenn das Ge-

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Anmerkungen gebene nicht nothwendig gedacht werden müßte als ein bedingtes durch ein an­ deres." (F ichte : "Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , S. 5 2 ) Husserl spricht diesbezüglich - etwas ungenau - von einem Wahrnehmen der Vergangenheit . "In der Tat, nehmen wir nicht d a s V e r g e h e n wahr , sind wir in den beschriebenen Fällen nicht direkt des E b e n d a g e w e s e n s e i n s , des ,so­ eben vergangen ' in seiner Selbstgegebenheit , in der Weise des S e l b s t g e g e ­ b e n s e i n s bewußt?" ( "Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbe­ wußtseins", S . 3 9 8 . ) "Der Zeitträger u n d Einheitsp unkt derselben [cf. der Einen Zeit m i t ihren Tei­ len ) ist das Princip [ cf. das Ich ) ; der Zeitinhalt u nd die Disjunktionspunkte sind die Principiate . " ( Fichte : "Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , s . 49). Fichte drückt das i n seinem "System der Sittenlehre " ( 1 79 8 ) s o aus : "Es wird behauptet eine absolute Synthesis des Denkens, eines Vermögens, und eines Objects ; also eine gegenseitige Bedingtheit eines Denkens durch das andere . Es ist zuförderst nicht etwa in der Zeit eins eher als daß andere ; sondern beides ist der Gedanke desselben Moments : es ist sogar, wenn man nur darauf sieht, daß b eide gedacht werden, keine Abhängigkeit des einen Denkens vom andern an­ zunehmen , sondern von jedem wird das Bewußtseyn zum andern unwidersteh­ lich fortgetrieben . Sieht man aber darauf, w ie beide gedacht werde n , so ist das Den ken der Freiheit ein unmittelbares Denken zufolge einer intellectuellen An­ schauung, das Denken des Objects ein mittelbares. Das erstere wird nicht durch das letztere hindurch erblic kt; wohl aber umgekehrt das letztere durch die er­ stere hindurch. Die Freiheit ist unser Vehiculum für die Erkenntniß der Objec­ te ; nicht aber umgekehrt die Erkenntniß der Objecte das Vehiculum für die Er­ kenntniß unsrer f"reiheit . " (SW IV, 7 8/ 7 9 . ) Wenn Fichte i n d e r "Grundlage d e s N aturrechts" das Werden i n der Zeit darauf zurückführt, daß die Einbildungskraft vom Setzen "der Wirksamkeit" (d. i. des Prinzipiierens, in der in dieser Arbeit gewählten Terminologie) zu dem davon verschiedenen Setzen "des Objekts" (d. i. des W) übergehe und von diesem wie­ der zum Setzen der Wirksamkeit zurückgehen müsse, so ist das zwar richtig; Fichte vernachlässigt aber hier den übergeordneten Grund für das zeitliche Werden, die Notwendigkeit, das von der Freiheit gesetz te Prinzip iat als solches zu halten. Fichte schreib t : "Das Vernunftwesen kann sich nicht wirkend setzen , ohne sich zugleich vorstellend zu setzen, es kann sich nicht setzen als wirkend auf ein bestimmtes Objekt o hne dieses bestimmte Objekt immerfort vorzustellen ; es kann keine bestimmte Wirkung als vollendet setzen, ohne das Objekt, auf welches sie gegangen, zu setzen. Nemlich, da das Objekt gesezt wird, als die Wirksamk eit vernichtend, aber die Wirksamkeit doch neben dem Objekte be­ stehen soll , so entsteht hier ein Widerstreit , der sich nur durch ein Schweben der Einbildungskraft zwischen b eiden , wodurch eine Zeit entsteht , vermitteln

Hauptteil

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läßt. Die Wirksamkeit auf das Objekt geschieht daher successiv in der Zeit." (Ak.-Ausg . , 1 ,3 , S . 3 3 8 /3 9 . ) Fichte bezieht sich an dieser Stelle auf Friedrich Heinrich Jacobis "David Hume über den Glauben o der Idealismus und Realismus". (Breslau 1 7 8 7 . ) Jacobi führt dort aus: "Obj e c t i v sind die Drey Winkel und das Dreyeck zu­ gleich. Und so sind auch Ursache und Würkung im V e r n u n f t b e g r i f f e überall zugleich und in einander . Dieser Vernunftbegriff ist aus dem Verhältniße des Prädikats zum Subject [ . . . ) genommen, und enthält gar nichts von einem Her­ vorbringen oder Entstehen ( . . . ]" . "Aber wird uns dies nicht zwingen anzuneh­ men, daß in der N atur alles zugleich und was wir Succeßion nennen, eine bloße Erscheinung ist? ( . . . ) Auf diese Weise aber sehe ich den Begriff von Ursache und Wirkung, als Principium fiendi, generationis, ganz vor mir verschwinden, und es bleib t mir nichts als die Verwunderung übrig , wie nur diese Worte mö­ gen in die Sprache gekommen seyn?" "In die Sprache von Wesen, d i e n u r ( . . . ) u r t h e i l e n könnten , würden sie auch nicht gekommen seyn. Sind wir aber sol­ che Wesen? ( . . . ) wir können ja auch h a nd e l n ! [ . . . ] ohne die lebendige Er· fahrung in uns selbst von einer solchen (lebendigen, sich selbst offenbarenden , persönlichen) Kraft, deren wir uns in einem fort bewust sind; die wir au f so manche willkührliche Weise anwenden , und , ohne sie zu vermindern, auch von uns ausgehen l assen können: ohne diese Grunderfahrung würden wir nicht die geringste Vorstellung von Ursache und Würkung haben." (Ebenda, S. 9 6/9 7 ) . So richtig es ist, " dass Zeitvorstellungen, die an sich dem reinen Begriffe der Causalität widersprechen , nur aus der Vorstellung unserer eigenen Wirksamkeit auf die Dinge auf ihn üb ertragen werden" (so die Formulierung Fichtes des j a­ cobischen Gedankens, SW I I I , 2 9 , Anm . ) , so ist doch das Hin- und Herwechseln der Einbildungskraft zwischen Prinzip und Hemmenden nicht der zureichende Grund für die Konstitution der Zeitvorstellung. Hierzu ist die Grundbedingung die No twendigkeit des Sichselbsthaltens der Setzungen einer bewußten Frei­ heit. 20. "Praeteriens enim tendebatur in aliquod spatium temporis , quo metiri posset , quoniam praesens n ullum habet spatium . " (Augustinus , confessiones, lib . X I , 2 7 ,34. ) 2 1 . « La duree reelle implique Ia persistance du passe dans le present . » ( B ergson, Henri : « La Pensee et le Mouvant » ; in: « OEuvres» Edition du centenaire, Paris 1 9 7 0 , S. 1 3 8 2 Anm.) 22. "Man kann dem Gesagten zufolge folgenden S atz aufstellen : "In j edem letz ten Zustande des Bewuß tseyns ist das ganze vorhergegangene Leben desselben das bedingende" . (Fichte : "Die Thatsachen des Bewußtseyns" Stuttgart 1 8 1 7 , S. 5 9 . ) - Bergson sagt : « II n'y a pas deux moments identiques dans le meme etre conscient. Une conscience qui aurait deux moments identiques serait une con­ science sans memoire . » « Po ur u n etre conscient, exister consiste a changer, changer a se murir, se murir a se creer indeniniment soi-meme. » ( « L 'evolution -­

