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German Pages 230 Year 1990
FRAUKE WERNECKE
Die Gesamtschuld - ihre Befreiung von irrationalen Merkmalen und ihre Rückführung in die Gesetzessystematik
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 131
Die Gesamtschuld - ihre Befreiung von irrationalen Merkmalen und ihre Rückführung in die Gesetzessystematik
Von Frauke Wernecke
DUßcker & Humblot . Berliß
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wernecke, Frauke: Die Gesamtschuld: ihre Befreiung von irrationalen Merkmalen und ihre Rückführung in die Gesetzessystematik / von Frauke Wemecke. - Berlin: Duncker und Humblot, 1990 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 131) Zug\.: Kiel, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06966-8 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin 36 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-06966-8
Vorwort Eine Untersuchung über die Gesamtschuld des Bürgerlichen Rechts erscheint wegen der Vielzahl ihrer Vorgänger wenig aussichtsreich. Wenn es mir gelungen sein sollte, die Rechtsfigur aus einem neuen, einfachen Blickwinkel heraus dargestellt zu haben, so liegt die Ursache dafür in zahlreichen Streitgesprächen mit meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Horst-Eberhard Henke, der die Arbeit umfassend gefördert und betreut hat. Sein unabhängiges Denken hat mich geprägt. Für manche Anregung bin ich auch Herrn Prof. Dr. Dieter Reuter zu Dank verpflichtet. Um die Herstellung des Manuskripts hat sich Frau Erika Mandau verdient gemacht; Herrn Rechtsanwalt Simon danke ich für die freundliche Aufnahme der Untersuchung in die Reihe "Schriften zum Bürgerlichen Recht". Die Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel im Sommer 1989 als Dissertation angenommen. Kiel, im Februar 1990
Frauke Wernecke
Inhaltsverzeichnis Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit I. Die "Correal-" und "Solidarobligation" -
eine überwundene Einteilung gesamtschuldnerischer Haftung ...............................................
13
II. Das ungeklärte "Wesen" der Gesamtschuld: Welche Merkmale bringen diese Schuldverbindung hervor? .............................................
15
III. Die Orientierungslosigkeit der Rechtsprechung im Hinblick auf das "Wesen" der Gesamtschuld .............................................................
22
IV. Ziel und Weg dieser Untersuchung .......... ......................... .......
23
Erster Teil Die Bestimmung des § 421 - eine mißlungene, weil unvollständige Norm? I. Die Gesamtschuld: Eine Schuldverbindung allein kraft Vertrags oder ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung? .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
11. Die "Identität des Schuldgrundes" - ein willkürlich in die Bestimmung des § 421 hineingetragenes Merkmal der Gesamtschuld ....................
30
1. Die "Identität des Schuldgrundes" und ihr römischrechtlicher Hinter-
grund ...... ............................................ .....................
31
2. Die Willkür in der Argumentation von Eiseie ...........................
32
3. Die Stellungnahme des Reichsgerichts zur "Einheit des Schuldgrundes"
33
4. Die Stellungnahme der Literatur zu der Auffassung von Eiseie ........
35
5. Ergebnis ....................................................................
36
III. Die Formeln von der ,,zweckgemeinschaft", der "Erfüllungsgemeinschaft" und der "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" - Früchte eines befangenen begrifflichen Denkens ....................................................
36
IV. Der Begriff der ,,zweckgemeinschaft" - eine bloße Umschreibung der Rechtsfolgen der Gesamtschuld ..............................................
38
1. Das Begriffsverständnis von Enneccerus und Lehmann .................
38
2. Die Kritik am Begriff der ,,zweckgemeinschaft" ........................
39
3. Die Konkretisierung der ,,zweckgemeinschaft" in der Sicht von Siber und F. Klingmüller ........ ................. .......... ............... ......
40
4. Die Ausfüllung des Begriffs durch die Rechtsprechung.................
41
5. Ergebnis ....................................................................
42
Inhaltsverzeichnis
8
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" - vor allem Konsequenz eines falschen Verständnisses des § 255 und der sog. Legalzession .............
43
1. Die Vorschrift des § 424 - begünstigt sie den sog. ,,Primärschuldner" in unerträglicher Weise? ...................................................
44
2. Die Wurzel der Mißverständnisse: Die falsche Deutung der Vorschrift des § 255 und der Normen über die sog. Legalzession .................
47
a) Die notwendige Ergänzung des Gesamtschuldrechts durch die Vorschrift des § 255 ........................................................
49
aa) Die Befreiungswirkung der Schadensersatzleistung im Fall des § 255 ...............................................................
49
bb) Der eigenständige Gehalt des § 255 .............................
54
cc) Die das Gesamtschuldrecht ergänzende Bestimmung des § 255 - ein Widerspruch zur Entstehungsgeschichte, der inneren Schlüssigkeit und dem Regreßcharakter der Vorschrift? .......
58
b) Ergebnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
3. Die Legalzessionen als Spezialregelungen des § 426 II .................
68
4. Gesamtergebnis
70
VI. Das Merkmal der "Erfüllungsgemeinschaft" - ein Synonym für die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"? ....................................
70
1. Die "Erfüllungsgemeinschaft" kraft Partei willens oder ausdrücklicher Gesamtschuldanordnung ...................................................
71
2. Der Begriff der ,,Erfüllungsgemeinschaft" im Sinne des § 422 .........
72
3. Das Fehlen der ,,Erfüllungsgemeinschaft" bei nicht identischen Leistungspflichten .........................................................
74
4. Ergebnis ......................................... :..........................
77
VII. Der Wert der Begriffe von der "Identität des Schuldgrundes", der ,,zweckgemeinschaft", der "Gleichrangigkeit von Verpflichtungen" und der ,,Erfüllungsgemeinschaft" - eine Zusammenfassung .............................
78
VIII. Die Versuche einer Typenbildung - überlieferte Prämissen in neuer Aufbereitung .......................................................................
79
1. Erster Ausgangspunkt: Die Typenbildung in Anlehnung an die gesetzlich geregelten Gesamtschuldfälle .............................................
79
2. Zweiter Ausgangspunkt: Die Aussonderung der sog. ,,2essionsfälle" aus dem Gesamtschuldrecht ...................................................
81
3. Die Typenbildung Ehmanns - Die "causa" des Einzelschuldverhältnisses als Erkenntnisgrund der Gesamtschuld? ..............................
84
IX. Zusammenfassung des Ersten Teils ..........................................
99
Inhaltsverzeichnis
9
Zweiter Teil
Die von mehreren geschuldete "eine" Leistung gemeinsames Merkmal aller Schuldverbindungen I. Der Begriff der "einen" Leistung als Niederschlag des Äquivalenz-
prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
103
1. Die "eine" Leistung mehrerer Schuldner .................................
103
2. Der Begriff "Leistung": Der vom Schuldner herbeizuführende Erfolg.
104
3. Der Zusammenschluß rechtsgeschäftlich begründeter Obligationen kraft des Äquivalenzprinzips ....................................................
105
4. Der Zusammenschluß der Obligationen kraft des das Gesetz durchdringenden Äquivalenzprinzips ................................................
107
5. Ergebnis ....................................................................
109
II. Das Äquivalenzprinzip in seiner rechtstechnischen Verwirklichung .......
109
1. Die Teilschuld und die gemeinschaftliche Schuld - Ausdruck einer Gleichordnung der Verpflichteten ........................................
109
2. Der Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld - die leitenden Gesichtspunkte ..................................................
111
a) Die rechtsgeschäftlich oder gesetzlich festgelegte Sicherung des Gläubigers ...................................................................
111
b) Der Ausschluß einer Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld bei Leistungen "in Vorlage" durch einen Schuldner .........................
114
c) Das Verbot nachträglicher Schmälerung einer Leistungszusage .... d) Zusammenfassung: Die wesentlichen Gesichtspunkte für den Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld.................
115 115
3. Exkurs: Die Gesamtschuld bei unabhängiger Verpflichtung mehrerer Personen auf eine einmalige Leistung....................................
116
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten in der Schuldverbindung ......
119
1. Die beschränkte Verknüpfbarkeit persönlicher Leistungen..............
119
2. Die ausgeschlossene Verknüpfbarkeit von streng persönlich gefacbten Unterlassungspflichten .....................................................
119
3. Exkurs: Die Duldungspflicht als Spielart der Unterlassungspflicht .....
123
Dritter Teil
Die Entscheidung gegen eine Teil- und eine gemeinschaftliche Schuld als zweite Voraussetzung der Gesamtschuld I. Die rechtsgeschäftlich begründete Gesamtschuld - Anerkennung des G1äu-
bigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung" .......
126
1. Der Ausschluß einer Teilschuld kraft Parteiwillens .....................
127
10
Inhaltsverzeichnis a) Die Teilschuld als Ergebnis einer schuldnerfreundlichen Interessenbewertung ............................................................... b) Die Anerkennung des Gläubigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung" durch den einzelnen Schuldner im eigenen oder Drittinteresse ................................................. c) Die bestärkende Interzession als Gesamtschuld ...................... d) Die Rechtsübertragung sicherungs- oder erfüllungshalber als Entstehungstatbestand einer Gesamtschuld .................................. e) Zusammenfassung der Ergebnisse über den rechtsgeschäftlichen Ausschluß der Teilschuld .................................................. 2. Der Ausschluß einer gemeinschaftlichen Schuld kraft Parteiwillens ... a) Die gemeinschaftliche Schuld als Ergebnis einer schuldnerfreundlichen Interessenbewertung ............................................ b) Die gemeinschaftliche Schuld als Ergebnis mangelnder Qualifikation des einzelnen ........................................................... c) Die wechselseitige Einstandspflicht der Sozii einer Anwaltskanzlei und gemeinschaftlich praktizierender Ärzte .......................... d) Die wechselseitige Garantie als Mittelpunkt der Gesamtschuld bei unteilbarer Leistung .................................................... e) Zusammenfassung ...................................................... 3. Der Parteiwille als Grund des Ausschlusses von Teil- oder gemeinschaftlicher Schuld - eine abschließende Interessenbewertung .............. 11. Der Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld kraft Gesetzes wegen des Gläubigerinteresses an "Ieichter und sicherer Rechtsverfolgung" , der "Vorlage" des sachferneren für den sachnäheren Schuldner sowie des Verbots, vertragliche Zusagen nachträglich einzuschränken ........... 1. Der im Gesetz zum Ausdruck kommende Sicherungszweck als Entstehungsgrund der Gesamtschuld ......................................... a) Der gesetzliche Schuldbeitritt ......................................... b) Die gesetzliche Anerkennung einer wechselseitigen Einstandspflicht als Entstehungsgrund der Gesamtschuld .............................. 2. Die Gesamtschuld kraft Gesetzes außerhalb des Sicherungszwecks die sog. "Vorlage-Fälle" ................................................... 3. Zusammenfassung: Der Ausschluß der Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld kraft Gesetzes ......................................................
127 129 134 153 156 158 158 160 162 163 163 164
164 165 166 174 187 198
III. Die Gesamtschuld als Ausdruck eines rechtspolitischen Entscheidungswillens? - Anwendungsflille der Teilschuld ................................ 199 1. Die Haftung mehrerer, um denselben Vorteil bereicherter Kondiktionsschuldner ................................................................... 199 a) Die Kondiktionshaftung einer Bruchteilsgemeinschaft ............... 200 b) Die Kondiktionshaftung einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft 209 2. Der Aufwendungsersatz kraft einer Geschäftsführung ohne Auftrag: Sind mehrere Geschäftsherren Teil- oder Gesamtschuldner? ................. 214 Schlußbetrachtung ..................................................................
217
Literaturverzeichnis ................................................................
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Abkürzungen Die Abkürzungen sind - von den folgenden Ausnahmen abgesehen - dem Verzeichnis von Kirchner, 3. Auflage, Berlin/New York 1983 zu entnehmen. GruchB = Beiträge zur Erläuterung des (bis Bd. 15 1871: Preußischen) Deutschen Rechts, begründet von Gruchot = Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen Rechts und JhJb deutschen Privatrechts; ab dem 37. Band der Gesamtreihe: Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Warn = Rechtsprechung des Reichsgerichts, hrsg. v. Warneyer §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB
Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit Über die Gesamtschuld sind in diesem und im letzten Jahrhundert zahlreiche Abhandlungen verfaßt worden 1. Vor allem über das Entstehen dieses Rechtsgebildes haben sich bereits mehrere Juristengenerationen die Köpfe zerbrochen; dennoch kann nicht behauptet werden, daß heute eine einheitliche Vorstellung davon vorhanden sei, unter welchen Voraussetzungen von einer Gesamtschuld die Rede sein kann.
J. Die "Correal-" und "Solidarobligation" eine überwundene Einteilung gesamtschuldnerischer Haftung Endgültig zu den Akten der Rechtsgeschichte kann freilich der Streit unter den Pandektisten des neunzehnten Jahrhunderts gelegt werden, die seit Ribbentrops Schrift ,,zur Lehre von den Correal-Obligationen" aus dem Jahre 1831 den Unterschied zwischen Korreal- und Solidarobligation im römischen Recht zu verteidigen oder zu widerlegen suchten. Ribbentrop unterschied im Anschluß an v. Keller 2 für das klassische römische Recht in den Fällen, in denen mehrere Schuldner einem Gläubiger jeweils die ganze Leistung schuldeten, der Gläubiger sie aber nur einmal erhalten sollte, zwischen zwei Obligationsformen. Unter einer "Correalobligation" verstand er eine einzige Verbindung mit einer Mehrheit von subjektiven Beziehungen, unter Solidarobligation mehrere Schuldverhältnisse 3 • Die Unterscheidung sollte erklären, warum nach den römischen Quellen in einigen Fällen bereits die Streitbefestigung (',Litiscontestation") gegenüber einem Schuldner die Befreiung der übrigen Verpflichteten bewirkte (so die Korrealobligation), in anderen dagegen diese Wirkung erst mit der tatsächlichen Befriedigung des Gläubigers eintrat 4 (so die Solidarobligation).
1 Man beachte nur die Nachweise zum jüngeren Schrifttum von Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage zu § 421 und die Auflistung älterer Schriften und Aufsätze von Kaduk im Staudingersehen Kommentar, 10. /11. Auflage, Einl. zu § 420 sowie die Literaturverzeichnisse von Winter, Teilschuld, Seite VI - XIII oder Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 10-21. 2 "Ueber Litis Contestation und Urtheil nach classischem Römischen Recht" (1827). 3 A. a. 0., Seite 83 f., 259 f. 4 Dazu v. Savigny, Obligationenrecht, Bd. 1, § 19, Seite 180-182; Windscheid / Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2,8. Auflage, § 293 Seite 183, 186 sowie aus neuester Zeit Winter, Teilschuld, Seite 30 ff.
Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit
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Seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts besteht indes Einigkeit darüber, daß das Gesamtschuldverhältnis eine Verbindung mehrerer Einzelschuldverhältnisse darstellt: Da unser Recht die "gesamtzerstörerische Litiskontestationswirkung" nicht mehr kennt, hat die - schon im Hinblick auf das römische Recht bestrittene 5 - Vorstellung der Gesamtschuld als "einer" Obligation mit mehrfachen subjektiven Beziehungen ihre Berechtigung verloren. Die Beziehung des Gläubigers zu jedem einzelnen Gesamtschuldner läßt sich vielmehr mühelos unter den Begriff des "Schuldverhältnisses" im Sinne des § 241 6 fassen: Der Gläubiger ist berechtigt, von jedem Schuldner die ganze Leistung zu fordern 7. Aus dieser Erkenntnis folgt der heute allgemein anerkannte Schluß, daß zwischen dem Gläubiger und dem einzelnen Gesamtschuldner je ein Schuldverhältnis besteht 8 • Ein Gesamtschuldverhältnis ist demnach ein zu den Einzelbeziehungen hinzutretendes Element; man kann es als ein "Schuldverhältnis höherer Art" bezeichnen, das mehrere einzelne Schuldverhältnisse in sich schließt 9 •
Etwa Unger, JhJb 22, Seite 207, 257; Binder, Korrealobligationen, Seite 28. Die Bestimmung des § 241 erfaßt mit dem Begriff des "Schuldverhältnisses" die einzelne Leistungsbeziehung. Darüber hinaus bezeichnet man mit ihm auch das gesamte Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, etwa einen Kauf-, Miet- oder Werkvertrag. Siehe zu der doppelten Bedeutung des Begriffs Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 2 V, Seite 26. 7 Im Rahmen einer gemeinschaftlichen Schuld ist der Gläubiger lediglich berechtigt, von allen Verpflichteten gemeinsam eine Leistung zu verlangen, so daß in diesem Falle mehrere Schuldner nur in einem Schuldverhältnis zum Gläubiger stehen. Vortrefflich formuliert v. Gierke: "Die Gemeinschaftsschuld ist dem Gläubiger gegenüber eine einheitliche Schuld, deren Subjekt die Gemeiner in ihrer Verbundenheit sind" (Dt. Privatrecht, Bd. 3, § 182 V, Seite 266). Ähnlich Enneccerus / Nipperdey, Allgemeiner Teil, Bd.2, 15. Auflage, § 222 Fußnote 32: ,,Eine Mehrheit (von Ansprüchen) ist z. B. anzunehmen bei ... Gesamtschulden, dagegen ein einheitlicher Anspruch bei Gesamthandsschulden (ich ergänze: als Sonderfall der gemeinschaftlichen Schuld)." Die gemeinschaftliche Schuld ist mithin eine einheitliche Schuld. 8 In den Motiven heißt es, der Entwurf vermeide, sich "prinzipiell ... für ein bestimmtes Prinzip, das sog. Einheits- oder das sog. Mehrheitsprinzip, auszusprechen" (Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 86). Die Rechtswissenschaft hat die Frage eindeutig zugunsten des "Mehrheitsprinzips" entschieden. Ich verweise auf Crome, System des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, § 139.1, Seite 9 f. und § 206 II I, Seite 372; v. Gierke, a. a. 0., § 182 IV, Seite 258; Planck/ Siber, 4. Auflage, Vorbem. § 420 Anm. I b; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 90 II 1, Seite 360; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 II, Seite 638. 9 Larenz, a. a. 0., Seite 638. Von einem "Schuldverhältnis höherer Ordnung" spricht auch der Bundesgerichtshof: BGHZ 46, Seite 14, 15. Gegen diesen Begriff, in der Sache aber nicht anders: Ehmann, Gesamtschuld, Seite 48. 5
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11. Das ungeklärte "Wesen" der Gesamtschuld
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11. Das ungeklärte "Wesen" der Gesamtschuld: Welche Merkmale bringen diese Schuldverbindung hervor? Bis in die Gegenwart stellt sich die Frage, welches Merkmal die Verknüpfung unter mehreren Einzelschuldverhältnissen bewirkt, für die der Gesetzgeber die Regelungen der § 421 ff. geschaffen hat 1. Auch die vorliegende Arbeit wird sich mit ihr beschäftigen. Diese Suche mag auf den ersten Blick überraschen, weil die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehende Vorschrift des § 421 eine Definition der Gesamtschuld zu enthalten scheint. Gerade darüber, ob dieser Bestimmung der Charakter einer Definition zukommt, besteht jedoch keine Einigkeit. 1. Zum Teil wird behauptet, die Norm umschreibe lediglich die Rechtsfolgen der Gesamtschuld, d. h. das Recht des Gläubigers, mehrere Schuldner wahlweise auf die Befriedigung desselben Interesses in Anspruch zu nehmen 2 • Sie ermögliche also nur von den Rechtsfolgen her eine Abgrenzung der Gesamtschuld a) zu den Teilschulden, bei denen nicht jeder Schuldner auf die ganze Leistung verpflichtet ist, b) zu gemeinschaftlichen Obligationen, bei denen nicht jeder Schuldner allein, sondern alle Schuldner im Zusammenwirken eine Leistung zu bewirken haben, c) zu kumulierten Verbindlichkeiten, bei denen mehrere Schuldner nicht nur "eine" Leistung, sondern mehrere Leistungen zu erbringen verpflichtet sind. 2. Indessen kann nicht geleugnet werden, daß sich aus dieser Gegenüberstellung zumindest zwei Voraussetzungen der Gesamtschuld herausschälen: Die Schuldverbindung kann nur unter Ansprüchen erwachsen, welche auf " eine " Leistung gerichtet sind und in keiner anderen Verknüpfung (Teilschuld, gemeinschaftliche Schuld) stehen. Die Behauptung, § 421 enthalte keine Defmition der Gesamtschuld, wird denn auch regelmäßig dahingehend abgeschwächt, daß es sich hier um eine unvollständige und damit falsche Begriffsbestimmung handele. So führen etwa Reinicke / Tiedtke aus: ,,§ 421 BGB ist demnach so auszulegen, daß grundSätzlich eine Gesamtschuld gegeben ist, wenn jeder Schuldner die ganze Leistung schuldet, der Gläubiger sie aber nur einmal fordern kann. Von diesem Grundsatz müssen allerdings Ausnahmen gemacht werden, obwohl das Gesetz schweigt. § 421 ist zu weit gefaßt."3
1 Zum wissenschaftlichen Diskussionsstand siehe den Überblick von Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 7 f. 2 In diesem Sinne etwa Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 1: "Die Bestimmung will zeigen, was man unter einer Gesamtschuld zu verstehen hat. Sie macht jedoch keine Aussage darüber, wann eine Gesamtschuld vorliegt." (Hervorhebungen durch Verfasserin). Unklar Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 77.
Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit
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Die Norm des § 421 soll nach dieser Auffassung nur die Mindestvoraussetzungen der Gesamtschuld nennen 4.
3. Man könnte die genannte Bestimmung jedoch auch als vollständige Definition der Gesamtschuld begreifen. Eine Gesamtschuld läge demnach stets vor, wenn mehrere Verpflichtete" eine" Leistung schulden und eine andere Schuldverbindung ausgeschlossen werden muß. Eine Teilschuld kommt dabei nur bei teilbarer Leistung in Betracht. Für den Begriff der "Teilbarkeit" ist, bezogen auf eine Schuldnermehrheit, entscheidend, ob die zu erbringende Leistung auf mehrere Schuldner so verteilt werden kann, daß jeder von ihnen eine von der Gesamtleistung verschiedene Einzelleistung unabhängig vom Mitverpflichteten zu bewirken vermag, wobei sich die Einzelleistungen wiederum zur Gesamtleistung zusammenfügen müssen 5. Eine Leistung ist mithin unteilbar, wenn sie nicht einmal körperlich in Einzelleistungen aufgespalten werden kann (sog. tatsächliche Unteilbarkeit) 6 oder wenn sich die Einzelleistung ohne die Zustimmung der Mitverpflichteten als unerlaubter Zugriff auf einen Vermögenswert erweist (sog. rechtliche Unteilbarkeit)7. Soweit mehrere Schuldner eine unteilbare Leistung zu bewirken haben, kommt außer der Gesamtschuld (§ 431) nur die gemeinschaftliche Obligation in Betracht.
3
Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 21.
In diesem Sinne auch MünchKomm / Selb, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 7, 8 oder Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634: ,,§ 421 darf nicht als eine abschließende
Definition der "Gesamtschuld" betrachtet werden." 4 Aus jüngerer Zeit noch Steinbach / Lang, WM 1987, Seite 1237, 1240. 5 Der Begriff der "Teilbarkeit" wird im Hinblick auf die Schuldnermehrheit von Schrifttum und Kommentarliteratur eher stiefmütterlich behandelt. Am treffendsten dürften die Ausführungen von R. Schmidt im Soergelschen Kommentar, 10. Auflage, § 420 Rdnr. 2 sein. 6 Demnach sind mehrere Personen, die das Unterlassen derselben Tätigkeit, etwa geschäftlichen Wettbewerb, schulden, in keinem Fall Teilschuldner: Jeder von ihnen hat der Unterlassungspficht zu genügen und bewirkt damit keine von der Gesamtleistung verschiedene Einzelleistung (dazu im einzelnen unten, 2. Teil, III 2). Aber auch der mit mehreren Ärzten einer Gemeinschaftspraxis geschlossene Behandlungsvertrag oder die Beauftragung mehrerer Anwälte einer Sozietät sind auf eine unteilbare Leistung gerichtet: Eine ärztliche Behandlung kann nur in Kenntnis der gesamten Krankengeschichte sinnvoll durchgeführt und die anwaltliche Vertretung nur in Kenntnis des gesamten Sachverhalts und unter Berücksichtigung der jeweiligen Prozeßlage erfolgen (dazu noch unten, 1. Teil, VIII 3 d, cc und 3. Teil, I 2 a). 7 Als eine rechtlich unteilbare Leistung stellt sich etwa die Gesamthandsverbindlichkeit dar: Über ein Gesamthandsvermögen dürfen nur alle Schuldner gemeinsam verfügen. Jeder Befriedigungsversuch des einzelnen aus dem Gesamthandsvermögen beinhaltete einen rechtswidrigen Zugriff auf diese Masse. Die Gesamthandsverbindlichkeit ist mithin ein Sonderfall der gemeinschaftlichen Schuld; zutreffend Soergel / R. Schmidt, 10. Auflage, Vor § 420 Rdnr. 7 und § 420 Rdnr. 3. Zur Gesamthand insgesamt Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 36 II c, Seite 630 f.; undeutlich Selb, der von einer"Art gemeinschaftlicher Schuld" spricht (Mehrheiten, § 10 I, Seite 198).
11. Das ungeklärte "Wesen" der Gesamtschuld
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4. Soweit ersichtlich, wird die Auffassung, § 421 enthalte eine vollständige Definition der Gesamtschuld, diese sei mithin allein dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Personen eine Leistung schuldeten, nur vereinzelt im älteren Schrifttum vertreten 8. Diese Autoren, die, nicht mehr in der gemeinrechtlichen Doktrin des "einheitlichen Entstehungsgrundes" befangen, in der Erkenntnis der Gesamtschuld ein Stück fortgeschritten sind, vernachlässigen freilich das unverzichtbare Merkmal des Ausschlusses der Teil- bzw. der gemeinschaftlichen Schuld. Sie vermögen es daher nicht, ihren Ansatz durchzuhalten; auch erproben sie ihn nicht hinreichend an Beispielsfällen 9• Dieser Befund erklärt sich im wesentlichen aus zwei Gründen: a) Die Gesetzesmaterialien erwecken den Eindruck, als könne die Gesamtschuld nur ausnahmsweise durch Rechtsgeschäft oder ausdrückliche gesetzliche Anordnung ins Dasein treten. So lautete § 2 des Vorentwurfs über Gesamtschuldverhältnisse aus dem Jahre 1878: ,,Ein Gesammtschuldverhältniß, vennöge dessen ... jeder der mehreren Schuldner dieselbe Leistung ganz zu bewirken verpflichtet ist, die Leistung aber nur einmal zu geschehen hat, kann durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen oder unmittelbar durch gesetzliche Bestimmung begründet werden." 10 Soll den gesetzlichen Anordnungen aber nicht nur eine klarstellende Bedeutung zukommen, so muß die Gesamtschuld durch weitere Eigenschaften als durch die in § 421 genannten Merkmale gekennzeichnet sein. Mit anderen Worten: Diese dürfen, soll eine Gesamtschuld entstehen, nicht nur "zufällig" erfüllt sein. b) Des weiteren wurde der gemeinrechtliche Streit über den Unterschied zwischen "Korreal-" und "Solidarobligationen" in das Bürgerliche Gesetzbuch hineingetragen 11.
8 Reichei, Schuldmitübernahrne, Seite 33 ff., 49-58; Rudolf Schmidt, JhJb 72, Seite 1, 103; Heck, Schuldrecht, § 76, 3, Seite 234; ders., AcP 122, Seite 131, 132.
9 Reichei, a. a. 0., beschäftigt sich nur mit der SchuldmilÜbernahme und geht auf das Verhältnis der Gesamt- zur Teilschuld nicht ein. R. Schmidt, a. a. 0., konzentriert sich auf die Auseinandersetzung mit den Vertretern der Lehre von der Zweckgemeinschaft, streift die Teilschuld in Bemerkungen, die seiner Auffassung zur Gesamtschuld widersprechen (Seite 48) und bleibt deshalb bei der - unvollständigen - These der "einen" Leistung. Heck argumentiert ausgesprochen widersprüchlich (Schuldrecht, Seite 234): Er erkennt zutreffend die Bedeutung des § 421 als Definition der Gesamtschuld, sondert jedoch in einem nächsten Schritt wiederum Fälle aus dem Gesamtschuldrecht aus, die bei konsequenter Anwendung seiner Auffassung von ihr erfaßt werden: So sollen die Garantie für eine verkaufte Forderung und die Verpflichtung des Schuldners keine Gesamtschuld begründen. 10 Zitiert nach Jakobs / Schubert, Die Beratung des BGB, Vor § 420, Seite 891 (Hervorhebungen durch Verfasserin). 11 Eiseie, AcP 77, Seite 374, 481.
2 Wemecke
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Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit
Die Folge war, daß sich bereits um die Jahrhundertwende die sichere Vorstellung entwickelte, neben dem Gesamtschuldrecht bedürfe es weiterer Abwicklungsmodelle für Schuldnermehrheiten, die "an sich" unter die Bestimmung des § 421 fielen 12. Später wurde die Existenz solcher Abwicklungsmodelle nicht mehr in Frage gestellt 13. 5. Selbst das Schrifttum, das in der Bestimmung des § 421 eine vollständige Definition der Gesamtschuld erblickt, scheidet einige Sachverhalte, in denen der Gläubiger nur einen unter mehreren Verpflichteten in Anspruch nehmen kann, weil sein Interesse nicht mehrfach befriedigt werden soll, aus dem Recht der Gesamtschuld aus. So sollen der Gesamtschuld die verschiedenen Zwecke einer gesicherten und einer zur Sicherheit abgetretenen sowie einer vertraglich oder gesetzlich begründeten und der erfüllungshalber zedierten Forderung im Wege stehen 14.
Zwar wird solchenfalls kein "zusätzliches" Merkmal zur Entstehung der Gesamtschuld gefordert, jedoch erfährt der Begriff der" einen Leistung" eine besondere inhaltliche Bestimmung: Von "einer" Leistung könne nur die Rede sein, wenn die verschiedenen Ansprüche bestimmte, meist identische "causae" in sich trügen 15. 6. Bereits an dieser Stelle sei die Entwicklung der Diskussion um die Voraussetzungen der Gesamtschuld knapp skizziert: a) Beginnend mit dem Aufsatz "Correalität und Solidarität" von Eiseie aus dem Jahre 1891 16 suchte man nach einem besonderen Merkmal der Gesamtschuld innerhalb der Vorschriften der § § 421 ff. 17, wodurch deren Anwendbarkeit eingeschränkt wurde und das Bedürfnis nach anderen Ausgleichsregeln für eine Schuldnermehrheit entstand, bei der jeder Verpflichtete zwar die ganze Leistung schuldete, der Gläubiger sie aber insgesamt nur einmal erhalten sollte 18. 12 Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, 1. Auflage, § 426 Anm. 2 d; Enneccerus, Schuldrecht, 4. und 5. Bearbeitung, § 313 11 3, Seite 239. 13 Larenz, Vertrag und Unrecht, Bd. 1, § 29 11, Seite 201; ders. Schuldrecht AT, 1. Auflage, § 33 III, Seite 295; Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 17 - 20. 14 Ehmann, Gesamtschuld, Seite 339, Fußnote 88. 15 Ehmann, a. a. 0., Seite 127 f.; ähnlich bereits Last, Studien zur Erläuterung des bürgerlichen Rechts, Heft 26, Seite 16 ff. 16 AcP 77, Seite 374. 17 Auf diese Weise sind die Begriffe "Identität des Schuldgrundes" (Eiseie) und ,,zweckgemeinschaft der Schuldner" (Enneccerus / Lehmann) entstanden. Dazu im einzelnen unten, 1. Teil 11 und IV. 18 So wurde in Fällen, die "an sich" unter § 421 fielen, aber das "besondere Merkmal" nicht aufwiesen, das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag und das der ungerechtfertigten Bereicherung für anwendbar erklärt; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, 1. Auflage, § 426 Anrn. 2 d. Oertmann war es auch, der in seiner Schrift "Die Vorteilsausgleichung beim Schadens-
11. Das ungeklärte ..Wesen" der Gesamtschuld
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b) Schon in seiner Schrift "Vertrag und Unrecht" aus dem Jahre 1936 geht Larenz wie selbstverständlich davon aus, daß solche Abwicklungsregelungen neben dem Gesamtschuldrecht bestehen 19. Gerade die Vorschrift des § 255, in der er eine mit dem Gesamtschuldrecht konkurrierende Abwicklungsnorm erblickt, veraniaßt ihn, den Anwendungsbereich der Bestimmungen der §§ 421 ff. einzuschränken 20 • Auf diese Weise trägt er den Begriff der "Gleichstufigkeit der Verpflichtungen" in das Gesamtschuldrecht hinein 21. In Anlehnung an ihn entwickelt Selb das Erfordernis der "Erjüllungsgemeinschaft" 22. c) In den sechziger Jahren verwarf man das Bemühen um das "eine Merkmal" der Gesamtschuld als unfruchtbar. Beispielhaft dafür ist die Schrift ,,zur Lehre von der unechten Gesamtschuld" von Hillenkamp, der sich im Jahre 1966 dahingehend äußert: ..Meines Erachtens wird man die Frage, wann ein Gesamtschuldverhältnis vorliegt, nicht danach entscheiden können, ob ein wie immer geartetes besonderes Merkmal erfüllt ist, denn ein solches gibt es nicht. Wäre die Gesamtschuld tatsächlich durch ein derartiges Kriterium gekennzeichnet, müßte man es längst gefunden haben ... "23. d) Man versuchte nun, die Gesamtschuld über die Bildung von Fallgruppen (Typologien) zu erforschen. aa) So wurde zum Teil behauptet, es sei unmöglich, den gesetzlich angeordneten Gesamtschuldfällen eine einheitliche Vorstellung zu entnehmen; vielmehr lägen ihnen gänzlich verschiedene Gedanken zugrunde. Man sei gezwungen, nach übergeordneten Gesichtspunkten zu suchen, mit deren Hilfe sich Gruppen von Gesamtschulden bilden ließen 24 • Konnte von diesem Ausgangspunkt aus die Gesamtschuld nur über die Analogie zu Fallgruppen gewissermaßen "bruchstückhaft" ausgeweitet werden 25, so ersatzanspruch im römischen und deutschen bürgerlichen Recht" die Anwendung des § 255 für diese Fälle erwog; siehe dort Seite 293-295. 19 A. a. 0., Seite 201. 20 Schuldrecht AT, 1. Auflage, § 33 III, Seite 295. 21 Schuldrecht AT, 1. Auflage, § 33 III, Seite 296. Larenz hält an dem Erfordernis der ..Gleichstufigkeit der Verpflichtungen" bis heute fest: ..Im Unterschied dazu (ich ergänze: zu den Anwendungsfallen der Legalzessionen und des § 255) liegt in den Fällen der Gesamtschuld typischerweise, wenn auch nicht begrifflich notwendig, ..Gleichstufigkeit" aller Verpflichtungen in dem Sinne vor, daß nicht einer der Schuldner von vornherein der Primärverpflichtete ist, vielmehr prinzipiell alle letztlich einen Beitrag zu leisten haben - mag er auch in Ausnahmefallen bis auf null zurückgehen ... Nur wo sie (die ..Gleichstufigkeit") vorliegt, sollte daher, abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen, eine Gesamtschuld angenommen werden, auf die dann §§ 421 ff. anzuwenden sind." (Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 635). 22 Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 17 - 20. 23 A. a. 0., Seite 115. 24 Hillenkamp, a. a. 0., Seite 117. 2* .
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entstand auch hier das Bedürfnis nach "Ersatz-Abwicklungsmodellen" für Fälle, die "an sich", d. h. von der Rechtsfolge her gesehen, dem Gesamtschuldrecht unterstellt werden konnten 26 • bb) Einige Autoren gingen umgekehrt im Rahmen der Fallgruppenbildung wie selbstverständlich vom Bestand mehrerer Abwicklungsmodelle (insbesondere der Legalzessionen und dem des § 255) aus 27. Sie versuchten unter diesem Gesichtspunkt den Nachweis zu erbringen, daß das Gesamtschuldrecht nicht für alle Fälle maßgeblich sei, die "an sich" unter die Vorschrift des § 421 fielen 28. ce) Schließlich hat Ehmann versucht, die einmalige Berechtigung des Gläubigers aus der sog. "causa-Lehre" heraus zu erklären: Würden mehrere Ansprüche durch denselben Zweck getragen oder sei der eine Anspruch entstanden, um den anderen zu sichern, so erwachse eine Gesamtschuld 29 • Nach der Auffassung von Ehmann sind mehrere Ansprüche von "demselben" Zweck getragen, wenn sie dasselbe Gläubigerinteresse schützen (sog. "Schutzzweckgesamtschulden") oder wenn mehrere Personen denselben rechtsgeschäftlich gesetzten Zweck verfolgen (sog. "gleichgründige Gesamtschulden") 30. 7. Man könnte die knapp beschriebene Entwicklung so kennzeichnen: Seit nahezu einhundert Jahren bemüht sich das juristische Schrifttum darum, die Entstehung einer Gesamtschuld zu ergründen. Einigkeit besteht weitgehend darüber, daß diese Schuldverbindung nicht bereits dann anzunehmen ist, wenn einem Gläubiger zwei oder mehrere Schuldner gegenüberstehen, die ihn nur alternativ zu befriedigen haben; das "Wesen" der Gesamtschuld sei durch mehr als durch das wechselseitige Freiwerden der Schuldner gekennzeichnet. Davon abgesehen gehen die Auffassungen auseinander, wobei man die Eigenart der Gesamtschuld im wesentlichen auf zwei Wegen zu ergründen sucht: Entweder wird das "zusätzliche" Merkmal dieser Schuldverbindung unabhängig von anderen Abwicklungsregeln entwickelt, sei es, daß man es unmittelbar aus den Vorschriften der §§ 421-427, 431 herausliest wie die "Einheitlichkeit des Schuldgrundes" oder die ,;Zweckgemeinschaft" 31, sei es, daß man den einzelnen Gesamtschuldanordnungen (etwa der Verantwortlichkeit mehrerer DeliktstäHillenkarnp, a. a. 0., Seite 123 ff. Hillenkarnp, a. a. 0., Seite 124 ff. 27 Thiele, JuS 1968, Seite 149, 150; Bömsen, Gesarntschuld, Seite 184 f. 28 Thiele, a. a. 0., Seite 152. Nach Thiele enthalten die Vorschriften, in denen ein sog. Zessionsregreß angeordnet ist (cessio legis, §§ 255,281) eine ,,negative Geltungsanordnung im Hinblick auf § 421." 29 Gesarntschuld, Seite 126 f. 30 A. a. 0, Seite 126 f. 31 In diesem Sinne Eiseie, AcP 77, Seite 374, 481; Enneccerus, Schuldrecht, 4. und 5. Bearbeitung, § 313 11 3, Seite 239. Ähnlich auch Ehmann, indem er die "eine" Leistung auf teils übereinstimmende ("gleichgründige Gesamtschuld", "Schutzzweckgesarntschuld"), teils verschiedene Zwecke ("Sicherungsgesarntschuld") zurückführt. 25
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ter aus § 840, der Haftung mehrerer Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft aus § 128 HGB, der Verpflichtung mehrerer Mitbürgen aus § 769 etc.) durch die Bildung von "Typen" eine Bedeutung beilegt, die über den bloßen Ausschluß der Teilung hinausgeht (etwa der "Haftungsgemeinschaft" der Deliktsschuldner im Gegensatz zu der von Organen, Liquidatoren und Vermögensverwaltem) 32. Oder es wird von vornherein von der Existenz anderer, mit dem Gesamtschuldrecht konkurrierender Regelungen ausgegangen und die Gesamtschuld "negativ" in dem Sinne charakterisiert, daß den §§ 421 ff. nur solche Sachverhalte unterstellt werden könnten, die keinen anderen Regelungen zuzuordnen seien 33 • Besondere Bedeutung wird jeweils dem methodischen Vorgehen beigemessen; diejenigen Autoren, weIche die Struktur der Gesamtschuld durch die Bildung von Fallgruppen offenzulegen glauben, verwerfen die Suche nach einem Begriff als unfruchtbar 34 • Der Kritik an einem rein begrifflichen Denken ist zuzugeben, daß erst mittels einer Typologie Rechtsfiguren entfaltet, d. h. ihre Eigenarten augenfällig gemacht werden können 35. Eine "Typologie der Gesamtschuld" erweist sich jedoch als wertlos, wenn sie an ein bestimmtes begriffliches Vorverständnis anknüpft, etwa an die Vorstellung, es gäbe außerhalb der Gesamtschuld Abwicklungsregeln für Schuldnermehrheiten, die "an sich" unter die Norm des § 421 fielen 36 • Zudem ist eine Typenbildung der Gefahr ausgesetzt, sich in der Auflistung verschiedener Einzelflille zu verlieren 37. Die Schwäche einer Typenbildung liegt auch darin, daß begriffliche "Ungereimtheiten" als ,,Ausnahmen von der Regel" postuliert werden können und damit die Grenzen eines Rechtsinstituts immer weniger faßbar erscheinen 38. Die vorliegende Arbeit wird auf eine typologisierende Betrachtung nicht verzichten können; sie soll in die Darstellung jedoch nur mit dem Ziel einfließen, anschaulich werden zu lassen, unter weIchen Gesichtspunkten mehrere Schuldner "dieselbe" Leistung ganz zu bewirken verpflichtet sind.
So Hillenkamp, Unechte Gesamtschuld, Seite 117 ff., insbesondere Seite 119. Etwa Thiele, JuS 1968, Seite 149, 152. 34 Besonders deutlich Hillenkamp, a. a. 0., Seite 115 und Thiele, a. a. 0., Seite 149. 35 Allgemein zur Typenbildung: Larenz, Methodenlehre, 5. Auflage, Seite 443 ff.; Engisch, Konkretisierung, Seite 237 ff. 36 Dieser Vorwurf trifft Thiele, a. a. 0.: Er geht wie selbstverständlich davon aus, daß es sich bei Legalzessionen und der Norm des § 255 um mit dem Gesamtschuldrecht unvereinbare Regelungen handelt. 37 Als bloße Zusammenstellung von Einzelfallen erweist sich die Typenbildung von Hillenkamp. Zu Einzelheiten siehe unten, 1. Teil, VIII 1. 38 Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die bereits erwähnte (oben, Il, Fußnote 21) Formulierung von Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 635: " ... in den Fällen der Gesamtschuld (ich ergänze: liegt) typischerweise, wenn auch nicht begrifflich notwendig, "Gleichstufigkeit" aller Verpflichtungen in dem Sinne vor, daß nicht einer der Schuldner von vornherein der Primärverpflichtete ist, vielmehr prinzipiell alle letztlich irgend einen Beitrag zu leisten haben - mag er auch in Ausnahmefällen bis auf null zurückgehen ... " 32 33
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III. Die Orientierungslosigkeit der Rechtsprechung im Hinblick auf das "Wesen" der Gesamtschuld Angesichts der vielfältigen Versuche des Schrifttums, die Voraussetzungen der Gesamtschuld zu ermitteln, stellt sich die Frage, ob die Rechtspraxis einem der bereits knapp dargestellten Regelungsmuster I den Vorzug einräumt. Sie ist gegenwärtig zu verneinen: Nachdem die Rechtsprechung über einen langen Zeitraum hinweg 2 ihre Entscheidungen auf den von Enneccerus 3 entwickelten Begriff der ,,zweckgemeinschaft" gestützt hat, läßt der Bundesgerichtshof nunmehr unter Hinweis auf die verschiedenen Erklärungsansätze der Literatur - offen, unter welchen Umständen eine Gesamtschuldnerschaft anzunehmen sei. Seine Verlegenheit zeigt sich in einem Urteil aus dem Jahre 1983, das über die Haftung eines Schadensersatz- und eines Bereicherungsschuldners zu entscheiden hatte 4 • Die Klägerin war einer Raiffeisenbank wegen einer Eigentumsverletzung verantwortlich. Sie hatte Kfz-Briefe, die sie aufgrund eines durch Verzicht erloschenen Eigentumsvorbehalts als Verkäuferin der Fahrzeuge in Besitz behalten hatte, nicht an die kraft einer Anschluß-Sicherungsübereignung anwartschaftsberechtigte Bank, sondern an ein weiteres Kreditinstitut, die spätere Beklagte, herausgegeben. Die Beklagte wiederum hatte als Nichtberechtigte über die Fahrzeuge verfügt. Im Prozeß ging es um die Ausgleichspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin, welche die Raiffeisenbank entschädigt hatte. In diesem Zusammenhang zieht sich das Revisionsgericht aus der Festlegung auf das Merkmal der "Zweckgemeinschaft" mit folgenden Wendungen zurück: "Der BGH (BGHZ 59, 97, 99; 52, 39,43,44) hat bisher offengelassen, ob er an dem Erfordernis der ,,zweckgemeinschaft" festhalten will. Er hat sich ferner bisher nicht Siehe oben, II 6. Etwa vom Jahre 1911 (RGZ 77, Seite 317, 323) bis zum Jahre 1965 (BGHZ 43, Seite 227, 229). In der zuletzt genannten Entscheidung bemerkt der VII. Zivilsenat des höchsten Gerichts im Jahre 1972 (BGHZ 59, Seite 97, 99): " ... dem Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen . .. ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob er an dem Erfordernis (ich ergänze: der rechtlichen Zweckgemeinschaft) festgehalten hat." 3 Mit dem von Enneccerus entwickelten, undeutlichen Begriff der ,,zweckgemeinschaft" setze ich mich ausführlich unten, 1. Teil, IV auseinander. 4 JZ 1984, Seite 230. Der Sachverhalt ist im folgenden vereinfacht wiedergegeben. Nach den Ausführungen des Berufungsurteils (a. a. 0., Seite 232 sub II 3 a) traf die Beklagte kein Verschulden, das sie nach dem hier anwendbaren Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer schadensersatzpflichtig gemacht hätte. Selbst bei grober Fahrlässigkeit im Augenblick der Veräußerung, auf die Wendungen des Revisionsurteils hinweisen, hätte sich an der schadensersatzrechtlichen Verantwortung der Beklagten nichts geändert, weil die hier in Frage kommende Vorschrift des § 990 das Verschulden bei dem Erwerb des Besitzes zum Maßstab nimmt. Angesichts dieser Sachlage traf letztlich die Klägerin die Verantwortung für den Verlust des Eigentums der Raiffeisenbank. Nach der in der vorliegenden Arbeit entworfenen Aufteilung der Entstehungsgründe der Gesamtschuld war hier ein sog. "VorlageFall" zu erkennen, der im Innenverhältnis die Klägerin mit dem Ausgleich für den Eigentumsverlust belastete (siehe unten, 3. Teil, II 2). I
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darüber geäußert, ob er das von dem neueren Schrifttum vorausgesetzte Merkmal der "Gleichstufigkeit" der Verpflichtungen als Abgrenzungskriterium für geeignet ansieht. Auch im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der neueren Literaturmeinung zu folgen ist, weil die verschiedenen Schuldverpflichtungen nicht nur . . . zu einer ,,rechtlichen Zweckgemeinschaft" verbunden sind, sondern die Bewertung der Verpflichtungen aller Schuldner ... ergibt, daß im Verhältnis zur Raiffeisenbank eine grundsätzlich vorrangige Verpflichtung nicht gegeben ist." 5 Die Rechtsprechung hat den wissenschaftlichen Streit mithin noch nicht in der einen oder der anderen Richtung entschieden.
IV. Ziel und Weg dieser Untersuchung Warum, so wird sich der Leser fragen, darf angesichts zahlreicher Erklärungsversuche noch eine weitere Abhandlung zur Entstehung der Gesamtschuld gewagt werden? Sollte das Thema nicht wissenschaftlich erschöpft sein? Ich erwidere: Nein, weil alle Versuche, die Schuldverbindung an weitere Voraussetzungen an den Ausschluß der Kumulation von Verbindlichkeiten einerseits und der Teiloder gemeinschaftlichen Schuld andererseits zu knüpfen, nicht überzeugen können. 1. Diesen Beweis zu führen, wird Gegenstand des ersten Teils der Arbeit sein. Ohne an dieser Stelle auf Einzelheiten einzugehen, werde ich darlegen, daß es willkürlich ist, den Bestimmungen der §§ 421-427 ein "weiteres", die Gesamtschuld kennzeichnendes Merkmal zu entnehmen; nach der Vorschrift des § 421 liegt eine solche Verbindung stets vor, wenn ein und dasselbe Gläubigerinteresse von mehreren Schuldnern alternativ zu befriedigen ist I. Auch wird sich erweisen, daß diese Form der Schuldnermehrheit weder typologisch noch begrifflich "negativ" aus der Existenz anderer Abwicklungsmodelle nach der Formel abzuleiten ist: "Alle Schuldnermehrheiten, die nicht durch Legalzessionen oder durch die Bestimmung des § 255 erlaßt sind, weisen auf die Gesamtschuld hin." Nach meiner Erkenntnis gibt es keine mit dem Gesamtschuldrecht konkurrierenden Abwicklungsregeln: Die Legalzessionen innerhalb einer Schuldnermehrheit 2 können als Sondervorschriften zu § 426 11 verstanden werden, und auch bei der Norm des § 255 handelt es sich um eine das Gesamtschuldrecht ergänzende Bestimmung 3.
A. a. 0., Seite 231. Siehe die Ausführungen unten, 1. Teil, IX; 3. Teil, I 1 c; 3. Teil, I 3; 3. Teil, 11 3. 2 Um eine solche cessio legis handelt es sich bei der Vorschrift des § 67 VVG: Im Schadensfall hat der Versicherte sowohl gegen den Schädiger als auch gegen die Versicherung einen Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils; leistet die Versicherung, so geht der Anspruch gegen den Schädiger auf sie über. Im einzelnen dazu unten, 1. Teil, V 3, insbesondere 3 c. 3 Siehe ausführlich unten, 1. Teil, V 2 a. 5
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Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit
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Schließlich können auch die Stimmen keine Billigung finden, die behaupten, den gesetzlich angeordneten Gesamtschulden sei keine einheitliche Grundvorstellung zu entnehmen - steht doch hinter allen der Gedanke, eine mögliche Mehrfachbefriedigung des Gläubigers auszuschließen 4. Und letztlich wird die Auffassung Ehmanns widerlegt werden können, wonach die Gesamtschuld nur aus der sog. "causa-Lehre" heraus zu begreifen sei: Entstehen mehrere Ansprüche unabhängig voneinander (schuldet z. B. der Dieb einer Sache dem die spätere Veräußerung durch einen Dritten genehmigenden (ehemaligen) Eigentümer Schadensersatz aus § 823 I und der Veräußerer die Herausgabe des von ihm erzielten Erlöses aus § 816 I 1 5), so trägt jeder Anspruch eine eigene "causa" in sich; wie die Ansprüche, so stehen auch die "causae" unverbunden nebeneinander. Der Grund für die gesamtschuldnerische Verbindung muß in diesen Fällen mithin außerhalb der Rechtszwecke liegen 6• 2. Konnte die Unvollständigkeit der in § 421 enthaltenen gesetzlichen Definition der Gesamtschuld bis auf den heutigen Tag nicht nachgewiesen werden, ist mangels eines zwingenden Grundes von ihrer Vollständigkeit auszugehen. Die genannte Schuldverbindung erwächst mithin, wenn mehrere "eine" Leistung nicht als Teil- oder gemeinschaftliche Schuldner zu erbringen haben 7 • Freilich gilt es nunmehr, die beiden Voraussetzungen der Gesamtschuld näher aufzuschlüsseln: Wann kann man behaupten, mehrere Personen schuldeten nur "eine" und nicht mehrere Leistungen? Mit anderen Worten: Unter welchem Gesichtspunkt entsteht überhaupt eine Schuldverbindung ? Und weiter: Mit welchen Erwägungen läßt sich eine Teil- oder eine gemeinschaftliche Schuld ausschließen? Die Antworten auf diese Fragen werden im zweiten und dritten Teil zu geben sein. Dabei gilt es auch festzustellen, ob in Einzelfällen zwingende bisher noch nicht nachgewiesene - Gründe bestehen, das Gesamtschuldrecht einzuschränken, d. h. die §§ 422 ff. nicht anzuwenden, obwohl die Voraussetzungen des § 421 erfüllt sind. Meine im einzelnen zu entwickelnden Erkennntnisse seien bereits an dieser Stelle in bündiger Kürze vorgestellt: a) Jede Schuldverbindung beruht letztlich auf dem Gebot der "ausgleichenden Gerechtigkeit", wonach ein einheitliches Gläubigerinteresse nicht mehrfach befriedigt werden darf 8 • Die Einheit des Gläubigerinteresses selbst wird zum einen durch einen entsprechenden Partei- oder Gesetzeswillen hergestellt. Siehe dazu unten, 2. Teil, I und II. Dieser Sachverhalt lag dem Urteil BGHZ 52, Seite 39 ff. zugrunde. Eine ausführliche Erörterung findet sich unten, 3. Teil, II 2 b, ee. 6 Zu Einzelheiten siehe unten, 1. Teil, VIII 3 c. 7 Daß außer der Gesamtschuld bei teilbarer Leistung die Teil-, bei unteilbarer Leistung die gemeinschaftliche Schuld als Schuldverbindung in Betracht kommen, habe ich oben, II 3 ausgeführt. 4
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Mehrere Obligationen zielen kraft eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Willens auf ein einheitliches Gläubigerinteresse, wenn sie gemeinschaftlich begründet werden oder die eine zum Zwecke der Abwicklung einer anderen entsteht. Letzteres ist bei allen sog. Sicherungsverbindlichkeiten anzunehmen: Durch sie soll die Durchsetzbarkeit eines anderweitig begründeten Anspruchs gesichert werden 9. Zum anderen ist von einem einheitlichen Gläubigerinteresse auszugehen, wenn mehrere Ansprüche zwar nicht durch Partei willen oder gesetzliche Anordnung aufeinander bezogen werden, mindestens jedoch wirtschaftlich, d. h. bei lebensmäßiger Betrachtung, auf den Ausgleich desselben Nachteils, die Abschöpfung oder die Verschaffung desselben Vorteils zielen. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn sich mehrere Schuldner unabhängig voneinander zu einer im ganzen unwiederholbaren, d. h. einmaligen Leistung verpflichtet haben wie etwa zur Übereignung derselben Sache 10, aber auch z. B. dann, wenn mehrere Personen einer anderen Unterhalt schulden. Mehrere Personen sind nun Teil- oder gemeinschaftliche Schuldner, wenn sich die Einzelpflichten - als erfüllt gedacht - zu dem insgesamt einmal geschuldeten Gesamterfolg zusammenfügen. die Einzelleistungen mithin nur Teile eines einheitlichen Gesamterfolgs sind 11. Als Beispiel nenne ich die Auflassung eines Grundstücks durch mehrere Bruchteils- oder Gesamthandseigentümer. Eine Gesamtschuld wird man demgegenüber annehmen müssen, wenn die Einzelpflichten - als erfüllt gedacht- in ihrer Summe das Gläubigerinteresse mehrfach befriedigen würden, wie sich dies gerade bei geldlichen Leistungen zeigt. b) Um die Entscheidung für die eine oder die andere Schuldverbindung zu treffen, muß man zunächst das Charakteristische der Teilschuld l2 ins Auge fassen: Die Teilschuld stellt - bildlich ausgedrückt - alle Schuldner auf "dieselbe Stufe"; sie verteilt die "eine" Leistung nach einheitlichen, für alle in wesentlich gleicher Weise zutreffenden Merkmalen, wie der LeistungsHihigkeit der Verpflichteten, ihren Tatbeiträgen an einer unerlaubten Handlung, dem ideellen 8 Zu dem von Aristoteles entwickelten Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit etwa Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 4. Auflage, Seite 15 f. und 215 ff. oder Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Auflage, § 32 VIII, Seite 410 f. Zu den Einzelheiten siehe unten, 2. Teil, I 3. 9 Zu den rechtsgeschäftlich begründeten Sicherungsverbindlichkeiten siehe unten,3. Teil, I und zu den gesetzlichen unten, 3. Teil, 11 l. 10 Auf diese Gestaltung gehe ich ausführlich in dem Abschnitt "Die Gesamtschuld bei unabhängiger Verpflichtung mehrerer Personen auf eine einmalige Leistung", 2. Teil, 11 3 ein. 11 An dieser Stelle sei betont, daß die Teilschuld, ebenso wie die Gesamtschuld, juristisch-technisch betrachtet aus mehreren Einzelschuldverhältnissen besteht: Jeder Teilschuldner kann unabhängig von den Mitschuldnem auf eine Leistung in Anspruch genommen werden, § 241. 12 Die für die Teilschuld im folgenden angestellten Erwägungen gelten für die gemeinschaftliche Schuld. die bei unteilbaren Leistungen in Betracht kommt, entsprechend. Siehe unten, l. Teil, I Fußnote 4; l. Teil, VIII3d, cc; 3. Teil, I 2, insbesondere 2 d.
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Einleitung: Rechtfertigung der Arbeit
Bruchteil am gemeinschaftlichen Eigentum oder dem Anteil an dem Nachlaß nach der Auseinandersetzung unter Miterben. Damit bringt diese Schuldverbindung eine nach Gleichheitsgesichtspunkten bestimmte Verteilung der Haftung zum Ausdruck. Aus der Sicht des Gläubigers hat die Gleichbehandlung aller Schuldner zur Folge, daß er sie nebeneinander in Anspruch nehmen muß, um Befriedigung zu erlangen. Über die Teilschuld können folglich die Verhältnisse nicht sachgerecht geregelt werden, in denen eine Schuldverbindung um des Gläubigers willen geschaffen ist. Das ist der Fall, wenn mehrere Schuldner kraft Rechtsgeschäfts oder Gesetzes gehalten sind, füreinander einzustehen, um dem Gläubiger eine sichere und bequeme Rechtsverwirklichung zu ermöglichen. Diese Einstandspflicht wird etwa durch sog. Sicherungsverbindlichkeiten begründet 13; der Sicherungszweck bedarf jedoch keiner ausschließlichen Anerkennung, sondern kann auch neben einzelnen Partei- oder Gesetzeszwecken Berücksichtigung finden 14. Stellt § 420 mithin keine passende Regelung zur Verfügung, wenn der eine für den anderen oder alle Schuldner füreinander einzustehen haben, so ist damit der Weg zur Gesamtschuld frei. Entsprechendes gilt für die Fälle, in denen zwar mehrere Personen dem Gläubiger gegenüber verantwortlich sind, jedoch feststeht, daß letztlich nur einer der Verpflichteten für die Befriedigung des Gläubigers haften soll. Der eine Schuldner tritt solchenfalls für den anderen gewissermaßen nur "in Vorlage" 15. Eine Teilung würde hier im Außenverhältnis, d. h. im Verhältnis zum Gläubiger, zur Gleichbehandlung von Ungleichem führen; im hmenverhältnis bliebe der letztlich freizustellende Schuldner mangels abweichender Vereinbarung auf einem Teil der Haftung "sitzen". Neben den Gestaltungen der "vorläufigen", d. h. erst im Verhältnis der Schuldner untereinander auszugleichenden Haftung, scheidet die Teilschuld aus, wenn mehrere unabhängig voneinander dem Gläubiger jeweils die ungekürzte Befriedi13 Näheres dazu im Abschnitt "Die bestärkende Interzession als Gesamtschuld", 3. Teil, I 1 c. 14 Man überlege sich den Fall, daß mehrere Personen aufgrund eines gemeinsam verübten Delikts schadensersatzpflichtig sind: Der Zweck des Deliktsrechts ist - stark vereinfacht - der Ausgleich eines auf bestimmte Verhaltensweisen zurückzuführenden Schadens. Der Ausgleich allein ließe sich theoretisch durch eine anteilige Haftung aller Täter bewerkstelligen (§ 420); das Gesetz bürdet ihnen jedoch nicht nur die Pflicht zum Schadensersatz auf, sondern statuiert darüber hinaus eine Einstandspflicht jedes einzelnen Schuldners für seine Mitschuldner, § 830 I, Satz I. Für Nebentäter, d.h. für solche Schädiger, die - ohne gemeinsam zu handeln - dieselbe Einbuße verursachen, begründet § 840 I eine solche Einstandspflicht. Die wechselseitige Sicherung hat den Sinn, dem Geschädigten den Nachweis einzelner Verantwortungsteile zu ersparen; diese sollen (und müssen) im Innenverhältnis festgelegt werden. Zum Ganzen siehe unten, 3. Teil, 11 1 b, cc, dort unter den Ziffern 3 bis 5. 15 Diese Gestaltung ist deutlich von der Einstandspflicht unter den Schuldnern zu trennen: Die Einstandspflicht beruht darauf, daß der eine Schuldner den Anspruch des Gläubigers gegen den (die) anderen sichert. Die sog. "Vorlage-Fälle" weisen diesen Sicherungszweck nicht auf; sie sind dadurch gekennzeichnet, daß es an einem Verteilungsmaßstab der Haftung im Außenverhältnis fehlt.
IV. Ziel und Weg dieser Untersuchung
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gung desselben Interesses versprochen haben: Jeder ist dann an das von ihm gegebene Wort gebunden; ein Ausgleich unter den Verpflichteten kann, muß aber nicht stattfinden. Ein praktischer Anwendungsfall dieser an sich selbstverständlichen Einsicht zeigt sich bei der sog. Doppelversicherung nach § 59 VVG. Die Leistungen der Schadensversicherer dürfen in ihrer Summe lediglich das versicherte Interesse erreichen, um der Doppelversicherung die "unstatthafte Tendenz auf Gewinn" 16 zu nehmen. Freilich scheidet eine Teilschuld bezüglich des "überschießenden" Betrags aus, weil die einmal abgegebene und mit der Prämienhöhe abgestimmte Deckungszusage nicht nachträglich wieder in Frage gestellt werden darf l7 . Ist aus den soeben genannten Erwägungen heraus festzustellen, daß mehrere Personen eine Leistung weder als Teil- noch als gemeinschaftliche Schuldner zu bewirken haben, so findet das Gesamtschuldrecht ausnahmslos Anwendung: Durch die offenen Formulierungen der § § 423, 425 und 426 kann es jeder Sachlage gerecht werden 18.
RGZ 6, Seite 177, 178. Unter den mehreren Versicherern findet ein Ausgleich statt, § 59 11 VVG. Er entIällt dagegen, wenn mehrere etwa die Beseitigung desselben Erdwalles oder die Übereignung desselben Pferdes versprechen und einer der Schuldner seiner Leistungspflicht nachkommt. Siehe zu dieser Gestaltung meine Ausführungen unten, 2. Teil, 11 3. 18 Die Vorschrift des § 423 ordnet die Gesamtwirkung des Erlasses für den Fall an, daß die Vertragsschließenden dies wollen, nach § 425 soll die Einzelwirkung bestimmter Tatsachen nur eintreten, "soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt", und § 426 ordnet die anteilige Ausgleichspflicht der Schuldner untereinander lediglich an, "soweit nicht ein anderes bestimmt ist". 16
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Erster Teil
Die Bestimmung des § 421 - eine mißlungene, weil unvollständige Norm? Die Regelung des § 421 wird, so habe ich angedeutet, nur von wenigen Autoren als vollständige Definition der Gesamtschuld verstanden 1. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß es eines "weiteren Merkmals" bedürfe, damit diese Schuldverbindung entstehe. Ob die These, nach der § 421 die Voraussetzungen der Gesamtschuld nur unvollständig nennt, ihre Rechtfertigung im Gesetz findet, soll Gegenstand der Erörterungen des ersten Teils dieser Arbeit sein.
I. Die Gesamtschuld: Eine Schuldverbindung allein kraft Vertrags oder ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung? Die Norm des § 421 definierte die Gesamtschuld nicht, wenn diese Schuldverbindung ausschließlich durch einen entsprechenden Parteiwillen oder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung ins Dasein treten könnte; so1chenfalls wäre ihr Entstehen an einen entsprechenden Akt geknüpft. Die Auffassung, wonach die Gesamtschuld nur in diesen engen Grenzen erwachsen kann, entspricht gemeinrechtlicher Vorstellung 2 und findet sich auch in den Gesetzesmaterialien. So lautete § 2 des Vorentwurfs über Gesamtschuldverhältnisse aus dem Jahre 1878: "Ein Gesammtschuldverhältniß, vermöge dessen ... jeder der mehreren Schuldner dieselbe Leistung ganz zu bewirken verpflichtet ist, die Leistung aber nur einmal zu geschehen hat, kann durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen oder unmittelbar durch gesetzliche Bestimmung begründet werden" 3.
Die Gesetzesväter wollten damit zum Ausdruck bringen, daß die Teilschuld die angemessene Schuldverbindung, das "natürliche Verhältniß" für die Fälle Siehe oben, Einleitung, II 4. Dazu Windscheid / Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, 8. Auflage, § 292, Seite 179 f.; v. Savigny, Obligationenrecht, Bd. 1, § 16, Seite 137 f.; Hruza, Sächs. Archiv für Bürgerliches Recht, Bd.5, Seite 193, 195 f.; Enneccerus, Das Bürgerliche Gesetzbuch, 1. Bearbeitung, § 231 I, Seite 502. 3 Zitiert nach Jakobs / Schubert, Die Beratung des BGB, Vor § 420, Seite 891 (Hervorhebungen durch Verfasserin). 1
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I. Entstehung der Gesamtschuld allein durch Vertrag oder Gesetz?
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sei, in denen der Gläubiger nicht doppelt befriedigt werden dürfe 4 • Demgemäß bestimmte § 1 des Vorentwurfs über Gesamtschuldverhältnisse: " ... sind mehrere Schuldner zusammen zu einer Leistung verpflichtet, so ist, wenn nicht durch Gesetz oder Parteiwillen etwa Anderes bestimmt ist, ... jeder Schuldner nur einen Theil der Leistung zu bewirken verpflichtet." 5 Diese Aussage ist mit einer unerheblichen Umstellung zur Norm des § 320 des Ersten Entwurfs geworden 6 , und in der Fassung des heutigen § 420 wurde lediglich der Bedingungssatz ("wenn nicht ... ") durch die Worte "im Zweifel" ersetzt, ohne daß damit etwas anderes ausgedrückt werden sollte 7. Die Auffassung der Gesetzesväter, wonach eine Gesamtschuld nur aufgrund einer Parteivereinbarung oder einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung entstehen könne, erwies sich im Rechtsleben jedoch als irrig: Im Laufe der Zeit entstanden zahlreiche Gesamtschuldverbindungen außerhalb der gesetzlichen Anordnungen und ohne eine entsprechende Parteivereinbarung 8 • 4 Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 84 (Motive); Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht, Bd. 1, Seite 53 f. Über das Verhältnis der gemeinschaftlichen Schuld zur Gesamtschuld äußern sich die Gesetzesmaterialien nicht; als "einstufige" Abwicklungsform - es dürfen nur alle Verpflichteten gemeinsam in Anspruch genommen werden - steht sie jedoch der Teilschuld nahe, so daß ihr Verhältnis zur Gesamtschuld dem der Teilschuld zu den §§ 421 ff. entsprechen muß. 5 Zitiert nach Jakobs / Schubert, a. a. 0., Vor § 420, Seite 891 (Hervorhebungen durch Verfasserin). 6 Man lese § 320 des Ersten Entwurfs in der Amtlichen Ausgabe vom Jahre 1888, Seite 72. Winter behauptet in diesem Zusammenhang in seiner Dissertation, betitelt "Teilschuld, Gesamtschuld und unechte Gesamtschuld", daß nach der Entstehungsgeschichte des § 420 Teilschuldner bei der Begründung ihrer Verpflichtung "miteinander in Beziehung" stehen müssen (a. a. 0., Seite 25). Er begründet dieses Verständnis mit der Formulierung des § 320 des Ersten Entwurfs, nach dem die Teilschuld ein Schuldverhältnis voraussetzt (a. a. 0., Seite 23 f.). Diese Formulierung des Ersten Entwurfs kann aber seit Beginn unseres Jahrhunderts nur als ein Hinweis auf den Ausschluß der Häufung verstanden werden: Sowohl bei Teil- als auch bei Gesamtschulden (im übrigen spricht der Erste Entwurf in der Vorschrift des § 321 ebenfalls von .. einem" Schuldverhältnis!) entstehen mehrere Schuldverhältnisse, unabhängig davon, ob die Schuldner bei der Begründung ihrer Verpflichtungen miteinander "in Beziehung" stehen oder nicht. Siehe dazu oben, Einleitung, I. 7 In diesem Sinne auch Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 73. Die Vorschrift des § 420 hat mithin trotz der Formulierung "im Zweifel" nicht nur die Bedeutung einer Auslegungsregel, sondern eines Rechtssatzes: Sie entfaltet nicht nur im rechtsgeschäftlichen Bereich ihre Bedeutung. 8 Als Beispiele seien aus der Rechtsprechung nur folgende Urteile genannt: RGZ 61, Seite 56 (Gesamtschuldnerschaft zwischen Vertrags- und Deliktsschuldner); RGZ 77, Seite 317; 79, Seite 290 (Gesamtschuldnerschaft zwischen einem Vertragsschuldner und seinem aus unerlaubter Handlung haftenden Erfüllungsgehilfen); BGHZ 43, Seite 227 (Gesamtschuldnerschaft zwischen dem nachbesserungspflichtigen Bauunternehmer und dem schadensersatzpflichtigen Architekten); BGHZ 52, Seite 39; BGH NJW 1984, Seite 230 (Gesamtschuldnerschaft zwischen demjenigen, der fremdes Eigentum deliktisch
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
Bereits Anfang des Jahrhunderts konnte nicht mehr behauptet werden, eine Gesamtschuld entstehe ausschließlich kraft Parteiwillens oder durch die ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers 9 • Damit stellt sich die Teilschuld entgegen der Vorstellung der Gesetzesväter - nicht in jedem Falle als das "natürliche Verhältniß" IO unter mehreren, zu einer Leistung verpflichteten Schuldnern dar. Das engherzige Verständnis der Gesamtschuld, wie wir es den Gesetzesmaterialien entnehmen, verbietet sich mithin von selbst.
11. Die "Identität des Schuldgrundes" I ein willkürlich in die Bestimmung des § 421 hineingetragenes Merkmal der Gesamtschuld Der Gedanke, eine Gesamtschuld liege nicht schon dann vor, wenn mehrere Schuldner dasselbe Gläubigerinteresse zu befriedigen haben und eine Teil- bzw. gemeinschaftliche Schuld auszuschließen ist, sie sei darüber hinaus durch einen ihre Eigenart positiv umschreibenden Begriff gekennzeichnet, geht auf F. Eiseie zurück 2. Er äußert ihn in dem bereits erwähnten Aufsatz aus dem Jahre 1891, betitelt "Correalität und Solidarität" 3. Seine Arbeit war dem Streit gewidmet, ob das klassische römische Recht eine Aufspaltung der Schuldnermehrheiten in sog. "Correal"- und "Solidarobligationen"4 vorgenommen habe. Nun mag es zunächst erstaunen, daß die Darlegungen Eiseies für die spätere Wesensbestimmung der Gesamtschuld entscheidend sein sollten. Sie wurden es jedoch, weil Eiseie seine - für das klassische römische Recht gewonnenen - Erkenntnisse der Bestimmung des § 321 des Ersten Entwurfs unterlegte 5 • verletzt und demjenigen, der als nichtberechtigter Veräußerer der Sache den Erlös gemäß § 816 I 1 herauszugeben hat); BGH NJW 1983, Seite 872 (Gesamtschuldnerschaft zwischen einem Architekten und einem Grundstückseigentümer bei Beschädigung des Nachbargrundstücks durch Grundstücksvertiefung und Rammarbeiten); BayObLG WM 1987, Seite 736 (Gesamtschuldnerschaft zwischen mehreren Geschäftsherren bezüglich des Aufwendungsersatzanspruchs eines Geschäftsführers ohne Auftrag). Zahlreiche weitere Nachweise aus der Rechtsprechung finden sich im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 22 ff. (Selb). 9 So aber Crome, System des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, § 206 11 3, Seite 375 f. Ebenso noch Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 72 f. IO So wörtlich die Motive: Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 84. I Der Begriff des "Schuldgrundes" ist gleichbedeutend mit dem des "Rechts-" oder ,,Entstehungsgrundes". 2 Zutreffend Dilcher, JZ 1967, Seite 110 Fußnote 3. 3 Veröffentlicht in AcP 77, Seite 374 ff. 4 Siehe zu diesen Begriffen bereits die Ausführungen oben, Einleitung, I. 5 Die Vorschrift lautete: "Ist bei dem Vorhandensein mehrerer Gläubiger jeder derselben die ganze Leistung zu fordern berechtigt oder bei dem Vorhandensein mehrerer
11. Die "Identität des Schuldgrundes" - ein willkürliches Merkmal
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1. Die "Identität des Schuldgrundes" und ihr
römisch rechtlicher Hintergrund
EiseIe führt - kurz gefaßt - aus: Die durch Ribbentrop6 eingeführte Unterscheidung von Korreal- und Solidarobligation sei für das klassische römische Recht abzulehnen, da die Vorstellung einer Obligation mit mehrfacher subjektiver Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner zum einen dem Obligationsbegriff zuwiderlaufe 7 und zum anderen auch nicht überzeugend erklären könne, warum in einigen Fällen die bloße Streitbefestigung im Prozeß (lat.: litis contestatio) gegenüber einem Verpflichteten bereits die Befreiung der übrigen bewirken sollte (sog. Gesamtwirkung der Litiscontestation) 8. Daher sei auch hier von einer Mehrheit der Schuldverhältnisse auszugehen. Die Gesamtwirkung der Litiscontestation sei nur als Folge einer den Klagenverbrauch (die sog. "prozessuale Konsumtion") anordnenden Nonn zu verstehen, weIche für den Legisaktionenprozeß lautete: "bis de eadem re ne sit actio"9. Damit trotz der Verschiedenheit der Schuldner "eine und dieselbe Streitsache" ("eadem re") im Sinne der Konsumtionsregel angenommen werden könne, sei ein und derselbe Schuldgrund ("eadem causa") erforderlich 10. Folglich erklärt EiseIe die Gesamtwirkung der Litiscontestation mit der "Identität des Schuldgrundes, der sog. "causa obligationis" 11. Diese Erkenntnis will er nicht auf das klassische römische Recht beschränkt wissen: "Denn die gewonnenen Ergebnisse haben nicht nur für das klassische, sondern unmittelbar für das justinianische und heutige römische Recht Bedeutung". 12 Die Identität des Schuldgrundes kennzeichne die Gesamtschuld auch nach dem Ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs und unterscheide diese folglich von anderen Regelungen, nach denen jeder Schuldner zur ganzen Leistung Schuldner jeder Schuldner die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, während die Leistung nur einmal zu geschehen hat (Gesammtschuldverhältniß), so gelten für ein solches Schuldverhältniß die Vorschriften der §§ 322 bis 338. Ein Gesammtschuldverhältniß ist als durch Rechtsgeschäft begründet insbesondere dann anzunehmen, wenn in dem letzteren die Ausdrücke ,Alle für Einen und Einer für Alle' oder ,zu ungetheilter Hand' oder ,sammt und sonders' oder ,solidarisch' oder ,korreal' gebraucht sind." (Zitiert nach der Amtl. Ausgabe des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Dt. Reich aus dem Jahre 1888, Seite 73). Sie enthielt also eine für das heutige Verständnis befremdliche, lehrbuchmäßige Auslegungsregel. 6 Siehe dazu oben, Einleitung, I. 7 Vgl. dazu bereits oben, Einleitung, I. 8 Eiseie, a. a. 0., Seite 404. 9 Eiseie, a. a. 0., Seite 411. Übersetzt lautet diese Formel: "Über dieselbe Sache soll nicht zweimal eine Klage angestrengt werden." Gegen Eiseie in Form einer bloßen Behauptung: Hruza, Sächs. Archiv für Bürgerliches Recht, Bd. 5, Seite 193, 198. 10 Eiseie, a. a. 0., Seite 419, 423. II A. a. 0., Seite 419. 12 A. a. 0., Seite 477.
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eine mißlungene Norm?
verpflichtet sei, der Gläubiger sie aber nur einmal erhalten dürfe. Eiseie spricht in diesen Fällen von sog. "unechter Solidarität": "Die Fälle der unechten Solidarität fallen aber nicht unter den § 321, wenn schon in diesem das Erforderniß der eadem causa nicht erwähnt ist; dieses Erforderniß ist implicite enthalten in dem Ausdruck ,Gesammtschuldverhältniß'." 13
Eiseie behauptet mithin, die Vorschriften über die Gesamtschuld im Ersten Entwurf erfaßten nur die Fälle der "echten Solidarität", welche durch die "Einheit des Schuldgrundes" gekennzeichnet seien.
2. Die Willkür in der Argumentation von Eiseie Diese These - unvermittelt vorgetragen 14 - überrascht nicht nur, sondern entbehrt auch einer triftigen Begründung des Autors, obwohl erhebliche Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen, die von Eisele selbst so geäußert werden: "Ob nicht in Folge des Wegfalls der Consumtion durch Litiscontestation auch gewisse Erfordernisse für die Begründung des passiven Correalverhältnisses in Wegfall kommen, ist eine andere Frage, die wir hier nicht erörtern können." 15 Wenn Eiseie aber behauptet, sein rechtshistorisch begründetes Verständnis der Korrealschuld liege auch der Gesamtschuld nach dem Ersten Entwurf zugrunde, so hätte er die Frage nach den "gewissen Erfordernissen" des passiven Correalverhältnisses jetzt anband der die Gesetzesmaterialien 16 beantworten müssen. Das ist aber nicht geschehen, so daß seine Behauptung, auch die Gesamtschuld nach neuem Recht fordere die Identität des Schuldgrundes, bar jeder Begründung im Raume steht. Sie hätte sich auch mit den Materialien zum Entwurf nicht begründen lassen: Der Redaktor v. Kübel ging in seinem Vorentwurf zur Gesamtschuld 17 in Überein stimmung mit Ribbentrop von der Vorstellung aus, die Korrealobligation sei eine Obligation mit mehrfacher subjektiver Beziehung, während es sich bei der Solidarobligation um mehrere Schuldverhältnisse handele 18. Seiner Auffassung nach sollte nicht das Gesetz den gemeinrechtlichen Streit um Korreal- und Solidarobligation zugunsten der einen oder der anderen Form der Schuldnermehrheit entscheiden: 13 14 15
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A. a. 0., Seite 481. A. a. 0., Seite 481. A. a. 0., Seite 477. Ich weise auf die Erörterung in der Fußnote hin (N. 89). Die Vorberatungen der ersten Kommission zur Vorlage Nr. 4 des Redaktors v.
Kübel sowie die Beratungen dieser Vorlage in der ersten Kommission sind bei Jakobs / Schubert, Die Beratung des BGB, veröffentlicht. 17 Vorlage Nr. 7, abgedruckt bei Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht Bd. 1. 18 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht Bd. 1, Seite 55 f.
11. Die "Identität des Schuldgrundes" -
ein willkürliches Merkmal
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"Es kann dahingestellt bleiben, ob denn nach römischen Rechte in den Korreal- und den Solidarobligationen wirklich zwei innerlich verschiedene Rechtsverhältnisse zu unterscheiden und ob bei deren einem eine Einheit der Obligation mit einer Mehrheit der subjektiven Beziehungen, bei dem andem eine Mehrheit von nur durch die Identität der Leistung mit einander verbundenen Obligationen anzunehmen oder wie sonst die römisch rechtliche Unterscheidung zu konstruieren sei. Vom gesetzgeberischen Standpunkte kann als entscheidend nur in Betracht kommen, welche praktische Gestaltung des Verhältnisses von den Bedürfnissen des Verkehrs gefordert wird und ob diese eine zweitheilige Gliederung erheischen ... Der praktische und wirtschaftliche Zweck der Gesammtobligationen besteht wesentlich darin, dem Gläubiger die Vortheile größerer Sicherheit und leichterer und bequemerer Verfolgung seines Rechtes zu verschaffen, und zwar gilt dies auch für die bloßen Solidarobligationen ... Demzufolge stellt es sich als Aufgabe der Gesetzgebung, die Gesammtschuldverhältnisse auf einheitlicher Grundlage zu normieren ... " 19
Eiseie hätte folglich seine Behauptung, der Gesamtschuldregelung des Ersten Entwurfs liege seine These von der Einheitlichkeit des Schuldgrundes zugrunde, nicht untermauern können. Sie ist mithin willkürlich 20.
Trotzdem haben sich Teile der Rechtslehre - auch noch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs - der Ansicht von Eiseie angeschlossen 21.
3. Die Stellungnahme des Reichsgerichts zur "Einheit des Schuldgrundes" Das Reichsgericht hat sich in einer im 61. Band der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidung, genHlt im Jahre 1905, einer Stellungnahme zur Eigenart der Gesamtschuld zunächst enthalten 22. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, die damals so benannte "Große Berliner Straßenbahn", nahm ein Konkurrenzunternehmen, die "Elektrische Berliner Straßenbahn", kraft der Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern (§ 426 I) in Anspruch. Sie hatte einen bei dem Zusammenstoß von Straßenbahnen der beiden Gesellschaften verletzten Fahrgast teilweise entschädigt und sich in einem Prozeßvergleich zu weiteren Zahlungen, darunter einer Jahresrente, verpflichtet. Die Hälfte dieser Aufwendungen sollte die verklagte "Elektrische Berliner Straßenbahn" der Klägerin erstatten. Die Revision der Beklagten leugnete nicht die Verbindlichkeit des Bahnbetriebsunternehmers aus dem Haftpflichtgesetz; sie wandte jedoch gegen den Ausgleichsanspruch der Vorentwürfe der Redaktoren, a. a. 0., S. 65 f. Diesen Begriff wählt zu Recht Rudolf Schmidt, JhJb 72, Seite 1, 3; zustimmend Hillenkamp, Unechte Gesamtschuld, Seite 12 sub 11 2. 21 Z. B. Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, 1. Auflage, vor §§ 420 Anm. 5 c; Crome, System des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, § 206 11 3, Seite 375 f.; Rehbein, BGB mit Erläuterungen, Bd. 2, Seite 451 sub 11. 22 RGZ 61, Seite 56 ff. (VI. Senat). 19
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3 Wemecke
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eine mißlungene Norm?
Klägerin aus § 426 ein, daß die Klägerin ihrem Fahrgast nicht nur aus dem Haftpflichtgesetz, sondern auch aus dem Vertrage verpflichtet sei. Wegen der Verschiedenheit des Schuldgrundes: des Vertrags im Verhältnis zum Gesetz, könne § 426 nicht zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang führte das Reichsgericht aus: "Dem Wortlaute nach setzt der § 421 BGB zum Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses weiter nichts voraus, als daß mehrere eine Leistung schulden in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt nur diese eine Art des Gesamtschuldverhältnisses, unterscheidet nicht zwischen Korreal- und Solidarobligation und hat sich auch nicht für ein bestimmtes Prinzip bezüglich der Einheit oder Mehrheit der Obligation aussprechen wollen ... Danach ließe sich die Annahme rechtfertigen, daß es nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Bestehen der Gesamtschuld auf die Identität des Rechtsgrundes der Obligation (eadem causa in diesem Sinne) überhaupt nicht ankomme. Doch kann davon abgesehen werden, und auch dahingestellt bleiben, ob die Ausgestaltung der einzelnen Gesetzesbestimmungen ... auf eine spätere grundsätzliche Abweichung von dem Standpunkte des ersten Entwurfes nach der einen oder anderen Richtung schließen lasse ... Denn im vorliegenden Fall besteht zwischen den Parteien zweifellos ein wahres Gesamtschuldverhältnis in Ansehung der beiderseitigen Schuld aus dem Haftplichtgesetze ..."23. In anderen Entscheidungen hat das Reichsgericht dagegen auf die Formel von der "Identität des Schuldgrundes" zurückgegriffen, so in einem im 67. Band der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Urteil vom Jahre 1907 24, das über den folgenden Rechtsstreit befand: Dem Kläger stand gegenüber einem Bauunternehmer, einem gewissen "H", eine Kaufpreisforderung in Höhe von rund 13 000 Mark zu, die Holzlieferungen zum Gegenstand hatte. Der Beklagte hatte sich, veraniaßt durch ein sog. "Ersuchen" des H dem Kläger gegenüber, in einem Schuldschein verpflichtet, diese Summe in Raten von rund 6 000 bzw. 7 000 Mark zu zahlen. Auf der Seite des H sollte die Forderung von 7 000 Mark hypothekarisch gesichert werden. Da H dem Kläger die Hypothek jedoch nicht einräumte, weigerte sich auch der Beklagte, die Zahlung von 7 000 Mark zu leisten. Er machte geltend, er hätte die Hypothek, wäre sie wie vereinbart am Grundstück des H bestellt worden, von dem Kläger kraft der Ausgleichungspflicht zwischen den Gesamtschuldnern erworben 25. Das Reichsgerichts verneinte den Grund für den in Anspruch genommenen Erwerb der Hypothek kraft des § 42611: die Gesamtschuldnerschaft zwischen H und dem Beklagten. Zwar seien hier der "Leistungsinhalt" und der "Obligationszweck" identisch: Der Kaufvertrag und das Schuldversprechen begründeten die Verpflichtung, an den Kläger 7 000 Mark zu zahlen, die der Kläger nur einmal habe fordern dürfen. Jedoch fehle es an einer gesamtschuldnerischen Verbindung zwischen dem Käufer (H) und dem AusstelRG, a. a. 0., Seite 61. RGZ 67, Seite 128 (11. Senat). Nochmals auf die Identität des Schuldgrundes als Merkmal der Gesamtschuld zurückgreifend: RGZ 149, Seite 182, 186, 187. 25 Der Übergang der Hypothek hätte bei Annahme einer Gesamtschuld aus § 426 11 in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 412,401 und 1153 hergeleitet werden können. 23
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ler des Schuldversprechens, dem Beklagten, weil deren Verpflichtung "auf verschiedenen, rechtlich voneinander völlig unabhängigen Schuldgründen" beruhten 26. Das abstrakte Schuldversprechen sei "selbständig und rechtlich völlig losgelöst von der Verpflichtung ... aus dem ursprünglichen Kaufvertrag begründet worden ... " 27.
Jedoch sind nicht viele Entscheidungen zu finden, in denen das Reichsgericht die Gesamtschuld durch das Kriterium der "Identität des Schuldgrundes" kennzeichnet 28. In den folgenden Jahren verwarf es das Gericht sogar 29; es tauge nicht dazu, die Annahme einer Gesamtschuld über die gesetzlich angeordneten Fälle hinaus zu rechtfertigen. So heißt es denn deutlich in einem Urteil, das über die gesamtschuldnerische Haftung eines Schadensersatzschuldners aus Vertrag und seines aus unerlaubter Handlung haftenden Erfüllungsgehilfen zu entscheiden hatte 30 : "Ein gemeinschaftlicher Entstehungsgrund ist ebensowenig zu verlangen wie die inhaltliche Gleichheit der Ansprüche"31.
4. Die Stellungnahme der Literatur zu der Auffassung von Eiseie Auch im Schrifttum fand Eiseies These Gegner, weil das Merkmal des "identischen Schuldgrundes" zahlreiche Fälle gesetzlicher Gesamtschuldanordnungen nicht befriedigend erklären könne und in der Vorschrift des § 421 auch nicht erwähnt sei. Beispielhaft führt Heck in seinem "Grundriß des Schuldrechts" aus: "Die Meinung, daß das Gesetz Entstehung aus demselben Rechtsgrund voraussetzt, widerspricht nicht nur dem § 421, in dem dieses Merkmal nicht erwähnt ist, sondern auch einer großen Zahl von einzelnen Anordnungen. Schon § 840 rechnet mit einer Mehrheit von Rechtsgründen ... Ganz deutlich ist diese Haftung der Mitbürgen nach § 769, ... bei der Haftung mehrerer Versicherer nach § 59 VVG, ... bei mehreren Wechselschuldnern usw. Es läßt sich schlechterdings nicht nachweisen, daß irgendeine Norm des Gesetzes bei gemeinschaftlichem Rechtsgrunde verständlicher wird, als bei getrenntem Rechtsgrund. Ein Versuch, die Unterscheidung durchzuführen, erweist ihre Grundlosigkeit" 32.
RG, a. a. 0., Seite 131. RG, a. a. 0., Seite 131. 28 Vgl. noch RGZ 149, Seite 182, 186, 187. 29 Sehr deutlich RG Seuff Arch 78, Nr. 76, Seite 130; RGZ 72, Seite 401, 406. Die Frage noch offenlassend: RGZ 70, Seite 405, 410. 30 RGZ 77, Seite 317 ff.; Hervorhebung durch Verfasserin. 31 RG a. a. 0., Seite 323. 32 Heck, Schuldrecht, § 79.3, Seite 239. In diesem Sinne auch Planck / Siber, 4. Auflage, § 421 Anm. 1 b. Gegen die These vom identischen Schuldgrund bereits Dernburg, Bürgerliches Recht, 4. Auflage, Bd. II/l, § 161 V, Seite 450; Enneccerus, Das Bürgerliche Gesetzbuch, 1. Bearbeitung, § 23211 5, Seite 508 und ReicheI, Schuldmitübernahme, Seite 50 f. 26 27
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eine mißlungene Nonn?
5. Ergebnis Etwa seit den dreißiger Jahren 33 wird die Auffassung, die Gesamtschuld verlange denselben "Schuld"-, "Rechts"- oder "Entstehungsgrund", nicht mehr vertreten 34. Und doch beeinflußt Eiseies Verständnis noch die gegenwärtige Diskussion dieses Instituts: Seit seiner im Jahre 1891 geschriebenen Abhandlung gehen
Rechtsprechung und nahezu die gesamte Lehre davon aus, daß nicht alle Fälle, in denen von mehreren Schuldnern jeder auf die ganze Leistung verpflichtet sei, der Gläubiger sie andererseits nur einmal verlangen dürfe, dem Gesamtschuldrecht unterstellt werden könnten 35 .
111. Die Formeln von der "Zweckgemeinschaft", der "Erfüllungsgemeinschaft" und der "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" - Früchte eines befangenen begriffiichen Denkens Eiseie war - wie dargestellt 1 - um die Kennzeichnung der Gesamtschuld mittels eines im Gesetz nicht enthaltenen Begriffs 2 bemüht. Ganz im Geiste der Begriffsjurisprudenz seiner Zeit stellte er die "Identität des Schuldgrundes" als Wesensmerkmal der Gesamtschuld (sog. "echte Solidarität") in Gegensatz zur "unechten Solidarität"3. Mit ihr kennzeichnete er alle Fälle, in denen der Gläubiger eine Leistung von jedem der mehreren Schuldner ganz fordern darf, deren Verpflichtungen jedoch auf unterschiedlichen Schuldgründen beruhen. Die Gegner Eiseies, die das Merkmal des "identischen Schuldgrundes" als unzureichend und nicht im Gesetz enthalten verwarfen, übernahmen dessenungeachtet ganz überwiegend 4 seine Methode: Sie versuchten, den mißbilligten Begriff durch einen anderen zu ersetzen. Die Prämisse Eiseles, wonach die Gesamtschuld durch ein "Mehr" gekennzeichnet sei als durch den Ausschluß der Teilschuld, stellten sie nicht in Frage; dementsprechend kam ihnen nicht der Gedanke, dem Gesetz folgend in der Teilschuld den Gegenbegriff zur Gesamtschuld zu erkennen. Vielmehr entwickelten sie die Wendung von der "unechten" oder "scheinbaren" 33 Zuletzt findet sich das Merkmal in dem Urteil RGZ 149, Seite 182, 186 vom Jahre 1935. 34 Aus der jüngeren Vergangenheit gegen den "einheitlichen Schuldgrund": Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 22 m. w.N. 35 Dazu sogleich und ausführlich unter IV bis VIII. 1 Siehe oben, 1. Teil, H. 2 Zum Begriff: Larenz, Methodenlehre, 5. Auflage, Seite 211. 3 Larenz bemerkt in seiner Methodenlehre zum begriffsjuristischen Denken zutreffend: "Für das Denken in abstrakten Begriffen gibt es kein "mehr oder weniger", sondern nur ein "entweder-oder" (a. a. 0., 5. Auflage, Seite 437). 4 Ausnahmen bilden etwa Reichei, Schuldmitübernahme, und R. Schmidt, JhJb 72, Seite 1 ff. Zu ihren Darstellungen bereits oben, Einleitung, H 4, insbesondere Fußnote 9.
III. Gesamtschuldformeln als Frucht begriffsjuristischen Denkens
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Gesamtschuld 5 und bezeichneten hiermit Gestaltungen, die "an sich", d. h. vom Wortlaut her, unter die Bestimmung des § 421 fielen 6. Dieses Vorgehen kann freilich nur überzeugen, wenn sich - was zu untersuchen sein wird - die Prämisse Eise/es von der Unvollständigkeit des § 421 als zutreffend erweist; andernfalls müssen alle Begriffsbildungen, die ich nunmehr im Überblick darstelle, als "Konstruktionen im luftleeren Raum" bezeichnet werden. 1. Enneccerus und Lehmann halten die "ZweckgemeinschaJt" der Schuldner für das entscheidende Kriterium der Gesamtschuld: Die Verpflichteten seien durch ihren Willen oder nach der Rechtsordnung zur Erreichung desselben Zwecks miteinander verbunden, so daß die einzelnen Verbindlichkeiten nur Mittel im Dienst eines "Gesamtzwecks" seien 7. Dieser "Gesamtzweck " sei die Sicherung und Befriedigung des Gläubigers 8 •
2. Siber verlangt für die Gesamtschuld - wörtlich wiedergegeben - eine "rechtliche Zweckgemeinschaft im Sinne der Einheit des rechtlichen Zweckes, dem der Einzelanspruch und seine Erfüllung innerhalb des Schuldverhältnisses und seines Rechtsgrundes zu dienen haben" 9. Um diese Vorstellung zu verdeutlichen, sei der Fall genannt, daß eine feuerversicherte Sache durch (fahrlässige) Brandstiftung vernichtet wird 10. Nach Siber dienen sowohl der Anspruch gegen den Versicherer als auch die Forderung gegen den Brandstifter für sich gesehen der Wiedergutmachung desselben Schadens; trotzdem fehle die ,,zweckgemeinschaft", weil die Leistung des Versicherers gleichzeitig Gegenleistung für die Prämie sei, die der Versicherte entrichte. 3. F. Klingmüller setzt für die Gesamtschuld eine "subjektive Zweckgemeinschaft" unter den Schuldnern voraus; in ihr kenne der eine die Mithaftung der anderen. Er sei davon unterrichtet, daß die geschuldete Leistung - ist sie bewirkt 5 Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 90 11 3, Seite 36; Staudinger / Kaduk, 10. / 11. Auflage, Einl. vor §§ 420 ff., Rdnr. 40 m. w. N.; Hillenkamp, Unechte Gesamtschuld, Seite 61 m. w.N .. Zu Einzelheiten im folgenden. 6 Siber, Schuldrecht, § 37 IV, Seite 161 f.; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage § 37 I, Seite 634 ff.; R. Schmidt, JhJb 72, Seite 1, 14 ff., insbesondere Seite 21 ff. 7 Enneccerus, Das Bürgerliche Gesetzbuch, 1. Bearbeitung, § 232 11 3, Seite 507; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 90 I 2, Seite 361. 8 In dieser Weise wird der Gesamtzweck von Enneccerus seit der 4. Bearbeitung des Schuldrechts (siehe dort Seite 239) definiert. Dazu bereits v. Savigny, Obligationenrecht, Bd. 1, § 22, Seite 217 f., der die Sicherung und Befriedigung des Gläubigers als praktische Bedeutung der Korrealschuld hervorhebt. Dem Gesamtzweck- und Gesamtschuldverständnis von Enneccerus / Lehmann folgt nach meinem Eindruck auch Medicus, Bürgerliches Recht, 13. Auflage, Rdnr. 922. 9 Planck / Siber, 4. Auflage, § 421 Anm. 1 b; einen" rechtlichen Zusammenhang" der Verbindlichkeiten fordert Siber in seinem Schuldrechtslehrbuch, § 37 IV, Seite 160. 10 In Anlehnung an den sog. ,,Fuldaer Dombrand-Fall", entschieden durch das Reichsgericht im 82. Band der Amtlichen Sammlung, Seite 206 ff. Auf diese Entscheidung wird unten, 3. Teil, 11 2 b, bb ausführlich einzugehen sein.
1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
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eine mißlungene Nonn?
- sämtliche Verpflichteten von ihren Verbindlichkeiten befreie 11. In den Fällen der gesetzlich angeordneten verhalte es sich nicht anders als bei gewillkürten Gesamtschulden. Hier würden die Schuldner zwangsweise zu einer "subjektiven Zweckgemeinschaft" vereinigt 12.
4. Larenz findet den zusätzlichen Maßstab in der "Gleichstufigkeit" mehrerer Verpflichtungen I3. Diese sei zwar nicht begrifflich notwendig, sondern nur "typischerweise" anzunehmen. Er wendet sich mithin, wörtlich genommen, dagegen, die Gesamtschuld begrifflich zu erfassen 14. Gleichzeitig führt er jedoch aus, daß eine Gesamtschuld, abgesehen von den gesetzlich geregelten Fällen, "nur" angenommen werden solle, wenn eine "Gleichstufigkeit" oder "Gleichrangigkeit" der Verpflichtungen anzunehmen sei. Mit dieser Aussage ist das Merkmal eben doch als Begriff gesetzt 15. 5. Selb glaubt schließlich, die Gesamtschuld sei durch die "Er[üllungsgemeinschaft" der Schuldner geprägt: Bei der Gesamtschuld, so führt er aus, sei es die Gesamtwirkung der Erfüllung, die eine Kumulation der auf dasselbe Ziel gerichteten Obligationen verhindere 16. Die "Erfüllungsgemeinschaft", wie sie in § 422 zum Ausdruck komme, sei im Falle der Gleichrangigkeit mehrerer Verpflichtungen anzunehmen 17.
