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German Pages 100 Year 1910
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Die
apanische Kolonialpolitik von
Fritz Wertheimer Doktor der Staatswissenschaften
HAMBURG L. FRIEDERIGHSEN & CO. (Dr. L. &. R. F R I E D E R I C H S E N )
1910
Alle
Rechte
vorbehalten.
Druck von J . J . Augustin in Glückstadt-
Vorwort. Dieses kleine Schriftchen will einen Überblick über die j a p a n i s c h e K o l o n i a l p o l i t i k geben, wie sie sich den Augen des Verfassers bei einer Studienreise nach dem fernen Osten darstellte. Allerdings war das Studium der japanischen Kolonialpolitik nicht der einzige Zweck dieser Reise, sondern nur einer der Zwecke. Es soll auch nur ein kurzer orientierender Überblick gegeben werden, der zu weiterem Studium dieses neuen und interessanten Problems anregen soll. Deshalb ist nicht alles Material, das der Verfasser sammeln konnte, verwertet; deshalb ist zum Beispiel auf Geschichte und frühere Entwicklung der beschriebenen Kolonien nur eingegangen, wo es unbedingt erforderlich war. Sachkenner werden sehr vieles in diesen Blättern vermissen. Das ist auch dem Verfasser wohl bewußt. A b e r um den Charakter einer Übersicht zu wahren und den eines wissenschaftlichen Werkes zu vermeiden, mußte gar Manches wegbleiben. Auch Zahlenmaterial ist nur in bescheidenstem Umfange verwertet; ein paar Statistiken am Schlüsse müssen genügen. Hoffentlich tragen auch diese Blätter zu einem eingehenderen und gründlicheren Studium der vielen Probleme des fernen Ostens bei. B e r l i n , September 1910.
Dr. rer. pol. Fritz Wertheimer.
Inhalt Seite
Vorwort
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1. Japan und China im fernen Osten
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2. D e r Japaner als Kolonisator
12
3. D i e einzelnen japanischen Kolonien
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A ) D e r H o k k a i d o (das frühere Yezo"
17
B) F o r m o s a
25
C) K o r e a
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D) Sachalin
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E) D i e Mandschurei
57
4. D i e Eingeborenen- und die Arbeiterfrage in den japanischen Kolonien.
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5. Mittel und Prinzipien der japanischen Kolonialpolitik
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6. Die Ziele der japanischen Kolonialpolitik
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7. Statistiken über den H a n d e l s v e r k e h r und die B u d g e t s der Kolonien
Bemerkung:
.
D i e Reihenfolge der einzelnen Kolonien ist so gewählt,
daß an erster Stelle der a m längsten in j a p a n i s c h e m Besitz befindliche k a i d o kommt, ihm folgt F o r m o s a , unterworfen, kommen
doch
das, obschon noch
a m sichersten und festesten
dann K o r e a ,
als eine
A n f ä n g e n steht, S a c h a l i n , nicht zu Japan zu rechnen ist.
Hok-
nicht einmal
zu Japan zu zählen
ganz
ist.
Es
Kolonie, deren A u f s c h l i e ß u n g erst in
den
das wirtschaftlich noch völlig unerschlossen ist,
u n d endlich die M a n d s c h u r e i ,
von der der größte T e i l politisch noch gar
A u f eine Literaturangabe glaubte ich hier ver-
nichten zu dürfen, d a im einzelnen
wohl die gesamte englische und deutsche
Literatur über Japan anzuführen sein würde. daß
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zum Studium der Weiterentwickelung
N u r möchte ich darauf hinweisen, der hier zu berührenden
Fragen
die Lektüre der beiden deutschen W o c h e n b l ä t t e r in Ostasien, des »Ostasiatischen Lloyd« ist.
in S h a n g h a i
und der
»Deutschen Japanpost«
in Y o k o h a m a
Sie berichten über diese Gebiete rasch und durchaus zuverlässig.
geeignet
i. Japan und China im fernen Osten. Die j a p a n i s c h e K o l o n i a l p o l i t i k in knappen Umrissen zeichnen, heißt mehr, als nur die einfache Kolonialpolitik oder Kolonialgeschichte irgend eines Landes charakterisieren. In der japanischen Kolonialpolitik steckt das Typische der ganzen ostasiatischen Verhältnisse. Daß Japan überhaupt eine starke und bewußte Kolonialpolitik treibt, unterscheidet es in erster Linie von seinem größeren Bruder, China. Der Unterschied zwischen beiden Staaten, die sicherlich noch einmal, wenn auch vielleicht in später Zukunft erst, um die Vorherrschaft im Osten zu kämpfen haben werden, ist auffallend; auf der einen Seite ein Land von alter, fest gegründeter Kultur, voll geistiger Regsamkeit, voll Erfindungsgeist in früheren Tagen, so reich, daß es von seinen Geistesschätzen mühelos über den Verbindungsgang Korea den Samen nach dem nahen Japan aussäen konnte, der anfangs dort auf nur spärlichen Boden fiel. Und das Reich einer so alten Kulturmission, C h i n a , ist heute noch in Lethargie erstarrt, hat den modernen Gedanken der Zentralisation und straffen Organisation verpaßt und leidet bei der schlechten Ausbildung der Verkehrswege an der Unmöglichkeit, das eigene Riesenreich genügend einheitlich zu beherrschen. Das aber wäre die erste Vorbedingung für eine ostasiatische Kolonialpolitik. China hat keinen Blick dafür gehabt. Es hat Formosa, diese reiche, seinem Süden so bequem benachbarte Insel, zwar lange besessen, hat auf ihr die Spuren altholländischen Kolonisatoren-Fleißes deutlich vor Augen gehabt, aber es hat sie nicht systematisch kolonisiert, sondern im eigenen Mandarinen-Regiment verlottern lassen. Es hat geduldet und dulden müssen, daß Ausländer Stücke seines eigenen Reiches wegnahmen und ihnen eigene Kultur gaben, und sieht heute den gleichen Prozeß langsam, aber fast unaufhaltsam sich in der Mandschurei vollziehen, in der die
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Russen im Norden und die Japaner im Süden wirtschaftlich sich einwühlen mit dem deutlichen Ziele des politischen Besitzergreifens. Das in sich zu schwache und zu kranke China wird die Absplitterung der Mandschurei nicht hindern können. Man könnte versucht sein, in der neuesten Geschichte ein Gegenstück zu diesen Ansichten zu finden. In Tibet ist China ganz überraschend schneidig vorgegangen, dort hat es zielsicher und energisch die Dinge angefaßt und heute die völlige Unterwerfung des Dalai Lama erreicht. Das gelang einmal deshalb, weil es um die Herrschaft dieses Hohenpriesters und seiner Trabanten noch um einiges schlechter bestellt war, als um die Chinas. Dann aber auch deshalb, weil Rußland und England in Persien und Indien zu stark engagiert sind, von der Unterstützung des Dalai L a m a die Entfachung von Bränden innerhalb der eigenen Grenzen erwarten mußten und so die Position Chinas als eines Pufferstaates zwischen ihren eigenen Interessensphären nicht so ungern sehen. Von wirtschaftlichen Leistungen der Chinesen in Tibet kann aber auch noch gar keine Rede sein. So dürfen wir ruhig sagen, daß im heutigen China noch kein Kolonialvolk steckt. Wie anders stehen die Dinge drüben in J a p a n . Seit der Restauration des Jahres 1868 ist das Kaisertum straff organisiert und fest gegründet. Seit der Eröffnung des Landes durch die amerikanischen Verträge geht das ganze Sinnen und Trachten des Volkes auf Anpassung an die Errungenschaften westlicher Technik und Hilfsmittel. Seit diesen Tagen sitzt in dem Inselvolke der Machthunger. E s wird sich schwer heute entscheiden lassen, ob kluge, weitblickende Führer die Politik für Jahrzehnte festgelegt haben, oder ob es ganz allmählich über das Volk gekommen ist, sich recken und sich ausdehnen zu wollen. E s sah und erkannte, daß China diese Fähigkeit nicht in sich spürte, und es durchschaute die Möglichkeit, als kleines bisher unbeachtetes Inselvolk die Unfähigkeit des gelben Bruders auszunutzen und sich selbst, das 40 Millionen-Volk zum Herrscher im Osten über das 400 Millionen-Reich zu setzen. Der erste Schritt des erwachenden Kaiserreiches geschah im Norden, wo irgend ein Abenteuerer in den Restaurations-Wirren in dem damaligen Yezo, dem späteren Hokkaido, ein eigenes Reich errichten wollte. Man nahm ihm energisch die Nordlandsinsel ab und begann, sie selbst, freilich mit unendlich vergeblichen Versuchen, zu kolonisieren. Dann kamen die Jahre des inneren Ausbaues, der inneren Kolonisation möchte
— 9— man sagen, die eine Weltmacht mit einem Heere schufen. Det chinesisch-japanische Krieg endete mit dem Gewinn des südlichen Formosa. Nun ließ man freilich keine 30 Jahre mehr bis zu einem Neuerwerbe verstreichen, man war mächtiger und hungriger geworden. Das geschickte Diplomatenspiel und das nachfolgende ernste Kriegsspiel des russisch-japanischen Krieges brachte Korea — das man schon damals ruhig als japanische Kolonie ansprechen konnte, auch wenn es noch ein paar Jahre selbständiges Kaiserreich bleiben sollte —, verschaffte Japan den südlichen kleinen Zipfel der Liaotung-Halbinsel mit dem zerschossenen Port Arthur. Man ist seit der Zeit noch klüger geworden in Japan. Man weiß, daß das Kriegsspiel teuer ist, und daß wirtschaftliche Eroberungen sicherer sind. Die neueste Kolonie Japans — und man darf auch sie so ansprechen, obschon sie noch mehrere Jahre zu China gehören wird — , die Mandschurei, wird mit dem neuesten Mittel erobert: mit Bahnen und mit Banken, mit Speichern und mit Kaufleuten. E s ist nicht der Drang, Welten zu beherrschen, der Japan antreibt, nicht der englische Traum, überall der Erste zu sein; auch beileibe nicht der Wunsch, fremden Nationen seine Kultur und seine Bildung aufzudrängen, da man wohl einsieht, wieviel man da noch selbst zu lernen hat. E s ist der einfache und klare Gedanke, für ein rasch wachsendes Volk von jetzt schon über 50 Millionen Menschen Land zu schaffen außerhalb der eigenen kleinen Inseln, deren Fruchtbarkeit begrenzt, deren Territorium zu klein ist. Der Kernpunkt aber ist, dieses Reich im O s t e n zu schaffen in möglichster Nähe, in möglichst enger Verbindung mit dem Heimatland. Und das Ziel ist, d a s Reich des Ostens entstehen zu lassen, ein E n g l a n d d e s O s t e n s zu werden. So muß uns die Beantwortung der Fragen nach der Art, dem Ziel und Zweck und dem Erfolge der japanischen Kolonisation mehr geben als nur Aufschlüsse über Japan und seine Fähigkeiten in dieser Richtung, muß uns Aufklärung geben über das g a n z e o s t a s i a t i s c h e P r o b l e m . Dazu wird es nicht nötig sein, große Vergleiche anzustellen zwischen Japans und anderer Länder Methoden, obschon das so nahe läge. Die Japaner haben ein Netz von Beobachtungsposten über die ganze Erde ausgestreckt; in ihren Gesandtschaften und Konsulaten, an den westlichen Sammelpunkten ihrer Studenten und Kaufleute wird mehr gearbeitet als vielleicht sonstwo. Sie kennen Englands, Deutschlands, Frankreichs und Belgiens Kolonisationsmethoden, und ich habe manche ihrer
— IO — hohen Beamten sicher und genau über deren Vorzüge und Mängel sprechen hören. Die Japaner haben das Unwirtschaftliche erkannt, etwas zu erproben, was andere schon einmal erprobt haben. Sie übernehmen die Enderfolge, die negativen und die positiven. Und dann handeln sie danach, formen alles ins Ostasiatische um und passen es sich und dem Lande an. Für unsere Zwecke wird ein einfaches kritisches Referieren das Gegebene sein.
W a s will die japanische Kolonialpolitik? Ich möchte in ganz wenig Worten sagen, was ich mir als Ziel und Zweck der j a p a n i s c h e n K o l o n i s a t i o n s p o l i t i k denke, als Programm dieser ganzen Bewegung. Ihre nähere Ausführung sollen diese Sätze dann erst weiter unten finden. P o l i t i s c h , das ist schon erwähnt, dient das japanische Kolonialreich dem Bestreben, den zu erwartenden Bevölkerungsüberschuß unterzubringen, die Grenzen des eigenen Landes zu erweitern und die Vorherrschaft im Osten an sich zu reißen. In engem Zusammenhang damit steht das W i r t s c h a f t l i e h e Problem. Es gilt nicht, das Heimatland als geschlossenen Wirtschaftsstaat auszubauen und die Kolonien selbständig jede für sich zu entwickeln. Den Japanern schwebt eine viel innigere Verbindung von Heimatland und Kolonien vor. Sie sollen eins werden, sollen zusammengehören in ein festgefügtes Ganze, sollen den Traum Japans mit erfüllen helfen: möglichst unabhängig zu werden, politisch und wirtschaftlich, von allem, was Ausland heißt. Ein Blick auf das japanische Agrar - Programm zeigt das am besten, weil ja heute Japan zwar auf dem Wege zum Industriestaat ist, aber doch immer noch als Agrarstaat angesprochen werden muß; die Kolonie Hokkaido soll die Fruchtkammer des Reiches werden, dort soll der Obstbau seine Stätte finden. Dem gleichen Zwecke wird die ganze nördliche Hälfte von Japan, etwa von Sendai aus nordwärts dienen, die heute noch mit Reis bepflanzt wird, aber diesem Anbau nicht besonders günstig ist. Das ganze mittlere und südliche Japan wird dann für den Reisbau reserviert, und ihm schließt sich das reiche und fruchtbare Korea an. Reis ist ja die Hauptnahrung der Bevölkerung und genügend Reis besitzen, heißt, in der Ernährung völlig unabhängig vom Ausland sein. Die Mandschurei liefert in der Bohne und im Getreide wertvolle Ergänzungen. Das südliche Formosa endlich wird immer mehr vom Reis befreit, der da nicht hervor-
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ragend gut ist, und wird das Zuckerproduktionsland des Reiches, das neben dem wichtigen Zucker auch noch das Salz liefert. Man wird die Größe des Programms erst richtig würdigen, wenn man weiß, wie wenig es heute noch durchgetuhrt ist. Aber es wird systematisch an ihm gearbeitet. Die Erläuterungen und Beweise, wie gesagt, später.
2. Der Japaner als Kolonisator. Die Bewertung des J a p a n e r s a l s e i n e s K o l o n i s a t o r s , -der auch nur die bescheidensten Anforderungen erfüllte, war lange Zeit nicht besonders günstig. In den eignen Reihen erwuchsen dem japanischen Staate derartig heftige Kritiker, daß das Abendland recht wenig Vertrauen haben konnte. Das ziel- und planlose Hin- und Herpendeln japanischer Kolonialpolitik im nördlichen Hokkaido war auch gar nicht dazu angetan, eine Richtung erkennen zu lassen, geschweige denn, eine besondere Befähigung zu zeigen. Das hat sich geändert mit dem Zeitpunkt, in dem die koreanischen und formosanischen Erfolge gezeitigt wurden. Man hat sich, wenn auch anfänglich widerstrebend, dazu bequemen müssen, anzuerkennen, daß die Japaner wirklich ein Kolonisatorenvolk sind. Man hat inzwischen sich das ganze Volk wirtschaftlich und psychologisch etwas genauer angesehen, als es nach den Schwärmereien eines Pierre Loti oder eines Lafcadio Hearn möglich war, die wohl sich recht hübsch und phantastisch lasen, aber bei weitem nicht ausreichten, den Erfolg eines russisch-japanischen Krieges zu erklären. Da hat sich denn so manches ergeben, was gerade für ein Kolonialvolk wichtig scheint. Eine der hervorstechendsten Rasseneigentümlichkeiten des Tapaners ist sein P a t r i o t i s m u s . Nicht der ruhige und selbstzufriedene, stille und in schönen Liedern lebende Patriotismus, sondern ein Patriotismus des Selbstbewußtseins, des Machthungers und der Rücksichtslosigkeit. Die Führer der japanischen Restaurationsbewegung haben mit scharfen Blicken erkannt, daß unter allen westlichen Einrichtungen, die für ihr Land zu akzeptieren seien, die des Militarismus die wichtigste war. Gerade ein militärisch stramm organisierter Staat mußte im Osten die ersten Erfolge erzielen können, wo ihm nur die verlotterten und in jahrhunderte-
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langer Beamtenmißwirtschaft heruntergekommenen Chinesen, und von Weißen die ebenso direktionslosen und zu jedem Widerstande unvorbereiteten Russen entgegen standen. Daher das eifrige Studium des deutschen Militärsystems, daher die unermüdlichen Schüler des deutschen Generals Meckel, dem Japan alles verdankt. Und stürmerisch und drängerisch wie alles Jugendliche und Neuaufkommende ist Japan da etwas weit über das eigentliche Ziel hinausgeschossen. Der Militärstaat wurzelt fester im Land des Mikado als irgend wo anders. Freilich kommt er auch dem Volksempfinden entgegen. Die vielgerühmte Formelsammlung des Buschido, der Ehren-Kodex der alten Samurais ist nur ein ad hoc und ad usum delphini zusammengestelltes Erzeugnis, das eine Konzession an den konservativen Geist der Ostasiaten darstellt. E s sollte gezeigt werden, daß alles das, was man jetzt verlangt, schon der alten Japaner höchstes Gut gewesen sei. In Wirklichkeit ist dem modernen Japan erst mit seiner Erschließung von außen her, erst kurz vor der Restauration, das Bewußtsein all dieser Dinge aufgestiegen. Erst da erkannte man, welche Rolle Japan werde einstmals spielen können. Nachdem man das aber erkannt hatte, leistete man bewundernswerte Arbeit in der Durchführung des Gedankens. Das militärische System war nur eines der vielen Mittel, wenn auch das hervorragendste. Das ganze Schulsystem, die ganze Erziehung ordnet sich — im einzelnen das auszumalen, würde zu weit führen — dem einen Gedanken von Japans Macht und Größe und Japans zukünftiger Machtstellung unter. E s wird nicht in beleidigender Absicht gesagt, wenn hier ausgesprochen wird, daß das japanische Volk m a c h t h u n g r i g ist. Der Friedensschluß von Portsmouth, so notwendig und klug er von den japanischen Unterhändlern auch war, bedeutete für das Volk eine grimme Enttäuschung, weil er nominell einen nur ganz minimalen Landerwerb und keine Kriegsentschädigung brachte. Um Korea hatte man den Krieg geführt, und dessen rechtmäßigen Besitz wollte man haben. Seit der Zeit verstummten die versteckten und offenen Angriffe auf die Regierung nicht, die die Annektion nicht hatte durchführen können. Und wenn heute die Regierung langsam aber unabwendbar zum Schritte der endlichen formellen Annektion gedrängt worden ist, so ist es der tief im Volke wurzelnde Wunsch nach Machterweiterung gewesen, der sie trieb. Daß ein Japan, das rein auf seine paar Ursprungsinseln beschränkt gewesen wäre, jene Rolle nicht hätte spielen können, das war nicht schwer zu sehen. Die Hegemonie
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im Osten will auf dem Festlande begründet sein. Auf so wenig geographischem Raum, als das alte Japan einnahm, kann man sie nicht stützen. Und sie verlangt gerade gegenüber der Lethargie der zu beherrschenden Völker ein richtiges Herrenvolk, ein starkes, selbstbewußtes, vorwärtsdrängendes und rücksichtsloses Volk. All diese Eigenschaften besitzt Japan, und wo sie erst in den Ansätzen vorhanden sind, werden sie ganz systematisch weiter ausgebildet. Wie falsch hat noch jüngst ein in Japan reisender Journalist berichtet, man kenne dort kein stolzes Selbstbewußtsein über den Sieg im russisch-japanischen Krieg. Das heißt nicht nur die direkte Wirkung jenes Sieges, sondern auch die indirekte, die Schmälerung des Ansehens der weißen Rasse überhaupt, gewaltig verkennen. Gerade dieser Sieg hat den Chauvinismus in Japan und China zu mächtigem Lodern angefacht, und er hat damit, und hierauf kommt es uns hier an, die Kolonisationstätigkeit Japans energisch gefördert. All die geschilderten Eigenschaften des Volkes sind die besten Stützen für eine gute Kolonialpolitik. Und wenn sich nun mit einer recht chauvinistisch durchgreifenden Rücksichtslosigkeit doch wieder eine starke Assimilationsfahigkeit verbindet, die ebenso wie sie das eigne Volksleben nach westlichen Errungenschaften ummodelt, so auch die zu beherrschende Nation dem eignen Kulturstand anzupassen versteht, dadurch, daß man scheinbar sich dem Stand der anderen anpaßt, in Wirklichkeit aber sein eignes Ziel nur um so sicherer verfolgt, dann werden die Erfolge der japanischen Kolonialtätigkeit immer erklärlicher. E s kommt freilich dazu, daß gerade die kolonisatorische Tätigkeit der Japaner derjenigen anderer Länder gegenüber in manchem im Vorteil ist. Die japanischen Kolonien liegen vor allem vom Mutterlande nicht sehr weit entfernt, so daß man fast versucht wäre, überhaupt nicht von einer japanischen Kolonialpolitik, sondern nur von einer Expansionspolitik zu sprechen. Der Hokkaido und Korea sind nur durch schmale Meerengen vom Mutterlande getrennt, Formosa ist mit guten Schiffen in knappen zwei Tagen zu erreichen, und wenn erst das mandschurisch-koreanische Bahnnetz vollkommen ausgebaut sein wird, so wird man vom Herzen Japans, von Tokio, in knappen 3 Tagen in Mukden, im Herzen der nördlichen Mandschurei sein können, eine Tour, zu der man heute immerhin 5—6 T a g e gebraucht. Diese g e o g r a p h i s c h günstige L a g e sichert nicht nur eine leichte militärische Herrschaft über die Kolonien, sondern ist auch wirtschaftlich von größtem Vorteil. Ferner ist es
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ein günstiger Umstand, daß wesensfremde Rassen in den japanischen Kolonien eigentlich nicht zu beherrschen sind. Die wenigen Ainos des Hokkaido machen als jetzt ganz harmlose Nation überhaupt keine Schwierigkeiten; die verschüchterten und arg deprimierten Koreaner sind ein Mittelding zwischen Chinesen und Japanern selbst, mit dem alte Kulturbeziehungen Japan stets verbanden, die auch verhältnismäßig leicht zu amalgamieren sind. Gelingt es ja dem ungeübten Auge des Europäers manchmal recht schwer, Koreaner und Japaner, wenn sie in gleicher Kleidung sind, zu unterscheiden. In der Mandschurei und in der Ebene Formosas endlich handelt es sich um Chinesen, die ja selbst so viel Schmiegsamkeit und Anpassungsfähigkeit zeigen und im allgemeinen so politisch indifferente Leute sind, daß eigentliche Schwierigkeiten nicht entstehen, wenigstens nicht in äußeren Formen entstehen. Denn es erschwert andrerseits die japanische Kolonialpolitik nicht wenig, daß zwischen Chinesen und Japanern an vielen Orten so etwas wie eine stille Erbfeindschaft besteht, insbesondere an manchen Orten in Formosa, dessen chinesische Bewohner sich ja meist aus den gleichen Stämmen rekrutieren wie die festländischen Amoy- und Canton-Chinesen, die bekanntlich zu den politischsten und lebhaftesten aller Chinesen zählen. Und endlich sind die Wilden von Formosa, von denen noch zu sprechen sein wird, ein recht schwer zu behandelnder Gegner, dem man erst sehr allmählich gerecht werden kann, und den friedlich ohne Waffengewalt zu kolonisieren man überhaupt noch kein Mittel gefunden hat. Aber im großen und ganzen darf man wohl sagen, daß die von Japan zu beherrschenden Völker allzu große Schwierigkeiten nicht machen. Die geographisch günstige Lage der Kolonien hat zur Folge, daß auch k l i m a t i s c h der japanischen Kolonialtätigkeit keine allzu großen Schwierigkeiten entgegenstehen. Zwar ist der Hokkaido im Winter ziemlich kalt, und die Schneefelder der Mandschurei machten im russischen Kriege den japanischen Soldaten trotz des verhältnismäßig milden Winters recht viel zu schaffen, aber es hat sich doch gezeigt, daß der Japaner der Kälte gegenüber recht standhaft und ausdauernd sein kann. Andrerseits besitzt Korea ein Klima, das dem mitteljapanischen fast völlig entspricht. Das subtropische Formosa, das Europäern so gefährlich werden kann, ist für die Japaner ein denkbar günstiger Boden; die feuchte Sommerhitze des eigenen Vaterlandes hat sie an die tropische Hitze des südlichsten Teiles der Insel gewöhnt.
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Die stärkste Schwierigkeit, die demnach der japanischen Kolonialtätigkeit entgegensteht, scheint die des G e l d m a n g e l s zu sein. Es wird darüber noch einiges zu sagen bleiben, hier sei nur betont, daß das Nationalvermögen im eigenen Mutterlande stark in Anspruch genommen ist, daß der japanisch-chinesische Krieg sowohl, wie auch der russisch-japanische Krieg enorme Mittel verschlungen haben, und daß gerade das Ausbleiben der erhofften russischen Kriegsentschädigung die japanischen Kolonien um Jahre der erhofften Entwicklung zurückgeworfen hat. Die Armee und Flotte bedürfen einer ständigen Verbesserung und müssen auf dem Standard der westlichen Völker gehalten werden. Die stark einsetzende Industrie in der Heimat absorbiert fast alle zur Verfügung stehenden Kapitalien, und es ist lange Zeit mit den größten Schwierigkeiten verbunden gewesen, in die Kolonien Kapitalien zu ziehen. Mit Staatsbeihilfe allein läßt sich aber keine Kolonialpolitik treiben. Man kann ruhig sagen, daß dieser Geldmangel gerade im Hokkaido das Scheitern so vieler Kolonialpläne verursacht hat, daß er auch sonst überall die Entwicklung gehemmt hat. Das ist erst seit ganz kurzer Zeit anders geworden.
3. Die einzelnen japanischen Kolonien. A. Der Hokkaido. Wollte man die japanische Kolonialpolitik rein nach ihren Erfolgen in der ältesten japanischen Kolonie im H o k k a i d o bemessen, das Urteil könnte nicht allzu günstig ausfallen. Seit langen Jahrzehnten gehört diese Insel zu Japan, und trotzdem wird Yezo, wie sie früher hieß, in der älteren Geschichte kaum erwähnt. Die Ainos wohnten hier, jener behaarte, der kaukasischen Rasse viel näher als der mongolischen stehende Stamm, und die Japaner kümmerten sich recht wenig darum. Die allerersten Kolonisationsversuche des Shogunats mißlangen hier trotz der großen Anstrengungen, und der erste Erfolg datiert eigentlich erst aus der Restaurationsperiode, als sich da oben ein kleiner Abenteurer in einer A r t von Privatrepublik festsetzen wollte und vom neu erstarkten Kaisertum vertrieben wurde. Aber selbst wenn man dem Japan vor seiner Erschließung durch die Fremden und vor seinem eignen Anschluß an den europäischen Weltverkehr an staatlicher Kraft nicht viel zutraute, so hätte man doch annehmen sollen, daß das erste Ziel des erwachenden Nationalbewußtseins gewesen sein müßte, diese nördliche Insel zu kolonisieren und zu japanisieren. Das war aber nicht der Fall. Der beste Beweis dafür ist, daß heute, da doch das Wort von dem Bevölkerungsüberschuß und der Notwendigkeit, ihn in den Kolonien unterzubringen, geflügelt worden ist, da doch fast die ganze Begründung der japanischen Expansionspolitik in diesem Worte gesucht wird, der Hokkaido erst nur eine Million Einwohner zählt und doch fast deren 8—9 ernähren könnte. Denn diese 78000 qkm große Insel, die also etwas größer als Bayern ist und zwischen dem 140. und 146. Grad östlicher Länge und dem 4 1 . und 45. Grad W e r t h e i m e r , Die japanische Kolonialpolitik.