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Anmerkungen

creattic e » : in : Bergson, Henri : « OEuvres» Edition du centenaire , Paris 1 9 70 , s . 5 0 0 .) 2 3 . "Die Absicht der Repro duktion ist, die Welt der äußern Wahrnehmung unab· hängig von ihr selbst in unsere Gewalt zu bekommen . " ( Fichte , "Die Thatsa· chen des Bewußtseyns" Berlin 1 8 1 7 , S. 44.) 24. "Non ergo ipsas, quae iam non sunt , sed aliquid in memoria mea metior quod infixum ma net." (Augustinus, confessiones, lib . XI, 27 ,36.) 25. Wir erinnern uns nämlich n icht nur, wir rekonstruieren auch frei unsere eigene Vergangenheit . Wir werden mit dem Entschwinden unseres geistigen Seins in die Vergangenheit unsere eigenen Chronisten. Daß die Motivationen, die wir uns dabei unterstellen , n icht notwendig mit den wahren Beweggründen zusam­ menfallen müssen , ist selbstverständlich. Aber auch unsere Erdichtungen haben für uns eine Seite, ·von der sie uns p ertinent sind. Sie gehen infolgedessen eben­ so mitbestimmend in die gegenwärtige Entscheidung ein wie das Eingeschaute und Erinnerte .

Anmerkungen z u dem Kapitel "Praktisches Beispiel I : Die Einbettung der Sinnesemp findungen in Raum und Zeit" 1.

"In [ meiner ] Erklärung wird die Sinnlichkeit als eine bestimmte Beschaffenheit des Vorstellungsverm ögens angegeben, die demselben in so ferne zukommt, als es Vorstellungen erzeugen kann, die unmittelbar durch die Art des Afficiert­ werdens entstehen. Die Sinnlichkeit kommt also dem vorstellenden Subj ekte zu, in wie ferne dasselbe e in auf diese Art bestimmtes Vorstellungsvermöge71 , nicht in wie ferne dasselbe einen organischen Körper hat , oder selbst organi­ scher Körper ist. Ob , und wie die Sinnlichkeit durch die Organisation entstehe, wird hier weder b ehauptet noch geläugnet . Es wird hingegen behauptet, daß sie in einem bestimmten Vermögen des vorstellenden Subjekts und zwar in e iner bestimmten Beschaffenheit seines Vorstellungsvermögens - und folglich ver­ neint, daß sie in der Orga nisa tio n , die kein blo sses Vorstellungsvermögen ist, bestehe, o hne übrigens z u bestimmen, ob das Vorstellungsvermögen der Orga­ nisation, o der einem von ihm unterschiedenen Wesen angehöre . ,Aber sind nicht allen sinnlichen Vorstellungen gewisse Veränderungen in der Organisation wesentlich?' Es ist nicht zu läugnen, daß gewisse Vorstellungen, und zwar alle diejenigen, deren Stoff durch die sogenannten fünf Sinne geliefert wird ( , ] von den Veränderungen, in der Organisation und in so ferne auch von der Beschaffenheit der Organisation abhängen, daß diese Vorstellungen die er­ sten in unsrem Gemüthe zur Wirklichkeit kommen, und daß aller objektive Stoff in ihnen zuerst vorkomme. Aber so unentbehrlich sie zu den sinnlichen empirischen Vorstellungen, und in wie ferne sinnliche empirische Vorstellungen

Praktisches Beispiel I : Die Konstitutiven Leistungen des Bewuß tseins

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allen übrigen vorhergehen müssen , zur Wirklichkeit jeder Vorstellung überhaupt seyn mögen ; so gehören sie gleichwohl nur zu den äussern Bedingungen der sinnlichen Vorstellungen, nicht zu den innern , das heißt z u denjenigen, welche Bestandtheile der blo ssen sinnlichen Vorstellung überhaupt sind. Sie machen keineswegs das sinnliche Vorstellungsvermögen aus. Die Organisation kann selb st nur dadurch Gegenstand unsrer Vorstellungen werden, daß eine Anschau­ ung auf sie bezogen wird, das heißt eine Vorstellung, welche durch die Art des Afficiertwerdens entstanden ist , und folglich Sinnlichkeit des Vorstellungsver­ mögens voraussetzt. Auch die Veränderungen in der Organisation, in wie ferne sie selbst vorstellbar sind, setzen Sinnlichkeit im Vorstellungsvermögen voraus, die folglich in so ferne unmöglich aus dem Vermögen dieser Veränderungen bestehen kann. In wie ferne sie aber nicht vorstellbar sind, läßt sich auch ihr Zusammenhang mit dem , was im vorstellenden Subjekte a n sic h , das ebenfalls nicht vorstellbar ist , vorgehen mag, unmöglich angeben. Die Materialisten und Spiritualisten erklären also in wie ferne sie den organischen Körper und seine Veränderungen in den Grundbegriff der Sinnlichkeit aufnehmen, die Sinnlich­ keit durch e twas- was selbst Sinnlichkeit voraussetz t ; indem sie Objekte, die nur durch S innlichkeit vorstellbar sind zur innem Bedingung der blossen sinn­ lichen Vorstellung machen. S ie mögen selbst darüber urtheilen, ob sie dabey weiser zur Werke gehn, als wenn sie die Sichtb arkeit der Gegenstände lieber von den Gegenständen als vom Auge ableiten wollten." ( Reinhold , Kar! Leon­ hard: "Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens" , 2 . Aufl. Prag und jena 1 79 5 , S. 3 6 3- 3 6 5 . ) 2 . Auf dieser Fehlannahme baut z . B . Etienne Bonnot d e Condillac seine Theorie des Sensualismus in seinem "Traite des sensations" (2 Bände; , 1 754) auf. 3 . "Quod nempe judicemus, has vel illas ideas, quas nunc habemus cogitationi nostrae praesentes, ad res quasdam extra nos positas referri : non quia istae res ill as ipsas nostrae menti per organa sensuum immiserunt, sed quia tarnen aliquid immiserunt, quod ei dedit occasionem ad ipsas, per innatam sibi facultatem, hoc tempore potius quam ali o , efformandas. Quippe nihil ab objectis externis ad mentem nostram per organa sensuum accedit , praeter motus quosdam cor­ poreos [ . . . ]. Unde sequitur, ipsas motuum & figurarum ideas nobis esse inna­ tas. Ac tanto magis innatae esse debent ideae doloris, coloru m , sonorum , & similium, ut mens nostra possit , occasione quorundam motuum corporeoru m , sibi eas exhibere ; nullam enim similitudinem c u m motibus corporeis h abent." (Descartes, Rene: "Notae in programma quoddam . . . " ; in: "Oeuvres de Des­ cartes" , Ed. A dam et Tannery, Paris 1 9 6 5 , Vol. VIII- 2 , S . 3 5 8 / 5 9 . ) 4 . I c h lasse hier u n d im folgenden die m i t der Druckintensität nur teilweise zu­ sammenfallende Intensität der spezifischen reinen Qualität liege n , ohne auf sie weiter einzugehen. Nur ganz grundsätzlich sei darauf hingewiesen, daß die Hemmungen vital ja nicht nur überhaup t existenzrelevan t sind, sondern auch das Wie unserer Existenz betreffen, d. i. die spezifische Wertbereiche tangieren.

