Die genossenschaftliche Pflichtprüfung
 3428190556, 9783428190553

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 227

Die genossenschaftliche Pflichtprüfung Von

Sebastian Reif

Duncker & Humblot · Berlin

SEBASTIAN REIF

Die genossenschaftliche Pflichtprüfung

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler †

Band 227

Die genossenschaftliche Pflichtprüfung Von

Sebastian Reif

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz hat diese Arbeit im Jahr 2023 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2024 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-19055-3 (Print) ISBN 978-3-428-59055-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz im Sommersemester 2023 als Dissertation angenommen. Die Verteidigung fand am 28. Juli 2023 bei den Referenten Professor Dr. Christian Picker und Professor Dr. Rüdiger Wilhelmi statt. Gesetzesänderungen, Rechtsprechung und Literatur sind bis Juli 2023 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Picker. Er hat nicht nur das Thema dieser Dissertation maßgeblich angeregt und mich bei deren Anfertigung mit zahlreichen wertvollen Ratschlägen unterstützt; vielmehr hat er auch meine generelle Begeisterung für das Genossenschaftsrecht geweckt. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl an der Universität Konstanz. Herzlich danken möchte ich weiter Professor Dr. Rüdiger Wilhelmi für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Professor Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M., Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M. und Professor Dr. Gerald Spindler danke ich für die Aufnahme dieser Arbeit in ihre Schriftenreihe. Darüber hinaus möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während meiner Zeit als Doktorand an der Universität Konstanz begleitet und unterstützt haben, insbesondere Lisa Hickethier, Fabian König, Patrick Scheerer und Dr. Tim Walter. Mit großem Engagement sorgfältig Korrektur gelesen haben Lena Oßwald, ­Chantal Nastl und mein Bruder Tobias Reif; etwaige dennoch enthaltene Fehler fallen ausschließlich mir zur Last. Mein größter Dank gebührt zum einen meinen Eltern, die mir meine lange Berufsausbildung ermöglicht haben, ohne dies jemals an Bedingungen geknüpft zu haben. Zum anderen gilt er meiner Freundin Lena Oßwald, die mich nicht nur während meines Studiums, sondern auch in allen „Phasen“ dieser Arbeit geduldig ertragen und liebevoll unterstützt hat. Konstanz, im September 2023

Sebastian Reif

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1. Teil

Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung 23

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Herrschende Ansicht: Förderwirtschaftliches Identitätsprinzip . . . . . . . . . . . . 24 a) Nutzerbezogene Fördergeschäftsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Unzulässig: Kapitalzinswirtschaftliche Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 c) Teilweise: Nur negative Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Gegenansichten: Ablehnung spezifischer Förderzweckbindung . . . . . . . . . . . 29 a) Bloße Identität zwischen Geförderten und Unternehmensträgern . . . . . . . 29 b) Subjektive Theorie: Vollständige Definitionshoheit der Mitglieder . . . . . . 31 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Naturale Mitgliederförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Insbesondere: „Aktualisierter“ Gesetzgeberwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Insbesondere: Förderzweckbegrenzung und Pflichtprüfung als Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4. Ablehnung der subjektiven Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Fazit: eG als förderzweckgebundene Vereinigungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 B. Rechtsformsicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 C. Mitgliederschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Historisch: Betreuungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Ausgangspunkt: Rechtsformspezifisches Betreuungsbedürfnis der Mitglieder 42 2. Konsequenz: Betreuung und Beratung durch Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Fortgesetzt: Prüfung verbandsangehöriger Genossenschaften . . . . . . . . . . . . 45 a) Fakultative Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Wendepunkt: Drohende Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 c) Folge: Satzungsmäßige Prüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. GenG von 1889: Pflichtprüfung für alle Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . 49 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

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Inhaltsverzeichnis a) Kodifikation der historisch gewachsenen Betreuungsprüfung . . . . . . . . . . 50 b) Abwenden einer staatlichen Genossenschaftsaufsicht? . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Heutige Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Wegfall der ursprünglichen Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Rechtsformspezifisches Kontrollbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Genossenschaftsspezifischer Principal-Agent-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Rechtsformübergreifende Interessenkonflikte wegen Trennung von Leitung und Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Genossenschaftsspezifische Konfliktlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (1) Genossenschaften – keine konfliktfreien „Harmoniegebilde“ . . . 58 (2) Genossenschaftlicher Grundkonflikt: Unternehmerischer Markterfolg vs. mitgliedschaftlicher Fördererfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (3) Fazit: Notwendigkeit weiterer Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 aa) Historisch: Vorstand als verlängerter Arm der Generalversammlung . . 63 bb) Heute: Weitreichende Leitungsmacht für professionelles (Fremd-­)Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 cc) Leitungsmachtgrenze: Förderzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 c) Konsequenz: Notwendigkeit einer Fördererfolgskontrolle . . . . . . . . . . . . 67 3. Rechtsformspezifisches Kontrolldefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Externes Kontrolldefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Kapitalmarktkontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) AG: Kapitalmarkt als externer Kontrollmechanismus . . . . . . . . . 68 (2) eG: Fehlender (Kapital-)Markt für Geschäftsanteile . . . . . . . . . . 69 bb) Staatliche Förderzweckkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (1) Zwar: Förderwirtschaftliche Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (2) Aber: ultima ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Unzureichend: Förderwirtschaftliche Disziplinierung der Vorstands­ mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (1) Förderwirtschaftlicher Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (2) Dessen tatsächliches Leerlaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Förderwirtschaftliche Vorstandspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (2) Aber: Kein Schaden der eG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 cc) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Historisch: Strafbarkeit aller Förderzweckverstöße . . . . . . . . . . . 83

Inhaltsverzeichnis

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(2) Heute: Fehlender Straftatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (3) Exkurs: Straftatbestand für Förderzweckverstöße de lege ferenda? 84 c) Interne Vorstandskontrolle durch die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Rechtlich: Kontrollrechte und -instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Individuum: Abbruch der Fördergeschäftsbeziehung und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Kollektiv: Unentziehbare Kompetenzen der Generalversammlung 87 bb) Tatsächlich: Kontrollprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Historisch: „Checks and Balance“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (2) Heute: (Kontroll-)Apathie, insbesondere: mitgliederstarke (Groß-)Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (1) Allgemein: Qualifikationsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (2) Genossenschaftsspezifische Problemlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (a) Förderzweckbedingt: Mitgliederorientierte vs. betriebswirtschaftliche Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (b) Folge: Rechtsformimmanentes Überwachungsdefizit . . . . . . 95 (3) Funktionale Trennung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (a) De lege lata: Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (b) De lege ferenda: Beibehaltung der „doppelten“ Kontrolle . . . 97 (4) Fazit: Pflichtprüfung als externe Ergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 dd) Ergebnis: Internes Kontrolldefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Ergebnis: Förderzwecksichernder Governancemechanismus . . . . . . . . . . . . . 100 a) Rechtsformspezifisch: Besonderes Kontrollbedürfnis und Kontrolldefizit 100 b) Vorstufe der staatlichen Förderzweckkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 D. Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Ausgangspunkt: Gesellschaftsrechtliches Gläubigerschutzsystem . . . . . . . . . . . . 104 1. Traditionell: Mindesthaftkapital oder persönliche Gesellschafterhaftung . . . . 104 2. Funktionsverlust des Mindesthaftkapitals? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Keine adäquate Haftungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Keine effektive „Seriösitätsschwelle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Zumindest: Risikobeteiligung der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Aufgabe durch Einführung der UG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) UG als systemwidriger Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Kein grundsätzlicher Systemwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4. Vereinsrechtliche Rückschlüsse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Zwar: Gläubigerschutzdefizit bei (Groß-)Vereinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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Inhaltsverzeichnis b) Aber: Risikominimierung durch Vereinsklassenabgrenzung . . . . . . . . . . . 111 c) Jedenfalls: Kein „Durchschlagen“ des Reformbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Gläubigerschutz bei der eG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Historisch: Unbeschränkt persönliche Mitgliederhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Heute: Kapital- und haftungsschwache Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Fehlen der zentralen Gläubigerschutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Weder: Gesetzliches Mindesthaftkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Noch: Persönliche Mitgliederhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Genossenschaftsvermögen als unzureichende Haftungsgrundlage . . . . . . 117 c) „Sonderbehandlung“ kapitalstarker (Groß-)Genossenschaften? . . . . . . . . 119 d) Konsequenz: Notwendigkeit einer gläubigerschützenden Kompensation . . 121 3. Pflichtprüfung als gläubigerschützendes Surrogat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Umfassende Prüfung der Vermögensverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Insbesondere: Risikominimierung durch Förderwirtschaftsprüfung . . . . . 125 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

E. Sonstige schutzwürdige Interessen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Schutz der Allgemeinheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Schutz der Organträger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Arbeitnehmerschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Zwar: Prüfungsrelevante Arbeitnehmerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Aber: Keine rechtsformspezifische Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV. Fazit: Keine Funktion, allenfalls Nebenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

2. Teil

Ausgestaltung und Effektuierung 137

A. Ziel: Umfassende Förderwirtschaftsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 B. Umfang und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Prüfungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Weitreichende Prüfungsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Erweiterung und Verkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Deren förderzweckgerechtes Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Eigens: Förderwirtschaftsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Irrelevant: Prüfungsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Prüfbarkeit des Fördererfolgs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

Inhaltsverzeichnis

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aa) Entscheidend: Kollektiver Fördererfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) Dessen objektive „Prüfbarkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Konsequenz: Förderplan und Förderbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Insbesondere: Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Förderzweck als Beteiligungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Beteiligungspolitik der eG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Prüfungsmaßstab: Förderzweckdienlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Insbesondere: Holding- und Verpächtergenossenschaften . . . . . . . . . . 151 (1) Früher herrschende Ansicht: Generelle Unzulässigkeit . . . . . . . . 152 (2) Heute herrschende Ansicht: Förderzweckdienlichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (3) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 cc) Beteiligungen zur reinen Kapitalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Meinungsstand zur Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (a) Irrelevant: Beteiligungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (b) Nur ausnahmsweise förderzweckdienliche Beteiligungen . . . 156 c) Tochtergesellschaften der eG als Prüfungsgegenstand? . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. Prüfungsregime für Kleingenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. De lege lata: Nur Prüfungserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Notwendigkeit eines besonderen Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Abzulehnen: Größenabhängige Prüfungsbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Mitgliederschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Dafür: Prüfungserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Insbesondere: Vereinfachte Prüfung für „Kleinstgenossenschaften“ . . . . . 174 4. Ergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 III. Prüfungsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 1. Ziel und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Einwirkungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Gesetzlich normierte Teilhabebefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Grundsatz: Einwirkungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Ausnahme: Einwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

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Inhaltsverzeichnis cc) Insbesondere: Schwerwiegende Förderzweckverstöße . . . . . . . . . . . . 180 b) Weisungsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Weisungsrecht des Prüfungsverbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Kein gesetzliches Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (2) Unwirksam: Statutarisches Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 bb) Zumindest: Weisungsrecht der Generalversammlung? . . . . . . . . . . . . 183 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Ultima ratio: Verbandsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Weitergehende Befugnisse de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 IV. Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Herrschende Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Gegenansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Abschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 cc) Kostensenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Genossenschaftsspezifisch: Materielle registergerichtliche Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 aa) Rechtsformsicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 bb) Mitgliederschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Fazit: Präventive Gefahrenabwehrprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 3. Weitere Entlastung und Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Bereits de lege lata: Gesetzliche Erleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Reformvorschlag: Entscheidungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

C. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Pflichtmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Herrschende Ansicht: Verfassungskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (1) Auffassung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (2) Begründungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) Gegenansicht: Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Neuerdings: Notwendigkeit einer „aktualisierten“ Rechtfertigung . . . 206 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Inhaltsverzeichnis

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aa) Eröffnung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 bb) Rechtfertigungsbedürftiger Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Keine freiheitskonstituierende Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Sondern: Autonomiebeschränkendes Organisationsrecht . . . . . . . 211 cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (1) Legitimes Ziel: Mitglieder- und Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . 214 (2) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (a) Zwar: Mildere Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (b) Aber: Weiter gesetzgeberischer Ermessens- und Prognosespielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (4) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (a) Kollektive Selbstprüfung statt Fremdprüfung . . . . . . . . . . . . 218 (b) Rechtsformalternativen und Rechtsformwechsel . . . . . . . . . . 219 (c) „Doppelkontrolle“ der Prüfungsverbände . . . . . . . . . . . . . . . 220 (d) Neuerdings: Größenabhängige Prüfungserleichterungen . . . . 221 2. Beibehaltung de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Keine isolierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Nationalsozialistisches Relikt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Unstreitig: „Gleichschaltung“ des Genossenschaftswesens . . . . . 226 (2) Keine nationalsozialistische „Idee“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (a) Konzeption des GenG von 1889: Vorrangige Verbandsprüfung 227 (b) Frühere Reformbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (c) Überwiegend Zusammenbrüche verbandsfreier Genossenschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (3) Jedenfalls: „Aktualisierter“ Gesetzgeberwille . . . . . . . . . . . . . . . 233 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 cc) Konsequenzen der rechtsvergleichenden Singularität? . . . . . . . . . . . . 235 dd) Effiziente Förderwirtschaftsprüfung mit Pflichtmitgliedschaft . . . . . . 237 (1) Fraglich: Qualifizierte Förderwirtschaftsprüfung nur durch Prüfungsverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (2) Dauerhafte Betreuungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (3) Gebotene Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 ee) Weitreichende Prüfungsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 ff) Überschießend: Zwingende Auflösung verbandsfreier Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

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Inhaltsverzeichnis II. Rechtsform des Prüfungsverbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. e. V. als besonders geeignete Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Dennoch: Kein Rechtsformwahlzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 III. Trennung von Prüfung und Beratung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 a) Allgemein: Gefahr einer Interessenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Genossenschaftsspezifisch: Beibehaltung der Doppelnatur . . . . . . . . . . . . 251 aa) Historisch gewachsene Betreuungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 bb) Förderwirtschaftliche Einheit von Prüfung und Betreuung . . . . . . . . . 252 cc) Tatsächliche und rechtliche Schutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . 254 IV. Verbandsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 1. Besetzung der Verbandsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Fortgesetzte „Professionalisierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Folge: Verdrängung der Förderinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Konsequenz: Repräsentative Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Mitgliederstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 a) Förderwirtschaftlicher Interessengleichlauf zwischen allen Mitgliedern . . 260 b) „Herrschaft“ der prüfungsunterworfenen Genossenschaften . . . . . . . . . . . 261

D. Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Pflichtenprogramm der Prüfungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. De lege lata: Keine Haftung bei unzureichender Förderwirtschaftsprüfung . . 264 3. De lege ferenda: Keine Direkthaftung der Prüfungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 266 II. Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 3. Ermessensreduktion bei unzureichender Förderwirtschaftsprüfung . . . . . . . . 273 III. Qualitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. (Hinter-)Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Prüfungstätigkeit, auch Prüfungsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Prüfungsnahe Verbandstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 3. Maßnahmen der Kommission, insbesondere Löschung aus dem Register . . . 277

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4. Entscheidend: Ineinandergreifen mit Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 a) Generell: Rechtssystematischer Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Fehlende Qualitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 c) Mängel im Qualitätskontrollverfahren oder wesentliche Mängel im Qualitätssicherungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

Einleitung Die eingetragene Genossenschaft (eG) unterliegt als einzige Rechtsform neben einer materiellen Gründungsprüfung durch das Registergericht (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 2 GenG) einer wiederkehrenden Pflichtprüfung durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband (§§ 53 ff. GenG). Letztere erfolgt zwecks „Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“, wofür „die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft“ zu prüfen sind (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG) – und stellt so die umfassendste und intensivste Pflichtprüfung des deutschen Gesellschaftsrechts dar1. Hierfür muss die eG nach § 54 S. 1 GenG einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht staatlich verliehen ist. Der eG kommt heute unverändert große sozioökonomische Bedeutung zu. Das zeigt sich bereits daran, dass sie mit rund 22,5 Millionen Mitgliedern die mitgliederstärkste wirtschaftliche Organisationsform in der BRD ist.2 So sind ca. drei Viertel aller Bäcker und 90 % aller Metzger Mitglied einer eG. Gleiches gilt für nahezu alle Schuhgeschäfte, die damit einen Gegensatz zu den im Filialsystem organisierten Großunternehmen bilden.3 Die hohe wirtschaftliche Bedeutung von Genossenschaften zeigt sich besonders bei den – bis zur Novelle 2006 in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GenG a. F. als „Vorschuß- und Kreditvereine“ genannten – Kreditgenossenschaften, die den „dritten Pfeiler“ des deutschen Bankensektors4 bilden. Rund 70 % aller Banken in der BRD sind Genossenschaftsbanken5; deren addierte und zuletzt gestiegene Bilanzsumme betrug Mitte 2022 rund 1,16 Milliarden Euro6. Zudem gehören nahezu zwei Drittel aller Handwerker, drei Viertel aller Kaufleute sowie rund 80 % aller Landwirte einer Kreditgenossenschaft an.7 Die Genossenschaftsbanken machen mit rund 18,2 Millionen Mitgliedern8 den größten und finanzstärksten Teil der Genossenschaftsorganisation aus. Zu verweisen ist ferner auf die – bis 2006 in § 1 Abs. 1 1

Siehe nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 13. Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8 (Stand: 30. 9. 2022). Auch die internationale Bedeutung genossenschaftlicher Kooperationen darf nicht unterschätzt werden: Weltweit gab es 2014 etwa 2,6 Millionen Genossenschaften mit rund einer Milliarde Mitgliedern, UN, Department of Economic and Social Affairs, Measuring the Size and Scope of the Cooperative Economy, 2014, S. 1. 3 Angaben nach Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 5. 4 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, 2006, S. 147. 5 Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (39). 6 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 10 (Stand: 30. 6. 2022). 7 Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 5. 8 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 11 (Stand: 31. 12. 2021). 2

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Einleitung

Nr. 6 GenG a. F. als „Vereine zur Herstellung von Wohnungen“ genannten – Wohnungsgenossenschaften, die relevante Akteure am Wohnungsmarkt in der BRD sind: Die fast 2.000 Wohnungsgenossenschaften stellen ihren rund 2,9 Millionen Mitgliedern ca. 2,2 Millionen Wohnungen zur Verfügung.9 Schließlich hat sich die eG auch außerhalb traditioneller genossenschaftlicher Betätigungsfelder in innovativen Wirtschaftszweigen etabliert, etwa im Bereich der erneuerbaren Energien10 oder im Gesundheitsbereich.11 Zu erwähnen ist auch die DENIC eG, die zentral alle „.de“-Domains im Internet registriert und betreibt, sowie die HIS HochschulInformations-System eG, welche – seit Mai 2014 als eG – rund 220 Hochschulen im Bereich der Hochschul-IT unterstützt.12 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG ist somit kein „Nischenthema“, sondern – auch für die Praxis – von zentraler Bedeutung. Ihre Relevanz folgt aus der Bedeutung der eG: Zum einen sehen die §§ 53 ff. GenG zwar Prüfungserleichterungen vor; abweichend von der Abschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB ist ihnen aber eine größenabhängige Prüfungsbefreiung fremd. Zum anderen sind das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem und die Rechtsform eG genossenschaftsrechtlich eng miteinander verbunden. Eine Genossenschaft wird ohne Beitrittsbescheinigung eines Prüfungsverbands nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1, 11a GenG) und damit nicht als eG rechtsfähig (§ 13 GenG). Die Verbandsmitgliedschaft zwecks Prüfung ist folglich Entstehungsvoraussetzung. Zugleich ist sie Fortbestehensvoraussetzung: Scheidet eine eG aus ihrem bisherigen Verband aus und bleibt sie verbandslos, wird sie gerichtlich aufgelöst (§ 54a Abs. 2 GenG). Selbst aufgelöste Genossenschaften unterliegen weiterhin der genossenschaftlichen Pflichtprüfung (§ 64c GenG). Mithin gilt: Jede eG unterliegt stets der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Entsprechend fristet nicht nur die Rechtsform eG, die in den einschlägigen Lehrbüchern zum Gesellschaftsrecht nur marginal oder gar nicht behandelt wird13, in der rechtswissenschaftlichen Forschung wie in der juristischen Ausbildung14 zu Unrecht ein Schattendasein. Vielmehr gilt diese Feststellung auch für die genossenschaftliche Pflichtprüfung15. 9

Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 17 (Stand: 31. 12. 2021). Zu den sich seit der Energiewende ausbreitenden Energiegenossenschaften Volz, ZfgG 2011, 289. Zu Trends bei Neugründungen: Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8; ders., ZfgG 2022, 157; ders., ZfgG 2011, 187 (188 ff.). 11 Mit weiteren Beispielen Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 88 f. 12 50 Jahre HIS, S. 3, https://www.his.de/fileadmin/his/downloads/50_Jahre_HIS.pdf [31. 7. 2023]. 13 Bereits Waldecker, Die eingetragene Genossenschaft, 1916, S. V (Zum Geleit): „Neben einigen Gelegenheitsschriften gönnt heute nur ein Teil der Lehr- und Handbücher des bürgerlichen und des Handelsrechts dieser Gesellschaftsform einigen Raum.“ Zum Desinteresse an der eG ferner Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 1. 14 Zu Recht die Einbeziehung der eG in die juristische Ausbildung fordernd Kluth, ZRP 2017, 108 (111). 15 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 1271 erörtert die genossenschaftliche Pflichtprüfung auf etwa einer Seite seines fast 2.000 Seiten umfassenden Werks. Entsprechend zurückhal 10

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Über eine Pflichtprüfung der Genossenschaften wurde bereits vor ihrer Einführung im Jahr 1889 heftig gestritten. So sprachen sich bei der Beratung des Gesetzesentwurfs einige Abgeordnete strikt gegen eine „Zwangsrevision“ der Genossenschaften aus, während andere Abgeordnete ihre Einführung befürworteten.16 Auch heute ist das Meinungsbild gespalten: Teilweise sieht man das genossenschaftliche Prüfungswesen als „Kernstück des deutschen Genossenschaftswesens“17; dieses sei ein (Image-)Vorteil und Alleinstellungsmerkmal der Rechtsform eG18 sowie „ausgewogen und unverzichtbar“19. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung trage seit vielen Jahren zur besonderen Insolvenzfestigkeit und damit zur Kreditwürdigkeit der eG bei.20 Ihr wird sogar Vorbildcharakter gegenüber der kapitalgesellschaftsrechtlichen Abschlussprüfung beigemessen.21 Andere Teile in der Literatur sehen das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem hingegen rechtsformvergleichend als einen Wettbewerbsnachteil der Rechtsform eG – auch im europäischen Kontext22. Dieses sei aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten und der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband eine potenzielle Gründungsbarriere.23 Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem sei eine Ursache dafür, dass die Anzahl der Genossenschaften immer weiter abnimmt.24 Vorgeschlagen wurde daher, die genossenschaftliche Pflichtprüfung einzuschränken oder aufzuheben.25 Zuletzt ist die genossenschaftliche Pflichtprüfung (erneut26) dadurch in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, dass die Rechtsform eG gezielt für kriminelle Zwecke genutzt wurde.27 So wurden etwa im prominenten Fall der Wohnungsgenossentend auch: Grunewald / Müller, Gesellschaftsrecht, 2023, S. 424: etwa eine halbe Seite; Kübler /  Assmann, Gesellschaftsrecht, 2006, S. 150 f.: etwa eine Seite; Saenger, Gesellschaftsrecht, 2023, S. 285 f.: etwa eine Seite. Eingehend zum genossenschaftlichen Prüfungswesen, allerdings jeweils in die Jahre gekommen: Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 293 ff.; Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, passim. 16 Vgl. Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 25 f.; Schubert, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (49 f.). 17 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 297. 18 Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 380: „Vorteil im Wettbewerb der Gesellschaftsformen“. 19 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2150). 20 Draheim, Reformreferate, 1956, S. 191 (221); Ott, ZfgG 2010, 113 (114); Schaffland, DB 2001, 2599. 21 Vgl. Peemöller, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 31 (50). 22 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 344. 23 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, Einf. Rn. 8; Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (53); Rybnikova / Lange, ZfgG 2014, 265 (277). 24 Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (146). 25 Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (53); Lucas, Das Genossenschaftsrecht der Niederlande, 2001, S. 230. 26 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2145). 27 Holthaus, NZG 2019, 54 (54); ferner die in der Kleinen Anfrage genannten Fälle, BTDrs. 19/12478, S. 5 (Frage Nr. 37).

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schaft EVENTUS eG zahlreiche der ehemaligen Mitglieder erheblich geschädigt.28 Angesichts dessen stellte sich nicht nur jüngst die Frage nach der Haftung des zuständigen Prüfungsverbands29, sondern es folgte umgehend die politische Diskussion, ob die bestehende Aufsicht über die Genossenschaften und vor allem die genossenschaftliche Pflichtprüfung effektiv genug ist oder verschärft werden muss30. Ziel des ersten Teils der Arbeit ist es nach alledem, zu untersuchen, ob und warum es zusätzlich zur Überwachung durch den Aufsichtsrat der eG der regelmäßigen und besonders weitreichenden Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG bedarf. Zu klären ist mithin, für wen die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung der eG festzustellen sind.31 Hierbei konzentriert sich die Untersuchung auf die modernen Großgenossenschaften, die heute weit verbreitet sind. So belief sich die durchschnittliche Mitgliederanzahl einer eG im Jahr 2020 auf 2.211, während sie im Jahr 1960 noch 363 betrug.32 Diese Untersuchung bedarf vorweg in zweifacher Hinsicht der Präzisierung: Kein Spezifikum der eG und folglich nicht (primär) zu untersuchen ist erstens, dass die eG irgendeiner Pflichtprüfung unterliegt.33 Bekanntlich unterliegen auch andere Rechtsformen gesellschaftsrechtlich angeordneten Pflichtprüfungen, deren Notwendigkeit weitgehend anerkannt ist34; auch die Kritiker der genossenschaft­ lichen Pflichtprüfung konzedieren, dass die eG einer Pflichtprüfung unterliegen muss35. Zu klären ist vielmehr, ob und wodurch die rechtsformspezifische Pflicht-

28

Siehe nur Stuttgarter Zeitung vom 13. 3. 2019: „Millionenbetrug durch fehlende Kontrolle ermöglicht“, https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.urteil-zu-eventus-genossenschaftmillionenbetrug-durch-fehlende-kontrolle-ermoeglicht.9b66d63d-1d52-447a-be0c-554bdc26 6a8c.html [31. 7. 2023]. 29 Siehe https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/wohnbaugenossenschafteventus-bansbach-gutachten-100.html [31. 7. 2023]; LG Stuttgart vom 29. 6. 2022  – 27  O 268/21  – NJW-RR  2022, 1401. Vgl. ferner OLG Stuttgart vom 11. 5. 2022  – 9  U 28/21  – NZG 2022, 1455. Eingehend zur Haftung wegen einer fehlerhaften gründungsgutachtlichen Äußerung eines Prüfungsverbands Beuthien, NZG 2021, 500. 30 Vgl. BT-Drs. 19/3595, S. 17. Ferner BT-Drs. 19/3276, S. 4; BT-Drs. 19/12478, S. 5 (Frage Nr. 37). 31 Beham, Das deutsche Pflichtprüfungswesen, 1940, S. 122: „Die Aufgabe des Pflichtprüfers kann immer nur eine Mittelstellung einnehmen. So ergibt sich zwangsläufig die weitere Frage, für wen, zu wessen Gunsten soll die Durchführung der Prüfung durch den Pflichtprüfer erfolgen, soll ‚die Ordnungsmäßigkeit‘ der prüfungspflichtigen Betriebe und ihres Rechnungswesens festgestellt werden.“ 32 Laurinkari, FS Steding, 2002, S. 13 (21). 33 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (10): „die Tatsache der Pflichtprüfung stellt keine Besonderheit im Bereich der Genossenschaft dar“. 34 Gesellschaftsrechtlich angeordnete Pflichtprüfungen werden mit einer wichtigen Kontrollfunktion zugunsten der Öffentlichkeit, der Unternehmen, des Kapitalanlegerschutzes und des Gläubigerschutzes gerechtfertigt, vgl. nur BVerwG vom 17. 8. 2005 – 6 C 15/04 – NJW 2005, 3795 (3797). Zur Abschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB: MüKoHGB / Ebke, § 316 Rn. 24 ff. 35 Etwa Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (111).

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prüfung der eG nach §§ 53 ff. GenG zu rechtfertigen ist.36 Zweitens trennen sowohl das Schrifttum37 als auch das BVerfG in seinem Kammerbeschluss vom 19. 1. 2001 zur Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft38 nicht immer hinreichend klar zwischen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung und der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband. Indes ist die Frage, ob und warum die eG einer besonders weitreichenden Pflichtprüfung unterliegen muss, grundsätzlich unabhängig davon, wie diese auszugestalten ist, insbesondere davon, wer die genossenschaftliche Pflichtprüfung durchführt und ob die Genossenschaften zwingend Mitglied in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband sein müssen. Somit sind die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG und die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nicht „untrennbar miteinander verbunden“39, sondern zwei strikt zu trennende Fragen40. Nachdem die Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung bestimmt wurde, befasst sich der zweite Teil der Arbeit darauf aufbauend damit, wie das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem funktionsgerecht auszugestalten und zu effektuieren ist. Hervorzuheben ist dabei die Frage, wie weit die genossenschaft­liche Pflichtprüfung bei kleinen Genossenschaften mit nur wenigen Mitgliedern reichen soll. Hiermit beschäftigte sich auch der Gesetzgeber in neuerer Zeit mehrfach, der die genossenschaftliche Pflichtprüfung zunächst durch die Novelle 2006 und jüngst durch die Novelle 2017 für kleine Genossenschaften sukzessive deregulierte, den weitergehenden Vorschlag einer vom genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystem insgesamt befreiten Unterform der eG inzwischen aber aufgab41. Besonders umstritten und deshalb Schwerpunkt der Untersuchung des zweiten Teils der Arbeit ist die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband nach § 54 S. 1 GenG. In der Literatur wird nicht nur (wieder) vermehrt ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit diskutiert. Vielmehr wird auch darüber gestritten, ob die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband auch künftig beizubehalten ist, wobei neuerdings ihre Entstehungsgeschichte und Zusammenhänge zum National 36

Ebenso Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (118): „bedarf besonderer Begründung“. Symptomatisch etwa die zwischen genossenschaftlicher Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft im Prüfungsverband changierende Ausführungen von Kober, ZfgG 2014, 31 (35): „Ob hingegen die Pflichtmitgliedschaft vor einer möglichen Nachschusspflicht schützt, wie es das BVerfG ausführt, ist von vornherein fraglich. Die Pflichtprüfung durch die Prüfungsverbände erfolgt nachträglich und rückblickend (vgl. § 57 GenG)“ [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 38 BVerfG vom 19. 1. 2001  – 1  BvR 1759/91  – NJW 2001, 2617. Im Anschluss daran BR-Drs. 162/17, S. 12: „Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung“. 39 So aber Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239). Ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 33: „zu einer unlösbaren Einheit verbunden“. 40 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84): „Damit ist freilich noch nicht entschieden, warum die genossenschaftliche Pflichtprüfung mit der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband verbunden sein muß.“ 41 BT-Drs. 18/11506, S. 2, 19; BT-Drs. 19/3595, S. 13. 37

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sozialismus aufgegriffen werden. Anlass dazu, die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband näher zu betrachten, bietet zugleich die Praxis: Die Konsumgenossenschaft Altenburg und Umgebung eG aus Thüringen wurde vom Amtsgericht Jena als zuständiges Registergericht Ende 201942 – vom Landgericht Gera Anfang 2020 bestätigt43 – nach § 54a Abs. 2 GenG aufgelöst, nachdem sie sich zwar von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband hat ordnungsgemäß prüfen lassen, allerdings Ende 2016 ihre Mitgliedschaft gekündigt hatte und keinem anderen Prüfungsverband beitrat.44

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AG Jena vom 12. 11. 2019 – GnR 200023 (Fall 18) (unveröffentlicht). LG Gera vom 17. 2. 2020 – 5 T 512/19 (unveröffentlicht). 44 Siehe dazu etwa F. A.Z. vom 14. 5. 2019: „Rebellion der Genossen“, https://www.faz.net/ aktuell/wirtschaft/genossenschaft-rebelliert-gegen-zwang-zum-pruefverband-16185290.html [31. 7. 2023]; Süddeutsche Zeitung vom 13. 8. 2018: „Aufstand unter den Genossen“, https:// www.sueddeutsche.de/wirtschaft/genossenschaftswesen-aufstand-unter-den-genossen-1.4090 397?reduced=true [31. 7. 2023]; F. A.Z. vom 24. 4. 2020: „Ende für Genossen“, https://www. faz.net/aktuell/wirtschaft/mitgliedschaft-in-pruefverband-ende-fuer-genossen-16740718.html [31. 7. 2023]. 43

1. Teil

Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung Die herrschende Lehre1 und die Rechtsprechung2 rechtfertigen die genossenschaftliche Pflichtprüfung mit einer umfassenden Schutzfunktion: Diese schütze die Mitglieder und Gläubiger der eG sowie die Allgemeinheit.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime Die Untersuchung der rechtsformspezifischen Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG muss vom Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG ausgehen, der seit jeher als Charakteristikum und Alleinstellungsmerkmal der eG gilt3. Denn ohne zu wissen, was die Rechtsform eG eigens genossenschaftsspezifisch charakterisiert, lässt sich nicht klären, ob, warum und wie ihre rechtsformspezifische Kontrollverfassung um eine besonders weitreichende Pflichtprüfung zu ergänzen ist.4 Zudem ist der Inhalt des Förderzwecks nach § 1 Abs. 1 GenG für die genossenschaftliche Pflichtprüfung relevant, da hiervon abhängt, ob eine prüfungsrechtlich zu beanstandende, weil förderzweckwidrige Betätigung der eG vorliegt – oder nicht. Der Förderzweck ist demnach „Mittel und Maßstab einer Kontrolle der Genossenschaft“5 sowie

1

Statt vieler Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1; BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn.  10; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (12); Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 3 ff.; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S.  173 ff.; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1, § 54 Rn. 3. 2 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617; BGH vom 10. 1. 2017 – II ZR 10/15 – WM 2017, 474; BGH vom 21. 6. 2011 – II ZB 12/10 – WM 2011, 1655; OLG Frankfurt vom 20. 2. 2006 – 23 U 150/05 – OLGR Frankfurt 2006, 918. 3 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 5; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, 1975, S. 8, 21; Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 18: „essentielles Wesensmerkmal der Genossenschaft“; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 50; Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 3, 8, 11; ders., Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 12; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 50; Westermann, ZfgG 1963, 273 (292); ferner BT-Drs. 16/1025, S. 81: „das charakteristische Merkmal der Rechtsform der Genossenschaft“. 4 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 17: „die genossenschaftliche Pflichtprüfung kann daher nicht losgelöst von [sic] speziellen Unternehmenszweck der Mitgliederförderung gesehen werden“. 5 Großfeld, ZfgG 1979, 217 (221).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

„Ausgangs- und Endpunkt des gesamten Prüfungsverfahrens, also dessen A&O zugleich“6.

I. Meinungsstand Die eG hat nach § 1 Abs. 1 GenG „den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern.“ Der Inhalt und die Bedeutung des Förderzwecks sind seit langem unklar und umstritten7. 1. Herrschende Ansicht: Förderwirtschaftliches Identitätsprinzip Nach Ansicht der h. M.8 hat die eG nach § 1 Abs. 1 GenG ihre Mitglieder als Kunden maßgeblich durch Waren, Werk- und Dienstleistungen im Geschäftsverkehr mit dem genossenschaftlichen Unternehmen nutzerbezogen zu fördern. a) Nutzerbezogene Fördergeschäftsbeziehung Kennzeichnend sei das genossenschaftliche Identitätsprinzip, sodass sich die Mitglieder der eG in einer „Doppelstellung“9 befänden: Diese sind wirtschaft­liche Träger der eG und Kunden des gemeinschaftlich betriebenen Unternehmens.10

6

Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). Ferner Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2146): „Drehund Angelpunkt“. 7 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 9: „viel Unsicherheit“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 34: „oft schwammig und unklar sowie nicht immer nachvollziehbar“; Turner, Die eingetragene Genossenschaft im System des Gesellschaftsrechts, 1992, S. 17: „Die genaue Definition des genossenschaftlichen Förderzwecks ist indessen problematisch.“; ferner Ringle, ZfgG 2010, 176 (178). 8 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 9; ders., AG 2012, 867 (870); ders., FS Schaffland, 2008, S. 73 (73 f.); ders., AG 2006, 53 (53 f.); v.  Caemmerer, Reformreferate, 1956, S. 161 (171); Draheim, in: ders. (Hrsg.), Zur Ökonomisierung der Genossenschaften, 1967, S. 103 (108); Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 88 f.; ders., ZfgG Sonderheft 1979, 144 (146 ff., 154 ff.); Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 7, 12; Weippert, Reformreferate, 1956, S. 101 (107); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 26 ff. m. w. N. 9 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 9. 10 Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (3); ders., AG 2006, 53 (53); Boettcher, BlfG 1969, 233 (233); Draheim, in: ders. (Hrsg.), Zur Ökonomisierung der Genossenschaften, 1967, S. 103 (108, 116); Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 7.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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Zur Begründung wird zunächst auf den Wortlaut von § 1 Abs. 1 GenG rekurriert: Die notwendig naturale Mitgliederförderung ergebe sich aus den Worten „durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“.11 Weiter wird mit der Überlegung argumentiert, dass grundsätzlich jede gesellschaftsrechtliche Vereinigung die Förderung ihrer Mitglieder bezwecke, sofern der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung nichts Abweichendes bestimmt.12 Dass die eG ihre Mitglieder fördert, sei mithin nicht genossenschaftsspezifisch.13 Abweichend sei nur die Art und Weise, also wie die eG ihre Mitglieder fördere.14 Förderwirtschaftlich zulässige und kapitalzinswirtschaftlich unzulässige Mitgliederförderung weiche somit nur in der Art der Mitgliederförderung voneinander ab.15 Erstere zeichne sich dadurch aus, dass die Mitglieder gegenüber dem genossenschaftlichen Gemeinschaftsbetrieb in einer Geschäftsbeziehung stehen und von diesem durch Waren, Werk- oder Dienstleistungen natural unterstützt werden. b) Unzulässig: Kapitalzinswirtschaftliche Förderung Genossenschaftsrechtlich unzulässig sei es, wenn die eG den im Geschäftsverkehr mit ausschließlich oder überwiegend beliebigen Dritten erwirtschafteten Gewinn an ihre Mitglieder als Kapitalrendite (etwa in Form von Dividende) ausschüttet.16 Hierfür stünden die Vereinigungsformen wie OHG, KG, GmbH und AG bereit.17 Die h. M. führt damit die Ansicht der früheren Rechtsprechung18 fort, die zwischen zulässiger unmittelbarer und unzulässiger mittelbarer Förderung der Mitglieder unterschied.19 Diese – uneinheitlich verwendete20 und in der Sache wenig

11

Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 9 (9); ferner Paulick, ZHR 126 (1964), 1 (7). Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (3); ders., AG 2012, 867 (868 f.). 13 Beuthien, AG 2012, 867 (868 f.); Hadding, FG Zivilrechtslehrer 1934/1935, 1999, S. 147 (150); Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 9. 14 Beuthien, AG 2012, 867 (869); ders., FS Schaffland, 2008, S. 73 (73). 15 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 26 f. 16 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 10 f.; ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 9 (10); ders., FS Schaffland, 2008, S. 73 (74); Binz / Freudenberg, DB 1991, 2473 (2473); v. Caemmerer, Reformreferate, 1956, S. 161 (166 ff.); Götz, Verbundbildung, 1981, S. 97 ff.; Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 33, § 8 Rn. 15a; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 89, 130 f.; ders., Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 53 f. 17 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 39 (40). 18 KG vom 23. 5. 1898 – I Y 265/98 – KGJ 18, 27; KG vom 12. 9. 1908 – 1a X 657/08 – KGJ 37, 168 (169); OLG Hamburg vom 22. 12. 1913 – OLGE 32, 121. 19 Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 26 f.; vgl. auch Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 33, der auf die frühere Rechtsprechung verweist. 20 Überwiegend wird terminologisch zwischen der naturalen (unmittelbaren) und der kapitalzinswirtschaftlichen (mittelbaren) Förderung unterschieden, vgl. dazu Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 27  – Fn. 150. Anders Gabriel, Reformreferate, 1956, 12

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

genaue21 – Terminologie von zulässiger unmittelbarer und unzulässiger mittelbarer Förderung wird bis heute vielfach gebraucht.22 Daraus wird von Teilen der Literatur gefolgert, dass die eG weder Gewinn erstreben noch erzielen dürfe.23 Der Förderzweck verbiete im Grundsatz, dass die Genossenschaften „als auf die Erzielung und Maximierung von Gewinnen gerichtete Organisationsformen gebraucht“24 werden. Indes besteht ein solches genossenschaftliches Gewinnerzielungsverbot aus mehreren Gründen – auch nach der Ansicht der h. M. – nicht.25 Denn zunächst ist die eG als Förderwirtschaftsverein darauf angelegt, Gewinn anzustreben und zu erzielen.26 Weiter stünde ein solches Verbot in klarem Widerspruch zur gesetzlich geregelten Gewinn- und Verlustverteilung, da der Wortlaut von § 19 Abs. 1 GenG ausdrücklich von dem sich ergebenden Gewinn spricht.27 Auch § 20 S. 1 GenG setzt einen (ganz oder teilweise) nicht zu verteilenden Gewinn der eG voraus. Diese gesetzlichen Regelungen blieben ohne denkbaren Anwendungsfall, dürfte die eG keinen Gewinn erzielen. Schließlich darf die eG nicht nur Gewinnerzielungsabsicht haben und Gewinn erzielen28, sondern muss es regelmäßig ebenso wie andere Wirtschaftsunternehmen, um ihre eigene Existenz am Markt zu erhalten.29 Existiert sie hingegen nicht (mehr), kann sie ihre Mitglieder überhaupt nicht fördern.30 Es trifft daher nicht zu, dass die

S. 277 (283 ff.), der auf die Art der von der eG betriebenen Geschäfte abstellt. Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 32 unterscheidet die Förderung der Mitglieder durch die eG selbst als unmittelbare, die durch Dritte (von der eG veranlasst) als mittelbare Mitgliederförderung. Hingegen gibt Westermann, Reformreferate, 1956, S. 77 (89) die Terminologie ausdrücklich auf und differenziert nach dem Grad der Verknüpfung zwischen der eG mit dem Betrieb des Mitglieds. 21 Die Begriffe der „unmittelbaren“ und „mittelbaren“ Förderung sind nicht trennscharf; darüber legt bereits die uneinheitliche Verwendung ein beredtes Zeugnis ab. Berechtigte Kritik von Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 27, der von einer „wenig glücklichen“ Terminologie spricht. 22 Das gilt für Vertreter der h. M. wie der Gegenansicht, siehe für die h. M. nur: Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 51, 62; für die a. A.: Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (24 ff.). Kritisch dazu Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 27. 23 So etwa Kohte, ZIP 1991, 905 (908 f.); ferner Müller, GenG, Bd. 1, § 19 Rn. 1b: „nicht auf Gewinnerzielung gerichtet“; ähnlich v. Caemmerer, Reformreferate, 1956, S. 161 (166 ff.). 24 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, 2006, S. 145. 25 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 28 f.; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 133 spricht von einem „Gewinnerzielungsverzicht“. 26 Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 1 Rn. 23: „klare Gewinnorientierung“; Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (143); Gabriel, Reformreferate, 1956, S. 277 (290 ff.). 27 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (144). 28 So Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 1 Rn. 3. 29 BerlKommGenG / Keßler, § 1 Rn. 17; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 133. 30 Beuthien / Beuthien, GenG, § 19 Rn. 4.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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eG „kein Gewinnerzielungsbetrieb“31 sei oder ihr das für erwerbswirtschaftliche Vereinigungsformen „charakteristische Gewinnstreben als Selbstzweck“32 fehle. Die eG grenzt sich zu anderen Vereinigungen nicht dadurch ab, dass sie keinen Gewinn erzielen darf.33 Vielmehr besteht die grundlegende Unterscheidung darin, wie Gewinne erzielt und verwendet werden.34 Dabei müssen die notwendig bipolaren Geschäftsbeziehungen der eG beachtet werden: Die eG steht im Verhältnis zu ihren Mitgliedern in einer Fördergeschäftsbeziehung. Im Verhältnis zu Dritten steht sie in einer Gegengeschäftsbeziehung, die den Förder(zweck)geschäften im Außenverhältnis entspricht.35 Dementsprechend ist förderzweckadäquat zu differenzieren36: Die eG muss in der Gegengeschäftsbeziehung darauf achten, möglichst hohe Gewinne zu erzielen.37 Denn aufgrund möglichst hoher Gewinne kann die eG ihren Mitgliedern im Fördergeschäftsverkehr bestmögliche Konditionen bieten.38 Etwa muss eine Absatzgenossenschaft die Erzeugnisse ihrer Mitglieder zu möglichst hohen Preisen veräußern, um diese ihrerseits von den Mitgliedern zu möglichst hohen Preisen zu beziehen. Da die eG ihren Mitgliedern durch maximale Gewinne bestmögliche Konditionen bieten kann, folgt das Prinzip der Gewinnmaximierung in diesem Verhältnis aus dem Förderzweck.39 Hingegen hat die eG in der Fördergeschäftsbeziehung nicht den maximalen Gewinn anzustreben.40 Dies widerspräche der (historischen) genossenschaftlichen „Idee“, da die Mitglieder dann vom gemeinschaftlich unterhaltenen Unternehmen „ausgebeutet“ würden.41 Vielmehr muss die eG ihren Mitgliedern im Fördergeschäftsverkehr die bestmög 31

So Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 52; ferner ders., Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 89: der eG fehle es am „Gewinnstreben als Selbstzweck“; Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 14: der Förderzweck schließe „ein Gewinnstreben der Gen. selbst aus“; ähnlich Pöhlmann /  Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 6; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 50; all das überzeugt nicht, da keine Gesellschaft um ihrer selbst Willen nach Gewinn strebt, sondern immer im Interesse ihrer Mitglieder, Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (143); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 10b. 32 So Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 4. 33 Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (12). 34 Beuthien / Beuthien, GenG, § 19 Rn. 1; Keßler, BB 2005, 277 (278). 35 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 11. 36 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 87 (89). 37 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 11, § 19 Rn. 1. 38 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125); Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 38: „Gewinnmaximierung als Mittel zum Zweck“. 39 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125). 40 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125); Beuthien / Beuthien, GenG, § 19 Rn. 1; Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 13 f.; für ein erwerbswirtschaftliches Verhalten der eG gegenüber ihren Mitgliedern freilich Baumgartl, Funktion, 1979, S. 148 ff. 41 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

lichen Konditionen bieten. Überschüsse darf sie hier nur erzielen, um dadurch die (künftige) naturale Förderung ihrer Mitglieder abzusichern oder zu steigern.42 Zusammengefasst sind Gewinne der eG somit kein förderwirtschaftlicher „Betriebsunfall“, sondern conditio sine qua non für die naturale Mitgliederförderung.43 Unterdessen ist ein Markterfolg der eG zwar notwendige, niemals aber ausreichende Mitgliederförderung. Maßgeblich ist die förderwirtschaftliche Gewinnerzielung und Gewinnverwendung.44 Um den erwirtschafteten Gewinn an ihre Mitglieder auszukehren, hat die eG mehrere Möglichkeiten.45 Vorrangig sollte die eG ihren Mitgliedern in der Fördergeschäftsbeziehung bestmögliche Konditionen verschaffen.46 Hingegen sind Sondervorteile außerhalb der Fördergeschäftsbeziehung „förderwirtschaftlich kein glücklicher Gedanke“47. Insbesondere die – seit der Novelle 1973 zulässige – Geschäftsguthabenverzinsung nach § 21a GenG wird nur aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft und damit unabhängig von Geschäftsabschlüssen mit der eG gewährt.48 Indes kann daraus nicht geschlossen werden, dass die §§ 19, 21a GenG der naturalen Mitgliederförderung durch die eG widersprechen. Diese fungieren vielmehr förderzweckwahrend: Sie sollen verhindern, dass sich stiftungsähnliches Sondervermögen des Vorstands bildet, indem nicht benötigtes (Förder-)Kapital an die Mitglieder auszukehren ist.49 Festzuhalten ist mithin: Die eG grenzt sich von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen nicht durch fehlendes Gewinnstreben oder fehlende Gewinnerzielungsabsicht ab50, sondern durch die förderzweckgerechte Gewinnerzielung und Gewinnverwendung.51 Während Kapitalgesellschaften ihre Mitglieder als (anonyme) Kapitalanleger fördern, fördert die eG ihre Mitglieder als Mitgliederkunden.

42 Näher Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (125 f.); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 11, § 19 Rn. 1; ders., Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (12). 43 Ebenso Gabriel, Reformreferate, 1956, S. 277 (292); Geschwandtner / Wittenberg, BB 2008, 1748 (1749); Ringle, BlfG 1969, 239 (239). 44 Das sieht dann auch Müller, GenG, Bd. 1, § 19 Rn. 1b, da der Gewinn „zur Interessenförderung der Genossen zu verwenden“ ist [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]; Ringle, BlfG 1969, 239 (240). 45 Näher Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 87 (87 f.). 46 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 87 (88), S. 237 (243); Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 40. 47 Beuthien, BzD 1999, 8 (13); ferner ders., AG 2012, 867 (870). 48 Beuthien, BzD 1999, 8 (13). 49 Beuthien / Beuthien, GenG, § 19 Rn. 2. 50 Zutreffend Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 81: „betätigt […] sich wie eine Erwerbsunternehmung“. 51 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 9 (10); Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, 1980, S. 3; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 30; Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 33.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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c) Teilweise: Nur negative Bestimmung Westermann umschreibt den „Genossenschaftszweck“ schließlich wie folgt: „Die Genossenschaft muß sich zum Ziel setzen, ihre Mitglieder dadurch zu fördern, daß sie deren Bedürfnisse in einem bestimmten Lebensbereich befriedigen hilft.“52 Den „Förderungszweck“ meint er „nur negativ dahin bestimmen zu können, daß die Genossenschaften nicht bezwecken dürfen, einen Unternehmergewinn zu erwirtschaften, den sie dann in Form von Gewinnanteilen den Genossen zuführen. Jede andere Form der Förderung, sofern sie nur wirtschaftlicher Art ist, dürfen und sollen sie bezwecken.“53 Dieser Auffassung haben sich weitere Stimmen in der Literatur54 angeschlossen. 2. Gegenansichten: Ablehnung spezifischer Förderzweckbindung Die spezifische Förderzweckbindung der h. M. wird von Teilen der genossenschaftsrechtlichen Literatur abgelehnt.55 a) Bloße Identität zwischen Geförderten und Unternehmensträgern Teile der Literatur vertreten die Ansicht, § 1 Abs. 1 GenG enthalte „weder ein Gebot zu fördern“ noch schreibe dieser „eine bestimmte Art und Weise einer Förderung“56 vor. Die Vorschrift verlange lediglich, dass die eG ihre Mitglieder wirtschaftlich und nicht nur ideell fördert.57 Die von der h. M. postulierte Identität zwischen Unternehmensträgern und Kunden werde hingegen nicht gefordert, sondern nur die Identität zwischen „den Geförderten und den Trägern des gemeinsamen Unternehmens.“58 Zulässig sei demnach auch die kapitalistische Mitgliederförderung: Die eG dürfe im Geschäftsverkehr mit beliebigen Personen Gewinne

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Westermann, BlfG 1962, 230 (232). Westermann, ZfgG 1963, 273 (276). Bereits zuvor ders., in: Klein / Pohle / Seraphim /  Westermann (Hrsg.), Aktuelle Probleme des Genossenschaftswesens, 1957, S. 20 (26 f.): „Danach läßt sich über den Förderungsbegriff wohl nicht viel mehr als negativ aussagen, daß ein Streben der Genossenschaft nach Gewinn, der dann ohne Rücksicht auf die Verflechtung der Betriebe der Genossen mit dem der Genossenschaft ausgeschüttet wird, verboten ist.“ 54 Großfeld, ZfgG 1979, 217 (221): „positiv nur schwer zuverlässig“ umschreibbar; Paulick, ZfgG Sonderheft 1979, 144 (158); Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 26. 55 Baumgartl, Funktion, 1979, passim; diesem folgend Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (35 ff.). Ferner Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 76 f.; Kohte, ZIP 1991, 905 (908 f.); Schulte, Die Mitgliederförderung durch Genossenschaften im System des Ertragsteuerrechts, 1985, S. 66 ff. 56 So Baumgartl, Funktion, 1979, S. 204. 57 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 67 f., 204. 58 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 205. 53

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

erzielen und diese an ihre Mitglieder ausschütten.59 Daher könne die kapitalzinswirtschaftliche Mitgliederförderung vom genossenschaftlichen Prüfungsverband im Rahmen der Pflichtprüfung nicht beanstandet werden.60 Zur Begründung wird zunächst auf den Wortlaut von § 1 Abs. 1 GenG als äußerste Grenze der Auslegung verwiesen. Dieser weise nicht darauf hin, dass eine naturale Förderung der Mitglieder erforderlich sei.61 Weiter soll sich diese Auslegung von § 1 Abs. 1 GenG maßgeblich aus einer historischen Genese ergeben: Der Gesetzgeber habe sich bei § 1 GenG und dessen Formulierung an der Vorgängervorschrift im Preußischen GenG von 1867 orientiert, welcher den Zweck der Genossenschaften auf die „Förderung des Kredits, des Erwerbs oder der Wirthschaft ihrer Mitglieder“ festlegte. Damit habe der historische Gesetzgeber zum einen die Förderung Dritter, zum anderen die (damals gefürchtete)  politische Betätigung der Genossenschaften verbieten, nicht aber weitergehend eine bestimmte Art der Förderung vorschreiben wollen.62 Bestätigt werde der Befund durch den heutigen Gesetzgeber: Dieser habe zwischenzeitlich nicht nur das Nichtmitgliedergeschäft im Jahr 1933 bzw. 1973 uneingeschränkt zugelassen63, sondern auch die Gewinnausschüttung (§ 19 GenG), die Geschäftsguthabenverzinsung (§ 21a GenG) sowie die unbegrenzte Rücklagenbildung (§ 73 GenG)64. Ferner sprächen systematisch Gründe gegen die Ansicht der h. M.: Der eG müsse nach § 1 Abs. 1 GenG jeder wirtschaftliche Endzweck zugestanden werden, während der wirtschaftliche Verein nach § 22 BGB auf ideelle Endzwecke beschränkt sei, die zur Erreichung dieser Ziele einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten.65 Die eG und der wirtschaftliche Verein stünden mithin in einem Exklusivitätsverhältnis.66 Schließlich seien auch keine schutzwürdigen Interessen Dritter betroffen, die es rechtfertigen würden, die eG auf die naturale Förderung ihrer Mitglieder festzulegen.67 Vor allem sei der Gläubigerschutz bei der eG angesichts der genossenschaftlichen Pflichtprüfung „dem der übrigen Rechtsformen zumindest gleichwertig, wenn nicht überlegen.“68

59 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 144, 155, 206; Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (35); einschränkend Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 75 f. 60 Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (35). 61 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 52 ff. 62 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 56 ff.; Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (29 ff.). 63 Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (32). 64 Kohte, ZIP 1991, 905 (908). 65 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 119 ff. 66 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 126. 67 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 157 ff.; Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (33 ff.). 68 So Baumgartl, Funktion, 1979, S. 164.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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b) Subjektive Theorie: Vollständige Definitionshoheit der Mitglieder Andere Teile der Literatur69 halten den Förderzweck für nicht objektivierbar; vielmehr könne dessen Inhalt nur durch die Mitglieder definiert werden: „Was sie als Förderung empfinden, was sie zur Förderung erklären, ist ‚die‘ Förderung.“70 Auch im betriebswirtschaftlichen Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die Förderung von den Mitgliedern „bezweckt“ werde und „damit ganz in das subjektive Urteil der Mitglieder gestellt“71 sei. Da die Mitglieder der eG nach dieser subjektiven Theorie über „volle Förderzweckdefinitionshoheit“72 verfügen, können sie kraft dieser jede Unternehmenspolitik als förderzweckkonform legitimieren, insbesondere die (gewollte) kapitalzinswirtschaftliche Förderung durch Gewinnausschüttung. Nach dieser Auffassung kann es vom genossenschaftlichen Prüfungsverband im Rahmen der Pflichtprüfung nicht als förderzweckwidrig beanstandet werden, wenn die eG ihre Mitglieder kapitalistisch fördert, sofern diese Förderung von den Genossenschaftsmitgliedern gewünscht ist.