IV. Der Begriff der "Zweckgemeinschaft" - eine bloße Umschreibung der Rechtsfolgen der Gesamtschuld 1. Das Begriffsverständnis von Enneccerus und Lehmann Der Begriff "Zweckgemeinschaft" entstammt der Feder von Enneccerus, der ihn in der ersten Bearbeitung seines Lehrbuchs des Bürgerlichen Rechts in folgenden Wendungen festlegt: Klingmüller, JhJb 64, Seite 31, 63. Klingmüller, a.a.O., Seite 63,64. l3 Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage § 37 I, Seite 634; zustimmend: Medicus, Schuldrecht AT, § 69 11 2 b, Seite 329. Ahnlich bereits Wüst, Interessengemeinschaft, Seite 81 ff. 14 Larenz, Schuldrecht AT, a.a.O., Seite 635. 15 In seiner "Methodenlehre der Rechtswissenschaft", 5. Auflage, Seite 211, führt Larenz zum "Begriff' aus: ,,Ein Begriff ist durch seine Definition in der Weise festgelegt, daß er auf einen konkreten Vorgang oder Sachverhalt "nur und immer dann" anzuwenden ist, wenn in ihm sämtliche Merkmale der Definition anzutreffen sind" (Hervorhebung durch Verfasserin). 16 Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 17; sinngleich im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 8; insoweit zustimmend Frotz, JZ 1964, Seite 667. 17 Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 20; ders. im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 8; zustimmend Reeb, JuS 1970, Seite 214, 215. II
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IV. Der Begriff der ,.zweckgemeinschaft"
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"Verbunden sind die verschiedenen Obligationen (ich füge hinzu: im Gesamtschuldverhältnis) durch den gemeinsamen Zweck, den sie verfolgen, die Befriedigung desselben Interesses; sie bilden mehrere Forderungen, aber nur eine Vermögenspost. Aus dem Wesen des Gesamtschuldverhältnisses folgt daher, daß die Erfüllung des Zwecks, d. h. die Befriedigung, wenn sie auch nur von Seiten eines Schuldners ... erfolgt, die sämmtlichen einzelnen Obligationen, welche das Gesamtschuldverhältnis bilden, autbebt." I Was ist mit diesen Worten gesagt? Nichts weiter, als daß eine Gesamtschuld die Häufung unverbundener Ansprüche des Gläubigers ausschließt!2 In der vierten Bearbeitung3, nunmehr unter dem Titel des "Rechts der Schuldverhältnisse", wird der Begriff der ,,zweckgemeinschaft" weiter entwickelt: Die Verbindung der Obligationen zu einem Gesamtschuldverhältnis, so ist dort ausgeführt, beruhe auf einer Gemeinschaft des Zweckes; alle Verbindlichkeiten dienten nur als Mittel zur Erreichung eines "Gesamtzwecks ", und dieser bestehe in der
Sicherung und Befriedigung des Gläubigers 4 •
Als das Charakteristische einer Gesamtschuld wird mithin die im Verhältnis zu den anderen Schuldverbindungen bevorzugte Stellung des Gläubigers hervorgehoben: Er kann einen beliebig ausgewählten Schuldner auf die ganze Leistung in Anspruch nehmen, anstatt alle Verpflichteten gemeinsam oder nebeneinander zu belangen.
2. Die Kritik am Begriff der "Zweckgemeinschaft" Jedoch zieht Enneccerus - und ihm folgend Lehmann 5 - aus der ,,zweckverbundenheit" Konsequenzen, die streng genommen in dem Begriff nicht angelegt sind. Seine These lautet: "Wenn der Gedanke an eine derartige Zweckverbundenheit ausgeschlossen ist, dann ist auch eine Gesamtschuld nicht anzunehmen. So haften zwar der Brandstifter und der Versicherer, ferner der Dieb und der Mieter oder Entleiher, durch dessen Fahrlässigkeit der Diebstahl ermöglicht wurde, nebeneinander für denselben Schaden, aber ohne Gesamtschuldner zu sein." 6 Enneccerus, Das Bürgerliche Gesetzbuch, 1. Bearbeitung, § 232 11 3, Seite 507. Zutreffend Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 14. 3 Insoweit hat bis zur 15. Bearbeitung des ,,Rechts der Schuldverhältnisse" aus dem Jahre 1958 keine Änderung stattgefunden; siehe dort § 90 11 2, Seite 361. 4 Enneccerus, Schuldrecht, 4. und 5. Bearbeitung, § 313 11 2, S. 239. Bereits v. Savigny betont den gläubigerfreundlichen Charakter der Gesamt- im Vergleich zur Teilschuld, wenn er formuliert: "Es ist sehr wichtig, es sich recht klar zu machen und festzuhalten, daß die wahre Bedeutung des Instituts der Correalschuld in den angegebenen beiden Zwecken, und nur allein in diesen, enthalten ist: Sicherheit und Bequemlichkeit in der Rechtsverfolgung" (Obligationenrecht, Bd. 1, § 22, Seite 218). 5 Bis zur 15. Bearbeitung von 1958: § 90 11 3, Seite 362. 6 4. und 5. Bearbeitung, § 313 11 3, Seite 239. Enneccerus / Lehmann sprechen in diesen Fällen von "unechten Gesamtschulden"; a. a. O. (15. Bearbeitung) § 90 11 3, Seite 363. I
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
Diese Behauptung überrascht, weil sie mit dem Gedanken, die Gesamtschuld sei durch eine starke Gläubigerstellung gekennzeichnet, nicht in Einklang zu bringen ist: Auch in den Fällen, in denen nach Enneccerus und Lehmann eine Gesamtschuld zu verneinen ist, kann der Gläubiger jeden Schuldner für sich, etwa die Feuerversicherung oder den Brandstifter, auf die ganze Leistung in Anspruch nehmen? Er ist also nicht gezwungen, sich an einen von ihnen vorrangig oder an beide gleichzeitig zu halten. Damit verfolgen aber die verschiedenen Obligationen den beschriebenen "Gesamtzweck": die Sicherung und Befriedigung des Gläubigers 8 • Warum trotzdem keine Gesamtschuld gegeben sein soll, bleibt unklar.
3. Die Konkretisierung der "Zweckgemeinschaft" in der Sicht von Siber und F. Klingmüller a) Auch Siber kann den Begriff ,,zweckgemeinschaft" mit dem Attribut "rechtlich" nicht genauer fassen. Im Gegensatz zu Enneccerus und zu Lehmann dient ihm der Zusatz "rechtlich" - abgesehen von der Feststellung, daß es in Fällen deT Anspruchshäufung an einer solchen Zweckgemeinschaft fehle 9 - nur dazu, alle diejenigen Schadensfälle dem Gesamtschuldrecht zu unterwerfen, in denen sich die Leistung eines Schuldners nicht als vertraglich geschuldete Gegenleistung darstellt: " ... die Ersatzansprüche gegen den Dieb und gegen den VerwahreT, dem die Sache infolge seiner Fahrlässigkeit gestohlen worden ist, dienen einem durchaus gleichen Zweck; denn auch bei entgeltlicher Verwahrung ist die Ersatzleistung nicht zugleich Entgelt für die Gegenleistung. Die Ersatzansprüche wider den Brandstifter oder den Einbrecher und wider den Versicherer mögen dagegen zwar als einzelne den Zweck der Ausgleichung desselben Schadens haben ... ; aber die Leistung des Versicherers ist innerhalb des zugrunde liegenden Schuldverhältnisses zugleich eine Gegenleistung für die erhaltenen Prämien." 10 Warum aber soll die Tatsache, daß sich eine der mehreren Verpflichtungen als vertragliche Gegenleistung darstellt, eine Gesamtschuld zwischen mehreren Verpflichteten ausschließen? ? Unterstellt, die Versicherung hafte auf das Ganze; sonst nur in Höhe der Versicherungssumme. 8 Siehe dazu oben, 1. Teil, IV 1. 9 Planck j Siber, 4. Auflage, § 421 Anm. I b. 10 PlanckjSiber, a.a.O.; gegen eine Gesamtschuld zwischen Dieb und Verwahrer: Enneccerus, Das Bürgerliche Gesetzbuch, 1. Bearbeitung, § 232 11 5, Seite 508. Wie Siber nimmt auch Last in seinem Aufsatz "Anspruchskonkurrenz und Gesamtschuldverhältnis" eine Gesamtschuld nur an, wenn die Verbindlichkeiten denselben "juristischen Zweck" verfolgen (Studien zur Erläuterung des bürgerlichen Rechts, Heft 26, Seite 105, 106).
IV. Der Begriff der ,,zweckgemeinschaft"
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b) Abwegig erscheint schließlich die Vorstellung einer "subjektiven Zweckgemeinschaft", wie sie F. Klingmüller vorschwebt: Seiner Auffassung nach entsteht eine Gesamtschuldnerschaft dadurch, daß die verschiedenen Schuldner ihre Verpflichtungen in Kenntnis voneinander begründen 11, obwohl gesetzliche Gesamtschuldanordnungen wie die Haftung mehrerer Mitbürgen (§ 769) oder mehrerer Deliktsschuldner, wenn sie als sog. Nebentäter handeln (§ 840 I), kein bewußtes Zusammenwirken der Verpflichteten erfordern! Klingmüller behauptet, in diesen Fällen seien die Schuldner durch das Gesetz zu einer subjektiven Zweckgemeinschaft verbunden (a.a.O., S. 64 f.). Diese Aussage ist jedoch in sich widersprüchlich: Wo allein das Gesetz die Gesamtschuldnerschaft bestimmt, kann es auf kein subjektives Moment mehr ankommen 12.
4. Die Ausfüllung des Begriffs durch die Rechtsprechung Ist die Rechtslehre mithin außerstande, dem von ihr geschaffenen Begriff der ,,zweckgemeinschaft" Konturen zu geben, so stellt sich die Frage, ob die Rechtsprechung, die den Begriff übernahm 13, die Aufgabe zu lösen vermochte. Ein Überblick über die gefällten Urteile zeigt indessen, daß auch die Gerichte den ihnen vorschwebenden Gedanken nur unklar zu formulieren vermochten. So wurde eine ,,zweckgemeinschaft" von zwei Schadensersatzschuldnern angenommen, von denen der eine aus Vertrag, der andere aus Delikt haftete, und zwar mit der Begründung, sie schuldeten nicht ,,rein zufällig ohne jede innere Verbindung." 14 Eine ,,zweckgemeinschaft" soll nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch zwischen einem Architekten, der aus der Vorschrift des § 635 zum Schadensersatz verpflichtet ist, und einem Bauunternehmer gegeben sein, den die Pflicht zur Beseitigung des Mangels am Bauwerk aus § 63311 trifft 15: Der Bauherr kontrahiere mit dem Architekten und dem Bauunternehmer, damit ein Bauwerk errichtet werde; um dieses Ziel zu erreichen, arbeiteten beide Schuldner zusammen. Zwischen ihnen bestehe mithin eine "enge, keinesfalls nur zufällige und absichtslose, sondern planmäßige rechtliche Zweckgemeinschaft" ... 16 11
F. Klingmüller, JhJb 64, Seite 31, 63.
Ähnlich Hüffer, AcP 171, Seite 470, der von dem Erfordernis einer "subjektiven Erfüllungsgemeinschaft" spricht (a.a.O., Seite 477). 13 RGZ 77, Seite 323 (mit ausdrücklichem Hinweis auf Enneccerus); 79, Seite 288; 92, Seite 401, 408; RG Seuff Arch 78, Nr.76, Seite 130; BGHZ 13, Seite 360, 364; 19, Seite 114, 123; 28, Seite 297, 300. 14 RGZ 77, Seite 317, 323; ähnlich z. B. RG Seuff Arch 78, Nr.76, Seite 130 und BGHZ 59, Seite 97, 101; anders im Sinne einer "zufälligen" Gemeinschaft RGZ 82, Seite 427, 430. 15 BGHZ 43, Seite 227 vom Jahre 1965. Es handelt sich um eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen. 12
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
Das Urteil überrascht in zweierlei Hinsicht: Zum einen erstaunt, daß sich aus der Forderung, Architekt und Bauunternehmer müßten zur Erstellung des Bauwerks zusammenwirken, eine "Zweckgemeinschaft" für die Nachbesserungspflicht des Bauunternehmers und eine damit konkurrierende Schadensersatzverpflichtung des Architekten ergeben sollen - insoweit kann doch jeder der Schuldner unabhängig vom anderen das Interesse des Gläubigers befriedigen! Zum anderen hatte der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem gleich gelagerten Sachverhalt zwei Jahre früher J7 die Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Architekten und dem Bauunternehmer ausdrücklich abgelehnt. Schon daraus läßt sich ersehen, wie wenig berechenbar eine Entscheidung ist, die sich auf das Kriterium der "Zweckgemeinschaft" stützt. Den Eindruck dogmatischer Beliebigkeit verstärkt ein im im Jahre 1969 gefälltes Urteil 18: Dort bejahte der Bundesgerichtshof eine Zweckgemeinschaft für den Fall, daß der (ehemalige) Eigentümer einer gestohlenen Sache vom Dieb Schadensersatz aus unerlaubter Handlung und vom gutgläubigen Abnehmer der Sache die Herausgabe des Verkaufserlöses aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 816 I, Satz 1) verlangen konnte 19. Der gemeinsame Zweck beider Ansprüche sei darin zu sehen, daß "sie dem Schutz des Eigentums dienen und den Eigentümer für den Verlust der Sache entschädigen sollen."20 Warum aber zog derselbe Senat des Bundesgerichtshofs 21 in einem vergleichbaren Sachverhalt die Gesamtschuld zwischen dem Dieb und dem gutgläubigen Veräußerer der Sache nicht einmal in Betracht?22 Allein diese Beispiele mögen zeigen: Auch der Rechtspraxis ist es nicht gelungen, dem Begriff der ,,zweckgemeinschaft" einen nachvollziehbaren Inhalt zu geben.
5. Ergebnis Die Unbestimmtheit des Begriffes ,,zweckgemeinschaft" hat dazu geführt, daß ihn die Dogmatik inzwischen einmütig als "Leer/ormel" ablehnt 23 , eine Auffas16 BGH a.a.O., Seite 229. 17 BGHZ 39, Seite 261. Diese Entscheidung wurde am 2.5. 1963 gefällt; das Urteil des Großen Senats für Zivilsachen (BGHZ 43, Seite 227) stammt vom 1. 2. 1965. Zu der Entscheidung im 39. Band der Amtlichen Sammlung z. B. Di1cher, JZ 1967, Seite 110, 111. 18 BGHZ 52, Seite 39 ff. 19 BGH a.a.O., Seite 44. 20 BGH a. a. 0., Seite 44. 21 Die Rede ist vom VII. Zivilsenat. 22 BGHZ 29, Seite 157 ff. 23 Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 14; ders. im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 7; Esser, Schuldrecht AT, 3. Auflage, Seite 433; Raisch, JZ 1965, Seite 703, 704; Hillenkamp, Unechte Gesamtschuld, Seite 39; Di1cher, JZ 1967, Seite 110, 111 f.; ders. JZ 1973, Seite 199; Ehmann, Gesamtschuld, Seite 50;
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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sung, der beigepflichtet werden muß: Enneccerus und Lehmann, Siber und Klingmüller schieden mit ihm willkürlich Fälle aus dem Gesamtschuldrecht aus 24, und die Rechtsprechung hat mit dem Merkmal der Sache nach nur die Identität des Gläubigerinteresses hervorheben können 25.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" vor allem Konsequenz eines falschen Verständnisses des § 255 und der sog. Legalzession Da das Erfordernis der "gleichstufigen Verpflichtungen" als Entstehungsgrund der Gesamtschuld auf Larenz zurückgeht 1, muß anhand seiner Argumente geklärt werden, was unter dem Begriff 2 zu verstehen ist und warum es sich hierbei um das entscheidende Kriterium der Gesamtschuld handeln soll. Seiner Auffassung nach haben bei "Gleichstufigkeit" alle Verpflichteten im Innenverhältnis "prinzipiell" irgendeinen Beitrag zu leisten, so daß es bei Befriedigung des Gläubigers eines Ausgleichs unter ihnen bedürfe 3• Nur aus dieser Sicht sei unter anderem die Vorschrift des § 426 verständlich. Noch deutlicher als in der positiven Umschreibung faßt Larenz die Gleichrangigkeit in ihrer Verneinung: Sie liege nicht vor, wenn einer der Schuldner "letztEsser / Schmidt, Schuldrecht AT, 6. Auflage, Seite 640 f.; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 636 f.; Erman /Westermann, 7. Auflage, § 421 Rdnr. 5; Reinikke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 22 f. 24 Siehe dazu I. Teil, IV 1-3. 25 Zutreffend Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 637. 1 Larenz formt dieses Merkmal bereits in der ersten Auflage seines Lehrbuchs des Schuldrechts (Allgemeiner Teil) aus dem Jahre 1953. Siehe dort § 33 III, Seite 296: "Ein weiteres Moment (ich ergänze: zu der von Larenz hier geforderten "Identität des Leistungsinteresses") muß hinzukommen, das in den Fällen sog. unechter Gesamtschulden fehlt. Dieses Moment erblicken wir darin, daß die Gesamtschuldner nach dem Sinne der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung oder der gesetzlichen Regelung insofern auf der gleichen Stufe stehen, als die Leistung eines jeden dem Gläubiger gegenüber allen anderen zugute kommt. Wo das nicht der Fall ist, wo einer vielmehr - wie der Brandstifter und der Dieb ... - auch im Verhältnis zum Gläubiger als der letztlich Verpflichtete erscheint, da liegt trotz der Identität des Gläubigerinteresses kein Gesamtschuldverhältnis vor." Insoweit sachlich unverändert die 14. Auflage, § 37 I, Seite 634 f. Wie Larenz jüngstens Preißer, JuS 1987, Seite 797, 801; Steinbach / Lang WM 1987, Seite 1237, 1240 f. Bereits über drei Jahrzehnte früher spricht Rabel in seinem Aufsatz ,,Ausbau oder Verwischung des Systems" (RheinZ 1919/20 Seite 89 ff.) von "zweistufiger Solidarität" in den Fällen, in denen einer von mehreren Schuldnern im sog. "Innenverhältnis" auf einem Schaden sitzen bleibe. Anders als bei Larenz gibt die "zweistufige Solidarität" für Rabel jedoch keinen Anlaß, Sachverhalte aus dem Gesamtschuldrecht auszuscheiden (a. a. 0., Seite 108 f.). Ähnlich R. Schmidt, JhJb 72, Seite 1, 101. 2 Zu der Tatsache, daß das Erfordernis der "gleichstufigen Verpflichtungen" einen Begriff darstellt, habe ich mich bereits oben, 1. Teil, III 4 geäußert. 3 Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 635.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
lich allein" den Gläubiger zu befriedigen habe, eine andere Verpflichtung mithin in der Weise zurücktrete, daß ihre Erfüllung nur eine "Vorschußleistung" darstelle 4 • Ob diese These Zustimmung verdient, soll im folgenden untersucht werden.
1. Die Vorschrift des § 424 - begünstigt sie den sog. "Primärschuldner" in unerträglicher Weise? a) Daß das Gesamtschuldverhältnis auf gleichrangigen Ansprüchen des Gläubigers beruhe, könne man, so der erste Gedanke von Larenz, der Regelung des § 424 entnehmen; einer Nonn, die das Verhältnis der Schuldner zum Gläubiger betrifft und dem Annahmeverzug des Gläubigers gegenüber einem Gesamtschuldner entlastende Wirkung zugunsten aller Verpflichteten beilegt. Die Bestimmung des § 424 erstreckt mithin die Folgen einer Obliegenheitsverletzung gegenüber einem Schuldner auf alle Mitverpflichteten: So ist keiner von ihnen weiterhin zur Verzinsung einer Geldschuld gehalten, § 301 5 • Auch kann jeder Schuldner die Aufwendungen ersetzt verlangen, die er für die Aufbewahrung und Erhaltung des Leistungsgegenstandes aufbringen mußte, § 304 6, und alle Gesamtschuldner haben das Recht zur Hinterlegung von Geld, Wertpapieren, Urkunden und Kostbarkeiten bzw. zur Versteigerung hinterlegungsunfähiger Sachen, §§ 372,382 7 • Schließlich wird nicht nur der Schuldner, der den Gläubiger in Annahmeverzug gesetzt hat, von seiner Verpflichtung frei, wenn der geschuldete Gegenstand infolge leichter Fahrlässigkeit untergeht (§ 300); auch die übrigen Gesamtschuldner sind solchenfalls ihrer Verpflichtung ledig, und zwar unabhängig davon, ob untereinander Ausgleichsansprüche bestehen oder nicht 8 •
Larenz hält es nun für zwingend, in den Fällen, in denen ein "Sekundärschuldner" den Gläubiger in Annahmeverzug versetzt, die Folgen des Verzugs auf diesen Schuldner zu beschränken. Denn: "Befreit die Leistung des Sekundär-
A. a. 0., Seite 634. Beispiel: S 1 und S 2 schulden aus unerlaubter Handlung einen Geldbetrag zuzüglich der Verzugszinsen aus §§ 284, 288. Der Gläubiger gerät gegenüber S 1 in Annahmeverzug; die Folge ist, daß die Pflicht des S 2 zur Verzinsung von diesem Zeitpunkt an entfällt, § 301. 6 Beispiel: Zwei Mieter schulden die Rückgabe eines Einfamilienhauses oder eines Kraftfahrzeugs. Der Vennieter kommt gegenüber dem Mieter M 1 in Annahmeverzug. Dann hat der Mieter M 2 nach § 304 das Recht, für die Sicherheit des Hauses oder des Fahrzeugs zu sorgen und Ersatz der entstehenden Kosten zu verlangen. 7 Daß alle Vorschriften des Gläubigerverzugs zugunsten der Gesamtschuldner anwendbar sind, hebt besonders Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 424 Rdnr. 1 hervor. 8 Selbst bei fehlendem Ausgleich, etwa der Abrede unter den Gesamtschuldnern, daß von ihnen der zuerst in Anspruch Genommene ohne Rückgriffsmöglichkeiten haften solle, findet die Vorschrift des § 424 Anwendung: Versetzt einer der Verpflichteten den Gläubiger in Annahmeverzug und geht danach der (konkretisierte) Leistungsgegenstand bei ihm unter, so muß dieser Vorgang wie die Erfüllung behandelt werden, mithin auch den Mitschuldner befreien; seine Weiterhajtung bedeutete nämlich, lenkt man den Blick auf die Schuldnervennögen, die (unzulässige) Häufung der Verpflichtungen. 4
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V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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schuldners", so führt Larenz wörtlich aus, "den Primärschuldner grundsätzlich nicht, so braucht ihm ein Annahmeverzug des Gläubigers gegenüber dem Sekundärschuldner nicht zugute zu kommen." 9
Larenz verdeutlicht seine Aussage an dem folgenden Beispiel: Hafte der eine Schuldner aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, ein anderer dagegen nur aufgrund eines Versicherungsvertrages oder wegen einer fahrlässigen Vertragsverletzung wie der unsorgfaltigen Aufbewahrung einer fremden Sache, so dürfe der Annahmeverzug des Gläubigers, der den Versicherer oder Vertragspartner entlaste, nicht auch den Deliktstäter begünstigen; § 424 sei mithin unanwendbar. Da diese Vorschrift seiner Auffassung nach den Charakter der Gesamtschuld entscheidend erklärt, weil aus ihr die Gleichstufigkeit der Verpflichtung erschlossen werden könne, müsse die Schuldverbindung in dem dargestellten Sachverhalt verneint werden 10. b) Diese Schlußfolgerung ist indessen nicht sachgerecht, wie das von Larenz selbst angeführte Beispiel erweist: Wenn ein Versicherer den Gläubiger in Annahmeverzug setzt und dieser Umstand dem Schädiger nicht im Verhältnis zum Gläubiger zugute käme, bliebe er im Außenverhältnis weiter zur Leistung verpflichtet. Ginge die (ausgesonderte) Versicherungsleistung infolge leichter Fahrlässigkeit des Versicherers unter, so änderte dies nichts an der Leistungspflicht des Schädigers: Profitierte er nicht von der Leistungsbefreiung des Versicherers (§ 300), könnte der Gläubiger nämlich von ihm weiterhin die Befriedigung seines Interesses verlangen. Dem nach § 300 befreiten Versicherer müßte dagegen der Rückgriff versagt bleiben, weil der Schädiger nicht mehrfach in Anspruch genommen werden dürfte. Die Einzelwirkung des Annahmeverzugs käme mithin, wollte man § 424 nicht "zugunsten des Primärschuldners" anwenden, dem Gläubiger zugute; dem sog. "Sekundärschuldner" müßte dagegen, verfolgt man die Auffassung von Larenz bis in die letzte Konsequenz, der Rückgriff abgeschnitten werden, und er könnte die durch den Untergang der ordnungsgemäß angebotenen Leistung entstandene Vermögenseinbuße nicht mehr ausgleichen. Lenkt man den Blick auf die Schuldnervermögen, so bedeutete die "Einzelwirkung" des Annahmeverzugs mithin wirtschaftlich betrachtet die Häufung von Verpflichtungen. Dieses Ergebnis, das Larenz gar nicht bewußt geworden ist, wäre offenbar unbillig: Der Gläubiger, dem eine Obliegenheitsverletzung zur Last fällt, würde im Verhältnis zu dem Schuldner, der seine Leistung ordnungsgemäß angeboten hat, bevorzugt. Der sog. "Sekundärschuldner", der für einen anderen Verpflichteten nur "in Vorlage" Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634. So deutlich in der ersten Auflage des Lehrbuchs zum Schuldrecht, Allgemeiner Teil, § 33 III, Seite 294; sachlich in diesem Punkte unverändert die 14. Auflage, § 37 I, Seite 634. Zustimmend Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 421 Anm.3. 9
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
leisten soll, würde wegen der fortbestehenden Haftung des "Primärschuldners" im Außenverhältnis schlechter gestellt werden müssen als ein "normaler" Gesamtschuldner, etwa ein Bürge, der wegen der Gesamtwirkung des Gläubigerverzugs im Falle seiner Leistungsbefreiung nach § 300 die Mitbürgen stets anteilig in Regreß nehmen kann 11. Pointiert formuliert könnte man Larenz mithin entgegnen: Gerade in den Fällen, in denen ein "Sekundärschuldner" den Gläubiger in Annahmeverzug setzt, muß dieser Umstand Gesamtwirkung entfalten, die Bestimmung des § 424 also anwendbar sein, um dem "Sekundärschuldner" im Falle seiner Befreiung nach § 300 nicht den Rückgriff zu versagen, wie er etwa dem Mitbürgen als einem "normalen" Gesamtschuldner eröffnet istl 2 • Die Gesamtwirkung des Gläubigerverzugs gegenüber dem "Sekundärschuldner" kommt einem Primärschuldner im Falle der Haftungsbefreiung nach § 300 nie "zugute", sondern entscheidet lediglich, daß dieser Verpflichtete nicht länger an den Gläubiger, vielmehr an den regreßberechtigten Sekundärschuldner leisten muß 13. Freilich: Ob der sog. "Primärschuldner" in den Fällen des durch den sog. "Sekundärschuldner" bewirkten Annahmeverzugs stets in den Genuß des Wegfalls der Verzinsung (§ 301) kommt und einen Ersatzanspruch für Mehraufwendungen (§ 304) erhält, ist zweifelhaft. Will man diese Privilegierungen einem Dieb oder Brandstifter versagen, so läßt sich die Entscheidung auf den Grundsatz von Treu und Glauben stützen. Keinesfalls darf in diesen Sachverhalten - gerade mit Rücksicht auf die dargelegte Gesamtwirkung
11 Daß mit der Gesamtwirkung des Annahmeverzugs ein Rückgriffsverhältnis unter den Gesamtschuldnern entsteht, wenn die Leistung untergeht und die Befreiung nach § 300 eintritt, kann nicht zweifelhaft sein: Der zufällige bzw. leicht fahrlässig verursachte Untergang der geschuldeten Leistung im Gläubigerverzug steht wirtschaftlich gesehen der Erfüllung gleich. Ein anderes Ergebnis wäre widersinnig: Die im Falle der Erfüllung regreßpflichtigen Schuldner können ihre Befreiung im Annahmeverzug nicht ,,kostenlos", d. h. ohne Ausgleichung gegenüber dem Mitschuldner, erlangen, dem sie im Außenverhältnis ihre Entlastung zu verdanken haben. Die Vergleichbarkeit der Gläubigerbefriedigung mit der Befreiung durch den Untergang der geschuldeten Leistung im Annahmeverzug deuten auch die Protokolle an: "Man erwog, daß nach der im Leben überwiegend herrschenden Anschauung das Anerbieten der Leistung ebenso für alle Schuldner wirken müsse wie die Leistung selbst" (Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 606). In diesem Sinne auch Jürgens, TeilschuldGesamtschuld-Kumulation, Seite 49. m. w.N. 12 Im Ergebnis auch Ehmann, Gesamtschuld, Seite 251: "Wenn der Leistungsgegenstand beim Versicherer während des Annahmeverzugs des Gläubigers zufällig untergeht (§ 300 I), so ist auch der Brandstifter gegenüber dem Gläubiger befreit (§§ 424, 422, 300 11), aber er schuldet dem Versicherer Regreß (§ 426)." 13 Setzt der sog. ,,Primärschuldner" den Gläubiger in Annahmeverzug, besteht kein Streit darüber, daß seine Befreiung nach § 300 auch für den sog. "Sekundärschuldner" wirkt: Andernfalls bliebe entweder der "Sekundärschuldner" zur Leistung verpflichtet oder man müßte den Regreß gegenüber dem "Primärschuldner" zulassen, wodurch dessen Haftungsbefreiung, die er über § 300 erlangt hat, ausgehöhlt wäre. Dazu Ehmann, Gesamtschuld, Seite 251.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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der Befreiung nach § 300 - die Anwendbarkeit des § 424 oder gar des Gesamtschuldrechts insgesamt ausgeschlossen werden 14.
2. Die Wurzel der Mißverständnisse: Die falsche Deutung der Vorschrift des § 255 und der Normen über die sog. Legalzession Offenbar erkennt auch Larenz die Schwäche seines auf der Bestimmung des § 424 fußenden Gesamtschuldverhältnisses, so daß er dieses auf einen weiteren Gedanken zu stützen sucht: Er behauptet, eine Gesamtschuld könne nicht angenommen werden, wenn eine Abtretung durch § 255 gefordert sei oder sich eine Zession kraft Gesetzes (etwa nach §§ 67 VVG, 774 BGB) vollziehe. In diesen Fällen befreie im Außenverhältnis die Leistung des sog. Sekundärschuldners nicht den sog. Primärschuldner; außerdem fehle es an einem sie verbindenden Innenverhältnis, so daß letztlich nur ein Verpflichteter für die Schuld einzustehen habe 15. Der Gedankengang von Larenz sei an der folgenden Begebenheit anschaulich gemacht: Pressemitteilungen zufolge 16 ereignete sich im Jahre 1987 im Londoner Stadtteil Knightsbridge der möglicherweise größte Raub der britischen Kriminalgeschichte: An einem Sonntag nachmittag betraten zwei korrekt gekleidete Männer das "Knightsbridge Safe Deposit Center", eine auch an Feiertagen geöffnete Schließfachanlage, in der Schmuck und andere Wertgegenstände vor allem wohlhabender Ausländer verwahrt wurden. Sie ließen sich unter einem Vorwand von dem Depotchef in die Stahlkammer führen, wo sie den Unternehmer überwältigten und fesselten. Dann erbrachen sie 113 der größten Schließfächer und entkamen mit einer Beute von schätzungsweise zehn bis zwanzig Millionen Pfund. Die Safes waren nur mit einem Betrag von höchstens 25 000 Pfund versichert, eine Summe, die zur Deckung der Verluste vieler Schließfachmieter l7 nicht im entferntesten ausreichte. Beurteilt man den Sachverhalt nach deutschem Recht, können die Räuber (sog. "Primärschuldner") und der Versicherer (sog. "Sekundärschuldner"), wie Larenz 14 In diesem Sinne noch Larenz in seiner Schrift "Vertrag und Unrecht", Bd. 1, § 29 11, Seite 201: " ... die Unanwendbarkeit von § 424 kann sich aus Treu und Glauben ergeben. Denn es würde dem Rechtsempfinden der Gemeinschaft widersprechen, wenn der Dieb aus der Annahmeverzögerung dem Freunde gegenüber einen Vorteil ziehen könnte. Trotz dieser Abweichungen vom Normalfall der Gleichbehandlung der Gesamtschuldner bleibt es aber dabei, daß es sich um Gesamtschulden handelt". 15 Larenz, Schuldrecht AT, 1. Auflage, § 33 III, Seite 294; 14. Auflage, § 37 I, Seite 634. 16 "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 15. und 16.7. 1987. 17 Die entgeltliche Überlassung eines Safes ist nach deutscher Auffassung Miete und nicht Verwahrung (RGZ 141, Seite 99, 101; Palandt / Thomas, 48. Auflage Einf. v. § 688 Anm.2).
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meint, keine Gesamtschuldner gegenüber den beraubten Mietern sein: Weil die Leistung des Versicherers die Haftung der Räuber nicht aufhebe, weil die Räuber im Verhältnis zum Versicherer mangels eines Rückgriffs nach § 426 die "letztlich Verpflichteten" seien und weil der gesetzlich eintretende Übergang von Ansprüchen auf die den Schaden (zum Teil) deckende Versicherung (§ 67 VVG) das Recht der Gesamtschuld ausschließe. Geht man davon aus, daß der Depotchef die Räuber ohne die gebotene Kontrolle, mithin fahrlässig, in die Stahlkammer hat gelangen lassen, so wäre nach Larenz auch hier keine Gesamtschuld zwischen dem Vermieter und den Räubern zuzulassen: Der Vermieter gibt, nicht anders als der Versicherer, "nur eine Vorschußleistung" für die "letztlich verpflichteten" Räuber 18. Die Entscheidung für oder gegen eine Gesamtschuld nach dem Merkmal des "anteilig" oder "letztlich" Verpflichteten macht deutlich, daß Larenz auf das Innenverhältnis zwischen den verschiedenen Schuldnern fixiert ist, obwohl die dieses Verhältnis regelnde Vorschrift des § 426 nur die Folge einer bereits entstandenen Gesamtschuld ist. Selbst wenn man der Auffassung ist, daß eine Gesamtschuld nach ihren Folgen, also nach dem Ausgleich im Innenverhältnis, beurteilt werden müsse, könnte gegen die These von Larenz eingewandt werden, daß es auch innerhalb einer Gesamtschuld sogar gesetzlich bestimmte Fälle mit einem "letztlich" Verpflichteten gibt; man denke nur an die Haftung des Verrichtungsgehilfen im Verhältnis zu dem Geschäftsherrn, der Eltern im Verhältnis zum (verantwortlichen) Jugendlichen, des Tieraufsehers im Verhältnis zum Tierhalter (§§ 840 11 und III) 19, wo überall der entfernt Verantwortliche hinter den sachnäheren Schuldner zurücktritt 20. Sollte es sich bei diesen Normen um "systemwidrige" Ausnahmevorschriften handeln? Dieser Auffassung scheint Larenz tatsächlich zuzuneigen, wenn er formuliert: "Im Unterschied dazu (ich ergänze: zu den Legalzessionen und der Vorschrift des
§ 255) liegt in den Fällen der Gesamtschuld typischerweise ... "Gleichstufigkeit" aller
Verpflichtungen in dem Sinne vor, daß nicht einer der Schuldner von vornherein der 18 Offen bleibt, ob Larenz den Vennieter und den Versicherer als Schuldner "auf gleicher Stufe" betrachten würde oder ob der Versicherer nicht wiederum eine "Vorschußleistung" für den Vennieter erbringen würde. Vennutlich würde Larenz auch in diesem Verhältnis die Verbindlichkeiten auf verschiedene Stufen stellen und somit ein Gesamtschuldverhältnis leugnen. 19 Diesen Einwand erhebt z. B. Ehmann, Gesamtschuld, Seite 74 f. 20 An dieser Stelle sei hervorgehoben, daß im Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber als Geschäftsherr der Letztverpflichtete sein kann, obwohl der Arbeitnehmer als Verrichtungsgehilfe der "sachnähere" Schuldner ist: Obliegt dem Arbeitnehmer eine gefahrgeneigte Arbeit, ist er etwa als Lastkraftwagenfahrer tätig, so hat er einen Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, wenn er infolge leichtester Fahrlässigkeit einen Dritten schädigt (BAG NZA 88, Seite 579). Bei leichter oder mittlerer Fahrlässigkeit wäre der Schaden im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber zu verteilen. § 840 11 ist mithin bei gejahrgeneigter Arbeit zu modifizieren. Zur "gefahrgeneigten Arbeit" siehe etwa Palandt/Putzo, 48. Auflage, § 611 Anm. 146.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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Primärverpflichtete ist, vielmehr prinzipiell alle letztlich irgendeinen Beitrag zu leisten haben. Nur wo sie (ich ergänze: diese für die Gesamtschuld typische Situation) vorliegt, sollte daher, abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen, eine Gesamtschuld angenommen werden, auf die dann die §§ 421 ff. anzuwenden sind."21 Indes: Von der Existenz "systemwidriger" Ausnahmen wird man nur sprechen dürfen, wenn die Abtretungen durch Rechtsgeschäft (§ 255) und kraft Gesetzes (z. B. § 67 VVG) das Recht der Gesamtschuld, wie es Larenz ausdrückt, "offenbar unanwendbar" machen 22. Will man die Auffassung von Larenz widerlegen, so muß man folglich nachweisen, daß er die Regelung des § 255 und den gesetzlichen Forderungsübergang mißversteht 23 . Das soll im folgenden geschehen.
a) Die notwendige Ergänzung des Gesamtschuldrechts durch die Vorschrift des § 255 aa) Die Befreiungswirkung der Schadensersatzleistung im Fall des § 255 (I) § 255 regelt den Fall, daß ein Eigentümer von einer Person die Herausgabe seiner Sache 24 und von einer anderen Schadensersatz für ihren Verlust verlangen kann. Die Vorschrift gewährt dem Schadensersatzschuldner das Recht, von dem Eigentümer die Abtretung des dinglichen Herausgabeanspruchs gegen den augenblicklichen Besitzer der Sache zu verlangen, wenn er den Eigentümer befriedigt 25. Da der Herausgabeanspruch mit dem Eigentumsrecht untrennbar verbunden ist, beinhaltet seine Abtretung zugleich die Übereignung der Sache selbst 26. 21 Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 635 (Hervorhebung z. T. durch die Verfasserin). 22 A. a. 0., Seite 634. 23 In diesem Punkte ist die Schrift von Ehmann leider zu knapp; siehe dort, Seite 6970. 24 Zur zweiten Variante der Norm, dem" Verlust eines Rechtes", und ihren Rechtsfolgen siehe in diesem Abschnitt unter cc (2). 25 Dieser Mindestgehalt der Vorschrift ist allgemein anerkannt; vgl. z. B. Oertmann, Vorteilsausgleichung, Seite 286 unter a); Zoll, Zur ratio des § 255, Seite 29; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 32 I, Seite 557 ff.; Selb, Mehrheiten, § 8 11 2, Seite 143; Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 255 Anm. 3 a. 26 So die überwiegende Auffassung im Schrifttum: Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 2 I 1 a aa, Seite 6; Wolff / Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 84 VI 3, Seite 328; Soergel / Mühl, 11. Auflage, § 985 Rdnr. 2; Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 114 ff. Besonders treffend Westermann, Sachenrecht, 5. Auflage, § 30 I 3, Seite 129: "Was hat es für einen Zweck, dem einen das ,nackte Eigentum' ohne die Möglichkeit der Verwirklichung und dem anderen einen Anspruch auf Herausgabe als selbständiges Recht zu geben?" Von der Untrennbarkeit des Anspruchs aus § 985 und des Eigentums ging auch der Redaktor dieses Teils des Vorentwurfs (Johow) aus; Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Sachenrecht, Bd. 1, Seite 1106 ff. (zu § 204). A. A. Zoll, Zur ratio des § 255, Seite 42 ff., insbesondere Seite 53. Die Rechtsprechung hat die Frage bis heute offengelassen, zuletzt BGH NJW 1983, Seite 112. 4 Wemecke
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
Der Vorschrift ist unbestritten zweierlei zu entnehmen: Zum einen geht sie davon aus, daß der Eigentümer Schadensersatz, gegründet auf die Unmöglichkeit der Rückgabe seiner Sache, verlangen kann, auch wenn sich das Objekt noch in den Händen eines Dritten befindet. Ein unsicherer dinglicher Herausgabeanspruch soll mithin nicht das Recht auf Schadensersatz mindern oder gar ausschließen 27 • Zum anderen soll mit der Verpflichtung des Eigentümers zur ,,Abtretung" seine Bereicherung vermieden werden; er soll nicht Ersatz seines Schadens und die Herausgabe einer ihm gehörenden Sache verlangen dürfen 28. Wäre er aber für den Fall, daß er die Ersatzleistung erhält, nicht zur Übereignung an den Ersatzschuldner verpflichtet, ließe sich eine Häufung von Rechten in seiner Person, mithin eine unbillige Bereicherung. nicht vermei27 So deutlich die Motive Bd., 2, Seite 24 f. = Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 13 f.; Selb, Festschrift für Larenz, Seite 520. Da der dingliche Herausgabeanspruch auf die Höhe des Schadensersatzes keinen Einfluß hat, sollte man den Begriff der Vorteilsausgleichung in diesem Zusammenhang vermeiden: Es geht gerade nicht darum, einen Schaden über die Anrechnung eines Vorteils (hier käme der Herausgabeanspruch in Betracht) zugunsten des Ersatzpflichtigen zu mindern; die Vorteilsausgleichung wird im Gegenteil versagt. Faßte man die Vorschrift des § 255 als Anwendungsfall der "Vorteilsausgleichung", so müßte folgerichtig auch § 426 unter diese Kategorie fallen. V gl. Erman / Sirp, 7. Auflage, § 255 Rdnr. 1; verwirrend Selb, Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 21 f. Zum Ganzen noch unten, 1. Teil, VI Fußnote 25. 28 In diesem Sinne bereits der Redaktor Johow in: Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Sachenrecht, Bd. 1, Seite 1076 (zu § 192) und Seite 1078 sowie die Motive, Band 2, Seite 24 f. = Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 13. Anders freilich Rudolf Schmidt, JhJb 72, Seite 1, 16 und 26: Seiner Auffassung nach bezweckt die Vorschrift des § 255 nicht, eine Bereicherung des Gläubigers zu vermeiden, weil diese bereits kraft einer vorgehenden Regelung ausgeschlossen sei: Der Ersatzschuldner könne seine Leistung, sobald die Sache sich wieder in den Händen des Eigentümers befinde, kondizieren (§ 812 I 2 1. Variante: wegen des späteren Wegfalls des Rechtsgrundes). Wenn also die Bestimmung des § 255 eine Abtretung des Anspruchs des Ersatzberechtigten vorsehe, so geschehe das nur, weil sonst die Gefahr bestehe, daß der Herausgabeschuldner, den der entschädigte Eigentümer nicht mehr in Anspruch nehme, um den Besitz an der Sache bereichert bleibe (zustimmend Zoll, Seite 5; ähnlich Bley, JW 1937, Seite 2778). Der Auffassung von R. Schmidt ist indessen entgegenzuhalten, daß durch die Rückzahlung der Entschädigungsleistung nach Wiedererlangung der Sache lediglich eine bereits eingetretene Bereicherung des Eigentümers abgeschöpft, ihr Eintritt aber nicht verhindert werden kann. Diese Bereicherung von vornherein zu vermeiden, gelingt allein über die Vorschrift des § 255. Vor allem aber verkennt Schmidt, daß der Herausgabeschuldner im Verhältnis zum Ersatzschuldner nicht stets ungerechtfertigt um den Besitz der Sache bereichert ist. So führte die Anerkennung eines Kondiktionsanspruchs seitens des Ersatzschuldners gegen den Ersatzberechtigten zu Wertungswidersprüchen, wenn er sich gegenüber einem gutgläubigen "Herausgabeschuldner" etwa durch Kaufvertrag zur Übereignung der Sache verpflichtet hatte: Solchenfalls ist der Herausgabeschuldner im Innenverhältnis ausgleichsberechtigt mit der Folge, daß der Ersatzanspruch des Geschädigten voll auf ihn übergeht, wenn er diesem die Sache unbeschädigt zurückgibt (§ 426 11). Wäre aber der Ersatzanspruch des Eigentümers auf den Herausgabeschuldner übergegangen, wenn er nicht bereits erfüllt worden wäre, so muß der ausgleichsberechtigte Herausgabeschuldner, darf er schon die Sache nicht behalten, die Auskehrung der Ersatzleistung an sich verlangen können, § 81611 analog. A. A., insoweit wie Schmidt, Lehning, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 114, Nr. 10, Seite 9.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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den 29 : Das Eigentum an der Sache verbliebe dem Geschädigten, so daß der Herausgabeschuldner sie ihm, ohne ein "Recht zum Besitz" im Sinne des § 986 geltend machen zu können 30, zurückgeben müßte. (2) Larenz entnimmt nun der Regelung des § 255, daß sie sich in einem "offenbaren" Gegensatz zu der des § 422 befinde 31: In den Fällen des § 255 bestehe der Herausgabeanspruch trotz erbrachter Entschädigung fort, so daß durch die Leistung des Ersatzschuldners der Herausgabeschuldner nicht befreit werde 32. Ist dieses in seinem Formalismus bestechende Argument gewichtig genug, um hier das Entstehen einer Gesamtschuld auszuschließen? Kann nicht § 255 vielmehr als eine das Gesamtschuldrecht ergänzende, anstatt es ausschließende Norm begriffen werden? (3) Für die ergänzende Stellung spricht, daß sowohl § 255 als auch § 422 den Gläubiger als befriedigt betrachten, wenn ein Schuldner geleistet hat: Nach beiden Vorschriften soll der Gläubiger entweder den einen oder den anderen Verpflichteten in Anspruch nehmen dürfen! Ich räume ein: Dieses Ziel wird auf verschiedenen Wegen verfolgt. So verhindert die Bestimmung des § 422 unmittelbar eine Bereicherung des Gläubigers, indem sie ihm nach der Leistung durch einen Schuldner alle weiteren Rechte endgültig und kraft Gesetzes entzieht 33. Nach der Regelung des § 255 werden dem Gläubiger dagegen keine Ansprüche kraft Gesetzes entzogen: Der Ersatzschuldner braucht den Eigentümer nur Zug um Zug gegen Übereignung der vermißten Sache (§§ 929, 931) zu entschädigen 34 • So auch Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 120 f. Gäbe es die Vorschrift des § 255 nicht, müßte dem Herausgabepflichtigen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung ("dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est") gestattet sein, wenn § 422 ihn im Falle der Leistung des Ersatzschuldners befreite: Der Eigentümer würde dann vom Besitzer (dem Herausgabeschuldner) etwas verlangen, was er sogleich zurückgewähren müßte. Die Befreiung des Besitzers von seiner Herausgabepflicht gemäß § 422 mißachtete jedoch zum einen das schützenswerte Interesse des Eigentümers, seine Sache zurückzuerhalten, zum anderen liefe der Rückforderungsanspruch des Besitzers gegen den Eigentümer der Erkenntnis zuwider, daß der Besitz prinzipiell dem Eigentümer und nicht etwa einem Herausgabeschuldner zugewiesen ist. 31 Larenz, a.a.O., 14. Auflage, § 37 I, Seite 634; ders. bereits in der 1. Auflage des "Allgemeinen Schuldrechts" , § 33 III, Seite 294. Vor ihm schon Niehues, Gesamtschuld, Seite 9. Zustimmend z. B. Soergel/Wolf, 11. Auflage, § 421 Rdnr. 25; Palandt/ Heinrichs, 48. Auflage, § 255 Anm. 1 b. 32 M. Wolf zieht im Kommentar von Soergel (a. a. 0.) daraus den Schluß, § 255 regele eine Fall von kumulierten Ansprüchen. Das ist zumindest mißverständlich formuliert; siehe dazu die folgenden Ausführungen im Text und oben, Einleitung, IV 2 a. 33 Gegebenenfalls, d. h. bei bestehendem Ausgleichsanspruch aus § 426 I, gehen die Gläubigerrechte auf den leistenden Schuldner über, § 426 II. Bei fehlendem Regreß ist ihre Geltendmachung dauernd unzulässig (siehe unten, 1. Teil, VI 2 und VIII Fußnote 66). 34 Das in § 255 ausgesprochene Bereicherungsverbot des Schadensersatzgläubigers wird rechts technisch in erster Linie durch ein Zurückbehaltungsrecht verwirklicht; statt aller Palandt/Heinrichs, 48. Auflage, § 255 Anm.3 a oder MünchKomm/Grunsky, 29
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
Auch muß die Übereignung, zu der der Eigentümer verpflichtet ist, nicht endgültig sein. Gelangt die Sache wieder in die Hand des Ersatzschuldners, nachdem er den früheren Eigentümer Zug um Zug gegen deren Übereignung befriedigt hat, so ist zum einen denkbar, daß der Ersatzschuldner verlangen kann, man möge ihm gegen Rückübereignung des Gegenstandes die Entschädigungsleistung zurückgewähren. Die damit verbundene Verpflichtung des Geschädigten "zum Rückerwerb" kommt freilich nur in Betracht, wenn die aufgetauchte Sache unversehrt und ihre Rücknahme dem Geschädigten noch zumutbar ist 35 • In Wirklichkeit dürften diese Voraussetzungen freilich selten erfüllt sein, weil zum einen der Besitzer, der sich eine Sache durch unerlaubte Handlung verschafft hat, für sie nicht die Aufmerksamkeit des Eigentümers aufbringen wird und zum anderen von dem Ersatzberechtigten ein Umdisponieren nicht unter allen Umständen verlangt werden darf 36 • Es ist jedoch auch vorstellbar, daß der Geschädigte die Sache vom Ersatzschuldner zurückerhalten möchte. Seinem Verlangen ist, wenn er es innerhalb einer angemessen Frist äußert, stattzugeben 37 • Freilich ergibt sich sein Anspruch auf Rückübereignung nicht aus der Regelung des § 255, sondern aus dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249) und also dem Vorrang des Rückgabeanspruchs vor der Geldentschädigung: Der Gläubiger hätte seine Sache vom Ersatzschuldner entweder nach Schadensersatzrecht 38 oder im Rahmen seines vertraglichen Erfüllungsanspruchs 39 herausverlangen dürfen, wenn sie sich im Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch bei dem Schuldner befunden hätte 4O • 2. Auflage, § 255 Rdnr. 2. Der Anspruch auf ,,Abtretung" des Herausgabeanspruchs und damit auf die Eigentumsübertragung besteht aber auch noch, nachdem der Ersatzschuldner den Eigentümer befriedigt hat; so bereits Oertmann, Vorteilsausgleichung, Seite 296 f.; aus jüngerer Zeit Reeb, JuS 1970, Seite 214; Metzler, JuS 1971, Seite 589, 591 oder Palandt j Heinrichs, a. a. O. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 35 Ein anderes Ergebnis liefe der Wertung des § 249 Satz 2 zuwider: Ist die Sache beschädigt, so muß es, denkt man diese Regelung weiter, im Ermessen des Geschädigten stehen, ob er die Sache zurückbekommen oder die Ersatzleistung behalten möchte. Entscheidet er sich für den Ersatz, verbleibt die Sache bei dem (ehemals) Ersatzpflichtigen. Geht man bei unbeschädigter Sache von einer entsprechenden Rückerwerbspflicht gegenüber dem Ersatzschuldner aus, so ist Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung der Entschädigung § 812 I 2 1. Variante. 36 Gegen eine Pflicht zum Umdisponieren im Rahmen des Frachtvertrags: HGB GroßkommjHelm, 3. Auflage, § 430 Rdnr. 15. 37 A. A. Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 114 - 116, der nach erfolgter Ersatzleistung einen Anspruch des Eigentümers auf Rückübereignung der Sache nur in engen Grenzen anerkennt, nämlich im Hinblick auf Gegenstände, die "typischerweise" von Affektionsinteresse sind. Ähnlich Palandt j Heinrichs, 48. Auflage, § 255 Anm. 3 c. 38 Man denke an den Fall, daß ein Dieb dem Eigentümer die Sache entwendet und sie nicht mehr herausgeben kann. 39 Hier kann man sich einen Verwahrer vorstellen, der fahrlässig den Verlust der Sache verursacht hat. 40 A. A. Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 114: ,,Nachdem der Ersatzgläubiger bereits die Wahl zwischen Sachverfolgung und vollem Schadensersatz hatte, besteht grundsätzlich kein Bedürfnis, die ihn privilegierende Art einer Schadensbeseitigung durch Einräumung eines neutralen Wahlrechts wieder umzustoßen." Ich halte die Betrachtung für formalistisch und wirklichkeitsfremd: Ein reales Wahl-
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Dieses Recht würde unbillig verkürzt, wenn es infolge einer Ersatzleistung unterginge, obgleich der Ersatzschuldner dem Herausgabeanspruch des Eigentümers zu einem späteren Zeitpunkt genügen könnte 41. Man halte sich etwa das Interesse an der Wiedererlangung von verloren geglaubten Dingen, mit denen sich persönliche Erinnerungen verbinden, oder von Kunstgegenständen vor Augen: Sollte hier dem Eigentümer, der vom Ersatzpflichtigen Schadensersatz nur Zug um Zug gegen ihre Übereignung verlangen durfte (§ 255), im Falle ihrer Wiederentdeckung unter keinen Umständen, auch nicht gegen Herausgabe des Ersatzes, das Recht auf die für ihn "unersetzbare" Sache zustehen?42 Dasselbe gilt, wenn es der Ersatzpflichtige versäumt hat, sein Recht auf Übereignung geltend zu machen, und nun ein Dritter, der "Herausgabeschuldner", die Sache dem Eigentümer zurückgibt: Der Eigentümer muß sich auch in diesem Fall - innerhalb einer angemessenen Frist - dafür entscheiden dürfen, die Sache gegen Rückgabe der Entschädigung an den "Ersatzschuldner" zu behalten 43 . Stets ist es das in Geld recht zwischen Sachverfolgung und Schadensersatz besteht bei Gegenständen, deren Aufenthalt unbekannt ist, doch gar nicht. 41 Den Einwand von Zoll, allein die Annahme einer Übereignungspflicht im Rahmen des § 255 (siehe dazu Fußnote 26 in diesem Abschnitt) zwinge dazu, eine endgültige Regelung anzunehmen (a. a. 0., Seite 56), halte ich für unbegründet: Die eine Frage kann unabhängig von der anderen beantwortet werden. Insoweit zutreffend Lehning, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 114, Nr. 10, Seite 9. 42 Der Versuch, das Gegenteil mit einer Analogie zu § 861 HGB, einer Vorschrift aus dem Seeversicherungsrecht, zu begründen (so F. Schulz, Rückgriff und Weitergriff, Seite 105 ff.; Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 115), geht fehl: Im Seeversicherungsrecht ist die endgültige Eigentumsübertragung an dem versicherten Schiff als Voraussetzung für den Erhalt der Versicherungssumme angemessen, weil das Schiff nur einen unternehmerischen, allein in Geld zu fassenden Wert hat. 43 Fraglich ist hier, an wen der Eigentümer die bereits empfangene Ersatzleistung (in Höhe des noch vorhandenen Sachwertes) auskehren muß, wenn er sich für den wiedererhaltenen Gegenstand entscheidet. Auf den ersten Blick scheint die Rückgabepflicht g~genüber dem ,,Ersatzschuldner" zu bestehen; eigentlich könnte dieser nach § 255 die Ubereignung der Sache verlangen; außerdem hat er ja den Ersatz geleistet. Indessen ist diese Betrachtung zu vordergründig, weil sie die Beziehungen zwischen dem "Herausgabe-" und dem "Ersatzschuldner" unberücksichtigt läßt. Angenommen, der "Herausgabeschuldner" hätte dem "Ersatzschuldner" gegenüber einen Anspruch auf Übereignung der Sache erworben, etwa als gutgläubiger Käufer, und der Ersatzschuldner hätte den Eigentümer noch nicht befriedigt: Der "ausgleichsberechtigte" Herausgabeschuldner hätte soIchenfalls den Ersatzanspruch gemäß § 426 II in dem Augenblick erworben, in dem die Sache unbeschädigt an den Eigentümer zurückgelangt (siehe bereits oben, Fußnote 28 in diesem Abschnitt). Ist die Ersatzleistung bereits bewirkt, so muß sie vom Eigentümer an ihn weitergegeben werden (§ 816 II analog). Die Rechtslage verändert sich nicht unwesentlich, wenn die Sache beschädigt an den Eigentümer zurückgelangt. Der Erwerb der Ersatzansprüche seitens des ausgleichsberechtigten Herausgabeschuldners ist dann von der Entscheidung des Eigentümers abhängig, die Sache zu behalten; deshalb kommt ein Erwerb dieser Ansprüche nur kraft einer Abtretung durch den Geschädigten in Betracht (Anspruchs grundlage: § 426 II analog). Entscheidet sich der Eigentümer dagegen für die Ersatzleistung, hat er gemäß § 255 dem Ersatzpflichtigen die Sache zu übereignen; freilich trifft diesen bei bestehendem Verschaffungsanspruch des Herausgabeschuldners (etwa aus einem Kaufvertrag) die Pflicht, den Anspruch aus § 255 weiter abzutreten, §§ 281, 323 II, 325 I Satz 3. Bei
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eine mißlungene Norm?
nicht zu bemessende Interesse des Ersatzberechtigten, das den endgültigen Rechtsverlust bzw. die unbedingte Pflicht zur Übereignung im Rahmen des § 255 nicht rechtfertigt 44 • (4) Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich die Regelung des § 255 in drei Punkten von der des § 422 unterscheidet: Erstens entfallen die Gläubigerrechte nicht kraft Gesetzes und werden insbesondere nicht, wie es § 426 11 vorsieht, zum Ausgleich auf den leistenden Schuldner kraft einer cessio legis übertragen. Zweitens ist die Übereignung an den leistenden Ersatzschuldner nicht notwendig endgültig, und drittens kann der Ersatzberechtigte die Herausgabe der zurückerlangten Sache an den neuen Eigentümer verweigern. Solchenfalls darf er freilich nicht die Entschädigungsleistung behalten; sie ist entweder an den Ersatzschuldner oder - bei bestehendem Ausgleichsanspruch - an den "Herausgabeschuldner" auszukehren. Trotz dieser Abweichungen des § 255 von der Vorschrift des § 422 verbietet es sich jedoch, die Bestimmungen als unvereinbar gegeneinander zu stellen: Beide wollen eine doppelte Befriedigung des Gläubigers vermeiden. Diese Tatsache rechtfertigt es, in § 255 eine das Gesamtschuldrecht ergänzende Regelung zu erblicken, deren eigenständiger Gehalt näher ergründet werden soll. bb) Der eigenständige Gehalt des § 255 Bezwecken sowohl die Regelung des § 255 als auch die des § 422, eine unbillige Bereicherung des Gläubigers zu vermeiden ("Verbot der Kumulation"), so stellt sich die Frage, aus welchem Grunde diese Vorschrift neben der des § 422 überhaupt notwendig ist. Sie erhellt sich aus den Besonderheiten, die das Eigentumsrecht aufwirft: (1) Gäbe es die Bestimmung des § 255 nicht, so könnte § 422 die Doppelbefriedigung eines Eigentümers, dem ein Ersatz- und ein Herausgabeschuldner gegenüberstehen, nicht verhindern, wenn der nicht regreßberechtigte Ersatzschuldner 45 einer Entscheidung des Eigentümers für die Ersatzleistung ist eine Abwicklung "im Dreieck" unumgänglich; § 255 bestimmt es so. Diese Unstimmigkeit im Vergleich zur Auskehrung der Ersatzleistung an den Herausgabeschuldner (siehe oben) entbehrt eines sachlichen Grundes, so daß § 255 in dieser Hinsicht kaum als in sich stimmige Regelung bezeichnet werden kann. 44 Im Ergebnis ebenso Demburg, Bürgerliches Recht, 4. Auflage, Bd. 11/2, § 34 11 g, Seite 95. A. A. wohl Johow in: Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Sachenrecht Bd. 1, Seite 1078 (zu § 192). Die hier vertretene Meinung findet sich bereits in den Digesten (13, 6, 17, 5): "Rem commodatum perdidi et pro ea pretium dedi, deinde res in potestate venit: Labeo ait contrario iudicio aut rem mihi praestare te debere aut quod a me accepisti reddere." Übersetzt lautet die Stelle: "Ich habe eine geliehene Sache verloren und den Preis dafür gezahlt. Danach ist die Sache in deine Gewalt gekommen. Labeo sagt, daß du mir auf die Klage des Entleihers entweder die Sache zurückgewähren oder zurückgeben mußt, was Du von mir (als Entschädigung) empfangen hast."
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den Eigentümer entschädigt: Da die Sache nicht herrenlos werden kann, verbliebe das Eigentum bei dem Geschädigten, und der Besitzer könnte die Herausgabe an ihn mangels eines Gegenrechts im Sinne des § 986 nicht verweigem 46 • Aber selbst bei bestehendem Ausgleichsanspruch des Ersatz- gegen den Herausgabeverpflichteten 47 würde das Gesamtschuldrecht versagen: Der Eigentumserwerb wäre nicht, wie es § 426 11 vorsähe, kraft eines gesetzlichen "Forderungsübergangs" zu verwirklichen 48; ihn vermittelt allein das Sachenrecht in besonders aufgeführten Bestimmungen 49 • Das Gesamtschuldrecht kann mithin keine dinglichen Rechtsänderungen bewirken. Auf diesem Gebiet entfaltet die Bestimmung des § 255 ihre ergänzende Wirkung: Sie verhindert eine Anspruchshäufung bei dem geschädigten Eigentümer und entscheidet darüber, an wen und in welcher Weise das Eigentum an einer Sache zu übertragen sei, die der Berechtigte nicht zurückerlangt. Schließlich steht die Regelung des § 255 der Befugnis eines Schadensersatzgläubigers, zwischen seiner (wiederaufgefundenen, aber beschädigten) Sache und der Ersatzleistung zu wählen, nicht entgegen. Diese "Ersetzungsbefugnis" auf der Seite des Gläubigers ließe sich mit den Bestimmungen der §§ 422, 426 11 wegen der starr angeordneten ,,Erfüllungs wirkung" schwerer in Einklang bringen 50. (2) Das gedanklich anspruchsvolle Zusammenspiel des Gesamtschuldrechts mit der Regelung des § 255 sei anhand eines Beispiels erläutert. Ich entnehme es den "Kieler Nachrichten", die am 30. Oktober 1985 über einen umfangreichen Münzdiebstahl aus der "Kieler Kunsthalle" berichteten. Dem Artikel zufolge hatte der Hausmeister der Kunsthalle mehrere Münzschatullen entleert und die Beutestücke - rund 1000 brandenburgisch-preußische Münzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert - an einen Hamburger Münzhändler veräußert, der sie gemein45 Man denke sich den Fall, daß der Ersatzschuldner dem Herausgabeschuldner kraft der Rechtsmängelhaftung eines Kaufvertrags regreßpflichtig ist. 46 Siehe bereits oben in diesem Abschnitt unter 2 a, aa, dort unter Ziffer 1. 47 Beispielsweise, wenn einem fahrlässigen Verwahrer die Sache gestohlen wurde. 48 Die einseitige Belastung des Herausgabeschuldners stünde dagegen einer Gesamtschuld nicht im Wege; § 426 I läßt jedes Maß an Mitwirkungs- und Ausgleichspflichten zu. Darauf weist besonders deutlich Ehmann, Gesamtschuld, Seite 106, hin. Die cessio legis, wie § 426 11 sie vorsieht, soll nach allgemeiner Auffassung nur einen nach § 426 I bestehenden Ausgleichsanspruch bestärken: Planck / Siber, 4. Auflage, § 426 Anm. 3; Demburg, Bürgerliches Recht, 4. Auflage, Bd. 11/1, § 164 VI, Seite 462; Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 567; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 III, Seite 649. 49 Daher irrt Reichel doppelt, der in seinem Werk "Die Schuldmitübernahme" auf Seite 53 ausführt: " ... das Gesetz hat sich, als § 255 erlassen wurde, eines kleinen Irrtums schuldig gemacht. Nach unserer Ansicht nämlich bedurfte es des § 255 schon um deswillen nicht, weil bereits § 426 das Erforderliche bestimmte." 50 Das Gesamtschuldrecht, genauer: die Bestimmung des § 422, müßte modifiziert werden, um der Ersetzungsbefugnis des Geschädigten Rechnung zu tragen.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
sam mit einem Diplom-Volkswirt an andere Händler weiterverkaufte und auf Auktionen anbot. Der Münzhändler und der Volkswirt haben sich - davon gehe ich aus - einer in Mittäterschaft begangenen Hehlerei schuldig gemacht 51. Ich denke den Fall weiter und unterstelle, daß sich einige der im Eigentum der Universität Kiel stehenden Münzen 52 im Besitz eines Dritten befinden, die sie in fahrlässiger Unkenntnis ihrer Herkunft erwarb: Unter dieser Voraussetzung haften der Dieb, die Hehler und der Dritte der Unversität kraft der Bestimmung des § 840 I als Gesamtschuldner. Der Dieb und die Hehler hätten in diesem Fall eine vorsätzliche Eigentumsverletzung 53 (§§ 823 I, 823 11 i. V. m. 242 StGB bzw. 259 StGB 54, 826) zu verantworten, dem dritten Abnehmer fiele dagegen eine fahrlässige Beeinträchtigung des fremden Rechts zur Last. Er könnte seiner Schadensersatzpflicht, die mit dem Herausgabeanspruch der Universität als Eigentümerin (§ 985) konkurriert 55, durch Herausgabe der Münzen genügen. Gehen wir schließlich davon aus, die Universität nähme, wenn der Besitzer der Münzen für sie nicht greifbar wäre, einen der mehreren Hehler auf geldlichen Schadensersatz in Anspruch und dieser käme dem Verlangen nach: Wem wäre jetzt das Eigentum an den Münzen zuzuweisen, um einerseits eine Doppelbefriedigung der Universität zu vermeiden und andererseits die Sache nicht herrenlos werden zu lassen? 56 Das Gesamtschuldrecht bleibt die Antwort schuldig, obwohl der Besitzer gemeinsam mit dem Dieb und den Hehlern als Gesamtschuldner haftet (§§ 823 I i. V. m. § 840 I)! Insbesondere vermag die Vorschrift des § 426 11 keine Auskunft über den Verbleib des Eigentums an den Münzen zu geben: Nicht nur, daß sie keinen Eigentumsübergang bewirken kann 57, sie setzt auch 51 Dem Zeitungsbericht zufolge wurde allerdings gegen den Münzhändler kein Hauptverfahren eröffnet; er war zuvor verstorben. 52 Freilich war die Universität Kiel nicht Eigentümerin aller Münzen; es handelte sich bei dem Diebesgut - so der angeführte Bericht aus den "Kieler Nachrichten zum Teil um eine Sammlung der Universität Greifswald, die 1945 nach Kiel ausgelagert worden war und von der hiesigen Kunsthalle nur verwahrt wurde. Die hiennit verbundenen Rechtsfragen bleiben im folgenden unberücksichtigt. 53 Durch die Vereitelung des Vindikationsanspruchs stellt sich die Hehlerei auch als Eigentumsverletzung dar: Dem Eigentümer wird die Besitzergreifung an seiner Sache immer weiter erschwert. In diesem Sinne bereits OAG Jena, Seuff Arch 16, NT. 114, Seite 206. Dem steht das strafrechtliche Verständnis der Hehlerei als Vermögensdelikt nicht entgegen; zutreffend Maurach I Schroeder I Maiwald, Strafrecht BT, Bd. 1,7. Auflage, § 39 leI, Seite 387. 54 § 259 StGB ist nach allgemeiner Meinung ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 11; RGZ 94, Seite 191, 195 und Palandt I Thomas, 48. Auflage, § 823 Anm. 9 f. m. W.N. 55 Es entspricht allgemeiner Auffasung, daß der Anspruch aus § 985 neben dem aus unerlaubter Handlung besteht. Statt aller: Palandt I Bassenge, 48. Auflage, Einf. v. § 985 Anm.3 a bb. 56 Rechtsfragen, die sich unter Umständen aus der Überlagerung des bürgerlichen Rechts durch öffentlich-rechtliche Nonnen ergeben, lasse ich außer Betracht, um das Augenmerk allein auf das Verhältnis zwischen der Vorschrift des § 255 und dem Gesamtschuldrecht zu richten.
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einen Ausgleichsanspruch des leistenden Schuldners im Sinne des § 426 I voraus - ein Anspruch, der dem Hehler gegen seinen "gutgläubigen" Abnehmer nicht zusteht. Kann aber das Gesamtschuldrecht - obwohl alle Beteiligten kraft ausdrücklicher Bestimmung (§ 840 I) Gesamtschuldner sind - keine Antwort darauf geben, wem das Eigentum an den Münzen im Falle einer Ersatzleistung des Hehlers zuzuweisen ist, so trifft § 255 die fehlende Regelung. Diese Norm verhindert nicht das Entstehen einer Gesamtschuld, wohl aber ergänzt sie deren Bestimmung in einer Hinsicht: Das Eigentum an den Münzen geht nicht etwa, wie es § 255 anordnete, kraft Gesetzes in der Weise unter, daß das Diebesgut herrenlos wird; es ist vielmehr durch die Universität auf den in Anspruch genommenen Hehler als den (leistenden) Ersatzschuldner zu übertragen 58. Zugleich sind dem Eigentümer auch die auf sein Recht gegründeten schuldrechtlichen Ansprüche aus Delikt (§ 823) und aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 - Besitzkondiktion) zu entziehen 59. § 255 verhindert hier die Bereicherung des Ersatzberechtigten, die das Gesamtschuldrecht nicht zu unterbinden vermag: Das Eigentum kann nicht, wie es § 422 vorsähe, kraft Gesetzes untergehen. Das Beispiel bestätigt, daß die Vorschrift des § 255 sogar innerhalb einer ausdrücklich angeordneten Gesamtschuld (§ 840) die Bereicherung eines für den Verlust seiner Sache entschädigten Eigentümers sinnvoll verhindert, und es macht so sichtbar, daß § 255 Lücken des Gesamtschuldrechts ausfüllt 60 • Larenz wird folglich dem Zusammenspiel der Vorschriften nicht gerecht, der wörtlich ausführt:
Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a, bb , dort unter Ziffer 1. Freilich kann der Hehler als "neuer" Eigentümer die Münzen von seinem Abnehmer nicht herausverlangen: Dieser kann aufgrund des wirksamen Kaufvertrages die Übereignung an sich verlangen (§ 986 I 1 LV. m. § 433 I 1). Interessante Rechtsfragen würden in diesem Zusammenhang aufgeworfen, leistete der Dieb Zug um Zug gegen Ubereignung der Münzen Schadensersatz: Könnte er als "neuer" Eigentümer die Münzen vom Besitzer, der sie vom Hehler erworben hat, herausverlangen? Die Frage müßte bejaht werden, könnte sich der Besitzer nicht dem Dieb gegenüber mit einem Gegenrecht verteidigen (§ 986). Das wäre zu bejahen, wenn auch der Hehler gegenüber dem Dieb die Herausgabe verweigern könnte, denn ein Besitzer ist dem Eigentümer gegenüber nicht herausgabepflichtig, wenn der Vorbesitzer die Sache ebenfalls nicht zurückzugeben braucht (Palandt / Bassenge, 48. Auflage, § 986 Anm. 3 c). Der Hehler hätte seinerseits die Münzen behalten dürfen, weil durch die Entschädigung des Eigentümers seitens des Diebes die Sittenwidrigkeit des Geschäfts zwischen Dieb und Hehler beseitigt wurde, der zwischen den beiden geschlossene Kaufvertrag mithin wirksam ist. Folglich besteht kein Herausgabeanspruch des Diebes gegen den Besitzer. 59 Insoweit besteht gemäß § 255 auch die Pflicht, die neben dem dinglichen Herausgabeanspruch bestehenden obligatorischen Ansprüche abzutreten. So zu Recht Oertmann, Vorteilsausgleichung, Seite 287; Lange, Schadensersatz, § 11 A III, Seite 423; Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 111. 60 Sollte der Universität der Aufenthalt der Münzen bekannt werden, wird sie vom Hehler deren Rückübereignung verlangen. Dieser muß dem Begehren nachkommen, wie ich oben unter 2 a, aa (3) dargelegt habe; die Besitzer hätten dem auf § 985 gegründeten Anspruch der Universität nur Zug um Zug gegen Herausgabe der Ersatzleistung (§ 816 11 analog, siehe Fußnote 43 in diesem Abschnitt) zu genügen. 57
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
"In den Fällen des § 255 ist § 422 offenbar unanwendbar. Die Leistung des Abtretungsberechtigten wirkt nicht für den primär Verpflichteten. Die mehreren Verpflichteten stehen insofern nicht auf der gleichen Stufe."61
cc) Die das Gesamtschuldrecht ergänzende Bestimmung des § 255ein Widerspruch zur Entstehungsgeschichte, der inneren Schlüssigkeit und dem Regreßcharakter der Vorschrift? Die Ausage, sowohl die Bestimmung des § 422 als auch die des § 255 bezweckten eine Bereicherung des Gläubigers, der mehrere Schuldner in Anspruch nehmen könne, zu vermeiden, sie träfen daher aufeinander zu beziehende Regelungen, könnte auf mehrere Einwände stoßen, etwa: Erstens habe der Gesetzgeber ein Zusammenspiel der Bestimmungen gar nicht in Betracht gezogen. Zweitens sei die Vorschrift des § 255, würde man ihr eine Bedeutung nur im Hinblick auf die Eigentumsübertragung zumessen, in ihrer zweiten Variante überflüssig: Sie beziehe die Abtretungspflicht auch auf die aus einem "Rechtsverlust" hervorgehenden Ansprüche; diese könnten jedoch kraft des § 42611 übergehen, und auch ihrem gesetzlich (§ 422) angeordneten Untergang bei Fehlen eines Regreßrechts stünden keine Bedenken entgegen. Drittens handele es sich bei der Norm des § 255 um eine Vorschrift, die einen die Bestimmung des § 426 und damit das Gesamtschuldrecht insgesamt ausschließenden Regreßweg vorzeichne 62 . Alle Einwände sind indessen unbegründet. (1) Was den ersten Einwand betrifft, so ist es zwar zutreffend, daß sich weder nach den Vorentwürfen der Redaktoren noch den Motiven oder den Protokollen der Gesetzgebungskommissionen behaupten ließe, bereits die Väter des BGB hätten das Zusammenspiel der §§ 255 und 426 in Erwägung gezogen, geschweige denn erkannt. Das mag im wesentlichen darauf zurückzuführen sein, daß die Vorschrift des § 255 von einem anderen Redaktor 63 verfaßt wurde als die Gesamtschuldbestimmungen im engeren Sinn: Der "Vorläufer" des § 255 war nach den Vorentwürfen Teil des Sachen- und nicht des Obligationenrechts 64. Offensichtlich 61 Larenz, a.a.O., 14. Auflage, § 37 I, Seite 634. In der Sache identisch bereits in der 1. Auflage des Lehrbuchs, § 33 III, Seite 294. 62 Die von Oertmann in seiner Schrift über die Vorteilsausgleichung entwickelte Auffassung, § 255 gewähre dem "unechten Solidarschuldner", der letztlich nicht haften soll, den Rückgriff gegen die Mitverpflichteten(insbesondere Seite 292), hat u. a. Larenz, allerdings ohne das nötige Zitat, aufgegriffen (Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634). Von Oertmann selbst wurde sie in einem Beitrag in der Festschrift für v. Gierke aufgegeben (siehe dort Seite 13). 63 Redaktor des Sachenrechts war Reinhold Johow, Redaktor des Schuldrechts war Franz Philipp v. Kübel. 64 Als "Vorläufer" des § 255 ist § 192 der Vorentwürfe zum Sachenrecht (Teil I) zu verstehen, der lautete: "Läßt der Eigentümer .... einer beweglichen Sache sich von
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dachte der Redaktor J ohow gar nicht an die Möglichkeit einer Gesamtschuld, als er, eher beiläufig und durch den Wortlaut der von ihm verfaßten Norm des § 192 der Vorentwürfe nicht geboten, bemerkte, daß nach dieser Vorschrift auch die Abtretung von Schadensersatzansprüchen bei Zerstörung der Sache geschuldet sei 65. Auch später, d. h. in den Beratungen der ersten und zweiten Kommission, würdigte man das Verhältnis der Bestimmung des § 255 zum engeren Gesamtschuldrecht mit keinem Gedanken 66. Dieses Versäumnis rechtfertigt indessen nicht den Schluß, daß sich die Vorschriften nicht ergänzten. (2) Angesichts des zweiten Einwandes muß allerdings eingeräumt werden, daß der Anwendungsbereich des § 255 für den Fall des "Rechtsverlustes " nur noch schmal ist, wenn die Norm auf die Besonderheiten des Eigentums zugeschnitten ist. Ein Kritiker könnte der hier entwickelten Abstimmung mit dem Recht der Gesamtschuld entgegenhalten, daß der auf der einen Seite erreichte Einklang auf der anderen mit einem Bruch bezahlt werden müsse, den dieses Verständnis in die Vorschrift hineintrage: Das in § 255 genannte Merkmal des "Rechtsverlustes" werde praktisch überflüssig. Das Bedenken, die hier vorgenommene Ausrichtung auf das Eigentum nehme der Bestimmung einen Teil ihres Sinnes, wird schon dadurch gemildert, daß ihr Wortlaut im Hinblick auf den Rechtsverlust - streng genommen - ungenau ist: Einen derartigen Verlust kann es nur geben, wenn Vorschriften des Schuldnerschutzes (etwa die §§ 407, 408) einem Nichtberechtigten die Macht einräumen, das betreffende Recht zu Lasten seines Inhabers geltend zu machen und zum Erlöschen zu bringen. Dieser Eingriff ist jedoch nicht mit der Abtretung von Ansprüchen verbunden: Der Ausgleich beschränkt sich auf das Verhältnis des Berechtigten zu demjenigen, der in das Recht eingegriffen hat (§ 81611), während die Ansprüche gegen den Schuldner erloschen sind. Richtig gefaßt hätte das Gesetz statt von einem Rechts"verlust" von der "erschwerten Durchsetzung" sprechen müssen 67 • demjenigen, gegen welchen der Eigenthumsanspruch auf deren Herausgabe begründet ist, wegen der von demselben veräußerten oder sonst abhanden gekommenen Sache entschädigen, so gehen mit der Leistung der Entschädigung . . .. das Eigenthum der beweglichen Sache und die dem Eigenthümer in Betreff derselben gegen Dritte zustehenden Ansprüche auf den Entschädigenden über." (Zitiert nach Jacobs / Schubert, Die Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse Bd. 1, § 255, Seite 118). 65 Siehe Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Sachenrecht Bd. 1, Seite 1076. 66 Jakobs / Schubert, a. a. 0., § 255, Seite 120 ff. 67 Es entspricht allgemeiner Auffassung, daß § 255 auch in den Fällen maßgebend ist, in denen jemand wegen der erschwerten Durchsetzung eines noch bestehenden Rechts haftet. Ich verweise auf die im folgenden erörterte Entscheidung des Reichsgerichts JW 1906, Seite 109, 110, in der § 255, bezogen auf einen entsprechenden Sachverhalt, analog angewendet wurde, und auf Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 255 Anm. 2 c. Insoweit führt Selb in seinem Werk "Mehrheiten von Gläubigem und Schuldnern" zutreffend aus: "Dem vollen Rechtsuntergang ist gleichzuachten, wenn eine dauernde
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Immerhin: In - zugegeben praktisch seltenen Fällen - behält § 255 auch nach dem hier entwickelten Verständnis seinen Anwendungsbereich. Er erstreckt sich auf die erschwerte Durchsetzung eines Rechts, das - entsprechend dem Eigentum an einer Sache - dem gesetzlichen Übergang nach § 426 l/ nicht zugänglich ist. Dazu zählen alle abstrakten Rechte 68 , 69. (a) Man stelle sich zum Beispiel das Abhandenkommen einer Inhaberschuldverschreibung durch fahrlässiges Verhalten eines Verwahrers vor: Der Verwahrer müßte an den Eigentümer der Urkunde Schadensersatz leisten 70 - gemäß § 255 freilich nur Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an dem Papier 71 • Einrede seine Durchsetzung hindert. Rein tatsächlich kann freilich ein Recht auch dadurch verlorengehen, daß mit seiner tatsächlichen Durchsetzung nicht mehr gerechnet werden kann . . . Insoweit freilich können wieder Verlust und bloße Beeinträchtigung nicht voneinander geschieden werden." (A. a. 0., § 8 II 2 f., Seite 150). 68 Die abstrakten Rechte sind in ihrer Entstehung von der Existenz einer kausalen Vereinbarung d. h. von dem Rechtsverhältnis, zu dessen Erfüllung oder Sicherung ihre Begebung dient (a. A., im Ergebnis aber wie hier: Zöllner, Wertpapierrecht, 14. Auflage, § 5 III 3, Seite 31 f., nach dessen Auffassung bei abstrakten Verbindlichkeiten Rechtsgrund die "Begebungsabrede" sein soll), unabhängig. Folglich muß ihr Schicksal auch vom Erlöschen dieses Verhältnisses zunächst unberührt bleiben. Das bedeutet: Erlischt das Kausalverhältnis durch Erfüllung oder kraft des § 422, so geht das abstrakte Recht nicht ex lege unter; es kann aber von dem Verpflichteten kondiziert werden, §§ 812 I 21. Variante i.V. m. 81211. Bei bestehendem Ausgleichsanspruch des in § 255 bezeichneten Ersatzschuldners , der mit seiner Leistung das Kausalverhältnis erfüllt (§ 362) und die abstrakte Zuwendung an den Gläubiger als grundlos erscheinen läßt (§§ 812 I 2 1. Variante, 812 II i.V. m. 422), ist eine gesetzliche Überleitung des abstrakten Rechts auf den Ersatzschuldner nach § 426 II nicht möglich. Es muß rechtsgeschäftlich, sei es nach §§ 929 ff., sei es nach §§ 398 ff. übertragen werden. Im Gegensatz dazu kann § 426 II den Übergang der kausalen Beziehung herbeiführen. 69 Die Vorschrift des § 255 braucht in den Fällen des ,,Rechtsverlustes" anders als in den Sachverhalten, in denen dem Eigentümer einer Sache Ersatz- und Herausgabeansprüche gegen verschiedene Personen zustehen (§ 255 1. Variante) - nicht angezogen zu werden, um eine Anspruchshäufung und damit eine Bereicherung in der Hand des Gläubigers zu venneiden: Der aus dem "verletzten" Recht Verpflichtete kann, anders als der Besitzer einer fremden Sache (siehe oben Fußnote 30 in diesem Abschnitt), die ihn treffende Verbindlichkeit kondizieren, wenn das Gläubigerinteresse durch den Ersatzschuldner befriedigt wurde. Folglich kann er auch seiner Inanspruchnahme durch den Gläubiger den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ("dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est") entgegenhalten, wenn der Ersatzschuldner geleistet hat: Mit dieser Leistung wird im Verhältnis zum Gläubiger die Erfüllung der abstrakten Verbindlichkeit gemäß § 422 "blockiert", weswegen das abstrakte Recht selbst, mithin auch das darauf Geleistete, kondiziert werden könnte (§§ 812 I 2 1. Variante, 812 11). Eine Leistung aber, die dem Bereicherungseinwand ausgesetzt ist, braucht gar nicht erst bewirkt zu werden. Bedarf es des § 255 im Bereich des Rechtsverlustes demgemäß nicht, um eine Bereicherung des Gläubigers auszuschließen, so entfaltet diese Vorschrift ihre Bedeutung nur, wenn ein Ausgleichsanspruch des Ersatzschuldners gegen den abstrakt Verpflichteten begründet ist - als lex specialis zu § 426 11. Das Ganze wird an dem im folgenden gegebenen Beispiel verdeutlicht. 70 Die Schadensersatzpflicht des Verwahrers ergäbe sich aus §§ 280, 695. 71 Der Eigentumserwerb vollzöge sich so die ganz überwiegende Auffassung in der Kommentarliteratur - nach den Vorschriften der § § 929, 931. Vgl. Palandt / Thomas,
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(b) Auch der folgende, dem Reichsgericht im Jahre 1905 unterbreitete Sachverhalt 72 unterfällt der Norm des § 255, wenn man der Auffassung folgt, daß die sich nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen vollziehende Abtretung von Ansprüchen aus Wechseln auch die Übereignung des Papiers entsprechend den Vorschriften der §§ 929 ff. voraussetzt 73: Der Kläger hatte im Jahre 1900 die Beklagte, die gewerbsmäßig Forderungen beitrieb, mit der Einziehung einer Wechselforderung beauftragt. Die Beklagte hatte jedoch weder die Forderung beim Schuldner erhoben noch konnte sie den Wechsel an den Kläger herausgeben 74. Das Reichsgericht verurteilte die Beklagte zum Schadensersatz 75; freilich habe sie den Wert der verbrieften Forderung nur Zug um Zug gegen Abtretung der im Wechsel verbrieften Rechte, mithin, so füge ich hinzu, nur gegen die Übereignung des Papiers 76 zu ersetzen. Für die Anwendung des § 255 kommt es auf die Notwendigkeit eines rechtsgeschiiftlichen Übertragungsaktes an; solchenfalls tritt die Norm an die Stelle des
§ 426 U 77 • 48. Auflage, § 793 Anm.5 a; RGRK / Steffen, 12. Auflage, § 793 Rdnr. 11; Soergel/ Wetter, 11. Auflage, § 793 Rdnr. 3; abweichend MünchKomm / Hüffer, 2. Auflage, § 793 Rdnr. 18; Staudinger / Marburger, 12. Auflage, § 793 Rdnr.20. Er käme freilich nur in Betracht, soweit das Eigentum am Papier nicht bereits durch einen gutgläubigen Dritten erworben wurde (§ 935 II!). 72 Die Entscheidung ist veröffentlicht in der JW 1906, Seite 109. 73 Die wechselrechtliche Übertragung durch Indossament (Art. 11 WG) kommt wegen des Verlusts der Urkunde hier nicht in Betracht. Wie ein Wechsel in bürgerlich-rechtlicher Form übertragen wird, ist streitig. Eine Pflicht zur Übereignung des Papiers bejahen Wolff / Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 65 III 2, Seite 232; verneinend Serick, Eigentumsvorbehalt, Bd. 2, § 26 I 2, Seite 342 Fußnote 9; Zöllner, Wertpapierrecht, 14. Auflage, § 14 I 2, Seite 86; Baumbach / Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 16. Auflage, WG Art. 11 Rdnr. 5. Nach Auffassung der zuletzt genannten Autoren soll bei der Übertragung des verbrieften Rechts in der Form einer bürgerlich-rechtlichen Abtretung (d. h. ohne Indossament) das Eigentum am Papier gemäß § 952 auf den Erwerber übergehen. Eine dritte Ansicht verlangt für den Rechtserwerb zwar keine Übereigung des Papiers, wohl aber seine Übergabe bzw. ein Übergabesurrogat (BGH NJW 1958, Seite 302; WM 1970, Seite 246 - jeweils m. w.N.). 74 Diese Herausgabepflicht ergab sich nach der unstreitigen Beendigung des Vertrages aus §§ 667 i.V. m. 675, 611. 75 Der Anspruch gründete sich auf §§ 325 i.V. m. 675, 611: Da die Beklagte nicht mehr im Besitz des Wechsels war, konnte sie die verbriefte Forderung nicht mehr einziehen! Für den Kläger wurde die Durchsetzung seines Rechtes erschwert: Er hätte ein Aufgebotsverfahren betreiben müssen (§§ 90 I WG, 1004 ff. ZPO). 76 Zur Übertragung des verbrieften Rechts siehe soeben Fußnote 71. 77 Unzutreffend im Hinblick auf § 255 das Urteil OLG Bamberg, OLGZ 1976, Seite 447: Es behandelt die Haftung eines Autohändlers gegenüber einem Finanzierungsinstitut für falsche, von ihm jedoch als richtig bestätigte Angaben eines Kunden im Finanzierungsantrag. Die Irreführung hatte zur Folge, daß das Institut seine Ansprüche wegen der Zahlungsunfahigkeit des Kunden nicht durchsetzen konnte. Das OLG gab der Schadensersatzklage des Instituts gegen den Autohändler statt, betonte allerdings, daß der
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
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(c) Von dem seltenen Fall abgesehen, daß ein abstraktes Recht in "Verlust" geraten, d. h. erschwert durchsetzbar ist, hat die Vorschrift des § 255, wie ausgeführt, keine Bedeutung; fordern doch die hier entstehenden Schadensersatzansprüche keine rechtsgeschäftliche Übertragung nach §§ 929 ff. bzw. 398 ff., um eine Bereicherung des Gläubigers auszuschließen. Die Formulierung des Gesetzes muß an dieser Stelle als Fehlgriff gedeutet werden, um § 255 in einen schlüssigen Zusammenhang mit dem eigentlichen Gesamtschuldrecht zu bringen und damit die Handhabung der Norm zu gewährleisten. (d) Daß andernfalls die strikt am Wortlaut orientierte Anwendung zu einer vom Gesetzgeber offenbar übersehenen, nichtsdestoweniger verwirrenden "Überlappung" mit dem Gesamtschuldrecht führt, mag ein Beispiel verdeutlichen, das ich einer reichsgerichtlichen Entscheidung aus dem Jahre 1914 entlehne 78 : Der Klägerin war von ihrem Schuldner eine Forderung abgetreten worden. Sie hatte den verklagten Anwalt mit der Übersendung der Abtretungsurkunde an denjenigen beauftragt, gegen den sich die abgetretene Forderung richtete: Der Anwalt sollte diesen "Drittschuldner" von dem Gläubigerwechsel in Kenntnis setzen. Er unterließ es jedoch, die Urkunde zu übersenden. Die Folge war, daß der "Drittschuldner" sich durch Zahlung an einen Vollstreckungsgläubiger befreien konnte und die Zessionarin - die Klägerin - mit ihrem Recht ausfieP9. Die an die Klägerin abgetretene Forderung war damit untergegangen; ihr erwuchs aus dem Rechtsverlust jedoch ein Anspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger (§ 81611). Sie konnte nunmehr ihn oder den Bekiagten 80 in Anspruch nehmen; eine Wahl, auf die auch das Reichsgericht hinweist: "Dieser (ich ergänze: der Anspruch aus § 816 II) steht ihr neben demjenigen gegen den Beklagten aus der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflicht zu ... Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen hat aber in einem solchen Falle der Berechtigte die Wahl, welchen von den mehreren Ansprüchen er verfolgen will und jedenfalls wird der Anspruch gegen die anderen Schuldner der betreffenden Forderung erst aufgehoben, wenn und insoweit der Berechtigte aus dem einen Anspruch seine Befriedigung erlangt hat."81 Es scheint, als zitiere das Reichsgericht sinngemäß die Vorschriften der §§ 421, 422 - und doch sprach es der Klägerin letztlich den Schadensersatzanspruch
Händler die Abtretung der Ansprüche aus dem Darlehen gemäß § 255 verlangen könne. Vom Wortlaut der Vorschrift des § 421 ausgehend, hätte es den Übergang des Darlehensanspruchs nach § 426 II in Betracht ziehen müssen, um § 255 mit dem Gesamtschuldrecht in Einklang zu bringen. Unzutreffend daher auch RG JW 1937, Seite 2776 (2777 sub. 2) und BGHZ 6, Seite 55. 78 LZ 1914, Spalte 1543. 79 Die befreiende Wirkung der Zahlung ergab sich aus den Vorschriften der §§ 408 II,407. 80 Gegen den beklagten Anwalt ergab sich ein Schadensersatzanspruch aus §§ 326 I, 326 II i.V. m. 611, 675. 81 RG a.a.O., Spalte 1544.
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gegen den Beklagten gemäß § 255 Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs aus § 816 11 zu, ohne ein Wort über die hier anwendbare Gesamtschuld zu verlieren! 82 Daß dieses Vorgehen nicht überzeugt, liegt auf der Hand ... Mithin zeigt auch dieses Beispiel: Um die Vorschrift des § 255 vernünftig zu erfassen, ist sie mit dem Gesamtschuldrecht der §§ 421 ff. in Einklang zu bringen. Dann verbleibt ihr freilich nur ein schmaler Anwendungsbereich, was die Variante des "Rechtsverlustes" betrifft: Eine Bereicherung des Gläubigers kann in diesen Fällen bei fehlendem Ausgleichsanspruch des Ersatzschuldners auch über die Regeln der §§ 422, 812 I 2 l. Variante, 81211 vermieden werden 83 ; die Vorschrift des § 255 entfaltet ihre Bedeutung lediglich im Rahmen des Schuldnerausgleichs (§ 426 I), wenn sich der Übergang des "verlorenen Rechts" kraft einer cessio legis (§ 426 11) nicht bewerkstelligen läßt. Mit anderen Worten: Die Bestimmung des § 255 modifiziert hier nur die Vorschrift des § 426 11. Insoweit knüpft sie - anders als in den Fällen des Verlustes einer Sache - an einen bestehenden Regreßanspruch des Ersatzschuldners an 84 • Nach dem bisherigen Stand der Untersuchung ist entgegen der Auffassung von Larenz 85 daran festzuhalten, daß die Vorschrift des § 255 das Gesamtschuldrecht ergänzt. (3) Doch muß nach dem ersten Einwand, wonach der Gesetzgeber ein Zusammenspiel des § 255 mit dem Gesamtschuldrecht nicht gewollt habe, und dem zweiten Bedenken, daß die Vorschrift für den "Rechtsverlust" keine Bedeutung entfalte, auf einen dritten, den schwerstwiegenden Einwand 86 gegen die mögliche Abstimmung mit dem Gesamtschuldrecht eingegangen werden. Das - auch von Larenz vorgetragene - Bedenken lautet: Die Regelung des § 255 schreibe einen die Bestimmung des § 426, ja das Gesamtschuldrecht insgesamt ausschließenden
RG a.a.O., Spalte 1544. Eine Verurteilung des Beklagten zur Schadensersatzleistung Zug um Zug gegen Abtretung seines Anspruchs aus § 81611 hätte auch ausgesprochen werden können, wenn das Reichsgericht nach §§ 426 11, 421 von einem gesetzlichen Übergang der Ansprüche ausgegangen wäre: Der Beklagte hätte von der Klägerin die Ausstellung einer Urkunde über den gesetzlichen Forderungsübergang verlangen können (§§ 412, 410). Insoweit ist allgemein hervorzuheben: Ein Kläger, der mehrere Schuldner auf das Ganze in Anspruch nehmen kann, sollte wegen des möglichen Gegenanspruchs auf eine den Forderungsübergang klarstellende Urkunde nur eine Verurteilung "Zug um Zug" bean82
tragen.
Siehe oben Fußnote 69 in diesem Abschnitt. Im Falle des Verlustes einer Sache kann die Bestimmung des § 255 zwar die Ausgleichsberechtigung unter den Schuldnern widerspiegeln, sie muß es aber nicht. Tut sie es nicht, liegt ihre Bedeutung allein darin, eine Bereicherung des Gläubigers zu vermeiden. Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a, aa (1); 2 a, bb (1) und sogleich im Text. 85 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a, aa (2). 86 Die entscheidenden Einwände habe ich im Überblick in diesem Abschnitt oben unter 2 a, cc dargestellt. 83
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 - eine mißlungene Norm?