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Anmerkungen

5. "In dem ( . . . ] Handeln ( . . . ] wie in dem (bloßen] Streben (zu handeln sind gei­ stige] That u. Hemmung untrennbar vereint, so daß man bei einer Eintheilung ins unendliche, keinen (diskreten] Punkt finden könnte . Aber in dem (Han­ deln] besiegt die That in einer steten Reihe die Hemmung, dringt gleichsam in sie ein ; u. drum entsteht dort ein fließendes Bewußtseyn anknüpfbar an eine Reihe der Selbstbestimmung, als eine Agilität. Im (bloßen] Streben, so gewiß es dies ist, siegt weder die Freiheit , noch die Hemmung, sondern beide stehen fest , u. halten sich im Gleichgewicht : Drum entsteht hier ein stehendes Bewußt­ sein . Beides kann Bewußtseyn seyn, denn in beiden ist Selbstbewußtseyn mög­ lich . Dort erfasse ich das ( . . . ] das Fortgleiten Hemmende vermittelst einer That: hier das Hemmende vermittelst eines (bloßen] Strebens (zu handeln], wo­ durch ich auch aus meinem wirk!. Seyn herausgehe, u . das was ich nicht bin , umfasse. Ein drittes den erstem entgegengeseztes Verhältniß , wie es bey ( . . . ] einem Influxus physicus der Dinge angenommen wird , in welchem der Wider­ stand in uns hineindränge , und unsrer That abbräche , kann es nicht geben, denn durch dasselbe (würde] auch unserm Bewußtseyn abgebrochen werden. " ( Fichte, Johann Gottlieb : "Neue Bearbeitung der W . L . 1 800", Gesamtausgabe, Bd. li , 5 , S . 3 88 /8 9 . ) 6 . "Wie viel iemand Kraft habe, läßt sich nicht sagen. ( . . . ] Es giebt Menschen, die e .g. bey Feuersgefahr Lasten weggetragen haben, die sie zu andrer z ,_. ; ., gar nicht von der Stelle bewegen konnten. So ist es bey Rasenden ; es ist die Exal­ tation der Kraft. Man k önnte daher sagen: Der Mensch hat ein inneres uner­ schöpfliches Princip der Anstrengung, dieses ruht in einer Anstrengung der Ner­ ven , dies b eruht auf Freyheit . Wir sind öfters nicht stark , weil wir es uns nicht zutrauen. Wenn uns Gefahr in die Lage bringt, wo wir uns weiter nicht besin­ nen können, da geht das, was sonst nicht fortwollte , wohl vonstatten. Der Mensch hat also kein b estimmtes Maas von Kraft . " ( Fichte , Johann Gottlieb : Vorlesung über Logik und Metaphysik Sommersemester 1 79 7 ; Gesamtausgabe Bd. IV ,1 , S. 3 44/3 45.) 7. « On pourrait se demander si Je p laisir et Ia douleur, au lieu d'exprimer seule­ ment ce qui vient de se passer ou ce qui se passe dans l'organisme , comme on Je croit d 'ordinaire, n'indiqueraient pas aussi ce qui va s'y produire, ce qui tend a s'y passer. ( . . . ] ou Ia sensation n'a pas de raison d'etre, ou c 'est un commen­ cement de liberte. Mais comment nous permettrait-elle de resister a Ia reaction qui se prepare si e lle ne nous en faisait connaitre Ia nature par quelque signe precis? et quel peu t etre ce signe , sinon l'esquisse et comme Ia preformation des mouvements automatiques futurs au sein meme de Ia sensation eprouvee? L 'etat affectif ne doit donc pas correspondre seulement aux ebranlements, mouvements ou p henomenes p hysiques qui o nt ete, mais encore et surtout a ceux qui se preparent, a ceux qui voudraient etre. » ( Bergson, Henri : « Essai sur !es donnees immeditates de Ia conscience» .)

Praktisches Beispiel 1 : Die Konstitu tiven Leistungen des Bewußtseins 1 1 7 « < I y a [ . . . ) un moment pn!cis ou Ia douleur intervient : c 'est lorsque Ia por­ tion interessee de l'organisme, au lieu d 'acceuillir l'excitation, Ia repousse. Et ce n'est pas seulement une difference de degre qui separe Ia perception de l 'af­ fection, mais une difference de nature . » ( « Matii�re et memoire « . - Vgl . für beide Zitate: Bergson, Henri : "OEuvres", Edition du centenaire , Paris 1 9 70 , s . 2 5 -2 6 u . s . 2 04.) 8 . " Die Qualität der Empfindung ist jederzeit bloß empirisch , und kann a priori gar nicht vorgestellt werden , (z. B. Farben, Geschmack ec. ) . Aber das Reale , was den Empfindungen überhaupt correspondirt , im Gegensatz mit der Nega­ tion = 0 , stellet nur etwas vor, dessen Begriff an sich ein Seyn enthält, und be­ deutet nichts als die Synthesis in einem empirischen Bewußtseyn überhaupt. In dem innern Sinn n emlich kann das empirische Bewußtseyn von 0 bis zu je­ dem größern Grade erhöhet werden , so daß eben dieselbe extensive Größe der Anschauung (z. B. erleuchtete Fläche ) so große Empfindung erregt , als ein Ag­ gregat von vielem andern (minder erleuchteten ) zusammen. Man kann also von der extensiven Größe der Erscheinung gänzlich abstrahiren , und sich doch an der bloßen Empfindung in einem Mo ment eine Synthesis der gleichförmigen Steig::rung von 0 b is zu dem gegebenen empirischen Bewußtseyn vorstellen. Alle Empfindungen werden daher, als solche, zwar nur a posteriori gegeben, aber die E igenschaft derselben, daß sie einen Grad h aben, kann a priori erkannt wer­ den. Es ist merkwürdig , daß wir an Größen überhaupt a priori nur eine einzige Qualität, nemlich die Continuität, an aller Qualität aber (dem Realen der Er­ scheinungen) nichts weiter a priori , als die intensive Quantität derselben , nem­ lich daß sie einen Grad haben, erkennen können , alles übrige bleibt der Erfah­ rung üb erlassen." (Kant, Immanuel : "Critik der reinen Vernunft " , 3 . Aufl. Riga 1 79 0 , S . 2 1 7 /1 8 . ) " E s hat gleichwol diese Anticipation der Wahrnehmung etwas für einen der transseendentalen [ Betrachtung) gewo hnten und dadurch behutsam geworde­ nen Nachforscher , immer etwas Auffallendes an sich, und erregt darüber eini­ ges Bedenken , daß der Verstand einen dergleichen synthetischen Satz , als der von dem Grad alles Realen in den Erscheinungen ist , und mithin der M öglich­ keit des innern Un terschiedes der Empfindung selbst , wenn man von ihrer em­ pirischen Qualität abstrahirt [ , antizipiert ) , und es ist also noch eine der Auflö­ sung nicht unwürdige Frage : wie der Verstand hierin synthetisch über Erschei­ nungen a priori aussprechen , und diese so gar in demjenigen, was eigentlich und bloß emp irisch ist , nemlich die Empfindung angeht, anticipiren könne . " (Eben­ da, S. 2 1 7 . ) 9 . "Wir können nie einen Körper sehen, sondern nur Flächen . " ( Fichte , Johann Gottlieb : Vorlesung über Logik und Me taphysik im Sommersemester 1 9 7 9 ; J . G . Fichte-Gesamtausgabe, Bd. I V , 1 , S . 2 1 7 .) 1 0 . "Geruch ist gleichsam Geschmack in der Ferne" . (Kant , Immanuel : "Anthro ­ pologie . . . " , Königsb erg 1 79 8 , § 1 9 .)