II. Stellungnahme Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung ist es nicht erforderlich, sich mit dem Meinungsstand im Einzelnen auseinanderzusetzen und hierzu eingehend Stellung zu beziehen, da dies zuletzt an anderer Stelle geschehen ist. 1. Naturale Mitgliederförderung Christian Picker hat den Meinungsstand in seiner 2019 erschienenen Monografie ausführlich aufgearbeitet73 und anhand von Wortlaut und Telos von § 1 Abs. 1 GenG74, der Systematik des GenG75 sowie des „aktualisierten“ Gesetzgeberwillens76 eingehend begründet, dass die Mitglieder der eG nach § 1 Abs. 1 GenG Träger und Kunden des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs sein müssen. Zudem hält Picker die gesetzliche Förderzweckbeschränkung der eG nach § 1 Abs. 1 GenG 69 So Großfeld, ZfgG 1979, 217 (222); ders., Mitgliedereinfluß und Ehrenamt in der Genossenschaft, 1984, S. 8; Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2146 f.); Großfeld, ZfgG 1988, 263 (268); dem folgend Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 138. 70 Großfeld, ZfgG 1988, 263 (268). 71 Dülfer, ZfgG 1980, 47 (49). 72 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 34. 73 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 26 ff., 34 ff. 74 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 35 ff. 75 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 67 ff. 76 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 36 ff., 40 ff.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

für geboten: Diese schütze vornehmlich die autonome Entscheidung der Genossenschaftsmitglieder, die von ihrer eG nutzerbezogen unterstützt werden wollen. Sofern alle Mitglieder förderzweckwidrige Ziele verfolgen wollen, lasse sich die dann heteronom wirkende Förderzweckbeschränkung kumulativ mit dem Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG vor den spezifischen Haftungsrisiken rechtfertigen, welche sich aus der Rechtsformverfehlung ergeben; denn die Rechtsform eG sei aufgrund ihrer personalistischen Struktur und strukturellen Haftungsschwäche für erwerbswirtschaftliches Wirtschaften ungeeignet.77 Dieser Befund verdient insgesamt Zustimmung. Er ist daher vorliegend nicht in Frage zu stellen, sondern lediglich zu vertiefen und zu ergänzen, vor allem um solche Aspekte, die sich vor dem Hintergrund der hier zu untersuchenden genossenschaftlichen Pflichtprüfung ergeben. 2. Insbesondere: „Aktualisierter“ Gesetzgeberwille Vertieft werden kann die Argumentation von Picker zunächst hinsichtlich des – von Baumgartl als einem der Hauptkritiker der h. M. zwar grundsätzlich erkannten78, allerdings (zu) weitgehend außer Acht gelassenen79 – „aktualisierten“ Willens des heutigen Gesetzgebers. Dieser entspricht richtigerweise der Ansicht der h. M., wonach die Mitglieder der eG als Kunden nutzerbezogen zu fördern sind.80 Picker81 belegt dies zutreffend anhand von § 8 Abs. 2 S. 1, 2, 4 GenG und der dazugehörigen Gesetzesbegründung82. Der „aktualisierte“ Gesetzgeberwille im Sinne der h. M. wird zusätzlich dadurch bestätigt: Nach dem durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 201783 neu eingefügten § 58 Abs. 1 S. 3 GenG muss sich der genossenschaftliche Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht dazu äußern, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat“. In der dazugehörigen Gesetzesbegründung heißt es ausdrücklich: „Der Förderzweck stellt das charakteristische Merkmal der Rechtsform der Genossenschaft dar. […] Gemäß § 81 GenG kann die

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Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 42 ff. Baumgartl, Funktion, 1979, S. 56: „ein Gesetz entwickelt ein Eigenleben und füllt sich mit objektiven Inhalten, die dem historischen Gesetzgeber nicht bewußt gewesen sein müssen“, sodass ein „Gesetz im Laufe der Zeit Antwort auf Lebensverhältnisse geben muß, die dem Gesetzgeber noch nicht vorstellbar waren“. 79 Berechtigte Kritik von Schultz, ZfgG 1982, 68 (70). 80 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 41 f. 81 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 42. 82 BT-Drs. 16/1025, S. 82, wo es heißt: „Um den Förderzweck nicht in Frage zu stellen, muss sichergestellt werden, dass die Entscheidungsbefugnis der Generalversammlung den zu fördernden Mitgliedern vorbehalten bleibt.“ 83 BGBl. 2017 I, S. 2434 ff. 78

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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Genossenschaft aufgelöst werden und wenn eine unzulässige Dividendengenossenschaft vorliegt, könnte ein unerlaubtes Investmentgeschäft vorliegen“84. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber an diesem „aktualisierten“ Willen auch de lege ferenda festhalten und ihn im Sinne der h. M. im GenG klar(er) zum Ausdruck bringen wird. Nach dem vom Bundesrat vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Genossenschaften“85 soll § 1 Abs. 1 GenG um einen neuen Satz 2 ergänzt werden; dieser soll wie folgt lauten: „Die Kapitalanlage ist als eigenständiger Förderzweck unzulässig.“86 In der Begründung hierzu heißt es: „Bloße kapitalzinswirtschaftliche Zwecke sind, anders als bei Aktiengesellschaften oder GmbHs, kein zulässiger Förderzweck von Genossenschaften“, weshalb es sich bei dem Verbot der Kapitalanlage lediglich um eine gesetzliche „Klarstellung“87 handele. Diese geplante Ergänzung von § 1 Abs. 1 GenG geht auf eine Initiative des Bundesrats zurück, nach dessen Auffassung kapitalzinswirtschaftliche Zwecke „kein zulässiger Förderzweck von Genossenschaften“88 sind. Sollte § 1 Abs. 1 GenG tatsächlich wie geplant ergänzt werden, wäre jedenfalls dadurch die These der Gegenansicht überholt. 3. Insbesondere: Förderzweckbegrenzung und Pflichtprüfung als Gläubigerschutz Weiter zeigt Picker zutreffend auf, dass die heutige Rechtsform eG zwar im Vergleich zu den Kapital- und Personengesellschaften zum Nachteil ihrer Gläubiger nur über eine unzureichende Haftungsgrundlage verfügt89, dieses rechtsformspezifische Gläubigerschutzdefizit allerdings durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung und die Förderzweckbindung ausgeglichen wird90. Richtigerweise folgt Picker damit nicht der in der Literatur91 vertretenen Ansicht, wonach die weitergehende Förderzweckbindung aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht geboten sei, da die eG neben der materiellen Gründungsprüfung (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a

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BT-Drs. 18/11506, S. 31 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. BT-Drs. 19/11467, passim; wortgleich die erneute Vorlage des Bundesrats BT-Drs. 20/1533, passim. 86 BT-Drs. 19/11467, S. 5; wortgleich BT-Drs. 20/1533, S. 5. 87 BT-Drs. 19/11467, S. 7; wortgleich BT-Drs. 20/1533, S. 5. Vgl. ferner die Stellungnahme der Bundesregierung BT-Drs. 19/11467, S. 9: „es entspricht der geltenden Rechtslage, dass die bloße Kapitalanlage kein zulässiger Förderzweck ist.“ 88 BR-Drs. 244/19 (B), S. 7. Zu weitergehenden Bestrebung des Landes Baden-Württemberg: BR-Drs. 500/20, S. 2 f. 89 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 53 ff. Näher Erster Teil D. II. 90 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 56 ff. 91 Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (33); Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 73; Pfandl, Eingetragene Genossenschaften als gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 1983, S. 203. 85

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Abs. 2 GenG) kraft fortlaufender Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG über einen besonders wirksamen Gläubigerschutz verfüge. Der Auffassung, wonach die Schutzvorschriften der eG im Vergleich zu denen bei anderen Rechtsformen „zumindest gleichwertig, wenn nicht überlegen“92 seien, ist zwar zuzugestehen, dass das GenG zum einen ein „präventives Schutzsystem“93 statuiert: Der Vorstand jeder gegründeten Genossenschaft muss (seit 1934) bei deren Anmeldung zum Genossenschaftsregister eine „Bescheinigung eines Prüfungsverbandes, dass die Genossenschaft zum Beitritt zugelassen ist“, beifügen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 GenG). Zusätzlich hat er (seit 1973) „eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes“ beizubringen, „ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG). Im Rahmen seiner gutachtlichen Äußerung hat der Prüfungsverband somit vor allem betroffene Gläubigerbelange zu berücksichtigen, sodass eine Genossenschaft ohne ausreichend Eigenkapital keine positive Bescheinigung erlangen wird.94 Da sich die Prüfungsverbände mit dem für die GmbH einzuzahlenden Stammkapital nur „in den seltensten Ausnahmefällen begnügen“ würden, hält man teilweise die Gründung einer GmbH für „wesentlich einfacher“95. Fehlen diese notwendigen Unterlagen, muss das Registergericht die Eintragung in das Genossenschaftsregister wegen nicht ordnungsgemäßer Anmeldung ablehnen (§ 11a Abs. 1 S. 2 GenG). Das Registergericht muss die Eintragung zudem ablehnen, wenn „offenkundig oder auf Grund der gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbandes eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11a Abs. 2 S. 1 GenG). Dadurch werden völlig untaugliche und für die Gläubiger besonders riskante Vorhaben verhindert.96 Daraus wird sogar gefolgert, die materielle Gründungsprüfung sei für „alle Beteiligten – Gläubiger und Mitglieder – besser als ein ziffernmäßig bestimmtes Grundkapital“97. Zum anderen wird bei jeder eG fortlaufend durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband neben den Einrichtungen und der Geschäftsführung deren Vermögenslage geprüft, um die wirtschaftlichen Verhältnisse und Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung festzustellen (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG). Und tatsächlich handelt es sich bei der eG um eine besonders insolvenzfeste Rechtsform: Der Anteil der eG an

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Baumgartl, Funktion, 1979, S. 164; entsprechend Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (33). Jenkis, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 209 (218). 94 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 12; Pfandl, Eingetragene Genossenschaften als gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 1983, S. 202. 95 So Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 64. 96 Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 64. 97 So Westermann, ZfgG 1963, 273 (287). 93

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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allen Insolvenzen in der BRD beträgt seit mehreren Jahren konstant 0,1 %.98 Nach alledem scheint es so, als dass die Rechtsform eG kraft des genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystems über einen besonders wirksamen Gläubigerschutz verfügt, sodass die weitergehende Förderzweckbindung im Sinne der h. M. aus Gläubigerschutzgründen nicht zu rechtfertigen ist. Indes überzeugt die genannte Argumentation nicht. Denn zunächst erfolgt die Gründungsprüfung der eG nach §§ 11 Abs. 2, 11a GenG99 gründungsbezogen und daher nur einmalig. Die gutachtlichen Äußerungen der Prüfungsverbände können insoweit verschieden – streng oder großzügig – und somit unterschiedlich gläubigerschützend sein100, zumal sie für die Gläubiger der (künftigen) eG nicht drittschützend sind101. Weiter besitzt das Registergericht bei seiner Entscheidung nach § 11a Abs. 2 GenG eine originäre Prüfungskompetenz102: Es kann der Einschätzung des genossenschaftlichen Prüfungsverbands folgen, muss sich diese aber nicht zu eigen machen. Ferner ist sowohl die gutachtliche Äußerung des genossenschaftlichen Prüfungsverbands als auch die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts in hohem Maße prognostisch, sodass sie sich jeweils ex post als unzutreffend herausstellen können.103 Vor allem aber ist die Argumentation zirkulär: Sie beruht auf der Annahme, dass das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem per se besonders und ausreichend gläubigerschützend und die (weitergehende)  Förderzweckbindung der eG deshalb nicht gerechtfertigt ist. Damit wird aber übersehen, dass Inhalt und Umfang der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sowie – dem immanent – ihre gläubigerschützende Funktion wesentlich davon abhängen, was prüfungsrechtlich förderzweckkonform oder förderzweckwidrig ist. Die besondere gläubigerschützende Wirkung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ergibt sich nicht daraus, dass die eG irgendeine Pflichtprüfung trifft, sondern dass sie spezifisch einer förderwirtschaftlichen Pflichtprüfung unterliegt.104 Das beweist auch die Tatsache, dass andere Vereinigungen ebenfalls prüfungspflichtig sind, deren Anteil an den 98

Siehe Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 10; ferner Ott, ZfgG 2010, 113 (114). 99 Eingehend dazu Zweiter Teil B. IV. 100 Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 90. Darauf, dass die Gründungskonzeptionen und die dadurch berührten Belange sehr verschieden sind, weisen auch die Befürworter der genossenschaftlichen Gründungsprüfung hin, vgl. Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (236). 101 Im Einzelnen Beuthien, NZG 2021, 500 (504); ferner LG Stuttgart vom 29. 6. 2022 – 27 O 268/21 – NJW-RR 2022, 1401. 102 Allgemeine Meinung, BT-Drs. 16/1025, S. 83: „eigene Prüfungskompetenz“; Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 7; ders., NZG 2021, 500 (500); Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 11a Rn. 5; Jenkis, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 209 (218). 103 Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 161; entsprechend zur gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbands Kober, ZfgG 2014, 31 (38); Beuthien, NZG 2021, 500 (504 f.): „Zukunft weithin dunkel“. 104 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (10).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Unternehmensinsolvenzen allerdings höher ist als der der eG105. Entscheidender Unterschied ist demnach nicht die Prüfungspflicht als solche, sondern (nur) der besondere Inhalt der Pflichtprüfung.106 Festzuhalten ist daher: Die genossenschaftliche Pflichtprüfung wird durch den Förderzweck determiniert  – und nicht umgekehrt. Sie ist keine (bloße)  Rechtmäßigkeitsprüfung, sondern eine umfassende Förderwirtschaftsprüfung. Für die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung ist der Förderzweck die verbindliche Prüfmaxime: Das gilt besonders für die zu prüfende Geschäftsführung des Vorstands (§ 34 Abs. 1 S. 1 GenG) und Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats (§ 41 i. V. m. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG). Entscheidend ist demnach der besondere Inhalt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, welche die förderwirtschaftliche Betätigung fortlaufend überwacht und sicherstellt – gegebenenfalls im Wege der Prüfungsverfolgung107. Gleiches gilt für das genossenschaftliche Gründungsverfahren: Zunächst ist die Gründungsbegutachtung durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband „inhaltsgleiche Vorstufe der späteren Pflichtprüfung“108, sodass sie sich ebenfalls auf den Förderzweck bezieht.109 Auch das Registergericht hat die Eintragung nach § 11a Abs. 2 Nr. 2 GenG abzulehnen, soweit ein Vorhaben nicht auf einen nach § 1 Abs. 1 GenG zulässigen Förderzweck ausgerichtet ist.110 Dementsprechend wird auch die genossenschaftliche Gründungsprüfung und damit das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem insgesamt förderwirtschaftlich determiniert. Und aus dieser förderwirtschaftlichen Betätigung der eG folgen tendenziell geringere Haftungsrisiken für die Gläubiger (und Mitglieder) als aus erwerbswirtschaftlicher Betätigung.111 Picker kommt daher zu dem überzeugenden Ergebnis, dass die gesetzliche Förderzweckbindung nach § 1 Abs. 1 GenG und die förderzwecksichernde genossenschaftliche Pflichtprüfung gemeinsam gläubigerschützend wirken. Der Gesetzgeber durfte bei der eG von einem Mindesthaftkapital und einer persönlicher Mitgliederhaftung absehen, da sich die eG nur förderwirtschaftlich betätigen darf und der Prüfungsverband fortlaufend überwacht, dass sich die eG tatsächlich förderzweckkonform betätigt.112

105

Vgl. Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 10. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 57. 107 Eingehend dazu Zweiter Teil B. III. 108 Beuthien, NZG 2021, 500 (502). 109 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 7a; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 13; Müller, GenG, Bd. 1, § 11 Rn. 8. Für eine explizite gesetzliche Verpflichtung de lege ferenda BR-Drs. 500/20, S. 1 sowie BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 6, 7, https://www.bmj.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Gesetzgebung/Eckpunkte/Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 110 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 3. 111 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 58 f. 112 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 59. 106

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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4. Ablehnung der subjektiven Theorie Schließlich lehnt Picker – als Konsequenz der positiven Förderzweckbestimmung nach § 1 Abs. 1 GenG – die subjektive Theorie ab, da der Förderzweck als solcher nicht zur Disposition der Mitglieder steht.113 Diese können nicht autonom darüber entscheiden, ob sie von der eG natural als Mitgliederkunde oder kapitalzinswirtschaftlich als Kapitalanleger gefördert werden, sodass ihnen die „Verbandszweckdefinitionshoheit“114 insoweit entzogen ist. Vielmehr bestimmt § 1 Abs. 1 GenG heteronom den Verbandszweck und damit den Rahmen, den die Mitglieder förderwirtschaftlich ausfüllen können (§ 6 Nr. 2 GenG) – also wie sie von ihrer eG nutzerbezogen unterstützt werden wollen. Picker hält es insoweit zu Recht für fraglich, inwiefern die Mitglieder der heutigen (Groß-)Genossenschaften überhaupt einen (einheitlichen) Förderwillen bilden. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass sich die Mitglieder der Geschäftsführung des Managements apathisch „ergeben“ und dieses unter dem Vorbehalt eines (angeblichen) Willens der Mitglieder unternehmerische Interessen verfolgt.115 Weiter beseitige die subjektive Theorie nicht die vielfach beklagte Rechtsunsicherheit über den Inhalt von § 1 Abs. 1 GenG; diese bestünde vielmehr fort.116 Diese Gesichtspunkte treffen zu. Darüber hinaus ist die subjektive Theorie kaum mit § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG in Einklang zu bringen: Legt man sie dem Auflösungsgrund nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG zugrunde, ist danach jede eG entschädigungslos aufzulösen, wenn und weil der Vorstand andere Ziele verfolgt, als die Mitglieder es wollen. In diesem Fall genügt jedoch die Abberufung des Vorstands.117 § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG liefe so weitgehend leer.118 Vor allem aber ist die subjektive Theorie vor dem Hintergrund der genossenschaftlichen Pflichtprüfung abzulehnen. Denn die von Picker angeführte Gefahr besteht fortgesetzt im Verhältnis zum genossenschaftlichen Prüfungsverband, da sich das Management diesem gegenüber auf einen ihn (vermeintlich) legitimierenden Mitgliederwillen berufen und sich so exkulpieren könnte. Umgekehrt könnten die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bei ihrer Förderwirtschaftsprüfung kaum (rechts-)sicher feststellen, inwiefern die Geschäftsführung des Managements von den Mitgliedern gewollt und damit förderzweckkonform oder ungewollt und somit förderzweckwidrig ist.119 Insgesamt wäre das Management und seine zu prüfende Geschäftsführung so gegenüber 113

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 85 f. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 85. 115 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 86. 116 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 86. 117 Wolf, Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen, 1986, S. 93  – Fn. 281. 118 Monssen, ZfgG 1998, 288 (294). 119 Entsprechend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 86; Kohte, ZIP 1991, 905 (909). 114

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

dem genossenschaftlichen Prüfungsverband weitgehend „immunisiert“. Zudem lässt sich eine vollständige Förderzweckdefinitionshoheit der Mitglieder nicht mit dem gesetzgeberischen Willen vereinbaren, was das Institut der genossenschaftlichen Pflichtprüfung beweist. Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat nach § 53 Abs. 1 S. 1 GenG die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung festzustellen und dabei – immer schon – zu prüfen, ob und inwiefern der Förderzweck durch die Geschäftsführung des Vorstands verwirklicht wurde.120 Nach dem durch die Novelle 2017 eingeführten § 58 Abs. 1 S. 3 GenG muss der Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht anschließend ausdrücklich Stellung dazu beziehen, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat“. Das zeigt, dass (auch) außenstehende Dritte kontrollieren können (müssen), inwiefern die eG förderzweckkonform agiert hat. Diese externe Förderwirtschaftsprüfung wäre weitgehend sinnlos, sofern die Mitglieder der eG den zu kontrollierenden Förderzweck vollständig definieren könnten. Sie müssten ihn dann nicht nur vollständig bestimmen, sondern konsequenterweise auch vollständig prüfen.

III. Fazit: eG als förderzweckgebundene Vereinigungsform Damit steht der Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung und zugleich die Leitmaxime der genossenschaftlichen Pflichtprüfung fest: Die eG ist nach § 1 Abs. 1 GenG eine gesetzlich förderzweckgebundene Rechtsform. Nach § 1 Abs. 1 GenG hat die eG grundsätzlich nicht Dritte, sondern ihre Mitglieder zu fördern. Förderwirtschaftliche Mitgliederförderung heißt, dass die eG ihre Mitglieder nutzerbezogen als Kunden zu unterstützen hat.121 Genossenschaftlich kennzeichnend ist folglich das Identitätsprinzip: Die Genossenschaftsmitglieder sind zwingend wirtschaftliche Träger und Kunden des gemeinschaftlich betriebenen Geschäftsbetriebs.122 Hingegen darf die eG ihre Mitglieder nicht vorwiegend oder ausschließlich kapitalzinswirtschaftlich fördern, indem sie den im Geschäftsverkehr mit einem beliebigen Personenkreis erwirtschafteten Gewinn (etwa als Dividende) an ihre Mitglieder weitergibt.123 Somit entspricht die deutsche Rechtslage nach § 1 Abs. 1 GenG grundsätzlich derjenigen in der Schweiz: Nach Art. 828 Abs. 1 des Schweizer Obligationenrechts müssen Genossenschaften „in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe“ bezwecken. Diese Vorschrift wird dahingehend ausgelegt, dass eine rein kapitalis 120

Siehe nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 13; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 27. 121 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 80 m. w. N. 122 Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (3); ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 39 (39). 123 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 81 m. w. N.

A. Ausgangspunkt: Förderzweck als Leitmaxime

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tische Mitgliederförderung unzulässig ist.124 Gleiches gilt für die österreichische Rechtslage: Nach § 1 Abs. 1 des öGenG sind Genossenschaften „Personenvereinigungen mit Rechtspersönlichkeit von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die im wesentlichen der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen“. Diese Vorschrift wird von der h. M.125 so verstanden, dass die Genossenschaften ihre Mitglieder grundsätzlich nutzerbezogen zu unterstützen haben – genossenschaftsspezifisch ist damit ebenfalls nur die Art und Weise der Mitgliederförderung126. Die mitgliedernützliche Förderzweckbindung ist demnach nach dem mitteleuropäischen (deutschem, schweizerischem und österreichischem) Rechtsverständnis das konstitutive Charakteristikum einer Genossenschaft.127 Indes stellt der Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG gesellschaftsrechtlich nicht mehr oder weniger als der besondere Gesellschaftszweck der eG dar. Missverständlich sind daher die oft gebrauchten Begriffe über einen „Förderauftrag“128 oder „Förderungsauftrag“129; die Rede ist zudem von einem genossenschaftlichen „Grundauftrag“130. Hinter all diesen Begriffen verbirgt sich stets der besondere Gesellschaftszweck der eG: ihr Förderzweck.131 Hingegen erhält die eG von niemanden einen (irgendwie gearteten) Auftrag132: Sie wird erstens nicht vom Staat beauftragt; § 1 Abs. 1 GenG enthält keinen gesetzlichen (Förder-)Auftrag. Die eG verfolgt ihren statutarisch konkretisierten Förderzweck – wie andere Gesellschaften – als Gesellschaftszweck nicht kraft gesetzlicher Verpflichtung, sondern weil die Mitglieder diesen (besonderen) Gesellschaftszweck privatautonom bestimmen und mittels der eG verfolgen wollen.133 Zweitens sind auch die Genossenschafts 124

BSK OR  II / Baudenbacher, Art. 828 Rn. 18; Forstmoser / Taisch / Troxler / D’Incà-Keller, REPRAX 2012, 1 (35). 125 Dellinger, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, § 1 Rn. 9 ff.; Frotz, ZfgG 1977, 53 (59 ff.). 126 Dellinger, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, § 1 Rn. 10: „Die Besonderheit der Genossenschaft und der genossenschaftlichen Selbsthilfe liegt in der Art der Förderung, nämlich in der naturalen Förderung durch Geschäftsverkehr“. 127 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 188 ff. 128 So etwa Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 45 ff., 74 f., 138; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 26 ff.; Ringle, ZfgG 2010, 176 (176 ff.). 129 So etwa Baumgartl, Funktion, 1979; Dülfer, Der Förderungsauftrag als Gegenstand von Geschäftsberichten und Pflichtprüfungen, 1982; Hahn, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 86 (86 ff.); Paulick, ZfgG Sonderheft 1979, 144 (156): „der gesetzliche Förderungsauftrag“. 130 So der von Henzler, Der genossenschaftliche Grundauftrag, 1970, S. 193 ff. geprägte Begriff; ferner Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (200 ff.); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 26, 40. 131 Beuthien, AG 2012, 867 (868). 132 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 8. 133 Treffend Dülfer, ZfgG 1980, 47 (49): „Der Gesetzgeber hat also keineswegs die Intention, selbst einen Förderungsauftrag zu erteilen, sondern er stellt nur fest, daß es Gruppen von Personen (von Gesellschaftern) gibt, die ihrerseits die Absicht haben, untereinander ihre eigenen Mitgliederwirtschaften zu fördern. Eben diesen Personengruppen will er eine geeignete Rechtsform anbieten“ [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser].

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

mitglieder kein Auftraggeber134; weder die eG selbst noch ihr Vorstand135 werden von den Genossenschaftsmitgliedern beauftragt. Zwar hat der Vorstand den Förderzweck im Rahmen seiner Geschäftsführung zu verfolgen und das von der eG betriebene Unternehmen förderzweckgerecht zu leiten. Jedoch folgt diese Pflicht nicht aus einem Auftragsverhältnis, sondern aus der Stellung als Leitungsorgan der förderzweckgebundenen eG.136

B. Rechtsformsicherung? In der Literatur wird eine rechtsformsichernde Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung betont: Diese gewährleiste, dass der Förderzweck der eG eingehalten werde137 und sei somit seit jeher ein wesentliches Mittel zur Verwirklichung des genossenschaftlichen Förderzwecks138. Während die handelsrechtliche Jahresabschlussprüfung das Unternehmen sichere, erhalte die Förderwirtschaftsprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband die besondere Rechtsform eG.139 Auch das BVerfG ist der Auffassung, das genossenschaftliche Prüfungssystem diene dazu, „die Rechtsform der Genossenschaft als Mittel zur Selbstverwaltung und Selbstorganisation tendenziell wirtschaftlich Schwacher aufrechtzuerhalten und die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese Rechtsform im Wirtschaftsleben bestehen kann.“140

134

Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (4). So Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 19: „ein von der Personenvereinigung als der Gesamtheit der Mitglieder an die Leitung der genossenschaftlichen Betriebswirtschaft erteilter Dauerauftrag“; dann aber auf S. 21: „die genossenschaftliche Personenvereinigung als Grundauftraggeber und die genossenschaftliche Betriebswirtschaft als Auftragnehmer“; ders., Der genossenschaftliche Grundauftrag, 1970, S. 193 ff. 136 Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (4); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 8a; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 66. 137 Beuthien, NZG 2021, 500 (500): „soll gewährleisten, dass die eG ihren in der Satzung näher umschriebenen Förderzweck (§§ 1, 6 I Nr. 2 GenG) einhält und dient darüber hinaus dem Schutz der Mitglieder und Gläubiger der Genossenschaft“; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 175: „Schutz der Mitglieder, der Gläubiger und der Allgemeinheit sowie der Sicherstellung des genossenschaftlichen Förderzwecks“ [Kursive Hervorhebungen jeweils vom Verfasser]; Holthaus, NZG 2019, 54 (55); ferner BGH vom 10. 1. 2017 – II ZR 10/15 – WM 2017, 474 (478): „Zweck, neben dem Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger und Genossen auch die Einhaltung des genossenschaftlichen Förderzwecks iSd § 1 I GenG zu gewährleisten“. 138 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 45; Bergmann, ZfgG 2001, 217 (218); Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 2; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1, § 54 Rn. 3. 139 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308); ders., ZfgG 2022, 77 (79); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 2: stellt „die Realisierung der genossenschaftlichen Idee durch die einzelnen Genossenschaften“ sicher. 140 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 135

C. Mitgliederschutz

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Indes lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht damit rechtfertigen, dass sie die besondere genossenschaftliche Rechtsform eG sichert und erhält. Denn andernfalls wäre zu fragen, warum der Gesetzgeber exklusiv die Rechtsform eG durch eine besonders weitreichende Pflichtprüfung sichert – und warum nicht andere Rechtsformen. Das gilt jedenfalls für solche Rechtsformen, die – wie die eG – über einen gesetzlich bestimmten Gesellschaftszweck verfügen. Namentlich wird weder die Rechtsform PartG, deren Verbandszweck in der Ausübung freier Berufe liegen muss (§ 1 Abs. 1 PartGG), noch die des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, der die Versicherung seiner Mitglieder bezwecken muss (§ 15 VAG), mittels einer besonders weitreichenden Pflichtprüfung geschützt. Eine solche generelle „Verbandszweckprüfung“ kennt das geltende Gesellschaftsrecht nicht. Zudem beantwortet der Befund, dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung wesentlich für die Verwirklichung des Förderzwecks sei und so die Rechtsform eG sichere, nicht die entscheidende Frage, warum und für wen sie förderzwecksichernd fungieren und so (exklusiv) die Rechtsform eG schützen muss.141 Da die eG – ebenso wie andere Rechtsformen – kein schutzwürdiges Interesse an ihrer Erhaltung an sich hat, kann die genossenschaftliche Pflichtprüfung nur mit schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt werden. Das ist der Fall, sofern etwa für die Mitglieder und Gläubiger der eG durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung sichergestellt werden muss, dass sich die eG ausschließlich förderzweckkonform betätigt.142

C. Mitgliederschutz Die genossenschaftliche Pflichtprüfung könnte zum Schutz der Genossenschaftsmitglieder gerechtfertigt sein. Um beantworten zu können, ob und inwiefern die heutigen Genossenschaftsmitglieder durch eine besonders weitreichende Pflichtprüfung geschützt werden müssen, muss zunächst die historische Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ermittelt werden. Denn es gilt die allgemeine Feststellung für das Gesellschaftsrecht besonders für das Genossenschaftsrecht: „Wer nicht um das Woher weiß, wird das heute und das Wohin nicht begreifen können.“143 A  maiore ad minus heißt das für die genossenschaftliche

141

Entsprechend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 49, 125. Das sieht auch Beuthien, WM 2021, 1305 (1309): „Es geht auch weniger darum, die Genossenschaft selbst davor zu schützen, dass ihr Vorstand gewagte kapitalertragswirtschaftliche Geschäfte tätigt und mit diesen am Markt versagt. Zu schützen sind vor allem die Genossenschaftsmitglieder.“ 143 So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 54. Zur Bedeutung der Genossenschaftsgeschichte für das Verständnis des Genossenschaftsrechts Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 18. Eingehend zur Geschichte des deutschen Genossenschaftsrechts Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 ff. 142

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Pflichtprüfung als älteste Pflichtprüfung des deutschen Gesellschaftsrechts144: „Wer das Werden des genossenschaftlichen Prüfungswesens schildern will, muß in die Geschichte der Genossenschaftsverbände eindringen.“145 Die Relevanz der Entstehungsgeschichte der genossenschaftlichen Pflichtprüfung zeigt zudem die „deutliche Sonderstellung“146, die sie gegenüber der von anderen Pflichtprüfungen einnimmt; auch spricht § 55 Abs. 1 S. 3 GenG ausdrücklich von einem „genossenschaftlichen Prüfungswesen“, während es etwa ein „aktienrechtliches Prüfungswesen“ nie gegeben hat.

I. Historisch: Betreuungsprüfung Weder das Preußische GenG von 1867 noch das GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 kannten Regelungen über eine Pflichtprüfung der Genossenschaften. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist als Betreuungsprüfung für die rechtsformspezifisch unzureichend qualifizierten und geschäftsunerfahrenen Genossenschaftsmitglieder entstanden und gewachsen – und wurde nachträglich durch das GenG von 1889 kodifiziert.147 1. Ausgangspunkt: Rechtsformspezifisches Betreuungsbedürfnis der Mitglieder Die Entstehung des genossenschaftlichen Verbandswesens ist eng verbunden mit dem Beginn der modernen Genossenschaftsbewegung im 19. Jahrhundert.148 Nachdem sich die ersten Genossenschaften als gemeinschaftliche Selbsthilfe­ 144

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn.  1; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 1; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 33. Die aktienrechtliche Pflichtprüfung wurde erstmals durch die Notverordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. 9. 1931 (RGBl. 1931 I, 493 ff.) in den §§ 262a-262g AktG a. F. eingeführt. Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19. 12. 1985 (BGBl. I 1985, S. 2355) wurden schließlich die Regelungen des AktG 1965 in die §§ 316 ff. HGB aufgenommen; zu den (zahlenreichen) weiteren Reformen: Hopt / Merkt, HGB Einl. vor § 316 Rn. 1 ff. 145 Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 15. Ferner Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 156: „für das Verständnis des genossenschaftlichen Prüfungswesens unerlässlich“. 146 Beham, Das deutsche Pflichtprüfungswesen, 1940, S. 15. 147 Eingehend zur Entstehungsgeschichte und Entwicklung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 21 ff.; Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, passim; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 26 ff.; Mose, ZfgG 1989, 114; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 1 ff.; Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (20 ff.). 148 Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 40.

C. Mitgliederschutz

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organisationen bewährten149, zeigte sich schnell, dass deren Mitglieder rechtsformspezifisch ein besonderes Bedürfnis nach externer Unterstützung hatten. Diese waren zwar zur Führung ihrer eigenen Betriebe ausreichend qualifiziert, nicht hingegen für die gemeinschaftliche Organisation, insbesondere nicht in Fragen der Buchführung.150 So nahmen die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder ihre Aufgaben „oft mit mehr gutem Willen als Sachkenntnis“151 wahr. Gleiches gilt für deren Kontrolle: Sofern ein Aufsichtsrat überhaupt vorhanden war, wurde dieser ebenfalls mit den unerfahrenen Mitgliedern der Genossenschaften besetzt.152 Gleichzeitig war eine besonders sorgfältige und gewissenhafte Leitung der Genossenschaften notwendig.153 Denn die wirtschaftlich schwachen Mitglieder hafteten gegenüber den Genossenschaftsgläubigern rechtlich unbeschränkt mit ihrem gesamten Privatvermögen.154 Zudem waren sie wegen monopolartiger Verhältnisse vielerorts faktisch auf die Förderleistungen der eG existenziell angewiesen.155 Die Situation der ersten Genossenschaftsmitglieder war mithin ambivalent: Einerseits schlossen sie sich zusammen, um kollektiv der wirtschaftlichen Not zu entkommen. Jeder Fehlschlag war für sie existenziell bedrohend und damit potenziell ein „Rückfall“ in die wirtschaftliche Not156. Andererseits oblagen Leitung und Kontrolle des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs kaufmännisch ungeschulten und unerfahrenen Mitgliedern als „Laien“157; es bestand somit in gesteigertem Maße die Gefahr, dass diese Fehlentscheidungen trafen, wodurch den Mitgliedern besondere finanzielle Risiken drohten. Da die interne Selbsthilfe der ersten Genossenschaftsmitglieder folglich „konzeptionell“ begrenzt war, hatten diese rechtsformspezifisch ein besonders Bedürfnis nach externer Unterstützung.

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Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 28. Plastisch Grünfeld / Hildebrand, Genossenschaftswesen, 1929, S. 126: „Der Handwerker in der Rohstoffgenossenschaft hat zwar Warenkenntnisse, beherrscht aber nicht die Handelstechnik, nicht die Buchführung; der Arbeiter im Konsumverein ist kein Händler, kein Warenmann; der Landwirt in seinem Raiffeisenverein versteht nichts von Bankgeschäften, nichts vom Warenhandel, nichts von kaufmännischer Buchführung usw.“ Ferner Beham, Das deutsche Pflichtprüfungswesen, 1940, S. 15; Deumer, Das deutsche Genossenschaftswesen, 1927, S. 56; Pramann, Die genossenschaftlichen Betreuungsverbände, 1972, S. 20. 151 Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 1. 152 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 26; Mose, ZfgG 1989, 114 (114). 153 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 5; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 28. 154 Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (105); Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (27); Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 3. 155 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 94. 156 Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 43. 157 Mose, ZfgG 1989, 114 (114); Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 43 beschreibt die Situation der Mitglieder mit dem Bild der Arche Noah. 150

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

2. Konsequenz: Betreuung und Beratung durch Verbände Diesem rechtsformspezifischen Betreuungsbedürfnis nahmen sich die beiden Genossenschaftsväter Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen an und berieten die Mitglieder und Vorstände von Genossenschaften zunächst persönlich.158 Anschließend übernahmen das sog. genossenschaftliche Wanderlehrer, welche die Vorläufer der heutigen Prüfungsverbände sind.159 Aufgrund der zunehmenden Anzahl der Genossenschaften und des umfangreichen Schriftverkehrs mit diesen zeigte sich allerdings schnell, dass diese Betreuung nicht ausreichen konnte. Es bildeten sich daher die ersten Genossenschaftsverbände.160 Bereits im Jahr 1859 wurde das „Central-Correspondenz-Bureau der deutschen Vorschuß- und Credit-Vereine“161 gegründet, dessen Schwerpunkte die Betreuung und Beratung der angehörenden Vereine war.162 Hieraus ging der „Allgemeine Verband der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften“ hervor163, dessen Zweck unter anderem die „Wahrnehmung gemeinsamer Interessen mit vereinten Mitteln und Kräften“ sowie „Anknüpfung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen im Ganzen wie Einzelnen“164 war. Wie die Bezeichnungen dieser ersten Verbände beweisen, bestand deren Aufgabe nicht darin, die Genossenschaften zu prüfen, sondern lediglich darin, diese als Beratungs- und Betreuungsverbände zu unterstützen.165 Das Bedürfnis nach externer Betreuung und Beratung war nicht nur spezifisch bei den gewerblichen Genossenschaften vorhanden, sondern auch bei den ländlichen Genossenschaften setzte eine Verbandsbildung ein: Raiffeisen errichtete 1877 den „Anwaltschaftsverband ländlicher Genossenschaften“166, nachdem er schon länger geplant hatte, eine Betreuungsstelle in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen zu schaffen.167 Später wurde der Verband unter dem Namen „Generalverband der deutschen Raiffeisengenossenschaften“ fortgeführt.168 158

Mose, ZfgG 1989, 114 (114). Jäger, ZfgG 1985, 21 (24); Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 1 f. 160 Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 22; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 2. 161 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 222; Schulze-Delitzsch, Die Entwickelung des Genossenschaftswesens in Deutschland, 1870, S. 101. 162 Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 29. 163 Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (201); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 29. 164 § 1 des Organischen Statuts des Allgemeinen Verbandes der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, abgedruckt bei Schulze-Delitzsch, Die Entwickelung des Genossenschaftswesens in Deutschland, 1870, S. 109. 165 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (11). 166 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 354. 167 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 354. 168 Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 29; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 4; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 2. 159

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Demnach bildet die Prüfungsaufgabe nicht „die geschichtliche Veranlassung für die Entstehung der genossenschaftlichen Verbände überhaupt“169. Die Aufgabe der ersten Verbände bestand zunächst nur darin, die Genossenschaften und deren Mitglieder umfassend zu betreuen und zu beraten.170 Das genossenschaftliche Verbandswesen ist somit „als Maßnahme der Selbstverwaltung und Selbstorganisation entstanden.“171 Da die Genossenschaftsmitglieder für die Leitung des genossenschaftlichen Betriebs nicht hinreichend qualifiziert und erfahren waren, schlossen sich die Genossenschaften zu Betreuungs- und Beratungsverbänden zusammen, die als „gemeinschaftlicher Betreuungsbetrieb aller verbandszugehöriger Genossenschaften“172 fungierten. 3. Fortgesetzt: Prüfung verbandsangehöriger Genossenschaften Schnell zeigte sich jedoch, dass die bloße Beratung und Betreuung nicht ausreichend war.173 Dadurch war (weiterhin) nicht sichergestellt, dass vor allem die Vorstandsmitglieder der Genossenschaften ausreichend qualifiziert waren und einer entsprechenden Kontrolle unterlagen.174 Gleichzeitig blieben die Mitglieder der eG haftungsrechtlich schutzbedürftig: Das GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 übernahm im Wesentlichen das Haftungskonzept und damit die unmittelbar unbeschränkte Haftung der Mitglieder des Preußischen GenG von 1867.175 a) Fakultative Prüfung In der Folge kam es zu Missständen und spektakulären Zusammenbrüchen von Genossenschaften, welche die rechtsformspezifische Schutzbedürftigkeit der Mitglieder klar vor Augen führte.176 Namentlich hafteten sie persönlich unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Genossenschaften, weshalb die Gründung neuer Ge-

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So aber Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 111. Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (11); Mose, ZfgG 1989, 114 (115). 171 Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (24). 172 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 173 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 6; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 31. 174 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 6. 175 Näher Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (105). 176 Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 16; Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 12 f.; ferner Mose, ZfgG 1989, 114 (116 f.); Schubert, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (23 – Fn. 15). 170

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nossenschaften danach vielerorts für längere Zeit ausgeschlossen war.177 Dadurch geriet nicht nur die unbeschränkt persönliche Haftung der Mitglieder in die Kritik178, sondern es wurde öffentlich diskutiert, eine externe Pflichtprüfung der Genossenschaften einzuführen179. Dies wurde zunächst allgemein abgelehnt180; insbesondere Schulze-Delitzsch lehnte eine externe Pflichtprüfung als unzulässigen Eingriff in die genossenschaftliche Selbstverwaltung ab.181 Aufgrund seines Einflusses und seiner Autorität in der Genossenschaftsbewegung rückte eine „Zwangsrevision“ der Genossenschaften zunächst in den Hintergrund.182 Gleichwohl setzte bei Schulze-Delitzsch infolge der Zusammenbrüche von Genossenschaften ein Umdenken ein. Zum einen bemühte er sich im Reichstag darum, die gesetzlichen Regelungen über die Prüfung der Genossenschaften zeitnah zu reformieren.183 Zum anderen drängte er darauf, die verbandsinternen Regelungen zugunsten einer freiwilligen Verbandsprüfung zu reformieren.184 Namentlich empfahl er den Verbandsdirektoren im Jahr 1874, die Genossenschaften auf deren Verlangen mit einer Prüfung zu unterstützen.185 Im Jahr 1878 beschloss der Vereinstag des Allgemeinen Verbandes in Eisenach auf seinen Antrag, den Unterverbänden zu empfehlen, dass sie auf Verlangen der Genossenschaften geeignete Revisoren bereitzuhalten haben.186 Grundlegend war insoweit die Feststellung, dass die Mitglieder den Vorstand nicht ausreichend überwachen können.187 b) Wendepunkt: Drohende Staatsaufsicht Eine maßgebliche Zäsur für das genossenschaftliche Prüfungswesen stellt die – von Schulze-Delitzsch stets gefürchtete und strikt abgelehnte – drohende staatliche Genossenschaftsaufsicht dar. Noch gescheitert war der Vorschlag der Kommis 177 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 23; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 6. 178 Vgl. Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (107 f.). 179 Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 16. 180 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 6; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (24). 181 Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 13; Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (203); Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 16; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (24); Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 5. 182 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 6. 183 Näher Schubert, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-­ Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (23 f.). 184 Schubert, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (25). 185 Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 23. 186 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 7. 187 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 26.

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sion, die mit der Vorberatung des „Entwurf[s] eines Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“188 beauftragt wurde. Danach sollten eingetragene Genossenschaften, „welche nach ihren Statuten die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder bezwecken“, zunächst nicht verboten, „sondern unter eine außerordentliche staatliche Kontrole“ gestellt werden; die „mit der Kontrole betraute Behörde“ sollte hierfür weitreichende Eingriffsbefugnisse erhalten.189 Schulze-Delitzsch bezeichnete diesen Vorschlag als „wohl das unglücklichste, was überhaupt je von einer parlamentarischen Kommission zuwege gebracht worden ist“190. Der entscheidende Wendepunkt ist der Antrag des sächsischen Abgeordneten Ackermann vom 29. 4. 1881. Dieser beantragte wegen der „erkennbar gewordenen Mißstände“ von Genossenschaften unter anderem zu erwägen, „der KommunalAufsichtsbehörde ein gewisses Aufsichtsrecht, insbesondere auch das Recht der Bestellung von Revisoren, welche nicht Mitglieder der Genossenschaft sein dürfen, einzuräumen“191. Dies wurde von Schulze-Delitzsch gleich in der ersten Beratung entschieden abgelehnt.192 Der Antrag wurde zwar an eine Kommission verwiesen, deren Bericht keine weitere Berücksichtigung fand. Dennoch bestand zum einen weitgehend der Konsens, dass das geltende Genossenschaftsrecht reformiert werden muss und zum anderen hatte sich bei der Beratung des Antrags gezeigt, dass große Teile des Reichstags eine staatliche Aufsicht über die Genossenschaften durchaus befürworteten.193 Daher beschäftigte sich Schulze-Delitzsch intensiv mit der Prüfung der Genossenschaften, wobei sich bei ihm ein „entscheidender Sinneswandel“194 vollzog. Unverändert lehnte er zwar eine staatliche Zwangsprüfung der Genossenschaften strikt ab; es stehe „im Widerspruch mit dem Wesen und den Aufgaben der Genossenschaften“195, diese staatlichen oder kommunalen Behörden zu unterstellen. Eine staatliche Beaufsichtigung mache „das ganze Lebensprinzip der Genossenschaf 188 Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (Sozialistengesetz), Nr. 4 der Anlagen zu den Verhandlungen des Deutschen Reichstages, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode, 1. Session, Band 2, 1878, S. 2. 189 Bericht der 4. Kommission über den Entwurf eines Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, Nr. 23 der Anlagen zu den Verhandlungen des Deutschen Reichstages, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode, 1. Session, Band 2, 1878, S. 90 (110). 190 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode, 1. Session, Band 1, 1878, S. 176 (177). 191 Nr. 8 des Antrags Nr. 109 vom 29. 4. 1881, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode 4. Session, Band 4, 1881, S. 647. 192 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode, 4. Session, Band 2, 1881, S. 1083 ff. 193 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, 8 f. 194 Mose, ZfgG 1989, 114 (116). 195 Schulze-Delitzsch, Thorwart I, S. 428.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

ten“196 tot. Er erkannte allerdings, dass die Genossenschaften ein über die Betreuung und Beratung hinausgehendes Bedürfnis nach freiwilliger externer Prüfung hatten. Namentlich propagierte er in einer seiner letzten Reden im Reichstag die „Nothwendigkeit, den Genossenschaften periodische Revisionen über ihre Geschäftsführung angedeihen zu lassen von Revisoren, die ihnen nicht angehören, die absolut unabhängig von ihnen sind“197. Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er schließlich seine letzte Publikation zum Genossenschaftswesen198, in der er sich eingehend mit dem genossenschaftlichen Prüfungswesen auseinandersetzte und mit der er – trotz seines Todes im Jahr 1883 – die Regelungen des GenG von 1889 maßgeblich beeinflusste.199 Dort sprach er sich für eine externe Pflichtprüfung der Genossenschaften aus; das künftige GenG habe sich allerdings auf die Anordnung zu beschränken, dass überhaupt wiederkehrende Prüfungen stattfinden und Anzeigen darüber an die Gerichte erstattet werden müssen.200 c) Folge: Satzungsmäßige Prüfungspflicht Im August 1881 beschloss der Allgemeine Verbandstag der gewerblichen Genossenschaften in Kassel für die ihm angehörenden Unterverbände die Pflicht, „für die Einrichtung solcher regelmäßig wiederkehrender Revisionen der einzelnen Vereine Sorge zu tragen“201. Zum einen hielt man eine regelmäßige Prüfung der verbandsangehörigen Genossenschaften für „eine wünschenswerte Vervollständigung und organische Weiterentwicklung der Verbandseinrichtungen“202. Zum anderen war sie eine Reaktion auf die drohende staatliche Aufsicht, da sie geeignet sei, „gesetzgeberischen Versuchen, die Genossenschaften der Kontrolle staatlicher oder kommunaler Behörden zu unterstellen, entgegenzuwirken“203. Infolgedessen beschäftigten sich die Unterverbände mit einer verbandsmäßig organisierten Prüfung der Genossenschaften und erklärten diese ganz überwiegend zur Pflicht. 196 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 4. Legislaturperiode, 4. Session, Band 2, 1881, S. 1087. 197 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 5. Legislaturperiode, 2. Session, Band 1, 1882/83, S. 602 ff. (608). 198 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, passim. 199 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 228; Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 9; Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 17: „wesentliche Grundlage des Gesetzes von 1889“; ders., in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (132). 200 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 94. 201 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 226; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 294; Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 85. 202 Zitat nach Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 23. 203 Zitat nach Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 23.

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Daher mussten sich die meisten Genossenschaften alle drei Jahre durch eine beim Unterverband angestellte, mit dem Genossenschaftswesen vertraute Person (sog. Revisor) prüfen lassen204; auch wurden besondere „Revisionsverbände“ gebildet.205 Allerdings setzte sich diese verbandsmäßige Pflichtprüfung in den Unterverbänden nur teilweise durch.206 Auch in den anderen Genossenschaftszweigen entwickelte sich die freiwillige Verbandsprüfung zur verpflichtenden Verbandsprüfung.207 Namentlich wurde im Bereich der ländlichen Genossenschaften nach einem entsprechenden Antrag von Raiffeisen auf dem Verbandstag der ländlichen Genossenschaften in Bonn am 4. Juni 1883 folgende Pflicht beschlossen: „Die Vereine haben sich der Kontrolle durch die Anwaltschaft zu unterwerfen und jederzeit die durch letztere angeordneten Revisionen zuzulassen.“208 Prüfungspflichtig waren demnach nur solche Genossenschaften, die einem Prüfungsverband freiwillig beitraten und weiter angehörten.209 Sie konnten der Prüfungspflicht ausweichen, indem sie keinem Verband beitraten oder aus dem Verband austraten.210 4. GenG von 1889: Pflichtprüfung für alle Genossenschaften Erstmals gesetzlich geregelt wurde die genossenschaftliche Pflichtprüfung nach intensiven Diskussionen211 durch das GenG von 1889 in dessen neuen vierten Abschnitt „Revision“. Danach waren bei allen Genossenschaften deren Einrichtungen und die Geschäftsführung „mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch einen der Genossenschaft nicht angehörenden, sachverständigen Revisor zu unterwerfen“ (§ 51). Für verbandsangehörige Genossenschaften konnte der Prüfer durch den Verband bestellt werden, wenn ihm das Recht hierzu zugesprochen wurde (§ 52). Für verbandsfreie (sog. wilde) Genossenschaften wurde der Prüfer auf deren Antrag vom Gericht bestellt (§ 59). Verantwortlicher Prüfungsträger 204 Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 24. 205 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 85. 206 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 11: Im Allgemeinen Verband hätten um das Jahr 1888 nur 15 von 33 Unterverbänden eine Prüfungspflicht vorgesehen. Mitunter habe man trotz bestehenden Prüfungszwangs einzelne Genossenschaften nach Austrittsandrohung von diesem ausgenommen. 207 Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 31; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 10 f. 208 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 355. 209 Deumer, Das deutsche Genossenschaftswesen, 1927, S. 57. 210 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 294: „unvollkommene Maßnahme“. 211 Näher Schubert, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (30 ff.); Parisius /  Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, 25 f.; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 12.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

war – unabhängig von der Art der Bestellung – stets der jeweilige Prüfer, nicht der Prüfungsverband.212 Der Gesetzgeber begründete diese Pflichtprüfung damit, dass für viele Genossenschaftszusammenbrüche vor allem „Ausschreitungen bei der Geschäftsführung und im Mangel einer genügenden Kontrole über dieselbe“213 ursächlich gewesen seien. Die vorangegangenen gesetzlichen Regelungen seien „vielfach lückenhaft“ gewesen; diese hätten es „der Autonomie der Genossenschaft überlassen, die nöthigen Kautelen für eine solide Geschäftsführung und zuverlässige Kontrole selbst zu treffen“214. Eine zusätzliche Kontrolle zu der des Aufsichtsrats erscheine daher „zweifellos als ein Bedürfniß“, da dem Aufsichtsrat und teilweise dem Vorstand solche Personen angehören, „die bei vielem gutem Willen doch nur einen geringen Grad geschäftlicher Erfahrung und Gewandtheit besitzen“215. Damit wird deutlich, dass der historische Gesetzgeber des GenG von 1889 an die rechtsformspezifische Schutzbedürftigkeit der Genossenschaftsmitglieder anknüpfte, da er sie als Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder für unzureichend qualifiziert und erfahren hielt. Die gesetzliche Pflichtprüfung aller Genossenschaften sollte die Mitglieder vor den finanziellen Risiken schützen, die mit dem selbst geleiteten genossenschaftlichen Geschäftsbetrieb einhergingen.216 5. Fazit Damit lässt sich festhalten: Nicht nur die Rechtsform eG ist ein „geschichtlich gewachsenes Phänomen“217, sondern auch ihre rechtsformspezifische Pflicht­ prüfung. a) Kodifikation der historisch gewachsenen Betreuungsprüfung Das genossenschaftliche Verbandswesen entstand aus dem rechtsformspezifischen Betreuungsbedürfnis der Mitglieder heraus, welches zunächst zur externen Betreuung und Beratung führte  – und fortgesetzt zur freiwilligen Prüfung 212

RG vom 24. 1. 1912 – I 494/10 – RGZ 78, 143; Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 34. Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (207). 214 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (208). 215 Allgemeine Begründung zum Gesetz vom 1. 5. 1889, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken /  Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (209). 216 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 456 f. 217 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (10). 213

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verbandsangehöriger Genossenschaften.218 Aus diesem als Selbsthilfeeinrichtung der Genossenschaften historisch gewachsenen Verbandswesen entstanden die gesetzlichen Regelungen zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung, nachdem der Gesetzgeber die bis dahin bestehende genossenschaftliche Wirklichkeit durch das GenG von 1889 normativ einfing.219 Das wird auch dadurch bewiesen, dass sich der Gesetzgeber ausdrücklich an der bisherigen Entwicklung anlehnte und die Verbände „zur Wahrnehmung der Revisionskontrole besonders geeignet“220 hielt. Dass sich der historische Gesetzgeber den Schutzzweck der historisch gewachsenen Betreuungsprüfung zu eigen machte, zeigt sich ferner daran, dass die genossenschaftlichen Verbände nach § 53 des GenG von 1889 die „Revision der ihm angehörigen Genossenschaften“ zum Zweck haben mussten, daneben „auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer im § 1 bezeichneten Interessen, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen“ verfolgen durften. Zulässige Verbandszwecke waren somit weiterhin Prüfung und Beratung. Angesichts ihrer Entstehung wird die genossenschaftliche Pflichtprüfung vielfach zu Recht als umfassende „Betreuungsprüfung“221 bezeichnet. Mithin trug der historische Gesetzgeber des GenG von 1889 dem rechtsformspezifischen Betreuungsbedürfnis der Mitglieder nicht nur dadurch Rechnung, dass er die Bestellung eines Aufsichtsrats für obligatorisch erklärte222. Vielmehr wollte er die wirtschaftlich schwachen Genossenschaftsmitglieder durch eine zusätzliche externe Pflichtprüfung vor sich selbst schützen: Diese beherrschten und kontrollierten die Geschäftsführung ihrer eG zwar selbst. Daher war sichergestellt, dass die Kleingenossenschaften des 19. Jahrhunderts nutzerbezogen agierten – eine zusätzliche Förderzweckkontrolle war mithin nicht erforderlich.223 Allerdings waren die Mitglieder als autonomer Unternehmensleiter sowie Kontrolleur des gemeinschaftlich 218 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (12). 219 Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 43. 220 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 7. Legislaturperiode 4. Session 1888/89, Band 4, 1. Anlageband, Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 150 (210). 221 So bereits Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 296; ferner etwa Bergmann, ZfgG 2001, 217 (220, 228); Beuthien, Rechtsschutz eingetragener Genossenschaften bei Prüfungsberichtsmängeln, 2003, S. 78 (87); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12: „Betreuungsdauerprüfung“; BGH vom 21. 6. 2011 – II ZB 12/10 – WM 2011, 1655 (1657); Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 37. 222 Sowohl nach § 27 Abs. 1 des Preußischen GenG von 1867 als auch nach § 28 des GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 konnten die Mitglieder satzungsautonom darüber entscheiden, ob sie zur Überwachung des Vorstands einen Aufsichtsrat bestellen. Nach § 9 Abs. 1 des GenG von 1889 musste – nach einem Vorschlag von Schulze-Delitzsch – jede eG einen Aufsichtsrat haben, Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (14 f.). 223 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 458.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

betriebenen Geschäftsbetriebs kaufmännisch zu unqualifiziert und zu unerfahren.224 Die historisch gewachsene und durch das GenG von 1889 schließlich kodifizierte Pflichtprüfung der Genossenschaften bildet demnach das historische Gegenstück zu den kaufmännisch unerfahrenen und unqualifizierten Genossenschaftsmitgliedern.225 Zutreffend wurde bereits bei den Beratungen über eine Pflichtprüfung der Genossenschaften im Reichstag erkannt: „Darin also beruht der Zweck der Revision, daß die Genossen gewarnt werden können sollen, wenn durch die Revision sich Schäden in dem Wirken der Genossenschaften herausstellen.“226 b) Abwenden einer staatlichen Genossenschaftsaufsicht? Soweit in der Literatur227 eine zweite historische Wurzel der genossenschaftlichen Pflichtprüfung betont wird, wonach sie eine staatliche Aufsicht über die Genossenschaften habe abwenden sollen, ist dem zwar zuzugestehen, dass die genossenschaftlichen Verbände die bislang freiwillige Prüfung der ihnen angehörenden Genossenschaften zur satzungsmäßigen Pflicht erklärten, um dadurch den „gesetzgeberischen Versuchen, die Genossenschaften der Kontrolle staatlicher oder kommunaler Behörden zu unterstellen, entgegenzuwirken“228. Diese Fortentwicklung der Verbandsprüfung war auch erfolgreich: Der historische Gesetzgeber des GenG von 1889 lehnte die Vorschläge, „welche dem Staat oder den Gemeinden durch Uebertragung einer dauernden Aufsichtsführung einen unmittelbaren Einfluß auf den Geschäftsbetrieb der Genossenschaften zuweilen wollen“229, angesichts des vorhandenen Verbandswesens ausdrücklich ab. Dennoch kam der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nie die Funktion zu, eine staatliche Aufsicht über die Genossenschaften abzuwenden. Denn der Gesetzgeber 224

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 456 f.; Boettcher, BlfG 1969, 233 (237); ferner Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (60); Pöhlmann /  Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 1; Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (151). 225 Münkner, in: Marburg Consult für Selbsthilfeförderung eG (Hrsg.), Genossenschaftliche Selbsthilfe und struktureller Wandel, 1992, S. 233 (234). 226 So der Staatssekretär des Reichsjustizamts v. Oehlschläger, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 7. Legislaturperiode 4. Session 1888/89, Band 2, 1889, S. 1071. 227 Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 19; Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (36 f.); Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 8; Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 17; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 32; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 158. 228 Zitat nach Parisius / Crüger, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1932, S. 23. 229 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 7. Legislaturperiode 4. Session 1888/89, Band 4, 1. Anlageband, Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 150 (208 f.).

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wollte durch die externe Pflichtprüfung aller Genossenschaften – wie gezeigt – dem rechtsformspezifischen Betreuungsbedürfnis der unqualifizierten und unerfahrenen Mitglieder abhelfen. Dass der historische Gesetzgeber des GenG von 1889 von einer staatlichen Genossenschaftsaufsicht abgesehen hat, ist nur die Konsequenz dessen, dass er sich für die historisch gewachsene Verbandsprüfung und deren Kodifikation entschied – und damit gegen die teils geforderte staatliche Genossenschaftsaufsicht. Entgegen einer in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht hat der Schutz vor staatlicher Aufsicht als Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung demnach nicht an Bedeutung verloren230, sondern war nie eine Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Wer dem nicht folgen und davon ausgehen will, dass der historische Gesetzgeber durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung eine staatliche Aufsicht der Genossenschaften abwenden wollte, muss allerdings konzedieren, dass diese Funktion heute zumindest teilweise überholt ist. Namentlich unterliegen Kreditgenossenschaften nicht nur der fortlaufenden Pflichtprüfung durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband nach §§ 53 ff. GenG, wobei für diese besondere Prüfungsvorschriften gelten231. Vielmehr unterstehen sie als Kreditinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG zugleich der staatlichen Daueraufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 6 Abs. 1 KWG232 – und somit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung und einer staatlichen Aufsicht.

II. Heutige Funktion Heute könnte die genossenschaftliche Pflichtprüfung noch immer als Betreuungsprüfung für die Mitglieder der eG fungieren. Sollte sie sich nicht mehr als umfassende Betreuungsprüfung rechtfertigen lassen, muss weiter untersucht werden, ob und inwiefern die heutigen Genossenschaftsmitglieder auf andere Weise rechtsformspezifisch besonders schutzbedürftig sind und deshalb eine weitreichende Pflichtprüfung der förderzweckgebundenen eG notwendig ist.

230

So Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 178 – Fn. 996. Dazu etwa Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn.  21; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 2. 232 Eingehend dazu Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, passim. 231

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

1. Wegfall der ursprünglichen Schutzfunktion Teile der Literatur vertreten die Ansicht233, dass die historische Schutzfunktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung weiter fortgilt. Die historischen Gründe, die zur Einführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung geführt haben, hätten „bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt“234. Vielfach wird auf die nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG vorgeschriebene sog. Selbstorganschaft verwiesen: Die genossenschaftliche Pflichtprüfung müsse aufgrund der nur ehrenamtlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der eG die geschäftspolitischen Gefahren des Ehrenamts ausgleichen235 – das eine sei „ohne das andere nicht aufrechtzuerhalten“236. Sie fungiere – noch immer – als erforderlicher „Ausgleich für das Ehrenamt“237 und sei „schlechthin als Voraussetzung“ anzusehen, dass „ehrenamtliche Funktionen in genossenschaftlichen Unternehmen zu verantworten sind“238. Auch nach der Ansicht des BVerfG soll das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem dem Zweck dienen, „die Rechtsform der Genossenschaft als Mittel zur Selbstverwaltung und Selbstorganisation tendenziell wirtschaftlich Schwacher aufrechtzuerhalten“239. Das überzeugt nicht. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung lässt sich heute nicht mehr derart paternalistisch als eine umfassende Betreuungsprüfung für die Mitglieder der eG rechtfertigen.240 Zwar entsprechen die heute geltenden Vorschriften – abgesehen vor allem von der Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG – weitgehend den ersten Regelungen des GenG von 1889, da die §§ 53 ff. GenG und deren Regelungskonzeption bei späteren Reformen grundsätzlich unberührt blieben241. Somit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der historische Normzweck weiterhin fortgilt.242

233

Großfeld, ZfgG 1984, 111 (113); zweifelnd hingegen Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 178: „vielleicht einige der ursprünglich maßgeblichen Gründe für die Einführung des genossenschaftlichen Prüfungswesens heute an Bedeutung verloren“. 234 So Peemöller, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 31 (32). 235 Siehe nur Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2147): „Ausgleich für das Ehrenamt“; BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 6: „aus Gründen der Selbstorganschaft [als] ein zusätzliches Regulativ sinnvoll“; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (13); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12, § 54 Rn. 3. 236 Jäger, ZfgG 1985, 21 (24). 237 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2147). 238 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (13). 239 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618) [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 240 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 457; Boettcher, BlfG 1969, 233 (237); Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (19): „historisch überholt“; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 1m; Peemöller, ZfgG 1992, 118 (121). 241 Näher Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (22 ff.). 242 Vgl. Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 730d.

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Der historische Normzweck gilt allerdings nicht mehr fort, wenn sich die technische, ökonomische oder gesellschaftliche Entwicklung oder ihm zugrundeliegenden Wertvorstellungen grundlegend verändert haben.243 Das ist in doppelter Hinsicht der Fall: Zum einen haben sich die tatsächlichen Rahmenbedingungen gewandelt, da die heutigen Genossenschaftsmitglieder nicht mehr rechtsformspezifisch wirtschaftlich schwach sind.244 Vielmehr stammen diese in Zeiten des allgemeinen Wohlstands aus allen Bevölkerungsschichten wie Berufsgruppen245. Das wird nicht zuletzt dadurch bewiesen, dass die Rechtsform eG heute mit rund 22,5 Millionen Mitgliedern die mitgliederstärkste wirtschaftliche Organisationsform in der BRD ist246 und sich die Genossenschaften heutzutage über die traditionellen genossenschaftlichen Tätigkeitsfelder hinaus in verschiedensten Wirtschaftsbereichen betätigen247. Zudem werden die heutigen (Groß-)Genossenschaften vielfach von (hoch-)qualifizierten Managern geführt, die (oft) ebenso qualifiziert sind wie die Prüfer des Prüfungsverbands.248 Das gilt besonders für Kreditgenossenschaften: Deren Vorstandsmitglieder müssen als Geschäftsleiter (§ 1 Abs. 2 S. 1 KWG) „für die Leitung eines Instituts fachlich geeignet und zuverlässig sein und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen“ (§ 25c Abs. 1 S. 1 KWG); andernfalls ist die Erlaubnis zu versagen (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KWG) bzw. kann aufgehoben werden (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG). Die heutigen Genossenschaftsmitglieder und Vorstandsmitglieder der Genossenschaften sind mithin nicht (mehr) rechtsformspezifisch besonders Unqualifizierte.249 Zum anderen haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend verändert, weshalb die Genossenschaftsmitglieder haftungsrechtlich nicht (mehr) rechtsformspezifisch schutzbedürftig sind. Die heutigen Mitglieder der eG haften gegenüber den Gläubigern nicht unmittelbar persönlich für Genossenschaftsverbindlichkeiten: Zunächst ist ihre persönliche Außenhaftung durch das Gesetz vom 20. 12. 1933250 vollständig entfallen. Seit der Novelle 1973 können sie zudem ihre der eG im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht im Insolvenzfall statutarisch vollständig ausschließen (§ 6 Nr. 3 GenG).251 Von dieser Möglichkeit machen

243

Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 730d. Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 165; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 100 ff. Hingegen Beuthien, WM 2021, 1305 (1309): die eG sei „nach wie vor vorwiegend die Vereinigungsform der besonders schutzwürdigen kleinen Leute und des Mittelstandes“. 245 Laurinkari, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 1 (7). 246 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8 (Stand: 30. 9. 2022). 247 Siehe nur Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, Einf. Rn. 3 ff. 248 Boettcher, BlfG 1969, 233 (237). 249 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 1m. 250 RGBl. 1933 I, S. 1089. 251 Eingehend zur historischen Entwicklung der Haftung: Blomeyer, ZfgG 1989, 102; Müller, GenG, Bd. 1, § 2 Rn. 2 ff. 244

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

die heutigen Genossenschaftsmitglieder ganz überwiegend Gebrauch.252 Entgegen der Ansicht des BVerfG253 und Teilen der Literatur254 müssen die Mitglieder der eG demnach nicht (mehr) durch eine besonders weitreichende Pflichtprüfung vor einer etwaigen Nachschuss- oder Haftungspflicht geschützt werden.255 Dass die Mitglieder der eG ihre Einlagen verlieren können256 bzw. der Vorstand mit diesen mög­licherweise nicht ordnungsgemäß umgeht257, kann die umfassende genossenschaftliche Pflichtprüfung heute ebenfalls nicht (mehr) rechtfertigen: Zum einen können auch die Mitglieder anderer Gesellschaften ihre Einlagen verlieren, zumal dieses Vermögensverlustrisiko bei den Mitgliedern der eG rechtsformspezifisch auf deren oft geringes258 Geschäftsguthaben beschränkt ist. Zum anderen ist die Gefahr, dass der Vorstand der eG Misswirtschaft treibt, kein genossenschaftsspezifisches Risiko. Vielmehr ist es jeder Gesellschaft immanent, deren Leitung von den Mitgliedern (organisations-)rechtlich getrennt ist.259 So kann etwa auch der Vorstand der AG mit den Einlagen der Aktionäre nicht ordnungsgemäß umgehen. Dennoch unterliegt die AG keiner vergleichbar weitreichenden Pflichtprüfung, sondern – wenn überhaupt – der Jahresabschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB. 2. Rechtsformspezifisches Kontrollbedürfnis Die heutigen Mitglieder der förderzweckgebundenen eG könnten dadurch rechtsformspezifisch schutzbedürftig sein, dass ihre Förderinteressen ohne eine weitreichende Pflichtprüfung nicht ausreichend gesichert sind. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung könnte deshalb als förderzwecksichernder Kontrollmechanismus notwendig sein.

252

Beuthien, Wieviel Wandel verträgt die Genossenschaft?, 2003, S. 24 (30); Hadding, in: Beuthien (Hrsg.), Marburger genossenschaftswissenschaftliche Forschung, 1997, S. 55 (61); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 54. 253 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618): „Gleichzeitig werden der ordnungsgemäße wirtschaftliche Umgang mit den von den Genossen gehaltenen Geschäftsanteilen überprüft und die Genossen damit vor den wirtschaftlichen Folgen des Eintritts einer möglichen Nachschuss- oder Haftungspflicht (§§ 22a, 23 GenG) geschützt.“ 254 Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 1, § 54 Rn. 3; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 3. 255 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 457. 256 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (93 f.); Lang /  Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18. 257 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54 Rn. 3; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 4; ferner BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 258 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (111). 259 Ähnlich Kober, ZfgG 2014, 31 (36 f.).

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a) Genossenschaftsspezifischer Principal-Agent-Konflikt Zunächst ist die Unternehmensverfassung der eG von einem genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt betroffen. aa) Rechtsformübergreifende Interessenkonflikte wegen Trennung von Leitung und Eigentum Der Principal-Agent-Konflikt als solcher ist kein Genossenschaftsspezifikum. Dieser bezeichnet den Interessenkonflikt, welcher im Verhältnis zwischen den Eigentümern (Prinzipalen) und dem Fremdmanagement (Agenten) eines Unternehmens auftritt. Er wurde bereits sehr früh vom schottischen Nationalökonom Adam Smith erkannt und beschrieben.260 Die rechtsformübergreifende Ursache des Konflikts besteht darin, dass Eigentum und Leitung eines Unternehmens voneinander getrennt werden. Dem Konflikt liegen weiter folgende Überlegungen zugrunde: Der Prinzipal beauftragt den Agenten, in dessen Interesse tätig zu werden.261 Dieser handelt allerdings nicht im Interesse des Prinzipals, sondern strebt opportunistisch nach eigenen Vorteilen. Hierbei profitiert der Agent einerseits von einem Informationsgefälle gegenüber den Prinzipalen, andererseits davon, dass die Risiken seiner Entscheidungen nicht von ihm, sondern den Prinzipalen getragen werden.262 Typischerweise charakterisiert dieser Konflikt die Unternehmensverfassung der AG, bei der das Auseinanderfallen von Eigentum und Leitung „optimiert“ ist: Nach § 76 Abs. 1 AktG verfügt der Vorstand über umfassende Leitungsmacht, während die (Anteils-)Eigentümer geschäftspolitisch weitgehend entmachtet sind (§ 119 Abs. 2 AktG); entsprechend fokussiert sich die gesellschaftsrechtliche Forschung – national wie international263 – auf die AG.264 Gleichwohl ist der Konflikt nicht auf die AG beschränkt, sondern jeder Gesellschaft immanent, deren Leitung von ihren Mitgliedern verselbstständigt ist.265 260

Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1828, Book V, Chapter I, S. 239: „The directors of such companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own. […] Negligence and profusion, therefore, must always prevail, more or less, in the management of the affairs of such a company.“ Darauf Bezug nehmend: Hopt, Handbuch CG, 2009, S. 39 (42); ders., ZHR 175 (2011), 444 (446 f.); Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013. 261 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 30. 262 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 30 f. 263 Ebke, in: Sandrock / Jäger (Hrsg.), Internationale Unternehmenskontrolle und Unternehmenskultur, 1994, S. 7 (8). 264 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 7 m. w. N. 265 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 7.

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bb) Genossenschaftsspezifische Konfliktlage Der Principal-Agent-Konflikt betrifft daher auch die Unternehmensverfassung der eG, die über von ihren Mitgliedern verselbstständigte Organe verfügt.266 (1) Genossenschaften – keine konfliktfreien „Harmoniegebilde“ Zunächst treten in Genossenschaften seit jeher Interessenkonflikte auf. Abweichend beurteilen dies die Vertreter der früher vorherrschenden Genossenschaftstheorie (sog. Harmonietheorie oder Treuhändertheorie267). Sie unterstellten (oder forderten) interne Harmonie: Die Mitglieder von Genossenschaften hätten alle die gleichen Interessen, welche vom Vorstand stets gewissenhaft und treuhänderisch im Dienst der Mitglieder wahrgenommen würden. Horizontale Interessenkonflikte zwischen den Mitgliedern untereinander oder vertikale zwischen den Mitgliedern und dem Vorstand seien ausgeschlossen.268 Bei den in der Praxis wahrgenommenen Konflikten handele es sich um Entartungserscheinungen.269 Dieser Ansicht ist zwar zuzugestehen, dass die ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts nur aus wenigen Mitgliedern bestanden, deren (Förder-)Interessen als „Kinder der Not“ weitgehend homogen waren.270 Zudem war der aus Teilen der selbstbetroffenen Mitglieder bestehende Vorstand nur reines Exekutivorgan des Mitgliederwillens.271 Dieser war nach § 27 Abs. 1 GenG von 1889 dazu verpflichtet, „die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugniß, die Genossenschaft zu vertreten, durch das Statut oder durch Beschlüsse der Generalversammlung festgesetzt sind.“ Dennoch widersprechen ihr die Vertreter der heute herrschenden Genossenschaftstheorie (sog. Konflikttheorie oder neue Kooperationstheorie272) zu Recht, die davon ausgehen, dass sowohl die Mitglieder als auch die Vorstandsmitglieder der eG primär eigennützige Ziele verfolgen. Auch in den ersten modernen Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts waren Inte­ ressenkonflikte zwischen den Mitgliedern untereinander oder den Mitgliedern und dem Vorstand nicht ausgeschlossen.273 Denn auch deren Mitglieder kooperierten 266 Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 23; Jäger, FG Boettcher, 1984, S. 11 (18); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 7 f. 267 Insbesondere Seraphim, ZfgG 1958, 56; ferner Jäger, FG Boettcher, 1984, S. 11 (13 f.); Neumann, ZfgG 1973, 46 (46 ff.). 268 Boettcher, BlfG 1969, 233 (236). 269 Eschenburg, ZfgG 1973, 101 (102). 270 Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (368). 271 Boettcher, BlfG 1969, 233 (234). 272 Grundlegend Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 34; Eschenburg, Ökonomische Theorie der genossenschaftlichen Zusammenarbeit, 1971, passim; ders., in: Boettcher (Hrsg.), Theorie und Praxis der Kooperation, 1972, S. 55. 273 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 298; Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 50.