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nördlicher Breite dem Norden Japans vorgelagert liegt, hat zwar ein japanischen Verhältnissen nicht ganz entsprechendes, aber doch ein ungefähr dem deutschen gleichkommendes gutes Klima und ist außerordentlich fruchtbar. Und doch gab es dort neben etwa noch 1 7 0 0 0 Ureinwohnern, den Ainos, im Jahre 1903 nur 860000 Einwohner, deren natürliche Vermehrung nicht so groß ist, daß sie das Land rascher füllen könnte. Auch die Zuwanderung ist nicht übermäßig stark. Man sucht nach den Ursachen dieser doch sehr auffälligen Erscheinung und findet, daß es den Japanern lange Zeit nicht gelungen ist, sich den etwas veränderten Verhältnissen der Kolonie anzupassen, daß sie jahrzehntelang hier in ihrem ganzen Wirtschaftsleben unselbständig und sklavisch bestrebt waren, Einrichtungen ihrer engeren Heimat nachzuahmen, obgleich die Versuche immer wieder erwiesen, daß das hier unmöglich sein müsse. E s darf hier nur an die unzähligen Versuche erinnert werden, hier im Norden Reis anzubauen und den japanischen Wasserbau dieser Pflanze zu kultivieren. Heute hat man endlich eingesehen, daß dafür der Boden sich am wenigsten eignet und hat die Lehre daraus gezogen. Aber das ist nur ein Beispiel. Die Japaner waren eben im Anfang nicht fähig, zur Kolonisation des Landes eigene Gedanken zu finden; sie hatten noch selbst zu wenig von Europa und seiner Kolonisierung gelernt, sie wollten aus Eignem schöpfen und versagten da. Heimische und fremde Experten gaben dann ihr Gutachten ab, und die Kolonisationskommission, Kaitakushi genannt, folgte jedem Rate, gleichgültig, wer ihn geben mochte. Diese Plan- und Systemlosigkeit endete erst, als man die Kommission im Jahre 1881 aufhob und der Insel einen eigenen Gouverneur gab. Nun hatte man auch fremde Kolonisationsmethoden studiert und brachte mehr Kenntnisse zur Arbeit mit. Heute glaubt man so weit zu sein, daß der Hokkaido als eigentliches Kolonisationsland nicht mehr betrachtet wird, daß sein besonderes Wirtschaftsleben nicht mehr Gegenstand besonderer Betrachtungen und eigner statistischer Nachweise ist, sondern daß es ganz im Mutterlande aufgeht. Auch dem neu errichteten Kolonialamt in Tokio hat man den Hokkaido nicht unterstellt. Das besagt nicht sehr viel, denn in Wirklichkeit, und nur auf die kommt es hier an, ist der Hokkaido weit entfernt davon, ein untrennbares Glied des Mutterlandes zu sein. Die Urbevölkerung des Hokkaido, die Ainos, sind in raschem Aussterben begriffen, daß heißt besser ausgedrückt, der Prozeß
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einer Blutvermischung zwischen Ainos und Japanern, der ja im nördlichen Japan, wo diese Ainos früher auch saßen, so rasch vor sich gegangen war, geht auch hier ziemlich schnell vonstatten. Nur wo die Ainos noch in den von der Eisenbahn unberührten Berggegenden wohnen, erhalten sie sich Sitte und Eigenart, sonst werden sie zumeist japanisiert oder in besonderen Dörfern als Sehenswürdigkeit für Fremde künstlich konserviert. Für das Wirtschaftsleben der Insel sind sie ziemlich unerheblich; sie leben von Fischerei und Jagd und treiben auch wenig und recht primitiv Ackerbau. Sie fördern weder die Kolonisation der Insel, noch hindern sie sie wesentlich. In den letzten Jahrzehnten ist dann freilich auch im Hokkaido von den Japanern gewaltig viel geleistet worden und insbesondere viel für den heutigen Haupternährungszweig der Insel, die L a n d w i r t s c h a f t . Im Jahre 1887 waren erst vielleicht 200 qkm Landes angebaut, und heute sind es etwa doch an 5000 qkm; dem entsprechend haben sich die Produktionsziffern ganz gewaltig gehoben und sind in fortwährendem Steigen begriffen. Der Wert der landwirtschaftlichen Erzeugnisse betrug im Jahre 1901 nach der Statistik, die v. Erckert in seiner vorzüglichen Studie über den Hokkaido gibt, etwa 1 3 Millionen Yen, heute sind es deren gewiß einige 30 Millonen geworden. Festzustellen ist die genaue Zahl nicht, da, wie erwähnt, in den Veröffentlichungen der japanischen Regierung, wenigstens in den in fremder Sprache erscheinenden, der Hokkaido als besonderes Wirtschaftsgebiet nicht mehr kenntlich gemacht ist. Immerhin sind auch diese 30 Millionen noch nicht von allzu hoher Bedeutung, wenn man berechnet, daß ein Anbau des überhaupt anbaufähigen Landes eine Gesamtproduktion von über 1 5 0 Millionen Yen ergeben müßte. Der Reisanbau spielt im Hokkaido nur eine geringe Rolle; prozentual ist sein Anteil mit der fortschreitenden Entwicklung des Landes und der vermehrten Kenntnis der Ansiedler von seinen Produktionsbedingungen stark zurückgegangen, er macht heute kaum mehr 1/20 aus. Aber der Kartoffelanbau, vor allem auch der Bau aller Getreidesorten spielen im Hokkaido eine wichtige Rolle, und in den allerletzten Jahren ist als ein wichtiger Faktor, der in der Zukunft wohl erst noch richtig zur Geltung kommen wird, der lohnende O b s t b a u hinzugetreten. E r hat schon heute die Einfuhr amerikanischen Obstes nach Japan und an die chinesische Küste stark zurückgedrängt und erfreut sich mit zunehmender Veredelung 2*
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steigenden Absatzes bei ausgezeichneten Preisen. Während aber viel Obst und Getreide exportiert werden kann, muß doch andrerseits auch wieder viel Reis zum eignen Konsum der Bauern importiert werden, da die Bauern sich an eine Getreidenahrung doch noch nicht gewöhnen konnten. Die Steigerung der Produktion ist eigentlich nur der Steigerung der Anbauflächen zu verdanken. Denn die Bebauung des Bodens selbst ist so primitiv wie nur irgend möglich; es fehlt vor allem an Geld und den nötigen Werkzeugen, um zu einer intensiveren Kultur überzugehen. E s fehlt auch daneben an. der nötigen landwirtschaftlichen Erfahrung, die der reisbauende Bauer in Japan natürlich nicht sammeln kann. Zwar beschäftigen sich in Sapporo und Nemuro große und gut eingerichtete landwirtschaftliche Schulen mit der theoretischen Fortbildung der Landwirte. Sie sind mit allen Einrichtungen der Neuzeit versehen, mit chemischen Laboratorien und mit Musterfarmen. Aber ihre Lehren dringen doch nur langsam ins Volk, dem allein schon das Abgehen vom gewohnten Reisbau eine harte Anstrengung bedeutet. Schon der Anbau neuen Landes ist für diese Bauern keine Kleinigkeit. Soweit die Bahnlinie reicht, und in den kleinen Tälern, die sich an die Flüsse anschließen, ist heute alles angebaut. Kommt man aber weiter ins Gebirge, so müssen zunächst die Bäume niedergehauen werden, oder besser und bequemer, sie müssen niedergebrannt werden; die Baumstümpfe läßt man, da es an Arbeitskräften zu ihrer Beseitigung fehlt, einfach stehen und verfaulen und baut einstweilen um sie herum das Land an. Früher geschah diese Ansiedlung in sogenannten Militärkolonien, bei denen Soldaten mit ihren Familien angesiedelt wurden; sie standen 8 Jahre im aktiven Dienst und 12 Jahre in der Landwehr und waren hier als Kolonisatoren und als Soldaten doppelt tätig; bis zu 250 Häuser bildeten eine solche Kompagnie. Die aktiven Bataillone sind heute ganz verschwunden, und nur in der Landwehr besteht dieses System noch für kurze Zeit, währendes im Jahre 1900 noch ungefähr über 7000 derartige Soldatenfamilien gab. Aber jede Familie kostete den Staat etwa 1000 Yen, ganz abgesehen davon, daß das Land keine Abgaben brachte; und schließlich stellte sich auch heraus, daß die Vereinigung von Militärdienst und Kolonisation, nachdem einmal erst die ersten Anfänge günstig verlaufen waren, keine ideale Verbindung war. Heute ist das System also aufgegeben, der Hokkaido hat eine eigne aktive Division. Die Besiedlung erfolgt heute
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in freier Ansiedlung von Kolonisten. In welcher Weise das geschieht und wie manche Schwankungen auch dieses System durchgemacht hat, das zu schildern, würde hier zu weit führen; man wird aber festzuhalten haben, daß die Grundlage zu diesem Vorgehen die ersten Versuche der Militärkolonisten gegeben haben. Heute versucht die Regierung in dem ganzen Modus der Landerteilung und Kapitalgewährung einen Einfluß auf die Güte der Kulturarbeit zu bekommen. Das ist ihr nicht immer gelungen. Sie hat auch nicht immer selbst das richtige Beispiel gegeben. So gibt es z. B. in dem im Winter bitter kalten Hokkaido außerordentlich selten einmal ein festes Steinhaus. Auch die Regierungsgebäude sind zumeist in leichtestem und windigstem Holzbau hingestellt, von den Verwaltungsgebäuden bis zu den Bahnhöfen, und entsprechend ärmlicher und widerstandsunfähiger sind die Schilf- und Strohhütten der Anwohner. Daß unter solchen Umständen der Winter schlecht ertragen wird und die Rückwanderung außerordentlich zahlreich ist, sollte eigentlich nicht wundernehmen. Man könnte dem entgegenwirken, wie ja das japanische Vorgehen drüben in der ebenso kalten Mandschurei zeigt, wo gerade die Erbauung von Steinhäusern sich ausgezeichnet bewährt hat. Auch d a ß das kapitalarme Japan seinen Ansiedlern nicht genügend Kapitalien zur Verfügung stellen konnte und kann, modern sich anzusiedeln und den Boden zu bearbeiten, Maschinen und genügend Geräte anzuschaffen, behindert die Kolonisation gewaltig. Die meisten Andsiedler kommen mit ganz wenig Geld und haben sich kümmerlich genug durchzuschlagen. Kommt man von der Küste weg, oder verläßt man die Eisenbahn, deren System schon verhältnismäßig gut ausgebaut ist, so fehlen Weg- und Pfadbauten noch fast ganz. Der Verkehr ist ja noch gering, aber der Mangel genügender Wege behindert und verteuert auch wieder den Absatz des Bodenertrags. Der kleinbäuerliche Charakter dieser Kolonisation zeigt auch noch, wie wenig man es verstanden hat, sich veränderten Verhältnissen anzupassen. Man setzt einfach die aus dem alten Japan übernommene Bearbeitung des Bodens in kleinen Parzellen fort, die sich zwar für den Reisbau, nicht aber für den Körneranbau lohnt, und schafft so Kolonisten, die es beim bestenWillen nicht sehr weit bringen können. Dem entsprechend gering ist auch die Viehhaltung, es gibt wenig Rindviehzucht und wenig Haustiere. Nur die Aufzucht von Pferden auf den großen Wiesen und Brachländern des Hokkaido spielt eine Rolle, weil der gesamte Pferdebedarf der
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japanischen Armee fast allein hier im Hokkaido gezüchtet wird; allerdings allzu systematisch geht das auch nicht vor sich, und die erzielte Rasse entspricht weder an Schönheit, noch an Leistungsfähigkeit billigen Anforderungen. Von der extensiven Kultur der Landwirtschaft im Hokkaido zeugt auch der Umstand, daß das Düngen der Felder noch eine fast unbekannte Sache ist. Das wenige Vieh liefert Mist nur in unbedeutenden Mengen, und künstlichen Dünger führt man fast nur zu den Musterfarmen der Regierung ein. Ziemlich bedeutend ist die F i s c h e r e i an den Küsten der Insel, die 1/5 der heutigen Bevölkerung ernährt; man zählt wohl über IOOOOO Fischerboote; die Gesamtproduktion der Kolonie bildet mit vielleicht 20 Millionen Yen Ertrag immerhin über ein Viertel der Produktion ganz Japans. Die Methoden der Fischerei sind in den letzten Jahren sehr verbessert worden. Die landwirtschaftlichen Schulen in Sapporo und Nemuro wenden auch der Frage des Fischfangs und der Fischverarbeitung große Aufmerksamkeit zu, studieren die Brut von Hering und Lachs, der beiden hauptsächlich gefangenen Fischsorten und geben Anleitung zur Verwertung und Verarbeitung des Fanges. Auch Kabeljau und Walfischfang spielt eine Rolle. Bedeutender als dieser Ernährungszweig ist aber heute die F o r s t w i r t s c h a f t der Insel. Der Hokkaido hat einen außerordentlich reichen Baumbestand, dessen Erschließungsmöglichkeit schon durch den Bau der Eisenbahn und einiger weniger Verkehrswege mächtig gefördert worden ist. Ein weit verzweigtes System von kleinen und größeren Flußläufen gestattet auch das Abflößen des geschlagenen Holzes bis dicht an die großen Häfen und erleichtert so die Ausnutzung der Wälder zum Teil auch ohne ein im Innern ausgebautes besseres Verkehrswegesystem. Das Holz des Hokkaido ist alter ausgezeichneter Baumbestand und steht sehr hoch im Preise. Dies hat bald einen Raubbau groß werden lassen, der auch heute noch andauert und in ein paar Jahren die Insel ihrer gesundesten und besten Grundlage zu berauben droht. Sehr geschadet hat dem ehemaligen prächtigen Baumvorrat auch das System des Niederbrennens zu rodender Waldstellen, welches meist • mit übergroßer Sorglosigkeit geschieht, so daß das einmal entzündete Feuer ganze Hügel glatt rasiert und wertvolle Bestände vernichtet, ohne daß hier irgend welches Ackerland zu gewinnen wäre. Es fehlt auch völlig an einer geordneten Forstwirtschaft,
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an der nötigen Wiederaufforstung und an der Pflege des Waldes. E s wird von verschiedenen Großindustriellen schonungslos gewirtschaftet, besonders seit man von der primitiven Handbearbeitung der Hölzer abgekommen ist und große Sägemühlen errichtet hat. Zwar kann nach dem Forstgesetz Japans aus dem Jahre 1907 behördliche Gewalt angewandt werden, um Zerstörung von Wäldern zu verhüten. Allein diese Bestimmungen stehen für den Hokkaido wenigstens rein auf dem Papier. Außerordentlich reich ist die Kolonie an B o d e n s c h ä t z e n . Zwar sind es weniger Gold und Silber, wenngleich auch diese Metalle gefördert werden; auch der gewonnene Schwefel steht bei weitem an Wert der riesigen Menge K o h l e n nach, die der Hokkaido birgt. Im Jahre 1891 hat man einmal ihre Menge auf 600 Millionen Tonnen geschätzt, während man die Menge der in ganz Japan vorhandenen Kohlen auf 7000 Millionen Tonnen angab. Inzwischen hat man aber weitere Lager entdeckt, und heute kann man sagen, daß diese einzige Kolonie an Kohlen reicher ist, als das ohnehin an diesem Schatze nicht arme Mutterland. Eine einzige große Gesellschaft, der vor der Verstaatlichung der Eisenbahnen auch die größte Eisenbahnstrecke auf dem Hokkaido gehörte, hat heute fast die ganze Ausbeute in ihrer Hand. A n ihr sind der kaiserliche Haushalt und verschiedene große Adelsfamilien hervorragend beteiligt. Die Ausbeute ist vom Jahre 1901 bis zum Jahre 1905, aus dem die letzten zuverlässigen Zahlen vorliegen, von etwa 700000 auf 950000 Tonnen gestiegen, die bisher nach Japan und nach der chinesischen Küste mühelos Absatz fanden. Die Kohle selbst ist recht verschiedenartiger Qualität, von mittelguter Schififskohle bis zu guter Gas- und Kokskohle. Weniger erfolgreich ist bis jetzt das Suchen nach Petroleum gewesen. Zwar hat man eine Menge von Konzessionen erteilt, auch wohl Öl gefunden, aber zur gründlichen Ausbeute ist es noch nicht gekommen, sei es, weil es den japanischen Gesellschaften an Kapital fehlt, sei es auch, weil man doch keine genügend abbaufähigen Felder zu haben glaubt. Eine einigermaßen bedeutende I n d u s t r i e hat sich im Anschluß an die reichen und guten Kohlenlager nicht entwickelt. Das liegt in erter Linie daran, daß die Kolonie ebenso wie das Mutterland arm an Eisenerzen ist. Zwar gibt es am Strande der Volkano Bai im Süden der Insel einen stark eisenhaltigen Sand, und man dachte eine Zeitlang daran, aus ihm mittels eines von
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einem Japaner erfundenen Verfahrens Eisen zu gewinnen, aber der Versuch ist ziemlich mißglückt. Die geringe Menge, die man heute herstellen kann, rechtfertigt nicht im entferntesten die hochgespannten Erwartungen und ist für die Praxis völlig ungenügend. So muß man fast alle Eisenerze von China und Korea einführen, und da liegt es näher, die Industrie mehr in dem Mutterlande zu konzentrieren, wo auch ihre Hauptabnehmer sitzen. In jüngster Zeit hat man aber ein Unternehmen in dem Haupthafen Muroran begründet, das als Beginn einer kräftigen Industriealisierung der Insel gedacht war, ein von Japanern und Engländern (Armstrong und Vickers) gemeinschaftlich gegründetes Stahlwerk, das mit reichen Staatsaufträgen für Heer und Marine arbeiten sollte. Es hat auf ganz idealem Gelände in Muroran sich mächtige neue Anlagen geschaffen, aber es hat bis jetzt schon über 60 Millionen Yen verschlungen und fordert nun weitere 30 Millionen von seinen Geldgebern, ohne daß die Resultate irgendwie günstig wären und die Betriebskosten deckten. Bedeutender sind die Industrien der Insel, die sich im Anschluß an den Holzreichtum bildeten, die großen Sägewerke, verschiedene große Papierfabriken, Streichholzfabriken, die aber nur die Hölzer liefern, und die Weiterbearbeitung den Anlagen in Osaka in Mitteljapan überlassen, ferner eine große Spinnerei in der Hauptstadt, die hauptsächlich Segeltuche für Heer und Marine liefert, und endlich eine ziemlich bedeutende Brauerei, die früher starken Export nach Wladiwostok pflegte, bis die Schließung dieses Freihafens ihr das verbot und sie ihren Absatz mehr im Hokkaido selbst ausdehnen hieß. Früher bestehende Rübenzuckerfabriken sind aus Geldmangel und zu Gunsten der Rohrzuckerfabrikation Formosas wieder eingegangen. Dagegen sind neu aufgekommen und finden immer zahlreichere Nachfolger Fabriken zur Konservierung von Fischen und Meereserzeugnissen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Japaner auf der Insel ist die Weiterausdehnung der Verkehrswege. Der Hokkaido hat heute immerhin schon ein Bahnnetz von fast 600 englischen Meilen, aber es fehlt noch viel, soll die Kolonisation richtige Fortschritte machen. Vor allem wird dazu ein gründlicher Wegebau im Innern nötig sein, der heute so gut wie ganz fehlt. Man ist zum Verkehr im Innern auf die allerdings zahlreichen Pferdefarmen angewiesen, die Pferde immer bis zur nächsten Farm vermieten, und so eine A r t Relaissystem bilden.
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Gut geregelt ist die Küstenschiffahrt, die sich großer Subventionen des Staates zu erfreuen hat. Die Insel hat zwar nur drei gute große Häfen: Hakodate, Muroran und Otaru. Der Handel hat wohl seinen hauptsächlichsten Stützpunkt in dem an der Südspitze gelegenen Hakodate, dem größten japanischen Hafen überhaupt, der auch außerdem ein vorzüglich eingerichtetes Dock besitzt. A b e r auch die anderen beiden Häfen sind mit allen modernen Ausrüstungen versehen, und im Jahre 1904 verkehrten immerhin über 9400 Schiffe in ihnen. Das läßt allerdings keinen zuverlässigen Schluß auf den Handelsverkehr der Insel zu, und da, wie gesagt, ihre Wirtschaftsstatistik nicht veröffentlicht wird, so sind es nur unbestimmte Schätzungen, wenn man die Einfuhr nach der Kolonie auf etwa 60, die Ausfuhr aus ihr auf 50 Millionen Y e n angibt.
B. Formosa. Die Insel F o r m o s a , die zwischen dem 22. und 24. Breitengrad gegenüber dem chinesischen Festlande auf der Höhe von A m o y und Fuchou gelegen ist, ist 34750 qm groß, also wenig größer als Sachsen und Württemberg zusammen genommen. Hier haben die Japaner ihre größten kolonialen Erfolge erzielt. Es ist freilich kein Neuland, das es hier zu bearbeiten gilt. Die Insel ist schon ganz alten chinesischen Quellen bekannt, schon zu A n f a n g des 17. Jahrhunderts hatten Portugiesen und insbesondere Holländer hier blühende Kolonien. Der energische und wagehalsige chinesischjapanische Seeräuber K o x i n g a errichtete dann auf ihr sein kleines Seereich, nachdem er, der eine Zeitlang ein kräftiger Beschützer der aus Peking vertriebenen Ming-Dynastie gegen die ans Ruder gekommene Mandschu-Dynastie gewesen war, vom Festland hatte weichen müssen. Unter seinen Nachfolgern freilich verschwand das Reich bald wieder und fiel an China zurück, das sich aber nicht sonderlich darum kümmerte. A l s endlich gegen Schluß der Chinesenherrschaft in den neunziger Jahren ein energischer chinesischer Gouverneur nach dem Eiland kam, war es zu spät. Auch seine vernünftigsten Reformen stießen bei den verlotterten Beamten auf Widerspruch, und sein Reformwerk ging unter. Dann ruhte alles, bis im Jahre 1895 nach siegreicher Beendigung des chinesischjapanischen Krieges die Japaner die Insel als Siegespreis in die Tasche steckten. Die Insel ist heute bevölkert von etwa 3 Millionen meist -vom gegenüber liegenden Festland herüber gekommener, aber schon
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seit Jahrzehnten auf der Insel seßhafter C h i n e s e n vom kräftigen Cantonschlag, der an harte ausdauernde Arbeit gewöhnt ist und ein ausgezeichnetes Arbeitermaterial darstellt. Die japanische Statistik bezeichnet diese Chinesenbevölkerung heute als die »Eingeborenen«. Die wirklichen Eingeborenen aber sind das nicht. Von denen gibt es nur noch etwa i o o o o o auf der ganzen Insel, die die Reste der Urbevölkerung darstellen. Es sind M a l a i e n , die wohl vom Süden auf ihren Booten kamen und auf der bis dahin unbewohnten fruchtbaren und reichen Insel sich rasch heimisch fühlten. Sie sind im Laufe der Zeit in dem zerklüfteten Ostteil der Insel bald auseinander gekommen, haben sich in verschiedene Stamme mit verschiedensten Lebensgewohnheiten und Sitten zersplittert, ihre Sprache verändert und sind aus anfangs sicherlich ganz gutmütigen und harmlosen Leuten, armen Ackerbauern oder Fischern, infolge der chinesischen Bedrückung und schonungslosen Ausbeutung im Laufe der Jahrhunderte allmählich zu weniger leicht zu behandelnden Menschen geworden. Insbesondere im nordöstlichen Teil der Insel sitzen die berüchtigten Stämme der Kopfjäger, bei denen der junge Mann z. B. zum Heiraten erst den Kopf eines Chinesen oder Japaners selbst erlegen und vorzeigen muß, und die zu einer beständigen Gefahr für eine ruhige und sichere Kolonisation der Insel geworden sind. Etwas ruhigeren Charakters sind die südlicheren Wilden, die wohl langsamer Zivilisation zugänglicher sind. Heute gehört den Wilden noch fast die Hälfte der Insel, so ziemlich das ganze Gebirgsland. Die Japaner dachten, als sie in den Besitz der Insel kamen, sie mit ein paar Regimentern rasch erobern zu können, die Hoffnung war aber sehr trügerisch. Zuerst setzten ihnen die eingeborenen Chinesen, die als Südchinesen in den Japanern so eine Art Erbfeind erblickten, andauernden und hartnäckigen Widerstand entgegen. Als sie mit vieler Mühe und großem Aufwand von Kosten und Menschenleben beruhigt waren, zeigte es sich, daß das Problem der Wildenbeherrschung noch viel schwerer war. In den weg- und verkehrslosen Schluchten der von jeder Kultur unberührten formosanischen Berge fanden die Wilden bequeme Schlupfwinkel, das hohe Formosagras deckte sie und gab ihnen schönen Hinterhalt, aus dem sie die unerfahrenen und ahnungslosen japanischen Truppen überfallen konnten. Da sah man auf japanischer Seite ein, daß hier ein einfaches Uberrennen doch unmöglich sei, und daß es langwieriger Arbeit bedurfte, die noch fehlende Hälfte der Insel zu gewinnen. Es ist nicht un-
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interessant, daß noch im Jahre 1907, also schon 12 Jahre nach der Besitzergreifung durch Japan, der Jahresverlust der Japaner an durch die Wilden getöteten Menschen über 500 betrug. Auch jetzt fallen noch ständig den Angriffen der Wilden Japaner und insbesondere Chinesen zum Opfer. Freilich ist die Gefahr beträchtlich vermindert. Uber die ganze Länge der Insel scheidet ein Stacheldrahtzaun, der stark elektrisch geladen ist, das sichere japanische von dem unsicheren Wildengebiet. Dahinter ist eine fortlaufende Kette von Wachposten der regulären Truppen und der Gendarmerie postiert, die bei der geringsten Gefahr mit einander in Verbindung treten und die nächsten Truppenteile alarmieren. Der Eintritt in dieses Gebiet ist nur mit starker persönlicher Bedeckung und nur in Ausnahmefällen gestattet. Ausfälle der Wilden werden aber immer noch gemacht, zum Teil mit ganz raffinierter Umgehung der Gefahren des Drahtzauns, und da vielfach die Wilden von den Chinesen immer noch Waffen und Gewehre geschmuggelt bekommen, sind solche Ausfälle regelmäßig mit Verlusten für die Japaner oder die Chinesen verbunden. Der letzte japanische Landtag hat nun die Mittel bewilligt, diese Drahtzaungrenze immer weiter nach dem Osten vorzuschieben. E s ist an und für sich eine rein militärische Eroberungsarbeit, man kann sie aber zugleich auch als Kulturarbeit ansehen, weil sie umfangreiche Straßen- und Wegbauten zur Voraussetzung hat, die dann später Handel und Verkehr zugute kommen werden. Diese Eroberungsarbeit hat seit wenigen Monaten eingesetzt und zu manchen für die Japaner verlustreichen Gefechten geführt. Uber die Verluste der Wilden selbst ist es schwer, näheres zu erfahren, da sie ihre Toten zumeist mit sich schleppen. Immerhin darf man wohl behaupten, daß gerade das Problem mit etwa im ganzen 7 0 — 8 0 0 0 0 Japanern und einer verhältnismäßig ganz bescheidenen Zahl von regulären Truppen, ein so großes Land mit über 3 Millionen Chinesen und über 100 000 Wilden zu beherrschen, die Japaner zur besonders eifrigen Tätigkeit angespornt hat. Hier galt es, den Chinesen die wirtschaftliche Überlegenheit zu zeigen, galt es vor allem auch, diese an und für sich fruchtbare Kolonie möglichst sparsam und möglichst ertragreich zu verwalten und voran zu bringen. E s läßt sich nicht leugnen, daß die Japaner hier große Erfolge erzielt haben. E s darf ferner hervorgehoben werden, daß sie nicht nur in kriegerischer Ausrottung der Wilden ihre Aufgabe und ihr Heil suchen. Da wo die Wilden überhaupt einer vernünftigen Vorstellung zugänglich
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sind, suchen sie sie auch auf friedliche Weise zu bekehren, indem sie sie belehren. Auf ganz vorgeschobenen Posten, wo nur ein oder zwei Polizeibeamte die Wache halten, trifft man es häufig, daß die Frauen dieser Beamten als Lehrerinnen für die pazifizierten Wilden im Interesse ihres Landes eine Kulturarbeit verrichten, deren Folgen sich sicherlich später außerordentlich segensreich bemerkbar machen werden. Die kleinen Wildenkinder werden da in sehr mühevollem Einzelunterricht mit der japanischen Sprache bekannt gemacht und erhalten eine A r t von Elementarunterricht. Die Erwachsenen bekommen jede Unterstützung in ihrem sehr mühseligen Beruf der Urbarmachung der Bergabhänge, neben praktischer Anleitung auch Geldunterstützungen. Aber der ursprüngliche Zweck, sie als ein Bindemittel zwischen Japanern und den noch in ihrer Wildheit verharrenden Wilden benutzen zu können, womöglich durch das praktische Beispiel die noch widerstrebenden zur gleichen Anpassung an die neuen Verhältnisse zu bringen, ist im Norden wenigstens als gescheitert anzusehen. Im Süden hat diese friedliche Arbeit der Japaner mehr Erfolge zu erzielen gehabt, allerdings auch erst da, wo die Wilden zuerst gründlich dezimiert waren. Alle erzieherischen Versuche der Japaner stoßen j a auch bei den Chinesen auf großen Widerspruch. Der Chinese ist durch seiner eigenen Beamten Mißwirtschaft recht mißtrauisch geworden. Zudem ist er von Natur aus sehr konservativ und Neuerungen abhold. Ist es doch den Japanern trotz aller Arbeit noch nicht gelungen, die scheußliche Sitte der Verkrüppelung der Füße der Frauen, die vom Festland mit herübergebracht worden ist, auch nur um ein Geringes zurückzudämmen! Schulen für chinesische Kinder bestehen zwar, aber die Erfolge sind ebenfalls nicht sehr überwältigend. E s wird da einer langen Arbeit bedürfen. Vorderhand, das darf nicht übersehen werden, befindet sich die Insel j a auch noch im Stadium der Eroberung, und was die Japaner an wirtschaftlicher Aufschließungsarbeit leisten, geschieht, um zunächst einmal ihre eigene Position zu festigen. Die Tatsache, daß erst die westliche, ebene Hälfte der Insel ganz den Japanern gehört, die östliche, gebirgige aber noch Eigentum der Wilden ist, bringt es mit sich, daß das Schwergewicht des wirtschaftlichen Lebens der Insel in der landwirtschaftlichen Ausnutzung der Westebene liegt. Etwa 630000 K o (1 K o = 99 Ar) sind dort zur Bebauung verfügbar, von denen etwa 3 1 0 0 0 0 K o mit R e i s bestellt, 300 000 K o der Anpflanzung mit Zuckerrohr gewidmet
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sind und 20000 K o zum Anbau von Feldfrüchten und Gemüsen Verwendung finden Der formosanische Reis ist kein Reis erstklassiger Qualität, sondern stellt mehr eine gute Durchschnittssorte dar. Bemerkenswert ist, daß obgleich die Felder in Formosa mit dem hier zur Verfügung stehenden starken und nützlichen Wasserbüffel ziemlich tief gepflügt werden, der Reisbau doch weniger lohnend ist als in Japan, weil in Japan das Bewässerungssystem weit besser durchgeführt ist und dem Reisbau selbst von dem Bauer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wohl war früher in Formosa ein gutes ausgedehntes Kanalnetz vorhanden, es ist aber mit der Zeit vernachlässigt worden und tut seine Dienste nicht mehr. Der Reisertrag von etwa 8 Millionen Koku (i K o k u = 180 Liter) pro Jahr (im Jahre 1907 9 Millionen) ist natürlich für den Eigenbedarf der Insel viel zu viel. Die im Lande wohnenden Japaner verzehren zudem den Reis nicht so, wie ihn der formosanische Boden liefert, sondern mischen ihn mit besseren japanischen Qualitäten, führen also zu der Überproduktion noch Reis aus Japan ein. Zu solchen Mischungen wird aber der Formosareis auch in Japan vorwiegend und gern gebraucht und ist deshalb für das Mutterland Japan ein gern gesehener Exportartikel der Insel geworden. Viel lohnender als der Reisbau ist die Anpflanzung von Z u c k e r r o h r , für dessen Kultur sich der Boden und das Klima Formosas gut eignen. Das Zuckerrohr wird meist von der Insel Hawaii eingeführt. Zu einer dauernd guten Sorte hat man es aber in Formosa noch nicht gebracht, die Pflanzen degenerieren meist nach wenigen Jahren. So kommt es, daß der Ertrag der mit Zuckerrohr bestandenen Felder in Hawaii viel größer ist als in Formosa, und daß der Zuckergehalt des Hawaiirohrs 1 5 — 1 6 , der des Formosarohrs dagegen nur 1 0 — 1 1 % beträgt. Nach der Statistik des Jahres 1906 betrug die Produktion an Zucker etwa 1 3 0 Millionen Kin (1 Kin = 6 Hektogramm), während sie noch im Jahre 1898 erst 70 Millionen betragen hatte. 1 ) Wohl war den Chinesen die Zuckergewinnung längst bekannt (sie ist schon im 16. Jahrhundert begonnen worden), aber sie verwandten nie recht viel Mühe darauf, und ihre Ausnutzung des Rohrs in einfachen primitiven Mühlen stand gegen die moderne maschinelle Ausnutzung der Japaner weit zurück. Auch für die Zuckerrohrpflanzung ') Sie ist allerdings im Jahre 1907 infolge einer allgemeinen Mißernte wieder auf 107 Millionen Kin gefallen.