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Anmerkungen

1 1 . "Die fühlbaren Eigenschaften der Körper ziehen die Seele zu sehr in sich selbst hinein ; die sichtbaren zerstreuen sie zu sehr außerhalb . Die Töne stehen von der Seele genugsam ab , ohne ihr allzufern zu seyn . " (Platner, Ernst : "Philosophi· sehe Aphorismen " , Neue Ausarbeitung, I . Teil , Leipzig 1 79 3 , S. 2 3 0 . ) 1 2 . Es m u ß wiederum von dieser Relevanz für die bloße E xistenz die Relevanz für spezifische Wertbereiche unterschieden werden. So kann etwa ein Geruch eine so hohe Wertrelevanz haben , daß er als wichtiger erleb t wird als ein im Ver· gleich zu ihm höher existenzrelevanter Immediatdruck. 1 3 . "Der Sinn des Gesichts ist der edelst e , am meisten von dem des Getast entfernt , der die größte Sphäre im Raum enthält und wobei das oigan a m wenigsten affi · ziert gefühlt wird (Kommt daher der reinen An schauung näher . ) " ( Kant , Im­ manuel : "Anthropologie in pragma tischer Hinsicht" Königsberg I 7 9 8 , S. 5 0 . ) 1 4. "Visible ideas are t h e Language whereby the Go vern ing Spirit o n whom we depend informs us what tangib le ideas he is about to imprint upon us, in case we excite this or that motion in our own bodies. " ( Berkeley , George : "A Trea· tise Co nserning the Principles of Human Knowledge " Dublin 1 7 1 0 , § 44.)

Anmerkungen zu dem Kapitel "Praktisches Anwendungsbeispiel II : Durch die Struktur der Zeit bedingte Gesetze des geschichtlichen Seins" I. "Die ganz eigen thümliche Zeit der Menschen, die menschlichen Verhäl tnisse , machen nur die Menschen sich selber, und schiech thin keine außer ihnen befind­ liche M ach t. " 0- G . Fichte: "Reden an die deu tsche N ation" Berlin 1 8 08 , s . 465 . ) 2 . " I I y a dans c e q u i com mence u n e source, une race qui ne revient p as. Un dep art , une enfance que l'on ne retrouve, qui ne se re trouve j amais plus" (Ch . Peguy, "OEuvres p oetiques completes" Paris 1 9 48, S . 1 89 . ) 3. Kan t schreib t i n der "Critik der reinen Vernunft" : Die Zeit [ . . . ] i n der aller Wechsel der E rscheinungen gedach t werden soll, bleibt und wechselt nicht; weil sie d asjenige ist, in welchem das N acheinander- oder Zugleichseyn nur als Be· stimmungen derselben vorgestellt werden können." (3. Aufl. Riga 1 7 9 0 , S . 2 2 4/ 2 5 .) Dies ist ungenau und irreführend formuliert. Nicht die Zeit bleib t, sondern das Ich, das die E rscheinungen ununterbrochen (erneut) in der Zeit ordnet, bleibt. Kan t fährt fort : "Nun kann die Zeit für sich nich t wahrgenommen wer· den. F olglich muß in den Gegenständen der Wahrnehmung, d. i. den E rschei­ nungen, das Substrat anzu treffen seyn, welches die Zeit überhaup t vorstell t, und an dem aller Wechsel oder Zugleichseyn durch das Verhäl tniß der E rscheinungen zu demselben in der Apprehension w ahrgenommen werden kann. Es ist aber das Substrat alles Realen, d. i. zur E xistenz der Dinge gehörigen, die S ubstan z , an welcher alles, w as zum D aseyn gehört, nur als Bestimmung k ann gedacht wer·

Praktisches B eispiel II : Gesetze des geschichtlichen Seins

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den." (S . 2 2 5 . ) Das ursprüngliche S ubstrat, das die Zeit überhaup t vorstellt und an dem und von dem aus Zeit und zeitliches Sein erfaß t werden kann , ist aber nich t das Beh arrliche am Objekt, sondern das Ich. - Im Opus postumum sagt Kant hingegen richtig: ,.Die Zeit hat keine Dauer. Ihr Seyn (jetzt, künftig, zu­ gleich , v"drdem, nachdem) ist ein Augenblik." ( ,.Kants gesammelte Schriften" , Akademie-Ausgabe, Bd. XXII, S . 5 . ) Es sei an Descartes' Wort erinnert: ,.Les momen ts du monde sont independan ts les uns des au tres." (Ausg. Adam & Tannery , Bd. V, S . 5 3 . ) Vgl. ,.L 'Evolution creatrice" , i n : ,.OEuvres" , Paris 1 9 7 0, S . 5 00. In der folgenden Formel steh t h ftir H andlung t ftir Tat Bergson : ,.No tre duree n'est pas un instant qui remplace un instant: il n 'y aurait alors jamais que du present, pas de prolongement du passe dans l'actuel, pas d'evolution, pas de duree concrete. ( . . . ) Du moment que Je passe s'accroit sans cesse, indefiniment aussi il se conserve . " ( ,.L 'Evolution creatrice", a.a.O., S . 4 9 8 . ) .,En realite Je passe se conserve de lui-meme, automatiquement. Tout entier, sans doute , il nous suit a tout instant". (Ebenda.) Bergson .,C'est avec notre p asse tout entier, y compris notre courhure d'äme originelle , que nous desirons, voulons; agissons." (a. a.O., S. 498.) Bergso n : ,.No tre personnalite, qui se bätit a chaque instant avec de l'experience accumulee, change sans cesse. En changeant, eile empeche un etat, fUt-il iden­ tique a lui-meme en surface , de se repeter jamais en profondeur. C 'est pour­ quoi notre duree est irreversible. Nous ne saurions en revivre une parcelle, car il faudrait commencer par e ffacer Je souvenir de tout ce qui a suivi. " (a.a.O . , s . 49 9 . ) Charles Peguy : ,.C 'est cette profonde et capitale idee ( . . . ) que Je present, Je passe , Je futur ne sont pas du temps seulement m ais de l'etre meme. Qu 'ils ne sont pas seulement chronologiques. Que Je futur n'est pas seulement du passe pour plus tard. Que Je passe n 'est pas seulement de l'ancien futur, du futur de dedans Je temps. M ais que Ia creation, a mesure qu'elle passe, qu'elle descend, qu'elle tombe du futur au passe par Je ministere, par l'accomplissement du present ne change pas seulement de date, qu'elle change d'etre . Qu'elle ne change pas seulement de calendrier, qu'elle change de nature. Que Je passage par Je present est Je revetement d'un autre etre. Que c'est Je devetement de Ia Iiberte et Je revetement de Ia memoire . " ( , .Note conj ointe", 1 9 . Aufl . , Paris 1 9 3 5 , s. 2 3 . ) Charles Peguy : .,II y a u n e deperdition perpetuelle, une usure, u n frottement, un irreversible qui est dans Ia nature meme, dans l 'essence et ( . . . ) au coeur meme de l'evenement. D 'un mot il y a Je vieillissement." ( , .Ciio " , 26. Aufl, Paris 1 9 3 2 , S . 5 0 . ) Pegu y : ,.Cette generation presente ( . . . ) s e voit seule comme un homme sous