Regreßweg vor 87 • Im Unterschied zu § 255 liege in den Fällen der Gesamtschuld "Gleichstufigkeit" aller Verpflichtungen in dem Sinne vor, daß keiner der Schuldner von vornherein der sog. "Primär"- oder "Letztverpflichtete" sei 88. Wie aber sollten konkrete Fälle mit Hilfe des Kriteriums der "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" sicher dem Regreßweg nach § 426 zugeordnet und damit der Regreßweg nach § 255 ausgeschlossen werden können, wo doch die Bestimmung des § 426 jedes Maß des Ausgleichs 89 und folglich auch die einseitige Belastung eines Schuldners im sog. "Innenverhältnis" zuläßt?90 Indessen trifft der Zweifel, mit dem Begriff der "Gleichstufigkeit der Verpflichtungen" sei schwerlich der richtige Regreßweg zu finden, noch nicht den Kern der Sache. Die entscheidende Frage lautet: Gestaltet die Bestimmung des § 255 überhaupt das Verhältnis der Schuldner untereinander? Mit anderen Worten: Ist § 255 eine Regreßnorm? Diese Frage muß jedoch klar verneint werden: Innerhalb ihres unbestrittenen Anwendungsbereichs 91 trifft die Bestimmung keine Aussage darüber, wer von den Schuldnern letztlich das Gläubigerinteresse zu befriedigen hat. Es läßt sich durchaus nicht behaupten, einem wegen des Verlustes einer Sache in Anspruch genommenen Ersatzschuldner werde vom Gläubiger stets das Eigentum an dem Gegenstand eingeräumt, damit er ihn von dem Besitzer als sog. "Letztverpflichteten" herausverlangen könne. Mit anderen Worten: Es ist nicht immer der Herausgabeschuldner, der "letztlich" für die Befriedigung des Gläubigers einzustehen hat. 87 Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634-35 unter Berufung auf Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 8. Die Formulierungen von Larenz und Selb sind derart undeutlich, daß der Ausdruck "Regreßweg" den angeführten Stellen nur sinngemäß entnommen werden kann. Deutlich allein Selb in der Kommentierung zu § 421 (a. a. 0., Rdnr. 28), wo vom ,,zessionsregreß" die Rede ist. 88 Larenz, a.a.O., Seite 635. Wie Larenz z. B. auch Selb, Mehrheiten, § 8 11 2 e, Seite 146 f. Die gegenteilige Auffassung, mit der sich Larenz später nicht mehr auseinandersetzt, findet sich in dem Lehrbuch aus dem Jahre 1936 "Vertrag und Unrecht", Bd. 1, § 29 11, Seite 201. Dort liest man: "Daß im Innenverhältnis einer der Beteiligten allein haftet und infolgedessen nicht frei wird, wenn der andere leistet, sondern nunmehr diesem gegenüber verpflichtet ist, schließt eine Gesamtschuld nicht aus." 89 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 426 I 1: " ... soweit nicht ein anderes bestimmt ist." 90 Larenz kann darauf nur eine unbefriedigende Antwort geben: "Im Unterschied dazu (ich füge hinzu: zu der Regelung des § 255 und zu Legalzessionen) liegt in den Fällen der Gesamtschuld typischerweise, wenn auch nicht begrifflich notwendig, ,Gleichstufigkeit' aller Verpflichtungen in dem Sinne vor, daß nicht einer der Schuldner von vornherein der Primärverpflichtete ist, vielmehr prinzipiell alle letztlich irgend einen Beitrag zu leisten haben - mag er auch in Ausnahmefällen bis auf null zurückgehen ..." (a. a. 0., Seite 635). Zu der Tatsache, daß Larenz im Widerspruch zu dieser Aussage die "Gleichrangigkeit" als Begriff versteht und keine Typologie entwickelt, siehe bereits oben, 1. Teil, III 4. 91 Siehe dazu oben in diesem Abschnitt unter 2 a, aa (1).
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Die Erkenntnis, daß § 255 nicht das Verhältnis mehrerer Schuldner untereinander regelt - das bleibt der Bestimmung des § 426 I vorbehalten - , sondern lediglich die Vorschriften der § § 422, 426/1 modifiziert, soll anhand von Beispielen veranschaulicht werden. (a) Zu diesem Zweck sei zunächst auf einen immer wieder angezogenen "Schulfall" zurückgegriffen, der die Regelung des § 255 vordergründig auch als Regreßnorm erscheinen läßt. Einem Verwahrer oder Entleiher wird eine ihm vom Eigentümer anvertraute Sache wegen mangelnder Sorgfalt gestohlen 92. In diesem Fall hat der Verwahrer oder der Entleiher Schadensersatz für den Verlust der Sache zu leisten 93, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an ihn (§ 255). Die abhandengekommene Sache kann der Verwahrer bzw. Entleiher nun vom Dieb herausverlangen; der Dieb ist mithin als Herausgabeschuldner der "LetztverpJlichtete" 94. (b) Doch zeigt bereits eine Abwandlung des Sachverhalts, daß der Ersatzpflichtige zwar die Übereignung einer Sache an sich verlangen kann, ohne daß ihm der Besitzer der Sache zur Herausgabe verpflichtet wäre: Der Verwahrer oder Entleiher verkauft die Sache an einen Dritten, der die fehlende Berechtigung seines Vertragspartners grob-fahrlässig verkennt. Auch in dieser Spielart des Falles braucht der Verwahrer oder Entleiher den Eigentümer nur Zug um Zug gegen Übertragung des dinglichen Rechts 95 zu entschädigen 96 (§ 255), jedoch kann er seinen Abkäufer keinesfalls auf die Herausgabe der Sache in Anspruch nehmen; diesem steht aufgrund des wirksamen Kaufvertrages ein Besitzrecht zu (§ 986 I 1). Für den Schaden des Ersatzberechtigten hat "letztlich" der Verwahrer bzw. der Entleiher einzustehen 97: Er soll Ersatz leisten, ohne sich die Sache verschaffen zu können. Bereits diese beiden Fallvarianten lassen den Schluß zu: Die Bestimmung des § 255 enthält keine Aussage über das Verhältnis der Schuldner untereinander.
92 Vgl. zu diesem Beispiel nur Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 32 I, Seite 558 (Diebstahl eines Kraftfahrzeugs durch Steckenlassen des Zündschlüssels); Selb, Mehrheiten, § 8 II 2 e, Seite 147. 93 Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs sind §§ 280, 695 bzw. §§ 280, 604. 94 Der Anspruch des Verwahrers oder Entleihers gegen den Dieb gründet sich in diesem Falle auf § 426 I i.V. m. § 823 I (Verletzung des Besitzes); § 255 tritt mithinbei bestehendem Regreß des Ersatzpflichtigen - an die Stelle des § 426 1I. 95 Ein gutgläubiger Eigentumserwerb des Käufers scheidet aus, § 932 II. 96 Die Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch ist wiederum in den Vorschriften der §§ 280, 695 bzw. §§ 280, 604 zu finden. 97 Gibt der gutgläubige Erwerber die Sache an den Eigentümer zurück, so darf dieser regelmäßig zwischen der Sache und dem Einfordern der Ersatzleistung wählen, wie ich im vorliegenden Abschnitt unter 2 a, aa (3) dargelegt habe. Entscheidet er sich für die Sache, gehen die Ersatzansprüche gegen den Verwahrer bzw. den Entleiher auf den Erwerber gemäß § 426 II über (siehe oben Fußnoten 28, 43 in diesem Abschnitt).
5 Wemecke
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
Es ist falsch zu behaupten, die Nonn trage dafür Sorge, daß das Eigentum an einer Sache stets einem nur "vorläufig" haftenden Ersatzschuldner zugewiesen werde. Auch die Fonnulierung, § 255 verlagere das Wiederbeschaffungsrisiko und die damit verbundene Chance des Besitzerwerbs an der Sache vom Eigentümer auf den Ersatzschuldner 98 , ist unzutreffend: Die nur tatsächlich, nicht aber rechtlich begrenzte Möglichkeit des Eigentümers und Ersatzgläubigers, seine Sache wiederzuerlangen, wird dem Ersatzschuldner, wie gezeigt, nicht notwendig eröffnet. (c) Diese Tatsache sei noch einmal an einem den Lebensverhältnissen entnommenen Sachverhalt erwiesen. Ich greife zu diesem Zweck den bereits geschilderten Münzdiebstahl aus der Kieler Kunsthalle auf 99 : Dieb und Hehler schuldeten in dem genannten Fall der Universität Kiel geldlichen Schadensersatz aus unerlaubter Handlung, der Besitzer der Münzen dagegen deren Herausgabe aus §§ 985, 823 1100• Der Hehler könnte, entschädigte er die Universität Kiel für den Verlust, die Übereignung der Münzen an sich verlangen (§ 255), doch berechtigte ihn dieser Erwerb nicht, den Besitzer auf die Herausgabe in Anspruch zu nehmen: Letzterer kann einem entsprechenden Begehren gegenüber ein Recht zum Besitz aus dem Kaufvertrag einwenden und die Übereignung der Münzen an sich selbst verlangen 101. Auch in diesem Beispiel ist mithin nicht der Besitzer der Sache der sog. "Letztverpflichtete"; trotz des Eigentumserwerbs nach § 255 bleibt der Schaden an dem Hehler haften! (d) Ich führe ein drittes Beispiel an, um die These zu widerlegen, im Falle des § 255 sei Rechtserwerber derjenige, der nur "vorläufig" für die Befriedigung des Gläubigers hafte 102: Ein Pelzhändler ,,E" liefert seine Waren unter Eigentumsvorbehalt an einen gewissen "P" und ennächtigt diesen, die Pelze im nonnalen Geschäftsverkehr weiterzuveräußem. 98 So Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 88, 90: Dem Ersatzpflichtigen eröffne der Rechtsübergang die Chance, sein Vennögen wieder auszugleichen. Wenn Münchbach der Vorschrift des § 255 dennoch den Charakter einer Regreßnonn abspricht, so ist das in seiner engen Definition der Regreßsituation begründet: Sie liege nur im Falle des Untergangs einer Sache vor (a. a. 0., Seite 91 f.). Wie Münzbach bereits Niehues, Gesamtschuld, Seite 14; Zoll, Zur ratio des § 255, Seite 5 f.; Lehning, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 114, Nr. 10, Seite 9 f. 99 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a, bb (2). 100 Siehe den Verweis in Fußnote 99. 101 Siehe dazu oben Fußnote 58 in diesem Abschnitt. Zur Rechtslage, wenn ein Besitzer die Münzen an die Universität zurückgibt, siehe oben Fußnote 60 im vorliegenden Abschnitt. 102 Ich entlehne den Sachverhalt einem Urteil des HansOLG Hamburg aus dem Jahre 1970 (MDR 1970, Seite 506 f.). Das Gericht hatte über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung des vennutlichen Eigentümers von Pelzwaren gegen deren Besitzer (und vennutlichen Nichteigentümer) zu entscheiden, so daß eine Anwendung des § 255 konkret nicht in Frage stand.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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P verkauft sie jedoch zu einem Schleuderpreis an den Kaufmann "D", der die Verfügungsbefugnis des P grob fahrlässig annimmt. P haftet hier dem E aus §§ 823 I, 823 11 i.V. m. 246 StGB 103, 826, während D die Herausgabe der Pelze an E aus §§ 985, 823 JlO4 schuldet. P und D sind gemäß § 840 I als Gesamtschuldner verantwortlich lOS. Wird nun P von E auf Schadensersatz in Anspruch genommen, so braucht er E nur Zug um Zug gegen die Übereignung der Pelzwaren zu entschädigen (§ 255). Freilich kann P als neuer Eigentümer die Ware nicht von D herausverlangen: Dieser kann seine Rechte aus dem Kaufvertrag geltend machen und die Übereignung der Pelzwaren an sich selbst begehren 106. Auch dieses Beispiel erweist: Die Vorschrift des § 255 entscheidet in ihrem unbestrittenen Anwendungsbereich nicht die Frage, ob der Ersatz- oder der
Herausgabeschuldner " letztlich " für die Befriedigung des Eigentümers einzustehen hat,. sie sagt überhaupt nichts über das Verhältnis der Schuldner untereinander aus!
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Diese Erkenntnis formuliert Goette treffend mit den Worten: "Das Bereicherungsverbot (ich füge hinzu: wie die Vorschrift des § 255 es statuiert) sollte man auch so verstehen, daß mit dem Übergang der Ansprüche auf den Entschädiger nicht mehr gesagt ist, als daß jedenfalls dem Eigentümer diese Ansprüche nicht weiter zustehen sollen, während der Übergang nicht bedeutet, daß auch der Entschädigende in jedem Fall die abgetretenen Ansprüche auch rechtlich wird durchsetzen können." 108
103 § 246 StGB ist als Strafvorschrift für Eigentumsverletzungen Schutzgesetz i. S. d. § 823 11. 104 Auch D verletzt durch sein Verhalten das Eigentum des E: Er wird nicht gutgläubig Rechtsinhaber (§ 366 I HGB), sondern erschwert schuldhaft den Zugriff des E auf die Pelze. lOS Auch dieser Sachverhalt erweist, daß die Norm des § 255 innerhalb einer Gesamtschuld von Bedeutung sein kann. Vgl. zu dieser These bereits meine Ausführungen oben in diesem Abschnitt unter 2 a, bb. 106 Der zwischen P und D geschlossene Kaufvertrag ist gültig; nur wenn D gewußt hätte, daß P ihm kein Eigentum an den Pelzen verschaffen konnte, hätte ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vorgelegen (§§ 134 i.V. m. 246, 27 StGB oder 259 StGB). 107 Der Einwand, rechtshistorisch habe sich die Norm aus Entscheidungen entwickelt, in denen die sog. notwendige "Klagenzession" ein Regreßrecht begründete (so vor allem Oertmann, Vorteilsausgleichung, Seite 274-278 und Selb, Schadensbegriffund Regreßmethoden, Seite 23), muß dagegen zurücktreten: Vereinzelte (!) Digestenstellen ordnen zwar für den Fall, daß jemand für einen Sachverlust haftet, eine sog. "Klagenzession" im Interesse des Ersatzpflichtigen an (Dig. 4, 9, 6, 4; 6, 1, 63; 11, 3, 14, 9; 19, 2, 25, 8). Doch die Norm des § 255 erfaßt unstreitig ebenso Fälle, in denen der Rechtserwerb dem Ersatzpflichtigen nicht zugleich die Inanspruchnahme des Besitzers ermöglicht. Ihr Sinn kann mithin nicht in der Eröffnung eines Regreßweges liegen! Zu den römischrechtlichen Vorläufern des § 255 siehe Mühlenbruck, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, § 37 IV, Seite 409 ff. und Selb, Festschrift für Larenz, Seite 517 ff. 108 A. a. 0., Seite 158.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
b) Ergebnis Ich kehre nunmehr zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen zurück - der These von Larenz, das Gesamtschuldrecht erfasse im Gegensatz zu § 255 nur "gleichstufige" Verpflichtungen. Diese These verkennt: Sowohl die Norm des § 422 als auch die des § 255 wollen eine ungebührliche Bereicherung des Gläubigers, dem mehrere Schuldner gegenüberstehen, ausschließen. Sein Interesse ist stets mit der Leistung eines Schuldners befriedigt. Er soll - inhaltlich betrachtet - nur den einen oder den anderen Verpflichteten in Anspruch nehmen dürfen. Daß bei Anwendung des § 255 eine vorläufige Anspruchshäufung zu verzeichnen ist, erklärt sich im Falle des Verlustes einer Sache aus eigentumsrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Gründen, im Falle des "Verlustes" eines Rechts aus dem "Abstraktionsprinzip". Diesem vorübergehenden Zustand wird die These von Larenz nicht gerecht, die besagt: "Die Leistung des Abtretungsberechtigten wirkt (in den Fällen des § 255) nicht für den primär Verpflichteten" 109. Eine Vor- und Nachrangigkeit der Verpflichtungen läßt sich aber auch nicht im Verhältnis der Schuldner untereinander begründen: Der befriedigte Eigentümer hat den dinglichen Herausgabeanspruch - wie an konkreten Beispielen gezeigt 110 - unabhängig von dem "Innenverhältnis" abzutreten; mit der Abtretung wird auch kein Regreßrecht begründet. Diese Erkenntnisse bringen das gedankliche Gebäude von Larenz zum Zusammenbruch.
3. Die Legalzessionen als Spezialregelungen des § 426 11 a) Ebenso wie in der Vorschrift des § 255 erkennt Larenz auch in den sog. Legalzessionen eine Form der Abwicklung, die eine Gesamtschuld ausschließt: "Die Möglichkeit kann sich, wie dargelegt wurde, aus einem gesetzlichen Forderungsübergang ergeben ... Der Schädiger (die Schädiger) und der Dritte sind in allen Fällen nicht Gesamtschuldner, weil ihre Verpflichtungen nicht auf gleicher Stufe stehen ... Der Schädiger trägt ... , soweit er Ersatz leistet, den Schaden endgültig. Der Dritte dagegen, der durch den gesetzlichen Forderungsübergang ... die Möglichkeit des Regresses gegen den oder die Schädiger erhält, hat den Schaden letztlich nur dann (ganz oder zum Teil) zu tragen, wenn und soweit sich die Forderung gegen den Schädiger (alle Schädiger) als nicht realisierbar erweist." 111 109 Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634; ders. bereits in der 1. Auflage dieses Werkes, § 33, Seite 294. 110 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a, bb (2) und 2 a, cc (3). 111 Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 3211, Seite 566.
V. Die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"
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Larenz glaubt mithin, daß der gesetzliche Forderungsübergang mit dem Regreß unter Gesamtschuldnern prinzipiell unvereinbar sei. b) Dem liegt derselbe Irrtum wie in der widerlegten Auffassung des § 255 zugrunde: Zwar gewähren Legalzessionsnormen, etwa die Vorschrift des § 67 VVG zum Übergang von Ansprüchen gegen den Schädiger auf eine Versicherung einen einseitigen Rückgriff zugunsten eines bestimmten Schuldners, sie stellen jedoch keine dem Gesamtschuldrecht gegenläufige Regelung dar 112 : Die Vorschrift des § 426/ erlaubt jeden, also auch den einseitigen Ausgleich! Zum einen ist auch dieser Schuldnerverbindung - wie bereits ausgeführt 113 - schon nach den gesetzlich geregelten Fällen ein einseitiger Ausgleich nicht fremd. Zum anderen ist es nicht die Norm des § 426, sondern die des § 421, welche die Gesamtschuld festlegt. Wenn diese" äußere" Beziehung zwischen einem Gläubiger und mehreren Schuldnern gegeben ist, steht der Gesamtschuldverbindung nichts im Wege; ein gesetzlicher Forderungsübergang ist solchenfalls nur eine dem § 426 11 vorgehende Regelung 114,115. c) Diese Erkenntnis sei an einem Beispiel verdeutlicht und auf ihre Richtigkeit hin überprüft: Ist wegen eines Schadensereignisses neben dem Schädiger eine Hausratversicherung zum Ausgleich verpflichtet, so kann der Geschädigte sowohl den Schädiger als auch die Versicherung in Anspruch nehmen (§ 421). Gewährt die Versicherung dem Geschädigten Deckung, braucht der Schädiger den Geschädigten nicht mehr zu befriedigen (§ 422) 116. Stattdessen gehen die gegen ihn gerichteten Ansprüche auf den Versicherer über; insoweit ist "etwas anderes" als die anteilige Haftung im Sinne des § 426 I bestimmt (§§ 426 11, 67 I VVG) 117. 112 Wie hier Ehmann, Gesamtschuld, Seite 68 f.; Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 80-82; ReicheI, Schuldmitübernahme, Seite 53. 113 Siehe in diesem Abschnitt unter 2. 114 Die von Jürgens in der Schrift "Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation" auf Seite 70 vertretene Auffassung, daß die LegaIzessionen "grundverschieden zu § 426 11 1" seien, weil in den Fällen des Forderungsübergangs kraft Gesetzes dem Gläubiger die Forderung auch nach Leistung des zessionsberechtigten Schuldners noch eine ,,logische Sekunde" lang zustehe, während er im Gesamtschuldverhältnis seine Rechte "sofort" mit der Leistung eines Verpflichteten verliere, vermag nicht zu überzeugen: Auch in den Gesamtschuldfallen ließe sich ohne weiteres behaupten, daß dem Gläubiger seine Rechte gegenüber den übrigen Schuldnern noch eine "Iogische Sekunde" lang zustünden, bevor sie nach § 42611 auf den leistenden, regreßberechtigten Verpflichteten übergehen. Der bildhafte Ausdruck der "Iogischen Sekunde" ist ungeeignet, um dogmatische Unterscheidungen zu begründen. 115 Freilich gibt es auch Zessionsnormen, die dem Gläubiger die Möglichkeit entziehen, einen von mehreren Schuldnern in Anspruch zu nehmen, z. B. die Vorschrift des § 116 I SGB X: Sie leitet die Ansprüche eines geschädigten Sozialversicherten auf den leistungspflichtigen Versicherungsträger über. Dem Geschädigten stehen in diesem Falle nicht mehrere Ansprüche zu, gehen doch die Rechte gegen den Schädiger bereits mit ihrer Entstehung auf den Versicherungsträger über (a. A. Ehmann, Gesamtschuld, Seite 302). 116 Zutreffend ReicheI, Schuldmitübernahme, Seite 53.
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Denkbar ist sogar ein Vorgehen der Versicherung gegen den Schädiger aus § 426 I mit dem Ziel, dieser möge durch die Befriedigung des Geschädigten seinerseits dafür Sorge tragen, daß die Versicherung nicht in Anspruch genommen werde. Die Regelungen der §§ 423, 425 lassen eine völlig selbständige Entwicklung von Schadensersatz- und Versicherungsverbindlichkeit zu, so daß sie einer Gesamtschuld nicht im Wege stehen. Schließlich ist auch die Bestimmung des § 424 anzuwenden, wonach die Folgen des Annahmeverzugs Gesamtwirkung entfalten 118: Der Schädiger wird gegenüber dem Gläubiger von seiner Leistungspflicht frei, wenn dieser von dem Versicherer in Annahmeverzug gesetzt worden ist und die Versicherungsleistung infolge Zufalls oder leichter Fahrlässigkeit des Versicherers (§ 300) untergeht. Solchenfalls kann der Versicherer den Schädiger in Regreß nehmen 119. Die Rechte nach § 301 (Wegfall der Verzinsung) und § 304 (Ersatz von Mehraufwendungen), die über die Bestimmung des § 424 zugunsten des Schädigers entstünden, können im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen werden 120.
4. Gesamtergebnis Die Auseinandersetzung mit den Thesen von Larenz hat erwiesen: Weder die Vorschrift des § 255 noch die Bestimmungen über einen gesetzlichen Forderungsübergang sind wesensverschiedene, nicht mit der Gesamtschuld in Einklang zu bringende Regelungen. Sie können zwanglos als Ergänzungen zu §§ 422 und 426 11 aufgefaßt werden.
VI. Das Merkmal der "Erfüllungsgemeinschaft" - ein Synonym für die "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen"? Der Begriff der ,,Erfüllungsgemeinschaft" ist von Selb geprägt worden, der ihn im Münchener Kommentar so zu präzisieren sucht: "M. E. muß zwischen mehreren auf dasselbe Ganze verpflichteten Schuldnern eine besondere Erfüllungsgemeinschaft bestehen. Diese Erfüllungsgemeinschaft kann nur auf 117 Ist ein Forderungsübergang gemäß § 67 II VVG ausgeschlossen, weil es sich bei dem Schädiger z. B. um einen mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen handelt, der den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hat, so bleibt es bei der Regelung des § 422: Der Geschädigte hat mit der Versicherungsleistung einen Ausgleich für den erlittenen Nachteil erlangt und muß so gestellt werden, als sei auch der Anspruch gegen den Familienangehörigen erfüllt worden; auf diese Weise wird zum einen eine Bereicherung des Geschädigten und zum anderen eine weitere Störung des Familienfriedens vennieden(a. A. Bruck I Möller I Sieg, VVG, 8. Auflage, § 67 Rdnr. 114). Entsprechend ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein Forderungsübergang auf den Sozialversicherungsträger nach § 116 Abs. 6 SGB X ausgeschlossen ist; vgl. zum tragenden Gedanken dieser Vorschrift, die insoweit der des früheren § 1542 RVO gleicht: BGH VersR 1964, Seite 391; BGH VersR 1979, Seite 256, 257. 118 Siehe dazu in diesem Abschnitt unter 1. 119 Siehe den Verweis in der vorstehenden Fußnote. 120 Siehe oben im vorliegenden Abschnitt unter 1 b.
VI. Das Merkmal der ,,Erfüllungsgemeinschaft"
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Vertrag beruhen oder auf besonderer gesetzlicher Anordnung ... Die Fälle gesetzlicher Begründung von Gesamtschulden führen zu der Frage, ob der Grund der Anordnung allgemein oder speziell auch für andere Fälle von Schuldnerkonkurrenz paßt (Analogieproblem). Eine Hilfe ist dabei, daß in zahlreichen Fällen der Schuldnerkonkurrenz die Erfüllungsgemeinschaft und damit die Gesamtschuld durch gesetzliche Entscheidungen ausgeschlossen werden." I Selb beschreibt hier die Gesamtschuld positiv mit dem Ausdruck der ,,Erfüllungsgemeinschaft" zwischen den Schuldnern; eines Gebildes, über dessen Merkmale er den Leser jedoch im Unklaren läßt. Ein größeres Gewicht gewinnt in diesem Zusammenhang daher die negative Kennzeichnung, die sich in der Aussage findet:
"Trotz gegebener Leistungsidentität besteht so etwa dann keine Gesamtschuld, wenn die Mittilgung der einen Schuld durch die Erfüllung der anderen Schuld einseitig abgelehnt, die sonst daraus folgende Kumulation der Ansprüche aber durch Zession (Legalzession oder notwendig gewillkürte Zession) verhindert wird."2
1. Die "Erfüllungsgemeinschaft" kraft Parteiwillens oder ausdrücklicher Gesamtschuldanordnung Die hier beschriebene "Erfüllungsgemeinschaft" klammert sich zu stark an gesetzliche Regelungen, die das Merkmal der gesamtschuldnerischen Haftung ausdrücklich ansprechen. Die These, es gebe Fälle, in denen die Leistung des einen Schuldners dem (oder den) anderen nicht zugute komme, obwohl das Gläubigerinteresse befriedigt sei 3, vermag nicht einzuleuchten. Wenn der Gläubiger nach Leistung des eines Schuldners den (oder die) anderen nicht mehr belangen darf, so ,,kommt" doch die Erfüllung dem (den) letzteren "zugute". Freilich kann die Befreiung auf unterschiedliche Weise eintreten: Entweder erlöschen die Rechte des Gläubigers von selbst (§ 422) oder sie werden kraft einer gesetzlichen bzw. gewillkürten Zession auf den Leistenden übergeleitet (z.B. §§ 426 11, 67 VVG, 255). Bezweckt wird in der Sache jedoch immer dasselbe Ergebnis: Der Gläubiger soll seine Berechtigung verlieren, wenn er durch einen der Schuldner befriedigt wird 4 • Man könnte die Begünstigung der Mitverpflichteten auf die knappe Formel bringen: Die Leistung eines Schuldners "kommt" einem anderen immer dann I 2. Auflage, § 421 Rdnr.8. 2 A. a. 0., § 421 Rdnr. 8. Ähnlich Frotz, JZ 1964, Seite 665, 667 sub 3 a; ders., VersR 1965, Seite 212, 213, 216; Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 72,94 f. 3 Die Ausführungen Selbs ähneln hier bereits stark denen von Larenz, der behauptet: "In den Fällen des § 422 ist § 255 offenbar unanwendbar" (Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634). Dazu oben, 1. Teil, V 2. 4 Ebenso Rudolf Schmidt, AcP 163, Seite 530, 531.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
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"zugute", wenn eine Häufung von Ansprüchen in der Hand des Gläubigers unterbleibt 5. Diese einfache Erkenntnis ist ein erstes Indiz dafür, daß die von SeIh herausgestellte "Erfüllungsgemeinschaft" nichts weiter als eine leere Hülse ist. Um sie fundiert widerlegen zu können, ist freilich noch zu ergründen, ob die Gesamtschuld durch die gemeinsame "Erfüllung" der Verpflichtungen im Sinne des § 362 geprägt ist und ob sie sich - wie SeIh behauptet - auf inhaltlich identische Leistungen beschränkt.
2. Der Begriff der "Erfüllungsgemeinschaft" im Sinne des § 422 Positiv ließe sich die "Erfüllungsgemeinschaft" nur so deuten, daß durch die Leistung eines Verpflichteten auch die übrigen Forderungen im wörtlichen Sinne des § 362 erfüllt würden 6 • Dieser Interpretation wird zwar entgegengehalten, sie erwecke den Eindruck, daß es sich bei dem Rechtsübergang nach § 426 11 dann nur um eine fingierte Zession handeln könne; erfüllte Ansprüche könnten jedoch nicht mehr übergehen 7. Indessen scheint mir dieser Einwand unzutreffend: Der Übergang einer Forderung kann, da es sich bei ihr um ein geistiges Gebilde handelt, auch nur fingiert werden, wenn es gilt, auf diese Weise interessengerechte Ergebnisse faßbar zu machen 8. Gegen die Gleichsetzung der in § 422 beschriebenen Wirkung mit der Erfüllung im Sinne des § 362 spricht vielmehr, daß sie eine Tätigkeit des Schuldners oder eines Dritten (§ 267) voraussetzt 9 ; leistet aber 5 Siehe bereits oben, 1. Teil, V 2 a, aa, dort unter Ziffer 1. Ähnlich Hillenkamp, Unechte Gesamtschuld, Seite 91, 97; Ehmann, Gesamtschuld, Seite 24. 6 So in der Tat Selb, Mehrheiten, § 5 II 4 a, Seite 32 f. im Anschluß an die gemeinrechtliche Vorstellung, nach der nur bei Korrealschulden (siehe zu diesem Begriff oben Einleitung I) von der "Erfüllung" der mehreren Ansprüche durch Leistung eines Schuldners die Rede sein konnte; im Falle der Solidarität (siehe zu diesem Begriff ebenfalls oben Einleitung I) sollte die Tilgung der einen Schuld die anderen Verbindlichkeiten nur "gegenstandslos" machen. Ich verweise auf Windscheid / Kipp, Bd. 2, 8. Auflage, § 298, Seite 203; § 343 a, Seite 402, insbes. Fußnote 1 a; gegen die Unterscheidung im gemeinen Recht zutreffend Binder, Korrealobligationen, Seite 32 ff. 7 Darauf weist bereits deutlich Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 52 f. hin; wie er Ehmann, Gesamtschuld, Seite 100 f.; Winter, Teilschuld, Seite 127 f., 131 ff.; Münchbach, Regreßkonstruktionen, Seite 45 f. A. A. Klein, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 18, Nr. 2, Seite 98 ff., Fußnote 217: Es handele sich bei der Regelung des § 426 um eine "cessio ficta", d. h. um die Anordnung eines Rechtsübergangs, der logisch nicht möglich sei, weil die übergehenden Forderungen juristisch wegen Erfüllung erloschen seien. 8 Den Übergang eines "fingierten" Rechts gemäß § 426 II kann man bei bestehendem Ausgleichsanspruch (§ 426 I) des leistenden Schuldners m. E. nur annehmen, wenn dem Gläubiger ein weiteres Recht zum Zweck der Sicherung des (nunmehr) erfüllten Anspruchs eingeräumt wurde, wie dies z. B. bei einer Schuldmitübernahme der Fall ist: Der Sicherungszweck ist solchenfalls erreicht, die "causa" des Schuldbeitritts entfällt, wodurch der Beitritt gegenstandslos wird (siehe dazu noch unten, 1. Teil, VIII Fußnote
61).
VI. Das Merkmal der "Erfüllungsgemeinschaft"
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einer der Gesamtschuldner, so fällt den übrigen die Befreiung, bildlich gesprochen, in den Schoß: Sie "erfüllen" nicht, sondern werden nur ihrer Verpflichtung ledig! Man wende nicht ein, daß ein Gesamtschuldner stets die Verbindlichkeiten seiner Mitverpflichteten als "Dritter" im Sinne des § 267 miterfülle; es hieße mit einer Unterstellung arbeiten, behauptete man, er wolle immer auch fremde Verpflichtungen (deren Existenz ihm möglicherweise gar nicht bekannt ist!) tilgen 10. Die "Erfüllungswirkung", wie § 422 sie anordnet, ist mithin deutlich von der "Erfüllung" im Sinne der §§ 362,267 zu trennen 11: Indem die Vorschrift des § 422 Erfüllung und Erfüllungsurrogate auch zugunsten der übrigen Schuldner wirken läßt, stellt sie lediglich klar, daß der Gläubiger im Falle der Häufung von Leistungen mehr erhielte, als ihm zusteht, daß sich - mit anderen Worten - eine mehrfache Leistung als unbillige Bereicherung darstellen würde 12. M. E. wäre es verwirrend, die Befreiung der mitverpflichteten Schuldner mit dem Begriff der ,,zweckerreichung" zu kennzeichnen: Setzt man den Zweck als "causa" der in der Gesamtschuld verbundenen Verpflichtungen, so könnte sich dessen Erreichung allein bei solchen Verbindlichkeiten - etwa denen aus einer Interzession 13 oder einem gemeinschaftlichen Vertragsabschluß 14 - zeigen, die den Gläubiger ausschließlich oder neben anderen Aufgaben sichern wollen. Wird eine Forderung dagegen bei "unverbundenen causae", z. B. aus ungerechtfertigter Bereicherung, erfüllt, so berührt dies nicht die "causa" der neben ihr stehenden, aus unerlaubter Handlung begründeten Verbindlichkeit 15. Ist aber die Befreiung aller Gesamtschuldner durch die Leistung eines Verpflichteten nicht als "Erfüllung" i. S. d. §§ 362, 267 zu deuten, so bleibt die 9 Ob die Erfüllung eines Anspruchs allein durch die Leistungshandlung des Schuldners bewirkt wird oder darüber hinaus Zweckvereinbarungen erfordert, ist sehr streitig. Dazu Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 18 I, Seite 236 ff. oder Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, Seite 281 ff. Zur Erfüllung einer Unterlassungspflicht insbesondere Beuthien, a.a.O., Seite 12 ff. 10 Die Konstruktion einer "doppelten Tilgungsbestimmung" derart, daß man auf die eigene und eine fremde Schuld leiste, erscheint mir prinzipiell verfehlt: Sie verwischt die Grenzen zwischen subjektiv gewollter und objektiv für angemessen erachteter Befreiung eines Schuldners. Praktisch dient sie der Begründung von Regreßansprüchen (RG JW 1910, Seite 389, 390; BGHZ 70, Seite 389, 396 f.), die sich zwanglos aus § 426 ableiten ließen. Die Unstimmigkeiten, die durch ein Nebeneinander der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und der Bestimmung des § 426 I hervorgerufen werden, läßt deutlich das Urteil BGH NJW 1963, Seite 2067, 2068 sub 3 cerkennen. In diesem Sinne auch Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 97 ff. II Beuthien argumentiert in diesem Zusammenhang widersprüchlich: Einerseits (a. a. 0., Seite 45) geht er bei "Gesamtschulden" stets von einer "gesamtwirkenden Erfüllung" aus, andererseits (a. a. 0., Seite 39-43) stellt er zutreffend fest, daß sich der Verpflichtungszweck nur in der Erfüllung durch den Schuldner oder für Rechnung des Schuldners verwirkliche. 12 Ähnlich Winter, Teilschuld, Seite 131 f. 13 Siehe ausführlich unten, 3. Teil, I 1 c. 14 Siehe dazu unten, 3. Teil, I 1 b, cc, insbesondere Fußnote 24. 15 Siehe unten, 1. Teil, VIII 3 c.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
Frage, was Seih mit der Wendung der ,,Erfüllungsgemeinschaft" zum Ausdruck bringen will.
3. Das Fehlen der "Erfüllungsgemeinschaft" bei nicht identischen Leistungspflichten Seih läßt in den Begriff "Erfüllungsgemeinschaft" unvermittelt einen weiteren Gedanken einfließen: Eine solche Gemeinschaft sei wegen des Fehlens "identischer Leistungspflichten " immer dann zu verneinen, wenn der Gläubiger seine Berechtigung auf dem Wege über eine Legalzession oder eine gewillkürte Abtretung verliere 16. In diesen Fällen hafte der eine Schuldner nur, weil die Durchsetzung des Anspruchs gegen den anderen unsicher sei; der erstere trage mithin nur das summenmäßig kaum zu bestimmende "Liquiditätsrisiko" , und, um ihn nicht für irgendeinen, "vollen Schaden" verantwortlich zu machen, griffen Zessionsnormen ein 17. Im Staudingerschen Kommentar, einer zweiten Quelle für die Deutung seiner Gedanken, heißt es dazu wörtlich: "Doch betrifft die Bestimmung (ich ergänze: des § 255) stets ... konkurrierende Verpflichtungen, für die bereits das erste Merkmal einer Gesamtschuld fehlt, die Verpflichtung zu gleichen Leistungen. Im üblichen Beispielsfalle des vom Entleiher fahrlässig ennöglichten Diebstahls schuldet allenfalls der für den Sachverlust verantwortliche Dieb vollen Sachwertersatz, der Entleiher aber schuldet nur die Übernahme des Risikos, daß der Geschädigte vom Dieb keinen Sachwertersatz erlangt. Allgemein ist demnach eine Gesamtschuld abzulehnen, wenn mehrere Schuldner nebeneinander in der Weise haften, daß der eine nur für den anderen in Vorlage tritt ..."18. Den Gedanken, in den Fällen des § 255 seien keine" identischen Leistungen" geschuldet, kann Seih freilich nicht zu größerer Klarheit bringen. Offensichtlich stellt er in diesem Zusammenhang nicht darauf ab, daß eine Geld- mit einer Sachleistung zusammentrifft: Die körperliche Verschiedenheit der Leistungsgegenstände bildet - und hierin ist ihm zuzustimmen - keinen Maßstab dafür, daß mehrere Personen identische oder nicht identische Leistungen schulden 19. a) Einige seiner Ausführungen lassen vermuten, daß es sich nur um eine andere, sinngleiche Ausdrucksweise für die These handelt, die Leistung eines Schuldners könne dem anderen nicht "zugute" kommen 2o • 16 MÜßchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.8; ders., Mehrheiten, § 5 II 7, Seite 40 f.; ders. im Staudingerschen Kommentar, 12. Auflage, § 255 Rdnr. 6. 17 So deutlich im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.29. 18 12. Auflage, § 255 Rdnr.6 (Hervorhebung durch Verfasserin). 19 Dazu noch unten, 2. Teil, I 2. 20 Diese Deutung läßt die Kommentierung bei Staudinger, § 255 Rdnr.7, zu, wo ausgeführt ist: "Einen Spiegel jener gestuften Haftung, von der auch § 255 ausgeht, finden wir darin, wie sich die Leistung auf eine der konkurrierenden Verbindlichkeiten
VI. Das Merkmal der "Erfüllungsgemeinschaft"
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b) Eine andere Kommentierung legt dagegen den Schluß nahe, daß Selb mit dem Merkmal der "nicht identischen Leistungen" die Auffassung verbindet, die Vorschrift des § 255 ermögliche die Inanspruchnahme eines Schuldners trotz seiner "an sich" subsidiären Haftung 21 : Derjenige, der etwa für die Entziehung einer noch vorhandenen Sache einzustehen habe, hafte lediglich für das Risiko, daß der Herausgabeanspruch gegen den Besitzer der Sache nicht durchzusetzen sei. Eine "volle Verantwortung" trage er nicht; daß er dennoch vom "Geschädigten" auf den Sachwert in Anspruch genommen werden könne, ergebe sich aus der Bestimmung des § 255. Sie erspare dem "Geschädigten" den Nachweis eines Schadens, den er ohne diese Norm durch eine erfolglose Vorausklage gegen den Besitzer hätte führen müssen. Selb entdeckt hier die eingeschränkte Haftung eines Ersatzpflichtigen bei Bestehen von Ansprüchen des "Geschädigten" gegen Dritte; die Bestimmung des § 255 begründe die Haftung auf den ganzen Sachwert 22 , um die Beweislast des Geschädigten zu erleichtern, er geht mithin davon aus, daß die Norm des § 255 den Zugriff "in voller Höhe" gestatte, obwohl es an einem "vollen" Schaden fehle 23 • In diesem Punkte übersieht er jedoch einen vom Bundesgerichtshof mehrfach herausgestellten Gedanken: Ob ein "Schaden" eingetreten sei, müsse grundsätzlich unabhängig von Ansprüchen des Betroffenen gegen Dritte - d. h. normativ - festgestelltwerden 24. Sie minderten den Schaden auf die andere auswirkt. .. Leistet der Entleiher vollen Schadensersatz, so wird dadurch der Dieb nicht befreit. .." Dazu bereits ausführlich oben, 1. Teil, V 2 a, bb sowie cc, dort unter Ziffer 3. 21 MünchKomm, 2. Auflage, § 421, Rdnr. 29: "Schadensersatzschuld und Bereicherungsschuld nach § 816 konkurrieren nach einer bedenklichen Judikatur des BGH als Gesamtschuld, wenn der Dieb dem Eigentümer der gestohlenen Sache Schadensersatz in Geld, sein Abnehmer Bereicherungsausgleich nach § 816 schuldet. Die Entscheidung mißachtet fundamentale Prinzipien des Schadensersatzrechts ... Ein Schaden des Eigentümers besteht allenfalls darin, daß er das summenmäßig kaum zu bestimmende Risiko trägt, den Anspruch nach § 816 nicht einbringen zu können. Für dieses Risiko hat der Dieb mit seiner Schadensersatzpflicht einzustehen und nur dafür. Erweist sich dabei der Abnehmer als solvent, wie in den zitierten Entscheidungen, so besteht kein Schaden und keine Ersatzpflicht des Diebes. Mangels konkurrierender gleichstufiger Obligationen kann es hier zu einer Gesamtschuldsituation nicht kommen. Entlastet man aber den Eigentümer gegenüber dem Dieb, wenn dieser vorgängig in Anspruch genommen wird, von der Beweislast für den endgültigen Sachverlust oder für die Uneinbringlichkeit der Forderung nach § 816, so erweitert sich dadurch nicht die Ersatzpflicht des Diebes, er trägt nach wie vor nur das Ausfallrisiko, nicht irgendeinen "vollen Schaden". Das technische Mittel dafür ist seit fast 2000 Jahren bekannt: Voller Ersatz Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs, für dessen Einbringung man einzustehen hat ..." 22 Entsprechendes soll für den Verlust von Rechten gelten. 23 MünchKomm / Selb, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 29: "Entlastet man aber den Eigentümer gegenüber dem Dieb, wenn dieser vorgängig in Anspruch genommen wird, von der Beweislast für den endgültigen Sachverlust oder für die Uneinbringlichkeit der Forderung nach § 816, so erweist sich dadurch nicht die Ersatzpflicht des Diebes, er trägt nach wie vor nur das Ausfallrisiko, nicht irgendeinen "vollen" Schaden. Das technische Mittel dafür ist ... voller Ersatz gegen Abtretung des Anspruchs ..." 24 Vgl. BGH NJW 1982, Seite 1806, 1807; VersR 1975, Seite 612, 614; WM 1972, Seite 560, 561; JZ 1970, Seite 579. Siehe dazu auch Palandt/Heinrichs, 48. Auflage, Vorbem. v. § 249 Anm. 3 a und Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 85.
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Nonn?
nur, wenn sie nicht den Schutz des Geschädigten, sondern die Entlastung des Schädigers bezweckten 25 • Interpretierte man mit Selb die Bestimmung des § 255 dahin, daß sie die Haftung eines Ersatzpflichtigen beschränke, so verkennte man, daß die verschiedenen hier geregelten Ansprüche dem Schutze des Ersatzberechtigten dienen und eine Vorteilsausgleichung, d. h. die Entlastung des Ersatzpflichtigen auf Kosten des Gläubigers, nicht vorgesehen ist. Die Regelung schützt das Sachwertinteresse oder - bei Rechtsverlust 26 - das Nominalwertinteresse des Berechtigten; sie will lediglich dessen Bereicherung vermeiden. c) Schließlich kann man die These Selbs, daß die Bestimmung des § 255 "nicht identische Verpflichtungen" erfasse 27, auf das Verhältnis der Schuldner untereinander mit der Folge erstrecken, daß die Norm auch eine sog. "Regreßlösung" enthält. Dieses Ergebnis kann den folgenden Ausführungen im Münchener Kommentar entnommen werden 28: "Der eine Schuldner steht (ich füge hinzu: in den Fällen des § 255 und der Legalzessionsnonnen wie etwa § 67 VVG) der Erfüllung näher, der andere ist nach seiner Verpflichtung nur dazu da, das Risiko der Illiquidität des "näher" Verpflichteten zu decken, eine Art "Vorschuß" zu leisten, den er über die Zession vom "näher" Verpflichteten wieder hereinbringen darf ... Obwohl mehr und mehr Fälle solcher Schuldnerkonkurrenz gesetzlich geregelt werden, gibt es noch zahlreiche Fälle, in denen die Abgrenzung von Gesamtschuld- und Zessionsregreß schwer fällt ... Gleichstufigkeit bzw. Verschiedenstufigkeit der Verpflichtung hängen dabei nicht vom Maß des internen Ausgleichs unter den Schuldnern ab. Die Gleichstufigkeit der Haftung nach außen kann auch dann gegeben sein, wenn einer der Schuldner vom anderen vollen Ausgleich seiner Leistung verlangen kann. Die nur gelegentlich volle Entlastung eines der gleichstufigen Schuldner bei der Gesamtschuld - sei auch der Rückgriff nach § 426 Abs. 2 zessionsbestärkt ist vom typischerweise vollen Zessionsregreß unter nicht gleichstufigen Schuldnern jedoch fundamental verschieden." 29 Diese Ausführungen decken sich nahezu mit der Meinung von Larenz, daß die Bestimmung des § 255 einen das Gesamtschuldrecht ausschließenden Regreß-
25 Das ist der Gedanke der Vorteilsausgleichung; siehe Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, Vorbern. v. § 249 Anm. 7 A b. Wenn Selb im Zusammenhang mit § 255 stets von der "einseitigen" Vorteilsausgleichung spricht (Schadensbegriff und Regreßmethoden, Seite 21), so führt das zu einer Begriffsverwirrung: Nach den Regeln der Vorteilsausgleichung wird ein Anspruch mit einem anderen von vornherein verrechnet. Erkennt man dagegen zwei nebeneinander bestehende Ansprüche an ("versagte Vorteilsausgleichung"), so entsteht die Frage, wie diese Rechte bei Befriedigung aufeinander bezogen werden müssen - eine Frage, auf die das Recht der Gesamtschuld die Antwort gibt. So wie Selb: Thiele, AcP 167, Seite 193,214 f.; Jürgens, Teilschuld-GesamtschuldKumulation, Seite 107 ff. 26 Zum "Rechtsverlust" siehe die Ausführungen oben, I. Teil, V 2 a, cc (2). 27 Rdnr. 6 zu § 255 des Staudingerschen Kommentars. 28 2. Auflage, Rdnr. 8 zu § 421 (Hervorhebungen durch Verfasserin). 29 MünchKomm/Selb, 2. Auflage, § 421 Rdnr.8 (Hervorhebungen durch Verfasserin).
VI. Das Merkmal der "Erfüllungsgemeinschaft"
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weg eröffne 30; eine Meinung, die ich mit dem Hinweis darauf abgelehnt habe, daß die Norm das Verhältnis der Schuldner untereinander gar nicht regelt 3 !.
4. Ergebnis a) Wie immer man also den Gedanken von Seih auszufüllen sucht, die Regelung des § 255 stehe im Gegensatz zum Recht der Gesamtschuld und beziehe sich auf "nicht identische Leistungen": Er kann nicht überzeugen, weil § 255 ebenso wie die Normen der §§ 421, 422 nur eine Anspruchshäufung vermeiden will und auch keinen das Gesamtschuldrecht ausschließenden Regreß gewährt. Dem Begriff der "Erfüllungsgemeinschaft" begegnen mithin dieselben Bedenken wie dem der "Gleichrangigkeit" von Verpflichtungen 32 • Seih ist darüber hinaus entgegenzuhalten: Er zieht § 255 zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs heran, während die Norm diesen voraussetzt. Abgesehen von insgesamt unerheblichen Nuancen kann man seine Ausführungen inhaltlich denen von Larenz gleichsetzen; hier wie dort scheitert die Erkenntnis der Gesamtschuld an dem falschen Verständnis des § 255. Es trifft also auch den Kern der Sache, wenn man den Begriff der "Erfüllungsgemeinschaft" nur als Synonym des Merkmals der "Gleichrangigkeit der Verpflichtungen" versteht; beide Kennzeichnungen der Gesamtschuld vermögen nicht zu überzeugen. b) Abschließend sei bemerkt, daß der konkrete Fall offenbart, in welchem Maße eine unzutreffende dogmatische Begründung die praktische Verwendbarkeit der Begriffe beeinträchtigt. Den Beweis dafür liefern Seih und Larenz dadurch, daß sie mit demselben "Schlagwort" denselben Sachverhalt gegensätzlich bewerten. Beide Autoren erörtern unter anderem einen Fall, der dem Bundesgerichtshof im Jahre 1972 zur Entscheidung unterbreitet wurde 33: "K" verkaufte im Auftrag des "B" einen Posten Wolle unter Eigentumsvorbehalt an den Webereiinhaber "F". Die Wolle sollte zunächst bei einem Spediteur eingelagert werden, wobei eine gewisse Bank "W" die Abwicklung des ganzen Geschäfts zu überwachen hatte. Sie vereinbarte mit K, daß die Erlöse aus dem Verkauf der Wolle und der daraus hergestellten Produkte einem bei ihr für B eingerichteten Sonderkonto zuzuführen waren. Aus dem eingezahlten Erlös in Höhe von rund 45 000 DM erhielt B lediglich 4000 DM; im übrigen ging die Summe an F, an einen seiner Gläubiger und an die Bank selbst. K hatte gegenüber B die Verantwortung für die Abwicklung des Geschäfts übernommen.
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3! 32 33
Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634-635. Siehe oben, 1. Teil, V 2 a, cc (3). Siehe zu letzterem ausführlich in diesem Teil der Arbeit unter V. BGHZ 59, Seite 97 (sog. "Wolle-Fall").
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
Geht man mit dem Bundesgerichtshof davon aus, daß K gegenüber Baus einem Geschäftsbesorgungsvertrag schadensersatzpflichtig war, wenn der Verkauf der Wolle und der Wollprodukte nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde 34 und daß die Bank W dem B Schadensersatz wegen der Veruntreuung der Verkaufserlöse schuldete 35: Stehen dann die Verpflichteten Kund W in einem Gesamtschuldverhältnis zu B? 36 Während Seih zwischen ihnen ein "Stufenverhältnis" sieht - der Vertragsschuldner K hafte nachrangig 37 - , spricht sich Larenz für gleichrangige Verpflichtungen aus ... 38.39. Das Beispiel zeigt: Dogmatisch unklare Begriffe erweisen sich im konkreten Fall als mehrdeutig und wenig brauchbar.
VII. Der Wert der Begriffe von der "Identität des Schuldgrundes", der "Zweckgemeinschaft", der "Gleichrangigkeit von Verpflichtungen" und der "Erfüllungsgemeinschaft" - eine Zusammenfassung Es bleibt festzuhalten, daß die Figur der Gesamtschuld nicht durch die "Identität des Schuldgrundes", durch eine ,,zweckgemeinschaft" unter den Ansprüchen, die Annahme "gleichrangiger Verpflichtungen" oder eine "Erfüllungsgemeinschaft der Schuldner" gekennzeichnet ist. Entweder legen diese Begriffe eine Voraussetzung in das Recht der Gesamtschuld hinein, die nirgends zum Ausdruck gekommen ist I, oder ihre Vorstellung BGH a.a.O., Seite 100. BGH a.a.O., Seite 100 f. 36 Der Bundesgerichtshof hatte sich mit dieser Frage zu befassen, weil Kais Klägerin von B Schadensersatz mit der Begründung verlangte, B habe ihr Regreßrecht aus § 255 gegenüber W dadurch vereitelt, daß sie mit Weinen Vergleich geschlossen habe und somit ihrer Abtretungspflicht aus § 255 nicht mehr nachkommen könne. Das Gericht begründete eine Gesamtschuld zwischen Kund W gegenüber B damit, daß beide Ansprüche dem Schutz des Eigentums des B, mithin einem gemeinsamen Zweck, dienten. Die Klage, gegründet auf die §§ 280, 255, wurde folglich abgewiesen. 37 Selb, Mehrheiten, § 8 II ,,2", Seite 158. Zustimmend Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 32. 38 Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 637, Fußnote 37: "Ob die Gleichstufigkeit der Verpflichtungen zu bejahen ist, hätte der BGH daher in der Entscheidung BGHZ 59,97 prüfen müssen ..." 39 Eine vorsätzliche Schädigung seitens der Bank vorausgesetzt, hat Selb im Ergebnis recht: Solchenfalls hat letztlich die Bank für den Schaden des Eigentümers Beinzustehen. Die Leistung des K geschah somit "in Vorlage" für W; diese Tatsache spricht jedoch - entgegen der Auffassung von Selb - für den Ausschluß der Teilschuld, mithin für die Anwendung des Gesamtschuldrechts. Zum ganzen siehe unten, 2. Teil, II 2 bund 3. Teil, II 2. I Dieser Vorwurf ist Eiseie und Enneccerus zu machen; siehe oben, 1. Teil, II und IV. 34
35
VIII. Die Versuche einer Typenbildung
79
ist durch ein falsches Verständnis des § 255, einer Nonn außerhalb des engeren Rechts der Gesamtschuld, geprägt 2 • Ich stimme in diesem Punkte Thiele zu, der ausführt: "Die Suche nach einem einheitlichen abstrakten Gesamtschuldbegriff, mit dessen Hilfe die Anwendungsprobleme unmittelbar gelöst werden können, sollte endlich aufgegeben werden."3
VIII. Die Versuche einer Typenbildung - überlieferte Prämissen in neuer Aufbereitung 1. Erster Ausgangspunkt: Die Typenbildung in Anlehnung an die gesetzlich geregelten Gesamtschuldfälle a) Hillenkamp 1 ist der erste Autor, der die Gesamtschuld mittels einer Typenbildung 2 , mithin auf einem vor ihm noch nicht begangenen Wege, neu zu ergründen sucht.
Hillenkamp faßt die gesetzlich angeordneten Gesamtschulden 3 mit gemeinsamen Grundzügen zu Typen zusammen 4 wie die Haftung mehrerer Organe juristischer Personen oder Amtsträger (§§ 42 II Satz 2; 1833 11 Satz 1) oder die Verantwortung mehrerer Deliktstäter (§ 840). Er erweitert alsdann den Anwendungsbereich der §§ 421 ff. auf die von Rechtsprechung und Literatur darüber hinaus entwickelten Fälle \ z. B. auf die Gefahrdungshaftung mehrerer Schädiger, um schließlich durch die Analogie zu einzelnen Typen die Gesamtschuld auf andere noch nicht geregelte Sachlagen wie die Schadensersatzhaftung mehrerer Vertragsschuldner, insbesondere des Architekten und des Bauunternehmers bei fehlerhafter Bauleitung, zu erstrecken 6. Die verbleibenden Sachverhalte, etwa die Verpflichtung des Unterhalts schuldners neben der des Schädigers, ordnet er, 2
VI.
Das trifft auf die Ausführungen von Larenz und Seih zu; siehe oben, 1. Teil, V und
Thiele, JuS 1968, Seite 149, 150. ,,zur Lehre von der unechten Gesamtschuld" , Dissertation Hamburg 1966. 2 Allgemein zu Typen und Typenreihen in der Rechtswissenschaft: Larenz, Methodenlehre, 5. Auflage, Seite 443 ff.; Engisch, Konkretisierung, Seite 237 ff. 3 Wobei er zu Unrecht die Auslegungsregel des § 427 zu einem Fall der "gesetzlich angeordneten" Gesamtschuld erklärt (a. a. 0., Seite 117 sub I 2). 4 A. a. 0., Seite 116 ff., 119. 5 A. a. 0., Seite 120 ff. 6 A. a. 0., Seite 122 ff. Ähnlich wie Hillenkamp weiten auch Goette (Gesamtschuldbegriff und Regreßproblem, Seite 85 ff.) und Jürgens (Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 32-42) den Anwendungsbereich einzelner Gesamtschuldanordnungen aus. Dilcher geht im Schadensersatzrecht ebenso vor: Er bejaht eine Gesamtschuld in Analogie zu § 840 immer dann, wenn mehrere einen Schaden mitverursacht haben (JZ 1967, Seite 110, 114; JZ 1973, Seite 199,201). 3
1
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
soweit keine ausdrückliche Regelung wie etwa die Legalzession nach § 67 VVG zur Verfügung steht, - im Anschluß an Ausführungen über die Vorteilsausgleichung 7, das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag 8 und die Bereicherungsvorschriften 9 - der Bestimmung des § 255 10 zu. Es handele sich hierbei, so H illenkamp, um Erscheinungen, in denen einer der Schuldner nur eine "VorschuBleistung" erbringe ll, die dem anderen Schuldner nicht "zugute komme" 12.
Hillenkamp versucht mithin, auf dem Wege der Typenbildung zu zeigen, wo die Grenzen der Gesamtschuld liegen und von wo ab andere Gebilde wie die von ihm sogenannte "unechte" Gesamtschuld in Frage kommen. Seine Abgrenzung zeitigt indessen keine anderen Ergebnisse als sie Enneccerus, Larenz und Seih mit Hilfe von Begriffen fanden. Diese auf den ersten Blick überraschende Erkenntnis beruht freilich nicht auf einem Zufall; sie erklärt sich vielmehr daraus, daß die vorgestellte Typenbildung von derselben, bis heute nicht begründeten Prämisse ausgeht: Eine Gesamtschuld setze entgegen den Vorschriften der §§ 420, 421 mehr als den Ausschluß der Häufung und, bei teilbaren Leistungen, den der Teilung von Ansprüchen, voraus. Während aber Enneccerus, Larenz und Seih den "einen "erklärenden Begriff zu entdecken vermeinen, kann sich Hillenkamp nur auf eine Vielzahl in sich unterschiedlicher Kennzeichnungen festlegen. Ich zitiere für diesen Verzicht auf eine einheitliche Betrachtungsweise die entscheidende These Hillenkamps, die lautet: "In diesem Zusammenhang (ich ergänze: im Rahmen einer Systematisierung) muß darauf hingewiesen werden, daß es unmöglich ist, den gesetzlich angeordneten Gesamtschuldflillen eine einheitliche Grundvorstellung zu entnehmen, es vielmehr höchst unterschiedliche Motive sind, die den Gesetzgeber jeweils im Einzelfall veraniaßt haben, die §§ 421 ff. BGB auf eine Schuldnermehrheit anzuwenden." 13 b) Ich entgegne auf diese These mit einem schon mehrfach hervorgehobenen, auch von Hillenkamp nicht fruchtbar gemachten Grundgedanken: Alle Gesamtschuldanordnungen bezwecken, es nicht zu einer Häufung von Ansprüchen kommen zu lassen und - bei teilbaren Leistungen - eine Teilung auszuschließen. Sie sind gesetzliche Entscheidungen gegen die Regel der Teilschuld. Hillenkamp hätte daher erforschen müssen, unter welchen Umständen der Gläubiger nur eine A. a. 0., Seite 140 ff. A. a. 0., Seite 158 ff., insbesondere Seite 161 ff. 9 A. a. 0., Seite 158 ff., insbesondere Seite 170 ff. 10 A. a. 0., Seite 175 ff. II A. a. 0., Seite 139. 12 A. a. 0., Seite 147. Im Ergebnis wie Hillenkamp, freilich ohne § 255 als allgemeine 7
8
Regreßnorm zu verstehen: Dilcher JZ 1967, Seite 110, 114; Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 154 ff., insbesondere Seite 169; Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 94 f., 142 f. 13 A. a. 0., Seite 116, 117 (Hervorhebungen durch Verfasserin).
VIII. Die Versuche einer Typenbildung
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Leistung verlangen kann und wann bei teilbaren Leistungen Teilschulden ausgeschlossen sind. Stattdessen verflingt er sich in der bloßen Aufzählung der gesetzlich angeordneten und von der Rechtsprechung der Gesamtschuld zugewiesenen Fälle. Der gedanklich am deutlichsten entwickelte Punkt seiner Arbeit offenbart, daß ein neues methodisches Vorgehen nicht notwendig neue Erkenntnisse zutage fördert: "In den vorstehenden Paragraphen ist der Versuch unternommen worden, durch Bildung von Fallgruppen, die im Wege der Analogie erweiterungsfähig sind, den Anwendungsbereich der §§ 421 ff. BGB zu bestimmen. Darüber hinaus gibt es nun aber eine Vielzahl von Schuldnermehrheiten, die den behandelten so wenig vergleichbar sind, daß auch mittels Analogie eine Einbeziehung in die Figur der Gesamtschuld unmöglich erscheint. Hier werden sich viele der Fälle wiederfinden, die häufig in Literatur und Rechtsprechung als Beispiele für die unechte bzw. scheinbare Gesamtschuld gedient haben."14 Wie selbstverständlich ordnet Hillenkamp diese Fälle der Bestimmung des § 255 zu, ohne darzulegen, was diese Norm von der Gesamtschuld unterscheidet l5 •
2. Zweiter Ausgangspunkt: Die Aussonderung der sog. "Zessionsfälle" aus dem Gesamtschuldrecht a) Auch Thiele versucht, die Gesamtschuld über eine Typenbildung zu erfassen 16. Er geht davon aus, daß verschiedene Abwicklungsformen in Betracht kommen, wenn mehrere Schuldner dasselbe Gläubigerinteresse zu befriedigen haben: die Teilschuld, die gemeinschaftliche Schuld, die Gesamtschuld und schließlich der sogenannte ,,zessionsregreß" nach den Bestimmungen der §§ 255 und 281 oder den Vorschriften über den gesetzlichen Forderungsübergang 17.
Thiele versteht die sog. ,,zessionsfälle" als "Erscheinungsformen eines eigenständigen Typus der Schuldnermehrheit" 18. Sie enthielten eine "negative Geltungsanordnung im Hinblick auf § 421 ", so daß alle Sachverhalte, die ihnen zugeordnet werden könnten, wie der Anspruch gegen den Unterhalts schuldner neben dem Ersatzanspruch gegen den Schädiger, aus dem Gesamtschuldrecht auszuscheiden seien 19. Diesen Ausgangspunkt kann Thiele freilich nicht begründen. Wenn er ausführt: "Wollte man die speziellen Zessionsregeln auf die Gesamtschuldregeln projizieren, würde diesen eine zentrale Stellung zuerkannt, die ihnen 14 A. a. 0., Seite 134 (sub § 4). 15 An einigen Stellen bestreitet er sogar den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Norm des § 255 und dem Gesamtschuldrecht; a.a.O., Seite 77 sub II 2. 16 JuS 1968, Seite 149 ff. 17 A. a. 0., Seite 151. 18 A. a. 0., Seite 150. 19 A. a. 0., Seite 152. 6 Wemecke
1.
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Teil: Die Bestimmung des § 421 - eine mißlungene Nonn?
nach dem Gesetz nicht gebührt"20, so enthält dieser Satz nicht mehr als eine inhaltlose Redewendung, die nicht mit seiner Aussage abgestimmt ist, daß die Nonn des § 421 die wesentlichen Merkmale der Gesamtschuld nenne 2\; auch in den sog. ,,zessionsfällen" können nämlich die Merkmale der Gesamtschuld erfüllt sein. Warum also sollten sich nicht sämtliche Gegebenheiten, in denen mehrere Schuldner auf das Ganze verpflichtet sind, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal erhalten darf, als Gesamtschulden darstellen, wobei einzelne Vorschriften des Gesamtschuldrechts durch Sonderregelungen verdrängt sein könnten?22
Thiele beruft sich auf das Innenverhältnis der Schuldner, das in den sog. "Zessionsfällen" "völlig anders strukturiert" sei als in den Gesamtschuldfällen; es liefe stets auf einen Totalregreß zugunsten eines der Beteiligten hinaus 23 • Diese von Larenz übernommene Argumentation kann freilich nicht überzeugen: Thiele erkennt zwar, daß die Bestimmung des § 421 die wesentlichen Merkmale der Gesamtschuld enthält 24 ; er verkennt jedoch, daß Gesamtschulden wegen der nachgiebigen Vorschrift des § 426 I auch den einseitigen Regreß des einen gegen den anderen Verpflichteten zulassen 25. Die unbewiesenen bzw. nicht hinreichend präzisierten Prämissen sind es mithin, die Thieles Ausführungen zu den sog. ,,Zessionsfällen" unfruchtbar erscheinen lassen. Eher beiläufig 26 erklärt Thiele weiter, daß einige Sachverhalte mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 424 aus dem Gesamtschuldrecht ausgegliedert werden müßten: "Es will nicht recht einleuchten, daß etwa die Folgen eines Gläubigerverzugs gegenüber dem Versicherer, Verwahrer oder Baulastpflichtigen gemäß § 424 auch dem Schädiger zugute kommen sollen." Mit diesem Einwand habe ich mich bereits eingehend auseinandergesetzt 27 , so daß an dieser Stelle nur kurz wiederholt sei: Der Annahmeverzug des Gläubigers gegenüber dem Versicherer, Verwahrer oder Baulastpflichtigen muß auch für den Schädiger wirken, wenn eine Befreiung des "Sekundärschuldners" nach § 300 eintritt: Solchenfalls ist der Schädiger nicht mehr gegenüber dem Gläubiger leistungspflichtig, sondern schuldet dem Versicherer usw. Regreß. Die Befreiung aller Verpflichteten nach § 424 tritt auch ein, wenn der Schädiger dem Gläubiger seine Leistung erfolglos anbietet: Der Versicherer (bzw. der Verwahrer oder der Baulastpflichtige) ist dann seiner Schuld ledig, weil ihm der Rückgriff beim Schädiger versagt sein muß28. In den von Thiele angeführten Sachverhalten ist mithin nur fraglich, ob einzelne Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs (§§ 301,304) dem Schädiger verschlossen bleiben, wenn nicht 20 A. a. 0., Seite 150 (sub 2 a). A. a. 0., Seite 152. 22 Dazu ausführlich oben, 1. Teil, V 2 a, aa und 3. 23 A. a. 0., Seite 150. 24 A. a. 0., Seite 152. 25 Darauf weist besonders deutlich Ehmann, Gesamtschuld, Seite 103 ff., hin. 26 D. h. in einem einzigen Satz; a.a.O., Seite 149. 27 Siehe oben, 1. Teil, V l. 28 Siehe oben, l. Teil, V Fußnote 13.
2\
VIII. Die Versuche einer Typenbildung
83
er, sondern der "Sekundärschuldner" den Gläubiger in Annahmeverzug gesetzt hat. Die Entscheidung ergibt sich im Einzelfall aus den Grundsätzen von Treu und Glauben 29 • b) Neben Hillenkamp und Thiele hat Börnsen versucht, eine Typologie der Gesamtschuld zu erstellen 30 •
Börnsen geht dabei wie Thiele von dem Bestehen mehrerer Abwicklungsmodelle für den Fall aus, daß der Gläubiger die ganze Leistung von jedem Schuldner, insgesamt aber nur einmal fordern darf: "Die Zessionsnormen schließen als Spezialtatbestände ... die Anwendung der Gesamtschuldregeln aus" 31. Wie Thiele - auf dessen Ausführungen 32 er häufig verweist 33 - bleibt auch Börnsen eine Begründung für diese These schuldig. Statt sie zu rechtfertigen, folgt er dem Gedanken, die Entstehungsgründe einer Gesamtschuld den einzelnen gesetzlichen Anordnungen zu entnehmen 34 • Dieses Vorgehen führt ihn zu der Erkenntnis, daß eine Gesamtschuld vorliege, -
wenn es zur "Schuldnerhäufung ohne Einfluß des Gläubigers" gekommen sei35,
-
wenn ein "Kontakt einer Gruppe mit dem Gläubiger stattgefunden" habe 36,
-
wenn eine unteilbare Leistung geschuldet werde oder "mehrere in sich unverteilbare, aber untereinander austauschbare Verhaltenspflichten" zu erfüllen seien 37 und schließlich
-
wenn "vertraglich geschuldete Erfolge sich nach ihrem Obligationsprogramm im Endziel" deckten 38.
Eine Verdeutlichung durch Sachverhalte läßt er diesen Typen nicht angedeihen. Bereits diese Übersicht erweist, daß die Typenbildung von Börnsen nicht nur 29
30
Siehe oben, 1. Teil, V 1 b. "Strukturen der Gesamtschuld -
1969. 31 A. a. 0., Seite 185. 32 JuS 1968, Seite 149 ff.
Versuch einer Präzisierung", Dissertation Kiel
Vgl. die Fußnoten auf den Seiten 183 - 185! A. a. 0., Seite 95 f. 35 A. a. 0., Seite 182. Börnsen spricht an anderer Stelle diesbezüglich von sog. "Sicherungs-Gesamtschulden"; als Beispiele nennt er §§ 419, 556 III, 1088 I, 2145, 2382, 2385 BGB; 25, 28, 130 HGB (a. a. 0., Seite 128 ff.). 36 A. a. 0., Seite 182. Börnsen bezeichnet diesen Gesamtschuldtypus auch als "Gruppen-Gesamtschuld" (a. a. 0., Seite 131 ff.); als Beispiele führt er die §§ 427,54 I 2 BGB, 128 HGB an. 37 Von Börnsen als "Handlungs-Gesamtschuld" bezeichnet; als Beispiele nennt er die §§ 431, 42 11 2, 1664 11, 1833 11, 830, 840 (a. a. 0., Seite 149 ff.). 38 Börnsen spricht in diesem Zusammenhang von einer ,,ziel-Gesamtschuld" und nennt als Beispiele die § 769 BGB, Art. 59 WG (a. a. 0., Seite 172 ff.). 33
34
6'
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1. Teil: Die Bestimmung des § 421 -
eine mißlungene Norm?
von einer zweifelhaften Prämisse ausgeht, sondern in der Bildung dieser Spielarten zu unbestimmt und unanschaulich ist.
3. Die Typenbildung Ehmanns Die "causa" des Einzelschuldverhältnisses als Erkenntnisgrund der Gesamtschuld? So wie es nach der Auffassung von Hillenkamp, Thiele und Börnsen keinen "Begriff' der Gesamtschuld gibt, so ist auch die im folgenden darzustellende Untersuchung von Ehmann 39 darauf angelegt zu beweisen, daß sich die Gesamtschuld nur typologisch erfassen lasse, weil sie nicht auf einem einheitlichen Prinzip aufbaue: "Die verschiedenen Strukturen der verschiedenen Gesamtschuldtypen", so heißt es bei Ehmann, deuteten "darauf hin, daß es verschiedene Prinzipien sind, die bei den verschiedenen Typen die gesamtschuldnerische Verbindung bewirken." 40
a) Im Unterschied zu Hillenkamp entwickelt Ehmann seine Typologie jedoch nicht aus den einzelnen gesetzlichen Gesarntschuldfällen, und anders als Thiele und Börnsen begreift er die Gesamtschuld auch nicht als Abwicklungsform einer Schuldnermehrheit, als deren Gegensatz die sog. ,,zessionsfälle" aufgefaßt werden. Vielmehr bemüht sich Ehmann darum, den "Kardinalzweck" der Gesarntschuld, die "Sicherheit und Bequemlichkeit" der Rechtsverfolgung durch den Gläubiger" inhaltlich auszufüllen"41 Dieses Ziel glaubt er über eine Betrachtung der in den Einzelschuldverhältnissen verfolgten Zwecke zu erreichen; die so aufgebaute "causa-Lehre" soll der "Schlüssel" zum Verständnis des Gesamtschuldrechts sein. Sie führt Ehmann zu der Erkenntnis, daß eine Gesamtschuld entstehe, wenn -
mehrere Personen denselben Vertragszweck verfolgten,
-
ein Schuldverhältnis nur zur Sicherung eines anderen begründet werde oder
-
verschiedene Ansprüche den Ausgleich desselben Schadens bezweckten 42 .
Dementsprechend unterscheidet Ehmann zwischen "gleichgründigen", "Sicherungs"- und "Schutzzweckgesamtschulden"43. Da der Begriff des ,,zwecks" seiner Auffassung nach im Mittelpunkt der Gesarntschuld steht, sieht sich Ehmann "Die Gesamtschuld", 1972 (Dissertation und Habilitationsschrift). A. a. 0., Seite 116. 41 A. a. 0., Seite 105. 42 A. a. 0., Seite 126 f.; zustimmend AK / Rüßmann, § 421 Rdnr. 3-6; ders. AcP 170, Seite 173 - hier aber mit kritischen Anmerkungen zum methodischen Vorgehen Ehmanns (Seite 176 f.). 43 A. a. 0., Seite 127 f. 39
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VIII. Die Versuche einer Typenbildung
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veraniaßt, eine umfassende Lehre von der "causa" in Anlehnung an H. Kreß44 zu entwickeln 45 • b) Bereits diese Darstellung, die sich im Hinblick auf die Möglichkeit einer Zweckstaffelung in einer und derselben Obligation 46 auf dogmatisch unsicheremBoden bewegt 47 , weist jedoch auf die Untauglichkeit der causa-Lehre zur Erklärung der Gesamtschuld hin: aa) Ausgehend von der Erkenntnis, daß jedes menschliche Handeln zweckgerichtet ist 48 , widmet sich die "causa-Lehre" den rechtserheblichen Gründen, die zur Vornahme eines Verpflichtungsaktes, einer Güterbewegung oder der Anordnung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses führen 49 • Sie will mithin begreiflich machen, aus weIchem Grund ein Schuldner oder das Gesetz dem Gläubiger das Recht auf eine Leistung einräumt und aus welchem Grund die Leistung dann getätigt wird. Regelmäßig beschränken sich aber die rechts geschäftlichen oder 44 Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, Seite 35 ff.: "Das Schuldverhältnis Der Zweck". 45 A. a. 0., Seite 130-192. 46 A. a. 0., Seite 173 f., 186 ff. 47 Gegen die Möglichkeit der von Ehmann vertretenen Zweckstaffelung deutlich Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 III 2 c, Seite 162: "Das Schuldrecht sortiert und klassifiziert die Vielfalt möglicher Zwecke rigoros nach Motiv oder eigentlichem Geschäftszweck. Es ist schwer zu sehen, wo dabei noch für angestaffelte Zwecke ein eigenständiger kategorialer Raum sein kann. Angesichts der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit kann jede Leistungsmotivation auf rechtsgeschäftlichem Weg zum Inhalt eines Vertragsverhältnisses gemacht werden, so daß man den einer vertraglichen Leistung zugrunde liegenden Zweck entweder als geschuldeten Inhalt des Vertrages verstehen oder in die - für den bereicherungsrechtlichen Bestand der Leistung unbeachtliche - Sphäre der subjektiven Motivation verweisen muß. Es ist nicht ersichtlich, daß eine Vertragsauslegung etwas anderes als Geschäftszweck oder Motiv übriglassen kann." Die unten im 2. Teil, 11 2 a, bb und cc sowie im 3. Teil, I 1 bund 11 1 b dargelegten Gestaltungen, in denen ein "Sicherungszweck" neben den eigentlichen Obligationszweck tritt, sind mit der Zweckstaffelung, wie sie Ehmann versteht, nicht zu verwechseln: Der hier entwickelte, neben den eigentlichen Obligationszweck tretende Sicherungszweck bezieht sich nicht auf die Begründung des einzelnen Schuldverhältnisses, sondern der Verbindung mehrerer Obligationen zur Gesamtschuld. 48 Dazu Ehmann, a.a.O., Seite 122: "Es (ich ergänze: ist) gesicherte Erfahrung, daß keine menschliche Handlung ohne Grund (causa) ist. Dieser Bestimmungsgrund menschlicher Handlung ist stets der mit der Handlung verfolgte Zweck (causa finalis)." Diese Erkenntnis ist, bezogen auf ein aktives menschliches Verhalten, unbestritten. Auch das Unterlassen kann ein zweckgerichtetes Verhalten sein, wenn der Schuldner Selbstzucht übt, um eine Verpflichtung zur Untätigkeit einzuhalten (z. B. beim Verbot des Rauchens am Arbeitsplatz). Wer nichts tut, weil er gar nicht auf den Gedanken kommt, ein Verbot zu übertreten, handelt dagegen nicht zweckgerichtet. 49 Zum Teil wird der Begriff der "causa" nur im Zusammenhang mit Vertrags- und Leistungszwecken, nicht aber bezogen auf Gesetzeszwecke gebraucht. So z. B. Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht, 4. Auflage, Seite 82 ff.: Nach seiner Terminologie ist lediglich der Vertragszweck (sog. "innere causa") vom Zuwendungszweck (sog. "äußere causa") zu unterscheiden.
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gesetzlichen Zwecke auf das einzelne Schuldverhältnis, so daß die Zweckbestimmung nicht auf dritte Personen, also auch nicht auf den mithaftenden Gesamtschuldner, übergreift. Ich erläutere diese Beschränkung an dem folgenden Beispiel: Die Vorschrift des § 823 I bestimmt, daß ein Schädiger den von ihm zu verantwortenden Schaden wiedergutzumachen hat. Der Zweck der gesetzlichen Regelung deckt sich mit dem Inhalt der Verpflichtung 50. Er ist erreicht, wenn der Schädiger den Schaden behoben hat (§ 362). Ob die Gläubigerberechtigung durch eine Drittleistung, z. B. die eines Gesamtschuldners, entfällt, ergibt sich nicht aus der "causa" der Schadensersatzpflicht und der Schadensersatzleistung, sondern aus einer über die einzelnen Schuldverhältnisse hinausgehenden Wertung: in diesem Fall dem Verbot, daß die Einbuße des Geschädigten mehrfach ausgeglichen wird. bb) Angesichts der Tatsache, daß auch Verbindlichkeiten, deren "causae" beziehungslos nebeneinander stehen, zu einer Gesamtschuld verknüpft werden können, ist den folgenden Ausführungen von Mitteis zuzustimmen; sie gehen dahin, daß der Zweck des einzelnen Schuldverhältnisses ohne Einfluß auf die Entstehung einer Gesamtschuld ist: "In allen Fällen, in denen voneinander getrennte Schuldgründe zur Vollbringung der gleichen Handlung verpflichten, gilt der Satz: ein anderer Verpflichtungsgrund, eine andere Leistung (der andere Verpjlichtungsgrund bedeutet einen anderen Rechtszweck und dadurch eine andere rechtliche Art der Leistung). Bei mangelndem rechtlichem Zusammenhang der Schuldgründe sind die gleichen Handlungen dennoch rechtlich ungleich. Es muß deshalb grundsätzlich mehnnals geleistet werden . .. Möglich, aber keineswegs notwendig ist, daß trotzdem die wirtschaftliche Gleichheit der verschiedenen Leistungen rechtliche Wirkung Übt."51
c) Die klare Gedankenführung von Mitteis, wonach unabhängig voneinander begründete Verbindlichkeiten auch verschiedene "causae" in sich tragen und die unterschiedlichen Zwecke kaum die Einheitlichkeit einer Leistung, mithin auch keine Gesamtschuld erklären, wird von Ehmann freilich durch die These verdunkelt: Selbst unabhängig voneinander begründete Ansprüche könnten dieselbe causa in sich tragen 52.
50 Allgemein kann man die Aussage treffen, daß sich der vom Gläubiger oder vom Gesetzgeber verfolgte rechtserhebliche Zweck im Anspruchsinhalt widerspiegelt. Dieser Auffassung ist offensichtlich auch Ehmann, wenn er von ,.Anspruchszwecken" spricht (a. a. 0., Seite 127). Freilich ist dieser Begriff nicht genau: Ein Anspruch, nach der Legaldefinition des § 194 I das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, verfolgt keinen eigenständigen Zweck. Sein Inhalt läßt vielmehr nur den Zweck erkennen, der eine Person zum Abschluß eines Vertrages oder den Gesetzgeber zur Schaffung einer bestimmten Regelung bewogen hat. 51 Sohm / Mitteis, Institutionen, Seite 360 f. (Hervorhebungen durch Verfasserin). 52 A. a. 0., Seite 127: "Bei den Schadensersatz- und sonstigen Schutzansprüchen folgt die gesamtschuldnerische Bindung aus dem gemeinsamen Schutzzweck der Ansprüche."
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So haften nach Ehmann der Dieb einer Sache und der Abnehmer und Veräußerer des Diebesguts, der den Veräußerungserlös kraft des § 816 I 1 abzuführen hat 53, dem (ehemaligen) Eigentümer gegenüber als Gesamtschuldner, weil beide Ansprüche einem "gemeinsamen Zweck" dienten: ,,§ 823 dient dem Schutz des Eigentümers, indem er ihm die rechtliche Möglichkeit bietet, die Wiedergutmachung seines Schadens zu verlangen; § 816 dient dem gleichen Zweck, indem er als Rechtsfortwirkungsanspruch .... den aus der Veräußerung des Eigentums erzielten Erlös dem Eigentümer zuordnet." 54
aa) Die Behauptung Ehmanns, der bereicherungsrechtliche Anspruch aus § 816 I 1 verfolge "denselben Zweck "wie der Anspruch aus § 823, ebnet mit dem behaupteten "Schutzzweck" der beiden Ansprüche deren Eigenarten ein: Die Regelung des § 823 I verpflichtet den Deliktstäter, einen von ihm angerichteten Schaden wiedergutzumachen 55; der Anspruch aus § 816 I wurde geschaffen, um einen durch eine Verfügung erlangten Vermögensvorteil demjenigen zukommen zu lassen, dem er nach der Ordnung der Güter und Rechte zugewiesen ist 56. Eine für den Einkaufspreis von 84 127 DM an einen Händler gelieferte und von diesem dem Endabnehmer für 106 950 DM weiterverkaufte Planierraupe "CD 8" wird später von einer unbefugt handelnden Bank verwertet 57. Geschuldet ist nach § 816 I 1 nicht mehr als der durch den letzten Akt erzielte Erlös von 70 000 DM. Dieses Beispiel belegt, daß die Haftungszwecke nicht identisch sind: Das Bereicherungsrecht ist (jedenfalls auch) von dem Gedanken getragen, Vermögensvorteile abzuschöpfen, während das Schadensersatzrecht in erster Linie auf Wiederherstellung des Zustandes zielt, wie er ohne den widerrechtlichen Eingriff beim Geschädigten bestehen würde 58. Die Gedanken, die den einzelnen Regelungen zugrunde liegen, (die "causae"), sind nicht identisch, so daß schon aus diesem Grunde eine Gesamtschuld nicht auf die Identität der Gesetzeszwecke gestützt werden kann.
53 Die Frage einer Gesamtschuldnerschaft zwischen Dieb und Veräußerer hatte der Bundesgerichtshof in dem im 52. Band der Amtlichen Sammlung auf den Seiten 39 ff. veröffentlichten Urteil zu entscheiden. Er hat sie - im Ergebnis zu Recht - bejaht. Zu diesem Urteil siehe noch meine Ausführungen unten, 3. Teil, 11 2 b, ee. 54 Ehmann, a.a.O., Seite 61. Ähnlich wie Ehmann argumentiert der Bundesgerichtshof in dem Urteil a. a. O. : "Die Gemeinschaft des Zwecks beider Ansprüche besteht darin, daß sie dem Schutz des Eigentums dienen und den Eigentümer für den Verlust der Sache entschädigen sollen" (Seite 44). 55 Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 1074 sub b (Protokolle). 56 Ausführlich zum Zweck der Norm: Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 8 I 1 a, Seite 284. 57 Vereinfachter Sachverhalt des Urteils BGH WM 1970, Seite 1297. 58 Zu den unterschiedlichen Zwecken der Regelungen siehe noch unten, 3. Teil, III 1 a, cc (2) (b).
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bb) Vor allem übersieht Ehmann, wenn er von dem "gemeinsamen Schutzzweck" der Ansprüche spricht, daß jede schuldrechtliche Forderung ein personengebundenes und personenbindendes Recht ist 59. Anschaulich formuliert Beuthien: "Die (ich ergänze: der schuldrechtlichen Forderung entsprechende Verbindlichkeit) enthält nicht das Gebot: "Irgendwer soll leisten", sondern den Befehl: "Du, Schuldner, sollst leisten ... " Der Verpflichtungszweck liegt nicht im Erfolgseintritt schlechthin. Er verwirklicht sich in der Erfüllung durch den Schuldner oder für Rechnung des Schuldners."6O Diesen Worten ist nichts hinzuzufügen: Der Zweck eines Schuldverhältnisses umfaßt nicht allein die Festlegung eines Erfolgs, sondern zugleich die Pflicht eines bestimmten Schuldners, ihn auch herbeizuführen. Die causa einer Verbindlichkeit kann mithin nur durch Erfüllung verwirklicht werden 61. Diese Erkenntnis führt, bezogen auf das Beispiel, daß der Dieb einer Sache aus § 823 und ein späterer Veräußerer aus § 816 I I haftet, zu folgender Konsequenz: Führt der Veräußerer den erzielten Erlös an den (ursprünglichen) Eigentümer ab, so kann diese Leistung die "causa" der deliktischen Verbindlichkeit nicht berühren. Deren Zweck verwirklicht sich nur, wenn der Schädiger den angerichteten Schaden wiedergutmacht oder ein Dritter dieser Pflicht an seiner Stelle nachkommt (§§ 362, 267)62.
59 G. Boehmer, RG-Festgabe, Bd. 3, Seite 216, 237; Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, Seite 40. 60 A. a. 0., Seite 40 und Seite 43. 61 Freilich wird der Zweck einer Verbindlichkeit durch die Erfüllung einer fremden Obligation erreicht, wenn ihr Bestand, an die Erfüllung geknüpft, auflösend bedingt ist. Daher erlöschen z. B. kausale Sicherungsverbindlichkeiten wie die Bürgschaft oder die Schuldmitübernahme wegen Fortfalls des Sicherungszwecks, wenn der Hauptschuldner leistet; bei abstrakten Sicherungsrechten, wie etwa einem abstrakten Schuldversprechen, entfällt der Rechtsgrund, die Sicherungsabrede. Der Untergang bzw. die Rechtsgrundlosigkeit der Sicherungs verbindlichkeit durch Erfüllung der Hauptschuld ist m. E. nichts anderes als der Eintritt einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Bedingung (für das Vorliegen einer "gesetzlichen" Bedingung: Martinius, GruchB 49, Seite 181, 211). Insoweit ist Ehmann zuzustimmen, der bei Sicherungsverbindlichkeiten aus einer "causaBetrachtung" heraus auf eine Gesamtschuld schließt. Leistet ein Sicherungsschuldner, obwohl die zu sichernde Verbindlichkeit erfüllt worden ist, kann er seine Zuwendung gemäß § 812 I 2 1. Variante zurückfordern, wenn kein Regreßanspruch des Hauptschuldners besteht, der den Gläubiger zuerst befriedigt hat. Ist der "Hauptschuldner" dagegen regreßberechtigt, so hat der "Sicherungs"- oder "Hilfsschuldner" den nicht mehr berechtigten Gläubiger befriedigt, weil dessen Rechte bereits nach § 426 II auf den Hauptschuldner übergegangen sind. Der "Hauptschuldner" kann das vom "Hilfsschuldner" Geleistete herausverlangen (§ 816 II i.V. m. 407). 62 Dem Gesetzeszweck des Deliktsrechts, wonach der Schädiger einen von ihm zu verantwortenden Schaden auszugleichen hat, trägt der normative SchadensbegriffRechnung: Ein Schaden ist nur dann beseitigt, wenn der Schädiger selbst die Ersatzleistung vornimmt oder sie von einem Dritten erbracht wird, um den Schädiger zu entlasten. Dazu Thiele, AcP 167, Seite 193,227 ff.; Ehmann, a.a.O., Seite 275-290.
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Freilich: Man könnte daran denken, daß der leistende Schuldner immer zugleich für die Mitverpflichteten als Dritter im Sinne des § 267 tätig wird. Indessen hieße es, wie bereits dargelegt 63, mit einer Fiktion arbeiten, wollte man einem Gesamtschuldner stets den Willen unterstellen, auch die Verpflichtung anderer zu tilgen. § 422 läßt die Befreiung der übrigen Schuldner gerade auch dann eintreten, wenn der Leistende den Gläubiger befriedigt, ohne sich dabei auf die übrigen Verbindlichkeiten zu beziehen.
Es ist mithin unrichtig, wenn Ehmann behauptet, die Schadensersatzverbindlichkeiten und der Bereicherungsanspruch trügen "dieselbe causa" in sich 64 • Die hier vertretene Auffassung deckt sich interessanterweise mit der von Kreß, der die Entstehung einer Gesamtschuld nicht aus seiner causa-Lehre heraus erklären will. Kreß führt in diesem Zusammenhang aus: "Entstehen aber die Verpflichtungen aus verschiedenen Schuldverhältnissen, so ist die Zweckgemeinschaft ... sehr unsicher und kaum von entscheidender Bedeutung". 65 cc) Freilich: Im Ergebnis ist seine Auffassung, wonach zwischen den Rechten aus § 823 und § 816 I 1 in Höhe des sich deckenden Betrags eine Gesamtschuld besteht, nur beizupflichten, denn der ehemalige Eigentümer einer gestohlenen und von einem Dritten veräußerten Sache kann in Höhe des gemeinsamen Haftungsbetrags nicht den Dieb und den Veräußerer zugleich in Anspruch nehmen. Allein die Begründung Ehmanns, die übereinstimmenden "causae" rechtfertigten dieses Ergebnis, vermag nicht zu überzeugen. Die Gesamtschuld kann sich im Beispielsfall nur aus Wertungen ergeben, die von den Zwecken der Einzelschuldverhältnisse unabhängig sind. So spricht für den Ausschluß der Anspruchshäufung - die erste Voraussetzung einer Gesamtschuld - allein das Äquivalenzprinzip oder - anschaulicher ausgedrückt - das Bereicherungsverbot 66, welches, auf den konkreten Fall angewendet, Siehe oben, 1. Teil, VI 2. Ich führe dem Leser die "causa" der Schadensersatzverbindlichkeit noch einmal vor Augen: Die Erfüllung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs hat nicht zur Folge, daß der Schaden des (ehemaligen) Eigentümers und damit ein Tatbestandsmerkmal des Anspruchs aus § 823 entfallt, sich also dessen "causa" realisiert: Der Zweck des deliktsrechtlichen Anspruchs besteht darin, einen Schaden durch den Schädiger beheben zu lassen. 65 Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, Seite 609. 66 Die Verbindlichkeit des Bereicherungsschuldners erlischt folglich nicht dadurch, daß sie der Deliktstäter "miterfüllt" (§§ 362, 267), ebenso wie umgekehrt der Bereicherungsschuldner seine Leistung nur für sich und nicht auch für den Dieb bewirkt (siehe bereits oben, 1. Teil, VI 2 und im vorliegenden Abschnitt unter 3 c, bb). Die Vorschrift des § 422 trägt dem Bereicherungsverbot Rechnung; das Gesetz entzieht dem Gläubiger die verbleibenden Ansprüche, ohne daß sie " erfüllt " würden. Sie gehen - bei bestehendem Regreß - gemäß § 426 II auf den leistenden Schuldner über; fehlt es an einem Ausgleichsanspruch, so ist ihre Geltendmachung dauernd unzulässig (ebenso Winter, Teilschuld, Seite 131 f.). Sie erlöschen freilich kraft des Eintritts einer auflösenden Bedingung, wenn die (erfüllte) Forderung durch die übrigen Verpflichtungen gesichert werden sollte (siehe dazu bereits oben Fußnote 61 in diesem Abschnitt). Sollte der Gläubiger Rechte durchsetzen, die gemäß § 422 in seiner Hand "gesperrt" sind, 63
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besagt: Kraft Gesetzes gewährte Ansprüche, die beim Gläubiger wirtschaftlich zum Ausgleich desselben Vermägensnachteils führen, dürfen keine Bereicherung, sondern lediglich die Wiederherstellung des "status quo ante" zur Folge haben 67. Dieser Ausgleichsgedanke liegt allen gesetzlichen Ansprüchen als Ausdruck der Gerechtigkeitsidee 68 zugrunde; zu "Gewinnen" dürfen solche Ansprüche nicht führen, weil sonst der einzelne einen Eingriff in seine Rechte provozieren und auf diese Weise den gesellschaftlichen Frieden stören könnte 69 • Es ist mithin das Bereicherungsverbot, das häufig mit der Wendung umschrieben wird, mehrere Ansprüche dienten demselben "wirtschaftlichen" Zweck 70. Der Ausschluß einer Teilschuld - die zweite Voraussetzung einer Gesamtschuld ergibt sich im Beispielsfall aus der Erwägung, daß es an einem Verteilungsmaßstab fehlt: Der allein in Betracht kommende Maßstab des Verschuldens rechtfertigte die alleinige Haftung des Diebes; der unvorsätzlich handelnde Veräußerer müßte dagegen mit seiner Verantwortung zurücktreten. Die unterschiedliche Qualität der Verpflichtunkönnen die auf diese Weise in Anspruch genommenen Schuldner ihre Leistungen zurückverlangen, § 813. Man wende nicht ein, der Kondiktionsanspruch gründe sich auf § 812 I 1 1. Variante: Die Vorschrift des § 422 berührt nicht notwendig den rechtlichen Grund, die "causa" einer Verbindlichkeit (Ausnahme: die Sicherungsverbindlichkeit). Das durch sie verwirklichte Bereicherungsverbot ist allgemein vielmehr Ausdruck des Rechtsmißbrauchsgedankens (siehe sogleich Fußnote 69), der letztlich in dem Grundsatz von Treu und Glauben wurzelt. Ob es sich um eine dauernde rechtshemmende Einrede handelt (so Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 5 IV, Seite 173) oder um eine rechtsvernichtende Einwendung (so Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 242 Anm. 1 b), lasse ich dahinstehen; eine insoweit rein technisch-fonnale Betrachtung steht der Anwendung des § 813 nicht entgegen. Zur Rechtslage im Falle des Anspruchsübergangs nach § 426 II siehe oben, Fußnote 61 a.E. in diesem Abschnitt. 67 Eine andere Wertung mit der Folge einer Kumulation von Rechten kann geboten sein, wenn vertraglich begründete Rechte mit gesetzlichen Ansprüchen zusammentreffen: Ist z. B. ein Schädiger für einen Unfall aus § 823 verantwortlich und löst dieser Unfall gleichzeitig einen Anspruch des Geschädigten gegen einen privaten Unfallversicherer aus, so kann der Unfall zu einem finanziellen "Gewinn" des Geschädigten führen. Die private Unfallversicherung bezweckt nämlich regelmäßig die Deckung eines abstrakten Bedarfs und fällt nicht unter das (versicherungsrechtliche) Bereicherungsverbot (sog. "Summenversicherung", siehe dazu Bruck / Möller / Sieg, VVG, 8. Auflage, Vor §§ 4980 Anm. 2 sowie Bruck / Möller / Wagner, VVG, 8. Auflage Anm. B 10). 68 Die Idee der ausgleichenden Gerechtigkeit, in lateinischer Fonnulierung die iustitia commutativa, ist geprägt durch das Gleichgewichts- oder Äquivalenzprinzip: Im Vertragsrecht sollen - bei freier Einschätzung des Werts durch die Partner - Leistung und Gegenleistung, wo es dagegen um den Ausgleich eines Vennögensnachteils geht, Nachteil und Wiedergutmachung einander entsprechen. Dazu Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Auflage, § 32 VIII, Seite 410 f.; Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 4. Auflage, Seite 15 f. und 215-217. 69 So betrachtet kann man das Bereicherungsverbot, schließt es die Geltendmachung mehrerer, rechtlich unverbundener Ansprüche nacheinander aus, als Ausdruck des Rechtsmißbrauchsgedankens verstehen, wonachjede individuelle Interessenwahrnehmung nicht den Grundsätzen einer befriedeten gesellschaftlichen Ordnung zuwiderlaufen darf. 70 Vom einheitlichen "wirtschaftlichen" Zweck der zur Gesamtschuld verbundenen Einzelschuldverhältnisse sprechen Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 36 und Fuchs, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 125, Nr. 1, Seite 40,72.