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ist erste Bedingung eine gute Bewässerungsanlage, da die Zuckerrohrfelder fast ständig unter Wasser gehalten werden müssen. Daß diese heute ihren ganzen Bestrebungen zur Verbesserung der Zuckerausbeute noch fehlt, haben die Japaner erkannt. Von Interesse sind daher ihre W a s s e r b a u p l ä n e , die sie im formosanischen Gouvernement ausgearbeitet haben und die in einer Bauperiode von insgesamt 20 Jahren durchgeführt werden sollen. 1 4 Kanäle und Reservoire von insgesamt 500 Kilometer Länge sollen mit einem Kostenaufwand von etwa 63 Millionen Mark gebaut werden. Mit allen Nebenkanälen und Abzweigungen soll das Netz mehr als 2500 Kilometer umfassen. Die Ausnutzung der Gefälle und die Anlegung von Stauwerken soll etwa 10 000 Pferdekräfte schaffen, die für 5 Städte und Verkehrszentren des Landes elektrische Beleuchtung und auch elektrische Kraft für industrielle Werke abgeben werden. Dieses neue Bewässerungssystem wird die Produktionskraft des Bodens heben, der Bodenertrag wird steigen und damit Hand in Hand wird eine Erhöhung des Volkswohlstandes gehen. Dann werden auch die Einnahmen aus Steuern und Abgaben sich vergrößern, und so hofft die Regierung die gewaltigen Kosten dieser Wasserwerke gut wieder einbringen zu können. Zu all den Plänen für Verbesserung der Bewässerungsanlagen, Hafenbauten, neuen Kampferbaum-Anpflanzungen, Eisenbahnbauten und Verbesserung der Holzindustrie sollen die Mittel durch Anleihen von etwa 40 Millionen Yen beschafft werden, die in einem Zeitraum von 1 1 Jahren nach Vollendung all dieser Verbesserungsarbeiten zurückgezahlt werden sollen, also etwa 1935 ganz zurückerstattet sein werden. Diese Berechnung der Regierung legt dar, daß ein Reisfeld von einem K o Größe nach der Vollendung der Wasserwerke etwa 175 Yen pro Jahr bringen werde, und daß in dreijährigem Durchschnitt ein K o Zuckerrohrfeld 170 Yen mehr Ertrag liefern würde, als ein K o Reisfeld. (Beim Zuckerrohrbau werden in den ersten beiden Jahren Zuckerrohr und im dritten Jahr Reis in regelmäßigem Turnus gebaut.) Der Zuckerrohrbau sei also bedeutend lohnender und ertragreicher als der Reisbau, und die Tendenz der Regierung müsse dahin gehen, ihn auf Kosten des Reisbaus mit aller Macht zu heben. Wird nun nach etwa 1 0 Jahren nur so viel Reis gebaut, wie die eigne Bevölkerung Formosas von dann etwa 4,5 Millionen Menschen gebraucht, so können etwa 4 5 0 0 0 K o des heutigen Areals an Reisfeldern dem Zuckerrohrbau gewidmet werden. Das allein aber würde an Zuckerverbrauchsabgaben dem
31 Gouvernement eine neue Einnahme von 5,5 Millionen Yen bringen. Diese Rechnung wird dadurch vielleicht noch günstiger, daß bei besserem Bewässerungssystem sich in Formosa 2 Jahresernten von Reis erzielen lassen, daß also bei gleichbleibender Produktionsmenge noch ein größeres Areal für den Zuckerrohrbau wird frei gemacht werden können. Man sieht, es handelt sich hier um einen ganz großzügig gedachten Plan mit dem deutlich ausgesprochenen Zweck, die Zuckerindustrie des Landes zu heben. Schwierigkeiten bereitet den Japanern in ihrer Bestrebung zur Ausdehnung des Zuckerrohrbaus das Widerstreben der eingeborenen Chinesenbevölkerung, von ihrem altersessenen Land an die Japaner abzutreten, die um ihre Zuckerfabriken herum möglichst große Plantagen errichten möchten, einmal um den Anbau durch die ausgedehnte Verwendung von Dampfpflügen und anderen landwirtschaftlichen Maschinen rentabel zu machen, und dann um sich in der Zeit der Ernte eine regelmäßige Zufuhr zu sichern. Dieser Arrondierung setzten bis jetzt wenigstens die Chinesen hartnäckigen Widerstand entgegen, so daß alle Fabriken, denen nicht ein sanfter Druck der Regierung zu Hilfe kam, in der Erntezeit sich mühsam ihr Rohr von allen möglichen Kleinbesitzern zusammenkaufen müssen. Dadurch erhalten sie sehr ungleichmäßige Qualitäten und werden zudem bei der Unzuverlässigkeit der Chinesen oft im Stich gelassen oder müssen hohe Konjunkturpreise bezahlen. Über diese Industrie wird noch zu sprechen sein. Nach dem Reis- und dem Zuckerrohrbau ist der T e e b a u der weitaus stärkste Zweig der formosanischen Landwirtschaft. Allerdings erfreut er sich lange nicht der gleichen Fürsorge der Japaner wie die beiden anderen Produktionsarten. Das hat seine guten Gründe. Der Teebau ist eigenste Domäne der altangesessenen Chinesen, die ihn wohl vom Festlande her übernommen haben und in der Pflege und Zubereitung des Tees hervorragende Geschicklichkeit besitzen. Der formosanische Oolong und der etwas geringwertigere Pouchong Tee erfreuen sich in Amerika, wohin fast ausschließlich der Export geht, außerordentlicher Beliebtheit und hoher Preise. Die Chinesen haben daran festgehalten, ihre alten Sitten in der Zubereitung des Tees zu bewahren, die zwar etwas zeitraubender sein mögen als die modernere maschinelle Teezubereitung der Engländer auf Ceylon und in Indien, die aber auch eine nach amerikanischem Geschmack bessere Qualität garantieren sollen. In diese Geheimnisse sind die Japaner so gut
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wie nicht eingedrungen, das Teegeschäft ist ausschließlich Sache der Chinesen geblieben. Erst in allerjüngster Zeit hat die Regierung in Anpeiching eine Faktorei mit interessanten maschinellen Einrichtungen geschaffen, um nach englischem Muster meist mit Ceylon-Maschinen, zum Teil aber auch mit eigenen Patenten die Zubereitung des Tees in eigene Regie zu nehmen. Aber den amerikanischen Markt hat sich dieser Tee nicht erobern können, er geht als sogenannter schwarzer Tee hauptsächlich nach Rußland, wo er sich anscheinend einen steigenden Absatz schaffen kann. Darauf deutet auch die in allerjüngster Zeit erfolgte Gründung einer Teegesellschaft in Yokohama hin, der Taiwan Chakaisha, die mit 8 Mill. Yen Kapital 5000 K o in Formosa neu mit Tee bepflanzen will, im ersten Jahr 800 und in jedem weiteren 500 K o . Für 5 Jahre soll nach Zeitungsmeldungen die japanische Regierung eine 6 % i g e Kapitalsverzinsung garantiert haben, ferner soll die Anpeiching-Faktorei unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sein. Als Absatzgebiet soll in erster Linie Rußland ins A u g e gefaßt werden. Nach Japan, das ja selbst seinen heimischen Bedarf decken kann, geht aus Formosa nur ganz wenig Tee, höchstens für etwa 400 000 Mark. Und als Zwischenhändler zwischen chinesischen Produzenten und amerikanischen Käufern sind die Japaner nicht ins Geschäft gekommen; diese amerikanischen Käufer kommen zur Saison selbst nach Formosa und lassen in dieser Zeit auch besonders ihre amerikanischen Personendampfer von Japan aus die Insel anlaufen, um die Teefrachten entgegenzunehmen. Sie verkehren viel lieber direkt mit den Chinesen als mit den Japanern. Nur mit einer Teeausfuhrsteuer beteiligen sich die Japaner am Teegeschäft, nicht gerade zum Vorteil für den Export selbst, denn der Export ist unter dem Einfluß dieser Steuer von 7 Millionen Yen im Jahre 1897 auf nur mehr 5 Millionen im Jahre 1907 zurückgegangen (im Jahre 1908 waren es wieder 5V2), und auf dieser Höhe stand er schon im Jahre 1892. A u f allen andern Gebieten, bei denen sonst die Japaner ins Geschäft gekommen sind, Pflege und Fortschritt, hier ein Stillstehen und ein Rückschritt! Ohne die störende japanische Steuer, die sicherlich nicht oder doch nicht so störend gekommen wäre, wenn die Japaner sich einen Anteil am Geschäft hätten sichern können, würde bei der bisher regen Nachfrage der Amerikaner auch dieser Zweig der formosanischen Landwirtschaft vorangekommen sein. Die Teeproduktion, die einmal im Jahre 1898 volle 18, noch im Jahre 1900 17 Millionen Kin
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betragen hatte, ist im Jahre 1906 auf 1 1 , 3 Millionen Kin und im Jahre 1907 auf 1 1 , 0 3 Millionen Kin zurückgegangen. Mit ihr ist die Zahl der amerikanischen Kaufleute, die dauernd auf der Insel wohnten, wie auch die Zahl der Saisonkäufer ständig gesunken. A n landwirtschaftlichen Erzeugnissen der Insel ist noch die in den letzten Jahren stark gestiegene Produktion von s ü ß e n K a r t o f f e l n zu erwähnen (1907: 1200 Millionen Kin), sowie endlich der lohnende Anbau von O b s t , Bananen und Ananas, die zum großen Teil nach China und auch nach Japan exportiert, aber auch in Formosa selbst zu Konserven verarbeitet werden. Ebenso entwicklungsfähig wie die Landwirtschaft der Kolonie ist ihre F o r s t w i r t s c h a f t. Sie hat j a heute noch da ihre Grenzen, wo ihre Zukunft eigentlich erst beginnt, nämlich an dem Drahtzaun, der das bergige und waldreiche Wildengebiet abschließt. Hier sind noch undurchdringliche Urwälder forstwirtschaftlich zu erschließen und zu verwerten, um so den Boden auch da nutzbar zu machen, wo er der Landwirtschaft wenig neues Terrain mehr bieten kann. Heute werden aber auch schon große Bambusbestände in der Ebene nutzbringend verwertet. Die große Millionärsfirma Mitsubishi besitzt bei Rinnai etwa 8000 Hektar derartiger Bestände; die Mitsuifirma hat bei Taihoku schon an der Grenze des Wildengebietes große Bestände auf 300 Jahre gepachtet, um systematisch Laub- und Nadelholzbau dort zu pflegen. Zu den hervorragendsten Aufgaben der Forstwirtschaft gehört indessen die Pflege und die Neuanpflanzung des K a m p f e r b a u m s . Seit im Jahre 1855 ein Amerikaner aus Hongkong zum ersten Male Kampfer aus Takao exportierte, hat die Industrie der Kampfergewinnung mannigfache Schicksale gehabt. Bald war sie freier Konkurrenz unterworfen, bald war sie Regierungs- oder Privatmonopol, bald waren die Preise hoch und lohnend, bald standen sie so niedrig, daß die Ausfuhr stockte. Immer war aber die Ausbeute ein Raubbau, dachte kein Mensch an Neuanpflanzung von Bäumen und Ersatz des niedergeschlagenen Materials. Heute ist die Kampfergewinnung von der Regierung an eine Konzessionserteilung gebunden, sie hat sich auch den Ankauf und das Raffinieren des Materials selbst vorbehalten. Aber in der westlichen Ebene ist der Baum ganz verschwunden, und man muß immer weiter hinauf in die Berge und damit immer näher an das gefährliche Wildengebiet heran, um Bäume zu finden. Dort arbeiten natürlich die Kampferstationen fern von allem Verkehr und unter dem beWertheimer,
Die japanische Kolonialpolitik.
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sonderen Schutz von Polizeistationen bedeutend teurer, als das in der Ebene der Fall wäre. Erst aus den Tagen der Japaner stammen die Neuanpflanzungen, die man in der Ebene jetzt auch wieder sieht und die darauf hinausgehen, in einigen Jahrzehnten auch wieder der Ebene diese früher so lohnende Industrie zuzuführen. Die Kampieröfen, die hoch oben im Gebirge, meist in unberührt schöner, landschaftlich wild romantischer Gegend rauchen, sind uralt japanischer Konstruktion. Über einem Backsteinofen befindet sich ein großer eiserner Kessel-, mit einem Sieb überspannt, in den stets frisches Wasser geleitet werden kann. Über dem Kessel steht ein hölzerner Destillationsbottich, der mit dem Kessel nach außen hin durch eine Lehm- und Zementschicht fest verbunden und luftdicht abgeschlossen ist. A n der Spitze hat er eine Öffnung, durch die man ihn mit den kurzen und dicken, mittels eines besonderen Beils gehauenen Spähnen des Kampferholzes füllt, um dann wieder luftdicht abzuschließen. Der heiße Wasserdampf dringt nun durch den Bottich, laugt die Spähne aus und nimmt ihren Kampferinhalt durch ein Bambusrohr mit sich nach einer flachen Holzkiste, die wieder in einer anderen Holzkiste umgestülpt steht. Dort destilliert sich der Kampferdampf bei ständiger Überspülung mit kaltem Wasser in Kampfer. Alle 24 Stunden werden die Spähne erneuert, die trockenen Spähne geben wieder erwünschtes Feuermaterial für die Heizung der Ofen. Alle acht T a g e wird der Kampfer der Holzkiste entnommen, den man nun trocknet, durch Pressen vom Öl befreit und nach Taihoku zum Raffinieren ans Monopolamt gibt. Das vom Monopolamt ebenfalls aufgekaufte Kampferöl wird heute noch nach Kobe zum Raffinieren und zur weiteren Kampfergewinnung verschickt, in Zukunft soll auch dieser Prozeß auf der Insel selbst vor sich gehen. In Japan sind jetzt Zelluloid-Fabriken im Bau, die j a die Hauptabnehmer von Kampfer sind. Die Japaner streben also danach, auch diesen Produktionszweig, der heute hauptsächlich in Deutschland seinen Sitz hat, in ihre Hand zu bekommen. Jetzt sind auf Formosa Versuche im Gange, auch aus den kleineren Zweigen und den Blättern des Kampferbaumes, • die man heute achtlos wegwirft, Kampfer zu gewinnen. Bisher nahm man nur den Stamm und die starken Äste, weil alles andere nur bis zu 2 % Kampferertrag lieferte. Sind die neuen Versuche erfolgreich, so wird sich der Kampferexport, der im Jahre 1906 an Kampfer und Kampferöl etwa 6,5 Millionen Kin umfaßte, beträchtlich steigern. V5 der gesamten japanischen Kampferproduktion stammt j a heute
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schon aus Formosa, das Verhältnis wird sich dann also noch mehr zugunsten der Kolonie verschieben. Im März 1909 sind auch etwa 7600 ha mit etwa 28 Millionen Kampferbäumen neu bepflanzt worden, so daß auch hier eine Gewähr für eine künftige Steigerung der Produktion gegeben ist. Zwar hatten die Produktion künstlichen deutschen Kampfers und dann auch das Wiederaufleben der chinesischen Kampferproduktion zeitweise einen Preisrückgang zur Folge, doch konnte das die Bedeutung der formosanischen Produktion auf die Dauer nicht schmälern, weil sich die künstliche Fabrikation in der Praxis bisher zu teuer erwies, und der Kampferverbrauch stärker zunahm, als daß die chinesische Produktion ihn hätte decken können. Seit dem Dezember 1907 ist das Verkaufsmonopol einer englischen Firma abgelöst und der japanischen Firma der Mitsuis übertragen worden. Die Kampferproduktion ist von 1898 bis 1907 beträchtlich gestiegen: von 1240 Tonnen Kampfer und 675 Tonnen Kampferöl auf 2350 Tonnen Kampfer und 2500 Tonnen Kampferöl. Einen ganz neuen Betriebszweig will eine jüngst gegründete Aktiengesellschaft mit dem allerdings dafür recht gering scheinenden Kapital von 300000 Yen einführen: sie will Gummipflanzungen anlegen mit brasilianischen oder malaischen Bäumen und will nebenbei noch Apfelsinen züchten. Eine zweite Gesellschaft hat ähnliche Gründerabsichten. Die Nutzung des Kampferbaumes hat uns zur Schilderung einer der I n d u s t r i e z w e i g e der Insel geführt. Früher war es der bedeutendste, als das Zuckerrohr noch in den alten primitiven -chinesischen Mühlen gepreßt wurde, bei denen unter einer zirkus.artigen Bambushütte von einem Wasserbüffel zwei Mühlsteine in Bewegung gesetzt wurden und darunter das Rohr gepreßt wurde. Heute ist das anders geworden. E s sind im ganzen vielleicht 30 bis 35 moderne Zuckerfabriken meist amerikanisch-hawaiischer Konstruktion im Lande, die den Ertrag mächtig gesteigert haben. E s würde zu weit führen, hier auseinander zu setzen, wie die Japaner durch Begünstigungen in ihrer Einfuhr in Japan, durch offene und heimliche Steuerermäßigung und Zollumgehung, den Export und damit die Produktion formosanischen Zuckers gefördert haben. Die schlimmsten Mißstände und Ungerechtigkeiten gegen andere Nationen sind jetzt beseitigt. Die Protektion ist aber immer noch so stark, daß japanische Zeitungen den Vergleich von einem Vater .gebrauchen, der seinem Sohne Geld schenkt, damit dieser es ver3*
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putze. Die formosanische Zuckerindustrie bezahlt nämlich 20 bis 3 0 % Dividende, die nur durch den starken Staatsschutz und durch einen Staatsbeitrag zu den Kosten der Feldbebauung ermöglicht werden. Die großen Zuckerfabriken umspannt ein ganzes Netz von Klein-Bahnen, zum Teil deutscher Herkunft, die in der Ernte und Verarbeitungszeit von Ende November bis Ende April gewaltige Zufuhren direkt aus den Feldern zu den Fabriken leisten, wo dann die Verarbeitung von täglich 1000 bis 2000 Tonnen Rohr vonstatten geht. Da das zur Bewältigung solcher Quantitäten nötige Zugvieh in Formosa fehlt, wäre ohne Bahnen dieser Betrieb gar nicht denkbar. Sehr bequem ist es für die Industrie, die natürlich ihren ganzen Ertrag mit ganz geringen Ausnahmen nach Japan selbst wirft, daß sie ihre Abfälle, das ausgepreßte und ausgetrocknete Zuckerrohr, als Feuerungsmaterial wieder verwenden kann und so nicht auf die teure Herbeischaffung von Kohlen angewiesen ist. K o h l e n nämlich — um gleich von den Bodenschätzen der Kolonie zu sprechen — gibt es auf der Insel nicht allzu reichlich. Man kann heute zufrieden sein, wenn sie genügen, den Schiffs- und den Eisenbahnverkehr zu versorgen und sonst den bei dem warmen Klima geringen Privatverbrauch der Einwohner zu decken. Im Norden und im Osten gibt es wohl eine Anzahl Lager, sie sind aber doch nicht mächtig genug, um bergmännischen Abbau zu lohnen; die Chinesen graben einfach kaum mannshohe Löcher in • in die Erde, aus denen sie die Kohlen holen, um sie dann in Dschunken zu sammeln und zu verladen. Solcher Betriebe gibt es eine ganze Menge auf der Insel, das einzige größere Kohlenfeld, das man bisher entdeckt hat, bei H a t t o nahe dem nördlichen Haupthafen Keelung, liefert jetzt täglich nur wenige hundert Tonnen Kohlen. Allerdings soll in diesem Jahre eine Schwebebahn nach dem Hafen gebaut werden und die Produktion bis zu 1 5 0 0 Tonnen gesteigert werden. Im Jahre 1906 betrug die Gesamt.förderung an Kohle auf der Insel nur wenig über 100 000 Tonnen, im Jahre 1907 etwa 135 000 Tonnen. Man weiß noch nicht, ob in dem ziemlich unerforschten Wildengebiet sich noch abbaufähige Kohlenfelder finden. Wahrscheinlich ist es aber nach allen bisherigen Untersuchungen nicht, ebensowenig, daß sich dort die in Japan so sehnlichst erhofften Eisenerzlager finden. Den Mangel an Kohle zu ihrer Verhüttung könnte man schon verwinden, da man sie einfach in das kohlenreiche Mutterland transportieren würde, um sie dort zu verhütten, genau so wie das heute von
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China einzuführende Erz. Das Heranwachsen einer selbständigen Industrie außer den bereits erwähnten Industrien scheint somit aut der Insel ziemlich ausgeschlossen. Außer den Produktionsbedingungen fehlte ihr allerdings auch ein wenn auch noch so bescheidenes Absatzgebiet auf der Insel selbst; die chinesische Bevölkerung ist so anspruchslos und so schwer zu neuen Bedürfnissen heranzuziehen, daß nicht einmal die allerbescheidensten Fabrikbetriebe auf einen eigenen Absatz am Produktionsort zu rechnen hätten. Und Wasserkräfte die zur industriellen Ausnützung anregen könnten, fehlen ebenfalls völlig. Nur eine einzige größere Industrie ist noch erwähnenswert, die G o l d g e w i n n u n g im Norden der Insel, wenige Stunden vom Hafen Keelung entfernt. Hier befindet sich im Gebiet des Berges Kinkwaseki viel goldhaltiges Gestein. Drei Minen betreiben bergmännisch die Ausbeute auf nassem Wege, wobei das Gestein zerkleinert und zerpulvert, mit Wasser gemischt, über Quecksilberplatten geschickt wird, die das Gold ansaugen; aus dem abfließenden Lehm- und Sandwasser wird dann noch auf chemischen Wege Gold gewonnen, — oder auch in der sogenannten t r o c k e n e n Goldgewinnung, bei der das zerstückelte Gestein unter Beimischung von Koks und anderem Gestein zerschmolzen wird. Die Schlacken fließen dann ab, und das kupfer-, silber- und goldhaltige Metall, wird in Barren gegossen, die in Japan weiter verarbeitet werden. Die größte der drei Minen, dem reichen Japaner Tanaka gehörig, plant große Betriebserweiterungen sowohl für die nasse, wie auch für die trockene Goldgewinnung. Gestein ist in Mengen vorhanden, so daß es heute sogar so, wie es aus dem Berge kommt, zum Teil nach Japan verschifft wird, um dort ausgebeutet zu werden, weil die Maschinen und Anlagen hier nicht ausreichen. Die größte der Minen liegt landschaftlich in herrlicher Lage, dreihundert Meter direkt über dem Meer, an einer kleinen geschützten Bucht. Das ist ganz bequem für sie, denn so kann sie ihre Erzeugnisse, die mittels einer Schwebebahn zum Meere hinabgesandt werden, verladen, ohne sie weit über Land transportieren zu müssen. Auch das 'Grubenholz, das die Minen von Japan beziehen, wird hier ausgeladen und direkt in die Minen geschafft. Die Minen sind nämlich außerordentlich feucht und wasserreich, so sehr, daß das im Norden der Insel wachsende Grubenholz schon nach drei Jahren vollständig verschimmelt und verfault. Das japanische Holz ist viel fester und härter, und obgleich es auch nur 4 Jahre hält, lohnt sich doch der Seetransport hierher. Das Gestein selbst
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enthält sehr viel Kupfer und I / I O O O O bis I / I O O O O O Gold. Da sich der Abbau schon bei I / I O O O O O Goldgehalt lohnt, sind die Minen recht ertragreich. Im Jahre 1907 betrug der Wert der Ausfuhr nach Japan 1,9 Millionen Yen für Gold und Silber, der Wert der Einfuhr 1,24 Millionen Mark, zusammen also der Wert der Edelmetall - Mehrausfuhr nicht ganz 700000 Yen. Für 1908 blieb bei einer Einfuhr von nur 180 OOO Yen und einer Ausfuhr von 1,7 Millionen Yen eine Mehrausfuhr von 1,5 Millionen Yen. Erwähnenswert ist endlich noch die kleinere Industrie der Schwefelgewinnung. Die Insel hat, wie auch das Mutterland Japan, zahlreiche Schwefelquellen, die auch als Heilquellen benutzt werden. So besitzt die Heeres- und Marineverwaltung im Norden zwischen Keelung und Tamsui die Quellen von Hotoku und Kuranstalten für Heeres- und Marine-Invaliden daneben. Im Jahre 1906 wurden etwa 800 Tonnen, im Jahre 1907 etwa 1300 Tonnen Schwefel gewonnen und exportiert. Zuletzt darf endlich die jung aufkommende Industrie der S a l z g e w i n n u n g genannt werden. A n der flachen Westküste der Insel wird das Meerwasser in besonders zubereitete Pfannen geleitet und dort in langsamem Verfahren von der starken Sonne verdunstet und verdickt, bis schließlich das Meersalz zurückbleibt. E s wird nur ganz wenig raffiniert, behält daher allerdings einen kleinen Beigeschmack, wird aber in Japan doch gern verwandt und hat sich auch in Korea einen Markt geschaffen. Die Produktion steigt rasch und deckt immer mehr den Bedarf des Heimatlandes (die Salzgewinnung ist monopolisiert in Formosa seit dem Jahre 1899), das im gleichen Maße weniger Salz aus dem Auslande einführt. Ziemlich gering ist der Ertrag der F i s c h e r e i an den Küsten der Insel. Die ganze Ostküste ist außerordentlich brandungsreich und gefährlich, und eignet sich zur Fischerei fast überhaupt nicht, und auch an der Westküste toben die vielgefürchteten Taifune sehr zahlreich und andauernd. Das schließt einen regelmäßigen Betrieb der Fischerei aus. Im Jahre 1907 wurden nur für etwa 790000 Yen Seeprodukte gewonnen, verarbeitet und auf der Insel selbst nur für etwa 200000 Yen. Der größte Teil des eignen Bedarfes der Insel muß vom Mutterlande importiert werden. Eine der wichtigsten Aufgaben der Japaner in Formosa ist die Schaffung g u t e r H ä f e n . Zwar sind ungefähr 12 Häfen schon vorhanden, sie sind aber alle zur Zeit recht ungünstig. Die Regierung verwendet ihre Arbeit nun auf den Bau zweier wirklich
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guter Häfen und hat dazu K e e 1 u n g im Norden und T a k a o im Süden ausersehen. Keelung hat eine sehr geschützte und gute Einfahrt, besitzt auch ein natürliches und gutes Hafenbassin, so daß außer allerdings beträchtlichen Baggerungsarbeiten und der Herstellung von Landungsgelegenheiten wenig Kosten aus diesem Bau erwachsen. Von hier nimmt die Längsbahn durch die Insel, die die Japaner bis Takao gebaut haben, ihren Ausgang, so daß dem Hafen auch eine gute Zufuhr gesichert ist. Bisher war der Haupthafen für die Teeausfuhr Tamsui, das nicht sehr weit von Keelung entfernt liegt, aber keinen eigentlichen Hafen hat, so daß die großen Schiffe draußen auf der Flußreede liegen mußten und erst mittels Dschunken beladen werden konnten. Der Ausbau dieses Hafens wäre zweifellos viel teurer gewesen, als der Keelungs. Der Handel Tamsuis ist auch schon zum beträchtlichen Teile nach Keelung abgeflossen, wennschon noch wenige Niederlassungen fremder Kaufleute dort bestehen. Im Süden ist der Hafen T a k a o allerdings weniger leicht und weniger billig auszubauen. Takao besitzt eine schmale kaum 300 Meter breite Einfahrt vom Meere aus, die durch Felsen rechts und links flankiert ist. Sie führt aber in eine außerordentlich seichte Lagune, die sich hier kaum 1 Meter tief wohl 3 km weit ins Land hinein erstreckt. Ein Hafen von 2 km Länge und 1 km Breite soll hier ausgebaggert werden. Das und der Bau von Molen und Landungsgelegenheiten wird große Opfer erfordern, besonders da man den Hafen 30 Fuß tief für große Schiffe einrichten will. Kostspielig ist aber auch das Wegschaffen oder Durchschneiden einer dem Hafen vorgelagerten Sandbarre, die 3 km lang und 200 m breit ist und wohl auch noch lange nachversanden wird, so daß ständiges Baggern nötig sein wird. Die Kosten für diesen Hafenbau, der in 6 Jahren vollendet sein soll, sind wohl mit 10 Millionen Mark viel zu niedrig angenommen. Auch dieser Hafenbau wird einem schon bestehenden Hafen die Lebensfähigkeit nehmen. Anping ist zwar kein eigentlicher Hafen mehr. Auch hier müssen die Schiffe weit draußen auf dem offenen Meere ankern, weil die Küste sehr versandet und flach ist. Das Löschen und Laden geschieht mittels außerordentlich praktischer Bambusboote, ist aber bei stürmischer See oft wochenlang unmöglich gewesen. Immerhin sind hier noch die Niederlassungen verschiedener amerikanischer und englischer Firmen, die dadurch, daß man den Hafen weg nach Takao verlegt, gezwungen werden, ihre Häuser zu schließen. Mit den gleichen Geld-
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mittein, wie in Takao, hätte sich vielleicht auch hier ein Hafen ins Land hinein bauen lassen. Aber einmal liegt für den Zuckerexport, für den der Süden seinen Hafen braucht, Takao praktischer, und dann haben die Japaner wohl nicht ganz ohne Absicht für ihre Hafenbauten zwei neue Plätze gewählt, wo fremder und chinesischer Handel noch nicht so alteingesessen sind, und wo es ihnen selbst leichter fallen mußte, ins Geschäft zu kommen. Sonst wäre Anping, das der Hauptstadt des Südens, Tainan, mit seiner lebhaft handeltreibenden starken Chinesenbevölkerung doch viel näher liegt als Takao, als Hafen sicherlich vorgezogen worden. Diese Hafenbauten sind die dringendsten Aufgaben der jetzigen Verwaltung in Formosa. An E i s e n b a h n b a u t e n bleibt, nachdem die Längseisenbahn gebaut ist, wenig übrig. Nur sind einzelne Verbindungsbahnen zu bauen und Nebenanschlüsse an Verkehrszentren. Hier ist aber überall schon vorgearbeitet durch die kleinen Schmalspurbähnchen der Zuckerfabriken im Süden, die sich den Anschluß nach den Häfen und der Eisenbahn selbst gesichert haben. Sie benutzen ihre Linien auch für den Personenverkehr und wirtschaften damit auch etwas Ertrag heraus. So haben die größeren südlichen Orte fast alle Verbindung mit der Eisenbahn. Im Norden existieren einige kleinere Bähnchen dieser Art, die zu militärischen Zwecken gebaut sind, so eine kleine Bahn von Taihoku zum Elektrizitätswerk der Stadt bis hinter ins Wildengebiet. An den Bau von Bahnen, die die Insel in ihrer Breite durchschneiden, ist bei dem schwierigen Terrain auch nach der Eroberung des Wildengebietes wohl in den nächsten Jahrzehnten nicht zu denken, ebensowenig an den Bau einer Bahn entlang dem schmalen ebenen Streifen an der Ostküste, die vorderhand gar keinen Verkehr aufweist. Besonders viel geleistet haben die Japaner auf der Insel in s a n i t ä r e r Hinsicht. Die Insel hat ein schlechtes Klima für Europäer. Die Japaner haben es stets gut ertragen, in der Regenzeit aber grassierten doch unter Chinesen und Japanern recht stark Malaria und andere Krankheiten, die besonders in den schmutzigen und engwinkligen Chinesenstädten ihre Nahrung fanden. Damit haben die Japaner gründlich aufgeräumt. Ihre Hauptstadt T a i h o k u ist sauber und hygienisch musterhaft angelegt, breite luftige Straßen zieren sie, eine gute Wasserleitung wurde geschaffen, die Bauten der Ministerien, Schulen, Banken und Kasernen sind alle hübsch gefällig und einfach gut. Sogar ein schöner Anfang zu
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Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre
1899: 1900: 1903: 1907: 1908:
2775809 3392602 1121455 2275964 2286166
Yen Yen Yen Yen Yen.
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Abteilung des Tabakmonopols, das wie in Alt-Japan, so auch in Formosa durchgeführt ist. Wichtig für die Belebung des Handelsverkehrs der Insel war, daß die Japaner alsbald auch ihre geregelte Münzwährung einführten und auch Banken schufen. 1 8 9 9 — 1 9 0 0 entstand so die Bank von Formosa zur Erledigung der Geschäfte des Staates und mit dem Rechte der Notenausgabe. Daß schon im Jahre 1897 die Goldwährung eingeführt wurde, hat der Insel nur zum Vorteil gereicht.