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Anmerkungen une ligne de feu . Elle se voit seule sous Je regard innombrable, sous Ia consi­ deration, sous Je j ugement d'une indefinite indefiniment croissante de genera­ tions ulterieures." ("Clio", S. 1 6 5 . ) Aber es gil t auch das E n tgegengese tz te : "C'est chacune des generations juges, des generations ulterieures qui est une en face , en presence de toutes !es generations passees. (Ebenda.) Peguy : "Le vieillissement est essentiellerneut une operation par laquelle on manque de plan (au singulier) , tout y etant recule selon une infinite de plans reels. Qui sont !es plans memes ou l'evenement s'est successivement ou plutöt " " continument accompli. ( "Clio , S . 2 2 9 . ) E s gehört z u den E inseitigkeiten gewisser Geschichtskonstruk tionen , das Gesetz der Diskursivität mit völliger Blindheit für das Gesetz des Altems und der Inkar­ nation zum alleinigen Gesetz der Geschich te zu erklären. Auf die spezifischen Möglichkeiten, die sich aus dieser E instellung ergeb en: Ge­ wöhnung und schöpferische Offenheit, gehe ich hier nicht w eiter ein, weil sich diese Komponenten nicht rein aus den Gesetzen des zeitlichen Werdens ableiten lassen. Dem all täglichen B ewuß tsein w ird etwas davon bemerkb ar, wenn m an jeweils nur über lange Zw ischenzeiten hinweg von einander hören oder sich einander mi tteilen kann.

SACHREGISTER

Abfließen 26 f, 3 2 , 40, 43, 45 , 48 Abhebung 8 0 Abschattung der Qualität 69 Abschließen, sich 49, 55 , 9 6 f Ab stand 80, 1 05 Abstraktion 1 6 ff, 2 0, 4 5 , 5 7 , 88 Abwehr 74 f Affektion 6 2 , 64, 66 ff, 7 3 Aggregat 2 5 Agilität 9 0 Ähnlichkeit 6 7 f, 7 9 f , 8 3 Akt, geistiger 5 1 , 5 7 , 59 f , 6 2 f , 7 0 f, 7 7 . 9 0 f, 94, 9 8 , 1 0 1 Aktualität 54, 5 8 f, 9 1 , 9 3 , 9 7 , 99 Aktuieren 49, 55, 9 1 , 9 9 Akzidenz 6 2 ff, 69 Altem 92, 96, 1 02 Altern ative 4, 1 0 Altemieren 24 Analo�e 69, 7 3 , 80, 84, 1 02 , 1 05 Analyse 98 Anderssein 7 6 Andetermination 84, 1 0 1 Anfang 1 9 Anfangspunkt des Objektiven 74, 7 7 Anknüp fung der Zeitvorstellung 2 0 Anliegen, unmittelbares 7 2 , 74, 7 7 f Anlieger 1 3 , 3 0 Anschauung, reine 7 , 2 1 , 2 3 , 2 6 f, 3 1 , 6 1 , 68, 7 7 , 7 9 -, ursprüngliche 25 -, wirkliche 2 7 f, 44 f, 47 f, 5 0 ff 62, 65, 7 1 Antizipation 49, 5 9 , 6 7 , 7 1 , 8 1 , 9 5 Apponent 1 7

Apposition 5 ff, I O, 2 I , 2 3 ff, 2 9 f, 34 f, 3 9 , 4 1 , 60, 6 3 , 8 7 -, dynamische 48 -, ordinale 2 3 , 3 7 , 8 7 f Apprehension 82 Attention 6 3 , 7 9 Au fheben 7 , I I f Aufruf 1 0 1 f Aufschichtung 9 6 Auge 8 I Augenblick gemeinsamer I 04 Ausgezeichnetheit 1 7 , 3 7 f, 88 Ausgliederung 7 0 Ausschluß, gegenseitiger 2 ff, 3 5 , 5 9 Außensein 6 3 f , 7 4 , 7 7 , I 04 Austausch 8 Automaton spirituale 64 Avenement 98 Bedrängen 7 4 Befriedigung 66 Begrenzung, dynamische 40 -, der Empfindung 7 0 -, qualitative 7 6 Behauptung I Beiordnung 5 Bekundung 1 03 Beliebigkeit 1 7 , 7 8 Benehmen von Gegenwärtigsein 9 , 1 1 f, 3 0 Beschränkung 3 9 , 62, 6 6 Bestehen 3 9 , 55 f , 7 9 Bestimmbarkeit 9 2 Bestimmtheit, objektive 5 0 f Bestimmtwerden 40, 6 2 f, 6 5 , 84, 93, 1 04

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S achregister

Bestimmung 1 , 6 8 -, abgeschlossene 9 2 -, erneu te 9 2 , 9 4 , 9 7 Grund- 2 , 4 f , 2 1 , 3 5 f -, objektive 9 8 , 1 0 1 Weiter- 2 ff, 2 1 , 3 5 f, 42 Bestimmungsvermögen 90 Betreffen 38, 54, 93, 99 Bewegung 1 05 f -, gleichförmige 1 06 Bewußt-Sein 1 , 8 7 Bewuß tsein 4 1 , 43, 5 0, 5 9 , 6 2 , 64, 7 0, 7 2 , 78, 89, 1 05 f -, abstrah ierendes 1 6 - , transzendentales 2 0 , 1 02 f -, unmittelbares 6 9 , 7 2 -, urspriin gliches 7 , 2 0 , 6 1 , 6 3 , 8 0 -, wirkliches 2 1 , 44, 5 9 , 6 1 Bewuß tseinsakt 2 6 , 2 8 Bewußtseinseinheit 6 , 8 7 , 89 Bewußtseinsleistung 34 ff Bewuß tseinsstrahl 7 6 , 8 1 Beziehung 6 , 2 7 f, 3 6 -, gedankliche 29 f , 3 2 , 4 3 -, dynamische 3 9 Beziehungszentrum 1 5 Bilden 7 3 , 9 0 Bildung, konkrete 1 7 Breite 8 2 Dauer 3 4 , 4 7 , 6 2 , 9 0 Deklination 7 5 , 7 8 Deliberation 1 00 Denken 2 8 , 46, 5 8 , 6 0 , 6 1 , 6 3 , 1 00, -, eine Anschauung verstehendes 45 , 64, 1 04 f -, freies 5 7 Dialektik 64 Dimension 25, 80, 82 -, geome trische 7 8 Disjunktion 1 8 , 35 Diskontinuität 25, 33, 5 1 , 7 6 , 9 9