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miteinander, weil sie sich dadurch vor allem individuelle Vorteile versprachen – und nicht, um uneigennützig anderen274, sondern um sich selbst zu helfen. Die Unternehmensverfassung der eG ist daher immer schon von Interessenkonflikten betroffen – insbesondere auch vom Principal-Agent-Konflikt275. So heißt es auch in der amtlichen Begründung zum GenG-Entwurf von 1888 ausdrücklich: „Die Katastrophen, die unter den Genossenschaften eingetreten sind, hatten vielmehr ihre Ursache hauptsächlich in Ausschreitungen bei der Geschäftsführung und im Mangel einer genügenden Kontrole über dieselbe.“276 Jedenfalls heute ist die konflikttheoretische Betrachtung grundsätzlich vorzugswürdig. Denn die Mitglieder der heutigen (Groß-)Genossenschaften streben oft nach individuellen und eigennützigen Vorteilen, dementsprechend auch die Vorstandsmitglieder.277 Nicht nur horizontale Interessengegensätze zwischen den Mitgliedern, sondern vor allem vertikale zwischen den weitgehend geschäftspolitisch entmachteten Mitgliedern und dem weitgehend autonom agierenden Management sind bei den heutigen (Groß-)Genossenschaften der Regelfall.278 Die konflikttheoretische Betrachtung muss deshalb der vorliegenden rechtswissenschaftlichen Untersuchung zugrunde gelegt werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sie nicht als „ein Gegeneinander, Kampf, Klassenkampf“279 zu verstehen ist, sondern als einen „konfliktvermeidenden Ausgleich divergierender Interessen im Wege organisato­rischer Koordination“280 – also Konfliktlösung durch Kooperation. Entsprechend ist die Führung eines Unternehmens richtigerweise „Konfliktmanagement und nicht Harmoniemanagement“281. Indes lässt sich mit dem Befund, dass die Unternehmensverfassung der eG vom Principal-Agent-Konflikt grundsätzlich betroffen ist, zwar begründen, dass die eG irgendeiner gesellschaftsrechtlichen Pflichtprüfung unterliegen muss, wie ein Vergleich mit der AG beweist: Deren obligatorische Jahresabschlussprüfung nach § 316 HGB wird mit der Trennung von Eigentum und Leitung gerechtfertigt282; 274

In diese Richtung Compart, Kapitalistische Entwicklungswege bei der Genossenschaft, 1977, S. 23: „Wille, gemeinschaftlich – im Geist christlicher Nächstenliebe – die wirtschaftliche Not zu meistern“. 275 Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 23; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 7. 276 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (207). 277 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 299. Zur Interessenlage bei kleinen Genossenschaften Zweiter Teil  B. II. 3. b) aa). 278 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 299. 279 Jäger, Die Legitimität von Führungsentscheidungen in Genossenschaften als Rechts- und Organisationsproblem, 1979, S. 7. 280 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 14. 281 Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, 1980, S. 16 [Kursive Hervorhebung im Original]. 282 MüKoHGB / Ebke, § 316 Rn. 40.

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diese soll dem Principal-Agent-Konflikt entgegenwirken283. Allerdings kann damit die besonders weitreichende Pflichtprüfung jeder eG nach §§ 53 ff. GenG nicht gerechtfertigt werden. Denn wie gezeigt begegnet der Principal-Agent-Konflikt auch bei anderen Gesellschaften, die keiner (vergleichbaren) rechtsformspezifischen Pflichtprüfung unterliegen. Etwa bezieht sich die Jahresabschlussprüfung der AG grundsätzlich nur auf die formelle Richtigkeit des Jahresabschlusses. Zudem sind von der Prüfungspflicht nach § 316 Abs. 1 HGB vor allem solche Gesellschaften befreit, die nach den Kriterien des § 267 Abs. 1 HGB als kleine Kapitalgesellschaften einzustufen sind. Mithin ist nicht jede AG prüfungspflichtig. Der Principal-AgentKonflikt begegnet ferner bei der Unternehmensverfassung von (Groß-)Vereinen, die allerdings selbst dann keiner gesetzlichen Pflichtprüfung unterliegen, wenn sie Millionenumsätze erwirtschaften284. (2) Genossenschaftlicher Grundkonflikt: Unternehmerischer Markterfolg vs. mitgliedschaftlicher Fördererfolg Der Principal-Agent-Konflikt wirkt sich bei erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Gesellschaften regelmäßig nicht spezifisch aus, da diese grundsätzlich einen Gleichlauf von Mitgliederinteressen und Unternehmensinteresse285 charakterisiert: Das weitgehend autonome Management arbeitet primär auf Unternehmensgewinn und Mehrung des Gesellschaftsvermögens hin. Dieses Unternehmensinteresse stimmt mit den kapitalistischen Interessen der Eigentümer überein.286 Diese sind primär daran interessiert, dass ihre Gesellschaft Gewinne erzielt, nicht aber wie. Dementsprechend kann der Unternehmensgegenstand grundsätzlich ein beliebiger sein, sofern er der Gewinnerzielung dienlich ist.287 Diesen übereinstimmend kapitalistischen Erfolgsinteressen dient eine weitgehend autonome Geschäftsleitung, die diese möglichst flexibel und umfassend verfolgen kann.288 Denkbar sind (Interessen-)Konflikte allenfalls bei der Gewinnverwendung: Während das Management dazu neigen wird, Gewinne zwecks Unternehmenswachstum und -ausbau zu thesaurieren, beabsichtigen die Anteilseigner die Ausschüttung.289 Erwerbswirtschaftliche Gesellschaften charakterisiert mithin „eine – von der Gewinnverteilungsfrage 283

Näher Mattheus, Handbuch CG, 2009, S. 563 (576 ff.). Segna, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 7 (11); ders., Vorstandskontrolle in Großvereinen, 2019, S. 60. Siehe auch Erster Teil D. I. 4. a). 285 Reinhardt, ZfgG 1951, 206 (208); ders., Reformreferate II, 1958, S. 57 (60); Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 67: „Parallelität von Unternehmensdendenz und Mitgliederinteresse“. 286 Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 104; Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 13. 287 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 18. 288 Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 67. 289 Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 67. 284

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abgesehen  – vollkommene Parallelität von Mitgliederinteressen und Unternehmensinteresse“, was die „automatische Ausrichtung des Unternehmens auf das Erfolgsinteresse der Mitglieder und damit auf den Gesellschaftszweck“290 sichert. Demgegenüber tritt der Principal-Agent-Konflikt bei der förderzweckgebundenen eG aufgrund des partiellen291 bzw. strukturellen292 Gegensatzes zwischen dem Markterfolg des genossenschaftlichen Unternehmens (Produktivität) und dem Fördererfolg der Mitglieder (Effektivität) rechtsformspezifisch in besonderer Weise auf.293 Zwar ist die eG ohne unternehmerischen Markterfolg überhaupt nicht in der Lage, ihre Mitglieder zu fördern. Der Erfolg des genossenschaftlichen Unternehmens am Markt ist somit conditio sine qua non für die nutzerbezogene Förderung der Mitglieder.294 Dieser Markterfolg des genossenschaftlichen Unternehmens führt allerdings nicht „automatisch“ zum Fördererfolg der Mitglieder.295 Der (unternehmerische) Markterfolg ist zwar notwendiges Zwischenziel, niemals aber ausreichende Bedingung. Vielmehr muss er in die naturale Förderung der Mitglieder transformiert werden, indem die eG ihren Mitgliedern in der Fördergeschäftsbeziehung besonders vorteilhafte Konditionen anbietet. Förderwirtschaftserfolg als Endziel bedeutet daher kumulativ Markterfolg und Fördererfolg.296 Darüber hinaus widersprechen bestmögliche Unternehmensergebnisse den Förderinteressen der Mitglieder: Je besser die Konditionen in der Fördergeschäftsbeziehung für die Mitglieder sind, desto mehr muss das genossenschaftliche Unternehmen auf Gewinn verzichten297. Die Förderung der Mitglieder kann daher zusätzliche Kosten verursachen, die sich ertragsmindernd auswirken.298 Mithin gilt: Die Unternehmensverfassung der eG ist nicht nur grundsätzlich, sondern in genossenschaftsspezifischer Art und Weise vom Principal-Agent-Konflikt betroffen.299 Jede förderwirtschaftliche Gesellschaft wird vom genossenschaftlichen Grundkonflikt zwischen unternehmerischem Markterfolg und mitgliedschaftlichem Fördererfolg gekennzeichnet: Wird der Markterfolg des genossenschaftlichen Unternehmens überbetont, indem etwa in der Fördergeschäftsbeziehung 290

Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 79. Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 72, 79, 101. 292 Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, 1980, S. 66, 111; Staufer, Die Beschränkung der statutarischen Autonomie durch das Genossenschaftsgesetz, 1971, S. 22. 293 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 213 ff. Grundlegend zu den Begriffen Produktivität und Effektivität: Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 131 ff., 145 ff.; Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmungstyp, 1955, S. 101; ders., Reformreferate, 1956, S. 191 (215) spricht von einem „Dualismus“; Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 148 ff. 294 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 213. 295 Boettcher, ZfgG 1979, 198 (207). 296 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 215. 297 Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 70. 298 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 150. 299 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 220 f. 291

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

maximale Gewinne erzielt werden, droht ein „Unternehmen an sich“, also „ein Unternehmen, das bei sinkender Mitgliederzahl oder steigendem Nichtmitgliedergeschäft weithin am eigenen Wachstum interessiert ist und damit zum Selbstzweck der in ihm tätigen Personen wird.“300 Gestaltet die eG umgekehrt die Förderkonditionen zu unwirtschaftlich zugunsten ihrer Mitglieder und zulasten des Unternehmens, ist ihre eigene Existenz bedroht.301 (3) Fazit: Notwendigkeit weiterer Untersuchung Gleichwohl kann die genossenschaftliche Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Unternehmensverfassung der eG von einem genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt betroffen ist und sie diesem entgegenwirken bzw. diesen ausgleichen muss. Vielmehr muss weiter untersucht werden, wie sich der genossenschaftsspezifische Konflikt bei der heutigen Rechtsform eG auswirkt – und die Förderinteressen der Mitglieder deshalb durch eine umfassende Pflichtprüfung geschützt werden müssen. Zu erörtern ist daher zunächst die Leitungsmacht des Vorstands der eG. Kommt man dabei zum Ergebnis, dass der Vorstand kraft weitreichender Entscheidungsspielräume förderzweckwidrige Ziele verfolgen kann und sich der genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt somit zum Nachteil der Mitglieder auswirken kann, ist anschließend zu untersuchen, inwieweit dem besonderen Kontrollbedürfnis förderzwecksichernde Kontrollmechanismen gegenüberstehen. Wäre ohne eine umfassende Pflichtprüfung durch andere – externe und / oder interne – Kontrollmechanismen sichergestellt, dass der Vorstand die Förderinteressen der Mitglieder verfolgt und der genossenschaftsspezifische Grundkonflikt somit effektiv „bekämpft“, ließe sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht als zusätzlicher förderzwecksichernder Schutzmechanismus rechtfertigen. b) Leitung Die Leitungsverfassung der eG wurde vom Gesetzgeber durch die Novelle 1973 grundlegend verändert. Seither verfügt der Vorstand der eG nach § 27 Abs. 1 GenG über weitreichende Leitungsmacht.302

300

Beuthien, Genossenschaftliche Ehrenämter, 1983, S. 19 (25). Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmungstyp, 1955, S. 82; Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 75. 302 Zur Aufteilung der Geschäftsführungskompetenz de lege ferenda: Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 352 ff. Darauf Bezug nehmend Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (112 ff.). 301

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aa) Historisch: Vorstand als verlängerter Arm der Generalversammlung Die ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts wurden von den Mitgliedern selbst geleitet. Die Geschäftsführer fungierten nur als ausführendes Organ des Mitgliederwillens.303 Folgerichtig verpflichtete § 27 Abs. 1 des GenG von 1889 – ebenso wie § 20 des Preußischen GenG von 1867304 und § 21 des GenG des Norddeutschen Bundes von 1868305  – den Vorstand, „die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugniß, die Genossenschaft zu vertreten, durch das Statut oder durch Beschlüsse der Generalversammlung festgesetzt sind.“ Die Mitglieder der eG konnten daher die Leitungsmacht des Vorstands nicht nur beliebig statutarisch begrenzen, sondern diesem jederzeit durch einfache Beschlüsse der Generalversammlung geschäftspolitisch bindende Weisungen erteilen, die sich auch auf einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen beziehen konnten.306 Dieses Weisungsrecht konnte statutarisch nicht ausgeschlossen werden.307 Mithin war die Generalversammlung oberstes Geschäftsführungsorgan der eG, der Vorstand dieser insoweit als „reines Exekutivorgan“308 zu- und untergeordnet.309 Der aus den Mitgliedern der eG bestehende Vorstand verfügte insbesondere über keine autonome Leitungsmacht, sondern war lediglich der „verlängerte Arm der selbst nicht handlungsfähigen, aber weisungsbefugten Generalversammlung“310. bb) Heute: Weitreichende Leitungsmacht für professionelles (Fremd-)Management § 27 Abs. 1 GenG wurde durch die Novelle 1973 vom Gesetzgeber neu gefasst und an § 76 Abs. 1 AktG angepasst. Seit dem 1. 1. 1974311 hat der Vorstand die eG „in eigener Verantwortung zu leiten“ (S. 1) und „dabei die Beschränkungen zu be 303

Boettcher, BlfG 1969, 233 (234). „Der Vorstand ist der Genossenschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche in dem Gesellschaftsvertrage oder durch Beschlüsse der Generalversammlung für den Umfang seiner Befugniß, die Genossenschaft zu vertreten, festgesetzt sind.“, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 1 (7). 305 „Der Vorstand ist der Genossenschaft gegenüber verpflichet, die Beschränkungen einzuhalten, welche in dem Gesellschaftsvertrage oder durch Beschlüsse der Generalversammlung für den Umgang seiner Befugniß, die Genossenschaft zu vertreten, festgesetzt sind.“, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 17 (23). 306 Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 1; ders., ZfgG 1975, 180 (181). 307 H. M., siehe etwa Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 85 m. w. N. 308 Paulick, FS Draheim, 1971, S. 211 (219); Peemöller, ZfgG 1992, 118 (120); Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 101. 309 Kober, in: Doluschitz (Hrsg.), Aktuelle theoretische und empirische Beiträge zur Genossenschafts- und Kooperationsforschung, 2010, S. 177 (179). 310 Beuthien, ZfgG 1975, 180 (181); ferner BT-Drs. 7/97, S. 22: „verlängerten Arm der (selbst nicht handlungsfähigen) Generalversammlung“. 311 BGBl. 1973 I, S. 1451 ff. 304

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achten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind“ (S. 2). Hierdurch wurde die Stellung des Vorstands gegenüber der Generalversammlung erheblich gestärkt, was ein ausdrückliches Ziel der Novelle war312. Denn durch die Neufassung von § 27 Abs. 1 GenG ist die Formulierung „durch Beschlüsse der Generalversammlung“ entfallen. Damit ging ein erheblicher Leitungsmachtzuwachs des Vorstands und die geschäftspolitische Entmachtung der Generalversammlung einher: Der Vorstand unterliegt seither nach § 27 Abs. 1 S. 2 GenG zwar (weiterhin) Begrenzungen, „die durch die Satzung festgesetzt worden sind“. Diese können allerdings nur mit mindestens drei Viertel der in der Generalversammlung abgegebenen Stimmen beschlossen werden (§ 16 Abs. 4 GenG). Ferner müssen Beschränkungsbeschlüsse in das Genossenschaftsregister eingetragen werden, zuvor haben sie „keine rechtliche Wirkung“ (§ 16 Abs. 6 GenG). Demgegenüber kann  – wie die h. M.313 übereinstimmend mit der Gesetzes­ begründung zur Novelle 1973314 zu Recht annimmt – die einfache Mitgliedermehrheit die Geschäftsführung des Vorstands nicht mehr mittels verbindlichen Einzelweisungen beeinflussen. Unzulässig und nach § 134 BGB nichtig sind statutarische Ermächtigungen der Generalversammlung oder anderer Organe, wonach diese dem Vorstand verbindliche Weisungen erteilen können.315 Der Gegenansicht316, wonach der Generalversammlung ein solches Weisungsrecht statutarisch eingeräumt werden könne, ist zwar zuzugestehen, dass der Wortlaut von § 27 Abs. 2 S. 2 GenG für statutarische Beschränkungen keine Einschränkungen erkennen lässt. Vielmehr hat der Vorstand „die Beschränkungen zu beachten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind“317. Allerdings widerspricht sie der gesetzgeberischen Intention, durch die Novelle 1973 die bis dahin bestehende „Leitungsmachtschwäche des Vorstandes“318 zu beseitigen.319 Die Gegenansicht ist jedenfalls seit der Novelle 2017 überholt: Nach dem neu eingeführten § 27 Abs. 1 S. 3 GenG können nur Genossenschaften mit höchstens 20 Mitgliedern statutarisch „vorsehen, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung gebunden ist“. E contrario kann der Vorstand 312

BT-Drs. 7/97, S. 16. Beuthien, ZfgG 1975, 180 (182); ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (142); ders., NZG 2022, 1323 (1325); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 27 Rn. 7; Henssler /  Strohn GesR / Geibel, GenG, § 27 Rn. 5; Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 145; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 220; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 103. 314 BT-Drs. 7/97, S. 22: „Eine allumfassende Zuständigkeit der Generalversammlung, von Fall zu Fall über konkrete Fragen der Geschäftsführung zu entscheiden, ist nicht mehr gegeben.“ 315 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 344 f.; Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 9. 316 Großfeld / Apel, Führungsprobleme, 1977, S. 185 (203); Müller, GenG, Bd. 1, § 27 Rn. 6, 8; Schultz, NJW 1974, 161 (163); Westermann, FS Reinhardt, 1972, S. 359 (362); ders., ZfgG 1973, 320 (339 f.). 317 Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 9. 318 Beuthien, ZfgG 1975, 180 (181). 319 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 344. 313

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aller anderen Genossenschaften (weiterhin) nicht statutarisch an geschäftspolitische Weisungen gebunden werden.320 Die Ergänzung für kleine Genossenschaften durch § 27 Abs. 1 S. 3 GenG begründete der Gesetzgeber ausdrücklich als Reaktion auf die vorangegangene Kritik, „dass der im Jahr 1973 an das Aktiengesetz (AktG) angepasste § 27 Absatz 1 rechtspolitisch über das Ziel hinausschieße, indem die Weisungsfreiheit des Vorstands für alle Genossenschaften unabhängig von deren Art und Größe vorgeschrieben wird.“321 Mithin wurde das ursprünglich bestehende Über- und Unterordnungsverhältnis umgekehrt: Heute ist der Vorstand das oberste Geschäftsführungsorgan der eG.322 Er leitet die eG und das von ihr betriebene Unternehmen „weisungsfrei“323. Eine Ausnahme besteht ausschließlich für die Mitglieder kleiner Genossenschaften im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 3 GenG, die den Vorstand satzungsautonom an die Weisungen der Generalversammlung binden und zur Rechtslage vor der Novelle von 1973 zurückkehren können. Durch eine entsprechende Satzungsregelung wird die Generalversammlung (wieder) zum obersten Geschäftsführungsorgan der eG.324 Freilich hat der Gesetzgeber durch die Neufassung von § 27 Abs. 1 GenG durch die Novelle 1973 nichts derart genossenschaftlich Verwerfliches geschaffen, wie es ihm von Teilen der Literatur vorgeworfen wird325, sondern lediglich versucht, eine vorangegangene tatsächliche Entwicklung nachzuzeichnen und das Genossenschaftsrecht daran anzupassen. Denn in vielen Großgenossenschaften verfügte der Vorstand zwar nicht de iure, dafür aber de facto bereits vor 1973 über umfassende Leitungsmacht.326 Die Mitglieder der Genossenschaften wurden daher nicht einseitig vom Gesetzgeber geschäftspolitisch entmachtet, sondern haben dies vielfach zuvor selbst getan.327 Festzuhalten ist somit: Der Vorstand der eG ist der Generalversammlung in Geschäftsführungsfragen heute nicht mehr zu- und untergeordnet, sondern verfügt rechtlich nach § 27 Abs. 1 GenG und vielfach faktisch über weitreichende Leitungsmacht. Gleichwohl lässt sich die rechtsformspezifische Pflichtprüfung 320

Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 344. BT-Drs. 18/11506, S. 27 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 322 Kober, in: Doluschitz (Hrsg.), Aktuelle theoretische und empirische Beiträge zur Genossenschafts- und Kooperationsforschung, 2010, S. 177 (178); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 121. 323 Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 7. 324 So ausdrücklich BT-Drs. 18/11506, S. 27. 325 Vgl. nur Großfeld, ZfgG 1988, 263 (266): „‚Sündenfall‘ des neueren Genossenschaftswesens“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, 113: „Vereinseitigung der Machtbalance innerhalb einer eG zugunsten des Vorstandes“, S. 117 und 190: „‚Sargnagel‘ der Genossenschaft“. 326 Reinhardt, Reformreferate  II, 1958, S. 57 (68); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 113. 327 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 343. Das übersieht Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (140), der scharfsinnig darauf hinweist, dass die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband bereits 1934 eingeführt wurde, während die Leitungsmacht des Vorstands erst 1973 erweitert wurde. 321

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jeder eG nach §§ 53 ff. GenG nicht alleine damit rechtfertigen, dass sie „die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands“328 ausgleichen muss, wie ein Vergleich mit der AG beweist: Deren Vorstand „hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten“ (§ 76 Abs. 1 AktG) und verfügt ebenfalls über weitreichende Leitungsmacht, während die Aktionäre geschäftspolitisch weitgehend entmachtet sind (§ 119 Abs. 2 AktG). Dennoch fehlt es an einer vergleichbar weitreichenden Pflichtprüfung der AG als Gegengewicht zur Leitungsmacht des Vorstands. Das gilt zum einen hinsichtlich des Prüfungsumfangs: Die Pflichtprüfung nach § 316 Abs. 1 HGB beschränkt sich grundsätzlich nur auf die formelle Richtigkeit des Jahresabschlusses sowie des Lageberichts. Zum anderen kennt die Jahresabschlussprüfung – anders als die §§ 53 ff. GenG329 – größenabhängige Prüfungsbefreiungen: Die Prüfungspflicht nach § 316 Abs. 1 S. 1 HGB besteht nur für mittelgroße (§ 267 Abs. 2 HGB) und große Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB) sowie kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften (§ 264d HGB), die stets als große Kapitalgesellschaften gelten (§ 267 Abs. 3 S. 2 HGB). Demgegenüber sind kleine Kapitalgesellschaften im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB von der Prüfungspflicht nach § 316 Abs. 1 S. 1 HGB befreit. cc) Leitungsmachtgrenze: Förderzweck Die Leitungsmacht des Genossenschaftsvorstands wird allerdings rechtsformspezifisch durch den Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG begrenzt. Dieser ist die verbindliche Leitungsmaxime für die Geschäftsführung des Vorstands (§§ 27 Abs. 1, 34 Abs. 1 S. 1 GenG). Die Geschäftsführungsbefugnis steht dem Vorstand der eG nur insoweit zu, als dass damit der Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG erreicht wird, während ihm förderzweckwidrige Geschäfte verboten sind.330 Nicht erlaubt sind insbesondere die in § 34 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 GenG genannten Geschäfte. Weiter begrenzt wird die Geschäftsführungsbefugnis durch den statutarisch bestimmten Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG), wodurch die Mitglieder den durch den Förderzweck gesetzten Rahmen förderwirtschaftlich ausfüllen.331 Der Förderzweck wird damit zunächst von den Mitgliedern durch den festgelegten Unternehmensgegenstand manifestiert, während der Vorstand ihn nachträglich im Rahmen seiner Geschäftsführung „treuhänderisch“332 näher konkretisiert.333 Frei 328

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12. Näher dazu Zweiter Teil B. II. 330 Beuthien, ZfgG 1975, 180 (185); Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 5. 331 Beuthien, ZfgG 1975, 180 (185). 332 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 22. 333 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 20 unterscheidet terminologisch zwischen der erstmaligen Präzisierung des Förderzwecks, während er die spätere Vorstandstätigkeit als Konkretisierung des Förderzwecks bezeichnet. 329

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lich handelt es sich bei dieser durch die Mitglieder vorzunehmende Konkretisierung des Verbandszwecks um keine genossenschaftsrechtliche Besonderheit: Auch bei anderen Gesellschaften wird auf diese Weise die Leitungsmacht beschränkt, da die Leitungsorgane jeweils zur Verfolgung des Verbandszwecks innerhalb des statutarisch bestimmten Unternehmensgegenstands (§§ 57 BGB, 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG, 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) verpflichtet sind.334 c) Konsequenz: Notwendigkeit einer Fördererfolgskontrolle Festzuhalten ist folglich: Der genossenschaftsspezifische Principal-Agent-Konflikt war bereits in den ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts (latent) vorhanden. Er hat sich allerdings zwischenzeitlich zum Nachteil der Förderinteressen der Mitglieder verschärft, nachdem der Vorstand der eG seit der Novelle 1973 nach § 27 Abs. 1 GenG rechtlich und zudem vielfach faktisch über weitreichende Leitungsmacht verfügt.335 Daher besteht die Gefahr, dass das professionelle (Fremd-)Management der heutigen (Groß-)Genossenschaften autonome eigen- oder drittnützige Interessen zulasten des mitgliedschaftlichen Fördererfolgs verfolgt, etwa indem es den Genossenschaftsmitgliedern einseitig eine bestimmte Förderpolitik aufdrängt und sich vor allem beim zugelassenen Nichtmitgliedergeschäft (§ 8 Nr. 5 GenG) (weitgehend) auf den unternehmerischen Markterfolg und das Unternehmenswachstum konzentriert und dabei die Förderbedürfnisse der Mitglieder vernachlässigt.336 Mithin droht, dass der unternehmerische Markterfolg verabsolutiert wird und Genossenschaften sich einseitig förderzweckwidrig erwerbswirtschaftlich ausrichten337  – also „das Managerinteresse total werden könnte“338. Daher haben die Mitglieder der heutigen (Groß-)Genossenschaften rechtsformspezifisch ein besonderes Kontrollbedürfnis dahingehend, dass der Vorstand kontrolliert wird, ob er deren mitgliedschaftliche Förderinteressen tatsächlich verfolgt. Förderwirtschaftlich notwendig ist eine – interne oder externe – Fördererfolgskontrolle.339

334

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 66; BGH vom 10. 10. 1994 – II ZR 32/94 – NJW 1995, 192 (192). 335 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 220. 336 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (31). 337 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (31). 338 Boettcher, BlfG 1969, 233 (236). 339 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 23; Richter, ZfgG 1977, 223 (226).

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3. Rechtsformspezifisches Kontrolldefizit Weiter zu untersuchen ist, ob und inwiefern der Genossenschaftsvorstand förderzweckgerecht kontrolliert wird. Dafür muss die Kontrollverfassung der eG näher betrachtet werden, da andernfalls die Notwendigkeit der besonders weitreichenden Pflichtprüfung als Teil der Kontrollverfassung nicht beurteilt werden kann: Sollte der genossenschaftsspezifische Principal-Agent-Konflikt ohne die genossenschaftliche Pflichtprüfung effektiv bekämpft bzw. aufgelöst sein, muss die Kontrollverfassung der eG nicht um eine zusätzliche externe Pflichtprüfung zugunsten der mitgliedschaftlichen Förderinteressen ergänzt werden. Der genossenschaftlichen Pflichtprüfung bedarf es nur dann, wenn neben dem besonderen Kontrollbedürfnis zugleich ein besonderes Kontrolldefizit besteht. a) Externes Kontrolldefizit Es kommen zunächst zwei externe Kontrollmechanismen in Betracht: Erstens könnte der Vorstand der eG durch den Kapitalmarkt kontrolliert werden, zweitens durch die staatliche Förderzweckkontrolle nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG. aa) Kapitalmarktkontrolle? Teile der Literatur340 gehen davon aus, die genossenschaftliche Pflichtprüfung sei das Surrogat für die bei der eG fehlende Kapitalmarktkontrolle. Zu untersuchen ist daher, ob und inwiefern der Kapitalmarkt überhaupt als externer Kontrollmechanismus fungiert und dieser bei der eG rechtsformspezifisch fehlt. (1) AG: Kapitalmarkt als externer Kontrollmechanismus Das Management von kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften (§ 264d HGB) wird durch den Kapitalmarkt kontrolliert.341 Verfolgt deren Management die (Rendite-)Interessen der Anteilseigner nicht zu deren Zufriedenheit, verkaufen diese ihre Anteile (sog. Exit); durch die Abwanderung vieler Aktionäre fällt der Aktienkurs der betreffenden Gesellschaft.342 Hierdurch droht eine feindliche Übernahme, die für das amtierende Management misslich ist: Die neuen wirtschaft­ lichen Eigentümer werden das – zumindest aus Sicht des Kapitalmarkts – erfolg 340

Etwa Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Neumann, ZfgG 1975, 32 (39); ders., ZfgG 1981, 171 (174); ferner BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 341 Grundlegend Manne, Journal of Political Economy 73 (1965), 110 (112 ff.). 342 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, 1975, S. 28.

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lose Management regelmäßig austauschen.343 Um dem präventiv zu begegnen, wird sich das amtierende Management im eigenen Interesse bemühen, stets zur Zufriedenheit der Aktionäre zu agieren.344 Festzuhalten und heute zu Recht anerkannt ist demnach, dass die Mechanismen des Kapitalmarkts das Management von kapitalmarktorientierten Gesellschaften diszipliniert, die Interessen der Anteilseigner zu verfolgen.345 Dieser externe Kon­ trollmechanismus setzt keine gesellschaftsinternen Kontrollstrukturen voraus, sondern „funktioniert“ unabhängig von solchen.346 (2) eG: Fehlender (Kapital-)Markt für Geschäftsanteile Für den Vorstand einer eG fehlt dieser zentrale externe Governancemechanismus.347 Denn es mangelt an einem (Kapital-)Markt für Genossenschaftsanteile: Die Mitgliedschaft in der eG ist de lege lata348 nicht frei übertragbar und handelbar.349 Sie kann  – abgesehen von der Teilnahme an der Gründung  – nur durch Beitrittserklärung und Zulassung des Beitritts durch die eG erworben, nicht hingegen als solche übertragen werden – selbst dann nicht, wenn die Satzung der eG es vorsieht350. Nach § 76 Abs. 1 GenG kann nur das Geschäftsguthaben ganz oder (seit der Novelle 2006) teilweise351 übertragen werden, wenn der Veräußerer aus der eG austritt und der Erwerber an dessen Stelle als Mitglied beitritt oder bereits Mitglied der eG ist. Darüber hinaus können die Genossenschaftsmitglieder ihre Mitgliedschaft zwar durch Kündigung beenden (§ 65 Abs. 1 GenG). Allerdings sind sie daran rechts 343

Neumann, ZfgG 1975, 32 (38). Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 216, 374. 345 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (110 f.); Großfeld /  Fischer, ZfgG 1990, 206 (207); Großfeld, ZfgG 1979, 217 (219); Schwintowski, NZG 2013, 1406 (1407); v. Werder, Handbuch CG, 2009, S. 3 (16); Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 31 f. 346 Ebke, in: Sandrock / Jäger (Hrsg.), Internationale Unternehmenskontrolle und Unternehmenskultur, 1994, S. 7 (21 f.). 347 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618); Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, 1975, S. 28; ders., ZfgG 1979, 217 (219 f.); Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 223; Neumann, ZfgG 1975, 32 (38 f.); Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 34. 348 De lege ferenda für handelbare Geschäfts- bzw. Kapitalanteile Münkner, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 114 (130). Zur Schaffung übertragbarer und vererblicher Genossenschaftsanteile an einer eG Beuthien, AG 2002, 266. 349 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 216, 375. Eingehend zu Mitgliedschaft und Geschäftsanteil Beuthien, AG 2002, 266 (277 ff.). 350 Dazu Beuthien, AG 2002, 266 (270 ff.). 351 BT-Drs. 16/1025, S. 93. 344

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formspezifisch nur mäßig interessiert.352 Denn als ausscheidendes Mitglied erhalten sie selbst nach langjähriger Mitgliedschaft lediglich das – in der Regel verhältnismäßig geringe353 – Geschäftsguthaben zum Nominalwert ausgezahlt. Einen Anspruch auf die noch so umfangreichen Rücklagen oder das sonstige Vermögen der eG haben sie nicht (§ 73 Abs. 2 S. 3 GenG).354 Die Mitglieder der eG partizipieren folglich weder am inneren Wert des Unternehmens, welcher bei der AG durch den (erhöhten) Kurswert der veräußerlichen Aktie verkörpert wird, noch an dem während ihrer Mitgliedschaft erwirtschafteten Vermögenszuwachs der eG.355 Weiter kann zwar seit der Novelle von 1973 nach § 73 Abs. 3 GenG statutarisch eine Beteiligung der Mitglieder an einer aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage vorgesehen werden.356 Von dieser Möglichkeit wird allerdings selten bis nie Gebrauch gemacht, obwohl der Gesetzgeber damit Forderungen aus der Genossenschaftspraxis nachgekommen ist.357 Mithin droht dem Vorstand einer eG kein Wechsel der wirtschaftlichen Eigentümer und daher keine feindliche Übernahme, auch wenn er die Förderinteressen der Mitglieder nicht oder nur unzureichend verfolgt.358 bb) Staatliche Förderzweckkontrolle Die eG unterliegt als einzige Rechtsform einer staatlichen (Förder-)Zweckkon­ trolle.359 Nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG kann eine eG entschädigungslos360 durch Urteil aufgelöst werden, wenn ihr Zweck „entgegen § 1 nicht auf die Förderung der Mitglieder gerichtet“ ist. Insoweit muss vorweg präzisiert werden: § 81 GenG entspricht nicht generell anderen gesellschaftsrechtlichen Auflösungstatbeständen.361 352 Näher zum Kontrollmechanismus „exit“ Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 410 ff. 353 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (111). 354 Nach § 41 Abs. 1 S. 2 des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums von 1962 sollte die Satzung „einem ausgeschiedenen Mitglied ferner ein Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an den freien Rücklagen einräumen“ können, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 (353). 355 Beuthien, NZG 2022, 1323 (1323). 356 Ausführlich hierzu Bobinger, ZfgG 2005, 247 (249 ff.). 357 Großfeld, ZfgG 2003, 181 (184); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 139; Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 39 m. w. N. zum genossenschaftsrechtlichen Schrifttum, das § 73 Abs. 3 GenG überwiegend kritisch bewertet. 358 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 34; ferner Großfeld, ZfgG 1979, 217 (220), der darüber berichtet, dass ein Vorstandsmitglied einer großen deutschen eG Folgendes geäußert hat: „Von der Aktiengesellschaft unterscheiden wir uns dadurch, daß wir nicht über Nacht aufgekauft werden können.“ 359 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 9 (9). 360 Zwar ist der ausdrücklich formulierte Entschädigungsausschluss nach § 81 Abs. 1 GenG a. F. infolge der Neufassung 2006 entfallen, die aber zu keiner Änderung in der Sache führte, Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 5. 361 So aber K.  Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 1272: „Sie [die Auflösung nach § 81 GenG] entspricht der behördlichen Auflösung einer GmbH nach § 62 GmbHG“; Beuthien / Wolff,

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Keinen genossenschaftsspezifischen Regelungsgehalt hat der Auflösungsgrund der Gemeinwohlgefährdung nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GenG, der identisch für AG (§ 396 AktG), GmbH (§ 62 GmbHG) und Stiftung (§ 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) gilt.362 Nach diesen – der Sache nach öffentlich-rechtlichen – Vorschriften ist eine gemeinwohlgefährdende Betätigung generell verboten. Demgegenüber sind förderzweckwidrige Ziele nicht generell verboten, sondern dürfen nur nicht mit der gesetzlich förderzweckgebundenen eG, dafür aber mit anderen Rechtsformen verfolgt werden.363 (1) Zwar: Förderwirtschaftliche Schutzfunktion Welche Funktion § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG heute (noch) zukommt, ist umstritten. Teile der Literatur364 meinen, die Vorschrift habe ausschließlich öffentliche Interessen schützen und die politisch unerwünschte Betätigung von Genossenschaften verhindern sollen.365 Sie habe niemals privatrechtlichen Belangen gedient.366 Begründet wird dies vor allem mit einer historischen Genese: Die Vorschrift sei vom Obrigkeitsstaat bewusst als „Kampfmittel gegen politisch mißliebige BestreGenG, § 81 Rn. 1. Ferner BT-Drs. 16/1025, S. 94: „Mit der Neufassung des § 81 wird die Formulierung der Parallelvorschrift des § 396 AktG übernommen“. 362 So bereits Schnorr v. Carolsfeld, ZfgG 1982, 1 (5 f. – Fn. 14); ferner Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 470. Die weitere Entsprechung für Ideal- und Wirtschaftsvereine nach § 43 Abs. 1 BGB a. F. wurde 2009 aufgehoben, BGBl. I 2009, S. 3145. 363 Berechtigte Kritik an der rechtssystematisch verfehlten Gleichstellung übt Beuthien, NZG 2020, 681 (682, 686 f.): Während die Rechtsformverfehlung lediglich das Gesellschaftsrechtssystem als Teilbereich stört, ist in den Fällen der Gemeinwohlgefährdung die Gesamtrechtsordnung betroffen. Dessen rechtspolitische Forderung, rechtsformverfehlende Genossenschaften nicht aufzulösen, sondern nur aus dem Genossenschaftsregister zu streichen und diesen dadurch die Rechtsfähigkeit als eG zu entziehen, lässt sich seit der Vereinsrechtsreform von 2009 durch § 43 BGB n. F. systematisch stützen: Danach wird einem konzessionierten Verein die Rechtsfähigkeit entzogen, wenn er einen anderen als den in der Satzung festgelegten und behördlich genehmigten Zweck verfolgt. Ebenso für eine entsprechende Änderung von § 81 Abs. 1 GenG Bialek, Perspektiven der Genossenschaft als Organisationsform, 1995, S. 256, 286. 364 Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 11 f.; Baumgartl, Funktion, 1979, S. 197 f.; Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 105 ff., 124. 365 Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 11 ff.; Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 105 ff. 366 Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 105 ff. Abweichend Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 18 f., der den Schutz privater Belange neben der polizeistaatlichen Herkunft nicht endgültig ausschließen will, diesen aber wegen § 54a GenG für unbedeutend und die Vorschrift heute für überflüssig hält (a. a. O., S. 106 f.).

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bungen“367 geschaffen worden. Da für diese polizeistaatliche Funktion im heutigen Rechtsstaat kein Raum mehr bestehe, sei die Vorschrift hinfällig geworden; diese könne auch nicht zum Schutz von privaten Belangen angewandt werden.368 § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG sei daher heute „überflüssig“ und müsse „ersatzlos gestrichen werden.“369 Dafür, dass der Auflösungstatbestand nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG tatsächlich ein anachronistisches Relikt ist, spricht prima facie ein empirischer Befund370: Dieser wurde bislang nur sehr vereinzelt angewandt371 – und (soweit ersichtlich) letztlich noch nie eine eG danach aufgelöst372. Dennoch folgt die herrschende Literatur373 der genannten Ansicht zu Recht nicht. Dass § 81 GenG nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nur oder zumindest auch öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt war, ist angesichts der Entstehungsgeschichte und der Gesetzesmaterialien, insbesondere denen zu den Vorgängervorschriften, zwar naheliegend374, kann aber dahinstehen.375 Denn § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG wäre als heute geltendes Gesetz ausnahmsweise nur dann obsolet, wenn das damit verfolgte Ziel nicht mehr erreicht werden kann oder gegenstandslos wurde.376 Jedenfalls heute hat die Vorschrift aber keine polizeistaatliche, sondern ausschließlich eine förderzwecksichernde Funktion.377 Nur das entspricht dem Willen des heutigen Gesetzgebers378: Dieser ließ § 81 GenG bei der grundlegenden Genossenschaftsrechtsnovelle von 1973 unverändert fortbestehen, während er 367

Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 113. 368 Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 124. 369 So im Ergebnis Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 107. 370 Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 164. 371 Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 2, § 81 Rn. 4; Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (25); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 161: „rechtstatsächlich nur äußerst selten angewandt“. 372 Beuthien, 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 14; Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 2; Kober, ZfgG 2012, 193 (195); ferner BTDrs. 19/13174, S. 15. 373 Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 3; Götz, Verbundbildung, 1981, S. 155 ff.; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 471. 374 Es handelt sich um § 34 des Preußischen GenG von 1867, § 35 des GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 und schließlich § 79 des GenG von 1889. Dazu Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 7 ff.; Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 11 ff. 375 Ebenso Götz, Verbundbildung, 1981, S. 155. 376 Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 730d. 377 Götz, Verbundbildung, 1981, S. 155 ff.; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 471. 378 Ähnlich Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 17.

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die Strafvorschrift nach § 149 GenG a. F., welche tatbestandlich ebenfalls an die Verfolgung anderer Ziele als die nach § 1 Abs. 1 GenG anknüpfte, „als nicht mehr zeitgerecht“379 ersatzlos aufhob. Auch wurde die Vorschrift durch die Novelle 2006 nur sprachlich angepasst, wobei der Gesetzgeber ausdrücklich betonte, dass ihr für den Fall Bedeutung zukommt, „dass der Zweck der Genossenschaft entgegen § 1 nicht auf die Förderung der Mitglieder ausgerichtet ist.“380 § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG fungiert mithin heute als heteronomer „Schutzmechanismus im System einer effektiven ‚Förderzweckkontrolldemokratie‘“381, entgegen der h. M.382 allerdings nicht als Sanktionsnorm383. Auch wurde § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG infolge der Novelle 1934 im Verhältnis zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung nicht zu einer überflüssigen und zu streichenden Vorschrift, da seither förderzweckwidrig agierende Genossenschaften vom Prüfungsverband ausgeschlossen und nach § 54a GenG registergerichtlich aufgelöst werden können.384 Zwar sieht sich eine eG ohne Verbandsmitgliedschaft einem registerrechtlichen Auflösungsverfahren ausgesetzt, das nach § 54a Abs. 2 S. 1 GenG mit der Auflösung endet.385 Dennoch ist der Auffassung nicht zu folgen.386 Denn beide Auflösungstatbestände bestehen unabhängig von- und nebeneinander.387 Sie können wechselseitig nicht zur Entbehrlichkeit des jeweils anderen führen, da sie abweichende Voraussetzungen und Schutzzwecke haben: Während § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG auf die förderzweckwidrige Verwendung der Rechtsform eG abzielt, will § 54a GenG die verpflichtende Verbandsmitgliedschaft jeder eG sichern388. Die fehlende Verbandsmitgliedschaft kann zwar auf einem Verbandsausschluss beruhen, der insbesondere möglich ist, wenn eine eG förderzweckwidrige Ziele verfolgt. Die eG kann aber auch aus anderem wichtigem Grund aus ihrem Verband ausgeschlossen werden.389 Die fehlende Verbandsmitgliedschaft kann ferner darauf 379

So ohne nähere Begründung BT-Drs. 7/97, S. 31. Nach Büchler, Eingetragene Genos­ senschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 16 soll der Erwägung des Gesetzgebers die poli­ tische Kontrollfunktion der Vorschrift zugrunde gelegen haben. 380 BT-Drs. 16/1025, S. 94. 381 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 473. 382 So BT-Drs. 16/1025, S. 94; Kober, ZfgG 2012, 193 (201, 204), der von der „Auflösungssanktion“ spricht; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 331: „Sanktion für die Einhaltung der Grenzen des § 1 GenG“; bereits Waldecker, Die eingetragene Genossenschaft, 1916, S. 206: „eine Art von Strafe gegen die e.G. selbst“. 383 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 473; auch die erste Variante hat keine Straffunktion, Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 2. 384 So aber Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 106 f.: § 54a GenG sei „eine Waffe, die ungleich schärfer und wirkungsvoller, aber doch viel geräuschloser und handlicher ist als das umständliche Verfahren nach § 81.“ 385 Kritisch insoweit Zweiter Teil  C. I. 2. b) ff). 386 Ablehnend auch: Beuthien, NZG 2020, 681 (686 – Fn. 59); Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 123 f. 387 Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 119. 388 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 2. 389 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 5.

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beruhen, dass eine – förderwirtschaftlich agierende – eG selbst aus ihrem Verband austritt. Ob und wann der Tatbestand der fehlenden Mitgliederförderung von § 81 Abs. 1 S. 1 Alt.  1 GenG vorliegt, hängt aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 1 GenG freilich davon ab, wie man den Inhalt von § 1 Abs. 1 GenG bestimmt. Folgt man der Auffassung, welche die (weitergehende) Förderzweckbindung der eG ablehnt, kann eine eG nur aufgelöst werden, wenn sie die Mitgliederförderung überhaupt aufgibt oder ausschließlich Dritte fördert.390 Folgt man der subjektiven Theorie, kann nur geprüft werden, „ob im gegebenen Fall die bezweckte Geschäftstätigkeit aus der Sicht der Mitglieder als Förderung zu betrachten war.“391 Folgt man hingegen wie hier der Ansicht der h. M., wonach die eG nach § 1 Abs. 1 GenG ihre Mitglieder ausschließlich oder in der Hauptsache als Kunden nutzerbezogen zu fördern hat, sind Genossenschaften aufzulösen, welche ihre Mitglieder nur kapitalzinswirtschaftlich fördern. Aufzulösen sind vor allem unzulässige Dividendengenossenschaften.392 (2) Aber: ultima ratio Die externe staatlich-heteronome und ersatzlose Zwangsauflösung einer eG nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GenG aufgrund Rechtsformverfehlung kann allerdings nur ultima ratio sein, wenn und weil alle anderen förderzwecksichernden Mechanismen versagen.393 Zwar ist die Antragstellung der obersten Landesbehörde noch kein Eingriff394, gleichwohl aber das Auflösungsurteil ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG und die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG.395 Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrund 390

Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 77 ff. Dülfer, ZfgG 1980, 47 (49). 392 Ebenso Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 3; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 472; BerlKommGenG / Herzberg, § 81 Rn. 3 (ohne Begründung); Althanns, in: Althanns /  Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 2, § 81 Rn. 15 (ohne Begründung). A. A. Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 81 Rn. 3 (ohne Begründung); Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S.  160; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 81 Rn. 3, der sich auf die Gesetzesbegründung beruft, wonach die Vorschrift „eng auszulegen“ ist (BT-Drs. 16/1025, S. 94). Dabei wird allerdings verkannt, dass der Gesetzgeber dies nur auf den Fall bezog, dass eine eG „Geschäfte betreibt, die nicht im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes liegen oder dem durch die Satzung bestimmten Förderungszweck nicht entsprechen.“ 393 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 471; Kober, ZfgG 2012, 193 (196): logischer „Abschluss einer Reihe von gesetzlich vorgegebenen Kontrollmechanismen zur Sicherung des genossenschaftlichen Förderzwecks“; BT-Drs. 19/13174, S. 15: „Ultima-Ratio-Maßnahme“. 394 Kober, ZfgG 2012, 193 (202). 395 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 472; Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 51: „grundrechtssensible Maßnahme“; Kober, ZfgG 2012, 193 (197). 391

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satzes kommt die Auflösung der eG mithin verfassungsrechtlich nur in Betracht, wenn eine eG grundlegend und systematisch förderzweckwidrige Ziele verfolgt. Einzelne Förderzweckverstöße, die „nur eine Randerscheinung neben im übrigen dem Förderzweck gewidmeter genossenschaftlicher Tätigkeit“ darstellen, sind unschädlich; die förderzweckwidrige Betätigung „muss gerade das Gesamtbild der Genossenschaft prägen.“396 Selten, aber denkbar und ausreichend sind einmalige, aber besonders schwerwiegende Verstöße gegen den Förderzweck.397 Dem ultima ratio-Grundsatz trägt der Gesetzgeber richtigerweise auch verfahrenstechnisch Rechnung: Ein Auflösungsantrag der Verwaltungsbehörde kommt erst dann in Betracht, sofern die eG von dieser zuvor erfolglos abgemahnt wurde.398 Weiter kann die ersatzlose Auflösung einer eG nur ausgesprochen werden, sofern sie den Beanstandungen des Landgerichts nicht abhilft – also die eG fortdauernd und unbelehrbar gegen den Förderzweck verstößt. In diesen Fällen muss die zuständige oberste Landesbehörde einen Auflösungsantrag stellen und das Landgericht die Auflösung aussprechen – ein Ermessensspielraum für die antragsbefugte Behörde399 und / oder Rechtsanwendungsermessen für das Gericht400 bestehen trotz des Wortlauts von § 81 Abs. 1 S. 1 GenG („kann […] aufgelöst werden“) nicht.401 Zudem wird die staatliche Förderzweckkontrolle rechtspraktisch kaum effektiv wahrgenommen.402 Denn das Anwendungsdefizit von § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG beruht nicht darauf, dass alle Genossenschaften seit jeher fortlaufend § 1 Abs. 1 GenG beachten. Maßgeblich ist vielmehr „das generelle Kontrollversagen der antragsbefugten staatlichen Stellen“403, die § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG als geltendes Recht weithin ignorieren. 396

Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 162; ferner Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 51; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 81 Rn. 2; Müller, GenG, Bd. 4, § 81 Rn. 4; Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 3. 397 Kober, ZfgG 2012, 193 (197). 398 Beuthien, NZG 2020, 681 (683). Abmahnung und behördlicher Antrag sind für die betroffene eG ein „Warnschuss“, Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 473. 399 Ein solches bejahend: Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 2, § 81 Rn. 20; Müller, GenG, Bd. 4, § 81 Rn. 1; BerlKommGenG / Herzberg, § 81 Rn. 4; Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 1. 400 Ein solches bejahend: Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn.  1; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs /  Fandrich, GenG, § 81 Rn. 1. Ablehnend: Müller, GenG, Bd. 4, § 81 Rn. 7. Davon zu trennen ist der dem Gericht zustehende Beurteilungsspielraum auf Tatbestandsebene, ob eine Gemeinwohlgefährdung oder Rechtsformverfehlung vorliegt, zutreffend Beuthien, NZG 2020, 681 (683); ferner Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, 1980, S. 6 f. 401 Überzeugend gegen ein „doppeltes Eingreifermessen“: Beuthien, NZG 2020, 681 (682 f.); Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 81 Rn. 2 f.; Kober, ZfgG 2012, 193 (201 f., 207). Zur ähnlich gelagerten Frage, ob die Entziehung der Rechtsfähigkeit nach § 43 BGB n. F. eine Ermessensentscheidung ist MüKoBGB / Leuschner, § 43 Rn. 2. 402 Beuthien, AG 2012, 867 (872). 403 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 474; ferner Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 237 (246): „seit langem vernachlässigt“; ähnlich Kober, ZfgG 2012, 193 (195).

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cc) Fazit Damit steht fest: Der nach § 27 Abs. 1 GenG weisungsfrei leitende Vorstand der eG unterliegt keiner externen Kontrolle durch den Kapitalmarkt. Der eG fehlt es somit insoweit an dem für die AG charakteristischen „Zusammenspiel interner verbandsrechtlicher und externer marktrechtlicher Kontrollmechanismen“404. Ein „Mehr“ an externer Kontrolle ist zwar die staatliche (Förder-)Zweckkontrolle nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG, welcher die eG als einzige Rechtsform exklusiv unterliegt.405 Dieser förderzwecksichernde Kontrollmechanismus kommt allerdings als ultima ratio rechtlich nur ausnahmsweise in Betracht und wird von den antragsbefugten Behörden tatsächlich kaum effektiv ausgeübt. Die eG leidet somit rechtsformimmanent an einem externen Kontrolldefizit. Da es grundsätzlich auf ein ausgewogenes Verhältnis von externen und internen Kontrollmechanismen ankommt406, ist entscheidend, ob und wie dieses „Weniger“ an externer Kontrolle durch ein „Mehr“ an anderweitiger Kontrolle förderzweckgerecht kompensiert wird. b) Unzureichend: Förderwirtschaftliche Disziplinierung der Vorstandsmitglieder Die bei der eG (weitgehend) fehlende externe Kontrolle könnte dadurch ausgeglichen werden, dass der Leitungsmacht des Vorstands andere förderzwecksichernde Schutzmechanismen gegenüberstehen, wodurch die Vorstandsmitglieder förderwirtschaftlich diszipliniert werden. Indes gewährleistet weder die sog. Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG noch die zivilrechtliche oder strafrechtliche Haftung der Vorstandsmitglieder für Förderzweckverstöße eine solche Disziplinierung.407 aa) Selbstorganschaft Prima facie scheint § 9 Abs. 2 S. 1 GenG das „Heilmittel“ für den genossenschaftsspezifischen Principal-Agenten-Konflikt zu sein: Danach müssen die Vorstandsmitglieder zwingend Mitglieder der eG sein. Freilich handelt es sich dabei um keine echte Selbstorganschaft.408 Denn die eG ist – anders als Personengesell 404

Leyens, JZ 2007, 1061 (1069) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 9 (9). 406 Mattheus, Handbuch CG, 2009, S. 563 (576). 407 Eingehend zum „Versagen“ der förderwirtschaftlichen Disziplinierung der Vorstandsmitglieder Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 376 ff. 408 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 376: „keine echte Selbstorganschaft, sondern […] eine personalistisch ausgestaltete Form der Fremdorganschaft“; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 119: „Formal betrachtet besteht bei der Genossenschaft keine Selbstorganschaft.“ 405

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schaften – nicht ipso iure mit Organträgern ausgestattet und eo ipso handlungsfähig. Vielmehr müssen ihre Vorstands- (§ 24 Abs. 2 GenG) und Aufsichtsratsmitglieder (§ 36 Abs. 1 GenG) bestellt werden, sodass diese keine geborene, sondern gekorene Organträger sind409. § 9 Abs. 2 S. 1 GenG ist folglich ein gesetzliches Verbot der Drittorganschaft.410 (1) Förderwirtschaftlicher Schutzzweck Den traditionellen Geltungsgrund von § 9 Abs. 2 S. 1 GenG bildet die unbeschränkt persönliche Haftung der Mitglieder der eG.411 Die Vorstandsmitglieder sollten aufgrund ihrer mitgliedschaftlichen Haftung von den Misserfolgen ihrer eigenen Geschäftsführung selbst betroffen sein.412 Dieser historische Schutzzweck von § 9 Abs. 2 S. 1 GenG ist zwischenzeitlich entfallen.413 Denn die mitgliedschaftliche Haftung gegenüber den Genossenschaftsgläubigern im Außenverhältnis ist zu einer Nachschusspflicht gegenüber der eG im Innenverhältnis mutiert, welche statutarisch vollständig ausgeschlossen werden kann (§ 6 Nr. 3 GenG).414 Heute kommt § 9 Abs. 2 S. 1 GenG ein förderzwecksichernder Schutzzweck zu.415 Die Vorschrift zielt darauf ab, einen Gleichlauf zwischen den (Förder-)Interessen der leitenden und denen der weiteren Mitglieder der eG herzustellen.416 Da nicht (mehr) alle Mitglieder unmittelbar an der Geschäftsführung der eG beteiligt sind, soll zumindest sichergestellt sein, dass die an der Geschäftsführung beteiligten Personen selbst Adressaten des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs sind – und damit die Förderbedürfnisse als Mitglieder und Kunden aus eigener Erfahrung ken-

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Zu dieser Unterscheidung K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 416. Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 103 (115). 411 Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 20; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 67; Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 155 f. 412 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (18). 413 Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 20; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 123 ff.; Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 156 f. 414 Näher zur Entwicklung der Haftungskonzeption der Genossenschaften Reif, in: BlomeDrees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (17 ff.) m. w. N. 415 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 377. 416 BerlKommGenG / Keßler, § 9 Rn. 21; ders., in: ders. (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit?, 2002, S. 11 (25 f.). Freilich handelt es sich dabei grundsätzlich um keine genossenschaftsspezifische Besonderheit: Durch das Organisationsmodell der Selbstorganschaft soll generell die ordnungsgemäße und sorgfältige Tätigkeit der Geschäftsführer sichergestellt werden, Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 343; ­Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (61). 410

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nen417. Durch den vom Gesetzgeber beabsichtigten „Aufstieg vom (einfachen) Mitglied zum Organwalter“418 soll sichergestellt werden, dass der Förderzweck „nicht nur so erfüllt wird, wie sich das engagierte Fachleute anstelle der Genossen vorstellen“419. Zusätzlich soll § 9 Abs. 2 S. 1 GenG die einzelnen Vorstandsmitglieder der eG förderwirtschaftlich dadurch disziplinieren, dass jedes Mitglied kraft Mitgliedschaft die einzige Amtsvoraussetzung erfüllt. Die Vorstandsmitglieder sollen sich daher nicht für unersetzbar halten, sondern jederzeit damit rechnen müssen, ausgetauscht zu werden, insbesondere wenn die Mitglieder der eG mit ihrer Fördergeschäftspolitik nicht zufrieden sind.420 (2) Dessen tatsächliches Leerlaufen Dieser förderzwecksichernde Schutzzweck läuft heutzutage allerdings vielfach de facto leer, da die Vorstände der heutigen (Groß-)Genossenschaften regelmäßig (faktisch) fremdorganschaftlich besetzt werden. Das Bedürfnis nach externer, professioneller Leitung entstand in der Praxis, nachdem sich die von den Genossenschaften betriebenen Unternehmen vielfach zu Großbetrieben weiterentwickelten. Diese haben gegenüber den Einzelwirtschaften der Mitglieder heute nicht mehr nur hilfswirtschaftliche Funktion, sondern nehmen marktfunktional eigenständige Aufgaben wahr.421 Die heutigen Mitglieder können zum einen die Leitung der eG regelmäßig nicht selbst übernehmen422, da sie nur Kenntnisse auf ihrer Wirtschaftsstufe, nicht aber auf der höheren Wirtschaftsstufe zur Leitung des genossenschaftlichen Unternehmens besitzen.423 Zum anderen wollen die Mitglieder den gemeinsam unterhaltenen Betrieb regelmäßig nicht leiten, da sie mit der Führung ihres eigenen Betriebs beschäftigt sind424. Die Mitglieder sind zur Leitung der eG und des betriebenen Großunternehmens folglich weder fachlich noch zeitlich in der Lage.425 Umgekehrt entspricht dieser Befund der Interessenlage der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder der heutigen (Groß-)Genossenschaften: Diese können und wollen zusätzlich

417 Beuthien, Zeit für eine Genossenschaftsrechtsreform, 2003, S. 42 (48); Kober, ZfgG 2010, 37 (48 – Fn. 34); Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (77). 418 Keßler, BB 2005, 277 (282 f.). 419 Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (53). 420 Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 6; Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 151. 421 Beuthien, Zeit für eine Genossenschaftsrechtsreform, 2003, S. 42 (48). 422 Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (372). 423 Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 13; Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (372). 424 Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 13; Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (372). 425 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 379.

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zur Leitung der eG und des Genossenschaftsunternehmens selbst keinen eigenen Betrieb führen.426 Notwendig ist mithin ein professionelles und hauptamtliches (Fremd-)Management, ohne das die heutigen (Groß-)Genossenschaften nicht denkbar sind.427 Besonders gilt dies für Kreditgenossenschaften: Deren Vorstandsmitglieder müssen als Geschäftsleiter (§ 1 Abs. 2 S. 1 KWG) „für die Leitung eines Instituts fachlich geeignet und zuverlässig sein und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausreichend Zeit widmen“ (§ 25c Abs. 1 S. 1 KWG); fehlt es daran, muss die Erlaubnis nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KWG versagt werden bzw. kann nach § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG aufgehoben werden. Um den Vorgaben von § 9 Abs. 2 S. 1 GenG formal zu genügen, hilft sich die Praxis bei Genossenschaften, die aufgrund ihres Geschäftsgegenstands besondere Förderbedürfnisse voraussetzen, mit der Konstruktion428 des sog. fördernden Mitglieds: In der Satzung werden Personen, deren Mitgliedschaft für die eG oder ihre Mitglieder förderlich ist, zugelassen und als Mitglied in die eG aufgenommen.429 Damit wird der Schutzzweck von § 9 Abs. 2 S. 1 GenG, wonach die Vorstandsmitglieder die Förderinteressen als Mitglied unmittelbar kennen sollen430, ins Gegenteil verkehrt. Denn „nicht das Interesse an der Förderleistung befähigt zum Vorstand, sondern umgekehrt bedingt das (Vorstands-)Amt die Mitgliedschaft.“431 Fördernde Mitglieder sind kein potenzieller Mitgliederkunde im Fördergeschäftsverkehr.432 Sie verfügen nicht über die gleichen Bedürfnisse wie nutzende Mitglieder und kennen deren Bedürfnisse nicht aus eigener Erfahrung.433 Noch unproblematischer kann § 9 Abs. 2 S. 1 GenG bei solchen Genossenschaften formal eingehalten werden, die jeden fördern können. So können etwa Kredit- oder Wohnungsgenossenschaften

426 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 103 (115); ders., in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 413 (417). 427 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 143; Boettcher, BlfG 1969, 233 (237 f.); v. Caemmerer, Reformreferate, 1956, S. 161 (189); Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (373); Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 6 f.; Paulick, FS Draheim, 1971, S. 211 (218). 428 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 103 (115): „Trickkonstruktion“; ders., BzD 1999, 8 (9): „eine Art ‚Mogelpackung‘“; ders., Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (61): „kautelarjurstischen Kunstgriff“; Greve / Lämmert, in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit?, 2002, S. 41 (67): „Kunstfigur“. 429 Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 13; Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (77). 430 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 103 (115). 431 Großfeld / Aldejohann, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen WilhelmsUniversität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 1 (15). 432 Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 13; Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 134. 433 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (36); Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 134; Großfeld, ZfgG 1988, 263 (267). Diesen grundlegenden Unterschied verkannte der Rechtsausschuss des Bundestags BT-Drs. 16/1524, S. 8: „auf die tatsächlichen Motive der Mitgliedschaft oder die aktuelle Nutzung der Genossenschaft durch das Mitglied kommt es nicht an“.