C. Korea. Das bis vor ganz kurzer Zeit noch selbständige Kaiserreich Korea '•) konnte schon lange ruhig als japanische Kolonie angesprochen werden. Mit seiner Selbständigkeit war es j a in Wirklichkeit schon seit dem Frieden von Portsmouth vorbei, als die Russen das diplomatische Ringen um die Vorherrschaft mit einer Niederlage bezahlen mußten, man könnte fast sagen, war es schon nach dem japanisch-chinesischen Kriege vorbei, seit die Japaner den Ansprüchen der Chinesen gegenüber die Selbständigkeit Koreas, d. h. zu deutsch ihre eigene Vorherrschaft, in Korea durchsetzten. Aus der politischen Geschichte der letzten paar Jahre erhellt, wie geschickt und energisch Japan es verstanden hat, sich in Korea festzusetzen, ohne viel Aufhebens zu machen und ohne allzu großen Widerstand zu finden. Sein Generalresident gewann neben einem Schattenkaiser die Bedeutung eines wirklichen Herrschers und hatte schon vor der Annektion de facto alle Gewalt in Händen. Der Japanisierungsprozeß schreitet ungewöhnlich rasch vorwärts. Deshalb hat es wenig Zweck, hier auf Verwaltungsfragen einzugehen, die so sehr in der Schwebe sind, daß von heute auf morgen Veränderungen eintreten und alle Angaben umstoßen. Von T a g zu T a g bringen die Japaner ein Stückchen der früheren koreanischen Verwaltung in ihre Hände, wie sie es mit Heer und Justiz, Schule und Polizei schon gemacht haben. Vollendet wird dieser Prozeß noch lange nicht sein, denn es ist eine ganze Menge Arbeit zu leisten. Die jüngste Berufung des japanischen Kriegsministers ') Zu diesem Kapitel diente neben eigenen Beobachtungen als Material der übersichtlich und klar geschriebene, wenn auch etwas stark optimistisch gefärbte » S e c o n d A n n u a l R e p o r t on R e f o r m a n d P r o g r e s s in K o r e a 1 9 0 8 / 0 9 « , den die General-Residentur herausgab, und dann unter manchen anderen Schriften und Reiseberichten auch ein Bericht des deutschen HandelsSachverständigen beim General-Konsulat in Yokohama.
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Terauchi zum Nachfolger Viscount Sones, des Schülers des Fürsten Ito, zeigte, daß mit dem System des allzu langsamen Vorgehens bald gebrochen werden sollte, daß eine festere Faust von Japan in Korea gewünscht wurde. Tatsächlich folgte j a auch schon bald die völlige Annektion des selbständigen Kaiserreiches, auf die schon lange japanische Patrioten hingearbeitet hatten. E s darf hier betont werden, daß diese Annektion kein Bündnis zwischen Japan und Korea bedeuten konnte, wie manche koreanischen Parteien zu hoffen schienen, die für diese Annektion so lebhaft eintraten, sondern daß Japan in der richtigen Erkenntnis, daß die heutigen Koreaner für die doch ihnen gegenüber fortgeschrittene Kultur Japans noch nicht reif genug sind, Korea als untergeordnete Kolonie dem Kaiserreich einverleibte. Darauf deutete schon hin, daß man noch vor der formellen Annektion Korea, das noch selbständige Kaiserreich, dem neugegründeten japanischen Kolonialamte unterstellte ! E s sollen hier nur die w i r t s c h a f t l i c h e n Verhältnisse der Halbinsel besprochen werden, die von der gegenwärtigen p o l i t i s c h e n L a g e j a ziemlich unabhängig sind. Die Halbinsel Korea umfaßt ungefähr 2 1 9 0 0 0 qkm, ist also ein wenig kleiner, als die japanische Hauptinsel Honschu oder wenig mehr als halbsogroß wie Japan und Formosa zusammengenommen. Die B e v ö l k e r u n g besteht nach dem vor kurzem erschienenen 2. Jahresbericht der General-Residen tur aus etwa 9 7 0 0 0 0 0 Koreanern (etwa 1 2 0 0 0 0 Koreaner sollen nach japanischen Berechnungen außerhalb Koreas wohnen), etwa 1 3 0 OOO Japanern (Ende 1909 waren es schon 150000, der Wert des ihnen gehörenden Landes betrug 135 Millionen und der Wert der Gebäude 12 Millionen Yen) und 1 3 0 0 0 Fremden. Unter den Fremden waren 1 2 200 Chinesen, 450 Amerikaner, 1 5 0 Engländer, 90 Franzosen, 40 Deutsche, 20 Russen und so weiter. Die hohen Zahlen der Amerikaner und Engländer erklären sich dadurch, daß es meist Missionare sind, die in Korea leben. Bei den anderen Nationen stellt das Personal der immer noch bestehenden Gesandtschaften und der Konsulate das Hauptkontingent. Korea ist ein Land der L a n d w i r t s c h a f t , deren Hauptprodukt der R e i s ist. Der koreanische Reis steht zwar an Qualität dem japanischen ziemlich nach, er ist aber immerhin noch mehr geschätzt als der formosanische. Schuld an der schlechteren Qualität trägt nicht so sehr die geringe Pflege der Reisfelder, denn der Koreaner ist kein schlechter Landwirt, wie es vielfach heißt, wenn
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er nur arbeiten will; der Fehler liegt hier wie in Formosa zum größten Teil an der Vernachlässigung des für den Reisbau so wertvollen Bewässerungssystems, das einstmals in Korea recht gut gewesen sein soll, unter der Beamtenmißwirtschaft aber verlottert ist. Recht selten sieht man Tretmühlen, die aus den Wasserläufen Wasser auf die Felder pumpen, meist beschränkt man sich auf die Sammlung von Regenwasser und hört eben mit Bewässerung auf, wenn dieser Vorrat versiegt. Freilich ist auch sonst die landwirtschaftliche Technik recht zurückgeblieben, von moderner Düngung, von der Verwendung zeitgemäßer landwirtschaftlicher Maschinen und derartigem, ist man weit entfernt. Das ganze Land führte 1908 kaum für 1 0 0 0 0 Mark künstlichen Dünger ein! Trotz der veralteten Art des Ackerbaus gibt der außerordentlich fruchtbare Boden gute Ernte, und das umso mehr, als man ja imstande ist, benutzte Felder jahrelang brach ruhen zu lassen, weil zur Ernährung für die stark zurückgegangene Bevölkerung der Boden immer noch weit ausreicht und Boden zum Neuanbauen in Menge vorhanden ist. Die Ausfuhr von Reis, die im Jahre 1904 erst einen Wert von 1 300000 Yen hatte, hat sich im Jahre 1908 auf 7 500000 Yen gesteigert, ein Beweis, wie rasch die Japaner es verstanden haben, die wirtschaftliche L a g e der Halbinsel zu heben. Die Ausfuhr nach China war früher stärker als nach Japan, das hat sich natürlich mit den politischen Verhältnissen verschoben, besonders, da die Japaner Korea als ihre Reiskammer ansehen und sich mit seiner Hilfe vom Import aus China freimachen wollen. A n landwirtschaftlichen Erzeugnissen kommt hinter dem Reis die S o y a - B o h n e , deren Ausfuhrwert von 1904—1908 von 2 V2 auf 4 Millionen Yen gestiegen ist. Weit dahinter rangiert der Ausfuhrwert von W e i z e n und G e r s t e , der sich im erwähnten Zeitraum immerhin von 500OO auf 170000 Yen gehoben hat. Wesentlich für die koreanische Landwirtschaft ist die Anpflanzung der G i n s e n g-Wurzel, die getrocknet wird und in China als überaus heilkräftiges Arzneimittel gilt. Ihre Ausfuhr ist ein koreanisches Staatsmonopol, der Wert ist im Jahresdurchschnitt ungefähr mit 1 Million Yen anzusetzen. S o ziemlich das ganze Geschäft liegt in den Händen der Japaner und hier insbesondere der Mitsui-Firma. Eine Fabrik wird just errichtet, die auch die Verarbeitung der getrockneten Wurzeln in Arznei in Korea selbst vornehmen soll, damit auch dieser Fabrikationsgewinn dem Lande erhalten bleibt. Zur Besserung der Landwirtschaft in Korea sind umfangreiche
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japanische Arbeiten in der Ausführung, die zum Teil schon jetzt recht günstige Erfolge aufzuweisen hatten. Da aber der Koreaner der japanischen Hilfe gegenüber außerordentlich mißtrauisch ist, und da er seinem ganzen Charakter nach fast noch konservativer an seinen alten Gebräuchen und Sitten festhält als etwa der Chinese oder Japaner es schon tun, geht alles doch ziemlich langsam voran. Lehrzwecken dient in erster Linie eine große l a n d w i r t s c h a f t l i c h e V e r s u c h s a n s t a l t in Suwan, die mit etwa 350000 Mark Kosten im Jahre 1906 gegründet wurde. Nach japanischen Angaben soll sie täglich von etwa 100 Koreanern besucht werden. Erwähnenswert sind hauptsächlich die Versuche zur Anpflanzung bisher in Korea unbekannter landwirtschaftlicher Produkte wie der Z u c k e r r ü b e , an deren künftige industrielle Verwertung man denkt, und die in koreanischem Klima gut gedeihen soll. Auch die Versuche zur Anpflanzung von B a u m w o l l e , die von dieser landwirtschaftlichen Anstalt ausgehen, sollen erfolgreich gewesen sein; die Qualität soll besser sein als die der amerikanischen, wenn auch die Pflanze weniger Ertrag liefert. In Mokpo besteht eine Modellfarm; von 66 K o im Jahre 1907 stieg das Areal der Anpflanzung auf 169 im Jahre 1908, und der Ertrag im gleichen Zeitraum von 7 7 0 0 0 Kin auf 1 2 4 0 0 0 Kin. Diese Versuche werden mit starker Staatsunterstützung weiter betrieben. Auch der Seidenprod u k t i o n wendet die landwirtschaftliche Versuchsanstalt große Aufmerksamkeit zu, weil sie wie keine andere Beschäftigung sich zur Nebenbeschäftigung für den Landwirt und seine Familie eignet. Ausgeführt wird koreanische Seide, die der japanischen und auch chinesischen sehr an Feinheit nachsteht, noch garnicht, im Gegenteil, es wurde noch 1907 für über 1,3 Millionen Yen Seide hauptsächlich aus China eingeführt. In Seoul wurde eine Frauenvereinigung gegründet zur Heranziehung geübter SeidenwurmZüchterinnen, und ihr folgten gleichartige Anstalten im ganzen Lande. Im Jahre 1908 verteilte man etwa 70000 junge Maulbeerbäume an alle Interessenten nebst aus Japan gebrachten Seidenwurmeiern, die Regierung stellte Webstühle auf und sandte Wanderlehrer aus, die in gemeinsamen Besprechungen ihre Erfahrungen austauschten, um eine möglichst bodenständige Methode der Seidenzucht zu gewinnen. Immerhin waren im Jahre 1908 erst wenig über 700 K o Feld mit Maulbeerbäumen bestanden. Ferner wird der T a b a k - A n b a u studiert, da der koreanische Boden eine ganz gute Tabaksorte liefern soll, die Japan, das heute
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seinen ganzen für das Tabak-Monopol benötigten Bedarf vom Auslande importiert, von größter Wichtigkeit sein müßte. Die Hauptsorge der Japaner ist natürlich, die 6 6 % u n ' erschlossenen landwirtschaftlichen Landes (etwa 1 2 0 0 0 Ko) zu vermindern und zum Anbau zu bringen. Alle möglichen Erleichterungen werden den Bauern gewährt. Die zehn landwirtschaftlichen Experten, die die Regierung ins Land sandte, geben überall wo man ihre Hilfe nachsucht, unentgeltlich Rat und Auskunft. Zur Erschließung neuen Bodens gründete sich auch eine japanisch-koreanische Kolonisations - Gesellschaft »Toyo Takushoku Kaisha« mit einem Kapital von 10 Millionen Yen in Aktien zu 50 Yen. Die koreanische Regierung gab ihren Anteil von 3 Millionen Yen in Land. Die Gesellschaft hat das Recht, bis zu 100 Millionen Yen in Schuldverschreibungen auszugeben, bis zu 20 Millionen übernimmt die japanische Regierung die Garantie für Kapital und Zinsen. A u f 8 Jahre wurde eine Staatsbeihilfe von 300000 Yen zugesagt, solange Einnahmen und Subvention weniger als 8 ü/o Reingewinn ergeben. Die japanische Regierung hat die Oberaufsicht. Ein Viertel des von der koreanischen Regierung zu gewährenden Landes, 5700 K o , wurden bald nach der Gründung im Februar 1909 in Bebauung genommen. Das Kapital der Gesellschaft ist bis jetzt in Zinsscheinen festgelegt und wird zu I O ° / Q Zinsen (der landesübliche Zinsfuß beträgt 20 und mehr Prozent) ausgeliehen. Natürlich ist die Nachfrage nach solch billigem Kapital sehr groß. Das Betriebsergebnis im ersten halben Jahre, in welchem man begonnen hat, koreanische und japanische Bauern anzusiedeln, ist zwar noch sehr mager, es wurden 3 % Dividende verteilt (bezeichnender Weise jedoch nicht für die Anteile der koreanischen Regierung, da diese j a nicht in bar, sondern in Land einbezahlt worden sind), aber über die Zukunft der Gesellschaft läßt sich noch nichts sagen. Bisher soll sich nach dem Urteil von Kennern nur gezeigt haben, daß die Gesellschaft auf ein Monopol hinarbeite und anderen Unternehmungen das Leben erschwere. A n dem Aktienkapital, das bei der öffentlichen Auslegung 36 mal in Japan überzeichnet wurde, sind der japanische und koreanische Hof stark beteiligt Von sonstigen neuen Schöpfungen der Japaner zur Hebung der Landwirtschaft ist noch die L a n d - u n d F o r s t w i r t s c h a f t s s c h u l e zu nennen, die im Jahre 1906 der Musterfarm in Suwan angegliedert wurde und die in zweijährigem Kursus Koreanern
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landwirtschaftlichen Unterricht geben soll. Der Forstwirtschaftskursus wird in einem Jahre absolviert. Der Aufwand für diese Schule, die 1908 etwa 80 Schüler hatte, betrug ungefähr 30000 Yen. Erwähnenswert ist endlich eine in der Nähe von Seoul gegründete Station für G e m ü s e - u n d O b s t b a u . Lehrer und Gehilfen kamen von Japan, \ind die Versuche im Gemüse- und Obstanbau zeitigten bald gute Resultate. Insbesondere die Anpflanzung amerikanischer Reben und japanischer Früchte gelang in dem koreanischen Klima, das etwas trockener ist als das japanische, sehr gut. Setzlinge und Sämereien wurden im Jahre 1908 an 300 Personen abgegeben. In enger Verbindung mit der Landwirtschaft steht die koreanische V i e h z u c h t . Der Viehbestand ist relativ viel bedeutender als in Japan, so daß sogar im Jahre 1907 für etwa 740000 Yen Vieh ausgeführt werden konnten. Der Rinderschlag ist klein, aber kräftig; er muß das ja auch sein, da neben den kleinen, zähen, von warmen Bohnenkuchen genährten Pferden, Ochsen in Korea den ganzen Inlands-Lasten- und Personenverkehr vermitteln. Ende 1908 ergab die Viehzählung einen Bestand von 460000 Stück Vieh und 20000 Pferden, im selben Jahre wurden 2 4 6 3 0 Stück Vieh und 1 9 7 9 0 2 8 Kin ungegerbte Häute exportiert. Mit Schweizer Vieh und Berkshire - Schweinen hat man gute Zuchtverbesserungen erzielt. A r g gelitten hat im Laufe der Jahrhunderte der F o r s t b e s t a n d Koreas. Wohl waren einst unermeßliche Wälder im Lande vorhanden. Aber die leidige Sitte der Koreaner, im Sommer und Winter ihre Wohnungen zu heizen, und zwar durch Holzfeuer, die unter dem Lehmboden des Hauses in Röhren unterhalten werden, verwüstete doch bei dem Mangel jeglicher Neuaufforstung allmählich den Waldbestand. Heute ist Süd-und MittelKorea jedenfalls in seinem zugänglicheren, ebeneren Teil fast waldarm zu nennen. Die Japaner haben bald Forststationen im Lande gegründet, auch forstliche Versuchsanstalten angelegt, Forstgärten etabiliert und im Jahre 1908 auch den Erlaß von Forstgesetzen erzwungen. Eine Art der Gewinnbeteiligung der Pächter von Staatswaldungen für neue Aufforstungen wurde nach japanischem Muster eingeführt. Vom Jahre 1906 an sollten von der koreanischen Regierung im Zeitraum der nächsten 5 Jahre etwa 18 Millionen junger Bäume gesetzt werden. Im Norden Koreas, der ja überhaupt noch etwas unerforscht und auch unsicher ist, befinden sich allerdings noch größere Waldungen, deren Nutzbarmachung bei
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forstwirtschaftlicher Ausnutzung gewinnbringend ist. Im Jahre 1907 wurde eine japanisch-chinesische Gesellschaft zur Ausnutzung der Forsten am Yaluflusse gegründet, die aber bis jetzt eigentlich nur durch ihre steten Streitigkeiten von sich reden machte. Im Jahre 1908 wurde nach A b z u g der Verluste des Vorjahres ein Reingewinn von nicht ganz 40000 Y e n zwischen den beiden Regierungen verteilt.') Der A b s a t z von Holz nach dem holzarmen Norden Chinas ist nicht sehr schwer, die Mitsui-Firma exportiert von hier auch nach Europa. Das Holz wird ganz billig den Yalufluß herabgeflößt und in A n t u n g in Schiffe oder Bahnen verladen, zum Teil aber auch schon in A n t u n g geschnitten und zersägt. Gearbeitet wird meist mit chinesischen Kulis, die das Klima besser ertragen als die Japaner und Koreaner. Die amtlichen A n g a b e n über die Zukunft der Gesellschaft sind recht optimistisch gefärbt, mehr sicherlich, als es die Tatsachen zulassen. Immerhin müßte es den Anstrengungen der japanischen Regierung auch in Südund Mittel-Korea gelingen, durch regelmäßige Wirtschaft die Einfuhr von Bauholz nach Korea, die noch im Jahre 1907 einen W e r t von 1,9 Millionen Y e n hatte, ganz unnötig zu machen. Die F i s c h e r e i an den Küsten Koreas bot einstmals den Koreanern reiche Ausbeute, wennschon sie mit ganz primitiven Werkzeugen und Netzen fischten. Das ist anders geworden, seitdem der japanisch-koreanische Fischerei-Vertrag v o m Jahre 1883 auch die Japaner an den Küsten der Halbinsel zur Fischerei zuließ. Jetzt ist die Fischerei zur Hälfte in die Hände der Japaner übergegangen, und mit ihrem Erscheinen hat ein Raubbau eingesetzt, der die Regierung zu scharfen Maßnahmen nötigte, wollte sie nicht die Fischerei ein für alle Mal zerstören lassen. E r g a b doch die Fischerei an den Küsten Japans, die ungefähr 8000 Seemeilen sich ausdehnt, etwa IOO Millionen Yen, die Fischerei an den über 6000 Seemeilen sich erstreckenden koreanischen Küsten dagegen nur 8 — 9 Millionen Y e n Ertrag! D a g e g e n war mit der Errichtung von Musterausstellungen allein nicht viel zu machen. Die Tatsache, daß im Jahre 1908 nahezu 70 OOO koreanische Fischer mit 12500 Booten nur für 3,1 Millionen Ertrag hatten, 16500 japanische Fischer dagegen mit ihren nur 3800 Booten für 3,8 Millionen Y e n ') N a c h den allerdings mit Vorsicht aufzunehmenden A n g a b e n des japanischen Direktors in
einer
chinesischen Zeitung betrugen
E i n n a h m e n 569000, die A u s g a b e n 318000,
im Jahre 1909 die
der Reingewinn also 251 000 Y e n ,
womit eine 7 °/o ige Verzinsung g e g e b e n wäre.
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an den Küsten fischten, bewies auch, daß das koreanische System rückständig war. Die Errichtung von Fischereischulen und das Aussenden von Wanderlehrern soll langsam Besserung schaffen. Originell ist übrigens das koreanische neue Fischereigesetz, nach dem die einmal erlangte Konzession nicht nur vererbt, sondern auch veräußert werden kann. An der Ostküste Koreas spielt auch der Walfischfang eine Rolle; 1907 wurden 330 Wale von 3 japanischen Gesellschaften gefangen. Bei der Gewinnung der Meeresprodukte ist zum Schluß noch eine aufkommende Salzindustrie zu erwähnen, die ganz ähnlich wie in Formosa mittels ziemlich einfacher Salzpfannen an der flachen Meeresküste betrieben wird. Uber 1000 K o Land sind zu solchen Zwecken bestimmt, und seit im Jahre 1906 die Salzgewinnung ein Staatsmonopol geworden ist, wird der Betrieb ständig vergrößert. Man hofft, den ganzen Eigenbedarf des Landes aus dieser Industrie zu decken. Der Reichtum Koreas an B o d e n s c h ä t z e n war lange Zeit sprichwörtlich. Die neuesten Erfahrungen haben alle diese übertriebenen Hoffnungen und Erwartungen etwas gedämpft. Immerhin ist der Norden Koreas ein an Bodenschätzen recht gesegnetes Land, Gold, Kupfer, Silber, Kohle und Eisen werden hier gefunden, auch Waschgold kommt ziemlich häufig vor. Erst seit die Japaner das Heft in Händen haben, ist Ordnung im korrupten koreanischen Konzessionswesen eingetreten, das Berggesetz von 1906 hat jedoch verschiedene für die ausländischen Unternehmungen recht günstige Bedingungen beseitigt; Konzessionen werden jetzt nicht mehr für ganze Distrikte erteilt, sondern nur noch für mindestens 8000 und höchstens I Million Tsubo (1 Tsubo = 3,3 qm) Land, und die Freiheit der Abholzung auf dem zu schürfenden Terrain, die, wie anerkannt werden muß, zu einer schonungslosen Verwüstung der Wälder geführt hat, wurde gestrichen. Eine bestehende englische Konzession wurde im Juli 1909 abgelöst, ein italienisches Konsortium erhielt eine Konzession im Jahre 1909, über deren Ausbeute noch nichts feststeht, ein französisches erhielt nach langen Streitigkeiten mit den Japanern eine Konzession in Nordkorea, in Changyang, ein japanisches Syndikat im Chiksan-Distrikt. Das größte Berggeschäft in Korea betreiben die Amerikaner, die in Nordkorea in den Wunsan-Minen bisher große Ausbeute hatten. Auch Deutsche besitzen Konzessionen; die alte Mine Tangkogae ist zwar verlassen, weil ihre Ausbeute recht gering und unbefriedigend war, aber die neue Mine in Sensen arbeitete bisher W e r t h e i m e r , D i e japanische Kolonialpolitik.
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zur Zufriedenheit. Den fremden Minen haben die Japaner zum großen Teil mehr oder minder große Schwierigkeiten in ihrer Arbeit in Korea gemacht. Was Miliard in seinem Werke »America and the far eastern Question« erzählt, ist auch mir bestätigt worden, und es wäre ungerecht, das hier zu verschweigen, besonders da der Bericht der japanischen General-Residentur und auch neuerdings ein Buch von Backhausen ausdrücklich es zu verneinen versuchen. Man kann sich überhaupt in der ganzen japanischen Kolonialpolitik daran gewöhnen, nicht allzu oft nach der Gerechtigkeit der Japaner in ihrem Vorgehen zu fragen, sondern die andere Frage zu stellen, ob ihr Vorgehen zielbewußt im Interesse ihres eigenen Landes gelegen hat, und ob es im allgemeinen die Kultur der Länder, denen es galt, gefördert hat. Diese beiden Fragen wird man dann zumeist zu bejahen haben. Über die Produktion der meisten von diesen Minen sind ganz genaue Ziffern nicht zu erlangen. Der Bericht der japanischen General-Residentur führt für die Wunsanmine der Amerikaner, die bei 10 Millionen Yen Kapital und 25 OOO Yen jährlicher A b g a b e an die Regierung die größte fremde Unternehmung in Korea ist, an, daß sie in ihrem Betriebsjahr bis zum 1. Februar 1909 75 Amerikaner und Europäer, 60 Japaner, 600 Chinesen und 2300 Koreaner beschäftigte, und daß sie für 3 4 3 2 2 0 8 Yen gefördert habe. Für die PyingyangKohlenmine werden im Betriebsjahr 1909 genannt an Förderung 5 3 5 0 0 Tonnen, davon verkauft 51 OOO Tonnen im Werte von 290000 Yen. Die Zahl der beschäftigten Beamten und Arbeiter betrug 1630, die Ausgaben beziffern sich, da man ausgedehnte Vergrößerungsarbeiten vornahm, auf 3 5 0 0 0 0 Yen. Bei den deutschen Goldminen, deren Erzgehalt reicher ist, als der der amerikanischen, nur daß die Erzadern selbst dünner gesät sind, sowie auch bei den amerikanischen Minen ist die große Frage, ob die Lager in der Tiefe sich abbaufähig zeigen werden. Tun sie das, so ist die Rentabiliät gesichert, wo nicht, so sind beide Betriebe trotz anfangs ganz günstiger Ergebnisse auf die Dauer nicht zu halten. Genaues über diese Zukunft läßt sich heute noch nicht sagen. Da wie erwähnt ganz neue Förderstatistiken nicht bestehen, ist man gezwungen, sich an die Exportzahlen zu halten. Da ergibt sich, daß die Goldausfuhr im Jahre 1907 etwa 4,6 Millionen Yen Wert hatte, die Kupferausfuhr etwa 60000 Yen. A n Eisen wurden in der japanischen Mine nur 52000 Tonnen gefördert und an eine kleine japanische Eisengießerei verkauft. Von Bedeutung war diese
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Förderung nicht, da ja alle, auch die kleinsten Maschinen von Japan bezogen werden und im Lande selbst bei dem gänzlichen Mangel von Industrie nichts hergestellt wird. A n Erzen und Erzgestein wurden im Jahre 1908 aus Korea exportiert für 379000 Yen (1907 : 1 1 5 000), an Metall und Metallwaren für 69000 (1907: 60000); eingeführt wurden dagegen an Erzen und Erzgestein für 1 395 OOO (1907: 804000), an Eisen und Stahl für 2 341 000 (1907: 1 7 6 0 0 0 0 ) und an anderen Metallen für 294000 (1907: 210000), an Metallwaren für 1 0 3 3 0 0 0 (1907: 828000) und an Instrumenten und Maschinen für 1 6 4 4 0 0 0 (1907: 1 0 6 5 0 0 0 ) Yen. Die Gesamtausfuhr an Gold, Silber und Kupfer betrug im Jahre 1908 5 0 2 6 0 0 0 Yen ( 1 9 0 7 : 6 7 1 4 0 0 0 ) und die entsprechende Einfuhr 3524000 (1907: 2 701 000) Yen. Eine eigene I n d u s t r i e in unserem Sinne gibt es, wie schon erwähnt, in Korea überhaupt nicht. Diese fände vielleicht im Lande selbst auch keinen Boden und keinen Absatz. Das Volk lebt seit Jahrhunderten vom Ackerbau und hat sehr wenig Bedürfnisse, ist arm und wird wohl auch in den nächsten Jahrzehnten zu größeren Bedürfnissen kaum erzogen werden können. Alles, was benötigt wird, wird in kleinen Hausindustrien gewonnen, die für den Export oder für den Gebrauch des Mutterlandes Japan ohne Bedeutung sind. Korea kommt deshalb für Japan in erster Linie als Absatzgebiet für die eigene heimatliche Industrie in Betracht, ohne daß es dieser nennenswerte Rohstoffe liefern könnte, wie etwa der Hokkaido, die Mandschurei oder Formosa. Nur von der Landwirtschaft ist eine wesentliche Ergänzung der japanischen Wirtschaft zu erwarten. Die früher blühende Töpferindustrie, die nach Japan viele Lehrer lieferte, ist fast gänzlich verschwunden. Das Auspressen von Bohnen und die Fabrikation von Bohnenkuchen aus den Resten wird in Antung hauptsächlich betrieben, aber so primitiv, daß man von einer Industrie gar nicht sprechen kann. Dort sind in neuester Zeit auch moderne von den Japanern angelegte Sägereien zum Schneiden der den Yalu herabkommenden Hölzer. Die Japaner geben sich Mühe, durch eine Handwerkerund Industrieschule etwas mehr gewerbliches Leben in Korea zu wecken, um ihrer eigenen Industrie damit ein größeres Absatzgebiet zu erschließen. In Seoul in dieser Schule wurde Weberei, Färberei, Töpferei, Zimmerei, Tischlerei, Wagnerei, in geringerem Umfange auch Papierfabrikation und Metallverarbeitung gelehrt. Seit die Japaner im Lande sind, nehmen natürlich diejenigen 4*
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Industrien zu, die für diese japanische Bevölkerung Wasser und Licht zu liefern haben. Ein früher schon von den Amerikanern in Seoul (wo j a inmitten der kleinen Häuser auch eine elektrische Straßenbahn läuft!) errichtetes Elektrizitätswerk wurde ausgebaut, in Chemulpo besteht gleichfalls ein Elektrizitätswerk, Wasserwerke bestehen in Chemulpo, Seoul, Fusan und Pyöngyan. Die Hauptarbeit der Japaner liegt gegenwärtig in der Erschließung des Landes durch E i s e n b a h n e n und Wege. Es besteht erst die Längsbahn von Fusan nach Antung, und neben dieser die Bahn vom Hafen Chemulpo nach Seoul und im Süden das noch kleinere Stückchen von Fusan nach Massampo. An Bahnbauten sind zunächst im Süden Bahnen durch die wirtschaftlich interessanteste Provinz Tschölla von Massampo nach Mokpo und von da der Küste entlang nach Kunsan vorgesehen. Diese Pläne sind aber zurückgestellt, weil die Bahn von Seoul nach Gensan militärisch viel notwendiger ist und jetzt zunächst einmal unter Aufwendung aller Mittel gefördert werden soll. Sie wird in dieser Ausdehnung etwa 20 Millionen Yen kosten und soll von hier aus über Hoiryong nach Kirin geführt werden, wo sie dann das bald fertige Stück Kirin-Changchun wieder mit der südmandschurischen Bahn verbindet. Außerdem sollen in den nächsten Jahren für etwa 17 Millionen Mark Militärstraßen und auch im Innern, da wo Bahnbauten heute noch ganz aussichtslos sind, für etwa 3 Millionen Mark Wege gebaut werden. Der Ausbau der Eisenbahnen, der Straßen und auch der Telephone und Telegraphen,, steht bisher ganz und gar nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die in dem neu erworbenen und zum Teil erst noch zu erwerbenden Korea, wie erwähnt, fast keine Rolle spielen, sondern fast ausschließlich unter militärischen Gesichtspunkten. Man will dadurch einmal sich die Herrschaft in Korea selbst sichern und dann auch bequemere Vorstoßlinien nach der Mandschurei schaffen, deren Mangel sich im letzten japanisch-russischen Kriege empfindlich bemerkbar machte. So sind im Jahre 1907: 15, 1908: 23 R i (1 R i = 3,9 km) Straßen gebaut worden zu 4 großen Verkehrswegen. Von kleineren Straßen sollen im Jahre 1907 47 Ri vollendet worden sein; im nächsten Jahre soll auch die große Brücke über den Yalu vollendet werden, die ermöglicht, von Korea nach der Mandschurei mittels der bis dahin fertigzustellenden Vollbahn von Antung nach Mukden zu gelangen, ohne daß man wie bisher den Yalu zu Schiff zu über-
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queren hat, was bei dem Eisgang im Winter nicht ungefährlich ist. Erheblich verbessert wurde auch der Verkehr der Fährboote zwischen Japan (Moji) und Korea (Fusan), die von 1907 zu 1908 eine Steigerung um 500 Fahrten und 8000 Passagiere zu verzeichnen hatten. All das diente, wie gesagt, zumeist militärischen Zwecken. E s wird nicht bestritten werden können, daß gerade das militärische Vorgehen die Aufgaben der Japaner in Korea recht erschwert hat. Gegenliebe bei den Koreanern war hier kaum zu finden, da sie nicht sahen, daß ihr Land wirtschaftlich zuerst gehoben werden sollte, sondern nur, wie es ein militärisches Bollwerk zu weiterem Vordringen Japans in der Mandschurei zu werden bestimmt war. Die gewaltigen Verwaltungsreformen, die in der Trennung von Staatshaushalt und Hofhaltung, in der Trennung von Justiz und Verwaltung, in der Einführung eines geordneten Münz-, Justiz-, Schul- und Steuerwesens wirklich Großartiges geleistet haben, traten verhältnismäßig wenig für die Koreaner in Erscheinung, weil das, was in Formosa den größten Eindruck machte und dort die Chinesen einigermaßen für die Japaner Verständnis gewinnen ließ, hier fehlte: die mehr aufs P r a k t i s c h e gerichtete Tätigkeit. Die Vorteile einer guten Währung, die Ausbreitung eines Bankwesens und die ganze Organisation des Geldverkehrs, der Bau von Lagerhäusern, die auf eingelagerte Waren Kredit geben und anderes, das wird erst bei den Koreanern beachtet werden und überhaupt in Erscheinung treten, wenn die Wirtschaft des Landes sich einmal gehoben hat. Schwierigkeiten bereitet den Japanern auch heute noch ein Mißtrauen, das sie sich selbst zuzuschreiben haben: man wollte ursprünglich, genau wie in der Mandschurei, Korea in wenigen Jahren japanisieren, indem man es einfach mit Japanern überschwemmte und ehe es zur Besinnung käme, überrannte. So eröffnete man in Japan die verlockendsten Aussichten für eine Ansiedlung in Korea und zog damit ein Gesindel in diese Kolonie, wie es schlimmer garnicht gedacht werden kann. Man befreite davon die Heimat und verseuchte die Kolonien. Das hat man bald eingesehen und die unliebsamen Elemente energisch zurücktransportiert. Der Rückschlag bei den übel behandelten Koreanern ist aber in einem tiefen Mißtrauen noch heute zu spüren. Zwar werden die Koreaner kaum mehr zu unentgeltlichen Leistungen gezwungen, schlecht behandelt und gar geprügelt, aber die Erinnerung an solche Taten ist noch nicht verschwunden.