Diskursivität 9 8 Disposition 9 8 Dissoziation 5 6 Distanzierung, vitale 8 4 , 1 00 doxisch 3 9 , 54 Dominanz 8 2 f Druck 7 1 ff, 1 02 aus der Feme 8 2 - , fremder 7 2 ff, 8 2 , 1 02 aus der Tiefe 8 1 Druckemp findung 7 2 ff, 8 0 , 84 - , synthe tische 7 3 f Druckqu alität 6 8 , 7 9 Druckveränderung 7 8 f Durchdetermination 1 0 1 Dynamon 2 5 ff, 2 9 , 3 3 , 5 2 , 7 1 , 7 2 , 7 5 , 7 7 , 9 0, 94, 9 5 E ffizieren 5 4 ff Eigenständigkeit 6 3 , 7 2 , 8 3 , 1 05 Einbildungskraft 3 , 1 8 ff, 2 9 , 43, 5 3 , 64, 7 1 -, freie 5 7 f, 6 0 , 7 7 , 8 0 -, reproduktive 4 3 , 5 3 f Eindeutigkeit 1 6 , 29 E indruck 73, 1 00 Eingeschränktheit 40, 5 2 Einheit -, objektive 6 -, subjektive 6 -, transzendentale 9 0 E inmaligkeit 1 4 , 1 6 , 3 7 , 8 7 , 94 E innahme von Gegenw art 1 0 E inschauung 4 2 f, 45 f, 4 8 ff, 5 6, 5 8 , 6 5 , 7 3 , 8 9 , 94, 99 E inseitigkeit 1 7 , 25, 7 7 Einsinnigkeit 2 3 , 30, 3 2 , 34, 7 1 , 8 8 , 9 7 , 1 04 E instellung 9 3 , 99 f Emission von Qualität 6 8 Emp findung 3 9 , 6 1 ff, 1 00, 1 05 E inheit der · 7 0

Sachregister Empfindbarkeit 8 2 Empfindender 7 2 Empfindungsfeld 8 2 f Entfaltung der Bezugsmomente 1 7 E ntfernung 8 0 f, 84 E ntfremdung 7 3 E n tgleiten 2 9 E ntscheidung 5 0, 5 8 , 9 4 ff, 9 9 f bezüglich der Vergangenheit 9 3 , 9 7 E ntschluß 5 0 Entspannung 7 4 f E rfahrung 4 9 , 6 6 , 6 8 , 8 6 , 1 00, 1 03 , 1 05 E rfüllung 3 9 , 5 3 E rinnerung 5 2 f, 5 7 f, 6 0 , 7 1 , 7 8 , 9 1 , 94, 9 7 E rinnerungstreue 94 E rkenntnis 98 E rleiden 73 E rmächtigung 94 E rneuerung 9 2 f E rreichen 2 6 E rstreckung 3 1 E rzeugung einer indefiniten Reihe 1 3 f Evenement 9 8 E xexistenz 8 , 1 0, 1 3 , 1 5 f, 3 3 , 8 8 , 9 7 Existenz 7 f , 1 8 , 3 1 , 34, 3 6 ff, 48 f, 88, 99 -, ausschließliche 3 5 - , negierte 1 8 , 3 1 , 6 6 , 7 4 setzen 3 6 f -, unmittelbare 3 9 E xistenzannahme 32 E xistenzmoment 3 6 f E xistenzrelevanz 7 , 74, 8 8 , 9 7 Existenzsicherung 74, 8 4 Expansion 7 5 , 7 7 f, 8 0 E xpräsenz 1 0 ff Extension 6 2 , 6 8 , 7 1 , 7 6 ff, 1 04 - , p ar;tielle 8 3 Faktum 5 1 , 5 4 , 8 7 f, 9 2 , 9 9

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F arbe 6 8 , 8 0 f Feld des Druckes 8 0 Ferndruck 8 2 f Feme 6 8 , 7 2 , 8 1 Fernsinn 8 1 , 8 3 f Festh al ten 2 7 , 2 9 Feststellen 2 6 ff, 3 0 ff, 4 4 , 46, 5 2 , 6 0 Fiktion 1 04 Finalität 9 9 Fixierung 2 1 , 2 6 , 2 8 , 64, 7 3 Fläche 7 7 f , 8 0 , 8 2 Fließen 2 5 , 2 7 , 2 9 f, 3 2 , 43 f, 4 8 , 5 7 - , fixiertes 2 8 f, 44 Fluß 30 f, 8 3 Fokus 7 7 f , 8 0 , 8 1 ff Folge, regelmäßige 6 6 -, zeitliche 5 1 , 6 6 , 7 7 Formalwissenschaft 8 7 Formung 6 5 Fortgehen 6 2 , 7 5 , 7 7 , 8 3 , 8 7 , 9 3 ff, 1 04 Freiheit 5 0, 64, 9 3 , 9 6 Akt der- 6 6 , 9 7 f Modifikation der- 69 Fremdbestimmung 39 Gefahr 66 Gefühl 39, 62, 6 6 , 73 Gegenläufigkeit 3 1 , 1 04 Gegenstand (vergl. auch Objekt) 69 f, 7 2 , 7 4 , 7 7 . 7 9 ff, 8 4 Gegenüber 7 2 Gegenwart 8 ff, 1 4 f, 1 8 , 2 1 , 2 6 , 3 3 , 4 7 ff, 5 1 , 5 8 f, 8 7 . 9 5 , 1 03 - , bewußte 1 5 , 9 1 - , einstmalige 9 ff, 9 7 -, erfüllte 3 3 -, fakultative 1 8 -, fremde 1 02 f -, gelebte 9 6 , 1 03 -, leere 3 3 - , vorstellbare 1 8 f, 3 7

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S achregister

- , ständig wechselnde 47 - , wirkliche 17 ff, 38, 5 7 Gegenwärtigkeit 9 ff, 1 4 , 8 7 f Gegenwärtigsein 7 ff, 1 8 , 4 7 , 5 1 , 74 Gehalt, materialer 19, 5 9 , 6 1 , 65 f, 8 8 Gehemm tsein 6 5 Gehör 8 3 f Gemeinschaft 1 0 1 f Gerichtetheit 3 1 Geruch 6 8 , 8 0 f, 8 3 f Geschichte 8 6 ff -, eigene 8 8 , 1 02 - , fremde 8 8 , 1 02 -, individuelle 1 02 f - , objektive 1 03 , 1 07 -, E ine transzendentale 1 03 Geschichtsphilosophie 8 6 ff Geschichtsträch tigkeit 9 6 Geschmack 6 2 , 7 0, 8 1 , 8 3 f Gesicht 7 0, 8 0 , 8 3 f Gestal t 8 3 , 9 7 , 1 00, 1 02 Ge tast 6 2 , 7 0 , 7 2 , 7 8 f, 8 0 ff Glaube an die Zukunft 4 8 , 9 6 Gleichartigkeit 7 0, 8 1 Gleichgewicht 64, 74, 7 8 , 8 1 , 84 Gleichgewich tsorgan 78 Gleichgewich tsgrenze 78 Gleichzeitigkeit 7 , 60, 7 1 f, 7 5 , 7 9 , 90 Grad der Intensität 5 3 , 6 2 , 6 8 f Grund- Folge-Beziehung 2 , 4 Grundwille 9 3 H andeln 4 0 , 6 5 , 9 2 f, 9 5 , 9 8 , 1 00 -, sittliches 94 Harmonieren 52 H emmung 39, 5 1 f, 56, 62 ff, 9 8 ff -, bloße 1 0 1 , 1 04 -, intentionale 1 0 1 Herausheben aus dem Werden 2 7 Herausgehen 2 1 f, 2 4 , 40, 5 1 Herkommen von 2 5 f, 54, 7 7