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gen kann nur mit einer Gesamtschuld aufgefangen werden; im Innenverhältnis ist der Verschiedenheit durch einen einseitigen Rückgriff Rechnung zu tragen 71. Der (gutgläubige) Abnehmer ist im Verhältnis zum Dieb voll regreßberechtigt, wobei ihm kraft der Rechtsmängelhaftung des Kaufvertrags Schadensersatzansprüche gegen seinen Vertragspartner zustehen (§§ 433, 440). Sie werden durch den Übergang des deliktischen Anspruchs des früheren Eigentümers gegen den Dieb verstärkt (§ 426 11). dd) Daß bei Ansprüchen, die an sich beziehungslos nebeneinander stehen, eine Gesamtschuld nicht aus den "causae" der Einzelschuldverhältnisse erwächst, sondern das Ergebnis des Bereicherungsverbots und des Ausschlusses einer Teilung ist, mag an einem weiteren Beispiel dargelegt werden. Ich entlehne es einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1960 72 : Ein Transportunternehmer hatte Mitte des Jahres 1956 bei der Beklagten einen gebrauchten VW-Kleinbus für 3600 DM gegen Hingabe von Wechseln gekauft. Die Beklagte hatte sich das Eigentum an dem Wagen vorbehalten und den Kraftfahrzeugbrief nicht an den Transportunternehmer ausgehändigt. Dieser verunglückte Ende 1956 mit dem Wagen, an dem die Klägerin die notwendigen Reparaturen vornahm. Da die Wechsel nicht eingelöst wurden, trat die Beklagte von dem Kaufvertrag mit dem Transportunternehmer zurück. Fragt man nach den Ansprüchen der Klägerin auf Zahlung eines Entgelts für die Reparatur, so sind zwei Verpflichtete in Betracht zu ziehen: der Transportunternehmer und der Eigentümer des Fahrzeugs. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind - solange sich die Werkunternehmerin noch im Besitz des Fahrzeugs befindet13 - Ansprüche gegen beide Personen zu bejahen: Den Transportunternehmer treffe die Pflicht zur Zahlung eines Entgelts kraft des Werkvertrags (§ 631), während ihm der Eigentümer den (durchschnittlichen) Arbeitslohn und den Ersatz des Materials kraft des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer (§ 994 I) schulde 74. (1) Die Frage, ob zwischen diesen Ansprüchen eine Gesamtschuld entsteht, läßt sich aus einer Analyse der einzelnen "causae" nicht beantworten: Der vertragliche Vergütungsanspruch gründet sich auf die Übereinkunft der Parteien; der Besteller hat ihn dem Werkunternehmer eingeräumt, damit dieser das Kraftfahrzeug repariere 75. Der Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen entspringt
Dazu im einzelnen unten, 2. Teil, 11 2 bund 3. Teil, 11 2 b, ee. BGH NJW 1961, Seite 499 = BGHZ 34, Seite 127. 73 BGH NJW 1961, Seite 499, 500. 74 Der BGH hebt a.a.O., Seite 501, deutlich hervor: Der Anspruch auf den Verwendungsersatz scheitere nicht daran, daß die Verwendungen zu einem Zeitpunkt getätigt worden seien, wo die Werkunternehmerin noch zum Besitz berechtigt gewesen sei, die sog. Vindikationslage mithin noch nicht bestanden habe. Die Begründung des Gerichts lautet: Ein zum Besitz berechtigter Fremdbesitzer könne nicht schlechter gestellt sein als ein gutgläubiger, zum Besitz nicht berechtigter Fremdbesitzer. 75 Werkunternehmer und Besteller verfolgen mithin den Austausch von Leistungen und verpflichten sich jeweils um der Gegenleistung willen. 71
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indessen dem Gedanken, eine Vennögensverschiebung auszugleichen, die zugunsten des Eigentümers und zu Lasten eines unrechtmäßigen Besitzers ohne rechtfertigenden Grund eingetreten ist 76. Der werkvertragliche Vergütungs- und der sachenrechtliche Verwendungsersatzanspruch gründen sich mithin auf unterschiedliche Zwecke, die unverbunden nebeneinander stehen; sie lassen keinen Aufschluß auf ihr Verhältnis untereinander zu 77 • Dennoch würde Ehmann kaum behaupten wollen, daß beide unverbunden nebeneinander stehen. (2) Der Ausschluß der Anspruchshäufung ergibt sich wiederum allein aus der Wertung, wonach die Doppelbefriedigung des Werkunternehmers zu einer unbilligen Bereicherung führte 78: Der Ersatz seitens des Eigentümers soll lediglich eine durch die Aufwendungen an Material und Arbeitskraft entstandene Einbuße auffüllen, - ein Ausgleich, den der werkvertragliche Erfüllungsanspruch mitumfaßt. Beide Ansprüche dürfen mithin im Ergebnis nur dazu führen, daß der Unternehmer den vereinbarten oder objektiven Gegenwert seines Einsatzes an Arbeitskraft und Material einmal erhält 79 . Diese Wertung, die letztlich in der rechtsphilosophischen Idee der ,,justitia commutativa"80 (der ausgleichenden Gerechtigkeit) und nicht etwa in der "causaLehre" begründet ist, rechtfertigt den Ausschluß der Anspruchshäufung. Eine Teilung der Verbindlichkeiten widerspräche dem Grundsatz, wonach ein Vertragspartner zu seinem Wort stehen muß; darüber hinaus fehlt es an einem einheitlichen Maßstab, um die Haftung zwischen Werkbesteller und Eigentümer aufzuteilen. Im Innenverhältnis entsteht konsequent das Recht des Eigentümers auf vollen Regreß81.
76 Daß der Verwendungsersatzanspruch ein besonderer bereicherungsrechtlicher Anspruch ist, heben zutreffend Firsching, AcP 162, Seite 440, 447 und v. Caemmerer, Festschrift für Rabel, Bd. 1, Seite 332, 365, 371, hervor. 77 Insbesondere verfolgt die gesetzliche Regelung des § 994 nicht den Zweck, den Anspruch des Werkunternehmers zu sichern! 78 Daß es eine Bereicherung des Werkunternehmers zu verhindern gilt, betont auch Raiser, JZ 1958, Seite 68l. Freilich greift er insoweit auf die Vorteilsausgleichung zurück mit der Folge, daß ihm eine Abgrenzung dieser Figur von der Gesamtschuld nicht gelingt (siehe zu dieser Frage bereits oben, I. Teil, VI Fußnote 25». Nach der Auffassung des Reichsgerichts ergibt sich der Ausschluß der Doppelbefriedigung in Fällen wie dem vorliegenden "von selbst"; RG GruchB 57, Seite 997, 1000 f. 79 Der Werkunternehmer soll insgesamt nicht mehr als das Äquivalent seines Arbeitsund Materialeinsatzes erhalten. Darauf zielen jedoch - wirtschaftlich betrachtet sowohl der Anspruch gegen den Besteller als auch der gegen den Eigentümer. 80 Siehe zu diesem Begriff oben, in diesem Abschnitt, Fußnote 68. 81 Unterstellt, der Besteller hat die Beschädigung des Fahrzeugs zu verantworten, so muß er letztlich für die Befriedigung des Werkunternehmers einstehen: Tritt der Eigentümer von dem mit dem Besteller geschlossenen Kaufvertrag zurück (§ 455), schuldet der Besteller ihm Schadensersatz für die (inzwischen behobene) Verschlechterung des Fahrzeugs, § 347 Satz l.
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Da hier das Bereicherungsverbot wirksam wird und die Teilung der Verbindlichkeiten auszuschließen ist, liegt eine Gesamtschuld vor 82 • ee) Es ist damit hinlänglich erwiesen, daß die "causae" einzelner Schuldverhältnisse auch dann, wenn sie keinen Bezug aufeinander nehmen, wie dies bei den sichernden Verbindlichkeiten der Fall ist, der Gesamtschuld nicht im Wege stehen. d) Der richtige Ansatz Ehmanns, daß der Sicherungszweck Schuldverhältnisse miteinander verknüpft, wie dies etwa bei der Bürgschaft, Mitbürgschaft und dem Schuldbeitritt der Fall ist 83 , wird von ihm nicht bis in die letzte Konsequenz hinein verfolgt: Er führt die sog. "gleichgründigen Gesamtschulden" infolge gemeinsamen Vertragsabschlusses nur auf deren "einheitliche causa" zurück 84 , obwohl sich hier auch eine Teilschuld denken läßt. Ehmann entgeht mithin, daß es der neben der "einheitlichen causa" verfolgte Sicherungszweck ist, der den Inhalt und die Wirkung des § 422 letztlich begreifbar macht. Dieser Einwand soll im einzelnen dargelegt und anschaulich gemacht werden. aa) Ich greife den Ausdruck der "gleichgründigen Gesamtschuld" auf und frage, unter welchen Umständen überhaupt die Rede davon sein kann, daß mehrere Verbindlichkeiten" dieselbe causa" in sich tragen. Wie bereits dargelegt 85, ist regelmäßig 86 von unterschiedlichen "causae" auszugehen, wenn der Gläubiger mehrere Ansprüche gegen verschiedene Schuldner besitzt. Die Leistungspflicht ist im Ausgangspunkt mit der Person des Verpflichteten verknüpft; diesem ist sie auferlegt, und dieser hat sie grundsätzlich 87 zu erfüllen 88 • Die strenge Verbindung zwischen dem Leistungsgegenstand und dem einzelnen Schuldner mit der Folge, daß sich der Zweck der Obligation nur durch die Leistung dieses einen Verpflichteten verwirklicht 89 •90 , kann freilich durch einen
Im Ergebnis ebenso Furtner, MDR 1962, Seite 95, 97. A. a. 0., Seite 127, 322 ff. Siehe dazu auch meine eigenen Ausführungen unten, 3. Teil, I 1 c, aa und bb sowie ee, dort unter (4). 84 A. a. 0., Seite 127, 193 ff. 85 Siehe oben, im vorliegenden Abschnitt, unter c, bb. 86 Zur einheitlichen Zweckverfolgung durch mehrere Schuldner siehe sogleich im Text. 87 In Betracht kommt freilich auch eine Drittleistung i. S. v. § 267. Dazu eingehend Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, Seite 10 f., 39 ff. 88 Ich ergänze diese Erkenntnis: Jedes kraft Gesetzes entstandene Schuldverhältnis (sei es innerhalb oder außerhalb einer vertraglichen Beziehung) trägt eine "isolierte" causa in sich. Der Sinn der Leistung ist in diesen Fällen stets an eine bestimmte Person geknüpft: für einen Schaden soll der Schädiger zur Verantwortung gezogen werden, soweit er ihn zu vertreten hat; ein ungerechtfertigter Vermögensvorteil soll vom Bereicherten herausgegeben werden etc. 89 Deutlich Beuthien, a.a.O., Seite 34: "Der Zweck eines Verpflichtungsaktes erschöpft sich nicht darin, dem anderen Teil einen Anspruch oder jedenfalls ein Anrecht auf die Leistung zu verschaffen. Das entstan82 83
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entsprechenden Parteiwillen gelockert werden: Läßt sich jemand auf einen Vertragsabschluß mit mehreren Personen ein, so gestattet er damit, daß nicht (nur) ein einzelner, sondern die Gemeinschaft der Partner den Vertragszweck realisiert. Ein Beispiel mag die Vorstellung des einheitlichen Zwecks, der gegenüber mehreren Kontrahenten verfolgt und erfüllt wird, lebendig machen: Verpflichten sich mehrere zur Mietzinszahlung, damit ihnen der Vertragspartner eine Wohnung zur gemeinschaftlichen Nutzung überlasse, so verfolgt der Vennieter gegenüber den mehreren Mietern einen Zweck, wenn er den Besitz an der Wohnung allen zusammen einzuräumen verspricht: er will von ihnen den vereinbarten Mietzins erhalten. Die Mieter ihrerseits erklären sich gemeinsam zur Zahlung dieses Entgelts um einer Gegenleistung willen bereit. Auf der Seite des Vennieters entstehen mehrere Forderungen auf den Mietzins (sog. "Mehrheitsprinzip")91. Diese sind jedoch - wie Ehmann zutreffend erkennt - von einer einheitlichen causa getragen: Es ist derselbe (rechtserhebliche ) Beweggrund, der den Vennieter dazu veraniaßt, mit mehreren Mietern zu kontrahieren (Mietzinszahlung), und ebenso begründen die Mieter ihre Verpflichtung gegenüber dem Vennieter zu einem gemeinsamen Zweck, der Nutzung der Wohnung. bb) Allein die Tatsache, daß die Mietzinsansprüche "dieselbe causa" widerspiegeln, rechtfertigt freilich noch keine Gesamtschuld, wie Ehmann meint: Die Einheitlichkeit vermag allenfalls das Gebot der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zu umschreiben 92 - mit der Folge, daß der Vermieter den Mietzins nur einmal erhalten soll. Indessen entscheidet der einheitliche Zweck noch nicht darüber, ob die mehreren Mieter den Zins als Gesamt- oder als Teilschuldner zu erbringen haben 93 . Er kennzeichnet - anders ausgedrückt - Gesamt- und Teilschuld gleichermaßen, weil er lediglich darauf hinweist, daß das Recht des Gläubigers, wird die Leistung einmal erbracht, erlischt. Handelt es sich, um das gegebene Beispiel noch einmal aufzugreifen, bei den Mietern um Gesamtschuldner, wie es regelmäßig der Fall sein wird 94, so ist der dene Verpflichtungsverhältnis bleibt selbst zweckgerichet. Es soll den Schuldner zur schuldgerechten Leistung an den Gläubiger veranlassen und diesen in seiner Erfolgserwartung sichern" (Hervorhebung durch Verfasserin). 90 Zur Vorschrift des § 267: Beuthien, a.a.O. 91 Siehe zu dem "Mehrheitsprinzip" oben Einleitung I. Eine gemeinschaftliche Schuld (,,Einheitsprinzip", siehe oben, Einleitung Fußnote 7) scheidet schon wegen der Teilbarkeit des Mietzinses aus. 92 Dazu bereits oben, Fußnote 68 in diesem Abschnitt und ausführlich unten, 2. Teil, I. 93 Zutreffend Last, Studien zur Erläuterung des bürgerlichen Rechts, Heft 26, Seite 19, Fußnote 1: "Dieses Kriterium der Zweckeinheit ist ungenau. Denn Solidarität liegt erst dann vor, wenn neben der einmaligen Leistung auch der Ausschluß der Teilung vereinbart ist ...". 94 "Im Zweifel" ist von einer Gesamtschuld auszugehen, wenn mehrere eine teilbare Leistung schulden und eine Doppelbefriedigung nicht in Betracht kommt, § 427. Die Vorschrift des § 16 I des "Mustennietvertrages 1976" (veröffentlicht in der ZMR 1976, Seite 68 ff.) sieht ausdrücklich eine Gesamtschuld mehrerer Mieter für alle Verbindlichkeiten aus dem Vertragsverhältnis vor.
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Anspruch des Vennieters auf den Mietzins durch den Leistenden erfüllt. Die anderen Obligationen erlöschen, soweit sie den Anspruch gegen den leistenden Schuldner sichern, durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung 95 ; im übrigen gehen sie zum Zwecke des Rückgriffs auf denjenigen über, der den Vennieter befriedigt hat (§ 42611). Ist dagegen ausnahmsweise 96 eine Teilschuld vereinbart, so erlischt der Anspruch des Vennieters mit der letzten Zahlung; in diesem Falle verwirklicht sich der Zweck durch die aneinander gereihten oder aufeinanderfolgenden Erfüllungsleistungen. Sind mehrere Verbindlichkeiten, die eine teilbare Leistung zum Inhalt haben, durch dieselbe causa verbunden, so rechtfertigt sich eine Gesamtschuld - gleichgültig, ob man die Vorschrift des § 427 als Auslegungsregel oder als Dispositivnonn versteht 97, aus einem neben dem Verpflichtungszweck vom Gläubiger verfolgten und von den Schuldnern zugebilligten Sicherungszweck 98 : Für den Gläubiger hätte eine Teilschuld zur Folge, daß er jeden einzelnen auf Erfüllung der anteiligen Pflicht in Anspruch nehmen und gegebenenfalls auch verklagen müßte. Mithin erklärt der einheitliche Zweck keine Gesamtschuld, soweit es um teilbare Leistungen geht; hier ist es allein das vom Gläubiger ausgedrückte Bedürfnis nach ,,rascher und einfacher Verfolgbarkeit"99 seines Rechts, das vertraglich gutgeheißen - die Schuldverbindung im Sinne der § § 421 ff. bewirkt. cc) Das Sicherungsbedütfnis des Gläubigers spricht nicht nur bei teilbaren, sondern auch bei unteilbaren Leistungen wo wesentlich für die Annahme einer Gesamtschuld. Die Tatsache, daß bei einheitlicher causa die Leistung nur einmal zu erbringen ist, läßt sowohl eine gemeinschaftliche als auch eine Gesamtschuld (§ 431) zu; auch hier ist es das Sicherungsbedütfnis, das den Gläubiger dazu bewegen wird, auf die Vereinbarung einer Gesamtschuld zu dringen, weil er andernfalls seinen Anspruch gegen alle Schuldner gemeinsam geltend machen müßte 101. Ich nenne zur Verdeutlichung drei Beispiele: 95 Siehe dazu oben Fußnoten 61, 66 in diesem Abschnitt. 96 Siehe soeben Fußnote 94. 97 Dieser Frage kommt indessen nach der Auffassung Ehmanns entscheidende Bedeu-
tung zu; a. a. 0., Seite 198 - 200. 98 Es handelt sich nicht um eine ,,zweckstaffelung" im Sinne hintereinander geschalteter "Haupt"- und ,,Nebenzwecke"; der Sicherungszweck erklärt, warum sich mehrere Schuldner bereitfinden, jeder für sich die ganze Leistung zu erbringen. 99 So der Wortlaut der Protokolle; Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 603 = Protokolle, Bd. 1, Seite 431. IOO Zu den Begriffen der teilbaren und unteilbaren Leistung siehe oben, Einleitung, 11 3. 101 Freilich wird in diesen Fällen eine Gesamtschuld auch häufig den Interessen der Schuldner entsprechen: Stellt man sich z. B. vor, daß mehrere Anwälte einer Sozietät mit der Vertretung einer Rechtsangelegenheit beauftragt sind, so werden sie diese unteilbare, d. h. nicht von mehreren in einzelnen Teilen zu erbringende Leistung kaum gemeinschaftlich erbringen wollen (Arbeitsteilung!), sondern einer von ihnen wird sich der Angelegenheit widmen. Insoweit zutreffend Prediger, Zur Auslegung und Anwendung der Regelungen im BGB über die Gesamtschuld, Seite 57.
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(1) Beauftragt ein Mandant das Mitglied einer Anwaltssozietät mit seiner Vertretung, so werden aus diesem Vertrag, herkömmliche Sozietätsverhältnisse unterstellt 102, regelmäßig alle Mitglieder der Sozietät verpflichtet 103. Da es sich bei der anwaltlichen Vertretung um eine unteilbare Leistung handelt - sie kann nur in Kenntnis des gesamten Sachverhalts und unter Berücksichtigung der jeweiligen Prozeßlage erbracht werden ist eine gemeinschaftliche Schuld zwar konstruierbar 104: Dann müßten alle Anwälte wenigstens in der Beratung und Abstimmung zusammenwirken. Eine solche Verbindung würde jedoch zum einen kaum den Interessen des Mandanten gerecht: Er will gegebenenfalls jeden Anwalt auf die Leistung in Anspruch nehmen dürfen 105. Zum anderen wird eine Gesamtschuld auch eher den Interessen der arbeitsteilig arbeitenden Anwälte entsprechen 106. (2) Ebenso liegt eine Gesamtschuld im Interesse eines Kranken, der sich an eine "Ärzte-Gemeinschaftspraxis" 107 wendet und mit einem der Mediziner einen Behandlungsvertrag schließt 108.
102 Sucht der Mandant eine der neuerdings auch in der Bundesrepublik entstehenden Sozietäten amerikanischer Prägung auf, die sich etwa aus zehn oder noch mehr Teilhabern zusammensetzen, ist die Verbindlichkeit nur auf die Anwälte zu beziehen, die eine und dieselbe Fachrichtung betreuen. Die fachfremden Sozii garantieren dann m. E. nur die Erfüllung möglicher Schadensersatzverpflichtungen. 103 Daß nicht die Sozietät als solche, sondern ihre Mitglieder verpflichtet werden, führe ich unten, 3. Teil, I Fußnote 166 detailliert aus. Die Verpflichtung aller Sozii rechtfertigt sich aus der Verkehrsauffassung, wonach sich ein Mandant an eine Gemeinschaft von Anwälten wendet, um sich die damit verbundenen Vorteile zunutze zu machen: Die Anwälte beraten schwierige Rechtsfragen gemeinsam, jedes Sozietätsmitglied muß auf die fristgerechte Bearbeitung der Sachen achten, und schließlich ist stets für Vertretung gesorgt. In diesem Sinne deutlich BGHZ 56, Seite 355, 360; ebenso BGHZ 70, Seite 247, 248 f.; BGH NJW 1986, Seite 149l. Siehe zum Ganzen bereits RGZ 22, Seite 314, 319 f. vom Jahre 1888 und die zahlreichen Nachweise bei Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 15, Fußnote 45. 104 Ebenso Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.5. 105 Ein gerichtliches Vorgehen im Sinne der Klage auf Erfüllung schließe ich aus; es würde das unerläßliche Vertrauen ein für alle Mal zerstören. 106 Siehe dazu bereits oben Fußnote 101 in diesem Abschnitt. 107 Die Gemeinschaftspraxis beschreibt N. Henke, NJW 1974, Seite 2035: Eine "Gemeinschaftspraxis, einer Anwaltssozietät vergleichbar, ist ein ,,zusammenschluß von Ärzten zur gemeinsamen Ausübung des Berufs" .... In der Gemeinschaftspraxis behandeln mehrere Ärzte in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung und gemeinsamer technischer Ausrüstung mit Unterstützung gemeinsam nachgeordneten Personals eine gemeinsame Klientel mit gemeinsamer Kartei und gemeinsamer Abrechnung unter gemeinsamen Namen; der Patient gibt einen Krankenschein ab, auf dem alle Leistungen der Ärzte der Gemeinschaftspraxis erscheinen. Die Ärzte können verschiedener Fachrichtung angehören. Sie teilen die Einnahmen nach dem von ihnen vereinbarten Schlüssel. " 108 Da es sich bei der Gemeinschaftspraxis um eine bürgerlichrechtliche Gesellschaft handelt (N. Henke, a. a. 0., Seite 2035 f.), schließt der eine Arzt einen Behandlungsvertrag regelmäßig auch in Vertretung seiner Kollegen ab (N. Henke, a.a.O., Seite 2038). Denkbar ist freilich auch die höchstpersönliche Verpflichtung nur eines Arztes der Sozietät, für dessen sorgfältiges Handeln die anderen Ärzte mit der Folge einzustehen haben, daß eine Gesamtschuld nur im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch in Betracht kommt.
VIII. Die Versuche einer Typenbildung
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Auch hier kommt wegen der Unteilbarkeit der Leistung - eine Behandlung kann nur in Kenntnis der gesamten Krankheitsgeschichte sinnvoll durchgeführt werden eine gemeinschaftliche Schuld der Ärzte in Betracht, doch wird der Patient die Behandlung von jedem einzelnen Arzt und nicht von allen gemeinschaftlich von allen verlangen. Regelmäßig wendet er sich sogar nur an einen Arzt als Person seines besonderen Vertrauens 109. (3) Schließlich sei als Beispiel dafür, daß auch der Gläubiger einer unteilbaren Leistung wegen seines Bedürfnisses nach einfacher und rascher Rechtsverfolgung auf die Vereinbarung einer Gesamtschuld Wert legt, die Verpflichtung mehrerer Mieter entsprechendes gilt für Entleiher - zur Rückgabe der überlassenen Sache angeführt. Unterstellt, die Mieter einer Wohnung haben die Räumlichkeiten in Mitbesitz, so handelt es sich bei der Rückgabe um eine unteilbare Leistung 110: Die Wohnung kann nur durch alle Mieter gemeinschaftlich geräumt werden, die Herausgabe einzelner Räume, in denen sich gemeinschaftlich genutzte Gegenstände befinden, durch einen Mieter würde sich als verbotene Eigenmacht gegenüber den anderen darstellen 111 • 112. Regelmäßig haften die Mieter für die Räumung einer Wohnung jedoch nicht gemeinschaftlich, sondern als Gesamtschuldner 113. Der Grund dafür liegt in folgendem: Der Vermieter möchte von jedem einzelnen Mieter die Verschaffung des Alleinbesitzes an der Wohnung verlangen können; er will also auch jeden einzelnen verklagen und bei Nichtleistung auf Schadensersatz wegen Verzuges oder gar wegen Unmöglichkeit der Erfüllung in Anspruch nehmen dürfen 114. Dieses Bedürfnis nach einfacher, rascher und wirksamer Rechtsverfolgung 115 109 Eine Gesamtschuld liegt in diesem Falle - ähnlich dem soben genannten Beispiel von der Anwaltssozietät - auch im Interesse der Ärzte, soweit sie eine "Arbeitsteilung" vereinbart haben. 110 Zum Begriff der Teilbarkeit einer Leistung i. S. d. §§ 420 ff. siehe oben, Einleitung, 11 3. 111 Um eine grundsätzlich teilbare Leistung handelt es sich indessen, wenn mehrere Mieter Räume im Teil-(Allein-)Besitz haben: Dann kann jeder seinen Besitz auf den Vermieter zurückübertragen, ohne die Sphäre seiner Mitmieter zu verletzen. Die einzelnen "Räumungsleistungen" ergeben dann insgesamt die "Gesamtleistung": Der Vermieter wird wieder Alleinbesitzer des Mietobjekts. Die Vorschrift des § 432 vermag die Unteilbarkeit der Verpflichtung zur Besitzübertragung nicht zu begründen. Aus der dort behandelten gemeinschaftlichen Berechtigung folgt nicht mit Notwendigkeit die gemeinschaftliche Verpflichtung. Das übersehen Planck / Siber, 4. Auflage, § 420 Anm. 2 a. 112 Bilden mehrere Besitzer eine Gesamthandsgemeinschajt, etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705), wovon bei gemeinsamer Miete im Zweifelsfall auszugehen ist (MünchKomm / K. Schmidt, 2. Auflage, § 741 Rdnr. 20 m. w.N.), so soll sich daraus nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung die Unteilbarkeit der Herausgabeverbindlichkeit ergeben, weil die Gesamthand Besitzer sei (MünchKomm / Ulmer, 2. Auflage, § 718 Rdnr. 26-29). Die herrschende Meinung (Nachweise bei Ulmer a.a.O.) stellt dagegen auf die tatsächliche Sachherrschaft ab und unterwirft den Besitz keiner gesamthänderischen Bindung. Ich halte die Auffassung von Ulmer für vorzugswürdig, weil sich niemand über Ansprüche auf Verschaffung von Mitbesitz, geltend gemacht gegen einzelne Gesamthänder, in die Gesamthand selbst zu drängen vermag. 113 Die Vorschrift des § 16 I des "Mustermietvertrages 1976" (veröffentlicht in der ZMR 1976, Seite 68 ff.) sieht ausdrücklich eine Gesamtschuldnerschaft mehrerer Mieter für alle Verbindlichkeiten aus dem Vertragsverhältnis vor. 114 Erwirkt der Vermieter nur gegen einen der Mieter einen Räumungstitel, so reicht dieser nicht zur Vollstreckung aus, weil durch sie der Besitz des Mitmieters verletzt
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wird den Vermieter dazu veranlassen, auf einer gesamtschuldnerischen Haftung aller Mieter zu bestehen 116. e) Ich kehre zum Ausgangspunkt der Kritik an der Auffassung von Ehmann zurück und fasse zusammen: Die Tatsache allein, daß mehrere Verpflichtete eine Leistung aus einem einheitlichen Vertrag schulden, ihre Verbindlichkeit mithin in "derselben causa" wurzelt, läßt noch keinen Schluß auf eine Gesamtschuld zu: Die "einheitliche causa" gestattet bei teilbaren Leistungen auch die Annahme einer Teilschuld, bei unteilbaren Leistungen einer gemeinschaftlichen Verbindlichkeit. Der einheitliche Zweck schließt zwar eine Doppelbefriedigung des Gläubigers aus; die Gesamtschuld entsteht jedoch durch ein hinzutretendes Merkmal: das - vertraglich gutgeheißene - Bedürfnis des Gläubigers nach einer unkomplizierten Rechtsverfolgung. Stehen mehrere Verpflichtungen unverbunden, ja beziehungslos nebeneinander, wie die Haftung eines Deliktstäters für die Entziehung und die eines Bereicherungsschuldners für die spätere Veräußerung einer Sache ll7, ferner die des Bestellers einer Kraftfahrzeugreparatur und des Eigentümers wegen der auf das Fahrzeug getätigten Verwendungen 118, so kann eine Zweckbetrachtung die Gesamtschuld nicht erklären 119: Die verschiedenen "causae" weisen in diesen Fällen weder auf den Ausschluß mehrfacher Befriedigung noch auf den einer Teil- bzw. gemeinschaftlichen Schuld hin.
würde; Stein/Jonas/Leipold, 20. Auflage, §62 Rdnr.19 Fußnote 71 (a.A. Geißler, JurBüro 1987, Spalte 1754, 1759: Die Besitzverhältnisse an einer Familienwohnung blieben im Vollstreckungsverfahren unberücksichtigt). Der Titel ermöglicht jedoch ein Vorgehen nach § 283 BGB, das heißt die Fristsetzung und das Verlangen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten, wenn die Frist verstrichen ist und damit die Unmöglichkeit der Erfüllung unwiderlegbar vermutet wird. Behauptet ein Mieter im Prozeß die Unmöglichkeit der Herausgabe der Wohnung, etwa weil er sie selbst gar nicht mehr nutzt und keinen Zugang zu ihr hat, so ist er mit diesem Einwand regelmäßig nicht zu hören, weil die bloß (behauptete) Unmöglichkeit der Leistung von ihm i. d. R. zu vertreten wäre (üblicherweise garantiert er die Leistungsfähigkeit des Mitmieters) und ihn daher, die Richtigkeit seines Vorbringens unterstellt, eine Schadensersatzpflicht träfe. Diesen Ersatzanspruch kann der Vermieter auf der Grundlage des Räumungstitels geltend machen (§ 283). 115 Prozeßrechtlich ist damit ein geringeres Kostenrisiko verbunden: Werden mehrere Personen verklagt, wie es bei Mietstreitigkeiten häufig der Fall ist, tragen sie auch die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch (§ 100 IV ZPO), wenn sie materiellrechtlich als Gesamtschuldner haften und im Prozeß unterliegen. 116 Die Rückgabe der Wohnung wird subjektiv unmöglich, wenn feststeht, daß ein Mitmieter nicht zum Auszug aus der Wohnung bewegt werden kann (LG Koblenz, ZMR 1976, Seite 48, 49; a.A. OLG Schleswig NJW 1982, Seite 2672): Der in Anspruch genommene Mieter kann dann die Wohnung nicht in Alleinbesitz nehmen, mithin auch keinen Alleinbesitz auf den Vermieter zurückübertragen. Wie hier auch Boiczenko, MDR 1983, Seite 895, 896. 117 Siehe oben in diesem Abschnitt, 3 c, aa-cc. 118 Siehe oben im vorliegenden Abschnitt, 3 c, dd. 119 Siehe oben in diesem Abschnitt 3 c, bb, dd.
IX. Zusammenfassung des Ersten Teils
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IX. Zusammenfassung des Ersten Teils Unter welchen Voraussetzungen schulden mehrere eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger sie aber insgesamt nur einmal zu fordern berechtigt ist? Diese Frage nach den Entstehungsgründen einer Gesamtschuld ist bisher weder durch das Schrifttum noch durch die Rechtsprechung befriedigend beantwortet worden. Die Ursache dieses Mißstands liegt in folgenden Irrtümern: Stets glaubte man, eine Gesamtschuld nicht schon dann annehmen zu dürfen, wenn von mehreren Schuldnern entweder der eine oder der andere den Gläubiger zu befriedigen hattel: Teils wurde ein weiteres Merkmal wie das des "einheitlichen Schuldgrundes" 2 oder das der ,,zweckgemeinschaft"3 in die Nonn des § 421 hineingedeutet. Teils beschränkte man sich darauf, auf das Bestehen sogenannter ,,zessionsfälle" hinzuweisen und mit Hilfe dieser "selbständigen" Abwicklungsfonnen für eine Schuldnennehrheit darzulegen, daß unter das Gesamtschuldrecht nicht alle Sachverhalte subsumiert werden könnten, die diesen Regelungen "an sich" vom Wortlaut her unterfielen 4 • Auf diese Weise entstanden zum einen die Begriffe von der "Gleichrangig- bzw. Gleichstufigkeit der Verpflichtungen"S sowie der "Erfüllungsgemeinschaft" 6, zum anderen Typenreihen von Gesamtschulden 7. Schließlich bemühte man sich, in einzelnen Gesetzesbestimmungen geordnete Gesichtspunkte für das Entstehen dieser Schuldverbindung wie die Schadensersatzhaftung mehrerer Vertrags schuldner oder Mit-Verursacher zu entdecken 8 oder sie auf bestimmte Zwecke ("causae") der Einzelschuldverhältnisse ("ge1 Das Recht des Gläubigers unter Gesamtschuldnern zu wählen, welchen Schuldner er in Anspruch nehmen möchte, besteht mangels abweichender Vereinbarung oder gesetzlicher Anordnung (Fälle der Subsidiarität; dazu unten 3. Teil I, 1 c, bb) bis zu seiner Befriedigung (zu dem "Wahlrecht" etwa BGH WM 1984, Seite 1309). In diesem Punkte unterscheidet sich die Gesamtschuld erheblich von der Wahlschuld, wo das Wahlrecht schon durch die Erklärung des Gläubigers oder des Schuldners verbraucht wird (§ 263). Zutreffend Planck / Siber, 4. Auflage, § 421 Anm. 2: "Die Gesamtschuld ist keine alternative Schuld (§§ 262 ff.... )." 2 Zu diesem von Eiseie entwickelten Begriff siehe oben, 1. Teil, 11. 3 Mit diesem auf Enneccerus zurückgehenden Begriff habe ich mich oben, 1. Teil, IV auseinandergesetzt. 4 So im wesentlichen das Vorgehen von Larenz (siehe oben, 1. Teil, V), Selb (siehe oben, 1. Teil, VI), Thiele (siehe oben, 1. Teil, VIII 2 a) und Börnsen (siehe oben, 1. Teil, VIII 2 b). 5 Dieser Begriff geht auf Larenz zurück; siehe dazu oben, 1. Teil, V. Ihm im Ergebnis zustimmend Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 24 ff. 6 Zu diesem von Selb gebildeten Begriff siehe oben, 1. Teil, VI. 7 Zu den Typologien von Thiele und Börnsen siehe oben, 1. Teil, VIII 2. 8 So Hillenkamp (siehe oben, 1. Teil, VIII 1); ähnlich Jürgens, Goette und Dilcher (a. a. 0., Fußnote 6).
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meinsamer Schutzzwecke", "Sicherungszweck", "Gleichgründigkeit" der Verbindlichkeiten) zurückzuführen 9. Die bisherigen Bemühungen zur Erkenntnis des Gebildes "Gesamtschuld" laufen mithin darauf hinaus, neben dem Ausschluß der mehrfachen Befriedigung und der Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld "weitere Kriterien" für das Entstehen dieser Verbindung zu entwickeln. Eine Notwendigkeit dafür konnte freilich bis auf den heutigen Tag nicht stichhaltig bewiesen werden: Durch die Merkmale des "einheitlichen Schuldgrundes" und der "Zweckgemeinschaft" werden zwei Gruppen von Schuldverbindungen unterschieden, die in Wirklichkeit zusammengehören, weil in beiden Gruppen das Verhältnis mehrerer Schuldner zu ihrem Gläubiger durch die Bestimmung des § 421 vollständig umschrieben wird; stets soll der Gläubiger einen von mehreren Verpflichteten auf die ganze Leistung in Anspruch nehmen dürfen, sie insgesamt aber nur einmal erhalten. Da das Gesetz in der genannten Norm keine irgendwie geartete weitere "Verbindung" unter den Schuldnern voraussetzt - diese entsteht als Ausgleichsund Regreßverhältnis 10 erst mit Begründung der Gesamtschuld 11 - erscheint die Trennung von "echten" und "unechten Gesamtschulden" mittels der Begriffe "Einheit des Schuldgrundes" und ,,zweckgemeinschaft" willkürlich 12. Die Erkenntnis, daß beide Gestaltungen von der Beziehung eines Gläubigers zu mehreren Schuldnern im Sinne des § 421 ausgehen, blieb dem Schrifttum jedoch weitgehend verschlossen. So stützte man die Begriffe der "Gleichstufigkeit von Verpflichtungen" und der "Erfüllungsgemeinschaft" auf die Erwägung: Die Erfüllungswirkung, von der in § 422 die Rede ist, umschreibe etwas anderes als die Tatsache, daß der Gläubiger die Leistung entweder von dem einen oder dem anderen Schuldner verlangen könne 13, und weiter, daß verschiedene Regreßwege das Entstehen einer Gesamtschuld hinderten 14. Diese Überlegungen 15 finden jedoch genauso wenig einen Halt im Gesetz wie die Begriffe des "einheitlichen Schuldgrundes" oder der "Zweckgemeinschaft": Erstens ist der Vorschrift des § 421 nicht mehr zu entnehmen, als daß eine Gesamtschuld immer dann vorliegt, wenn der Gläubiger einerseits nicht mehrfach zu befriedigen ist, andererseits von jedem Schuldner die ganze Leistung verlangen darf. Zweitens läßt die Gesamtschuld nicht nur den anteiligen, sondern auch den vollen Regreß zu, wie sich dies gerade in dem Verhältnis des Geschäftsherrn zum Verrichtungsgehilfen So Ehmann; siehe dazu oben, 1. Teil, VIII 3. Als Ausgleichsverhältnis bezeichne ich das Recht eines Gesamtschuldners, die Mitverpflichteten zur Befriedigung des Gläubigers anzuhalten; das Regreßverhältnis entsteht dagegen erst mit der Leistung an den Gläubiger. 11 Siehe dazu oben, 1. Teil, V 2. 12 Siehe oben, 1. Teil, II und IV. 13 Siehe oben, 1. Teil, V und VI. ·14 Siehe oben, I. Teil, V 2 und 3 sowie VI 3 c. 15 Auf sie bauen sich auch die Typologien von Thiele und Bömsen auf. 9
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IX. Zusammenfassung des Ersten Teils
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(§ 840 II) 16 zeigt. Besonders angeordnete Rückgriffsrechte - zu denen im übrigen die Vorschrift des § 255 nicht zählt 17 - erweisen sich folglich als Sonderregelungen des Gesamtschuldregresses 18.
Der Nachweis, daß das Gesetz an eine Gesamtschuld weitere Anforderungen als den Ausschluß der mehrfachen Befriedigung einerseits und der Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld andererseits stelle, kann auch nicht durch eine Systematisierung einzelner Gesetzesbestimmungen erbracht werden 19: Sie sind nur spezielle Gesamtschulden und hindern nicht die Annahme dieser Verbindung in allen anderen, von der Grundnorm des § 421 erfaßten Fällen. Schließlich ist auch der Versuch, die Gesamtschuld aus bestimmten Zwecken ("Schutzzweck", "Sicherungszweck", "Gleichgründigkeit") zu erklären, gescheitert: Die Voraussetzungen des § 421 können erfüllt sein, ohne daß sich die "causae" der Einzelschuldverhältnisse berühren, wie es gerade bei gesetzlichen Verbindlichkeiten der Fall ist 20 • Ihre Zwecke erklären sich vielmehr aus der Verbindung des einzelnen Schuldnders zum Gläubiger: Da die jeweiiige "causa" regelmäßig 21 nur den Zweck der Verbindung zum Gläubiger, nicht aber das Verhältnis der Obligation zu einer anderen Verpflichtung erkennen läßt, kann sie auch nicht den Zusammenschluß zu dem übergreifenden Gebilde "Gesamtschuld" erklären. Dies geschieht vielmehr durch eine gleichsam vom Einzelschuldverhältnis isoliert getroffene Entscheidung. Angesichts des vielfachen, kaum überzeugenden Bemühens, das Entstehen einer Gesamtschuld von "ungeschriebenen" Merkmalen abhängig zu machen, ist eine Rückbesinnung auf die schlichte gesetzliche Regelung nötig. Nur wenn sich bei der strikten Anwendung des Gesetzes Unzulänglichkeiten ergeben, die eine engere Fassung dieses Instituts nötig machen, ist über eine solche Einschränkung nachzudenken. Denn: Wer eine Unvollständigkeit des Gesetzes behauptet, muß sie beweisen! Nur auf dem Wege zurück zu einer einfachen, möglichst geset16 Zur Modifizierung des § 840 II im Arbeitsverhältnis bei "gefahrgeneigter Arbeit" siehe oben, 1. Teil, V Fußnote 20. 17 Es sei daran erinnert, daß die Norm des § 255 das Gesamtschuldrecht ergänzt: Sie vermeidet die Doppelbefriedigung des Eigentümers einer Sache oder des Inhabers eines nach sachenrechtlichen Grundsätzen zu übertragenden Rechtes, der für die "Beschädigung", d. h. den Besitzverlust an der Sache, dem Papier oder die erschwerte Durchsetzbarkeit seines Rechtes entschädigt wird. Die Vorschrift gründet sich, was die Verpflichtung zur Herausgabe eines körperlichen Gegenstandes betrifft, auf sachenrechtliche Gesichtspunkte; siehe ausführlich oben, 1. Teil, V 2 a, aa. 18 Siehe oben, 1. Teil, V 3. 19 So Hillenkamp, siehe oben, 1. Teil, VIII 1. 20 Siehe oben, 1. Teil, VIII 3 bund c. 21 Die "causa" geht über das einzelne Schuldverhältnis hinaus, wenn eine Verbindlichkeit zur Sicherung einer anderen begründet wird. Sie führt solchenfalls auf eine Gesamtschuld.
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zestreuen und nicht durch historische Fehlvorstellungen verklärten Deutung kann das Gebilde "Gesamtschuld" klare Konturen gewinnen und von der Praxis sicher angewandt werden. Diese Erkenntnis bedeutet für den Fortgang meiner Arbeit: Mit der Bestimmung des § 421 ist davon auszugehen, daß eine Gesamtschuld anzunehmen ist, wenn ein Gläubiger, dem mehrere Schuldner gegenüberstehen, entweder von den einen oder dem anderen die" eine" Leistung in vollem Umfang verlangen kann 22 • Damit setzt die Gesamtschuld erstens die Bestimmung der "einen" Leistung voraus: Unter welchem Gesichtspunkt treten die Leistungsversprechen mehrerer in eine rechtliche Verbindung? Zweitens verlangt sie nach demWillen des Gesetzgebers, den er in der Vorschrift des § 420 zum Ausdruck gebracht hat, eine Entscheidung gegen die Teilschuld, soweit eine teilbare Leistung in Rede steht. Dementsprechend muß im Hinblick auf eine unteilbare Leistung die Entscheidung gegen die gemeinschaftliche Schuld, also die der Teilschuld vergleichbare Schuldverbindung 23 , zur Gesamtschuld führen. Mithin hängt das Entstehen einer Gesamtschuld von der Erkenntnis ab, unter welchen Gesichtspunkten die mit ihr konkurrierenden Gebilde der Teil- bzw. der gemeinschaftlichen Schuld zu verneinen sind. Diese Entscheidung allein erhellt das Wesen der Gesamtschuld; auf sie hat sich folglich das Augenmerk zu richten. Ich lenke daher meinen Blick im zweiten und dritten Hauptteil dieser Arbeit auf die Frage, unter welchen Gesichtspunkten eine mehrfache Befriedigung des Gläubigers einerseits, eine Teil- oder gemeinschaftliche Schuld andererseits auszuschließen sind. Eine Systematisierung der einzelnen Fälle, in denen von diesem "doppelten" Ausschluß auszugehen ist, wird im dritten Hauptteil zu einer Fallgruppenbildung führen.
22 Wobei der Gläubiger bis zu seiner Befriedigung unter den Schuldnern "wählen" kann, wenn keine Subsidiarität einer Verpflichtung vertraglich oder gesetzlich festgelegt ist. Siehe dazu noch unten, 3. Teil, I I c, bb. 23 Siehe oben, 1. Teil, I Fußnote 4 und unten, 3. Teil, I 2.
Zweiter Teil
Die von mehreren geschuldete "eine" Leistung gemeinsames Merkmal aller Schuldverbindungen I. Der Begriff der "einen" Leistung als Niederschlag des Äquivalenzprinzips 1. Die "eine" Leistung mehrerer Schuldner Sowohl in der Bestimmung des § 420 über die Teilschuld als auch in der Norm des § 421 über die Gesamtschuld begegnet uns der - alle Schuldverbindungen einschließlich der gemeinschaftlichen Schuld prägende - Begriff der "einen" Leistung, die von mehreren Personen zu erbringen ist 1. Wann aber kann man behaupten, mehrere Verpflichtete hätten "eine" Leistung zu bewirken? Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält darüber keine allgemeine ausdrückliche Bestimmung. Auf der Hand liegt zunächst die Erkenntnis, daß die Anzahl der Schuldner keinesfalls die Anzahl der Leistungen bestimmen muß: Mehrere Verpflichtete können durchaus "eine" Leistung schulden 2. 1 § 420: "Schulden mehrere eine teilbare Leistung ... " § 421: "Schulden mehrere eine Leistung ... " Auch im Falle der subsidiären Haftung schulden mehrere "eine Leistung"; z. B. der nach § 839 I 2 BGB, Art. 34 GG haftende Staat und der illiquide Zweitschädiger, etwa, wie im Fall BGH VersR 1960, Seite 75, ein Kraftfahrzeughalter ohne Versicherungsschutz und ohne anderes Vermögen (zum Begriff der "einen" Leistung im Schadensersatzrecht sogleich im Text unter Ziffer 4). Die subsidiäre Haftung stellt nur einen Sonderfall der Gesamtschuld dar (dazu noch unten 3. Teil I, 1 c bb): Leistet im Beispielsfall der nach § 839 BGB, Art. 34 GG nur nachrangig haftende Staat (die Subsidiarität der Staatshaftung ist im Zusammenhang mit Verkehrsunflillen inzwischen freilich überwunden: BGH NJW 1981, Seite 681 m. w. N.), so wird dem Gläubiger die Forderung gegen den zahlungsunfähigen Zweitschädiger gemäß § 422 entzogen. Siehe zum Ganzen Palandt/Thomas, 48. Auflage, § 841 Anm. I, Möring, VersR 1960, Seite 393, und Baumann AcP 169, Seite 317, 322-325. 2 Das gilt sogar im Rahmen höchstpersönlicher Pflichten: Sollen mehrere Schuldner persönlich tätig werden, um einen Erfolg im Zusammenwirken miteinander herbeizuführen (soll z. B. eine Artistengruppe einen Hochseilakt darbieten), wird eine gemeinschaftliche Schuld begründet; sind sie persönlich zu Teilleistungen verpflichtet, entsteht eine Teilschuld: Zwei Unternehmer verpflichten sich etwa zur Herstellung eines Werkes, dem Bau eines Hauses oder einer Anlage dergestalt, daß jeder nur einen abgrenzbaren Teil der Arbeit übernimmt und nicht für den Erfolg der Bemühungen des anderen einsteht. Bei höchstpersönlichen Pflichten kann es freilich keine Gesamtschuld geben, weil sich keiner der Schuldner durch einen anderen "vertreten" lassen darf. Zum Sonderfall des Unterlassens siehe unten, 2. Teil, III 2.
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
2. Der Begriff "Leistung": Der vom Schuldner herbeizuführende Erfolg Mit dieser Feststellung verbindet sich eine weitere Einsicht: Das Gesetz versteht unter einer "Leistung" die von einem Schuldner oder mehreren Verpflichteten vorzunehmende, von einem bestimmten Zweck getragene Handlung 3, § 241. Ist der Begriff der "einen" Leistung nicht - wie die Bestimmungen der §§ 420, 421 erweisen - an das Vorhandensein eines Schuldners gebunden, so muß es, da mehrere Verpflichtete mehrere Handlungen zu bewirken haben 4 , der eine Erfolg sein, der mehrere Verbindlichkeiten als auf "eine" Leistung gerichtet erscheinen läßt 5 • Unter welchen Umständen kann aber behauptet werden, mehrere Schuldner hätten "einen" Erfolg zu bewirken, mithin "ein" Gläubigerinteresse zu befriedigen? In einer handgreiflichen Formel ausgedrückt, lautet die Antwort: Mehrere Personen schulden "einen" Erfolg, wenn der Gläubiger nicht alle neben- oder nacheinander in vollem Umfang auf die Befriedigung eines einheitlichen gesetzlich oder vertraglich - bestimmten Interesses in Anspruch nehmen darf. Zu den dogmatischen Fortschritten gehört die Vergeistigung des Merkmals der "einen" Leistung. Noch im Jahre 1968 glaubte Larenz auf die körperliche Identität des geschuldeten Gegenstandes nicht verzichten zu können 6: "Die Verpflichtungen aller Gesamtschuldner", so heißt es in der neunten Auflage seines Lehrbuchs des Allgemeinen Schuldrechts, "sind also notwendig zunächst inhaltsgleich". Wenn die folgende zehnte Auflage des Werks von 1970 das Merkmal mit der Formulierung abschwächt, die Schuldner hätten "in der Regel" gleiche Leistungen zu erbringen, so setzt sich hier die Erkenntnis durch, daß sich das Festhalten an körperlichen Gegebenheiten in Widerspruch zu dem Zweck der Gesamtschuld setzt, ein - nur geistig zu erfassendes - identisches Gläubigerinteresse zu befriedigen 7. Aus diesem Grunde können auch gegenständlich verschiedene 3 Den Begriff der Handlung verwende ich als Oberbegriff für das Tun, das Unterlassen und das Dulden. Daß die Einhaltung des Unterlassungs- und Duldungsgebots eine "Handlung" des Verpflichteten darstellt, folgt aus der hier zu übenden Selbstdisziplin. Näher darüber H.-E. Henke in einer noch unveröffentlichten Abhandlung. 4 In diesem Sinne führt Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 34 treffend aus: "Wenn A dem Gläubiger einen Tausendmarkschein behändigt, so ist dies nicht dieselbe Leistung als wenn sein Gesamtschuldner B dem Gläubiger 1000 DM franko durch die Post übersendet ... Die Leistung ist in diesen Fällen eine verschiedene, und zwar schon um deswillen, weil es nicht dieselben Hände und Köpfe, nicht dieselben individuellen Personen sind, welche die Leistungshandlung bewirken." 5 Zutreffend Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 34 und Fuchs, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 125, Nr. 1, Seite 37, 40. 6 Schuldrecht AT, 9. Auflage, § 33 I, Seite 380 mit einem in der Sache irreführenden Verweis auf Binder, Korrealobligationen, Seite 4 ff. Binder führt auf Seite 15 des zitierten Werks aus: Zur Begründung der Solidarität genüge es nicht, "dass die beiden Leistungsgegenstände identisch sind; sondern es ist nötig, dass der Inhalt der einen Obligation den der anderen durch die Erklärung der Parteien juristisch gleichgesetzt wird; dass die beiden Obligationen der Stipulanten identifiziert werden." (Hervorhebung durch Verfasserin).
1. Die "eine" Leistung als Ausdruck des Äquivalenzprinzips
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Leistungen, z. B. die Herausgabe einer gestohlenen Sache durch den Hehler und deren geldlicher Ersatz durch den Dieb 8, die Nachbesserung eines mangelhaft errichteten Bauwerks durch den Werkunternehmer und der Ausgleich des Schadens in Geld durch den Architekten, der seine Aufsichtspflicht vernachlässigt hatte 9, schließlich der Wiederaufbau einer z.T. abgebrannten Kirche durch den sog. Träger der Baulast und dessen Finanzierung durch den fahrlässigen Brandstifter 10 derselben Erwartung des Gläubigers Genüge tun.
3. Der Zusammenschluß rechtsgeschäftlich begründeter Obligationen kraft des Äquivalenzprinzips Ob mehrere Obligationen auf die Befriedigung eines einheitlichen Gläubigerinteresses gerichtet sind, entscheidet im rechtsgeschäftlichen Verkehr der Parteiwille : Wird eine Verpflichtung gemeinschaftlich begründet 11 oder bezieht jemand seine eigene Verbindlichkeit auf eine anderweitig individualisierte Leistung, sei es, daß er für sie einstehen will, sei es, daß der Gläubiger nachträglich die Aufspaltung einer Verbindlichkeit in mehrere Teilschulden zugesteht, so begründet diese subjektiv hergestellte Beziehung einen Zusammenschluß der Obligationen. Daß der Gläubiger nunmehr nicht jeden Schuldner auf die ihm insgesamt einmal versprochene Leistung in Anspruch zu nehmen vermag, liegt auf der Hand: Andernfalls zerstörte er die erkennbar zum Ausdruck gebrachte Verbindung und erhielte mehr, als ihm zugesagt ist. a) Zu einer gemeinschaftlichen Verpflichtung wird es dabei kommen, wenn die Schuldner in ihrer Gesamtheit an einer vertraglichen Leistung ihres Gläubigers interessiert sind 12. Liegt andererseits jedem einzelnen unabhängig von den anderen an einer Leistung des Vertragspartners, entstehen verschiedene Ver7 So auch die bemerkenswerte Richtungsänderung in dem Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1965 (BGHZ 43, Seite 227). Das Gericht geht hier zwar von der Voraussetzung inhaltlich identischer Leistungen aus, rückt in den folgenden Ausführungen von ihr jedoch mit der Formulierung ab, es genüge eine "besonders enge Verwandtschaft, weil ihre inhaltliche Verschiedenheit hart an der Grenze zur inhaltlichen Gleichheit (Identität) liegt", und endet in der Feststellung: "Unerläßliche Voraussetzung" sei lediglich, daß der Gläubiger die Leistungen nicht nebeneinander verlangen dürfe, "daß er sich mit der Leistung eines (ich ergänze: Schuldners) zufrieden geben muß" (a. a. 0., Seite 232 f.). 8 Zu diesem Sachverhalt siehe meine Ausführungen oben, 1. Teil, V 2 a, bb (2). 9 BGHZ 43, Seite 227; dazu bereits soeben Fußnote 7 und meine Ausführungen unten, 3. Teil, II 1 b, dd (2). 10 Siehe unten, 3. Teil, II 2 b, bb. 11 Eine Verpflichtung ist gemeinschaftlich begründet, wenn die Schuldner im Hinblick auf die Leistung des anderen Kontrahenten, ihres Gläubigers, ein gemeinschaftliches, über das Interesse des Einzelnen hinausgehendes Interesse verfolgen, wie es etwa bei der Miete einer gemeinsam genutzten Wohnung (siehe dazu bereits oben, 1. Teil, VIII 3 d, aa) oder der Buchung einer Gruppenreise der Fall ist (zu dieser Gestaltung unten, 3. Teil, I 1 a). 12 Siehe die vorstehende Fußnote.
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
pflichtungen, die sich grundsätzlich getrennt entwickeln. Solchenfalls kann jeder die vom Gläubiger zugesagte Leistung ungekürzt verlangen I3. Anders verhält es sich, wie soeben ausgeführt, bei der gemeinschaftlichen Verpflichtung: Der Gläubiger hat die von ihm geschuldete Leistung insgesamt nur einmal zu erbringen und erhält dafür den nur einmal geschuldeten Gegenwert. Der gemeinschaftliche Vertragsschluß hindert zwar nicht das Entstehen mehrerer Einzelschuldverschuldverhältnisse 14, wohl aber kann der Gläubiger die gemeinschaftlich zugesagte Leistung nicht so viele Male verlangen, wie Einzelschuldverhältnisse vorhanden sind 15. Denn: Was einheitlich, d. h. als zusammengehörend geschuldet ist, darf im Hinblick auf die Gläubigerberechtigung nicht als unverbunden betrachtet werden. Diese Erkenntnis beruht in letzter - rechtsphilosophischer - Konsequenz auf dem Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit l6 , durch das die Verhältnismäßigkeit der Leistung in der Einschätzung der Partner gewahrt bleibt. Jede von ihnen soll sich "im Rahmen" halten; andernfalls würde der Gläubiger ungerechtfertigt bereichert l7 • Mit anderen Worten: Der Gläubiger darf das in einem gemeinsamen Vertrag Versprochene nicht mehrmals verlangen, weil sein auf diese Weise erlangter Vorteil seiner Leistung nicht gleichwertig wäre. I3 Daher zeigt sich andererseits eine Häufung von Ansprüchen, wenn Vor- und Nachmieter einer Wohnung unabhängig voneinander versprechen, Schönheitsreparaturen durchzuführen: Jede Verpflichtung steht dann für sich allein, weil sie ein ÄqUivalent für die Überlassung der Mietsache an den einzelnen Vertragspartner darstellt; die von jedem Mieter übernommene Verbindlichkeit zur Vornahme von Schönheitsreparaturen bildet - mit anderen Worten - rechtlich und wirtschaftlich einen Teil des von ihm für die Gebrauchsüberlassung der Räume zu zahlenden Entgelts (dazu BGH WM 1987, Seite 968). Folglich steht dem Vermieter gegen den Vormieter, der die Schönheitsreparaturen nicht durchführt, ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung einer Hauptpflicht gemäß § 326 oder § 325 unabhängig vom Verhalten des Nachmieters zu: Der Vermieter ist durch das Verhalten des Vormieters geschädigt, weil dieser nicht die der Gebrauchsüberlassung im Werte entsprechende Gegenleistung erbracht hat. Im Ergebnis wie hier: BGH, a.a.O.; BGHZ 49, Seite 56; Gundlach, NJW 1976, Seite 787, 789; Hadding, JuS 1969, Seite 407, 412; Glaser, Das Recht der Schönheitsreparaturen, 3. Auflage, Seite 25 f. m.w.N .. A. A. etwa Schmudlach, NJW 1974, Seite 257, 258 f. und - ohne Begründung - Staudinger / Emmerich, 12. Auflage, §§ 535, 536 Rdnr. 149 a. 14 Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Auseinandersetzung um "Korreal-" und "Solidarobligation", die ich zu Beginn der Arbeit in der Einleitung unter I dargestellt habe. Ein einziges Schuldverhältnis entsteht nur im Rahmen der gemeinschaftlichen Schuld; siehe dazu oben, Einleitung, I Fußnote 7. 15 Eine Ausnahme liegt vor, wenn mehrere gemeinschaftlich versprechen, dieselbe Handlung zu unterlassen; sie schulden die Erfüllung ihrer Pflicht unabhängig voneinander. Siehe dazu in diesem Teil der Arbeit unter III. 16 Siehe zu diesem Begriff die Nachweise oben im l. Teil, VIII Fußnote 68. 17 Zutreffend führt Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Auflage, § 32 VIII, Seite 411 aus: "Die ausgleichende Gerechtigkeit tritt als berichtigende Gerechtigkeit (iustitia correctiva) dort in Erscheinung, wo eine durch Handeln eines Beteiligten verursachte Rechtsverschiebung ohne rechtlichen Grund eingetreten ist." Ähnlich Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 4. Auflage, Seite 216.
I. Die "eine" Leistung als Ausdruck des Äquivalenzprinzips
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Das Prinzip, wonach vertragliche Leistungen einander im Wert zu entsprechen haben 18, gilt dabei nicht nur im Bereich der gegenseitigen, sondern auch für die unvollkommen zweiseitig verpflichtenden Verträge 19: Verpflichtet sich z. B. jemand zur Ausführung eines von mehreren gemeinschaftlich erteilten Auftrags, so braucht der Beauftragte das übernommene Geschäft nur einmal auszuführen; freilich kann er auch nur einmal den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. b) Aber nicht nur durch den gemeinschaftlichen Vertragsschluß wird die Verpflichtung mehrerer zu "einer" Leistung kraft Parteiwillens begründet. Auch dadurch, daß eine Verbindlichkeit inhaltlich auf eine anderweitig individualisierte Leistung Bezug nimmt, wird ein Zusammenhang unter den verschiedenen Obligationen hergestellt: Die auf ein anderes Schuldverhältnis ausgerichtete Zusage bezweckt solchenfalls die Abwicklung 20 oder Umgestaltung 21 eines bereits bestehenden Verhältnisses. Diese Beziehung hieße es mißachten, wenn man dem Gläubiger gestattete, gegenüber dem Urschuldner und dem neuen Schuldner das Verlangen auf die volle Leistung durchzusetzen. Wiederum gilt: Die Obligationen, die willentlich miteinander verknüpft worden sind, dürfen nicht willkürlich auseinandergerissen werden. Das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit in Form des Äquivalenzgebotes erheischt auch in diesen Fällen eine Schuldverbindung.
4. Der Zusammenschluß der Obligationen kraft des das Gesetz durchdringenden Äquivalenzprinzips Unter welchen Voraussetzungen schulden mehrere Personen außerhalb der rechtsgeschäftlichen Abrede, d. h. objektiv, "eine" Leistung? a) Festzustellen ist zunächst, daß auch kraft Gesetzes Ansprüche entstehen können, welche die Abwicklung oder Umgestaltung eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses bezwecken. So haftet etwa der Vermögensübernehmer für die Verbindlichkeiten des Veräußerers, um die Durchsetzbarkeit der Gläubigerrechte zu sichern (§ 419 1)22. Wie bei dem rechtsgeschäftlichen Bezug der einen auf eine andere Obligation ist hier der "eine" - und nur der "eine" - Leistungserfolg herbeizuführen. 18 Sog. ÄqUivalenzprinzip, das Ausdruck des Prinzips der ausgleichenden Gerechtigkeit ist; dazu bereits oben, l. Teil, VIII Fußnote 68. 19 Zu den Begriffen des "gegenseitigen" und des "unvollkommen zweiseitigen" Vertrags siehe Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, Einf. v. § 320 Anm. 1 b, c. 20 Dem Gläubiger wird z. B. eine Bürgschaft oder eine dingliche Sicherheit (etwa eine Grundschuld) gestellt, um seine Rechtsverfolgung zu erleichtern. Im Falle der Bestellung einer dinglichen Sicherheit trifft den Besteller zwar nur die Pflicht zur Duldung der Verwertung; die "Sachhaftung" ändert jedoch nichts daran, daß auch zwischen Eigentümer und Rechtserwerber ein "Schuldverhältnis" entsteht. Siehe dazu noch im vorliegenden Teil der Arbeit unter III, Fußnote 5 sowie im 3. Teil, I 1 c, ce. 21 Der ,,neue" Schuldner vereinbart mit dem Gläubiger nachträglich eine Teilschuldnerschaft, wobei Teilschuldner der "neue" und der "Urschuldner" sein sollen. 22 Nachweise unten, 3. Teil, 11 Fußnote 43.
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2. Teil: Die ..eine" Leistung - Merkmal der Schuldverbindung
b) Darüber hinaus können Ansprüche ohne den dargestellten Zusammenhang zwischen einer bestehenden und einer auf ihre Abwicklung zielenden Verbindlichkeit auf "eine" Leistung gerichtet sein; sie richten sich solchenfalls entweder auf den Ausgleich desselben Nachteils bzw. auf die Abschöpfung 23 oder Verschaffung (objektiv) desselben Vorteils. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn sich mehrere Schuldner unabhängig voneinander zu einer im ganzen unwiederholbaren - einmaligen - Leistung verpflichtet haben, wie etwa zur Übereignung derselben Sache 24 oder wenn mehrere Personen einer anderen den gesetzlich festgelegten Unterhalt schulden (§ 1606 III): Hier ist die Identität des zu verschaffenden Vorteils durch die Einmaligkeit des Leistungsgegenstandes oder die Person des Leistungsempfangers gegeben. Dagegen zielen mehrere Verbindlichkeiten auf den Ausgleich desselben Nachteils, wenn sie an dieselbe Rechtsverletzung anknüpfen, etwa einen Diebstahl 25 • c) Sind mehrere Ansprüche auf den Ausgleich desselben Nachteils oder die Verschaffung desselben Vorteils gerichtet, so ist allein dadurch eine Verbindung unter ihnen hergestellt: Derselbe Vermögensnachteil darf, was wiederum aus dem Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit abzuleiten ist 26 , jedenfalls nicht mehrmals ersetzt werden. Ebenso muß in den Fällen, in denen mehrere Pflichtige zur Verschaffung (objektiv) desselben Vorteils gehalten sind, das Recht des Gläubigers erlöschen, wenn ihm der entsprechende Gegenstand zugewendet worden ist: Er hat dann erhalten, worauf er hoffen und vertrauen durfte.
23 Um die Abschöpfung eines Vorteils geht es etwa im Bereicherungsrecht. Die sog. Nichtleistungskondiktionen sind auf die Abschöpfung desselben Vorteils gerichtet, wenn sie an dieselbe Rechtsbeeinträchtigung geknüpft sind (Eingriffskondiktion) oder ein gemeinschaftlicher Gegenstand der Bereicherungsschuldner, etwa ein gemeinsames Grundstück, eine rechtsgrundlose Wertzuwendung erfahren hat. Dazu und zu den Leistungskondiktionen siehe unten, 3. Teil, III 1. 24 Diese Gestaltung werde ich in diesem Teil der Arbeit unter 11 3 im Detail erörtern. 25 Mehrere schulden den Ausgleich desselben Nachteils, wenn ihnen durch - geplantes oder ungeplantes - Zusammenwirken dieselbe Rechts- oder Rechtsgutsverletzung zur Last fällt (dazu eingehend unten, 3. Teil, 11 1 b, cc und dd) oder Ansprüche durch dieselbe unerlaubte Handlung ausgelöst werden. Ein Beispiel für die zuletzt genannte Spielart sind die Rechte gegen einen Dieb und den Hausratversicherer: Ohne den Diebstahl entfiele der Schaden und damit auch der Anspruch gegen den Versicherer. 26 Dazu Coing, a. a. 0., Seite 217: ..Der andere Aspekt der iustitia commutativa beruht auf dem Gebot des Respektes vor Person und Gut des anderen, dem Satz ,,neminem laedere" ... Wie grundSätzlich bei Vertragsleistungen tritt auch hier der gleiche Leitsatz in der Form des Äquivalenzprinzips auf. Angerichteter Schaden und Wiedergutmachung sollen einander entsprechen. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit."
11. Die rechtstechnische Verwirklichung des Äquivalenzprinzips
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5. Ergebnis Ich halte inne und fasse zusammen: Ist zwischen einzelnen Schuldverhältnissen subjektiv ein Zusammenhang hergestellt, so erheischt das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit, in kürzerer Fassung das Äquivalenzprinzip, diese Verbindlichkeiten auf "eine" Leistung auszurichten. Der Gläubiger darf solchenfalls die Verpflichteten nicht neben- oder nacheinander in vollem Umfang auf die Befriedigung seines vertraglich festgelegten Interesses in Anspruch nehmen.
Objektiv besteht dieser Zusammenhang unter mehreren Ansprüchen, wenn das Gesetz Rechte zur Sicherung einer Gläubigerstellung einräumt und die Verpflichtungen auf diese Weise aufeinander bezieht. Darüber hinaus sind mehrere Obligationen auf "eine" Leistung ausgerichtet, wenn sie auf den Ausgleich desselben Vermögensnachteils oder auf die Verschaffung bzw. Abschöpfung (objektiv) desselben Vorteils zielen; eine mehrfache Befriedigung desselben Interesses hätte auch hier eine vom Rechtsgefühl nicht mehr hingenommene Bereicherung des Gläubigers zur Folge.
11. Das Äquivalenzprinzip in seiner rechtstechnischen Verwirklichung Sind mehrere Schuldner zu einer Leistung verpflichtet, so sind sie entweder Teil-, gemeinschaftliche oder Gesamtschuldner. Für die Frage, welche der drei Schuldverbindungen konkret entsteht, sind folgende Erwägungen maßgebend:
1. Die Teilschuld und die gemeinschaftliche Schuld -
Ausdruck einer Gleichordnung der Verpflichteten a) Die Teilschuld stellt, bildlich ausgedrückt, alle Schuldner auf dieselbe Stufe. Darunter ist zu verstehen: Die Teilschuld zerlegt im Außenverhältnis die "eine" Leistung nach einheitlichen, für alle in wesentlich gleicher Weise zutreffenden Merkmalen, wie der Leistungsfahigkeit der Verpflichteten, ihren Tatbeiträgen an einer unerlaubten Handlung, dem ideellen Bruchteil am gemeinschaftlichen Eigentum oder seinem Erbteil I. Sie ist zu verneinen, wenn es an einem derartigen Verteilungsmaßstab fehlt. Das für den Gläubiger nicht ersichtliche Innenverhältnis ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung 2 • I Die Erben haften für Nachlaßverbindlichkeiten als bloße Teilschuldner unter anderem, wenn sich der Gläubiger verschwiegen hat und der Nachlaß geteilt ist (§§ 2060, 2061). 2 Auch Teilschuldner können untereinander regreßberechtigt sein, was die gesetzliche Regelung nicht erkennen läßt: Zwei Unterhaltsverpflichtete vereinbaren etwa, daß der
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
Die Abwicklung einer Schuldnerrnehrheit im Sinne einer Teilschuld kann mithin nur dort in Betracht kommen, wo die Verpflichtung des Einzelnen nach einem einheitlichen Gesichtspunkt anteilig gewichtet werden kann, etwa nach dem Verantwortungsbeitrag für einen Schaden oder nach der Leistungsfähigkeit der einzelnen Schuldner. Als Beispiel für eine Teilschuld unter den gesetzlichen Verbindlichkeiten nenne ich die Unterhaltsverpflichtung mehrerer, vom Grad her gleich naher Verwandter, § 1606 I1I: Hier muß eine Schuldverbindung entstehen, weil der Berechtigte durch die Gewährung eines "doppelten" oder gar dreifachen Unterhalts unbillig bereichert würde. Die Unterhaltspflichtigen schulden mithin nur "eine" Leistung. Diese läßt sich unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit des einzelnen "aufteilen", und das Gesetz geht sogar ausdrücklich (§ 1606 III 1: " ... anteilig ... ") von einer solchen Aufteilung aus 3• Die einzelnen Leistungen fügen sich dann - als erfüllt gedacht - zu dem durch den juristischen Begriff "Unterhalt" faßbar gemachten Gesamterfolg zusammen. Das Beispiel für einen sich aus einzelnen Teilerfolgen zusammensetzenden Gesamterfolg kraft Parteiwillens stellt der Fall dar, daß Miteigentümer dem Vertragspartner gemeinsam die Übereignung einer Sache versprechen: Der einzelne Eigentümer verpflichtet sich zur Übertragung seines Miteigentumsanteils 4; die zu bewirkende "Gesamtleistung" ist die sich in mehreren Akten vollziehende Verschaffung des Gesamteigentums an der Sache seitens des Gläubigers. Gehört zur Übertragung des Rechts die Besitzverschaffung (§ 929 Satz 1), so kann sich die Einräumung der tatsächlichen Gewalt jeweils nach deren Gestalt - als Teil- oder als gemeinschaftliche Schuld darstellen 5. eine den anderen entlastet, ohne damit dem Unterhaltsberechtigten einen Anspruch einzuräumen (sog. Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329). 3 Fehlte die ausdrückliche Anordnung einer Teilschuldnerschaft, so ergäbe sie sich aus § 420. 4 In diesem Zusammenhang seien zwei Bemerkungen gestattet: Erstens handelt es sich bei der Verschaffung von Alleineigentum durch Miteigentümer um eine teilbare Leistung: Werden einer Person alle Miteigentumsanteile übertragen, so wird sie Alleineigentümerin; die Summe aller Einzelleistungen bildet die "Gesamtleistung". Es ist mithin nicht zutreffend, wenn Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, behauptet: "Miteigentum ist etwas anderes als ein Anteil am Volleigentum" (a. a. 0., § 420 Rdnr. 1). Auch die Formulierung des § 747 Satz 2, wonach die Teilhaber über einen gemeinschaftlichen Gegenstand im ganzen nur gemeinschaftlich verfügen können, steht der Teilbarkeit der Eigentumsübertragung nur vordergründig entgegen: Die Vorschrift hebt lediglich die Selbstverständlichkeit hervor, daß in einer Rechtsgemeinschaft dem einzelnen kein alleiniges Verfügungsrecht über den ganzen Gegenstand zusteht (in diesem Sinne MünchKomm/K. Schmidt, 2. Auflage, § 747 Rdnr. 21 f.; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 183 I1I, Seite 763). Zweitens halte ich im oben angeführten Beispiel die Zweijelsregelung des § 427 für nicht maßgebend: Es ist kaum anzunehmen, daß sich ein Miteigentümer bereit erklärt, nötigenfalls von den übrigen Teilhabern die Übereignung der Sache an sich selbst zu verlangen, um alsdann dem Gläubiger das Gesamteigentum zu verschaffen. Die Verpflichtung aller zur Eigentumsverschaffung liegt mithin im besonderen Interesse der Schuldner. Unabhängig davon ist die Frage einer Garantie (mit rein finanziellen Auswirkungen!) für den Fall des Ausbleibens des "Gesamterfolgs" zu beurteilen (dazu v. Venrooy, JuS 1982, Seite 93, 95 f.). 5 Soweit die Miteigentümer schlichte Mitbesitzer des gemeinschaftlichen Gegenstandes sind, die ihn selbständig nutzen dürfen, können sie die Sachherrschaft in mehreren
11. Die rechtstechnische Verwirklichung des Äquivalenzprinzips
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b) Die gemeinschaftliche Schuld gestattet zwar nicht, daß die Obligation in abgrenzbare Teilschuldverhältnisse zerlegt wird, weil sie sich ohne ein Zusammenwirken im Interesse des Gläubigers nicht denken läßt. Gleichwohl beeinflußt sie die Stellung des Gläubigers in gleicher Weise wie die Teilschuld: Ihm gegenüber stehen alle Schuldner auf der gleichen Stufe; will er seine Rechte geltend machen, muß er sie alle zusammen in Anspruch nehmen und kann sich nicht, wie bei der Gesamtschuld, mit der Inanspruchnahme eines Schuldners begnügen.
2. Der Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld die leitenden Gesichtspunkte a) Die rechtsgeschäftlich oder gesetzlich festgelegte Sicherung des Gläubigers Eine Obligation darf nicht zerlegt werden oder auf ein Zusammenwirken der Schuldner zielen, wenn dem Gläubiger kraft Partei- oder Gesetzeswillen eine möglichst sichere Rechtsstellung eingeräumt werden soll, wenn - mit anderen Worten - dem einen Schuldner im Verhältnis zum anderen oder allen Schuldnern wechselseitig die Pflicht obliegt, für die Leistung des (jeweils) anderen einzustehen 6. aa) Verpflichtet sich jemand, für die Befriedigung eines andenveitig anerkannten Bedürfnisses aufzukommen, etwa die Rückzahlung eines Darlehens durch den Kreditnehmer zu sichern, so soll letztlich nur dem Interesse des Gläubigers an der ursprünglichen - gesicherten - Leistung entsprochen werden. Die Verbindlichkeiten stehen mithin nicht unverbunden nebeneinander; vielmehr richten sich die Schuldner - gegebenenfalls durch Zahlung eines Geldbetrages - genau auf das Interesse aus, das der Gläubiger an der Leistung des "Urschuldners" hat 7. Jeder Pflichtige ist jedoch gehalten, die vertraglich
Schritten, mithin unabhängig voneinander, übertragen: Ihre Pflicht zur Rücksicht auf das Besitzrecht der anderen geht solchenfalls auf den Nachfolger im Besitz, den Erwerber der Sache, über. Die einzelnen Leistungen fügen sich schließlich zur "Gesamtleistung": Verschaffung des Alleinbesitzes, zusammen. Handelt es sich dagegen um sog. "qualifizierten" Mitbesitz, so entsteht eine gemeinschaftliche Verpflichtung, weil nur alle gemeinsam die Sachherrschaft ausüben können (zum Begriff des "qualifizierten" Mitbesitzes siehe Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 7 Dill b. Seite 64). In diesem Falle müssen alle Bruchteilseigentümer gemeinsam auf die Besitzüöertragung in Anspruch genommen bzw. verklagt werden. 6 Zum Entstehen der Gesamtschuld in diesen Fällen ausführlich unten, 3. Teil, I. 7 Wenn Reichel in seinem Werk "Die Schuldmitübernahme" behauptet, der Bürge habe (im Gegensatz zum Schuldmitübernehmer!) ,,nicht die Leistung des Hauptschuldners, vielmehr eine andersartige Leistung, nämlich das Einstehen für die Erfüllung durch den Hauptschuldner", zu bewirken (a. a. 0., Seite 32), so übersieht er, daß der in Anspruch genommene Bürge jedenfalls denselben Effekt im Gläubigervermögen auslöst, der durch die Leistung des Hauptschuldners eingetreten wäre - und auf diese Wirkung stellt Reichel selbst ab, wenn er erörtert, unter welchen Umständen mehrere Schuldner "eine" Leistung zu erbringen haben (a. a. 0., Seite 34). Wie hier Enneccerus / Lehmann, Schuld-
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
vereinbarte Leistung in vollem Umfang zu erbringen, weil nicht der "Urschuldner" entlastet, sondern dem Gläubiger eine möglichst sichere Rechtsstellung eingeräumt werden so1l8. bb) Das Beispiel für eine wechselseitige. rechtsgeschäftlich begründete Einstandspflicht ist in dem von Ehegatten unterschriebenen Darlehensvertrag zu sehen, in dem sich jeder Partner zur Rückzahlung der gesamten Valuta verpflichtet 9 • Genügt einer von ihnen dieser Pflicht, so ist der Gläubiger befriedigt. Diesenfalls ist der Bestand der einzelnen Verpflichtung freilich - anders als bei den typischen Sicherungsverbindlichkeiten der Schuldmitübernahme oder der Bürgschaft - nicht begriffsnotwendig von der wirksamen Entstehung oder dem Fortbestand der "Mitverpflichtung" abhängig. Für eine "Akzessorietät" in der Entstehung spricht lediglich eine ,,natürliche Vermutung" 10, die sich entweder aus der bürgschaftsähnlichen Stellung der Mitverpflichteten 11 oder aus dem gemeinsamen Interesse aller Schuldner an der "Gegenleistung" des Gläubigers 12 erklären läßt 13. Abgesehen von der Abhängigkeit in der Entstehung der mehreren Obligationen gleicht die Stellung des Gläubigers im Falle des wechselseitigen Einstehens derjenigen, die er recht, 15. Bearbeitung, § 191 12 Fußnote 1, Seite 785. Zum Entstehen einer Gesamtschuld siehe im einzelnen unten, 3. Teil, I 1 c, bb. 8 Erhält der Gläubiger die versprochene Leistung vom "Urschuldner", so entfallt der Sicherungszweck. Rechtstechnisch handelt es sich dabei m. E. um den Eintritt einer auflösenden Bedingung. Siehe bereits oben, 1. Teil, VIII Fußnote 61. 9 Eine Sachlage, mit der sich die Gerichte immer wieder zu beschäftigen haben; z. B. OLG Stuttgart WM 1987, Seite 1422; OLG Celle NJW 1986, Seite 1761 oder bereits RG Seuff Arch 77, Nr. 20, Seite 37. 10 So die Formulierung des Reichsgerichts in einem Urteil aus dem Jahre 1921 (Seuff Arch 77, Nr. 20). Das Gericht hatte die Wirksamkeit eines Darlehensgeschäfts zu beurteilen, das ein Kreditgeber mit Verlobten abgeschlossen hatte. Es stellte sich heraus, daß der männliche Partner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geisteskrank war, so daß die Wirksamkeit der Verpflichtung der Frau zweifelhaft wurde. Das Reichsgericht befand: Gehen mehrere Kontrahenten gesamtschuldnerisch eine Verpflichtung ein, spreche die ,,natürliche Vermutung" dafür, daß für jeden von ihnen die Mitverpflichtung des anderen wesentlich sei. Das gelte insbesondere, wenn, wie im konkreten Fall, das Darlehen für den geschäftsfähigen Schuldner "vollständig sinn- und zwecklos" sei (a. a. 0., Seite 38). 11 Siehe das in der vorstehenden Fußnote genannte Beispiel. 12 Mieten z. B. mehrere eine Wohnung und ist die Verpflichtung eines Mieters unwirksam, so werden auch die übrigen Obligationen untergehen, sofern man an der gemeinsamen Nutzung der Wohnung interessiert ist. 13 Die "Akzessorietät" in der Entstehung hat, das sei an dieser Stelle hervorgehoben, nicht notwendig zur Folge, daß der gegenüber dem Hauptschuldner ausgesprochene Erlaß, d. h. der Erfüllungsverzicht, in vollem Umfang gegenüber dem "Hilfsschuldner" wirkt. Dessen Befreiung ist in ihrem Umfang abhängig von seiner Regreßberechtigung gegenüber dem Hauptschuldner. Nur bei vollem Rückgriff befreit der dem Hauptschuldner gewährte Erlaß auch den "Hilfsschuldner", damit nicht der Verzicht des Gläubigers durch den Regreß des "Hilfsschuldners" letztlich wieder ungeschehen gemacht wird (überzeugend Wacke, AcP 170, Seite 42, 47 -49, 67). Vom Erlaß als einem Erfüllungsverzicht zu unterscheiden ist das dem Hauptschuldner persönlich eingeräumte "pactum de non petendo", d. h. die Zusage, nicht ihn, sondern den "Hilfsschuldner" zu belangen. Damit ist kein Erfüllungsverzicht ausgesprochen; Regreßrechte, Einwendungen und Einreden des Hilfsschuldners bleiben unberührt. Der Hauptschuldner darf so1chenfalls nur sicher sein, nicht vom Gläubiger in Anspruch genommen zu werden (zutreffend Wacke, a.a.O., Seite 45-47, 54).
11. Die rechtstechnische Verwirklichung des Äquivalenzprinzips
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gegenüber "Haupt-" und "Hilfsschuldnern" hat: Jeder Pflichtige ist gehalten, die vertraglich vereinbarte Leistung in vollem Umfang zu erbringen, weil dem Gläubiger eine möglichst sichere Rechtsstellung eingeräumt werden soll. cc) Schließlich sei noch ein Beispiel für den gesetzlich sanktionierten Sicherungszweck angeführt 14: Haben mehrere einen Schaden durch ein gemeinsam begangenes Delikt verursacht, haftet jeder von ihnen auf den vollen Ersatz - so bestimmt es sinngemaß die Vorschrift des § 830 I 1 15 • Die Norm enthält streng genommen zwei Aussagen: Erstens soll ein Mittäter nicht mit dem Einwand gehört werden, daß ohne sein Mitwirken entweder der gleiche, möglicherweise ein geringerer, ihm aber nicht zuzurechnender Schaden entstanden wäre 16. Zweitens soll derjenige, der einen Schaden zusammen mit anderen verursacht hat, gegenüber dem Gläubiger zum Ersatz der gesamten Einbuße verpflichtet sein, auch wenn die einzelnen Schädiger eine ähnlich zu gewichtende Verantwortung trifft. Jeder hat mithin im Verhältnis zum Gläubiger für das Verhalten des Mitschuldners einzustehen 17. Das Verhalten des einen Schädiger wird dem anderen zugerechnet, um dem Gläubiger eine sichere und bequeme Rechtsverwirklichung zu ermöglichen: Er muß weder die (naturwissenschaftliche) Verursachung des gesamten Schadens noch einzelne Verantwortungsbeiträge nachweisen 18.
14 Zu weiteren Beispielen, insbesondere auch den Fällen des sog. "gesetzlichen Schuldbeitritts" , unten im 3. Teil unter 11 1. 15 Zur gesamtschuldnerischen Haftung von Deliktstätern siehe ausführlich unten, 3. Teil, I 1 b, cc. 16 Die §§ 830 I 1,11 enthalten, was die Anerkennung der sog. "psychischen Kausalität" betrifft, nur klarstellende Regelungen. Indem sie jedoch den Einwand bloßer Teilschadensverursachung nicht zulassen (RG GruchB 51, Nr. 83, Seite 990, 994 f.: " ... der gemeinschaftliche Wille erzeugt die gemeinschaftliche Verursachung"), bereiten sie die gesamtschuldnerische Haftung vor; siehe dazu ausführlich unten, 3. Teil, I 1 b, cc (3) und (4). 17 §§ 830 I 1,11 haben insofern einen haftungserweiternden Charakter, als sie jedem der mehreren Beteiligten im Verhältnis zum Gläubiger die Tatbeiträge der anderen zurechnen. Siehe dazu Weckerle, Die deliktische Verantwortlichkeit mehrerer, Seite 86ff. 18 Die einzelnen Verantwortungsbeiträge werden erst im Verhältnis der Schuldner untereinander geklärt: § 426 I. Fallen mehreren sog. "Nebentätern " mehrere gleichartige Rechts- oder Rechtsgutsverletzungen in der Weise zur Last, daß jeder einzelne nicht nur bestimmte Teilschäden verursacht hat, (wofür - anders als im Falle der Mittäterschaft - keine unwiderlegbare Vermutung spricht; siehe dazu im einzelnen unten, 3. Teil, I 1 b, cc unter Ziffer 4), verletzen z. B. mehrere PKW-Fahrer unabhängig voneinander einen Kraftradfahrer mit der Folge, daß diesem ein Bein amputiert werden muß (so der Sachverhalt des Urteils BGHZ 30, Seite 203), dann ist der Schaden gleichfalls von jedem Schädiger in vollem Umfang zu ersetzen (statt aller: Palandt/Thomas, 48. Auflage, § 830 Anm. 1, § 840 Anm. 2 a). Freilich wird diese erweiterte Haftung erst durch § 840 begründet (im Ergebnis zutreffend Keuk, AcP 168, Seite 175, 187): Sie ergibt sich nicht schon aus § 823 oder aus einer anderen deliktischen Norm, weil die jeweilige Bestimmung vom Tatbestand und also auch von der Rechtsfolge her nur auf den Einzeltäter zugeschnitten ist. Ausführlich zum Ganzen unten, 3. Teil, I 1 b, cc (4).
8 Wemecke
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
b) Der Ausschluß einer Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld bei Leistungen "in Vorlage" durch einen Schuldner Darüber hinaus scheidet eine Teilschuld von vornherein aus, wenn zwar mehrere Schuldner auf "eine" Leistung verpflichtet sind, jedoch eine Verteilung ihrer Verbindlichkeit nach einem für alle einheitlichen Maßstab nicht möglich ist. Um nicht die Entlastung eines Schuldners hinzunehmen und damit dem Gläubiger einen Verpflichteten entziehen zu müssen, bleibt nur die Lösung, daß jeder auf das Ganze verhaftet ist. Der fehlende Verteilungsmaßstab schlägt sich regelmäßig in der "Vorlage" 19 des einen Schuldners für den oder die (sachnäheren) Mitverpflichteten nieder: Fehlt eine vertragliche Vereinbarung, so läuft sie auf den vollen Regreß hinaus. Aus diesen Erwägungen verbindet die Gesamtschuld beispielsweise den Schadensversicherer und den Schädiger oder den Unterhalts schuldner und den Ersatzpflichtigen: Da der Geschädigte aus dem Schadensereignis keinen Gewinn ziehen darf, schulden, so lautet der Ausgangspunkt, alle Personen, die wirtschaftlich betrachtet die Verpflichtung zur Behebung desselben Schadens trifft, "eine" Leistung. Letztlich, d. h. im Verhältnis der Schuldner untereinander, muß der Schädiger jedoch allein verpflichtet sein. Eine Teilschuld würde dieser Wertung nicht gerecht; sie liefe auf eine unbillige Entlastung des "sachnäheren" Schuldners hinaus 2o. Während die Teilschuld noch zwischen "Sachferne" und "Sachnähe" unterscheiden kann, solange der Verteilungsmaßstab nicht zur völligen Enthaftung eines Schuldners führt, stellt die gemeinschaftliche Schuld alle Verpflichteten immer auf eine einheitliche Stufe, weil sie zur Befriedigung des Gläubigers zusammenwirken müssen. Gemeinschaftliche Schuldner erscheinen mithin stets als gleich "sachnah"; ist ihre Nähe zum Gläubiger aber tatsächlich verschieden, kann die gemeinschaftliche Verpflichtung nicht die sachgerechte Schuldverbindung darstellen: Sollte sich etwa der gutgläubige Abnehmer einer Sache mit dem Dieb dahin verbinden müssen, daß sie den Gegenstand gemeinsam dem Eigentümer zurückgeben? 21 Es bleibt auch hier nur die Gesamtschuld als passende Verknüpfung der Obligationen. 19 Mit dem Ausdruck der "Vorlage" ist im Gegensatz zur gängigen schuldrechtlichen Literatur (Selb, Mehrheiten, § 8 I, Seite 137; ders. im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.28; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 634) das Fehlen eines Verteilungsmaßstabs gemeint, der die Haftung im Verhältnis zum Gläubiger nach Anteilen bestimmt. Der Regreß im Innenverhältnis ist zwar die regelmäßige Folge, aber nicht das entscheidende Merkmal der "Vorlage". Sie hat, was unstreitig ist, nichts mit der Leistung für einen Schuldner zu tun, den man als "Dritter" im Sinne des § 267 von seiner Verbindlichkeit befreit. 20 An dieser Stelle sei hervorgehoben: Die Tatsache, daß neben einem Schädiger noch ein Dritter dem Gläubiger zum Ausgleich des erlittenen Nachteils verpflichtet ist, kann im Wege der sog. "Vorteilsausgleichung" nur dann zu einer Beschränkung oder gar zu einem Wegfall der erstgenannten Verbindlichkeit führen, wenn die Obligation des Dritten zu diesem Zweck begründet wurde. Siehe zum Begriff der "Vorteilsausgleichung" oben, I. Teil, VI Fußnote 25.
11. Die rechtstechnische Verwirklichung des Äquivalenzprinzips
115
c) Das Verbot nachträglicher Schmälerung einer Leistungszusage
Zur KlarsteIlung sei hervorgehoben, daß rechtsgeschäftlich versprochene Leistungen nicht nachträglich durch die Annahme einer Teilschuldnerschaft oder gemeinschaftlichen Schuld geschmälert werden können, zu der der Gläubiger nicht sein Einverständnis erklärt hat. Ein praktischer Anwendungsfall dieser an sich selbstverständlichen Einsicht zeigt sich bei der sog. "Doppelversicherung" nach § 59 VVG. Das Gesetz billigt zwar die um die Jahrhundertwende zum Teil noch für unzulässig erklärte mehrfache Versicherung desselben Risikos 22; der Versicherte soll jedoch keinesfalls einen Anspruch auf doppelte Entschädigung erhalten 23. Vielmehr dürfen die Leistungen der Versicherer in ihrer Summe lediglich das versicherte Interesse erreichen. Eine Verbindung der Obligationen ist mithin insoweit unumgänglich, als die zusammengerechneten Haftungssummen den wirklichen Schaden des Versicherungsnehmers überschreiten; nur so kann der Doppelversicherung die "absolut unstatthafte Tendenz auf Gewinn"24 genommen werden. Freilich scheidet eine Teilschuld bezüglich des "überschießenden" Betrages aus, weil die einmal abgegebene und mit der Prämienhöhe abgestimmte Deckungszusage nicht nachträglich wieder in Frage gestellt werden darf 25 . Keiner der Versicherer hat das Recht, die eigene Leistung mit Berufung auf die Verpflichtung eines anderen in der Weise zu verweigern, daß er sich in Höhe eines bestimmten Betrages zum Teilschuldner erklärt. Auch ohne die ausdrückliche Anordnung des Gesetzes müßte folglich eine Gesamtschuld angenommen werden 26.
d) Zusammenfassung: Die wesentlichen Gesichtspunkte für den Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld Damit sind die wesentlichen Gesichtspunkte genannt, die für das Entstehen der einen oder anderen Schuldverbindung anzuführen sind. Auf sie wird noch 21 Die Herausgabe der Sache ist eine unteilbare Leistung, weil keiner der beiden Schuldner die Sache zum Zweck der Rückgabe dem anderen entreißen darf. 22 Binder, Korrealobligationen, Seite 567. 23 Die Tatsache, daß eine Schadensversicherung nicht zu Gewinnen des Geschädigten führen darf, bezeichnet man als "versicherungsrechtliches Bereicherungsverbot"; dazu Bruck / Möller / Sieg, VVG, 8. Auflage, § 55 Anm. 6 - 8. Es soll die "Spekulation" auf einen Schaden ausschließen. 24 Wörtlich RGZ 6, Seite 177, 178. Die Entscheidung stammt aus dem Jahre 1881; in diesem Sinne auch RGZ 35, Seite 48, 61 f. 25 Der "überschießende" Betrag müßte von jeder Einzelleistung abgezogen und sodann aufgeteilt werden, um eine Teilschuld entstehen zu lassen. Daß sich diese Konstruktion nicht mit der Bindung des einzelnen Versicherers an seine Deckungszusage vereinbaren ließe, deuten Prölss / Martin, VVG, 24. Auflage, § 39 Anm. 1 an: ,,§ 59 VV regelt das Außenverhältnis der Versicherer zum Versicherungsnehmer, und zwar zwingend dahin, daß Versicherungsnehmer oder Versicherter von mehreren Versicherern nicht mehr als den versicherten Schaden erhalten darf, ferner dahin, daß jeder Versicherer auf volle vertragsmäßige Entschädigung . .. haftet." (Hervorhebungen zum Teil durch Verfasserin). 26 Den nötigen Ausgleich haben die Versicherer nach dem Maßstab der geschuldeten Deckungssumme, also anteilsmäßig, herbeizuführen, § 5911 VVG. S*
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
im einzelnen einzugehen sein: Die Probe aufs Exempel muß erweisen, daß der Annahme einer Gesamtschuld nichts im Wege steht, wenn nur eine andere Schuldverbindung auszuschließen ist 27 . Unabhängig davon kann an dieser Stelle festgehalten werden, daß alle Schuldverbindungen der durch das Äquivalenzprinzip 28 festgelegten Beschränkung des Gläubigerinteresses Rechnung tragen. Ob im Einzelfall die Teil-, die gemeinschaftliche oder die Gesamtschuld erwächst, bestimmt, abgesehen von der Teibarkeit der Leistung, das Gewicht des Gläubigerinteresses. Auch darf eine vertragliche Zusage nicht durch die Anerkennung einer Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld geschmälert werden 29.
3. Exkurs: Die Gesamtschuld bei unabhängiger Verpflichtung mehrerer Personen auf eine einmalige Leistung Abschließend greife ich die Rechtsgeschäfte auf, kraft deren verschiedene Personen unabhängig voneinander zu einer im ganzen unwiederholbaren, das heißt einmaligen Leistung, z. B. zur Übereignung derselben Sache 30, verpflichtet sind. Auf eine derartige Gestaltung geht bereits v. Savigny in der Behandlung der Klagenkonkurrenz ein, indem er das Beispiel bildet: "Auf dasselbe Haus oder Pferd können Ansprüche und Klagen so verschiedener Art vorhanden sein, daß diese Klagen gar keine Berührung miteinander haben"3!. Ich möchte dieser Behauptung in einem Punkte: dem der mangelnden "Berührung", widersprechen. Schulden mehrere Personen einem Gläubiger z. B. die Übereignung einer Sache, so ist dessen Interesse befriedigt, wenn er das Eigentum durch Vomahme einer entsprechenden Leistungshandlung erwirbt 32. Dabei ist unerheblich, ob Miteigentümer das Alleineigentum als "Gesamterfolg" zu verschaffen haben, mithin Teilschuldner sind, oder ob diese Pflicht kraft einer Gesamtschuld jedem einzelnen allein obliegt; auf welchem Wege der Gläubiger auch Rechtsinhaber wird, er erfährt mit dem Eigentumserwerb den Wertzuwachs, mit dem er einmal rechnen 27 Die Analyse der Einzelfälle findet sich im dritten Teil dieser Arbeit, betitelt: "Die Entscheidung gegen eine Teil- und eine gemeinschaftliche Schuld als zweite Voraussetzung der Gesamtschuld". 28 Siehe dazu oben, 2. Teil, I, insbesondere unter den Ziffern 3 und 4. 29 Siehe oben, 2. Teil, II 2 c. 30 Rappaport, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 18, NT. 1, nennt als Beispiele für unwiederholbare Leistungen noch die "Beseitigung eines Erdwalles", das "Einrenken eines verstauchten Fußes" und das "Rasieren eines Bartes" (a. a. 0., Seite 182).
3! v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 5, § 231, Seite 208 Anm. f. 32 Daß von der Befriedigung eines Gläubigers im Sinne der Erfüllung nur auszugehen ist, wenn der Leistungserfolg aufgrund einer entsprechenden Leistungshandlung eintritt, ist heute unumstritten. Dazu Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, Seite 16 f. und bereits Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 226 f.
11. Die rechtstechnische Verwirklichung des Äquivalenzprinzips
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durfte. Ihm fehlt mithin, um eine Formulierung von Beuthien wörtlich wiederzugeben, "gemessen an der Leistungszusage nichts"33. Bei einmaliger, im ganzen unwiederholbarer Leistung richten sich mithin ebenfalls mehrere Verbindlichkeiten objektiv auf das "eine" Gläubigerinteresse. Eine Gesamtschuld entsteht deshalb in dem praktisch so gut wie ausgeschlossenen, gedanklich jedoch reizvollen Sachverhalt, daß sich ein Interessent die Leistung derselben Sache von mehreren unabhängigen Verkäufern versprechen läßt 34: Der Käufer weiß, daß er den Gegenstand nur einmal erhalten kann; seine Erwartungen sind befriedigt, sobald ihm die Sache von einem der Schuldner übereignet und übergeben worden ist. Die Tatsache verbietet es m.E., den Sachverhalt den Regeln über die Unmöglichkeit zu unterstellen: Das Unmöglichkeitsrecht (§§ 275, 280, 323 ff.) geht davon aus, daß der Gläubiger die zugesagte Leistung nicht erhält, obwohl er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses darauf vertrauen durfte 35 oder daß der versprochene Wertzuwachs ohne eine Leistungshandlung eintritt 36. Es gilt also die schlichte Regelung des § 422 I, nach der die Erfüllung durch einen Schuldner die anderen Verpflichteten kraft Gesetzes befreit 37. Gegen die hier vertretene Auffassung, wonach zwei unabhängig voneinander mit demselben Käufer über den identischen Gegenstand kontrahierende Verkäufer Gesamtschuldner sind, könnte folgender Einwand erhoben werden: Eine Gesamtschuld liege in dem geschilderten Sachverhalt nicht vor, weil - abgesehen von der Befriedigungswirkung des § 422 - die Regeln der §§ 421 ff. nicht paßten; insbesondere müsse die Schuldverbindung am fehlenden Rückgriffsverhältnis zwischen den Verkäufern scheitern. Der Fall sei deshalb, wenn nicht über das UnmöglichkeitsrechtJ8, so doch über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu lösen. Dieser Einwand würde jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht überzeugen: 33 A. a. 0., Seite 35: "Das vom Schuldner zu befriedigende Gläubigerinteresse besteht allein darin, daß der Gläubiger die versprochene Leistung noch nicht erhalten hat, ihm also, gemessen an der Leistungszusage, etwas fehlt (interest)". 34 Diesen Schulfall erörtern z. B. Last, Studien zur Erläuterung des bürgerlichen Rechts, Heft 26, Seite 99; Klingmüller JhJb 64, Seite 31, 57; Binder, Korrealobligationen, Seite 5; Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 225 - 227; ders., Festgabe für Dernburg, Seite 91, 146. 35 Die Autoren, die den geschilderten Beispielsfall dem Unmöglichkeitsrecht unterstellen (z. B. Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 227; R. Schmidt, JhJb 72, Seite 1,45, Fußnote I a.E.) übersehen m. E. die Befriedigungswirkung. Sie müßten im übrigen die Anwendung des § 324 zu Lasten des Käufers erwägen: Hätte dieser nicht die Unmöglichkeit der Leistung zu "vertreten", weil er sich dieselbe Sache mehrmals versprechen ließ, müßte er also den Preis nicht doppelt entrichten? 36 Zu den Fällen der Zweckerreichung ohne Leistung vor allem Beuthien, a.a.O., Seite 44. 37 Der Mitverpflichtete wird hier nicht durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung i. S. des § 15811 aus seiner Bindung entlassen, fehlt es doch an einer rechtsgeschäftlieh begründeten Gesamtschuld. 38 Daß das Beispiel über das Recht der Unmöglichkeit nicht angemessen zu lösen ist, habe ich soeben in Fußnote 35 dargelegt.