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D. Sachalin (Karafuto). Sachalin ist die jüngste und am wenigsten bedeutungsvolle ap anische Kolonie. V o n der schmalen dem russischen Küstengebiete zwischen dem 46. und 54. Breitengrade vorgelagerten Insel erhielten die Japaner nach dem letzten Kriege den südlich des 50. Breitengrades liegenden Teil mit etwa 31 000 Quadratkilometern Bodenfläche (ganz Sachalin bedeckt 7 5 3 6 0 qkm, etwa soviel wie Bayern). Erst im Juni 1907 begannen die Japaner ihre Verwaltungstätigkeit, die aber bis jetzt eigentlich ohne nennenswerte Erfolge geblieben ist. Die 10000 Russen, die vor dem Ausbruch des Krieges den südlichen Teil der Insel bevölkerten, sind nach seiner Beendigung bis auf die allerärmsten und wirtschaftlich schwächsten völlig verschwunden. A n eingeborenen A i n o s und wenigen anderen Stämmen zählt man etwa 1000, ihre Zahl geht aber infolge des ungeheuren Schnapskonsums ständig zurück. Daneben leben nun auf dem japanischen Teil der Insel nach einer japanischen Statistik des Jahres 1907 etwa 11000 Japaner, etwa 8000 in den Städten und 3000 auf dem Lande zerstreut. Die Zahl kann jedoch keinen Anspruch auf Richtigkeit erheben. Denn gerade aus Sachalin ist die Zahl der enttäuschten Rückwanderer, die ohne viel Arbeit in diesen unerschlossenen Gebieten recht rasch reich zu werden hofften und ein zur ruhigen Kolonisation geeignetes Material nicht darstellten, recht groß. Die Insel stellt aber durchaus nicht das unwirtschaftliche Land dar, als das man sie vielfach ansieht, und es ist anzunehmen, daß die japanische Erschließung bald von guten Resultaten berichten kann. Der Sommer ist zwar kurz, aber Flora und Fauna sind überraschend reich, und einer der wenigen europäischen Besucher der Insel, der Direktor der Tsingtauer deutsch-chinesischen Hochschule Professor Dr. Keiper hebt hervor,*) daß zwar heute erst 2 % des ganzen Landes Ackerland seien, daß aber eine zunehmende Bevölkerung dort ein gewaltiges Agrarreich errichten könnte. Die japanische Untersuchung nach dem Kriege ergab, daß etwa 90 OOO K o Boden für Ackerbau und Weideland geeignet seien. Weizen, Gerste und Kartoffeln sowie alle Arten von Gemüsen sollen gut gedeihen. Geschehen ist in dieser Richtung aber noch recht wenig. *) D a der Verfasser diese Kolonie selbst nicht besuchen konnte, er hier
diesem Bericht
und A n g a b e n
der japanischen
Presse.
Der
folgt Name.
Sachalin k o m m t v o m mandschurischen sachalian a n g ä chata =
Felsen an der
M ü n d u n g des schwarzen Stromes (also des gegenüberliegenden
Amur).
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Das Land ist noch von riesigen Wäldern bestanden, deren Ausnutzung in eben solchem Maße vernachlässigt ist, wie die der Erschließung von neuen Verkehrswegen. Der Waldbestand ähnelt dem des Hokkaido und enthält vor allem eine zu allerhand Bauzwecken vorzüglich geeignete Art von Lärchen. A n Bodenschätzen finden sich vor allem Kohlen. Das Schürfen nach großen Steinkohlenfeldern von guter Beschaffenheit hatte ja schon 1875 Rußland veranlaßt, Sachalin für sich in Anspruch zu nehmen und dafür die Kurilen den Japanern zu überlassen. Die Japaner haben nun in ihrem Teile der Insel zwar Kohlenfelder festgestellt, deren Qualität etwa der der Hokkaidokohle entsprechen soll, aber zur Ausbeutung und Hebung der Bodenschätze ist noch nichts geschehen. E s macht sich hier eben der Umstand recht störend bemerkbar, daß die Insel im Winter gänzlich vom Verkehr mit dem Mutterlande abgeschlossen ist. Die Häfen sind dann vereist, der Schiffsverkehr ist unterbrochen. Der Kohlenreichtum Japans und seiner übrigen Kolonien ist aber zu groß, als daß man daran ginge im Winter Vorräte abzubauen, die man dann im Sommer verbunkern könnte. Die nördlichen russischen Gruben, die Wladiwostok stark versorgen, liefern eine gute schwefelfreie und aschenarme Kohle, die bis 6 0 % Koks ergibt. Die Ausbeute im Jahre 1906 betrug etwa fünf Millionen Tonnen. Vergeblich war bis jetzt trotz zahlreicher Bohrungen der Versuch, im japanischen Teil der Insel Petroleum zu finden. Diese Hoffnung der Japaner schien um so begründeter, als im Norden die Russen, größtenteils mit deutschen Hilfskräften, am Boatassin und am Nutowoflusse sowie an der Nabibucht starke Naphtaquellen angebohrt hatten, die durchschnittlich 3 0 % reines Kerosin und auch einige Prozent Benzin lieferten. Immerhin scheinen die neuesten Versuche doch wieder zu neuen Hoffnungen Anlaß gegeben zu haben; wenigstens sprach kürzlich der Gouverneur von Karafuto, Herr Hiraoka, in einem Vortrage in der Toa Kyotai (orientalischen Gesellschaft) in Tokio davon, daß die Zukunft der Kolonie ganz auf der Erschließung der Petroleumquellen beruhe. E r berechnete die zu erzielenden Einnahmen aus der Fischerei (über die hier gleich zu sprechen sein wird) auf 600 000 Yen, die Einnahmen aus der Kohlenindustrie auf 2 — 3 0 0 OOO Yen, die aus der Forstwirtschaft auf etwa 100 000 Yen, also insgesamt die Einnahmen auf eine knappe Million Yen. Von der Ausnutzung der Petroleumquellen durch Terpentingewinnung oder Alkoholproduktion
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dagegen erhoffte er ein Einkommen von 1 0 — 1 5 Millionen Yen. Nun scheint ja der Zeitungsbericht, dem ich hier folge, nicht ganz zuverlässig, es fehlt insbesondere jede Angabe über die Landwirtschaft, aber er zeigt doch, daß die Japaner die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben. Das ist erklärlich, wenn man bedenkt, daß gerade im schnell steigenden Verbrauch von Petroleum das Mutterland Japan noch zu zwei Dritteln vom amerikanischen Import abhängig ist. Dabei braucht nur erwähnt zu werden, daß noch viel stärker der Petroleumverbrauch Chinas wächst, und daß die Amerikaner in dem Import nach China unbedingt dominieren. Die Importzahlen der letzten Jahre sind ganz enorm in die Höhe geschnellt und damit ist der wirtschaftliche Einfluß Amerikas in China gestiegen. Auch das mag den Japanern in die Augen stechen. Tatsache aber ist, daß ihre Felder in der Echigoprovinz, deren Erschließung erst aus den neunziger Jahren datiert, nicht mehr als 3 y 2 Millionen Koku produzieren, und daß die Olfunde in Formosa und im Hokkaido bis jetzt als nicht abbaufähig sich erwiesen haben. Grund genug für die Japaner' ihr großjapanisches Programm des Selbständigwerdens in der Produktion des eignen Konsums hier in Sachalin zu ergänzen. A m ertragreichsten ist heute in Sachalin die F i s c h e r e i , die den Japanern gehörte, noch lange ehe das Land politisch zu ihnen zählte. Schon der Vertrag von 1875, in dem Japan die Kurilen austauschte gegen die Überlassung Sachalins an Rußland, beließ den Japanern die Fischereirechte in Sachalin. E s gibt an dessen Küsten Heringe, an den Flußmündungen Forellen sowie Stockfische. Die Japaner haben im Jahre 1906 an der Westküste eine Fisch- und Seeprodukten-Versuchsanstalt gegründet, ähnlich den im Hokkaido bestehenden Einrichtungen und den Fischfang sehr gefördert. Sie bezogen an Abgaben 1906 aus der Fischerei etwa 850000 Yen. Die Nippon- Seeproduktengesellschaft hat auch neueren Nachrichten zufolge beschlossen, ihren Walfischfang auf Karafuto auszudehnen, der schon früher, allerdings nach veralteten Methoden und ganz als Raubbau, von einem Japaner hier ausgeübt wurde. Zwei Dampfer sollen von Mitte Mai bis Mitte August nach einer neuen norwegischen Methode in den Gewässern von Karafuto arbeiten. Man rechnet auf eine Ausbeute von etwa 200 Walen. Auf der Insel selbst sollen dann industrielle Anlagen zur Ol- und Düngergewinnung errichtet werden. Wesentlich für die Kolonie scheint, daß ihr mehr als bisher
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Privat-Initiative und Privatkapital zugeführt wird. Jetzt ist begonnen worden, das Land mit Eisenbahnen zu durchziehen und -wenigstens die wichtigsten Verkehrszentren zu verbinden. Das stellt das Wirtschaftsleben der Besitzung auf eine ganz neue Grundlage. Landwirtschaft und Industrie werden aus diesen Bahnbauten Nutzen ziehen, und erst wenn die nötigsten Verkehrswege erschlossen sind, wird man in einigen Jahren ein definitives Urteil über die Bedeutung dieser Kolonie für das Mutterland fällen können.
E. Die Mandschurei. Ganz streng genommen darf man von einer japanischen Mandschurei nur insofern sprechen, als sie das japanische Pachtgebiet -der Provinz K w a n t u n g umfaßt, jenen äußersten Südzipfel der Liaotunghalbinsel, den die Japaner als eine der Früchte des russisch-japanischen Krieges von den Russen sich abtreten ließen. E s ist der Zipfel zwischen dem 1 2 1 . und 123. Grad östlicher Länge und dem 38. und 39. Grad nördlicher Breite, eine wirklich kleines Stückchen von etwa 205 Quadrat Ri, also etwa 3 1 5 0 Quadratkilometer, nur wenig mehr, als das Großherzogtum MecklenburgStrelitz umfaßt. Ohne Heeres- und Flottenmannschaften, die da stationiert sind, leben neben rund 400000 Chinesen und genau gezählt 85 «anderen Staatsangehörigen», rund 30000 Japaner dort. Diese Zahlen des Jahres 1908 bedeuten gegen das Jahr 1907 mit 380000 Chinesen, 25 OOO Japanern und 74 Fremden immerhin einen Fortschritt. Wirtschaftlich für sich genommen ist dieses Stückchen Land herzlich unbedeutend, wenn es auch landschaftlich außerodentliche Reize gewährt und in Port Arthur, der berühmten Seefestung und dem bald berühmten Handelshafen, einen der landschaftlich hübschesten Punkte des ganzen Ostens birgt. Die kleine Provinz steht unter der Obhut eines militärischen Generalgouverneurs, der natürlich auch die Truppen befehligt; bis zu einem Jahr Gefängnis kann er verhängen und bis zu 200 Yen Geldstrafe, sonst hat er aber nicht sehr viel zu verwalten. Denn die militärische Regierung ist nur rein äußerlich, in Wirklichkeit regieren die Zivilbehörden. Freilich haben auch sie außer den beiden Städten Port .Arthur und Dalny wenig zu verwalten. Von den 70000 K o Landes, die überhaupt bebaut sind, ist j a nicht allzu viel zu holen: Mais und Kauliang sind die Haupterzeugnisse neben der Soyabohne, von der noch zu sprechen sein wird, Weizen und Gerste spielen nur eine geringe Rolle und der nötige Reis muß fast voll-
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ständig importiert werden. Dagegen beginnt man jetzt auch Tabak anzupflanzen und will gute Erfolge damit erzielt haben. Man arbeitet auch mehr mit Gemüsekulturen und dem aus Korea her bekannten und recht lohnenden Anbau der Ginsengwurzel, allein viel besagen will diese Landwirtschaft nicht. Auch die verhältnismäßig starke Viehhaltung spielt im Wirtschaftsleben des Pachtgebietes nur eine kleine Rolle. Bedeutender oder richtiger gesagt der einzig wirklich bedeutende und selbständige Ernährungszweig des Pachtgebietes ist die Fischerei, die immerhin einen Wert von 2 Millionen Yen im Jahre 1908, gegen nur eine Million im Jahre 1907 erreichte. Als eigene Industrie der Kolonie kann noch die Salzgewinnung genannt werden, auf 3500 K o Salzfeldern erzielte man 3 7 5 0 0 0 Koku im Jahre 1908, während man im Vorjahre auf 2500 K o nur 190000 Koku erzielt hatte. Aber das alles erklärt nicht die gewaltigen Zahlen des Handels von Dalny, der bei einer Einfuhr von 31 und einer Ausfuhr von 35 Millionen Yen einen Gesamtumsatz von 66 Millionen im Jahre 1908 erreichte, während er im Jahre 1907 noch mit 14,6 Millionen Ausfuhr und 28,9 Millionen Einfuhr erst auf 43,5 Millionen Y e n gekommen war. Das zeigt, daß der kleine, wirklich den Japanern gehörende Zipfel, seine ganze Bedeutung durch die dahinterliegende heute noch chinesische Mandschurei erhält, daß er nur ein Einfallsund ein Ausfallstor der Japaner für ihren Handel in der ganzen Südmandschurei abgibt. E s ist deshalb schwer, diese beiden Dinge, wirklich den Japanern gehörendes Gebiet und den Chinesen gehörendes aber von den Japanern wirtschaftlich abhängiges Gebiet, ganz genau zu trennen und man tut am besten, nicht das Recht, sondern die Wirklichkeit als Maßstab zu nehmen und die ganze Südmandschurei einfach als japanisches Gebiet und als japanische Kolonie zu betrachten. Ob diese Wirklichkeit in 10 oder 20 Jahren politisch und rechtens wird, kann dabei ganz außer Ansatz bleiben. Auf die politische L a g e soll hier, soweit es irgend zulässig ist, nicht eingegangen werden. Die Mandschurei steht mehr als ein Land der Welt gegenwärtig im Mittelpunkt eines gewaltigen Kampfes der Völker; eines rein wirtschaftlichen Kampfes, soweit es die fremden Nationen, insbesondere die Amerikaner, angeht, die bei der Erschließung dieses ungewöhnlich reichen Landes mitbeteiligt sein wollen, an der Einfuhr ebenso teilhaben wollen, wie an der wertvollen Ausfuhr, und die sich im politischen Streit der andern Nationen nicht das bis jetzt errungene Terrain rauben lassen
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können. Politischen Hintergrund aber hat der allerdings auch mit rein wirtschaftlichen Waffen gegenwärtig geführte Kampf, den die Chinesen, Japaner und die Russen in der und um die Mandschurei führen. Die Russen haben nach dem letzten Kriege auf Kwantung verzichten müssen, sie haben damit die ganze »Einflußsphäre« in der Mandschurei bis hinauf nach Changchun verloren und haben diesen Verlust im jüngsten Vertrag definitiv bestätigt. Nun suchen sie wenigsten den Teil um Charbin zu retten, der von ihrer ostchinesischen Eisenbahn durchschnitten wird, haben ihn sich in dem erwähnten neuesten Vertrag auch ausdrücklich zusichern lassen. Die Japaner hinwiederum haben den wirtschaftlichen Einfluß entlang ihrer Bahnstrecke bis nach Changchun, suchen ihn auch weit über die der Bahn entlang und parallel laufende Respektszone auszudehnen und auch über ihr zugesichertes Ende hinaus nach Norden hin vorzudringen. Sie sehen in solcher wirtschaftlichen Eroberung mit Recht den Beginn des künftigen politischen Besitzes. Und die Chinesen endlich sind die rechtlichen Besitzer des Landes, um das gekämpft wird, ohne daß man sie fragt, und arbeiten daran, aus dem Besitztitel de iure auch wirklich wieder einen de facto zu gestalten. Das ist kurz gesagt der Kernpunkt des Streites. Es bedeutet keine Vorhersage für die Zukunft und ist bei den vielen schlummernden Möglichkeiten im Osten auch keine, wenn festgestellt wird, daß in diesem Ringen heute die Japaner die besten Chancen haben. Das liegt den Russen gegenüber an ihrer größeren Beweglichkeit, Anpassungsfähigkeit und Lebhaftigkeit, auch an ihrem größeren Zielbewußtsein, das in manchem an das englische Quäkertum erinnert, wo nach einem Worte Professors von SchulzeGävernitz jeder Kaufmann, der auf seinem Kontorbock sitzt, das Bewußtsein hat, in seiner Arbeit für sein Land eine politische Pionierarbeit zu leisten. Um es anders zu sagen, der größere Patriotismus ist zweifellos bei den Japanern, aber auch der größere Geschäftsgeist (eine ganz ideale Verbindung ist da vorhanden), der die Japaner erkennen ließ, daß dort ein Terrain zu bearbeiten sei, aus dem etwas gemacht werden könne. Die Russen waren über ein Jahrzehnt die Besitzer von Kwantung. Was haben sie wirtschaftlich zu ihrer Festigung getan? Sie haben eine prächtige Stadt Dalny gebaut, so prächtig und großartig, daß der gegenüber dem Handel ihrer Zeit doch außerordentlich gewachsene Handel der Japaner Mühe hat, sich in dem weiten Gewände zurechtzufinden. Sie sind wenn auch teure, so doch gute und weitsichtige
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Städtebauer gewesen, sie waren im Begriff, Port Arthur ebenso schön und großzügig auszubauen — aber entwickelt haben sie die Mandschurei selbst nicht. Sonst hätte nicht ein Jahr nach dem letzten Kriege schon der russische Handel gänzlich aus der Mandschurei verschwunden sein können, so stark und gründlich, daß nicht einmal mehr die leisesten Fäden übrig geblieben sind. Das haben die Japaner anders gemacht, und daß sie sich gerade so stark auf die wirtschaftliche Eroberung verlegten, sicherte ihnen auch das Übergewicht gegenüber den Chinesen, die in Wirklichkeit Tieute schon eine wirtschaftliche Unterschicht in der ganzen Südmandschurei bilden, während die Japaner die geschäftlich Dirigierenden, die Leiter, die Geldgeber und Arbeitgeber darstellen. China hat zu spät erkannt, daß in dieser Art von Eroberung eine größere Gefahr für seine Besitztitel an der Mandschurei entsteht, als durch die russische Wirtschaft. Aber um die zu spät gekommene Erkenntnis noch praktisch wertvoll zu machen, gehörte Geld, gehörte Energie, gehörte die Möglichkeit, wenn leise Wünsche nichts helfen, mit dem Säbel zu rasseln, der nicht ein Kinderspielzeug, sondern das Instrument einer Männerfaust ist. Diese drei Dinge hat China nicht, und so ist seine einzige Möglichkeit, die es allerdings sehr stark ausnutzt, die weiten Ödländer der Mandschurei mit seinem Bevölkerungsüberschuß auszufüllen, der aus Schantung insbesondere sich dahin ziehen läßt und der das Land zum mindesten wieder einmal mit chinesischer Bevölkerung füllt, diesen Stammsitz der heutigen Dynastie also volklich zunächst einmal wieder erobert, während es früher den Chinesen verboten war, nach der Mandschurei auszuwandern, und die, die es taten, es heimlich und bei schwerer Strafgefahr tun mußten! Den Grundsatz, die Chinesen von ihrem Stammland fernzuhalten, haben also seit 1905 die Mandschus aufgegeben. Allerdings scheint sich diese neue Ansiedlung, die hauptsächlich durch Chinesen, nicht durch Mandschus selbst erfolgt, mehr im Norden der Mandschurei zu vollziehen, in der Gegend des Sungari und des Amur, wo sie weniger den Japanern als den Russen schaden könnte. Dort vergibt die chinesische Regierung sehr billig das Land an die Unternehmer, 100 A r etwa für durchschnittlich 8 — 1 5 M. Diese Unternehmer verpachten das Land dann an Bauern, die ihnen den halben Ernteertrag dafür auf 5 Jahre bezahlen. Immerhin ist hier im Norden, noch mindestens '/s des Gebietes erst noch zu besiedeln. Auch im Süden, dem japanischen Teile der Mandschurei, beginnt
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zwar die chinesische Besiedelungsarbeit, aber auch hier erst in bescheidenen Grenzen, wenn man die Größe des zu vergebenden und bebauenden Landes erwägt. Die größeren Menschenmassen sind ja auf der Seite Chinas^ und eine ernste Bedrohung aller japanischen Arbeit ist dieses Überwiegen eines fremden Volksteiles immer. A b e r solange hinter den Volksmassen kein treibender Wille steckt, solange nicht die energische Idee sie treibt, wird Japan mit ihnen fertig werden, weil es eben geistig dominiert. Die Japaner, die den Westländern gegenüber die Familiaristen sind, die als Heerdenmenschen geborenen, erzogenen und lebenden, die es im ernsten Konkurrenzkämpf mit westlich herangezogenen selbständigen Individualitäten nicht aufnehmen können, spielen den Chinesen gegenüber die Rolle der Westländer, während die Chinesen dann die der Japaner übernommen haben. Wenn wir nach diesen allgemeinen Bemerkungen das politische Gebiet verlassen und uns die wirtschaftliche Bedeutung der japanischen Mandschurei ansehen, so ist es natürlich unmöglich, ganz genau dieses Gebiet abzugrenzen. Man muß sich damit bescheiden, daß »ungefähr« in Changchun diese Einflußsphäre ihr Ende findet, daß in ihr etwa 1 0 — 1 2 Millionen Chinesen sitzen und neben ihnen vielleicht höchstens 2 5 — 3 0 0 0 0 Japaner neben ganz wenig A n g e hörigen fremder Nationen. Der Hauptzweig der Landwirtschaft innerhalb der japanischen Grenze ist die B o h n e n a n p f l a n z u n g , während in der nördlichen Mandschurei, oder sagen wir in der russischen Mandschurei, auch die G e t r e i d e a n p f l a n z u n g eine Rolle spielt. Zwar gibt es auch in der japanischen Mandschurei viel Getreide, Weizen und Gerste, es bestehen auch Mühlen, die ihr Mehl zum Teil sogar nach Japan exportieren, aber der Anteil verschwindet gegenüber dem überragenden Bohnengeschäft. Dieses B o h n e n g e s c h ä f t ist in der Mandschurei durchaus nicht neu. Schon seit langer Zeit wurden Bohnen von den Chinesen angepflanzt und gepreßt, ihres Ölgehaltes befreit und als Bohnenkuchen zu Düngerzwecken verwendet. In China und Japan, besonders im letzteren, wo die Viehhaltung noch wenig entwickelt ist, und zum Düngen der Felder in der Hauptsache noch die menschlichen Fäkalien allein verwendet werden müssen, spielt ein guter Dungersatz eine große Rolle. An die Einfuhr fremden künstlichen Düngers kann man sich erst allmählich in Japan gewöhnen, wo dieser Einfuhrartikel eine steigende
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Rolle zu spielen beginnt. Ersetzt wurde er bisher eben durch den Bohnenkuchen - Dünger, der ein recht billiges Dungmittel war. Aber unter der russischen Herrschaft war nichts geschehen, diese Bohnenausfuhr zu beleben, aus diesem rein ostasiatischen Lokalgeschäft ein Weltgeschäft zu machen. Der Haupt-Bohnen-Ausfuhrplatz war Niuchwang am Liao-Flusse. Erst die Japaner erkannten die Bedeutung dieses Stapelartikels für die Entwicklung der Mandschurei. Gleichzeitig kam allerdings die chinesische Einwanderung, die die Mandschurei wieder mit mehr Arbeitskräften, und zwar bäuerlichen Arbeitskräften versorgte, die, an harte Feldarbeit gewöhnt, den verhältnismäßig einfachen Bohnenanbau spielend bewältigten und bei dem lange brach gelegenen Boden auch gute Ernten erzielten. Drei Bohnensorten, die große grüne, die kleine grüne und die gelbe Bohne spielen im Anbau und im Handel eine Rolle. Diese Bohnensorten sind verwendbar als industrielle Rohstoffe. A u s dem Bohnenöl ist ein gutes Maschinenöl zu gewinnen (etwa 15 bis 2 0 % des Öls werden dazu verwendet), es kann ferner zur Herstellung von Seifen und Lichtern (etwa 6 0 % ) , Bisquits und zu Kunstbutter, zu Margarine (etwa 15 bis 2 0 % ) verwendet werden, während die Überreste, zu Bohnenkuchen gepreßt, ein gutes und nahrhaftes Futtermittel abgeben. Das alles erkannte man, als im Jahre 1905 zum ersten Male ganze Schiffsladungen Bohnen von der Mitsui-Gesellschaft nach England verfrachtet wurden und dort ziemlich gut ankamen und einschlugen. England wurde bald ein fester Abnehmer der Bohnen, auch Rußland und Dänemark importierten zunehmend. Frankreich, die Vereinigten Staaten und Deutschland blieben demgegenüber zurück, weil sie die Bohnen als Speisemittel betrachteten und demgemäß mit hohem Einfuhrzoll belegten, beispielsweise Deutschland mit einem Einfuhrzoll von 40 Mark pro Tonne, resp. 20 Mark nach dem Vertragstarif. In Amerika half man sich zwar und führte die mittels der schlechten und unvollkommenen chinesischen Handpresse gewonnenen Bohnenkuchen ein, die dann noch eine Menge Ol enthielten und von neuem ausgepreßt wurden. In Deutschland hat man aber jetzt seit kurzem die Bohnen im Warenverzeichnis zum Zolltarif als Oelbohnen aufgeführt, so daß sie zollfrei eingeführt werden können, und schon hat sich eine Aktiengesellschaft zu ihrer Verwertung in Stettin gebildet. Auch Kanada hat den Zoll aufgehoben. Das Bohnengeschäft in der Mandschurei ist alsbald in die Hände der Japaner gekommen, die zu 3/6 den ganzen Handel beherrschten,
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während sich alle übrigen Völker in das verbleibende '/8 zu teilen hatten. Verschiedentlich wurde versucht, diese Übermacht zu brechen. Den Japanern kommt wie überall im Wettbewerb im Osten die Ähnlichkeit ihrer Sprache mit der der Chinesen zustatten. Die Bohnen müssen durch chinesische Zwischenhändler von den Kleinbauern aufgekauft werden, und das Überwachen dieser nicht immer sehr kaufmännisch - moralischen Herren ist nicht gar leicht. Die Japaner haben sich da besser vor Verlusten zu schützen gewußt als die fremden Kaufleute. Immerhin haben die Engländer und nach ihnen in neuester Zeit auch deutsche Firmen sich einen Teil des Bohnenexportes zu sichern verstanden. Deutsche Dampfer laufen z. B. regelmäßig Dalny jetzt an. Über die Menge an Bohnen, die aus der Mandschurei exportiert werden, ist es schwer, vollkommen richtige Abschlußzahlen zu erhalten. Nach London wurden im Jahre 1907 etwa 1 2 0 0 0 0 Tonnen verladen, doch ist diese Zahl ganz beträchtlich gestiegen. Im gleichen Jahre verfrachtete die ostchinesische (russische) Bahn nur 23 000 Tonnen Bohnen und 38000 Tonnen Ölkuchen nach Charbin und von hier nach Wladiwostok zur Verschiffung, also zusammen 61 OOO Tonnen. Im Jahre 1908 waren es schon zusammen 130OOO Tonnen und in den ersten 6 Monaten des Jahres 1909 waren es gar schon 180000 Tonnen. Über Dalny, also durch Anfuhr mit der japanischen Südmandschurei-Bahn, gingen im Jahre 1907 50000 Tonnen Bohnen .und 80000 Tonnen Ölkuchen, also zusammen 130OOO Tonnen, im Jahre 1908 dagegen schon von beiden Sorten je 165 OOO Tonnen und in den ersten 5 Monaten von 1909 je 125 000 Tonnen. Allerdings kamen die letzten Mengen nicht alle zum Export, weil sich inzwischen in Dalny eine Verarbeitungsindustrie entwickelt hat, über die noch zu sprechen sein wird. Darnach wären also 1907 zusammen auf beiden Linien 1 9 1 OOO Tonnen verladen worden, 1908 schon 460000 Tonnen und in den ersten 6 Monaten des Jahres 1909 ungefähr 480000 Tonnen. Dabei sind kleinere Verfrachtungshäfen, die zum Teil ihr Bohnenmaterial gar nicht per Bahn erhalten, ganz außer Betracht geblieben. Etwas anders berechnet ist die Statistik der südmandschurischen Eisenbahn, die ihr Betriebsjahr vom 1. April bis 3 1 . März rechnet und nach ihren eigenen Angaben in diesem Zeitraum 1908/09 etwa 701 000 Tonnen Bohnen und Ölkuchen verzeichnete gegen nur 3 1 2 OOO im Vorjahre und gegen ein voraussichtliches Ergebnis von über 1 Million Tonnen im Betriebsjahre 1909/10. Das sind ganz ungeheure
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Transporte, die natürlich der japanischen Bahn zu einer guten Rentabilität verhalfen. Die russische ostchinesische Bahn hatte früher immer mit dem beträchtlichen Defizit von etwa 5 Millionen Rubel jährlich gearbeitet, ihre Frachtsätze waren freilich viel höher als die der südmandschurischen Bahn, so daß alle Frachten nach Süden strebten, obschon der Hafen von Dalny durchaus nicht angenehme Verschiffungsmöglichkeiten bot. Erst seit einigen Monaten hatte die ostchinesische Bahn ihr System geändert, für Bohnenfrachten und gerade für die großen Verfrachter billige Raten eingeführt und damit der japanischen Bahn gewaltige Konkurrenz gemacht. Sofort sank die bisher gewaltige Zunahme der Frachten nach Dalny — der Geschäftsbericht der südmandschurischen Bahn weist in der Periode Oktober 1909 bis März 1 9 1 0 einen Rückgang der Frachten von 5000 Tonnen aus! — und stieg ganz außerordentlich der Verkehr nach Wladiwostok. Erst der neue Vertrag zwischen Rußland und Japan wird in seinem Abkommen über die Eisenbahnen, das seine Grundlage bildet, einen Ausgleich schaffen, die Konkurrenz der beiden Linien ausschließen, und, da dann einfach ein Beförderungsmonopol der beiden besteht, auch bei wahrscheinlich ziemlich hochgestellten Frachtraten für beide Bahnen glänzende Geschäfte in Aussicht stellen. Ein Versuch, in der Zeit der stärksten Bohnenbegeisterung von Charbin aus über Nikolajewsk eine Verschiffung der Bohnen in die Wege zu leiten, erwies sich als viel zu teuer. Dieser »Boom« im Bohnengeschäft wird jetzt, wo Kanada und Deutschland ihre Grenzen geöffnet haben, sicherlich noch zunehmen, und damit wird auch der Kampf um den Einkauf der Bohnen noch schärfer werden. E r war bisher schon stellenweise recht unerfreulich. Um der japanischen Mitsui-Firma einen Teil des Geschäftes aus der Hand zu nehmen, war von dem Taotoi Yen - shi - cheng in Changchun eine landwirtschaftliche Handelsgesellschaft zum Bohneneinkauf gegründet worden, die große Termingeschäfte abgeschlossen hatte und bald in Zahlungsschwierigkeiten kam. Um sie zu retten, sollte von China ein Ausfuhrverbot für Bohnen erlassen werden, das natürlich die Bauern gezwungen hätte, an die chinesische Gesellschaft um jeden Preis loszuschlagen, so daß diese Gesellschaft ihre großen Lieferungsverträge hätte erfüllen können. Das ist durch den Widerspruch der fremden Konsuln unterblieben. Aber die L a g e vieler kleinen chinesischen Einkaufsfirmen, wie auch die vieler Banken ist recht
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bedenklich im Innern der Mandschurei, und wenn man zuverlässigen Berichten glauben darf, ist es auch die mancher japanischen Kaufleute, die in der ersten Bohnenbegeisterung sich zu stark verspekulierten. Das ganze Bohnengeschäft ist deshalb, so aussichtsreich und zukunftsversprechend es auch ist, doch mit großer Vorsicht aufzunehmen. E s ist hier mit so großer Ausführlichkeit geschildert worden, weil es die wenn auch nicht einzige Erklärung für das große Interesse ist, das alle Völker an der Mandschurei nehmen. Der W e r t der Bohnenausfuhr von Dalny hat sich übrigens von 6,4 Millionen im Jahre 1907 auf 10,5 Millionen im Jahre 1908 gehoben, der Wert von Bohnenkuchen im gleichen Zeitraum von 4,8 Millionen auf 8,5 Millionen. Über die mandschurische L a n d w i r t s c h a f t ist sonst nicht viel zu berichten. Sie wird von den Chinesen ziemlich primitiv betrieben, und da die Japaner vollkommen von dem so überraschend in die Höhe gekommenen Bohnengeschäft und seiner Etablierung in Anspruch genommen sind, haben sie bisher noch keine Zeit gefunden, ihren Einfluß auf andere Dinge geltend zu machen. Heute wird das Land in dreijährigem Wechsel bestellt mit Kauliang, Getreide und Zwischenfrüchten und endlich mit Bohnen. Der Kauliang, eine Hirseart, ist Hauptnahrungsmittel, das Getreide geht hauptsächlich nach dem russischen Norden in die großen Mühlen von Charbin. Der Reisbau ist ganz gering, das Klima der im Winter recht rauhen Mandschurei eignet sich wohl auch nicht dafür. Dagegen wird in den Bauernfamilien mehr und mehr die Seidenzucht gepflegt und verbessert, so daß im Jahre 1908 schon für über 3V2 Million Yen Rohtussah-Seide aus Dalny ausgeführt werden konnte. Auch der Tabakanbau ist lohnend und liefert eine gute Mittelsorte. Verhältnismäßig entwickelt ist die Viehzucht, die neben Milch für Molkereien auch heute Vieh zum Export liefert. Ziemlich unbedeutend ist die F o r s t w i r t s c h a f t , doch behauptet Professor Thies, einer der besten Kenner der japanischen Mandschurei, daß ausgedehnte Holzbestände vorhanden seien, die den eigenen Bedarf des Landes an Bauholz decken könnten. Nach seiner Schilderung ist auch die Seefischerei nicht unbedeutend. Genaue Produktionsziffern über diese Dinge zu erhalten, ist schwer, da bei den unbestimmten Besitzverhältnissen des Landes eine Statistik nicht möglich ist. In einem großen Ruf stehen die B o d e n s c h ä t z e der Mandschurei, ob allerdings mit Recht, muß dahingestellt bleiben. Denn W e r t h e i m e r , Die japanische Kolonialpolitik.