Hervorgehen 4 1 ff, 45 , 5 0 f, 60, 6 3 H iatus 4 7 H ineingehen 5 1 , 54, 9 9 Hingehen z u 2 2 , 24, 2 6 f, 3 1 , 40, 7 7 Hinzusetzen 42 Historie 8 7 , 89 Historik (Geschich tswissensch aft) 8 6 ff Ich 3 f, 1 9 , 3 9 , 4 2 , 44, 46 f, 49 f, 5 2 , 54 f , 5 7 , 6 0 , 6 2 , 6 5 , 6 9 , 7 2 f , 7 9 , 9 0, 9 2 f , 9 6 -, durch sich bestimmtes (vgL auch Sichbestimmung) 44 f, 5 0 - , fremdes 1 02 -, transzendentales 1 02 - , unbestimmtes 44 - , werdendes 47 f, 69 Ichidentifizierung 19, 4 1 , 44 f, 49, 5 7 , 69, 7 3 , 89, 90 Ideal 66 Idee 6 1 -, regulative 5 1 Identifikation 8 f, 2 2 f, 2 5 f, 3 2 , 40, 49 , 5 3 f, 6 2 , 8 1 f, 90 Identität 9 , 22, 2 6 ff, 2 9 , 35, 4 1 , 44, 4 7 , 5 3 , 54, 60, 6 3 , 9 0 - , ex tensive 7 8 -, p artielle 2 5 f, 2 8 , 3 1 , 7 6 f, 8 1 , 8 8 m i t sich 3 4 , 4 0 , 4 8 , 5 7 - , werdensüberhobene 4 8 , 5 7 Identitätswechsel 2 7 Identitätszentrum 7 7 Immediatstelle 8 0 f, 8 3 f Implikation 1 ff, 2 1 , 2 6 , 4 1 f, 48, 7 0, 9 8 , 1 04 -, mögliche 3 5 , 4 1 Imposition 24 Impräsenz 15 Impräzision 8 1 Individuierung 94 ff, 1 02 Individualität 95 f Individualzeit 1 0 3

S achregister Induktion 8 6 , 95 f, 1 00 Inexistenz 7 , 1 0 f, 1 3 , 1 5 , 1 8 , 3 3 , 8 8 I nitiation der H andlung 5 7 , 7 9 I nkarnation 9 7 f Innerlichsein 54 Insertionsstelle 7 1, 7 4 f, 84 Integration 94 f, 1 00 Intensität 6 2 , 6 7 , 7 6 , 7 8 ff Druck- 64, 6 7 ff, 7 1 , 7 8 , 8 1 -, maximale 6 7 I n tention 3 8 f, 6 2 , 66 - , fremde 1 0 1 -, gemeinsame 1 0 1 f Interiorisation 1 9 , 90 ff Intermittieren 1 9 Interpersonalität 8 4 , 1 0 1 ff Interpersonalnexus 1 02 ff Interpretation 6 8 , 99 lrreversibilität 8 8 , 9 7 Iteration 1 2 , 2 3 , 2 5 Kausalkette 99 Kausation 42 f, 49 , 64 - , freie 40 ff, 52, 63, 6 9 , 9 0 , 9 2 -, fremde 40, 6 3 , 6 9 Koexistenz 7 1 , 1 04 - , p artielle 48 Koinzidenz 9 f Kommunikation 1 03 ff Konsequenz 1 Konstanz 7 8 Konstellation 9 4 Konstruktion 6 6 , 7 7 f Konstringieren 9 0 Kontingenz 69 Kontinuität 25, 33, 45, 54, 7 0, 74, 7 5 f, 7 9 f - , kombinierte 8 1 -, scheinbare 5 2 , 6 7 ff, 7 6 ff, 8 9 Kontinuum, räuml. 7 8 ff Konzentration 7 1 , 74 f, 8 0 , 8 2 , 84 Kopräsenz 7 1 , 9 0

Körper 1 05 f Korrelation, universale 1 7 , 2 I Kraft 6 7 , 74, I 05 - , freie 64 ff, 68 f, 7 3 ff, 7 8 ff -, fremde 7 I , 7 3 f, 7 9 -, unterdruckte 6 7 , 6 9 , 7 3 Kraftau fwand, freier 6 4 , 7 0 ff Krafterschöp fung 7 4 Kraftgefühl 65 , 7 3 Kraftmaß 6 7 Kraftreservoir 7 5 Kraftzurii c knahme 64 Kumulation 9 I ff Lagesinn 8 0 , 8 2 Leib 7 4 Linie 7 6 , 8 0 Lokalisation 8 1 Loslösung 3 2 , 4 3 , 5 2 , 5 7 , 60, I 00 Materiale 6 5 , 6 8 , 7 6 Materie 8 0 , 8 3 , I 05 Mehreres zugleich 2 7 Minimum der Identität 25 f , 2 9 Miteinandersein 6 f Mitteilung I O I , 1 04 Modifikation der Empfindung 82 der Hemmung 7 4 des lchs 40, 5 0, 7 1 der Motorik 8 2 Möglichkeit 2 4 , 94 f -, erö ffnete 94 ff -, offene 94 ff Moment 2 5 , 44 Mo torik 7 1 f, 7 4 , 7 8 , 8 1 ff -, kombinierte 8 1 N achbarschaft 1 3 , 7 0 N achbildung, sekundäre 8 3 N achfolgeordnung 2 9 , 4 1 , 8 7 , 94 Nähe 6 8

1 25

S achregister

I26

N ahsinn 7 2 , 83 f N ase 8 I Natur, geistige 9 7 Naturgeschich te I O I Neuheit 9 7 Nich twohlun terscheidbarkeit 2 2 , 24, 2 6 , 2 9 , 7 6 , 79 Notwendigkeit -, einfache I f -, faktische 69 -, fakulative I f, 4, 5 9 Wesens- 6 9 Objekt (siehe auch: Gegenstand) 7 6 , 84, 9 8 Objektivierung 7 2 , 7 8 , 8 5 Objektivität 64, 74, 7 6 , 8 0 Ohnmacht 2 0 Ohr 8 I Ordinalreihe 6 f, 2 3 Ordnung 6 , 2 9 , 79 -, pluripotentielle 7 9 Ordnungslosigkeit 6 , 2 3 , 2 5 , 8 7 , Organ 8 I Partie der Extension 7 8 -, identifizierte 2 4 des Werdens 2 2 ff, 3 0 , 4 6 , 7 2 , 8 8 , 94 P artizip ation I 03 , I 06 Person I 0 I ff Pertinenz 1 9 , 3 8 , 3 9 , 44, 5 6 , 5 8 f, 84, 9 2 -, mittelbare 3 9 , 5 9 f , 95 ff, 9 9 -, unmittelbare 1 9 , 3 8 , 44, 5 8 , 9 6 Potenzierung 5 5 Prinzip der Verursachung 4 3 , 5 0 , 5 3 , 8 9 ff, 1 02 -, erneutes 5 5 f, 8 9 , 9 1 ff, 99 Prinzipiat 49, 5 3 5 5 ff, 89 Prinzipiieren 4 3 , 45 f, 49 f, 5 3 f, 89 f, 92 f ,