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qualifizierte Führungskräfte schlicht als Mitglied beitreten – freilich ebenfalls, ohne die Förderbedürfnisse der nutzenden Mitglieder zu kennen.434 Die Konsequenz dieser Entwicklung ist zudem, dass die Vorstandsmitglieder der heutigen (Groß-)Genossenschaften nicht stets damit rechnen müssen, dass die Mitglieder der eG aus ihrer Mitte einen anderen Nachfolger wählen, wenn sie mit der Geschäftsführung des Vorstands unzufrieden sind. Zwar erfüllen alle Mitglieder durch ihre Mitgliedschaft in der eG die Amtsvoraussetzung nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG. Ihnen mangelt es aber regelmäßig an denen für das Vorstandsamt erforderlichen zeitlichen und fachlichen Anforderungen – es fehlt mithin an einem förderwirtschaftlich disziplinierenden Konkurrenzkampf. (3) Ergebnis § 9 Abs. 2 S. 1 GenG hat zwar de iure einen förderzwecksichernden Schutzzweck hat. Dieser läuft allerdings de facto weitgehend leer, da die heutigen (Groß-)Genossenschaften professionelle und hauptamtliche Manager als Mitglieder aufnehmen und zu Vorstandsmitgliedern der eG ernennen (müssen). Sie werden nicht von Teilen der Genossenschaftsmitglieder selbst, sondern von hochqualifizierten Managern fremdorganschaftlich geleitet. Damit lässt sich erneut435 festhalten: Die heutigen Vorstandsmitglieder einer eG sind nicht rechtsformspezifisch Unqualifizierte, sondern vielfach hauptamtliche und professionelle Manager. Diese bedürfen – anders als die früher leitenden geschäftsunerfahrenen Genossenschaftsmitglieder – keiner externen Betreuungsprüfung, sondern sind (oft) ebenso qualifiziert wie die Prüfer des genossenschaftlichen Prüfungsverbands.436 Folglich lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung heute nicht (mehr) als notwendiges Gegenstück zum Ehrenamt im Genossenschaftsvorstand begründen. bb) Haftung Ein weiterer Kontrollmechanismus ist die Vorstandshaftung: Zutreffend erkannte der historische Gesetzgeber des GenG von 1889, dass die Selbstbetroffenheit der Vorstandsmitglieder ein „wirksames Moment für das Interesse an der richtigen Leitung der Genossenschaftsgeschäfte“437 ist. Indes werden die Vorstandsmitglieder durch die Vorstandshaftung heute kaum förderwirtschaftlich diszipliniert, da sie für Förderzweckverstöße regelmäßig nicht haftbar sind. 434

Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 203 (233). Siehe Erster Teil  C. II. 1. 436 Boettcher, BlfG 1969, 233 (237). 437 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (230). 435

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(1) Förderwirtschaftliche Vorstandspflichten Früher bestimmten § 26 des Preußischen GenG von 1867 sowie § 27 des GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 für Vorstandsmitglieder, „welche in dieser Eigenschaft außer den Grenzen ihres Auftrages oder den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages handelten“, dass diese „persönlich und solidarisch für den dadurch entstandenen Schaden“438 haften. Eine solche Haftung sah auch § 32 Abs. 2 des GenG von 1889 für Vorstandsmitglieder vor, die „ihre Obliegenheiten verletzen“. Heute schulden die Vorstandsmitglieder der eG nach § 34 Abs. 1 S. 1 GenG zwar „bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft“. Mit der Neufassung durch die Novelle 1973 (anstatt Sorgfalt eines „ordentlichen Geschäftsmannes“ die eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft“) wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass die „Vorstandsmitglieder nicht nur Unternehmensleiter sind, sondern auch den ihnen von den Genossen erteilten Förderungsauftrag zu beachten haben.“439 Sie haben folglich nicht nur auf den Markterfolg des von der eG betriebenen Unternehmens zu achten, sondern zudem auf die bestmögliche Erfüllung des Förderzwecks (Fördererfolg).440 Dabei müssen sie insbesondere den von den Mitgliedern näher bestimmten Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG) beachten. (2) Aber: Kein Schaden der eG Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 34 Abs. 2 S. 1 GenG („der Genossenschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet“) und dem Willen des Gesetzgebers441 ist nur die eG anspruchsberechtigt, nicht hingegen ihre Mitglieder.442 Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist demnach ein Schaden der eG, woran es bei Förderzweckverstößen des Vorstands regelmäßig fehlt.443 Betreibt der Vorstand etwa umfassend das Nichtmitgliedergeschäft und unterlässt es, die Förderleistung gegenüber den Mitgliedern der eG zu steigern444, schlägt sich dieses förderzweckwidrige Verhalten in der Regel in keinem Vermögensnachteil der eG nieder, sondern vielfach sogar als Vermögens 438

Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 24. BT-Drs. 7/97, S. 23 f. 440 Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (59); Boettcher, ZfgG 1979, 198 (207); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 34 Rn. 17. 441 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (246). 442 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 225. 443 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (23, 34). 444 Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 10. 439

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vorteil.445 Einen Vermögensschaden erleiden lediglich die einzelnen Mitglieder der eG – diese sind nach § 34 Abs. 2 GenG aber weder anspruchsberechtigt noch klagebefugt.446 Ein direkter Schadensersatzanspruch der Mitglieder gegenüber den Vorstandsmitgliedern kommt auch nicht nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht.447 De lege lata kommt für die Vorstandshaftung – abgesehen von dem (seltenen) Fall der § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB und § 826 BGB448 – daher lediglich eine „Regresslösung“ in Betracht: Sofern die Mitglieder ihre eG in Anspruch nehmen, kann sich diese bei ihren Vorstandsmitgliedern schadlos halten (§ 34 Abs. 2 S. 1 GenG sowie § 280 Abs. 1 BGB).449 Hierfür müsste der eG allerdings ein eigener Schaden entstanden sein, woran es in aller Regel fehlt: Die sie in Anspruch nehmenden geschädigten Mitglieder verlangen lediglich das ersetzt, was die eG ihnen in der Fördergeschäftsbeziehung förderzweckwidrig vorenthalten hat. Haben die Mitglieder dieses förderzweckwidrige „Mehr“ von der eG abgeschöpft, steht diese vermögensrechtlich so da, wie sie gestanden hätte, sofern ihre Vorstandsmitglieder von Beginn an keine Förderzweckverstöße begangen hätten.450 Entgegen Beuthien451 kann schließlich nicht erwogen werden, dass die eG den Schaden ihrer Mitglieder nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation liquidiert.452 Denn es fehlt an zwei Voraussetzungen: Erstens haben die Genossenschaftsmitglieder einen eigenen Schadensersatzanspruch gegenüber ihrer eG nach § 280 Abs. 1 BGB, gegenüber der sie kraft mitgliedschaftlicher Sonderbeziehung in einem Schuldverhältnis stehen und der das (förderzweckwidrige)  Verhalten ihrer Vorstandsmitglieder analog § 31 BGB zugerechnet wird.453 Zweitens stellt die Tatsache, dass durch das förderzweckwidrige Vorstandshandeln lediglich die 445

Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 395. Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 5, 11; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 34 Rn. 8; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 34 Rn. 124. 447 Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 5, 11; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 395 f.; Großfeld / Noelle, AG 1986, 275 (277 f.); Meyer, Die Verantwortlichkeit des Vorstandes der eingetragenen Genossenschaft aus § 34 GenG, 1985, S. 234 ff., 242; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 225. A. A. Lammel, ZfgG 1986, 125 (137), der § 34 Abs. 1 i. V. m. § 1 GenG als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der einzelnen Mitglieder der eG qualifizieren möchte. 448 Meyer, Die Verantwortlichkeit des Vorstandes der eingetragenen Genossenschaft aus § 34 GenG, 1985, S. 242. 449 Näher zu dieser „Regresslösung“ und für deren Beibehaltung de lege ferenda: Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 396. Ferner Großfeld / Noelle, AG 1986, 275 (278). 450 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 396. 451 Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 11. Dem zumindest zugeneigt Meyer, Die Verantwortlichkeit des Vorstandes der eingetragenen Genossenschaft aus § 34 GenG, 1985, S. 243 f. 452 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 397; Großfeld / Noelle, AG 1986, 275 (278). 453 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 396. 446

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Einzelwirtschaften der Mitglieder geschädigt werden, keine zufällige, sondern eine förderzweckbedingte Schadensverlagerung dar.454 cc) Strafbarkeit Förderzweckverstöße haben für die Vorstandsmitglieder der eG zudem in aller Regel keine strafrechtlichen Konsequenzen.455 (1) Historisch: Strafbarkeit aller Förderzweckverstöße Früher war jeder Förderzweckverstoß der Vorstandsmitglieder einer eG strafbewehrt: Nach § 26 des Preußischen GenG von 1867 wurden die Vorstandsmitglieder mit einer „Geldbuße bis zu 200 Thalern“ bestraft, „wenn ihre Handlungen auf andere, als die in dem gegenwärtigen Gesetze (§ 1) erwähnten geschäftlichen Zwecke gerichtet sind“456. Hierbei handelte es sich um ein Zugeständnis, welches Schulze-Delitzsch gegenüber dem preußischen Obrigkeitsstaat erbringen musste, der den Missbrauch der Genossenschaften zu politischen Zwecken verhindern wollte.457 Gleiches bestimmte § 27 GenG des Norddeutschen Bundes von 1868. Auch nach § 143 des GenG von 1889 wurden Vorstandsmitglieder einer eG „mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft, wenn ihre Handlungen auf andere als die im § 1 erwähnten geschäftliche Zwecke gerichtet sind“458. Diese Strafvorschriften hatten eine besonders förderzwecksichernde Funktion: Danach machten sich Vorstandsmitglieder immer strafbar, soweit sie sich nicht förderzweckkonform betätigten  – unabhängig davon, ob die Förderzweckverstöße des Vorstands zu einem (bezifferbaren) Vermögensschaden der eG oder ihrer Mitglieder führte.459 (2) Heute: Fehlender Straftatbestand Dem heute geltenden GenG ist ein entsprechender Straftatbestand fremd, nachdem die Vorschrift des § 149 GenG a. F. durch die Novelle 1973 vom Gesetzgeber 454 Großfeld / Noelle, AG 1986, 275 (278): „folgt aus der Struktur der Mitgliederförderung“. Auch Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 11 erkennt, dass der „besondere Gesellschaftszweck einer eG“ zur haftungsrechtlichen Konstellation führt, nur eben nicht zu einer „zufälligen Schadensverlagerung“. 455 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (34). 456 Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 8. 457 Baumgartl, Funktion, 1979, S. 69 ff.; Kohte, ZIP 1991, 905 (909); Pfandl, Eingetragene Genossenschaften als gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 1983, S. 383. 458 Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 70; Beuthien /  Beuthien, GenG, § 34 Rn. 5, 11. 459 Wolf, Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen, 1986, S. 51 f., 177 f.

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„als nicht mehr zeitgerecht“460 ersatzlos gestrichen wurde.461 Förderzweckwidrige Betätigung der Vorstandsmitglieder kann nur (noch) nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar sein.462 Wie schon das Reichsgericht463 annahm, trifft die Vorstandsmitglieder der eG zwar eine Vermögensbetreuungspflicht.464 Wie bereits bei der zivilrechtlichen Haftung der Vorstandsmitglieder gezeigt wurde, fehlt es bei Förderzweckverstößen allerdings regelmäßig an einem  – betragsmäßig zu beziffernden465  – Schaden der eG.466 Einen solchen Vermögensschaden setzte auch der (im Jahr 1969 aufgehobene467) Tatbestand der genossenschaftlichen Untreue nach § 146 GenG a. F.468 voraus. (3) Exkurs: Straftatbestand für Förderzweckverstöße de lege ferenda? Die de lege lata ausschließlich in Betracht kommende Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB vermag demnach zwar nicht, die Vorstandsmitglieder der eG effektiv förderwirtschaftlich zu disziplinieren. Dennoch wäre es verfehlt, einen Straftatbestand für alle Förderzweckverstöße der Vorstandsmitglieder (erneut) einzuführen.469 460 So BT-Drs. 7/97, S. 31 ohne nähere Begründung. Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 16 meint, dass den Erwägungen des Gesetzgebers die historische politische Kontrollfunktion der Vorschrift zugrunde gelegen haben dürfte. 461 Entsprechend entwickelte sich das österreichische Genossenschaftsrecht: Durch das Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 (BGBl. I Nr. 104/2006) wurde § 88 öGenG aufgehoben, nachdem die Vorschrift zuvor als „totes Recht“ (Binder / Lengauer, in: Dellinger (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, § 88 GenG) bezeichnet wurde. Danach macht sich strafbar, wer „vorsätzlich als Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft bewirkt, zustimmt oder nicht hindert, daß die Tätigkeit der Genossenschaft über die durch dieses Gesetz oder den Genossenschaftsvertrag gezogenen Grenzen ausgedehnt wird.“ 462 Eingehend zur Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder nach § 266 Abs. 1 StGB Wolf, Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen, 1986, S. 65 ff. Siehe auch ­Krüger, ZfgG 2010, 221. 463 RG vom 10. 5. 1935 – 1 D 757/34 – RGSt 69, 203. 464 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 398; Krüger, ZfgG 2010, 221 (229). Zur Vermögensbetreuungspflicht des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank BGH vom 25. 1. 2023 – 6 StR 383/22 – NStZ 2023, 351 (352). 465 Siehe nur BVerfG vom 23. 6. 2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09 – NJW 2010, 3209. 466 Wolf, Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen, 1986, S. 168 ff., 177. 467 Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StRG) vom 24. 6. 1969, BGBl. 1969 I, S. 645 (670). Die Abschaffung wurde vom Gesetzgeber damit begründet, dass „die dort beschriebene Tathandlung bereits von § 266 StGB erfaßt wird“ (BT-Drs. 5/4094, S. 56). 468 Dazu Kohlhaas, ZfgG 1954, 336 (337 ff.). Die Vorschrift geht auf § 140 GenG 1889 zurück, wonach Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie Liquidatoren, sofern sie absichtlich zum Nachteil der Genossenschaft handelten, mit Gefängnis und zugleich mit einer Geldstraße bis zu dreitausend Mark bestraft wurden, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 140. 469 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 398.

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Denn zum einen ist das Strafrecht nur ultima ratio.470 Eine Strafbestimmung wegen Förderzweckverstößen kommt daher verfassungsrechtlich nur in Betracht, wenn nicht auf andere Weise gesichert werden kann, dass die Vorstandsmitglieder der eG den Förderzweck beachten. Dies ist nicht der Fall, wie etwa die förderzwecksichernde genossenschaftliche Pflichtprüfung (§ 58 Abs. 1 S. 3 GenG) oder die staatliche Förderzweckkontrolle (§ 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG) zeigt. Zum anderen wäre ein entsprechender Straftatbestand rechtspolitisch verfehlt: Er dürfte den Vorstandsmitgliedern der eG angesichts der in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten, den Förderzweck tatsächlich zu erfüllen, jede (unternehmerische) Entscheidungsfreude nehmen471 und so zu fördergeschäftspolitischem „Stillstand“ führen.472 c) Interne Vorstandskontrolle durch die Mitglieder Das externe Kontrolldefizit der eG könnte durch eine interne Vorstandskon­ trolle durch die Mitglieder förderzweckgerecht kompensiert sein. Zu untersuchen ist daher zum einen, inwiefern der Vorstand durch die Genossenschaftsmitglieder kontrolliert und fördergeschäftspolitisch diszipliniert wird. Zum anderen ist die Überwachung durch den Aufsichtsrat der eG zu erörtern. aa) Rechtlich: Kontrollrechte und -instrumente Die Mitglieder der eG sind grundsätzlich „selbst Hüter ihrer Förderinteressen“473, da das einzelne Mitglied der eG und vor allem alle Mitglieder in der Generalversammlung über Kontrollrechte und -instrumente verfügen, mittels derer sie den Vorstand fördergeschäftspolitisch disziplinieren können. (1) Individuum: Abbruch der Fördergeschäftsbeziehung und Kündigung Jedes einzelne Mitglied hat zunächst das Recht, an der Generalversammlung der eG teilzunehmen und abzustimmen. Um dieses Recht (sinnvoll) ausüben zu 470

Vgl. nur BVerfG vom 26. 2. 2008 – 2 BvR 392/07 – NJW 2008, 1137 (1138); BVerfG vom 25. 2. 1975 – 1 BvF 6/74 – NJW 1975, 573 (576); Rengier, StrafR AT, 2022, § 3 Rn. 5. Näher Gärditz, JZ 2016, 641 (642 ff.). 471 Zutreffend weist Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (69) auf das bestehende Spannungsverhältnis zwischen „Initiative und Handlungsfreudigkeit“ sowie „Höchstmaß an Sicherheit“ hin, was „sorgfältigster Abwägung und des richtigen Ausgleichs“ bedarf. 472 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 398. Hingegen kritisch gegenüber der Straflosigkeit von Förderzweckverstößen: Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (33 f.); Steding, ZRP 1995, 403 (404); Wolf, Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen, 1986, S. 184 f. 473 Beuthien, NZG 2020, 681 (682).

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können, steht jedem Mitglied analog § 131 Abs. 1 S. 1, 2 AktG in der Generalversammlung ein Auskunftsrecht zu.474 Es kann vom Vorstand detaillierte Auskunft zu dessen Fördergeschäftspolitik verlangen.475 Da das Genossenschaftsmitglied Mitglied und Kunde des von der eG betriebenen Unternehmen ist, verfügt es weiter über zwei Kontrollinstrumente: Erstens kann es (vorübergehend) von weiteren Fördergeschäftsabschlüssen als Kunde der eG absehen und auf andere Wettbewerber ausweichen. Zweitens kann es die Mitgliedschaft kündigen und sich dadurch als Kunde und als Mitglied von der eG endgültig abwenden.476 Die praktische Wirksamkeit beider Kontrollmechanismen ist allerdings begrenzt.477 Namentlich versagt der Abbruch der Fördergeschäftsbeziehung als „Druckmittel“, sofern das Mitglied auf die Förderleistung der eG zwingend angewiesen ist, etwa aufgrund regionaler monopolartiger Verhältnisse.478 Er beeindruckt den Vorstand ferner nicht, wenn die eG von Geschäftsabschlüssen mit ihren Mitgliedern unabhängig ist.479 Das ist insbesondere der Fall, sofern die eG das Nichtmitgliedergeschäft (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG) verfolgt und durch dort steigenden Umsatz den nachlassenden Umsatz in der Fördergeschäftsbeziehung ausgleichen kann.480 Weiter verliert die eG durch die Kündigung der Mitgliedschaft zwar nicht nur einen Kunden, sondern zugleich einen Kapitalgeber.481 Denn einem ausscheidenden Mitglied ist das Geschäftsguthaben grundsätzlich binnen sechs Monaten auszuzahlen (§ 73 Abs. 2 S. 2 GenG). Da das Eigenkapital der eG maßgeblich durch die Geschäftsguthaben der Mitglieder gebildet wird, können zumindest mehrere Mitglieder den Vorstand fördergeschäftspolitisch durch angedrohte Kündigungen und dem dadurch drohenden Kapitalverlust disziplinieren.482 Dennoch versagt auch dieser Kontrollmechanismus regelmäßig.483 Denn zunächst kommt auch die Kündigung der Mitgliedschaft nicht in Betracht, sofern die Mitglieder auf die Förderleistung der eG zwingend angewiesen sind.484 Weiter haben die Mitglieder der eG rechtsformspezifisch wenig Interesse daran, ihre Mitgliedschaft zu kündigen: Diese werden im Fall des Austritts nicht an den Rücklagen oder sonstigen Vermögen der eG beteiligt (§ 73 Abs. 2 S. 3 GenG), sondern erhalten lediglich ihr (meist 474

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 43 Rn. 17; Schröder, ZfgG 1951, 224 (233); näher Welling, in: Institut für Genossenschaftswesen an der Universität Münster (Hrsg.), Aktuelle Probleme und zukünftige Aspekte genossenschaftswissenschaftlicher Forschung, 1962, S. 251 (251 ff.). 475 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 39 (49). 476 Näher zu diesen Kontrollmechanismen Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 408 ff. 477 Näher dazu Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 409 f. 478 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 409. 479 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 409 f. 480 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 410. 481 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 411. 482 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 411. 483 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 411 ff. 484 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 411.

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geringes) Geschäftsguthaben zum Nominalwert ausgezahlt.485 Schließlich kommen Massenkündigungen in der Praxis nur ganz ausnahmsweise vor.486 (2) Kollektiv: Unentziehbare Kompetenzen der Generalversammlung Entscheidend kontrollieren und fördergeschäftspolitisch disziplinieren können die Mitglieder den Vorstand als Kollektiv. Zwar verfügt die Generalversammlung seit der Novelle 1973 über keine „umfassende Allzuständigkeit“487 mehr. Dennoch ist sie weiterhin das oberste Willensbildungs- und Entscheidungsorgan der eG.488 Diese besitzt zunächst nach § 43 Abs. 1 GenG originäre Geschäftsführungskompetenz.489 Außer bei Genossenschaften im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 3 GenG kann sie dem Vorstand zwar keine geschäftspolitisch bindenden Einzelweisungen mehr erteilen490, gleichwohl aber nach § 27 Abs. 1 S. 2 GenG die Leitungsmacht des Vorstands statutarisch beschränken. Zudem kann die Generalversammlung den Vorstand für bestimmte Geschäfte nach § 27 Abs. 2 S. 2 GenG statutarisch an ihre Zustimmung binden.491 Weiter genießt die Generalversammlung nach §§ 16 Abs. 1, 18 GenG zwingend und unentziehbar Satzungshoheit. Dadurch können die Mitglieder insbesondere den Unternehmensgegenstand der eG förderwirtschaftlich näher präzisieren (§ 6 Nr. 2 GenG). Je konkreter die Mitglieder den Unternehmensgegenstand fassen, desto beschränkter sind die Handlungsspielräume des Vorstands. Zudem kann die Generalversammlung jederzeit alle Befugnisse, die sie dem Aufsichtsrat oder der Vertreterversammlung überlassen hatte, mit satzungsändernder Mehrheit wieder an sich ziehen.492 Ferner verfügt die Generalversammlung der eG über umfassende Personalhoheit: Sie bestellt die Mitglieder des Vorstands (§ 24 Abs. 2 S. 1 GenG) und des Aufsichtsrats (§ 36 Abs. 1 S. 1 GenG) und kann diese jeweils – jederzeit grundlos – abberufen (§§ 24 Abs. 3 S. 1, 36 Abs. 3 S. 1 GenG). Zwar kann die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder statutarisch dem Aufsichtsrat übertragen werden; dieser wird aber unentziehbar von der Generalversammlung bestellt und kann den Vorstand vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung der Generalversammlung des Amtes entheben (§ 40 GenG). Schließlich kommt der Generalversammlung zwingend eine umfassende Finanzhoheit zu: Sie muss den Jahresabschluss fest-

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Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 217, 375. Beuthien, NZG 2022, 1323 (1325). 487 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck und seine immanenten Konsequenzen, 1984, S. 26. 488 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 18 Rn. 2. 489 Statt vieler nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 43 Rn. 2. 490 Näher dazu Erster Teil  C. II. 2. b) bb). 491 Beuthien / Beuthien, GenG, § 27 Rn. 11. 492 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (36). 486

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stellen (§ 48 Abs. 1 S. 1 GenG) und über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags sowie über die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats beschließen (§ 48 Abs. 1 S. 2 GenG). Vor allem der Überschussverteilungsbeschluss wirkt förderzwecksichernd: Damit wird verhindert, dass sich ein „stiftungsähnliches Sondervermögen“493 in der eG bildet, über das der Vorstand weisungsfrei verfügt; vielmehr ist der förderwirtschaftlich nicht benötigte Gewinn zwingend an die Mitglieder auszukehren (§ 19 Abs. 1 GenG).494 Obwohl sich der Jahresabschluss im Wesentlichen auf das vergangene Geschäftsjahr bezieht, können die Mitglieder dadurch für die Geschäftspolitik des Vorstands auch künftige förderwirtschaftliche Rahmenbedingungen festsetzen.495 bb) Tatsächlich: Kontrollprobleme Entscheidend ist allerdings nicht, dass die Mitglieder der eG rechtlich betrachtet Kontrollrechte und -instrumente haben, sondern ob und wie sie diese tatsächlich ausüben (können). (1) Historisch: „Checks and Balance“ Die ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts verfügten über ein funktionierendes Kontrollsystem, wodurch sichergestellt war, dass der Vorstand effektiv überwacht wird. Dies beruhte auf mehreren Ursachen: Zunächst bestanden die Genossenschaften nur aus wenigen Mitgliedern, die sich untereinander kannten.496 Besonders die Vorstandsmitglieder der eG, aber auch die übrigen Mitglieder unterlagen daher aufgrund lokaler und überschaubarer Verhältnissen wechselseitig einer sozialen Kontrolle.497 Weiter waren die Mitglieder auf die Förderleistungen regelmäßig zwingend angewiesen und hatten deshalb ein vitales Eigeninteresse an der Geschäftspolitik der eG und deren Kontrolle.498 Insbesondere den landwirtschaftlichen Genossenschaften kam vielfach eine Monopolstellung zu, sodass diese für die Mitglieder der – überhaupt oder mit akzeptablen Konditionen – einzige in Betracht kommende Kapitalgeber waren.499 Die Mitglieder konnten nicht auf 493

Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4. Beuthien / Beuthien, GenG, § 19 Rn. 2. 495 Beuthien, NZG 2022, 1323 (1325). 496 Boettcher, BlfG 1969, 233 (234): „wo ein jeder einen jeden kannte“; Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 73: „kleine lokale Vereine, in denen jeder jeden kannte“. 497 Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 72; ders., Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 12 f. 498 Boettcher, BlfG 1969, 233 (234); Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (366). 499 Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 10. 494

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andere Marktpartner ausweichen, selbst wenn sie mit den Förderleistungen unzufrieden waren.500 Zudem waren die wirtschaftlich schwachen Mitglieder faktisch zur Partizipation gezwungen, da sie für Verbindlichkeiten der eG unbeschränkt persönlich hafteten.501 Schließlich waren die Geschäftsvorgänge der eG oft einfach strukturiert, sodass die Mitglieder ausreichend Kenntnisse besaßen, um diese verstehen und beurteilen zu können.502 Festzuhalten ist somit: Die Mitglieder der traditionellen Kleinstgenossenschaften wollten die Geschäftspolitik des Vorstands nicht nur kontrollieren, sondern sie mussten und konnten es zugleich.503 Ihre wirtschaftliche Existenz hing von der eG ab, die sie aus der wirtschaftlichen Unterdrückung befreite – aber nur solange die eG als Selbsthilfeeinrichtung „funktionierte“. Durch diese Kontrolle der Mitglieder war sichergestellt, dass der Vorstand der eG strikt mitgliedernützlich agierte.504 Es herrschte das „Selbstbewußtsein der Genossen als Träger und gleichberechtigte Kontrolleure des gemeinschaftlichen Unternehmens“505. (2) Heute: (Kontroll-)Apathie, insbesondere: mitgliederstarke (Groß-)Genossenschaften Heute zeigt sich die allgemeine mitgliedschaftliche Apathie a maiore ad minus bei der Vorstandskontrolle, nachdem alle Gründe, welche die Kontrolle in den traditionellen Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts so unentbehrlich wie effektiv machten, weggefallen sind506. Zunächst sind die heutigen Mitglieder der eG – im Zeitalter allgemeinen Wohlstands – „keine gleich gearteten Kinder der sozialen Not“507 mehr; vielmehr verfügen sie regelmäßig über heterogene Förderbedürfnisse und -interessen.508 Vor allem sind die Mitglieder nur noch selten auf die Förderleistungen ihrer eG existenziell angewiesen.509 Eine enge Bindung zwischen 500 Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 45; Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (367); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 416. 501 Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 10, 65; Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (367). 502 Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 10; ders., Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 73; Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 95. 503 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 416. 504 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, 1975, S. 16. 505 Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 47. 506 Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 65. 507 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 77 (79). 508 Beuthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 77 (79); Boettcher, BlfG 1969, 233 (235); Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (372). 509 Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (375); Großfeld, ZfgG 1988, 263 (264); Jäger, Ist das deutsche Genossenschaftsgesetz noch zeitgemäß?, 2001, S. 19.

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der eG und ihren Mitgliedern besteht allenfalls noch bei größeren Einkaufsgenossenschaften des Einzelhandels, landwirtschaftlichen Genossenschaften und Wohnungsgenossenschaften, nicht hingegen bei Konsum- und Kreditgenossenschaften.510 Vielfach können die Mitglieder auf Konkurrenten der eG ausweichen und von diesen die benötigten Leistungen erhalten.511 Sind sie mit den Förderleistungen ihrer eG unzufrieden, können sie folglich abwandern statt zu partizipieren. Verstärkt wird die mitgliedschaftliche Apathie auch dadurch, dass die Genossenschaften umfangreich das konditionengleiche Nichtmitgliedergeschäft betreiben und ihren Mitgliedern innerhalb der Fördergeschäftsbeziehung kaum Sondervorteile bieten.512 Demgegenüber sind Sondervorteile außerhalb der Fördergeschäftsbeziehung „förderwirtschaftlich kein glücklicher Gedanke“513. Insbesondere die – seit der Novelle 1973 zulässige – Geschäftsguthabenverzinsung nach § 21a GenG wird nur aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft und damit unabhängig von Geschäftsabschlüssen mit der eG gewährt.514 Weiter müssen die Mitglieder nicht mehr für die Entscheidungen des Vorstands persönlich einstehen.515 Zutreffend wurde schon vor Erlass des Preußischen GenG von 1867 erkannt: „als belebendes Element wirkt die unbeschränkte oder doch nur in der Art und Zeitfolge beschränkte Solidarhaft aller Mitglieder“516. Daran fehlt es heute: Die persönliche Außenhaftung der Mitglieder wurde im Jahr 1933 vollständig abgeschafft.517 Die möglicherweise im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht im Insolvenzfall kann seit der Novelle 1973 vollständig statutarisch ausgeschlossen werden.518 Der Vermögensverlust der Mitglieder beschränkt sich somit nur noch auf den meist geringen Geschäftsanteil.519 Diese fehlende Selbstbe 510

So die Untersuchungen von Forstmoser, Großgenossenschaften, 1970, S. 204 f., 214 f. zu schweizerischen Großgenossenschaften, welche sich auf das deutsche Genossenschaftsrecht übertragen lassen. Zur Mitgliederkontrolle bei kleinen Genossenschaften Zweiter Teil  B. II. 3. b) aa). 511 Großfeld, ZfgG 1988, 263 (264). 512 Beuthien / Beuthien, GenG, Einl. Rn. 18. 513 Beuthien, BzD 1999, 8 (13); ferner ders., AG 2012, 867 (870). 514 Beuthien, BzD 1999, 8 (13). 515 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 40. 516 So der Bericht der XIV. Kommission zur Vorberathung des von den Abgeordneten SchulzeDelitzsch und Genossen eingebrachten Gesetzes-Entwurfes, betreffend die privatrechtliche Stellung der auf Selbsthülfe beruhenden Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften (Nr. 25 der Drucksachen) vom 10. 9. 1866, Stenographische Berichte des Preußischen Landtages (Abgeordnetenhaus) 1866, Aktenstück Nr. 55, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 16 (19). 517 Ausführlich Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (102). 518 Zur (früher umstrittenen) Frage, ob die persönliche Haftung der Mitglieder ein konstitutives Merkmal der Rechtsform eG ist: dagegen BT-Drs. 7/97, S. 17: „für den Begriff der Genossenschaft nicht wesentlich“; dafür Schultz, Der Rechtsbegriff der Genossenschaft, 1958, S. 42 ff. – Fn. 118. Näher Schultze v. Lasaulx, ZfgG 1955, 176 (180 ff.); Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (112 f.) jeweils m. w. N. 519 Beuthien, 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 12; ders., Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (32).

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troffenheit der Mitglieder ist ein wesentlicher Grund für deren generelle Apathie.520 Angesichts des verbreiteten Wohlstands wollen die Mitglieder den Vorstand ihrer eG demnach nicht mehr kontrollieren – und müssen dies vielfach auch nicht.521 Besonders verstärkt tritt die „Entfremdung“522 von Mitgliedern und ihrer eG bei den heutigen Großgenossenschaften hervor. Deren zahlreiche Mitglieder verfügen in aller Regel über heterogene Förderbedürfnisse. Zudem hat auch hier jedes Mitglied grundsätzlich nur eine Stimme; diese verliert aber bei steigender Mitgliederanzahl an Bedeutung.523 Die Mitglieder von mitgliederstarken Großgenossenschaften fühlen sich oft nur noch „als einflussloses Teilchen einer anonymen Masse“524. Dass die Mitgliederanzahl der Genossenschaften gestiegen ist, lässt sich empirisch belegen: Die durchschnittliche Mitgliederanzahl einer eG betrug im Jahr 1960 noch 363, während sie sich im Jahr 2020 auf 2.211 belief.525 Sofern die Generalversammlung durch die Vertreterversammlung nach § 43a GenG vollständig verdrängt wird, begrenzt sich die Partizipation der Mitglieder vielfach – wenn überhaupt – auf die Wahl der Vertreter.526 (3) Fazit Die heutigen Genossenschaftsmitglieder können den Vorstand zwar vor allem als Kollektiv fördergeschäftspolitisch kontrollieren und disziplinieren. Denn die Generalversammlung genießt unentziehbare rechtliche Kompetenzen, insbesondere die umfassende Personal- und Finanzhoheit. Tatsächlich tendiert die interne Vorstandskontrolle durch die Mitglieder in den heutigen (Groß-)Genossenschaften allerdings gegen Null, da sich die Mitglieder kaum mehr als Mitglieder und Kunden fühlen. Vielmehr hat sich die Mitgliedschaft häufig zu einer reinen Kundenbeziehung gewandelt. Die Mitglieder verfügen nicht über ausreichend Informationen527 – und wollen diese angesichts ihrer geringen Beteiligung528 und des dafür erforderlichen hohen Aufwands auch nicht einholen.529 Zudem sind sie zwar zur Führung ihres eigenen Betriebs ausreichend qualifiziert, aber weder zeitlich noch 520 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (32); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 415 f. 521 Grosskopf, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 363 (374). 522 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (20); Grosskopf, Strukturfragen deutscher Genossenschaften Teil I, 1990, S. 22: „Entideologisierung“. 523 Forstmoser, Großgenossenschaften, 1970, S. 87; Bonus, Genossenschaften im Jahr 2000, 1987, S. 65. 524 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 282. 525 Angaben nach Laurinkari, FS Steding, 2002, S. 13 (21). 526 Beuthien, NZG 2022, 1323 (1325); Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (20); Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 312. 527 Eschenburg, ZfgG 1972, 132 (144); Selchert, ZfgG 1972, 175 (186). 528 Monssen, ZfgG 1998, 288 (289). 529 Vierheller, ZfgG 1977, 199 (200).

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fachlich in der Lage, das von professionellen Managern geführte Großunternehmen der eG zu überwachen530. Dessen Geschäfte sind nicht mehr einfach, sondern meist komplex(er) strukturiert. Die mitgliedschaftliche Kontrollkompetenz ist somit zwar nicht rechtlich, dafür aber tatsächlich eingeschränkt.531 Die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkompetenzen der Generalversammlung, die an der Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte anknüpfen, sind daher zu bloßen „Ritualen“532 degeneriert. Demnach muss die (oft) fehlende mitgliedschaftliche Vorstandskontrolle anderweitig förderzweckgerecht kompensiert werden. Eines solchen Ausgleichs bedarf es vor allem bei Genossenschaften mit Vertreterversammlungen (§ 43a GenG), da dort die überwiegende Anzahl der Mitglieder keinen unmittelbaren Kontrolleinfluss hat.533 cc) Aufsichtsrat Die unzureichend wahrgenommene Vorstandskontrolle durch die Mitglieder könnte durch den Aufsichtsrat der eG ausgeglichen werden, der „den Vorstand bei dessen Geschäftsführung zu überwachen“ hat (§ 38 Abs. 1 S. 1 GenG). Bereits Schulze-Delitzsch sah im Aufsichtsrat die Kontrollinstanz, da er ein „ständiges, unausgesetzt mit der Controle der Verwaltung beschäftigtes Organ innerhalb der Genossenschaften“534 sei. (1) Allgemein: Qualifikationsdefizit In der Literatur wird beklagt, dass der Aufsichtsrat der eG mit der Vorstandskontrolle überfordert sei.535 Dieser sei „heute de facto hoffnungslos unterlegen, beinahe nebensächlich“536. Vielfach wird mit einem Qualifikationsdefizit des Aufsichtsrats die genossenschaftliche Pflichtprüfung begründet: Da es der eG 530

Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 135; Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmungstyp, 1955, S. 41; Jäger, Ist das deutsche Genossenschaftsgesetz noch zeitgemäß?, 2001, S. 30; Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (151). 531 Boettcher, BlfG 1969, 233 (236). 532 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 153; ferner Frankenbach, Die genossenschaftsrechtliche Pflichtprüfung und ihre Auswirkungen auf die Geschäftsführung, 1987, S. 141. 533 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3. 534 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 87. 535 Jäger, Die Legitimität von Führungsentscheidungen in Genossenschaften als Rechts- und Organisationsproblem, 1979, S. 18; Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 198; Ringle, Überwachung des genossenschaftlichen Managements durch den Aufsichtsrat, 1984, S. 13 ff.; Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (37) spricht von einem „nur begrenzt kontrollfähigen Aufsichtsrat“. 536 Boettcher, BlfG 1969, 233 (238).

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aufgrund § 9 Abs. 2 S. 1 GenG verwehrt sei, ihren Aufsichtsrat mit außenstehenden Experten zu besetzen, müsse das Überwachungsdefizit durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung kompensiert werden.537 Andere Stimmen in der Literatur folgern hingegen umgekehrt, dass nicht nur der Vorstand, sondern auch der Aufsichtsrat der eG mit fachkundigen Dritten zu besetzen sei. Da der Vorstand durch einen „professionalisierten“ Aufsichtsrat effektiv überwacht werden könne, bestehe kein Bedürfnis mehr, den Vorstand zusätzlich durch die sachverständigen Prüfer des Prüfungsverbands zu kontrollieren.538 Im Ausgangspunkt ist das Qualifikationsdefizit des Aufsichtsrats kein genossenschaftsspezifisches Problem. Ständiger Kritik und permanenten Reformüberlegungen ist auch der Aufsichtsrat der AG ausgesetzt.539 Kritisiert wird vor allem die fehlende Professionalität der Aufsichtsräte, weshalb Überlegungen angestellt werden, wie dessen Überwachungstätigkeit trotz zunehmender Anforderungen gesteigert werden kann.540 Zudem besteht regelmäßig ein Wissens- und Informationsdefizit des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand.541 Ebenfalls nur rechtsformübergreifend besteht die Gefahr, dass die Aufsichtsratsmitglieder eine verbandszweckwidrige Betätigung des Vorstands dulden oder gar gutheißen – so auch bei der eG542. (2) Genossenschaftsspezifische Problemlage Bei der Überwachung durch den Aufsichtsrat der eG besteht allerdings genossenschaftsspezifisch ein Dilemma, woraus rechtsformimmanent ein Überwachungsdefizit folgt.

537

Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (53); Pistorius, DStR 2006, 278 (280). 538 So Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 341, der hiermit gegen die Pflichtmitgliedschaften der Genossenschaften in einem Prüfungsverband argumentiert. Allerdings spricht diese Argumentation bereits gegen die Pflichtprüfung als solche, wie er – jedenfalls der Sache nach – selbst erkennt: „Besitzt der Aufsichtsrat […] bereits selbst die notwendige Fachkenntnis hierfür, ist nicht ersichtlich, warum zwingend noch eine zweite Einrichtung eine erneute Prüfung vornehmen sollte“; fast wortgleich ders., ZfgG 2009, 285 (292). 539 Siehe nur Hommelhoff / Kley / Verse, Reform des Aufsichtsratsrechts, ZGR Sonderheft 25, 2021, passim. 540 Siehe etwa Bachmann, FS Hopt, Bd. 1, 2010, S. 337 (337 ff.); Peltzer, NZG 2009, 1041 (1041 ff.). 541 Schaffland, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 113 (115). 542 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308).

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(a) Förderzweckbedingt: Mitgliederorientierte vs. betriebswirtschaftliche Überwachung Wird der Aufsichtsrat der eG entsprechend § 9 Abs. 2 S. 1 GenG mit selbstbetroffenen Genossenschaftsmitgliedern besetzt, bleibt er zwar echtes Mitgliederorgan543 und „Repräsentant der Mitglieder gegenüber dem Vorstand“544 – und kann so die Geschäftspolitik des Vorstands hinsichtlich des mitgliedschaftlichen Fördererfolgs überwachen. Allerdings steht dem professionellen (Fremd-)Management dann lediglich ein „Laienkontrollorgan“ gegenüber, welches die professionellen Manager betriebswirtschaftlich nicht effektiv überwachen kann.545 Den ehrenamtlichen Aufsichtsräten fehlt es häufig an Überwachungskenntnissen und -erfahrungen, vor allem bei Kreditgenossenschaften sind sie nicht in der Lage, die Kreditgeschäfte effektiv zu überwachen546. Zutreffend betonte die Regierungskommission Corporate Governance in ihrem Abschlussbericht von 2001 insoweit, dass die „Besetzung des Aufsichtsrats mit qualifizierten, sachkundigen Mitgliedern, die […] die hierfür erforderlichen Fähigkeiten, die notwendigen Kenntnisse und fachliche Erfahrungen mitbringen, […] die wesentliche Voraussetzung für eine effektive Aufsichtsratsarbeit“547 darstellt. Wird der Aufsichtsrat der eG hingegen – wie regelmäßig der Vorstand – fremdorganschaftlich mit professionellen Managern besetzt, können diese den Vorstand zwar betriebswirtschaftlich effektiv überwachen.548 Allerdings vermögen die Aufsichtsratsmitglieder mangels Selbstbetroffenheit die Geschäftspolitik des Vorstands nicht mitgliedernützlich zu kontrollieren. Die Mitglieder und deren Förderinteressen wären dann nicht nur von der Leitung der eG (Vorstand), sondern zugleich von deren Kontrolle (Aufsichtsrat) ausgeschlossen. Die beiden fremdorganschaftlich besetzen Organe – Vorstand und Aufsichtsrat – könnten sich somit kollusiv förderzweckwidrig betätigen.549 Die Verdrängung der selbstbetroffenen Mitglieder aus dem Aufsichtsrat der eG würde zudem besonders schwer wiegen, da die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats eng mit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung verbunden ist: Der Prüfungsverband hat vor Prüfungsbeginn nach § 57 Abs. 2 GenG dem Aufsichtsratsvorsitzenden den Beginn der Prüfung rechtzeitig anzuzeigen (S. 1); dieser hat die übrigen Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich zu unterrichten 543

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 450; Großfeld / Aldejohann, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 1 (16). 544 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 234. 545 Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmungstyp, 1955, S. 104. 546 Schaffland, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein  – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 113 (114); OLG Hamm vom 7. 1. 1985 – 8 U 47/84 – ZIP 1985, 741 (743). 547 BT-Drs. 14/7515, S. 132. 548 Zweifelnd Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (56). 549 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 450; Pistorius, DStR 2006, 278 (283).

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(S. 2). Nach Prüfungsbeginn soll der Prüfer den Aufsichtsratsvorsitzenden von wichtigen Feststellungen unverzüglich in Kenntnis setzen (§ 57 Abs. 3 GenG) und in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Vorstand und Aufsichtsrat der eG über das voraussichtliche Prüfungsergebnis mündlich berichten (§ 57 Abs. 4 S. 1 GenG). Der Prüfungsverband hat den Prüfungsbericht nach § 58 Abs. 3 GenG nicht nur dem Vorstand der eG und dem Aufsichtsratsvorsitzenden vorzulegen (S. 1 Hs. 1); vielmehr besteht – seit der Novelle 2006 – für jedes Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, „sich mit dem Prüfungsbericht zu beschäftigen“550 (S. 2). Schließlich hat sich der Aufsichtsrat in der Generalversammlung über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen der Prüfung zu erklären (§ 59 Abs. 2 GenG). (b) Folge: Rechtsformimmanentes Überwachungsdefizit Mithin besteht bei der eG rechtsformspezifisch ein internes Überwachungsdefizit, welches durch die externe Pflichtprüfung kompensiert werden muss.551 Wird das Spannungsverhältnis zwischen mitgliederorientierter und professioneller Überwachung zugunsten Letzterer aufgelöst und der Aufsichtsrat der eG (fremdorganschaftlich) mit sachkundigen Experten besetzt, können diese zwar betriebswirtschaftlich ein gleich „starker“ Gegenspieler zum Vorstand sein. Allerdings muss die genossenschaftliche Pflichtprüfung dann vor allem sicherstellen, dass der Vorstand mitgliedernützlich überwacht wird.552 Wird das Spannungsverhältnis – wie in der Praxis häufig – umgekehrt aufgelöst und der Aufsichtsrat der eG als „Förderzweckkontrollorgan“553 mit selbstbetroffenen Mitgliedern der eG besetzt, verbleibt ein (partiell) unqualifizierter Aufsichtsrat. In diesem Fall muss der genossenschaftliche Prüfungsverband den Vorstand der eG und dessen Geschäftsführung besonders betriebswirtschaftlich überwachen.554 Nach Ansicht des Gesetzgebers soll die Zulassung von investierenden Mitgliedern nach § 8 Abs. 2 GenG „dazu beitragen, die Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich in der Praxis nicht selten aus dem Grundsatz der Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 1 bei der Besetzung des Vorstands und Aufsichtsrats mit geeigneten Personen ergeben.“555 Indes kann dem Qualifikationsdefizit des Aufsichtsrats hierdurch nur abgestuft begegnet werden. Investierende Mitglieder sind im Aufsichtsrat nur bis zu einem Viertel zulässig (§ 8 Abs. 2 S. 4 GenG) und damit klar in der Unterzahl. Sie können die anderen Mitglieder nicht überstimmen (§ 8 Abs. 2 S. 2 GenG). Vor allem sind investierende Mitglieder nicht als Kunde an der Förderung interessiert, sondern verfolgen typischerweise strukturell förderzweckwidrig ka 550

So ausdrücklich BT-Drs. 16/1025, S. 90. Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 204 f. 552 Abweichend Heß, ZfgG 2009, 285 (293). 553 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 452. 554 Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (56). 555 BT-Drs. 16/1025, S. 81. 551

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pitalzinswirtschaftliche Renditeinteressen.556 Diese Einwände gelten auch für den Fall, dass man es den Genossenschaften de lege ferenda statutarisch gestattet, ihren Aufsichtsrat bis zu einem Drittel mit externen Sachverständigen zu besetzen557. (3) Funktionale Trennung? Damit steht fest, dass es neben der internen Überwachung durch den Aufsichtsrat zusätzlich der Pflichtprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband bedarf. Fraglich ist allerdings, wie die interne Überwachung und die externe Pflichtprüfung funktional zueinander stehen. (a) De lege lata: Unzulässigkeit Jäger558 schlägt vor, die Überwachung durch den Aufsichtsrat und Prüfung durch den Prüfungsverband aufzuteilen: Während das Laienorgan Aufsichtsrat nur überwachen soll, ob die Geschäftsführung förderzweckkonform war (Fördererfolg), obliege dem professionellen und qualifizierten Prüfungsverband die betriebswirtschaftliche Prüfung (Markterfolg). Diese funktionale Trennung zwischen der Fördererfolgskontrolle durch den Aufsichtsrat und der Markterfolgsprüfung durch den Prüfungsverband ist in der Literatur559 zu Recht auf Ablehnung gestoßen. Denn zunächst ist der (nachgelagerte) Befund, wie umfassend und effektiv der Aufsichtsrat der eG den Vorstand tatsächlich überwachen kann, grundsätzlich unabhängig von der (vorgelagerten) Frage, welche Überwachung er nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG rechtlich betrachtet wahrnehmen muss. Entsprechend ist die Überwachungspflicht grundsätzlich nicht an die Fähigkeiten der (ehrenamtlichen) Aufsichtsratsmitglieder anzupassen. Vor allem ist eine solche prüfungsrechtliche „Aufspaltung“ de lege lata unzulässig: Sowohl der Aufsichtsrat der eG (§ 38 Abs. 1 S. 1 GenG) als auch der Prü-

556

Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 280, 316 ff. Dafür Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 6; Bialek, Perspektiven der Genossenschaft als Organisationsform, 1995, S. 185; Keßler, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit?, 2002, S. 11 (35). 558 Jäger, Die Legitimität von Führungsentscheidungen in Genossenschaften als Rechts- und Organisationsproblem, 1979, S. 19; ders., ZfgG 1985, 21 (21); ders., ZfgG 2001, 139 (146 f.); ders., Ist das deutsche Genossenschaftsgesetz noch zeitgemäß?, 2001, S. 17. 559 Beuthien, Wieviel Wandel verträgt die Genossenschaft?, 2003, S. 24 (38 f. – Fn. 48); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 459; knapp Höhn, Wofür haftet der Aufsichtsrat einer Genossenschaft persönlich?, 1981, S. 167; Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 201 f.; Ringle, Überwachung des genossenschaftlichen Managements durch den Aufsichtsrat, 1984, S. 25 ff. 557

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fungsverband (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG) ist jeweils zur umfassenden Überwachung bzw. Prüfung berechtigt und verpflichtet.560 Der Aufsichtsrat hat den Vorstand nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG daraufhin umfassend zu überwachen, dass dessen Geschäftsführung rechtmäßig und förderzweckmäßig war.561 Gleiches gilt für den genossenschaft­lichen Prüfungsverband, der nach § 53 Abs. 1 S. 1 GenG die „wirtschaftlichen Verhältnisse“ und „Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“ festzustellen und daher insgesamt zu prüfen hat, ob die Geschäftsführung durch den Vorstand rechtmäßig und zweckmäßig war.562 Die Prüfung durch den Prüfungsverband kann jedenfalls seit der Novelle 2017 nicht (mehr) auf eine bloße Markterfolgskontrolle beschränkt sein: Der Prüfungsverband muss nach dem durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 2017563 eingeführten § 58 Abs. 1 S. 3 GenG in dessen Prüfungsbericht ausdrücklich Stellung dazu nehmen, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat.“ (b) De lege ferenda: Beibehaltung der „doppelten“ Kontrolle Die von Jäger propagierte funktionale Trennung ist auch de lege ferenda abzulehnen. Unproblematisch ist die vom GenG vorgesehene „Doppelkontrolle“ zwar nicht. Dies erkannte bereits Schulze-Delitzsch klar, der davor warnte, dass die Aufsichtsratsmitglieder der eG „in aller Bequemlichkeit sich auf die fremde Hilfe“564 des Prüfungsverbands verlassen und eigene Überwachungsbemühungen kaum oder gar nicht mehr anstellen könnten.565 Entsprechend lehnte es die Regierungskommission Corporate Governance ab, die handelsrechtliche Abschlussprüfung auch auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu erstrecken, „weil dies dazu

560

Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 38 Rn. 24; ­ euthien, Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 167; Kleine, Arbeitnehmervertreter in den AufsichtsB räten von Genossenschaften, 1993, S. 85. 561 Siehe nur Beuthien / Beuthien, GenG, § 38 Rn. 2; Ringle, Überwachung des genossenschaftlichen Managements durch den Aufsichtsrat, 1984, S. 26. 562 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (91). 563 BGBl. 2017 I, S. 2434. Zu den Hintergründen der Gesetzesänderung Esser / Zabel, DW 2018, 46 (46). 564 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 90. 565 Ebenso Teile der Mitglieder der VII. Kommission betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften (im Folgenden: Kommissionsbericht zum GenG 1889), Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 7. Legislaturperiode 4. Session 1888/89, Band 5, Zweiter Anlageband zu den Stenographischen Berichten, Nr. 103 bis 141, 1889, S. 793 (806): „Die Zwangsrevision […] sei andererseits auch gefährlich, weil sie das Bewußtsein der Selbstverantwortlichkeit für das Gedeihen der Genossenschaften bei den Mitgliedern schwäche, indem sie dem Gedanken Nahrung gäbe, daß die eigene Kontrole entbehrlich sei, da der Staat die Fürsorge übernommen habe.“ Ferner Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 107.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

führen könnte, daß sich der Aufsichtsrat von seiner Überwachungspflicht […] entlastet oder gar abgedrängt sähe.“566 Allerdings fände dann eine betriebswirtschaftliche Prüfung  – anders als die ständige (Fördererfolgs-)Überwachung durch den Aufsichtsrat – nur mit längeren Zeitabständen wiederkehrend statt.567 Die Konsequenz wäre, dass die Prüfungshäufigkeit verringert oder ein obligatorischer „professioneller Aufsichtsrat“ geschaffen werden müsste.568 Deshalb ist die Konzeption von Jäger auch widersprüchlich: Er propagiert, dass Laien mit Verwaltung der eG betraut sind, will aber durch die funktionale Trennung die besonders notwendige betriebswirtschaftliche Prüfung stärker zurückdrängen.569 Ferner liefe die Unternehmensmitbestimmung weitgehend leer, wodurch die Arbeitnehmer in unternehmerischen Fragen beteiligt werden sollen, die im Aufsichtsrat aber nur bei Fragen des Fördererfolgs beteiligt wären.570 Schließlich lassen sich beide Kontrollbereiche nicht voneinander abgrenzen und abspalten, sondern sind förderwirtschaftlich untrennbar miteinander verbunden.571 (4) Fazit: Pflichtprüfung als externe Ergänzung Mithin gilt: Die wiederkehrende Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband ist kein Surrogat für die regelmäßig unzureichende Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat der eG. Vielmehr greifen beide Kontrollmechanismen ineinander.572 Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat die Überwachung des Aufsichtsrats zu unterstützen und ist insoweit in die interne Kontrollverfassung der eG als externer Sachverständiger integriert.573 Der Aufsichtsrat der eG soll durch die Pflichtprüfung und Beratung des Prüfungsverbands in die Lage versetzt werden, den Vorstand selbst umfassend zu überwachen und daher seine eigene Über 566

Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, S. 296. Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 85; Ringle, Überwachung des genossenschaftlichen Managements durch den Aufsichtsrat, 1984, S. 27. 568 Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 201. 569 Ebenso Beuthien, Wieviel Wandel verträgt die Genossenschaft?, 2003, S. 24 (38 f. – Fn. 48). 570 Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 201. 571 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 459; Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 68. 572 Ebenso Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 77; Ringle, Überwachung des genossenschaftlichen Managements durch den Aufsichtsrat, 1984, S. 27: „Komplementärbeziehung“; Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (64); allgemein Boettcher, Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, 1974, S. 156. 573 Beuthien, Wieviel Wandel verträgt die Genossenschaft?, 2003, S. 24 (38 f. – Fn. 48); Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 77, 85; Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 45. 567

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wachungsaufgabe nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG wahrnehmen zu können.574 Auch das hatte Schulze-Delitzsch bereits klar erkannt, der die Aufgabe des Prüfers wie folgt beschrieb: „Nicht die Wirksamkeit des Aufsichtsrathes zu ersetzen ist seine Aufgabe, vielmehr soll er falschen Richtungen und Pflichtversäumnissen […] entgegenwirken“575. Die Aufsichtsratsmitglieder der eG trifft daher – ebenso wie die Vorstandsmitglieder – eine eigenständige zivilrechtliche Sorgfaltspflicht. Folgerichtig nimmt die Rechtsprechung576 an, dass die organschaftlichen Pflichten der Vorstandsmitglieder (§ 34 Abs. 1 S. 1 GenG) sowie die der Aufsichtsratsmitglieder (§§ 41, 34 Abs. 1 S. 1 GenG) aufgrund der genossenschaftlichen Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband weder ersetzt noch reduziert werden. Gleiches gilt umgekehrt: Die Haftung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane (§ 62 Abs. 1 GenG) besteht unabhängig von der internen Überwachung durch den Aufsichtsrat – und wird dadurch ebenfalls weder ersetzt noch reduziert. Richtigerweise ist die externe förderzwecksichernde Pflichtprüfung eng mit der internen Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats verbunden.577 Namentlich hat der Prüfungsverband vor Prüfungsbeginn nach § 57 Abs. 2 GenG dem Aufsichtsratsvorsitzenden rechtzeitig den Prüfungsbeginn anzuzeigen (S. 1), der die übrigen Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich darüber zu informieren hat (S. 2). Nach Prüfungsbeginn soll der Prüfer den Aufsichtsratsvorsitzenden über wichtige Feststellungen unverzüglich in Kenntnis setzen (§ 57 Abs. 3 GenG) und in einer gemeinsamen Sitzung des Vorstands und des Aufsichtsrats über das voraussichtliche Prüfungsergebnis mündlich berichten (§ 57 Abs. 4 GenG). Der Prüfungsbericht ist nach § 58 Abs. 3 GenG nicht nur dem Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden vorzulegen (S. 1 Hs. 1); vielmehr besteht – seit der Novelle 2006 – für jedes Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, „sich mit dem Prüfungsbericht zu beschäftigen“578 (S. 2). Anschließend hat sich der Aufsichtsrat in der Generalversammlung über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen der Prüfung zu erklären (§ 59 Abs. 2 GenG).579 Für dieses Zusammenwirken hatte sich Schulze-Delitzsch eingesetzt und betont, dass der Vorteil „in dem gemeinsamen Vorgehen mit dem Aufsichtsrathe“580 liegt und dadurch die heutigen Regelungen des GenG maßgeblich beeinflusst.581

574

Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmungstyp, 1955, S. 104; Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 393: „eine Hilfestellung bei der Kontrolle der Arbeit des Vorstands“; bereits Waldecker, Die eingetragene Genossenschaft, 1916, S. 251. 575 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 88. 576 BGH vom 1. 12. 2003 – II ZR 216/01 – NJW-RR 2004, 900 (902); OLG Frankfurt vom 20. 2. 2006 – 23 U 150/05 – OLGR Frankfurt 2006, 918. 577 Reinhardt, Reformreferate II, 1958, S. 57 (78); Leitner, ZfgG 1998, 23 (31). 578 So ausdrücklich BT-Drs. 16/1025, S. 90. 579 Beuthien, FS Weber, 1986, S. 174 (180). 580 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 92. 581 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (12).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

dd) Ergebnis: Internes Kontrolldefizit Demnach leidet die eG zusätzlich zum rechtsformspezifischen externen Kontrolldefizit an einem internen Kontrolldefizit: Der Vorstand der heutigen (Groß-)Genossenschaften wird in aller Regel weder durch die Mitglieder selbst noch durch den Aufsichtsrat hinreichend überwacht, nachdem der Gesetzgeber durch die Novelle 1973 nur einseitig die Leitungsmacht des Vorstands, nicht aber die Kontrollverfassung der eG reformierte.582 Somit könnte der Vorstand der eG ohne eine externe Pflichtprüfung in einem „Überwachungsvakuum“583 (weisungs-) frei agieren und zum Nachteil der Genossenschaftsmitglieder ungehindert förderzweckwidrige Ziele verfolgen. 4. Ergebnis: Förderzwecksichernder Governancemechanismus Nach alledem steht fest: Bei den heutigen (Groß-)Genossenschaften besteht nicht nur „ein der Rechtsform immanentes Restrisiko, dass die Leitung der eG nicht ausreichend kontrolliert wird“584. Ein solches Restrisiko ist jeder Körperschaft immanent, deren Leitung(-sorgan) von ihren Mitgliedern (organisations-)rechtlich verselbstständigt ist und sich die Mitglieder geschäftspolitisch passiv verhalten. a) Rechtsformspezifisch: Besonderes Kontrollbedürfnis und Kontrolldefizit Bei den heutigen (Groß-)Genossenschaften besteht rechtsformspezifisch ein besonderes Kontrollbedürfnis, da die Unternehmensverfassung der eG vom genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt betroffen ist und der Vorstand nach § 27 Abs. 1 GenG und vielfach faktisch über weitreichende Leitungsmacht verfügt. Damit besteht die Gefahr, dass der oft (über-)mächtige Vorstand einseitig den Markterfolg des genossenschaftlichen Unternehmens verfolgt und die Förderinteressen der Mitglieder vernachlässigt. Zugleich leidet die eG rechtsformimmanent an einem besonderen Kontrolldefizit. Zunächst fehlt es weitgehend an einer externen Kontrolle: Da es keinen (Kapital-)Markt für Genossenschaftsanteile gibt, wird der Vorstand der eG – anders als der einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft – nicht durch die Mechanismen des Kapitalmarkts kontrolliert. Zwar unterliegt die eG nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG exklusiv einer staatlichen (Förder-)Zweckkontrolle. Diese ist allerdings rechtlich nur ultima ratio – und wird tatsächlich kaum effektiv wahrgenommen. Weiter werden die heutigen Vor 582

Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 113: „Vereinseitigung der Machtbalance innerhalb einer eG zugunsten des Vorstands“. 583 Frankenbach, Die genossenschaftsrechtliche Pflichtprüfung und ihre Auswirkungen auf die Geschäftsführung, 1987, S. 143. 584 So Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1 [Kursive Hervorhebung vom Ver­ fasser].

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standsmitglieder oft nicht (mehr) ausreichend förderwirtschaftlich diszipliniert: Zwar sollen diese nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG selbst Mitglieder der eG sein – und damit als Mitgliederkunden selbstbetroffen. Dieser Schutzzweck läuft jedoch regelmäßig leer, da die heutigen (Groß-)Genossenschaften von hauptamtlichen und professionellen Managern geleitet werden (müssen). Zudem werden die Vorstandsmitglieder nur (noch) unzureichend durch die Haftung und Strafbarkeit bei Förderzweckverstößen förderwirtschaftlich diszipliniert. Unzureichend ist schließlich die interne Vorstandskontrolle, da sich die heutigen Genossenschaftsmitglieder regelmäßig geschäftspolitisch passiv verhalten – gerade auch bei der Vorstandskontrolle. Zudem ist der Aufsichtsrat der eG nicht in der Lage, das professionelle (Fremd-)­Management mitgliedernützlich und betriebswirtschaftlich zu überwachen. Insgesamt könnte der weisungsfreie Vorstand der eG damit weitgehend in einem – externen und internen – Kontrollvakuum agieren und so förderzweckwidrige (Eigen-)Interessen auf Kosten der Mitglieder verfolgen kann.585 Da mithin rechtsformspezifisch kumulativ ein besonderes Kontrollbedürfnis und Kontrolldefizit besteht, muss die interne Kontrolle mitgliedschaftlicher Förderinteressen durch die kollektive externe (Selbst-)Prüfung der Genossenschaften ergänzt werden.586 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung fungiert in den heutigen (Groß-)Genossenschaften als zentraler und unverzichtbarer Governancemechanismus, da sie dem genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt entgegenwirken muss.587 Sie hat sicherzustellen, dass der (über-)mächtige Vorstand im Rahmen seiner Geschäfts- und Beteiligungspolitik die Förderinteressen der Mitglieder verfolgt – und nicht auf deren Kosten einseitig den unternehmerischen Markterfolg.588 Die Prüfungsverbände haben als „Sachwalter der Mitgliederinteressen“589 zu prüfen, dass sich „unter dem Deckmantel der eingetragenen Genossenschaft nicht rein erwerbswirtschaftliche Unternehmen oder andere Erscheinungsarten verbergen“590. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung schützt folglich in aller Regel den autonomen Förderwillen der Mitglieder, die von ihrer eG als Kunden nutzerbezogen gefördert werden wollen.591 Zutreffend nahm der BGH anhand „einer am Sinn und Zweck der Vorschriften orientierten Auslegung“592 an, dass ein Bedürfnis nach einer Förderzweckprüfung jedenfalls nicht mehr besteht, wenn der Geschäftsbetrieb der eG nach eröffnetem Insolvenzverfahren endgültig eingestellt wurde, da sich die 585

Eingehend zum „Versagen“ vieler Kontrollmechanismen Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 373 ff. 586 Beuthien, WM 1995, 1788 (1793); a. A. Heß, ZfgG 2009, 285 (292). 587 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 459. 588 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 459; Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 175. 589 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (121). 590 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 298. 591 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (13). 592 BGH vom 21. 6. 2011 – II ZB 12/10 – WM 2011, 1655 (1657).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

mitgliederschützende Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung dann nicht mehr erreichen lässt. Ausnahmsweise heteronom wirkt die Förderzweckbindung593 und die förderzwecksichernde Pflichtprüfung, wenn die Mitglieder mittels der förderzweckgebundenen eG erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgen wollen.594 In diesem Fall bewahrt die genossenschaftliche Pflichtprüfung die Mitglieder (und Gläubiger) vor den spezifischen Gefahren, die sich daraus ergeben, dass sie die eG rechtsformverfehlend als eine für erwerbswirtschaftliche Ziele strukturell ungeeignete Rechtsform verwenden wollen595. b) Vorstufe der staatlichen Förderzweckkontrolle Die förderzwecksichernde Pflichtprüfung fungiert mithin heute als „Vorstufe der förderzwecksichernden Staatsaufsicht“596. Denn zum einen ist die zwangsweise Auflösung der eG nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG nur bei schwerwiegenden und nachhaltigen Förderzweckverstößen möglich.597 Bagatellverstöße können demnach nur vom genossenschaftlichen Prüfungsverband frühzeitig aufgedeckt und gerügt werden.598 Auf diese Weise können sie die drohende staatliche Auflösung der eG präventiv abwenden, bevor die Förderzweckverstöße in schwerwiegende und zur Auflösung berechtigende Verstöße im Sinne von § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GenG umschlagen.599 Der Prüfungsverband muss bei jedem Förderzweckverstoß einer eG – unabhängig von dessen Schwere und Auswirkungen – einschreiten.600 Zum anderen kann der Prüfungsverband frühzeitig gegen zur Auflösung berechtigende Förderzweckverstöße einschreiten und ihnen durch sofortige Maßnahmen abzuhelfen versuchen – bevor er das Registergericht benachrichtigt und bevor die Behörde einen Auflösungsantrag stellt601. 593

Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 59, 61 f. Das übersieht Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (13): „Wenn aber unsere Feststellung zutrifft, daß Genossenschaftsautonomie sich aus der Mitgliederautonomie ableitet, dem Grunde nach identisch ist mit Mitgliederautonomie, so kann eine externe Prüfungstätigkeit, die eine optimale Verwirklichung der Mitgliederinteressen zum Zweck hat, grundsätzlich nicht in Konflikt geraten mit dem genossenschaftlichen Autonomiebereich.“ Zu absolut Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (83): „Wer mithin den besonderen Gesellschaftstyp der eG wählt, nimmt damit freiwillig die vom Gesetzgeber mit dieser Rechtsform mit Bedacht verknüpfte genossenschaftliche Pflichtprüfung in Kauf.“ [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 595 Eingehend dazu Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 63 ff. 596 Beuthien, AG 2006, 53 (61); ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 19 (36). 597 Beuthien / Wolff, GenG, § 81 Rn. 3; Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 51, 77; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 473. 598 Ähnlich Götz, Verbundbildung, 1981, S. 161. 599 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86, 94); Kober, ZfgG 2012, 193 (206). 600 Ebenso Götz, Verbundbildung, 1981, S. 163; a. A. Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 88. 601 Kober, ZfgG 2012, 193 (206). 594

D. Gläubigerschutz

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Kein Zusammenhang zwischen staatlicher Förderzweckprüfung und genossenschaftlicher Förderwirtschaftsprüfung besteht, sofern sich deren Prüfungsumfang nicht entspricht: Der Prüfungsverband hat im Rahmen seiner Pflichtprüfung die Recht- und Zweckmäßigkeit zu prüfen.602 Nimmt man an, dass die staatlichen Aufsichtsbehörden nur zu prüfen haben, ob der gesetzliche Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG eingehalten wurde, nicht dagegen, ob einer eG das Nichtmitgliedergeschäft statutarisch (§ 8 Nr. 5 GenG) gestattet ist, kann dies ausschließlich der Prüfungsverband rügen.603 Nimmt man hingegen an, dass es sich in diesem Fall nicht nur um einen formellen Satzungsmangel handelt, sondern dem Nichtmitgliedergeschäft die wesentliche förderwirtschaftliche Legitimation durch die Mitglieder fehlt und sich die eG somit förderzweckwidrig betätigt, sind (präventiv) der Prüfungsverband und die Aufsichtsbehörde zur Kontrolle berufen.604

D. Gläubigerschutz Die h. M.605 rechtfertigt die genossenschaftliche Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG weiter mit dem Schutz der Genossenschaftsgläubiger. Die Gläubiger der eG seien besonders schutzbedürftig, da anders als bei AG (§ 7 AktG) oder GmbH (§ 5 Abs. 1 GmbHG) kein bestimmtes Mindesthaftkapital aufgebracht werden muss und die Mitglieder anders als die von Personengesellschaften (§ 128 HGB) für Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht unmittelbar persönlich haften.606 Vielmehr seien die Mitglieder erst im Insolvenzfall und nur der eG gegenüber zu Nachschüssen verpflichtet (§ 105 GenG) – diese Nachschusspflicht könne statutarisch nicht nur begrenzt, sondern vollständig ausgeschlossen werden (§ 6 Nr. 3 GenG).607 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung müsse daher die bei der eG fehlenden Gläubigerschutzmechanismen ausgleichen.608

602

Allgemeine Ansicht, siehe nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 13. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 472. 604 So Beuthien, NZG 2020, 681 (684). 605 Statt vieler Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); v.  ­Caemmerer, Reformreferate  III, 1959, S. 7 (11); Hucke, WPg 2001, 558 (560); Kohte, ZIP 1991, 905 (907); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 127; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 176 f.; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 135. 606 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 176 f. 607 Beuthien, WM 1995, 1788 (1788). 608 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3; Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); ders., Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (53): „Ersatzsicherheit“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 135 f.: „quasi ein genossenschaftsspezifischer Ausgleich für die potentielle Schwäche der eG“. Ferner BT-Drs. 18/11506, S. 17: „Ausgleich dafür, dass bei der Genossenschaft kein Mindestkapital erforderlich ist und es keine unbeschränkte persönliche Haftung der Mitglieder gibt“. 603

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Ob die genossenschaftliche Pflichtprüfung historisch dem Schutz der Genossenschaftsgläubiger diente, da die ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts von den kaufmännisch unerfahrenen und kapitalschwachen, dafür aber persönlich unbeschränkt haftenden Mitgliedern geleitet wurden609, kann offenbleiben. Sie ist jedenfalls heute zum Schutz der Genossenschaftsgläubiger gerechtfertigt und geboten, wenn die Gläubiger der eG rechtsformspezifisch unzureichend geschützt sind und die genossenschaftliche Pflichtprüfung dieses Gläubigerschutzdefizit kompensiert.