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außer einem beträchtlichen Kohlenreichtum ist eigentlich bisher nicht viel gefunden worden. Daß die Mandschurei viel Golderze enthalte, wird überall in Japan behauptet. Zahlen über die Förderung oder überhaupt nur Versuche zu fördern oder fündig zu werden, werden nirgends erkennbar. Wohl wird von früheren Chineseneinwanderern als Goldsuchern berichtet, aber heute ist davon nichts mehr zu merken. Und was endlich die anderen Mineralien angeht, Silber, Kupfer, Blei, Eisen, so ist darüber ebensowenig Positives zu erfahren wie über die Bodenschätze an Soda und Salz, obgleich den Japanern gerade an Salz und an Eisen recht viel liegen müßte. Salz führen sie in großer Menge ein, da ihr aus Meerwasser gewonnenes Salz doch an Qualität dem anderen nicht gleichkommt. Sich in dieser Richtung unabhängig zu machen, müßte also doch ihr erstes Bestreben sein. Noch mehr gilt dies vom Eisen, das sie in großer Menge von China einführen müssen, um ihr Stahlwerk in Wakamatsu und jetzt die neue Anlage in Muroran in Betrieb halten zu können. Eine Selbständigkeit in diesem Rohmaterial würde eine ganz neue Aera für die japanische Industrie bedeuten und ihr zu einer ganz mächtigen Entwicklung verhelfen. Trotzalledem hört man immer nur, daß die Mandschurei Eisenerze berge, praktisch geworden ist aber von diesem Hörensagen noch nichts. Und dabei hätten die Japaner in der Kohle der Penshihu-Mine an der Antung-Mukden-Bahnlinie ein zur Eisenverhüttung vorzügliches Material! Es scheint also doch mit diesen Reichtümern nicht allzuweit her zu sein. Unbestreitbar groß ist dagegen der Reichtum der Mandschurei an K o h l e . Außer der bereits genannten Mine und einer kleineren Mine in Yentai, an der Hauptbahn, ist es die gewaltige F u s h u n m i n e , die in der Nähe Mukdens etwa den Mittelpunkt der Schlachtfelder der mandschurischen Entscheidungskämpfe im letzten Kriege bildete. Mit Mukden und der südmandschurischen Bahn verbindet sie eine Nebenbahn. Diese Minen werden seit Jahrhunderten ausgebeutet; daß früher Koreaner hier gearbeitet haben, erkennt man an den zahlreichen Funden allerfrühester koreanischer Porzellankunst. Aber bergmännisch ausgebaut wurde sie erst, als die Japaner nach Beendigung des Krieges sich recht wenig um den privaten Besitz einiger Chinesen und Russen kümmerten, sondern sie kurzweg annektierten. Lange Zeit schwebten Streitigkeiten zwischen China und Japan wegen dieser Minen, was die Japaner nicht hinderte, die Minen sofort kräftig zu modernisieren, eine ganz neue und prächtig gebaute Stadt dort
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anzulegen, Wasser- und Gaswerk für sie zu bauen, Theater und Hotel zu errichten, ihre ganze Stadtanlage mit Dampfheizung zu versehen und ähnliches. Erst in allerjüngster Zeit ließ sich die Mine bereit finden, zum Zeichen der Oberhoheit Chinas an dem Grund und Boden eine kleine Steuer für das Minenrecht zu bezahlen. Die Stadtanlage Fushun ist in Wirklichkeit eine der größten kolonialen Leistungen der Japaner. Daß sie hier richtig erkannt haben, was Klima und Land verlangen, beweist, daß das Nichterkennen dieser Notwendigkeiten in anderen Kolonien nicht auf Unvermögen, sondern auf andere Dinge zurückgeht. Hier sind für die Japaner, die doch ihre luftigen Holzhäuser gewohnt sind, feste Steinbauten mit wind- und kältesicheren Doppelfenstern gebaut, die ganze Stadtanlage wird von einer Zentrale aus mit heißem Dampf geheizt. Aber im Innern der Häuser ist alles japanisch mit Matten und Papierschiebetüren eingerichtet, so daß der Japaner sich da ganz wohlfühlt. Die Kohlenmine lohnt auch alle diese Anlagen. Sie ist eine der allerreichsten im ganzen Osten. Bis jetzt förderte sie etwa 2000 Tonnen pro T a g , ihre geringere Förderung lag aber nur daran, daß die südmandschurische Bahn wegen Wagenmangels auf einem Geleise bei gleichzeitig starker Inanspruchnahme durch den Bohnenverkehr nicht mehr nach Dalny befördern konnte; jetzt ist die Bahn zweigeleisig von Mukden südlich ausgebaut, als neuer Kohlenhafen ist Port-Arthur eröffnet, und jetzt wird in den ganz modern eingerichteten Schächten eine Förderung von 5000—6000 Tagestonnen möglich sein. Die Kohle ist eine gute Bahn- und Schiffskohle und außerordentlich leicht und billig zu fördern. Die mandschurischen Bahnen und neben der stark aufkommenden mandschurischen Schiffahrt die Schiffahrt der ganzen Nordchina-Küste werden durch sie gespeist. Etwa 3000 Japaner sind an der Mine neben vielen chinesischen und koreanischen Arbeitern beschäftigt. Die I n d u s t r i e der Mandschurei ist noch ziemlich wenig entwickelt. Zwar gibt es mehrere Getreidemühlen, Zuckerfabriken zur Verarbeitung von Rüben, Brennereien und mehrere andere kleinere chinesische Betriebe, aber es sind alles erst Anfänge, die sich ziemlich vergrößern werden, wenn einmal durch die Landwirtschaft der Wohlstand der Bevölkerung gestiegen sein wird. Für das erstarkende Wirtschaftsleben der Mandschurei spricht ja, daß über Dalny im Jahre 1908 für etwa 3,4 Millionen Yen Textilwaren eingeführt wurden, für 1,3 Millionen Metallwaren, für 1,3 Millionen Maschinen und Maschinenteile, für 1,8 Millionen 5*
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Bauholz und für 8,8 Millionen Y e n Baumaterialien. Diese Ziffern (übrigens neben 1,8 Millionen Getreide, 1,3 Millionen Zigaretten und Zigarren und 1,2 Millionen alkoholischen Flüssigkeiten!) zeigen auch gleichzeitig das Interesse fremder Nationen an diesem erwachenden Wirtschaftsmarkt, wenn auch naturgemäß der größte Teil der Einfuhr von Japan bestritten wird. Neu aufkommt in Dalny die Industrie der Bohnenverarbeitung. Man hat da verschiedene Ölmühlen errichtet, die das Auspressen der Bohnen in wirtschaftlicherer Weise besorgen, als die alten chinesischen Handpressen es taten, und die den Japanern den Zwischengewinn dieser Fabrikation sichern wollen. D a aber das Ausland, also England und Deutschland, diesen Zwischengewinn ebensogut sich verdienen können, weil j a die Bohne in Schiffsladungen sehr gut transportabel ist, wird wohl dieser Produktionszweig nur für den Osten selbst Bedeutung bekommen, das Ol und die Bohnenkuchen werden nur auf dem östlichen Markt eine Rolle spielen. Das billigere Produzieren infolge der billigeren Arbeitskräfte in Dalny wird j a auch zum T e i l ausgeglichen durch den Transport des Öls von Dalny nach Europa, der teurer ist, als der Transport der Bohnen selbst. Von sonstigen Industrien ist in erster Linie die Salzgewinnung zu erwähnen, die ebenso wie im eigentlichen japanischen Pachtgebiet auch an der nördlicher gelegenen Küste eine Rolle spielt. Für das Wirtschaftsleben der Mandschurei bestimmend ist die südmandschurische Eisenbahngesellschaft. Sie hat in Dalny ihren Hauptsitz und betreibt zunächst die Bahn von Port Arthur bis hinauf nach Changchun, zwei kleinere Nebenstrecken nach Fushun und nach Niuchwang und endlich die aus einer kleinen Kriegsbahn jetzt zu einer Vollbahn umzubauende ;Bahn von Mukden nach der koreanischen Grenze, nach Antung. Die Hauptbahn Changchun-Dalny ist eben durch das Bohnengeschäft und den Kohlentransport außerordentlich ertragreich gestaltet worden, so daß sie, die von den Russen in deren Spurweite übernommen, dann zur japanischen Schmalspur umgebaut und endlich dann wieder auf Normalspurweite gebracht wurde, jetzt schon den zweigleisigen Ausbau von Mukden bis Dalny durchgeführt hat, den ersten zweigleisigen A u s b a u einer größeren Strecke im ganzen Osten, wenn man von einigen wenigen Linien in Hauptjapan absieht. Der Geschäftsabschluß dieser Bahn, die mit einem nominellen Kapital von 200 Millionen Y e n arbeitet, wovon aber nur die 100 Millionen der japanischen Regierung voll eingezahlt
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sind, während etwa nur 20 Millionen von dem dem Publikum überlassenen Teil eingerufen sind, zeigt für das am 30. September 1909 abgeschlossene Halbjahr eine Reineinnahme von 1 8 6 5 866 Yen, 350000 Yen mehr als beim Abschluß des vorhergehenden Halbjahres und 9 1 0 0 0 0 Yen mehr als in der gleichen Periode des vorangegangenen Jahres. Und der Abschluß der Bahn für das Halbjahr bis zum 3 1 . März 1 9 1 0 zeigte einen Überschuß von 6 2 8 0 6 0 4 Yen. Dieser letzte Uberschuß war möglich, obgleich, wie oben erwähnt, die Bohnentransporte sich infolge des Tarif kampfes stark der ostchinesischen Bahn zuwandten, weil im Süden neue Transporte von Holz, Zucker und Kohle aufkamen. E s wäre aber ganz falsch, die Bahngesellschaft sich etwa nur als eine Gesellschaft zum Betriebe von Bahnen vorzustellen. In Wirklichkeit ruht bei ihr das g a n z e mandschurische Geschäft. Denn neben dem Betrieb der Bahnen ist sie in erster Linie an dem Schiffahrtsgeschäft beteiligt. Sie ist bestrebt, den bisher über die sibirische Bahn nach Peking oder nach Wladiwostok gehenden Reiseverkehr über die Mandschurei zu ziehen und läßt daher von Dalny aus vorzügliche neue Dampfer nach Schanghai und nach Japan laufen, ein Geschäft, das ganz auf Zukunftshoffnungen basiert ist, da es bei etwa 2 3 0 0 0 0 Yen Betriebsausgaben im letzten Jahre erst 90000 Yen Einnahmen brachte. Die fortwährende Verbesserung des Dienstes zeigt aber, daß die Bahngesellschaft die Gefahr erkannt hat, die in dem Ausbau des chinesischen Bahnnetzes von Peking und Tientsin aus nach Norden und Süden liegt,*) und daß sie bis zur Fertigstellung all dieser Bahnen sich selbst eine feste und treue Kundschaft herangezogen haben will. Der Bahngesellschaft gehört sodann so ziemlich die ganze Stadt Dalny, sie betreibt da den Bau der Straßen und einer elektrischen Straßenbahn, ein vorzüglich modern geführtes »Yamato«-Hotel, wie sie gleiche Hotelunternehmungen in Port Arthur, Mukden, Fushun und Changchun managed. Und das obschon ihre »lokalen« Unternehmungen ein Betriebsdefizit von 55000 Yen aufweisen und speziell ihre Hotels mit noch 1000 Yen Unterbilanz arbeiten! In erster Linie aber gehört der Eisenbahngesellschaft die F u s h u n k o h l e n m i n e , die nun allerdings (neben den gewaltigen Transporteinnahmen) einen Reingewinn von 630000 Yen liefert. Der Hafenausbau von Dalny,
*) Peking-Kalgan Tientsin-Pukou usw.
und
weiter
zur sibirischen
Bahn,
Hankou-Canton,
— 7o — der schon von den Russen begonnen worden war, ist das Werk derselben Bahngesellschaft, er ist übrigens, nebenbei bemerkt, mit großen Schwierigkeiten verknüpft, weil Dalnys L a g e nicht sehr günstig ist, der Bau aller Wellenbrecher kann nicht verhindern, daß bei widrigen Winden das Landen und Löschen eine höchst unangenehme Sache ist, so unangenehm, daß es fast die Beschwerden des russischen Hafens Wladiwostok erreicht, der j a im Winter für ein paar Monate völlig vereist ist. So lagern zu Zeiten ungünstiger Witterungsverhältnisse manchmal eine Menge Waren in Dalny und harren lange der Verfrachtung. Dem soll der ebenfalls durch die Bahngesellschaft betriebene Ausbau des Hafens von Port Arthur abhelfen. E r liegt hinter einer schmalen felsigen Einfahrt still und gesichert gegen alle Anfechtungen des Wetters und wird bei Vornahme der nötigen Baggerungsarbeiten auch tief genug, so daß er als Kohlen- und Bohnenexporthafen vorzüglich geeignet zu sein scheint. In diesem Jahre erhielt die südmandschurische Bahngesellschaft das Recht, Obligationen zum doppelten Betrage des eingezahlten Kapitals, aber nicht über den Gesamtbetrag des nominellen Kapitals hinaus, auszugeben, also neben den bereits ausgegebenen 80 Millionen Yen neue 120 Millionen Yen, die in erster Linie für Hafenbauten in Dalny und Port Arthur bestimmt sein sollten. (Daneben soll der Bau der Bahn von Kirin nach Changchun, siehe im Kapitel Korea, damit gefördert werden.) Mit diesem neuen Hafen hofft man dann die Aufstapelung von Waren verhindern zu können. Ein weiterer außerordentlich geschäftskluger Plan zur Konsolidierung der wirtschaftlichen Stellung der Japaner in der Mandschurei ist eben jetzt in der Ausführung. Das Bohnenanpflanzungsgeschäft ist eine Sache der Kleinbauern, und bei so vielen kleinen Besitzern ist die Zufuhr zur Bahn selbst und damit das Transportgeschäft recht unregelmäßig. Dem sollen große Lagerhallen entlang der Bahn abhelfen. In diesen Hallen will man die Bohnen sammeln, um einen regelmäßigen Transport zu haben. Gleichzeitig aber wird man Lagerscheine ausstellen und die Yokohama Specie Bank, der bei den schlechten chinesischen Bankverhältnissen die japanische Regierung die Funktion eines Finanzorgans für die Mandschurei übertragen hat, wird diese Lagerscheine beleihen. Der Behauptung gegenüber, daß das nur für die Japaner der Fall sein sollte, ist erklärt worden, daß es auch für Ausländer und Chinesen gelte. Das ist ganz klar, denn diese Beleihung ist eines der Hauptmittel, die Chinesen in die Hände der Japaner zu
— 7i — bekommen. Die Chinesen sind schlaue Geschäftsleute und erkennen bald, welche Vorteile eben dieses Beleihungssystem gegenüber ihrem eigenen schlechten und unzuverlässigen Banksystem bieten wird. Das Hand-in-Hand-Arbeiten von japanischer Bahn und japanischer Bank wird also reiche Früchte tragen. Die Bank hat zur Erleichterung des Handelsgeschäftes zwischen Chinesen und Japanern das Recht erhalten, Vorschüsse und Anleihen auf Immobilien zu geben, Anleihen für die Entwicklung der mandschurischen Hilfsquellen zu niedrigem Zinsfuße zu gewähren, Wechseldiskontierungen und Geldüberweisungen auszuführen, und wird natürlich zur Vornahme dieser Geschäfte überall Filialen eröffnen. Charakteristisch ist, daß die Bank solche Filialen auf Wunsch der Regierung eröffnen m u ß . Auch dieses neue Banksystem wird dazu beitragen, die Zufuhr zu den japanischen Häfen Dalny und Port Arthur gegenüber den anderen unbedeutenderen Häfen der Mandschurei zu stärken. Der frühere Haupthafen Niuchwang hat Bahnzufuhr nur durch eine Nebenlinie und geht, da auch der versandete Liao-Fluß nicht ausgebaggert wird, ständig zurück. Freilich kommt dieser Hafen noch stark in Betracht für die Einfuhr indischen Baumwollgarns, das mittels Dschunken stromaufwärts gebracht wird und bei der stark gewachsenen Kaufkraft der Bevölkerung dem japanischen Garn große Konkurrenz macht. D a ß übrigens die südmandschurische Bahngesellschaft — organisatorisch eine Leistung des japanischen Verkehrsministers Baron Goto, der ihr auch heute noch sehr nahesteht — auch hygienisch und sanitär in der Mandschurei viel tut, daß sie Krankenhäuser baut und anderes leistet, darf hier nicht unerwähnt bleiben. Wenige Worte über die Frage der »offenen Tür« in der Mandschurei, weil dieses Kapitel in den politischen Kämpfen unserer Tage eine große Rolle spielt. Ebenso schwer wie das Gefühl zu bannen ist, daß diese offene Tür in Wirklichkeit geschlossen sei, ist der Beweis von der Richtigkeit dieses Gefühls zu führen. Zum mindestens verdächtig ist ja die Organisation des Zollsystems. Im deutschen Schutzgebiet Kiautschou hat die chinesische Regierung ein Zollamt errichtet, alle Waren werden dort sofort beim Eintritt verzollt — ein kleines Freilager ist vorhanden —, ein Teil des Zolles wird für die im Schutzgebiet selbst verbrauchten Waren zurückerstattet. Die Ausfuhr vom Schutzgebiet in das Hinterland geht frei und ungehindert von statten. Dieses einzig vernünftige Zollsystem zu akzeptieren, weigerten sich die
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Japaner. Nach ihrer Zollabmachung von 1905 werden alle Waren frei in ihr Pachtgebiet eingeführt und erst verzollt, wenn sie von da nach der chinesischen Mandschurei ausgeführt werden, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß innerhalb der Bahngrenzen, also schon tief in der chinesischen Mandschurei, natürlich auch Zollfreiheit besteht. Die Japaner haben sich aber geweigert, an ihren Bahnstationen chinesische Zollämter zuzulassen, so daß jede wirkliche Kontrolle fehlt und ein wilder Schmuggel blühen kann. Die Beobachtungen verschiedener Konsuln und auch privater Kaufleute bestätigen verschiedentlich diese Möglichkeit, die natürlich die freie Konkurrenz anderer Nationen stark beeinträchtigte, weil diese ihre Waren regelmäßig und pünktlich verzollen müssen. Aber diese wie auch andere Klagen sind schwer zu beweisen. Zum Beispiel auch die, daß die japanische Bahn bei dem bis jetzt ständig vorhandenen Wagenmangel japanische Waren in erster Linie befördert und bevorzugt habe, daß das neue Beleihungssystem in den Warenhäusern von der Bank leicht und unauffällig zu Schikanen den Fremden gegenüber führen könne und anderes. E s ist darüber viel zusammengeschrieben und auch phantasiert worden, während doch die einzige Möglichkeit einzuschreiten, ein fester Beweis brächte. Dieser Beweis ist aber, wie gesagt, bisher nicht geführt worden. Wünschenswert wäre allerdings die Einführung des deutsch-chinesischen Zollabkommens auch für die Mandschurei. Der englische Gesandte betrieb sehr mit Recht die Errichtung eines chinesischen Zollamtes in Changchun, weil nach Klagen seiner Landsleute die Japaner durch Austausch zollfrei eingeführter Baumwollwaren anderen Nationen alle Bohnen wegkauften, und die Japaner täten gut, durch Akzeptierung dieses Systems allen Klagen und Mutmaßungen den Boden zu entziehen. Die Mandschurei, so darf zusammenfassend gesagt werden, ist eines der wirtschaftlich zukunftsreichsten Gebiete im ganzen Osten; sie bietet sowohl für industrielle Einfuhr als auch für landwirtschaftliche Ausfuhr große Möglichkeiten. Die Kaufkraft der Bevölkerung wächst hier am stärksten von allen japanischeu Kolonien und wohl auch von allen chinesischen Ländern, damit wachsen am schnellsten die Bedürfnisse und die Möglichkeiten des Handels. Der neue russisch-japanische Vertrag, der die Kriegsgefahr für längere Zeit hinausschiebt, ist daher für die Mandschurei und ihre Entwicklung außerordentlich günstig gewesen. Daß die militärische Arbeit der Japaner in der Mandschurei ganz gering
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ist, daß ihre Bahnwachen, die sie vertragsgemäß halten dürfen, geringer sind als die erlaubte Zahl, daß also ihre Arbeit sich fast ausschließlich auf wirtschaftliche Hebung des Landes und wirtschaftliche Eroberung richtet, ist aus allem, was oben geschildert wurde, unschwer zu sehen. Allerdings haben sie ja im jetzt japanischen Korea Gelegenheit, sich jederzeit auch zu einer militärischen Besetzung der Mandschurei vorzubereiten.