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
Erstens ist die Gesamtschuld nicht in den Vorschriften der §§ 423 ff., sondern allein in der Bestimmung des § 421 definiert. Sie ist mithin immer dann zu bejahen, wenn eine Häufung von Rechten einerseits und eine Teil- sowie eine gemeinschaftliche Schuld andererseits ausgeschlossen sind. Des weiteren ist im angeführten Beispiel neben den Bestimmungen der §§ 421, 422 auch die Norm des § 424 für den Fall anwendbar, daß einer der Verpflichteten den Gläubiger in Annahmeverzug setzt und der Leistungsgegenstand nunmehr infolge Zufalls oder leichter Fahrlässigkeit des betreffenden Schuldners untergeht. Die Befreiung des Mitschuldners kann hier durchaus auf § 424 gestützt werden. Wollte man sie allein auf die Bestimmungen des § 275 gründen, würde der Besonderheit, daß dem Untergang des Leistungsgegenstandes eine Obliegenheitsverletzung des Gläubigers vorausgegangen ist, keine Rechnung getragen 39 • Schließlich ist es zwar zutreffend, daß die Bestimmungen der §§ 423 und 426 keine Anwendung finden, weil sich die einzelnen Schuldverhältnisse außerhalb der §§ 421, 422, 424 nicht berühren 4O • Die Möglichkeit, daß jedes Einzelschuldverhältnis seinen eigenen Weg geht, wird im Gesamtschuldrecht jedoch nicht nur in§ 425, sondern auch im Hinblick auf einen Erlaß (§ 423) und das Ausgleichsverhältnis (§ 426) anerkannt. Über die Frage der Gesamt- oder Einzelwirkung eines Erlasses entscheidet der Parteiwille. Nach § 426 I entsteht zwischen den Gesamtschuldnern ein Ausgleichsverhältnis, "soweit nicht ein anderes bestimmt ist". Gerade im Hinblick auf diese Formulierung ist hervorzuheben, daß es Gesamtschulden ohne Regreß gibt 41 • Ein schlagendes Beispiel dafür ist die Erfüllung von Rückgabeverbindlichkeiten durch einen von mehreren Mietern oder Entleihern. 39 Daß nur der Verpflichtete, der den Gläubigerverzug bewirkt hat, nach § 324 11 die Gegenleistung, d. h. den Kaufpreis, verlangen kann, bedarf keiner Erörterung: Die Gesamtwirkung des Annahmeverzugs bezieht sich nur auf Haftungserleichterungen, besagt dagegen nichts über das Schicksal von Gegenleistungspflichten. 40 Die Bestimmung des § 425, wonach andere Tatsachen als die Erfüllung, die Erfüllungssurrogate und der Annahmeverzug nur für den Schuldner wirken, in dessen Person sie eintreten, stellt im angeführten Beispiel des "Doppelkaufs" nur Selbstverständliches klar. 41 Unzutreffend daher Ehmann, der apodiktisch formuliert: " ... der Gesamtschuldnerregreß (muß) als notwendiges Korrelat der gesamtschuldnerischen Verpflichtung mehrerer Schuldner und daher als wesentlicher Bestandteil des Instituts der Gesamtschuld verstanden werden. Als essentiale des Rechtsinstituts der Gesamtschuld ist der Gesamtschuldnerregreß daher nicht abdingbar, ohne daß die entstehende Rechtsfigur den Charakter einer Gesamtschuld verliert. Das will ... wiederum nicht heißen, daß mehr als zwei Personen nicht Rechtsbeziehungen vereinbaren könnten, die sich kurz als Gesamtschuld ohne Regreßanspruch beschreiben ließen, aber diese Rechtsbeziehungen wären dann keine Gesamtschulden mehr" (Gesamtschuld, Seite 109). Sollte Ehmann etwa behaupten wollen, daß zwei Entleiher, welche die Rückgabe des entliehenen Gegenstandes als Gesamtschuldner ohne Regreß versprochen haben, hinsichtlich dieser Verbindlichkeit keine Gesamtschuldner seien? In welcher Schuldverbindung sollten sie denn sonst stehen?
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten
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Mithin ist die Zuordnung des "Doppelkaufs" zum Gesamtschuldrecht zwar gewiß ungewöhnlich, aber keinen sachlichen Bedenken ausgesetzt - im Gegenteil zur Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage: Hierbei handelt es sich um ein Institut, das wegen seiner begrifflichen Unbestimmtheit eine Figur mit Ausnahmecharakter bleiben sollte und stets dort zurücktreten muß, wo sich klarere Lösungen anbieten 42. Im Falle des "Doppelkaufs" verdient das Gesamtschuldrecht den Vorzug, zumal es verdeutlicht, daß der hier beschriebene Verkauf einer und derselben Sache eine Erscheinung zwischen den Instituten der Erfüllung und der Unmöglichkeit darstellt.
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten in der Schuldverbindung 1. Die beschränkte Verknüptbarkeit persönlicher Leistungen Die Auseinandersetzung mit dem Begriff und den Anwendungsfällen der "einen" Leistung führt auf die Frage, ob sich auch das höchstpersönliche Handeln mehrerer Verpflichteter zu "einer" Leistung zusammenfügen läßt, die jeder von ihnen - im Rahmen einer Gesamtschuld - für sich allein zu erbringen und dadurch die anderen zu befreien vermag. Sie ist dahingehend zu beantworten, daß in diesem Rahmen die Gesamtschuld außer Betracht bleiben muß: Dem Gläubiger ist hier an dem persönlichen Handeln jedes Schuldners gelegen, so daß er erst befriedigt ist, wenn alle Verpflichteten ihrer Verbindlichkeit nachgekommen sind (kumulierte Verbindlichkeiten). Freilich schließt dieses Interesse an dem persönlichen Handeln eine andere Schuldverbindung, gerichtet auf "eine" Leistung, grundsätzlich nicht aus: Denkbar sind - wie bereits erwähnt I - die Teilschuldnerschaft 2 oder die gemeinschaftliche Schuld 3.
2. Die ausgeschlossene Verknüptbarkeit von streng persönlich gefärbten Unterlassungspflichten Kann sich das höchstpersönliche Handeln mehrerer Verpflichteter zu "einer" Leistung zusammenfügen, wenn es in der Gestalt einer Teil- oder einer gemeinschaftlichen Schuld verbunden ist, so gilt dies nicht für die im folgenden zu 42
In diesem Sinne auch Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, Seite
147 -148.
Siehe oben in diesem Teil der Arbeit unter I 2. Mehrere Unternehmer verpflichten sich in der Weise zur Herstellung einer Anlage, daß jeder nur einen abgrenzbaren Teil der Arbeit übernimmt und nicht für die Bemühung der anderen einsteht. 3 Die Mitglieder einer Artistengruppe gestalten ihren Auftritt als "eine" persönlich geschuldete Leistung. I
2
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
behandelnde - an die Person geknüpfte - Unterlassungsverbindlichkeit: Genügen mehrere Unterlassungsschuldner ihrer Pflicht, untätig zu bleiben, erbringen sie mehrere und nicht nur "eine" Leistung. Das ist der Grund, warum hier eine Schuldverbindung mit Entschiedenheit zu verneinen ist: Die rechtsgeschäftlich oder gesetzlich begründete, an die Person gebundene Unterlassungspflicht läßt mehrere gehäufte Verbindlichkeiten entstehen. Die Verbindung der Unterlassungspflicht mit der Person des Schuldners tritt bei dinglichen Rechten zurück, die den Eigentümer eines belasteten Grundstücks oder einer beweglichen Sache dazu anhalten, die Verwertung seines Gegenstands geschehen zu lassen (Hypothek, Grundschuld, Pfandrecht): Bei solchen Zugriffsrechten steht auf Seiten des Gläubigers weniger das Interesse an der Untätigkeit des "Schuldners" als vielmehr das am Erhalt einer bestimmten Geldsumme im Vordergrund. Da die Sachhaftung hier einen geldlich-neutralen Charakter hat, wird etwa eine Gesamthypothek (§ 1132)4 zum Erlöschen gebracht, wenn von den Eigentümern zweier belasteter Grundstücke der eine die Zwangsversteigerung duldet oder das Verwertungsrecht ablöst (§ 1142): Der Gläubiger hat mit der Auszahlung der entsprechenden Geldsumme - unterstellt, sie deckt sich mit seiner persönlichen Forderung - alles erhalten, woran ihm gelegen war 5 • Die Duldungspflicht trifft folglich jeden Schuldner persönlich, wenn sich der Gläubiger den Geldbetrag, der ihm zusteht, nur durch ein zwangsweises Vorgehen gegen alle Eigentümer verschaffen kann 6. Die persönliche Prägung VOn Unterlassungspflichten betont zu Recht das Oberlandesgericht Koblenz in einer Entscheidung aus dem Jahre 1984, der folgender Sachverhalt zugrunde lag?: Die Antragstellerin, die einen Weinhandel betreibt und Weingüter besitzt, hatte mit einer einstweiligen Verfügung gegen eine konkurrierende Händlerin (Antragsgegnerin zu!.) und deren Verkaufsleiter (Antragsgegner zu 2.) Unterlassungsansprüche mit der Begründung geltend gemacht, der Verkaufsleiter habe sie anläßlich einer Messe geschäftlich verleumdet 8 • 4
Entsprechendes gilt für eine Gesamtgrundschuld (§ 1192) und ein Gesamtpfandrecht
(§ 1222).
5 Unter den Eigentümern entsteht mithin eine Verbindung, wie sie § 422 umschreibt; es kommt zu einer Gesamtschuld. Man wende nicht ein, der sachenrechtliche Ursprung des Verwertungsrechts hindere die Einbindung der Pflicht aus § 1147 (§ 1228) in eine Gesamtschuld: Bei dieser Schuldverbindung handelt es sich zwar um ein Gebilde des Allgemeinen Schuldrechts, und der Begriff umschreibt eine bestimmte Verbindung von Einzelschuldverhältnissen. Da jedoch alle Rechtsverhältnisse ihrem Inhalt nach Schuldverhältnisse sind, wenn sie sich auf der Aktivseite als das Recht des Gläubigers darstellen, eine Leistung zu beanspruchen, und auf der Passivseite eine Pflicht des Schuldners, diesem Anspruch zu genügen, wäre es formalistisch, eine Gesamtschuld nur unter Ansprüchen aus dem zweiten Buch des BGB für möglich zu halten. Zur Gesamtschuld unter mehreren Eigentümern, deren Grundstücke mit einer Gesamthypothek belastet sind, siehe unten, 3. Teil, I 1 b, cc; dort unter Ziffer 4 c. 6 Dazu im einzelnen sogleich unter Ziffer 3. ? Die Entscheidung ist veröffentlicht in "Wettbewerb in Recht und Praxis" (WRP) 1985, Seite 45. Sie betrifft die Streitwertfestsetzung. 8 Offensichtlich waren weitere Beeinträchtigungen des geschäftlichen Rufs der Verfügungsklägerin zu befürchten. Als Anspruchsgrundlage gegen den Verkaufsleiter kam
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten
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Nachdem die Parteien in der Berufungsinstanz die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und sich verglichen hatten, war die Streitwertfestsetzung zu ändern. Das Oberlandesgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob sich der Streitwert der Anträge nach § 5 ZPO vervielfältigte oder wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der Verpflichteten nur einmal anzusetzen war. Es führt in diesem Zusammenhang aus: "Eine gesamtschuldnerische Haftung von Unterlassungsschuldnern kommt nicht in Betracht; denn sie wäre mit dem Wesen der Gesamtschuld im Sinne der §§ 421,422 BGB unvereinbar: Der Unterlassungsschuldner, der sich an ein Verbot hält und damit seine Pflicht erfüllt, befreit nicht andere Unterlassungsschuldner von ihrer eigenen Verpflichtung, sich an ein entsprechendes Verbot zu halten. Der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann daher von jedem der Schuldner, unabhängig von dem Verhalten jedes anderen, Unterlassung verlangen 9." Die Entscheidung hebt treffend hervor: SChulden mehrere das Unterlassen derselben Tätigkeit, so SCheidet eine Gesamtschuld aus, weil keiner der Verpflichteten seiner Verbindlichkeit mit Wirkung für den anderen genügen kann 10. b) Die gewonnene Erkenntnis bezieht sich nicht nur auf ein kraft Gesetzes, sondern auch auf ein von mehreren Personen vertraglich geschuldetes Unterlassen. Beispiele für vertragliche Unterlassungspflichten bietet vor allem das Mietrecht. So darf z. B. die Mietsache vom Mieter nicht vertragswidrig gebraucht werden (§ 550). Das Muster des Schleswig-Holsteinischen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins für Mietverträge über Wohnraum aus dem Jahre 1985 enthält darüber hinaus z. B. folgende Unterlassungsgebote: ,,§ 13
Der Mieter verpflichtet sich, das Füttern von Möwen, Tauben usw. vom Grundstück aus wegen Verschrnutzung des Hauses und Belästigung der Einwohner zu unterlassen." "Hausordnung Nr. 7
§ 1 UWG in Betracht, der Anspruch gegen die Weinhändlerin war aus § 13 III UWG begründet, der lautet: "Werden in einem geschäftlichen Betriebe Handlungen, die nach §§ 1,3,6,6 a, 6 b, 8,10,11,12 unzulässig sind, von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet." Konkret oblag der Weinhändlerin vor allem die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß sich ihr Verkaufsleiter an das Unterlassungsgebot hielt. Zum Ganzen Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 13. Auflage, § 13 UWG Rdnr. 42. 9 A. a. 0., Seite 45. 10 In diesem Sinne bereits Wendt, AcP 92, Seite 1,72; Lehmann, Unterlassungspflicht, § 29 a I, Seite 314. Ebenso Soergel / M. Wolf, 11. Auflage, § 420 Rdnr. 7 (anders dagegen Rdnr. 44). Strikt davon zu trennen ist die Frage, ob eine Gesamtschuld unter mehreren Unterlassungsschuldnern vorliegt, wenn von ihnen einer, einzelne oder gar alle ihre Pflicht verletzen und damit Sekundäransprüche auf Zahlung einer Schadensersatzsumme auslösen: Diese Ansprüche weisen die streng persönliche Färbung des Unterlassungsanspruchs nicht auf!
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
Alle Tätigkeiten, welche die Ruhe stören, dürfen nicht in der Zeit von 13 bis 15 Uhr ausgeführt werden. Wannenbaden ist mit Rücksicht auf die Hausbewohner nach 22 Uhr nicht gestattet." Sind von diesen Unterlassungsgeboten mehrere Mitmieter betroffen, so verbietet sich auch hier die Gesamtschuld: Jeder einzelne Mieter muß die ihm untersagten Störungen persönlich unterlassen. Aber nicht nur die Gesamtschuld scheidet als Verbindung unter überwiegend persönlich getönten Unterlassungspflichten aus; auch eine Teil- oder eine gemeinschaftliche Schuld kommt nicht in Betracht: Der einzelne Verpflichtete hat einerseits keine von einem Gesamterfolg zu trennende Teilleistung zu erbringen 11, und andererseits vermag er der ihm obliegenden Verbindlichkeit selbständig in vollem Umfang zu genügen. Zum Teil wird unter mehreren Unterlassungsschuldnern eine gemeinschaftliche Verbindlichkeit angenommen, sofern sich der einzelne nicht nur selbst passiv verhalten, sondern auch um die Herbeiführung des Unterlassungserfolges, z. B. eine gemietete Sache nicht vertragswidrig zu gebrauchen oder sich einem übernommenen Wettbewerbsverbot zu beugen, durch seine Mitschuldner bemühen muß. Diese Auffassung verkennt jedoch, daß eine ,,Einwirkungspflicht" die Unterlassungspjlicht unberührt läßt: Diese kann und muß von jedem einzelnen Schuldner selbständig erfüllt werden 12. Die Beeinflussung des anderen Schuldners ist mithin eine mit der Verpflichtung zur Untätigkeit verbundene persönliche und damit gehäufte Nebenleistung 13. d) Ich lenke den Blick auf das im letzten Abschnitt Ausgeführte: Haben mehrere Personen dieselbe Tätigkeit zu unterlassen, so verbietet sich eine Gesamtschuld in dem Umfang, in dem jeder einzelne Schuldner persönlich untätig bleiben muß. Eine gemeinschaftliche Schuld liegt nicht vor, weil der Unterlassungserfolg kein Zusammenwirken der Schuldner voraussetzt, und eine Teil-
11 Ein "teilweises" Unterlassen ist nicht möglich. Treffend formuliert bereits Lehmann, Unterlassungspflicht, Seite 198: "Da halbes Nichtstun begriffsnotwendig halbes Tun bedeutet, also teilweise Vereitelung des Erfolges in sich schließt, ist eine wirkliche Teilung des Nichtstuns undenkbar." 12 In diesem Punkte formuliert Lehrmann mißverständlich, wenn er von "solidarischer Haftung für die Unterlassung" spricht (a. a. 0., Seite 316). Ähnlich wie Lehmann: Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, Überb!. v. § 420 Anm. 3; Soergel / M. Wolf, 11. Auflage, § 421 Rdnr. 44. 13 Freilich kann die ,,Einwirkungspflicht" im rechtsgeschäftlichen Bereich zur Annahme einer Garantie in dem Sinne führen, daß jeder Unterlassungsschuldner die Gewähr für den Ersatz eines Schadens übernimmt, der durch das Zuwiderhandeln eines anderen Verpflichteten gegen das auferlegte Gebot entsteht. Im Rahmen des finanziellen Ausgleichs kommt eine Gesamtschuld in Frage. Dazu Lehmann, a. a. 0., Seite 317; Oertmann, Festschrift für Zitelmann, Zweite Abteilung, Nr. 10, Seite 10 f. Nach dem Ersten Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs vom Jahre 1887 war von einer solchen Einstandspflicht "im Zweifel" auszugehen. Die Vorschrift des § 348 11 des Entwurfs lautete nämlich: "Ein Vertrag über die Handlung eines Dritten verpflichtet im Zweifel den Versprechenden, für den Erfolg seines Versprechens einzustehen" (zit. nach der Amt!. Ausgabe aus dem Jahre 1888).
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten
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schuld scheitert schließlich daran, daß nicht unabhängig voneinander "Teilleistungen" erbracht werden, die sich zu einer (von der Einzelleistung unterscheidbaren!) "Gesamtleistung" zusammenfügen 14. Sollte mit der Unterlassungsverbindlichkeit eine "Einwirkungspflicht" auf den "Mitschuldner" verbunden sein, so gilt für die Unterlassung das gleiche: Auch dann hat jeder Schuldner unabhängig von dem anderen passiv zu bleiben 15. Die ,,Einwirkungspflicht" selbst ist eine persönlich geschuldete Nebenleistung, die eine wechselseitige Garantie begründen kann 16. Beinhaltet sie die Verpflichtung, für den Schaden aufzukommen, den der Gläubiger durch die nicht eingehaltene Unterlassung erleidet, so bietet sich die Gesamtschuld als die geeignete Lösung an; richtet sie sich solchenfalls doch nur auf eine Geld-, mithin nicht auf eine persönliche Leistung.
3. Exkurs: Die Duldungspflicht als Spielart der Unterlassungspflicht a) Wie dargestellt, kennt die Unterlassung keine Gesamtschuld. Nichts anderes gilt für den Fall, daß mehrere Personen die Vornahme einer Handlung "dulden" müssen. Unter dem "Dulden" ist die vertragliche Gestattung oder die gesetzlich angeordnete Hinnahme eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis zu verstehen. Das Dulden ist eine Sonderform des Unterlassens, weil derjenige, der einen Eingriff in seine Rechtssphäre duldet, die naheliegende Abwehr unterläßt l7 • Lastet das "Unterlassen der Abwehr" auf jedem Schuldner als persönliche Pflicht, so ist damit die Entscheidung gegen die Gesamtschuld gefallen. Stellt man sich mehrere Mieter einer Wohnung vor, die Arbeiten zu deren Erhaltung und Verbesserung zu dulden haben (§§ 541 a, 541 b)18, trifft die Verpflichtung jeden einzelnen von ihnen; die Ausführung eines solchen Auftrags gerät in Verzug, wenn auch nur ein Mieter den Zutritt zur Wohnung verweigert. b) Was für die schuldrechtlichen Duldungspflichten gilt, kann nur eingeschränkt auf deren dingliche Entsprechung, die sog. Verwertungsrechte 19, übertragen werden, weil hier das Interesse des Gläubigers arn Erhalt einer Geldsumme im Vordergrund steht. Geht der Gläubiger allerdings gegen alle "Schuldner" 14 Zum Begriff der Teilbarkeit siehe oben, Einleitung, 11 3. 15 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a. 16 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 c. I7 Treffend Fuchs, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 125, Nr. I, Seite 11. 18 Das Gesetz nennt in diesen Bestimmungen die einzelnen Voraussetzungen der Duldungspflicht. 19 Zum Wesen des Grundpfandrechts: Westermann, Sachenrecht, 5. Auflage, § 94 11, S. 467 ff. Der Eigentümer schuldet als solcher nicht die Grundpfandsumme, sondern ist lediglich zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet. Daß in diesem Falle zwischen dem Eigentümer und dem Vollstreckungsgläubiger dem Inhalt nach ein "Schuldverhältnis" besteht, ergibt sich nach Westermann, a.a.O., auch aus der Tatsache, daß der Eigentümer "Einreden" gegen die Hypothek haben kann, § 1157 (a. a. 0., § 9411, S.469). Ähnlich RGZ 130, Seite 383, 385.
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2. Teil: Die "eine" Leistung -
Merkmal der Schuldverbindung
zwangsweise vor, so daß sie die Verwertung der Sache dulden müssen, trifft die Pflicht, den Eingriff geschehen zu lassen, jeden "Schuldner" persönlich 20. Dies habe ich bereits im Zusammenhang mit der Unterlassungspflicht angedeutet 21 • Zwischen mehreren Gesamthandseigentümem eines belasteten Grundstücks entsteht keine Gesamtverbindlichkeit, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus dem Verwertungsrecht gegen alle Schuldner betreibt. Die den Eigentümern nach § 1147 obliegende Pflicht, alles zu unterlassen, was das Verfahren stören könnte ("Duldungspflicht"), trifft jeden von ihnen persönlich: Jeder muß die Verwertung des Grundeigentums mitsamt seinen Erzeugnissen, Bestandteilen, Miet-, Pachtzins- und Versicherungsforderungen sowie seinem Zubehör (§§ 1120, 1123, 1127) widerstandslos geschehen lassen, er darf insbesondere nicht "lebendes und totes Inventar" beiseiteschaffen 22 • Dasselbe gilt für den Fall, daß mehrere Bruchteilseigentümer das Grundstück mit einer Gesamthypothek oder einer Gesamtgrundschuld belastet haben und der Gläubiger auf die Substanz oder die mithaftenden Gegenstände Zugriff nimmt 23. Zwar stellt sich in diesem Fall die rechtsgeschäftliche Belastung des gemeinschaftlichen Gegenstands als koordinierte Verfügung jedes Teilhabers über seinen Anteil dar mit der Folge, daß der spätere Zugriff nur den einzelnen Miteigenturnsanteil ergreift 24 • Soll sich jedoch die Vollstreckung auf alle Anteile, mithin auf das gesamte Eigentum beziehen, so trifft jeden Mitberechtigten die Pflicht, Eingriffe in das Verfahren zu unterlassen 25. Eine Gesamtschuld ist, wie ersichtlich, zu verneinen. 20 Diese persönliche Pflicht berührt nicht den Charakter der Sachhaftung des Grundstücks für die Hypothek bzw. die Grundschuld: Die Sachhaftung äußert sich lediglich in dem Recht des Zugriffs, d. h. der Befugnis, das Grundstück durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu verwerten. Eine gesamtschuldähnliche Situation entsteht, wie bereits ausgeführt, wenn einer der Gesamthandseigentümer die "dingliche Schuld" insgesamt ablöst, wozu er nicht verpflichtet ist (§ 1142): Solchenfalls ist das Gläubigerinteresse befriedigt, so daß die übrigen Eigentümer von ihrer Duldungspflicht befreit sind (§ 422 analog). Dementsprechend muß es m. E. auch zu einem Ausgleich kommen, § 426 analog: Die Hypothek ist in Höhe des Rückgriffsanspruchs auf den leistenden (Gesamthands-)Eigentümer zu übertragen. 21 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 2 a. 22 Prozessual betrachtet liegt unter den Gesamthandseigentümern eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 I 2. Variante ZPO vor, weil das Grundstück, in das der Kläger vollstrecken will, zum Gesamthandsvermögen gehört. Dazu Stein / Jonas / Leipold, 20. Auflage, § 62 Rdnr.20. A. A. Zöller / Vollkommer, 15. Auflage, § 62 Rdnr.18. 23 Die Liegenschaftsvollstreckung kann sich auf einzelne oder alle Bruchteilseigentumsanteile erstrecken; Steiner, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Auflage, § 16 Rdnr. 24 (Bearbeiter: Hagemann). Im folgenden gehe ich davon aus, daß alle Eigentumsanteile betroffen sind, so daß jedem Miteigentümer die Pflicht zur Duldung des Vollstreckungsverfahrens obliegt. 24 RGZ 146, Seite 363, 364 f. 25 Unzutreffend daher die Formulierung des Klagantrags in folgendem Auszug aus dem Bundesanzeiger vom 3. April 1987: "Landgericht Traunstein: 503839/86: Bausparkasse Mainz Aktiengesellschaft, vertreten durch die Mitglieder des Vorstandes Dr. Ulrich Barth und Dr. Heinz Lehna, Kantstraße 1, 6500 Mainz, Klägerin, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Büttner & Kollegen, Frühlingstr. 3 und 6, 8220 Traunstein, klagt gegen 1. Herdin Alfred, vormals Fasanstr. 15, 8261
III. Die höchstpersönlichen Leistungspflichten
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c) Der Notweg über ein gemeinschaftliches Grundstück (§ 917) ähnelt dagegen der schuldrechtlichen Duldung: Auch hier hat jeder Mit- oder Gesamthandseigentümer die Nutzung durch den Berechtigten persönlich hinzunehmen 26. Anders als im Rahmen der Verwertungsrechte steht hier das Interesse des Berechtigten an der ungestörten Benutzung des fremden Grundstücks im Vordergrund. Die Duldung ist mithin eine persönlich geprägte Pflicht.
Ampfing, z. Z. unbekannten Aufenthalts, 2. Herdin ]utta, Fasanstr. 15, 8261 Ampfing, Beklagte, nicht vertreten, wegen Forderung mit dem Antrag, die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, wegen eines Teilbetrages von DM 30000,- zzgl. 15 % Zinsen ab Eintragung der Grundschuld aus der im Grundbuch von Ampfing, Band 29, Blatt 1193, in Abteilung III ldf. Nr. 3 eingetragenen Grundschuld über DM 76 500,die Zwangsvollstreckung zu dulden. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen ... " Prozessual ist zwar nach h. M. unter den Miteigentümern von einer notwendigen Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 I 2. Variante ZPO auszugehen, weil sie gemäß § 747 Satz 2 BGB nur gemeinschaftlich über das gesamte Eigentum verfügen könnten und die Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Gesamthypothek in die Anteile aller Eigentümer einer Verfügung über das ganze Grundstück gleichkäme (Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Auflage, § 50 III I b, Seite 288 f.). A. A. - m. E. zutreffend - Zöller / Vollkommer, 15. Auflage, § 62 Rdnr. 18: Jeder Miteigentümer kann getrennt von den anderen verklagt und verurteilt werden; die Entscheidung braucht auch nicht übereinstimmend auszufallen, weil sich im Falle einer Divergenz die Vollstreckung auf die Anteile der verurteilten Miteigentümer beschränkt. Für die Kostenentscheidung gilt § 100 I ZPO: Die Miteigentümer. haften für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. 26 Ist das Notwegrecht gerichtlich festzustellen, müßten die Miteigentümer nach h. M. gemeinsam verklagt werden (§ 62 I 2. Variante ZPO), weil die persönliche Duldungspflicht sich auf ein gemeinschaftliches Grundstück (nicht nur auf einzelne Eigentumsanteile) bezieht und die Duldung eines Notwegs einer Verfügung über das gesamte Grundstück vergleichbar ist. In diesem Sinne BGH NJW 1984, Seite 2210 und BGHZ 36, Seite 187, 189. Zur Frage der notwendigen Streitgenossenschaft unter Bruchteilsberechtigten siehe bereits oben, Fußnote 25.
Dritter Teil
Die Entscheidung gegen eine Teilund eine gemeinschaftliche Schuld als zweite Voraussetzung der Gesamtschuld Schulden mehrere eine Leistung, so entsteht eine Gesamtschuld, falls eine andere Schuldverbindung 1 auszuschließen ist - so lautet die Konsequenz aus der im ersten Hauptteil meiner Arbeit gewonnenen Erkenntnis: Der Beweis, daß die gesetzliche Regelung des § 421 "unvollständig" sei, ist bis heute nicht erbracht. Folglich ist die Gesamtschuld durch nichts anderes geprägt als durch den Begriff der "einen" Leistung, der ohne das Äquivalenzprinzip 2 nicht zu entschlüsseln ist, und zusätzlich durch den Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld. Ich werde mich daher im folgenden ausführlich 3 der Frage widmen, welche Gesichtspunkte gegen eine Teil- und eine gemeinschaftliche Schuld anzuführen sind. Des weiteren gilt es, die Probe aufs Exempel zu machen: Können wirklich alle Gestaltungen, in denen mehrere "eine" Leistung zu bewirken haben, die Teil- und gemeinschaftliche Schuld sich jedoch als sachwidrige Verbindung erweist, dem Gesamtschuldrecht unterstellt werden?
I. Die rechtsgeschäftlich begründete Gesamtschuld Anerkennung des Gläubigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung"4 Verpflichten sich mehrere Personen, in ihrer Gesamtheit einen Erfolg zu bewirken 5 , so entsteht eine Teil-, eine gemeinschaftliche oder eine Gesamtschuld. Die 1 Bei teilbarer Leistung muß die Teilschuld, bei unteilbarer Leistung (Beispiele: Beratung und Prozeßführung durch eine Anwaltssozietät, Behandlung in einer Gemeinschaftspraxis von Ärzten, Räumung einer Wohnung durch mehrere Mieter) die gemeinschaftliche Verpflichtung ausgeschlossen sein. Das Verhältnis der gemeinschaftlichen Schuld zur Gesamtschuld gleicht demjenigen der Teil- zur Gesamtschuld: In beiden Verhältnissen garantiert die Gesamtschuld dem Gläubiger die leichtere Rechtsverfolgung (siehe oben, 1. Teil, I Fußnote 4 und unten, 3. Teil, I 2). 2 Zu diesem Begriff siehe oben, 2. Teil, I 3. 3 Siehe bereits im Überblick oben, Einleitung, IV und 2. Teil, II 2. 4 Ich erinnere an die Formulierung v. Savignys, Obligationenrecht, Bd. 1, § 22, Seite 218: ,,Es ist sehr wichtig, es sich recht klar zu machen und fest zu halten, daß die wahre Bedeutung des Instituts der Correalschuld in den beiden .... Zwecken .... enthalten ist: Sicherheit und Bequemlichkeit der Rechtsverfolgung."
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Entscheidung für eine bestimmte Verknüpfung hängt vom Parteiwillen ab. Welche Interessen für die eine oder andere Fonn ausschlaggebend sind, verdeutlichen die Situationen, daß dem Gläubiger ein Schuldner oder mehrere Verpflichtete verhaftet sind, und weiter, daß mehrere Schuldner jeweils die "ganze" oder nur einen Teil der Leistung zu erbringen haben. Kann der Berechtigte nach seinem Belieben statt des einen auch einen anderen Schuldner in Anspruch nehmen, so bedeutet das für ihn ein gesteigertes Maß6 an Sicherheit und Bequemlichkeit; er kann sich den liquidesten unter ihnen aussuchen. Vennag er hingegen bei einer Mehrzahl von Schuldnern jeden nur wegen einer Teilleistung zu belangen, so birgt diese Beschränkung allein Vorteile für die Pflichtigen. Zutreffend fonnuliert etwa Unger: "Diese Art der Haftung (die Teilschuld) ist ebenso vortheilhaft für die Schuld als nachtheilig für den Gläubiger, der sowohl die Insolvenz eines Theilschuldners zu tragen hat, als im Falle des Ausbleibens der Leistung so viel Klagen anstellen muß, als es saumige Theilschuldner giebt. Um diese Nachtheile für den Gläubiger zu venneiden, somit zu dem doppelten Zwecke der Sicherung des Gläubigers und der Vereinfachung der Rechtsverfolgung können die Promittenten sich mit einander verbinden ..."7.
1. Der Ausschluß einer Teilschuld kraft Parteiwillens a) Die Teilschuld als Ergebnis einer schuldnerfreundlichen Interessenbewertung Unter welchen Umständen wird sich ein Gläubiger auf eine rechtsgeschäftlich begründete Teilschuld einlassen? Für eine Entscheidung zugunsten der Schuldner sprechen die folgenden Sachlagen:
Erstens:Von einer Teilschuld wird man nach Treu und Glauben ausgehen müssen, wenn der Gläubiger wegen des erheblichen Umfangs seiner Forderung einerseits und der beschränkten Leistungsfähigkeit der gemeinsam auftretenden Schuldner andererseits nicht damit rechnen darf, daß sich jeder von ihnen zur vollständigen Befriedigung seines Interesses verpflichtet 8 •
5 Sei es, daß sie sich gemeinschaftlich verpflichten, sei es, daß ein Schuldner seine Verbindlichkeit auf ein anderweitig definiertes Gläubigerinteresse bezieht; siehe dazu oben, 2. Teil, I 3. 6 Die GläubigersteIlung ist hier noch stärker ausgeprägt als im Falle der subsidiären Haftung, die den Anspruchsinhaber zu einem Vorgehen gegen die verschiedenen Schuldner in einer bestimmten Reihenfolge verpflichtet. 7 Unger, JhJb 22, Seite 207, 211. 8 Ich erinnere an die Verpflichtung mehrerer Miteigentümer, die ihnen gehörende Sache zu übereignen: Entgegen der Regelung des § 427 ist von einer Teilschuld auszugehen, weil nach Treu und Glauben nicht angenommen werden kann, daß jeder einzelne
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Der Bundesgerichtshof 9 nimmt aus diesen Erwägungen heraus eine Teilschuldnerschaft bei Bauverträgen an, wenn die künftigen Wohnungseigentümer den Bauauftrag über die ganze Anlage im eigenen Namen vergeben 10. Hier gehe das "mit einer gesamtschuldnerischen Haftung begründete Wagnis ... regelmäßig weit über das den einzelnen Wohnungseigentümern wirtschaftlich und sozial Zumutbare" hinaus 11. Daß die Bauherren dieses Wagnis nicht ohne weiteres auf sich nehmen wollten, sei für den Handwerker, der mit ihnen als Bauherren den Vertrag schließt, auch erkennbar. Darauf könne er sich einstellen; etwas anderes dürfe er vernünftigerweise nicht erwarten 12. Eine Teilschuld entsteht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch unter den Mitgliedern einer zehnköpfigen Reisegruppe, die an einer Fahrt nach Martinique zum Preis von 2 770 DM pro Person teilnahmen, welche von einem Mitglied der Gruppe im allseitigen Auftrag als "Kunde" gebucht worden war 13: Hier sei deutlich, daß der Kunde auch in Vertretung der anderen Gruppenmitglieder gehandelt habe und jeder Reisende nur in Höhe von 2 770 DM hafte; es widerspreche der Lebenserfahrung, daß sich ein Urlauber in Höhe des zehnfachen Reisepreises verpflichte 14.
Zweitens: Der Gläubiger wird sich mit einer Teilschuld einverstanden zeigen, wenn er seinerseits eine Leistung auf einem gesättigten Markt anbietet, so daß er sich den Konditionen seiner Kontrahenten beugen muß. Denkbar ist z. B., daß in einigen Orten wegen der sinkenden Einwohnerzahl ein Überangebot an Wohnraum entsteht. Die Vermieter werden sich diesenfalls, um zu einem Abschluß zu kommen, auf eine Teilschuldnerschaft unter mehreren Mietern einlassen (müssen).
Drittens: Der Gläubiger wird mit mehreren Verpflichteten - sei es bei Vertragsabschluß, sei es durch ein nachträglich erwiesenes Entgegenkommen eineTeilschuld vereinbaren, wenn er den einzelnen, nicht kapitalkräftigen Schuldner entlasten will, mithin altruistisch handelt. Davon wird man freilich nur bei klaren Anhaltspunkten ausgehen dürfen; regelmäßig wird er eher eigene Interessen verfolgen als fremde Belange wahren. Eigentümer bereit ist, sich zunächst selbst das Alleineigentum an der Sache zu verschaffen (2. Teil, II Fußnote 4). 9 BGHZ 75, Seite 26; BGH NJW 1959, Seite 2160. Entsprechend überschreitet ein Baubetreuer, der Werkverträge als Vertreter der Bauherren schließt, regelmäßig die ihm eingeräumte Vollmacht, wenn er die Bauherren gesamtschuldnerisch zur Zahlung des Werklohns verpflichtet; BGH NJW 1977, Seite 294, 295. 10 Anders im Hinblick auf die sog. Verwaltungsschulden: BGHZ 75, Seite 26, 30 sub c) m. w.N.; BGHZ 67, Seite 232, 235 f. II BGHZ 75, Seite 26, 28 sub a). Das Gericht wählt in dieser Entscheidung eine typisierende Betrachtungsweise, d. h. es stellt nicht darauf ab, wie kapitalkräftig die jeweiligen Wohnungseigentümer im Einzelfall sind; a.a.O., Seite 29. In diesem Punkte offen: BGH NJW 1959, Seite 2160, 2162. 12 BGH a. a. 0., Seite 28. 13 BGH WM 1978, Seite 899. 14 BGH a.a.O., Seite 900. Der Bundesgerichtshof verwendet den Begriff der Teilschuld zwar nicht ausdrücklich; daß die Summe von 27 700 DM indessen als "eine" Leistung geschuldet ist, ergibt sich aus dem Interesse der Reisenden an einer Gruppenreise . Nicht jedes Mitglied der Gruppe kontrahiert mithin für sich allein.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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b) Die Anerkennung des Gläubigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung" durch den einzelnen Schuldner im eigenen oder Drittinteresse aa) Wird sich ein Gläubiger - wie soeben ausgeführt - kaum aus altruistischen Beweggründen auf eine Teilschuld einlassen, so ist umgekehrt auch nicht davon auszugehen, daß ein Schuldner allein zur Sicherung der anderen Seite die gesamtschuldnerische anstelle einer anteiligen Verpflichtung auf sich nimmt; wie der Gläubiger, so wird auch der Schuldner selten ausschließlich im Interesse seines "Partners" handeln. Vielmehr wird er die Last einer umfangreichen Haftung nur dann auf sich nehmen, wenn er an einer Leistung desjenigen interessiert ist, der auf einer gesamtschuldnerischen Haftung besteht. In diesem Zusammenhang trägt die Zweifelsregel des § 427 der Tatsache Rechnung, daß der Anbieter einer Leistung auch bei nur einigermaßen ausgeglichener Marktlage stets im Vorteil gegenüber dem Interessenten ist: ihm steht zur Verfügung, was der Interessent begehrt. Die Richtigkeit dieser Regelung bestätigt die Praxis der Kreditinstitute bei der Vergabe von Darlehen an Eheleute. Um den gewünschten Kredit zu erhalten, verpflichten sich die Ehepartner üblicherweise als Gesamtschuldner 15. Ein zweifelhaftes Beispiel für die Anwendung des § 427 entnehme ich einem Urteil des Landgerichts Konstanz 16: Es behandelt die Sammelbestellung von Heizöl durch mehrere Nachbarn, getätigt, um sich auf diese Weise einen günstigeren Einkaufspreis zu sichern. Das Landgericht bejaht die gesamtschuldnerische Haftung, obgleich einer der Käufer die Bestellung für einzelne, auch einzeln abzurechnende Lieferungen aufgegeben hatte, weswegen auch jeder Nachbar eine Rechnung erhielt 17. In Anlehnung an die Regelung des § 427 bejaht das LG Wiesbaden in einer vertretbaren - Entscheidung aus dem Jahre 1985 18 die gesamtschuldnerische Haftung eines Klassenlehrers und seiner Schüler bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter aus einem zwischen der Bundesbahn und dem (zur Vertretung der Schüler berechtigten) Lehrer geschlossenen Beförderungsvertrag; dieser bezog sich auf sog. "Klassenfahrt" -Tickets. Auch hier gestalten sich mithin die Vertragskonditionen nach den Wünschen der Bundesbahn als Anbieterin der Fahrt 19 - so jedenfalls die Auffassung des Landgerichts 20. 15 Auf diese Praxis der Kreditinstitute weist das Urteil des OLG Stuttgart, WM 1987, Seite 1422 hin. 16 NJW 1987, Seite 2521. 17 Gegen die Gesamtschuld K. Schmidt, JuS 1988, Seite 444, 446: "Gerade die Tatsache, daß sich die Nachbarn nur aus Gründen der Ersparnis zusammengetan und daß der Lieferant getrennt abgerechnet hatte, sprach deutlich gegen eine Gesamtschuld. " 18 NJW 1985, Seite 1905. Der Anspruch auf Zahlung der Tickets ist auf "eine" Leistung gerichtet, weil die einheitliche Gegenleistung, die Beförderung einer Gruppe, einmal geschuldet ist. A. A. offenbar das OLG Frankfurt als Berufungsinstanz (NJW 1986, Seite 1941, 1942). 19 Das Landgericht (a.a. 0.) führt aus: "Der Bekl. (d. h. der Klassenlehrer) haftet aufgrund der Bestellung der Klassenfahrt aus Vertrag für den vollen Kaufpreis ... Die einheitliche Bestellung hatte nach allgemeinem bürgerlichen Recht - Besonderheiten der konkreten Vertragsgestaltung zunächst außer acht gelassen - zur Folge, daß sämtli-
9 Wemecke
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
bb) Hervorzuheben ist an dieser Stelle, daß das Interesse an der vertraglichen Leistung des "Gegenüber" nicht unbedingt ein eigenes sein muß; eine gesamtschuldnerische Verbindlichkeit kann vielmehr ausschließlich mit Rücksicht auf die Belange eines Dritten begründet werden; ein solches Engagement ist ohne eine persönliche Beziehung zu dem "Urschuldner" freilich nur schwer vorstellbar. So nimmt die Gesamtschuld bürgschaftsähnliche Züge an, wenn auf der Schuldnerseite nicht alle Vertragspartner, sondern nur einer oder einige von ihnen in den Genuß der "Gläubigerleistung" kommen sollen 21. Einen solchen Sachverhalt hatte das OLG Celle im Jahre 1986 zu entscheiden 22: Eine Ehefrau hatte den zwischen ihrem - als EDV-Berater tätigen - Gatten und einer Sparkasse geschlossenen Darlehensvertrag mitunterschrieben und sich auf diese Weise gesamtschuldnerisch zur verzinsten Rückzahlung des Kredits verpflichtet, obgleich dieses für die Anschaffung einer EDV-Anlage verwandt und beruflich allein ihrem Gatten zukommen sollte. Im geschilderten Beispiel trug die Ehefrau dem Sicherungs bedürfnis des Kreditinstituts Rechnung: Ohne die "Gläubigerleistung" in eigener Person zu erlangen, verpflichtete sie sich zur Befriedigung eines nur im Verhältnis zu ihrem Ehepartner festgelegten Gläubigerinteresses 23. che Besteller und damit auch der Beklagte für die teilbare Gegenleistung der Fahrpreiszahlung als Gesamtschuldner hafteten (§ 427 BGB)." 20 Das Urteil wurde in der Berufungsinstanz freilich mit der Begründung aufgehoben, der Klassenlehrer habe offensichtlich nicht den Willen gehabt, selbst für die gesamten Kosten der Fahrt aufzukommen (OLG Frankfurt, a.a.O., Seite 1942). 21 In diesem Fall trägt nur der einem Bürgen vergleichbare Schuldner dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers Rechnung, während der andere die Gegenleistung erhält. Anders verhält es sich dagegen, wenn alle Schuldner auch Gläubiger ihres Kontrahenten werden, wie dies bei der Miete einer Wohnung durch mehrere der Fall ist: Hier verpflichtet sich jeder zu einer Leistung, deren Wert seiner Alleinberechtigung (alleinige Nutzung der Wohnung) entsprechen würde. Jeder schuldet mithin mehr, als ihm gegeben wird zum Zwecke der Sicherung des Gläubigers! 22 Veröffentlicht ist die Entscheidung in der NJW 1986, Seite 1761. 23 Bürgschaftsähnliche Gesamtschuldfälle behandeln bereits die Entscheidungen OLG Braunschweig Seuff Arch 41, Nr. 270; OLG Braunschweig Seuff Arch 56, Nr. 101; RG Seuff Arch 77, Nr. 20. Aus jüngerer Zeit, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines solchen Sachverhalts betreffend: BGH NJW 1982, Seite 2433. Die Entscheidung des OLG Braunschweig aus dem Jahre 1883 (Seuff Arch 41, Nr. 270) läßt deutlich erkennen, daß der Gesamtschuld eine Entscheidung gegen die Teilschuld, mithin eine Interessenabwägung zugunsten des Gläubigers vorausgeht: " ... und im gegebenen Fall spricht das von der Klägerin producirte, von den beiden Eheleuten gemeinschaftlich ausgestellte Schulddocument ... auf das Bestimmteste für die Annahme einer von sämmtlichen Beteiligten gewollten Gesammtschuldverbindlichkeit - wenigstens in dem Sinn, daß beide Eheleute, und zwar der Ehemann als der ursprünglich Verpflichtete und die Ehefrau als Intercedentin ... den klägerischen Erblasser ... haben sicher stellen wollen ... Wollte man das Gegentheil annehmen und namentlich davon ausgehen, daß der Ehemann rücksichtlich der hier fraglichen, im Grunde nur ihn allein angehenden Miethgeldforderung zur Hälfte ex nunc habe entlassen werden sollen, so würde man den Beitritt der Ehefrau gegen die ausdrückliche Bestimmung der C 8, 42, 8, wonach der animus novandi im Zweifel nicht zu vermuthen ist, als partielle expromissio
1. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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cc) Allgemein läßt sich formulieren: Verpflichtet sich jemand neben einem anderen zur vollen Befriedigung desselben Gläubigerinteresses, so entspricht er damit dem Bedürfnis des Partners nach einer unkomplizierten Rechtsverwirklichung 24• Insoweit ist die Erkenntnis v. Savignys nach wie vor gültig, der im "Obligationenrecht" ausführt: "Es läßt sich dagegen ganz allgemein und bestimmt angeben, worin die wahre praktische Bedeutung der Correalschuld, verglichen mit einem unter mehreren Personen getheilten Schuldverhältniß, besteht. Dem Glaubiger soll dadurch eine freiere Macht verliehen werden in der Verfolgung seiner Schuld; das ist die wahre praktische Bedeutung. Diese größere Macht des Glaubigers zeigt sich ... in einer zweifachen Richtung. Erstlich, indem er unter mehreren Schuldnern den einzelnen auswählen kann, dessen Vermögen ihm die größere Sicherheit für die Erfüllung darbietet. Zweitens, indem er seinen Zweck durch eine einzige Klage, also auf leichtere und bequemere Weise, erreichen kann, anstatt daß er außerdem mehrere Klagen gegen verschiedene Schuldner, die vielleicht an zerstreuten Orten wohnen, anstellen müßte, wodurch also Zeit, Mühe, Geld erspart werden kann."25 Der Pflichtige selbst kann mit der Begründung seiner vollen Haftung verschiedene Zwecke verfolgen. Regelmäßig wird er den Gläubiger zu einer Leistung an sich oder einen Dritten bewegen wollen; denkbar ist freilich auch, daß er ausschließlich im Interesse des Gläubigers handelt. Indes: Aus welchen Gründen der Pflichtige sein Versprechen auch abgibt, stets erkennt er mit seiner Verpflichtung "auf das Ganze" das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers an. dd) Was für die Erfüllung gilt, sollte sich m.E. kraft einer ergänzenden Vertragsauslegung 26 auch auf die Rückerstattung von zuviel Geleistetem nach berei... , also als einen Act der privativen Novation auffassen. Aus allen diesen Gründen rechtfertigt sich nur eine solche Auslegung des fraglichen Documents, durch welche der Beklagte für den vollen Betrag der Miethgeldforderung haftbar gemacht werden kann" (a. a. 0., Seite 401, 402). 24 Rechtstechnisch handelt es sich dabei m. E. um die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung: Erfüllt einer der Verpflichteten seine Schuld, so tritt im Hinblick auf die übrigen Verbindlichkeiten - in Höhe des gesicherten Interesses - eine auflösende Bedingung ein. Siehe dazu bereits oben, 1. Teil, VIII Fußnote 61. 25 v. Savigny, Obligationenrecht, Bd. I, § 22, Seite 217, 218. Die Bedeutung der Gesamtschuld als eines Gebildes, das dem Gläubiger die Rechtsverfolgung bequem und sicher macht, wird auch in den Motiven (Motive, Bd. 2, Seite 155, 156) und Protokollen (Protokolle, Bd. 1, Seite 431) hervorgehoben. 26 Die ergänzende Vertragsauslegung hat zu ermitteln, was von den Parteien vereinbart worden wäre, wenn sie eine in ihren Abmachungen nicht beantwortete Frage bedacht und geregelt hätten. Als ,,hypothetischer Parteiwille" ist das zu bestimmen, was "beide Parteien, und zwar bei redlicher Denkweise als einen gerechten Interessenausgleich gewollt oder akzeptiert hätten" (Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 29 I, Seite 541). Die ergänzende Vertragsauslegung wird durch die Bestimmung des § 427 verdrängt, wenn man diese Norm nicht nur als Auslegungsregel für eine zu unbestimmt getroffene Vereinbarung, sondern darüber hinaus als dispositives Recht versteht, das einen/ehlenden Parteiwillen ergänzt. Ob man das Vertragswerk über die Bestimmung des § 427 oder über die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung vervollständigt, ist letztlich eine Geschmacksfrage. Die Gesetzesmaterialien halten es daher mit Recht für unerheb9*
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
cherungsrechtlichen Grundsätzen 27, die Abwicklungsansprüche nach einem Rücktritt oder einer Wandelung sowie die Schadensersatzleistung erstrecken 28: Die verbindliche Zusage einer bequemen und sicheren Rechtsverfolgung durch den Gläubiger wäre inkonsequenterweise in ihrer Kraft gemindert, gestattete man den Kontrahenten, sich im Rahmen der Vertragsabwicklung auf eine nur anteilige oder gemeinschaftliche Haftung 29 zu berufen 30. Hätte man die Parteien nach ihrem Willen für den Fall der gescheiterten Durchführung des wirksamen Vertrags gefragt, so hätten sie mithin ihre Garantie nicht anders als für die Erfüllungspflicht formulieren können 31. lich, ob § 427 als eine Auslegungsregel oder eine dispositive Norm des Vertragsrechts verstanden wird: "Daß das Interesse und daher auch der muthmaßliche Wille des Gläubigers auf Begründung solidarischer Haftung gehe, sei unzweifelhaft. Da aber der Schuldner in der Mehrzahl der Fälle sich den Bedingungen des Gläubigers unterwerfen müsse, so sei die Regel auch ein Konsens beider Parteien in gleicher Richtung zu vermuthen. Nicht minder rechtfertige sich die vorgeschlagene Bestimmung, wenn man in ihr nicht sowohl eine Auslegungsregel als vielmehr eine den Parteiwillen ergänzende Vorschrift erblicke". (Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd.2, Seite 603; Hervorhebungen durch die Verfasserin). 27 Um die gesamtschuldnerische Bereicherungshaftung innerhalb eines wirksamen Vertragsverhältnisses ging es in dem Urteil BGHZ 61, Seite 338: Das Saarland hatte auf die Forderung einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft, die es mit der Ausführung von Bauarbeiten beauftragt hatte, zuviel gezahlt. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes hafteten die Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft gesamtschuldnerisch aus ungerechtfertigter Bereicherung: " ... Im vorliegenden Falle geht es nur darum, ob ein Gesellschafter dem Bereicherungsgläubiger - über das Empfangene hinaus auf das Ganze haftet, wenn dieser etwa im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis ohne rechtlichen Grund an die Gesellschaft geleistet hat, die Gesellschaft danach aufgelöst, das Gesamthandsvermögen verteilt und die dort eingetretene Bereicherung an die Gesellschafter ausgeschüttet oder in ihrem Interesse verwendet worden ist. In einem solchen Fall hält der Senat eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter auf den vollen Betrag in entsprechender Anwendung des § 427 BGB grundSätzlich für geboten" (a. a. 0., Seite 343; Hervorhebung durch Verfasserin). Die weitere Argumentation des Gerichts, wonach sich die gesamtschuldnerische Haftung allein aus dem gemeinschaftlichen Auftreten der Gesellschafter im Geschäftsverkehr rechtfertige (a. a. 0., Seite 344), vermag freilich nicht zu überzeugen: Das gemeinsame Auftreten allein begründet kein vom Gesetz anerkanntes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers, das den Ausschluß der Teilschuld erlauben würde. Zum Ganzen noch unten, 3. Teil, III I b. 28 Im Ergebnis - abgesehen von den bereicherungsrechtlichen Ansprüchen - allgemeine Auffassung; siehe nur Ehmann, Gesamtschuld, Seite 206-208; RGRK/Weber, 12. Auflage, § 427 Rdnr. 8; Palandt/Heinrichs, 48. Auflage, § 427 Anm. I b; Berkenbrock, BB 1983, Seite 278, 279. 29 Eine gemeinschaftliche Haftung kommt bei Gesamthandsvermögen, allen voran einer Gesellschaft, in Betracht. 30 Im Rahmen von Schadensersatzverbindlichkeiten kann unter diesem Gesichtspunkt sogar eine garantieartige Einstandspjlicht für das Verhalten des Mitschuldners begründet sein. Siehe dazu noch unten, 3. Teil, I I b, cc und dd. 31 Die gesamtschuldnerische Haftung für die Rückgewähransprüche wegen Rücktritts und für die Schadensersatzansprüche wegen Unmöglichkeit der Leistung kann kraft ergänzender Vertrags auslegung begründet werden, weil in diesen Fällen der gültige Vertrag in ein Rückgewähr- bzw. Schadensersatzschuldverhältnis umgewandelt wird (allgemeine Auffassung; vgl. nur Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, Einf. v. § 346, Anm. I b m. w.N.; Vorbem. v. § 275, Anm. I b).
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Zutreffend führt Berkenbrock in diesem Zusammenhang aus 32 : "Die in § 427 BGB enthaltene Rechtsfolge gründet sich darauf, daß die Parteien beim Vertragsschluß keine ausdrückliche Regelung über die Haftungsverhältnisse der mehreren Vertragsschließenden getroffen haben. Die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung begünstigt den Gläubiger, dies jedoch entspricht der Interessenlage und dem mutmaßlichen Willen der Parteien: Die Anordnung einer Teilschuld der mehreren Vertragsschließenden etwa nach Kopfteilen würde nicht dem Umstand gerecht, daß dem Gläubiger mehrere Personen gegenübertreten, die erkennbar in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind; diesen das Risiko der Zuverlässigkeit des Mitschuldners aufzuerlegen, liegt näher als dem Gläubiger anzusinnen, sich über die unterschiedliche Beteiligung mehrerer Vertragsschließender an deren gemeinsamen Vorhaben Klarheit zu verschaffen . . . Die auf diesen Überlegungen beruhende Entscheidung wird nicht hinfällig, wenn eine der Vertragsparteien vom Vertrag zurücktritt oder die Wandelung erklärt. Denn nicht nur für den Erfüllungsanspruch hat der Gläubiger ein Interesse an der gesamtschuldnerischen Haftung seiner Vertragspartner; auch dieses Interesse hätte er in der Regel durch eine entsprechende Vereinbarung durchgesetzt, wenn die Parteien den Fall des Rücktritts und der Wandelung bedacht und eine ausdrückliche Vereinbarung dazu getroffen hätten." Freilich ist die gesamtschuldnerische Haftung im Rahmen sog. "Sekundäransprüche" an eine einmal wirksam getroffene Willensentscheidung geknüpft: Sie rechtfertigt sich nämlich, ebenso wie die Annahme einer gesamtschuldnerischen Erfüllungspflicht, allein aus der Feststellung, daß "der Schuldner in der Mehrzahl der Fälle sich den Bedingungen des Gläubigers unterwerfen" 33 muß. Diese Aussage kann jedoch nur im rechtsgeschäftlichen Bereich den Anspruch aufRichtigkeit erheben; hier akzeptiert der Schuldner die Bedingungen des Gläubigers regelmäßig um einer Vertragsleistung des Kontrahenten willen 34. Den "Willen zur Unterwerfung" wird man innerhalb eines wirksamen Vertrags "im Zweifel" verneinen müssen, wenn sich mehrere Personen unentgeltlich zu einer Leistung verpflichten, etwa schenkweise ein unverzinsliches Darlehen gewähren. Hier bleibt es mangels entgegenstehender Anhaltspunkte bei einer Teilschuld, weil für die Darlehensgeber kein vernünftiger Anlaß besteht, daß der eine Darlehensgeber für den anderen eintritt. Außerhalb rechts geschäftlicher Beziehungen läßt sich dagegen nicht behaupten, daß von einer "Unterwerfung der Schuldner unter die Bedingungen des Gläubigers" ausgegangen werden könne. Die mit einer solchen Sichtweise verbundene Bevorzugung der Gläubigerinteressen stellt das Gesetz auf den Kopf: A. a. 0., Seite 279 (Hervorhebungen durch Verfasserin). Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 603 (Protokolle). 34 Die Leistung des Gläubigers muß durchaus keiner synallagmatischen Pflicht entspringen, sie muß sogar nicht einmal durch den Akt begründet werden, in dem die gesamtschuldnerische Haftung zugesagt wird. Beispiele: I. Mehrere Kreditnehmer verpflichten sich gesamtschuldnerisch zur Rückzahlung eines unverzinslichen Darlehens, um den Kreditbetrag zu erhalten. 2. Mehrere geben gemeinschaftlich ein abstraktes Schuldversprechen ab. Sie haften aus diesem Versprechen als Gesamtschuldner, wenn sich der Gläubiger aufgrund dieser Zusage zu einer Leistung, etwa zur Hingabe eines Darlehens, verpflichtet. 32 33
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Außerhalb des Vertrags entsteht mangels abweichender gesetzlicher Wertungen eine Teilschuld, § 420. Fehlt es an einer gültigen rechtsgeschäftlichen Erklärung, so besteht mithin bei dem Fehlen besonderer Anhaltspunkte kein Grund, von dieser Regel abzuweichen. Das gilt insbesondere für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines nichtigen Vertrags 35 • c) Die bestärkende Interzession 36 als Gesamtschuld
Wie bereits kurz ausgeführt 3?, schulden auch Sicherungsgeber und Hauptschuldner "eine" Leistung. Der Sicherungsgeber verpflichtet sich als sog. "Hilfsschuldner" nicht zu dem Zweck, den Schuldner durch die nachträgliche Begründung einer Teilschuld zu entlasten, sondern entspricht mit der Übernahme seiner Verbindlichkeit dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers. Dieser soll nicht nur den Schuldner, sondern auch ihn, den Interzedenten, in Anspruch nehmen können. Die Voraussetzungen der Gesamtschuld - Ausschluß der Häufung als Ausdruck des Bereicherungsverbots einerseits und der Teil- bzw. gemeinschaftlichen Schuld andererseits - sind mithin auch hier erfüllt. aa) Dieses Ergebnis wird für die Schuldmitübernahme 38 seit jeher akzeptiert: Es ist unbestritten, daß der Schuldmitübernehmer neben dem "Hauptschuldner" als Gesamtschuldner verpflichtet ist. So führt das Reichsgericht bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1906 39 aus: "Die reichsgerichtliche Rechtsprechung . . . erkennt die Möglichkeit an, daß neben dem Schuldner ein Dritter durch das Versprechen, für die Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldners gleichwie dieser selbst einzustehen, eintreten kann, ohne daß der Gläubiger infolge des ihm abgegebenen Versprechens des Eintretenden seinen Anspruch gegen seinen ursprünglichen Schuldner aufgibt ... Es wird eine selbständige Verbindlichkeit nach § 421 BGB begründet."4O Mit einem ungewöhnlichen Schuldbeitritt hatte sich das OLG Köln im Jahre 1982 zu befassen 41 : 35 Sehr streitig; zur Bereicherungshaftung mehrerer Schuldner ausführlich unten, 3. Teil, III 1. 36 Unter einer "Interzession" versteht man die Übernahme einer Verbindlichkeit für einen anderen durch Rechtsgeschäft mit dem Gläubiger. Bei einer "bestärkenden Interzession" haftet der Interzedent neben dem Schuldner (z. B. kraft der Bürgschaft, des Schuldbeitritts, der Übernahme einer abstrakten Verbindlichkeit oder kraft einer Verpfändung); um eine "befreiende Interzession" handelt es sich dagegen, wenn derjenige, "den die Schuld eigentlich angeht, befreit oder gar nicht verpflichtet wird" (so im Falle der Schuldübernahme oder der Darlehensaufnahme im eigenen Namen für einen anderen): Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 191 16, Seite 787. 3? Siehe oben, 2. Teil, 11 2 a, aa. 38 Der Begriff wird als Synonym für "Schuldbeitritt" verwandt. 39 RGZ 64, Seite 318. 40 RG a. a. 0., S. 319/20. Siehe auch Ehmann, Gesamtschuld, Seite 337 m. w. N. (Fußnote 72).
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Die Verkäuferin eines Grundstücks hatte dem Käufer einen vertraglichen Anspruch auf Nutzungsentschädigung bei nicht fristgerechter Übergabe des Grundstücks eingeräumt. Obwohl der Käufer die Entschädigung für einen Zeitraum von 13 Monaten mit dem Kaufpreis verrechnet hatte, wandte er sich an den Besitzer 42, der das Grundstück nicht rechtzeitig geräumt hatte, und verlangte von ihm nach § 987 den Ersatz der gezogenen Nutzungen. Das Gericht hielt diesen Anspruch gemäß § 422 für erloschen. Es führt aus: "Durch die vertraglich begründete Verpflichtung sollte von Anfang an sichergestellt werden, daß der Kl. auf jeden Fall seine Nutzungsentschädigung erhielt, zumal der Kl. und die Verkäuferin Schwierigkeiten im Rahmen der rechtzeitigen Besitzverschaffung voraussahen ... Thre Bereitschaft (lies: die Bereitschaft der Verkäuferin), für den Fall der nicht rechtzeitigen Räumung Nutzungsentschädigung zu leisten, tangiert den später tatsächlich entstandenen Anspruch des Kl. gegen den Bekl. in der Weise, daß ihre Zahlung in Form der Kaufpreisverrechnung als Erfüllung des Anspruchs gegen den Bekl. gemäß § 422 Abs. 1 BGB wirkt."43 Die Auslegung der zwischen der Verkäuferin und dem Käufer getroffenen Vereinbarung ergab mithin nach der Auffassung des Gerichts, daß die Verkäuferin ihre Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung auf die entsprechende Verbindlichkeit des Besitzers bezog und als Interzedentin dabei im Sicherungsinteresse des Käufers handelte 44 • Da die Abrede zugleich ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen berührte (sie wollte das Grundstück veräußern!), ist sie als Schuldbeitritt zu qualifizieren 45.
41 NJW 1984, Seite 1690. 42 Nach dem mir im Original vorliegenden Urteil der ersten Instanz (LG Köln - 26 0311/81) vom 4. 11. 1981 war der Besitzer der geschiedene Ehemann der Verkäuferin. 43 A. a. 0., Seite 1691; Hervorhebungen durch Verfasserin. 44 Das OLG Köln beruft sich insoweit (auch) auf das Vorliegen einer objektiven ,,rechtlichen Zweckgemeinschaft", welche es als "Kriterium der Ermittlung der Frage eines Gesamtschuldverhältnisses" für erforderlich hält: "Die Gemeinschaft des Zwecks beider Ansprüche, die der Kl. gegen den Bekl. und die Verkäuferin auf Nutzungsentschädigung hatte, besteht darin, daß die vertragliche und die gesetzliche Nutzungsentschädigung als Ausfluß seines Eigentums anzusehen sind und den Kl. als Eigentümer für die vorübergehende Hinderung, sein Grundstück nutzen zu können, entschädigen sollen" (A. a. 0., Seite 1691). Das Gericht behauptet mithin, die Ansprüche gegen die Verkäuferin und den Besitzer zielten auf den Ausgleich desselben Vermögensnachteils; ob das aber der Fall ist, läßt sich bei einer vertraglich zugesagten Leistung nicht aus einer "objektiven Zweckgemeinschaft", sondern nur durch Auslegung der Vereinbarung ermitteln! Die Verkäuferin hätte die Nutzungsentschädigung auch unabhängig von einem Anspruch des Käufers gegen den Besitzer versprechen können - mit der Folge einer Anspruchshäufung! 45 Zur Abgrenzung des Schuldbeitritts von anderen Formen der Interzession siehe Palandt I Heinrichs, 48. Auflage, Überbl. v. §§ 414,415 Anm. 2,3 m. w.N. Das OLG Köln nimmt eine ausdrückliche Einordnung der Abrede nicht vor, weil es sie für unerheblich hält (vgl. die vorstehende Fußnote); das Landgericht Köln (Aktenzeichen 26 0 311 / 81) spricht in der vorinstanzlichen Entscheidung von einer "selbständigen Garantie", was sachlich keinen Unterschied zum Schuldbeitritt bedeutet, wenn es um
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Das Gericht ging deshalb im Ergebnis zu Recht von einer Gesarntschuldnerschaft zwischen Veräußerer und Besitzer aus. bb) Ist das Entstehen einer Gesarntschuld im Falle des Schuldbeitritts unbestritten, so verhält es sich bei der Bürgschaft anders: Zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner soll nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum 46 keine Gesamtschuld angenommen werden dürfen, weil Bürgenschuld und Hauptverbindlichkeit nicht auf "gleicher Stufe" stünden 47, weil es an der Identität der geschuldeten Leistung fehle 48 , weil zwischen Hauptschuldner und Bürge keine "Zweckgemeinschaft"bestehe 49 und weil die Bürgschaft akzessorischer Natur sei 50. Handele es sich um eine nicht selbstschuldnerische Bürgschaft, stehe schließlich die Subsidiarität der Bürgenschuld einer gesarntschuldnerischen Verbindung entgegen 51. Mit den meisten dieser Einwände bedarf es freilich keiner Auseinandersetzung mehr: Der Nachweis, daß das Entstehen einer Gesamtschuld von der "Gleichrangigkeit" der Verpflichtungen oder einer ,,zweckgemeinschaft" abhängig ist, konnte bis heute nicht erbracht werden 52. Unrichtig ist auch die Auffassung, der Bürge schulde nicht "dieselbe" Leistung wie der Hauptschuldner 53 • Schließlich können auch subsidiäre Verbindlichkeiten in eine gesarntschuldnerische Verbindung treten. Diese Aussage findet ihre Rechtfertigung in der Erkenntnis, daß die einzelnen, gesamtschuldnerisch verbundenen Obligationen ohne weiteres in ihren Leistungsinhalten, etwa im Hinblick auf die Zeit oder den Ort der Erfüllung, voneinander abweichen können 54. die Durchsetzbarkeit einer Forderung geht (PaIandt / Thomas, 48. Auflage, Einf. v. § 765, Anm.3 c). 46 Siehe die nachfolgenden Zitate. 47 Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 37 I, Seite 636; in seinem Sinne (,,Fehlen einer Erfüllungsgemeinschaft") auch Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 18; ders., Mehrheiten, § 2 I 8 a, Seite 10, 11; Preißer, JuS 1987, Seite 797, 802; Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 37 f. und bereits Lippmann, AcP 111, Seite 135, 142-152. 48 Reichel, Schuldmitübemahme, Seite 32; andeutungsweise Planck / Siber, 4. Auflage, § 421 Anm. I a. 49 RGZ 96, Seite 140. 50 ReicheI, Schuldmitübemahme, Seite 41; Lippmann, AcP 111, Seite 135, 149; RGRK / Weber, 12. Auflage, § 421 Rdnr.38; Soergel/ M. Wolf, 11. Auflage, § 421 Rdnr. 23; Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 14; BGH WM 1968, Seite 916, 918; BGH JZ 1956, Seite 99; RGZ 148, Seite 65, 66; 134, Seite 126, 128; 65, Seite 134, 139. 51 Soergel/M. Wolf, a.a.O., Rdnr. 23; RGRK/Weber, a.a.O., Rdnr. 37, 38; Preißer, JuS 1987, Seite 797, 802. 52 Siehe dazu meine Ausführungen im ersten Hauptteil, insbesondere die Zusammenfassung unter VII. 53 Siehe oben, 2. Teil, 11 Fußnote 7.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Aus diesem Grunde gilt es als selbstverständlich, daß die eine Verbindlichkeit unbedingt, die andere dagegen nur nach dem Eintritt eines künftigen, ungewissen Ereignisses durchgesetzt werden kann 55. Eine dahingehende KlarsteIlung unternahm bereits der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs 56; sie wurde jedoch in der zweiten Überarbeitung mit der Begründung gestrichen, ihre Aufnahme in das Gesetz sei nicht ,.nothwendig, da sich die Zulässigkeit eines verschiedenen Inhaltes und die Selbständigkeit der Berechtigung und Verpflichtung des Einzelnen auch ohne gesetzliche Vorschrift nicht mit Grund in Zweifel ziehen lassen."57 Unterwirft man sich dieser Einsicht, so wird klar, daß der Wortlaut des § 421 mit seinem Hinweis, der Gläubiger könne die Leistung "nach seinem Belieben" von dem einen oder dem anderen Schuldner verlangen, nicht zwingend ist: Die grundSätzlich freie Gestaltung des Vertragsinhalts erlaubt auch den Rückgriff auf eine Bedingung. Aus diesem Grunde ist es nur folgerichtig, daß die subsidiäre Haftung des "gewöhnlichen Bürgen", die außerdem nur auf eine Einrede hin zu beachten ist (§ 771), in den Rahmen einer Gesamtschuld fällt 58: Die Subsidiarität ist eine, sei es vereinbarte, sei es durch Gesetz (§ 771) den Parteiwillen ergänzende (aufschiebende) Bedingung. Mithin ist nur noch zu erörtern, ob die Akzessorietät der Bürgenhaftung die Annahme einer Gesamtschuld verbietet 59. Die Bestimmung des § 421 enthält dabei - was die selbstschuldnerische Bürgschaft betrifft - keinen Anhaltspunkt für die Ausgliederung der gewöhnlichen und der selbstschuldnerischen Bürgschaft aus dem Gesamtschuldrecht 6O : Der Gläubiger kann den Bürgen und den Hauptschuldner in Anspruch nehmen, ist jedoch durch die Leistung eines Verpflichteten in dem entsprechenden Umfang befriedigt, und nichts anderes wird durch die Bestimmung des § 421 umschrieben. Als Vorschrift, die eine akzessorische Verbindlichkeit aus dem Gesamtschuldverhältnis ausschließe, wird denn auch § 425 und nicht § 421 angeführt. Bezeichnend sind insoweit die Ausführungen von Manfred Wolf im Soergelsehen Kommentar 61 : 54 Statt aller: Ehmann, Gesamtschuld, Seite 213; OLG Schleswig, NJW 1952, Seite 1018, 1019. 55 Statt aller: RGRK / Weber, 12. Auflage, § 421 Rdnr.4 und Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 421 Anm. 1 c; jeweils mit dem Hinweis auf ein Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1909 (GruchB 54, Seite 149). 56 § 322 I des Entwurfs lautete: "Der ... eine Gesammtschuldner kann schlechthin, der andere unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung oder jeder unter einer anderen Bedingung oder Zeitbestimmung berechtigt oder verpflichtet sein" (zit. nach der Amt!. Ausgabe vom Jahre 1888). 57 Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 604 (Protokolle). 58 Konsequent in diesem Sinne Ehmann, Gesamtschuld, Seite 335 in Verbindung mit seinen Ausführungen auf den Seiten 213 f. 59 Die ,.Akzessorietät" ist auch das "Hauptargument" gegen die Gesamtschuldnerschaft von Bürge und Hauptschuldner (siehe die Nachweise in Fußnote 50). 60 Es kennzeichnet die Verlegenheit der Literatur, daß sie sich ohne eine positive Aussage über die dogmatische Behandlung - darauf beschränkt, die Unanwendbarkeit des Gesamtschuldrechts in apodiktischen Formulierungen zu betonen. Kennzeichnend dafür sind die unbefriedigenden Ausführungen von M. Wolf im Soergelschen Kommentar, auf die ich sogleich im Text hinweise.
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"Von der Gesamtschuld zu unterscheiden sind auch Schuldverhältnisse, bei denen zwischen zwei oder mehreren Forderungen das Verhältnis der Akzessorietät besteht, wie insbesondere bei der Bürgschaft. Bei akzessorischen Forderungen ist über §§ 422424 hinaus eine weitgehende Abhängigkeit der akzessorischen Forderung (Bürgschaft) von der Hauptforderung gegeben. Für die akzessorische Forderung gilt deshalb nicht § 425 ... Es besteht nicht in gleichem Maße wie in den §§ 422 - 425 bei der Gesamtschuld eine Differenzierungsmöglichkeit je nach Interessenlage."
Der Argumentation von Wolf ist aus zwei Gründen entgegenzutreten: Erstens knüpft die Bestimmung des § 425 an eine bereits entstandene Gesamtschuld an; sie kann mithin die Begründung dieser Schuldverbindung nicht hindern. Zweitens verlangt die Norm nicht, daß einzelne Tatsachen im Gesamtschuldverhältnis stets "Einzel wirkung" entfalten. Vielmehr läßt die Formulierung des § 425: " ... soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnisse ein anderes ergibt ..." die Verbindung von Einzeltatsachen mit einer Gesamtwirkung - der Bürge haftet z. B. für die durch den Verzug erweiterte Hauptschuld (§ 767 I) - , umschrieben mit dem Begriff der "Akzessorietät", ZU 62 • Auch mit Rücksicht auf die Norm des § 425 ist kein Grund ersichtlich, warum die Bürgschaft und die Hauptverbindlichkeit nicht als Gesamtschuld verstanden werden sollten 63 • Freilich liegt der Wert dieser Einordnung hauptsächlich in der Erkenntnis, daß die Schuldverbindung immer dann entsteht, wenn Inhalt und Umfang einer, mehrerer oder aller auf "dieselbe" Leistung gerichteten Verbindlichkeiten (jedenfalls auch) durch das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers bestimmt werden. Folgerichtig führt diese Zuordnung auch auf die wechselseitige Erfüllungswirkung (§ 422) hin, die sich aus einer Norm des Bürgschaftsrechts nicht ausdrücklich gewinnen ließe 64. Von praktischer Bedeutung ist das Gesamtschuldrecht im Hinblick auf den Klageantrag und die Urteilsformel, wenn der Gläubiger Hauptschuldner und Bürge als "eigentliche" Streitgenossen 65 im Sinne des § 59 ZPO verklagt: Hier läßt sich die Angabe der Schuldverbindung wegen der Erfüllungswirkung und der Kostenentscheidung 66 nicht vermeiden. A. a. 0., 11. Auflage, § 421 Rdnr. 23. Ehmann, Gesamtschuld, Seite 335; Klein, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 18, Nr.2, Seite 98 Fußnote 217. 63 Ebenso Ehmann, Gesamtschuld, Seite 335. 64 Als Sonderregeln zu § 425 erweisen sich nach der hier vertretenen Auffassung die Vorschriften der §§ 767, 768, 770; als lex specialis zu § 426 11 die Norm des § 774. Ebenso Ehmann, Gesamtschuld, Seite 334 f. Die Norm des § 774 geht dabei von der üblichen Situation aus, daß der Bürge im Innenverhältnis regreßberechtigt ist; sie ist aber nichts weiter als eine Beweislastregel (insoweit zutreffend Reinicke / Tiedtke, NJW 1981, Seite 2145, 2147 f.). 65 Der Hauptschuldner und der Bürge stehen als "eigentliche" Streitgenossen in sog. ,,Rechtsgemeinschaft" , die sich in diesem Zusammenhang - entgegen der üblichen juristischen Terminologie - auf die Gesamtschuld erstreckt. So Stein / Jonas / Leipold, 20. Auflage, § 59 Rdnr. 3; Zöller / Vollkommer, 15. Auflage, §§ 59, 60 Rdnr. 5. 61
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cc) Besteht zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner ein Gesamtschuldverhältnis, so drängt sich die Frage auf, ob diese Schuldverbindung nicht auch zwischen dem dinglichen Sicherungsgeber (z.B. dem Verpfander, dem Hypotheken- 67 ) und dem persönlichen Schuldner erwächst. Der dingliche Charakter der Haftung allein steht einer Gesamtschuld nicht entgegen 68; für sie spricht vielmehr eine Erkenntnis, die Ehmann so formuliert: "Auch wenn ein Dritter zur Sicherung einer Forderung gegen einen anderen Schuldner ein Pfandrecht (§ 1204), eine Hypothek oder eine Grundschuld (§ 1191) bestellt, soll der dadurch gesicherte Gläubiger die Leistung nur einmal erhalten."69 Freilich ist die Frage der Gesamtschuld in diesen Fällen - ähnlich wie bei der Bürgschaft 70 - weitgehend von theoretischem Interesse: So ordnen Hypotheken- und Pfandrecht den einseitigen Regreß zugunsten des Eigentümers des belasteten Grundstücks (§ 1143) bzw. des Verpfanders (§ 1225) an 71 , wobei das Hypothekenrecht in § 1164 ausdrücklich den Rückgriff auch des persönlichen Schuldners zuläßt, wenn dieser "von dem Eigentümer oder einem Rechtsvorgänger des Eigentümers Ersatz verlangen kann" (§ 1164 I 1 letzter Halbsatz)72. dd) Neben der Bürgschaft als persönlicher und der Hypothek bzw. dem Pfandrecht als dinglicher Sicherheit gibt es eine dritte Kategorie der Sicherungsrechte: die (persönlichen oder dinglichen) abstrakten Verbindlichkeiten, welche die Befriedigung des Gläubigers eines anderweitig begründeten Anspruchs erleichtern.
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Bürge und Hauptschuldner haften für die Kostenerstattung als Gesamtschuldner,
§ 100 IV ZPO. Die entgegenstehenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (JZ 1959,
Seite 99 f. und NJW 1955, Seite 1398) sind apodiktisch und damit unbeweisend gefaßt. Sie verneinen eine Gesamtschuld, ohne die Verbindung der Haupt- mit der Bürgenschuld in positiver Weise zu bestimmen. Im Ergebnis wie hier bereits Schneider, MDR 1967, Seite 353, 356. 67 Auf die Frage der Gesamtschuld zwischen dem Grundschuldbesteller und dem persönlichen Schuldner werde ich im Zusammenhang mit der "abstrakten Sicherungsverbindlichkeit" unter dd) eingehen. 68 Siehe dazu bereits oben, 2. Teil, III Fußnote 5. 69 Ehmann, a.a.O., Seite 342 (Hervorhebung durch Verfasserin). 70 Eine Gesamtschuld kommt bei der Durchsetzung eines Verwertungsrechts gegen einen Eigentümer neben der Haftung des persönlichen Schuldners sehr wohl in Betracht: Bei derartigen Verwertungsrechten steht das Geldinteresse des Gläubigers im Vordergrund (so schon oben, 2. Teil, III 2 a und 3 b). 71 Ob der einseitige Rückgriff zugunsten des dinglichen Schuldners stets angemessen ist, lasse ich dahinstehen. Zur Abdingbarkeit der Vorschriften eingehend Ehmann, Gesamtschuld, Seite 342 ff. 72 Dazu Ehmann, a.a.O., Seite 344 ff. Hauptanwendungsfall der Vorschrift nach Palandt / Bassenge, 48. Auflage, § 1164 Anm. 2 c, und Eichmann im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 1164 Rdnr.6: Der Erwerber eines Grundstücks übernimmt die Hypothek und die persönliche Schuld in Anrechnung auf den Kaufpreis. Der Hypothekengläubiger weigert sich jedoch, die - befreiende - Übernahme der persönlichen Schuld zu genehmigen; infolgedessen muß der Verkäufer die mit dem Preis des Grundstücks verrechnete Verbindlichkeit begleichen. Er nimmt, gestützt auf § 415 III 2, Rückgriff gegen den Erwerber und Eigentümer des Grundstücks.
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Als Beispiele sind das abstrakte Schuldversprechen als persönlich-abstrakte und die Sicherungsgrundschuld als dinglich-abstrakte Sicherungsverbindlichkeit zu nennen. (1) Bereits das Reichsgericht hat eine Gesamtschuld zwischen der "Hauptverpflichtung" und dem zu Sicherungszwecken abgegebenen abstrakten Schuldversprechen für möglich gehalten:
"Das Problem, die Gesamtschuldnerschaft des § 421 BGB von unechter Solidarität zu scheiden, hat das Reichsgericht bisher zweimal beschäftigt ... Das Urteil Bd. 67 betraf einen Fall, wo ein Dritter durch abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB) dem Gläubiger einer Kaufpreisforderung mit Rücksicht auf letztere eine dem Kaufpreise gleiche Summe derart versprochen hatte, daß der Gläubiger das Geld nur einmal, sei es vom Käufer, oder vom Dritten, erhalten soHte. Hier hat der II. Zivilsenat die Gesamtschuld und die Anwendbarkeit des § 426 verneint, weil das Schuldversprechen ein selbständiger Verpflichtungsgrund sei, Identität des Schuldgrundes daher nicht vorliege. Ob dieser Entscheidung zugestimmt werden dürfte, kann zweifelhaft erscheinen. Es läßt sich geltend machen, daß die Zwecke, derentwegen beim Vertragsschlusse des Dritten von der Kausa abstrahiert wurde, mit den inneren Beziehungen der Schuldner untereinander nichts zu tun haben. Das Gemeinschaftsverhältnis, das den gesetzgeberischen Grund für die Ausg\eichungsvorschriften des § 426 bildet ... , dürfte auch dann bestehen, wenn der eine Schuldner sich durch abstrakten Vertrag verpflichtet hat. Indes braucht auf diese Frage nicht näher eingegangen zu werden ... "73. Im Ergebnis kann diesem Urteil nur zugestimmt werden - und zwar aus einem auf der Hand liegenden Grunde: Der Gläubiger soll das mehrfach Geschuldete nur einmal erhalten (§ 421). Im Unterschied zur Bürgschaft ist das abstrakte Schuldversprechen in seinem Zustandekommen von der Existenz der zu sichernden Forderung unabhängig, und es kann deshalb nicht "ex lege", also von sich aus, mit der Erfüllung der zu sichernden Forderung untergehen 74. Diese ,,Abstraktheit" des Schuldversprechens erfordert zwar eine Anpassung der §§ 422, 426 II, aber keine Ausgliederung aus dem Gesamtschuldrecht 75 • 73 RGZ 70, Seite 405, 409 f.; bestätigt durch RGZ 77, Seite 317, 323; RG JW 1915, Seite 22, 23. 74 Zum Begriff der abstrakten Verpflichtung siehe bereits oben, 1. Teil, V Fußnote 68. Ehmann, Gesamtschuld, Seite 340 f. spricht im vorliegenden Zusammenhang von der "Abstraktheit des Sicherungszwecks" (Seite 341): Es bedürfe keines verpflichtenden Grundgeschäfts ("Kausalgeschäfts"), zu dessen Erfüllung die abstrakte Forderung geschaffen werde. Diese Aussage ist zwar insoweit richtig, als die Wirksamkeit des abstrakten Rechts nicht an die Wirksamkeit eines Grundgeschäfts geknüpft ist; der Sicherungszweck erschließt sich aber nur aus einem Kausalgeschäft. Dieses gibt dem abstrakten Recht seinen Sinn (so etwa Larenz, Schuldrecht BT, 12. Auflage, § 68 I a, Seite 529). Mit anderen Worten: Die Sicherungsabrede ist Rechtsgrund der abstrakten Verpflichtung. Freilich ist diese Sicherungsabrede nicht bereits mit der Begründung der abstrakten Schuld, sondern erst mit Befriedigung des Gläubigers erfüllt. Sie ist, so darf man behaupten, durch die Befriedigung des Gläubigers seitens des Hauptschuldners auflösend bedingt; tritt die Bedingung ein, so entsteht ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers (§§ 812 I 2 1. Variante, 81211), falls nicht derjenige, der den Gläubiger befriedigt hat, regreßberechtigt ist; dazu sogleich im Text.
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Vielmehr läßt sich das Erlöschen der Gläubigerbefugnisse gegenüber dem "Hauptschuldner" auf § 422 stützen, soweit der "Hilfsschuldner" leistet. Ebenso richtet sich der Übergang des Gläubigerrechts auf den "Hilfsschuldner" im Falle eines bestehenden Ausgleichsanspruchs nach § 426 11. Lediglich für den umgekehrten Fall, daß der "Hauptschuldner" leistet, verbietet die Abstraktheit das unmittelbare Erlöschen des Schuldversprechens gemäß § 422 und - bei bestehendem Ausgleichsanspruch des leistenden Hauptschuldners 76 gemäß § 426 I seinen gesetzlichen Übergang nach § 426 11 77 • Die vom Schuldgrund gelöste"abstrakte" - Verbindlichkeit folgt nicht zwangsläufig dem Schicksal der Hauptschuld. Die Doppelbefriedigung des Gläubigers wird solchenfalls - bei fehlendem Regreß - durch den bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers vermieden 78; besteht dagegen ein Rückgriffsanspruch des Hauptschuldners 79 ,so hat der Gläubiger und Sicherungsnehmer das abstrakte Recht auf diesen zu übertragen, §§ 426 11, 255 analog 80. (2) Es erscheint konsequent, auch zwischen dem persönlichen Schuldner und dem Eigentümer eines mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks eine Gesamtschuldnerschaft zu bejahen, sofern die Grundschuld zur Sicherung des Gläubigers bestellt wurde. Schließlich soll auch hier der gesicherte Gläubiger nur 75 Entsprechendes gilt für den Fall, daß zum Zwecke der Sicherung neben den Hauptein Wechselschuldner tritt. Dazu eingehend Ehmann, a. a. 0., Seite 338 - 340. 76 Ich verdeutliche den Ausgleichsanspruch an dem Fall, daß sich der Sicherungsgeber, Schuldner der abstrakten Verbindlichkeit, dazu verpflichtet hatte, den Hauptschuldner von Ansprüchen des Gläubigers freizustellen. Rechtsgrund dieser Abrede kann eine Schenkung sein. 77 Dazu bereits oben, l. Teil, V Fußnoten 68 und 69. 78 Der aus dem abstrakten Recht Verpflichtete kann die ihn treffende Verbindlichkeit kondizieren, wenn das Gläubigerinteresse durch den Ersatzschuldner befriedigt wurde (§§ 812 11 l. Variante, 81211 i.V. m.422). Folglich kann er auch seiner Inanspruchnahme durch den Gläubiger den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ("dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est") entgegenhalten, wenn der "Hauptschuldner" geleistet hat: Mit dieser Leistung entfällt im Verhältnis zum Gläubiger der Rechtsgrund der abstrakten Verbindlichkeit gemäß § 422, weswegen das abstrakte Recht selbst, mithin auch das darauf Geleistete, kondiziert werden könnte. Siehe dazu bereits oben, 1. Teil, V Fußnote 68. 79 Der Regreß des "Hauptschuldners" ergibt sich aus § 426 I und ist von den Abreden mit dem Sicherungsgeber abhängig. 80 Eine Analogie zu der Bestimmung des § 255 liegt nahe, weil die Regel was die Variante des "Rechtsverlustes" betrifft - gerade darauf zugeschnitten ist, daß ein "Ersatzschuldner" (ihm ist im vorliegenden Zusammenhang der "Hauptschuldner" vergleichbar) den aus dem abstrakten Recht Verpflichteten in Regreß nehmen kann, ein Ubergang des Rechts nach § 426 11 aber wegen seiner Abstraktheit ausscheidet. Siehe dazu oben, l. Teil, V Fußnote 69; im Ergebnis wie hier, freilich keine Analogie zu § 255 in Betracht ziehend, Ehmann, a. a. 0., Seite 341; "Die Abstraktion vom Sicherungszweck bei der abstrakten Sicherungsforderung ändert jedenfalls - darüber besteht Einigkeit - nichts daran, daß der Gläubiger im Ergebnis das mehrfach Geschuldete nur einmal erhalten soll; sie verschiebt lediglich bezüglich der abstrakten Forderung die Abwehr- und Regreßproblematik (§§ 422,42611) über Einrederechte und Zessionskonstruktionen ins Bereicherungsrecht ... "
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
"eine" Leistung erhalten: Sein einmal zu befriedigendes Interesse ist im Verhältnis zum persönlichen Schuldner festgelegt. Überdies schließen, wie dargetan 81, weder der dingliche Charakter noch die Abstraktheit einer Verbindlichkeit die Gesamtschuld aus 82. Freilich ist auch in diesem Zusammenhang den Besonderheiten, die sich aus der Abstraktheit der Grundschuld ergeben, Rechnung zu tragen. Leistet etwa der Eigentümer an den Gläubiger, indem er dessen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung durch Zahlung des entsprechenden Geldbetrages abwendet (§§ 1147, 1142), so geht zwar die persönliche Forderung kraft Gesetzes auf ihn über, wenn er im Innenverhältnis ausgleichsberechtigt ist, § 426 J83 (was bei der Bestellung einer Grundschuld zum Zwecke der Sicherung regelmäßig der Fall sein wird)84. Befriedigt dagegen der persönliche Schuldner den Gläubiger und ist er gegenüber dem Eigentümer ausgleichsberechtigt (§ 426 I), kann er von dem Gläubiger nur die Übertragung der Grundschuld verlangen, § 255 in analoger Anwendung 85: Das Sicherungsrecht ist, wie schon die abstrakte
5.
81 Siehe die soeben gemachten Ausführungen im Text und oben, 2. Teil, III Fußnote
82 Aus denselben Erwägungen ist eine Gesamtschuld zwischen einem persönlichen Schuldner und einem (persönlich haftenden) Reallastschuldner anzunehmen, wenn die Reallast - wie es anscheinend bei Altenteilsverträgen häufig der Fall ist (Wolff / Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 128 I, Seite 511), zur Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs bestellt wird: Der Sicherungszweck entfallt, wenn die persönliche Schuld, zum Beispiel aus einem Leibrentenversprechen, das der Erwerber eines Grundstücks dem Veräußerer eingeräumt hat, getilgt ist. In diesem Sinne BGHZ 58, Seite 191, 192. 83 So Heck, Sachenrecht, Seite 413; Ehmann, Gesamtschuld, Seite 343 Fußnote 107. Die ganz herrschende Auffassung (BGH BB 1988, Seite 1777,1778; RGZ 150, Seite 371,374; Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 45 IV 3, Seite 417; Bayer / Wandt, JuS 1987, Seite 271,272; Reinicke/Tiedtke, NJW 1981, Seite 2145, 2146; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 154, Sei~e 640, Fußnote 2; Planck / Strecker, 5. Auflage, § 1143 Anm.5) leugnet dagegen den Ubergang der persönlichen Forderung auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks in der Absicht, die Grundschuld in einem gehörigen - dogmatischen - Abstand von der Hypothek zu halten. M. E. ist man hierbei einem unreflektierten Verständnis der "Abstraktheit" erlegen. Letztlich wird über die Anerkennung einer Pflicht zur Abtretung der persönlichen Forderung (bei bestehendem Ausgleichsanspruch) doch wieder dasselbe Ergebnis: die Anbindung des Anspruchs an die Grundschuld, herbeigeführt. 84 Besteht kein Ausgleichsanspruch des Eigentümers, ist die Geltendmachung der persönlichen Forderung durch den Gläubiger dauernd ausgeschlossen: § 422. Im Ergebnis zutreffend Reinicke / Tiedtke, NJW 1981, Seite 2145, 2146, 2148. Der Bundesgerichtshof stützt dieses Ergebnis in seiner jüngsten Entscheidung (BB 1988, Seite 1777) auf den Grundsatz von "Treu und Glauben": " ... es widerspräche ... im Verhältnis zum Schuldner dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Gläubiger aus dem formal fortbestehenden Forderungsrecht Zahlung beanspruchen könnte, obgleich er schon aus der die Forderung abdeckenden Grundschuld Befriedigung erlangt hat." (A. a. 0., Seite 1778). 85 Zu demselben Ergebnis, freilich nicht über die Analogie zu §§ 426 11, 255, kommt z. B. auch Baur, a.a.O., Seite 417 f.: Leiste der vom Eigentümer verschiedene Schuldner, so erlösche nur die gesicherte Forderung. Der Grundschuldinhaber sei aber auf Grund des Sicherungsvertrags zur Rückübertragung der Grundschuld an den Eigentümer verpflichtet, wenn dieser Partner des Sicherungsvertrages sei. Dieser könne wiederum
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Verbindlichkeit, nicht unmittelbar mit dem Schicksal der persönlichen Schuld verknüpft 86. Versteht man, so möchte ich Ehmann in diesem Zusammenhang zustimmen, die schuldrechtlichen Bindungen "als zulässige vertragliche Modifikation nicht nur der speziellen Vorschriften der §§ 1143, 1164, sondern auch - wie bei den abstrakten Sicherungsforderungen - der allgemeinen Tilgungs- und Regreßregeln (§§ 422,426), so kann auch die von einem Dritten bestellte Sicherungsgrundschuld zusammen mit der gesicherten Forderung als Gesamtschuldverhältnis begriffen werden"8? ee) Stehen einem Gläubiger neben dem Hauptschuldner mehrere Sicherungsgeber, etwa mehrere Bürgen, Verpfänder, die Eigentümer mehrerer mit Hypotheken belasteter Grundstücke oder gar persönliche und dingliche "Hilfsschuldner"88, gegenüber, so darf nach den bisherigen Ausführungen eine Gesamtschuld angenommen werden, wenn die Sicherungsgeber auf "eine" Leistung verpflichtet sind. (1) Die Behauptung, mehrere Bürgen schuldeten stets "eine" Leistung, wenn sich ihre Verbindlichkeiten auf dieselbe Hauptforderung beziehen, wäre dagegen unzutreffend: Sie können z. B. nur begrenzt, d. h. für verschiedene, sich zu einem Gesamtbetrag ergänzende Forderungsteile haften 89, so daß die einzeln zugesagten Leistungen kumulie-
aufgrund seines Verhältnisses zum persönlichen Schuldner verpflichtet sein, den Rückübertragungsanspruch abzutreten. M. E. bedarf es dieser "Abtretungskonstruktion" nicht: Das Recht des Schuldners, vom befriedigten Gläubiger die Übertragung der Grundschuld zu verlangen, ergibt sich aus § 426 I; die Bestimmung des § 255 sollte als Spezialnorm (analog) angezogen werden, weil sie im Rahmen des "Rechtsveriustes" auf die Fälle zugeschnitten ist, in denen ein Recht auf den ausgleichsberechtigten Schuldner nicht kraft einer cessio legis übergehen kann. Siehe dazu oben, 1. Teil, V Fußnoten 68 und 69. 86 Siehe oben Fußnote 80. 8? A. a. 0., Seite 348. Ehmann geht sogar soweit, eine Gesamtschuld anzunehmen, wenn ein Dritter dem Gläubiger zur Sicherung einer Schuld eine bewegliche Sache übereignet (a. a. 0., Seite 348 ff.). Ohne auf diese These im einzelnen eingehen zu können, möchte ich ihr zustimmen: Daß der Gläubiger nur "eine" Leistung erhalten soll, folgt aus dem Sicherungszweck der Übereignung. Eine Verpflichtung des Eigentümers dahingehend, die Verwertung der Sache im Sicherungsfall zu dulden, läßt sich m. E. ohne weiteres annehmen (dazu Ehmann, a. a. 0., Seite 349). 88 Zum Beispiel bestärken eine Forderung ein Bürge und ein Verpfänder bzw. Hypothekenschuldner. 89 Solchenfalls entsteht weder eine (gesamtschuldnerische) Mitbürgschaft noch eine Teilbürgschajt. Man wende nicht ein, das Gesetz bestimme in § 769 etwas anderes: Diese Vorschrift, die eine Gesamtschuld unter mehreren Bürgen anordnet, ist auf Fälle zugeschnitten, in denen sich jeder "Hilfsschuldner" bereit erklärt hat, für die ganze Hauptverbindlichkeit einzustehen. Sie erspart dem Gläubiger den Nachweis einer gemeinschaftlichen Verbürgung gemäß § 427 und versagt den Bürgen die - im gemeinen Recht anerkannte - Einrede der Teilung. Siehe zu den gesetzgeberischen Erwägungen Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 372 (Motive). Die Interessenlage wird in dem Urteil des OLG Braunschweig, Seuff Arch 61, Nr. 132, Seite 232 treffend erörtert - allerdings unter Verwendung mißverständlicher Formulie-
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
ren 90: sog. ,,NebenbÜfgschaft". Jeder schuldet dann (in einem bestimmten Umfang) dieselbe Leistung wie der Hauptschuldner; die einzelnen Sicherungsleistungen aber stehen unverbunden nebeneinander 91 • Beispiel: Für eine Forderung in Höhe von 20 000 DM verbürgen sich A und B jeweils in Höhe von lO 000 DM. Zwei Auslegungen sind hier möglich: Entweder haften A und B für denselben Forderungsteil, was sie zu Mitbürgen verbindet, aber zu einer (interessewidrigen) "Untersicherung" des Gläubigers führen würde. Eine Mitbürgschaft wäre daher nur anzunehmen, wenn der eine Bürge für den anderen als selbstschuldnerisch haftender Nachbürge aufträte 92. Oder die Bürgschaften beziehen sich auf verschiedene ("beliebige") Forderungsteile. Solchenfalls schulden die Bürgen verschiedene Leistungen, was dem Gläubiger zugutekommt, der solchenfalls die volle Sicherung seines Interesses erfährt: Die einzeln zugesagten Sicherungen addieren sich 93 • (2) Stehen mehrere Bürgen für verschiedene ("beliebige") Forderungsteile ein, so schulden sie freilich in begrenztem Umfang (!) "eine" Leistung, wenn die Summe der Sicherungsverbindlichkeiten - als erfüllt gedacht - die zu deckende Forderung übersteigt 94 • rungen. Freilich: Die Formulierung der Vorschrift ist unpräzis und veraniaßt die Banken dazu, sie formularmäßig auszuschließen, um eine "Untersicherung" zu vermeiden, die eintreten würde, nähme man eine Gesamtschuld unter mehreren Bürgen auch dann an, wenn sich jeder von ihnen nur auf einen Forderungsteil verbürgt. 90 Die Abrede, daß die BÜfgschaftsverpflichtungen, freilich nur bis zum vollen Betrag der Hauptschuld, gehäuft nebeneinanderstehen, wird in den Bürgschaftsformularen der Banken etwa mit den folgenden Wendungen ausgedrückt: "Bestehen für die Ansprüche der Bank gegen den Hauptschuldner außerhalb dieser Urkunde noch andere Bürgschaften, so haftet ... der Bürge ... aus dieser Urkunde unabhängig von den anderen Bürgschaften - insoweit in Abweichung von § 769 BGB - für den vollen Betrag seiner ... Bürgschaft (Nebenbürgschaft)." (Zitiert nach BGH WM 1987, Seite 924). 91 Unzutreffend Weitzel, JZ 1985, Seite 824, 826 (Beispiel 5): "Verbürgen sich für die Schuld des S in Höhe von 1 000,- DM A für beliebige 600,- DM und B für beliebige 400,- DM, so liegt Mitbürgschaft nicht in Höhe von 400,- DM, sondern in Höhe von 1 000,- DM vor." (Hervorhebungen durch Verfasserin). Ein Blick auf die Bestimmung des § 421 beweist, daß Weitzel unrecht hat. Der Gläubiger kann nicht sowohl von A als auch von B 1 000,- DM (die "eine" Leistung) verlangen, so daß die Leistung des einen Bürgen den anderen befreien würde (§ 422). Zwischen A und B besteht überhaupt kein Gesamtschuldverhältnis! 92 Die Interessenlage wird in dem Urteil des OLG Braunschweig, Seuff Arch 61, Nr. 132, Seite 232 treffend erörtert - freilich unter Verwendung mißverständlicher Formulierungen. 93 Man sollte diese Gestaltungen mit dem Begriff der" kumulierenden Bürgschaften" bezeichnen. Von einer Mitbürgschaft, d. h. einer Gesamtschuld, dürfte nur gesprochen werden, wenn der Gläubiger entweder von A oder B die Zahlung von lO 000 DM verlangen könnte; eine Teilbürgschaft läge dagegen vor, wenn A und B sich in Höhe von lO 000 DM unter der Maßgabe verpflichtet hätten, daß der Gläubiger von jedem nur 5 000 DM erhalten solle. In dem Urteil BGH NJW 1980, Seite 1098 ist daher der Begriff der "Teilbürgschaft" verfehlt; das Gericht hätte den Begriff der "kumulierenden Bürgschaften" verwenden müssen. 94 Einen solchen Sachverhalt behandelt das Urteil RGZ 81, Seite 414. Die Ausführungen des Gerichts sind leider sehr unklar und haben wohl erheblich zu der Verwirrung des Verhältnisses von Höchstbetragsbürgschaften zum Gesamtschuldrecht beigetragen. Siehe dazu aus jüngster Zeit Weitzel, JZ 1985, Seite 824 ff. und die folgenden Ausführungen im Text.