I. Ausgangspunkt: Gesellschaftsrechtliches Gläubigerschutzsystem Um beurteilen zu können, ob die Gläubiger der eG rechtsformspezifisch unzureichend geschützt sind, ist zunächst zu klären, wodurch Gesellschaftsgläubiger generell geschützt werden, um dieses gesellschaftsrechtliche System des Gläubigerschutzes anschließend mit dem Schutzniveau bei der eG abzugleichen. 1. Traditionell: Mindesthaftkapital oder persönliche Gesellschafterhaftung Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger ist ein zentrales Grundanliegen des deutschen Gesellschaftsrechts. Denn diese sind „stets Außenseiter der Unternehmungen“610 und können daher – anders als die Gesellschafter mit Leitungsmacht – den (Miss-)Erfolg der Gesellschaft nicht selbst(-bestimmt) beeinflussen. Das deutsche Gesellschaftsrecht schützt die Gesellschaftsgläubiger traditionell durch zwei zentrale Schutzmechanismen611: Charakteristikum der Kapitalgesellschaften ist zwar die Haftungskonzentration auf das Gesellschaftsvermögen (§ 1 Abs. 1 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG). Diese muss jedoch dadurch „erkauft“ werden, dass ein gesetzlich bestimmtes Mindesthaftkapital aufzubringen und zu erhalten

609

So Heß, ZfgG 2009, 285 (286). Heß (a. a. O., S. 290) meint dann allerdings unpräzise: „Ein Motiv für die Einführung der Verbandsprüfung war die Gewährleistung eines ausreichenden Gläubigerschutzes, da die Mitglieder nur beschränkt hafteten, ohne dass ein Mindesthaftkapital garantiert war oder die Genossenschaft einer Kontrolle durch den Kapitalmarkt unterlag.“; ders., Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339: „Das Motiv für die Einführung der Verbandsprüfung lag in der Gewährleistung eines ausreichenden Gläubigerschutzes wegen der Haftungsbeschränkung ohne gleichzeitige Garantie eines Mindesthaftkapitals“ [Kursive Hervorhebungen jeweils vom Verfasser]. Ferner Boettcher, BlfG 1969, 233 (237). 610 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 515. 611 Eingehend zum Dualismus von persönlicher Haftung und Vermögensbindung Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 534 ff.

D. Gläubigerschutz

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ist (§§ 7, 57 Abs. 1 AktG, §§ 5 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG).612 Die Gesellschafter einer Personengesellschaft haften den Gläubigern für Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem privaten Vermögen unbeschränkt persönlich (§ 128 HGB). Diese persönliche Haftung hat nach Ansicht der h. M.613 eine gläubigerschützende Kapitalersatzfunktion. Dieses traditionell zweigeteilte Haftungssystem des deutschen Gesellschaftsrechts wurde im Jahr 2013 um eine „Versicherungslösung“ als dritte Säule erweitert: Durch den neu eingeführten § 8 Abs. 4 PartGG614 schuf der Gesetzgeber die Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartmbB) als neue Variante der Partnerschaftsgesellschaft. Bei der PartmbB kann die Haftung „wegen fehlerhafter Berufsausübung“ zwar auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden. Allerdings muss zum Schutz der Gläubiger eine durch Gesetz vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung unterhalten werden (§ 8 Abs. 4 S. 1 PartGG). 2. Funktionsverlust des Mindesthaftkapitals? Indes könnte es der eG an einem durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung auszugleichenden Gläubigerschutzdefizit fehlen, sofern die kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen über das Mindesthaftkapital als Gläubigerschutzinstrument ihrerseits zwischenzeitlich funktionslos wurden. Einzugehen ist somit auf die vor allem im GmbH-Recht geführte Diskussion darüber, welchen Zweck das kapitalgesellschaftsrechtliche Mindestkapital (noch) hat.615 a) Keine adäquate Haftungsgrundlage Zunächst garantieren die kapitalgesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Aufbringung und Erhaltung eines Mindesthaftkapitals entgegen der Ansicht des BGH keine adäquate „Haftungsgrundlage für die Gesellschaftsverbindlich-

612 Eingehend zur Kapitalerhaltung im GmbH-Recht Wilhelmi, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, 2001, passim. 613 BGH vom 11. 12. 1978 – II ZR 235/77 – NJW 1979, 1361 (1362); BGH vom 21. 12. 1961 – II  ZR 74/59  – NJW 1962, 536 (537); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 536, 539; ­Wilhelmi, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, 2001, S. 85; ­Hadding, FG Zivilrechtslehrer 1934/1935, 1999, S. 147 (171); Sanders / Berisha, NZG 2020, 1290 (1294) m. w. N. Kritisch K. Schmidt, JZ 1985, 301 (302 f.). 614 Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vom 15. 7. 2013, BGBl. 2013 I, S. 2386. 615 Vgl. hierzu etwa Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, passim; Mülbert, Der Konzern 2004, 151; Grunewald / Noack, GmbHR 2005, 189; Haas, DStR 2006, 993; Kleindiek, ZGR 35 (2006), 335; Schön, Der Konzern 2004, 162; Vetter, ZGR 34 (2005), 788.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

keiten“616. Zwar bildet das Mindesthaftkapital einen „Haftungspuffer“ bzw. ein „Verlustpolster“, wodurch vor allem in der kritischen Anlaufphase617 Verluste der Gesellschaft absorbiert werden können und so die Wahrscheinlichkeit des Insolvenzeintritts (anfänglich) verringert werden kann.618 Allerdings leiden die einschlägigen Regelungen an zwei wesentlichen Schwachstellen: Erstens sind diese rein gründungsbezogen. Sie verpflichten bei innerhalb des gewöhnlichen Betriebs der Gesellschaft erlittenen Verlusten nicht dazu, das Mindestkapital fortlaufend wieder aufzufüllen. Sie können daher nicht verhindern, dass das aufgebrachte Mindestkapital als Haftungsgrundlage für die Gläubiger sukzessive „wegschmilzt“.619 Zweitens ist nicht nur vor allem das Mindesthaftkapital der GmbH von 25.000 Euro anerkanntermaßen der Höhe nach unzureichend. Vielmehr korreliert die Höhe des Mindesthaftkapitals generell nicht mit dem jeweiligen Geschäftsumfang oder der jeweiligen Art der Tätigkeit620 – es fehlt folglich an einem Zusammenhang zur „individuellen Risikostruktur der einzelnen Gesellschaft“621. Eine Pflicht zur angemessenen Eigenkapitalausstattung besteht nur ausnahmsweise kraft branchenspezifischer und nicht analogiefähiger spezialgesetzlicher Regelungen, etwa für Versicherungsunternehmen (§§ 89 ff. VAG), Kapitalanlagegesellschaften (§ 25 Abs. 4 KAGB) sowie Kreditinstitute (§ 10 KWG).622

616

So BGH vom 29. 9. 1982 – I ZR 88/80 – NJW 1983, 569 (571). Im Jahr 2022 entfielen rund 57 % aller registrierten Unternehmensinsolvenzen auf solche Unternehmen, die bis zu zehn Jahre waren, Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 6 f. 618 Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (8); Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (154); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 554 ff.; Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 47 m. w. N. 619 Plastisch Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 1981, S. 32, nach dem das Grundkapital wie eine Stauschleuse wirkt, „indem es zwar nicht Verdunstung des Vermögens durch Verluste, wohl aber ein Abfließen desselben an die Aktionäre verhindert“; darauf bezugnehmend Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 557: „Auch eine hohe Staumauer kann nicht verhindern, daß es nicht regnet.“ Ferner Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (9); Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (155); Wilhelmi, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, 2001, S. 89. 620 Der Sache nach unverändert aktuell Westermann, ZfgG 1963, 273 (287 – Fn. 31): „Wenn eine Aktiengesellschaft gegründet wird, um ein Korporationshaus einzurichten und zu erhalten, mag ein Aktienkapital von 100.000,– DM eine gute Kapitalgrundlage sein. Wer ein modernes Bergwerksunternehmen oder ein Stahlwerk mit einem Grundkapital von 100.000,– DM betreiben will, setzt sich der Lächerlichkeit aus.“ Ferner Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (9 f.); ­Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (154 f.); Schön, Der Konzern 2004, 162 (165). 621 Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 134. 622 Zu den Überlegungen, Gesellschaften zur angemessenen Kapitalaustattung gesetzlich zu verpflichten: Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (11); Lutter, FS Riesenfeld, 1983, S. 165 (169). Vgl. ferner Wilhelmi, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, 2001, S. 91 f. 617

D. Gläubigerschutz

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b) Keine effektive „Seriösitätsschwelle“ Aufgrund dieser Defizite wird von Teilen der Literatur weiter vertreten, dass das aufzubringende Mindestkapital als eine „Seriösitätsschwelle“ zu den kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformen fungiere.623 Durch das Mindestkapital sollen unseriöse Gesellschaftsgründungen zumindest erschwert oder gar verhindert werden, was mittelbar dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger diene. Diese Argumentation ist zu Recht auf Kritik gestoßen.624 Denn das Mindestkapital kann nur dann eine effektive „Eingangskontrolle“625 bilden, wenn es bis zur Eintragung vollständig eingezahlt werden muss.626 Das ist nicht der Fall: Nach § 7 Abs. 2 GmbHG müssen die Gründer einer GmbH auf jeden Geschäftsanteil (soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind) lediglich ein Viertel einzahlen (S. 1) und der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen (zuzüglich des Gesamtnennbetrags der Geschäftsanteile, für die Sacheinlagen zu leisten sind) muss nur die Hälfte des Mindeststammkapitals erreichen (S. 2). In der Praxis dürften sich von den bei der GmbH somit real aufzubringenden 12.500 Euro selbst höchst unseriöse Gründer kaum abschrecken lassen.627 Entsprechendes gilt für die AG, bei der Bareinlagen nicht vollständig, sondern nur teilweise aufgebracht werden müssen (§§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 1 AktG).628 Darüber hinaus bleibt unklar, inwiefern dem Gläubigerschutz dadurch gedient ist, dass „Habenichtsen“629 der Zugang zu den Kapitalgesellschaften verwehrt wird. Diese können sich noch immer als persönlich haftender Gesellschafter oder Einzelkaufmann betätigen, was für ihre Gläubiger tendenziell risikoreicher ist.630 c) Zumindest: Risikobeteiligung der Mitglieder Die kapitalgesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, wonach ein Grund- bzw. Stammkapital aufgebracht und erhalten werden muss, erzwingen allerdings eine „Risikobeteiligung der Mitglieder“ und fungieren dadurch gläubigerschützend, 623

Ballerstedt, ZHR 135 (1971), 383 (384 ff.); v. Caemmerer, FS Sanders, 1972, S. 17 (18); ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 523, 540; Hommelhoff, WM 1997, 2101 (2107); Lutter, FS Riesenfeld, 1983, S. 165 (168); Henssler / Strohn GesR / Schäfer, GmbHG, § 5 Rn. 3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 565. 624 Etwa Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (12 ff.); Grunewald / Noack, GmbHR 2005, 189 (190); Haas, DStR 2006, 993 (994); Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 232 ff., 235 ff.; Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (157 f.); Vetter, ZGR 34 (2005), 788 (800): „heute etwas pathetisch“. 625 Oelkers, GesRZ 2004, 360 (367). 626 Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (158). 627 Grunewald / Noack, GmbHR 2005, 189 (190); Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 237; Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (158). 628 Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, 2005, S. 36, 235. 629 Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 135. 630 Haas, DStR 2006, 993 (994); Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 135 f.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

dass sie „das wirtschaftliche Interesse der letztlich entscheidenden natürlichen Personen in einem Mindestmaß mit dem Wohlergehen der AG bzw. GmbH verknüpfen und so mittelbar auf eine risikobewusste Unternehmenspolitik hinwirken“631. Entsprechend hielt bereits der historische Gesetzgeber für das Stammkapital einen gesetzlich bestimmten Mindestbetrag für geboten, „um ein gewisses Interesse der Theilnehmer an den Schicksalen des gemeinsamen Unternehmens zu gewährleisten“632. 3. Aufgabe durch Einführung der UG? Seit der Reform des GmbHG im Jahr 2008633 wird weiter vorgebracht, die gesellschaftsrechtliche Gläubigerschutzsystematik sei durch den Gesetzgeber selbst überholt oder zumindest relativiert. Dieser habe die Unternehmergesellschaft (UG) nach § 5a GmbHG einführt, welche bereits mit einem Stammkapital von nur einem Euro gegründet werden dürfe.634 Diese Argumentation wurde mit Blick auf das vereinsrechtliche Verbot der wirtschaftlichen Betätigung für den e. V. aufgegriffen: Da nunmehr die wirtschaftliche Betätigung bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung ohne nennenswerte Kapitalausstattungspflicht möglich sei, könne auch dem e. V. die wirtschaftliche Betätigung nicht mehr untersagt werden.635 Sie fand allerdings auch im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum Berücksichtigung: Die gläubigerschützende Rechtfertigung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, wonach sie das bei der eG fehlende Mindesthaftkapital ausgleiche, habe sich „spätestens mit der Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) erledigt“636.

631

So MüKoBGB / Reuter, § 22 Rn. 11. Ferner Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 565; Kleindiek, ZGR 35 (2006), 335 (342). Ablehnend Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 135. 632 Begründung zu § 5 des Gesetzentwurfs betreffend die GmbH aus dem Jahr 1890/92, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode 1. Session 1890/92, 5. Anlageband, 1892, Aktenstück Nr. 660, S. 3724 (3734). Ähnlich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags in seiner Beschlussempfehlung zur kleinen GmbH-Reform von 1980, wonach das Mindestkapital „eine erzieherische Funktion“ habe; es „fördere das verantwortungsbewußte Wirtschaften, wenn dieses mit einem spürbaren eigenen Risiko verbunden sei“ (BT-Drs. 8/3908, S. 69). 633 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. 2008 I, S. 2026. 634 Bösche, npoR 2014, 229 (230); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 15; Kober, ZfgG 2014, 31 (37 f., 41). 635 Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 136; ders., npoR 2016, 99 (100); Schauhoff / Kirchhain, ZIP 2016, 1857 (1863); noch abweichend Leuschner, ZHR 175 (2011), 787 (805): „Überlegungen nicht zwingend“. 636 So Bösche, npoR 2014, 229 (230); ferner ders., ZfgG 2008, 98 (101). Hinsichtlich § 54 GenG: Kober, ZfgG 2014, 31 (37 f., 41); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 15.

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a) UG als systemwidriger Fremdkörper Insoweit ist zwar zu konzedieren, dass die UG tatsächlich einen „Fremdkörper im System des deutschen Gesellschaftsrechts“637 bildet. Diese kann mit einem Stammkapital von nur einem Euro gegründet werden (§§ 5a Abs. 1, 5 Abs. 2 GmbHG)638 und ermöglicht somit eine wirtschaftliche Betätigung bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung ohne (nennenswerte) gläubigerschützende Kapitalausstattungspflicht. Die von ihr ausgehende spezifische Gläubigergefährdung lässt sich denn auch empirisch klar nachweisen: Im Jahr 2018 gab es rund 2.300 UG betreffende Insolvenzanmeldungen. Davon konnte lediglich in 1.050 Fällen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, während die Durchführung in 1.267 Fällen an Massearmut scheiterte.639 Auch entfällt inzwischen rund jede zehnte Unternehmensinsolvenz (11,4 %) in der BRD auf die UG, obwohl ihr Anteil am gesamten Unternehmensbestand nur ca. 4 % ausmacht.640 Für die Gläubiger einer UG besteht folglich in besonders gesteigertem Maß die Gefahr, im Insolvenzfall nicht einmal anteilig befriedigt zu werden.641 b) Kein grundsätzlicher Systemwechsel Dennoch vermag die UG als „Ausnahme von der Regel“642 das gesellschaftsrechtliche Haftungssystem nicht generell und grundsätzlich zu durchbrechen. Zunächst war ihre Einführung keine originäre Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, sondern unionsrechtlich determiniert. Namentlich die Entscheidungen Centros643, Überseering644, Inspire Art645 des EuGH zur europäischen Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV führten dazu, dass sich die englische Private Company limited by shares (Limited)  in Deutschland stark verbreitete; dieser Entwicklung wollte der deutsche Gesetzgeber durch die nationale UG begegnen.646 Weiter hat der Gesetzgeber die UG bewusst nicht als eigenständige, sondern lediglich als transitorische Rechtsform ausgestaltet: Wie § 5a Abs. 3 GmbHG zeigt, soll sie zumindest nach der gesetzgeberischen Konzeption647 nicht dauerhaft als 637

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 466; ähnlich Koch, Gesellschaftsrecht, 2021, § 33 Rn. 22: „die klassische Zweiteilung des deutschen Rechts [wird] durchbrochen“. 638 Statt aller nur MüKoGmbHG / Rieder, § 5a Rn. 8. 639 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch, 2019, S. 535. 640 Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 9 f. 641 MüKoGmbHG / Rieder, § 5a Rn. 5. 642 Kober, ZfgG 2014, 31 (41). 643 EuGH vom 9. 3. 1999 – C-212/97, Slg. 1999, I-01 459 – NJW 1999, 2027 – Centros. 644 EuGH vom 5. 11. 2002 – C-208/00, Slg. 2002, I-09 919 – NJW 2002, 3614 – Überseering. 645 EuGH vom 30. 9. 2003 – C-167/01, Slg. 2003, I-10 155 – NJW 2003, 3331 – Inspire Art. 646 Vgl. nur MüKoGmbHG / Rieder, § 5a Rn. 2 ff. 647 BT-Drs. 16/6140, S. 32. Zur damit nur bedingt übereinstimmenden Realität MüKoGmbHG /  Rieder, § 5a Rn. 29.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

UG fortbestehen, sondern als „Mini-GmbH“ das Stammkapital nach § 5 Abs. 1 GmbHG kontinuierlich ansparen und langfristig zur „ordentlichen“ GmbH werden. Ferner schützt der Gesetzgeber die Gläubiger der UG durch Publizität: Durch den zwingenden Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ sollen diese erkennen (können), dass sie mit einem „Habenichts“648 kontrahieren. Schließlich bietet der Umstand, dass das Gläubigerschutzniveau im GmbH-Recht (partiell) verringert wurde, keinen Anlass dazu, den Gläubigerschutz im Genossenschaftsrecht gleichfalls zu reduzieren und anzupassen649 – so auch hinsichtlich der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Demnach lässt sich aus der Einführung der UG kein Einwand gegen die genossenschaftliche Pflichtprüfung herleiten. 4. Vereinsrechtliche Rückschlüsse? Schlussendlich wird in der Literatur darauf verwiesen, dass es massenhaft wirtschaftlich tätige Idealvereine gebe, die selbst dann weder handelsrechtlichen Buchführungs- und Prüfungspflichten noch zumindest den Anforderungen des Publizitätsgesetzes unterliegen, wenn sie hohe Umsätze erzielen und sich als Konzern strukturieren.650 Nicht zu begründen sei deshalb, dass „jeder genossenschaftliche Weltladen mit 30.000 EUR Jahresumsatz und nur ehrenamtlichen Arbeitskräften der Pflichtmitgliedschaft im genossenschaftlichen Prüfungsverband und der Pflichtprüfung“651 unterliege. a) Zwar: Gläubigerschutzdefizit bei (Groß-)Vereinen Insoweit ist zwar zu konzedieren, dass sich die vereinsrechtliche Realität von den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers, dem aufgrund der viel zitierten Äußerung des Abgeordneten Stadthaben unterstellt wird, dass er von „Skat-, Kegel-, Sauf- und Rauchvereinen“652 ausgegangen ist, fort- und wegentwickelt hat. So wird die heutige sehr heterogene Vereinslandschaft auch durch Großvereine und Vereinskonzerne geprägt, die wie Unternehmen in anderen Rechtsformen am Rechts- und Wirtschaftsverkehr teilnehmen.653

648

Goette, WPg 2008, 231 (236). Entsprechend Leuschner, ZHR 175 (2011), 787 (805). 650 Bösche, ZfgG 2008, 98 (101 f.); ders., in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (109). 651 Bösche, ZfgG 2008, 98 (102). 652 Mugdan, Die gesammten Materialien zum BGB, Bd. 1, 1899, S. 995. 653 Rechtstatsachen etwa bei Segna, Vorstandskontrolle in Großvereinen, 2019, S. 79 ff.; ferner Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 6 ff. 649

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Das seit dem Inkrafttreten des BGB weitgehend unberührt gebliebene Vereinsrecht wird dieser Realität nur noch bedingt gerecht.654 Es fehlt insbesondere bei wirtschaftlich tätigen Großvereinen an gläubigerschützenden Kautelen: Weder muss nach den §§ 21 ff. BGB ein bestimmtes Mindesthaftkapital aufgebracht und erhalten werden noch haften die Mitglieder eines e. V. persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Deutliche und häufig beklagte Defizite bestehen bekanntermaßen im Bereich der Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften655: Das BGB verpflichtet den Vorstand eines e. V. nur zur internen Rechnungslegung, indem es auf das Auftragsrecht verweist (§ 27 Abs. 3 i. V. m. §§ 666, 259 BGB). Zusätzliche Buchführungs- und Bilanzierungspflichten nach §§ 238 ff. HGB bestehen lediglich, wenn der e. V. ein Handelsgewerbe betreibt und damit Kaufmann gem. § 1 HGB ist; diese erstrecken sich dann allerdings nur auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Gesetzliche Prüfungs- und Publizitätspflichten bestehen für den e. V. selbst dann nicht, wenn er Millionenumsätze erzielt: Der den Einzelabschluss von Unternehmen betreffende erste Abschnitt des PublG ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf die Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins nach § 22 BGB beschränkt.656 Die Vorschriften über die externe Rechnungslegung nach §§ 264 ff. HGB, d. h. Offenlegung des Jahresabschlusses, gelten ausschließlich für Kapitalgesellschaften sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften (§ 264a HGB), ebenso die Vorschriften über die Jahresabschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB. Das Recht des e. V. stellt daher einen „gewissen Fremdkörper“657 im deutschen Gesellschaftsrecht dar. b) Aber: Risikominimierung durch Vereinsklassenabgrenzung Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass die Gläubiger eines e. V. durch die Vereinsklassenabgrenzung geschützt werden, die primär dem Gläubigerschutz dient.658 Nach § 21 BGB können nur solche Vereine durch Eintragung ins Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangen, deren „Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen 654

MüKoBGB / Leuschner, Vor § 21 Rn. 217. Statt vieler Lutter, BB 1988, 489 (490): „geradezu archaisch“. 656 Ganz überwiegende Ansicht, Nomos-BR PublG / Schäfer, § 3 Rn. 12; K.  Schmidt, Verbandszweck und Rechtsfähigkeit im Vereinsrecht, 1984, S. 94; Segna, DB 2003, 1311 (1312); Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 81 f. Abweichend Kirsch, in: ders. (Hrsg.), Rechnungslegung, 2. Aufl. 111. EL, PublG, § 3 Rn. 26; Adler / Düring / Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Teilband 4, 1997, PublG, § 3 Rn. 7 f., wonach § 3 Abs. 1 Nr. 3 PublG unabhängig von der Konzessionierung grundsätzlich auf alle Vereine anwendbar ist, sofern diese objektiv einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben. 657 Grunewald, in: Riesenhuber (Hrsg.), Privatrechtsgesellschaft, 2012, S. 311 (314). 658 Ganz herrschende Meinung, vgl. nur BGH vom 16. 5. 2017 – II ZB 7/16 – NJW 2017, 1943 (1945 – Rn. 31); BGH vom 29. 9. 1982 – I ZR 88/80 – NJW 1983, 569 (570); Soergel / Hadding, §§ 21, 22 Rn. 5; Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 133 ff.; MüKoBGB / ders., § 22 Rn. 6 ff.; K. Schmidt, Verbandszweck und Rechtsfähigkeit im Vereinsrecht, 1984, S. 92 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 99. A. A. neuerdings Fehrenbach, ZHR 182 (2018), 191 (207 ff.). Zur durch die sog. Kita-Rechtsprechung des BGH neu ausgerichteten Vereinsklassenabgrenzung Zweiter Teil  B. II. 3. b) bb). 655

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Geschäftsbetrieb gerichtet ist“. Wirtschaftsvereine dürfen sich hingegen nicht in der Rechtsform des e. V. betätigen, da andernfalls die strengen Gründungs-, Prüfungs- und Kapitalaufbringungsvorschriften der Handelsvereine unterlaufen werden könnten.659 Der Zugang zum wirtschaftlichen Verein ist nach § 22 BGB nur eröffnet, wenn die Wahl der sondergesetzlich bereitgestellten Rechtsform der Handelsvereine (insbesondere AG, GmbH, eG) aus besonderen Gründen unzumutbar ist; dies wird sehr restriktiv gehandhabt.660 Diese Differenzierung zwischen wirtschaftlich und nicht wirtschaftlich tätigen Vereinen beruht auf der Annahme, dass „bei einer nach außen gerichteten wirtschaftlichen Betätigung Gläubigerinteressen in besonderem Maße berührt werden“661, während umgekehrt eine nicht wirtschaftliche Betätigung für die Gläubiger risikoärmer ist.662 Das trifft grundsätzlich zu. Denn mit einer erwerbswirtschaftlichen, nach Gewinn strebenden Betätigung gehen spezifische Risiken einher.663 Durch § 21 BGB ist es dem e. V. fortdauernd verboten, sich wirtschaftlich zu betätigen. Folglich wird das Risiko des unternehmerischen Scheiterns präventiv verhindert, wodurch mittelbar die Gläubiger des e. V. geschützt werden. Auch neigt der e. V. anders als gewinnorientierte Unternehmen nicht zu spekulativen und damit riskanteren Geschäften.664 c) Jedenfalls: Kein „Durchschlagen“ des Reformbedarfs Wer dem nicht folgen will, muss jedenfalls dies konzedieren: Der Befund, dass das vereinsrechtliche Gläubigerschutzrecht vor allem bei Großvereinen defizitär ist, bedeutet nicht, dass das Gläubigerschutzniveau im Genossenschaftsrecht entsprechend reduziert und angepasst werden muss665 – insbesondere hinsichtlich der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Er beweist vielmehr nur, dass die seit dem Inkrafttreten des BGB weitgehend unberührt gebliebenen Regelungen der §§ 21 ff. BGB ihrerseits reformbedürftig sind. Dass das geltende Vereinsrecht insbesondere im Bereich des Gläubigerschutzes bei Großvereinen defizitär und reformiert 659

MüKoBGB / Leuschner, § 22 Rn. 6 ff. m. w. N. Relevant bleibt die Rechtsform des konzessionierten Vereins vor allem in den spezialgesetzlich zugelassenen Fällen, vgl. etwa MüKoBGB / Leuschner, § 22 Rn. 90. 661 BGH vom 29. 9. 1982 – I ZR 88/80 – NJW 1983, 569 (570); erneut BGH vom 16. 5. 2017 – II ZB 7/16 – NJW 2017, 1943 (1945 – Rn. 31). 662 So bereits v. Tuhr, BGB AT, Bd. 1, 1910, S. 470. 663 Näher Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 147 f.; ders., ZHR 175 (2011), 787 (804); kritisch Schauhoff / Kirchhain, ZIP 2016, 1857 (1862). 664 Zunächst kritisch Grunewald, in: Riesenhuber (Hrsg.), Privatrechtsgesellschaft, 2012, S. 311 (315): Es mache „für einen Getränkelieferanten, der sein Geld nicht bekommt, keinen Unterschied, ob er einen Idealverein oder eine normale GmbH beliefert hat.“; dann aber: „Allenfalls lässt sich sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es zu riskanten und damit vielleicht ungedeckten Geschäften kommt, höher ist, wenn Gewinne winken.“ 665 Entsprechend Leuschner, ZHR 175 (2011), 787 (805). 660

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werden sollte, ist heute zu Recht denn auch ganz überwiegend anerkannt.666 Uneinigkeit herrscht jedoch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung, also dem Wie einer vereinsrechtlichen Reform.667

II. Gläubigerschutz bei der eG Während sich der historische Gesetzgeber darum bemühte, die eG als besonders haftungsstarke Rechtsform auszugestalten, ist die heutige Rechtsform eG zum Nachteil ihrer Gläubiger zu einer besonders haftungsschwachen Rechtsform mutiert.668 1. Historisch: Unbeschränkt persönliche Mitgliederhaftung Die ersten Genossenschaftsmitglieder hafteten den Gläubigern unmittelbar persönlich. Das folgte zunächst daraus, dass für Genossenschaften vor Erlass des Preußischen GenG von 1867 nur solche Rechtsformen zur Verfügung standen, die selbst nicht rechtsfähig waren.669 Diese unbeschränkt persönliche Haftung der Mitglieder war für die beiden Väter des Genossenschaftswesens Schulze-Delitzsch und Raiffeisen anfangs noch unverzichtbar670, auch wenn Schulze-Delitzsch damit nicht primär den Schutz der Gläubiger, sondern ökonomische Erwägungen verfolgte. Er sah darin die beste Kreditgrundlage, „welche der Genossenschaft eben erst die geschäftliche Solidität, die wohlthätigen Erfolge und soziale Bedeutung verleiht“.671 666

Vgl. nur Adams / Maßmann, ZRP 2002, 128 (128 ff.); MüKoBGB / Leuschner, Vor § 21 Rn. 217: „nicht unerheblicher Reformstau“; BeckOGK / Segna, Stand: 1. 12. 2022, BGB, § 21 Rn. 319 ff. m. w. N. 667 Eingehend zu vereinsrechtlichen Reformvorhaben und -vorschlägen: MüKoBGB / Leuschner, Vor § 21 Rn. 215 ff.; BeckOGK / Segna, Stand: 1. 12. 2022, BGB, § 21 Rn. 309 ff. m. w. N. 668 Eingehend zur historischen Entwicklung der Haftungskonzeption der Genossenschaften: Blomeyer, ZfgG 1989, 102; Müller, GenG, Bd. 1, § 2 Rn. 2 ff. Ferner Reif, in: Blome-Drees /  Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (17 ff.). 669 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (27); Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (103); Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 24. 670 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (22); Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (103 f.). Anders als Raiffeisen änderte Schulze-Delitzsch allerdings ab 1880 seine Ansicht und trat nach österreichischem Vorbild für eine eG mit beschränkter Haftpflicht der Mitglieder ein, vgl. Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des GenossenschaftsGesetzes, 1883, S. 66 f. 671 Bericht der XIV. Kommission zur Vorberathung des von den Abgeordneten Schulze-Delitzsch und Genossen eingebrachten Gesetzes-Entwurfes, betreffend die privatrechtliche Stellung der auf Selbsthülfe beruhenden Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften (Nr. 25 der Drucksachen) vom 10. 9. 1866, Stenographische Berichte des Preußischen Landtages (Abgeordnetenhaus) 1866, Aktenstück Nr. 55, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 16 (19); vgl. ferner Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, 1977, S. 396, 463.

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Zudem war die persönliche Einstandspflicht der Mitglieder für ihn notwendiges Korrelat zur genossenschaftlichen Selbsthilfe.672 Das preußische GenG von 1867 übernahm die unbeschränkte persönliche Haftpflicht der Mitglieder: Nach § 11 Abs. 1 hafteten die Mitglieder für „alle Verbindlichkeiten der Genossenschaften“ den Gläubigern gegenüber unmittelbar persönlich mit ihrem gesamten Privatvermögen, allerdings nur „insofern zur Deckung derselben im Falle der Liquidation oder des Konkurses das Vermögen der Genossenschaft nicht ausreicht“. Das GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 führte dieses Haftungskonzept im Wesentlichen fort: Durch das neu eingeführte Umlageverfahren (§§ 52 bis 61) blieb die unmittelbar persönliche Haftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern unberührt.673 2. Heute: Kapital- und haftungsschwache Rechtsform Heute ist die eG zum Nachteil ihrer Gläubiger eine strukturell haftungs- und kapitalschwache Rechtsform.674 a) Fehlen der zentralen Gläubigerschutzmechanismen Der heutigen Rechtsform eG fehlt es an zentralen Gläubigerschutzmechanismen. aa) Weder: Gesetzliches Mindesthaftkapital Die Mitglieder der eG müssen kein gesetzlich bestimmtes Mindesthaftkapital aufbringen und erhalten. Freilich überzeugt die Begründung des Gesetzgebers aus dem Jahr 2006 hierfür nicht, wonach „wegen der erheblichen Unterschiede der Unternehmensgrößen bei Genossenschaften ein einheitliches Mindestkapital nicht sachgerecht bestimmt werden könnte“675. Das zeigt ein Vergleich mit den Kapitalgesellschaften, die (ebenfalls) über abweichende Unternehmensgrößen und dennoch über ein einheitlich bestimmtes Mindesthaftkapital verfügen.676 Der (historische) Grund besteht vielmehr darin, dass der Zugang zur Rechtsform eG als 672

Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (104). Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (105); Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (27). 674 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 176 f. 675 BT-Drs. 16/1025, S. 82. 676 Hiervon zu trennen sind die Überlegungen, Gesellschaften jeweils zur angemessenen Kapitalaustattung gesetzlich zu verpflichten. Das scheitert an den verschiedenen Unternehmensgrößen und -tätigkeiten, Blaurock, FS Raiser, 2005, S. 3 (11); Lutter, FS Riesenfeld, 1983, S. 165 (169). 673

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„Kinder der Not“ für die wirtschaftlich schwachen und kapitalarmen Mitglieder möglichst frei bleiben soll.677 So begründete der Gesetzgeber des GenG von 1889 das Fehlen eines bestimmtem Mindestkapitals bei der eG wie folgt: „Der Zweck, welchem die Genossenschaften gerecht werden sollen, bringt es mit sich, daß es für das Inslebentreten derselben von einem fertigen Grundvermögen abgesehen werden muß.“678 Die Tatsache, dass die Mitglieder (seit 2006) nach § 8a GenG statutarisch ein Mindestkapital festlegen können, bietet den Gläubigern der eG aus mehreren Gründen keinen ausreichenden Schutz679 und lässt entsprechend nicht „das letzte Argument für das bisherige Prüfungssystem entfallen.“680 Erstens kommt diese Möglichkeit nur für wenige kapitalmarktorientierte Genossenschaften in Betracht.681 Zweitens ist § 8a GenG mit den kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen nicht vergleichbar, da die Genossenschaftsmitglieder fakultativ ein Mindesthaftkapital – weitgehend satzungsautonom in beliebiger Höhe und Art der Berechnung682 – bestimmen können, nicht aber kraft gesetzlicher Verpflichtung aufbringen und erhalten müssen. Selbst wenn ein Mindestkapital nach § 8a GenG bestimmt ist, dient dieses drittens nur der Kapitalerhaltung und fungiert nur als Anknüpfungspunkt für eine Ausschüttungssperre.683 Das wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt, wonach das zwingende Merkmal des Mindestkapitals lediglich darin liege, „dass im Fall des Ausscheidens von Mitgliedern oder bei Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b das Geschäftsguthaben nicht zurückgezahlt werden darf, solange dadurch das Mindestkapital unterschritten würde.“684 Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht verpflichtet ein nach § 8a GenG statutarisch bestimmtes Mindestkapital folglich nicht (mittelbar) zur Kapitalaufbringung.685 Demgegenüber werden

677

Beuthien / Beuthien, GenG, § 8a Rn. 3; ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (137); ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 203 (236); v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (11). 678 Allgemeine Begründung des Gesetzes betreffend die Erwerbs und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 183– 259, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 150 (211). 679 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 318: „im Hinblick auf einen effektiven Gläubigerschutz […] nur halbherzig“. 680 So aber Bösche, ZfgG 2008, 98 (102). Entsprechend bezüglich der registergerichtlichen Gründungsprüfung Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1. 681 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 8a Rn. 1; Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 8a Rn. 2; kritisch auch Pistorius, DStR 2006, 278 (282). 682 Näher zu den weitreichenden Gestaltungsspielräumen Geschwandtner / Müller, ZfgG 2008, 119 (125 f.). 683 Hirte, DStR 2007, 2166 (2173). 684 BT-Drs. 16/1025, S. 82. 685 Wie hier Beuthien / Beuthien, GenG, § 8a Rn. 1, 3; BerlKommGenG / Keßler, § 8a Rn. 5; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 8a Rn. 2. Demgegenüber versucht Henssler / 

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die kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften zum Stamm- oder Mindesthaftkapital kumulativ durch die strengen Regeln zur Kapitalaufbringung und -erhaltung entscheidend effektuiert.686 bb) Noch: Persönliche Mitgliederhaftung Die heutigen Genossenschaftsmitglieder haften zudem nicht unmittelbar persönlich für Verbindlichkeiten der eG, nachdem das GenG von 1889 einen „Wechsel von der Haftpflicht zur Nachschußpflicht“687 einleitete: Neben den zuvor ausschließlich zulässigen Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht (§ 2 Nr. 1 GenG 1889) sah es zusätzlich Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschusspflicht (§ 2 Nr. 2 GenG 1889) sowie solche mit beschränkter Haftpflicht der Mitglieder (§ 2 Nr. 3 GenG 1889) vor.688 Durch die Novelle im Jahr 1933 wurde die unmittelbare Außenhaftung der Mitglieder für Verbindlichkeiten der eG ersatzlos abgeschafft.689 Heute können die Mitglieder nur (noch) nach §§ 105 ff. GenG zu Nachschüssen in die Insolvenzmasse verpflichtet sein, soweit die Gläubiger der eG im Insolvenzverfahren nicht befriedigt werden. Diese Nachschusspflicht bietet den Genossenschaftsgläubigern keinen ausreichenden Schutz und kompensiert nicht das fehlende Mindesthaftkapital690. Diese ist lediglich eine reine Innenhaftung gegenüber der eG, sodass die Gläubiger – im Insolvenzfall – nur mittelbar auf das Privatvermögen der Mitglieder zugreifen können. Vor allem aber kann die Nachschusspflicht durch die Satzung nicht nur summenmäßig beschränkt, sondern seit der Novelle 1973 statutarisch vollständig ausgeschlossen werden (§ 6 Nr. 3 GenG). Rechtstatsächlich wird die Nachschusspflicht der Mitglieder meist gänzlich ausgeschlossen.691

Strohn GesR / Geibel, GenG, § 8a Rn. 2 „Auswirkungen auf die Kapitalaufbringung“ damit zu begründen, dass eine Satzungsbestimmung nach § 8a GenG in das Genossenschaftsregister eingetragen werden und das Gericht somit prüfen müsse, ob ausreichend Eigenkapital vorhanden ist. Zutreffend ist zwar, dass eine solche Satzungbestimmung eintragungspflichtig ist (§§ 10 Abs. 1, 13, 16 Abs. 2 S. 1 Nr. 9, Abs. 6 GenG). Allerdings widerspricht eine so mittelbar begründete Einzahlungspflicht der Intention des Gesetzgebers, wonach nur ein Auszahlungsverbot des Auseinandersetzungsguthabens „zwingendes Merkmal des Mindestkapitals“ (BT-Drs. 16/1025, S. 82) ist, sodass eine Prüfungskompetenz des Registergerichts insoweit nicht besteht. 686 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 540. 687 Westermann, ZfgG 1973, 320 (322). 688 Näher Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (17 f.). 689 Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (109); Hadding, in: Beuthien (Hrsg.), Marburger genossenschaftswissenschaftliche Forschung, 1997, S. 55 (59). 690 So aber Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 90 f. 691 Beuthien, Wieviel Wandel verträgt die Genossenschaft?, 2003, S. 24 (30); Hadding, in: Beuthien (Hrsg.), Marburger genossenschaftswissenschaftliche Forschung, 1997, S. 55 (61); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 54.

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Hinzu kommt schließlich, dass heute alle Genossenschaften im Rechtsverkehr als „eingetragene Genossenschaft“ oder abgekürzt „eG“ auftreten, ohne dass es eines besonderen Rechtsformzusatzes bedarf (§ 3 S. 1 GenG). Ein Zusatz, der auf eine etwaige Nachschusspflicht der Mitglieder hinwies, ist nicht nur durch die Novelle 1973 entfallen, sondern wurde sogar ausdrücklich verboten.692 Die zuvor geführten Zusätze „muH“ (mit unbeschränkter Haftpflicht) und „mbH“ (mit beschränkter Haftpflicht) wurden von Amts wegen aus dem Genossenschaftsregister gelöscht.693 b) Genossenschaftsvermögen als unzureichende Haftungsgrundlage Heute haftet den Genossenschaftsgläubigern nach § 2 GenG nur (noch) das Vermögen der eG. Primäres Haftkapital für die Gläubiger ist daher das Eigenkapital der eG. Entgegen der Ansicht des Reformgesetzgebers aus dem Jahr 1973694 sind die Gläubigerinteressen hierdurch nicht hinreichend gewahrt, da die eG rechtsformspezifisch (genauer: förderzweckimmanent695) an einer strukturellen Eigenkapitalschwäche leidet.696 Die eG ist generell arm, da ihr Vermögen nur aus der Summe aller Geschäftsguthaben der Mitglieder und der im Geschäftsverkehr erwirtschafteten Rücklagen gebildet wird.697 Zwar soll aufgrund § 22 Abs. 4 S. 1 GenG stets ein Vermögen erhalten bleiben, das der Summe aller Geschäftsanteile entspricht und so ein Mindesthaftkapital für die Genossenschaftsgläubiger gewährleistet sein.698 Allerdings ist der Geschäftsanteil nur der Höchstbetrag, bis zu dem sich ein Mitglied an der

692

Der Gesetzgeber begründete dieses Verbot von Firmenzusätzen damit, dass Genossenschaften ohne Nachschusspflicht benachteiligt würden, weil der Geschäftsverkehr aus einem Hinweis auf die Nachschusspflicht oder aus dem fehlenden Hinweis sachlich nicht gerechtfertigte Schlüsse ziehen könnte; zudem sei ein Hinweis „unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes nicht erforderlich“ (BT-Drs. 7/97, S. 18); kritisch demgegenüber Müller, GenG, Bd. 1, § 3 Rn. 59. Das (zwischenzeitlich in § 3 Abs. 2 geregelte) Verbot wurde durch die Novelle 2006 aufgehoben, vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 24. 693 Vgl. BT-Drs. 7/97, S. 36. 694 Hadding, in: Beuthien (Hrsg.), Marburger genossenschaftswissenschaftliche Forschung, 1997, S. 55 (62); Westermann, ZfgG 1973, 320 (322). 695 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 320: „kein rechtsformspezifischer Konstruktionsfehler, sondern förderzweckimmanente Konsequenz des genossenschaftlichen Rechtsyps“. 696 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn.  82; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 3; Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 42 ff. (mit Verbesserungsvorschlägen und eigens entwickeltem Modell, a. a. O., S. 110 ff.); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 133: „rechtsformbedingtes Eigenkapitalproblem“. 697 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 7 Rn. 29; Westermann, ZfgG 1973, 320 (328). 698 Beuthien / Beuthien, GenG, § 22 Rn. 15: „Mindestzugriffsmasse“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 136.

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eG beteiligen kann. Die Höhe steht im statutarischen Belieben der Mitglieder (§ 7 Nr. 1 GenG). Das genossenschaftliche Anteilseigentum fungiert nicht als Kapitalanlage, sondern als bloße Kapitaleinlage.699 Entsprechend ist der Betrag, mit dem das einzelne Mitglied tatsächlich an der eG beteiligt ist (sog. Geschäftsguthaben), meist gering.700 Auch muss der Geschäftsanteil nicht sofort und vollständig eingezahlt werden: Die Satzung hat lediglich die Pflichteinzahlung auf den Geschäftsanteil von mindestens einem Zehntel im Hinblick auf den Betrag und Zeitpunkt zu bestimmen. Die (nach § 15a S. 1 GenG rechtsgeschäftlich begründete)  Einzahlungspflicht ist mithin keine konstitutive Voraussetzung, sondern nur Folge der Mitgliedschaft.701 Schließlich kann die Summe aller Geschäftsguthaben kaum einen adäquaten (Mindest-)Haftungsfonds für die Genossenschaftsgläubiger bilden, da die Geschäftsguthaben meist nur einen geringen Anteil am Eigenkapital der eG ausmachen.702 Zudem ist der durch die Geschäftsguthaben gebildete Haftungsfonds variabel703 und damit für die Genossenschaftsgläubiger unsicher: Die eG ist als eine Gesellschaft „von nicht geschlossener Mitgliederzahl“ auf den freien Ein- und Austritt von Mitgliedern angelegt. Vor allem durch die Kündigung der Mitgliedschaft (§ 65 GenG) bzw. einzelner Geschäftsanteile (§ 67b GenG) verringert sich ihr Eigenkapital, da dem ausscheidenden Mitglied binnen sechs Monaten dessen Geschäftsguthaben ausgezahlt werden muss (§ 73 Abs. 2 S. 2 GenG). Zwar können in der Satzung „die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens“ beschränkt werden (§ 73 Abs. 4 Hs. 1 GenG), sowie eine längere, höchstens fünfjährige Kündigungsfrist (§ 65 Abs. 2 S. 2 GenG), im Fall einer Unternehmergenossenschaft bis zu zehn Jahren (§ 65 Abs. 2 S. 3 GenG), bestimmt werden. Allerdings vermögen derartige Satzungsbestimmungen nicht der Variabilität des Genossenschaftsvermögens grundsätzlich abzuhelfen, sondern verschieben den ersatzlosen Kapitalabfluss nur rein temporär.704 Erheblicher Verlust von Eigenkapital droht der eG insbesondere durch Massenaustritte in Krisen 699

Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 237. Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 82. 701 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 65; Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 2. 702 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 82; Blomeyer, ZfgG 1980, 22 (27); Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 118. Kritisch Strieder / Habel, BB 1995, 1857 (1857 – Fn. 5). 703 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4; Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (31); Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, 1975, S. 10; Schröder, Reformreferate, 1956, S. 307 (308). Dementsprechend werden Genossenschaften im französischen Recht als „sociétés à capital variable“ bezeichnet, Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 58. 704 Wie hier Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 43; ­Strieder / Habel, BB 1995, 1857 (1857). Abweichend: Geschwandtner / Müller, ZfgG 2008, 119 (130): „taugliche Mittel […], die häufig bemühte Eigenkapitalschwäche der eG einzudämmen“; BT-Drs. 16/1025, S. 93 (zu § 73 Abs. 4 GenG): „kann […] ein geeignetes und notwendiges Mittel sein, ihr Eigenkapital und damit ihre Kreditwürdigkeit zu stärken“. 700

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situationen705 – also just zu der Zeit, in der die eG besonders auf den Erhalt ihres Eigenkapitals angewiesen ist706. Schließlich kann die unzureichende Haftungsgrundlage der eG nicht durch (verpflichtende) Rücklagenbildung kompensiert werden. Zwar haben ausscheidende Mitglieder auf die allgemeinen Rücklagen und das sonstige Vermögen der eG keinen Anspruch (§ 73 Abs. 2 S. 3 GenG). Das hierdurch gebildete Eigenkapital ist damit immun gegenüber Schwankungen im Mitgliederbestand.707 Zudem muss die Satzung der eG „die Bildung einer gesetzlichen Rücklage“ bestimmen, welche strikt zweckgebunden der „Deckung eines aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes zu dienen hat“ (§ 7 Nr. 2 GenG). Allerdings ist hierfür weder eine absolute noch relative (Mindest-)Größe gesetzlich vorgeschrieben, sondern die Mitglieder der eG entscheiden satzungsautonom über die Höhe der gesetzlichen Rücklage.708 Im Übrigen unterliegt die Rücklagenbildung der eG förderzweckbedingt spezifischen Grenzen.709 Denn übermäßige Rücklagenbildung führt dazu, dass der Genossenschaftsvorstand weisungsfrei über ein „stiftungsähnliches Sondervermögen“710 verfügt und sich von den Mitgliedern und deren Förderinteressen zunehmend emanzipiert. Je umfassender der Vorstand Rücklagen bilden konnte und kann, desto weniger ist er auf die Fördergeschäftsbeziehung mit den Mitgliedern angewiesen. Die Mitglieder können den Vorstand dann insbesondere mit (angedrohten) Kündigungen ihrer Mitgliedschaft kaum mehr unter Druck setzen und fördergeschäftspolitisch disziplinieren.711 Kapitalrücklagen darf die eG demnach nur bilden, um die künftige Förderfähigkeit sicherzustellen.712 Förderwirtschaftlich nicht benötigtes Eigenkapital ist daher – wie die §§ 19 f. GenG zeigen – an ihre Mitglieder auszukehren. c) „Sonderbehandlung“ kapitalstarker (Groß-)Genossenschaften? Von Teilen der Literatur713 wird darauf verwiesen, dass die umfassende Verbandsprüfung zur „Gewährleistung eines ausreichenden Gläubigerschutzes we-

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Binz / Freudenberg, DB 1991, 2473 (2475): „‚Damokles-Schwert‘ über der eG“; Pistorius, DStR 2006, 278 (279 f.); Reinhardt, FS H. Westermann, 1974, S. 473 (477): „Achillesferse der Genossenschaft“; Schröder, Reformreferate, 1956, S. 307 (308). 706 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 55; Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 43. 707 Schröder, Reformreferate, 1956, S. 307 (309). 708 Beuthien / Beuthien, GenG, § 7 Rn. 17; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 7 Rn. 31. 709 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 55; Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 44. 710 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4. 711 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 410 ff. 712 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (88). 713 Beuthien, BzD 1999, 8 (10); Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

gen der Haftungsbeschränkung ohne gleichzeitige Garantie eines Mindesthaftkapitals“714 eingeführt worden sei, weshalb prosperierende Genossenschaften nicht mehr dem gesetzgeberischen Leitbild der Kapitalarmut entsprächen. Kaum zu erklären sei, weshalb diese „weiterhin einem ebenso strikten Prüfungsregime unterworfen [werden] wie neue Genossenschaften, die noch nicht über ein größeres Eigenkapital verfügen.“715 Mit ähnlichen Überlegungen wurde vor der Novelle  1973 erwogen, ob nur kapitalstarke Großgenossenschaften die Nachschusspflicht ihrer Mitglieder vollständig ausschließen dürfen, da bei diesen Genossenschaften das Vermögen für ihre Gläubiger ausreichend sei.716 Zu erörtern ist daher, ob zumindest für kapitalstarke (Groß-)Genossenschaften eine gesonderte „Lösung“ in Betracht kommt. Mit der genannten Argumentation wird zwar primär die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG kritisiert. Namentlich sei zu überdenken, ob „eine Genossenschaft, sobald sie kapitalstark genug ist, nicht mehr zwingend dem genossenschaftlichen Prüfungsverband anzugehören braucht.“717 Richtigerweise richtet sie sich allerdings (bereits) gegen die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG als solche – und nicht (erst) gegen deren konkrete Ausgestaltung, insbesondere die zwingende Zuordnung der eG zu einem Prüfungsverband: Verfügt die eG über ein umfangreiches Eigenkapital, worauf ihre Gläubiger zugreifen können, könnte es an einem Gläubigerschutzdefizit fehlen, das durch die besonders umfassende Pflichtprüfung ausgeglichen werden muss.718 Unabhängig davon überzeugen die Überlegungen in mehrfacher Hinsicht nicht. Zu konzedieren ist zwar, dass die heutigen (Groß-)Genossenschaften nicht (mehr) von den (unqualifizierten) Mitgliedern selbst geleitet werden, sondern von hauptamtlichen, professionellen Managern. Das gilt vor allem für Kreditgenossenschaften, deren Leiter „die zur Leitung des Instituts erforderliche fachliche Eignung“ (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KWG) haben müssen. Allerdings ist zum einen fraglich, ab wann eine eG zum Schutz ihrer Gläubiger ausreichend groß und kapitalstark ist und wann nicht (mehr)719 – und wer darüber letztverbindlich entscheidet. Zum 714 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339. 715 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339. 716 Schnorr v. Carolsfeld, ZfgG 1973, 7 (25). 717 Beuthien, BzD 1999, 8 (10). 718 Das erkennt Beuthien, BzD 1999, 8 (10) der Sache nach: „Deshalb muß, um den erforderlichen Gläubigerschutz zu gewährleisten, mangels hinreichender Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sowie mangels persönlicher Mitgliederhaftung besonders eingehend geprüft werden.“ Demgegenüber Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339: „Ist hinreichend Kapital vorhanden, um den erforderlichen Gläubigerschutz zu gewährleisten, hat sich das der Pflichtmitgliedschaft zugrunde liegende Motiv erledigt, weshalb auf die Pflichtprüfung durch die Verbände verzichtet werden könnte“ [Kursive Hervorhebung im Original]. 719 Vgl. Westermann, ZfgG 1973, 320 (326).

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anderen kann die eG rechtsformspezifisch nur bedingt „kapitalstark“ sein, da sie an einer strukturellen Eigenkapitalschwäche720 leidet und ihre Rücklagenbildung förderzweckbedingten Einschränkungen unterliegt. Auch Großgenossenschaften dürfen daher nur Rücklagen bilden, um mit diesen ihre Förderfähigkeit künftig abzusichern.721 Kreditgenossenschaften sind zwar zum Schutz ihrer Gläubiger gesetzlich zur angemessenen Eigenkapitalausstattung verpflichtet (§§ 10, 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWG). Allerdings orientieren sich deren Kreditvergabegrenzen am haftenden Eigenkapital, sodass die Kapitalanlage vom Förderzweck gedeckt ist.722 Zudem gilt auch für diese, dass die Kontrolle des konstitutiven Förderzwecks unabhängig von Größe oder Kapital einer eG notwendig ist. Denn das professionelle (Fremd-)Management könnte einseitig den Markterfolg des genossenschaftlichen Unternehmens verfolgen und sich dafür erwerbswirtschaftlich betätigen. Da die förderzweckgebundene eG allerdings für die erwerbswirtschaftliche Betätigung strukturell ungeeignet ist, gehen damit auch spezifische Gefahren für ihre Gläubiger (und Mitglieder) einher.723 Wer sich über die genannten Einwände hinwegsetzt und entgegen der hier vertretenen Auffassung die Genossenschaftsgläubiger durch (irgend-)ein bestimmtes Eigenkapital bei (Groß-)Genossenschaften als ausreichend geschützt ansieht, muss jedenfalls beachten, dass die besonders weitreichende Pflichtprüfung gerade bei kapitalstarken (Groß-)Genossenschaften zum Schutz der Förderinteressen der Mitglieder besonders notwendig ist.724 Denn je umfangreicher das Eigenkapital der eG ist, desto unabhängiger wird ihr Vorstand von Geschäftsabschlüssen in der Fördergeschäftsbeziehung mit den Mitgliedern.725 Damit droht, dass sich die eG von den Förderinteressen ihrer Mitglieder entfremdet. d) Konsequenz: Notwendigkeit einer gläubigerschützenden Kompensation Festzuhalten ist demnach, dass die heutige eG zum Nachteil ihrer Gläubiger eine strukturell haftungs- und kapitalschwache Rechtsform ist. Zwar kann eine eG nicht „ohne jedes Vermögen entstehen und in das Genossenschaftsregister eingetragen werden.“726 In diesem Fall werden sowohl Gründungsgutachten des 720 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 82; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 133: „rechtsformbedingtes Eigenkapitalproblem“; Klose, Zusatzgrundkapital für eingetragene Genossenschaften, 1998, S. 42 ff. (mit Verbesserungsvorschlägen und eigens entwickeltem Modell, a. a. O., S. 110 ff.). 721 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (88). 722 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91. 723 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 65. 724 Das sieht dann auch Beuthien, BzD 1999, 8 (13): „Als stets unumgänglich erweist sich wiederum nur die besondere Kontrolle der Förderzweckerreichung.“ 725 Großfeld, ZfgG 1988, 263 (266). 726 So aber Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 51.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Prüfungsverbands (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG) als auch Gründungsprüfung des Registergerichts (§ 11a Abs. 1, 2 GenG) zu ihren Ungunsten ausfallen und das Registergericht aufgrund der klar drohenden Gläubigergefährdung die Eintragung nach § 11a Abs. 2 S. 1 GenG ablehnen. Das strukturelle Gläubigerschutzdefizit der eG ist allerdings damit zu begründen, dass das GenG für die eG keinen der beiden zentralen Gläubigerschutzmechanismen vorsieht727 und das Genossenschaftsvermögen als Haftungsgrundlage für ihre Gläubiger rechtsformimmanent unzureichend ist.728 Indes steht damit weder fest, dass die eG „außerhalb des deutschen Haftungssystems steht“729 noch dass deshalb die besonders weitreichende Pflichtprüfung zum Schutz der Genossenschaftsgläubiger gerechtfertigt und geboten ist. Daraus ist lediglich zu folgern, dass das rechtsformspezifische Gläubigerschutzdefizit der Rechtsform eG durch einen anderen Gläubigerschutzmechanismus kompensiert werden muss. Anders wäre dies allenfalls dann, wenn die Mitglieder der eG de lege ferenda kraft gesetzlicher Verpflichtung ein mit den Kapitalgesellschaften vergleichbares Mindesthaftkapital aufbringen und erhalten müssen730 oder für Genossenschaftsverbindlichkeiten (wieder) unmittelbar persönlich haften. 3. Pflichtprüfung als gläubigerschützendes Surrogat Die Argumentation der h. M.731, wonach die genossenschaftliche Pflichtprüfung das notwendige Surrogat dafür ist, dass die eG weder über ein gesetzlich bestimmtes Mindesthaftkapital noch über persönlich haftende Mitglieder verfügt, greift zu kurz: Diese beschränkt sich auf die Feststellung, dass es bei der eG an Gläubigerschutzmechanismen fehlt und die genossenschaftliche Pflichtprüfung deshalb

727 Darauf maßgeblich abstellend BT-Drs. 16/1025, S. 83, wonach „das Gesetz für die Genossenschaft kein Mindesteigenkapital vorschreibt und zudem die Mitglieder nicht unmittelbar für Verbindlichkeiten der Genossenschaften haften, was ein erhöhtes Gefährdungspotential für den Rechtsverkehr bedeutet.“ 728 A. A. Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 130: „keine bewußt offengelassene, gewichtige Schwächen aufweisende Lücke“. 729 Compart, Kapitalistische Entwicklungswege bei der Genossenschaft, 1977, S. 114. 730 Für eine Mindestkapitalaustattungspflicht der eG in Höhe von 12.500 Euro Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 320. Für ein „Mindest-(Grund-)Kapital“, das sich an der Mitgliederanzahl der eG orientiert und nicht zurückzuzahlen ist Blomeyer, ZfgG 2000, 183 (193 f.). Grundsätzlich gegen eine Kapitalaustattungspflicht für die eG: BT-Drs. 16/1025, S. 82. 731 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3; Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); ders., Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (53): „Ersatzsicherheit“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 135 f.: „quasi ein genossenschaftsspezifischer Ausgleich für die potentielle Schwäche der eG“; ferner BT-Drs. 18/11506, S. 17: „Ausgleich dafür, dass bei der Genossenschaft kein Mindestkapital erforderlich ist und es keine unbeschränkte persönliche Haftung der Mitglieder gibt“.