4. Die Eingeborenen- und die Arbeiter-Frage in den japanischen Kolonien. Kolonisieren heißt: wirtschaftlich noch wenig erschlossene oder noch ganz brach liegende Länder, erschließen. Meist kolonisieren die Staaten dann nicht lediglich des wirtschaftlichen Fortschritts der Welt und der Menschheit halber, sondern um ihrem überschüssigen Menschenmaterial Gelegenheit zur Betätigung zu geben und um dem eigenen Staate finanzielle Vorteile zu sichern. Wohl könnte man ideal und theoretisch sich auch eine Art der Kolonisation vorstellen, die in erster Linie mit den Eingeborenen und durch sie arbeitete, selbstlos, und wie man meinen könnte mit um so größerem Nutzen dann für das Mutterland, aber die Praxis aller kolonisierenden Kulturländer sah stets anders aus. Es darf hier konstatiert werden, daß von diesem allgemeinen Bilde auch die koloniale Tätigkeit der jüngsten Kolonialmacht, Japans, keineswegs absticht. Es ist schon als das Ziel der ganzen japanischen Kolonisation formuliert worden, mit Hilfe der Kolonien, durch deren enge Zusammenschweißung mit dem Mutterlande ein ostasiatisches Weltreich zu schaffen, das dem Riesenreich China gegenüber bestehen und womöglich über es herrschen könnte. Dieses im ganzen genommen p o l i t i s c h e Z i e l verlangt vom Standpunkt derer aus, die es verfolgen, gebieterisch eine rücksichtslose Unterordnung der Kolonien unter das System des Mutterlandes, ein völliges Aufgehen der Interessen der einzelnen Kolonien in die des Mutterlandes. In dieser Hinsicht weicht also die Stellung der japanischen Kolonien ganz erheblich von der Stellung ab, die die vom Mutterlande weit abliegenden englischen Kolonien, man denke an Kanada, Indien und Australien, im Gefüge der englischen Herrschaft einnehmen. Diese Stellung der japanischen Kolonien
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hat aber wieder auf der anderen Seite ihr Gutes. Wohl vernichtet man das ihnen früher eigne Wirtschaftsleben bis zu einem gewissen Grade, wohl gestaltet man es um, lenkt es in andere Bahnen, weist ihm neue Aufgaben im Rahmen des Ganzen zu, aber man betrachtet die Kolonien auch als dem Mutterlande so eng verbunden, als schon so sichere Bestandteile des Mutterlandes, d a ß man sich vor einer schonungslosen A u s b e u t u n g des Grund und Bodens oder der Bodenschätze zumeist hütet, weil man weiß, d a ß in solchem Raubbau die Vernichtung von Zukunftshoffnungen enthalten wäre. Natürlich besagt das nicht, d a ß unter dieser Stellung der Kolonien auch die E i n g e b o r e n e n ebenso geschützt wären, wie der ihnen gehörende Grund und Boden. D a ß Chinesen im japanischen Weltreich bei künftigen kriegerischen Verwickelungen Japans und Chinas ein gefährliches Element bilden müßten, weiß auch J a p a n ; d a ß bei einer kriegerischen Verwickelung mit China speziell die formosanischen Chinesen bei einiger Unterstützung vom Festlande aus, diese wertvollste japanische Kolonie, wenn nicht den Besitzern entreißen, so doch in ihrer wirtschaftlichen Rentabilität auf Jahrzehnte hinaus lahm legen könnten, ist nicht schwer zu erkennen. D a ß ebenso nach der jüngsten Annektion Koreas diese jetzt äußerlich ganz ruhige Bevölkerung eine schwere Gefahr bedeuten müßte, daß ein paar geschickte russische oder chinesische Agitatoren jeden auswärtigen Krieg Japans durch innere eigne Verwickelungen des Landes in seinem Erfolg in Frage stellen könnten, liegt auf der Hand. Gerade diese Einsicht hat vielleicht die Japaner darin bestärkt, bei der Aufschließung der Kolonien ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, d a ß nicht die Eingeborenen allzu viel Nutzen davon hätten. Denn das Wort, das einst ein Freund einer vernünftigen Eingeborenenpolitik den Negern auf ihre Klagen über Unterdrückung zugerufen hat: es gibt ein einziges Mittel, werdet reich! dieses W o r t gilt auch für die Eingeborenen der japanischen Kolonien. In diesem Reichwerden liegt die Gefahr für die Japaner. Vielleicht weniger bei den Koreanern, die den Japanern viel wesensgleicher sind als die Chinesen, wohl aber bei den Chinesen, die mit der Herrs c h a f t d e r j a p a n e r sich wohl nie und nimmer werden befreunden können, besonders deshalb, weil ihnen tief im Blut die innerste Uberzeugung steckt, an Intelligenz und Volkskraft die verhaßten Japaner zu überragen und jetzt einem Herrscher Untertan zu sein, der eigentlich ihnen dienen müßte. W e n n der Gedanke, die Eingeborenen wirt-
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schaftlich niederzuhalten, um sie damit um so sicherer politisch klein zu halten, am Anfange der japanischen Kolonialpolitik gestanden haben sollte, dann müßte man zugestehen, daß er gut und konsequent durchgeführt worden ist. Es gibt ja aber so manches in der japanischen Kolonialpolitik, was von selbst so geworden ist, und dem man erst später den Sinn und die Absicht untergeschoben hat. Jedenfalls darf die Tatsache konstatiert werden, daß es Japan geschickt verstanden hat, die Fäden des Wirtschaftlebens all seiner Kolonien in seiner Hand zu vereinigen. Von S a c h a l i n kann bei dieser Betrachtung abgesehen werden. Es hatte kein eignes entwickeltes Wirtschaftsleben, und fast alles, was auf ihm geschieht, ist erst von den Japanern organisiert und eingeführt worden. Ähnliches gilt vom H o k k a i d o , wo man das Wirtschaftsleben der Ainos ruhig bestehen lassen konnte, weil sie von Natur arm und ungeschickt waren, meist von primitiver Jagd und Fischerei lebten und ein in sich wenig zur Herrschaft geborenes und berufenes Volk darstellten. Schwierig war die Sache in F o r m o s a . Da gab es ein entwickeltes Wirtschaftsleben der Chinesen, gab es blühenden Handel und Vefkehr mit Amoy und dem Festlande, gab es eigenen Reichtum und eigne Initiative und war Widerstand dagegen zu erwarten, daß nun die ganze Richtung des Handels nicht mehr nach China, sondern nach Japan gehen sollte. Die Japaner haben auch alles mögliche getan, dem zu begegnen. Alles, was sie auf dem Eiland geleistet haben, ist in erster Linie von dem Standpunkt betrachtet: wird es Chinas Wirtschaftsstellung auch schmälern und die japanische heben? Es darf hier daran erinnert werden, daß der alte Hafen Anping im Süden direkt gegenüber Amoy, in dem chinesischer und fremder Handel alt eingesessen war, aufgelassen werden soll, um dem benachbarten Takao zu weichen; der neue Hafen mag wohl besser sein, aber der chinesische Handel wurzelt hier auch nicht so fest, so daß das neue Geschäft auch gleich von dem neuen Herrn gemacht werden kann. Ähnlich ist die Sache bei der nördlichen Verschiebung des Haupthafens von Tamsui nach Keelung. Daß man wirtschaftliche und geographische Gründe für diese Verlegung mit ins Feld führen konnte, erleichterte das Vorgehen der Japaner, wie sie überhaupt in ihrer Kolonialpolitik das Glück hatten, daß ihre politischen Maßnahmen sich stets wirtschaftlich plausibel machen ließen, oder daß, man kann es auch so sagen, ihre wirtschaftlichen Maßnahmen stets ausgezeichnet in den Rahmen ihrer politischen Absichten paßten. Darauf ist oben
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schon hingewiesen worden. Auch die Gründung der neuen Hauptstadt Taihoku, wo früher nur eine unbedeutende Chinesen-Niederlassung sich befand und heute eine saubere japanische Beamtenstadt ersteht, war ein beabsichtigter Schlag gegen die bisherige Hauptstadt der Chinesen Tainan, wo deren ganzes Wirtschaftsleben kulminierte und auch heute noch festsitzt. Ganz ist den Japanern die Verlegung des Zentrums vom Süden nach dem Norden noch nicht gelungen, aber die Anzeichen sind doch dafür vorhanden, daß es ihnen gelingen wird. Der gesamte Kampferhandel der Insel ist durch das japanische Monopol unter die Kontrolle der Japaner gebracht und geht von Formosa anstatt direkt nach Europa oder über China, nun unter allen Umständen zuerst über Japan. (So ist das früher ganz in deutschen Händen liegende Frachtgeschäft in Kampfer, zu dessen Bewältigung besondere Vorrichtungen in die Frachtdampfer eingebaut worden waren, an die Japaner verloren gegangen.) Bei der Hebung der Zuckerproduktion waren sie in erster Linie darauf bedacht, große Zuckerfabriken mit riesigem Plantagenbesitz zu schaffen, suchten sie von Chinesen den Grund und Boden zur Arrondierung solcher Plantagen zu bekommen. W o dies nicht gelang, waren sie bestrebt, die chinesischen Kleinbauern von Zuckerrohr möglichst zum Verkauf der Ernte an die japanischen Fabriken zu bewegen. Die Chinesen mit ihren alten unrentablen Zuckermühlen etwa zum Bauen von großen modernen neuen Fabriken nach amerikanisch-japanischem Muster zu ermuntern, ihnen etwas Geld dazu zu verschaffen, sie wirtschaftlich selbst die Initiative ergreifen zu lassen bei dem Aufschwung der Insel, daran dachten und denken die Japaner beileibe nicht. Ähnlich ist ihr Vorgehen in der M a n d s c h u r e i , wo sie den Bohnenhandel, das Hauptgeschäft dort, zu übernehmen suchen, während sie den Bohnenanbau ruhig den dann von ihnen abhängigen chinesischen Kleinbauern überlassen. Auch den chinesischen Zwischenhandel haben sie noch bestehen lassen. Nur die finanzielle Kontrolle, die Oberherrschaft über das ganze, die Zentralstelle für alles, haben sie selbst übernommen. Und nicht viel anders liegen die Dinge in K o r e a , dessen Wirtschaftsleben ja erst noch in der japanischen Umbildung begriffen ist, und wo die Japaner zwar überall die unteren Berufsschichten, die kleinen Landleute, die kleinen Handwerker, zu heben und zu fördern suchen, wo sie aber in allen neuen Unternehmungen die Leitung stets und immer sich selbst vorbehalten. Das ist gewiß ein gewaltiger Unterschied im Vergleich zur Stellung der
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Eingeborenen und Bewohner der englischen Kolonien in Kanada und Australien, wo man sagen kann, daß die geistige Differenz zwischen Engländern und Kolonialeinwohnern nicht allzu groß ist. Das gleiche ist ja der Fall bei den Japanern und ihren Kolonialeinwohnern, die, wenn sie Chinesen heißen, den Japanern in der Kultur doch gewiß nicht nachstehen, und wo sie Koreaner heißen, sich im Wesen doch nicht allzuweit von den Japanern entfernen. Die Japaner überragen hier ihre Kolonialen höchstens durch die größere politische Stellung ihres Landes gegenüber den Kolonien, durch die bessere Organisation ihres Finanzwesens und durch andere mehr technische Errungenschaften. Eben deshalb ist aber der Vergleich, den man manchmal in Japan mit der deutschen Kolonialpolitik zieht, recht falsch, da ja den Deutschen als Kolonisatoren eine gleich hoch und auch nur überhaupt etwas hochstehende Eingeborenenrasse, die von vornherein als selbständiger Wirtschaftsfaktor hätte betrachtet werden können und müssen, garnicht gegenübertrat. Es ist nicht Sache einer kleinen, nur eine allgemeine Ubersicht zum Ziele habenden Broschüre, diese knappen Sätze über die Stellung der Japaner zu den Eingeborenen in ihren Kolonien weiter auszuführen. Das wäre Aufgabe einer großen wissenschaftlichen Studie über die japanische Kolonialpolitik, die, wie so vieles andere über Japan, noch ungeschrieben ist, und die vielleicht am besten erst geschrieben wird, wenn noch ein Jahrzehnt japanischer Entwickelungen vorüber gegangen ist. An dieser Stelle ist noch ein kurzer Blick auf die A r b e i t e r f r a g e in den japanischen Kolonien zu werfen, zu deren Verständnis das oben Gesagte eine Grundlage bildet. Es gab eine Periode japanischer Kolonialpolitik, da man glaubte, das wirtschaftliche und politische Ziel der ganzen Kolonialpolitik, die feste Geschlossenheit von Kolonien und Mutterstaat zu einem kompakten Gebilde, rein »volklich« durch eine Überschwemmung der Kolonien mit Massen von Japanern erreichen zu können. Diese Periode darf wohl die unglücklichste und erfolgloseste, ja sogar die schädlichste der ganzen japanischen Kolonialpolitik genannt werden. Denn da das, was Japan an besserem Auswanderermaterial hinzugeben hatte, immer noch nach Amerika strömte, weil es dort raschen und guten Verdienst fand, gingen in die Kolonien, abgesehen von den leitenden Ingenieuren und Kaufleuten der großen Bankkonsortien, nur diejenigen Auswanderer, die zum schlechtesten
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Teile der Bevölkerung zählten, und die alles zu hoffen und nichts zu verlieren hatten. Es ist aus der Geschichte englischer und deutscher Kolonialpolitik bekannt, was solche Elemente Gutes und Schlechtes in Kolonien schaffen können. Aber in Japan war die Wirkung um so schlimmer, als die Zahl dieser Sorte von Auswanderern bei der geographischen Nähe von Mutterland und Kolonien um ein Gewaltiges höher war. Daß sie das damals ja noch gar nicht japanische Korea überfluteten und sich dort gegen die Koreaner gar nicht sonderlich sanft und politisch benahmen, hat mit verursacht, daß dieses geängstigte und bedrückte Volk in den Japanern nicht seine Befreier sehen konnte, sondern in ihnen nur neue und womöglich noch grausamere Bedrücker erkennen mußte. Und dieser tief einsetzende und tief wurzelnde Groll wird auf Jahrzehnte hinaus ein Hemmnis bei der von Japan so sehnlich erstrebten friedlichen Amalgamierung japanischen und koreanischen Wesens bilden. Das Gleiche gilt von der Mandschurei, wo sich die ersten japanischen Auswandererströme so unbeliebt wie möglich gemacht haben. Man hat verhältnismäßig rasch eingesehen, daß diese Art von Kolonisierung eine Unmöglichkeit ist und hat diese arbeitsscheuen und gewinnlüsternen Massen auch möglichst zurücktransportiert. Nach Formosa waren sie in diesen Mengen niemals gekommen, weil dort einmal die zur Verfügung stehende Ebene sich schon ganz im Besitz der Chinesen befand und Land nicht mehr zu bekommen war, und weil dann der mehr gebirgige Teil von den Wilden besetzt war und sich gerade diese Sorte von Kolonisatoren nicht gern Gefahren auszusetzen pflegt. Welche Gefahren das System, unkundige und kapitalarme Auswanderer nach den Kolonien zu senden, in sich schließt, lernte Japan hauptsächlich auch im H o k k a i d o kennen, wo der Sommer von diesen Leuten ja noch ertragen wurde, und wo sie dann auch Arbeit fanden, wo aber der streng und kalt einsetzende Winter die dieses Klimas ungewohnten Leute um so härter traf und zu rapider Rückwanderung veranlaßte. Mit Saisonarbeitern war aber im Hokkaido nichts zu wollen. Nun hat Japan die Ansiedelung von Bauern im Hokkaido und in Korea besser geregelt, aber über die wirtschaftliche Lage dieser Leute etwas zu sagen ist schwer, weil die Versuche zu jung und zu selten sind. Wenn ein vorläufiges Urteil erlaubt ist, so sind sie überall gelungen, wo es sich um schon im Heimatland bewährte und tüchtige Leute handelte, die man mit dem nötigen Kapital ausrüstete. Die zu seinen industriellen Unternehmungen nötigen Arbeiter
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hat Japan in den meisten seiner Kolonien aus der Heimat bezogen. Im Hokkaido war das besonders nötig, weil in den Ainos kein genügend geschultes und billiges Material vorhanden war, und in den übrigen Kolonien hat sich das mehr oder minder so entwickelt, daß alle Arbeiter, die zu komplizierten Arbeiten nötig sind, alle Vorarbeiter insbesondere, an manchen Stellen aber alle Arbeiter mit Ausnahme der Taglöhner und Handlanger, aus der Heimat bezogen werden, während Chinesen und Koreaner nur die allerniedrigsten Arbeiten verrichten. Diese Frage ist für die Rentabilität der betreffenden Unternehmungen nicht unwichtig. Denn japanische Arbeiter im Hokkaido und in Formosa sind nicht nur teurer als die eingeborenen Arbeiter, sie sind selbst bedeutend besser bezahlt als die Arbeiter in Japan selbst. Das ist nicht weiter verwunderlich, da in den Kolonien einmal die ganze Lebenshaltung kostspieliger ist als im Mutterlande, und da dann auch die stark wachsende Industrie des Mutterlandes selbst so viel Arbeiter beansprucht und gerade die schon gelernten Arbeiter natürlich bevorzugt und nicht noch ungelernte, wenn auch zu billigeren Löhnen, anstellen will; aber selbst wenn man die höheren Kosten der Lebensführung in den Kolonien in Anschlag bringt, sind die Löhne in den Kolonien doch noch verhältnismäßig höher als im Mutterlande und ist demgemäß auch die soziale Lage der Arbeiter in den Kolonien etwas besser als in der Heimat. Viel macht es freilich nicht aus, und der Unterschied ist stellenweise so gering, daß er den europäische und speziell deutsche Arbeiterverhältnisse gewohnten Blicken des Besuchers gar nicht auffällt. Aber jedenfalls dienen zum Beweise dieser Behauptungen Lohnaufstellungen, die ich in Japan selbst und in einzelnen Kolonien machen konnte. Sie sollen an anderer Stelle einmal gebracht werden. Daß die Japaner durch dieses System: alle besseren Arbeiter aus Japan zu nehmen und die an und für sich sehr brauchbaren Chinesen zum Beispiel in niederen, schlecht gelohnten und wenig verantwortungsreichen Stellungen zu halten, nicht zur Hebung dieser Eingeborenen beitragen, ist klar. Es soll nun beileibe nicht behauptet werden, daß auch das bewußt jenem politischen Grundsatz entspringt, die Eingeborenen klein zu halten, aber unbewußt beherrscht doch die Japaner bis tief hinab in die Arbeiterkreise das Gefühl der kulturellen Überlegenheit, das sich an manchen Stellen bis zum Gefühl der Abneigung steigert und eine Annäherung der beiden Rassen nicht aufkommen läßt. Ein gewisses Herrenmenschentum ist unverkennbar.
5. Mittel und Prinzipien der japanischen Kolonialpolitik. Es ist schon betont worden, daß es heute schwer zu sagen ist, ob wirtschaftliche oder politische Gründe die japanische Kolonialpolitik von Anfang an bestimmt haben, da ja heute die beiden Gesichtspunkte so ineinanderfließen, daß eine deutliche Unterscheidung fast unmöglich geworden ist. Wenn eine Mutmaßung erlaubt ist, so ist es die, daß heute in der japanischen Kolonialverwaltung der politische Zweck obenan steht. Es gilt für Japan vor allem eine gesunde Basis für eine Weltmachtstellung zu schaffen, die ohne Landvergrößerung unmöglich ist. Die Kolonien politisch unlösbar mit dem Mutterlande zu vereinen, sie als Basis einer ferneren Expansionsbestrebung benutzen zu können, ist das oberste Ziel der japanischen Regierung und muß es nach der ganzen Lage der Dinge sein. Dafür finden sich manche Anzeichen. Es ist zum Beispiel auf den ersten Blick unverständlich, warum der Hokkaido, die älteste japanische Kolonie, zugleich auch die am wenigsten entwickelte ist, warum dort noch Probleme der Lösung harren, die in Korea und der Mandschurei schon lange befriedigend gelöst sind. Auf der anderen Seite ist das erst vor knappen 15 Jahren erworbene Formosa, von dem zudem noch über die Hälfte des Landes garnicht pazifiziert ist, dem Stadium der völligen Verschmelzung mit dem Mutterlande schon viel näher. Das ist unseres Erachtens nur so zu erklären, daß eben das wirtschaftliche Ziel nicht das oberste ist. Der Hokkaido ist ein unbestrittener sicherer Besitz Japans. Gefährdet könnte er ja höchstens durch die Russen scheinen, aber diese Gefahr ist seit dem letzten Kriege fast völlig verschwunden, besonders da für einen künftigen Konflikt mit Rußland ja der japanische Südzipfel von Sachalin als Puffer dient. W e r t h e i m e r , Die japanische Kolonialpolitik,
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Als Basis eines neuen Landerwerbs kann auch der Hokkaido kaum gedacht werden. Die Erfolge der Japaner in Sachalin, sind noch so gering und so wenig ermutigend, daß sie nach dem nördlichen Teil, der jetzt den Russen gehört, jedenfalls gegenwärtig kein Verlangen haben. Für einen etwaigen künftigen Zusammenstoß in der Mandschurei, oder für einen japanischen Angriff gegen das russische Amurgebiet oder gegen Wladiwostok ist die Verbindung vom Mutterlande Japan nach dem Festlande hinüber viel bequemer als vom Hokkaido aus. Ganz anders lagen die Dinge in Korea. Hier kam für die Japaner alles darauf an, möglichst rasch und möglichst vollkommen Herr des Landes zu werden, die Annektierung so rasch es nur irgend ging zu erzwingen. Denn dieser erste Landbesitz auf dem Festlande ist die Basis aller künftigen Operationen, ist vor allem die nötige Basis für den politischen Erwerb der jetzt rein wirtschaftlich zu erobernden Mandschurei. Ohne ein sicheres Korea mit guten Wegbauten, sicherem und bequemem Bahnsystem und auch ausreichenden Verpflegungsmöglichkeiten für eine starke Truppenmacht, ist ein neuer Krieg in der Mandschurei kaum denkbar. Und nicht unähnlich liegt politisch die Sache in Formosa. Wollen die Japaner ihrer Tendenz zur Expansion nach dem Süden einigen Nachdruck verleihen, so ist ein fester Besitz dieser Insel unerläßlich. Bei etwaigen Konflikten mit China läßt sich der aufgeregte und politisch viel temperamentvollere Süden Chinas, der ja nur durch eine schmale Straße von Formosa getrennt ist, von hier aus bequemer im Schach halten als vom Heimatland aus. Das Beamtenmaterial und vor allem die Geldmittel, die nötig wären, alle seine Kolonien gleichmäßig zu entwickeln, besitzt Japan nicht. Es erscheint aus den erwähnten politischen Gründen begreiflich, daß Südsachalin und der Hokkaido mit einer langsameren Entwicklung sich bescheiden müssen. Mit diesen Darlegungen soll aber keineswegs gesagt sein, d a ß nun Japan über den politischen Motiven die w i r t s c h a f t l i c h e n Ziele ganz aus den Augen läßt. Ganz im Gegenteil. Gerade darin ist die japanische Kolonialpolitik zu loben, daß sie es verstanden hat, das wirtschaftliche Moment rechtzeitig zu erkennen und energisch genug zu fördern. Es trifft sich ja gut, daß auch für das erwähnte landwirtschaftliche großjapanische Programm Sachalin und der Hokkaido mit der langsamsten Entwicklung zufrieden sein können. Sachalin kann sogar dafür ganz ausscheiden. Der Uebergang Japans zur Getreideernährung, und das Zurück-
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drängen der ausschließlichen Reisnahrung kann bei dem Konservativismus der Bevölkerung sogar nur mit aller Vorsicht vorgenommen werden. Die Erschließung des Landes für den Getreidebau eilt also gar nicht. Dringender ist das Selbständigwerden Japans in Bezug auf seine Reisnahrung und die Erschließung Koreas, das den chinesischen Reisimport zum Teil unnötig machen soll. Wirtschaftlich wichtiger ist auch die Hebung der Zuckerproduktion in Formosa, um dem Lande diesen steigenden Bedarf in eigner Produktion zu sichern. Man sieht, das politische Programm deckt sich hier ausgezeichnet mit dem wirtschaftlichen, und man kann den Japanern das L o b nicht vorenthalten, daß sie überall die wirtschaftlichen Momente in den Vordergrund stellen und betonen. E s ist geradezu erstaunlich, wie z. B. in Formosa die großzügigsten Projekte ausgearbeitet und in Szene gesetzt werden, während noch nicht einmal das ganze Land als unterworfen gelten kann. Das ist nur zu erreichen bei einem Zusammenarbeiten von Z i v i l b e h ö r d e n und M i l i t ä r , wie es gar nicht besser gedacht werden kann. Diese stillschweigende und konkurrenzlose Teilung der Funktionen zwischen Militärbehörden und Zivilbehörden tritt besonders in der Mandschurei hervor. Japan hat das Recht der Bewachung der Bahnlinie bis hinauf nach Changchun. Allein die japanische Wache in diesem chinesischen Landteile ist bedeutend kleiner, als sie vertragsmäßig sein könnte. Sie ist auch nirgends aufdringlich sichtbar. Im Gegenteil, man bestrebt sich deutlich, das Militärische garnicht hervortreten zu lassen und nur die wirtschaftliche Erschließung der Mandschurei zu betonen. Das liegt sicherlich nicht daran, daß diese japanische Wache, die nicht aus regulären, sondern aus besser zu entlohnenden ausgedienten Soldaten besteht, sehr teuer sich stellen würde. Denn wenn diese Kosten nötig wären, würde sie Japan sicher nicht scheuen. E s ist kluge und erfolgreiche Politik, den Chinesen möglichst wenig die militärische Überlegenheit Japans zu zeigen, um sie wirtschaftlich desto leichter zu überzeugen und hier die Herrschaft um so unmerklicher an sich ziehen zu können. Dasselbe sehen wir in Formosa. Drei Millionen Chinesen stehen dort im ganzen 80000 Japanern gegenüber. Die Truppenmacht ist lächerlich gering, wenn man z. B. erwägt, daß die Wilden noch nicht pazifiziert sind. Das ist nur möglich bei dem begründeten Vertrauen der Japaner auf ihre wirtschaftliche und technische Überlegenheit und ihren 6*
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Einfluß auf die Chinesen. Dabei darf man nicht vergessen, daß der Generalgouverneur der Insel ein Militär ist, und daß seinem Befehl eigentlich die ganze Wirtschaftspolitik untersteht. Und dieser Generalgouverneur ist jetzt z. B. ein alter General, der »Teufel« Sakuma, so genannt wegen seines wilden Draufgängertums in früheren Kämpfen. Jetzt fügt er sich ganz und spricht in nichts drein, was er nicht versteht, meidet alles militärische Befehlen und Kommandieren und freut sich der Erfolge, die sein Schweigen zeitigt. Nicht als ob die Japaner nicht auch einmal militärisch energisch auftreten könnten! Korea bietet hier ein Beispiel. Hier ist die Verwaltung der Japaner ganz ziviler Natur, der Generalresident ist gegenwätig zwar ein Militär, aber die Organisation des Amtes ist nicht militärisch. Und doch ist es charakteristisch, daß der Chef dieser Verwaltung zuletzt der japanische Kriegsminister wurde. Denn in Korea galt es, feste Hand zu zeigen, stramm militärisch aufzutreten, um Unruhen bei der Einverleibung hintanzuhalten. In Korea ist die Hauptaufgabe eine Verstärkung der japanischen Garnisonen, der Polizei, der Gendarmerie, und die Japaner nehmen da recht wenig Rücksicht auf den Charakter einer Zivilverwaltung, sondern tun das, was für die Kolonie am wichtigsten ist. Die japanische Kolonialpolitik ist eben durchaus n i c h t schematisch. Man hat nicht von vornherein in Tokio ein Kolonialamt gegründet und von da aus befohlen und ordiniert, sondern man hat von Anfang an sich um die lokalen Verhältnisse gekümmert, hat individualisiert, hat in den einzelnen Kolonien Verwaltungen gegründet und diesen freie Hand gelassen. Nur zur Etatsaufstellung und Ausgleichung kamen die Gouverneure immer nach Tokio und sprachen sich dort über die gemeinsamen Ziele und die einzelnen Erfolge aus. Der Gouverneur von Formosa hat manches gemacht, was sein Kollege im Hokkaido nicht wagen konnte und umgekehrt. Diese Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit der Gouverneure hat aber glänzende Erfolge gehabt. Die Entwicklung der Kolonien ging, ohne durch bürokratische Tendenzen von der Heimat aus gestört zu werden, ruhig und sicher ihren Gang und, das kann man mit voller Sicherheit sagen, ging rascher von statten, als es bei jedem andern System der Erschließung möglich gewesen wäre. Es ist ein gutes Zeichen für das koloniale Verständnis aller japanischen Gouverneure, daß dieses System des getrennten Nebeneinanderarbeitens zu keinen, oder
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doch nur zu unwesentlichen Schwierigkeiten geführt hat, wie es auch ein gutes Zeichen für das Verständnis der heimischen Staatsmänner ist, daß sie trotz manchmal allzu selbständiger Maßnahmen der einzelnen Gouverneure die Entwicklung nicht gestört haben. Freilich hat es sich im Laufe der Zeiten als wünschenswert herausgestellt, doch etwas zentralisierter vorzugehen. Die individuelle Verwaltung der einzelnen Kolonien hat soviel kundige Beamten herangezogen, daß man sach- und fachkundige Leute in Tokio In Menge hat; man kennt jetzt auch ungefähr, was den einzelnen Kolonien not tut. Man kann jetzt daran gehen, durch eine Zentralisierung in Tokio manche Ersparnisse zu machen und die im ganzen doch recht teure Einzelverwaltung der Kolonien zu verbilligen. Man hat also in Tokio in aller jüngster Zeit ein R e i c h s k o l o n i a l a m t gegründet, dessen Leitung offiziell und nominell der Ministerpräsident selbst in die Hand genommen hat, das in Wirklichkeit aber Baron Goto dirigiert. Uber ihn wird hier gleich zu sprechen sein. Das könnte in Zukunft ja zunächst zu einigen Reibereien mit den früher selbständigeren Gouverneuren führen. Da sie aber schon jetzt gewohnt waren, einem einzigen Manne ziemlich zu folgen, und dieser Mann eben Baron Goto ist, werden die Schwierigkeiten sich wieder doch recht vermindern. Das ganze japanische Kolonialprogramm wird mit einem Zentralamt in Tokio nur leichter durchgeführt werden können, nachdem es in der Einzelverwaltung gut vorbereitet und in die Wege geleitet ist. Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß die Kolonialarbeit, die das junge Kaiserreich Japan leistet, nur mit ganz hervorragendem Beamtenmaterial geleistet werden kann. Es ist nicht uninteressant zu sehen, daß fast alle Beamten der Kolonien in leitender Stellung im Ausland vorgebildet sind. Japan entsendet jährlich eine Menge Beamter und Studenten nach dem Ausland und es ist nur ausgesucht gutes Material, das man hinausschickt. Das ganze japanische Bildungssystem ist aufgebaut auf einem gewissen Familiarismus, der überhaupt der Grundzug japanischen Wesens ist. Individualitäten kommen dabei nicht auf, die Masse ist alles und nach ihrem Urteil richtet sich alles. Es ist klar, daß bei einem solchen System gerade die Wenigen, die Individualitäten sind, leicht ans Ruder kommen und regieren können. Die meisten der ins Ausland entsandten jungen Leute lernen dort den Wert der Ausbildung des Individuums zur selbständig handelnden und selbstverantwortlichen Persönlichkeit kennen. Sie übertragen unbewußt nach ihrer Rückkunft in die
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Heimat das Neugelernte auf das Altererbte. Das hat natürlich im Heimatlande selbst seine Schwierigkeiten, weil der konservative Geist des Volkes manchem widerstrebt. E s geht aber viel einfacher und glatter in den Kolonien, wo man den leitenden Beamten freie Hand läßt, wo sie ohne Rücksicht auf Altüberkommenes frei schaffen und ihre eigenen Gedanken und Ansichten durchsetzen können. E s ist sicherlich kein Zufall, daß fast alle kolonialen Leiter vom jetzigen Ministerpräsidenten Marquis Katsura und vom Gouverneur des Hokkaido an bis tief hinab in die unteren Stellen der Kolonialämter auf europäischen und amerikanischen Universitäten vorgebildet sind oder sonst in Europa und Amerika Studien oblagen. E s ist auch nicht ohne Interesse, daß die höchsten Leiter der Regierung in Tokio aus der kolonialen Beamtenschaft hervorgegangen sind, daß die Japaner offenbar die Tätigkeit eines Kolonialbeamten als eine gute Vorbereitung für die spätere Tätigkeit in der Zentralverwaltung betrachten. Nicht daß deshalb der Kolonialbeamte auf einem flüchtigen und kurzen Durchgangsposten säße. E r bleibt meist längere Zeit, vielleicht 1 0 — 1 5 Jahre da und lernt Land und Leute so recht gründlich kennen. Aber wenn er sich bewährt hat, kann er sicher sein, dann in Tokio eine rasche Karriere zu machen. E s darf hier an ganz wenige leitende Männer in Tokio erinnert werden: der Ministerpräsident Marquis Taro K a t s u r a , der zweimal in Deutschland als .Militär-Attaché war und nach seinen eigenen zum Verfasser geäußerten Worten die ganze Grundlage seiner Bildung Deutschland verdankt, der übrigens auch vorzüglich die deutsche Sprache beherrscht, war nach ehrenvoller militärischer Laufbahn Generalgouverneur in Formosa im Jahre 1897, also kurz nach der Besitzergreifung, und hat später in verschiedenen Ministerien sich stets eifrig für die Kolonien ins Zeug gelegt. Der hervorragendste koloniale Organisator des heutigen Japan, Baron Schimpei G o t o , selbst der Sohn eines Arztes, studierte Medizin bei Pettenkofer in München und wurde nach verschiedenen hohen ärztlichen Stellungen im Jahre 1897 zuerst unter Viscount Kodama, dann unter Katsura, Zivilgouverneur in Formosa. Bis 1906 arbeitete und organisierte er dort in ganz hervorragender Weise, und der Nebentitel, den man ihm manchmal spöttisch gibt, » ungekrönter König von Formosa « ist nicht ganz unverdient. Im Jahre 1906 wurde er dann Präsident der südmandschurischen Eisenbahn, als es für Japan galt in diesem neu erworbenen Land eine energische und forsche Organisation zu haben,