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Beispiel: Für eine Forderung in Höhe von 20 000 DM verbürgen sich A in Höhe von 5000 DM, B in Höhe von 17000 DM und C in Höhe von 20000 DM. Zwischen dem Hauptschuldner und C entsteht eine Gesamtschuld in Höhe von 20 000 DM, jede Erfüllungshandlung des einen befreit den anderen in Höhe der getätigten Zahlung und löst gegebenenfalls Regreßansprüche aus (§§ 422, 426 i.V. m. 774)95. Entsprechend entsteht diese Schuldverbindung zwischen dem Hauptschuldner und B in Höhe von 17 000 DM, zwischen ihm und A in Höhe von 5 000 DM. Aber auch A, B, C schulden "eine" Leistung, weil sie nicht alle nebeneinander in voller Höhe des jeweiligen Haftungsbetrages in Anspruch genommen werden können: Eine Häufung der Leistungen führte zu einer dem Sicherungszweck der Bürgschaftsverträge zuwiderlaufenden Bereicherung des Gläubigers 96. Eine Gesamtschuldnerschaft entsteht freilich nur in Höhe des geringsten gemeinsamen "Sockelbetrags" , der das zu befriedigende Gläubigerinteresse übersteigt 97 . Daher sind im angeführten Beispielsfalle A, Bund C Gesamtschuldner lediglich in Höhe von 2 000 DM, denn gleichgültig, welcher Bürge den Gläubiger befriedigt: Genügt einer von ihnen seiner Leistungspflicht in vollem Umfang, so befreit er jeden anderen zumindest in Höhe des erwähnten "Sockelbetrags". Zahlt etwa A auf die Hauptschuld von 20 000 DM den auf ihn entfallenden Betrag von 5 000 DM, so vermindert sich die Hauptschuld auf 15 000 DM. Damit ermäßigt sich die Bürgenverpflichtung des B von ursprünglich 17000 DM um 2 000 DM auf 15000 DM und die des C von ursprünglich 20000 DM um 5 000 DM (= 2000 DM plus 3 000 DM) auf 15 000 DM. Die Zahlung des A entlastet mithin B (Haftung auf 17 000 DM) in Höhe von 2 000 DM und C (Haftung auf 20000 DM) darüber hinaus in Höhe von 3000 DM98. Betrachtet man den im Außenverhältnis verbleibenden Restbetrag von 15 000 DM, so sind Bund C über den geringsten gemeinsamen Sockelbetrag (2 000 DM) hinaus in Höhe dieses Restes Gesamtschuldner (insgesamt besteht mithin zwischen Bund C eine Gesamtschuldnerschaft über 17000 DM). Zahlt B 17 000 DM, sind C in Höhe von 17 000 DM und A in Höhe von 2 000 DM ihrer Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger ledig usw. Der Regreß wickelt sich jeweils in den Grenzen der gemeinsamen Befreiung ab 99. 95 Zur Gesamtschuldnerschaft von Bürge und Hauptschuldner siehe in diesem Teil der Arbeit unter I 1 c, bb. 96 Daß sich der Sicherungszweck rechtstechnisch als eine auflösende Bedingung, geknüpft an den Bestand der Hauptschuld, darstellt, ist oben, 1. Teil, VIII Fußnote 61 ausgeführt. 97 So deutlich MünchKomm / Pecher, 2. Auflage, § 769 Rdnr. 2. 98 Zahlt A dagegen nur 3 000 DM, tritt eine Befreiung des B nicht ein, während C in Höhe dieses Betrags entlastet wird. Die Abrede, daß eine Zahlung bis zu diesem Sockelbetrag je nach Höhe der Mitverpflichtungen allein der eigenen Verpflichtung gutzuschreiben ist, wird durch die in Fußnote 90 zitierte Vertragsbestimmung ausgedrückt. Zu ihr führt der Bundesgerichtshof treffend aus: "Die Vertragsklausel regelt nur das Verhältnis zwischen der Gläubigerin und dem jeweiligen Bürgen; sie läßt jedoch den Ausgleich unter Mitbürgen ... unberührt" (WM 1987, Seite 924, 925; ebenso bereits BGHZ 88, Seite 185, 190). 99 M. E. müssen sich die Regreßanteile verhältnismäßig nach den Haftungsquoten richten. Zahlt im genannten Beispiel etwa B 17 000 DM, so ist der Betrag in Höhe von 2.000 DM (gemeinschaftliche Befreiung von A, Bund C) im Verhältnis 25 : 17 : 20, der Betrag von 15 000 DM (gemeinschaftliche Befreiung von Bund C über 2000 DM hinaus) im Verhältnis 17 : 20 aufzuteilen. A. A. RGZ 81, Seite 414, 421 f.: Das Gericht 10 Wemecke
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
(3) Eine nur teilweise Befreiung kommt in Betracht, wenn ein Bürge seiner Verpflichtung zwar nicht in vollem Umfange, aber doch in einem Maße genügt, das eine Kumulation verbietet. Zahlt im angeführten Beispiel etwa C 17 000 DM, so leistet er als Gesamtschuldner 2000 DM auf die Verbindlichkeiten von Bund A, weiterhin 12000 DM auf die Verbindlichkeit des B 100. Ein Regreß zwischen A, Bund C findet bezogen auf die Summe von 2000 DM statt; Bund C haben darüber hinaus 12000 DM, mithin 14 000 DM, zur Ausgleichung zu bringen 101. (4) Ich kehre zum Ausgangspunkt zurück und frage, ob eine Gesamtschuld unter mehreren Sicherungsverbindlichkeiten erwächst, wenn die Sicherungsgeber für dieselbe Forderung in vollem Umfang oder zumindest für denselben Forderungsteil einstehen 102, wenn es sich also - im Unterschied zu den soeben erörterten Gestaltungen der Nebenbürgschaft über verschiedene Summen gewissermaßen um den "Grundfall" auf der ganzen Linie übereinstimmender Beträge handelt. Die Frage ist zu bejahen: Die Verpflichtung mehrerer zu "einer" Leistung beruht so1chenfalls auf der Erkenntnis, daß eine "Hilfsschuld" keinen Bestand mehr haben kann, wenn die gesicherte "Hauptschuld" durch die anderweitige Befriedigung des Gläubigers untergeht 103. Die Teilschuld ist regelmäßig ausgeschlossen, weil die einzelnen "Hilfsschuldner" ihre Leistungsbereitschaft nicht zur Entlastung eines anderen Sicherungsgebers, sondern im Interesse des Gläubigers erklären. Wenn also mehrere Sichespricht sich für einen anteiligen Regreß in Höhe der jeweiligen Befreiung aus. Wie hier etwa MünchKomm / Pecher, 2. Auflage, § 774 Rdnr.21 m. w.N.; Schlechtriern, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 1Ol3, 1040. 100 Von den 17 000 DM zahlt A zunächst die von ihm allein, d. h. ohne Regreßmöglichkeit, zu tragenden 3 000 DM. Eine Gesamtschuldnerschaft kann mithin höchstens im Umfang von 14000 DM begründet sein. 101 Das Entstehen einer Gesamtschuld und die daraus zu ziehenden Folgerungen, insbesondere auch für den Ausgleich unter den Sicherungsgebern, sind im Hinblick auf die Sachverhalte, in denen mehrere Sicherungsleistungen - als erfüllt gedacht - die Hauptschuld übersteigen (siehe z. B. RGZ 81, Seite 414; BGHZ 88, Seite 185 = WM 1983, Seite 928 mit Anm. von Reinicke/Tiedtke) umstritten (dazu etwa Weitzel, JZ 1985, Seite 824). M. E. beruht der unbefriedigende Zustand nicht zuletzt auf der Verwirrung über den Begriff der "Mitbürgschaft": Eine Gesamtschuld entsteht unter mehreren Bürgen nur insoweit, als der Gläubiger durch eine Kumulation der Leistungen dem Sicherungszweck zuwiderlaufend bereichert würde. Bezeichnend für die Unsicherheiten gerade auch der Rechtsprechung sind folgende Ausführungen des OLG Hamm: ,,Eine kumulative Haftung ist auch für Höchstbetragsbürgschaften zulässig ... Bis zur gemeinsamen Haftungsgrenze liegt eine Mitbürgschaft vor" (WM 1984, Seite 829, 832 sub 6). Was ist mit der Formulierung: " ... Bis zur gemeinsamen Haftungsgrenze" gemeint? 102 Andernfalls schulden die verschiedenen Sicherungsgeber - wie soeben ausgeführt - nicht oder nur bedingt "eine" Leistung. 103 Die mehreren Sicherungsgeber sind mithin und zwar unabhängig von einem entsprechenden Willen - zu "einer" Leistung verpflichtet, wenn sie denselben Vermögensvorteil zu verschaffen haben: Leistet einer von ihnen an den Gläubiger, so können die anderen nicht mehr für dessen Befriedigung einstehen. Der einzelne Sicherungsgeber muß daher nur auf die ganze oder denselben Teil der Hauptverbindlichkeit Bezug nehmen, für die auch ein anderer Hilfsschuldner einsteht, um mit diesem "eine" Leistung zu schulden.
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rungsschuldner zu "einer" Leistung verpflichtet sind und eine Teilschuld im Interesse des Gläubigers ausgeschlossen werden kann, liegt definitionsgemäß eine Gesamtschuld vor: Weder kann der Gläubiger alle "Hilfsschuldner" nebeneinander auf die ganze Leistung in Anspruch nehmen 104, noch sind sie ihm zur teil weisen Befriedigung verpflichtet. Mithin treten die in den Bestimmungen der §§ 421 ff. beschriebenen Rechtsfolgen ein; insbesondere hat auch ein Ausgleich unter den Sicherungsgebern stattzufinden 105. (a) Das Gesetz bestätigt diese Auffassung ausdrücklich für die Mitbürgschaft; § 769 106 :
Mehrere Mitbürgen, d. h. solche Bürgen, die für dieselbe Verbindlichkeit in vollem Umfang oder für denselben Forderungsteil einstehen, haften dem Gläubiger als Gesamtschuldner 107. Damit wird das Verhältnis der Mitbürgen zum Gläu104 Anders verhält es sich, wie soeben unter den Ziffern 1 - 3 dargelegt, im Falle der Kumulation von Sicherungsverbindlichkeiten; die "Hilfsschuldner" sind soJchenfalls nicht zu "einer" Leistung verpflichtet. 105 Wie hier bereits Cohn, JW 1906, Seite 410, 412. Auch Heck, Sachenrecht, Seite 428, hat die Auffassung vertreten, daß das Verhältnis zwischen mehreren Sicherungsgebern ein Sonderfall der Gesamtschuld sei. Die Ansicht, daß zwischen ihnen ungeachtet der juristischen Form der jeweils gestellten Sicherheit ein Ausgleich nach oder entsprechend der Vorschrift des § 426 durchzuführen ist, findet in der Literatur zunehmend Anhänger (Ehmann, Gesamtschuld, Seite 359 ff.; Esser /Weyers, Schuldrecht BT, 6. Auflage, § 40 IV 3, Seite 310; Finger, BB 1974, Seite 1416,1420 f.; Heinze, JR 1974, Seite 154, 155; Hüffer, AcP 171, Seite 470, 483; Medicus, Bürgerliches Recht, 13. Auflage, Rdnr. 941; früher schon R. Schmidt, JhJb 72, Seite I, 96 ff.; F. Schulz, Rückgriff und Weitergriff, Seite 66 ff.). Die von mir entwickelte Auffassung entspricht also zumindest im Ergebnis derjenigen zahlreicher Autoren. 106 Zum Begriff der "Mitbürgschaft" siehe meine Ausführungen im Zusammenhang mit den kumulierenden Sicherungsverbindlichkeiten oben, Fußnote 89. Einen interessanten Fall der Mitbürgschaft unterbreitet das bereits angeführte Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1987 (WM 1987, Seite 924): Der Kläger, ein Bürge, hatte seiner Einstandspflicht von rund 130 000 DM genügt und verlangte nunmehr Ausgleich von einem weiteren Bürgen, der sein Bürgschaftsversprechen unbeschränkt und unabhängig vom Kläger abgegeben hatte. Vorausgesetzt, daß sich der Kredit auf die Summe von 130000 DM beschränkte, bestand eine Mitbürgschaft in dieser Höhe. Der formularmäßige Ausschluß der Mitbürgschaft bedeutete nicht mehr, als daß die Bürgschaften bis zur vollen Befriedigung des Gläubigers kumulieren sollten; siehe dazu oben, Fußnote 90). Der Bundesgerichtshof führt aus, daß mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einem anteiligen Regreß auszugehen sei. 107 Befriedigt ein Bürge den Gläubiger, so treten Hauptschuldner und Mitbürge wiederum in ein Gesamtschuldverhältnis; man könnte insoweit von einem "gestuften Regreß" sprechen. Leistet ein Bürge etwa auf eine Hauptschuld in Höhe von 100 000 DM diese Summe, so ist ihm der Hauptschuldner zur Zahlung von 100000 DM (§§ 774, 426 II), der Mitbürge zur Zahlung von 50000 DM (§§ 769, 774 II, 426) verpflichtet. Da der Gläubiger insgesamt nur 100 000 DM erhalten soll ("Bereicherungsverbot"), sind Hauptschuldner und Mitbürge in Höhe von 50000 DM wiederum Gesamtschuldner (Preißer, JuS 1987, Seite 628,633 verwendet für diese Fälle den Begriff der "Ausgleichsgesamtschuld"). Zahlt der Mitbürge diesen Betrag, geht die Forderung gegen den Hauptschuldner auf ihn über (§ 426 II). Noch nicht hinreichend geklärt ist m. E. die Frage, ob sich der regreßberechtigte Bürge zunächst an den Hauptschuldner halten muß (in diesem Sinne
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
biger treffend umschrieben, und auch die Beziehung der Bürgen untereinander erfährt eine sachgerechte Regelung: Der leistende Bürge kann nicht über §§ 774, 426 11 i.V. m. 401 vollen Regreß bei einem Mitbürgen nehmen, sondern ist im Zweifel auf einen anteiligen Rückgriff beschränkt 108. (b) Eine Gesamtschuld entsteht auch zwischen einem Bürgen und einem bürgenähnlichen Gesamtschuldner lO9 , wie das OLG Celle in einem Beschluß aus dem Jahre 1986 zutreffend erkennt 110: Ein Darlehensvertrag über die Summe von 180000 DM war von der Ehefrau des Kreditnehmers sicherungshalber mitunterschrieben worden. Darüber hinaus hatte sich der Schwager der Frau für die Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 105 000 DM verbürgt. Nachdem der Schwager den Kreditgeber in Höhe von 105 000 DM befriedigt hatte, machte er einen Ausgleichsanspruch gegen die Ehefrau des Kreditnehmers gerichtlich geltend; dieser wurde ihm zuerkannt. Das Oberlandesgericht lehnte den Antrag der Ehefrau auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Berufung gegen das verurteilende Erkenntnis ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete. Es führt aus: "Wegen der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit von Bürgschaft und sichernder Schuldmitübernahme bietet sich als Lösung ... die entsprechende Anwendung des § 774 11 an, wonach Mitbürgen einander nur nach § 426 BGB haften ... " 111. M. E. hätte das Gericht den Ausgleichsanspruch des Bürgen unmittelbar auf § 426 gründen können:
etwa MünchKomm / Pecher, 2. Auflage, § 774 Rdnr. 23, 24) oder nach seiner Wahl den Mitbürgen in Anspruch nehmen kann. Zum Regreß unter Mitbürgen siehe noch BGHZ 83, Seite 206, 208-210. 108 § 77411 wiederholt insoweit mit der Feststellung, daß Bürgen einander nach § 426 haften, eine Erkenntnis, die sich bereits aus § 769 ergibt. Die KlarsteIlung rechtfertigt sich aus der Gefahr, Mitbürgen über die Bestimmung des § 401 wechselseitig einem vollen Regreß auszusetzen. Sie bringt mithin zum Ausdruck, daß die Vorschrift des § 426 der des § 401 vorgeht (in diesem Sinne bereits Kremer, Kleine Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 114, Nr. 2, Seite 203). § 401 ist folglich nicht maßgebend, wenn ein Forderungsübergang auf der Befriedigung des Gläubigerinteresses beruht; insoweit ist § 412 einschränkend zu interpretieren (a. A. BGHZ 46, Seite 14). 109 Zur bürgenähnlichen Stellung eines Gesamtschuldners bei Mitunterzeichnung eines Darlehensvertrags siehe bereits meine Ausführungen oben, 3. Teil, I I b, bb. 110 NJW 1986, Seite 1761. 111 A. a. 0., Seite 1761. Eine "Mitbürgschaft" im wirtschaftlichen Sinne entstand zwischen der Ehefrau und ihrem Schwager in Höhe von 105 000 DM, wobei die Verbindlichkeiten bis zur vollen Befriedigung des Gläubigers kumulieren sollten (siehe Fußnote 90). Durch die Zahlung von 105 000 DM seitens des Bürgen wurde die Ehefrau des Darlehensnehmers in Höhe dieses Betrags von ihrer Verbindlichkeit befreit (§ 422); aus der "Gestaltung des tatsächlichen Geschehens" (OLG a. a. 0., Seite 1762) ergab sich, daß die Ehefrau des Kreditnehmers im Verhältnis zu ihrem Schwager vorrangig haften, d. h. im Verhältnis der Sicherungsgeber untereinander "letztverpflichtet" sein sollte (siehe zu dieser Gestaltung auch Schlechtriern, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 1013, 1029). Dem Bürgen hafteten die Eheleute mithin wiederum als Gesamtschuldner; befriedigte ihn die Ehefrau, so konnte sie sich nunmehr an ihren Gatten halten ("gestufter Regreß").
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
149
Zum einen schuldeten die Ehefrau und ihr Schwager die Zahlung von 105 000 DM nicht doppelt, weil dies zu einer "Überbefriedigung" des Gläubigers geführt hätte (Ausschluß der Kumulation), zum anderen waren sie auch nicht nur jeweils in Höhe von 52 500 DM als Teilschuldner verpflichtet, weil der Schwager seine Einstandspflicht im Interesse des Gläubigers und nicht etwa zur Entlastung der Ehefrau im Außenverhältnis begründet hatte (Ausschluß der Teilschuld). Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Gesamtschuld waren mithin erfüllt 112. (c) Schließlich müßten auch mehrere Verpfänder und die Eigentümer von Grundstücken, belastet mit Hypotheken oder Grundschulden, als Gesamtschuldner zu betrachten sein, wenn sie das dingliche Recht zur Sicherung derselben Forderung an verschiedenen Sachen eingeräumt haben 113. Wird nämlich ein mit einem solchen Recht belasteter Gegenstand verwertet oder seine Verwertung durch die Zahlung einer entsprechenden Geldsumme abgewendet (§§ 1142, 1223 11), so versteht es sich von selbst, daß der Gläubiger - soweit er befriedigt ist nicht mehr gegen die übrigen Sicherungsgeber vorgehen darf. Für den Fall, daß mehrere Personen an verschiedenen Sachen ein Pfandrecht zur Sicherung derselben Forderung bestellt haben, läßt sich dem Gesetz ein Hinweis auf das Gesamtschuldrecht entnehmen: Mehrere Verpfänder haften untereinander wie Mitbürgen (§ 1225 Satz 2), und Mitbürgen ihrerseits sind Gesamtschuldner (§§ 77411,769) 114. Mithin ist das Verhältnis der Verpfänder verschiedener Sachen zum Gläubiger treffend durch die Norm des § 421 umschrieben, und 112 Die Norm des § 426 und nicht etwa § 401 hätte auch das Reichsgericht in seinem im 65. Band der Amtlichen Entscheidungssammlung auf den Seiten 164 ff. veröffentlichten Urteil anziehen müssen, um einen Rückgriff des Bürgen gegen einen Schuldmitübernehmer zu begründen. Dementsprechend hätte der BGH in der Entscheidung BGHZ 46, Seite 14 ff. den Regreß des Bürgen, welcher nur für das hier gesamtschuldnerisch haftende Ehepaar (vermutlich die Käufer von Einrichtungsgegenständen) eingetreten war, gegen den anderen (im Innenverhältnis freizustellenden) Gesamtschuldner (den Verkäufer der Gegenstände) auf die Bestimmung des § 426 stützen müssen und ihn nicht über § 401 ausschließen dürfen: Die Verbürgung für einen Gesamtschuldner hat nur zur Folge, daß der Bürge diesem Gesamtschuldner gegenüber voll in die Stellung des Gläubigers einrückt; die Befreiung des anderen (bürgenähnlich haftenden) Gesamtschuldners gemäß § 422 löst dagegen - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte einen kopfteiligen Ausgleichsanspruch aus (ebenso Medicus, Bürgerliches Recht, 13. Auflage, Rdnr. 944; a. A. Ehmann, Gesamtschuld, Seite 362). Der bürgenähnlichen Einstandspflicht des in Regreß genommenen Gesamtschuldners (hier des Verkäufers) wird dadurch Rechnung getragen, daß er sich wiederum an den "letztverpflichteten" Gesamtschuldner (hier die Käufer) halten kann; insoweit entspricht die Rechtslage der bei dem Rückgriff von Mitbürgen. Die Vorschrift des § 426 ist der vom Bundesgerichtshof allein erwogenen Regel des § 401 darin überlegen, daß sie dem vollen oder nur anteiligen Rückgriff offensteht. 113 Soweit ein dingliches Recht an einer gemeinschaftlichen Sache bestellt wird, kommt eine Gesamtschuldnerschaft für die Pflicht zur Duldung der Verwertung nicht in Betracht. So1chenfalls hat jeder Mit- oder Gesamtshandseigentümer den Zugriff geschehen zu lassen. Siehe dazu bereits oben, 2. Teil, III 2 a und 3 b. 114 Daß die Bestimmung des § 1225 nicht nur auf den ersten Absatz des § 774 verweist, führt Ehmann, Gesamtschuld, Seite 351, aus.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
im Rahmen des § 426 ist von der anteiligen Haftung aller Pfandschuldner auszugehen. Entsprechendes gilt für die Eigentümer mehrerer Grundstücke, die zur Sicherung einer und derselben Forderung mit Hypotheken belastet sind (sog. Gesamthypothek i. S. d. § 1132) 115. Die Leistung des einen - sei es, daß er die Zwangsvollstreckung duldet (§ 1147), sei es, daß er die Verwertung seines Grundstücks durch die Zahlung der zur Hebung kommenden Geldsumme abwehrt (§ 1142) - befreit auch die übrigen "Schuldner". Gemäß § 426 entstehen in einem solchen Fall Rückgriffsrechte 116, die verhindern, daß der leistende Grundstückseigentümer "zufällig", d.h. allein wegen seiner Inanspruchnahme durch den Gläubiger, für den ganzen Betrag haftet 117. Das BayObLG überträgt diese Erkenntnisse zutreffend auf die Gesamtgrundschuld, wenn es - freilich stets unter dem Gesichtspunkt, daß es einer "Zweckgemeinschaft" unter Gesamtschuldnern bedürfe ausführt 118: " ... Der Umstand allein, daß die Eigentümer der mit einer Gesamtgrundschuld belasteten Wohnungen 119 gemäß § § 1192, 1147 zu Zahlungen an den Grundpfandgläubiger nicht verpflichtet sind, schließt ... die Annahme einer Zweckgemeinschaft nicht bereits aus ... Ebenso wird die Anwendbarkeit der Regeln der Gesamtschuld nicht dadurch in Frage gestellt, daß ein Schuldner, anstatt der Duldungspflicht zu genügen, dieser durch "freiwillige" Zahlung gemäß § 1142 BGB zuvorkommt, denn der allein maßgebliche 115 Das Gesetz verwendet in mißverständlicher Ausdrucksweise - den Begriff der "einen" Hypothek. Die Einsicht, daß an jedem Grundstück nur eine selbständige Hypothek bestehen kann (sog. "Spezialitätsgrundsatz") führt zu der Erkenntnis, daß bei einer derartigen Sachlage mehrere Hypotheken entstehen, die sich allerdings auf ein und dieselbe Forderung beziehen; Wolff / Raiser, a. a.O., § 148 I Fußnote 3, Seite 612. A. A. Staudinger / Scherübl, 12. Auflage, § 1132 Rdnr. 2. Der Streit ist freilich akademischer Natur. 116 Freilich hat ein persönlicher Schuldner gegen einen mithaftenden Hypotheken"schuldner" keinen Anspruch aus § 426 I dahingehend, er, der Hypotheken-"schuldner" möge den Gläubiger durch Zahlung eines (anteiligen) Betrages befriedigen: Die dingliche Haftung ist keine persönliche Zahlungsschuld! Zutreffend Steinbach / Lang, WM 1987, Seite 1237, 1244; Schlechtriern, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 1013, 1043. 117 Der Regreß unter den Eigentümern der belasteten Grundstücke ist bestritten. Überwiegend wird ein Ausgleich mit der Begründung abgelehnt, daß das Gesetz in der Vorschrift des § 1173 11 keinen Ersatzanspruch gewähre, sondern voraussetze und dieser nicht "ohne weiteres" zwischen mehreren für eine Gesamthypothek mit ihren Grundstükken haftenden Eigentümern bestehe (so etwa RG Warn 1942, Nr. 44, Seite 132; Wolff / Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 148 VI, Seite 615). Zum Teil wird angeführt, eine grundpfandrechtliehe Ausgleichsregelung zwischen den ,,nachstehend Beteiligten" sei so verwickelt, "daß der praktische Erfolg den Aufwand nicht rechtfertigen" würde (Westermann, Sachenrecht, 5. Auflage, § 109 V 4, Seite 549). Beide Argumente können m. E. nicht überzeugen: Sie führen zu einer unbilligen, weil zufälligen Belastung des in Anspruch genommenen Eigentümers. Wie hier Ehmann, Gesamtschuld, Seite 353 und bereits R. Schmidt, JhJb 72, Seite 1,98 f.; F. Schulz, Rückgriff und Weitergriff, Seite 70 f. 118 NJW 1973, Seite 1881. 119 Das Grundpfandrecht erfaßt den jeweiligen Bestand des sog. "Sondereigentums" an einer Wohnung; siehe § 1 WEG und Palandt/Bassenge, 48. Auflage, WEG § 6 Anm. 2 e.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
151
Leistungserfolg, nämlich die Befriedigung des dinglichen Gläubigers mit befreiender Wirkung für alle dinglich Mithaftenden, bleibt im Ergebnis der gleiche. Demnach kann die gemeinschaftliche Haftung der Wohnungseigentümer gegenüber dem Gläubiger einer Gesamtgrundschuld durchaus eine Ausgleichspflicht gemäß § 426 begründen, wenn sie auch noch auf einer rechtlichen Zweckgemeinschaft im Sinne des § 421 BGB beruht " 120
(d) Eine Gesamtschuldnerschaft entsteht letztlich auch zwischen dinglichen und persönlichen Sicherungsgebern, wenn sie für dieselbe Forderung oder bei nur teilweisem Eintreten - für denselben Forderungsteil einstehen. Denn wiederum gilt: Der Gläubiger ist befriedigt, soweit ihm im Sicherungsfall die entsprechende Geldsumme, sei es vom persönlichen, sei es vom dinglichen "Hilfsschuldner" , verschafft wird 121. Im einzelnen umstritten ist in dieser Fallgruppe der Rückgriff: Haften z. B. ein Bürge und der Besteller einer Sicherungsgrundschuld im Verhältnis untereinander anteilig oder ist der "dingliche Schuldner" allein belastet, ist - anders ausgedrückt - "etwas anderes" als der Ausgleich nach Kopfteilen bestimmt? 122 Zum Teil wird ein einseitiges Rückgriffsrecht des Bürgen für sachgerecht gehalten; gestützt wird diese "Bevorzugung" des persönlichen Sicherungsgebers auf die Vorschrift des § 776, wonach der Bürge von seiner Verpflichtung frei wird, wenn der Gläubiger eine weitere Sicherheit aufgibt, welche dem Bürgen als Regreßgrundlage dienen könnte, und auf die Tatsache, daß der Bürge unbeschränkt haftet 123. Beide Argumente, das des einseitigen Rückgriffsrechts und das der unbeschränkten Bürgenhaftung, sind jedoch 120 Für eine Ausgleichspflicht im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile am Grundstück spricht sich Schlechtriem in der Festschrift für v. Caemmerer, Seite 1013, 1041 aus. 121 Zutreffend Steinbach/Lang, WM 1987, Seite 1237, 1239. Eine Gesamtschuld erwächst mithin zwischen dem Hauptschuldner sowie dem persönlichen und dem dinglichen SicherungsgebeT. Im Innenverhältnis soll letztlich der Hauptschuldner allein für die Befriedigung des Gläubigers einstehen; die Sicherungsgeber haften mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nur anteilig. Es kommt zu einem von mir als "gestuftem Regreß" bezeichneten Ausgleich (siehe oben, Fußnote 111 in diesem Abschnitt). 122 Nach allgemeiner Meinung ist ein "wechselseitiger Totalregreß" nach § 401 mit der Folge, daß der jeweils leistende Schuldner vollen Ausgleich bei seinen Mitschuldnern nehmen könnte, ausgeschlossen; siehe nur Steinbach/Lang, a.a.O., Seite 1241. Nach der hier vertretenen Auffassung verbietet sich die Anwendung des § 401 von selbst: Die Norm ist keine Regreßvorschrift, sondern verhindert lediglich für den Fall der Abtretung das Auseinanderfallen von Hauptschuld und sichernden Nebenrechten; sie wird von der Bestimmung des § 426 verdrängt, soweit der gesetzliche Forderungsübergang auf die Befriedigung des Gläubigers (§ 422) zurückgeht. Siehe bereits oben in diesem Abschnitt, Fußnote 108; a. A. Steinbach / Lang, a. a. 0., Seite 1239 Fußnote 33. Ebenso willkürlich wie ein "wechselseitiger Totalregreß" wäre die Regreßlosigkeit; a. A. - stets auf dem Unterschied von persönlicher Schuld und dinglichem Verwertungsrecht beharrend - Becker, NJW 1971, Seite 2151, 2154. Insoweit wie hier Steinbach/ Lang, a. a. 0., Seite 1243. 123 Strohal, JhJb 61, Seite 59, 100, 108; Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 38 IX 3 a, Seite 362; Larenz, Schuldrecht BT, 12. Auflage, § 64 III, Seite 469; Reinicke, NJW 1966, Seite 2141, 2144; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 194 I 3, Seite 800; OLG Posen OLGZ 1935, Seite 331; OLG Königsberg Seuff Arch 76, NT. 85.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
nicht stichhaltig: Zwar schützt § 776 den Bürgen vor einer willkürlichen Vereitelung seiner Rückgriffsmöglichkeiten durch den Gläubiger, dieser Schutz ist ihm jedoch nur insoweit zu gewähren, als er aus der aufgegebenen Sicherheit hätte Regreß nehmen können. Ob dem Bürgen ein Ausgleichsanspruch gegen den dinglichen Sicherungsgeber zusteht, ist aber eine Frage, die durch die angeführte Regelung gerade nicht beantwortet wird 124. Auch ist der Bürge trotz seiner unbeschränkten persönlichen Haftung nicht schutzbedürftiger als der dingliche Sicherungsgeber: Obwohl die größere Gefährdung des Bürgen nicht geleugnet werden kann, weil sein gesamtes Vermögen dem Zugriff des Gläubigers ausgesetzt ist, so ist doch nicht ersichtlich, warum dieses Risiko gerade zu Lasten des dinglichen "Schuldners" gehen soll 125 • Folglich liegt auch zwischen persönlichen und dinglichen Sicherungsgebern eine Gesamtschuld vor, die mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu einem kop/teiligen Ausgleich verpflichtet, § 426. Freilich ist der Ausgleichsanspruch insoweit inhaltlich beschränkt, als der dingliche Sicherungsgeber nur zur Duldung des Zugriffs, nicht aber zur Zahlung einer Ausgleichssumme verpflichtet werden darf; § 426 I greift mithin nicht zu Lasten des dinglichen Schuldners ein 126. Sollte eine persönliche Sicherungsverbindlichkeit (etwa eine Bürgschaftsverpflichtung) mit einer Sicherungsgrundschuld zusammentreffen, kann das Verwertungsrecht bei bestehendem Ausgleichsanspruch des persönlichen Schuldners auch nicht kraft einer cessio legis, sondern nur kraft eines rechtsgeschäftlichen Aktes übergehen, §§ 426 11, 255 in analoger Anwendung 127. Die Grundstruktur der Gesamtschuld bleibt gleichwohl unangetastet 128. ff) M. E. darf nunmehr als erwiesen gelten, daß jede Interzession eine Gesamtschuld begründet, und zwar sowohl im Verhältnis zur Hauptschuld als auch im Verhältnis zu anderen "Hilfsschulden": Denn stets dienen die einzelnen Verbindlichkeiten dazu, eine GläubigersteIlung, auf die alle Interzessionen Bezug nehmen, zu festigen. Eine angemessene Verteilung der Leistungslast unter den verschiedenen Schuldnern nimmt den Weg über § 426, wobei ein anderer Ausgleich als der nach Kopfteilen nicht nur durch Vereinbarung oder spezielle gesetzliche Regelung bestimmt wird; stets ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, aus der sich ergeben kann, daß ein Schuldner "letztlich" allein verpflichtet ist.
124 So Steinbach/Lang, a.a.O., Seite 1242 mit zahlreichen weiteren Nachweisen in Fußnote 83. 125 Zutreffend Steinbach / Lang, a. a. 0., Seite 1242 f. mit weiteren Nachweisen; Bayer/Wandt, JuS 1987, Seite 271, 274 m.w.N. 126 Siehe bereits oben in diesem Abschnitt, Fußnote 116. Anwendbar ist dagegen die Bestimmung des § 426 11, soweit es sich bei der dinglichen Sicherheit nicht um ein abstraktes Recht handelt (dazu die folgenden Ausführungen im Text): Soll etwa ein Hypothekenschuldner letztlich haften, so geht die Hypothek mitsamt der Forderung nach § 426 11 i.V. m. §§ 412, 401 auf den Bürgen über, wenn dieser den Gläubiger befriedigt. 127 Siehe dazu bereits oben in diesem Teil der Arbeit I 1 c, dd, dort unter Ziffer 2. 128 Siehe schon oben in diesem Teil der Arbeit unter I 1 c, dd.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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d) Die Rechtsübertragung sicherungs- oder erfüllungshalber als Entstehungstatbestand einer Gesamtschuld aa) Tritt der Schuldner eine Forderung sicherungshalber an den Gläubiger ab, muß nach den bisherigen Erkenntnissen ebenfalls eine Gesamtschuld entstehen: Der Gläubiger sieht sich zwei Verpflichteten gegenüber, die "eine" Leistung schulden 129, ohne Teilschuldner zu sein 130. Erfüllt einer der Schuldner seine Pflicht, darf der andere vom gemeinsamen Gläubiger nicht mehr belangt werden (§ 422)131. Auch die Vorschriften der §§ 423 ff. erweisen sich als genügend dehnbar, um selbst dieser an sich untypischen, weil mit einem "Drittschuldner" verbundenen Schuldnermehrheit gerecht zu werden. Bezogen auf das "Außenverhältnis" ist freilich anzumerken, daß dem Gläubiger der beliebige Zugriff auf einen der Schuldner kraft einer entsprechenden Sicherungsabrede versperrt sein wird; er hat sich solchenfalls zunächst an den ursprünglich Verpflichteten zu halten, bevor er das ihm nur sicherungshalber übertragene Recht verwirklicht 132. Die nachrangige Pflicht des sog. Drittschuldners (des Schuldners des Schuldners) steht jedoch einer Gesamtschuldnerschaft nicht entgegen I33. Die Besonderheit der Schuldverbindung besteht im Falle der Sicherungsabtretung denn auch darin, daß sich die Leistung des Drittschuldners aus dem abgetretenen Recht gleichzeitig als Erfüllung des Sicherungsgebers (des Schuldners) im Sinne des § 362 darstellt 134. Im Verhältnis der Schuldner untereinander ist der Sicherungsgeber mangels entgegenstehender Vereinbarung in vollem Umfang ausgleichsberechtigt; das sicherungshalber abgetretene Recht fällt gemäß § 426 11 wieder an ihn zurück, wenn er den Gläubiger befriedigt und keine abweichende Vereinbarung getroffen ist.
129 Die sicherungshalber erfolgte Abtretung dient der Abwicklung eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses. 130 Eine Teilschuld könnte auf folgende Weise entstehen: Der Gläubiger GIerläßt seinem Schuldner einen Teil der Verpflichtung (500 DM von 1 000 DM) und vereinbart nunmehr mit seinem eigenen Gläubiger G 2, dem er selbst 1 000 DM schuldet, die Zession der Restforderung von 500 DM an Erfüllungs Statt. In Höhe von 500 DM soll G 1 gegenüber G 2 weiterhin verpflichtet bleiben. Das Ergebnis lautet: Sund G 1 sind im Verhältnis zu G 2 Teilschuldner in Höhe von je 500 DM. 131 Unzutreffend sind daher folgende Ausführungen Ehmanns: " ... durch die Leistung des Schuldners der gesicherten Forderung wird der Schuldner der sicherungshalber abgetretenen Forderung nicht von seiner Schuld befreit" (a. a. 0., Seite 339). Im Verhältnis zum gemeinsamen Gläubiger wird durch die Leistung des einen der andere selbstverständlich befreit; der Gläubiger soll keine doppelte Befriedigung erlangen. 132 Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 398 Anm. 6 a, bb m. w. N.; Larenz, Schuldrecht AT, 14. Auflage, § 34 V, Seite 595; Serick, Eigentumsvorbehalt, Bd. 3, § 39 I 5, Seite 506. 133 Siehe oben in diesem Teil der Arbeit, I 1 c, bb. 134 Gemhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, § 9 I 7, Seite 157 und § 5 I 2 b, Seite 94; Reinicke/ Tiedtke, NJW 1981, Seite 2145, 2150 sub 4. Zu den daraus zu ziehenden Konsequenzen sogleich im Text.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Für eine andere Gestaltung des Rückerwerbs durch den Sicherungsgeber sprechen sich der Bundesgerichtshof und ein beachtlicher Teil der Literatur aus 135. Sie ziehen die Anwendung des Gesamtschuldrechts nicht in Betracht, sondern bejahen eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Rückübertragung des sicherungshalber abgetretenen Rechts. Der Bundesgerichtshof stellt an diesen Übertragungsakt indessen so geringe Anforderungen, daß die Annahme eines gesetzlichen Übergangs überzeugender wäre. Wenn er ausführt, daß die Rückabtretung auch stillschweigend erklärt und in der Tilgung der gesicherten Forderung mitenthalten sein könne 136, so fragt sich, worin der Unterschied zwischen rechtsgeschäftlichem und gesetzlichem Übergang denn liegt I37. Schwerer als diese dogmatischen Unterschiede wiegt m.E. die Feststellung eines führenden Handbuchs der Kreditsicherung, daß der bloße Rückübertragungsanspruch "die Interessenlage zugunsten des Sicherungsnehmers verschiebt" 138, mithin eine unausgewogene Formularpraxis der Banken anerkennt. Nicht anders als bei der Sicherungsabtretung einer persönlichen Forderung stellt sich das Verhältnis unter den verschiedenen Schuldnern und einem Gläubiger dar, wenn der ursprünglich Verpflichtete ein ihm zustehendes dingliches Verwertungsrecht sicherungshalber überträgt 139: Stets soll der Gläubiger nicht doppelt befriedigt werden 140. Regreßberechtigt ist wiederum regelmäßig der Sicherungsgeber; letztlich soll das zur Sicherheit übertragene Recht durchgesetzt werden können 141. Kompliziert stellt sich die Regelung des Innenverhältnisses dar, wenn neben dem Schuldner und Sicherungsgeber noch ein Mitschuldner vorhanden ist; eine Sachlage, über die der Bundesgerichtshof im Jahre 1981 zu befinden hatte 142. Vereinfacht dargestellt, lag dem Urteil folgender Sachverhalt zugrunde: A und S hatten als Gesamtschuldner bei einer Sparkasse ein Darlehen aufgenommen, das vereinbarungsgemäß an S ausgezahlt wurde. S übertrug der Sparkasse sicherungshal135
BGH NJW 1986, Seite 977. Aus der Literatur: Palandt / Heinrichs, 48. Auflage,
§ 398 Anm. 6 a, aa und bb sowie die Nachweise bei Serick, Eigentumsvorbehalt, Bd. 3, § 37 I 2 a, Fußnote 22.
BGH, a.a.O., Seite 977. Es soll nicht geleugnet werden, daß der Partei wille die Dispositivnorm des § 426 11 durch die Begründung der Pflicht zur rechtsgeschäftlichen Übertragung der Gläubigerrechte an den regreßberechtigten Schuldner an die Seite stellen kann. Als Regelfall sollte jedoch die cessio legis angesehen werden; nur so wird die gekünstelt wirkende Annahme eines auf den Forderungsübergang gerichteten "Parteiwillens" überflüssig. 138 Serick, a. a. 0., § 37 I 3 c, Seite 400. 139 Löst so1chenfalls der Eigentümer das Verwertungsrecht ab (§ 1142) oder duldet er die Zwangsvollstreckung (§ 1147), so wird hierdurch die Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners getilgt; Reinicke/Tiedtke, NJW 1981, Seite 2145, 2150. 140 Das Verbot der doppelten Befriedigung betonen zu Recht Reinicke / Tiedtke, a.a.O., Seite 2149 sub III 2. 141 BGHZ 80, Seite 228. 142 Ein Rückgriffsrecht des Eigentümers wird man ausnahmsweise annehmen können, wenn etwa dem Schuldner das übertragene Verwertungsrecht selbst nur treuhänderisch eingeräumt worden war. Zu dieser Gestaltung siehe Reinicke / Tiedtke, a. a. 0., Seite 2151 und das Urteil BGHZ 80, Seite 228, mit dem ich mich im folgenden auseinandersetze. 136 137
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ber eine Grundschuld, die auf dem Grundstück des E lastete und dem S (gegen Entgelt!) zu "Refmanzierungszwecken" eingeräumt worden war. Als das Darlehen nicht zurückgezahlt wurde, wandte sich die Sparkasse an E, der die Grundschuld ablöste (§§ 1142, 1192). E verlangte daraufhin Zahlung von A, dem hier so bezeichneten "Mitschuldner". Der Bundesgerichtshof macht den Ausgleichsanspruch des Eigentümers gegen A von dem zwischen A und S bestehenden Verhältnis abhängig; er setzt E - bildlich gesprochen - an die Stelle des S 143. Dieses Vorgehen halte ich für inkonsequent: Wenn das Gericht in seiner Vorstellung von einem Übergang der gegen S gerichteten Gläubigerbefugnisse aufE ausging 144, charakterisierte es E als "wahren" Sicherungsgeber, d. h. es behandelte E so, als habe er (E) der Sparkasse zur Sicherung ihres Anspruchs gegenüber S die Grundschuld bestellt 145. Als "wahrer" Sicherungsgeber hätte E von A jedoch in jedem Fall, d. h. unabhängig von dem Verhältnis A-S, Ausgleichung verlangen können, sei es, weil A ebenfalls nur "bürgenähnlicher" Darlehensschuldner war l46 , sei es, weil A gemeinsam mit S gegenüber der Sparkasse letztverpflichtet sein sollte 147.
Wandelt man den angeführten Sachverhalt dahin ab, daß Seine "echte" Fremdgrundschuld gegen E zustand, S mithin "wahrer" Sicherungsgeber war, so könnte S bei einer Ablösung der Grundschuld durch E bei A Rückgriff nehmen, weil er seine Grundschuld "geopfert" hat (§ 426). Durch die Ablösung des Verwertungsrechts hat nicht nur E auf die Grundschuld geleistet, sondern gleichzeitig hat auch S als Sicherungsgeber den Gläubiger befriedigt, § 362 148 • Entsprechend 143 Im einzelnen macht das Gericht den Ausgleich zwischen den persönlichen Schuldnern und dem Eigentümer des belasteten Grundstücks von einem Gesamtschuldverhältnis abhängig, das allein zwischen den persönlichen Schuldnern angenommen wird (a. a. 0., Seite 232). Besteht hiernach ein Anspruch auf Entlastung, so soll zu dessen Sicherung die Grundschuld nach § 401, einer Vorschrift des Zessionsrechts, und nicht etwa nach § 426 II i.V. m. § 255 auf den ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner übergehen. M. E. liegt der Fehler, wie bei der sog. "bestärkenden Interzession" (siehe oben Seite die Fußnoten 108 und 112 im vorliegenden Abschnitt), darin, daß wieder einmal die starre Regelung des § 401 dem elastischen Ausgleich nach dem Recht der Gesamtschuld vorgezogen wird. 144 Das Gericht verweist insoweit nur auf die rechtsgeschäftliche Abtretung aller Gläubigerbefugnisse durch die Sparkasse an E, die es unabhängig von bestehenden Rückgriffsrechten des E gegenüber S für wirksam hält (a. a. 0., Seite 232). Die Unrichtigkeit dieser Auffassung legen Reinicke / Tiedtke, a. a. 0., Seite 2150, dar: Ohne ein Rückgriffsrecht des E gegen S wird im Falle der Ablösung der Grundschuld die Darlehensverbindlichkeit des S getilgt (§ 362); S kann Entlastung bei A suchen (§ 426). Folglich ginge die Abtretung aller Gläubigerbefugnisse der Sparkasse an E ins Leere. Wenn der Bundesgerichtshof also von einer wirksamen Abtretung ausgeht, nimmt er inzident ein Rückgriffsrecht des E gegen S an. 145 Siehe zur Frage des Ausgleichs zwischen dem Hauptschuldner und dem Besteller einer Sicherungsgrundschuld oben in diesem Abschnitt, I I c, dd, dort unter Ziffer 2. 146 Zum "bürgenälmlichen" Gesamtschuldner siehe bereits oben in diesem Abschnitt, I 1 b, bb. 147 Treffend Reinicke / Tiedtke, a. a. 0., Seite 2150 f. Das Verhältnis A - S hätte im Hinblick auf den Rückgriff des A gegenüber Seine Rolle gespielt, wenn Aals "bürgenälmlicher" Darlehensnehmer von E in Anspruch genommen worden wäre und sich daraufhin an S gewandt hätte (Frage des "gestuften Regresses"; siehe dazu oben die Fußnoten 111, 121 in diesem Abschnitt). 148 Siehe bereits meine Ausführungen oben in diesem Abschnitt, lid, aa.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
hat E Regreßanspriiche weder gegen S noch gegen A; er ist solchenfalls der "LetztverpJlichtete" 149. Befriedigt dagegen der Gesamtschuldner, der keine Sicherheitsleistung erbracht hat (im gegebenen Fall A), den Gläubiger, so steht ihm ein Rückgriff gegen den Eigentümer aus dem dinglichen Recht 150 nur soweit zu, als er gegenüber dem Sicherungsgeber (im gegebenen Fall S) zum Rückgriff berechtigt ist. Man kann bündig so formulieren: Ist ein Schuldner zugleich ("wahrer") Sicherungsgeber, wird er im Hinblick auf Regreßrechte Dritter mit dem aus dem abgetretenen Recht Verpflichteten als eine Person behandelt. Was dagegen seine Ausgleichsanspriiche angeht, so tritt eine Häufung ein: Er kann die Rückübertragung eines abstrakten Rechts von dem Gläubiger und den Ausgleich von dem Dritt- oder dem Mitschuldner verlangen 151. Diese Konsequenzen erweisen sich als die "anderweitige Bestimmung" des Rückgriffs im Sinne des § 426. bb) Die Erkenntnisse über die Sicherungsabtretung einer Forderung und die sicherungshalber vorgenommene Übertragung eines dinglichen Rechts lassen sich auf die entsprechenden Akte "erfüllungshalber" übertragen: Die Befriedigung des Gläubigers durch Verwertung einer Sicherheit entspricht der Verwertung einer Leistung erfüllungshalber l52 . Die Abtretungen sicherungs- und erfüllungshalber begriinden lediglich eine "artverschiedene Finalität der Leistung" 153, womit nichts anderes ausgedriickt ist, als daß im Falle einer Zession zu Sicherungszwecken in erster Linie der ursprüngliche Schuldner belangt, im Falle der Leistung erfüllungshalber dagegen zunächst das erfüllungshalber übertragene Recht verwertet werden SOll154.
e) Zusammenfassung der Ergebnisse über den rechtsgeschäftlichen Ausschluß der Teilschuld Eine Gesamtschuld ist, wie immer wieder dargelegt, an zwei Voraussetzungen geknüpft: den Ausschluß einer Häufung der Verbindlichkeiten und den der Teilschuld. 149 Unterstellt, S erfüllt in dem berichteten Falle (BGHZ 80, Seite 228) die Darlehensschuld: Er kann dann sowohl A (anteilig) in Regreß nehmen (§ 426) als auch von der Sparkasse die Rückübertragung der Grundschuld analog §§ 426 H, 255 (zu dieser Analogie siehe oben im vorliegenden Abschnitt der Arbeit unter I 1 c, dd und dort unter Ziffer 2) verlangen. Die Rückgriffsrechte treten nebeneinander, weil S die Gläubigerin nicht nur befriedigt, sondern ihr darüber hinaus eine Sicherheit bestellt hat. 150 Der interne Ausgleich unter den Gesamtschuldnern in Anwendung des § 426 scheidet hier aus, weil ein selbständiges Rückgriffsverhältnis zwischen dem Mitschuldner A und dem Eigentümer nicht in Betracht kommt: Die Ausgleichsberechtigung beschränkt sich auf den Mitschuldner A und den Darlehensnehmer S, der mithin Gesamtschuldner und ("wahrer") Sicherungsgeber in einer Person ist. 151 Siehe oben in diesem Abschitt, Fußnote 143. 152 Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, § 9 I 7, Seite 157. 153 So Gernhuber, a.a.O., Seite 156. 154 In diesem Sinne auch Serick, Eigentumsvorbehalt, Bd. 3, § 39 I 5, Seite 506.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Das Verbot der Kumulation habe ich im Zusammenhang mit dem Merkmal der "einen" Leistung behandelt 155. Über das Verhältnis der Teil- zur Gesamtschuld führe ich zusammenfassend aus: Eine Teilschuld entfällt, unterwerfen sich die einzelnen Schuldner dem Interesse des Gläubigers an sicherer und bequemer Rechtsverfolgung; seine Stellung wird gefestigt 156. Daher steht für die Entscheidung der Frage, ob jeder Schuldner den Gläubiger in demselben Umfang wie ein Mitschuldner zu befriedigen hat, das Interesse des Gläubigers im Mittelpunkt 157. Die Teilschuld ist demgemäß ausgeschlossen, wenn dem Gläubiger nicht an einer Spaltung oder Zerlegung seiner Position gelegen sein kann, wovon regelmäßig auszugehen sein wird: Jeder Mensch handelt, wie die Erfahrung lehrt, zunächst im eigenen Interesse - soweit es die Umstände zulassen 158. Man wird demgemäß von "gläubigergünstigen" Verhältnissen sprechen dürfen, wenn zumindest ein Schuldner von seinem Vertragspartner eine Gegenleistung begehrt und I oder ein Schuldner ihm bereits das Recht auf die volle Leistung eingeräumt hat. Letzterenfalls wird er im nachhinein kaum eine einmal begründete Position auf mehrere Schuldner verteilen. Denn die Teilschuld bedeutet stets eine Vervielfachung des Aufwandes an Zeit, Kraft und Geld, um ein Recht verwirklichen zu können 159. Lassen "gläubigerfreundliehe" Umstände den Schluß zu, daß eine Teilschuld für die Verpflichteten nicht durchzusetzen ist, so erweisen sich die Gesamtschuldregeln der §§ 421 ff. stets als angemessene, jedem Einzelfall gerecht werdende Normen 160. Das gilt vor allem im Hinblick auf das Verhältnis unter den Schuldnern: Zu einem anteiligen Ausgleich nach Kopfteilen kommt es nur, soweit sich nicht aus Vereinbarung, ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (z.B. § 774) 161 oder aus "allgemeinen Werturteilen" 162 eine andere Verteilung der Leistungslast ergibt. Mithin ist festzuhalten: Schulden mehrere "eine" Leistung, so wird der Gläubiger an einem Ausschluß der Teilschuld interessiert sein. Lassen die äußeren Umstände den Schluß zu, daß er seinem Interesse vertraglich Geltung verschaffen konnte, entsteht eine Gesamtschuld, und zwar ohne daß ein weiteres Merkmal hinzutreten müßte. Siehe oben, 2. Teil, I. Siehe oben, 2. Teil, 11 2 und 3. Teil, I. 157 Siehe oben, 3. Teil, I. 158 Siehe oben, 3. Teil, I 1 a. 159 Siehe oben, 3. Teil, I 1 b. 160 Siehe eingehend oben, 3. Teil, I 1 c und bereits im 1. Teil, V 3 b. 161 Befriedigt der Bürge den Gläubiger, kann er kraft gesetzlicher Vorschrift vollen Regreß gegen den Hauptschuldner nehmen. 162 So die wörtliche Formulierung von Heck, Schuldrecht, Seite 236. Hinter ihr versteckt sich, ebenso wie hinter den Worten des Bundesgerichtshofs, wonach sich eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 aus der "Natur der Sache" ergeben könne (BGH NJW 1963, Seite 2067, 2068), nichts anderes als die Erkenntnis, daß die genannte Norm jede als billig empfundene Entscheidung trägt. Als Beispiel nenne ich den soeben erörterten Fall, daß einer der Gesamtschuldner der "wahre" Sicherungsgeber ist. 155
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
2. Der Ausschluß einer gemeinschaftlichen Schuld kraft Parteiwillens a) Die gemeinschaftliche Schuld als Ergebnis einer schuldnerfreundlichen Interessenbewertung Eine gemeinschaftliche Schuld entsteht, wenn mehrere eine unteilbare Leistung 163 zu erbringen haben - soweit sie nicht gesamtschuldnerisch verbunden sind. Welche Interessenlage spricht nun für die Begründung einer gemeinschaftlichen und welche für die einer Gesamtschuld? Ist es wiederum das von den Schuldnern anerkannte Interesse des Gläubigers an sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung, das den Schluß auf eine Verbindung im Sinne der §§ 421 ff. zuläßt? Die Frage ist zu bejahen: Während die gemeinschaftliche Schuld wegen der notwendigen Inanspruchnahme aller Verpflichteten die Verantwortung des einzelnen begrenzt, weitet sie die Gesamtschuld aus: Jeder ist hier dem Anspruch des Gläubigers in vollem Umfang ausgesetzt 164. Mithin liegt auch bei einer unteilbaren Leistung die Vereinbarung einer Gesamtschuld vor allem im Interesse des Gläubigers 165. 163 Ich wiederhole an dieser Stelle die in der Einleitung unter II 3 angeführte Definition: Eine Leistung ist unteilbar, wenn eine Teilleistung körperlich gar nicht möglich ist (etwa das Zusammenwirken einer Artistengruppe oder einer Akkordkolonne von Fliesenlegern oder Maurern), wenn unabhängig voneinander erbrachte Einzelleistungen sich nicht zu einer (von den Einzelleistungen verschiedenen) Gesamtleistung sinnvoll zusammenfügen (etwa im Falle der ärztlichen Behandlung in einer Gemeinschaftspraxis), oder wenn sich die Teilleistung eines einzelnen Schuldners ohne die Zustimmung der anderen als rechtswidriger Zugriff auf einen Vermögenswert erweisen könnte (etwa bei einer Zahlung aus einem Gesamthandsvermögen oder der Räumung einer gemeinschaftlich genutzten Wohnung). 164 Die Formulierung des § 431: "Schulden mehrere eine unteilbare Leistung, so haften sie als Gesamtschuldner" ist mißverständlich, weil sie den Schluß zuläßt, daß eine Gesamtschuld stets erwächst, wenn mehrere eine unteilbare Leistung zu bewirken haben. Dieser Schluß kann jedoch nicht richtig sein; es gäbe dann überhaupt keine gemeinschaftliche Schuld, deren Auswirkungen nicht mit denen der Gesamtschuld zusammenfielen! § 431 muß folglich so gelesen werden: "Schulden mehrere eine unteilbare Leistung in der Weise, daß jeder die gesamte Leistung zur bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist, so sind die Verpflichteten Gesamtschuldner." Damit stellt die Norm nur klar, daß das, was für teilbare Leistungen gilt, auch für unteilbare Leistungen Gesetz ist (siehe bereits oben, 1. Teil, VIII 3 d, cc). 165 In diesem Sinne auch Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 24. Freilich entspricht die Gesamtschuld bei unteilbaren Leistungen häufig auch den Interessen der Schuldner, wenn jeder von ihnen imstande ist, den Gläubiger zu befriedigen: Die Schuldner werden solchenfalls eine Arbeitsteilung in dem Sinne vereinbart haben, daß jeder von ihnen bestimmte Verpflichtungen allein erfüllt. Man beachte in diesem Zusammenhang, daß die unteilbare Leistung nicht zwangsläufig auf eine gemeinschaftliche Schuld hinführt: Die Unteilbarkeit besagt lediglich, daß die Leistung nicht in einzelne, unverbundene Teile zerlegt werden kann. Ob sie eine gemeinschaftliche oder eine Gesamtschuld begründet, hängt auch von dem unerläßlichen oder
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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Beauftragt ein Mandant das Mitglied einer Anwaltssozietät mit seiner Vertretung, so werden aus diesem Vertrag regelmäßig alle Mitglieder der Sozietät verpflichtet 166. Freilich möchte der Mandant nicht alle Anwälte gemeinschaftlich in Anspruch nehmen müssen; er wird sich vielmehr an einen Anwalt seines Vertrauens, im Falle der Abwesenheit aber auch an jedes andere, dann aber nur gesamtschuldnerisch verpflichtete Sozietätsmitglied wenden wollen. Das für die Anwaltssozietät Gesagte gilt entsprechend für den Abschluß eines Behandlungsvertrags mit den Ärzten einer Gemeinschaftspraxis 167. Schließlich liegt die Vereinbarung einer Gesamtschuld auch im Interesse des Vermieters (Verleihers), der mehreren Mietern (Entleihern) an einer Sache Mitbesitz einräumt 168: Er will die Mietsache (den entliehenen Gegenstand) nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht nur von allen Mietern gemeinschaftlich, sondern von jedem allein zurückverlangen dürfen 169. Ob den Interessen des Gläubigers im Vertrag durch Begründung einer Gesamtschuld Rechnung getragen wird, ist durch Auslegung zu ermitteln. Von einer Gesamtschuld wird dabei ausgegangen werden können, wenn die Verpflichteten oder die Berechtigten untereinander eine Arbeitsteilung in dem Sinne wünschen, daß jeder der übernommenen Aufgabe allein nachkommt, wie es etwa bei den Mitgliedern einer Anwaltssozietät oder den Ärzten einer Gemeinschaftspraxis der Fall ist. verzichtbaren Zusammenwirken der Verpflichteten ab. Man vergleiche hierzu die notwendige Vereinigung der Kräfte einer Artistengruppe mit der Möglichkeit des Sozius in einer Anwaltspraxis, den Klienten allein zu beraten und zu vertreten. 166 Siehe dazu zunächst die Nachweise aus der Rechtsprechung oben, I. Teil, VIII Fußnote 103. Der Vertrag kommt zustande, indem entsprechende Willenserklärungen von den Mandanten und den Mitgliedern der Sozietät (gegebenenfalls in Vertretung) abgegeben werden. Zur Rechtsberatung und -vertretung verpflichten sich die Anwälte, nicht die Sozietät als solche; das gesamthänderisch gebundene Sondervermögen der BGB-Gesellschaft - um eine solche handelt es sich bei der Anwaltssozietät (siehe nur Palandt / Thomas, 48. Auflage, § 705 Anm. 9 b, aa m. w.N.) - wird nicht in die Erj'üllungspflicht einbezogen, weil mit ihm die persönliche Betreuung des Mandanten nicht bewirkt werden kann. Ich folge damit für den vorliegenden Fall der traditionellen Gesamthandslehre, die im Rahmen einer BGB-Gesellschaft als Vertragspartner die einzelnen Gesellschafter betrachtet: Anders als bei den handelsrechtlichen Personengesellschaften, bei denen allgemein anerkannt ist, daß ein Vertrag mit der Gesamthand zustandekommt (siehe nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 111, 2 Seite 1002 f.), oder den sog. "unternehmenstragenden Gesellschaften des bürgerlichen Rechts" (zu dem BegriffK. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 11 4 a, Seite 1277) steht bei den Verträgen mit einer Anwaltssozietät bzw. einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis nicht das unternehmerische, wirtschaftliche, sondern vielmehr das persönliche, ideelle Moment im Vordergrund (insoweit a.A. K. Schmidt, a.a.O., § 58 III 5 b, Seite 1282 f.). Zur Haftung des Sondervermögens siehe sogleich im Text. 167 Ich verweise insoweit auch auf meine Ausführungen oben, I. Teil, VIII 3 d, cc (2). 168 Solchenfalls handelt es sich bei der Rückgabe der Mietsache um eine unteilbare Leistung; siehe oben, 1. Teil, VIII 3 d, cc (3). 169 Siehe dazu bereits oben, 1. Teil, VIII 3 d, cc (3).
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
b) Die gemeinschaftliche Schuld als Ergebnis mangelnder Qualifikation des einzelnen Dagegen wird man das Interesse des Gläubigers an einer Gesamtschuldnerschaft zu verneinen haben, wenn der einzelne gar nicht qualifiziert genug ist, um die gesamte Leistung allein zu erbringen. Mithin liegt die Annahme einer Gesamtschuld für den Erfüllungsanspruch neben der Sache, wenn ein Bauunternehmer und ein Elektriker die Herstellung einer mit Leuchtröhren durchzogenen Betondecke in der Weise übernehmen, daß das Werk, wie der Bundesgerichtshof in einer frühen Entscheidung ausführt 170, "nicht gespalten werden kann". Das Gericht äußert sich darüber wie folgt: "Aufgrund der Aussagen der Zeugen . . . ist festgestellt, daß die Armierung des Lichtbandes in die Betonteile der Decke überging und daß das Lichtband mit der Decke ein festgefügtes Ganzes bildete. Die Haupt- und Querbewehrung des Glasstahlbetonteiles ging durch den Stahlbetonteil der Deckenglocke hindurch, so daß die ganze Decke eine konstruktive Einheit darstellte. Der Bau des Lichtbandes konnte von dem Bau der übrigen Decke nicht getrennt werden ... (Es) ergibt sich aus der festgestellten Besonderheit der übernommenen Arbeit, daß beide Unternehmer als Gesamtschuldner für die Herstellung des ein unteilbares Ganzes bildenden Werkes haften ... Jeder Unternehmer war bei seiner Arbeit auf die Mitwirkung des anderen angewiesen ..." 171. Der Bundesgerichtshof kann die Gesamtschuld im angeführten Sachverhalt meines Erachtens nicht überzeugend begründen: Gegen diese Schuldverbindung spricht im Hinblick auf den Erjüllungsanspruch, daß der Gläubiger die "Armierung des Lichtbandes" kaum vom Bauunternehmer verlangen und dieser sich seinerseits kaum zu dieser Arbeit verpflichten wird! Die Argumentation des Gerichts ist aus einem zweiten Grunde ungenau: Der Bundesgerichtshof hatte nicht über den Erfüllungs-, sondern nur über einen Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen eines Baurnangels zu befinden. Eine Gesamtschuld im Hinblick auf Sekundäransprüche ergibt sich jedoch nicht aus der Verbindung der Erfüllungsansprüche in dem Sinne, daß jeder Gesamtschuldner Erfüllungsgehilfe (§ 278) der Mitverpflichteten wäre und auf diese Weise ein Geflecht von Leistungs- und Haftungsansprüchen entstünde, in dem der eine für den anderen kraft Gesetzes verantwortlich wäre: Ein Gesamtschuldner "bedient" sich nicht seines Mitverpflichteten zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit, weil der andere Teil seine Befugnis zur Befriedigung des Gläubigers nicht aus dem Willen des (Gesamt- )Schuldners ("Hilfsperson"), sondern aus der Forderung des Gläubigers herleitet, der gesichert sein will 172. Folgerichtig geht 170
NJW 1952, Seite 217.
171
A. a. 0., Seite 217.
172 Deutlich Nussbaum, Eberings Rechts- und Staatswissenschaftliche Studien, Heft 1, Nr. 1, Seite 65 f.: "Ferner ergibt sich aus der Wendung, "deren sich der Schuldner "bedient", unmittelbar, dass alle die Personen nicht hierher gehören, welche zwar Verbindlichkeiten des Schuldners erfüllen, aber ihre Befugnis dazu nicht aus dem Willen
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
161
die Bestimmung des § 425 von der .. Einzelwirkung" des Verschuldens aus. Eine ..andere", in § 425 zugelassene Bestimmung kann indessen in einer von den Schuldnern übernommenen Einstandspflicht, einer "Garantie" also liegen, die unabhängig davon entsteht, ob der Erfüllungsanspruch des Gläubigers gemeinschaftlich oder gesamtschuldnerisch zu befriedigen ist 173. Im angeführten Beispiel hätte der Bundesgerichtshof eine stillschweigend begründete Einstandspflicht jedes Schuldners annehmen können, weil sich der Gläubiger nicht der Gefahr aussetzen wollte, daß jeder Unternehmer die Verantwortung für Versäumnisse und ihre Folgen auf den anderen Teil abwälzt 174. Die Garantie schützt den Gläubiger vor einer komplizierten, d. h. vor allem mit Beweisschwierigkeiten verbundenen Rechtsverfolgung 175. Sie kommt freilich nur in Betracht, wenn der garantierende Schuldner dadurch nicht unzumutbar belastet wird 176.
des Schuldners herleiten, wie ... ein Korrealschuldner im Verhältnis zu seinem correus USW." 173 Das übersehen auch Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 17 f., 55, wenn sie behaupten, mehrere schuldeten eine unteilbare Leistung stets dann gemeinschaftlich, wenn jeder nur für sein eigenes Verhalten einstehen soll. Zutreffend dagegen BGHZ 65, Seite 226, 227 und Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 25 f. 174 In diesem Sinne, freilich für eine Gesamtschuldnerschaft unter den Unternehmern im Hinblick auf die Erfüllung: Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 18,55. Wie hier Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 26. 175 Eine garantieartige Einstandspflicht und damit das Interesse des Gläubigers an einer möglichst sicheren und unkomplizierten Rechtsverfolgung erkennt der Bundesgerichtshof auch in einem Urteil aus dem Jahre 1975 (BGHZ 65, Seite 226) an: Hier hatte der Vermieter eines Kraftfahrzeugs den Wagen verspätet und beschädigt zurückerhalten. Nunmehr verlangte er von einem der beiden Mieter eine Entschädigung. Der verklagte Mieter hatte den Vertragsbruch jedoch nicht selbst zu verantworten; der andere Mieter, der keine Fahrerlaubnis besaß, war mit dem PKW ohne Wissen des Beklagten nach Spanien gefahren. Der Bundesgerichtshof befand, daß der am Schaden an sich schuldlose Mieter "in bezug auf die vertragsmäßige Erfüllung der Rückgabepflicht eine garantenartige Stellung" gegenüber dem Vermieter einnehme (a. a. 0., Seite 229) und bejahte damit die Haftung bei der Mieter als Gesamtschuldner (kritisch dazu Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 57 f.). Die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht steht im übrigen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage, ob die Rückgabe des Fahrzeugs gesamtschuldnerisch zugesagt war (letzteres wird vom BGH kurzerhand bejaht); die garantieartige Einstandspflicht kann, wie das angeführte Urteil zur Herstellung der Betondecke zeigt, auch an eine gemeinschaftliche Verbindlichkeit anknüpfen. In diesem Sinne auch Jürgens, Teilschuld-Gesamtschuld-Kumulation, Seite 26. 176 Aus dieser Erwägung heraus hätte das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil aus dem Jahre 1983 eine gegenseitige Einstandspflicht unter den Mitgliedern einer Akkordkolonne für Maurerarbeiten gegenüber ihrem Arbeitgeber ablehnen können (BAG DB 1983, Seite 2200). Im konkreten Fall bestand freilich eine ausdrückliche Abmachung dahingehend, daß kein Akkordteilnehmer für einen Schaden einzustehen brauchte, den er persönlich nicht zu verantworten hatte. Allerdings traf ihn für seine Nichtbeteiligung die Beweislast, wie die in der Entscheidung a. a. O. wiedergegebenen Vertragsbedingun-
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
c) Die wechselseitige Einstandspflicht der Sozii einer Anwaltskanzlei und gemeinschaftlich praktizierender Ärzte Eine wechselseitige Einstandspflicht verbindet sich auch mit der Betreuung durch eine Anwaltssozietät oder eine Gemeinschaftspraxis: In Abweichung von § 425 verspricht jeder Schuldner, für eigenes und fremdes Fehlverhalten, mithin auch das seiner Kollegen, einzustehen. Zutreffend führen A. und M. Friedländer 177 zur Haftung der Mitglieder einer Anwaltssozietät aus: "Die wichtigste Frage ist die der Haftung für gegenseitiges Verschulden. Sie ist - trotz § 425 Abs. 2 BGB - allgemein dahin zu beantworten, daß jeder Sozius
für das vertragliche Verschulden des anderen haftet, soweit es sich um Anwaltsverträge handelt, welche für die betreffenden Sozien als gemeinsame gelten. Die Regel des § 425 gilt nur, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. Hier aber ergibt sich die stillschweigende, gegenseitige Garantie der Sozien aus dem konkreten Schuldverhältnisse. Es würde dem Anwaltsstande schlecht anstehen, wenn bei gemeinsamen Verträgen mit mehreren Sozien nicht einer für den anderen einstehen wollte, und jeder die Verantwortung für eine Tätigkeit ablehnen könnte, die nur infolge der zuflilligen inneren Geschäftseinteilung nicht von ihm selbst ausgeübt wurde ... Dazu kommt, daß die Haftung für das Verschulden des Mitkontrahenten bei der Eigenart des Rechtsverhältnisses ... ein unbedingtes Verkehrsbedürfnis ist. Der Klient ist häufig gar nicht in der Lage, festzustellen, welcher der Sozien den Fehler begangen hat ..." 178. Der Vertrag mit einer Anwaltssozietät l79 enthält mithin drei Erklärungen der in ihr verbundenen Anwälte: Sie verpflichten sich gesamtschuldnerisch zur Beratung und Vertretung des Mandanten 180, sie versprechen "als Gesellschafter" die (gemeinschaftliche) Haftung des Gesellschaftsvermägens für jeden Schadenser-
gen zeigen; eine solche Beweislastumkehr hat das Bundesarbeitsgericht bereits in der Entscheidung BAG AP § 611, NT. 4 Akkordkolonne bejaht. Allgemein gegen eine wechselseitige Einstandspflicht der Akkordteilnehmer Stehl, DB 1969, Seite 348, 352: "Die Haftung eines jeden Arbeiters einer Kolonne aufs Ganze ist . . . von der Sache her weder geboten noch angemessen. Dem Arbeitnehmer würde auf diese Weise ein Risiko aufgebürdet, das keine Entsprechung in seinem Lohn findet ... Er hat auch ... nicht die Möglichkeit, Rücklagen für derartige Risiken zu bilden." Gegen eine Gesamtschuld im Ergebnis auch D. Gaul, DB 1968, Seite 984. Für die Haftung mehrerer Arbeitnehmer läßt sich der folgende Gedanke entwickeln: Entsteht aus dem Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer (einer sog. "Betriebsgruppe") ein Schaden, der nach den Grundsätzen der Schlechterfüllung zu ersetzen wäre, so hat der Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, die Beschäftigten aufgrund einer wechselseitigen Einstandspflicht als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen (insoweit zutreffend auch das LAG Berlin in einem unveröffentlichten Urteil vom 30. 10. 1989, Az: 9 Sa 66/89). Unter Umständen kann ihm jedoch eine Umkehr der Beweislast zustatten kommen. 177 Kommentar zur Rechtsanwaltsordnung, 3. Auflage, Exkurs zu § 40 Rdnr. 15. 178 A. a. 0.; Hervorhebungen z. T. von der Verfasserin. Wie Friedländer, freilich ohne die Konstruktion einer gegenseitigen Garantie und unter besonderer Hervorhebung der Beweisschwierigkeiten, bereits RGZ 85, Seite 306, 307 f. und später BGHZ 56, Seite 355, 362 f.; BGH NJW 1985, Seite 1154. 179 Entsprechendes gilt für den Vertragsschluß mit einer Gemeinschaftspraxis. 180 Siehe dazu oben, 1. Teil, VIII3d, ce (1) und 3. Teil, I 2 a.
I. Die Vertragsgesamtschuld als Mittel der Gläubigersicherung
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satzanspruch, sollte er sich auch nur gegen ein Mitglied der Sozietät richten 181, und sie verbinden sich schließlich in einer gegenseitigen Garantie, die sie persönlich, mithin auch ihr Privatvermögen, trifft 182.
d) Die wechselseitige Garantie als Mittelpunkt der Gesamtschuld bei unteilbarer Leistung Die Beispiele aus dem Recht der Anwalt- und Ärzteschaft zeigen, daß weniger die Erfüllung der vertraglichen Pflicht als vielmehr die Folgen einer Nicht- oder Schlechterfüllung im Mittelpunkt des praktischen Interesses stehen; bilden doch den Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten meist Schadensersatzanspruche 183. Ist eine Garantie gegeben, so entsteht eine Gesamtschuldnerschaft über eine teilbare Leistung, weil der Schaden regelmäßig in Geld zu ersetzen ist. Die gesamtschuldnerische Verpflichtung des einzelnen geht dann wieder auf das Sicherungsinteresse des Gläubigers zuruck: Die Schuldner treten gewissermaßen im voraus einer möglichen Schadensersatzverpflichtung wechselseitig bei, um die Anspruche des Gläubigers gegenwärtig zu sichern 184.
e) Zusammenfassung Man vergegenwärtige sich an dieser Stelle, was im Abschnitt über den Ausschluß der gemeinschaftlichen Schuld, mithin über das Entstehen der Gesamtschuld bei unteilbaren Leistungen, ausgeführt wurde: Schulden mehrere eine unteilbare Leistung, so kommt der Ausschluß einer gemeinschaftlichen Schuld in erster Linie dem Interesse des Gläubigers entgegen. Er muß nicht mehr alle Schuldner gemeinsam, sondern kann jeden einzelnen auf die volle Leistung belangen. In der Regel ist mit der Gesamtschuld im Hinblick auf den Erfüllungsanspruch die wechselseitige Garantie für Schadenser181 Nach der wohl als vorherrschend zu bezeichnenden "Lehre von der Doppelverpflichtung" begründet ein ,,namens der Gesamthand" eingegangenes Verpflichtungsgeschäft Verbindlichkeiten sowohl der Gesellschaft als auch der einzelnen Gesellschafter kraft rechtsgeschäftlicher Erklärung. Siehe dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III 4 a cc, Seite 1351 m. w. N. 182 Die gegenseitige Einstandspflicht in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts läßt sich entgegen Beuthien, DB 1975, Seite 773, 774 nicht auf die Vorschrift des § 278 gründen: Der einzelne Gesellschafter ist keine "Hilfsperson" des anderen, weil er seine Pflicht zur Befriedigung des Gläubigers von diesem selbst ableitet (siehe dazu bereits oben in diesem Abschnitt unter 2 b). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht § 60 II 2 a, Seite 1336 nennt die Konstruktion der Erfüllungsgehilfenschaft "fragwürdig". Wie Beuthien bereits Josef, GruchB 44, Seite 413, 419. 183 Siehe etwa RGZ 85, Seite 406 oder bereits RGZ 22, Seite 314, weiter BGHZ 56, Seite 355; 70, Seite 247 und BGH NJW 1985, Seite 1154. 184 Zum Schuldbeitritt siehe oben, 3. Teil, I 1 c, aa.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
satzansprüche verbunden, weil dem Gläubiger auch so eine möglichst sichere, von Beweisschwierigkeiten befreite Stellung eingeräumt wird.
3. Der Parteiwille als Grund des Ausschlusses von Teil- oder gemeinschaftlicher Schuld - eine abschließende Interessenbewertung Während die Teilschuld bei teilbaren und die gemeinschaftliche Obligation bei unteilbaren Leistungen die Verpflichtung des einzelnen begrenzen und damit "schuldnerfreundlich" sind, führt die Gesamtschuld zur Ausweitung der Leistungspflicht, weswegen diese Schuldverbindung "gläubigerfreundlich" zu nennen ist. Die Gesamtschuld eröffnet dem Gläubiger die Möglichkeit, statt aller nur einen Schuldner zu belangen und von diesem die ganze Leistung zu fordern; man kann insoweit von einer "bequemen und sicheren Rechtsverwirklichung" sprechen. Dem Gläubiger wird es gelingen, diese ihm günstige Schuldverbindung vertraglich sanktionieren zu lassen, wenn wenigstens einer der Schuldner von ihm eine Leistung begehrt (Gewährung eines Kredits an ein Ehepaar) 185 oder wenn ihm ein Anspruch unter Bezugnahme auf eine bereits bestehende Obligation eingeräumt wird (sog. bestärkende Interzession) 186: So1chenfalls wird er sich kaum auf eine Begrenzung oder gar Schmälerung seiner Rechte einlassen. Der Interessenwiderstreit zwischen den Schuldnern einerseits und dem Gläubiger andererseits wird vielmehr zugunsten des Gläubigers gelöst werden, so daß jeder Verpflichtete dem Berechtigten gegenübersteht, als sei er der alleinige Schuldner. Im rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmen sich mithin Inhalt und Umfang von Ansprüchen, die auf "eine" Leistung gerichtet sind, danach, ob das Bedürfnis des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung vertraglich gutgeheißen wird. Mit anderen Worten: Jeder von mehreren zu "einer" Leistung Verpflichteten schuldet die ganze Leistung, wenn er sich dem vom Gläubiger (zumindest auch) verfolgten Sicherungszweck unterwirft. Sollte das der Fall sein, entsteht stets eine Gesamtschuld (§ 421).
11. Der Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld kraft Gesetzes wegen des Gläubigerinteresses an "leichter und sicherer Rechtsverfolgung", der "Vorlage" des sachferneren für den sachnäheren Schuldner sowie des Verbots, vertragliche Zusagen nachträglich einzuschränken Hat von mehreren Personen jede die Leistung in vollem Umfang und allein zu bewirken, so beruht dies nicht immer auf einem entsprechenden Parteiwillen: Die Gesamtschuld kann auch kraft Gesetzes entstehen. 185 186
Zu diesem Beispiel siehe meine Ausführungen oben, 3. Teil, I 1 b, bb. Siehe oben, 3. Teil, I I c.
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
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In diesem Falle bezieht das Gesetz mehrere Ansprüche aufeinander, so daß sich der Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld aus einer gesetzlichen Wertung rechtfertigt. Dementsprechend treten z. B. ein Spediteur von Gütern und der von ihm mit der Ausführung eines Transports beauftragte Frachtführer gegenüber dem Versender und Eigentümer der Ware in ein Gesamtschuldverhältnis, wenn sie für deren Verlust oder Beschädigung, sei es aus dem Speditionsvertrag, sei es aus unerlaubter Handlung, verantwortlich sind I. Eine rechtsgeschäftliche Begründung der Gesamtschuld ist hier nicht nötig. Sie ergibt sich von Gesetzes wegen kraft des Ausschlusses der Kumulation, mithin aus dem Gesichtspunkt des Bereicherungsverbots, und des Ausschlusses der Teilschuld. Diese ist bei der hier dargestellten Haftung des Spediteurs und des Frachtführers zu verneinen, weil in ihrem Verhältnis zueinander der Frachtführer als "eigentlicher" und "sachnäherer" Schädiger allein für die Einbußen aufzukommen hat. Entschädigt also der Spediteur den Vertragspartner und Eigentümer, tritt er für den Frachtführer "in Vorlage". Es handelt sich, wie noch auszuführen sein wird 2 , um eine gesetzlich begründete Gesamtschuld, deren Sinn nicht in der Sicherung des Gläubigers, sondern darin besteht, den "sachferneren" Schuldner zwar nicht zu entlasten, aber nur "in Vorlage" für den anderen leisten zu lassen, um ihm dann den vollen Rückgriff gegen den eigentlich Verantwortlichen zu ermöglichen. Die Wertungen, nach denen eine Teilschuld bzw. gemeinschaftliche Schuld ausscheidet, gilt es im folgenden ausführlich 3 offenzulegen, um die gesetzlichen Entstehungsgründe der Gesamtschuld zu erkennen.
1. Der im Gesetz zum Ausdruck kommende Sicherungszweck als Entstehungsgrund der Gesamtschuld Läßt sich der im Vertragsrecht als maßgebend erkannte Gedanke, daß die Gesamtschuld anstelle der beschwerlichen Rechtsveifolgung der Teil- und gemeinschaftlichen Schuld die möglichst sichere und bequeme Abwicklung gewährleistet, auch dem Gesetz entnehmen? Die Frage ist, was im folgenden auszuführen sein wird, deutlich zu bejahen.
I Diesen Sachverhalt hatte das Reichsgericht im Jahre 1911 (RGZ 77, Seite 317 ff.) zu entscheiden. In dem dargestellten Fall handelte der Frachtführer als Erfüllungsgehilfe des Spediteurs in dessen Verhältnis zum Absender. 2 Siehe unten, 3. Teil, 11 2 und bereits oben, 2. Teil, II 2 b. 3 Ein Hinweis auf die zu entwickelnden Gedankengänge findet sich bereits oben, 2. Teil, II 2.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
a) Der gesetzliche Schuldbeitritt In zahlreichen Gestaltungen entstehen gesetzlich begründete Ansprüche allein zu dem Zweck, eine bestehende Forderung zu sichern. Diese Sicherungsverbindlichkeiten sind in ihrem Bestand von der Forderung abhängig, die sie verstärken: Zwischen Sicherungsobligation und gesicherter Schuld erwächst eine Gesamtschuld 4. Fälle, in denen das Gesetz einem "Urschuldner" Verpflichtete an die Seite stellt, um dem Gläubiger den Zugriff auf ein bestimmtes Vermögen als Haftungsgrundlage zu eröffnen 5 oder seine Ungewißheit über den richtigen Anspruchsgegner auszuräumen 6, kurz gefaßt: um ihm die Verwirklichung einer wohlbegründeten Forderung zu erleichtern, seien im folgenden dargestellt. aa) Ich beginne mit dem Beispiel der Haftung der Gesellschafter einer oHG bzw. der Komplementäre einer KG für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, §§ 128, 161 HGB?: Sie rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt, daß ohne sie - mangels einer Einlagepflicht der GesellschafterS und dem fehlenden Gesetzeszwang, das Gesellschaftsvermögen zu erhalten - die Gläubigerrechte stark gefährdet sein könnten 9• Sie bezweckt mithin die Festigung der GläubigersteIlung und hat Interzessionscharakter lO , weswegen sowohl eine Anspruchshäufung als auch eine Teilung ausgeschlossen sind 11. Die Konsequenz dieser Ausschlüsse 4 Im Gegensatz zur rechtsgeschäftlich begründeten Sicherungsverbindlichkeit läßt sich hier die Erfüllungswirkung nicht mit dem Eintritt einer (rechtsgeschäftlich zu vereinbarenden) auflösenden Bedingung erklären (dazu oben im 1. Teil, VIII Fußnote 61). Sie findet allein im Bereicherungsverbot ihre Stütze. 5 Ich nenne als Beispiel die Haftung des Vermögensübemehmers neben der des Veräußerers. 6 Ich nenne als Beispiel die Haftung desjenigen, der ein Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, neben der des bisherigen Inhabers. ? Verbindlichkeiten der oHG oder KG sind nach heutiger Auffassung keine rechtsgeschäftIich begründeten Schulden der Gesellschafter, sondern ausschließlich Schulden der Gesellschaft; die persönliche Haftung der Gesellschafter begründet eigene, von der Gesellschaftsschuld deutlich zu trennende gesetzliche Verpflichtungen. Dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 II 2, Seite 1003 m. w.N. und die folgenden Ausführungen im Text. S "Es ist naturgemäß üblich, aber nicht in jedem Fall notwendig, daß der Gesellschafter eine Einlage leistet. Nur die Förderung des gemeinsamen Zwecks durch Beiträge ist unerläßlich, nicht dagegen die Leistung einer Einlage ... " (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 II 1 a, Seite 1013). 9 Den Sicherungszweck der Gesellschafterhaftung betont das Urteil BGHZ 36, Seite 224, 227. Danach ist die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter gleichsam der Preis, den sie dafür zahlen, daß sie keine Gesellschaftsform mit gesetzlicher Kapitalsicherung gewählt haben. Ebenso BGHZ 72, Seite 217, 224. 10 Zutreffend spricht Fischer im HGB Großkommentar, 3. Auflage § 128 Anm. 17, von dem "Interzessionscharakter der persönlichen Haftungsverbindlichkeit" . 11 Gesellschaft und Gesellschafter schulden mithin "eine" Leistung, weil die gegen sie gerichteten Ansprüche nicht kumulieren. Unabhängig davon stellt sich die Frage nach dem Inhalt der Gesellschafterhaftung. Nach der sog. "Erfüllungstheorie" kann vom Gesellschafter stets die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeit verlangt werden, nach
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ist, daß die Gesellschafts- und die Gesellschafterverbindlichkeit eine Gesamtschuld bilden, wobei auch die Gesellschafter untereinander wiederum Gesamtschuldner sind, § 128 HGB 12. (1) Diese Erkenntnis, die sich aus der gesetzestreuen Anwendung der §§ 420, 421 ergibt, wird freilich im einschlägigen Schrifttum nahezu einhellig abgelehnt 13.
Zwar ist heute unumstritten, daß Gesellschafts- und Gesellschafterverbindlichkeit nebeneinander bestehen. Die früher h. M. 14, der das Reichsgericht 15 und anfänglich auch der Bundesgerichtshof 16 folgten, ist überwunden: Sie ging von der Vorstellung aus, daß nur eine Verbindlichkeit der Gesellschafter - freilich mit zwei verschiedenen Haftungsmassen - vorhanden sei. Heute ist für die handelsrechtliehe Personengesellschaft die Existenz zweier Verbindlichkeiten anerkannt 17. Diese Auffassung rechtfertigt
der sog. "Haftungstheorie" haften die Gesamtschuldner nur auf geldlichen Ersatz, im Falle einer Sachleistungspflicht mithin nur auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, Schlechterfüllung oder Verzuges. Die ,,Erfüllungstheorie" herrscht vor; siehe dazu die Nachweise bei K. Schmidt, JuS 1987, Seite 826, 827 Fußnote 5 und BGH WM 1987, Seite 847. Sie wird vom BGH freilich im Sinne der "Haftungstheorie" eingeschränkt, wenn die Erfüllung einer Gesellschaftspflicht den Gesellschafter in seiner Privatsphäre wesentlich stärker als eine Geldleistung beeinträchtigen würde; BGHZ 73, Seite 217, 221. M. E. steht der Annahme einer Erfüllungspflicht nichts im Wege; ist das Urteil nicht vollstreckbar, wie etwa die Auflassung eines der Gesellschaft gehörenden Grundstücks durch einen Gesellschafter (§ 894 ZPO fingiert nicht die Verfügungsbefugnis, siehe § 898 ZPO), so ermöglicht es doch ein Vorgehen nach § 283 BGB mit Fristsetzung, Ausschluß der Erfüllung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung. In diesem Punkte a.A.: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 III 2, Seite 1054. 12 Das Gesetz statuiert an dieser Stelle auch eine Einstandspflicht der Gesellschafter füreinander. Befriedigt einer von ihnen den Gläubiger, so entsteht unter den regreßpflichtigen Teilhabern (§ 426) und der Gesellschaft selbst (§ 110 HGB) ein Gesamtschuldverhältnis: Der leistende Gesellschafter kann aus dem Gesellschaftsvermögen vollen und von den Mitgesellschaftern anteiligen Ausgleich verlangen. Freilich ist er gehalten, seine Befriedigung zunächst aus dem Gesellschaftsvermögen zu suchen (BGHZ 37, Seite 299, 302 f.), weil dieses für die Berichtigung der Gesellschaftsschulden bestimmt ist. 13 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 11 3, Seite 1043 f. und § 49 11 4, Seite 1049 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. 1 , § 5 IV 1, Seite 284; Hadding, ZGR 1973, Seite 137, 149; Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 14 f. A. A. Thielmann, ZHR 136, Seite 397, 398 Fußnote 5 a.E.; Flurne, Festschrift für Knur, Seite 125, 128, 130, der zutreffend von einem "Gesamtschuldverhältnis mit akzessorischem Charakter der Haftungsverbindlichkeit" spricht (ebenso im Allgemeinen Teil, Bd. I/l, § 16 11 2 a, Seite 286); ihm zustimmend Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 93; Lindacher, JuS 1982, Seite 504, 506 sub 4. Zum Ganzen siehe noch Preißer, JuS 1987, Seite 289 ff. 14 H. Lehmann, ZHR 79, Seite 57, 73; Düringer / Hachenburg / Flechtheim, 3. Auflage, § 128 Anm. 1, 5. 15 RG JW 1928, Seite 2612; RGZ 139, Seite 252, 254; anders aber RG JW 1902, Seite 78 f. und andeutungsweise bereits AG Flensburg Seuff Arch 20, Nr. 127 aus dem Jahre 1867. 16 BGHZ 5, Seite 35, 37; 34, Seite 293, 297. 17 Umstritten ist diese rechtliche Verselbständigung der Gesamthand bei der BGBGesellschaft. Im Vordringen begriffen ist die Auffassung, daß die BGB-Gesellschaft im Hinblick auf ihre rechtliche Selbständigkeit wie die oHG oder KG zu behandeln ist,
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
sich vor allem aus der Tatsache, daß die Gesellschaft im Rechtsverkehr als eine geschlossene Einheit auftritt 18 und die Person des Gesellschafters gegenüber dem Zusammenschluß in den Hintergrund rückt. (2) Gegen eine Gesamtschuld zwischen Gesellschaftsverbindlichkeit und Gesellschafterhaftung wird die in § 129 HGB zum Ausdruck kommende Akzessorietät der Gesellschafterschuld angeführt 19. Beispielhaft behauptet etwa K. Schmidt: "Da nun ein Verhältnis der Akzessorietät vorliegt, passen die §§ 421 ff. BGB grundsätzlich nicht ... In diesem - auf die Rechtsfolgen bezogenen - Sinne kann man sagen: Zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern besteht kein Gesamtschuldverhältnis "20. Der Autor übersieht, daß die Gesamtschuld nicht von der Rechtsfolge des § 425 her definiert werden kann, wie es K. Schmidt vorschwebt. Sie knüpft allein an den Ausschluß von Häufung und Teilung an. Die sog. Akzessorietät einer Verbindlichkeit steht daher einer Gesamtschuld nicht im Wege; die "offene" Regelung des § 425 läßt, wie schon bei der Bürg-
wenn sie als Außengesellschaft und als Trägerin eines Unternehmens auftritt. In diesem Sinne K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 II 4, Seite 1276 ff.; a. A. BGHZ 74, Seite 242 f. Zum Ganzen unten, 3. Teil, III 1 b, bb. 18 Man lese nur §§ 105 I, 106, 124, 131, Nr. 3 HGB sowie 209 KO. 19 Siehe die Nachweise in Fußnote 13. Mit dem Hinweis auf die Ähnlichkeit zwischen Gesellschafter- und Bürgenhaftung, mithin auf die Akzessorietät, lehnt auch der Bundesgerichtshof eine Gesamtschuld zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterverbindlichkeit ab (BGHZ 47, Seite 376 ff.). Das Gericht erklärt hier die Vereinbarung zwischen einer KG und ihrem Gläubiger für unwirksam, wonach die Haftung zwar der Gesellschaft, nicht aber dem Komplementär erlassen werden sollte. Es stützt seine Auffassung der Sache nach auf die Akzessorietät der Gesellschafterhaftung und kommt im Ergebnis zum Fortbestand der Leistungspflicht von Gesellschaft und Gesellschaftern (a. a. 0., Seite 379, 381). M. E. hätte dieses Ergebnis auch innerhalb eines Gesamtschuldverhältnisses begründet werden können: Der "Erlaß" gegenüber der Gesellschaft war als bloßes, praktisch freilich überflüssiges "pacturn de non petendo" auszulegen, das zwar die Leistungspflicht des Gesellschafters, aber auch seine Regreßrechte, Einwendungen und Einreden unberührt ließ; letzteres, weil es keinen Vertrag zu Lasten Dritter gibt. Siehe zu diesem "pactum de non petendo" Wacke, AcP 170, Seite 42, 45 -47, 54). Einen echten Erlaß allein zugunsten der Gesellschaft mit der Folge, daß der Gesellschafter ohne die Möglichkeit des Rückgriffs Schuldner bleibt, kann es nur geben, wenn dieser der Abrede zustimmt (BGH WM 1975, Seite 974 m. w.N.) - auch wenn man Gesellschaft und Gesellschafter als Gesamtschuldner ansieht. 20 Gesellschaftsrecht, § 49 II 4, Seite 1049 f. Ähnlich HGB Großkomm / Fischer, 3. Auflage, § 128 Anm. 17 und Wiedemann, GeseIlschaftsrecht, Bd. 1, § 5 IV 1, Seite 284: ,,Aus der Akzessorietät der Gesellschafterschulden folgt nur, daß die Verweisung auf §§ 427, 422 nicht paßt ... " Bezeichnenderweise wird diese Behauptung bereits im nächsten Satz wieder aufgehoben, wenn es heißt: "Im Interesse des Gesellschafterschutzes wirken sich Erfüllung, Erlaß ... unmittelbar auf die lediglich der Untermauerung der Hauptschuld dienende Gesellschafterhaftung aus" - damit wird die "Gesamtwirkung der Erfüllung" (§ 422) bejaht! Auch die Darlegungen von K. Schmidt sind unschlüssig: So befürwortet er die gesamtschuldnerische Verurteilung von Gesellschaft und Gesellschaftern (a. a. 0., § 49 II 4, Seite 1050) mit dem Hinweis, daß es bei dem "Gesamtschuld-Begriff des § 100 IV ZPO" auf Akzessorietät oder Nicht-Akzessorietät nicht ankomme (?).