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gerechtfertigt ist.732 Auch das BVerfG stellt in seinem Kammerbeschluss von 2001 lediglich fest, dass „das Prüfungssystem die Sicherheit gewähren [soll], dass eine Genossenschaft von vornherein nicht insolvent wird.“733 Offen bleibt damit jedoch die Folgefrage, ob und wie die genossenschaftliche Pflichtprüfung das Gläubigerschutzdefizit der eG ausgleichen kann. Zu klären ist demnach, inwiefern die genossenschaftliche Pflichtprüfung das Gläubigerschutzdefizit der eG zu kompensieren vermag – und deshalb als Schutzmechanismus für die Gläubiger der eG kumulativ dadurch gerechtfertigt ist, dass die förderzweckgebundene eG an einem Gläubigerschutzdefizit leidet und die genossenschaftliche Pflichtprüfung dieses ausgleicht. a) Umfassende Prüfung der Vermögensverhältnisse Die spezifisch gläubigerschützende Wirkung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung kann sich nicht daraus ergeben, dass die eG (irgend-)einer Pflichtprüfung unterliegt.734 Das wird dadurch bewiesen, dass auch andere Vereinigungen gesellschaftsrechtlichen Pflichtprüfungen und vor allem der Jahresabschlussprüfung735 unterliegen, deren Anteil an den Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zur eG allerdings höher ist736. Entscheidendes gläubigerschützendes Spezifikum der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist demnach nicht die Prüfungspflicht als solche, sondern ihr besonderer Prüfungsinhalt.737 Der Prüfungsinhalt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist zunächst insoweit besonders, als dass die Vermögensverhältnisse der Genossenschaften materiell geprüft werden. Denn das GenG statuiert zum einen durch die – der fortlaufenden Pflichtprüfung vorgelagerte  – Gründungsprüfung738 ein „präventives Schutzsystem“739: Jede werdende Genossenschaft muss bereits zur Anmeldung zum Genossenschaftsregister eine Beitrittsbescheinigung und zusätzlich „eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft, eine

732 Vgl. nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3: „der unverzichtbare Ausgleich dafür, dass das GenG weder ein festes Grundkapital (§§ 7 Nr. 1, 73 II) noch (trotz § 22 IV 2) dem § 57 AktG gleichwertige Kapitalerhaltungsregeln aufstellt noch zwingend die persönliche Haftung der Mitglieder (§ 6 Nr. 3) vorschreibt“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 135 f.: „quasi ein genossenschaftsspezifischer Ausgleich für die potentielle Schwäche der eG“. 733 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 734 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (10): „die Tatsache der Pflichtprüfung stellt keine Besonderheit im Bereich der Genossenschaft dar“. 735 Vgl. nur Hopt / Merkt, HGB, § 316 Rn. 1. 736 Zu Insolvenzen nach Rechtsform Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 9 f. 737 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 57. 738 Eingehend dazu Zweiter Teil B. IV. 739 Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 354; ebenso Jenkis, in: Laurinkari (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 209 (218).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG), beibringen. Im Rahmen dieser gutachtlichen Äußerung hat der genossenschaftliche Prüfungsverband betroffene Gläubigerbelange zu berücksichtigten und das Vorhaben auf dessen wirtschaftliche Tragfähigkeit zu überprüfen. Bei einem Vorhaben ohne ausreichend Eigenkapital muss der Prüfungsverband seine entsprechenden Bedenken nennen und das Vorhaben negativ bescheinigen.740 Positiv begutachtete Vorhaben stehen hingegen zumindest „auf einem soliden Fundament.“741 Weiter muss das Registergericht die Eintragung der Genossenschaft ablehnen, wenn „offenkundig oder auf Grund der gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbandes eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11a Abs. 2 S. 1 GenG). Dadurch werden völlig untaugliche und für die Gläubiger besonders riskante Vorhaben präventiv aussortiert und verhindert.742 Hieraus wird teilweise der Schluss gezogen, dass die materielle Gründungsprüfung für „alle Beteiligten – Gläubiger und Mitglieder  – besser als ein ziffernmäßig bestimmtes Grundkapital“743 sei. Zum anderen unterliegt jede eG zusätzlich der wiederkehrenden Pflichtprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband, wobei neben den Einrichtungen und der Geschäftsführung die Vermögenslage der eG geprüft werden muss, um so ihre wirtschaftlichen Verhältnisse festzustellen (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG). Selbst für kleine Genossenschaften gilt diese Prüfungspflicht grundsätzlich, da das GenG für diese lediglich Prüfungserleichterungen (§§ 53 Abs. 1 S. 2, 53a GenG) vorsieht, nicht hingegen eine größenabhängige Prüfungsbefreiung744. Bei der Prüfung der Vermögenslage hat der Prüfungsverband darauf zu achten, ob die eG über ein angemessenes Eigenkapital verfügt.745 Mithin werden die Vermögensverhältnisse jeder eG gründungsbezogen durch den Prüfungsverband und (letztverbindlich) durch das Registergericht sowie anschließend wiederkehrend durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband materiell geprüft. Allerdings erfolgen die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands und die materielle Gründungsprüfung durch das Registergericht gründungsbezogen, sodass sie nur einmalig durchgeführt werden. Weiter kann die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands verschieden – streng oder großzügig – und daher unterschiedlich 740

Ablehnen darf er die Aufnahme nicht, da er andernfalls der endgültige Prüfungskompetenz des Registergerichts zuvorkommen würde, Beuthien, NZG 2021, 500 (501) m. w. N. Ferner Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 12; Pfandl, Eingetragene Genossenschaften als gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 1983, S. 202. 741 Bartke, ZRP 2015, 110 (111). 742 Fischer, Auflösung eingetragener Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften bei Verfolgung anderer als geschäftlicher Zwecke, 1963, S. 64. 743 Westermann, ZfgG 1963, 273 (287). 744 Eingehend zum Prüfungsregime für kleine Genossenschaften Zweiter Teil B. II. 745 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 12 f.; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 15.

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gläubigerschützend sein.746 Ferner ist sowohl die gründungsgutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands als auch die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts als Momentaufnahme in hohem Maße prognostisch, weshalb an diese auch keine hohen Anforderungen gestellt werden747. Sie können sich daher ex post als unzutreffend herausstellen.748 In diesem Fall können sich weder die Gläubiger der Vorgenossenschaft (Vorgläubiger) noch die der eG (Neugläubiger) beim Prüfungsverband schadlos halten, da dessen gutachtlichen Äußerung kein drittschützender Charakter zukommt749. Schließlich haben die Prüfungsverbände bei der stetigen Beurteilung der Vermögensverhältnisse die Besonderheiten der Rechtsform eG zu berücksichtigen; dazu gehören vor allem die Variabilität des Eigenkapitals und die förderzweckbedingt nur begrenzt zulässige Rücklagenbildung.750 b) Insbesondere: Risikominimierung durch Förderwirtschaftsprüfung Die spezifisch gläubigerschützende Wirkung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung folgt vor allem daraus, dass die eG verpflichtend einer fortlaufenden Förderwirtschaftsprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband unterliegt.751 Durch die Pflichtprüfung des Prüfungsverbands muss neben den wirtschaftlichen Verhältnissen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung der eG festgestellt werden. Sie schließt die Besetzung und Tätigkeit aller Organe der eG ein. Hierzu gehört die Einhaltung des Förderzwecks durch die Organe der eG, da deren Organpflichten eigens förderwirtschaftlich determiniert sind.752 Das gilt für die Geschäftsführung des Vorstands (§ 34 Abs. 1 S. 1 GenG), da die Vorstandsmitglieder die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft“ schulden. Gleiches gilt entsprechend für die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats (§ 41 i. V. m. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG), da die Aufsichtsräte die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kontrolleurs einer Genossenschaft schulden. Der genossenschaftliche Prüfungsverband muss deshalb in seinem Prüfbericht ausdrücklich dazu Stellung beziehen, inwiefern von der eG insgesamt förder 746 Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 90. Darauf, dass die Gründungskonzeptionen und die dadurch berührten Belange sehr verschieden sind, weisen auch die Befürworter der genossenschaftlichen Gründungsprüfung hin, vgl. Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (236). 747 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 10. 748 Kober, ZfgG 2014, 31 (38). 749 Im Einzelnen Beuthien, NZG 2021, 500; ferner LG Stuttgart vom 29. 6. 2022  – 27  O 268/21 – NJW-RR 2022, 1401. 750 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 12a; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 15. 751 Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (10). 752 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86); Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 304.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

zweckkonforme Ziele verfolgt wurden, was seit 2017 in § 58 Abs. 1 S. 3 GenG deklaratorisch normiert ist. Gegen schwerwiegende Förderzweckverstöße muss der Prüfungsverband im Wege der Prüfungsverfolgung (§§ 58 ff. GenG) einschreiten.753 Da die Gründungsbegutachtung „inhaltsgleiche Vorstufe der späteren Pflichtprüfung“754 ist, muss der Prüfungsverband entsprechend § 58 Abs. 1 S. 3 GenG in seiner gutachtlichen Äußerung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG ausdrücklich Stellung dazu nehmen, ob das Vorhaben auf einen zulässigen Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG ausgerichtet ist.755 Das Registergericht hat die Eintragung der Genossenschaft nach § 11a Abs. 2 Nr. 2 GenG abzulehnen, soweit das Vorhaben nicht auf einen nach § 1 Abs. 1 GenG zulässigen Förderzweck ausgerichtet ist.756 Zusammengefasst werden die wiederkehrende Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG und das vorgelagerte genossenschaftliche Gründungsverfahren nach §§ 11, 11a GenG insgesamt durch den Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG charakterisiert und determiniert. Durch das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem soll sichergestellt werden, dass jede eG sich jederzeit (nur) förderzweckkonform betätigt. Und aus der förderzweckkonformen Betätigung der eG folgen tendenziell geringere Risiken für ihre Gläubiger (und Mitglieder).757 Denn die eG kennt regelmäßig die Förderbedürfnisse ihrer Mitglieder, sodass sie sich daran ausrichten und damit langfristig, vorausschauend und angepasst wirtschaften kann.758 Da die Mitglieder zugleich Kunden ihrer eG sind, greifen die Einzelbetriebe der Mitglieder und das gemeinschaftlich betriebene Unternehmen funktional ineinander: Die Mitglieder stehen mit dem Genossenschaftsunternehmen notwendigerweise in einer Fördergeschäftsbeziehung, das damit über verlässliche und dauerhafte Stammkunden verfügt759 – vor allem dann, wenn die Mitglieder (etwa aufgrund monopolartiger Verhältnisse) auf die Förderleistung der eG zwingend angewiesen sind. Dieser Befund der Risikominimierung gilt auch für Großgenossenschaften, wenn und weil diese förderzweckkonform ihre Mitglieder nutzerbezogen fördern.760 Demgegen-

753

Eingehend dazu Zweiter Teil B. III. Beuthien, NZG 2021, 500 (502). 755 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 7a; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn.  13; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 11 Rn. 5. A. A. unter Berufung auf den Wortlaut Müller, GenG, Bd. 1, § 11 Rn. 8. De lege ferenda für eine ausdrückliche gesetzliche Pflicht: BRDrs. 500/20, S. 1 sowie BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 6, 7, https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Gesetzgebung/Eckpunkte/Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 756 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn.  3; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 11a Rn.  2; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 11a Rn. 4 (Ablehnung nach § 11a Abs. 1 S. 2 GenG); BerlKommGenG / Herzberg, § 11a Rn.  2; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11a Rn. 2. 757 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 58; Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (118). 758 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 58; Ott, ZfgG 2010, 113 (115). 759 Ott, ZfgG 2010, 113 (115); Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (118). 760 Skeptisch Westermann, ZfgG 1963, 273 (288): „Unternehmensrisiko etwa gleich groß“. 754

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über haften der erwerbswirtschaftlichen Betätigung spezifische Risiken für die Gläubiger an761: Gewinnorientierte Unternehmen neigen zumindest zu spekulativen und daher riskanten Geschäften.762

III. Ergebnis Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist aus Gründen des Gläubigerschutzes gerechtfertigt, wie die h. M.763 im Ergebnis zutreffend meint. Sie ist (weiterhin) systemkonform, da sie das strukturelle Gläubigerschutzdefizit der förderzweck­ gebundenen eG kompensiert: Sie fungiert als gläubigerschützendes Surrogat für die der heutigen Rechtsform eG fehlenden Gläubigerschutzmechanismen, indem sie sicherstellt, dass sich das von der eG betriebene Unternehmen förderwirtschaftlich betätigt und ein förderwirtschaftlich betriebenes Unternehmen für dessen Gläubiger mit geringeren Risiken verbunden ist. Daher gilt: Die Förderzweckbindung nach § 1 Abs. 1 GenG und die förderwecksichernde Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband dienen gemeinsam dem Gläubigerschutz.764 Mithin kommt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ein entscheidender Anteil daran zu, dass die eG seit vielen Jahren die insolvenzfesteste Rechtsform ist.765 Sie gewährleistet die besondere Kreditfähigkeit der eG, vor allem die der Kreditgenossenschaften.766 Demnach sieht das Genossenschaftsrecht in Form der genossenschaftlichen Pflichtprüfung einen besonderen Schutz für die rechtsformspezifisch schutzwürdigen Gläubiger der förderzweckgebundenen eG vor767 – und nicht keinen768.

761 Näher Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 147 f.; ders., ZHR 175 (2011), 787 (804); kritisch Schauhoff / Kirchhain, ZIP 2016, 1857 (1862). 762 Reinhardt, in: Deutscher Raiffeisenverband (Hrsg.), Verhandlungsbericht der Mitgliedertagung des Deutschen Raiffeisenverbandes am 24. und 25. Juni 1965 in Koblenz, 1965, S. 79 (80): „Daß mit gewerblicher Betätigung das spekulative Moment stärker hervortritt und Risiken größer werden, ist nicht von der Hand zu weisen.“ 763 Statt vieler Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1; Beuthien, WM 1995, 1788 (1788); v.  ­Caemmerer, Reformreferate  III, 1959, S. 7 (11); Hucke, WPg 2001, 558 (560); Kohte, ZIP 1991, 905 (907); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 127; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 176 f.; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 135. 764 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 58 f. 765 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 6; Draheim, Reformreferate, 1956, S. 191 (221); Ott, ZfgG 2010, 113 (114); Schaffland, DB 2001, 2599; zweifelnd Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 343; ders., ZfgG 2009, 285 (290). 766 Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (112). 767 Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 73. 768 So aber Grunewald / Müller, Gesellschaftsrecht, 2023, S. 436: dem Gläubigerschutz werde vom Gesetz bei Genossenschaften und Vereinen „kein besonderer Stellenwert eingeräumt“.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

E. Sonstige schutzwürdige Interessen? Die genossenschaftliche Pflichtprüfung könnte zum Schutz weiterer Interessen gerechtfertigt sein.

I. Schutz der Allgemeinheit? Nach Ansicht des BVerfG und der h. M.769 soll die genossenschaftliche Pflichtprüfung neben dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder und -gläubiger aufgrund „der nicht unerheblichen Bedeutung der Genossenschaften im Wirtschaftsleben auch den Schutz der Allgemeinheit und der Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems“770 bezwecken. Die Öffentlichkeit habe ein „elementares Interesse daran, daß die Genossenschaft die ihr in unserem Wirtschaftssystem zugewiesene institutionelle Funktion effizient erfüllt.“771 Tatsächlich kommt den Genossenschaften in der BRD große Bedeutung im Wirtschaftsleben zu.772 Das zeigt sich alleine daran, dass die über 7.600 Genossenschaften mit rund 22,5 Millionen Mitgliedern die mitgliederstärkste wirtschaftliche Organisationsform in der BRD bilden.773 Weiter sind sie ein bedeutsamer Arbeitgeber: Gemeinsam mit den Rechenzentralen, Verbänden und Verlagsgruppen beschäftigen Genossenschaften über eine Million Mitarbeiter.774 Zu nennen sind ferner die Wohnungsgenossenschaften, welche heutzutage relevante Akteure am Wohnungsmarkt sind: Diese haben rund 2,9 Millionen Mitglieder, denen sie 2,2 Millionen Wohnungen überlassen.775 Schließlich ist auf die Kreditgenossenschaften zu verweisen, die als „dritten Pfeiler“776 aus dem deutschen Bankensektor nicht mehr hinwegzudenken sind. Rund 70 % aller Banken in der BRD sind Genossenschaftsbanken777; diese verfügen über rund 18,2 Millionen Mitglieder778.

769 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 79; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 9; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 173, 177; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1. 770 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 771 So Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 9. 772 Zur hohen Bedeutung der Genossenschaften in der Europäischen Union Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 1. Eingehend zur Entwicklung der Genossenschaftsorganisation in der BRD Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 6 ff. 773 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8 (Stand: 30. 9. 2022). 774 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8 f. (Stand: 30. 9. 2022); BSK OR II /  Baudenbacher, Art. 828 Rn. 2. 775 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 17 (Stand: 31. 12. 2021). 776 Kübler / Assmann, Gesellschaftsrecht, 2006, S. 147. 777 Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (39). 778 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 11 (Stand: 31. 12. 2021).

E. Sonstige schutzwürdige Interessen?

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Zudem genießt die Rechtsform eG in der Öffentlichkeit ein besonders vertrauenswürdiges Image.779 Das dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Genossenschaften vor allem in Krisensituationen ihre besondere Stabilität zeigen konnten – etwa während der globalen Finanzkrise Anfang des 21. Jahrhunderts sowie jüngst während der Coronavirus-Pandemie. Entsprechend aufsehenerregend sind immer schon Zusammenbrüche im genossenschaftlichen Sektor780, die sich auch auf das öffentliche Ansehen anderer „erfolgreicher“ Genossenschaften und den Genossenschaftssektor als solchen auswirken781. Dass Genossenschaften als besonders vertrauenswürdig gelten, bestätigen Vorkommnisse aus jüngerer Zeit: Dort wurde die Rechtsform eG gezielt für unseriöse Geschäftsmodelle gewählt, um unter dem „Deckmantel“ eG zu agieren782. Angesichts dieser Fälle wollen Bundestag und Bundesrat die Rechtsform eG – die „Marke ‚Genossenschaft‘“783 – vor unseriösen Geschäftspraktiken schützen, da ihr andernfalls ein erheblicher Imageverlust drohe.784 Jüngst hat der Bundesrat daher einen „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Genossenschaften“785 dem Bundestag vorgelegt.786 Dennoch überzeugt die Ansicht des BVerfG und der h. M. nicht.787 Denn zunächst ist eine solche Schutzfunktion dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung nicht zu entnehmen. So nennt § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG zur genossenschaftlichen Gründungsprüfung ausdrücklich (nur) die „Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft“, nicht aber die der Allgemeinheit. Gleiches gilt für die – der fortlaufenden Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband vorgelagerte – materielle Gründungsprüfung des Registergerichts nach § 11a Abs. 2 S. 1 GenG. Lediglich § 11a Abs. 3 Nr. 2 GenG nimmt auf solche Vorschriften Bezug, welche „ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Genossenschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind“. 779

BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619): wird „besonderes Vertrauen im Rechtsverkehr entgegengebracht“. Bereits Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 205: „Die Ursache dieser unabgrenzbaren und unabsehbaren Reichweite solcher Sanierungsfälle ist darin zu erblicken, daß der Begriff ‚Genossenschaft‘ so sehr mit dem Prädikat des Dienens und des Förderns verbunden ist, daß ein Fehlschlag oder ein Sanierungsfall, worin auch ein solcher seine Ursache haben mag, grundsätzlich für unmöglich gehalten wird.“ 780 Beuthien, BzD 1999, 8 (8); Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 13. 781 Jäger, Ist das deutsche Genossenschaftsgesetz noch zeitgemäß?, 2001, S. 24 f. 782 Dazu Holthaus, NZG 2019, 54 (54). Prominent ist der Fall der EVENTUS eG, siehe dazu etwa https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.skandal-genossenschaft-welle-von-prozessenum-eventus-betrug.0eb58faf-b317-4795-af80-bfd1c5db038e.html?reduced=true [31. 7. 2023]. 783 BT-Drs. 19/11467, S. 1; BT-Drs. 20/1533, S. 1 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 784 BT-Drs. 19/11467, S. 1 ff.; BT-Drs. 20/1533, S. 1 ff.; BR-Drs. 244/19 (B), S. 1 ff. Vgl. ferner die Bundesratsinitiative der Landesregierung Baden-Württemberg BR-Drs. 500/20, S. 1 ff. 785 BT-Drs. 20/1533, passim. Bereits zuvor BT-Drs. 19/11467, passim. 786 Siehe https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-892400 [31. 7. 2023]. Vgl. ferner BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Eckpunkte/ Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 787 Ebenfalls ablehnend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 460; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 111 f.

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

Weiter bestimmt sich die Frage, ob Unternehmen und Vereinigungen (staatlich) zu beaufsichtigen sind, nicht rechtsformspezifisch, sondern branchenspezifisch.788 Das deutsche Unternehmensrecht kennt daher keine generelle Aufsicht über Wirtschaftsunternehmen, sondern lediglich eine „Sonderaufsicht über bestimmte Ausschnitte“, namentlich den typisiert betrachtet besonders kontrollbedürftigen Bereichen der Banken oder Versicherungsbranche nach dem VVG.789 Somit unterliegt etwa der Bankgeschäftsbetrieb aller Kreditinstitute rechtsformübergreifend der laufenden Beaufsichtigung der BaFin (§ 6 KWG)790. Richtigerweise trägt der Gesetzgeber dem spezifisch bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung Rechnung, indem er den Prüfungsinhalt und -umfang für bestimmte Genossenschaften durch branchenspezifische Sonderregelungen modifiziert. Besondere Prüfungsvorschriften gelten etwa für Kreditgenossenschaften sowie für Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung, die vor allem der Aufsicht durch die BaFin unterliegen (§§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 29 S. 1 Nr. 3, 6, 52 KWG).791 Kurz: Die Allgemeinheit muss nicht vor jeder eG durch eine besonders weitreichende Pflichtprüfung geschützt werden. Schließlich wäre andernfalls zu fragen, warum die Allgemeinheit exklusiv vor der besonders insolvenzfesten Rechtsform eG durch eine weitreichende Pflichtprüfung geschützt werden muss. Auf die eG entfällt seit vielen Jahren konstant lediglich 0,1 % aller Unternehmensinsolvenzen in der BRD792 – auch zuletzt trotz pandemiebedingter Maßnahmen. Demgegenüber steht etwa die weit verbreitete GmbH, deren Anteil an den Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2019 39,7 % und im Jahr 2020 sogar 43,4 % betrug.793 Zuletzt ist ihr Anteil im Jahr 2022 zwar auf 38,3 % abgesunken.794 Gleichwohl entfällt damit noch immer klar mehr als jede dritte Unternehmensinsolvenz auf die GmbH. Zu nennen ist auch die UG, deren Anteil an den Unternehmensinsolvenzen von 10,6 % im Jahr 2021 auf 11,4 % im Jahr 2022 weiter gestiegen ist; demgegenüber macht ihr Anteil am gesamten Unternehmensbestand nur ca. 4 % aus.795 Zudem wird bei ihr vielfach bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt: Im Jahr 2018 gab es rund 2.317 UGs betreffende Insolvenzanmeldungen, wovon lediglich in 1.050 Fällen (45,3 %) ein Insolvenzverfahren eröffnet werden konnte, während die Durchführung in 1.267 Fällen (54,7 %) an Massearmut scheiterte.796 Gleichwohl unterliegt 788

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 460. Näher Merkt, Handbuch CG, 2009, S. 683 (692 f.). 790 Eingehend dazu Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, passim. 791 Näher zu branchenspezifischen Sonderregelungen: Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn.  21 ff.; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 29 ff.; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 30 ff. Eingehend zu denen für Kreditgenossenschaften Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 353 ff. 792 Für die Jahre 2021 und 2022: Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 10. 793 Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2020, S. 10. 794 Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 10. 795 Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 9 f. 796 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch, 2019, S. 535. 789

E. Sonstige schutzwürdige Interessen?

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weder die Rechtsform GmbH noch die UG einer vergleichbar weitreichenden Pflichtprüfung, um dadurch die Allgemeinheit zu schützen.

II. Schutz der Organträger? Nach einer teilweise vertretenen Ansicht in der Literatur soll die genossenschaftliche Pflichtprüfung den Interessen der Organträger der eG dienen.797 Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der eG hätten kraft ihres Amtes ein Interesse daran, den Förderzweck möglichst optimal zu erreichen.798 Insbesondere die Vorstandsmitglieder seien insoweit an Informationen interessiert, um hiermit ihre Geschäftsführung zu optimieren.799 Auch bestünden aufgrund der Verantwortung und Haftung nach §§ 34, 41 GenG prüfungsrelevante Interessen der Organträger.800 Zwar trifft es zu, dass der Förderzweck die zwingende Leitmaxime für die Vorstandsmitglieder der eG ist; diese schulden nach § 34 Abs. 1 S. 1 GenG „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft“. Auch ist der Förderzweck verbindliche Überwachungsmaxime für die Aufsichtsräte der eG; diese schulden nach § 41 i. V. m. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kontrolleurs einer Genossenschaft. Dennoch lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht mit den Interessen der Organträger der eG rechtfertigen. Denn diese sind kraft Amtspflicht dazu verpflichtet, den Förderzweck bestmöglich zu erreichen801 und die hierfür erforderlichen Informationen selbst einzuholen, um ihre Geschäftsführung zu optimieren. Zudem wäre andernfalls zu fragen, warum exklusiv die Interessen der Organträger der eG durch eine umfassende Pflichtprüfung zu schützen sind – und warum die Interessen der Organträger bei anderen Rechtsformen nicht durch eine (umfassende) Pflichtprüfung geschützt werden, obwohl etwa auch die Vorstands- (§ 93 AktG) und die Aufsichtsratsmitglieder (§ 116 S. 1 AktG) einer AG eine Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit trifft. Gleiches gilt für den Geschäftsführer einer GmbH (§ 43 GmbHG). Auch haften die Vorstandsmitglieder wie die Aufsichtsratsmitglieder der eG für Förderzweckverstöße zivilrechtlich in aller Regel nicht802 – und sind damit haftungsrechtlich nicht rechtsformspezifisch besonders schutzbedürftig.

797 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 76 f.; Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 73; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 5. 798 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 5. 799 Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 73; Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2149). 800 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 76 f.; Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 73; Lang / Weidmüller /  Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18. 801 Für den Vorstand Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86). 802 Siehe Erster Teil  C. II. 3. b) bb).

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

III. Arbeitnehmerschutz? Schließlich wird in der Literatur teilweise betont, dass die Arbeitnehmer der eG durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung geschützt würden.803 Alle Arbeitnehmer eines Wirtschaftsunternehmens hätten zweifellos „ein legitimes Interesse daran, daß die Personalführung unter Beachtung der betriebswirtschaftlichen Grundsätze den sozialen Postulaten entspricht“804. Das Interesse der Arbeitnehmer am „langfristigen und erfolgreichen Erhalt des genossenschaftlichen Betriebes“805 könne nicht ungeachtet bleiben. Nicht zuletzt bestünde bei den Organen der Arbeitnehmervertretung ein Interesse an der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.806 1. Zwar: Prüfungsrelevante Arbeitnehmerinteressen Für eine arbeitnehmerschützende Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung spricht zunächst, dass die über 7.600 Genossenschaften einen der größten Arbeitgeber in Deutschland bilden: Im Genossenschaftssektor sind über eine Million Mitarbeiter beschäftigt.807 Weiter sind die Arbeitnehmer der eG auf die arbeitsrechtliche Gegenleistung, das Arbeitsentgelt, regelmäßig existenziell angewiesen – und damit grundsätzlich schutzbedürftig. Denn die eG ist „die Stätte der Verwertung ihrer Arbeitskraft und damit primäre Quelle für Einkommenserzielung.“808 Daher besteht bei der eG durchaus ein „positives Interesse der Belegschaft an einer kontinuierlichen Überwachung zwecks Aufrechterhaltung von Dauer und Bestand der genossenschaftlichen Betriebswirtschaft“809. Ferner ist zu konzedieren, dass durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung geprüft wird, ob die eG betriebswirtschaftliche Grundsätze einhält; dadurch dient sie dem Interesse der Arbeitnehmer, dass die eG als Arbeitgeber weiterhin fortbesteht. Dieser Befund ist allerdings nicht genossenschaftsspezifisch. Etwa dient auch die handelsrechtliche Rechnungslegung mittels Jahresabschluss und Lagebericht (§ 264 HGB) unter anderem dazu, die Arbeitnehmer des Unternehmens zu informieren; die Einhaltung der geltenden Regelungen und Grundsätze wird durch die

803 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S.  78 f.; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 7; Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 72 f. 804 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 7. 805 So Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 18. 806 Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 73. 807 Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 8 (Stand: 30. 9. 2022). Auch in der Schweiz ist die Migros als einer der größten privaten Arbeitgeber (nach Gründung als Aktiengesellschaft, aber zwischenzeitlicher Umwandlung) genossenschaftlich organisiert, BSK OR II / Baudenbacher, Art. 828 Rn. 2. 808 Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 72. 809 Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 72.

E. Sonstige schutzwürdige Interessen?

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verpflichtende Jahresabschlussprüfung nach § 316 HGB kontrolliert.810 Vielmehr dient jede Pflichtprüfung eines Wirtschaftsunternehmens (mittelbar) den Interessen seiner Arbeitnehmer, soweit dabei (auch) die Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundsätze überprüft wird. 2. Aber: Keine rechtsformspezifische Schutzbedürftigkeit Die Arbeitnehmerinteressen können die besonders weitreichende rechtsformspezifische Pflichtprüfung der eG nur dann rechtfertigen, wenn die Arbeitnehmer einer eG im Vergleich zu Arbeitnehmern anderer Gesellschaften rechtsformspezifisch besonders schutzwürdig sind. Dafür bestehen nicht nur keine Anhaltspunkte, sondern vielmehr dürfte das Gegenteil anzunehmen sein: Genossenschaften zielen nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern förderzweckbedingt auf nachhaltige Mitgliederförderung. Entsprechend sind deren Arbeitnehmer – anders etwa als die einer AG – nicht von besonders risikobehafteten Spekulationsinteressen betroffen.811 Folglich sind die Arbeitnehmer der eG nicht rechtsformspezifisch schutzbedürftig(er), sodass ihre Interessen die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG nicht rechtfertigen können. Wer dem nicht folgen will, muss jedenfalls beachten, dass der Gesetzgeber die – von Verfassungs wegen zu berücksichtigende812 – strukturelle Unterlegenheit aller Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vor allem bei Beendigung, aber auch bei Abschluss und Durchführung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsrecht ausgleicht. Das Arbeitsrecht dient daher primär dem Schutz aller Arbeitnehmer.813 Und nur so ist auch die Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer einer eG zu erklären: Diese besteht (typisiert betrachtet) nicht, weil sie Arbeitnehmer einer eG sind, sondern ist der Eigenschaft als Arbeitnehmer immanent814. Demnach bedarf es neben den arbeitnehmerschützenden Regelungen keiner weitreichenden Pflichtprüfung als zusätzlichen Schutzmechanismus der Arbeitnehmer. Auch werden die Arbeitnehmerinteressen durch die Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung geschützt, welche grundsätzlich auch auf Genossenschaften anwendbar sind. Diese genießen – wie seit 2015815 § 9 Abs. 3, 4 GenG beweist – keine Sonderstellung, weshalb Genossenschaften mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern unter

810

MüKoHGB / Ebke, § 316 Rn. 25. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 230 f.; Großfeld, ZfgG 1988, 263 (269); siehe auch Denga, NZG 2022, 1179 (1181 f.). 812 Vgl. nur BVerfG vom 23. 11. 2006 – 1 BvR 1909/06 – NJW 2007, 286 (288). 813 H. M., vgl. nur BVerfG vom 23. 11. 2006  – 1 BvR 1909/06  – NJW 2007, 286 (288); ­BeckOGK  /  Maties, Stand: 1. 6. 2023, BGB, § 611a Rn. 205; ErfK / Preis, BGB, § 611a Rn. 8. 814 Beuthien, Sozialethische Veranstaltung?, 2003, S. 1 (11): „grundsätzlich die selben Interessenkonflikte wie in anderen Arbeitsverhältnissen“. 815 Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. 4. 2015, BGBl. 2015 I, S. 642 (660). 811

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1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

das Drittelbeteiligungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittbG) und solche mit in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern unter das Mitbestimmungsgesetz 1976 (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 MitbestG) fallen.816 Die Arbeitnehmer sind zwar hinsichtlich des Arbeitsentgelts zugleich Gläubiger der eG; allerdings haben sie nach § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Schließlich kann auch für Produktivgenossenschaften nichts Abweichendes angenommen werden, die in Deutschland nie eine nennenswerte Rolle gespielt haben817. Soweit diese gegenüber ihren Mitgliedern in einem Arbeitsverhältnis nach § 611a BGB stehen, finden die arbeitnehmerschützenden Regelungen als spezielle gesetzliche Schutzmechanismen Anwendung. Besteht zwischen der eG und den Arbeitnehmern ein gesellschaftsrechtliches Beschäftigungsverhältnis, wird der Sozialschutz insbesondere durch die Treuepflicht gewährleistet.818 Folglich sind auch die Arbeitnehmerkunden einer Produktivgenossenschaft nicht weitergehend schutzbedürftig, zumal deren spezifische Schutzbedürftigkeit nicht die weitreichende Pflichtprüfung für alle Genossenschaften rechtfertigen könnte.

IV. Fazit: Keine Funktion, allenfalls Nebenfolge Mithin kann festgehalten werden: Genossenschaften haben im Wirtschaftsleben in der BRD eine große Bedeutung. Dennoch lässt sich – entgegen der Ansicht des BVerfG819 und der h. M.820 – die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG nicht mit dem Schutz der Allgemeinheit rechtfertigen. Sie lässt sich auch nicht mit schutzwürdigen Interessen der Organträger oder der Arbeitnehmer der eG begründen, da diese nicht rechtsformspezifisch schutzwürdig sind. Dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung den Interessen der Allgemeinheit, der Organe als auch der Arbeitnehmer der eG dient, ist demnach keine Funktion, sondern allenfalls eine rechtspolitisch willkommene Nebenfolge. Somit ist nicht nur der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Genossenschaften auf deren Mitgliedernützlichkeit zurückzuführen: Genossenschaften wirken in einer freiheitlich verfassten Rechts- und Wirtschaftsordnung gemeinnützig, wenn und weil sie ihre Mitglieder dauerhaft nutzerbezogen unterstützen.821 Vielmehr beruht auch der gesamtgesellschaftliche Nutzen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung darauf, dass sie die mitgliedernützliche Betätigung der Genossenschaften dauerhaft sicherstellt. 816

Ausführlich zur Arbeitnehmermitbestimmung in der eG Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 228 ff. 817 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 136, 182. 818 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 59. 819 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 820 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 79; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 9; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 173, 177; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1. 821 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 170 ff.

F. Ergebnis

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F. Ergebnis Die Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung hat sich teilweise gewandelt.822 Historisch musste sie die kaufmännisch unerfahrenen und unqualifizierten Genossenschaftsmitglieder schützen, die zwar autonome Unternehmensleiter sowie Kontrolleure des gemeinschaftlich betriebenen Geschäftsbetriebs waren. Allerdings waren die persönlich haftenden Mitglieder rechtsformspezifisch unzureichend qualifiziert und geschäftsunerfahren. Somit mussten sie durch eine umfassende Betreuungsprüfung vor den finanziellen Risiken geschützt werden, die mit dem Betrieb des genossenschaftlichen Unternehmens einhergingen.823 Heute fungiert die genossenschaftliche Pflichtprüfung in den modernen (Groß-)Genossenschaften als ein zentraler und unverzichtbarer Governancemechanismus, da sie dem genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt entgegenwirken bzw. diesen ausgleichen muss. Sie hat die Mitglieder der eG vor dem (über-)mächtigen (Fremd-)Management zu schützen, welches dazu neigt, einseitig auf Kosten der Förderinteressen den unternehmerischen Markterfolg zu verfolgen.824 Zudem ist die genossenschaftliche Pflichtprüfung mit der h. M. heute als gläubigerschützendes Surrogat gerechtfertigt und geboten, da sie das rechtsformspezifische Gläubigerschutzdefizit der heutigen Rechtsform eG kompensiert. Die Frage, ob die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG heute „Anachronismus oder Notwendigkeit“825 ist, lässt sich somit klar beantworten: Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht hat die Bedeutung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nicht abgenommen.826 Vielmehr muss die förderzweckgebundene eG zugunsten der Förderinteressen ihrer Mitglieder und als strukturell haftungsschwache Rechtsform zum Schutz ihrer Gläubiger einer umfassenden regelmäßigen Pflichtprüfung unterliegen, sodass die genossenschaftliche Pflichtprüfung „nichts von ihrer Notwendigkeit und Aktualität eingebüßt“827 hat. Ihr kommt daher weiterhin große Bedeutung zu.828 Indes stellt der hier teilweise festgestellte Normzweckwandel keine nur eingeschränkt zulässige Rechtsfortbildung dar, sodass es auf den Methodenstreit zwischen subjektiver und heute herrschender objektiver Auslegungstheorie nicht 822 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 456 ff.; Boettcher, BlfG 1969, 233 (237). 823 Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (151). 824 Boettcher, BlfG 1969, 233 (236); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 456 ff. 825 Peemöller, ZfgG 1992, 118 (118). 826 So aber Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 1. 827 Peemöller, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 31 (41). 828 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (111): „noch notwendiger“; ferner Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 95: „wichtiger denn je“.

136

1. Teil: Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung

ankommt.829 Dieser ist nur relevant, wenn der Rechtsanwender dem Gesetz einen anderen Normzweck beimessen will, als der historische Gesetzgeber mit ihm verbunden hatte, nicht hingegen, wenn der Gesetzgeber selbst den Normzweck aktualisiert hat.830 Tatsächlich versteht der heutige Gesetzgeber die genossenschaftliche Pflichtprüfung als förderzwecksichernden Schutzmechanismus für die Mitglieder der eG und gläubigerschützendes Surrogat für die Genossenschaftsgläubiger. Dieser hielt im Rahmen der Novelle 2006 an der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auch für Kleinunternehmen ausdrücklich fest, „um einen ausreichenden Schutz der Interessen der Mitglieder und Gläubiger“831 zu gewährleisten. Weiter hat er durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 2017832 § 58 Abs. 1 S. 3 GenG eingeführt. Danach muss sich der Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht dazu äußern, ob und inwiefern die geprüfte eG förderzweckkonforme Ziele verfolgt hat. Diese Gesetzesänderung begründete der Gesetzgeber damit, dass der „Vorstand, Aufsichtsrat und die übrigen Genossenschaftsmitglieder“ frühzeitig gewarnt werden sollen, „falls sich eine Genossenschaft von ihrem Förderzweck entfernt.“833 Gleichzeitig lehnte er es ab, die genossenschaftliche Pflichtprüfung und die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband gänzlich abzuschaffen, da die regelmäßige Pflichtprüfung „im Interesse der Mitglieder und Gläubiger“ liege; sie sei auch der „Ausgleich dafür, dass bei der Genossenschaft kein Mindestkapital erforderlich ist und es keine unbeschränkte persönliche Haftung der Mitglieder gibt.“834

829

Dazu Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 796 ff. m. w. N. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 41. 831 BT-Drs. 16/1025, S. 89. 832 BGBl. 2017 I, S. 2434. Zu den Hintergründen Esser / Zabel, DW 2018, 46 (46). 833 BT-Drs. 18/11506, S. 31. 834 BT-Drs. 18/11506, S. 17. Vgl. ferner BT-Drs. 19/3595, S. 11: „dient dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder und der Genossenschaftsgläubiger“. 830

2. Teil

Ausgestaltung und Effektuierung Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem ist so auszugestalten und zu effektuieren, dass die Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung bestmöglich erreicht wird.

A. Ziel: Umfassende Förderwirtschaftsprüfung Durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung sollen nach § 53 Abs. 1 S. 1 GenG die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung festgestellt werden. Diese Zielsetzung ist eigens förderwirtschaftlich determiniert, da der Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG „Mittel und Maßstab einer Kontrolle der Genossenschaft“1 ist: Die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung hängt davon ab, ob die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der eG die ihnen obliegende Sorgfaltspflicht genossenschaftlichen Inhalts beachtet haben. Denn an die Stelle der Sorgfalt eines „ordentlichen Geschäftsmannes“ trat durch die Novelle 1973 die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft“ (§ 34 Abs. 1 S. 1 GenG). Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass die Vorstandsmitglieder den Förderzweck zu beachten haben2. Zugleich ist der Förderzweck verbindliche Überwachungsmaxime für die Aufsichtsratsmitglieder, welche seither die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kontrolleurs einer Genossenschaft schulden (§ 41 i. V. m. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG). Die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung kann demnach nur festgestellt werden, wenn und weil der Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG eingehalten wurde.3 Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der eG können nur im Lichte des Förderzwecks festgestellt werden: Das Vermögen, die Liquidität und Rentabilität sind insoweit zu beurteilen, ob und inwiefern sie der naturalen Förderung der Mitglieder nach § 1 Abs. 1 GenG dienen. Daraus folgt: Die Genossenschaften müssen einer umfassenden Förderwirtschaftsprüfung unterliegen, welche die Zweckmäßigkeit und Förderwirtschaftlichkeit der Gesamtgeschäftsführung festzustellen hat.4 Die eG ist „als genossenschaft-

1

Großfeld, ZfgG 1979, 217 (221). BT-Drs. 7/97, S. 24. 3 Götz, Verbundbildung, 1981, S. 163. 4 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 13. 2

138

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

liche Personenvereinigung“5 zu durchleuchten: Zu beurteilen ist, ob der Vorstand insgesamt förderwirtschaftlich rechtmäßig und förderzweckmäßig gehandelt hat.6 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung kann demnach nicht nur rein vergangenheitsbezogen und punktuell den Jahresabschluss der eG prüfen, sondern muss auch zukunftsgerichtet erfolgen.7 Festzustellen ist nicht lediglich, ob die Geschäftsführung des Vorstands im zurückliegenden Prüfungszeitraum ex post förderzweckkonform war, sondern der Prüfungsverband hat darüber hinaus ex ante zu prüfen, inwiefern diese künftig förderwirtschaftlich sachgerecht ist und sein wird. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung grenzt sich durch diese Zielsetzung (weiterhin) von der Abschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB ab. Zwar wurde die Abschlussprüfung durch das „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. 4. 1998“8 zukunfts- und risikoorientierter und damit intensiver.9 Allerdings folgt aus diesem punktuell risikoorientierten und zukunftsbezogenen Prüfungsansatz nicht, dass die Abschlussprüfung es generell bezweckt, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die wirtschaftlichen Verhältnisse der zu prüfenden Gesellschaft festzustellen.10 Vielmehr ist ihr wesentliches Ziel nach § 317 Abs. 1 S. 2 HGB als sog. Gesetz- und Ordnungsmäßigkeitsprüfung (weiter) nur die Feststellung, ob der Jahresabschluss bzw. der Konzernabschluss der geprüften Gesellschaft den gesetzlichen Vorschriften und ergänzend dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung entspricht11; insoweit bezieht der Abschlussprüfer keine Stellung oder gibt gar eigene Lösungsvorschläge12. Die Abschlussprüfung auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung auszudehnen, wurde von der Regierungskommission „Corporate Governance“ abgelehnt, da die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung „ureigene und zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats“13 sei. Zudem hat sich die Prüfung nach dem durch das Abschlussprüferreformgesetz vom 10. 5. 2016 (AReG)14 neu eingefügten § 317 Abs. 4a HGB15 grundsätzlich nicht darauf zu erstrecken, „ob der Fortbestand des geprüften Unternehmens oder die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zugesichert werden kann.“16 5

Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 28 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2. 7 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 16; Leitner, ZfgG 1998, 23 (25); Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 2; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12. 8 BGBl. 1998 I, S. 786 ff. 9 Näher Mattheus, Handbuch CG, 2009, S. 563 (581). 10 EBJS / Böcking / Gros / Rabenhorst, § 316 Rn. 10; MüKoHGB / Ebke, § 317 Rn. 13. 11 MüKoHGB / Ebke, § 317 Rn. 11; Mattheus, Handbuch CG, 2009, S. 563 (566, 583 ff.); Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 1g. 12 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 1g. 13 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, S. 296; BTDrs. 14/7515, S. 123 f. 14 BGBl. 2016 I, S. 1142. 15 Die Norm dient der Umsetzung von Art. 25a der RL 2014/56/EU in nationales Recht. 16 Damit will der Gesetzgeber ausdrücklich „den Verantwortungsbereich des Abschlussprüfers von demjenigen der Geschäftsführung des geprüften Unternehmens“ (BT-Drs. 18/7219, S. 38) abgrenzen. 6

B. Umfang und Reichweite

139

B. Umfang und Reichweite Die förderzweckgebundene eG muss zugunsten der Förderinteressen ihrer Mitglieder und als strukturell haftungsschwache Rechtsform zum Schutz ihrer Gläubiger einer besonders weitreichenden Pflichtprüfung unterliegen.17

I. Prüfungsinhalt Besonders ist zunächst der Prüfungsinhalt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung: Um die Förderinteressen der Mitglieder zu schützen und um als Schutzmechanismus für die Gläubiger der förderzweckgebundenen eG zu fungieren, kann sie sich nicht darauf beschränken, formell den Jahresabschluss zu prüfen.18 Vielmehr muss sie grundsätzlich als „eine alles umfassende Betreuungsprüfung“19 ausgestaltet sein. 1. Weitreichende Prüfungsgegenstände Bereits der Gesetzgeber des GenG von 1889 betonte, dass sich die Prüfung „keineswegs auf eine blos kalkulatorische Kontrole der Bilanzen und Geschäftsbücher der Genossenschaft beschränken“ darf, sondern sich regelmäßig „auf die materielle Seite der Geschäftsführung […] richten“20 muss. a) Erweiterung und Verkürzung Die Prüfungsgegenstände der genossenschaftlichen Pflichtprüfung wurden vom Gesetzgeber im Laufe der Zeit erweitert: Nach dem GenG von 1889 waren die „Einrichtungen der Genossenschaft und die Geschäftsführung derselben in allen Zweigen der Verwaltung“ mindestens in jedem zweiten Jahr „durch einen der Genossenschaft nicht angehörigen, sachverständigen Revisor“21 zu prüfen. Nach dem 17

Beuthien, WM 2021, 1305 (1308); Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (93 f.); Leitner, ZfgG 1998, 23 (26); Westermann, ZfgG 1963, 273 (291). 18 Beuthien, WM 1995, 1788 (1793). 19 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 296. Ferner Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 40: „umfassende Gesamtprüfung“. 20 Besondere Begründung des Gesetzes, betreffend die Erwerbs und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 183– 259, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 222 (255). Zur Frage, ob die durch das GenG 1889 angeordnete Prüfung formell oder materiell war Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 57 ff. 21 § 51 des Gesetzes, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 1. 5. 1889, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 37 (50).

140

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

durch die Novelle 1934 neu gefassten § 53 Abs. 1 S. 1 GenG erstreckt sich die Prüfung zwecks Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung seither auf „die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft“22. Somit ist bei jeder eG deren Einrichtungen, Vermögenslage und Geschäftsführung zu prüfen (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG); (nur) bei größeren Genossenschaften ist der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts (§ 53 Abs. 2 S. 1 GenG) in die Prüfung miteinzubeziehen. Hingegen ist der Jahresabschluss als Prüfungsgegenstand teilweise entfallen: Bei Genossenschaften über den in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG genannten Schwellenwerten ist er (weiterhin) unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts in die Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG miteinzubeziehen und auf dessen Gesetzmäßigkeit und Satzungsmäßigkeit zu überprüfen23. Wird einer der in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG genannten Schwellenwerte unterschritten, ist der Jahresabschluss der eG seit der Novelle 2006 nicht mehr Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.24 b) Deren förderzweckgerechtes Verständnis Die Prüfungsgegenstände müssen vom Prüfungsverband förderzweckgerecht geprüft werden. Der Begriff der Einrichtungen der eG wird nach allgemeiner Ansicht25 weit verstanden: Darunter fällt die gesamte Organisation der eG einschließlich ihres Geschäftsbetriebs. Der Prüfungsverband muss deshalb die Satzung und Geschäftsordnungen der eG sowie ihre gesamte Unternehmensorganisation in sachlicher und persönlicher Hinsicht prüfen. Die Prüfung der Einrichtungen erschöpft sich nicht nur in vorhandenen, sondern schließt fehlende, aber notwendige Einrichtungen mit ein.26 Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat die Einrichtungen der eG somit darauf zu prüfen, ob diese dem Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG dienen und ob förderzweckdienliche Einrichtungen fehlen.27 Unter die Vermögenslage der eG fallen alle wirtschaftlichen Aspekte im weiteren Sinne28, namentlich die Kapitalausstattung, Rücklagenbildung, Liquidität, 22

Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. 10. 1934, RGBl. 1934 I, S. 1077 (1081). 23 Umfassend dazu und mit Checklisten Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 11. 24 Kritisch insoweit Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (157). 25 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 14; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 20 ff. 26 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 14; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 10a. 27 Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (211); Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2. 28 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 20; eingehend Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 20 ff.

B. Umfang und Reichweite

141

Preisgestaltung, Kalkulation und Umsatzentwicklung29. Die Prüfung der Vermögenslage ist förderzweckbedingt ambivalent: Einerseits benötigt die eG für ihren Geschäftsbetrieb ausreichend Förderkapital, um die Mitgliederkunden bestmöglich zu fördern.30 Daher sind grundsätzlich die für die angemessene Kapitalausstattung von Wirtschaftsunternehmen allgemein geltenden Grundsätze anzuwenden.31 Allerdings gilt andererseits: Je umfangreicher das Eigenkapital der eG ist, desto unabhängiger wird der Vorstand von Geschäftsabschlüssen in der Fördergeschäftsbeziehung mit den Mitgliedern.32 Daher hat der genossenschaftliche Prüfungsverband rechtsformspezifisch nicht nur zu beachten, dass die eG ein variables Kapital und kraft genossenschaftlichen Verbunds eine besondere Risikoabsicherung aufweist.33 Vielmehr er hat darauf zu achten, dass der Vorstand nicht weisungsfrei über ein „stiftungsähnliches Sondervermögen“34 verfügt, sondern förderwirtschaftlich nicht benötigte Überschüsse grundsätzlich an die Mitglieder auskehrt. Den zentralen Inhalt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung macht die Geschäftsführungsprüfung aus.35 Geschäftsführung im Sinne von § 53 Abs. 1 GenG ist weit zu verstehen: Diese umfasst nicht nur die des Vorstands im engeren Sinne, sondern auch die Geschäftsführung im weiteren Sinne.36 Sie schließt die Besetzung und Tätigkeit aller Organe der eG ein. Der Prüfungsverband hat somit zu prüfen, ob die Organe der eG ordnungsgemäß errichtet und besetzt sind, ob sie die gesetzlich oder statutarisch vorgesehenen Zuständigkeiten einhalten und ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrgenommen haben.37 Zentral ist die Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands, sodass der Prüfungsverband besonders auf die Geschäftsführungspolitik des Vorstands zu achten hat.38 Die Jahresabschlussprüfung gilt als „Kernstück“39 der genossenschaftlichen Pflichtprüfung bzw. soll den „wichtigsten Baustein der genossenschaftlichen Pflichtprüfung“40 darstellen. Indes ist die weit verbreitete Feststellung, die genossenschaftliche Pflichtprüfung sei nicht nur auf den Jahresabschluss beschränkt, sondern eine erweiterte Jahresabschlussprüfung, unzutreffend.41 Soweit bei Genossenschaften über den in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG genannten Schwellenwerten der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts in die Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG miteinzubeziehen ist, ist er zwar auf dessen 29

Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 20a. Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (210). 31 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 21a; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 15. 32 Großfeld, ZfgG 1988, 263 (266). 33 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16. 34 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4. 35 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 22; Leitner, ZfgG 1998, 23 (27). 36 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16. 37 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16. 38 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16. 39 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16a. 40 Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (156). 41 Etwa Leitner, ZfgG 1998, 23 (26). 30

142

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Gesetzmäßigkeit und Satzungsmäßigkeit zu überprüfen42. Sowohl die Förderwirtschaftsprüfung als auch die Jahresabschlussprüfung sind dann in einem einheitlichen Prüfungsverfahren durchzuführen. Allerdings geht die Jahresabschlussprüfung der anschließenden Förderwirtschaftsprüfung voraus, da Letztere den Jahresabschluss nur darauf untersucht, ob und welche Rückschlüsse er auf die naturale Mitgliederförderung zulässt.43 Sofern einer der in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG genannten Schwellenwerte unterschritten wird, ist der Jahresabschluss der eG seit der Novelle 2006 kein Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung mehr.44 Da jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung ohne „das Zahlenwerk der eG“45 nicht festgestellt werden können, unterliegt der Jahresabschluss einer stichprobenartigen Mindestkontrolle.46 Dieser muss als Teil der nach § 53 Abs. 1 GenG (weiterhin) vorgeschriebenen Förderwirtschaftsprüfung daraufhin überprüft werden, ob er Rückschlüsse auf die naturale Mitgliederförderung zulässt.47 2. Eigens: Förderwirtschaftsprüfung Der Kern der Geschäftsführungsprüfung ist die Förderwirtschaftsprüfung: Das wesentliche Ziel der Geschäftsführung der eG ist es, den Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG zu erreichen. Es gehört es zu den Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder nach § 34 Abs. 1 S. 1 GenG, dass diese die naturale Förderung der Mitglieder bestmöglich verfolgen.48 Somit ist die gesamte Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands dreistufig49 daraufhin zu prüfen, inwiefern sie auf die Erreichung des statutarisch konkretisierten Förderzwecks ausgerichtet ist und diesen bestmöglich erreichte und erreichen kann.50 Die von § 53 Abs. 1 GenG vorgeschriebene genossenschaftliche Pflichtprüfung ist demnach weder eine bloße Förderzweckprüfung noch eine besonders weitreichende betriebswirtschaftliche Prüfung, sondern erfordert eine eigenständige, rechtsformspezifische und auf den Förderzweck ausgerichtete Förderwirtschaftsprüfung.51 42

Umfassend dazu und mit Checklisten Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 11. Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). 44 Kritisch insoweit Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (157). 45 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 22. 46 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 22; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 20; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16a. 47 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). 48 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (85). 49 Eingehend zu den drei Stufen (Förderzweck-, Förderprogramm- und Fördererfolgsprüfung) der Förderwirtschaftsprüfung Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86 ff.). 50 Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (204); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 16; Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 27. 51 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). 43

B. Umfang und Reichweite

143

Die genossenschaftliche Pflichtprüfung erstreckt sich demnach – entgegen vielfach geäußerter Ansicht52 – nicht auch auf die Einhaltung des Förderzwecks. Vielmehr ist die Förderwirtschaftsprüfung „Ausgangs- und Endpunkt des gesamten Prüfungsverfahrens, also dessen A&O zugleich.“53 Genossenschaftsrechtlich unzureichend ist die Prüfungsempfehlung des DGRV: Danach soll es das zentrale Kriterium sein, die „wirtschaftlichen Verhältnisse der Genossenschaft als Grundlage für ihre Leistungen an die Mitglieder“ zu beurteilen, wofür im Einzelnen „die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Risikolage der Genossenschaft“54 zu bewerten sind. Eine danach ausgerichtete Prüfung entspricht (nur) einer allgemeinen Wirtschaftsprüfung und hat keine genossenschaftsspezifische Relevanz.55 a) Irrelevant: Prüfungsdefizit Der Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung kommen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nicht oder nur (noch) unzureichend nach.56 Namentlich wandelt(e) sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung in der Praxis (zunehmend) zu einer formellen Prüfung.57 Die Prüfung der Genossenschaften soll der Prüfung von Aktiengesellschaften und anderen juristischen Personen entsprechen.58 Zwar ist der Aufsichtsrat regelmäßig mit nutzenden Mitgliedern der eG selbstorganschaftlich besetzt. Daher ist es nachvollziehbar, dass der Aufsichtsrat der eG als internes und dauerhaft überwachendes Organ eher auf den Fördererfolg schaut, während der periodisch prüfende Verband mehr auf die betriebswirtschaftliche Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung achtet.59 Dennoch vermag das tatsächliche Prüfungsdefizit nicht, die rechtliche Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung zu nivellieren oder suspendieren. Die Prüfungsverbände haben eigens zu prüfen, inwiefern die eG ihre Mitglieder nutzerbezogen gefördert hat und sich die Organe der eG förderzweckkonform verhalten haben sowie prüfungsverfolgend auf die Beseitigung

52

Statt vieler Bergmann, ZfgG 2001, 217 (218); Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (110); Hillebrand, in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit?, 2002, S. 90 (99); BGH vom 21. 6. 2011 – II ZB 12/10 – WM 2011, 1655 (1657). 53 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). 54 Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V., Die Prüfung der Geschäftsführung von Genossenschaften, 2005, S. 81. 55 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (87). 56 Beuthien, WM 2021, 1305 (1309); Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 86; Kober, ZfgG 2014, 31 (35). 57 Boettcher, ZfgG 1979, 198 (214); Blümle, ZfgG 1980, 39 (40); Bösche, ZfgG 2008, 98 (105 f.); ders., in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (107, 109); Dülfer, FS Weber, 1986, S. 200 (215); Jäger, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 105 (106); Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 86. 58 Blümle, ZfgG 1980, 39 (40). 59 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 467.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

von Förderzweckverstößen hinzuwirken.60 Mithin zeigt das festgestellte Prüfungsdefizit nur, dass die Prüfungsverbände ihrer – ex ante feststehenden – Prüfungspflicht rechtswidrig verkürzend tatsächlich nicht (mehr) nachkommen (wollen). Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände haben immer schon zu beurteilen, ob und wodurch die eG ihre Mitglieder nutzerbezogen fördert61 und im Prüfungsbericht dazu Stellung zu nehmen, dass und auf welche Weise die eG einen zulässigen Förderzweck verfolgt. Zuletzt genannte Pflicht besteht nicht erst, seit sie der Gesetzgeber – rein deklaratorisch – durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 201762 in § 58 Abs. 1 S. 3 GenG ausdrücklich normierte.63 Denn die Funktion des Prüfungsberichts besteht seit jeher darin, die Organträger der eG förderwirtschaftlich zu beraten und zu informieren64; neben den übrigen Genossenschaftsmitgliedern sollen Vorstand und Aufsichtsrat „frühzeitig gewarnt werden, falls sich eine Genossenschaft von ihrem Förderzweck entfernt“65. Richtigerweise sollen die beim Prüfungsverband angestellten Prüfer daher „im genossenschaftlichen Prüfungswesen ausreichend vorgebildet und erfahren sein“ (§ 55 Abs. 1 S. 3 GenG). b) Prüfbarkeit des Fördererfolgs Damit steht fest, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände zu prüfen haben, inwiefern der statutarisch konkretisierte Förderzweck von der eG eingehalten und erreicht wurde.66 Unsicherheit herrscht allerdings bei der Frage, ob und wie der Förderzweck objektiv „gemessen“ werden kann.67 Dieses Kontrollproblem des Fördererfolgs ist eine wesentliche Ursache für die Ineffizienz der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.68

60

Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 467. Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86 f.); Esser / Zabel, DW 2018, 46 (46); Kober, ZfgG 2012, 193 (206). 62 BGBl. 2017 I, S. 2434. Zu den Hintergründen der Gesetzesänderung Esser / Zabel, DW 2018, 46 (46). 63 So aber Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 58 Rn. 2a. Wie hier Henssler /  Strohn GesR / Geibel, GenG, § 58 Rn. 1: „klarstellend“. 64 Müller, GenG, Bd. 3, § 58 Rn. 1 f. 65 BT-Drs. 18/11506, S. 31. 66 Allgemeine Ansicht, Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 45 ff.; Bergmann, ZfgG 2001, 217 (226); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs /  Bloehs, GenG, § 53 Rn. 13; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 1. 67 Beuthien, FS Schaffland, 2008, S. 73 (81): „schwierige Frage“; Rohlfing / Ziranka, ZfgG 1972, 194 (201). 68 Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 174. 61

B. Umfang und Reichweite

145

aa) Entscheidend: Kollektiver Fördererfolg Insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren beschäftigte sich die Genossenschaftswissenschaft damit, wie der Fördererfolg bei den einzelnen Mitgliedern der eG operationalisiert bzw. evaluiert werden kann.69 Bislang sind alle betriebswirtschaftlichen Ansätze weitgehend erfolglos geblieben, da es nicht gelungen ist, Kriterien zu bestimmen, mittels derer die Förderleistung der eG verlässlich bewertet werden kann. Teils meint man gar, eine „Quantifizierung der Förderungsleistungen und eine Erfolgsmessung“ sei „sehr schwierig, in vielen Fällen sogar unmöglich“70. Das schlägt auf die genossenschaftliche Pflichtprüfung als „Soll-Ist-Vergleich“ durch: Gibt es für den Fördererfolg keine Zielvorgabe (Soll), bleibt unklar, was zu prüfen und womit der tatsächliche Zustand (Ist) abzugleichen ist.71 Neben Konditionsvergleichen können zwar etwa die Umsatzentwicklung, die Entwicklung der Mitgliederanzahl sowie der Ablauf der Generalversammlung betrachtet werden.72 Auf diese Daten greifen die Prüfungsverbände in der Praxis auch regelmäßig zurück73. Allerdings lassen sie nur bedingt Rückschlüsse darauf zu, ob die Mitglieder von ihrer eG bestmöglich nutzerbezogen unterstützt wurden.74 Daher sei durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung kaum feststellbar, inwiefern bei den Mitgliederwirtschaften ein Fördererfolg eingetreten ist.75 Indes kommt es auf diese betriebswirtschaftlich schwierige und bislang weitgehend ungelöste Frage genossenschafts- und prüfungsrechtlich nicht an.76 Denn die genossenschaftliche Pflichtprüfung bezieht sich nicht auf den individuellen Fördererfolg bei den einzelnen Mitgliederwirtschaften, sondern auf den kollektiven Fördererfolg des von der eG betriebenen Geschäftsbetriebs.77 Die eG selbst kann nur den Fördererfolg ihres genossenschaftlichen Unternehmens feststellen, da sie in die – mitunter sehr heterogenen – Wirtschaftsergebnisse ihrer Mitglieder keinen umfassenden Einblick hat.78 Dementsprechend bezieht sich auch die externe genossenschaftliche Pflichtprüfung nur auf diesen kollektiven Fördererfolg.79

69

Dazu insbesondere Boettcher, ZfgG 1979, 198; Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (206 f., 212); Blümle, ZfgG 1980, 39; Dülfer, ZfgG 1980, 47 (56 ff.); Pauli, ZfgG 1980, 307; Rohlfing / Ziranka, ZfgG 1972, 194. 70 So Draheim, in: ders. (Hrsg.), Zur Ökonomisierung der Genossenschaften, 1967, S. 103 (108). 71 Kühnberger, ZfgG 2004, 19 (25). 72 Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (207); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 27. 73 Richter, ZfgG 1977, 223 (235 f.). 74 Ringle, ZfgG 2006, 207 (217 f.). 75 Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (205). 76 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (90). 77 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 1 Rn. 24. 78 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 24. 79 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (90).

146

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

bb) Dessen objektive „Prüfbarkeit“ Dieser kollektive Fördererfolg ist nicht nur für die eG, sondern auch für den genossenschaftlichen Prüfungsverband objektiv messbar und damit prüfbar. Zwar lässt er sich nicht anhand der von der eG erzielten Gewinne ablesen; diese können umgekehrt umso geringer sein, je nachhaltiger die eG ihre Mitglieder als Kunden unterstützt.80 Weiter kann auf den Fördererfolg hindeuten, dass die eG ihren Mitgliedern die Förderleistung günstiger anbietet als Wettbewerber des genossenschaftlichen Unternehmens; so können etwa Wohnungsgenossenschaften ihren Mitgliedern den Wohnraum besonders preisgünstig überlassen.81 Allerdings muss der Zweck der eG nach § 1 Abs. 1 GenG lediglich darauf gerichtet sein, ihre Mitglieder natural durch den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Da es folglich genügt, dass die eG die Förderung ihrer Mitglieder bezweckt, ist ein Förderplus in Form günstigerer Förderkonditionen genossenschaftsrechtlich nicht erforderlich. Es reicht somit aus, dass die Mitglieder der eG die förderwirtschaftlichen Leistungen bei der eG tatsächlich nachfragen.82 Der Fördererfolg ist demnach primär eine Frage der Mitgliederakzeptanz. Er beurteilt sich danach, ob und welche Förderleistungen die eG innerhalb des statutarisch festgelegten Unternehmensgegenstands (§ 6 Nr. 2 GenG) für ihre Mitglieder bereithält und wie intensiv diese die Förderleistungen nachfragen.83 Der Prüfungsverband kann diesen Fördererfolg prüfen: Er hat zunächst darauf zu achten, dass die eG Förderleistungen für seine Mitglieder im Rahmen des statutarisch bestimmten Unternehmensgegenstands bereithält und anbietet. Weiter hat er die im Fördergeschäftsverkehr mit den Mitgliedern erzielten Umsätze des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs zu betrachten: Je stärker die Mitglieder die Förderleistungen im Fördergeschäftsverkehr nachfragen, desto eher sind sie mit der Förderung ihrer eG zufrieden. Die „ständige Inanspruchnahme genossenschaftlicher Leistungen“84 bzw. die „Intensität der Inanspruchnahme der genossenschaftlichen Einrichtungen“85 durch die Mitglieder der eG bildet daher für den Prüfungsverband einen zentralen und objektiv feststellbaren Indikator für eine gute Fördergeschäftspolitik des Vorstands.86

80

Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 10. Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (89). 82 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 23; Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (89) Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 364, 390. 83 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (85, 89 f.). 84 Henzler, Der genossenschaftliche Grundauftrag, 1970, S. 196. 85 Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 102. Ferner ders., Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 10: „Intensität, mit der die Mitglieder die gemeinschaftlichen Einrichtungen der Genossenschaft in Anspruch nehmen“. 86 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (90); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 23. 81

B. Umfang und Reichweite

147

c) Konsequenz: Förderplan und Förderbericht Die Förderwirtschaftsprüfung lässt sich weitergehend dadurch effektuieren, dass der genossenschaftliche Prüfungsverband zunächst einen vom Vorstand periodisch aufgestellten Förderplan87 prüft, in dem dieser ex ante wesentliche Förderziele und Fördermittel benennt – und anschließend mit einem nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums darauf Bezug nehmenden Förderbericht abgleicht, in dem der Vorstand über alle wesentlichen Aspekte seiner Fördergeschäftspolitik berichten muss, insbesondere darüber, ob die geplanten Förderziele erreicht wurden und deren Nichterreichen gegebenenfalls begründet.88 Denn Förderplan und Förderbericht dienen nicht nur der Selbstkontrolle des Vorstands und der Überwachung durch die Mitglieder und den Aufsichtsrat der eG – und effektuieren damit die interne Fördererfolgskontrolle. Vielmehr eignen sie sich auch als „Erfolgsmessungsinstrument“89 für die externe genossenschaftliche Pflichtprüfung90: Dem Prüfungsverband läge zum einen eine Selbstevaluation des Vorstands vor. Zum anderen kann er im Rahmen seiner Förderwirtschaftsprüfung die ursprünglichen Förderziele des Vorstands mit dessen tatsächlicher Fördergeschäftspolitik abgleichen.91 Den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden stünde dann in Form von Förderplan und Förderbericht ein zusätzlicher – wenn auch schwacher, weil vom Vorstand selbst formulierter – Soll-Indikator für dessen Förderwirtschaftsprüfung zur Verfügung. Daher ist die Forderung, wonach zumindest der Vorstand von größeren Genossenschaften künftig ausdrücklich dazu gesetzlich verpflichtet werden soll, einen Förderplan und einen Förderbericht zu erstellen, nicht nur aus Sicht der internen mitgliedschaftlichen Fördererfolgskontrolle zu befürworten92, sondern auch mit Blick auf die externe genossenschaftliche Pflichtprüfung93. 3. Insbesondere: Beteiligungen Beteiligungen der eG unterliegen nach allgemeiner Ansicht der genossenschaftlichen Pflichtprüfung  – entweder als Einrichtungen94 oder Teil der Geschäfts 87

Grundlegend zu Förderplan und Förderbericht: Boettcher, ZfgG 1979, 198 (200 ff.); ferner Blümle, ZfgG 2001, 214 (216); Bialek, Perspektiven der Genossenschaft als Organisationsform, 1995, S. 110 ff.; Jäger, FG Boettcher, 1984, S. 11 (20); Ringle, ZfgG 2006, 207 (218); Wagner, ZfgG 1980, 297 (305 f.); Kühnberger, ZfgG 2004, 19 (24) m. w. N. 88 Jäger, FG Boettcher, 1984, S. 11 (20); Wagner, ZfgG 1980, 297 (305). 89 Boettcher, ZfgG 1979, 198 (200). 90 Ringle, ZfgG 2010, 176 (188). 91 Wagner, ZfgG 1980, 297 (305). 92 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 418 ff. Teils wird eine Förderbilanz gefordert, dazu Patera, ZfgG 1981, 212 (212 ff.); Zacherl, ZfgG 1980, 225 (226 ff.). 93 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 24. 94 So Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 14, 19; a. A. noch Beuthien / Beuthien, 14. Aufl. 2004, GenG, § 53 Rn. 6.