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die, ohne politisch anzustoßen, auch über die kleine Liaotunghalbinsel hinaus die wirtschaftlichen Fangarme ausstrecken konnte. Auch diese Aufgabe löste er geschickt, und als er dann im Jahre 1908 zur Verstaatlichung der Eisenbahnen und anderen schwierigen Verkehrsprojekten Verkehrsminister in Tokio wurde, leitete er von hier aus die Kolonien sozusagen noch mit. Ausgedehnte Studienreisen nach dem Hokkaido und Korea vervollständigten sein koloniales Wissen. E s war nur selbstverständlich, daß er im neu gegründeten japanischen Kolonialamt unter dem rein repräsentativen Präsidenten, dem Premierminister Katsura, Vizepräsident und somit wirklicher Leiter der japanischen Kolonialpolitik wurde. E s ist nicht uninteressant zu sehen, daß die Privatsekretäre Marquis Katsuras und Baron Gotos, die beiden Brüder S u g i , gediegene abendländische Bildung besitzen: der eine ist in Frankreich erzogen, der andere Göttinger staatswissenschaftlicher Doktor. Der japanische Kriegsminister und neue Generalresident von Korea, Viscount Seiki T e r a u c h i, studierte 1882 in Frankreich, wohin er offiziell zu Studienzwecken entsandt worden war. Die wenigen Beispiele wären noch erheblich zu vermehren. E s soll dabei nicht verschwiegen werden, daß, obgleich das Beamtenmaterial im ganzen vorzüglich genannt werden kann, Mißgriffe und unliebsame Vorfälle in der japanischen Kolonialpolitik recht zahlreich vorgekommen sind. Sie werden von der eigenen japanischen Presse zuweilen in recht scharfen Tönen zurückgewiesen. E s ist hier ebensowenig wie in den Kolonialverwaltungen anderer Länder und Völker zu vermeiden gewesen, daß die Selbstherrlichkeit mancher Beamten zur Selbstüberhebung und damit zu Unerquicklichkeiten führte. Alle solche Fehler im einzelnen aufzuführen, ist unmöglich, wäre auch ohne Bedeutung: das Wesentlichste ist, daß der Beamtenapparat im ganzen funktionierte und gute Erfolge erzielte
6. Die Ziele der japanischen Kolonialpolitik. Wir haben gesehen, wie die Japaner die einzelnen Kolonien je nach ihren speziellen Verhältnissen verwalten und aufschließen. Bei all dieser Einzelarbeit werden sie aber von großen Zielen geleitet, die bei aller Individualisierung doch einen gemeinsamen Rahmen um das Ganze sichern. Politisch wie wirtschaftlich sind' diese Absichten mühelos zu erkennen. Japan ist ein Land mit stark wachsender Bevölkerung. Wer einmal durch das Land gereist ist und die zahllosen Kinderscharen gesehen hat, braucht gar nicht erst durch die Statistik belehrt zu werden, daß in der Geburtenzahl das Reich des Mikado mit an der Spitze aller Nationen marschiert. Freilich ist das bei allen Ostasiaten so, und drüben in China ist die Zahl der Geburten vielleicht noch größer. Aber in Japan kommt hinzu, daß infolge der Fortschritte von Zivilisation und Technik und insbesondere der medizinischen Wissenschaft rasch eingesehen wurde, daß der starke Geburtenfaktor zur Bevölkerungsvermehrung nicht ausreiche, wenn nicht Hand in Hand damit eine Einschränkung der starken Sterblichkeitszififern gehe. Die sind gerade in China mit seinen unglaublichen sanitären Verhältnissen der Grund, warum das 400 Millionenreich seine Bevölkerungszahl nicht viel rascher mehrt. Die Japaner haben frühzeitig insbesondere nach Deutschland ihre Studenten der Medizin entsandt, und man kann in der Hygiene ihres Straßenbaus, in der Organisation mancher Fabrikkrankenhäuser, im öffentlichen Gesundheitswesen und sonst überall deren Wirksamkeit genau verfolgen. Die Säuglingssterblichkeit ist in dem letzten Jahrzehnt stark herabgedrückt worden, und damit ist die absolute Bevölkerungsvermehrung in immer steigendem Maße garantiert. In dieser Richtung werden die nächsten Jahre noch große Fortschritte bringen. Japan hat also ernstlich daran zu
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denken, Betätigungsraum für seine Bevölkerung zu suchen. Nun befindet sich j a das Land in einer fortschreitenden Industriealisierung und diese sichert einem größeren Bevölkerungsteil auf kleinerem Territorium Arbeit und Verdienst. Die Industrie absorbiert gegenwärtig sogar so viele bisher ländliche Arbeitskräfte, daß man fast wie bei uns von einer Landflucht schon sprechen kann, deren ganze Ursachen (freieres Leben in der Stadt, größere Vergnügungen, bessere Lohnverhältnisse usw.) auch in Japan die gleichen sind. Aber es scheint ziemlich sicher, daß die Bevölkerung doch in etwas stärkerem Maße wächst als die Industrialisierung. Hätten nicht die beiden schweren Kriege der letzten 20 Jahre Japan eine Menge junger zeugungsfähiger Männer geraubt, so wäre das noch stärker in Erscheinung getreten. Wohin also mit dem Bevölkerungsüberschuß? Die offizielle japanische Politik erklärt die kolonialen Tendenzen des Reichs hauptsächlich mit dem Bestreben, diesen Bevölkerungsüberschuß unterzubringen. Zwar war auch die Auswanderung nach fremden Ländern von jeher groß und wurde von Japan gefördert. Nach den Vereinigten Staaten, nach Hawaii und in den letzten Jahren nach Südamerika sind starke Auswandererströme abgeflossen. Aber einmal schiebt Amerika einen Riegel vor, und dann hat auch die japanische Regierung eingesehen, daß diese Auswanderer wirtschaftlich für ihr Heimatland verloren gehen. Die zweite Generation kehrt oft nicht mehr nach Japan zurück. Man will also den Uberschuß an Bevölkerung dem Lande selbst nutzbar machen. Man wird sich nicht verhehlen können, daß dieses Moment zur Erklärung der japanischen Expansionsbestrebungen nicht ausreicht. In Japan selbst sind noch große Länderstrecken völlig unkultiviert. Zwar ist in dem fruchtbarsten Terrain der Reis in stark intensiver Kultur angepflanzt, das Bewässerungssystem ist glänzend ausgebildet, aber in anderen Gegenden ist doch auch wiederum noch gar nichts getan. Und denkt man daran, daß der Hokkaido doch wohl seit der Restauration des Jahres 1868 unbestritten zu Japan gehört und anstatt der 8 bis 9 Millionen Bewohner, die er leicht ernähren könnte, heute deren erst knapp eine beherbergt, so wird man unbedenklich sagen können, daß diese einzige erste japanische Kolonie für die nächsten Jahrzehnte völlig ausgereicht hätte, den Bevölkerungsüberschuß, der nicht durch die wachsende Industrie absorbiert wird, aufzunehmen. Man wird also die japanischen Kolonisationsbestrebungen in erster Linie mit anderen Zielen zu motivieren haben. E s ist schon
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kurz erwähnt worden, daß das Streben Japans dahin geht, im fernen Osten der herrschende politische Faktor zu werden. »Ostasien den Ostasiaten!« dieses Schlagwort wird von den Japanern nur mit dem Hintergedanken gebraucht: »und den Japanern die politische Führung dabei!« Dagegen läßt sich beim besten Willen nichts einwenden. Jedes starke und selbstbewußte Volk wird das Streben haben, sich zur Geltung zu bringen, und wenn ein Volk solche Zustände vor sich sieht, wie Japan sie in China und in den russischen Teilen Ostasiens lange Zeit gesehen hat, müßte es wirklich bar aller inneren Kraft und Stärke sein, wenn in ihm nicht der Wunsch entstände, hier zu herrschen. Dem wachsenden Volk ist das enge Gewand der eignen Heimat zu enge geworden, es stürmt vorwärts, es hat den Kampf um die Hegemonie im Osten aufgenommen. Es soll hier nicht prophezeit werden, was kommen wird, wenige Worte genügen zur Kennzeichnung der heutigen Situation. Der Traum von der leichten Durchführbarkeit dieser Hegemonie ist wohl in Japan heute allgemein geschwunden. Zwar haben die beiden letzten siegreichen Kriege die unbestrittene Herrschaft über Korea gebracht, aber schon um die Mandschurei ist der Kampf, der nicht als politischer sondern als wirtschaftlicher Krieg zunächst geführt wird, um vieles heftiger und anstrengender. China schien noch vor zwei Jahrzehnten eine leichte Beute zu sein. Aber wie der »kranke Mann« des näheren Orients ist der »kranke Koloß« im fernen Osten merkwürdig rasch gesundet. Oder, wenn er nicht gesundet ist, so täuschen doch andere den Japanern sein Gesunden vor. Auch die abendländischen Völker haben den Gedanken an eine Aufteilung Chinas längst fallen lassen. Es darf daran erinnert werden, daß wir sowohl den Gedanken an Schantung als unser ausschließliches Interessengebiet, wie den an Kiautschou als eines Mittels zur Schaffung einer Position für die spätere Aufteilung Chinas längst aufgegeben haben. Wir verfolgen nur noch wirtschaftliche Ziele in China. Die Rivalität der abendländischen Völker um das gewaltige Absatzgebiet China hat China eigentlich seine Selbständigkeit gesichert, hat es ziemlich sicher auch bisher vor dem Anheimfallen an Japan oder vor der Vorherrschaft Japans gesichert. Heute ist Japan in China nicht mehr als irgend ein abendländischer Staat, allen diesen allerdings überlegen durch die Nähe der beiden Länder und durch die Rassenberührungspunkte. Ob aber diese so stark sind, den Wettbewerb der andern Nationen aus dem Felde zu schlagen und sich selbst
— gi — vor allen andern Nationen einen bestimmenden Einfluß auf die chinesische Entwicklung zu sichern (was gleichbedeutend wäre mit einer langsameren oder schnelleren Hegemonie!), das ist noch nicht entschieden. Jedenfalls geht das Ziel der ganzen japanischen Kolonialpolitik in politischer Hinsicht dahin, alles für diese Hegemonie vorzubereiten. Korea bot den ersten Stützpunkt auf dem Festlande. Die Mandschurei bedeutet die zweite Etappe auf diesem Wege. Im Süden ist das dem Festlande (Amoy und Canton) so nahe liegende Formosa ein wichtiger Stützpunkt und eine Ausfallspforte. Trotz aller Freundschafts- und Friedensbeteuerungen ist die Stellung Rußlands in Wladiwostok und im heutigen Gebiete der ostchinesischen Eisenbahn von den Japanern stark gefährdet. Ihr zielbewußtes wirtschaftliches Vorschieben ist von einem politischen Vorschieben begleitet, und die Entwicklung ist gar nicht aufzuhalten, wenn nicht im Militär- und Verwaltungssystem Rußlands so gewaltige Veränderungen eintreten, wie man sie sich recht schwer als möglich und wahrscheinlich denken kann. Das große Ziel Japans, das »England des fernen Ostens« zu sein, wird von dem Volke und seinen Führern mit eiserner Konsequenz verfolgt. Ob die Tendenz der japanischen Kolonialpolitik nach Norden oder nach Süden geht, darüber besteht vielfach Unklarheit in Japan selbst. Man liest recht häufig in der japanischen Presse Andeutungen, daß schon klimatisch die nördliche Mandschurei und das Amurgebiet der Russen Japan wenig nützen könne, daß sie schwer gegen die Russen selbst nach einer Eroberung zu halten wären, daß sie vor allem einer eventuellen chinesisch-russischen Koalition gegenüber recht bedroht sein müßten. Und man liest daneben eine versteckte oder offne Empfehlung einer Ausdehnung nach dem Süden zu. Das wird natürlich mit dadurch gefördert, daß die natürliche Fruchtbarkeit Formosas und die klimatisch außerordentlich günstigen Bedingungen der japanischen Kolonialpolitik dort in 10 Jahren glänzende Erfolge gebracht haben, und daß man derartige Erfolge auch bei weiterem Vordringen nach dem Süden erwartet. Es darf hier nur auf die Aufsehen erregenden Artikel eines ganz bekannten japanischen Kolonialschriftstellers Takekoshi verwiesen werden (desselben, der ein allerdings recht gefärbtes Buch über Formosa verfaßt hat), der ganz unverblümt seinen Landsleuten zurief, daß die Philippinen und die niederländischen Besitzungen das Ziel der japanischen Expansion sein müßten. Er schilderte die schlechte Verwaltung dieser Inseln unter
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ihren heutigen Besitzern recht geschickt, und wenn er auch von den Offiziellen bald dementiert wurde, so hören doch in der Presse die Hinweise auf diese lockenden Gebiete nicht auf. Freilich spricht man nur von wirtschaftlichen Eroberungen und läßt vorsichtig und klug die politischen Ziele ganz außer Ansatz. Unser Hinweis auf die p o l i t i s c h e n Tendenzen der japanischen Kolonialpolitik, der, wie betont, nur knappe Andeutungen geben kann, möge gestützt werden durch eine Erklärung der w i r t s c h a f t l i c h e n Ziele Japans. Die politische Autonomie und nach ihr die politisch herrschende Stellung muß als Grundlage eine wirtschaftliche Selbständigkeit des Landes haben. Es ist nicht zu verkennen, daß dieser berechtigte Grundkern in Japan sehr stark überschätzt wird. Die Begleiterscheinung all der Siege der letzten beiden Jahrzehnte, sowohl der auf den Schlachtfeldern als auch der diplomatischen, war das Erwachen eines wilden Chauvinismus, der in ganz Japan um sich griff. Den Zwecken und Zielen der Regierenden kam er nicht ungelegen. Sie unterstützten ihn sogar und schürten nicht ohne Nebenabsicht das Feuer. Das schuf die Stimmung zu der Verstärkung von Heer und Flotte, das schuf die Begeisterung für die Weltmachtgelüste, das schuf erst das Volk, mit dem das Ziel einer japanischen Vorherrschaft im Osten zu erreichen war. Man wird nicht vergessen dürfen, daß dieser Gedankengang vom Standpunkt japanischer Patrioten aus logisch und konsequent war. Von dem berechtigten Kern der Frage bis zur gewaltigen Überschätzung war dann nur ein kleiner Schritt. Ein so jung vom Jahrhunderte langen Winterschlaf erwecktes lebhaftes und intellektuelles Volk wie die Japaner wollte nun gleich um jeden Preis v ö l l i g selbständig sein. Es sah Landwirtschaft und Industrie sich heben, sah sein Ansehen damit steigen. Aber so wirtschaftlich reif konnte es nicht sofort denken, daß es sich gleich im Getriebe einer industriellen Welt- und Austauschwirtschaft zurecht fand. Es konnte nicht sofort unterscheiden, daß es auch einmal wirtschaftlich rentabel sein könnte, eine Produktionsart zu vernachlässigen und deren Produkte vom Ausland zu beziehen, wenn man dafür in anderem sich besser spezialisieren könnte. Die Japaner, die sonst so gern ohne die Schul- und Lehrjahre der anderen Völker durchzumachen, von ihnen einfach die Resultate langer Forschungen übernehmen, haben gerade in dieser schweren volkswirtschaftlichen Frage all die Lehrjahre durchgemacht und machen sie noch durch.
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—
Man darf es allerdings nicht unterschätzen, daß diese Überspannungdes Prinzips mit ihrer zum Teil unwirtschaftlichen Vergeudung von Kapital und Arbeit dem ganzen Wirtschaftsleben einen mächtigen Elan gegeben hat, daß sie zur energischsten Inanspruchnahme aller Kräfte führte. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die wirtschaftliche Ausbeutung der Kolonien zu verstehen. Es läßt sich schwer heute sagen, ob das politische oder das wirtschaftliche Ziel der Kolonialpolitik von Anfang an für die Japaner die Hauptsache war. Die kolonialen und nationalpolitischen Ideen werden wohl im engsten Konnex miteinander gewachsen sein, jedenfalls sind sie heute nicht mehr zu trennen. Japan ist in der gleichen ' Lage wie England. Es kann von sich aus mit den Mitteln der ursprünglichen Inseln seine Bevölkerung nicht ernähren. Der Fall wird besonders ernst, wenn im Falle eines Krieges die Gefahr der Blockierung der Heimat droht. England schützt sich dagegen durch die mächtigste Flotte der Erde, die jederzeit ziemlich mühelos imstande ist, auch in Kriegszeiten dem Lande die Zufuhr fremden Getreides zu sichern. Eine derartige starke und überragende Flotte besitzt Japan nicht, kann sie auch bei seinen sonstigen Ausgaben nicht bauen. Es darf sich deshalb nicht darauf verlassen, seine Nahrungszufuhr von weither zu beziehen, weil dadurch die Gefahr des Verstopfens dieser Quelle im Falle eines Krieges näher läge. Es wird versuchen müssen, in nächster Nähe seinen landwirtschaftlichen Bedarf zu decken, so nahe jedenfalls, daß es mit seiner Flotte für die Stetigkeit und Ungestörtheit seiner Einfuhr einstehen kann. Das ist in der Japan-See, in der GelbenSee und in der China-See mühelos der Fall. Hier liegen ja auch ausnahmslos die japanischen Kolonien. Auf sie dehnt sich also das wirtschaftliche Programm Japans aus. Es greift von den drei Hauptinseln der engeren Heimat über auf die Kolonien, und wie das politische Ziel der Japaner aus dem Mutterlande und den Kolonien ein einheitliches in sich geschlossenes Reich schaffen will, so will das wirtschaftliche Ziel ein großes Ganzes haben, das dieses politische Reich wirklich stützen und vor allem ernähren kann. Die Bevölkerung Japans steigt viel rascher, als die innere Kolonisation Fortschritte macht. Die Bedürfnisse des Volks nehmen viel rascher zu, als daß man durch Urbarmachung der noch zur Verfügung stehenden Ländereien den ganzen Bedarf decken könnte. Das wichtigste Nahrungsmittel, der R e i s , ist schon seit Jahren nicht mehr im Heimatlande selbst in genügender Menge zu erhalten. Dazu kommt, daß die altüberkommene und
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gut konservierte japanische Kunst und Sorgfalt im Reisbau die besten Qualitäten der Welt produziert, die selbst zu konsumieren wirtschaftlich ganz unrentabel wäre. Der japanische Bauer produziert meist eine sehr viel kleinere Quantität, als er selbst zum Leben braucht, und nur dadurch, daß er sie zu gutem Preise verkauft und eine größere Quantität schlechterer Qualität dafür eintauscht, kann er überhaupt existieren. In der reichsten und besten Reisprovinz Echigo wird fast nur Exportreis gebaut! Wenn der eigne gute Reis vorteilhaft auf dem Weltmarkte zu hohen Preisen verkauft werden kann, und das Volk ebenso gut mit etwas geringerer Qualität zufrieden ist, so wäre es ja unwirtschaftlich, diesen Austausch desselben Produktes hintanzuhalten. Aber in der Einfuhr des Ersatzreises ist Japan bis jetzt ziemlich abhängig, war es noch viel mehr, ehe es seine Kolonien hatte. Der größte Teil des Reisexports kommt naturgemäß aus China, vor allem aus dem französischen Süden. Dadurch, daß Japan nun in seinen Kolonien selbst mehr Reis anpflanzte, der, wie wir schon sahen, gerade in Formosa sehr viel schlechterer Qualität ist, als in Japan selbst, kann es diesen Reiskonsum selbst produzieren, ohne dadurch seine Ausfuhr an Reis verlieren zu müssen. Damit wird das Land in seinem wichtigsten Nahrungsmittel selbständiger als bisher. Von diesem Gesichtspunkte aus ist das ganze Agrarprogramm Japans und seiner Kolonien, sagen wir einmal das » g r o ß j a p a n i s c h e « A g r a r p r o g r a m m diktiert. Die- vielen Versuche im Hokkaido haben gezeigt, daß er ein Reisland nicht ist. Das gleiche trifft für den ihm im Klima ziemlich ähnlichen Norden Japans, etwa von Sendai an nördlich, zu, der in der Reiskultur keine allzu günstigen Erträge abwirft. Dieser ganze Norden soll deshalb auch ziemlich vom Reisanbau befreit werden und soll die Getreidekammer des Landes abgeben. Da das Bestreben der Regierung und insbesondere der Militärbehörde überhaupt dahin geht, die gesundheitlich nicht ungefährliche ausschließliche Reisernährung zurückzudrängen und mehr Getreideernährung einzuführen, wird ein größerer Getreideanbau und Getreideertrag sehr willkommen sein, er wird außerdem einen Teil des fremden Reisexports als Ernährungsmittel wieder unnötig machen und dadurch zur größeren Selbständigkeit des Landes beitragen. Der Hokkaido eignet sich daneben vorzüglich für die Obstkultur. Er liefert damit auch einen schätzenswerten Exportartikel. Das großjapanische Agrarprogramm sieht dann den mittleren und südlichen Teil des eigentlichen Japan für die Reiskultur vor. Hier wird also der bessere Exportreis gebaut, während den eignen
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Konsumreis in verstärktem Maßstabe Korea liefern soll. In Korea, das ist an anderer Stelle schon gesagt worden, bieten sich ja nach Erschließung der Verkehrswege ganz neue landwirtschaftliche Möglichkeiten. Auch Formosa wird einen Teil dieses Reisbedarfs mit decken, während es in allererster Linie für die Zuckerrohrproduktion bestimmt ist. Der Zuckerverbrauch nimmt in Japan — auch mit ein Beweis für die aufsteigende Linie des Volkes — stark zu. Bisher besorgte den Import Java hauptsächlich und auch Deutschland. Das großzügige japanische Landwirtschaftsprogramm wird nicht nur das Land seine eigne Bodenkräfte rentabler ausnutzen lassen, sondern wird es vor allem unabhängiger vom Auslande machen. So wird die energisch unterstützte Salzgewinnung aus Meerwasser den bisher hauptsächlich deutschen Import dieses Artikels bis auf die besseren Qualitäten fast völlig überflüssig machen. Insoweit ist das großjapanische Programm mehr für den ostasiatischen Markt und in allererster Linie für die eigne heimische Volkswirtschaft von Bedeutung. Ein starkes landwirtschaftliches Exportland wird auch Japan bei seiner stark wachsenden Bevölkerung nicht so rasch werden. Wichtiger für das Ausland und für die Gestaltung des ganzen Weltmarktes ist das großjapanische Programm, das sich auf die Forstwirtschaft und die Industrie bezieht. Eine kurze Betrachtung wird zeigen, daß die Zusammenfassung der Kräfte von Heimatland und Kolonien hier in der Zukunft von größerem Einfluß werden kann. W a s zunächst die F o r s t w i r t s c h a f t angeht, so ist ja Japan selbst ein recht holzreiches Land. Wenn man allerdings berücksichtigt, daß der japanische Häuserbau heute noch vollkommener Holzbau ist, daß vor allem die häufigen Erneuerungen der Tempel und auch die riesigen Stadtbrände, bei denen oft Tausende von »Häusern« verloren gehen, eine große Menge Holz verschlingen, und daß man bei den billigen Holzpreisen an Ersatzmittel noch garnicht denkt, so wird man ohne weiteres zugeben, daß der Holzreichtum des Landes vom heimischen Bedarf ziemlich in Anspruch genommen wird. Der Holzreichtum des wirtschaftlich noch lange nicht erschlossenen Hokkaido wird aber in steigendem Maße für den Export ausgenutzt. Den Japanern kommt dabei zugute, daß der amerikanische Holzreichtum so stark erschöpft ist und die Preise für amerikanische Hölzer so in die Höhe gegangen sind, daß der Import japanischer Hölzer nach Europa und selbst nach Süd-Amerika immer lohnender wird. Auch in Formosa werden große Holzbestände mit der Eroberung des Wildengebietes für
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forstwirtschaftliche nutzbringende Bewirtschaftung frei. Die riesigen Bambusbestände versprechen lohnenden Absatz. In dieser Hinsicht wird also die Ausbeutung der kolonialen Bestände für den Export und für den abendländischen Bedarf wertvoll. Heute liegt die Bedeutung dieses Exports wohl hauptsächlich noch im holzarmen Norden Chinas, den Japan ganz versorgt. Daß die Japaner das recht geschickt machen und mit diesem Export-Artikel auch ihre anderen Waren in immer steigenderem Maße anzubringen suchen, ist nicht schwer zu erkennen. Die Ergänzung des japanischen Programms in land- und forstwirtschaftlicher Beziehung, die die Kolonien dem Mutterlande gestatteten, haben sie auf dem Gebiete der B o d e n s c h ä t z e nicht so ganz gebracht. Japan fehlt zur Entfaltung einer eignen starken Industrie vor allem das Erz. Die Versuche, im Hokkaido aus dem an der Küste lagernden eisenhaltigen Meeressand Erz zu gewinnen, können als fehlgeschlagen betrachtet werden. Trotz aller Schürfversuche haben auch die Kolonien brauchbare Erze bis jetzt nicht gebracht. Man spricht zwar davon, daß Formosa in seinen bisher noch von den Wilden okkupierten östlichen Teilen große Mineralschätze enthalte, aber dieses on dit ist bei der geologischen Unerforschtheit der Insel noch keine Gewißheit. Man munkelte ebenso, daß in den Gegenden entlang den Konzessionen der MandschureiEisenbahn neben Kohlen wohl auch Erzlager aufzuschließen seien, aber auch hierin ist bis jetzt nichts geschehen, was die Hoffnung rechtfertigen könnte. Da aber Japan in diesem wichtigen RohMaterial ganz auf das Ausland, insbesondere auf China angewiesen ist, ist doch wohl anzunehmen, daß man alles aufgeboten hat, auch in dieser Richtung möglichst rasch selbständig zu werden. Ganz ausgeschlossen ist ja die Möglichkeit nicht, aber als wahrscheinlich kann man sie heute nicht ansehen. Eine viel wertvollere Ergänzung brachten die Kolonien dem Mutterlande in den K o h l e n s c h ä t z e n . Die Gestaltung des Kohlenmarktes in Ostasien gehört ja zu den interessantesten wirtschaftlichen Problemen des Ostens überhaupt. Heute schon beherrscht Japan den Markt an Schiffskohlen bis hinunter nach Singapore und Penang. Die eignen Kohlenfelder des Hauptlandes, insbesondere die guten Miikegruben, versorgen das Land nicht nur mit guter Schiffskohle, sondern bieten auch für die Industrie eine brauchbare Kokskohle. Die Kohlenvorräte Formosas sind zwar nicht gerade überwältigend, aber doch wohl ausreichend, um den eignen Schiffsverkehr der Insel zu versorgen. Der Hokkaido da-
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gegen produziert in Yubari und Poronai eine sehr gute Kohle, die den Bedarf des Heimatlandes mit deckt und hauptsächlich für den E x p o r t in Betracht kommt. Nun hat ja auch China reiche Kohlenschätze, die erst im A n f a n g des A b b a u s sich befinden. E s darf hier nur an die deutsche Schantungkohle erinnert werden, die um einen steigenden Absatz an der ostasiatischen Küste schwer ringt. Dieses A u f k o m m e n der chinesischen Kohle wird aber ganz in F r a g e gestellt durch die Kohlenförderung der Japaner in der Mandschurei. Die Japaner haben nach dem russisch-japanischen Kriege die reichen Kohlenfelder von Fuschun bei Mukden zwar völkerrechtlich nicht ganz einwandfrei mit Beschlag belegt, aber sie besitzen sie und haben die F ö r d e r u n g der außergewöhnlich günstig gelagerten und brauchbaren Kohle energisch gesteigert. Damit sichert sich Japan immer mehr die Herrschaft des Kohienmarktes an der ganzen ostasiatischen K ü s t e und wird diese Herrschaft auch noch weiter nach Indien zu vorschieben. Die Kolonien verhelfen hier dem Mutterlande also nicht mehr zur Selbständigkeit, sondern sie verhelfen ihm zu einer w i r t s c h a f t l i c h b e h e r r s c h e n d e n S t e l l u n g auf diesem wichtigen Gebiete. D a s tritt auf anderen Gebieten noch nicht so stark in Erscheinung. D e r formosanische Zucker z. B. wird noch lange seine Produktion vermehren können, ehe er erst den großen steigenden Bedarf des Mutterlandes deckt und an E x p o r t denken kann. Eine eigne starke Industrie haben die Kolonien bis jetzt noch nicht und werden sie so schnell auch nicht erhalten. Ihre H a u p t b e d e u t u n g liegt eben noch auf landwirtschaftlichem Gebiete, wenn man etwa von der formosanischen Kampferproduktion, die den größeren Teil des W e l t b e d a r f s deckt, absehen will. Immerhin sehen wir die Ansätze dazu schon in mannigfachen Spuren, d a ß über die gegenwärtige Bedeutung der Kolonien als E r g ä n z u n g des Mutterlandes in seinem Bestreben selbständig und unabhängig vom Ausland zu werden, hinaus, die Kolonien wirtschaftlich für Japan auch eine Bedeutung als Exportwaren herstellende L ä n d e r bekommen können. Wenn sie auch nur für den E x p o r t nach China herangezogen werden können, so ist damit ihre politische Bedeutung für das Mutterland schon sichtlich groß. Gelingt es, sie in größerem Maßstabe für den ferneren E x p o r t zu erschließen, so stützt das hervorragend die Weltmachtstellung Japans.
Wertheimer,
Die japanische
Kolonialpolitik.
7
7.
Statistiken und
die
über
den
Budgets
Handelsverkehr
der
Kolonien.
A . Einnahmen und Ausgaben in Formosa. Einnahmen
Ausgaben
Außerordentliche
Ordentliche (Steuern, Z ö l l e , Stempelgebühren etc.)
(Staatszuschüsse, A n leihen, Verkauf von Staatsgut)
Yen 8051 6 8 6
Ordentliche (Verwaltung
Yen
Yen
1905/06 1906/07
25 656
672
1907/08
37H2I7 5 0 3 5 501
28 8 5 0
117
6445
655
19 669
672
6 563
390*)
22 3 7 7
972*)
3 850
236*)
22 202
130*)
1902/03 1903/04 1904/05
27 307 938*)
1908/09 1909/10
26 101
7 620
725
11 8 3 7 10 9 7 2
7 641
526
12457243
6162 780
213*)
(Subventionen, besondere Unternehmungen)
etc.)
Yen tili 7 1 4 6 4 8 11 8 7 6 8 5 4 12 3 9 6 0 0 7 16 170335 21 6 9 9 9 2 9
1901/02
Außerordentliche
7 526 683
073
7 434 0 0 1
804
6 652
036
13 238 553 15 9 5 2 2 3 0
5651
4 49o
in
18 8 7 4
722
6 459
484
709
8 040 080 11 493
356*)
7 749 319*)
B . Die Z u s c h ü s s e der Staatsregierung in Formosa in Y e n . 1901/02
1902/03
1903/04
2 386 690
2 459 763
2
459 763
1904/05
1905/06
1906/07
700 000
—
—
1908/09
1907/08
1
000000 1 766000*)
1909/10
- * )
C . Staatssubventionen in Formosa in Yen. 1901/02
1902/03
1903/04
1904/05
1905/06
1906/07
1907/08
808
664
660 269
660
793 5°o
783
783
599
210
299
•fO i Yen = etwa 2 Mark 10 Pfennig. *) Nach dem Voranschlag.
500
500
1908/09
868 300*)
1909/1
1 0 2 7 IC
—
99
—
D. Der Handelsverkehr Formosas mit Japan und dem Ausland. Japan:
Ausland: Ausfuhr
Einfuhr
Yen
Yen
Einfuhr
Ausfuhr 3 216
Yen
Bemerkungen
Yen
1898
I6875
405
12 827
190
4
1899
14 273 092
I I 114
922
8011
1900
13
IO 5 7 1
285
1901
12 809 795
8 439 033
3 650475 4 402 110
858
7 345
IO IOO 5 3 2
8 781
1902
13816868
9 235
290
7 407 498
1903
10 772
372
II 078 381
1904
12838
443
12 391
I24
1905
10963
877
IO 7 0 5
146
1906
12 738
460
1907
11
570664
8 298 800
9 779 084
220685
9 741
429
11
599317 826
194 029
956
9 729 460
10 156
311
10 431
307
13483
833
13 661
500
15 6 3 4 3 3 9 1 9 7 5 0 445
Aus der Statistik erhellt, daß der Handel Formosas mit dem Ausland entweder zurückgegangen oder doch stillgestanden ist, während der Handel Formosas mit Japan selbst starke Fortschritte aufweist.
149
18259527 17 6 3 4 6 7 3
E. Handelsverkehr Formosas mit China. Einfuhr
Ausfuhr
Yen
Yen
5 5 5 5 5
7 792 6 483
995 494 656 168 156865 747 795 842 425
5 372
383 722
8 759 779 6 275 241 7 175
202
5 027
903
724
6 164 832
4 947 903
4 333
2 981
804
814
Bemerkungen Die Zahlen beweisen das im Text Gesagte: Die Einfuhr aus China nach dem benachbarten Formosa läßt sich natürlich nicht so rasch zurückdrängen, da die Formosa-Chinesen gewohnt sind und zähe daran festhalten, ihre persönlichen Lebensbedürfnisse, soweit sie die Insel nicht produziert, von China zu beziehen. Um so stärker ist die Ausfuhr nach China zurückgegangen, während sie doch nach Japan so stark stieg.
F. Das Budget Sachalins. Einnahmen Ordentliche
Außerordentliche
Yen
Yen
1907/08
I 037 046
629 406
1908/09
906 460
771 406 7 6 5 OOO
1909/10
I 123
190*)
Ausgaben Ordentliche
Außerordentliche
Yen
Yen
539 m 7 1 5 608 i 039 482
672 877 962
258
848 708
G Das Budget Koreas. Ausgaben
Einnahmen Ordentliche Yen
Außerordentliche
Ordentliche
Außerordentliche
Yen
Yen
Yen
1905/06
7 480 287
7
1906/07
7 484
744
6324338
1907/08
9 916
322
123815
2433
02I
I 643
050
6 542 438
10 193
276
7 182 675
14 7 1 4 934 15 9 8 2 4 3 4
6 286 221
1908/09
13410347
9 862 889
1909/10
13 848 443
7 586 280
*) In dieser Summe ist eine Staatsbeihilfe von
500000
8 637
Yen
923
enthalten. 7*
—
IOO
—
H. Der Handelsverkehr Koreas. Gesamtstatistik Einfuhr Yen 1904 1905 1906 1907 1908
26 31 29 41 41
805 959 52I 436 025
380 582 779 653 523
Anteil Japans
Ausfuhr Yen 7 7 8 17 14
530715 9 1 6 571 902 387 002 234 113 310
Einfuhr von
Anteil des Auslandes
| Ausfuhr
Korea
5 697 3 7 1 5 389914 6916848 1 2 649 267 1 0 9 6 3 353
19 23 22 27 24
Einfuhr
nach 007 56t 914 363 040
287 899 154 872 465
von 1 2 i 4 3
|
Ausfuhr
Korea
833 344 526 657 985 539 352 967 149957
7 8 6 14 16
nach 798 397 607 072 985
093 683 625 781 058
J . Das Budget der Provinz Kwantung. Einnahmen
1907/08 1908/09 1909/10
Ausgaben
Ordentliche Yen
Außerordentliche Yen
Ordentliche Yen
Außerordentliche Yen
I 386 293 I 532 602 I 6 1 7 275
3 OOO OOO 3 1 2 1 200 3 262 2 1 4
3 225 590 2 824 409 3 116297
I 1 6 0 703 I 829 393 I 763 I92
K. Staatszuschüsse für Kwantung. 1907/08
3 000 000 Y e n .
1908,09
3 120000 Yen.
1909.10
2964000