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
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schaft dargetan, die enge Bindung einer "Hilfs-" an die "Hauptschuld" ohne Schwierigkeit zu 21.
(3) Die Vorschrift des § 110 HGB, wonach ein Gesellschafter von der Gesellschaft die Erstattung notwendiger Aufwendungen verlangen kann, stellt sich als Sonderregelung zu § 426 I dar; § 426 11 bleibt jedoch für den Übergang von Ansprüchen auf den leistenden Gesellschafter anwendbar. Wer diesen Übergang für nicht sachgerecht erachtet, ist für die Vemeinung "beweispflichtig". Der Hinweis, § 426 könne nicht angewendet werden, weil zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterverbindlichkeit keine Gesamtschuld bestehe 22, beruht auf der bloßen - begriffsjuristischen - Behauptung, daß sich die Akzessorietät nicht mit der Annahme einer Gesamtschuld vertrage. Dem ist die hier begründete Erkenntnis entgegenzuhalten, daß allein § 421 über das Entstehen dieser Verbindung entscheidet. Inwieweit "gesellschaftsrechtliche Grundsätze" dem Forderungsübergang entgegenstehen könnten, ist nicht ersichtlich 23: Auch hier handelt es sich um eine unbewiesene Behauptung. (4) Zum Teil wird der Forderungsübergang nicht auf § 426 11, sondern auf die Bestimmung des § 774 gestützt 24. Diese Analogie geht indessen fehl, weil der Forderungsübergang unmittelbar auf § 42611 beruht, mithin keine Regelungslücke besteht 2s • Eine Parallele zum Bürgschaftsrecht eröffnet sich freilich insoweit, als es sich sowohl bei der Bürgen- als auch bei der Gesellschafterschuld um Verbindlichkeiten mit Interzessionscharakter handelt, bei denen regelmäßig ein einseitiges Rückgriffsrecht des "Hilfsschuldners" angezeigt ist. (5) Haften Gesellschaft und Gesellschafter als Gesamtschuldner, so ergreift diese Verbindung auch den ausgeschiedenen Gesellschafter (§ 159 I HGB). Fraglich ist lediglich, ob sich seine Verbindlichkeit - wie die des aktiven Teilhabers - akzessorisch zur Gesellschaftsschuld entwickelt; schließlich kann er vom Zeitpunkt seines Ausscheidens an die Geschäftsführung nicht mehr beeinflussen und Fehlentwicklungen nicht mehr verhindern 26. Für die Akzessorietät spricht jedoch, daß der Gläubiger bei Vertragsschluß auf die Haftung des später ausgeschiedenen Teilhabers vertrauen durfte. Eine unzumutbare Belastung wird
21 Ich verweise insoweit auf meine Ausführungen zur Bürgschaft oben, 3. Teil, I 1 c, bb. 22 In diesem Sinne etwa BGHZ 39, Seite 319, 323; Baumbach / Duden / Hopt, HGB, 27. Auflage, § 128 Anm. 4 A; HGB Großkomm / Fischer, 3. Auflage, § 128 Anm.4 A.
23 So aber BGHZ 39, Seite 319, 323 f. mit Verweis auf BGHZ 37, Seite 299. Die Entscheidung im 37. Band betrifft jedoch nur die Frage des Regresses bei Mitgesellschaftern. Der BGH führt in diesem Zusammenhang aus, daß sich der Gesellschafter vorrangig aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigen muß (a. a. 0., Seite 302 f.). 24 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 V 1, Seite 1063. 2S § 774 ist wiederum nur eine Spezialnorm zu § 426 11, siehe oben, 3. Teil, I Fußnote 64. 26 Dazu BGHZ 87, Seite 286, 290; 78, Seite 114, 116 f.; 36, Seite 224, 227 und bereits Lehmann, ZHR 79, Seite 57, 64, 74.
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durch die zeitliche Begrenzung seiner Haftung vennieden (§ 159 I HGB: Verjährung in fünf Jahren nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft). Kraft des Vertrauens schutzes haftet der Ausgeschiedene auch für die Sekundäransprüche; besondere Rechtshandlungen des Gläubigers, die erforderlich sind, um sie gegen die Gesellschaft auszulösen 27 , brauchen nur gegenüber dem Vertragspartner, also der oHG bzw. KG, vorgenommen zu werden 28. Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters ist damit materiell-rechtlich in demselben Umfang von der Gesamthandsverbindlichkeit abhängig wie die des aktiven Teilhabers; die Entwicklung der während seiner Teilhaberschaft begründeten Schuldverhältnisse triftt auch ihn 29. Ebenso wie der aktive kann auch der ausgeschiedene Teilhaber die Gesellschaft in Regreß nehmen, wenn er den Gläubiger befriedigt hat, § 426 30 • bb) Neben der Gesellschafterhaftung aus § 128 HGB sei als Beispiel für den gesetzlichen Schuldbeitritt und Beleg für die Gesamtschuld ein weiterer handelsrechtlicher Sachverhalt angeführt: Die Vorschrift des § 25 I HGB läßt den Firmenübernehmer neben dem ursprünglichen Inhaber für dessen Verbindlichkeiten haften. Die Einstandspflicht 27 Z. B. eine Mahnung gemäß § 284 I, um Verzugsfolgen auszulösen, oder eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 326 I BGB. 28 Wie hier Hadding, ZGR 73, Seite 137; differenzierend HGB Großkomm / Fischer, 3. Auflage, § 128 Anm. 59. In der Entscheidung BGHZ 34, Seite 224, 227 wird die Frage offengelassen; a.A. RGZ 65, Seite 26, 28, 29. 29 Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen die Akzessorietät der Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in Frage gestellt, letztlich aber doch bejaht: BGHZ 48, Seite 203, 205; 39, Seite 319, 324; 36, Seite 224, 227. Im Sinne des BGH bereits RGZ 125, Seite 417. In prozessualer Hinsicht wird man freilich zwischen dem ausgeschiedenen und dem der Gesellschaft angehörenden Teilhaber unterscheiden müssen: Aus § 129 I HGB läßt sich entnehmen, daß ein rechtskräftiges Urteil zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschaftsgläubiger insoweit gegen den Gesellschafter wirkt, als es auch ihm die Einwendungen nimmt, die der Gesellschaft durch die Rechtskraft abgeschnitten sind (allg. Ansicht; siehe nur Stein / Jonas / Schumann / Leipold, 19. Auflage, § 325 Anm. VI 3 c oder BGHZ 63, Seite 51, 54). Für den vor Klageerhebung ausgeschiedenen Gesellschafter muß etwas anderes gelten, soweit sich ein gegen die Gesellschaft ergangenes Urteil zu seinen Ungunsten auswirken würde: Er kann so1chenfalls die Entwicklung des erst nach seinem Ausscheiden begründeten Prozeßrechtsverhältnisses nicht beeinflussen; häufig erfahrt er gar nicht von dem Prozeß, so daß er dem Streit auch nicht als Nebenintervenient beitreten kann (BGHZ 44, Seite 229, 233 f.). Insoweit ist die Stellung des ausgeschiedenen Gesellschafters der des Bürgen vergleichbar (dazu im einzelnen Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, Seite 138). 30 Zutreffend wendet der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 39, Seite 319, 325 § 426 II zugunsten des ausgeschiedenen Gesellschafters an. Das Gericht hält die Norm für maßgeblich, weil "der ausgeschiedene Gesellschafter in vollem Umfang Erstattung der von ihm erbrachten Zahlung verlangen kann und dabei keinen gesellschaftlichen Bindungen mehr unterworfen ist ..." Im Ergebnis ebenfalls für die Anwendung des § 426 II: Preißer, JuS 1987, Seite 289, 291.
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rechtfertigt sich in erster Linie aus der mit einer Firmenübernahme verbundenen Ungewißheit der Kunden: Wem gegenüber sollen Gläubiger und Schuldner des Unternehmens ihre Ansprüche geltend machen und an wen schuldbefreiend leisten 31 ? Die Haftung des Übernehmers bezweckt mithin eine sichere und unkomplizierte Rechtsverwirklichung 32 • Die Stellung der Gläubiger soll gefestigt, nicht etwa der frühere Inhaber entlastet werden. Damit sind die Weichen für die Gesamtschuldnerschaft gestellt: Das im Mittelpunkt des § 25 I HGB stehende Sicherungsinteresse verhindert sowohl die Häufung als auch die Teilung der Ansprüche. cc) Nicht nur im Handels-, sondern auch im Bürgerlichen Gesetzbuch finden sich zahlreiche Fälle des gesetzlichen Schuldbeitritts. Ich beginne mit der Haftung eines Ehegatten für Verbindlichkeiten, die der andere Partner zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs begründet hat (§ 1357 I). Der hier angenommene Schuldbeitritt 33 soll einen Gläubiger vor Verlusten durch den Abschluß mit einem nicht zahlungsfähigen Ehegatten bewahren, obwohl der andere Gatte die finanziellen Mittel zu seiner Befriedigung besitzt 34 • Auch hier wird mithin kraft Gesetzes ein Recht geschaffen, um einem anderweitig begründeten und möglicherweise gefährdeten Anspruch zur Durchsetzung zu verhelfen. dd) Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, die Bestimmung des § 143711, wonach in einer Gütergemeinschaft der das Gesamtgut velWaltende Ehegatte persönlich für die Gesamtgutsverbindlichkeiten seines Partners haftet, mit der des § 1357 in einem Atemzuge zu nennen: § 1437 11 stellt an die Seite des nicht verwaltungsberechtigten den verwaltungsberechtigten Ehegatten und sichert auf diese Weise gefährdete Gläubigerrechte. Ohne die gesamtschuldnerische Haftung könnte nämlich der verwaltungsberechtigte Ehegatte durch Transaktionen aus
In diesem Sinne auch HGB Großkomm / Hüffer, 4. Auflage, § 25 Rdnr. 27 f. Der Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes ist es, der m. E. dafür spricht, die Haftung des Firmenübemehmers letztlich nicht an einen von ihm geäußerten Willen anzuknüpfen. Letzteres ist, wie vieles im Rahmen des § 25 HGB, streitig; siehe dazu HGB Großkomm / Hüffer, 4. Auflage, § 25 Rdnr. 3 - 32. 33 Den Begriff des gesetzlichen Schuldbeitritts verwendet zutreffend Wacke, FamRZ 1977, Seite 505, 522. 34 Wacke führt im Münchener Kommentar zu diesem Punkte aus: "Vor allem resultiert aus der Rollenvariabilität speziell bei der Vollfamilie für die Gläubiger eine Unsicherheit hinsichtlich des verdienenden Ehegatten, zu deren Ausgleich die Gesamthaftung erforderlich ist" (a. a. 0., § 1357 Rdnr.8). Die Gesetzesmaterialien sprechen unbestimmt von einem "gewissen Interesse an der Sicherheit des Rechtsverkehrs" (BT-Drucks. 7/650, Seite 99). Die Vorschrift soll nicht nur den Gläubigerschutz verwirklichen, sondern auch dem haushaltsführenden Ehegatten eine Tätigkeit in eigener Verantwortung ermöglichen (BT-Drucks. a. a. 0., Seite 98). Freilich ist es stets das Gläubigerprivileg , das von Rechtsprechung (BGHZ 94, Seite 1,3; LG Aachen, NJW 1980, Seite 1472, 1473) und Lehre (Wacke, FamRZ 1977, Seite 505, 520; Büdenbender, FamRZ 1976, Seite 662, 66) betont wird. 31
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dem Gesamtgut in sein Vorbehaltsgut und die bevorzugte Begleichung eigener Schulden aus dem Gesamtgut den Gläubigern des Partners die Haftungsgrundlage entziehen 35. ee) Ein gesetzlicher Schuldbeitritt mit der Folge des Entstehens einer Gesamtschuld ist auch im Falle des Betriebsübergangs zu erkennen. Hier kann der Beschäftigte wegen seiner Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die vor Ablauf eines Jahres nach Betriebsübergang fällig werden, nicht nur den Erwerber als neu eintretenden Vertragspartner, sondern auch den ursprünglichen Inhaber in Anspruch nehmen, § 613 a 11 36 • Der Arbeitnehmer erscheint in der Phase des Übergangs schutzbedürftig, weil Unsicherheiten über die Person seines Schuldners auftreten könnten 37. Die Zweifel über den "richtigen" Schuldner können z. B. darin ihren Grund haben, daß der Betriebsübergang der Belegschaft zu spät oder zu wenig genau mitgeteilt wurde. Selbst wenn der neue Inhaber bekannt ist, können sich Schwierigkeiten aus einer unklaren Rechtslage, etwa bei noch nicht angetretenem Urlaub, ergeben. Mithin bezweckt das Gesetz wiederum die Sicherung von Gläubigerinteressen, und zwar gegenüber dem Veräußerer. ff) Den Zweck, die Verwirklichung eines bestehenden Anspruchs zu sichern, verfolgt auch die Regelung des § 556 III, die dem Vermieter den Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gegen einen Untermieter einräumt 38. Sinn dieser Bestimmung ist es, daß der Vermieter nicht vom Hauptmieter die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Untermieter kraft des § 281 BGB oder dessen Pfändung nach § 886 ZPO soll erreichen müssen, um sich alsdann mit dem Besitzer auseinanderzusetzen 39 ; der Vermieter soll vielmehr das Recht haben, gegen den Unter35 Dazu MünchKomm/Kanzleiter, § 1437 Rdnr.l; Staudinger/Thiele/Thiele, 12. Auflage, § 1437 Rdnr.4. Die Sicherung eines gefährdeten Gläubigerrechts bezweckt auch die Norm des § 1480, wonach selbst derjenige Ehegatte für eine Gesamtverbindlichkeit einzustehen hat, der zur Zeit der Teilung des Gesamtgutes nicht haftete: Hier soll die Gesamtschuld verhindern, daß dem Gläubiger unverhofft der Zugriff auf eine Haftungsgrundlage - das Gesamtgut - entzogen wird. Dazu Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 4, Seite 834 (Protokolle). 36 Ob der Schuldbeitritt eine "originäre" Haftung des Betriebsveräußerers oder die Fiktion eines weiterbestehenden Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Arbeitnehmer beinhaltet, lasse ich dahinstehen. Dazu Löwisch, ZIP 1986, Seite 1101 f. Ansprüche, deren Erfüllung dem Betriebsveräußerer unmöglich ist (z. B. Gewährung von bezahlter Freizeit), gehen nicht wegen Unmöglichkeit unter (§ 275), sondern verändern sich inhaltlich, indem sie sich auf eine Geldleistung richten (undeutlich BGH WM 1985, Seite 1272, 1274). 37 Über die Berechtigung des Gläubigerschutzes spricht sich Schaub im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 613 a Rdnr. 67, nicht deutlich aus. Die - zeitlich begrenzteHaftung des Betriebsveräußerers ist angemessen, weil der Gegenwert der Arbeitsleistung in den Betrieb geflossen ist und sich dadurch der Veräußerungs- oder Pachterlös erhöht hat; Schaub, ZIP 1984, Seite 272, 277. 38 Entsprechende Regelungen finden sich für den Leihvertrag in § 604 IV und für die Pacht in § 581 H. 39 Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 851.
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mieter selbst vorzugehen 40. Dient der gesetzliche Beitritt des Untermieters aus § 556 III der besseren Durchsetzbarkeit des Rückgabeanspruchs, so verbietet sich eine gemeinschaftliche Schuld 41 zwischen dem Haupt- und dem Untermieter von selbst: Der Sicherungszweck läßt vielmehr eine GesamtschuldnerschaJt entstehen 42. gg) Neben den angeführten Beispielen kennt das Gesetz zahlreiche andere Fälle des Schuldbeitritts, die allgemein als Gesamtschuldgestaltungen anerkannt sind: So haften der Vermögensübernehmer neben dem Veräußerer (§ 419 1)43, der Erbschaftskäufer neben dem Erben (§ 2382) 44 oder der ursprüngliche Vermieter neben dem neuen Eigentümer der Mietsache (§ 571 11)45 als Gesamtschuldner. Stets bezweckt die Haftung des Schuldmitübernehmers die Sicherung von Gläubigerinteressen. Man darf formulieren: Die Haftung eines Schuldmitübernehmers ist vom Sicherungszweck getragen. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen gesetzlichem und vertraglichem Schuldbeitritt 46 • hh) Ich fasse zusammen: Sicherungsverbindlichkeiten können nicht nur kraft Rechtsgeschäfts, sondern auch kraft Gesetzes entstehen. Letzterenfalls spricht man vom "gesetzlichen 40 Ist der Vermieter gleichzeitig Eigentümer des Mietobjekts, muß der Untermieter dem Herausgabeanspruch aus § 985 genügen, weil er dem Eigentümer gegenüber kein abgeleitetes Recht zum Besitz im Sinne des § 986 I 1 2. Variante geltend machen kann. Daher ist die Regelung des § 556 III gerade dann von Bedeutung, wenn der Vermieter nicht Eigentümer der Mietsache ist. 41 Die Räumung einer vom Untermieter in Besitz gehaltenen Sache (oder eines Sachteils) stellt sich als unteilbare Leistung dar: Der Hauptmieter kann die Herausgabepflicht nicht ohne Störung des Besitzes des Untermieters erfüllen. Siehe zum Begriff der unteilbaren Leistung oben, Einleitung, II 3. 42 Im Ergebnis nahezu allgemeine Ansicht; statt aller: Reichei, Schuldmitübernahme, Seite 112 f.; Palandt / Putzo, 48. Auflage, § 556 Anm.3 e, aa; Staudinger / Sonnenschein, 12. Auflage, § 556 Rdnr.38. A. A. Goette, Gesamtschuldbegriff, Seite 100 f., der in den Rückgewährpflichten von Haupt- und Untermieter "alternative" Verbindlichkeiten erblickt. Dabei übersieht der Autor, daß die Herausgabepflicht eines Mieters nicht bereits dann wegen Unmöglichkeit erlischt, wenn er die Sache nicht mehr in Besitz hat; die Rückgabeverbindlichkeit stellt sich vielmehr als "Beschaffungsschuld" dar (in diesem Sinne BGHZ 56, Seite 308, 311). Prozessual ist zu beachten, daß ein gegen den Hauptmieter erstrittener Räumungstitel gegenüber dem Untermieter grundsätzlich (Ausnahme: § 325 ZPO) nur gemäß § 886 ZPO vollstreckbar ist: Der Vermieter kann den etwaigen Herausgabeanspruch des Hauptmieters gegen den Untermieter pfänden lassen. In der Praxis wird der Vermieter daher Haupt- und Untermieter möglichst zusammen verklagen - es sei denn, ihm ist an einer Fristsetzung und Schadensersatzverpflichtung gegen den Hauptmieter nach § 283 BGB gelegen (dazu BGHZ 56, Seite 308, 312). 43 Palandt / Heinrichs, 48. Auflage, § 419 Anm. 4 a, Überbl. v. § 414 Anm. 2 c; BGH WM 1987, Seite 756, 757 m. w.N. 44 Palandt / Edenhofer, 48. Auflage, § 2382 Anm. 1; MünchKomm / Musielak, § 2382 Rdnr. 1, 3. 45 Staudinger / Emmerich, 12. Auflage, § 571 Rdnr. 87. 46 Zum vertraglichen Schuldbeitritt siehe oben, 3. Teil, I 1 c, aa.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Schuldbeitritt". Der Sicherungszweck der Haftung ist es, der regelmäßig eine Häufung 47 und stets eine Teil- oder gemeinschaftliche Schuld ausschließt. Er führt mithin zur Gesamtschuld.
b) Die gesetzliche Anerkennung einer wechselseitigen Einstandspflicht als Entstehungsgrund der Gesamtschuld Die bisher genannten Fälle der gesetzlich begründeten Gesamtschuld zeichnen sich dadurch aus, daß die Haftung eines Schuldners, nämlich die des Schuldmitübernehmers, allein durch den Sicherungszweck getragen ist. Der Mitübernehmer schuldet, um eine GläubigersteIlung zu sichern, und ist deshalb auf die "ganze" Leistung verpflichtet. Daneben kennt das Gesetz aber auch Gestaltungen, in denen der Grund der Haftung mehrerer Schuldner nicht in der Sicherung eines wohlbegründeten Rechts liegt, dem Interesse des Gläubigers nach sicherer Verwirklichung seines Anspruchs aber gleichwohl dadurch Rechnung getragen wird, daß jedem Verpflichteten die Befriedigung des gesamten Gläubigerinteresses auferlegt wird. Mit anderen Worten: In den nunmehr darzustellenden Sachlagen ist die Entstehung der Ansprüche nicht vom Sicherungszweck abhängig, wohl aber erkennt das Gesetz neben dem Entstehungsgrund das Interesse des Gläubigers an einer unkomplizierten Rechtsverwirklichung an und begründet in einer zusätzlichen Entscheidung eine Gesamtschuld. Den Schuldnern wird solchenfalls eine wechselseitige Einstandspflicht auferlegt, ähnlich wie sie diese im Rahmen eines gemeinschaftlichen Vertrags über eine teilbare Leistung (§ 427) begründen. aa) So erklärt sich etwa die Haftung mehrerer Erben für Nachlaßverbindlichkeiten (§§ 1967, 2032, 2058) aus der Erwägung, daß die Verbindlichkeiten des Erblassers nach seinem Tode ebenso wie seine Rechte neu zugeordnet werden müssen. Dieser Gesetzeszweck allein läßt aber noch keinen Schluß auf die Gesamtschuldnerschaft unter Miterben zu; die gemeinschaftliche Schuld, genauer: die Haftung mit dem Gesamthandsvermögen, würde dem Gedanken der Gesamtrechtsnachfolge hinreichend Rechnung tragen. Denkbar wäre neben der Haftung mit dem Gesamthands- auch eine geteilte Schuld mit dem Privatvermögen der Erben 48. Wenn das Gesetz dagegen eine Gesamtschuldnerschaft vorsieht (§ 2058), so trägt es dem Bedürfnis des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung konsequent Rechnung. Die Anerkennung dieses Bedürfnisses liegt hier besonders nahe, weil andernfalls ein Nachlaßgläubiger, der sich an 47 Zum Teil ergibt sich der Ausschluß der Häufung auch aus der Tatsache, daß es sich um eine einmalige, im ganzen unwiederholbare Leistung handelt, die von mehreren zu bewirken ist, wie etwa die Rückgabe einer Mietsache (siehe dazu oben, 1. Teil, VIII 3 d, cc, dort unter Ziffer 3). 48 Im gemeinen Recht gingen im Erbfall Forderungen wie Schulden auf mehrere Erben geteilt über; siehe OLG Rostock, Seuff Arch 41, Nr. 215 vom Jahre 1884.
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mehrere Erben halten müßte, durch die Vervielfachung von Anspruchsgegnern in der Durchsetzung seines Rechtes behindert würde. Die Protokolle zum zweiten Entwurf des BOB sprechen in diesem Punkt eine deutliche Sprache: "Der ausschlaggebende Gesichtspunkt für die gesamtschuldnerische Haftung der Erben sei darin zu suchen, daß der Gläubiger durch den Tod des Schuldners nicht schlechter gestellt werden dürfte. Der Schuldner habe bei Lebzeiten das Recht gehabt, das Schuldverhältniß ohne Einwilligung des Gläubigers auf mehrere Schuldner zu vertheilen. Der Gläubiger müsse auch nach dem Tode des Schuldners in der Lage sein, zum Zwecke der Befriedigung nur eine Person in Anspruch zu nehmen, soweit das Vermögen des Schuldners auf diese übergegangen sei ... "49 Mehrere Erben haften folglich schlechthin, weil sie rechtlich betrachtet an die Stelle des Erblassers treten; sie haben die Nachlaßverbindlichkeiten als Gesamtschuldner zu erfüllen, weil die Stellung des Gläubigers durch den Erbfall nicht geschmälert werden soll 50. Der Haftungsgrund entscheidet folglich nicht über die Schuldverbindung; er könnte, wie aus §§ 2060, 2061 ersichtlich, auch in eine Teilschuld münden. Die Gesamtschuld läßt sich dagegen auf einen vom Haftungsgrund abgesonderten Sicherungszweck zurückführen 51. bb) Das Gesetz ordnet noch für weitere Gestaltungen eine Gesamtschuld an, in denen eine Teilschuld vom Haftungsgrund her betrachtet nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnte. So haften etwa die Eigentümer einzelner Parzellen ("Grundstücksteile") als Gesamtschuldner für eine Reallast, die vor der Teilung des Grundstückes bestellt wurde, § 1108 11. Dazu liest man in den Motiven:
Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 5, Seite 515. Das Gesetz erkennt das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers uneingeschränkt freilich nur bis zur Teilung des Nachlasses an; nach der Teilung entsteht unter den Voraussetzungen des § 2060 eine Teilschuld. Mehrere Erben schulden m. E. auch die Auflassung eines zum (ungeteilten) Nachlaß gehörenden Grundstücks gesamtschuldnerisch, so daß sie von jedem Erben selbst verlangt werden kann. Das in der Literatur (Lange / Kuchinke, Erbrecht, 3. Auflage, § 52 IV 2 b Fußnote 39; Palandt / Edenhofer, 48. Auflage, § 2058 Anm. 2) angeführte Urteil BGH JZ 1964, Seite 722 (= NJW 1963, Seite 1611) mit Anm. von Bötticher unterscheidet m. E. ohne Notwendigkeit zwischen dem "Vollzug" der Auflassung und deren "Herbeiführung". Die vermutliche Annahme des BGH, der einzelne Miterbe könne nicht zu einer ihm persönlich unmöglichen Auflassung verurteilt werden, weil die Erben über das Grundstück nur gemeinsam verfügen könnten, geht fehl: Dies zeigt der Vergleich mit der sonst anerkannten Beschajfungsschuld. Will sich der Nachlaßgläubiger das Grundstück sichern, stehen ihm die Gesamthandklage und die Vollstreckung des Urteils nach § 894 ZPO zur Verfügung. Liegt ihm andererseits an einer einfacheren Prozeßführung, sollte er sich an den einzelnen Miterben halten und bei Nichterfüllung seines Begehrens auf einen Schadensersatzanspruch übergehen, ein Weg, den ihm die Vorschrift des § 283 BGB eröffnet. 51 Ich nehme noch einmal den Vergleich mit dem gemeinschaftlich geschlossenen Vertrag über eine teilbare Leistung (§ 427) auf: Auch hier tritt der Sicherungszweck neben den Austausch- oder einen sonstigen Vertragszweck. Siehe dazu oben, 1. Teil, VIII 3 d, bb. 49
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
"Wenn dem Berechtigten mehrere Verpflichtete gegenüberstehen, so fragt es sich, ob sie der Regel des § 320 52 gemäß nach Köpfen oder aber als Gesammtschuldner haften sollen. a) Für den Fall, daß die Verpflichteten Miteigentümer des belasteten Grundstücks sind, ist zu einer Abweichung von der Regel des § 320 kein Grund vorhanden ... b) Dasselbe muß in dem Fall gelten, wenn mehrere Grundstücke mit einer Reallast beschwert worden sind ... c) Nur in dem Falle, wenn das belastete Grundstück in mehrere selbständige Grundstücke getheilt werden soll, erscheint eine Theilung der Schuld unter die verschiedenen Berechtigten unbillig. Ein anderer Theilungsmaßstab fehlt aber. Es muß daher, um der Billigkeit zu genügen, die Solidarhaftung der Theileigentümer vorgeschrieben werden (Abs.2)."53 Auch hier ist die Gesamtschuldnerschaft unter den Eigentümern nur daraus zu erklären, daß die Durchsetzung des Anspruchs aus der Reallast durch die Vervielfachung der Verpflichteten nicht dadurch erschwert werden darf, daß statt des einen Gesamtschuldners die mehreren Teilschuldner zu verklagen sind; nach den Gesetzesmaterialien wäre eine solche Erschwerung "unbillig"54. cc) Das Bedürfnis des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung erkennt das Gesetz freilich nicht nur dort an, wo eine Verschlechterung seiner Position nachträglich eintreten könnte. In einem wesentlichen Bereich wird diesem Bedürfnis vielmehr bereits bei der Entstehung von Ansprüchen neben dem eigentlichen Gesetzeszweck Rechnung getragen. Diese weitere Unterscheidung rechtfertigt sich aus der Erkenntnis, daß gesetzliche oder vertragliche 55 Schadensersatzansprüche in erster Linie auf den Ersatz der erlittenen Einbuße zielen. Die Frage nach einer Schuldverbindung entsteht erst in dem Augenblick, in dem sich eine Schädigung auf mehrere zurückführen läßt. Hier gleicht die Entscheidung für die Gesamtschuld - was im folgenden auszuführen ist - die erhöhten Risiken des Gläubigers aus. Sie bestehen darin, daß er die Voraussetzungen seines Anspruchs, insbesondere das Maß der Beteiligung, schwieriger als bei einer Alleintäterschaft zu beweisen vermag. (1) Die Frage nach einer Schuldverbindung ist, wie soeben angedeutet, aufgeworfen, wenn mehrere Personen denselben Schaden zu verantworten haben;
52 Die Vorschrift des § 320 des Ersten Entwurfs entspricht inhaltlich der Norm des heutigen § 420. 53 Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 3, Seite 328 f. 54 Aus ähnlichen Erwägungen heraus erklärt sich die Gesamtschuldnerschaft unter mehreren in ein Mietverhältnis eintretenden Familienangehörigen, §§ 569 a 11 5, III: An dieser Stelle will das Gesetz vermeiden, daß der Vermieter, der sich statt eines Mieters mehreren Vertragspartnern gegenübersieht, seine Ansprüche, insbesondere das Recht auf den Mietzins, nur noch erschwert realisieren kann. 55 Genau betrachtet, ist die Unterscheidung zwischen "gesetzlichen" und "vertraglichen" Ansprüchen nicht haltbar: Auch der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, etwa aus einem gegenseitigen Vertrag, gründet sich regelmäßig auf das Gesetz (§ 325) und nicht auf eine dahingehende Vereinbarung.
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dieser darf keinesfalls mehrfach ersetzt werden 56. Mehrere haben nun denselben Schaden zu verantworten, wenn das Handeln des einzelnen nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Schaden entfiele, wenn, mit anderen Worten, derselbe Nachteil von keinem allein herbeigeführt wurde 57. Neben dieser von der sog. Bedingungstheorie gestellten Voraussetzung darf sich sein Eintritt nicht als ein ganz unwahrscheinliches Ereignis erweisen, und auch andere wertende Erwägungen 58 wie etwa der "Schutzzweck der Nonn"59, der "Rechtswidrigkeitszusammenhang"60 und die Lehre von der Unterbrechung der Ursächlichkeit 61 müssen eine Zurechnung des Schadens gestatten. Bei hintereinander wirkenden Ursachen 62 wird der letztlich entstandene Gesamtschaden einem fahrlässig handelnden Erstschädiger zugerechnet, wenn er für das Hinzutreten der weiteren Bedingungen eine zu verantwortende Gefahr gesetzt, den Ablauf der Kausalkette gewissermaßen ,,herausgefordert" hatte 63. 56 Siehe in diesem Zusammenhang meine Ausführungen zum Begriff der "einen" Leistung im 2. Teil unter I 4. Die Frage nach einer Schuldverbindung stellt sich grundSätzlich nicht, wenn mehrere Personen verschiedene Schäden zu verantworten haben, d. h. wenn ihre Verhaltensweisen nicht durch - geplantes oder ungeplantes - Zusammenwirken in dieselbe Rechts- oder Rechtsgutsverletzung münden. 57 Sog. "Gesamt-" oder ,,kumulative" Kausalität; Palandt/Heinrichs, 48. Auflage, Vorbern. v. § 249, Anm.5 B I m. w.N. Weckerle, Die deliktische Verantwortlichkeit mehrerer, spricht insoweit von ,,koinzidierender" Kausalität (Seite 90). Siehe zum Ganzen noch die zutreffenden Erörterungen von Jung, AcP 170, Seite 426, 431 f. 58 Nach einhelliger Auffassung begründet die naturwissenschaftliche Kausalität allein noch keine Haftung; siehe statt aller MünchKomm/Grunsky, 2. Auflage, Vor § 249 Rdnr. 36 m. w.N. Die Rechtsprechung gebraucht zur Begrenzung der Haftung vor allem die sogenannte ,,Adäquanzformel", wonach ein gänzlich unwahrscheinlicher Kausalverlauf zu keiner Haftung desjenigen führen soll, der die (naturwissenschaftliche) Ursache gesetzt hat (RGZ 133, Seite 126, 127; 135, Seite 149, 154; BGHZ 3, Seite 261, 266 ff.; 7, Seite 198,204; 57, Seite 137, 141; NJW 1976, Seite 1143, 1144). Zu den "Spielarten" dieser Formel siehe Grunsky, a. a. 0., Rdnr. 40. Die Adäquanzformel wird heute durch Heranziehung weiterer Zurechnungskriterien zumindest ergänzt; zum Ganzen Grunsky, a.a.O., Rdnr. 42 ff. und sogleich im Text. 59 Dazu MünchKomm / Grunsky, a.a.O., Rdnr.43. 60 Grunsky, a.a.O., Rdnr. 44. 61 Grunsky, a.a.O., Rdnr. 52. 62 Zutreffend formuliert Deutsch, Haftungsrecht, Bd. I, Seite 340: " ... die Beteiligten (können) entweder von verschiedenen Seiten her kommend oder hintereinander wirkend ursächlich geworden sein." 63 Die zu verantwortende Gefahr im Hinblick auf das Dazwischentreten weiterer Ursachen ist zu verneinen, wenn sich die dazwischentretende Ursache ihrerseits als vorsätzliche, rechtswidrige Verletzung fremder Güter erweist, die zu verhindern dem "Erstschädiger" nicht als Garant oblag oder dessen Zurechnung das Gesetz nicht ausdrücklich bejaht (letzteres geschieht etwa im Falle der Haftung eines Geschäftsherrn auch für vorsätzlich unerlaubte Handlungen seines Verrichtungsgehilfen, § 831). Eine Unterbrechung des Haftungszusammenhangs wegen vorsätzlichen und vom Erstschädiger nicht zu verantwortenden Hinzutretens weiterer Ursachen ist in den sog. "Grünstreifenfällen" angenommen worden: Der Verursacher eines Verkehrsunfalls haftet nicht für die Schäden, welche dadurch angerichtet werden, daß nachfolgende Verkehrs12
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Ein erstes Beispiel entlehne ich einem Urteil des OLG München aus dem Jahre 1914 64 : Der Kläger fuhr mit einem Trabrennwagen auf einer Straße. Der Pudel des Beklagten lief neben dem Wagen her. Plötzlich stürmte der Hund auf ein Feld, auf dem eine Schafherde graste; die Schafe wurden wild, stürmten auf den Wagen zu und zerstörten ihn. Das OLG verurteilte den Halter des Pudels zum Schadensersatz: "Das Verhalten des Hundes war ... unmittelbar für die Bewegung der Schafe und mittelbar für die durch diese ausgelösten weiteren Ereignisse kausal ... Daß die einmal aufgeschreckten Schafe ohne Rücksicht auf weitere Verfolgung eine weite Strecke flohen, liegt angesichts der Natur der Schafe durchaus im Rahmen des adäquaten Kausalzusammenhanges."65 Das zweite Beispiel ist einem Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1922 nachgebildet 66 : Der Ehemann der Klägerin wurde am 2. Januar 1920 durch einen Schuß in den Oberarm verletzt, welcher von einem Polizeibeamten auf einen flüchtigen Verbrecher abgefeuert worden war. Der Verletzte wurde in ein Krankenhaus verbracht, erkrankte dort an einer Grippe und starb im März des betreffenden Jahres an einer Brusthöhlenvereiterung. Der Preußische Staat haftete nach Auffassung des Reichsgerichts den Hinterbliebenen 67 : " ... Im Krankenhause war der Verletzte ... der Gefahr der Ansteckung durch eine etwa dort auftretende Krankheit in besonderem Grade ausgesetzt, weil er nicht, wie sonst, in der Lage war, sich dem Zusammensein mit den Erkrankten zu entziehen ... Es muß ... weiter auch angenommen werden, daß eine Verletzung, wie sie hier vorliegt, auch wenn sich ihre Heilung an sich günstig anließ, im allgemeinen doch nicht ohne Einwirkung auf die Widerstandsfähigkeit des Verletzten gegen anderweite schädliche Einflüsse verbleibt, und daß also auch insofern die Gefahr einer Ansteckung und ihrer Folgen für den Verletzten größer ist, als sie ohne die Verletzung gewesen wäre. Hiernach ist mit dem Landgericht der Tod des Ehemanns der Klägerin als durch die Schußverletzung im Rechtssinne mitverursacht anzusehen."68 (2) Steht fest, daß mehrere denselben Schaden zu verantworten, d. h. zurechenbar verursacht haben, so ließe sich bei teilbarer Leistung, etwa bei einer Geldzahlungspflicht, in den Gestaltungen, in denen nicht einer der Verpflichteten den Schaden letztlich allein tragen soll (sog. "Vorlage-Fälle")69, eine Teilschuldnerschaft vorstellen: Der gesamte, durch die gemeinsame Verursachung festgelegte Haftungsumfang würde nach Verantwortungsbeiträgen aufgeteilt, die sich an dem Maß der Verursachung und der Schuld orientierten 70. teilnehmer ihr Fahrzeug über den die Fahrbahn begrenzenden Seitenstreifen lenken (BGHZ 58, Seite 162, 167 f.). Eine GarantensteIlung hat der Bundesgerichtshof dagegen dem Halter eines Kraftfahrzeugs zugewiesen, das zwar mit verschlossenen Türen am Straßenrand geparkt, dessen Lenkradschloß aber nicht eingerastet war und dann von einem "Schwarzfahrer" dazu benutzt wurde, einen Polizisten mit bedingtem (Tötungs-) Vorsatz zu verletzen (BGH NJW 1971, Seite 459); von einer "gegen Rechtsbrecher gerichteten Garantiepflicht" spricht ausdrücklich das Urteil BGH NJW 1979, Seite 712, 713. 64 Seuff Arch 70, Nr. 36, Seite 56. 65 A. a. 0., Seite 57, 58. 66 RGZ 105, Seite 264. 67 Die heutige Haftungsgrundlage wäre Art. 34 GG, § 839 BGB. 68 A. a. 0., Seite 266. 69 Siehe dazu bereits oben, 2. Teil, II 2 b sowie unten, 3. Teil, 11 2.
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(3) Die Teilschuld unter Deliktstätern 71 ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch jedoch mit Rücksicht auf das Bedürfnis des Geschädigten nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung ausgeschlossen. Für die Mittäterschaft. die Anstiftung und die Beihilfe 72 hat das Gesetzbuch eine gefestigte gemeinrechtliche Auffassung übernommen 73 . Sie schlägt sich in den Bestimmungen der §§ 830 I 1, 11 nieder, welche die Haftung jedes Schädigers "auf das Ganze" und damit die Gesamtschuld statuieren 74. Den §§ 830 I 1, 11 kommt haftungserweiternder Charakter insofern zu, als sie den
Einwand eines Täters oder Teilnehmers, ohne sein Mitwirken wäre die Rechtsverletzung und damit der Schaden ebenfalls entstanden, nicht zulassen. Sind durch das planmäßige Zusammenwirken verschiedene Rechte und damit verschiedene, unter Umständen gleichartige Schäden entstanden (etwa bei mehreren Eigentumsverletzungen), so kann der einzelne Beteiligte seine Haftung auch nicht auf einzelne Rechtsverletzungen beschränken, weil sein Verhalten für die anderen nicht kausal geworden sei 75. Die "Gemeinschaft des Willens" erzeugt, um mit den Worten des Reichsgerichts zu sprechen, ..gemeinschaftliche Verursachung"76. Aber nicht nur die Kausalität für den aus gemeinsamer Tat entstandenen Schaden wird unwiderlegbar vermutet: Sie ließe immerhin die Aufteilung des gesamten Schadens im Sinne der Teilschuld zu. Diese Schuldverbindung wird jedoch untersagt: Da jeder für den gesamten Schaden verantwortlich ist, haftet er auf vollen Ersatz. 70 Unrichtig Esser, Schuldrecht AT, in der möglicherweise überholten 3. Auflage von 1968, § 46 I, Seite 316, der behauptet, eine pro-rata-Haftung mehrerer sei bei ,,nicht abgrenzbarer" Mitverursachung ..nicht denkbar" - wie sollte dann eine anteilige Haftung im Innenverhältnis möglich sein?! 71 Zur Gesamtschuld im vertraglichen, vertragsähnlichen und deliktsähnlichen Bereich (beispielsweise bei Amtsträgem oder im Nachbarrecht) siehe in diesem Abschnitt unter dd). 72 Darüber, daß die Begriffe von Täterschaft und Teilnahme im Zivil- und Strafrecht identisch sind, besteht inzwischen wohl kaum noch Streit. Siehe etwa BGH JZ 1984, Seite 521, 522 (..Grohnde-Urteil"); BGH NJW 1972, Seite 40, 41; MünchKomm/Mertens, 2. Auflage, § 830 Rdnr.7, 14; Staudinger / Schäfer, 12. Auflage, § 830 Rdnr.2; Palandt/Thomas, 48. Auflage, § 830 Anm. 2 a, b. A. A. Deutsch, Haftungsrecht, Bd. I, Seite 344 f. und Weckerle, a.a.O., Seite 64-66; beide Autoren verkennen, daß nur der gemeinsame Wille die Zurechnung einer Rechtsverletzung und damit eines Schadens auch bei fehlender (naturwissenschaftlicher) Kausalität rechtfertigt. 73 So liest man in den von Schubert herausgegebenen Vorentwürfen der Redaktoren, Schuldrecht, Bd. I, Seite 704 (v. Kübel): ..Ist eine Beschädigung durch das Zusammenwirken Mehrerer herbeigeführt worden, so haften dieselben nach dem heutigen gemeinen Rechte solidarisch für den Ersatz des Schadens . . . Es gilt dies nach der gemeinen Meinung ebensowohl für die mehreren Mitthäter, als für Diejenigen, welche als Gehilfen an der rechtswidrigen Handlung Theil genommen haben ... , und dasselbe wird in Absicht auf den Anstifter ... gelten müssen, wenn auch dessen Haftbarkeit auf Grund insbesondere der 1. 37 pr. D. ad leg. Aqui1. 9,2 gemeinrechtlich bestritten ist ... " 74 Im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung von Mittätern bzw. Tätern und Teilnehmern hat § 840 I mithin nur eine klarstellende Bedeutung. 75 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearbeitung, § 247 I I, Seite 993; BGHZ 30, Seite 203, 206; OLG Schleswig VersR 1977, Seite 183. 76 RG GruchB 51, Nr. 83, Seite 994 f. In diesem Sinne bereits das Obertribunal Stuttgart im Jahre 1859, Seuff Arch l3, Nr. 144. 12'
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Der Geschädigte ist damit der Schwierigkeit enthoben, einzelne Verantwortungsbeiträge darzulegen. Ihre Feststellung bleibt den Schuldnern überlassen; sie sollen den Schaden untereinander aufteilen 77. Im Verhältnis zum Gläubiger haben sie füreinander einzustehen. Die Gesamtschuldnerschaft unter Mittätern sowie unter den Tätern und ihren Teilnehmern läßt sich letztlich allein aus dem Sicherungsgedanken, nicht etwa aus der "Unteilbarkeit" einer Ursache heraus erklären 78: Wäre ein von mehreren verursachter Schaden in dem Sinne unteilbar, daß er nicht nach Maßgabe der ihn herbeiführenden Ursachen aufgespalten werden könnte, ließe sich ein Ausgleich unter den Schuldnern gemäß § 426 nicht bewerkstelligen. Bereits in den Vorentwürfen der Redaktoren findet die Gesamtschuldnerschaft im Hinblick auf den gesamten, durch die gemeinsame Tat entstandenen Schaden ihre Rechtfertigung in dem Bedürfnis des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung: "Es spricht (ich ergänze: für die Gesamtschuld) .. . die Rücksicht auf den Beschädigten, dessen Ersatzanspruch nur dann ausreichend gesichert ist, wenn ihm jeder der Mehreren, welche zu der Beschädigung zusammengewirkt haben, als Gesammtschuldner haftet, ohne Unterschied, ob der Einzelne als Thäter, Anstifter oder Gehilfe gehandelt habe."79
77 Ein Beispiel für den Ausgleich unter mehreren Deliktstätern entnehme ich einem Artikel der ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 5.2. 1975, betitelt "Gerechtigkeit muß sein - auch in der Klau-Gemeinschaft". Die Begebenheit ist so farbig geschildert, daß ich mir ihre wörtliche Anführung ausnahmsweise erlaube: "Drei Männer, die in den Jahren 1969/1970 als Beschäftigte eines Bremerhavener Discounthauses gemeinsam Spirituosen und Zigaretten im Wert von etwa 30000 DM aus dem Lager gestohlen hatten und rechtskräftig bestraft worden waren, standen sich jetzt als Prozeßgegner gegenüber. Aus ihrer Klaugemeinschaft war nämlich inzwischen eine Schuldnergemeinschaft geworden, nachdem das Discounthaus zwei von ihnen, den Firmentischler und den Lagerverwalter, zunächst für 30 000 und schließlich immerhin noch für 10 000 DM Schadensersatz gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen hatte. Die 10 000 Mark entsprechen dem Erlös, den die drei Diebe für die weit unter Wert verkauften Waren erzielt hatten. Dem dritten Mann allerdings, der die gestohlenen Güter als Kraftfahrer der Firma abtransportiert hatte, war kein Schadensersatz abgefordert und er war von dem Discounthaus auch nicht entlassen worden. Über den Schadensersatz kam es zwischen den ehemaligen Kumpanen zum Rechtsstreit. Zwar zahlte der Tischler 7 000 Mark, und der Verwalter beglich 3000 Mark, so daß die Gesamtschuld getilgt war, aber die bei den empfanden diese Lastenverteilung und die Tatsache, daß ihr dritter Mann ungeschoren davonkommen sollte, als ungerecht. So klagte der Tischler vor dem Arbeitsgericht (das zuständig war, weil die Diebereien am Arbeitsplatz verübt worden waren) gegen seine ehemaligen Komplizen, daß sie wenigstens in Höhe ihres Anteils am Erlös den Schadensersatz mittragen sollten. Da der Kläger aus dem Verkauf der Waren 4000 Mark erhalten hatte, aber 7000 Mark Schadensersatz geleistet hatte, verlangte er Rückerstattung: Von dem mit 4000 Mark Erlös, aber mit nur 3 000 Mark Schadensersatz beteiligten Verwalter 1 000 Mark und von dem mit 2 000 Mark an der Beute beteiligten Kraftfahrer 2 000 Mark. Mit gelegentlichem Schmunzeln untersuchten die Arbeitsrichter anhand der Strafakten aus dem Jahre 1972 ausgiebig die unterschiedliche Tatbeteiligung. Ihr Urteil: Der Kraftfahrer muß 2000 Mark (plus 13,5 Prozent Zinsen) an den Tischler zurückzahlen und zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits tragen; der Lagerverwalter muß dem Tischler 1 000 Mark nebst Zinsen auf den Tisch legen und ein Drittel der Kosten tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar." 78 So aber Sieg, Karlsruher Forum 1959, Seite 66, 67.
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(4) Das Gesetz ordnet nicht nur die Gesamtschuld unter Mittätern bzw. den Tätern und ihren Teilnehmern in den Bestimmungen der §§ 830 I 1,11 an, sondern begründet sogar die wechselseitige Einstandspflicht unter mehreren Nebentätern, d. h. Schädigern, die ohne ein geplantes Zusammenwirken denselben Schaden verursacht haben.
Die entsprechende Bestimmung findet sich in § 840 po: Auch in Fällen der sog. Nebentäterschaft soll die Aufteilung des von mehreren verursachen Schadens, soweit sie überhaupt in Betracht kommt 81 , ausgeschlossen werden, um dem Geschädigten die Darlegung eines bestimmten Verantwortungsbeitrages zu ersparen 82. Ich greife noch einmal den vom OLG München im Jahre 1914 entschiedenen Sachverhalt 83 auf: Dort ging es um die Schadensersatzpflicht eines Hundehalters, dessen Pudel eine Schafherde so wild gemacht hatte, daß sie einen Trabrennwagen zerstörte. Zur Mitverantwortung des Schäfers bzw. Tierhalters führt das Gericht aus: " ... auch ein etwaiges Verschulden des Schäfers oder Schafhalters ... könnte nur als Mitursache in Betracht kommen und eine Mithaftung begründen, auf die sich aber der Beklagte nicht berufen könnte. Der vom Kläger in Anspruch genommene Beklagte hat als Halter des für den Schaden zweifellos kausalen Hundes ... für den ganzen Schaden aufzukommen".84 79 Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht, Bd. 1, Seite 706 (Hervorhebungen durch Verfasserin). Die Gesamtschuld wird daneben auf die Tatsache des subjektiven Zusammenwirkens gegründet. Indes wird insoweit die Entscheidung über Gesamt- oder Teilschuld mit der Frage verknüpft, ob sich ein Täter oder Teilnehmer auf die fehlende Verursachung einer oder einzelner Rechtsverletzungen soll berufen dürfen. Das subjektive Zusammenwirken legt m. E. nur den Umfang der von mehreren geschuldeten .. einen" Leistung unwiderlegbar fest: Es ist von jedem der gesamte Nachteil verursacht. 80 Kommt der Bestimmung des § 840 I im Bereich der Mittäterschaft nur klarstellende Bedeutung zu (siehe in diesem Abschnitt Fußnote 74), so begründet sie die Gesamtschuld unter Nebentätern. Dazu sogleich im Text und in der übernächsten Fußnote. 81 D. h. außerhalb der sog. "Vorlage-Fälle", die gerade im Bereich der Nebentäterschaft vorstellbar sind: So sind etwa Verrichtungsgehilfe und Geschäftsherr regelmäßig Nebentäter, wobei letztlich allein der Verrichtungsgehilfe für den von ihm angerichteten Schaden einzustehen hat (§ 840 11). 82 Insoweit zutreffend Keuk, AcP 168, Seite 175, 187: "Die Verpflichtung des einzelnen Nebentäters gegenüber dem Verletzten zum Ersatz des gesamten Schadens besteht nicht deshalb, weil ein jeder ohnehin für den gesamten Schaden verantwortlich und deshalb auf das Ganze verpflichtet wäre. Die Haftung auf Ersatz des gesamten Schadens wird dem Nebentäter vielmehr um des Verletzten willen "auferlegt" ... Durch die Anordnung der Haftung der Nebentäter als Gesamtschuldner wird überhaupt erst die Haftung eines jeden auf Ersatz des gesamten Schadens begründet. Durch die Ausgleichung unter den Schädigern wird dann die an sich natürliche Verteilung des Schadens entsprechend den einzelnen Verantwortungsbeiträgen wiederhergestellt. Die Verklammerung der Verantwortungsbeiträge zum Zwecke der Haftung des einzelnen Schädigers auf das Ganze ist somit nicht mehr als der rechtstechnische Weg, um im Interesse des Geschädigten die Bestimmung der einzelnen Verantwortungsbeiträge auf das Verhältnis der Schädiger untereinander zu verlagern." 83 Siehe dazu bereits soeben unter Ziffer (1) zu Fußnote 64. 84 A. a. 0., Seite 58.
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Gerechtfertigt ist die Haftung des Hundehalters auf das Ganze freilich nicht - worauf die Formulierung des OLG schließen lassen könnte - durch eine bloße Kausalitätsbetrachtung: Diese legt lediglich fest, in welchem Umfang überhaupt eine Schuldverbindung entsteht. Mit anderen Worten: Im Deliktsrecht ist die von mehreren geschuldete "eine" Leistung identisch mit dem durch mehrere zurechenbar verursachten Schaden. Die Haftung des Einzelnen auf das Ganze gründet sich dagegen auf die Entscheidung, daß mehrere Schädiger ihre Verantwortungsbeiträge untereinander klären sollen 85. Das Gesetz begründet in der Bestimmung des § 840 I mithin eine Einstandspflicht unter Nebentätern, wie es sie für Mittäter bzw. Täter und Teilnehmer in §§ 830 I 1, 11 anordnet 86. Vorausgesetzt für das Entstehen einer Schuldverbindung ist, das sei an dieser Stelle nochmals betont 87 , grundsätzlich die Verursachung derselben Rechtsverletzung und damit desselben Schadens. Während nach § 830 I Satz 1 die Kausalität von Mittätern bzw. Tätern und Teilnehmern für den oder die aus der gemeinsamen Tat entstandenen Schäden unwiderlegbar vermutet wird, muß der Geschädigte bei bloßer Nebentäterschaft grundsätzlich nachweisen, daß das Verhalten jedes einzelnen den geltend gemachten Nachteil verursacht hat 88. Freilich bürdet das Gesetz den (potentiellen) Schädigern in zwei Fällen 85 Unrichtig daher auch Brambring, Mittäter, Seite 55: "Da die Nebentäter nicht gesamtvorsätzlich handeln, kann ihre Haftung allein aus den Grundsätzen der adäquaten Kausalität abgeleitet werden. § 840 ordnet lediglich für den bestehenden Haftungsumfang die gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit an, er kann eine solche jedoch nicht begründen." (Hervorhebung durch Verfasserin). Diese Aussage macht klar, daß Brambring von der angenommenen Ursächlichkeit sogleich auf die Gesamtschuld schließt, ohne sich des gedanklichen ,,zwischengliedes" zu bedienen, welches lautet: Zur Sicherung des Gläubigers soll die Haftung unter mehreren - ursächlich handelnden - Nebentätern nicht aufgeteilt werden. 86 Beruht die Gesamtschuldnerschaft unter Nebentätern mithin auf derselben Erwägung wie die unter Mittätern, so besteht m. E. kein sachlicher Grund, das Mitverschulden des Geschädigten im Falle der Nebentäterschaft anders zu behandeln als in dem der Mittäterschaft. A. A. der Bundesgerichtshof in einem im 30. Band der Amtlichen Entscheidungssammlung auf den Seiten 203 ff. veröffentlichten Urteil: Im Gegensatz zu § 830 I 1 fehle es bei der Nebentäterschaft an einer Rechtsgrundlage dafür, "bei der Abwägung einen einheitlichen, von beiden Beklagten gemeinsam zu vertretenden Verantwortungsbeitrag anzunehmen und ihn der Verantwortungssphäre des Klägers gegenüberzustellen" (a. a. 0., Seite 207). Das Gericht trägt mit dieser Argumentation m. E. der Tatsache keine Rechnung, daß auch im Falle der Mittäterschaft letztlich einzelne Verantwortungsbeiträge bestehen, die zum Ausgleich im Innenverhältnis führen. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Mit- und Nebentätern ist mithin nicht zu erkennen, wenn man vom Beweis der Kausalität für dieselbe Rechts- oder Rechtsgutsverletzung und damit der Verantwortlichkeit für denselben Schaden absieht (siehe dazu in diesem Abschnitt unter Ziffer (3) und sogleich im Text). Bei beiden Gestaltungen kann daher, um das Maß des Mitverschuldens festzulegen, die Gruppe der Schädiger dem Geschädigten gegenübergestellt werden. Wie hier im Ergebnis Lange, Schadensersatz, § 10 XIII, Seite 396, 397 m. w.N.; a.A. Preißer, JuS 1987, Seite 628, 630. 87 Siehe bereits oben, 3. Teil, II 2 b, cc (3). 88 Die Bestimmung des § 830 I 1 reicht mithin in ihrem Regelungsbereich weiter als die des § 840 I: Sie enthält eine unwiderlegbare Kausalitätsvermutung (wodurch der Umfang der von den Tätern bzw. Teilnehmern geschuldeten "einen" Leistung festgelegt ist) und ordnet die gesamtschuldnerische Haftung an. § 840 I beschränkt sich andererseits darauf, beifeststehender Kausalität im Außenverhältnis zum Geschädigten die Gesamtschuld eintreten zu lassen.
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
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die Beweislast auf, § 830 1 2, so daß die Bestimmung des § 830 1 nicht nur für den Fall der Mittäterschaft die Kausalität unwiderlegbar vennutet, sondern bei Nebentäterschaft eine - hier freilich widerlegbare - Vennutung schafft: Kommen mehrere (Neben-)Täter als Verursacher desselben Schadens in Betracht, weil sie Handlungen vorgenommen haben, die zu derselben Rechts- oder Rechtsgutsverletzung hätten führen können, so haftet jeder von ihnen, wenn keinem die Urheberschaft nachzuweisen ist (sog. "UrheberzweiJel")89. Ebenso verhält es sich, wenn einerseits feststeht, daß mehrere Personen verschiedene, aber gleichartige Rechtsverletzungen und Schäden verursacht haben, andererseits aber die Verantwortung des einzelnen Nebentäters am (Gesamt-)Schaden nicht festgestellt werden kann. Angesichts dieser sog. "Anteilszweifel" kann eine Gesamtschuld ausnahmsweise entstehen, obwohl die Ersatzverpflichteten - streng genommen - unterschiedliche Schäden angerichtet haben und damit unterschiedliche Leistungen schulden 90 • (5) Ich bringe das Gesagte auf eine kurze Formel: Im Recht der unerlaubten Handlungen muß eine Schuldverbindung entstehen, wenn mehrere Personen denselben Schaden zurechenbar verursacht haben. Auf diesem Gebiet trägt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 830 I 1, 11, 840 I dem Bedürfnis des Geschädigten nach sicherer und unkomplizierter Verfolgung seiner Ansprüche Rechnung, soweit eine Teilschuld unter den Schädigem nach 89 Dieser Sachlage sah sich das Reichsgericht im sog. "Knallerbsen-Fall" (RGZ 58, Seite 357) gegenüber: Der Kläger hatte eine schwere Augenverletzung durch eine Knallerbse erlitten. Mehrere Personen hatten mit solchen Erbsen geworfen; es konnte nicht festgestellt werden, aus wessen Hand die Erbse stammte, durch die der Kläger verletzt worden war. Das Gericht bejahte die Haftung des Beklagten aus § 830 1 2 (a. a. 0., Seite 361). Vergleichbare und entsprechend beurteilte Sachverhalte finden sich etwa in den Entscheidungen RG Warn 1929, Nr. 144 und BGH NJW 1972, Seite 40. 90 Verursachen mehrere Deliktstäter verschiedene, gleichartige Schäden, stehlen etwa mehrere unabhängig voneinander Gegenstände aus einem Baumateriallager, so ist die Haftung des Einzelnen für den Gesamtschaden gemäß § 830 1 2 zu vennuten, wenn der Umfang des von jedem herbeigeführten Schadens nicht sicher bestimmt werden kann. Andernfalls liefe der Geschädigte Gefahr, "ungeachtet der Gewißheit, daß jeder Einzelne eine beschädigende Handlung vorgenommen und durch dieselbe zur Herbeiführung des Gesamtschadens beigetragen hat, wegen mangelnden Beweises des Umfangs des von den Einzelnen verursachten Schadens überhaupt zu keinem Ersatze desselben zu gelangen" (Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht, Bd. 1, Seite 706). Wie hier Keuk, a.a.O., Seite 186 Fußnote 45; Weckerle, a.a.O. Seite 162 f. A. A. OLG Bamberg, NJW 1949, Seite 225 f. (mit abI. Anm. von Kuth) und OLG Neustadt, VersR 1958, Seite 251, 252 sowie Bauer, JZ 1971, Seite 4,8. Einen Fall, in dem ein Zweitschädiger neben einem - für den Gesamtschaden feststellbar kausal handelnden - Erstschädiger voll haftet, weil der Umfang des von ihm verursachten Schadens nicht sicher bestimmt werden kann, behandelt das Urteil BGHZ 55, Seite 86: Dort verunglückte ein Verkehrsteilnehmer, der wegen einer Unfallverletzung in ein Krankenhaus verbracht werden sollte, auf der Fahrt in die Klinik ein zweites Mal. "Erstschädiger" war der Urheber des Verkehrsunfalls, der für den Gesamtschaden haftbar gemacht werden konnte; ,,zweitschädiger" der Fahrer des Krankenwagens, der kraft der Vennutung über den sog. Anteilszweifel des § 830 1 2 auch für den aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schaden haftet.
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der gesetzlichen Anordnung (§ 420) überhaupt zulässig wäre 91 ; die Schuldner haben das "natürliche Verhältnis" der Verursachung, d. h. die anteilige Haftung nach Verantwortungsbeiträgen, untereinander herzustellen. dd) Das zu den Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung Ausgeführte ist nunmehr auf Schadensersatzverbindlichkeiten allgemein zu übertragen: (1) In zahlreichen Bestimmungen verweist das Gesetz zugunsten eines Schadensersatzgläubigers auf die Gesamtschuld, um ihm auf diese Weise die mit der Teilschuldnerschaft verbundenen Nachteile (Beweisnot, Notwendigkeit der Inanspruchnahme aller Schuldner) abzunehmen.
So haften etwa mehrere Testamentsvollstrecker dem Erben oder Vermächtnisnehmer als Gesamtschuldner, wenn sie die ihnen obliegenden Pflichten schuldhaft verletzen, § 221911. Auch mehrere Vormünder haften ihrem Mündel im entsprechenden Fall gesamtschuldnerisch, § 1833 11 1. Als weiteres Beispiel sei die Haftung von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft angeführt: Genügen sie ihren Pflichten nicht und ist das Versäumnis vorwerfbar, sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens wiederum als Gesamtschuldner verpflichtet, §§ 93 11 1, 116 AktG92. (2) Der Satz, wonach mehrere Personen, die denselben Schaden zu ersetzen haben, unabhängig von einer Parteivereinbarung Gesamtschuldner sind, findet folgerichtig auch Anerkennung, wenn in einem Konkursverfahren die Mitglieder des Gläubigerausschusses den Konkursverwalter mangelhaft überwacht und dadurch die Befriedigung "der Beteiligten", wie § 89 KO formuliert, verkürzt haben. Die gegenüber den Konkursgläubigern und dem Gemeinschuldner, aber auch Aus- und Absonderungsberechtigten sowie Massegläubigern eintretende Haftung 93 beruht auf der zurechenbaren Verkürzung von Rechten durch jedes einzelne Ausschußmitglied.
In diesem Zusammenhang führt etwa das OLG Dresden in einem Urteil aus dem Jahre 1914 aus 94: "... Die Pflichtwidrigkeiten des Gläubigerausschusses sind ursächlich für die Unterschlagungen des Verwalters und damit für den ... Schaden. Hierfür haben 91 Eine Teilschuld ist in den sog. "Vorlage-Fällen" von vornherein ausgeschlossen. Ich zitiere dafür als das praktisch wohl wichtigste Beispiel die "Vorlage" des Geschäftsherm für den von ihm beschäftigten Verrichtungsgehilfen (§ 831): Der Geschäftsherr, beispielsweise der Eigentümer und Halter eines Kraftfahrzeugs, entschädigt den bei einem Verkehrsunfall Verletzten und nimmt alsdann vollen Rückgriff an dem veraritwortlichen Fahrer (§ 840 11). Die Gesamtschuld kann hier nicht aufgrund eines besonders anerkannten "Sicherungsbedürfnisses" des Gläubigers erwachsen. Im einzelnen dazu unten, 3. Teil, 11 2. 92 Entsprechende Regelungen finden sich für die Geschäftsführer einer GmbH in § 43 11 GmbHG, für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder einer Genossenschaft in §§ 34 11, 41 11 GenG. 93 Die "Beteiligten" benennt der Kommentar zur Konkursordnung von Jaeger-Weber, 8. Auflage, § 89 Anm. 1. 94 Veröffentlicht in Seuff Arch 71, Nr. 151.
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die Beklagten nach § 89 KO als Gesamtschuldner aufzukommen, da alle drei (ich ergänze: Ausschußmitglieder) für dieselben Pflichtwidrigkeiten verantwortlich sind, der Schaden aber nur einmal zu ersetzen ist."95 Die Formulierung des Gerichts täuscht darüber hinweg, daß in der Bestimmung des § 89 KO eine Gesamtschuld nicht ausdrücklich angeordnet ist 96 ; die Anerkennnung des Bedürfnisses nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung auf Seiten des Geschädigten setzt das Urteil bereits als allgemeinen Rechtsgedanken voraus. Insoweit erscheint es zutreffend, wenn Seih im Münchener Kommentar hervorhebt: Unter mehreren, auf den Ausgleich desselben Nachteils zielenden Schadensersatzverbindlichkeiten entstehe stets eine Gesamtschuld - und zwar unabhängig davon, ob die verschiedenen Obligationen auf demselben Rechtsgrund, d. h. derselben Norm, beruhten 97: In allen Fällen, in denen eine Teilung von SchadensersatzverpJlichtungen nach dem Maß der Verursachung oder des Verschuldens an sich in Betracht kommt, soll die Gesamtschuld dem Bedürfnis des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverfolgung Genüge tun 98 . Aus dieser Erkenntnis erklärt sich auch die Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Architekt und ein Bauunternehmer Gesamtschuldner sind, wenn beide wegen eines Mangels am Bauwerk auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 635 BGB haften 99; die immerhin denkbare Teilung der Ersatzpflicht nach Verantwortungsbeiträgen bleibt von vornherein außer Betracht 100. Schulden dagegen der Architekt Schadenser95 A. a. 0., Seite 254. Gleicher Auffassung RG LZ 1910, Spalte 159, 161. 96 § 89 KO lautet: "Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind für die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten allen Beteiligten verantwortlich." 97 Siehe die 2. Auflage des Werks, § 421 Rdnr.24. Diese Einsicht bleibt dem OLG Koblenz in einem Urteil aus dem Jahre 1956 verschlossen: Die Haftung des Konkursverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses erzeuge "wegen der Verschiedenheit des Rechtsgrundes" kein echtes, sondern nur ein "unechtes Gesamtschuldverhältnis" ohne Ausgleichspflicht untereinander (KTS 1956, Seite 159, 160). 98 Die Anerkennung des Sicherungsbedürfnisses stellt sich - negativ fonnuliert als Anwendungsfall der "versagten Vorteilsausgleichung" dar: Der Umfang einer Schadensersatzverbindlichkeit ist unabhängig von der Verpflichtung eines Mitschuldners zu bestimmen! Zum Begriff der "versagten Vorteilsausgleichung" siehe bereits meine Ausführungen oben, 1. Teil, VI Fußnote 25. 99 BGHZ 43, Seite 227, 230; bestätigt durch BGH VersR 1971, Seite 667, 669. Im Hinblick auf die Erfüllungspflichten bestand zwischen Bauunternehmer und Architekt selbstverständlich keine Gesamtschuld: Der Architekt sollte nicht die Aufgabe des Bauunternehmers erfüllen und umgekehrt! Insoweit ist der Fall ähnlich gelagert wie die Entscheidung BGH NJW 1952, Seite 217 (dazu oben, 3. Teil, I 2 b), nur konnte man dort aufgrund des gemeinschaftlichen Vertragsschlusses eine rechtsgeschäftlich begründete wechselseitige Einstandspflicht (a. a. 0.) bejahen. 100 In dem angeführten Urteil liest man den bündigen Satz: "Architekt und Bauunternehmer sind dagegen (soll heißen: anders als im Hinblick auf die Errichtung des Bauwerks) Gesamtschuldner, wenn sie beide wegen eines Mangels am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld wegen Nichterfüllung nach § 635 BGB haften" (Seite 230). Daß Bauunternehmer und Architekt "eine" Leistung schulden, ergibt sich aus einer hier als Richtlinie immer wieder betonten Einsicht: Der Bauherr kann nicht den Ersatz des Schadens in voller Höhe von dem Architekten und dem Bauunternehmer verlangen; er
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satz und der Bauunternehmer nach § 633 11 die Beseitigung des Mangels. so spricht für die Annahme einer Gesamtschuld 101 nicht das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers, sondern der von vornherein gegebene Ausschluß der Teilschuld: Die Erfüllungspflichten des Bauunternehmers und des Architekten beruhen auf verschiedenen Zusagen und dürfen durch eine Schuldverbindung keine inhaltliche Änderung erfahren. Das Recht auf die Werkleistung des Bauunternehmers - und dazu zählt auch dessen Nachbesserungspflicht - darf nicht durch die Ansprüche gegen den Architekten verkürzt werden. Gleiches würde von dem Anspruch auf die Bauaufsicht durch den Architekten gelten, auf den die Rechte gegen den Bauunternehmer nicht angerechnet werden dürfen. Vertraglich unabhängig voneinander zugesagte Erfüllungspflichten stehen eben für sich allein. (3) Entsteht eine Gesamtschuld unter mehreren Schadensersatzverbindlichkeiten, um dem Gläubiger den Nachweis einzelner Verantwortungsbeiträge zu ersparen, so führt dieser Grundsatz - weitergedacht - auch zur Annahme dieser Schuldverbindung für nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche nach der Norm des § 906 II 2. wenn durch zusammenwirkende Immissionen Schäden verursacht worden sind 102. Zwar handelt es sich hier nicht um Schadensersatzansprüche im eigentlichen Sinne - ge schuldet ist vielmehr eine "angemessene Entschädigung" muß sich, um nicht ungebührlich bereichert zu werden ("Äquivalenzprinzip"), mit dem einmaligen Ausgleich zufrieden geben. 101 Daß überhaupt eine Schuldverbindung entsteht, ergibt sich wiederum aus der Anwendung des ,,Äquivalenzgebotes": Der Bauherr darf nicht die Beseitigung des Mangels und Schadensersatz verlangen. In diesem Sinne deutlich BGH, a.a.O., Seite 233 f.: "Bessert der Bauunternehmer nach, dann kann der Bauherr den Architekten nicht mehr gemäß § 633 BGB in Anspruch nehmen, weil der Schaden behoben ist. Leistet andererseits der Architekt vollen Ersatz in Geld, dann ist der mit dem § 633 Abs. 2 BGB verfolgte Zweck erreicht; denn der Bauherr hat die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Mittel erhalten, wie es der § 633 Abs. 3 BGB vorsieht. Neben der Bereitstellung der Mittel, die für die Beseitigung des Mangels erforderlich sind, kann der Bauherr nicht noch die Beseitigung des Mangels selbst verlangen." In diesem Sinne bereits BGHZ 39, Seite 261, 264 f.; bestätigt durch BGHZ 51, Seite 275, 277. Dem Ergebnis des Beschlusses des Großen Zivilsenats (BGHZ 43, Seite 227) gehen freilich bemühte Argumente zum Begriff der "einen" Leistung voraus. Diese brauche zwar nicht in der Beziehung des Gläubigers zu den verschiedenen Schuldnern, hier zwischen dem Bauherrn und dem Architekten einerseits und dem Bauherrn und dem Bauunternehmer andererseits, ihrem Gegenstand nach gleich zu sein; es genüge die "besonders enge Verwandtschaft", weil "ihre inhaltliche Verschiedenheit hart an der Grenze zur inhaltlichen Gleichheit (Identität)" liege (a. a. 0., Seite 233). Die Schlußfolgerung zeigt indessen, daß das Gericht die Entscheidung allein auf das "Bereicherungsverbot" gründet: Der Bauherr dürfe nicht die Beseitigung des Mangels und zusätzlich Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Leider trennt der BGH nicht den Begriff der "einen" Leistung von den gesondert anzustellenden Erwägungen, die gegen eine Teilschuld sprechen. 102 BGHZ 72, Seite 289, 298: Die Verbreiterung einer Lübecker Straße machte die Verlegung von Kabeln der Elektrizitätswerke und der Bundespost sowie der Wasserund Gasleitungen nötig. Die Erschütterungen und Stöße, die von Baggern und Kompressoren ausgingen, ließen in dem Haus des Klägers Scheiben zerspringen und Risse im Treppenhaus auftreten; sie beschädigten darüber hinaus die Kühlanlage der von ihm betriebenen Schlachterei. "Störer" im Sinne des Nachbarschaftsrechts waren die Stadt Lübeck und verschiedene Tiefbaufirmen. Um eine Gesamtschuld eintreten zu lassen, müssen die Schäden durch die Kumulation von Immissionen entstanden sein; ist dies nicht der Fall, schulden die Emittenten keine Entschädigung für denselben Nachteil.
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für die hinzunehmende Belastung -, wohl aber ist auch hier ein unfreiwillig erlittener Nachteil auszugleichen, so daß die Vergleichbarkeit mit der Schadensersatzpflicht nicht geleugnet werden kann 103. Verursachen die Emittenten verschiedene Schäden, entsteht keine Schuldverbindung, weil jeder auf einen anderen Ausgleich verpflichtet ist. Ungeklärt ist noch die Haftung bei Urheber- oder Anteilszweifeln: Während der Bundesgerichtshof eine gleichmäßige Lastenteilung erwägt, wenn jeder Störer die Beeinträchtigung für sich allein bewirkt haben könnte 104, liegt m. E. eine Analogie 105 zu § 830 I 2 mit der Folge einer Gesamtschuld nahe, wenn mehrere Emittenten gleichermaßen als Schadensverursacher in Betracht kommen (sog. Urheberzweifel) oder die Urheberschaft eines Emittenten zwar feststeht, der Umfang der von ihm angerichteten Beeinträchtigung jedoch nicht ermessen werden kann (sog. Anteilszweifel) 106.
ee) Ich halte fest: Nicht nur durch den Parteiwillen, sondern auch kraft Gesetzes können wechselseitige Einstandspflichten unter Schuldnern entstehen. Der Ausschluß der Teilschuld soll den Gläubiger entweder vor einer nachträglichen Verschlechterung seiner Stellung durch die Vervielfachung von Schuldnern bewahren, wie sich dies bei der gesamtschuldnerischen Haftung der Miterben für die Nachlaßverbindlichkeiten zeigt, oder ihm, allem voran im Bereich der unerlaubten Handlungen, den Ausgleich eines unfreiwillig erlittenen Nachteils in einer möglichst unkomplizierten Form ermöglichen: Er soll von jedem Schuldner die ganze Leistung und nicht nur einen nach Verantwortungsbeiträgen bemessenen Teil verlangen dürfen.
2. Die Gesamtschuld kraft Gesetzes außerhalb des Sicherungszwecks - die sog. "Vorlage-Fälle" 107 Die bisher erörterten Gesamtschulden ließen sich auf ein - vertraglich oder gesetzlich - anerkanntes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers zurückführen; für 103 Unter entsprechenden Gesichtspunkten entsteht eine Gesamtschuldnerschaft auch unter mehreren Personen, die aus § 1004 dieselbe Störung zu beseitigen verpflichtet sind. Ebenso Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 12 IV 3, Seite 105 und Lutter / Overrath, JZ 1968, Seite 345, 353 f., jeweils mit dem Hinweis auf den "Rechtsgedanken des § 840". 104 BGH a.a.O., Seite 297 f. 105 Die hier angestellte Analogie zu § 830 dient nur dem Ausschluß der Teilschuld. Sie ist daher nicht mit dem Vorgehen von Selb zu verwechseln, der die Analogie allein in Anlehnung an die von ihm so gekennzeichneten Sachverhalte der ,,Erfüllungsgemeinschaft" entwickelt (zu dem Vorgehen von Selb oben, l. Teil, VI und im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.8). 106 Die Analogie zu § 830 I 2 erwägt auch Hager, NJW 1986, Seite 1961, 1968 freilich unter der Voraussetzung, daß jeder Emittent die gesamte Beeinträchtigung allein verursacht haben könnte. Damit beschränkt Hager die (analoge) Anwendung der Norm auf den sog. "Urheberzweifel". Unklar zur Anwendbarkeit des § 830 I 2 äußern sich Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 25 IV 2 e dd (4), Seite 236 und Säcker im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 906 Rdnr. 120. 107 Zum Begriff der "Vorlage-Leistung" siehe bereits oben, 2. Teil, 11 2 b.
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den Ausschluß der Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld sprach das Verlangen des Gläubigers nach einer sicheren und bequemen Rechtsverwirklichung lO8 • In zahlreichen Gestaltungen ist die Gesamtschuld jedoch aus einer anderen Erwägung anzunehmen: Sie ist die einzige Verbindung, die im Verhältnis zum Gläubiger auf einen Verteilungsmaßstab verzichtet und damit die Haftung aller überhaupt erst möglich macht. Hier leistet nach Maßgabe des Innenverhältnisses der eine Schuldner regelmäßig "in Vorlage" für den anderen. Diese Erkenntnis soll anhand von Beispielen verdeutlicht werden. a) Im Jahre 1911 hatte das Reichsgericht über folgende Sachlage zu befinden 109: Die Klägerin hatte sich zum Transport bestimmter Güter auf dem Seewege verpflichtet. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hatte sie sich der Beklagten bedient, welche die Überführung vom Kai bis zum Dampfer bewerkstelligen sollte. Die Beklagte lud die Güter in eine Schute. Als diese unbewacht neben dem Dampfer lag, lief sie voll Wasser, wodurch die Ladung teils verlorenging, teils beschädigt wurde. Die Klägerin haftete dem Eigentümer, der die Beförderung veraniaßt hatte, aus dem Speditionsvertrag i.V. m. § 278; die Beklagte schuldete Schadensersatz aus unerlaubter Handlung. Nachdem die Klägerin dem Gläubiger Ersatz geleistet hatte, nahm sie die Beklagte - wie das Reichsgericht befand: zu Recht 110 - in vollem Umfang in Regreß. Der Rückgriff konnte auf § 426 gestützt werden, weil eine Gesamtschuld vorlag: Zum einen sollte der entstandene Schaden nur einmal ersetzt werden, so daß Vertrags- und Deliktsschuldner "eine" Leistung zu bewirken hatten, zum anderen schied eine Teilschuld aus, weil die Zerlegung in Haftungsanteile nach dem Maßstab des Verschuldens unmöglich war: Sie würde den Spediteur befreien, den Frachtführer dagegen mit dem Schadensersatz allein belasten - ein Ergebnis, das der gesetzlichen Anordnung der Geschäftsherrnhaftung zuwiderliefe. "In Vorlage" trat hier der Verpflichtete, der bei Annahme der Teilschuld enthaftet worden wäre: der Spediteur. Der Fall erweist: Schulden mehrere Personen den Ersatz desselben Schadens, so erwächst eine Gesamtschuld entweder unter dem Gesichtspunkt des in § 840 I ausgedrückten Sicherungsbedürfnisses oder um der Unteilbarkeit der Haftung Rechnung tragen zu können. In der Praxis genügt der Hinweis, daß mehrere zum Ersatz desselben Schadens Verpflichtete in jedem Falle Gesamtschuldner sind; die Schuldverbindung ist - unabhängig vom Innenverhältnis - stets zu bejahen.
108 Wobei die Gesamtschuld auch allein im Hinblick auf Schadensersatz -, d. h. Sekundärpflichten entstehen kann, wie das Beispiel der Haftung des Bauunternehmers und der des Architekten gegenüber dem Bauherrn zeigt (siehe oben in diesem Abschnitt unter 1 b, dd, dort unter Ziffer 2). 109 RGZ 77, Seite 317. 110 RG a.a.O., Seite 325. Zur Gesamtschuldnerschaft zwischen einem Vertragspartner und dessen Erfüllungsgehilfen siehe noch RG Seuff Arch 78, Nr. 76 aus dem Jahre 1922.
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b) Die Pflicht eines Schuldners, "in Vorlage" zu leisten, entscheidet über den Ausschluß der Teil- und damit über das Entstehen einer Gesamtschuld, wenn auf ein kraft Gesetzes oder Parteivereinbarung anerkanntes Bedürfnis nach sicherer und bequemer Rechtsverfolgung nicht zurückgegriffen werden kann. aa) So verhält es sich etwa, wenn der Anspruch gegen einen Schädiger mit der Forderung gegen einen Versicherer, z. B. einen Hausrat- oder einen KfzHaftpflichtversicherer" 1 zusammentrifft: Wenn hier jeder der beiden Schuldner über die Teilleistung hinaus haftet, liegt der Grund nicht in der Anerkennung eines Sicherungsbedürfnisses des Gläubigers, verbunden mit einer wechselseitigen oder bürgenähnlichen Einstandspflicht 112, sondern darin, daß die Einbuße allein von dem Schädiger herbeigeführt wurde, der Versicherer mithin für diesen nur "in Vorlage" tritt. Die Teilschuld muß mithin außer Betracht bleiben, weil sich ein einheitlicher Maßstab für die Au/teilung der Verbindlichkeit, etwa nach dem Maß der Verursachung des Schadens, nicht finden läßt. Im übrigen führte eine Teilung dazu, daß sich die Leistungspflicht des Versicherers nachträglich ohne das Einverständnis des Gläubigers minderte 113 - der zweite Gesichtspunkt, unter dem die Schuldverbindung des § 420 ausgeschlossen werden muß. Haben Schädiger und Versicherer "eine" Leistung zu bewirken, weil der Gläubiger keinen Gewinn aus dem Schadensfall ziehen darf 114, und ist aus den soeben angestellten Erwägungen eine Teilschuld ausgeschlossen, so ist die Gesamtschuld die sachgerechte Folge. Sie ermöglicht den einseitigen Regreß des Versicherers; die Bestimmung des § 67 VVG, die den Übergang der gegen den Schädiger gerichteten Forderung anordnet, stellt sich als Spezialnorm zu § 426 11 dar 115. 111 Versicherungsnehmer ist im Falle der Kfz-Haftpflichtversicherung der Schädiger; der Anspruch des Geschädigten gegen den Versicherer entsteht gemäß § 3 Nr. I PflVG. 112 Mißverständlich formuliert Lentzen, Die Konkurrenz des Versicherungsanspruchs und des Entschädigungsanspruchs des Versicherungsnehmers gegen Dritte, Seite 19: "Es läßt sich nicht bestreiten, daß der Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft ebenso zur Sicherung und Befriedigung des Versicherungsnehmers dient, wie der Schadensersatzanspruch gegen den Dieb." - Der Versicherer bezweckt gewiß nicht, den Anspruch des Geschädigten gegen einen Dieb ähnlich einem Bürgen oder Schuldmitübernehmer zu sichern (insoweit zutreffend Bruck / Möller / Sieg, VVG, 8. Auflage, § 67 Anm. 8). Lentzen drückt - in ungeschickter Ausdrucksweise - nicht mehr aus, als daß Dieb und Versicherer dasselbe Interesse zu befriedigen haben, mit anderen Worten: "eine" Leistung schulden. 113 Dazu bereits oben, 2. Teil, 11 2 c. 114 Daß Schädiger und Versicherer "eine" Leistung schulden, bestreitet u. a. Schneider, JhJb 65, Seite 187, 201: Die Ansprüche verfolgten lediglich "ein ähnliches, nicht ein gleiches wirtschaftliches Ziel". Diese Behauptung kann Schneider nicht begründen; er verweist lediglich auf die unterschiedlichen Entstehungsgründe ("Wurzeln") der Rechte. 115 Im Ergebnis ebenso: Ehmann, Gesamtschuld, Seite 235. Daß keine dogmatischen Bedenken dagegen bestehen, die Norm des § 67 VVG als Sonderregelung zu § 426 11 zu begreifen, habe ich bereits an anderer Stelle (oben, 1. Teil, V 3) dargelegt.
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bb) Als weiteren "Vorlage-Fall" nenne ich die sog. "Dombrand-Entscheidung" 116, in der das Reichsgericht über Rückgriffsansprüche des baulastpflichtigen Fiskus gegen einen Drogisten zu entscheiden hatte, der mit der Ausführung des Feuerwerks während einer "Bonifatius-Jubelfeier" beauftragt worden war. Wegen der mangelnden Sachkunde des Drogisten brannten im Jahre 1905 die beiden Türme des Fuldaer Doms ab. Das Reichsgericht gab der Klage statt, gründete den Regreß jedoch nicht auf die Bestimmung des § 426, sondern auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670) und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 11) 117. Die Ableitung des Rückgriffs aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag kann nicht überzeugen. Der Fiskus erfüllte mit der Wiederherstellung des Turmes eine ihm obliegende Pflicht, so daß die Annahme des sog. "Willens zur Fremdgeschäftsführung" 118 auf eine Unterstellung hinausliefe 119. Sein Anspruch gegen den Drogisten aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 I 1 2. Variante; sog. "Rückgriffskondiktion") wäre zu verneinen gewesen, wenn das Recht der Gesamtschuld anwendbar war: Solchenfalls hätte der Drogist durch die Leistung des Fiskus an den bischöflichen Stuhl nicht die Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt, sondern nur den Gläubiger gewechselt, weil die Ansprüche der Kirche nach § 426 11 auf den Fiskus übergegangen wären 120. Diesen Forderungsübergang aber hätte das Reichsgericht bejahen müssen, weil die Voraussetzungen einer Gesamtschuld erfüllt waren: Einerseits lag es wegen des Verbots, sich an einem Schadensfall zu bereichern, auf der Hand, daß der bischöfliche Stuhl nicht die Wiederherstellung des Turmes und die im Wert entsprechende Ersatzleistung des Brandstifters verlangen konnte. Brandstifter und Fiskus schulden mithin "eine" Leistung. Den geistigen, am Gläubigerinteresse ausgerichteten Charakter des Merkmals 121 übersieht loset. wenn er behauptet: "An der Identität der Leistung mangelt es auch im Fall des Fuldaer Dombrandes ... ; der Brandstifter ist dem bischöflichen Stuhl nur zur Geldleistung verpflichtet; dagegen 116 RGZ 82, Seite 206. Über die Anspriiche des preußischen Staates gegen das ebenfalls verklagte Mitglied des Festausschusses "M" konnte das Reichsgericht nicht befinden, weil ihm "ein Fahrlässigkeitsverschulden in Beziehung auf das Feuerwerk und als Ursache des entstandenen Schadenfeuers" noch nachgewiesen werden mußte (a. a. 0., Seite 219). 117 RG a.a.O., Seite 214-216. 118 Palandt/Thomas, 48. Auflage, § 677 Anm. 3. 119 Gegen die Konstruktion eines Regresses über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag habe ich mich bereits oben, 1. Teil, VI Fußnote 10 ausgesprochen. 120 Zutreffend führt Medicus, Bürgerliches Recht, 13. Auflage unter dem Titel "Voraussetzungen der Rückgriffskondiktion" aus: " ... Endlich darf auch der Rückgriff nicht schon in anderer Weise geregelt sein (z. B. durch § 670 oder durch eine Legalzession ... ). Denn dieser Rückgriff aus anderen Vorschriften bedeutete, daß der Schuldner nur den Gläubiger wechselt und daher gleichfalls nichts Kondiktionsfahiges erlangt hätte." (A. a. 0., Rdnr. 950). 121 Dazu oben, 2. Teil I, 2.
II. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
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geht die Verpflichtung des Baulastpflichtigen gerade nur auf Herstellung, und für den Umfang der Herstellungspflicht sind maßgebend die allerverschiedensten Rechtsnormen " 122
Andererseits schied eine Teilschuld zwischen den beiden Verpflichtungen aus: Als Verursacher sollte letztlich allein der (fahrlässige) Brandstifter für den Schaden aufkommen, so daß eine Aufteilung des Schadens zwischen ihm und dem preußischen Fiskus nicht in Betracht kam. Das Reichsgericht hätte mithin bei schlüssiger Argumentation ein Regreßrecht des Fiskus nach § 426 bejahen und damit die Voraussetzungen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung verneinen müssen 123. cc) "In Vorlage" leistet auch ein Unterhalts schuldner, der die Kosten der ärztliche Behandlung eines Unterhaltsberechtigten für einen verantwortlichen Schädiger verauslagt. Als Beispiel läßt sich folgender Fall denken 124: Eine Frau fällt beim Überschreiten eines fremden Grundstücks in eine vom Eigentümer fahrlässigerweise unbedeckt gelassene Grube und bricht sich ein Bein. Der Eigentümer bestreitet seine Ersatzpflicht. Da die Behandlung keinen Aufschub duldet, muß der Ehemann die Heilungskosten tragen; er genügt auf diese Weise seiner Unterhaltspflicht 125. Die Verletzte hat demgemäß sowohl gegen ihren Ehepartner aus § 1360 a als auch gegen den Grundstückseigentümer aus § 823 I Anspruch auf eine geldliche Entlastung. Freilich darf sie, kommt der Ehegatte seiner Unterhaltspflicht nach, nicht auch noch die Erstattung der Kosten vom Schädiger verlangen; anderenfalls zöge sie aus dem Schadensfall einen Gewinn 126. Mit anderen Worten: Unterhalts- und Schadensersatzverpflichteter schulden "eine" Leistung.
Eine Teilschuld unter den Verbindlichkeiten scheidet aus, weil der Schädiger allein den Nachteil auszugleichen hat - diese Wertung liegt als Leitgedanke der Regelung des § 843 IV zugrunde 127. Die Folge des Ausschlusses der TeilAcP 118, Seite 379, 281. Im Ergebnis ebenso v. Tuhr, DJZ 1914, Seite 334, 337. 124 Gebildet nach Marcuse, JW 1915, Seite 264. 125 Zum sog. Lebensbedarf gehören auch die Krankheitskosten; Palandt / Diederichsen, 48. Auflage, § 1360 a Anm. 1 bund BGH FamRZ 1984, Seite 557. Die Übernahme der Behandlungskosten durch eine Versicherung lasse ich außer Betracht. 126 Das Verbot der Doppelbefriedigung betont für einen dem Beispiel vergleichbaren Sachverhalt auch das Reichsgericht in dem Urteil JW 1909, Seite 137. Das Gericht zieht daraus jedoch nicht den Schluß, daß eine Schuldverbindung entsteht; vielmehr sieht es die Gefahr der Bereicherung durch den (zufälligen) Umstand gebannt, daß der Ersatzberechtigte und der Unterhaltspflichtige damals gemeinsam klagten. Daß es auf diesen zufälligen Umstand nicht ankommen kann, betont zu Recht Bach, JW 1914, Seite 730, 731. Zu seinen Lösungsvorschlägen siehe noch die übernächste Fußnote. 127 In diesem Sinne bereits Oertmann, Festschrift für v. Gierke, Seite 1, 8: Schließe das Bestehen eines liquiden Unterhaltsanspruchs den Ersatzanspruch nicht aus, so sei ,,klar, daß im Sinne des Gesetzes die Ersatzpflicht vor die Unterhaltspflicht gestellt werden, der Ausgleich des Schadens in erster Stelle dem Schädiger auferlegt werden 122 123
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
schuld ist das Entstehen einer Gesamtschuld: Die Leistung des einen Schuldners befreit den anderen gegenüber dem Gläubiger; im Verhältnis der Schuldner ist der Unterhaltsverpflichtete in vollem Umfang rückgriffsberechtigt 128. Eine Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Unterhaltsverpflichteten und dem Schädiger wird von dem Schrifttum nur vereinzelt 129, von der Rechtsprechung überhaupt nicht in Betracht gezogen. Der Bundesgerichtshof stützt den Rückgriff des Unterhalts schuldners auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag 130, das Reichsgericht erwog daneben das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung 131. Diese Ableitungen können jedoch genauso wenig wie im sog. "Dombrand-Fall" I32 überzeugen: Der Ehegatte genügt seiner eigenen Pflicht, wenn er die Heilungskosten trägt; die Behauptung, er handele insoweit in der Absicht, ein Geschäft des Schädigers zu besorgen, dürfte sich als eine bloße Unterstellung erweisen 133. Frei von dogmatischen Bedenken gestaltet sich dagegen die Abwicklung der Schuldnermehrheit nach den Regeln der Gesamtschuld, hat man sich erst einmal von der Vorstellung eines "weiteren" diese Verbindung besonders prägenden Merkmals gelöst 134. soll". Thiele, AcP 167, Seite 193, 219 f. will dagegen den Satz, wonach letztlich der Schädiger den von ihm angerichteten Schaden auszugleichen hat, der Unterhalts schuldner mithin nur "in Vorlage" leistet, nicht aus der Bestimmung des § 843 IV herauslesen, sondern nur auf einen allgemeinen Rechtsgedanken stützen. 128 In diesem Sinne bereits Bach, JW 1914, Seite 730, 732 f. Leider kann sich Bach nicht zu der Annahme einer Gesamtschuld durchringen, sondern beschränkt sich auf eine Analogie zu §§ 840, 426 11 (a. a. 0., Seite 732); vermutlich ist er insoweit der Vorstellung vom Erfordernis einer ,,zweckgemeinschaft" verhaftet. Ähnlich wie Bach plädiert Rabel, RheinZ 1919/20, Seite 89, 91, 108 f. für die analoge Anwendung des § 426. 129 Überzeugend Ehmann, Gesamtschuld, Seite 320 f. 130 BGH NJW 1979, Seite 598. Der Kläger verlangte hier den Ersatz von Umzugskosten, um seine Frau, das Opfer einer Gasexplosion , während der auswärtigen Heilbehandlung persönlich betreuen zu können. Das Gericht gab der gegen den Schädiger gerichteten Klage unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag statt. M. E. war der Rückgriff auf die Bestimmung des § 426 11 zu gründen: Der Ehegatte schuldete die Aufwendungen aufgrund seiner Unterhaltspflicht (§§ 1360 a LV. m. 1353); dem Schädiger waren sie über die Schadensersatzpflicht aufgebürdet (dazu BGH a. a. 0.). Da das Interesse der Frau jedoch befriedigt war, als ihr Mann die finanziellen Mittel einsetzte, um die persönliche Betreuung zu ermöglichen, konnte sie nicht zusätzlich die dafür erforderlichen Kosten vom Schädiger verlangen ("Bereicherungsverbot"). Letztlich sollte freilich der Schädiger als Schadensverursacher die mit der Heilbehandlung verbundenen Aufwendungen tragen; der unterhaltspflichtige Gatte leistete mithin nur "in Vorlage". 131 Siehe etwa RG JW 1909, Seite 137. Auch Oertmann, Festschrift für v. Gierke, Seite 1, 14 f. befürwortet den Rückgriff über die Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung; an der Bejahung einer Gesamtschuld sieht er sich gehindert, weil sie an die "Einheitlichkeit des Entstehungsgrundes" anknüpfe (a. a. 0., Seite 15). 132 RGZ 83, Seite 206; siehe dazu, 3. Teil, 11 2 b, bb. 133 In manchen Fällen stellt sich der Unterhaltsschuldner womöglich nicht einmal die Ersatzpflicht eines Dritten vor! Wegen des Zweifels am Willen zur Fremdgeschäftsführung spricht sich bereits Oertmann, a. a. 0., Seite 15, gegen einen Rückgriff aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag aus. Wie Oertmann auch Kohler, JhJb 25, Seite 1, 113, 115 und Rabel, a.a.O., Seite 89, 97: Es sei keine Gestion mehr, wenn die Tätigkeit vorwiegend eine "eigenstrebende" sei, den eigenen Zwecken diene, sollten auch mit der Erreichung dieser Zwecke zugleich Vorteile für Dritte verbunden sein.