148

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

führung95 der eG im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 GenG. Fraglich und umstritten ist allerdings, wie weit diese Beteiligungsprüfung de lege lata reicht – und de lege ferenda reichen sollte. a) Förderzweck als Beteiligungsgrenze Eine Beteiligung der eG an anderen Gesellschaften ist nach § 1 Abs. 2 GenG nur zulässig, wenn diese „der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft oder deren sozialer oder kultureller Belange“ (Nr. 1) oder „ohne den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Genossenschaft zu bilden, gemeinnützigen Bestrebungen der Genossenschaft“ (Nr. 2) zu dienen bestimmt ist. Diese genossenschaftsspezifische Beteiligungsgrenze kann vorliegend nicht eingehend erörtert werden96; insbesondere bleibt es einem eigenen Forschungsvorhaben vorbehalten, den genossenschaftlichen Verbund97 und vor allem die Frage, wie umfangreich der gesellschaftsrechtliche Einfluss der eG gegenüber Beteiligungsgesellschaften ausgestaltet sein sollte und muss98, zu untersuchen und so die Möglichkeit und Grenzen förderwirtschaftlicher Verbundwirtschaft zu bestimmen. Festgehalten werden kann allerdings, dass § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG die Förderzweckbindung auf die Beteiligungspolitik deklaratorisch erstreckt und die Beteiligungsfreiheit der eG damit förderzweckbedingt beschränkt ist. Das zeigt nicht nur der Wortlaut von § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG, der auf die Formulierung von § 1 Abs. 1 GenG Bezug nimmt, sowie die systematische Stellung, da Förderzweckbindung (§ 1 Abs. 1 GenG) und die Erstreckung auf Beteiligungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG) in einer Vorschrift unmittelbar nacheinander geregelt sind99. Deutlich wird dies vor allem anhand einer historischen Genese: Das Preußische GenG von 1867, das GenG des Norddeutschen Bundes von 1868 sowie das GenG von 1889 regelte weder die Zulässigkeit noch Grenzen von Beteiligungen der eG

95

So Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a; Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 27; Steding / Fiedler, Die Beteiligung der Genossenschaft an Unternehmen anderer Rechtsformen, 1998, S. 71: „Maßnahme der Geschäftsführung“. 96 Eingehend dazu Fischer, Die Beteiligung eingetragener Genossenschaften an anderen Gesellschaften, 1958, passim; Götz, Verbundbildung, 1981, passim; Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, passim; Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, passim. 97 Dazu Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 103 ff. m. w. N. 98 Str., gegen einen notwendig beherrschenden oder gleichgewichtigen Einfluss Beuthien /  Beuthien, GenG, § 1 Rn. 95 f.; noch für einen beherrschenden Einfluss: Beuthien / Beuthien, 14. Aufl. 2004, GenG, § 1 Rn. 71; ebenso Herzberg, NZG 2014, 490 (491). 99 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (112): „funktional einheitliche Regelung“; einen solchen engen Zusammenhang ablehnend Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 22.

B. Umfang und Reichweite

149

an anderen Unternehmen. Diese Regelungslücke ist damit zu erklären, dass bei den Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts kein Bedürfnis danach bestand, sich an anderen Vereinigungen zur beteiligen; soweit eine Konzentration notwendig war, schlossen sie sich zu Zentralgenossenschaften zusammen.100 Große Zweifel, ob und inwiefern Beteiligungen einer eG an anderen Unternehmen zulässig sind, kamen durch das Urteil des OLG Hamburg vom 11. 5. 1916101 auf: Das Gericht verurteilte den Vorstand eines (genossenschaftlichen) Konsum-, Bau- und Sparvereins nach dessen Selbstanzeige gem. § 149 GenG a. F., da es die Beteiligung an der Versicherungs-AG „Volksfürsorge“ mit § 1 GenG für unvereinbar hielt. Daraufhin wurde im Jahr 1922102 zunächst § 1 Abs. 2 GenG eingefügt, der dem heutigen § 1 Abs. 2 Nr. 2 GenG entspricht. Anschließend wurde § 1 Abs. 2 GenG im Jahr 1923103 um die heutige Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG ergänzt. In der dazugehörigen Gesetzesbegründung heißt es, dass förderzweckdienliche Beteiligungen der eG „bereits nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zulässig“ sind, weshalb § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG „lediglich die bestehende Rechtslage“ übernimmt und „stellt sie mit Rücksicht auf in der Praxis aufgetretene Zweifel klar.“104 Mithin folgt die Einschränkung der Beteiligungsfreiheit „der Sache nach bereits aus § 1 I“105 und ist „Folgewirkung der vom Gesetzgeber gewollten und gerade bei der eingetragenen Genossenschaft sinnfällig ausgeprägten Typenbeschränkung“106. Die eG bleibt hinsichtlich ihrer Beteiligungen aufgrund § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG strikt förderzweckgebunden.107 Ziele, die der eG aufgrund § 1 Abs. 1 GenG selbst verboten sind, darf sie auch nicht mittels Beteiligungen an anderen Gesellschaften verfolgen und so die Förderzweckbindung umgehen.108

100

Fischer, Die Beteiligung eingetragener Genossenschaften an anderen Gesellschaften, 1958, S. 8 f.; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 93 f. 101 OLG Hamburg vom 11. 5. 1916 – R II 15/1916 – JW 1916, 870. 102 RGBl. 1922 I, S. 567. 103 RGBl. 1923 I, S. 288. 104 Begründung zur Änderung des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Verhandlungen des Reichstags, 1. Wahlperiode 1920, Band 377, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Nr. 5616 bis 5875, 1924, S. 6702. 105 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (113); ferner Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 80. 106 Paulick, FS H. Westermann, 1974, S. 443 (446). Ferner Steding / Fiedler, Die Beteiligung der Genossenschaft an Unternehmen anderer Rechtsformen, 1998, S. 18: „konsequente Fortsetzung des genossenschaftlichen Prinzips der Mitgliederförderung“. 107 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 88. 108 Ebenso die Begründung zum Referentenentwurf des BMJV vom 23. 2. 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 429 (439); Paulick, FS H. ­Westermann, 1974, S. 443 (446): „Durch sie soll sichergestellt werden, daß die für den spezifisch genossenschaftlichen Förderungszweck geschaffene Rechtsform nicht außerhalb des vom Gesetz vorgesehenen Typus verwendet wird“; Herzberg, NZG 2014, 490 (491): „Was der Mutter verwehrt, kann der Tochter nicht erlaubt sein.“

150

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

b) Beteiligungspolitik der eG Fest steht damit, dass sich die förderzweckgebundene eG nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG an anderen Unternehmen nur beteiligen darf, soweit die Beteiligungen förderzweckdienlich (oder gemeinwohldienlich, aber förderzweckverträglich, § 1 Abs. 2 Nr. 2 GenG) sind. Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat daher zu prüfen, ob die Beteiligungen der eG förderzweckdienlich waren und sind.109 Sind Beteiligungen der eG nicht (mehr) förderzweckdienlich, müssen sie beanstandet werden.110 Wie weiter der Wortlaut von § 1 Abs. 2 GenG („zu dienen bestimmt ist“) – im Vergleich zu § 5 des Referentenentwurfs von 1962 („dient“)111 – zeigt, ist das mit der Beteiligung verfolgte Ziel und die (voraussichtliche) Förderzwecknützlichkeit entscheidend.112 Fraglich und in der Praxis oft unklar113 ist jedoch, wie sich § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG auf die Beteiligungspolitik der eG auswirkt. Entsprechend stellt sich die Frage, welche Beteiligungen vom genossenschaftlichen Prüfungsverband als unzulässig beanstandet werden müssen – und welche nicht. aa) Prüfungsmaßstab: Förderzweckdienlichkeit An förderzweckdienliche Beteiligungen werden von der h. M.114 nur geringe Anforderungen gestellt: Zulässig sind Beteiligungen, die den Förderinteressen der Mitglieder unmittelbar dienen, etwa indem die Beteiligungsgesellschaft für oder an die Mitglieder der eG Leistungen erbringt. Beispielsweise können sich Molkereigenossenschaften an Unternehmen beteiligen, welche ihren Mitgliedern die Milchprodukte abkaufen, weiterverarbeiten und vertreiben. Ferner können sich etwa Einkaufsgenossenschaften an Unternehmen beteiligen, welche den Genossenschaftsmitgliedern benötigte Waren zu besonders günstigen Konditionen überlassen.

109

Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (88); Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (199). Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 35; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19. 111 § 5 des Referentenentwurf von 1962 (abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 (341)): „Die Genossenschaft darf sich an Genossenschaften, an Gesellschaften oder anderen Personenvereinigungen sowie an Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts nur beteiligen, wenn die Beteiligung dem Zweck der Genossenschaft dient.“ 112 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (129); Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 183. 113 Vgl. etwa Esser / Zabel, DW 2018, 46 (48). 114 Beuthien, AG 1996, 349 (350); Geibel, WM 2015, 1649 (1655); Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (199); Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 58 f.; Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 26; Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 175 ff. 110

B. Umfang und Reichweite

151

Förderzweckdienlich sind auch solche Beteiligungen der eG, welche den Förderinteressen der Genossenschaftsmitglieder mittelbar nutzen, indem sie die Förderfähigkeit der eG steigern. Insoweit ist etwa auf die in der Praxis weit verbreiteten115 Beteiligungen von Primärgenossenschaften an sog. Zentralgenossenschaften bzw. Sekundärgenossenschaften (etwa Einkaufzentralen oder Zentralbanken) zu verweisen.116 Sie ermöglichen es der eG, ihre Fördermaßnahmen effektiver durchzuführen und sind folglich förderzweckdienlich.117 Das wird auch dadurch bewiesen, dass Genossenschaften historisch immer schon Zentralgenossenschaften bildeten, wo der Zusammenschluss zur Mitgliederförderung notwendig war.118 Deren Zulässigkeit wird zwischenzeitlich von den §§ 9 Abs. 2 S. 2, 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 GenG vorausgesetzt. Zu nennen ist ferner die Beteiligung der eG an einem Prüfungs- und Beratungsverband; auch diese sind historisch entstanden, um die Förderinteressen der Genossenschaftsmitglieder zu wahren119. Die Mitgliedschaft der eG in einem in aller Regel als e. V. verfassten (§ 63b Abs. 1 S. 1 GenG) Prüfungsverband wird von § 54 GenG zudem ausdrücklich vorgesehen. Nicht förderzweckdienlich sind hingegen Beteiligungen der eG, mittels derer sie kapitalzinswirtschaftliche Ziele verfolgen will.120 Die eG darf sich daher nicht an Unternehmen beteiligen, um damit Gewinne zu erwirtschaften, die sie anschließend an ihre Mitglieder ausschütten will.121 Solche Beteiligungen der eG sind nicht Mittel zur naturalen, sondern kapitalzinswirtschaftlichen Mitgliederförderung – und bilden das Pendant zur unzulässigen Dividendengenossenschaft.122 Mithin findet eine Beteiligung der eG förderzweckbedingt „dort ihre Grenze, wo sie nur noch rein kapitalistischen, erwerbswirtschaftlichen, gewinnstrebigen Interessen dient.“123 bb) Insbesondere: Holding- und Verpächtergenossenschaften Ob sog. Holding- und Verpächtergenossenschaften genossenschaftsrechtlich zulässig sind, ist umstritten. Die Diskussion betrifft zunächst verschiedene Konstruktionen124: Reine Holdinggenossenschaften sind Genossenschaften, die ihren 115

Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (186). Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 102; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 95; Götz, Verbundbildung, 1981, S. 94: „Musterfall der genossenschaftlichen Beteiligung“. 117 Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 176. 118 Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 94. 119 Eingehend zur Entstehungsgeschichte Erster Teil C. I. 120 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 10a. 121 Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (199); Habel / Strieder, DZWir 1996, 485 (486). 122 Beuthien, AG 1996, 349 (350); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 55: „Kapitalanlagengesellschaft“. 123 Paulick, FS H. Westermann, 1974, S. 443 (447). 124 Näher zu den Erscheinungsformen der „Holding-eG“: Beuthien, AG 1996, 349 (351); ders., Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 24 ff.; Habel / Strieder, DZWir 1996, 485 (486). 116

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Fördergeschäftsbetrieb auf eine oder mehrere Gesellschaften vollständig ausgliedern und sich darauf beschränken, die Beteiligungen zu halten und zu verwalten. Bei den  – terminologisch unpräzise bezeichneten125  – „Pachtgenossenschaften“ wird der Fördergeschäftsbetrieb der eG auf andere Gesellschaften schuldrechtlich „auslagert“ und an diese verpachtet. Schließlich bestehen Mischformen und Abstufungen der Erscheinungsformen. (1) Früher herrschende Ansicht: Generelle Unzulässigkeit Die früher herrschende Ansicht126 hielt Holding- und Verpächtergenossenschaften für grundsätzlich unzulässig. Teilweise wurde geltend gemacht, es fehle an einem fördernden Unternehmen: Die eG sei nicht mehr Inhaber eines Unternehmens, wenn sie ihr gesamtes Unternehmen in eine andere Gesellschaft einbringe.127 Ein gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb könne allenfalls angenommen werden, wenn die eG sich als persönlich haftender Gesellschafter an einer Personenhandelsgesellschaft beteilige, da sie als Mitträger der Gesamthandsgemeinschaft noch Unternehmer sei.128 Teilweise meinte man, der eG sei der Geschäftsbetrieb der Beteiligungsgesellschaft als eigener zuzurechnen, sofern sie die Möglichkeit hat, die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft zu beherrschen.129 Weiter wurde eingewandt, die eG müsse nicht nur ein förderndes Unternehmen haben, sondern dieses auch betreiben130; diese müsse den Geschäftsbetrieb selbst führen131. Verpachte die eG ihren gesamten Fördergeschäftsbetrieb, habe sie zwar weiterhin ein Unternehmen, betreibe dieses allerdings nicht mehr.132 Schließlich berief man sich darauf, dass die eG verpflichtet sei, ihren Mitgliedern die Förderleistungen im direkten Geschäftsverkehr selbst anzubieten.133 125

Zum einen pachten diese Genossenschaften ihrerseits nichts, sondern verpachten ihre Betriebsanlagen. Richtigerweise sind sie daher als „Verpächtergenossenschaften“ zu bezeichnen, hierauf zu Recht hinweisend Beuthien, Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 5. Zum anderen handelt es sich um keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung, sondern um eine schuldrechtliche Überlassung. 126 Gaßner, Rpfleger 1980, 409 (410 ff.); Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 37 f.; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, 1954, S. 90; v. Detten, Die eingetragene Genossenschaft im Recht der verbundenen Unternehmen, 1995, S. 140 f. m. w. N. 127 So Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 61; ders., FS H. Westermann, 1974, S. 443 (448). 128 So Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 61; ablehnend Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 37. 129 So Götz, Verbundbildung, 1981, S. 269 ff.; Reinhardt, in: Deutscher Raiffeisenverband (Hrsg.), Verhandlungsbericht der Mitgliedertagung des Deutschen Raiffeisenverbandes am 24. und 25. Juni 1965 in Koblenz, 1965, S. 79 (86 ff.). 130 So Götz, Verbundbildung, 1981, S. 244 f., 263. 131 So Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 37. 132 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 61. 133 So Gaßner, Rpfleger 1980, 409 (413 f.).

B. Umfang und Reichweite

153

(2) Heute herrschende Ansicht: Förderzweckdienlichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung Diese Argumentation wurde zu Recht von Beuthien134 widerlegt. Entscheidend ist nicht, ob Holdinggenossenschaften oder andere Erscheinungsformen einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb haben oder betreiben.135 Das ist selbst bei reinen Holdinggenossenschaften anzunehmen: Das Halten und Verwalten von Beteiligungen ist ein Fördergeschäftsbetrieb, an den § 1 Abs. 1 GenG keine weitergehenden Anforderungen stellt.136 Zudem wäre fraglich, ab welchem Beteiligungsumfang (etwa 10 %, 49 %, 75 %, 100 % der Unternehmensanteile) der eG ein eigens unterhaltener Fördergeschäftsbetrieb abzusprechen ist.137 Mithin kann die eG ihren gesamten Fördergeschäftsbetrieb auf eine Beteiligungsgesellschaft auslagern und weiterhin einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb haben und führen. Die heute h. M.138 reduziert die Zulässigkeit von Holdinggenossenschaften richtigerweise darauf, ob die Beteiligungen der eG Mittel zur naturalen Mitgliederförderung sind.139 Dabei ist zu beachten, dass das bloße Halten und Verwalten von Beteiligungen keine naturale Mitgliederförderung darstellt.140 Da die Beteiligungen – unabhängig von Art und Umfang – förderzweckdienlich sein müssen, sind Holdinggenossenschaften nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG zulässig, wenn und weil die Beteiligungsgesellschaften an oder gegenüber den Genossenschaftsmitgliedern Förderleistungen erbringen oder die Förderwirtschaft der eG stärken.141 Entsprechendes gilt für Verpächtergenossenschaften: Diese sind mit § 1 Abs. 1 GenG zu vereinbaren, wenn und soweit das Unternehmen, an das die eG ihren Geschäftsbetrieb verpachtet hat, förderwirtschaftliche Ziele verfolgt; das ist insbesondere anzunehmen, wenn dieses die bislang von der eG geleisteten Förderleistungen gegenüber den Genossenschaftsmitgliedern erbringt.142 Demgegenüber sind sie

134 Beuthien, Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, passim; ders., AG 1996, 349 (352 ff.). 135 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 126; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 96. 136 Beuthien, AG 1996, 349 (355); Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 28: „keine organisatorischen Mindestvoraussetzungen“; ders., Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 14 f. A. A. Götz, Verbundbildung, 1981, S. 266. 137 Ebenso Beuthien, AG 1996, 349 (355). 138 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 93 ff.; ders., AG 1996, 349 (351 ff.); Pöhlmann /  Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 54; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 1 Rn. 32; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 96; Linnemann, FS Schaffland, 2008, S. 277 (288). 139 Beuthien, Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 16. 140 Linnemann, FS Schaffland, 2008, S. 277 (281) m. w. N. 141 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 93; ders., Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 33 ff. 142 Beuthien, AG 1996, 349 (355); ders., Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 25 ff.

154

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

unzulässig, wenn die eG ihren Geschäftsbetrieb verpachtet, um ihre Mitglieder mit dem erwirtschafteten Pachtzins kapitalzinswirtschaftlich zu fördern.143 Es fehlt zwar nicht an einem gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb144, allerdings verfolgt die eG ein förderzweckwidriges Ziel145. (3) Konsequenzen Aus der vorzugswürdigen Auffassung der heute h. M. folgt für die genossenschaftliche Pflichtprüfung: Holdinggenossenschaften, Verpächtergenossenschaften und Mischformen sind nicht generell unzulässig und somit nicht stets vom genossenschaftlichen Prüfungsverband zu beanstanden. Entscheidend ist deren Förderzweckdienlichkeit: Der Prüfungsverband hat bei Holdinggenossenschaften zu prüfen, ob sie mittels der gehaltenen Beteiligung(en) ihre Mitglieder nutzerbezogen innerhalb ihres statutarisch festgelegten Unternehmensgegenstands (§ 6 Nr. 2 GenG) fördern und darüber zu berichten (§ 58 Abs. 1 S. 3 GenG). Werden die Mitglieder der eG nicht förderwirtschaftlich unterstützt, hat der Prüfungsverband die Beteiligung(en) zu beanstanden. Bei Verpächtergenossenschaften hat der genossenschaftliche Prüfungsverband darauf zu achten, dass die Genossenschaftsmitglieder der eG durch die Verpachtung an das Unternehmen, an dem die eG nur schuldrechtlich beteiligt ist, nutzerbezogen gefördert werden. Verpachtet die eG hingegen ihren Fördergeschäftsbetrieb an andere Gesellschaften, um den erwirtschafteten Pachtzins an ihre Mitglieder auszuschütten, muss der Prüfungsverband die schuldrechtliche Verpachtung als förderzweckwidrig rügen. cc) Beteiligungen zur reinen Kapitalanlage Umstritten ist, ob und inwiefern sich die eG an anderen Gesellschaften zu reinen Kapitalanlagezwecken beteiligen kann. Entsprechend stellt sich die Frage, ob diese Beteiligungen vom genossenschaftlichen Prüfungsverband zu beanstanden sind.

143

Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 34, 126; ders., Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, 1979, S. 26 f.; Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 36; BayObLG vom 5. 12. 1984 – BReg. 3 Z 219/84 – ZIP 1985, 680. 144 So aber Reinhardt, in: Deutscher Raiffeisenverband (Hrsg.), Verhandlungsbericht der Mitgliedertagung des Deutschen Raiffeisenverbandes am 24. und 25. Juni 1965 in Koblenz, 1965, S. 79 (86). 145 Beuthien, AG 1996, 349 (355).

B. Umfang und Reichweite

155

(1) Meinungsstand zur Zulässigkeit Die überwiegende Ansicht in der Literatur146 hält Beteiligungen der eG zu Kapitalanlagezwecken grundsätzlich für zulässig und nur ausnahmsweise für unzulässig. Namentlich sei die „Bildung von Kapitalreserven und ihre ertragreiche Anlage für jeden Wirtschaftsbetrieb eine sachlich angemessene Maßnahme der Betriebsführung“147. Auch das OLG Hamburg führt in seinem Urteil vom 11. 5. 1916 aus: „Kapitalanlagen, welche gleichsam geschäftlich farblos sind, d. h. nichts anderes als eine gewinnbringende Verwertung sonst brachliegender Gelder bezwecken, sind ohne weiteres einwandfrei. In solchem Falle wird es nicht darauf ankommen, ob das Unternehmen, an dem sich die Genossenschaft durch Aktienerwerb ‚beteiligt‘, Zwecke verfolgt, die zu den in § 1 des Gesetzes genannten gehören.“148 Demgegenüber hält Paulick eine Beteiligung stets für unzulässig, wenn sie „nur zu dem Zwecke vorgenommen wird, Gelder gewinnbringend zu investieren, ohne daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Beteiligung und dem Gegenstand des genossenschaftlichen Unternehmens gegeben ist“149. Schließlich will man für deren Zulässigkeit auf „die Einzelumstände“150 abstellen. (2) Stellungnahme Richtigerweise sind Beteiligungen der eG zu reinen Kapitalanlagezwecken grundsätzlich unzulässig und nur ausnahmsweise zulässig.151 (a) Irrelevant: Beteiligungsumfang Abzulehnen ist zunächst die Auffassung, dass der Aktienbesitz zur Kapitalanlage wegen § 271 Abs. 1 S. 3 HGB nicht unter § 1 Abs. 2 GenG falle, solange die von der eG gehaltenen Aktien nicht 20 % des Stammkapitals der AG erreichen.152 146 Esser / Zabel, DW 2018, 46 (48): für Wohnungsgenossenschaften „von vornherein unschädlich“; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 55: „in aller Regel zulässig“; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 1 Rn. 31: Zulässigkeit „ausnahmsweise zu verneinen“, „in der Regel zu bejahen“; Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 177. 147 Müller, GenG, Bd. 1, § 1 Rn. 60. 148 OLG Hamburg vom 11. 5. 1916 – R II 15/1916 – JW 1916, 870 (870 f.). 149 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 81; ferner ders., FS H. Westermann, 1974, S. 443 (448, 452); die Zulässigkeit ebenfalls stets ablehnend Herzberg, NZG 2014, 490 (491); Götz, Verbundbildung, 1981, S. 138. 150 So Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 96. 151 Ebenso Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 96. 152 So Bauer, Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 1 Rn. 112. Ebenso die Neuauflage: Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 1 Rn. 150.

156

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Denn bei § 271 Abs. 1 S. 3 HGB handelt es sich nur um eine bilanzrechtliche Beteiligungsvermutung, welche die Entscheidung in (bilanzrechtlichen) Zweifelsfällen erleichtern soll153; die Vorschrift hat mithin keinen genossenschaftsrechtlichen Regelungsgehalt. Vielmehr begrenzt § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG als maßgebliche genossenschaftsrechtliche Vorschrift die Beteiligungsfreiheit der eG gerade nicht quantitativ154, sondern qualitativ: Zulässig sind förderzweckdienliche (und gemeinnützige, aber förderzweckverträgliche)  Beteiligungen unabhängig von deren Ausmaß. Folglich fällt der Aktienbesitz einer eG aufgrund dessen (geringen) Umfangs nicht aus § 1 Abs. 2 GenG heraus, sondern alle Beteiligungen sind stets daran zu messen – und vom Prüfungsverband insoweit zu prüfen. (b) Nur ausnahmsweise förderzweckdienliche Beteiligungen Darüber hinaus ist zu differenzieren: Nicht förderzweckdienlich und unzulässig sind Beteiligungen zu Kapitalanlagezwecken, wenn die erzielten Kapitalerträge ausschließlich an die Mitglieder der eG ausgeschüttet werden sollen.155 Insoweit handelt es sich um eine Variante der unzulässigen Dividendengenossenschaft.156 Das wird auch von denjenigen – als unzulässige Ausnahme – anerkannt, die Beteiligungen zur Kapitalanlage grundsätzlich für zulässig halten.157 Entsprechende Beteiligungen sind vom genossenschaftlichen Prüfungsverband zu beanstanden. Weiter ist zu konzedieren, dass ertragreiche Beteiligungen das Vermögen der eG mehren können.158 Auch muss der eG ein förderwirtschaftlicher Spielraum zur Kapitalanlage verbleiben; ihr kann es nicht generell und grundsätzlich verwehrt werden, Förderkapital zu bilden und ertragreich anzulegen.159 Andernfalls wäre sie gegenüber anderen Rechtsformen benachteiligt.160 Dies gilt besonders für Kreditgenossenschaften, deren Kreditvergabegrenzen sich am haftenden Eigenkapital orientieren (§ 10 KWG).161 Deren Förderkapitalanlage dient mithin der kreditwirtschaftlichen Mitgliederförderung und ist deshalb vom Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG gedeckt.162 153

MüKoBilanzR / Kropff, HGB, § 271 Rn. 27. Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 89; Habel / Strieder, DZWir 1996, 485 (486). 155 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91; Götz, Verbundbildung, 1981, S. 138; Reinhardt, in: Deutscher Raiffeisenverband (Hrsg.), Verhandlungsbericht der Mitgliedertagung des Deutschen Raiffeisenverbandes am 24. und 25. Juni 1965 in Koblenz, 1965, S. 79 (81). 156 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91. 157 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn. 55; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 1 Rn. 31. 158 Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 176. 159 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91. 160 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (127). 161 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn.  91; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 1 Rn.  55; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 1 Rn. 96. 162 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91. 154

B. Umfang und Reichweite

157

Im Übrigen darf Förderkapital nur ausnahmsweise in Beteiligungen „investiert“ werden, die mit ihrem statutarisch konkretisierten Förderzweck (§§ 1, 6 Nr. 2 GenG) in keinem sachlichen Zusammenhang stehen, sofern die eG keine anderweitige Beteiligungsmöglichkeit findet.163 Allerdings müssen die erzielten Kapitalzinserträge stets förderwirtschaftlich genutzt werden  – vor allem für die naturale Mitgliederförderung. Zudem darf die eG nicht übermäßig Förderkapital in Beteiligungen investieren, sodass die Kapitalanlagen gegenüber dem Umfang der Förderzweckgeschäfte und dem dortigen Förderkapitalbedarf außer Verhältnis stehen.164 Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Vorstand der eG Kapital in Beteiligungen investiert und thesauriert  – und so weisungsfrei über ein (in Beteiligungen kumuliertes) Sondervermögen verfügt.165 Dadurch werden nicht nur rechtsformübergreifend Gewinnansprüche der Mitglieder einer Obergesellschaft tangiert.166 Vielmehr steht einer solchen Rücklagenbildung genossenschaftsspezifisch entgegen, dass der Vorstand das Auseinandersetzungsguthaben ausscheidender Mitglieder mindert.167 Vor allem wird er unabhängig(er) von den Förderinteressen der Mitglieder, da er aufgrund von Kapitalzinserträgen nicht mehr zwingend auf Fördergeschäftsabschlüsse mit den Mitgliedern angewiesen ist. Kapitalrücklagen in Beteiligungen darf die eG somit nur ausnahmsweise bilden, um dadurch die künftige Förderfähigkeit der eG sicherzustellen.168 Auch § 20 GenG gestattet keine weitergehende Rücklagenbildung169: Die Vorschrift soll verhindern, dass die Gesellschafterversammlung den Jahresüberschuss an die Mitglieder verteilt (§ 19 Abs. 1 GenG), obwohl dieser als Rücklagen förderzwecksichernd hätte verwendet werden sollen; hingegen soll keine „kapitalverfettete“ eG entstehen, die eine dividendenwirtschaftliche Beteiligungspolitik betreibt.170 Mithin gilt: Gibt es keine förderzweckgerechte Kapitalanlage, hat die eG ihr liquides Vermögen an ihre Mitglieder auszukehren.171 Für die hier vertretene Auffassung spricht schließlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, § 1 Abs. 1 GenG de lege ferenda um einen neuen Satz 2 zu ergänzen; dieser soll wie folgt lauten: „Die Kapitalanlage ist als eigenständiger Förderzweck unzulässig.“172 Diese „Legalde 163

Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (127). 164 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (127). 165 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 10a. 166 Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 102 ff. 167 Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 113: „schleichenden Enteignung“; Steding / Fiedler, Die Beteiligung der Genossenschaft an Unternehmen anderer Rechtsformen, 1998, S. 118. 168 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (88). 169 Darauf aber abstellend Welling, Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft an anderen Gesellschaften nach geltendem und künftigem Recht, 1966, S. 177. 170 Beuthien / Beuthien, GenG, § 20 Rn. 2. 171 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 91; Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (88). 172 BT-Drs. 19/11467, S. 5; wortgleich die erneute Vorlage des Bundesrats BT-Drs. 20/1533, S. 5.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

finition der unzulässigen Form der Kapitalanlagegenossenschaft“173 setzt sich nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG bei den Beteiligungen der eG fort; diese darf ihrerseits nicht lediglich Kapital durch Beteiligungen anlegen. Beteiligungen zur Kapitalanlage darf die eG schließlich auch dann nur ausnahmsweise eingehen oder halten, um mit den Kapitalzinserträgen langfristig ihren Fördergeschäftsbetrieb zu finanzieren.174 Zwar verfolgt die eG damit grundsätzlich das „richtige“ Ziel.175 Allerdings sind die in Beteiligungen investierten Mittel (zeitweise) der naturalen Mitgliederförderung entzogen; würde die eG diese für die naturale Mitgliederförderung nutzen, könnte sie ihren Mitgliedern bessere Konditionen in der Fördergeschäftsbeziehung bieten.176 Daher ist auch dieses Förderkapital zeitnah an die Mitglieder auszukehren, da die eG sonst (vorübergehend) weitergehende Rücklagen bildet, als sie förderzwecksichernd benötigt.177 c) Tochtergesellschaften der eG als Prüfungsgegenstand? Umstritten ist schließlich, ob sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung neben der Beteiligungspolitik der eG zusätzlich auf die Tochtergesellschaften der eG und deren Geschäftsführung erstreckt. aa) Meinungsstand Nach einer Ansicht sind die Tochtergesellschaften der eG – sofern es sich um wesentliche Beteiligungen im Sinne des § 271 Abs. 1 HGB178 handelt oder auf diese ein beherrschender Einfluss ausgeübt wird179 – Einrichtungen der prüfungsunter 173

BT-Drs. 19/11467, S. 6. So aber zu § 1 Abs. 2 öGenG Dellinger, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, § 1 Rn. 72. 175 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (126): „kapitalzinswirtschaftliche Beteiligungswirtschaft zum Zwecke der nichtkapitalistischen Förderwirtschaft“. 176 Das sieht grundsätzlich auch Dellinger, Die Genossenschaft als Gesellschafter – Genossenschaftsrechtliche Zulässigkeitsgrenzen der Beteiligung an anderen Rechtsträgern, 2001, S. 26. 177 Ebenso Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (126 f.). Ferner Reinhardt, in: Deutscher Raiffeisenverband (Hrsg.), Verhandlungsbericht der Mitgliedertagung des Deutschen Raiffeisenverbandes am 24. und 25. Juni 1965 in Koblenz, 1965, S. 79 (89): Genossenschaften und Genossenschaftszentralen dürfen keine erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Unternehmungen in Form verselbstständigter Gesellschaften betreiben, „um dadurch möglichst hohe Gewinne zu erzielen, die sie dann im Förderungsgeschäft gewissermaßen als Subventionen unterschieben könnten“. 178 So BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 30 f. Ferner Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (200): „Verlagerung wesentlicher Unternehmensteile“. 179 So Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 35; ähnlich Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 53 Rn. 20: beherrschender Einfluss 174

B. Umfang und Reichweite

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worfenen eG.180 Diese seien daher Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.181 Die Beteiligungsgesellschaft und deren Geschäftsführung müssten Prüfungsobjekt der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sein, da andernfalls Geschäftstätigkeiten aus der genossenschaftlichen Pflichtprüfung herausverlagert werden könnten, die zum Nachteil ihrer Mitglieder und Gläubiger sowie der Allgemeinheit nicht mehr geprüft würden.182 Zudem müssten sie miteinbezogen werden, damit die Aufsichtsorgane der eG vom Prüfungsverband regelmäßig „über die wirtschaftlichen Aktivitäten von Beteiligungsunternehmen umfassend und vollständig“183 informiert würden. Auch in der Prüfungsempfehlung des DGRV heißt es: „Soweit von Genossenschaften wesentliche Teile des Geschäftsbetriebs auf rechtlich selbstständige Gesellschaften verlagert worden sind, ist nicht nur dieser Umstand selbst, sondern auch die Betätigung der Gesellschaft auf die Vereinbarkeit mit dem Förderzweck zu prüfen.“184 Nach der Gegenansicht erstreckt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht auf Beteiligungsgesellschaften der eG und deren Geschäftsführung, selbst wenn die eG ihren Geschäftsbetrieb vollständig oder wesentliche Teile davon auf andere Gesellschaften auslagert.185 Teils begründet man dies damit, dass Beteiligungen der eG keine Einrichtung der prüfungsunterworfenen eG seien.186 Teils wird darauf verwiesen, dass diese zwar Einrichtungen sein können, die Kompetenz des Prüfungsverbands allerdings darauf beschränkt sei, die Förderzweckdienlichkeit der Beteiligungen zu beurteilen.187 Der gegenständliche Prüfungsumfang der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sei auf die eG beschränkt und könne nicht „wunschorientiert“ auf von der eG rechtlich getrennte Gesellschaften erweitert werden.188

und keine untergeordnete Bedeutung der Beteiligung; Ohlmeyer, Genossenschaftsforum 1986, 497 (500): mehrheitlicher oder maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung; Reul, Das Konzernrecht der Genossenschaften, 1997, S. 107, 217. 180 Hingegen sehen Esser / Zabel, DW 2018, 46 (48) wohl jede Beteiligung als Einrichtung der eG an. Jedenfalls ungenau Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 14: Beteiligungsbesitz der eG gehört zu den Einrichtungen, insbesondere wenn der Geschäftsbetrieb der eG ganz oder teilweise ausgelagert wird; ebenso Bergmann, ZfgG Sonderheft 1979, 200 (211). 181 BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 30. Nach dem in Rn. 31 genannten Beispiel soll so bei einer 100 %igen Tochtergesellschaft in der Rechtsform der GmbH deren Jahresabschluss und Lagebericht vollständig geprüft werden. 182 Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (200); BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 31. 183 BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 31. 184 Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V., Die Prüfung der Geschäftsführung von Genossenschaften, 2005, S. 58 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 185 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2 (ohne Begründung); Steding / Fiedler, Die Beteiligung der Genossenschaft an Unternehmen anderer Rechtsformen, 1998, S. 71. 186 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a. 187 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 14, 19. 188 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a; ähnlich Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19.

160

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Schließlich gehe es bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nicht darum, ob die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft ordnungsgemäß ist.189 bb) Stellungnahme Die erste Ansicht, wonach sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung auch auf die Tochtergesellschaften der eG und deren Geschäftsführung erstreckt, ist abzulehnen und der Gegenansicht zu folgen. Denn zunächst besteht hinsichtlich Tochtergesellschaften der eG keine Prüfungskompetenz des genossenschaftlichen Prüfungsverbands.190 Diese ist nach dem Wortlaut von § 53 Abs. 1 S. 1 GenG auf die „Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft“ begrenzt, während sie gegenüber gesellschaftsrechtlich isoliert zu betrachtenden anderen Gesellschaften nicht besteht191. Eine originäre Prüfungskompetenz des Prüfungsverbandes besteht (nur), wenn und weil die Beteiligungsgesellschaft selbst eG ist und damit als eG der genossenschaftlichen Pflichtprüfung unterliegt. Eine solche kommt zudem in Betracht, sofern eine Tochtergesellschaft der eG dem genossenschaftlichen Prüfungsverband als Mitglied beitritt (§ 63b Abs. 2 GenG) – die Prüfungskompetenz folgt allerdings nicht aus der Beteiligung, sondern kann durch die Prüfungsverbandssatzung als Mitglied angeordnet werden192. Weiter können nach Art. 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGHGB eine AG, GmbH oder GmbH & Co. KG ohne natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter, an denen Genossenschaften mit der Mehrheit der Anteile und Stimmrecht beteiligt sind, ihren Jahresabschluss und Lagebericht nicht nur von einem Jahresabschlussprüfer gem. § 319 Abs. 1 HGB prüfen lassen, sondern auch von dem Prüfungsverband, dem sie als Mitglied angehören, müssen es aber nicht. Dieses Wahlrecht wäre weitgehend obsolet, unterlägen sie als Tochtergesellschaften der eG „automatisch“ der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG. Eine ausdrückliche Pflicht, „auch ihre Tochtergesellschaften prüfen zu lassen“, besteht lediglich für alle dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. angehörenden Kreditgenossenschaften nach § 7 Abs. 2 des Statuts der Sicherungseinrichtung.193 Für die Gegenansicht, wonach Beteiligungsgesellschaften der eG und deren Geschäftsführung nicht Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sind, spricht ferner ein Vergleich mit dem österreichischen Genossenschaftsrecht. Namentlich sollte durch die Genossenschaftsrechtsreform Ende des 20. Jahrhunderts in Österreich geklärt werden, wie weit die Pflichtprüfung bei Beteiligungen 189

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19. Ebenso Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a. 191 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a, 18. 192 Dazu Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 3. 193 BVR, Statut der Sicherungseinrichtung, Fassung ab 1. 1. 2022, https://www.bvr.de/p.nsf/ 0/97ACEEA550E650A2C12587DE003623A7/$file/SE-Statut_2022.pdf [31. 7. 2023]. 190

B. Umfang und Reichweite

161

der Genossenschaften reicht.194 Eine zentrale Neuerung des Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 (GenRevG 1997) war, dass Tochterunternehmen der Genossenschaften seither in die Pflichtprüfung miteinbezogen werden: Nach § 1 Abs. 1 S. 1 öGenRevG sind die Genossenschaften „auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen, ihrer Rechnungslegung und ihrer Geschäftsführung, insbesondere auf die Erfüllung des Förderungsauftrags und die Wirtschaftlichkeit, sowie auf Zweckmäßigkeit, Stand und Entwicklung ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu prüfen.“ Für Beteiligungsgesellschaften gilt § 1 Abs. 2 öGenRevG, wonach sich die Prüfung in den dort geregelten Fällen195 ausdrücklich „auch auf diese Unternehmen zu erstrecken“ hat.196 Eine solche Erstreckung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auf Tochtergesellschaften der eG ist dem deutschen Genossenschaftsrecht grundsätzlich fremd: § 53 Abs. 1 GenG differenziert nicht zwischen der Prüfung der Beteiligungsverwaltung der eG und den Beteiligungsgesellschaften.197 Schließlich muss § 53 Abs. 1 GenG im Rahmen einer teleologischen Extension nicht so ausgelegt werden, dass sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung auf die gesellschaftsrechtlich isoliert zu betrachtenden Beteiligungsgesellschaften der eG und deren Geschäftsführung erstreckt.198. Das gilt zum einen für die Interessen der Aufsichtsorgane der eG: Namentlich muss sich der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG selbst über die Beteiligungspolitik des Vorstands umfassend informieren und diese überwachen199 – vor allem dann, wenn die eG ihren Geschäftsbetrieb vollständig oder wesentliche Teile davon auf andere Gesellschaften auslagert. Zum anderen bleiben die Interessen von Mitgliedern und Gläubigern der eG gewahrt, wenn die eG ihren Geschäftsbetrieb vollständig auf Tochtergesellschaften auslagert.200 Denn das ermöglicht – anders als befürchtet201  – keine „unzulässige Flucht aus der Verbandsdauerprüfung“202: Die auslagernden Genossenschaften unterliegen weiterhin der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, wobei fortlaufend zu prüfen ist, dass und inwiefern die Beteiligungspolitik nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG förderzweckdienlich ist. Hierdurch werden die Förderinteressen der Mitglieder geschützt, da der Vorstand auch bei 194

Siehe Klemen, in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit?, 2002, S. 181 (181). 195 Dazu Perkounigg / Keßler, in: Dellinger (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, § 1 GenRevG Rn. 19 ff. 196 Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (9). 197 Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (9) halten § 1 Abs. 2 öGenRevG „für das deutsche Genossenschafsrecht vorbildlich“. 198 Im Ergebnis ebenso Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 11a. 199 Allgemeine Ansicht, Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd.  1, § 38 Rn.  31; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 38 Rn. 1; BerlKommGenG / Keßler, § 38 Rn. 10. 200 A. A. Großfeld / Fechtrup, ZfgG 1986, 186 (200). 201 BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 31; Pirner, Beteiligungen von Genossenschaften an Unternehmen anderer Rechtsform, 1993, S. 175: „unterbleibt jede Kontrolle“. 202 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

dessen Beteiligungspolitik strikt förderzweckgebunden bleibt.203 Auch wird verhindert, dass sich die eG an einer erwerbswirtschaftlichen Gesellschaft beteiligt, um ihren Geschäftsbetrieb mittels dieser förderzweckwidrig uneingeschränkt auf Dritte auszudehnen.204 Zudem dient § 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG dem Schutz der Gläubiger: Danach sind der kapital- und haftungsschwachen eG förderzweckwidrige und möglicherweise spekulative Beteiligungen verboten, wodurch sich das Vermögen als Haftungskapital weiter verschlechtern könnte.205 Auch darf nicht übersehen werden, dass die Tochtergesellschaften der eG – wie § 63b Abs. 3 GenG zum Ausdruck bringt – zum Schutz ihrer Mitglieder und Gläubiger ihrerseits entsprechenden Prüfungsvorschriften unterliegen. cc) Ergebnis Selbst wenn die eG ihren gesamten Geschäftsbetrieb oder (wesentliche) Teile davon auslagert, erstreckt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung de lege lata nicht auf die Beteiligungsgesellschaft(en) der eG und deren Geschäftsführung. Es besteht aufgrund der prüfungsunterworfenen eG keine „Kompetenz-Kompetenz“ des Prüfungsverbands. Zudem sind die Interessen der Beteiligten dadurch geschützt, dass die prüfungsunterworfene eG nach § 1 Abs. 1 GenG weiterhin ihre Mitglieder nutzerbezogen zu fördern hat – und die Förderzweckdienlichkeit ihrer Beteiligungen nach § 1 Abs. 2 GenG durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband fortlaufend geprüft und sichergestellt wird. Entsprechend hat die eG dem genossenschaftlichen Prüfungsverband nach § 57 Abs. 1 GenG alle Aufklärungen und Nachweise zu gewähren, welche die Beteiligungen der eG betreffen. Hingegen ist der Prüfungsverband nicht dazu berechtigt, Einblick in interne Geschäftsunterlagen einer Beteiligungsgesellschaft zu verlangen.206 Da keine „unzulässige Flucht aus der Verbandsdauerprüfung“207 möglich ist, muss die genossenschaft­ liche Pflichtprüfung auch nicht de lege ferenda – nach österreichischem Vorbild – auf Tochtergesellschaften der eG und deren Geschäftsführung erweitert werden.

203 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (130). 204 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (130). 205 Beuthien, Eingetragene Genossenschaft und genossenschaftlicher Verbund, 1990, S. 102 (130). 206 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19. Zu weit Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V., Die Prüfung der Geschäftsführung von Genossenschaften, 2005, S. 58: „Soweit es sich um Nachweise handelt, kann unmittelbar Einblick in beweiskräftige Unterlagen verlangt werden, die bei der oder über die Tochtergesellschaft geführt werden.“ 207 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 19.

B. Umfang und Reichweite

163

II. Prüfungsregime für Kleingenossenschaften Umstritten ist, wie weit das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem insgesamt – Gründungsprüfung, fortlaufende Pflichtprüfung sowie Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband – bei kleinen Genossenschaften wie etwa „Dorfläden“, „Schülergenossenschaften“ oder „Seniorenwohngenossenschaften“ reichen soll.208 Eine Definition der „kleinen Genossenschaft“ fehlt. Abstellen könnte man zum einen auf die Anzahl der Mitglieder und solche Genossenschaften als „klein“ bezeichnen, die weniger als 20 Mitglieder haben.209 Bei diesen Genossenschaften kann (seit 2006) auf die Bestellung eines Aufsichtsrats verzichtet (§ 9 Abs. 1 S. 2 GenG) und (seit 2017) der Vorstand (wieder) statutarisch an geschäftspolitische Weisungen der Generalversammlung gebunden werden (§ 27 Abs. 1 S. 3 GenG). Zum anderen könnte man auf die Größe des von der eG betriebenen Unternehmens abstellen – etwa auf dessen Bilanzsumme, Erlöse oder Mitarbeiterzahl210. So bilden bei § 53 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 GenG die Bilanzsumme und Umsatzerlöse der eG das entscheidende Abgrenzungskriterium. Auch verweist § 53a Abs. 1 S. 1 GenG für die durch die Novelle 2017 neu eingeführte „Kleinstgenossenschaft“ auf § 336 Abs. 2 S. 3 GenG; nach dessen Legaldefinition sind „Kleinstgenossenschaften“ solche „Genossenschaften, die die Merkmale für Kleinstkapitalgesellschaften nach § 267a Absatz 1 erfüllen.“ 1. De lege lata: Nur Prüfungserleichterungen Die Regelungen zur genossenschaftliche Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG sehen zwar größenabhängige Prüfungserleichterungen vor: Erstens wird nach § 53 Abs. 1 GenG seit der Novelle 1934211 bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme 2 Millionen Euro nicht übersteigt, auf die grundsätzlich jährlich stattfindende Pflichtprüfung verzichtet. Zweitens sind Genossenschaften, deren Bilanzsumme 1,5 Millionen Euro und deren Umsatzerlöse 3 Millionen Euro nicht übersteigen, seit der Novelle  2006 nach § 53 Abs. 2 S. 1 GenG von der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts befreit.212 Drittens wurden durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ 208

Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 386; Rybnikova / Lange, ZfgG 2014, 265 (266): „gehört zu den konfliktträchtigsten Themen der genossenschaftlichen Praxis, insbesondere bei der Betrachtung von kleineren Genossenschaften“. 209 So Beuthien, EWS 2000, 534 (537). 210 Für die Kategorie der „Kleinstgenossenschaft“: BT-Drs. 17/9976, S. 5; BT-Drs. 17/11597, S. 2. 211 Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. 10. 1934 (RGBl. 1934 I, S. 1077). Der dadurch neu gefasste § 53 Abs. 1 GenG verpflichtete Genossenschaften mit einer Bilanzsumme über 350.000 Reichsmark erstmals zu einer jährlichen Pflichtprüfung. 212 Hierdurch wurde eine Anregung des Bundesrats aufgegriffen, der vorschlug, die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung „auf Genossenschaften mit relativ geringen Umsatzerlösen oder einer relativ kleinen Mitgliederzahl“ zu erweitern, BT-Drs. 16/1025, S. 105.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

vom 17. 7. 2017213 nicht nur die Schwellenwerte des § 53 Abs. 2 S. 1 GenG (erneut) erhöht, sondern vor allem die vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG eingeführt. Danach beschränkt sich bei Kleinstgenossenschaften im Sinne von § 336 Abs. 2 S. 3 HGB jede zweite Pflichtprüfung darauf, nur bestimmte – in § 53a Abs. 2 GenG genannte – Unterlagen durchzusehen und festzustellen, ob es anhand derer „Anhaltspunkte dafür gibt, an einer geordneten Vermögenslage oder der Geschäftsführung“ der eG zu zweifeln (§ 53a Abs. 1 S. 2 GenG). Hingegen gilt die Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG größenunabhängig: Während kleine Kapitalgesellschaften vollständig von der Pflichtprüfung nach §§ 316 ff. HGB ausgenommen sind, ist den §§ 53 ff. GenG seit jeher eine Befreiung von der Prüfungspflicht nach Größe, Umsatz oder Mitgliederzahl der eG grundsätzlich fremd. Es gilt schlicht: Jede eG unterliegt der Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG.214 2. Stand der Diskussion Die Frage, wie die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften ausgestaltet werden soll, ist eine seit langem geführte Debatte.215 Sie war zentraler Bestandteil der Diskussion um die rechtlichen Rahmenbedingungen für kleine Genossenschaften vor der Novelle 2006216, mit der der Gesetzgeber durch den neu eingefügten § 53 Abs. 3 GenG ausdrücklich „den Zugang zur Rechtsform der Genossenschaft für Kleinunternehmen“217 erleichtern wollte. Erneut intensiv diskutiert wurde das für kleine Genossenschaften geltende Prüfungsregime im Vorfeld der Novelle 2017.218 Im genossenschaftlichen Schrifttum wird die nach § 53 Abs. 1 GenG größenunabhängig bestehende Prüfungspflicht in Verbindung mit der Verbandsmitgliedschaft nach § 54 GenG vielfach kritisch gesehen.219 Die hiermit verbundene 213

BGBl. 2017 I, S. 2434. Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2. 215 Siehe nur Bartke, ZRP 2015, 110; Blomeyer, ZfgG 2001, 79; Bösche, npoR 2014, 229; ders., ZfgG 2008, 98; Bösche / Walz (Hrsg.): Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, passim; Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144; Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3. Vgl. ferner rechtsvergleichend Seifert, Die Kleine Genossenschaft in Italien, 2018, passim. 216 Ausführlich Wolff, Non Profit Law Yearbook 2013/2014, 19 (24 ff.); grundsätzlich B ­ euthien, DB 2000, 1161. 217 So ausdrücklich BT-Drs. 16/1025, S. 89. 218 Etwa Bartke, ZfgG 2016, 144; Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (22). 219 Vor allem Bartke, ZfgG 2016, 144 (144); Bartke, ZRP 2015, 110 (111 f.); Bösche, ZfgG 2008, 98 (104): „keine tragenden, keine rechtfertigenden Gründe mehr“; Bösche, in: Bösche /  Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein  – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (107): „Paradebeispiel der Überregulierung“; Lehmann / Sieker, ZfgG  2015, 3 (22): „sachlich kaum noch zu rechtfertigen“. Ferner BT-Drs. 17/10654, S. 1: „werden hierdurch regelrecht totgeprüft“. 214

B. Umfang und Reichweite

165

wirtschaftliche Belastung führe dazu, dass die Rechtsform eG von kleinen Unternehmen bewusst nicht gewählt werde.220 Die Diskriminierung der Genossenschaften gegenüber kleinen Kapitalgesellschaften habe das „verfassungsrechtlich Tolerierbare längst überschritten“221. Weitgehende Einigkeit herrscht seit vielen Jahren, dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften zu deregulieren ist.222 Auch der Petitionsausschuss des Bundestags sprach sich im Jahr 2012 dafür aus, kleine Genossenschaften von der Pflichtprüfung und der Pflichtmitgliedschaft zu befreien.223 Die Diskussion wurde schließlich von der großen Koalition aufgegriffen, welche in ihrem 2013 geschlossenen Koalitionsvertrag erklärte: „Wir wollen die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement (z. B. Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen, Energievorhaben) erleichtern. Für solche Initiativen soll eine geeignete Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht zur Verfügung stehen, die unangemessenen Aufwand und Bürokratie vermeidet.“224 Uneinigkeit herrscht jedoch, wie die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften auszugestalten ist. Teilweise wurde vorgeschlagen, kleine Genossenschaften von der Pflichtprüfung zu befreien225 – insbesondere „Kleinstgenossenschaften“226. Für Genossenschaften unter einer bestimmten Größe soll lediglich eine fakultative Prüfungsmöglichkeit bestehen.227 In das GenG könne eine Regelung aufgenommen werden, wonach eine bestimmte Anzahl von Genossenschaftsmitgliedern eine externe Prüfung beantragen kann.228 Für die Frage, ab wann die Genossenschaften einer obligatorischen Prüfungspflicht unterliegen, sei etwa 220

Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, Einf. Rn. 8: „Hemmnis für die nachhaltige Verbreitung der Rechtsform der eG“. Siehe dazu auch Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 324, abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Downloads/P-R/potenziale-und-hemmnisse-von-unternehmerischen-aktivitaeten-in-derrechtsform-der-genossenschaft-endbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [31. 7. 2023]. 221 So Bösche, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (110). 222 Beuthien, BzD 1999, 8 (10); Bösche, npoR 2014, 229 (230); Geschwandtner / Helios, INF 2006, 393; Holzner, ZfgG 2001, 98 (105); Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 338; Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (19 f.). 223 Siehe https://rsw.beck.de/cms/?toc=BC.5602&docid=334843 [31. 7. 2023]. 224 „Deutschlands Zukunft gestalten“, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 78, https://archiv.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitions vertrag.pdf [31. 7. 2023]. 225 Bösche, npoR 2014, 229 (230); Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (19, 21); Peemöller, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 31 (50); Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 73. 226 Siehe BT Drs. 17/9976, S. 5; BT-Drs. 17/11597, S. 3. 227 Bösche, ZfgG 2008, 98 (107 f.); Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (118). 228 Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (118).

166

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

auf die für Kapitalgesellschaften geltenden Größenmerkmale zurückzugreifen.229 In eine ähnliche Richtung zielt der Vorschlag, eine nicht-eingetragene „Prä-Genossenschaft“ zu schaffen, für die keine Prüfungspflicht gilt.230 Andere wollen die Pflichtprüfung entfallen lassen, sofern der Aufsichtsrat der eG über starke Kontrollrechte verfügt.231 Vorgeschlagen wurde schließlich, außerhalb des GenG eine neue Rechtsform für unternehmerische Kleinstinitiativen zu schaffen.232 Einen vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion bildet der im März 2013 vorgelegte Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zum „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften“. Dieser wollte nach dem Vorbild der „Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt)“ im GmbH-Recht eine „Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt)“ als prüfungsbefreite Unterform der eG mit besonderer Firmierung im Genossenschaftsrecht für solche Genossenschaften einführen, deren jährlicher Umsatz nicht mehr als 500.000 Euro und jährlicher Gewinn nicht mehr als 50.000 Euro beträgt (§ 122 Abs. 1 KoopG-E). Die Kooperationsgesellschaft sollte nicht nur von der Gründungsprüfung (§ 124 KoopG-E), sondern weitergehend von der Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft befreit werden (§ 126 KoopG-E).233 Der Referentenentwurf führte erneut zu einer lebhaften Diskussion, wobei sich insbesondere die beiden genossenschaftlichen Spitzenverbände gegen die vorgesehene Befreiung von der Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft aussprachen234, während Teile des Schrifttums diese Befreiungen und die von der Gründungsprüfung begrüßten.235 Die vom Referentenentwurf vorgesehene prüfungsbefreite Unterform der eG wurde vom Gesetzgeber schließlich nicht weiter verfolgt und zwischenzeitlich ausdrücklich aufgegeben.236 Zudem lehnte er eine Befreiung kleiner Genossenschaften von der Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG ab.237

229

So Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (118). So Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (53). 231 Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 204 f., 271 ff. 232 Vgl. BT-Drs. 18/11506, S. 2. Eine „Kooperationsgesellschaft“ fordernd Bialek, Perspektiven der Genossenschaft als Organisationsform, 1995, S. 176 ff. 233 Ausführlich hierzu: Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (3 ff.); Wolff, Non Profit Law Yearbook 2013/2014, 19 (24 ff.). 234 Bösche, npoR 2014, 229 (230). 235 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (22). 236 BT-Drs. 18/11506, S. 2; BT-Drs. 19/3595, S. 13. 237 BT-Drs. 16/1025, S. 89; BT-Drs. 18/11506, S. 2, 17, 19. 230

B. Umfang und Reichweite

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3. Stellungnahme Zu klären ist demnach, ob alle Genossenschaften weiterhin größenunabhängig der Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG unterliegen müssen. Sollte eine größenabhängige Prüfungsbefreiung kleiner Genossenschaften abzulehnen sein, ist weiter zu untersuchen, inwiefern größenabhängige Prüfungsprivilegien sachgerecht sind. a) Notwendigkeit eines besonderen Interessenausgleichs Sicher ist zunächst: Kleine Vorhaben sind vom genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystem besonders betroffen. Das gilt zum einen in finanzieller Hinsicht238: So belaufen sich bereits die Kosten für die einmalige Gründungsprüfung auf etwa 1.500 Euro.239 Hinzu kommen die Kosten für die regelmäßige Pflichtprüfung: Der jährliche Betrag für die (Pflicht-)Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband liegt schätzungsweise zwischen 50 und 500 Euro.240 Die Prüfungsgebühren dürften zwischen 1.000 bis 5.000 Euro betragen.241 Ein Prüfertag kostet zwischen 500 und 1.000 Euro.242 Zum anderen ist die wiederkehrende Pflichtprüfung für die häufig ehrenamtlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von Kleingenossenschaften eine hohe bürokratische Belastung, da sie mit einem erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand verbunden ist.243 Da die Regelungen zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG als Teil des Gesellschaftsrechts Art. 9 Abs. 1 GG berühren, müssen sie „auf einen Ausgleich gerichtet sein, der geeignet ist, freie Assoziation und Selbstbestimmung der Vereinigungen unter Berücksichtigung der Notwendigkeiten eines geordneten Vereinslebens und der schutzbedürftigen sonstigen Belange zu ermöglichen und zu erhalten.“244 Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Rechtsform eG für 238 Eine unverhältnismäßige Kostenbelastung bestreitend: Schaffland, ZfgG 2001, 208 (211); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 104, 123. 239 BT-Drs. 17/10654, S. 7: für Wohnungsgenossenschaften 500 bis 5.000 Euro, im Übrigen 500 bis 1.500 Euro; Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (6) m. w. N. Nach Holzner, ZfgG 2001, 98 (102) kostete die Gründungsprüfung einer kleinen Dienstleistungsgenossenschaft mehr als 6.000 DM. 240 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (6); BT-Drs. 17/10654, S. 7. 241 Bösche, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (107). Mit empirischen Daten Rybnikova / Lange, ZfgG 2014, 265 (270, 272); Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 182, 210. 242 Bösche, ZfgG 2008, 98 (105). 243 BT-Drs. 18/11506, S. 30; ebenso BT-Drs. 19/3595 mit Verweis auf Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 293. 244 BVerfG vom 1. 3. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – NJW 1979, 699 (706).

168

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Kleinstinitiativen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements eine besonders geeignete Rechtsform darstellt, da insbesondere ein Mitgliederwechsel unkompliziert möglich ist. Überbetont man die Interessen Dritter und gestaltet die genossenschaftliche Pflichtprüfung sehr streng aus, kommt die eG als „Rechtsform ‚de luxe‘“245 für Kleinstvorhaben nicht in Frage. Dem stehen andererseits schutzwürdige Interessen von Mitgliedern und Gläubigern der eG gegenüber. Dereguliert man die für kleine Genossenschaften geltenden prüfungsrechtlichen Regelungen übermäßig, werden dadurch die schutzwürdigen Interessen Dritter gefährdet. b) Abzulehnen: Größenabhängige Prüfungsbefreiung Richtigerweise hält der Gesetzgeber an der größenunabhängigen Prüfungspflicht aller Genossenschaften nach § 53 Abs. 1 GenG grundsätzlich fest – und hat kleine Genossenschaften weder von der genossenschaftlichen Pflichtprüfung freigestellt noch eine prüfungsbefreite „Mini-eG“ als Unterform der eG geschaffen.246 aa) Mitgliederschutz Freilich gilt für die heutigen Mitglieder von kleinen Genossenschaften: Diese sind rechtsformspezifisch weder geschäftlich besonders unerfahren noch haftungsrechtlich besonders schutzbedürftig.247 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung lässt sich auch insoweit nicht (mehr) als eine Betreuungsprüfung für die Mitglieder rechtfertigen.248 Auch darüber hinaus scheint die Notwendigkeit einer besonders weitreichenden Pflichtprüfung bei kleinen Genossenschaften zweifelhaft: Der vertikale genossenschaftsspezifische Principal-Agent-Konflikt ist zwar grundsätzlich auch in den personalistisch geprägten kleinen Genossenschaften angelegt, wirkt sich dort allerdings – anders als bei den Großgenossenschaften – kaum zum Nachteil der Mitglieder aus. Denn zunächst werden die Vorstandsmitglieder regelmäßig aus dem Kreis der selbstbetroffenen Mitglieder bestellt, sodass entsprechend § 9 Abs. 2 S. 1 GenG die (Förder-)Interessen der Mitglieder unmittelbar im Vorstand vertreten sind. Weiter haben kleine Genossenschaften nur wenige, typischerweise besonders förderinteressierte Mitglieder249, die sich mit „ihrer“ eG identifizieren. 245 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 326. 246 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 465; Beuthien, WM 2021, 1305 (1308); Esser / Hillebrand / Walter, WPg 2007, 32 (34). A. A. Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (20): „Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften […] de lege ferenda verzichtbar“. 247 Näher dazu Erster Teil C. II. 1. 248 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (19). 249 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (13).