-, vergangenes 9 3 Produkt 5 2 , 9 0 , 9 8 f Produzieren 6 5 , 6 8 Projektion 8 0 f , 95 Provokation , dynamische 9 9 f Punkt 3 1 Qualität 3 5 , - 6 5 ff, 7 8 ff Quantität 24 ff, 28 ff, 3 5 , 5 2 - , indefinite 2 4 , 2 9 -, kontinuierliche 8 2 Raum 3 1 , 6 2 , 7 2 , 7 5 , 7 7 , 8 2 , I 04 f -, geome trischer 8 2 -, objektiver 1 05 f Reaktion 8 2 , 1 00 Realität 6 3 f, 69 Re flexeinheit 6 3 , 9 0 Reflexion 6 2 f, 8 6 , 9 0 f , 9 8 Primär- 3 Sekundär- 3 , 9 5 Reihe, geschichtL 9 4 , 9 7 Relativierung I 7 , 8 8 , 1 02 ff Reproduktion 53 ff, 6 5 , 6 8 Revolution der Gesinnungsart 9 3 Rezeptionsstelle 7 1 Richtung 2 2 f, 2 8 , 3 0, 3 2 , 7 8 ff, 8 3 - , spezifische 3 I Rich tungsänderung 3 1 f, 43 Schmerz 66 f Schöpferische 9 7 Schwere 8 0 Sein 2 8 , 64, 9 7 -, geschichtliches 1 , 9 7 - , zeitliches I Selbstbehauptung 38 ff Selbstbewuß tsein 7 3 , 1 02 f Selbstmodifikation 64 Sensation 6 6 , 73 Sensorium 74 Serie 6 7 , 8 0, 8 9 , 9 7

S achregister Separieren 2 7 S e tzung 1 f, 7 7 - , appositionelle 2 1 , 2 3 -, dynamische 2 8 f - , eigenständige, d e r Hemmung 40 -, fakultative 2 f, 18 -, freikausierte 65 - , geschichtlich erste 9 4 im I c h 40 -, implikationslogische 22 -, spearierte 2 1 , 23, 2 6 f, 3 0 , 3 1 , 3 3 , 46, 6 0 , 7 0, 7 5 -, statische 2 1 , 2 3 , 2 6 , 2 8 f , 3 1 f, 4 6 , 5 2 , 6 3 , 6 5 , 7 0, 7 5 , 8 8 -, wirkliche 1 9 S ichbestimmung 5 0 f, 5 6 , 9 0 ff S icherneuerung 9 2 Sinn 6 2 , 7 9 - , forttragb arer 8 2 Sinnenfeld 7 0, 79 S innenraum 82 Sinnesorgan 6 1 Sinnesstrahl 8 2 S oziologie 8 6 Spontaneität 6 1 ff, 7 0 ff, 8 2 , 9 8 f S tandhal ten 7 1 . S teigerung 69 S tellungnahme 93 S to ff 64 S trukturierung der Zukunft 9 5 , 1 00 Subjekt-Objektivität 7 3 , 9 0 Substanz 5 , 5 1 , 6 2 , 6 9 Substantiierung 1 05 Sukzession 5 2 , 6 7 Synopsis 8 8 Syntheseschritte 98 System , statisches 18 von Systemen 16 f, 1 9 , 3 7 , 6 0, 8 8 , 9 7 Tastsinn: siehe : Getast Tat, abgeschlossene 9 2 Temperatursinn 62, 6 8 , 7 2 , 84

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Tiefe 77 f, 8 0 ff, 1 05 Tiefensensibilität 8 0 Totalität 1 8 , 3 5 Transfert 69 f Übereignen, sich 9 0 f, 94 Übergangspunkt von Innen nach Aus­ sen 7 7 Übergehen 1 8 f, 2 1 , 2 3 ff, 3 0 ff, 3 5 , 44, 7 6 , 88 f, 9 0 zu einem anderen 5 1 -, anschaulich freies 3 0 -, anschaulich gebundenes 2 7 f -, eingeschautes 43, 45 -, einsinniges 18 f, 30 f, 34 -, erneutes 2 3 -, fortwährendes 4 6 , 9 0 -, gedanklich beziehendes 2 8 , 3 0 -, kausierendes 4 7 , 5 1 , 9 0 -, prinzipiierendes 5 6 -, räumliches 7 5 -, undendliches 24 ff - , nur vorgestelltes 3 2 - , wechselweises 7 5 f -, wirkliches 3 2 f, 46, 5 2 , 8 8 i m Wollen 45 , 5 1 , 54 zwischen Übergehen 25, 2 7 , 33, 45 Übernehmen der Gegenwärtigkeit 1 1 f Überspringen von Zeitmomenten 3 3 Übertragung 1 2 f, 4 9 , 6 7 , 6 9 , 1 0 1 Umkehrung der Rich tung 3 0 Umschlag der Einschauung 48 Unableitbarkeit 66 Unberührbarkeit der Vergangenheit 9 7 Unbestimmtheit 9 1 f Ungewißheit 5 9 Universalbezug 1 7 Un terbrechung des Bewuß tseins 2 0 Un terlassen 6 4 Unterscheidbarkeit 2 5 , 7 6 Unterteilen 5 2 Unverwechselbarkeit 9 , 1 5 f, 2 9 , 8 7 , 89

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Sachregister

U nvorhersehbarkeit 94 Unwiederholbarkeit 1 4 Ursache 4 9 , 6 2 , 6 9 - , sich erneut aktuierende 48 f Urteilskraft 3 , 9 8 Variation 8 1 f Veränderung 69 f, 8 1 Verantworten 99 Verengerung 9 5 Verfließen, p artielles, ineinander 2 5 Vergangenheit 7 ff, 1 3 , 1 9 , 3 3 , 49 , 5 1 , 8 7 , 9 3 , 99 - , geleb te 91 f - , mittelbare 3 7 - , unmittelbare 8 , 1 3 , 1 9 , 3 7 Vergegenwärtigen 5 9 , 9 5 Verhältnis fassen 5 1 f Verlassen 26 f Vernichtung 3 8 , 66 f, 7 1 , 8 2 Verschiedenheit 7 0, 9 0 -, numerische 8 -, qualitative 6 7 f Verschmelung des subjektiven und objektiven Zustandes 84 Verstand 2 1 , 47 f, 5 0, 6 3 Verstehen 1 04 Verursachung (siehe auch Kausation) 41 f Verfielf