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
193
Mit der Anerkennung einer Gesamtschuld erübrigt sich die Gestaltung des Regresses über die sog. "Rückgriffskondiktion" von selbst: Aus der Sicht des Schädigers ist durch die Leistung des Unterhaltsverpflichteten an die Stelle des Geschädigten ein neuer Gläubiger, nämlich der Unterhalts schuldner, getreten, so daß der Schädiger nichts im Sinne des § 812 I 1 2. Variante "erlangt" hat 135. dd) Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch derjenige, der einen Arbeitnehmer gesundheitlich schädigt, mit dem Arbeitgeber, der zur Fortzahlung des Lohnes aus § 1 LohnFG verpflichtet ist, in ein Gesamtschuldverhältnis tritt, weil der Arbeitgeber nur "vorläufig", der Schädiger dagegen "in erster Linie" für den Schaden aufzukommen hat. Die Bestimmung des § 4 LohnFG, wonach für den Fall der Lohnfortzahlung die Ersatzforderung auf den Arbeitgeber übergeht, stellt sich mithin als lex specialis zu § 42611 dar 136 • Die Norm des § 426 II kommt unmittelbar zur Anwendung, wenn es sich bei dem Geschädigten um einen "Angestellten" handelt, weil sich § 4 LohnFG nur auf den "Arbeiter" bezieht. Diese These findet sich freilich weder in der Rechtsprechung noch in der einschlägigen Literatur: Im Falle der Schädigung eines "Angestellten" wird entweder eine Analogie zu § 4 LohnFG erwogen 137 oder dem Geschädigten wird die Pflicht auferlegt, seinen Ersatzanspruch an den Arbeitgeber abzutreten 138. ee) Als letzte Gestaltung einer Gesamtschuld aufgrund der Pflicht eines Schuldners, "in Vorlage" zu leisten, nenne ich das Zusammentreffen von Ansprüchen gegen den Dieb einer Sache aus §§ 823 I, 11, 826 139 mit dem Recht auf Auskehrung des Veräußerungserlöses aus § 816 11, das sich gegen einengutgläubigen, d. h. in Unkenntnis des Diebstahls handelnden, Abnehmer des Diebes richtet. Der Anspruch auf den Erlös entsteht kraft der Weiterveräußerung an einen Dritten, die der Eigentümer genehmigt 140. Dieb und Veräußerer schulden - so lautet die erste Erkenntnis - "eine" Leistung, darf doch der frühere Eigentümer, dem die Sache gestohlen wurde, nicht mehrfach für diesen Verlust entschädigt werden (sog. "Äquivalenzprinzip" oder "Bereicherungsverbot") 141. Siehe Rabel, RheinZ 1919, Seite 89, 108 f. Siehe zur "Rückgriffskondiktion" bereits meine Ausführungen oben, 3. Teil, 11 2 b, bb. Gegen die Gestattung des Rückgriffs über das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung im Ergebnis auch Rabel, a.a.O., Seite 100f. 136 Nach der hier vertretenen Auffassung vom "weiten" Anwendungsbereich des Gesamtschuldrechts stellt § 4 LohnFG lediglich Selbstverständliches klar; die Existenz der Norm ist mithin im wesentlichen durch den Streit über die Grenzen der Gesamtschuld gerechtfertigt. 137 So Neumann-Duesberg, BB 1970, Seite 493, 494 f. 138 Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Schädiger aus abgetretenem Recht bejahen die Entscheidungen BGHZ 43, Seite 378, 382 und BGHZ 8, Seite 30, 52. Die Pflicht zur Abtretung bejaht der Bundesgerichtshof in dem zuletzt genannten Urteil auf Seite 49. 139 Es wird sich dabei regelmäßig um die geldliche Entschädigung des Betroffenen handeln; denkbar ist aber auch dessen Verlangen, Schadensersatz in Natur durch Beschaffung einer gleichwertigen Sache zu leisten. 140 So der Sachverhalt BGHZ 52, Seite 39. 141 Diese Begriffe habe ich ausführlich oben, 1. Teil, I 2 - 4 und VIII 3 behandelt. 134
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13 Wemecke
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Der Bundesgerichtshof umschreibt in der angeführten Entscheidung mit dem Begriff der ,,zweckgemeinschaft" nichts anderes als das ,,Äquivalenzprinzip". Wörtlich heißt es in dem Urteil: "Die Gemeinschaft des Zwecks beider Ansprüche besteht darin, daß sie dem Schutz des Eigentums dienen und den Eigentümer für den Verlust der Sache entschädigen sollen. Das ist maßgebend, und demgegenüber tritt es zurück, daß zur Begründung des Anspruchs aus § 816 BGB zu dem bereits durch Diebstahl verursachten Schaden noch ein weiteres Ereignis, die Veräußerung, hinzutreten muß. Es handelt sich auch nicht um einen der Fälle bloß zufälliger Zweckgleichheit ... Das alles wird deutlich zunächst in dem Fall, daß sich beide Ansprüche, der auf Schadensersatz und der auf den Verkaufserlös, gegen dieselbe Person richten, wenn also der Gläubiger die vom Dieb selbst vorgenommene Veräußerung genehmigt und dadurch gegen ihn einen Anspruch aus § 816 BGB erwirbt. Dann kann er nicht beides, vollen Schadensersatz und den Verkaufserlös, verlangen. Was der Dieb dem Eigentümer leistet, tilgt beide Ansprüche, soweit sie sich inhaltlich decken. Es ist schwer einzusehen, daß das Ergebnis anders sein soll, wenn die Ansprüche, weil der Eigentümer nicht die Veräußerung des Diebs, sondern die des Abnehmers genehmigt, sich nunmehr gegen verschiedene Personen richten. Auch dann kann vielmehr der Eigentümer keine doppelte Entschädigung beanspruchen. vielmehr dieselbe Leistung nur einmal von verschiedenen Schuldnern fordern; und soweit er sie von dem einen Schuldner erhält. muß auch der andere ihm gegenüber frei werden" 142. Gegen eine Teilung der Verbindlichkeiten spricht die Tatsache, daß der gutgläubige Abnehmer, der die Sache weiterveräußert, letztlich überhaupt nicht haften soll: Es fehlt an einem Verteilungsmaßstab der Haftung, weil sich der Abnehmer an der unerlaubten Handlung nicht beteiligt hat. Folglich müßte er aus seiner Verantwortung gegenüber dem Gläubiger entlassen werden - ein Ergebnis, das seiner gesetzlichen Einstandspflicht zuwiderliefe. Wenn er demzufolge im Außenverhältnis verhaftet bleibt, so leistet er im Innenverhältnis nur "in Vorlage" für den Dieb. Dieser hat ihn "von Ansprüchen Dritter" freizuhalten 143. Handelt der Abnehmer in fahrlässiger Unkenntnis des fremden Eigentums, so haftet er, wie § 992 deutlich besagt, nur aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 816 I 1). Für den Ausschluß der Teilung hat dies zur Folge, daß sich die Gesamtschuld wiederum allein auf den Gedanken einer Leistung "in Vorlage" gründet l44 •
BGH a.a.O., Seite 44 (Hervorhebung durch Verfasserin). Mit diesen Worten umschreibt der Bundesgerichtshof den Rückgriffsanspruch des Bereicherungsschuldners. a. a. 0., Seite 42. Kein einseitiger Regreß steht dem .. bösgläubigen ", d. h. in Kenntnis des Diebstahls handelnden Abnehmer zu: Er ist solchenfalls Hehler und haftet - ebenso wie der Dieb - aus unerlaubter Handlung (§§ 992, 823 I, 823 11, 826; siehe dazu bereits oben, 1. Teil, V 2 a, bb, dort unter Ziffer 2). Die Teilung der Verbindlichkeiten bleibt solchenfalls wegen des im Schadensersatzrecht anerkannten Sicherungsbedürjnisses des Geschädigten außer Betracht (siehe dazu oben, 3. Teil, 11 1 b, ce, dort unter Ziffer 3); im Verhältnis der Deliktstäter untereinander ist eine anteilige Haftung anzunehmen. 144 Der in fahrlässiger Unkenntnis des fremden Eigentums handelnde Abnehmer bleibt einseitig rückgriffsberechtigt: Ihm schadet grundsätzlich nur die positive Kenntnis eines Rechtsmangels (§ 439); eine Kürzung seiner Ansprüche gegen den Verkäufer unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (dazu Palandt/Heinrichs, 48. Auflage, § 254 142 143
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
195
Für den Fall, daß Dieb und Veräußerer an den Geschädigten leisten, gilt folgendes: Hat der Veräußerer den Gläubiger zeitlich gesehen vor dem Dieb befriedigt, so kann er die Leistung des Diebes in Höhe seines "Freistellungsanspruchs" aus der Gesamtschuld nach § 816 11 i.V. m. § 407 kondizieren, denn im Zeitpunkt seiner Zahlung ist der Anspruch des Geschädigten gegen den Dieb insoweit gemäß § 426 11 auf ihn übergegangen. Der frühere Eigentümer hat - immer unterstellt, daß der Dieb die Befriedigung durch den Veräußerer nicht kannte - dessen Leistung als Nichtberechtigter mit befreiender Wirkung für den Dieb zu Lasten des Verkäufers entgegengenommen. Hat dagegen der Dieb zuerst geleistet, kommt es zur Rückforderung des später ausgekehrten Veräußerungserlöses durch den Abnehmer bzw. Veräußerer der Sache nach § 813 145 • c) Die Darstellung sog. "Vorlage-Fälle" könnte noch durch besonders zeitnahe Beispiele Farbe gewinnen. aa) Ich erinnere an dieser Stelle an die Ansprüche des Werkunternehmers aus einem Reparaturauftrag an einem Kraftfahrzeug, das unter Eigentumsvorbehalt verkauft, dann aber wegen des Zahlungsverzugs des Käufers wieder von dem Eigentümer "zurückgerufen" wurde. Hier treffen der Anspruch gegen den Eigentümer auf Ersatz der Verwendung (§ 994) mit der Forderung gegen den zum Besitz der Sache nicht (mehr) berechtigten Käufer und Besteller der Werkleistung zusammen 146: Der Besteller haftet, hat er sein Recht zum Besitz kraft eines Rücktritts des Verkäufers / Eigentümers vom Vertrag verloren, im Innenverhältnis allein für die Befriedigung des Werkunternehmers. Dies ergibt sich in dem hier behandelten Fall aus der Pflicht des Auftraggebers, dem Eigentümer Schadensersatz wegen einer Verschlechterung des Kraftfahrzeugs zu leisten (§ 347 S. 1) 147. bb) Besonders zeitnahe" Vorlage-Fälle" finden sich auch im Bereich des Kraftfahrzeug-Leasing 148: Zerstört ein Dritter aufgrund alleinigen Verschuldens ein "geleastes" Fahrzeug, kann der Leasinggeber aus §§ 823 I, 823 11 und 7 I StVG den Ausgleich der Nachteile verlangen, die aus der Beeinträchtigung seines Eigentums herrühren.
(1) Die Gestaltung bei einer sog. Schadensersatzklausel Ich gehe, einer verbreiteten Gestaltung folgend, davon aus, daß der Leasingnehmer seinem Vertragspartner die volle Entlastung zugesagt habe, daß er also auch für eine von ihm nicht verschuldete Zerstörung des Fahrzeugs den Zeitwert auszugleichen hat 149: Dann haftet er neben dem Schädiger 150. Anm. 2 d) kommt zumindest bei einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung durch den Vertragspartner, hier den Dieb, nicht in Frage. 145 Der einmal geleistete Erlös kann nicht etwa nach § 812 I 1 1. Variante kondiziert werden, weil durch die Leistung des Diebes nicht die "causa" der Verpflichtung des Veräußerers vernichtet wurde. Der Zahlungspflicht des Veräußerers stand nach der Befriedigung des Geschädigten durch den Dieb vielmehr die dauernde Einwendung des § 422 entgegen. Siehe zum Ganzen oben, 1. Teil, VIII Fußnote 66. 146 Ich verweise auf meine Darstellung und Würdigung des Sachverhalts im 1. Teil, VIII 3 c, dd. 147 Siehe oben, 1. Teil, VIII Fußnote 81. 148 Dazu Dörner, VersR 1978, Seite 884. 149 Sog. "Schadensersatzklausel"; zur Wirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung siehe Dörner, a. a. 0., Seite 886 f. ISO Durch die "Schadensersatzklausel" entfällt im Verhältnis des Leasinggebers zum Schädiger nicht etwa der Schaden und damit der Ersatzanspruch: Der Nachteil in der 13*
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Letztlich hat freilich allein der Schädiger die von ihm zu verantwortende Einbuße zu beseitigen; befriedigt der Leasingnehmer den Leasinggeber, kann er sich bei dem von seiner Verpflichtung befreiten Schädiger (§ 422) Entlastung verschaffen: Er verlangt von ihm den Zeitwert des Fahrzeugs (§ 426 I und 11)151. Die Gesamtschuldnerschaft erschüttert nicht die Erkenntnis, daß der Schädiger dem Leasingnehmer als dem Besitzer der Sache aus § 823 I zum Ersatz des sog. "Haftungsinteresses" , d. h. des Betrages verpflichtet ist, den der Leasingnehmer als Folge einer Beschädigung oder Zerstörung der Sache seinerseits an den Leasinggeber leisten muß 152: Der kraft der Gesamtschuld entstehende Anspruch aus § 426 I, wonach der Leasingnehmer vom Schädiger Leistung des Schadensersatzes an den Leasinggeber / Eigentümer verlangen kann, deckt sich inhaltlich mit dem Anspruch auf Ersatz des Haftungsinteresses 153; dieser ist auf die Befreiung von der Verbindlichkeit gerichtet, die den Leasingnehmer in seinem Verhältnis zum Leasinggeber trifft 154. (2) Die Gestaltung infolge einer sog. Preisgefahrklausel Der Schädiger hat dem Eigentümer nicht nur den Zeitwert der zum Leasing überlassenen Sache, sondern auch den entgangenen Gewinn aus einem unmöglich gewordenen Leasingverhältnis zu ersetzen (§ 252). Eine Gesamtschuld zwischen ihm und dem Lea-
Person des Leasinggebers ist entweder über die Figur der "Drittschadensliquidation" oder über eine sog. ,,normative" Schadensbetrachtung zu begründen. Bei der Wahl der Drittschadensliquidation würde der Leasinggeber neben der eigenen Einbuße das beeinträchtigte Nutzungsinteresse seines Vertragspartners gegen den Schädiger geltend machen. Hagen, Die Drittschadensliquidation im Wandel der Rechtsdogmatik, gibt m. E. überzeugend der Anwendung eines ,,normativen" Schadensbegriffs den Vorzug (a. a. 0., Seite 137 und öfters). Ehmann, Gesamtschuld, folgt in diesem Punkte Hagen (a. a. 0., Seite 236), verknüpft jedoch unzulässigerweise die Frage der Begründung des Schadensersatzanspruchs mit der der Gesamtschuld: "Die Figur der Drittschadensliquidation verliert ... von der hier vertretenen Auffassung des Gesamtschuldbegriffs aus gesehen an Bedeutung". 151 Dazu Dörner, a. a. 0., Seite 890: "Es liegt auf der Hand, daß der Leasinggeber nicht gleichzeitig Schadensersatz und entgangenen Gewinn vom Dritten als auch (aufgrund einer Schadensersatzklausel) von Leasingnehmer erhalten kann ... Daneben ist sicherzustellen, daß sich der dem Leasinggeber unverschuldet haftende Leasingnehmer nach Zahlung in vollem Umfang bei dem Dritten schadlos halten kann." 152 Zur Ersatzfähigkeit des sog. "Haftungsinteresses" im Falle der Zerstörung eines "geleasten" Kfz siehe BGH VersR 1976, Seite 943, 944. Allgemein zur Ersatzfähigkeit des Haftungsinteresses BGHZ 57, Seite 78, 81 und Palandt / Thomas, 48. Auflage, § 823 Anm.5 B m.w.N. 153 So auch Dörner, a. a. 0., Seite 892 : " ... Dieser Anspruch auf Ersatz des Haftungsschadens teilt im Hinblick auf Entstehungsvoraussetzungen und Erlöschen das Schicksal etwaiger Ausgleichsansprüche des Leasingnehmers gern. § 426 I und 11 BGB: Erfüllt der Dritte bereits seine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Leasinggeber, so erlischt gern. § 422 I BGB der Schadensersatzanspruch des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer. Der Leasingnehmer wird also frei, ihm entsteht kein Haftungsschaden. Nimmt der Leasinggeber aber statt des Dritten den Leasingnehmer in Anspruch, so liegen nach Zahlung durch den Leasingnehmer sowohl die Voraussetzungen des § 426 I und 11 BGB als auch eines Anspruchs auf Haftungsschadensersatz vor. In der Höhe sind alle Ansprüche deckungsgleich ... ". 154 BGHZ 57, Seite 78, 81: "Besteht der Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit, so geht der Ersatzanspruch des Geschädigten nach § 249 S. 1 auf Befreiung von der Verbindlichkeit."
11. Die Fallgruppen der Gesamtschuld kraft Gesetzes
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singnehmer entsteht, wenn der Leasingnehmer dem Leasinggeber aufgrund einer sog. "Preisgefahrklausel" die noch ausstehenden Raten zu zahlen hat: Die Ansprüche des Leasinggebers sollen nicht "doppelt" erfüllt werden 155. Das Bereicherungsverbot, dem § 422 Rechnung trägt, wird wirksam. Freilich entsteht in diesem Falle, anders als bei der "Schadensersatzklausel" 156, kein Rückgriffsrecht des Leasingnehmers gegen den Schädiger; schließlich soll dieser nur den Zustand wiederherstellen, der bestehen würde, hätte er die überlassene Sache nicht zerstört - wäre sie aber nicht zerstört worden, hätte der Leasingnehmer seiner vertraglichen Pflicht zur Zahlung der Leasingraten ebenfalls nachkommen müssen 157. Für die Erfüllung des Leasingvertrags hat mithin letztlich der Leasingnehmer einzustehen. Ersetzt der Schädiger dem Leasinggeber den "entgangenen Gewinn" aus §§ 823 I, 252, so kann er diesen Betrag vom Leasingnehmer verlangen. Es handelt sich hier - im Unterschied zur Gestaltung bei der "Schadensersatzklausel" - um die "Vorlage" des Schädigers für den Leasingnehmer. Freilich kann der Leasingnehmer ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 geltend machen: Er braucht nur Zug um Zug gegen Ersatz des sog. Nutzungsschadens, d. h. des Nachteils, der ihmdurch den Entzug der Gebrauchsmöglichkeit bis zum Nutzungsende entsteht, zu leisten 158. Der Schädiger hat dem Leasingnehmer eine der untergegangenen gleichwertige Sache, beim Kfz-Leasing mithin ein gleichwertiges Fahrzeug für die vereinbarte Nutzungsdauer zur Verfügung zu stellen 159, 160.
155 Die sog. "Preisgefahrklausel" bestimmt, daß der Leasingnehmer auch bei zufälligem Untergang des Objekts zur Zahlung aller noch ausstehenden Leasingraten verpflichtet sein soll; Dömer, a. a. 0" Seite 889. Zur Zulässigkeit einer solchen Klausel siehe dort, Seite 887 ff. Die "Preisgefahrklausel" verhindert nicht etwa das Entstehen eines Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns beim Leasinggeber: Durch die Klausel soll ein potentieller Schädiger nicht entlastet werden, vielmehr soll dem Leasinggeber ein weiterer Schuldner zur Verfügung stehen. Der Schaden des Leasinggebers läßt sich in diesem Fall nur "normativ" begründen. 156 Siehe zu dieser Klausel meine Ausführungen unter (I). 157 In diesem Sinne auch BGH VersR 1976, Seite 943, 944; MünchKomm / Mertens, 2. Auflage, § 823 Rdnr. 124 Fußnote 179. 158 Zum Begriff des Nutzungsschadens Dömer, a.a.O., Seite 892. Der Anspruch des Leasingnehmers gegen den Schädiger, gerichtet auf Ersatz des Nutzungsschadens, ergibt sich aus der Verletzung des berechtigten Besitzes (§ 823 I). 159 Anstelle der sog, ,,Naturalrestitution" kann der Leasingnehmer auch den Geldbetrag verlangen, den er aufwenden muß, um sich ein gleichwertiges Fahrzeug zu denselben Bedingungen für den Rest der Vertragsdauer zu verschaffen. Solchenfalls kann der Leasingnehmer gegen den Anspruch des Schädigers aus § 426 aufrechnen. 160 Einen lehrreichen Sachverhalt, der im Hinblick auf den Regreß desjenigen, der ein geleastes Kfz zerstört, nach den Regeln der Gesamtschuld hätte entschieden werden müssen, berichtet ein Urteil des OLG Köln aus dem Jahre 1986 (NJW 1986, Seite 1816): Das Gericht bejahte die Pflicht des Verursachers eines Verkehrsunfalls, dem Leasingnehmer die Kosten für die berechtigte Stomierung des Leasingvertrags über das zerstörte Kfz zu ersetzen. Der Schädiger hatte eingewandt, daß dem Leasingnehmer aus dem Stomierungsvertrag (bereicherungsrechtliche?) Rückforderungsansprüche zuständen. Das Gericht hätte ihn angesichts dieses Einwandes m. E. Zug um Zug gegen Bestätigung des Übergangs etwaiger Rückforderungsansprüche (§§ 273,410,412,42611) verurteilen müssen; tatsächlich ging es von einer Pflicht zur Abtretung etwaiger Rückforderungsrechte gemäß § 255 aus (a. a. 0., Seite 1817). Eine Gesamtschuld zwischen dem Leasingnehmer und einer Versicherung gegenüber dem Leasinggeber behandelt das Urteil des OLG München aus dem Jahre 1982 (OLGZ
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
d) Um die Darstellung sog. "Vorlage-Fälle" nicht in Einzelheiten zerfließen zu lassen, führe ich die dargestellten Sachverhalte auf den gemeinsamen Grundgedanken zurück: Kraft Gesetzes fügen sich nicht nur Verbindlichkeiten in ein Gesamtschuldverhältnis, die (auch) von einem gesetzlich anerkannten Sicherungszweck getragen sind; vielmehr scheidet die Teilschuld auch dort aus, wo es an einem einheitlichen Verteilungsmaßstab fehlt. Solchenfalls findet die ungleichartige Haftung gegenüber dem Gläubiger ein Gegengewicht im Innenverhältnis: Der "sachfemere" Verpflichtete befriedigt den Gläubiger "in Vorlage" und kann aus diesem Grunde bei dem "sachnäheren" Schuldner vollen Rückgriff nehmen.
3. Zusammenfassung: Der Ausschluß der Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld kraft Gesetzes Vereinigen sich mehrere, auf "eine" Leistung gerichtete Verbindlichkeiten in der Hand eines Gläubigers und läßt sich der Ausschluß der Teil- oder der gemeinschaftlichen Schuld nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Willen gründen, so entsteht die Gesamtschuld unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen kann das Gesetz Ansprüche zur Sicherung eines Interesses begründen 161 oder neben dem eigentlichen Gesetzeszweck den Sicherungszweck, etwa durch ausdrückliche Anordnung der Gesamtschuld, anerkennen 162. Zum anderen muß die Teilschuld (die gemeinschaftliche Schuld) ausgeschlossen sein, wenn einer der Verpflichteten für einen anderen "in Vorlage" leistet, letztlich also gar nicht haften soll. Der Ausschluß der Teilschuld (der gemeinschaftlichen Schuld) beruht mithin auf gläubigerfreundlichen Erwägungen: Weil das Sicherungsinteresse des Gläubigers befriedigt oder die Inanspruchnahme eines Schuldners erlaubt wird, obwohl dieser nur "in Vorlage" für einen Mitverpflichteten leistet, d. h. letztlich überhaupt keine Last tragen soll.
1983, Seite 446). Das Urteil ist nach mehreren Seiten hin angreifbar: Erstens bleibt es dem hier widerlegten Merkmal der ,,zweckgemeinschaft" unter den Gesamtschuldnern verhaftet. Sodann leitet es die Entlastung des Leasingnehmers aus der unvermittelt angewandten Vorschrift des § 254 ab, statt hier die Norm des § 426 heranzuziehen. Vor allem aber: Der Leasinggeber erhält nach dieser Entscheidung Versicherungsschutz gegenüber dem Leasingnehmer ohne Prämienzahlung. 161 Man denke an die Haftung des Vermögensübernehmers neben dem Veräußerer (§ 419) oder die der Gesellschafter neben der Gesellschaft (§ 128 HGB); siehe oben, 3. Teil, II 1 a, aa und gg. 162 Ich erinnere an die Haftung mehrerer deliktisch handelnder Mit- oder Nebentäter (§§ 830, 840); siehe oben, 3. Teil, 11 1 b, ee (3) und (4).
III. Gesamtschuld und rechtspolitischer Entscheidungswille
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111. Die Gesamtschuld als Ausdruck eines rechtspolitischen Entscheidungswillens? - Anwendungsfälle der Teilschuld Die Darstellung der zahlreichen Formen der Gesamtschuld, zu denen nicht zuletzt die "Vorlage" des "sachnäheren" für den "sachferneren" Verpflichteten zählt, erweckt nicht zu Unrecht den Eindruck, daß die Gesamtschuld in der Praxis die gesetzliche Regelung mit dem Ausgangspunkt und der Grundlage der Teilschuld völlig verdrängt hat. Diesen Eindruck verstärkt die Literatur, die den Aufbau der Normen mit ihrem Weg von der Teil- zur Gesamtschuld nicht mehr zu erkennen scheint und sich mit der Teilschuld mehr oder weniger lieblos wohl unter dem Zwang einer anscheinend überholten Regelung - auseinandersetzt. Dennoch hat die Teilschuld, wie im folgenden gezeigt sei, dort ihren Platz, wo das Votum für die Gesamtschuld gesetzeswidrig ist, weil Einstandspflichten willkürlich, d. h. aus Schlagworten gefolgert werden, etwa aus dem Satz: Das gemeinschaftliche Auftreten mehrerer Personen begründe deren gesamtschuldnerische Haftung 1. Im folgenden sollen die Gestaltungen des Bereicherungs- und Geschäftsführungsrechts erörtert werden, um auf diesen Gebieten der Lösung der Teilschuld, verbunden mit einer Beweislastumkehr, den Vorzug zu geben.
1. Die Haftung mehrerer, um denselben Vorteil bereicherter Kondiktionsschuldner Das Gesetz schweigt über die Verknüpfung der Verbindlichkeiten, wenn einem Gläubiger mehrere Bereicherungsschuldner gegenüberstehen, die "eine" Leistung zurückzuerstatten haben 2 und deren grundlose Vermögensmehrung in keinem Zusammenhang mit einem wirksamen Vertragsverhältnis steht 3 • 1 Auf einen dahingehenden Ansatz bei Flume, Allgemeiner Teil, Bd. 1/ 1, § 8, Seite 116, habe ich im vorliegenden Abschnitt in der Fußnote 13 hingewiesen. 2 Im Rahmen der sog. "Leistungskondiktion" haben mehrere "eine" Leistung herauszugeben, wenn sich die Zuwendung des (Bereicherungs-)Gläubigers als eine einheitliche Vermögensmehrung darstellt. Das ist zu bejahen, wenn sie als Erfüllung einer mit allen Kondiktionsschuldnern getroffenen Vereinbarung gelten oder mit ihr ein bestimmtes, nicht erzwingbares Verhalten aller Verpflichteten herbeigeführt werden sollte. Die sog. "Nichtleistungskondiktion" ist auf die Abschöpfung desselben Vorteils, mithin auf "eine" Leistung gerichtet, wenn sie an dieselbe Rechtsverletzung anknüpft (sog. Eingriffskondiktion) oder ein gemeinschaftlicher Gegenstand der Bereicherungsschuldner, etwa ein Grundstück, eine rechtsgrundlose Wertzuwendung erfahren hat. Mit der zuletzt angeführten Spielart befaßt sich das Urteil BGH WM 1973, Seite 71 (dazu noch unter ff). 3 Bereicherungsrechtliche Ansprüche können auch bei der Abwicklung eines wirksamen Vertrags entstehen, etwa bei Überzahlung auf eine Forderung (BGHZ 61, Seite 338). Solchenfalls haften die Empfänger kraft ergänzender Vertragsauslegung als Gesamtschuldner; siehe oben 3. Teil I 1 b, dd.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
a) Die Kondiktionshaftung einer Bruchteilsgemeinschaft Die nachstehenden Ausführungen seien in einem ersten Schritt der Bereicherung einer Bruchteilsgemeinschaft 4 gewidmet, sie sollen an folgendes Beispiel angelehnt sein: Der Käufer eines Grundstücks verlangt von seinen Vertragspartnern, den Miteigentümern der Immobilie 5 , den bereits gezahlten Kaufpreis zurück, weil das Geschäft wegen Formmangels nichtig ist (§§ 125, 313 S. 1)6. Gelangte die Zahlung, so gestalte ich den Fall, vereinbarungsgemäß auf ein gemeinschaftliches Konto der Verkäufer 7 oder erhielten sie - bei barer Tilgung - gemeinsam die Verfügungsgewalt über den vereinbarten Betrag, so ist die Frage aufgeworfen, wie die Rückabwicklung stattzufinden hat: Sind die Verkäufer Teil-, gemeinschaftliche oder gar Gesamtschuldner? 8 Entrichtet der Käufer den Preis in Teilen an den einen und den anderen Verkäufer, entsteht kraft einer vorweggenommenen Auseinandersetzung zwischen ihnen auch nur eine Teil-Bereicherungsschuld. "Es begrenzt sich", wie das Reichsgerichts zutreffend ausführt, "die Herausgabepflicht auf das tatsächlich Erhaltene. " aa) Die Kondiktionsverbindlichkeit könnte eine rechtlich unteilbare Leistung 9 zum Gegenstand haben, weil die Schuldner in einer sog. schlichten Rechts- oder Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff.) verbunden sind 10. Die Unteilbarkeit der Bereicherungsschuld ist jedoch, wie im folgenden dargelegt wird, zu verneinen:
(l) Stehen einem Schuldner kraft eines Rechtsgeschäfts mehrere Gläubiger gegenüber 11, so hat er regelmäßig an alle gemeinschaftlich zu leisten: Solchenfalls 4 Zur Bereicherungshaftung einer Gesamthand siehe unter Ziffer 1 b im vorliegenden Abschnitt. S Bei den Eigentümern soll es sich nicht um eine Gesamthand handeln. Zu den damit verbundenen Fragen siehe unten in diesem Abschnitt unter 1 b. 6 So der Sachverhalt eines reichsgerichtlichen Urteils aus dem Jahre 1909: JW 1909, Seite 274. 7 Zu den Formen des gemeinschaftlichen Kontos etwa Staudinger / Huber, 12. Auflage, § 741 Rdnr. 53 ff. 8 Daß die Miteigentümer "eine" Leistung schulden, steht außer Zweifel: Die gezahlte Summe sollte das Äquivalent zu einer einheitlichen Leistung - der Übereignung des Grundstücks - sein. Zum Begriff der "einen" Leistung im Kondiktionsrecht siehe soeben Fußnote 2 und oben, 2. Teil, I 4 b. 9 Zum Begriff der rechtlichen Unteilbarkeit einer Leistung siehe oben, Einleitung, 11 3. 10 Daß es sich bei den Ausdrücken "schlichte Rechtsgemeinschaft" und "Bruchteilsgemeinschaft" um geläufige, synonyme Wendungen handelt, betont etwa Flurne, Allgemeiner Teil, Bd. I, /1, § 8, Seite 111; ders. ZHR 136, Seite 177, 199. 11 Die Anzahl der Vertragspartner entspricht nur dann der der Gläubiger, wenn sie alle jorderungsberechtigt sein sollen, was zu verneinen ist, wenn einer von ihnen nur als Interzedent handelt. Ich erinnere an die Ehefrau, die den Darlehensvertrag ihres
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ist mangels entgegenstehender Vereinbarung davon auszugehen, daß nach dem Willen der Gläubiger das gemeinschaftlich begründete Recht von allen durchzusetzen, gegebenenfalls gemeinschaftlich zu verwalten 12 und die Verbindung erst im Innenverhältnis aufzuheben ist 13. Teilleistungen würden - selbst bei fehlender Verwaltungsgemeinschaft 14 - dem Interesse der Gläubiger zuwiderlaufen, das dahin geht, die anteilige Berechtigung innerhalb der Verbindung zu ermitteln und sich dementsprechend auseinanderzusetzen. Dieser Gesichtspunkt spricht auch gegen die Anerkennung der Erfüllungswirkung (§ 362), wenn die Leistung, ohne daß ein solches Vorgehen vereinbart worden wäre, an einen einzelnen Gläubiger bewirkt wird (§ 428). Um seiner Pflicht gegenüber allen Gläubigern zu genügen, wird sie der Schuldner in einer mit allen abgesprochenen Art und Weise erfüllen, etwa - wie im Beispielsfall 15 - durch Überweisung auf ein gemeinschaftliches Konto 16. Solchenfalls erlangt kein Gläubiger (und Verkäufer) "alles", sondern jeder "etwas", nämlich den quotenmäßigen Bruchteil am Verkaufserlös 17, der sich nach der Aufteilung der Summe in einen realen Anteil verwandelt 18. Mannes nur zur Sicherung der Bank unterschreibt (oben, 3. Teil, I I b, bb ): In diesem Fall ist allein der Gatte forderungsberechtigt. Die Frau hat - bereicherungsrechtlich betrachtet - nichts erlangt, wenn die Valuta dem Konto ihres Mannes gutgeschrieben oder an ihn bar ausgezahlt wird. In diesem Sinne auch BGH NJW 1982, Seite 2433, 2435; zweifelnd Wilhelm, AcP 183, Seite 1,4 Fußnote 8. 12 Jede Bestimmung über die Art der Nutzung und Benutzung, etwa die Anlage von Geld, die Bestreitung von Kosten oder die Vermietung des gemeinschaftlichen Gegenstandes stellt sich als Verwaltungshandeln dar: siehe MünchKomm / K. Schmidt, 2. Auflage, §§ 744, 745 Rdnr. 5. 13 Das betont zutreffend Staudinger / Huber, 12. Auflage, § 741 Rdnr.63; § 743 Rdnr. 7. Nach Auffassung von Flume ergibt sich die gemeinschaftliche Berechtigung allein aus der Tatsache, daß eine "Gruppe" im Rechtsverkehr auftritt; dadurch entstehe eine Gesamthand (Allgemeiner Teil, Bd. 1/ 1, § 8, Seite 116). Hier verwischt Flume mit einem soziologischen Begriff die Grenze zwischen den verschiedenen Gemeinschaften; auch die Bruchteilsgemeinschaft kann, etwa bei der Vermietung eines Grundstücks, als "Gruppe" im Rechtsverkehr auftreten, ohne ihre Natur zu ändern. 14 An einer Verwaltungsgemeinschaft fehlt es z. B., wenn die Rechtsgemeinschaft nur noch aufgehoben werden soll und keine gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten (§§ 755, 756) mehr zu begleichen sind. 15 Siehe oben unter Ziffer I a in diesem Abschnitt. 16 Kann jeder Gläubiger allein über das Konto verfügen und hebt einer von ihnen den gesamten Betrag ab, so ist er kraft der Absprache mit dem Schuldner und den anderen Teilhabern zur Einziehung der gemeinschaftlichen (nunmehr gegen das Kreditinstitut gerichteten) Forderung ermächtigt worden, §§ 185, 362 11. Dasselbe gilt, wenn die ganze Summe vereinbarungsgemäß an einen Gläubiger ausgezahlt wird. Er handelt in diesen Fällen für die anderen als empfangsberechtigte ,,zahlstelle"; ein Verständnis, das auch Lieb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 812 Rdnr. 323 für "vertretbar" hält. 17 Daß sich die Rechtsgemeinschaft an dem aus der Veräußerung der Sache oder der Forderung erzielten Erlös fortsetzt, hebt K. Schmidt im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 753 Rdnr. 30 zutreffend hervor. Die Zweifelsregelung des § 420 ist insoweit normalerweise widerlegt; die Teilgläubigerschaft liefe auf eine "Aufhebung der Gemeinschaft im Außenverhältnis " hinaus. Der
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Die gemeinschaftliche Berechtigung hat im Beispielsfall mithin zur Folge, daß die Rechtsgemeinschaft der Verkäufer nicht nur am Grundstück besteht, sondern sich an dem Verkaufserlös fortsetzt 19.
(2) Unter dem Blickwinkel des Bereicherungsrechts muß im angeführten Sachverhalt der einzelne Kondiktionsschuldner dem Gläubiger entweder den von ihm innegehaltenen ideellen Bruchteil am Erlös einräumen 20 oder - nach Aufteilung der Summe unter die Gemeinschafter - seinen realen Anteil herausgeben 21 • In beiden Fällen handelt es sich um eine rechtlich teilbare Leistung:Jeder einzelne Verpflichtete kann während des Bestehens der Gemeinschaft seinen ideellen Bruchteil unabhängig von den anderen Teilhabern (§ 747 S. 1) und - nach ihrer Aufhebung (§§ 749 ff.) - seinen realen Anteil übertragen. Den Bindungen unter den Teilhabern während des Bestehens der Gemeinschaft (§§ 744 f., 755 f.) wird dadurch Rechnung getragen, daß nur der ideelle Bruchteil herauszugeben ist 22 • Anspruch auf gesetz- oder vertragsgemäße Zuteilung entsprechend der Quote an der Gemeinschaft (dazu MünchKomm / K. Schmidt, 2. Auflage, § 749 Rdnr. 19) richtet sich gegen die (Mit-)Teilhaber der Gemeinschaft (K. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 17). Nur wenn feststeht, daß keine Verwaltungsgemeinschaft im Sinne der §§ 744 f., 755 f. besteht und die Anteile unter den Teilhabern unstreitig sind, kann eine Teilgläubigerschaft in Betracht kommen; BGHZ 90, Seite 194, 195 f. Vereinbart war eine Teilgläubigerschaft offensichtlich in dem - insoweit hier abgewandelten - Sachverhalt, der dem Urteil RG JW 1909, Seite 274 zugrunde lag. 18 Zu dieser Folge der Aufhebung einer schlichten Rechtsgemeinschaft: K. Schmidt, a. a. 0., § 752 Rdnr. 1. 19 Siehe soeben Fußnote 17. 20 Die Verfügung über den Bruchteil richtet sich nach den für das gemeinschaftliche Recht geltenden Grundsätzen; bei Forderungen sind mithin die §§ 398 ff., bei körperlichen Gegenständen die §§ 929 ff. anwendbar (MünchKomm / K. Schmidt, 2. Auflage, § 747 Rdnr. 16). Die Vollstreckung in den einzelnen Bruchteil vollzieht sich grundsätzlich nach § 857 I ZPO (K. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 34). 21 Der Einwand, die realen Anteile seien nicht durch die Leistung an die Gemeinschaft, sondern erst - mittelbar - durch ihre Aufhebung erlangt, so daß sie nicht von demjenigen kondiziert werden könnten, der an die Gemeinschaft geleistet hat, kann nicht anerkannt werden: Selbst wenn man im Hinblick auf den realen Anteil von einer bloß mittelbaren Vermögensmehrung ausgeht, ist die Bereicherung jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 822 abzuschöpfen. Wurde der Bereicherungsgegenstand zur Deckung von Kosten etc. mit der Folge verwendet, daß der reale Anteil entweder entfällt oder jedenfalls nicht in voller Höhe dem ideellen Bruchteil entspricht, so schuldet der einzelne Teilhaber Wertersatz: Er hat durch die Verwendung des Bereicherungsgegenstandes die Befreiung von Verbindlichkeiten erlangt (§§ 748, 755, 756). 22 Erlangt die Bruchteilsgemeinschaft rechtsgrundlos Besitz an einer Sache, gilt folgendes: Wurde jedem Teilhaber schlichter Mitbesitz an dem gemeinschaftlich genutzten Gegenstand eingeräumt, etwa aufgrund eines (nichtigen) Mietvertrags, so ist jeder von ihnen zur Rückübertragung dieser Besitzform verpflichtet (MünchKomm / K. Schmidt, 2. Auflage, § 747 Rdnr. 16: "Soweit Besitzverschaffung vorgeschrieben ist, genügt Verschaffung von Mitbesitz"). Mit anderen Worten: Jeder ist zur Übertragung des Besitzes verpflichtet, den er innehält; der Kondiktionsgläubiger hat vor und nach Erfüllung des jeweiligen Herausgabeanspruchs den Mitbesitz der anderen Kondiktionsschuldner zu achten. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß es bei der Verpflichtung zur Besitzverschaffung keine Trennung zwischen ideellen und realen Anteilen gibt; insoweit wird
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bb) Ich beziehe diese Erkenntnis auf das eingangs erwähnte Beispiel und halte fest: Da hier jeder Verkäufer einen (Bruch-)Teil des Preises erlangt hat, den er herauszugeben vennag, ohne in die Interessen der anderen einzugreifen, ist seine Verpflichtung teilbar, mag sie sich in einer Gesamt- oder Teilschuld fortsetzen 23. cc) Folgte man strikt der Auffassung des Gesetzes, wonach mangels entgegenstehender Anhaltspunkte der schuldnerfreundlichen Verbindung der Vorzug zu geben ist (§ 420), gelangte man im vorgestellten Fall zur Teilschuld: (1) Zum einen verbietet sich die Anwendung des § 420 nicht von vornherein, weil es an einem Verteilungsmaßstab der Haftung im Verhältnis zum Gläubiger fehlte 24; die (zu Bruchteilen oder realen Anteilen eintretende) Bereicherung der Verkäufer läßt sich nach den Quoten am gemeinschaftlichen Eigentum bemessen 25.
(2) Zum anderen mangelt es an einem Anhaltspunkt im Gesetz, der es grundsätzlich 26 erlaubte, bei den einzelnen Schuldnern nicht nur den jeweiligen Vennögensvorteil abzuschöpfen, sondern ihnen darüber hinaus eine Einstandspflicht für die Mitverpflichteten aufzubürden, so daß jeder das von allen ,,Erlangte" zurückzugewähren hätte 27. (a) Eine solche Einstandspflicht läßt sich nicht auf die analoge Anwendung des § 427 gründen: Diese Bestimmung ist Auslegungsregel für einen wirksam geäußerten Partei willen. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Erkenntnis, daß sich im rechtsgeschäftlichen Bereich mehrere Schuldner in der Regel den Bedingungen des Kontrahenten unterwerfen, um ihrerseits in den Genuß einer Leistung zu Recht behauptet, daß der Besitz kein Gegenstand einer ideellen Bruchteilsgemeinschaft sei (MünchKommjK. Schmidt, a.a.O., § 741 Rdnr. 17: Der Besitz könne "Mitbesitz sein (§ 866), aber nicht Besitz zu ideellen Bruchteilen"). Die Herausgabe einer Sache stellt sich als rechtlich unteilbare Leistung dar, wenn sie auf die Rückgabe gemeinschaftlich genutzter Räume zielt, in denen sich Gegenstände im Mitbesitz aller Gemeinschafter befinden (siehe oben, I. Teil, VIII 3 d, ce, dort unter Ziffer 3) oder wenn die Sache in "qualifiziertem" Mitbesitz steht, d. h. alle Besitzer die Sachherrschaft nur im Zusammenwirken ausüben können (zu diesem Begriff Baur, Sachenrecht, 14. Auflage, § 7 DIll b, Seite 64). 23 Ich erlaube mir an dieser Stelle den wiederholten Hinweis, daß die Grundstückseigentümer keine Gesamthand bilden sollen. Zur Bereicherungshaftung einer Gesamthand siehe unter 1 b in diesem Abschnitt. 24 In diesem Zusammenhang seien die sog. "Vorlage-Fälle" in Erinnerung gerufen, die eine Aufteilung der Haftung nach einem einheitlichen Maßstab nicht zulassen. Siehe oben, 2. Teil, II 2 bund 3. Teil, II 2. 25 Zu den hier auftretenden Beweisschwierigkeiten siehe sogleich unter ee. 26 Zur Ausnahme der Haftung bösgläubiger bzw. verklagter Bereicherungsschuldner siehe unten in diesem Abschnitt, Fußnoten 36 und 43. 27 Ungenau und daher mißverständlich formuliert Selb im Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 421 Rdnr.34 a: " ... Werden mehrere gemeinschaftlich bereichert, weil jeder das Ganze empfangen hat, so ist § 427 analog anwendbar ... " Selb übersieht hier, daß entweder ein Bereicherungsschuldner das Ganze oder aber mehrere den kondiktionsbehafteten Gegenstand gemeinschaftlich erlangt haben. Derselbe Vorteil kann doch nicht in einem Akt mehrfach erlangt worden sein!
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zu kommen 28 • Außerhalb eines Vertragsverhältnisses besteht jedoch kein zureichender Grund, eine "Unterwerfung" der Schuldner unter das Interesse des Gläubigers an sicherer und bequemer Verfolgung seiner Ansprüche zu bejahen. Im Gegenteil: Die gesetzliche Entscheidung, daß mehrere Schuldner mangels entgegenstehender Regelung Teilschuldner sind, würde auf den Kopf gestellt 29 • (b) Die Berücksichtigung des Gläubigerinteresses an einer möglichst sicheren und bequemen Rechtsverwirklichung ist auch nicht allgemein aus der Aufgabe des Bereicherungsrechts abzuleiten. (1) Zwar ist für die sog. "Eingriffskondiktion" im engeren Sinne 30 der Zweck
des Güterschutzes und damit die dogmatische Nähe zum SchadensersatzrechPI weitgehend anerkannt 32 ; diese Verwandtschaft wird jedoch durch den immer wiederholten Hinweis darauf, daß das Bereicherungsrecht der Abschöpfung von rechtsgrundlos erlangten Vorteilen diene, in Frage gestellt. So finden sich etwa bei Reuter / Martinek die Fonnulierungen: "Für die Eingriffskondiktion bietet sich eine Bestimmung des "erlangten Etwas" an, die die Abschöpfung des unrechtmäßigen Habens mit einer Mindesthaftung des bösgläubigen Schuldners in Höhe des gegenständlichen Werts des usurpierten Vorteils verbindet" 33. Oder: ,,zwischen Leistungs- und Abschöpfungskondiktion ist die Eingriffskondiktion im engeren Sinne angesiedelt. Ihre Voraussetzungen sind durch die Funktionsverwandtschaft mit dem deliktischen Schadensersatzrecht bestimmt. Wie das deliktische Schadensersatzrecht im Falle der Verletzung von Rechtsordnung als marktfähig anerkannter Güter kraft des Rechtsfortwirkungsgedankens eine Pflicht zum Ersatz des gegenständlichen Wertes unabhängig von einem Vennögensminus des Gläubigers annimmt, so muß auch das Recht der Eingriffskondiktion im Fall der Usurpation solcher Güter eine Pflicht zum Ersatz 28 Siehe bereits oben, 3. Teil, I 1 b. Daß es sich bei der Leistung des Gläubigers nicht um eine synallagmatische Pflicht handelt, sie sogar nicht einmal durch den Akt begründet werden muß, in dem die gesamtschuldnerische Haftung zugesagt wird, habe ich bereits oben, 3. Teil, I Fußnote 34 dargelegt. 29 Die Analogie zu § 427 bejahen dagegen in Fonn einer bloßen Behauptung Ehmann, Gesamtschuld, Seite 208; Berkenbrock, BB 1983, Seite 278, 281, 283; MünchKomm / Selb, 2. Auflage, § 421 Rdnr. 34 a; Wilhelm, AcP 183, Seite 1, 3 f. Einschränkend Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 4 b, Seite 613, die die Anwendung des § 427 auf bereicherungsrechtliche Schuldverhältnisse bejahen, wenn die (unwirksame) Vereinbarung von vornherein auf Rückgewähr zielt, wie etwa Darlehen, Leihe oder Verwahrung. M. E. besteht jedoch auch in diesen Gestaltungen kein Grund für die Analogie zu § 427: Die Bereicherungsschuldner stehen hier den Vertragsschuldnem keineswegs gleich; insbesondere wird der auf §§ 812 ff. gestützte Rückgewähranspruch sofort fällig, § 271. Wie hier Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 8. 30 Die Eingriffskondiktion im engeren Sinne stellt einen Sonderfall der Nichtleistungskondiktion dar; Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 9 I, Seite 376. 31 Daß mehrere Schadensersatzverpflichtete Gesamtschuldner sind, habe ich eingehend oben, 2. Teil, 11 1 b, cc dargelegt. 32 MünchKomm /Lieb, 2. Auflage, § 818 Rdnr. 50, 51; Reuter /Martinek, Ungerechtferigte Bereicherung, § 2 III, Seite 33. 33 Ungerechtfertigte Bereicherung, § 3 I, Seite 44 (Hervorhebung zum Teil von Verfasserin).
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des gegenständlichen Wertes unabhängig von einem Vermögensplus des Schuldners anerkennen. Das gilt jedenfalls, soweit die Rechtsfortbildung nicht in spezifische Wertungen des Bereicherungsrechts, namentlich in der Entscheidung gegen eine bereicherungsunabhängige Haftung des gutgläubigen, unverklagten Schuldners auf Widerstand stÖßt."34 Diese Formulierungen lassen den Schluß zu, daß sich das Recht der unerlaubten Handlung und die Eingriffskondiktion zwar nach ihrem Ziel des "Güterschutzes" weitgehend ähneln, im Hinblick auf die Bestimmung des § 818 III (f) aber immer noch die von F. Schutz geprägte Erkenntnis zutrifft, wonach das Bereicherungsrecht eine Umkehrung der Schadensersatzidee enthalte: Es bezwecke, so Schutz, daß nicht im Vermögen des Verletzten, sondern dem des Verletzers der Zustand hergestellt werde, wie er ohne den widerrechtlichen Eingriff bestehen würde 35. Der Abschöpfungsgedanke kann mithin im Bereich der Eingriffskondiktion nicht vollständig verdrängt werden. Insoweit ist hinzunehmen, daß das Schadensersatz- und Bereicherungsrecht keine identische Funktion haben 36 . (2) Im Rahmen der Leistungskondiktion - und eine solche kommt im angeführten Beispiel 37 nur in Betracht - stellt sich die Frage, ob sie als "Fortsetzung des Vertragsrechts mit anderen Mitteln" 38 eine gesamtschuldnerische Rückerstattung fordert. Die in diesem Zusammenhang bedeutsame Behauptung v. Caemmerers, daß die bereicherungsrechtliche Aufhebung einer Leistungsbeziehung auf "derselben Ebene wie sonstige schuldrechtliche Abwicklungsansprüche bei Darlehen, Leihe, Miete, Verwahrung ... , bei Rücktritt und bei der Wandelung" stehe und ebenso wie diese zu behandeln sei 39, vermag im Hinblick auf die Schuldverbindung nicht zu überzeugen, weil sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den Bestimmungen der § 420 und § 427 außer acht läßt: Die dem § 427 zugrundeliegende Erkenntnis, daß mehrere Schuldner sich in der Regel dem Wunsch des Gläubigers nach sicherer und bequemer Rechtsverwirklichung unterwerfen 40 , hat nur innerhalb einer vertraglichen Beziehung ihre Berechtigung. Daher beschränkt die genannte Vorschrift die Vermutung für eine gesamtschuld34 A. a. 0., § 3 III, Seite 61- 62. 35 AcP 105, Seite 1, 445. 36 Freilich: Bei bösgläubigem Eingriffserwerb (§ 819) kann sich der Bereicherungsschuldner nicht auf Entreicherung (§ 818 III) berufen; hier ist m. E. die Vergleichbarkeit mit einem Schadensersatzanspruch gegeben. Mehrere bösgläubige Bereicherungsschuldner haften mithin gesamtschuldnerisch. Dazu paßt, daß sie bei einer Verletzung absoluter Rechte auch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung verantwortlich sind. Die Vergleichbarkeit mit dem Deliktsrecht fehlt dagegen bei dem gerichtlich in Anspruch genommenen Bereicherungsschuldner (§ 818 IV), weil dieser im Zeitpunkt des Erwerbs gutgläubig gewesen sein kann und sich bis zur Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs auf den Wegfall des Erlangten zu berufen vermag. 37 Siehe oben in diesem Abschnitt unter 1 a. 38 So die Formulierung von Knieper, KJ 1980, Seite 117, 127; zitiert nach Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 4 I I, Seite 75. 39 Festschrift für Boehmer, Seite 145, 150. 40 Siehe dazu z. B. meine Ausführungen oben, 3. Teil, I 1 b.
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nerische Haftung auf den Vertrag; für die Abwicklung außervertraglicher Beziehungen bleibt es bei der Bestimmung des § 420, mithin bei einer Teilschuld. Auch die sog. "Saldotheorie", nach der die Rückabwicklung eines fehlgeschlagenen Vertrags an die Saldierung ("Verrechnung") der gegenseitigen Ansprüche anknüpft 41 , vermag nicht die Verpflichtung jedes einzelnen Schuldners auf das Ganze zu rechtfertigen: Diese Theorie soll den Austausch der gewährten Leistungenfaktisch garantieren 42 , sie sagt jedoch nichts über die Verbindung mehrerer Verpflichtungen in Form der Teil- oder der Gesamtschuld. Mithin bleibt es auch im Rahmen der Leistungskondiktion bei der Regelung des § 420 43 .
(3) Es fehlt mithin an einer gesetzlichen Grundlage für die prinzipielle Anerkennung des Gläubigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung" , die eine Gesamtschuld auf die empfangene Bereicherung rechtfertigte. Wer diesem Bedürfnis dennoch Rechnung tragen will, trifft eine rechtspolitische Entscheidung, die von der unbewiesenen Annahme ausgeht, daß mehrere gemeinschaftlich auftretende Personen schon deshalb füreinander verantwortlich seien. Unter der Herrschaft des - wohlbegründeten - Satzes, daß jedermann im Ausgangspunkt nur für sich selbst "Rede und Antwort steht", verdient jedoch die Teilschuld den Vorzug 44 • dd) Zu Recht verneint daher das Reichsgericht in dem angeführten Beispiel 45 eine Gesamtschuld. Die Bruchteilseigentümer, so führt es aus, hafteten nur als Teilschuldner: "Mit Recht bekämpft die Revisi.on die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte wegen Rückzahlung der sämtlichen Kaufgelderraten ... gesamtschuldnerisch hafte, möge er auch nur einen Teil derselben tatsächlich erhalten haben. Die Herausgabepflicht bestimmt sich bei der Rückforderung des auf Grund eines nichtigen Kausalgeschäfts Geleisteten nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Danach hat der Empfänger dasjenige herauszugeben, was er ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Es begrenzt sich also grundsätzlich die Herausgabepflicht auf das tatsächlich Erhaltene. Die Vorschriften der §§ 427,431 BGB sind nicht anwendbar."46 Das Gericht lenkt freilich sein Augenmerk zu sehr auf die tatsächliche Seite des Geschehens: Es läßt unberücksichtigt, daß jemand, der eine Leistung einzieht, 41 Ausführlich zur sog. "Saldotheorie": Reuter / Martinek, a. a. 0., § 17 III 3, Seite 595 ff. 42 Zum Begriff des sog. "faktischen Synallagmas" siehe Reuter / Martinek, a. a. 0., Seite 596. 43 Wie bei der Eingriffskondiktion, kann m. E. auch bei der Leistungskondiktion ausnahmsweise eine wechselseitige Einstandspflicht und damit eine gesamtschuldnerische Haftung angenommen werden, wenn es sich um bösgläubige Kondiktionsschuldner handelt: Diese können sich nicht auf Entreicherung berufen und haften daher ähnlich den Schadensersatzschuldnern. Auch hier konkurrieren mit dem Bereicherungsanspruch die Rechte aus unerlaubter Handlung (§§ 823 II i.V. m. 263 StGB). 44 Siehe die einleitenden Ausführungen unter III in diesem Teil der Arbeit. 45 RG JW 1909, Seite 274; siehe oben im vorliegenden Abschnitt unter 1 a. 46 A. a. 0., Seite 275.
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dabei für andere als sog. "Zahlstelle" (§§ 185, 362 11) handeln kann 47 • Indessen war in dem dargestellten Sachverhalt keiner der Schuldner ,,zahlstelle" für den anderen: Offenbar war unter ihnen eine Teilgläubigerschaft vereinbart worden, wonach jeder der Verkäufer die Verfügungsrnacht nur über einen Teilbetrag des Kaufpreises erlangte 48. ee) Im Unterschied dazu geht das Eingangsbeispiel dahin, daß die rechtsgrundlose Zahlung an alle Verkäufer gemeinschaftlich, etwa auf ein gemeinsames Konto, geleistet wurde. Solchenfalls wird für den Gläubiger nicht erkennbar sein, um welchen Betrag und in welcher Form der Beteiligung mit den anderen zu ideellen Bruchteilen oder realen Anteilen - der einzelne Schuldner bereichert ist; bleibt ihm doch der "Verteilungsschlüssel" unter den Verpflichteten regelmäßig verborgen. Nach der von Rosenberg geprägten Grundregel der Beweislastverteilung 49 müßte der Bereicherungsgläubiger jedoch die genaue Vermögensmehrung des jeweils Verpflichteten darlegen und beweisen, um mit seinem Anspruch durchzudringen - ein Unterfangen, das ihm, wie immer wieder zu Recht betont wird 50, nicht zugemutet werden kann, weil die Klärung des sog. "Innenverhältnisses" in die Sphäre der Schuldner fällt. Diese Erkenntnis führt auf eine Umkehr der Beweislast hin; es ist im weiteren Sinne das Prinzip des Gefahrenbereichs 51 , das sich hier in neuer Gestalt bewährt: Die Kondiktionsschuldner stehen in einem eigenen "Organisationsbereich" und sind "näher" als der Gläubiger "daran", ihr Verhältnis untereinander offenzulegen 52 •
47 Zutreffend Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 4 b, Seite 613; siehe zum Ganzen bereits Fußnote 16 in diesem Abschnitt. 48 Die Teilzahlungen hatten den Zweck, die Rechtsgemeinschaft unter den Eigentümern im Verhältnis zum Erwerber der Immobilie aufzuheben: Der Vorbehalt, die Summe im Innenverhältnis aufzuteilen, war außer Kraft gesetzt. 49 Die Regel lautet: ,Jede Partei trägt die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen derjenigen Normen, ohne deren Anwendung ihr Prozeßbegehren keinen Erfolg haben kann, kurz: die Voraussetzungen der ihr günstigen Normen." (Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Auflage, § 118 11 2, Seite 717). 50 BGHZ 61, Seite 338, 343 f.; BGH NJW 1983, Seite 1905, 1907 f. jeweils bezogen auf die Bereicherungshaftung mehrerer Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft (dazu noch eingehend in diesem Abschnitt unter b). Daß sich der Gläubiger nicht um die Interna der Gegenseite zu kümmern brauche, betont auch Crezelius, JuS 1986, Seite 685, 687. 51 Zur Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen etwa J. Prölss, VersR 1964, Seite 901, insbesondere 903; Schwab, Festschrift für Bruns, Seite 505, 514-516. 52 Zur Berechtigung der Beweislastverteilung nach "Gefahrenbereichen" allgemein Schwab, a.a.O., Seite 516: Diese Lehre sei nicht in der Lage, "die (ich ergänze: von Rosenberg begründete) Normentheorie in einem breiten Umfang zu ersetzen. In Ausnahmefällen ... dürfte sie jedoch geeignet sein, eine Korrektur der Normentheorie zu begründen. Allerdings wird man dafür verlangen müssen, daß eine solche Korrektur aus Gerechtigkeitsgründen dringend geboten ist." Die Umkehr der Beweislast betrifft im vorliegenden Zusammenhang nur den Umfang des "Erlangten"; der Gläubiger hat im Ausgangspunkt das Gericht davon zu überzeugen, daß jede von ihm in Anspruch genommene Person überhaupt etwas erlangt hat.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Man wende nicht ein, die Bestimmung des § 742, wonach den Mitgliedern einer sog. schlichten Rechtsgemeinschaft im Zweifel gleiche Anteile zustehen, helfe über die Beweisschwierigkeiten des Kondiktionsgläubigers hinweg: Selbst wenn man dieser Norm eine "Außenwirkung" im Verhältnis zu Dritten beimißt 53 , wäre der Gläubiger bei tatsächlich höherem Anteil eines Teilhabers gehalten, sein Recht nochmals einzuklagen und die materielle Rechtskraft mit neuen Beweismitteln zu überwinden. Die von mir befürwortete "Beweislastverteilung nach Organisationsbereichen" führt dazu, daß mehrere Personen, die bei bewiesenen Quoten nur anteilsmäßig hafteten, bei unaufgeklärten Anteilen als Gesamtschuldner zu verurteilen sind. ff) Ich fasse das Ausgeführte zusammen: Haben mehrere Personen gemeinschaftlich ein Recht, etwa das Eigentum an einer Sache, inne, dessen Erlös der Rückforderung ausgesetzt ist, so haftet jeder - vorbehaltlich einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast - in Höhe seines ideellen Bruchteils bzw. nach Aufhebung der Gemeinschaft seines realen Anteils 54 • Ist nicht das Recht Gegenstand des Bereicherungsanspruchs, sondern soll ein Wertausgleich geleistet werden, wie es z. B. § 951 bestimmt, so richtet sich die (reale und nicht nur bruchteilige) Bereicherung des einzelnen nach seiner Quote am Recht selbst 55. Eine Gesamtschuld läßt sich in den genannten Gestaltungen, wie ausgeführt, nicht auf das Gesetz gründen; die Anerkennung des Gläubigerbedürfnisses nach "sicherer und bequemer Rechtsverfolgung" erweist sich als eine rechtspolitische, aus der Interessenlage nicht begründbare Entscheidung. Ist eine Gemeinschaft bereichert, so wird freilich der Anteil, der dem einzelnen Teilhaber zugeflossen ist, dem Gläubiger regelmäßig nicht bekannt sein. Da ihm nicht zugemutet werden kann, das Verhältnis der Schuldner untereinander zu ermitteln, müssen die Schuldner den genauen Umfang ihrer Bereicherung beweisen, um die Inanspruchnahme auf das Ganze abzuwehren.
53 Zur ,,Außenwirkung" der Norm siehe Staudinger / Huber, 12. Auflage, § 742 Rdnr.2. 54 Für eine Teilschuldnerschaft unter mehreren Bereicherungsschuldnem freilich ohne Berücksichtigung der besonderen Fragen, die eine Bruchteilsgemeinschaft in diesem Zusammenhang aufwirft - MünchKomm / Lieb, 2. Auflage, § 812 Rdnr. 323; RGRK / Heimann-Trosien, 12. Auflage, § 812 Rdnr. 117; Palandt/ Thomas, 48. Auflage, Einf. v. § 812 Anm. 8 e; mit Einschränkungen auch Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 4 b, Seite 613. Aus der Rechtsprechung neben der angeführten Entscheidung RG JW 1909, Seite 274 etwa noch RG Warn 1911, Nr. 23, Seite 29, 30 und OLG Hamburg, MDR 1952, Seite 548. 55 Zutreffend BGH WM 1973, Seite 71, 72: Das Gericht verurteilte mehrere Eigentümer einer Immobilie, die dem Kläger nach § 951 einen Ausgleich für den Wiederaufbau des Hauses schuldeten, entsprechend ihren Miteigentumsanteilen als Teilschuldner.
III. Gesamtschuld und rechtspolitischer Entscheidungswille
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b) Die Kondiktionshaftung einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft Kann die anteilige Haftung einer Bruchteilsgemeinschaft auf die BGB-Gesellschaft übertragen werden? Die Antwort sei anhand eines Urteils des Bundesgerichtshofs vom Jahre 1985 erarbeitet 56: Die vier Beklagten hatten sich im Jahre 1979 zusammengeschlossen, um in gemieteten Räumen eine Diskothek zu betreiben. Zu diesem Zwecke beabsichtigten sie, eine GmbH zu gründen; ein Vorhaben, das sie jedoch nicht verwirklichten 57. Am 9.8. 1979 schlossen sie mit dem klagenden Getränkelieferanten einen Vertrag, wonach ihnen der Kläger ein Darlehen von 250 000 DM gewähren sollte, welches bei ,,korrekter Vertragserfüllung nicht zu verzinsen und zurückzuzahlen" war; im Gegenzug verpflichteten sich die Beklagten, von dem Kläger Getränke zu beziehen. Das Vertragswerk, so entschied der Bundesgerichtshof, war wegen des Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 34 GWB 58 nichtig 59. Eine sog. "Vorgründungsverbindung" ist eine BGB-Gesellschaft 60 • Haften mithin Gesellschaft und Gesellschafter als Gesamtschuldner nebeneinander oder in der Abfolge von Existenz und Auflösung des Zusammenschlusses? Falls das Letztere zutrifft: Haften die Gesellschafter untereinander als Gesamtschuldner? aa) Solange der Bereicherungsgegenstand Teil des Gesellschaftsverrnögens ist, richtet sich die Verbindlichkeit auf eine rechtlich unteilbare Leistung: Der von der Gesellschaft erlangte Verrnögenswert ist wegen des gemeinsamen Zwecks 61 dieser Verbindung gesamthänderisch gebunden 62 • Erst nach Auseinan-
NJW 1985, Seite 1828. Die Beklagten bildeten eine sog. "Vorgründungsgesellschaft", die weder als juristische Person noch nach den Sonderregeln der "juristischen Person in Gründung" (etwa nach § 11 II GmbHG) behandelt wird; Crezelius, JuS 1986, Seite 685, 686 m. W.N. 58 § 34 Satz 1 und 2 GWB lauten: "Kartellverträge und Kartellbeschlüsse (§§ 2 bis 8) sowie Verträge, die Beschränkungen der in den §§ 16, 18, 20 und 21 bezeichneten Art enthalten, sind schriftlich abzufassen. § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet Anwendung." Im vorliegenden Fall ging der Bundesgerichtshof von einem Vertrag aus, welcher der Beschränkung des § 18 GWB unterlag. Nach dieser Bestimmung kann die Kartellbehörde u. a. Verträge zwischen Unternehmen über Waren mit sofortiger Wirkung für unwirksam erklären, sofern sie einen Vertragsbeteiligten auf den Bezug von Waren bei einem Unternehmer festlegen (§ 18 I Nr. 2 GWB). 59 Kritisch zur Argumentation des Bundesgerichshofs in diesem Punkte: Crezelius, a.a.O., Seite 685. 60 Etwas anderes gilt nur, wenn sie ein Grundhandelsgewerbe im Sinne des § 1 HGB betreibt: Dann ist die vor Eintragung aktiv werdende Gesellschaft eine oHG (§ 123 II HGB). Wäre diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt, so haftete die Gesellschaft für die Bereicherungsschuld, und die Gesellschafter müßten für diese Verbindlichkeit mit ihrem Privatvermögen einstehen, § 128 HGB. 61 Zum Gegensatz von Zweckgemeinschaft und bloß gemeinschaftlicher Innehabung eines Rechts etwa MünchKomm / P. Ulmer, 2. Auflage, Vor § 705 Rdnr. 91 ff. 56 57
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
dersetzung der Gesellschaft kommt der Vermögens wert den einzelnen Gesellschaftern zugute. Der betreffende Anteil bestimmt sich nach der Bereicherung des Gesellschaftsvermögens und der davon auf ihn entfallenden Quote 63 •64 • bb) Sind die Gesellschafter während des Bestehens ihres Zusammenschlusses
gemeinschaftlich und nach der Aufteilung des Sondervermögens anteilig bereichert, so kommt eine Gesamtschuld in zweierlei Gestalt in Frage: Zum einen ist ein gesetzlicher Schuldbeitritt der Gesellschafter im Hinblick auf die Gesamthandsverbindlichkeit, zum anderen die wechselseitige Sicherung der Bereicherungsansprüche nach Auflösung der Verbindung denkbar. (1) Für beide Spielarten kann die Gesamtschuld nicht auf die analoge Anwendung des § 427 gestützt werden 65 : Diese Bestimmung ist, wie bereits mehrfach
Ebenso H. P. Westermann, ZGR 1977, Seite 552, 555. Ist der Besitz Gegenstand des Bereicherungsanspruchs, so entscheiden besitzrechtliche Fragen über die Teil- oder Unteilbarkeit der Leistung: Geht man davon aus, daß die Gesellschaft selbst Besitzerin ist (in diesem Sinne Flurne, Festgabe für Hengeler, Seite 76,80,86; MünchKomm/P. Ulmer, 2. Auflage, § 718 Rdnr. 27-29), richtet sich der Anspruch gegen die Gesamthand. Anders dagegen die Auffassung, nach der die Gesellschafter - unmittelbar oder mittelbar - mitbesitzen (so etwa BGHZ 86, Seite 300, 307; ebenda Seite 340, 344; Palandt/Bassenge, 48. Auflage, § 854 Anm. 6 b).lch halte im Ergebnis den Gesamthandsansatz von Flume und P. Ulmer für vorzugswürdig: Kein Gläubiger soll sich in eine Gesamthand ,,hineindrängen" können, indem er sich von einzelnen Gesellschaftern Mitbesitz an Gegenständen einräumen läßt, die zum Sondervermögen gehören. 63 Eine der in der Literatur immer wieder aufgeworfene Kontroversen bezieht sich darauf, ob das Eigenvermögen des einzelnen Gesellschafters bereits während des Bestehens des Zusammenschlusses durch die (faktische) Werterhöhung seines Anteils (ungerechtfertigt) vermehrt ist; bejahend Thielmann, ZHR 136, Seite 397, 415; a.A. Reinicke / Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 12. Die Streitfrage zeitigt m. E. keine praktischen Konsequenzen, weil vor der Liquidation die Bereicherung des Teilhabers wegen der gesamthänderischen Bindung des Gegenstandes nicht isoliert abgeschöpft werden kann. In diesem Sinne auch H. P. Westermann, a.a.O., Seite 557. 64 Reinicke / Tiedtke, a. a. 0., leugnen die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion, gerichtet gegen jeden einzelnen Teilhaber, nach Auflösung des Zusammenschlusses: "Der Gläubiger kann auch dann nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Gesellschafter vorgehen, wenn die Gesellschaft später aufgelöst und das Gesellschaftsvermögen, in dem die ungerechtfertigte Bereicherung steckt, verteilt worden ist. Die Gesellschafter haben das Vermögen der Gesellschaft nicht durch eine Leistung des Gläubigers, sondern der Gesellschaft erlangt." Diese Ausführungen sind vordergründig und formal: Selbst wenn man eine Bereicherung des Gesellschafters während des Bestehens der Verbindung ablehnt (dazu soeben Fußnote 63), muß man einen Anspruch gegen ihn nach Liquidation des Zusammenschlusses analog § 822 anerkennen. 65 So jedoch der Bundesgerichtshof in gefestigter Rechtsprechung: BGHZ 61, Seite 338,343 f.; BGH NJW 1983, Seite 1905, 1907 f. sub III 2 b, bb; NJW 1985, Seite 1828; zustimmend OLG Frankfurt NJW 1986, Seite 3144, 3145. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs haftet jeder Gesellschafter analog § 427 auf die volle Bereicherung, wenn "der Gläubiger etwas ohne rechtlichen Grund an die Gesellschaft geleistet hat, die Gesellschaft danach aufgelöst, das Gesamthandsvermögen verteilt und die dort eingetretene Bereicherung an die Gesellschafter ausgeschüttet oder in ihrem Interesse verwendet worden ist" (BGHZ 61, Seite 338, 343). Gerechtfertigt wird die Analogie damit, daß dem Bereicherungsgläubiger nicht zugemutet werden 62
III. Gesamtschuld und rechtspolitischer Entscheidungswille
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ausgeführt 66 , eine Auslegungsregel für den wirksam geäußerten Parteiwillen; sie findet ihre Rechtfertigung in der Erkenntnis, daß mehrere Schuldner die Last der Gesamthaftung auf sich nehmen, um ihrerseits in den Genuß einer Vertragsleistung zu kommen. Die Analogie zu § 427 schiede von vornherein aus, bejahte man mit einer vordringenden und daher auch im Rahmen einer Arbeit über die Gesamtschuld beachtlichen Meinung die Teilrechtsfähigkeit jeder Gesamthand 67 : Die Bestimmung käme solchenfalls nicht einmal bei wirksamem Vertragsschluß zur Anwendung. Rechte und Pflichten entstünden nur für und gegen die (rechtsflihige) Gesamthand 68 • Indessen ist die Lehre von der Teilrechtsflihigkeit jeder Gesamthand abzulehnen: Sie verkennt, daß in einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft die Individualität des Partners nicht stets hinter den Zusammenschluß zurücktritt, der einzelne mithin nicht in der Gruppe "aufgeht". Das Gesamthandsprinzip trifft keine Aussage darüber, ob die Gemeinschaft sich gegenüber dem einzelnen Mitglied bis zu dem Grade eigener Rechtsflihigkeit verselbständigt hat 69. könne, sich nach der Liquidation der Gesellschaft "an jeden einzelnen zu wenden und dazu die Rechtsbeziehungen in der Gesellschaft, die gesellschaftlichen Vorgänge und den Verbleib der Bereicherung zu erforschen" (BGH a.a.O., Seite 344). Zu diesemrichtigen - Gesichtspunkt sogleich unter dd. Gegen die entsprechende Anwendung des § 427 - freilich ohne überzeugende Argumente - Reinicke j Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Auflage, Seite 12 f. und Reuter j Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 4 b, Seite 614. 66 Siehe oben, 3. Teil, I 1 b, dort insbesondere unter dd und 3. Teil, III 1 a, cc, dort unter Ziffer 2 a. 67 Diese bejahen, gestützt auf das Verständnis der Gesamthand als "verselbständigter Gruppe", F. Fabricius, Relativität der Rechtsflihigkeit, Seite 159; Flurne, Allgemeiner Teil, Bd. 1/1, §§ 4 11, I1I, 16 IV und MünchKommjP. Ulmer, 2. Auflage, § 705 Rdnr. 130 f. Der Bundesgerichtshof lehnt diese Auffassung ab und folgt im Bereich der rechtsgeschäftlich begründeten Obligationen der sog. ,,Lehre von der Doppelverpflichtung", um die gemeinschaftliche Verbindlichkeit einerseits und die Verpflichtung jedes einzelnen Mitglieds einer BGB-Gesellschaft andererseits zu begründen (BGHZ 74, Seite 240,242 f.; siehe zu dieser Lehre bereits oben, 3. Teil, I 2 c, dort insbesondere Fußnote 181). 68 Die Mitglieder der Gesellschaft sollen nach dieser Auffassung kraft Gesetzes und akzessorisch für alle Gesamthandsverbindlichkeiten haften; siehe Flurne, a. a. 0., § 16 IV 3, Seite 326: "Während bei der Gesamtschuld (ich ergänze: nach § 427) die Verpflichtungen der einzelnen Gesamtschuldner je für sich in einem horizontalen Nebeneinander bestehen, handelt es sich im Verhältnis der Verpflichtungen der Gesellschaft und des Gesellschafters um eine vertikale Gliederung, indem die Verpflichtung der Gesellschaft auf den Gesellschafter als Glied der Gesellschaft erstreckt wird, weil prinzipiell die Sache der Gesellschaft zugleich die Sache des Gesellschafters ist." 69 Mit Ablehnung der These, daß jede Gesamthand Trägerin von Rechten und Pflichten sei, soll nicht geleugnet werden, daß es auch BGB-Gesellschaften gibt, deren Verselbständigung anzuerkennen ist, weil die Person des Gesellschafters deutlich hinter die Verbindung aller zurücktritt. Das wird für die meisten der von K. Schmidt als "untemehmenstragende Gesellschaften" bezeichneten Zusammenschlüsse anzunehmen sein, wobei ich jedoch die Anwaltssozietät und die Ärztegemeinschaft ausdrücklich ausnehme (siehe dazu oben, 3. Teil, I Fußnote 166). Die verselbständigte Verbindung kann dann - in Anlehnung an das Recht der oHG, insbesondere § 124 HGB - auch zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit führen; siehe zum Ganzen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §§ 58 III 4, 58 V). In diesem Punkte undeutlich Reuter, JZ 1986, Seite 16, 17, der die (Teil-) 14*
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
(2) Läßt sich eine Gesamtschuld über die analoge Anwendung des § 427 nicht begründen, so bleibt doch zu erörtern, ob der Schuldbeitritt bzw. die wechselseitige Sicherungsverbindlichkeit aus der entsprechenden Anwendung des § 128 HGB abgeleitet werden kann. (a) Die Ablehnung der erwähnten "Akzessorietätstheorie"70 steht der Analogie zu § 128 HGB nicht im Wege: Die Haftung der Handelsgesellschafter ist nicht durch die Rechtsfähigkeit der Gesamthand bedingt. Sie rechtfertigt sich vielmehr aus der für alle Gesamthandsgemeinschaften zu vollziehenden Trennung der Vermögensmassen 71 und dem Bedürfnis, den Gläubiger zu sichern: Die persönliche Haftung ist gleichsam der Preis, den die Gesellschafter dafür zahlen, daß sie keine Rechtsform mit gesetzlicher Kapitalsicherung (etwa die Aktiengesellschaft oder die Gesellschaft mit beschränkter Haftung) gewählt haben 72. (b) Erklärt sich § 128 HGB aus dem Unterschied zwischen der oHG und den juristischen Personen des Handelsrechts, so erweist sich, daß die Gesamtschuld zwischen Gesellschaft und Gesellschafter 73 auf den kaufmännischen Geschäftsverkehr zugeschnitten ist 74 . Eine Analogie kommt daher nur dort in Betracht, wo eine bürgerlichrechtliche Gesellschaft gleich einer oHG am Geschäftsverkehr teilnimmt und die Person des einzelnen Gesellschafters in den Hintergrund treten läßt 75 . Ob das im eingangs angeführten Beispie1 76 der Fall ist, lasse ich letztlich dahingestellt, weil die veröffentlichte Entscheidung insoweit keine sicheren Rückschlüsse zuläßt. JeRechtsfähigkeit einer BGB-Gesellschaft zuerkennen will, soweit sie "eine durch eine eigene Identitätsausstattung qualifizierte Gesamthand darstellt." 70 Siehe dazu die vorstehenden Ausführungen. 71 Diese Trennung wird allgemein auch für die bürgerlichrechtliche Gesellschaft vollzogen; siehe nur MünchKomm / P. U1mer, 2. Auflage, § 705 Rdnr. 133 m. w. N. 72 Zum Zweck des § 128 HGB siehe bereits oben, 3. Teil, 11 1 a, aa. Die Auffassung von Flume, daß sich die Haftung jedes Teilhabers für die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft aus dem Gesamthandsprinzip ergebe (a. a. 0., § 16 IV 3, Seite 327: "Eine persönliche Teilhaftung der Gesellschafter wäre als Prinzip für eine Gesamthandsgesellschaft sachwidrig.") ist eine bloße Behauptung. 73 Zur Gesamtschuld zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern oben, 3. Teil, 11 1 a, aa. 74 Deutlich Thielmann, ZHR 136, Seite 397, 422. Thielmann lehnt aus diesem Grunde die Analogie zu § 128 HGB ab, die er dagegen zu den Vorschriften über die Gütergemeinschaft (§§ 1437111,145911 1, 1480 S. 1 BGB) ziehen will, um die gesamtschuldnerische Bereicherungshaftung nach dem Ende der Verbindung zu begründen (a. a. 0., Seite 423). Dieser Vorschlag hat sich zu Recht nicht durchgesetzt, weil die Bestimmungen der Gütergemeinschaft nicht verallgemeinerungsfähig sind. Dazu H. P. Westermann, ZGR 1977, Seite 562: "Gütergemeinschaft und Gesellschaft haben im Lebenstyp zu wenig gemein ..." 75 In diesem Sinne wohl auch Reuter / Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, § 17 III 4 b, Seite 614; H. P. Westermann, ZGR 1977, Seite 552,562 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2, Seite 1296, § 60 III 2, Seite 1343 f. für "untemehmenstragende Gesellschaften", die er gleichzeitig auch für rechtsfähig hält (siehe Fußnote 69 in diesem Abschnitt mit weiterer Verweisung). 76 Siehe oben im vorliegenden Abschnitt unter 1 b.
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denfalls ließe sich die gesamtschuldnerische Haftung nur auf die entsprechende Anwendung des § 128 HGB gründen 77. Für sie spricht der regelmäßig wenig "persönliche" Charakter der Diskotheken. cc) In den Fällen, die die "einzelfallbezogen begründete"78 Analogie zu § 128 HGB verbieten, kann eine gesamtschuldnerische Bereicherungshaftung nicht auf das Gesetz zurückgeführt werden. Es fehlt dann - nicht anders als bei der Bereicherung einer Bruchteilsgemeinschaft - an der Grundlage für eine Einstandspflicht (das Gläubigerbedürfnis nach sicherer und bequemer Rechtsverfolgung): Weil das Gesetz im Zweifel nicht auf der Seite des Gläubigers, sondern des Schuldners stehp9. Das Reichsgericht, das grundsätzlich der hier vertretenen Auffassung folgt 80, hat freilich in einer Ausnahmesituation eine gesamtschuldnerische Haftung bejaht, ohne diese schlüssig ableiten zu können 81 . Zu entscheiden war über den Bereicherungsanspruch eines Kreditgebers, der den Darlehensvertrag wegen arglistiger Täuschung, begangen durch einen zweiten Vertragspartner, angefochten hatte. Die Besonderheit dieses Falles lag darin, daß der täuschende Teil nicht verklagt war, der verklagte dagegen nicht getäuscht hatte. Das Reichsgericht führt zur Begründung einer Gesamtschuld aus: "Es ist "im Zweifel" nicht anzunehmen, daß er (ich ergänze:der Kläger) genötigt ist, entweder 77 Ebenso Reuter/Martinek, a.a.O., Seite 614: " ... Wohl läßt sich vertreten, daß man eine BGB-Gesellschaft wegen der Intensität ihrer verselbständigten Teilnahme am Rechtsverkehr wie eine oHG behandelt ... Jedenfalls ist die gesamtschuldnerische Bereicherung nicht sedes materiae, sondern lediglich Reflex einer gesellschaftsrechtlichen Vorentscheidung." Wendet man § 128 HGB analog an, so hat dieses Votum die gesamtschuldnerische Bereicherungshaftung der Gesellschafter nicht nur während des Bestehens ihrer Verbindung, sondern auch nach der Liquidation zur Folge: Die Teilhaber können sich jetzt nicht auf die Entreicherung der Gesamtschuld berufen, weil andernfalls die Sicherung des Gläubigers, wie sie die Vorschriften §§ 128, 159 HGB bezwecken, beseitigt wäre. Noch nicht hinreichend geklärt ist, ob sich die Analogie zu § 128 HGB auf die des § 159 HGB erstreckt, nach der u. a. die Gesellschafter für Gesamthandsverbindlichkeiten noch fünf Jahre nach Auflösung des Zusammenschlusses haften. Gegen diese Analogie - kaum überzeugend - Aume, Allgemeiner Teil, Bd. I/l, § 16 IV 7, Seite 344: "Die Vorschrift des § 159 HGB ist, weil sie mit der Eintragung verknüpft ist, auf die bürgerlichrechtliche Gesellschaft nicht übertragbar. Immerhin ist aus § 159 HGB zu entnehmen, daß die zeitliche Begrenzung der Haftung sachgerecht ist. Jedenfalls ergibt sich für die Haftung eine Begrenzung nach den Grundsätzen der Verwirkung." 78 H. P. Westermann, ZGR 1977, Seite 552, 563. 79 Während des Bestehens der Gesellschaft trifft die Verbindlichkeit die Gesamthand, so daß eine gemeinschaftliche Schuld anzunehmen ist (übersehen von Meincke, DB 1974, Seite 1002 sub 4). Die bereicherungsrechtlichen Ansprüche nach Auflösung und Auseinandersetzung schöpfen dagegen die nunmehr bei den Teilhabern eingetretenen Vorteile ab. Als Anspruchsgrundlage sollte m. E. § 822 angezogen werden (siehe dazu bereits Fußnote 64 im vorliegenden Abschnitt). Ein Wertersatzanspruch entsteht, wenn das Sondervermögen verwendet wurde, um gemeinschaftliche Verbindlichkeiten zu tilgen. In diesem Punkte undeutlich H. P. Westermann, ZGR 1977, Seite 552, 565: "Die Leistung an eine Gesamthand und die spätere Auflösung dieses Sondervermögens ist als Berührung des Gesellschafters mit dem Vermögen des Leistenden zu verstehen." 80 RG JW 1909, Seite 274; Warn 1911, Nr. 24; Warn 1914, Nr. 114; RG Recht 1919 (Beilage), Nr. 249. 81 RGZ 67, Seite 260.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
trotz des wider ihn verübten Betrugs an dem nachteiligen Vertrage festzuhalten oder die Sicherheit aufzugeben, die ihm die Haftung der anderen Vertragsteile als Gesamtschuldner bietet" (a. a. 0., Seite 262). M. E. hätte das Gericht die Haftung des Beklagten, der mit dem Betrüger nach Lage der Dinge eine BGB-Gesellschaft bildete, beschränken müssen: Bestand diese noch, war eine gemeinschaftliche Schuld anzunehmen, wenn sich die Darlehenssumme im Sondervermögen befand. Hatte sich die Gesellschaft dagegen schon auseinandergesetzt, konnte der (am Betrug nicht beteiligte!) Beklagte die gesamtschuldnerische Haftung durch Darlegung seiner Quote von sich abwenden 82. Der arglistig täuschende Kompagnon haftete im Gegensatz dazu als Deliktstäter auf den gesamten, dem Darlehensgeber zugefügten Schaden; in Höhe der sich deckenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und unerlaubter Handlung kam eine Gesamtschuld in Frage. dd) Die Teilschuld als sachgerechte Verbindung der Verpflichteten darf freilich nicht zur Folge haben, daß der Bereicherungsgläubiger die Interna der Gesellschaft - den Umfang der Anteile, den Fortbestand oder die Liquidation des Zusammenschlusses - zu ermitteln hätte 83 . Diesen allseits erkannten Beweisschwierigkeiten ist, wie im Zusammenhang der Bruchteilsgemeinschaft ausgeführt 84 , mit einer "gläubigerfreundlichen" Beweislastverteilung zu begegnen 85.
2. Der Aufwendungsersatz kraft einer Geschäftsführung ohne Auftrag: Sind mehrere Geschäftsherren Teil- oder Gesamtschuldner? 86 a) Eine - freilich irreführende - Antwort gibt ein Beschluß87 des Bayerisehen Obersten Landesgerichts aus dem Jahre 1987 88 , in dem sich das Gericht für die gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsherrn ausspricht 89. 82 Zu diesem Punkte siehe die folgenden Ausführungen. 83 Diese Feststellung rechtfertigt jedoch entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs (Nachweise in Fußnote 65 dieses Abschnitts) und Crezelius, JuS 1986, Seite 685, 687 keine Gesamtschuld: Unzumutbaren Beweisschwierigkeiten ist mit der Umkehr der Beweislast abzuhelfen. 84 Siehe oben, 3. Teil, III 1 a, ee. 85 Die hier vertretene Lösung versteckt sich m. E. auch hinter den Formulierungen des Bundesgerichtshofs, wonach jeder gesamtschuldnerisch haftende Gesellschafter einwenden könne, die Bereicherung sei "bereits im Gesamthandsvermögen, bei ihm selbst oder bei seinen Mitgesellschaftem ganz oder teilweise weggefallen (§ 818 III BGB)." (BGHZ 61, Seite 338, 344 f.; Hervorhebung durch Verfasserin). Danach kann sich der Gesellschafter nach der Aufteilung des Sondervermögens darauf berufen, nur einen bestimmten Anteil des Kondiktionsgegenstandes erhalten bzw. Wertersatz nur in dessen Höhe erlangt zu haben. Gerade dieser Einwand ist ihm jedoch auch gestattet, wenn man von einer Teilschuld mit Beweislastumkehr hinsichtlich der Größe des Anteils ausgeht. Zur Entscheidung BGHZ 61, Seite 338 selbst siehe noch meine Ausführungen oben, 3. Teil, I 1 b, dd, insbesondere Fußnote 27. 86 Die Frage nach einer gemeinschaftlichen Schuld stellt sich nicht, weil der Anspruch aus § 670 stets auf eine teilbare Leistung, nämlich auf geldlichen Ersatz, gerichtet ist (allgemeine Meinung; statt aller MünchKomm / Seiler, 2. Auflage, § 670 Rdnr. 11). Daß er gleichwohl eine unteilbare Leistung zum Gegenstand haben könne, behauptet
III. Gesamtschuld und rechtspolitischer Entscheidungswille
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Der Antragsteller hatte an einem in mehrere Eigentumswohnungen unterteilten Haus Spenglerarbeiten, die Reparatur von Dachrinnen, durchgeführt. Mit der Arbeit war er nicht durch die Eigentümer, sondern durch die - hier ohne Vertretungsmacht handelnde - Hausverwaltung beauftragt worden, die in einem Vorprozeß als Vertreterin ohne Vertretungsmacht (§ 179) zur Zahlung des Werklohns verurteilt worden war. Der Antragsteller ließ nunmehr die Ansprüche der Hausverwaltung gegen die Wohnungseigentümer aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Zu dem hier interessierenden Punkt mer - führt das Gericht aus 90:
der Ersatzpflicht der Wohnungseigentü-
"Geschäftsherren waren ... alle Wohnungseigentümer. Da der Geschäftsführer (hier die Hausverwaltung) "wie ein Beauftragter" Aufwendungsersatz verlangen kann, haften ihm "als Auftraggeber" in entsprechender Anwendung des § 427 BGB sämtliche Wohnungseigentümer ... " b) Das Bayerische Oberste Landesgericht greift in seinem Beschluß ein Urteil des Bundesgerichtshofes auf, das die entsprechende Anwendung des § 427 auf das Recht der Geschäftführung vollzogen hatte 91 • Der Bundesgerichtshof führt in einer bemerkenswert formalistischen Argumentation wörtlich aus: "Wortlaut und Sinn der Vorschrift des § 683 BGB, der Geschäftsführer könne "wie ein Beauftragter" Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, sprechen dafür, die Bestimmung des § 427 BGB sinngemäß anzuwenden, wenn der G. o. A. ein und dasselbe Geschäft für mehrere Geschäftsherrn besorgt; denn da der G. o. A. bei der Frage des Aufwendungsersatzes so zu stellen ist, als wäre er beauftragt, so muß er, wenn er ein einheitliches Geschäft für mehrere Geschäftsherrn besorgt, so gestellt werden, als wäre er von den mehreren Geschäftsherrn beauftragt. Das muß insbesondere gelten, wenn der G. o. A. Aufwendungen auf eine Sache macht, die im Bruchteilseigentum mehrerer Miteigentümer steht, vorausgesetzt, daß dem Miteigentümer gegenüber die Erfordernisse des § 683 BGB vorliegen. Denn im gegenteiligen Falle würde der G. o. A. mit seinem Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen schlechter gestellt als ein von den Miteigentümern Beauftragter. Ein solches Ergebnis wäre mit der Vorschrift des § 683 BGB unvereinbar ... " c) Die von beiden Gerichten befürwortete Gleichbehandlung des Beauftragten mit dem Geschäftsführer ohne Auftrag vermag jedoch nicht zu überzeugen 92: etwa Seiler, a. a. 0., § 683 Rdnr. 25. Er stellt dabei nicht auf die Teilbarkeit des Ersatzanspruchs, sondern auf die Teilbarkeit der Geschäftsbesorgung ab (?). 87 Das Gericht hatte in einer Wohnungseigentumssache über die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu befinden: Das nach § 43 I Nr. 2 WEG zuständige Amtsgericht hatte dem (zur Pfändung und Einziehung überwiesenen) Anspruch des Antragstellers auf vollen Aufwendungsersatz stattgegeben, und das Landgericht hatte sich als Beschwerdeinstanz auf denselben Standpunkt gestellt. 88 WM 1987, Seite 734. 89 Für eine Gesamtschuld unter mehreren Geschäftsherrn auch BGH MDR 1967, Seite 111, 112; zu diesem Urteil sogleich im Text. 90 A. a. 0., Seite 736. 91 MDR 1967, Seite 111.
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3. Teil: Ausschluß von Teil- und gemeinschaftlicher Schuld
Die Fonnulierung des Gesetzes" wie ein Beauftragter" ist eine bloße Rechtsfolgenverweisung, die keinen weitergehenden Schluß zuläßt, als daß auch der "negotiorum gestor" Entlastung zu beanspruchen vennag. Vor allem ist die Auslegungsregel des § 427 auf Verträge zugeschnitten 93; sie kann keine - gesetzliche Einstandspflicht des einen für den anderen begründen. Es ist mithin kein zureichender Grund ersichtlich, warum bei der Haftung mehrerer Geschäftsherrn von der Zweifelsregelung des § 420 abgewichen werden sollte 94 • d) Gelangt man über die Regelung des § 420 zur Teilschuld, so entsteht freilich die Schwierigkeit, nach welchem Maßstab die Haftungsanteile zu bestimmen sind und von wem ihr Umfang zu beweisen ist. Hier läßt sich das zur Bereicherungshaftung Erkannte 95 fruchtbar machen: Der Geschäftsführer muß beweisen, daß der von ihm in Anspruch genommene Geschäftsherr irgendeinen Vorteil erlangt hat oder - bei vergeblichen Anstrengungen des Geschäftsführers - wenigstens hätte erlangen können 96. Der in Anspruch genommene Geschäftsherr verteidigt sich andererseits gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mit genauer Darlegung des Vorteils, der ihm zugeflossen ist. Im angeführten Beispiel hat diese Beweislastverteilung zur Folge, daß jeder Wohnungseigentümer seinen Anteil am gemeinschaftlichen Recht offenzulegen hat: Kraft dieser Verteidigung kann er den Anspruch der Hausverwaltung quotenmäßig begrenzen. e) Ich bringe meine Ausführungen auf eine knappe Fonnel: Der "dominus negotii" ist Teilschuldner - es sei denn, ihm mißlingt der Beweis, in welchem Maße die Geschäftsführung für ihn persönlich von Vorteil war. Solchenfalls wird ihm die Haftung "auf das Ganze" auferlegt.
92 A. A., die Argumentation des Bundesgerichtshofs nur wiederholend: Staudinger / Wittmann, 12. Auflage, Vorbem. zu §§ 677 -687, Rdnr. 38; Palandt / Thomas, 48. Auflage, § 677 Anm. 3 e. 93 Siehe oben, 3. Teil, I I b, aa und dd sowie 3. Teil, III I a, cc, dort unter Ziffer 2 a. 94 Ebenso MünchKomm / Seiler, 2. Auflage, § 683 Rdnr.25 (freilich unter Verkennung der Tatsache, daß der Aufwendungsersatzanspruch immer auf eine teilbare Leistung gerichtet ist); Staudinger / Nipperdey, 11. Auflage, Vorbem. zu §§ 677 ff., Rdnr.50. Deutlich RG Recht 1919, Nr. 249 (Beilage): "Sind ... die Geschäfte mehrerer besorgt worden, so haften sie nicht als Gesamtschuldner, sondern nur anteilig; jeder haftet nur in Höhe der für ihn gemachten Aufwendungen". Auf die Unanwendbarkeit des § 427 im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag deuten bereits die Gesetzesmaterialien hin: Nach den Motiven besteht ,,kein Bedürfniß, die Haftung der Geschäftsführer ohne Auftrag als Gesamtschuldner auszusprechen" (Mugdan, Die gesammten Materialien, Bd. 2, Seite 480). Entsprechendes muß für die Haftung der Geschäftsherren gelten. 95 Siehe oben in diesem Abschnitt unter I a, ee. 96 Die Nähe der Geschäftsführung ohne Auftrag zum Bereicherungsrecht ist wegen ihrer Ausrichtung auf das "Interesse" und den "wirklichen oder mutmaßlichen Willen" des Geschäftsherm nicht zu leugnen: Der Geschäftsherr ist zum Aufwendungsersatz verpflichtet, weil die Geschäftsführung ihm einen - freilich nicht notwendig wirtschaftlichen - Vorteil gebracht hat oder hätte bringen können.
Schlußbetrachtung Bis in die Gegenwart knüpft die Zivilistik das Entstehen einer Gesamtschuld an ungeschriebene Voraussetzungen wie die ,,zweckgemeinschaft" der Einzelverbindlichkeiten, deren "Gleichrangigkeit", die "Erfüllungsgemeinschaft" der Schuldner oder zusammenhängende Zwecke ("causae") der Obligationen. Die Auseinandersetzung mit diesen Merkmalen, eine den neuen Aufbau der Gesamtschuld vorbereitende Aufgabe, hat erwiesen, daß es ihnen an einer gesetzlichen und, was noch schwerer wiegt, sachlichen Grundlage mangelt; die damit verbundene Beschwerung engt den Anwendungsbereich der § § 421 ff. willkürlich ein. Von ihr befreit, erscheint die Gesamtschuld in einem neuen Licht: Sie erwächst überall dort, wo das Bereicherungsverbot die mehrfache Befriedigung des Gläubigers verbietet und die Gestaltungen der Teil- sowie der gemeinschaftlichen Verbindlichkeit ausscheiden. Die Teilschuld und die gemeinschaftliche Verbindlichkeit sind zu verneinen, wenn dem Gläubiger eine sichere und bequeme Verfolgung seiner Ansprüche gegen eine Mehrheit von Schuldnern zur Verfügung steht, wenn ein Schuldner für einen Mitverpflichteten nur "in Vorlage" leistet und schließlich, wenn zwar dasselbe Gläubigerinteresse befriedigt werden soll, die nachträgliche Schmälerung vertraglicher Zusagen auf den Umfang einer Teil- oder gemeinschaftlichen Schuld jedoch nicht gestattet wird. Bei den herausgestellten Gesichtspunkten handelt es sich im Gegensatz zu den bisherigen Lösungsversuchen nicht um Merkmale, die von außen der Gesamtschuld angefügt werden. Sie tragen lediglich dazu bei, die entscheidende, auch vom Gesetz in § 421 genannte Voraussetzung der Gesamtschuld zu entschlüsseln: die Verpflichtung "auf das Ganze" unter Ausschluß der Teil- und der gemeinschaftlichen Schuld. Die Gesamthaftung erklärt sich mithin aus einer Gegenüberstellung der verschiedenen Schuldnermehrheiten. Die Rückbesinnung auf die schlichte gesetzliche Regelung führt zu der Erkenntnis, daß die von der Literatur aus der Gesamtschuld ausgeschiedenen sog. ,,zessionsfalle" gerade einen ihrer Kernbereiche bilden. Dank der elastischen Formulierung der §§ 425, 426 kann der entwickelte Ansatz bis in die Einzelheiten hinein durchgehalten werden; die genannten Bestimmungen vermögen auch der akzessorischen Verbindlichkeit etwa des Bürgen
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Schlußbetrachtung
oder dem vollen Rückgriff gerecht zu werden, den z. B. ein Schadensversicherer gegen den Schädiger nehmen darf. Der hier vorgestellte Aufbau der Gesamtschuld kann dank seiner Leichtigkeit und Rationalität dazu beitragen, der Rechtsprechung und Lehre überflüssige Streitfragen zu ersparen: Mit ihm ist der Weg für eine Entmythologisierung der Gesamtschuld geebnet.
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