B. Umfang und Reichweite

169

Schließlich sind die Verhältnisse der genossenschaftlichen Kleinstbetriebe oft einfach(er) strukturiert, sodass sie von den Mitgliedern tatsächlich überblickt werden können.250 In der Literatur wird daher teilweise angenommen, der Vorstand von kleinen Genossenschaften unterliege einer effektiven Mitgliederkontrolle.251 Entsprechend begründete auch der Gesetzgeber bei der Novelle 2006, dass bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern ein Verzicht auf einen Aufsichtsrat sachgerecht sein kann, „da in diesen Fällen der Vorstand durch die Mitglieder insgesamt angemessen überwacht werden kann.“252 Aufgrund der persönlichen Nähe besteht zudem vielfach eine soziale Kontrolle.253 Schließlich kann bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern nach § 27 Abs. 1 S. 3 GenG in der Satzung vorgesehen werden, dass die Generalversammlung dem Vorstand geschäftspolitisch bindende Weisungen erteilen kann. Zudem haben die Mitglieder von kleinen Genossenschaften meist homogene Interessen254, sodass horizontale Interessenkonflikte zwar nicht ausgeschlossen, aber selten(er) sind. Dennoch ist die Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG bei kleinen Genossenschaften grundsätzlich gerechtfertigt. Da die Förderzweckbindung nach § 1 Abs. 1 GenG für alle Genossenschaften unabhängig von deren Größe, Umsatz oder Mitgliederanzahl gilt, hat die externe Pflichtprüfung auch insoweit als externer förderzwecksichernder Schutzmechanismus zugunsten der Förderinteressen der Mitglieder zu fungieren. Das gilt besonders, sofern bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern nach § 24 Abs. 2 S. 3 GenG ein einköpfiger Vorstand bestimmt wurde, da eine Person kraft uneingeschränkter Leitungskompetenz nach § 27 Abs. 1 GenG förderzweckwidrige Eigeninteressen verfolgen kann255. Die „Mitgliederselbstkontrolle“256 bietet keine ausreichende Gewähr dafür, dass sich kleine Genossenschaften ausschließlich förderzweckkonform betätigen. Das heißt nicht, dass sie stets auf förderzweckwidrige Ziele ausgerichtet sind; bei diesen besteht aber typischerweise die Gefahr, dass deren Mitglieder – bewusst oder unbewusst – auf förderzweckwidrige Abwege geraten.257 Zur Verfolgung erwerbswirtschaftlicher Ziele ist die Rechtsform eG jedoch strukturell ungeeignet, was für ihre Mitglieder (und Gläubiger) spezifische Gefahren birgt.258 Zugleich verfügen kleine Genossenschaften nicht ausreichend über förderzwecksichernde Kontrollmechanismen: Die Überwachung des  – in aller Regel 250

Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 4; Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (155). Beuthien, EWS 2000, 534 (537): „unmittelbare und umfassende Mitgliederselbstkon­ trolle“; ders., ZRP 2013, 130 (132); ders., BzD 1999, 8 (10). Kritisch hingegen Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339. 252 BT-Drs. 16/1025, S. 82. 253 Pistorius, DStR 2006, 278 (280); Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (118). 254 Blomeyer, ZfgG 2001, 79 (82): „wenige gleich gesinnte Personen“. 255 Geschwandtner / Wittenberg, BB 2008, 1748 (1752): „birgt gewisse Förderrisiken“. 256 Beuthien, EWS 2000, 534 (537). 257 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 466. 258 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 65. 251

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

selbstorganschaftlich besetzten – Aufsichtsrats gewährleistet keine effektive Förderzweckkontrolle, zumal bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern auf einen Aufsichtsrat nach § 9 Abs. 1 S. 2 GenG statutarisch verzichtet werden kann – und vielfach auch wird. Wären diese Genossenschaften auch von der genossenschaftlichen Pflichtprüfung freigestellt, würden kumulativ die förderzwecksichernde interne Überwachung durch den Aufsichtsrat und die externe Förderwirtschaftsprüfung durch den Prüfungsverband fehlen – und damit aufgrund der gesetzlichen Privilegierung ein generelles Kontrollversagen drohen. Richtigerweise sah das Bundesministerium der Justiz in seinem Referentenentwurf von 2013 vor, dass bei der prüfungsbefreiten Kooperationsgesellschaft abweichend von § 9 Abs. 1 S. 2 GenG nicht auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden kann (§ 123 Abs. 2 S. 1 KoopG-E), was wie folgt begründet wurde: „Denn da die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bei der Kooperationsgesellschaft nicht vom Prüfungsverband geprüft wird, ist hier der Aufsichtsrat stärker gefordert.“259 Soweit die Generalversammlung nach § 9 Abs. 1 S. 3 GenG die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats wahrzunehmen hat, kann diese ebenfalls keine effektive Förderzweckkontrolle gewährleisten. Denn wenn alle Mitglieder erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgen wollen, will das zugleich die aus den Mitgliedern bestehende Generalversammlung. Gleiches gilt, wenn die eG zwar über einen Aufsichtsrat verfügt, dieser aber selbstorganschaftlich besetzt ist. Zugleich bestehen in diesem Fall nach §§ 41, 34 Abs. 2 GenG spezifische Haftungsrisiken für die Mitglieder der Generalversammlung, die den Vorstand zu überwachen haben: Die Mitglieder haften gesamtschuldnerisch persönlich, sofern sie die ihnen nach § 41 GenG obliegende Überwachungspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführungskontrolleurs einer eG verletzen. Sie müssen vor allem überwachen, dass der Vorstand die eG und das von ihr betriebene Unternehmen förderzweckgerecht führt.260

259

Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften, S. 30. 260 Str., wie hier Geschwandtner / Wittenberg, BB 2008, 1748 (1753). A. A. Beuthien / Beuthien, GenG, § 9 Rn. 5: § 9 Abs. 1 S. 3 GenG soll als „schutzzweckbezogen eng auszulegende Vorschrift nicht anordnen,“ dass „alle in der GV Sitz u Stimme genießenden GenMitglieder persönlich (noch dazu als Gesamtschuldner) haften“, da es andernfalls „haftungsrechtlich brandgefährlich [wäre], einer KleinGen nach Art des § 9 I 2 anzugehören.“; ebenfalls für eine einschränkende Auslegung Fiedler, FS Schaffland, 2008, S. 133 (139 ff.). Ferner Lang / Weidmüller /  Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 9 Rn. 8: „Überwachung des Vorstands“ sei von der Haftung als generelle „Obliegenheit“ ausgenommen. Wenig ergiebig BT-Drs. 16/1025, S. 82: „Im Fall der Verletzung einer Sorgfaltspflicht bei Wahrnehmung einer dem Aufsichtsrat obliegenden Aufgabe […] kommt eine Haftung dieses Mitglieds entsprechend § 41 in Verbindung mit § 34 in Betracht.“

B. Umfang und Reichweite

171

bb) Gläubigerschutz Die größenunabhängige Prüfungspflicht von kleinen Genossenschaften nach § 53 Abs. 1 GenG ist jedenfalls zum Schutz ihrer Gläubiger gerechtfertigt und geboten: Auch kleine Genossenschaften leiden als eG rechtsformimmanent an einem strukturellen Gläubigerschutzdefizit, welches durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung als gläubigerschützendes Surrogat zu kompensieren ist.261 Die Argumentation, wonach sich die Pflichtprüfung kleiner Genossenschaften nicht mehr rechtfertigen lasse, nachdem vom Gesetzgeber die Gründung der UG mit einem symbolischen Mindestkapital von einem Euro zugelassen wurde262, überzeugt nicht: Wie gezeigt263 wurde die gesellschaftsrechtliche Gläubigerschutzsystematik dadurch zwar partiell durchbrochen, aber nicht generell und grundsätzlich aufgegeben. Jedenfalls führt die Absenkung des Gläubigerschutzniveaus für die „Mini-GmbH“ UG nicht dazu, dass der Gläubigerschutz bei kleinen Genossenschaften entsprechend angepasst und reduziert werden muss264 – es also eine prüfungsbefreite „Mini-eG“ geben muss. Nicht überzeugend kann angenommen werden, dass kleine Genossenschaften für ihre Gläubiger wenig(er) riskant sind.265 Es lässt sich nur schwer abgrenzen, wann aus Sicht der Gläubiger (noch) eine kleine ungefährliche(re) eG und ab wann eine große gefährliche(re) eG vorliegt.266 Im Gegenteil hängen die Risiken für die Gläubiger eines Unternehmens nicht notwendigerweise von dessen Größe oder Umsatz ab, sodass die Risiken für die Gläubiger bei kleinen Vorhaben nicht zwingend gering sind.267 Vielmehr korrelieren die Gläubigerrisiken mit der Art der Betätigung. Somit hat der Prüfungsverband auch bei kleinen Genossenschaften zu prüfen, ob sich diese förderzweckkonform betätigen, woraus tendenziell geringere Risiken für deren Gläubiger folgen. Umgekehrt können kleine Genossenschaften für ihre Gläubiger „riskanter“ sein: Diese werden regelmäßig – anders als Großgenossenschaften – nicht von einem professionellen (Fremd-)Management geleitet, sondern von einem ehrenamtlich besetzten Vorstand. Dieser vermag allerdings nicht die gleiche Leistung zu erbringen, wie ein professionelles (Fremd-)Management268.

261

Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 465. So Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (14). 263 Siehe Erster Teil  D. I. 3. 264 Wohl a. A. Wolff, Non Profit Law Yearbook 2013/2014, 19 (32). 265 So aber BT-Drs. 18/11506, S. 30, wonach „bei sehr kleinen Genossenschaften mit geringen Umsätzen das Risiko für Gläubiger und Mitglieder regelmäßig nicht sehr hoch“ ist; ferner Blomeyer, ZfgG 2001, 79 (82): „relativ geringen Stellenwert“. 266 Westermann, ZfgG 1973, 320 (326). 267 Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 465. Abweichend Kober, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (19): „Risiko für die Volkswirtschaft steigt mit der Größe des Vereins und seines wirtschaftlichen Agierens“. 268 Beuthien, Genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1990, S. 48 (59). 262

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann nach § 24 Abs. 2 S. 3 GenG sogar statutarisch ein einköpfiger Vorstand bestimmt werden. Aktuell wurde die Prüfungspflicht kleiner Genossenschaften im Zusammenhang mit der durch die sog. Kita-Rechtsprechung des BGH angestoßenen, neu ausgerichteten Vereinsklassenabgrenzung269. Namentlich steht nach überzeugender Entscheidung des OLG Stuttgart die wirtschaftliche Betätigung eines nicht gemeinnützigen Vereins, der einen Dorfladen betreibt, dessen Eintragung in das Vereinsregister nicht entgegen, sofern und solange sie zur Verfolgung des ideellen Vereinszwecks eingesetzt wird.270 Die entgegengesetzte Auffassung des OLG Celle, wonach ein nicht gemeinnütziger Verein, der den Erhalt und den Betrieb einer „Dorfkneipe“ bezweckt, nicht als Idealverein nach § 21 BGB, sondern als „Paradefall eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 22 BGB“ anzusehen sei271, überzeugt nicht.272 Zu Unrecht wurde nicht auf die fehlende Gewinnausschüttung an die Mitglieder rekurriert, bei der es sich nach der Kita-Rechtsprechung des BGH nunmehr um das maßgebliche Abgrenzungskriterium bei der Vereinsklassenabgrenzung handelt.273 Auch wurde der „aktualisierte“ Gesetzgeberwille verkannt: Der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ von 2017 sah eine Änderung von § 22 BGB vor, wodurch bestimmten Initiativen wie etwa Dorfläden der Zugang zur Rechtsform des konzessionierten Wirtschaftsvereins eröffnet werden sollte.274 Nachdem die Entscheidungsgründe der Kita-­ Beschlüsse des BGH veröffentlicht wurden, empfahl der Rechtsausschuss auf eine Änderung von § 22 BGB zu verzichten; nunmehr sei auch die Eintragungsfähigkeit nicht als gemeinnützig anerkannter Initiativen wie etwa Dorfläden sichergestellt, soweit sie „einen ideellen Hauptzweck verfolgen und nicht gewinnorientiert und auf Ausschüttung von Gewinnen gerichtet sind“275. Diese Auffassung hat sich der Bundestag zu eigen gemacht, der den Gesetzesentwurf schließlich ohne eine Änderung von § 22 BGB beschloss276. Aufgrund dieser „neuen“ Vereinsklassenabgrenzung besteht de lege lata für kleine Initiativen aus dem bürgerschaftlichen Engagement faktisch Wahlfreiheit zwischen der eG und dem e. V. Da die eG gegenüber dem e. V. aufgrund der genossenschaftlichen Pflichtprüfung aufwendig(er) und teu(r)er ist, dürften sie regelmäßig 269

Eingehend zu den Kita-Entscheidungen des BGH BeckOGK / Segna, Stand: 1. 12. 2022, BGB, § 21 Rn. 133 ff. 270 OLG Stuttgart vom 11. 1. 2022 – 8 W 233/21 – NJW-RR 2022, 909. 271 OLG Celle vom 6. 10. 2021 – 9 W 99/21 – NJW 2022, 555 (555). 272 Zu Recht kritisch: Arnold, npoR 2022, 140 (143): „Unding“; Hüttemann, ZIP 2021, 2524 (2526): „Ausrutscher“; Leuschner, npoR 2022, 261 (261). 273 Hüttemann, ZIP  2021, 2524 (2525); BeckOGK / Segna, Stand: 1. 12. 2022, BGB, § 21 Rn. 164 m. w. N. 274 BT-Drs. 18/11506, S. 1, 16. 275 BT-Drs. 18/12998, S. 19. 276 Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. 6. 2017, BGBl. 2017 I, S. 2434.

B. Umfang und Reichweite

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den e. V. bevorzugen. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass bei der eG immerhin eine Rückvergütung möglich ist277, während beim e. V. das Verbot jeder Gewinnausschüttung gilt. Darüber hinaus ist die liberalisierte Vereinsklassenabgrenzung rechtspolitisch verfehlt.278 Diese öffnet die Rechtsform e. V. nicht nur für unternehmerische (Klein-)Initiativen aus dem bürgerschaftlichen Engagement, sondern auch für nicht gemeinnützige, wirtschaftlich tätige Großvereine.279 Während die steuerliche Gemeinnützigkeit bei gemeinnützigen Vereinen durch das Finanzamt überwacht wird, fehlt eine entsprechende Kontrolle bei nicht gemeinnützigen Vereinen.280 Vor allem mangelt es den §§ 21 ff. BGB insbesondere mit Blick auf Großvereinen grundlegend an gläubigerschützenden Kautelen.281 Demnach bedarf es de lege ferenda über das Verbot der Gewinnausschüttung hinaus jedenfalls zusätzlicher Gläubigerschutzmechanismen.282 c) Dafür: Prüfungserleichterungen Kleine Genossenschaften sind demnach zwar nicht bei der Frage der Prüfungspflicht, dafür aber bei der Prüfungsausgestaltung zu privilegieren. Deren besondere Belastung durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung folgt regelmäßig denn auch daraus, da die Prüfung nicht oder nur unzureichend an deren individuellen Verhältnisse angepasst wird283 – also nicht aus dem Ob, sondern dem Wie der Prüfung. Richtigerweise verzichtet der Gesetzgeber bei kleinen Genossenschaften auf die grundsätzlich jährlich stattfindende Pflichtprüfung (§ 53 Abs. 1 S. 2 GenG) und befreite sie durch die Novelle 2006 von der formalisierten Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§ 53 Abs. 2 S. 1 GenG). Hingegen kam er zu Recht umgekehrt nicht der Forderung nach, kleine Genossenschaften von der Prüfung nach § 53 Abs. 1 GenG zu befreien und für diese nur an der verpflichtenden Jahresabschlussprüfung festzuhalten.284 Denn aus einer punktuellen Prüfung des Jahresabschlusses – dem „Zahlenwerk der eG“285 – lassen sich nur bedingt Rück 277

Näher zur gesetzlich nicht geregelten genossenschaftlichen Rückvergütung: Beuthien /  Beuthien, GenG, § 19 Rn. 14 ff.; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 19 Rn. 25 ff. 278 Kritisch auch Segna, ZIP 2017, 1881, 1885. Demgegenüber MüKoBGB / Leuschner, § 22 Rn. 29: „durchaus […] systemkonform“. 279 Segna, ZIP 2017, 1881 (1885, 1888); Arnold, FS K. Schmidt, Bd. 1, 2019, S. 37 (43 f.). 280 Otto, npoR 2022, 168 (169). 281 Näher dazu Erster Teil  D. I. 4. a). 282 So hat auch Leuschner, npoR 2016, 99 (102 ff.) seinen Vorschlag, de lege ferenda die Einhaltung des Gewinnausschüttungsverbots als Eintragungsvoraussetzung als ausreichend anzusehen, mit weiteren Vorschlägen verbunden, wodurch der Gläubigerschutz verbessert werden soll. 283 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (20). 284 So aber der Vorschlag von Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (157). 285 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 22.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

schlüsse ziehen, inwiefern die Mitglieder der eG bestmöglich nutzerbezogen gefördert wurden – und die genossenschaftliche Pflichtprüfung würde so zur reinen Jahresabschlussprüfung ohne förderwirtschaftlichen Gehalt verkümmern. Daher sieht § 53 GenG keine eigenständige Jahresabschlussprüfung vor; diese hat vielmehr „im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1“ (§ 53 Abs. 1 S. 1 GenG) zu erfolgen. Hierbei ist der Jahresabschluss darauf zu untersuchen, ob er Rückschlüsse auf die naturale Mitgliederförderung zulässt286. Die vom Gesetzgeber bezweckte Kostenersparnis lässt sich dabei dadurch erreichen, dass sich die Prüfung des Jahresabschlusses bei kleinen Genossenschaften insoweit auf ein Minimum beschränkt.287 d) Insbesondere: Vereinfachte Prüfung für „Kleinstgenossenschaften“ Zuletzt berücksichtigte der Gesetzgeber die Belange von kleinen Genossenschaften durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 2017288, wodurch die Schwellenwerte in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG erhöht und vor allem eine vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG eingeführt wurde. Nach § 53a Abs. 1 S. 1 GenG beschränkt sich jede zweite Pflichtprüfung von Kleinstgenossenschaften im Sinne von § 336 Abs. 2 S. 3 HGB auf eine weniger aufwendige und daher kostengünstige vereinfachte Prüfung. Bei dieser hat der Prüfungsverband anhand der einzureichenden Unterlagen nach § 53a Abs. 1 S. 2 GenG lediglich festzustellen, „ob es Anhaltspunkte dafür gibt, an einer geordneten Vermögenslage oder der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu zweifeln.“ Diese vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren vom Bundesrat als „Regelautomatismus“289 kritisiert. Darüber hinaus meinen Teile der Literatur290, die vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG sei wieder abzuschaffen, da ihre Einführung „zu einer Aufweichung des genossenschaftlichen Prüfungssystems geführt“ habe; der Schutz der Mitglieder und Gläubiger sei bei bloßer Durchsicht einzelner Unterlagen nicht zu gewährleisten und eine „vollständige Prüfung des Förderzwecks (§ 1 Abs. 1)“291 könne nicht mehr durchgeführt werden. Der Zweck der genossenschaftlichen Pflichtprüfung werde so nicht mehr vollständig erfüllt.292 Das überzeugt nicht. Vielmehr werden die betroffenen Interessen durch die vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG sachgerecht ausgeglichen: Zunächst scheidet die vereinfachte Prüfung von vornherein aus, wenn die Satzung eine Nachschuss 286

Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 22. 288 BGBl. 2017 I, S. 2434. 289 BT-Drs. 18/11937, S. 7. 290 BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 19, § 53a Rn. 1; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 53 Rn. 19. 291 Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 11 Rn. 19. 292 BerlKommGenG / Hillebrand, § 53 Rn. 10. 287

B. Umfang und Reichweite

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pflicht vorsieht oder die eG Mitgliederdarlehen nach § 21b Abs. 1 GenG entgegengenommen hat (§ 53a Abs. 1 S. 1 GenG), da in diesen Fällen „die Mitglieder besonders schutzbedürftig“293 sind. Weiter beschränkt sich nicht jede, sondern nur jede zweite Pflichtprüfung auf eine vereinfachte Prüfung, wobei die erstmalige Pflichtprüfung zum Schutz der Mitglieder und Gläubiger stets eine vollständige Prüfung sein muss (§ 53a Abs. 3 S. 3 GenG). Ferner ist bei der vereinfachten Prüfung nur der Umfang, nicht aber deren Maßstab reduziert.294 Werden die erforderlichen Unterlagen nicht oder nur unvollständig eingereicht, kann der Prüfungsverband eine vollständige Prüfung anordnen (§ 53a Abs. 3 S. 1 GenG) – freilich muss er eine solche vornehmen, sofern Anhaltspunkte für eine förderzweckwidrige Betätigung der eG bestehen und prüfungsverfolgend einschreiten. Schließlich kann die Generalversammlung jederzeit eine vollständige Pflichtprüfung beschließen (§ 53a Abs. 3 S. 2 GenG). 4. Ergebnis und Ausblick Festzuhalten ist: Der Gesetzgeber hielt bei der Novelle 2006 und zuletzt bei der Novelle 2017 zu Recht an der größenunabhängigen Prüfungspflicht aller Genossenschaften nach § 53 Abs. 1 GenG grundsätzlich fest – und hat kleine Genossenschaften oder „Kleinstgenossenschaften“ weder freigestellt noch eine prüfungsbefreite „Mini-eG“ geschaffen. Denn es bedarf bei jeder eG grundsätzlich zum Schutz ihrer Mitglieder und Gläubiger einer externen förderzwecksichernden Pflichtprüfung – unabhängig von ihrer Größe, Umsatz oder Mitgliederanzahl.295 Die besondere Belastung kleiner Genossenschaften durch die wiederkehrende Pflichtprüfung kann somit auch de lege ferenda nicht dabei berücksichtigt werden, ob (Kleinst-)Genossenschaften prüfungspflichtig sein müssen, sondern vielmehr (nur), wie die genossenschaftliche Pflichtprüfung für diese auszugestalten ist. Die hier vertretene Auffassung, wonach die größenunabhängige Prüfungspflicht für kleine Genossenschaften und „Kleinstgenossenschaften“ nach § 53 Abs. 1 GenG zwar weiter beibehalten werden sollte, aufgrund deren berechtigter Interessen die Pflichtprüfung für diese allerdings erleichtert werden muss, stimmt mit empirischen Untersuchungen grundsätzlich überein: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Studie „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“ ausgeschrieben, deren Endbericht seit März 2015 vorliegt.296 Deren zentrale Fragestellung war, ob 293

BT-Drs. 18/11506, S. 30. Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2. 295 Im Ergebnis ebenso Beuthien, WM 2021, 1305 (1308); ders., BzD 1999, 8 (13): „Als stets unumgänglich erweist sich wiederum nur die besondere Kontrolle der Förderzweckerreicherung.“ 296 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, passim. 294

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

die Rechtsform eG auch für Kleinstunternehmen geeignet ist und bestimmte Änderungen des GenG ausreichen oder vielmehr eine prüfungsbefreite Unterform geschaffen werden muss. Die ganz überwiegende Mehrheit der (selbst-)betroffenen Befragten lehnte es ab, neben der Pflichtmitgliedschaft weitergehend die Pflichtprüfung der Genossenschaften abzuschaffen.297 Demgegenüber wünschte sich eine deutliche Mehrheit, dass die Pflichtprüfung (noch) mehr an die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen eG angepasst und deren Kosten reduziert werden.298 Auch hätte die Mehrheit die prüfungspflichtige Rechtsform eG gegenüber der prüfungsbefreiten Kooperationsgesellschaft weiter vorgezogen.299 Ob und wie sich neben der bürokratischen die finanzielle Belastung für kleine Genossenschaften noch weiter senken lässt, bleibt primär der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung vorbehalten. Freilich haben die Prüfungsverbände selbst darauf zu achten, dass sie von diesen eine angemessene Vergütung verlangen und ihren Prüfungsauftrag nicht überspannen. Deren Prüfung muss vor allem hinsichtlich der Kosten und Dauer individuell angepasst sein; hierfür gibt es in der Praxis bereits konkrete Maßnahmen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände300. Weiter sollte der Gesetzgeber die bestehenden Prüfungsprivilegien regelmäßig mit Blick auf die (Kosten-)Entlastung für kleine Genossenschaften evaluieren. So stellte er bereits fest, dass die Befreiung kleiner Genossenschaften von der Jahresabschlussprüfung im Jahr 2006 nur (und weniger als erhofft) zu einer Kostenersparnis von durchschnittlich etwa 20 % führte.301 Abzuwarten bleibt insbesondere, welche Auswirkungen die 2017 eingeführte vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG hat, die der Gesetzgeber nach etwa fünf Jahren auf ihre Auswirkungen prüfen will302. Insoweit liegen derzeit noch keine ausreichenden Erkenntnisse vor303. Schließlich hat die Aufsichtsbehörde bei ihrer staatlichen Aufsicht über die Prüfungsverbände nach § 64 GenG darauf zu achten, dass diese die Prüfung kleiner Genossenschaften nicht übertreiben und notfalls erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.

297 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 21 f., 186 f., 213, 292 ff. 298 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 21 f., 186 f., 213, 292 ff.; ferner Rybnikova / Lange, ZfgG 2014, 265 (273 f., 277); Lenz, ZfgG 2009, 297 (301 f., 308). 299 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 316. 300 Siehe dazu BT-Drs. 17/10654, S. 8. 301 Vgl. BT-Drs. 17/10654, S. 2 f.; BT-Drs. 18/11506, S. 17, 30. 302 BT-Drs. 18/11506, S. 23. 303 So BT-Drs. 19/3595, 10 f.

B. Umfang und Reichweite

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III. Prüfungsverfolgung Die genossenschaftliche Pflichtprüfung reicht „vertikal“ besonders weit: Bereits der historische Gesetzgeber stellte klar, dass sie über die „Feststellung von Mängeln“ hinaus auch auf „die Beseitigung der festgestellten Mängel hinzuwirken“304 hat. Diese sog. Prüfungsverfolgung wird in der Literatur zu Unrecht oft nur am Rande behandelt: Diese ist nicht nur ein „Charakteristikum der genossenschaft­ lichen Prüfung“305 und ein zentraler Unterschied zur kapitalgesellschaftsrechtlichen Jahresabschlussprüfung306. Vor allem ist die Prüfungsverfolgung für eine effektive Förderwirtschaftsprüfung zentral307: Der „Erfolg“ der genossenschaftlichen Pflichtprüfung hängt maßgeblich davon ab, dass der Prüfungsverband die Mängel nicht nur feststellt, sondern die Prüfungsergebnisse weitergehend auswertet und kontrolliert, inwiefern wesentliche Empfehlungen beachtet und festgestellte Mängel von der prüfungsunterworfenen eG behoben werden.308 1. Ziel und Funktion Die der eigentlichen Prüfung nachgelagerte Prüfungsverfolgung ist kein Annex oder bloßes „Anhängsel“309, sondern „Hauptteil der genossenschaftlichen Prüfung“310. Diese zielt darauf ab, dass die bei der Prüfung festgestellten Mängel von der prüfungsunterworfenen eG tatsächlich beseitigt werden.311 Folglich dient sie  – als fortgesetzter (Haupt-)Teil der genossenschaftlichen Pflichtprüfung  – zum einen dem Schutz der Gläubiger, da es sich bei der eG um eine strukturell kapital- und haftungsschwache Rechtsform handelt. Es ist für die Gläubiger der eG entscheidend, dass Mängel nicht nur festgestellt, sondern diese auch beseitigt 304

Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (74). 305 Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (101); ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 87: „Merkmal der genossenschaftlichen Prüfung“. 306 Siehe nur Leitner, ZfgG 1998, 23 (36 f.); Letschert, in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (139). 307 Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 135; ders., in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (139): „von gleicher Bedeutung […], wie die Durchführung der Prüfung selber“. 308 Letschert, in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (139). 309 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 33. 310 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (71). 311 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

werden.312 Zum anderen schützt die Prüfungsverfolgung die Förderinteressen der Genossenschaftsmitglieder. Vor allem sollen die Mitglieder der eG mit der Unterstützung des Prüfungsverbands (wieder) in die Lage versetzt werden, den Vorstand fördergeschäftspolitisch zu kontrollieren und dazu veranlasst werden, selbst auf Vorstand und Aufsichtsrat zur Mängelbeseitigung einzuwirken.313 2. Einwirkungsinstrumente Fraglich sind die Möglichkeiten und Grenzen der Prüfungsverfolgung: Wie weit können und dürfen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände zugunsten einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung darauf hinwirken, dass die von ihnen festgestellten Mängel von den prüfungsunterworfenen Genossenschaften tatsächlich beseitigt werden? a) Gesetzlich normierte Teilhabebefugnisse Damit die festgestellten Mängel von der eG tatsächlich beseitigt werden, schuf der Gesetzgeber durch die Novelle 1934 zunächst abgestufte Einwirkungsinstrumente nach §§ 58 Abs. 4 S. 2 Hs. 1, 59 Abs. 3 Hs. 1, Hs. 2, 60 Abs. 1 GenG. aa) Grundsatz: Einwirkungsrechte Teilweise meint man, aus diesen gesetzlich normierten Befugnissen folge für den Prüfungsverband die „Pflicht zur Prüfungsverfolgung“314 bzw. alle Rechte seien „zugleich Pflichten“315. Sofern der Prüfungsverband diese „Prüfungsverfolgungspflicht“316 verletze, sei er nach § 62 Abs. 1 S. 3 GenG zum Schadensersatz verpflichtet.317

312

Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (10): „für den gebotenen Gläubigerschutz unverzichtbar“. 313 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 59 Rn. 5. 314 So Großfeld / Rothe, NZG 1998, 877 (878). Ferner Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (309): „Prüfungsverfolgungspflicht“. 315 So Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 137; ferner ders., in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (140); dem folgend Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 254: „das Recht und die Pflicht zur Prüfungsverfolgung“; Glenk, Genossenschaftsrecht, 2013, S. 332 f.: „das Recht und die Pflicht“; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (184): „berechtigt und verpflichtet“. 316 Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (309). 317 Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 254; Großfeld / Rothe, NZG 1998, 877 (878).

B. Umfang und Reichweite

179

Indes muss differenziert werden: Der gesetzliche Prüfungsauftrag der Prüfungsverbände umfasst die sachgemäße Auswertung sowie die Kontrolle, ob festgestellte Mängel behoben und wesentliche Beanstandungen und Empfehlungen der Prüfung beachtet wurden. Diese trifft daher insoweit eine generelle „Prüfungsverfolgungspflicht“318. Hingegen handelt es sich bei den in §§ 58 ff. GenG normierten Befugnissen grundsätzlich nicht um Pflichten: Wie deren Wortlaut (§ 58 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 GenG: „Verband und Prüfer sind berechtigt“; § 59 Abs. 3 Hs. 1 GenG: „Der Verband ist berechtigt“; § 60 Abs. 1 GenG: „ist er berechtigt“) zeigt, handelt es sich um im Ermessen der Prüfungsverbände (und dessen Prüfer) stehende Rechte. Demnach können Verband und Prüfer prüfungsverfolgend an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat der eG teilnehmen (§ 58 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 GenG), der Verband kann beratend an der das Prüfungsergebnis behandelnden Generalversammlung teilnehmen (§ 59 Abs. 3 Hs. 1 GenG) und er kann eine außerordentliche Generalversammlung einberufen (§ 60 Abs. 1 GenG)319. Für diese Auslegung streitet zudem der Wille des historischen Gesetzgebers: Mit diesen durch die Novelle 1934 eingefügten Regelungen wollte er lediglich die „Möglichkeit der Einwirkung der Prüfungsverbände und der Prüfer“ schaffen, „vor allem die Möglichkeit für den Prüfungsverband, eine außerordentliche Generalversammlung zwecks Beschlußfassung über die Beseitigung festgestellter Mängel einzuberufen“320 – nicht hingegen eine Pflicht zur Einwirkung. bb) Ausnahme: Einwirkungspflichten Diese Prüfungsverfolgungsrechte verdichten sich aufgrund der Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung als Förderwirtschaftsprüfung für die Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG ausnahmsweise zu Pflichten. Namentlich wandelt sich das Recht des Prüfungsverbands, an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat teilzunehmen, zur strikten Teilnahmepflicht, wenn im Prüfungsbericht zahlreiche oder schwerwiegende Mängel festgestellt wurden. In diesem Fall müssen der Prüfungsverband und der Prüfer an der gemeinsamen Sitzung prüfungsverfolgend teilnehmen – und bereits dort auf die Beseitigung der festgestellten Mängel drängen.321 Gleiches gilt für das Teilnahme-

318

Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (309). Für landwirtschaftliche Genossenschaften sah schon die 2. Verordnung über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes vom 15. 1. 1934 ein vergleichbares Recht vor. Danach konnte der Reichsbauernführer verlangen, „daß der Vorstand einer eingetragenen landwirtschaftlichen Genossenschaft, die im Bezirk der Landesbauernschaft liegt, zur Beschlußfassung über von ihm bezeichnete Gegenstände die Generalversammlung beruft“ (§ 3 Abs. 1 S. 1). 320 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76) [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 321 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 58 Rn. 9. 319

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

recht an der Generalversammlung: Dieses schlägt zur Teilnahmepflicht um, wenn der Prüfungsbericht wesentliche Beanstandungen enthält.322 cc) Insbesondere: Schwerwiegende Förderzweckverstöße Die Teilhabebefugnisse wandeln sich vor allem zu strikten Pflichten, wenn der genossenschaftliche Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht schwerwiegende Förderzweckverstöße feststellt.323 Sofern die gemeinsame Sitzung mit Vorstand und Aufsichtsrat erfolglos war, darf der Prüfungsverband nach § 59 Abs. 3 Hs. 1 GenG nicht nur beratend an der Generalversammlung teilnehmen, sondern muss dies verpflichtend tun.324 Äußert sich der Aufsichtsrat insoweit nicht ausreichend, muss der Prüfungsverband nach § 59 Abs. 3 Hs. 2 GenG die Verlesung der den Förderzweck betreffenden Teile des Prüfungsberichts in der Generalversammlung beantragen325, um so die „maximale“ Publizität herzustellen. Ein weitergehendes Antragsrecht, insbesondere für Beschlüsse, die auf Mängelbeseitigung gerichtet sind, steht dem Prüfungsverband allerdings nicht zu.326 Da es sich bei schwerwiegenden Förderzweckverstößen um „wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen“ nach § 60 Abs. 1 Var. 2 GenG handelt, muss der Prüfungsverband schließlich eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, wenn die Generalversammlung bei der Beratung und möglichen Beschlussfassung nur unzulänglich darüber unterrichtet war. Dass sich die gesetzlichen Teilhabebefugnisse bei gravierenden Förderzweckverstößen zur strikten Einwirkungspflicht wandeln, entspricht dem Willen des heutigen Gesetzgebers, was sich pars pro toto an zwei Gesetzesänderungen der Novelle 2017327 beweisen lässt: Erstens wurde § 58 Abs. 1 S. 3 GenG eingefügt, wonach der Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht – als Grundlage der daran anschließenden und darauf aufbauenden Prüfungsverfolgung – ausdrücklich Stellung dazu nehmen muss, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat“. Hierdurch sollen Vorstand, Aufsichtsrat und die übrigen Mitglieder der eG „frühzeitig gewarnt werden, 322

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 59 Rn. 5. De lege ferenda für eine Teilnahmepflicht, wenn Jahresabschluss und Lagebericht nach § 53 Abs. 2 S. 1 GenG eigens zu prüfen sind Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 220 f. 323 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (93); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 467; Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 79. 324 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (93). 325 Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (93). 326 Wie hier Beuthien / Schöpflin, GenG, § 59 Rn. 5; BerlKommGenG / Hillebrand, § 59 Rn. 11; Müller, GenG, Bd. 3, § 59 Rn. 4. A. A. Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 7; Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 226. 327 Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. 7. 2017, BGBl. 2017 I, S. 2434.

B. Umfang und Reichweite

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falls sich eine Genossenschaft von ihrem Förderzweck entfernt.“328 Entsprechendes muss für die Prüfungsverfolgung gelten, wodurch die im Prüfungsbericht festgehaltenen Prüfungsergebnisse ausgewertet werden. Zweitens wurde § 62 Abs. 3 S. 2 GenG eingefügt, wonach der Verband der BaFin eine Abschrift des Prüfungsberichts zur Verfügung stellen darf, sofern sich daraus Anhaltspunkte ergeben, dass die geprüfte eG keinen zulässigen Förderzweck, sondern verbotenes Investmentgeschäft verfolgt. Zwar hat der Gesetzgeber – wie der Wortlaut („ist berechtigt“) zeigt – auch hier grundsätzlich von einer Pflicht abgesehen, da „der Verband zunächst die vorhandenen Möglichkeiten nutzen sollte, damit die Genossenschaft die kritisierte Geschäftspolitik ändert“; allerdings kann sich im Einzelfall „aus den Gesamtumständen […] eine Pflicht“329 zur Information ergeben. b) Weisungsrecht? Fraglich ist weiter, ob der Prüfungsverband auf die prüfungsunterworfene eG zur Beseitigung der von ihm festgestellten Mängel nicht nur einwirken, sondern diese hierzu verbindlich anweisen kann – vor allem dann, wenn und weil Vorstand und Aufsichtsrat der eG untätig bleiben, obwohl der Prüfungsverband in der Generalversammlung auf die festgestellten Mängel hingewiesen hat. aa) Weisungsrecht des Prüfungsverbands Den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden steht nach allgemeiner Ansicht330 kein Weisungsrecht gegenüber den zu prüfenden Genossenschaften zu, da die Prüfungsverfolgung im Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der eG seine Grenze finde. Es obliege stets den Organen der eG, ob und welche Schlüsse sie aus den Prüfungsfeststellungen des Prüfungsverbands ziehen. (1) Kein gesetzliches Weisungsrecht Insoweit ist zu differenzieren: Zutreffend ist, dass der Prüfungsverband über kein gesetzliches Weisungsrecht verfügt, da sich ein solches aus den §§ 58 ff. GenG 328

BT-Drs. 18/11506, S. 31. BT-Drs. 18/11506, S. 32 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 330 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 89; Bergmann, ZfgG 2001, 217 (229); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 7; Großfeld, ZfgG 1984, 111 (114 f.); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 16, 34; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 53 Rn. 88; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (15 f.); Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 311; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12, § 60 Rn. 1. 329

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

nicht herleiten lässt.331 Der Gesetzgeber wollte den Prüfungsverbänden mit diesen durch die Novelle 1934 eingefügten Teilhabebefugnissen lediglich „entsprechende Handhaben gegenüber den Organen der Genossenschaft“ einräumen, um auf die „Beseitigung der festgestellten Mängeln hinzuwirken“332, nicht aber um diese mittels verbindlichen Weisungen einseitig erzwingen zu können. (2) Unwirksam: Statutarisches Weisungsrecht Wenig erörtert333 ist hingegen die Frage, ob sich die genossenschaftlichen Prüfungsverbände statutarisch ein Weisungsrecht zur Mängelbeseitigung einräumen können. Namentlich könnten sie sich entweder in der Verbandssatzung unmittelbar ein solches Weisungsrecht vorsehen oder mittelbar schaffen, indem sie Verbandsstrafen für den Fall vorsehen, dass die Genossenschaften die von ihnen festgestellten und gerügten Mängel nicht beseitigen. Derzeit verfügt (soweit ersichtlich) kein genossenschaftlicher Prüfungsverband in der BRD über eine entsprechende Satzungsbestimmung. Richtigerweise können sie sich ein solches Weisungsrecht weder unmittelbar noch mittelbar einräumen.334 Denn der Prüfungsverband darf nicht zum „besseren“ Genossenschaftsleiter335 werden und die prüfungsunterworfenen Genossenschaften „von außen“ leiten können. Andernfalls müsste er die zumindest teilweise von ihm selbst angewiesene Geschäftsführung der Genossenschaften unabhängig prüfen; dies ist mit der Funktion der externen genossenschaftlichen Pflichtprüfung unvereinbar336. Vor allem würde durch eine solche Prüfungsverfolgung „um jeden Preis“ die nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Autonomie der prüfungsunterworfenen eG, die nach § 54 S. 1 GenG Mitglied in einem Prüfungsverband sein muss, zusätzlich dadurch eingeschränkt werden, dass sie von diesem als „übergeordnete Aufsichts- und Befehlsstelle“337 fremdbestimmt geführt und geleitet werden könnte. Die vom Gesetzgeber vorgesehene semi-autonome „kollektive Selbstkontrolle“338 der Genossenschaften würde so in eine heteronome „unternehmenslenkende Außensteuerung“339 umschlagen. 331 Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 42; Götz, Verbundbildung, 1981, S. 164. 332 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 333 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12: „weithin ungeklärte Frage“. 334 Ebenso Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 28a: „Deshalb hat der Prüfungsverband keine irgendwie geartete Möglichkeit, seine Prüfungsergebnisse in Form von Anweisungen zur Geltung zu bringen“; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (20). 335 Großfeld / Rothe, NZG 1998, 877 (878): „Oberbuchhalter“. 336 Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 9. 337 Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 196. 338 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 339 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 5.

B. Umfang und Reichweite

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Da durch entsprechende Satzungsbestimmungen das Selbstverwaltungsrecht der Genossenschaften folglich nahezu vollständig ausgehöhlt werden könnte, sind sie unverhältnismäßig und nach § 134 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 1 GG nichtig.340 bb) Zumindest: Weisungsrecht der Generalversammlung? Da der genossenschaftliche Prüfungsverband somit nicht einseitig durchsetzen kann, dass die eG die von ihm festgestellten Mängel beseitigt, ist fraglich, ob zumindest die Generalversammlung den Vorstand der eG verbindlich zur Mängelbeseitigung anweisen kann. (1) Meinungsstand Eine Ansicht341 nimmt an, dass die Generalversammlung gegenüber dem Vorstand über ein entsprechendes Weisungsrecht verfügt. Dies folge aus § 60 Abs. 1 GenG, der eine umfassende gesetzliche Kompetenzzuweisung für jede den Prüfungsbericht behandelnde Generalversammlung begründe.342 Weiter wird auf den Wortlaut von § 60 Abs. 1 GenG verwiesen; insbesondere an dessen Ende heiße es eindeutig: „zwecks Beseitigung festgestellter Mängel […] beschlossen werden soll“.343 Dies könne nur von Bedeutung sein, wenn die Generalversammlung dazu berechtigt sei, über die Prüfungsfeststellung hinaus verbindliche Konsequenzen für den Vorstand zu beschließen.344 Demnach bestehe eine gesetzliche Kompetenz der Generalversammlung (bzw. der Vertreterversammlung), welche in die Leitungskompetenz des Vorstands nach § 27 Abs. 1 GenG eingreife.345 Die Gegenansicht346 lehnt eine entsprechende Beschlusskompetenz der Generalversammlung ab. Der Generalversammlung werde weder durch § 59 Abs. 1 GenG noch § 60 Abs. 1 GenG eine zusätzliche Beschlusszuständigkeit zugewiesen.347 Diese verfüge auch für Maßnahmen der Mängelbeseitigung nur über eine Beschlusskompetenz, soweit ihr diese nach der allgemeinen Kompetenzordnung 340

Wohl auch Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 2008, S. 227: „problematisch […] im Hinblick auf Art. 9 I GG“. 341 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 3, § 60 Rn. 4; Leißl, in: Althanns /  Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 59 Rn. 7; Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genos­senschaft, 1982, S. 210. 342 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 3; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 59 Rn. 7. 343 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 3. 344 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 3. 345 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 59 Rn. 3. 346 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 59 Rn. 2; Beuthien, DB 2000, 1161 (1163); wohl auch ­Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 59 Rn. 9. 347 Müller, GenG, Bd. 3, § 59 Rn. 3.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

zustehe.348 Die Generalversammlung könne etwa beschließen, Vorstandsmitglieder abzuberufen (§ 24 Abs. 2 S. 1 GenG), soweit diese Kompetenz nicht statutarisch dem Aufsichtsrat übertragen wurde.349 Auch könnten die Anstellungsverträge der Vorstandsmitglieder nicht verlängert werden.350 (2) Stellungnahme Der zuletzt genannten Ansicht ist zuzustimmen.351 Andernfalls würde man übersehen, dass § 60 Abs. 1 GenG durch die Novelle  1934 (erst) zu einer Zeit eingeführt wurde, zu der die Generalversammlung dem Vorstand generell und grundsätzlich (noch) bindende Einzelweisungen erteilen konnte.352 Sie konnte daher kraft ihres allgemeinen Weisungsrechts für den Vorstand bindende Maßnahmen zur Mängelbeseitigung beschließen.353 Folglich wollte der Gesetzgeber der Generalversammlung mit § 60 Abs. 1 GenG keine zusätzliche Beschlusskompetenz spezifisch für Maßnahmen der Mängelbeseitigung einräumen, sondern setzte die Kompetenz der Generalversammlung, dem Vorstand (Einzel-)Weisungen erteilen zu können, vielmehr voraus. Auch wollte der historische Gesetzgeber mit § 60 Abs. 1 GenG ausdrücklich nur eine „Einwirkungsmöglichkeit“354 für den Prüfungsverband schaffen, auf die Beseitigung der festgestellten Mängel hinzuwirken.355 Weiter kann die einfache Mitgliedermehrheit nach vorzugswürdiger herrschender Ansicht356 seit der Novelle 1973 die Geschäftsführung des Vorstands nicht mehr mittels verbindlicher Einzelweisungen beeinflussen. Das gilt a maiore ad minus für Maßnahmen der Mängelbeseitigung: Der Vorstand leitet die eG und das von ihr betriebene Genossenschaftsunternehmen nach § 27 Abs. 1 GenG unter eigener 348

Müller, GenG, Bd. 3, § 59 Rn. 3. Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 59 Rn. 9; Müller, GenG, Bd. 3, § 60 Rn. 3. 350 Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (10). 351 Ebenso Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 210 ff. 352 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 213. 353 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 311. 354 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76). 355 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 213. 356 Beuthien, ZfgG 1975, 180 (182); ders., Idee und Wirklichkeit, 2013, S. 137 (142); B ­ euthien, NZG 2022, 1323 (1325); Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 27 Rn. 7; Henssler /  Strohn GesR / Geibel, GenG, § 27 Rn. 5; Neumann, Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, 1982, S. 145; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 220; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 103. 349

B. Umfang und Reichweite

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Verantwortung und damit insgesamt „weisungsfrei“ – auch hinsichtlich der vom Prüfungsverband festgestellten Mängel. Lediglich bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern können die Mitglieder den Vorstand (wieder) statutarisch an die Weisungen der Generalversammlung binden (§ 27 Abs. 1 S. 3 GenG) – und sich so eine Beschlusskompetenz zur Mängelbeseitigung einräumen. Jedenfalls ist die Ansicht, die eine Beschlusskompetenz der Generalversammlung maßgeblich mit dem Wortlaut von § 60 Abs. 1 GenG begründen will, zwischenzeitlich überholt: Nicht nur wurde im Jahr 2006 die Überschrift von § 60 GenG zu „Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes“ neu gefasst.357 Vielmehr wurde durch die Novelle 2017 in § 60 Abs. 1 GenG das Wort „Beschlussfassung“ durch das Wort „Beratung“ ersetzt. Mithin kann die Generalversammlung zwar über Maßnahmen zur Beseitigung der im Prüfungsbericht festgestellten Mängel beraten und solche beschließen.358 Diese sind für den Vorstand der eG allerdings nicht verbindlich. c) Ultima ratio: Verbandsausschluss Trotz fehlender ausdrücklicher Regelung im GenG kann die eG vom – in aller Regel als e. V. verfassten (§ 63b Abs. 1 S. 1 GenG)359 – Prüfungsverband aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden.360 Ein Ausschluss ist somit insbesondere möglich, wenn sie die vom Prüfungsverband beanstandeten Prüfungsmängel nicht beseitigt.361 Vielfach sehen die Satzungen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ausdrücklich als Ausschlussgrund vor, dass die eG die durch die Prüfung festgestellten Mängel auf Aufforderung des genossenschaftlichen Prüfungsverbands nicht beseitigt.362

357 Wittenberg, Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht, 2013, S. 213. 358 So auch ausdrücklich BT-Drs. 18/11506, S. 32. 359 Näher zur Rechtsform des Prüfungsverbands Zweiter Teil C. II. 360 Müller, GenG, Bd. 3, § 54a Rn. 4d; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 302. 361 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 302, 311; Holthaus, NZG 2019, 54 (56). 362 Vgl. § 8 Nr. 1 c) der Satzung des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands e. V. in der Fassung vom 3. 11. 2020, https://www.wir-leben-genossenschaft.de/files/Satzung_2020_ final.pdf [31. 7. 2023]; § 8 1) Nr. 3 der Satzung des Prüfungsverbands der kleinen und mittelständischen Genossenschaften e. V. in der Fassung vom 7. 9. 2018, https://www.pruefungsverband. de/fileadmin/user_upload/Pdfs/2018-11-28_Satzung_PkmG.pdf [31. 7. 2023]; § 9 (1) Nr. 4 der Satzung des Genossenschaftsverbands  – Verband der Regionen e. V. in der Fassung vom 15. 6. 2021, https://www.genossenschaftsverband.de/site/assets/files/29239/gv_satzung_ aktualisierung_210615.pdf [31. 7. 2023]; § 11 (1) b) der Satzung des Genossenschaftsverbands Weser-Ems e. V. in der Fassung vom 8. 9. 2021, https://www.gvweser-ems.de/DE/images/wirueber-uns/Satzung-des-Verbandes_Fassung-2021_FINAL.pdf [31. 7. 2023].

186

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Allerdings ist der Verbandsausschluss aufgrund der drohenden registerrecht­ lichen Auflösung nach § 54a Abs. 2 GenG363 und den damit für die eG weitreichenden Folgen immer nur ultima ratio364 – auch als Instrument der Prüfungsverfolgung. Der Prüfungsverband muss der auszuschließenden eG zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme gewähren, weshalb sie die festgestellten Mängel nicht behebt.365 Richtigerweise sah der Referentenentwurf von 1962 daher vor, dass eine eG nur aus dem Prüfungsverband ausgeschlossen werden kann, wenn sie „wesentlichen Beanstandungen im Prüfungsbericht trotz Abmahnung nicht Rechnung getragen hat.“366 Weiter muss er vorrangig mittels der ihm nach den §§ 58 ff. GenG zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten die Organe und Mitglieder informieren und darauf hinwirken, dass die eG die von ihm gerügten Mängel beseitigt.367 Schließlich kann der Prüfungsverband die eG nur ausschließen, wenn die im Prüfungsbericht ausdrücklich genannten, gravierenden Mängel nicht beseitigt werden.368 Solche Mängel sind insbesondere bei schwerwiegenden Förderzweckverstößen anzunehmen.369 Der Verbandsausschluss kommt damit als Instrument der Prüfungsverfolgung „als letztes und wirksamstes Mittel“370 in aller Regel zwar nur ausnahmsweise in Betracht. Dieser Befund ist allerdings so zwingend wie richtig: Wäre ein Verbandsausschluss immer schon möglich, wenn die eG vom Prüfungsverband festgestellte Mängel nicht beseitigt, könnten die genossenschaftlichen Prüfungsverbände androhen, die eG auszuschließen und sie dadurch zur Beseitigung faktisch zwingen. Damit könnten sie die Geschäftsführung der prüfungsunterworfenen eG beeinflussen und eine „unternehmenslenkende Außensteuerung“371 werden. Die letzte Verantwortung für die Geschäftspolitik und deren Folgen muss stets bei den Organen der eG verbleiben.372

363

Kritisch insoweit Zweiter Teil  C. I. 2. b) ff). Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54a Rn. 3; BerlKommGenG / Hillebrand, § 54a Rn.  4; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54a Rn. 3; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 311; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 5; Götz, Verbundbildung, 1981, S. 169: „existenzbedrohende Waffe“. 365 Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 54a Rn. 12. 366 § 142 Abs. 1 Nr. 2 des Referentenentwurf von 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 (395) [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 367 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 5. 368 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 5. 369 Götz, Verbundbildung, 1981, S. 166. 370 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 311. 371 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 5. 372 Letschert, in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (140). 364

B. Umfang und Reichweite

187

3. Weitergehende Befugnisse de lege ferenda? De lege lata stellt es für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände regelmäßig das „schärfste Schwert“373 dar, den Prüfungsbericht und insbesondere die Teile, in denen die Geschäftsführung des Vorstands ausdrücklich gerügt wird, in der Generalversammlung nach § 59 Abs. 3 Hs. 2 GenG verlesen zu lassen. Eine strengere Prüfungsverfolgung kennt demgegenüber das österreichische Genossenschaftsrecht: Danach haben die Genossenschaften selbst geeignete Maßnahmen einzuleiten, um die im Prüfungsbericht angeführten Mängel zu beseitigen und dem Prüfer darüber zu berichten (§ 8 Abs. 1 öGenRevG). Daraus folgt für den Vorstand die Amtspflicht, für die tatsächliche Mängelbeseitigung zu sorgen.374 Diese kann der Prüfungsverband zwar (ebenfalls) nicht unmittelbar durchsetzen. Allerdings wird auf die Genossenschaften bzw. den Vorstand mittelbar dadurch Druck ausgeübt, dass der Prüfungsverband bzw. der Prüfer nach dem erfolglosen Ablauf einer angemessenen Nachfrist dazu verpflichtet sind, einen Bericht über die Mängel zum Firmenbuch einzureichen (§ 8 Abs. 1 öGenRevG). Diese stärkere Prüfungsverfolgung wird für das deutsche Genossenschaftsrecht teilweise für bedenkenswert gehalten.375 Fraglich ist daher, ob es im deutschen Genossenschaftsrecht de lege ferenda weitergehender Befugnisse der Prüfungsverbände zur Prüfungsverfolgung bedarf. Das ist zu verneinen. Zutreffend ist zwar, dass die Regelungen des österreichischen Genossenschaftsrechts die Autonomie der Genossenschaften nicht übermäßig einschränken und eine starke Prüfungsverfolgung vor allem für die Genossenschaftsgläubiger zentral ist, da die eG eine strukturell haftungsschwache Rechtsform ist.376 Allerdings ist sowohl die Geschäftsführung des Vorstands377 als auch die Überwachung durch den Aufsichtsrat378 förderzweckbezogen. Sofern der Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht Förderzweckverstöße feststellt, sind somit die Vorstandsmitglieder der eG bereits de lege lata dazu verpflichtet, diese Mängel schnellstmöglich zu beseitigen; ebenso müssen die Aufsichtsratsmitglieder auf die Beseitigung der festgestellten Förderzweckverstöße hinwirken und diese überwachen. Weiter kann der Prüfungsverband nach den in den §§ 58 ff. GenG vorgesehenen Befugnissen eine ausreichende Mitgliederöffentlichkeit erzeugen und den Vorstand dadurch (mittelbar) zu einer mitgliedernützlichen und für die Gläubiger risikoarmen Fördergeschäftspolitik anhalten.379 Schließlich dürften die Gläubiger einer eG vor Vertragsschluss kaum das Genossenschaftsregister einsehen

373

Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 394. Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (10). 375 So Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (10); Beuthien, DB 2000, 1161 (1163). 376 So Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (10). 377 Beuthien / Beuthien, GenG, § 34 Rn. 9. 378 Beuthien / Beuthien, GenG, § 38 Rn. 5. 379 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 467 f. 374

188

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

und prüfen, ob sich dort Eintragungen zu Prüfungsmängeln finden; für gesetzlich begründete Schuldverhältnisse wäre der Schutzmechanismus ohnehin belanglos. Mithin bedarf es künftig keiner weitergehenden Prüfungsverfolgungsinstrumente im deutschen Genossenschaftsrecht.380 Entscheidend ist vielmehr, dass die Prüfungsverbände die ihnen schon derzeit gesetzlich eingeräumten Befugnisse tatsächlich effektiv(er) ausüben, den Aufsichtsrat und die Mitglieder der eG über festgestellte Mängel informieren und diese so zum „Selbstschutz“ anhalten. Hieran fehlt es in der Praxis vielfach: So wird etwa nur ganz selten der Prüfungsbericht ganz oder teilweise verlesen381 oder eine außerordentliche Generalversammlung einberufen382, obwohl es sich bei der zuletzt genannten Möglichkeit um einen wichtigen Akt der Prüfungsverfolgung handelt383.

IV. Gründungsprüfung Die fortlaufende materielle Pflichtprüfung der eG durch einen Prüfungsverband nach §§ 53 ff. GenG schlägt auf das genossenschaftliche Gründungsverfahren durch: Der Vorstand jeder neu gegründeten Genossenschaft muss der Anmeldung zum Genossenschaftsregister (seit 1934) eine „Bescheinigung eines Prüfungsverbandes, dass die Genossenschaft zum Beitritt zugelassen ist“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 GenG), und (seit 1973) „eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG), beifügen. Das Registergericht hat anschließend nicht nur die formellen Eintragungsvoraussetzungen (§ 11a Abs. 1 GenG) zu überprüfen, sondern ist zusätzlich zu einer materiellen Prüfung (§ 11a Abs. 2 GenG) verpflichtet.

380 Ebenso Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 46; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (19); Schneider, Reformreferate III, 1959, S. 125 (149). 381 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 59 Rn. 12. 382 Schneider, Reformreferate III, 1959, S. 125 (148). 383 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 60 Rn. 1; Holtz, BlfG 1934, 742 (744). Siehe ferner die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76): „Bedeutsam ist vor allem die Möglichkeit für den Prüfungsverband, eine außerordentliche Generalversammlung zwecks Beschlußfassung über die Beseitigung festgestellter Mängel einzuberufen“.

B. Umfang und Reichweite

189

1. Meinungsstand Die genossenschaftliche Gründungsprüfung nach §§ 11, 11a GenG wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert.384 Besonders umstritten ist sie für kleine Genossenschaften.385 a) Herrschende Ansicht In der Literatur386 wird die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG) und die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts (§ 11a Abs. 2 GenG) überwiegend damit gerechtfertigt, dass die Mitglieder und Gläubiger der künftigen eG vor unredlichen oder riskanten Gründungsvorhaben zu schützen seien. Zum einen müssten die wirtschaftlich schwachen Mitglieder der eG davor bewahrt werden, durch die Mitgliedschaft in der künftigen eG in noch größere Not zu geraten.387 Die Mitglieder der eG, welche rechtsformspezifisch den Vorstand und Aufsichtsrat besetzen, seien hinsichtlich des gemeinschaftlich betriebenen Genossenschaftsbetriebs „ungeschulte Laien“388, weshalb an der strengen Gründungsprüfung festgehalten werden solle. Diese fungiere als ein „präventives Schutzsystem für die ‚Laien-Veranstaltung‘ Genossenschaft“389. Zum anderen sei die genossenschaftliche Gründungsprüfung notwendiger Ausgleich dafür, dass die eG weder über ein bestimmtes Mindesthaftkapital noch über persönlich haftende Mitglieder verfüge.390 Zum Schutz der Genossenschaftsgläubiger müssten somit die wirtschaftlichen Verhältnisse gegründeter Genossenschaften umfassend geprüft werden.391

384

Vgl. nur die gegenteiligen Plädoyers von Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233; ferner Peemöller, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 31 (50): „sehr kontrovers“. 385 Siehe nur Bartke, ZfgG 2016, 144 (145); ders., ZRP 2015, 110 (111); Schaffland, ZfgG 2001, 208 (211). 386 Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 11 Rn. 10, § 11a Rn. 17; v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (11); Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (235 f.); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 14, § 11a Rn. 4; Ott, ZfgG 2010, 113 (116); Rheinberg, ZfgG 1987, 38 (53 f.): „wohlerrichtete Hürden […], um vom Ansatz her verfehlte Initiativen […] nicht zur Eintragung und damit Rechtsfähigkeit als eG kommen zu lassen“; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 90, 92; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 162. 387 Selchert, ZfgG 1980, 93 (98). 388 Jäger, Ist das deutsche Genossenschaftsgesetz noch zeitgemäß?, 2001, S. 21. 389 Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (236). 390 Aschermann, ZfgG 1987, 297 (302); Bömcke, ZfgG 1956, 231 (237); Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (210): „Korrelat zu den Vorschriften über ein Mindestkapital“; Steding, ZfgG 2000, 49 (53). 391 Selchert, ZfgG 1980, 93 (98).

190

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Obwohl die Gründungsprüfung durch das Registergericht nach § 11a Abs. 2 GenG durch die Novelle 1973 eingefügt wurde, lässt sich in der dazugehörigen Gesetzesbegründung keine (eindeutige) Begründung dafür finden392. Erst bei der Novelle 2006 begründete der Gesetzgeber diese damit, „dass das Gesetz für die Genossenschaft kein Mindesteigenkapital vorschreibt und zudem die Mitglieder nicht unmittelbar für Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften, was ein erhöhtes Gefährdungspotential für den Rechtsverkehr bedeutet.“393 Diese Begründung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen: Angesichts der nur wenig gläubigerschützenden Mindesthaftkapitalsummen für Kapitalgesellschaften sei sie wenig überzeugend, jedenfalls dann nicht, wenn eine eG ein vergleichbares statutarisches Mindesthaftkapital nach § 8a GenG aufbringe.394 Vielmehr lassen sich die §§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 2 GenG nur als Vorwirkung der besonders weitreichenden genossenschaftlichen Betreuungsprüfung erklären und rechtfertigen.395 b) Gegenansichten Demgegenüber sehen Teile der Literatur396 die genossenschaftliche Gründungsprüfung übereinstimmend kritisch, vor allem für kleine Vorhaben. Auch von Vertretern der Praxis wird sie als besonders zeit- und kostenintensiv bezeichnet397; ihre Kosten sollen regelmäßig zwischen 1.000 bis 3.000 Euro betragen398. Daher bilde sie eine Zugangsbarriere zur Rechtsform eG.399 Auch rechtsvergleichend sei das deutsche Gründungsprüfungssystem komplex sowie zeit- und kostenintensiv, während die vorbeugende Prüfung in vielen anderen europäischen Mitgliedstaaten weit einfacher gestaltet sei.400 Uneins ist man sich allerdings, ob die verpflichtende Gründungsprüfung der eG abgeschafft oder weiter beibehalten und (nur) begrenzt werden soll.

392

Ebenso Rittner, FS H. Westermann, 1974, S. 497 (498): „sehr unklar“. BT-Drs. 16/1025, S. 83. 394 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1; ähnlich Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11a Rn. 4. 395 So Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1. 396 Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (53 f.); Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (115 ff.); Schaffland, ZfgG 2001, 208 (211). 397 Holzner, ZfgG 2001, 98 (101); Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 321 f. m. w. N. 398 Bösche, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (108). 399 Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (14); Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (116). 400 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 263, 322; ders., ZfgG 2009, 285 (289). 393

B. Umfang und Reichweite

191

aa) Abschaffung Teilweise wird aus Gründen der Gleichbehandlung gefordert, die obligatorische Gründungsprüfung der eG abzuschaffen: Die Gründungsprüfung in ihrer heutigen Fassung diskriminiere die Rechtsform eG, trage wesentlich zur geringen Attraktivität der eG bei und sei mitursächlich für die geringe Anzahl von Neugründungen.401 Da allerdings die mit ihr verbundene Beratung hilfreich sei, solle an dieser festgehalten werden. Hierfür bedürfe es „aber nicht des gesetzlichen Zwanges sondern nur eines attraktiven Angebots, das von den neuen Genossenschaften im Rahmen ihrer genossenschaftlichen Selbstverantwortung angenommen werden kann.“402 Der Sache nach gefordert wird mithin keine obligatorische, sondern eine fakultative Gründungsprüfung der eG. Der Freie Ausschuss der deutschen Genossenschaftsverbände hatte vor der Novelle 2006 angeregt, § 11a GenG vollständig zu streichen, da neu gegründete Genossenschaften umfassend durch den Prüfungsverband geprüft würden, sodass auf die erneute Prüfung durch das Registergericht verzichtet werden könne.403 bb) Deregulierung Andere Teile der Literatur sprechen sich dafür aus, die gesetzlich verpflichtende Gründungsprüfung der eG zwar beizubehalten, wollen diese allerdings deregulieren. Namentlich soll die genossenschaftliche Gründungsprüfung in eine „Aufnahmeprüfung“404 für die Eintragung in das Genossenschaftsregister und die Aufnahme in den Prüfungsverband umfunktioniert werden. Für kleine Genossenschaften sei es denkbar, eine „Prä-Genossenschaft“ zu schaffen, bei der auf eine Gründungsprüfung ganz verzichtet werden könne, bis diese in den Status einer „Vollgenossenschaft“ hineinwachse oder auf deren Antrag zu einer solchen werde.405 Andere schlagen vor, den Umfang der Gründungsprüfung auf eine bloße „Plausibilitätsprüfung“ zu reduzieren. Da der Verband aufgrund seiner Erfahrung bei ähnlichen Genossenschaften vielfach aussagekräftige Vergleiche ziehen und dabei auf Fehleinschätzungen hinweisen könne, müsse diese nicht als „Vor-OrtPrüfung“ ausgestaltet sein.406

401

Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (115) sprechen von „einer klaren Diskriminierung der Genossenschaft“; Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (241): „Die Gründungsprüfung in ihrer heutigen Form diskriminiert die Rechtsform Genossenschaft“. 402 So Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (242). 403 Vgl. Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 11a Rn. 3. 404 Harbrecht, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 18 (54). 405 Harbrecht, Die Genossenschaft als Rechtsform für junge Unternehmen, 2001, S. 28. 406 Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (117).

192

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

cc) Kostensenkung Schließlich will man die verpflichtende Gründungsprüfung der eG beibehalten, jedoch deren Kosten reduzieren. Teils will man die anfallenden Kosten über Existenzgründerprogramme erstatten lassen.407 Mit der gleichen Absicht wurde weiter vorgeschlagen, die Kosten der Gründungsprüfung für kleine Genossenschaften über eine Umlage auf Altgenossenschaften quersubventionieren zu lassen.408 2. Stellungnahme Bevor die genossenschaftliche Gründungsprüfung untersucht werden kann, muss zunächst der genossenschaftsspezifische Untersuchungsgegenstand bestimmt werden. a) Genossenschaftsspezifisch: Materielle registergerichtliche Gründungsprüfung Von vornherein keine genossenschaftsspezifische Relevanz hat § 11a Abs. 1 GenG, wonach das Registergericht zu prüfen hat, ob die Genossenschaft ordnungsmäßig errichtet und angemeldet wurde. Eine solche registerrechtliche Prüfungspflicht bestimmt annähernd wortgleich § 38 Abs. 1 AktG, dem § 11a Abs. 1 GenG nachgebildet ist409 – und trotz fehlender ausdrücklicher Formulierung auch § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG410. Eine entsprechende registergerichtliche Prüfungspflicht besteht zudem für Vereine.411 Weiter wird in der Literatur vielfach angenommen, die eG unterliege einer doppelten Gründungsprüfung – der des Prüfungsverbands (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG) und der des Registergerichts (§ 11a GenG).412 Diese Ansicht ist jedenfalls heute überholt: Zwar wird sich das Registergericht bei seiner materiellen Gründungs 407

So Schaffland, ZfgG 2001, 208 (211). So Verein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens e. V., Vorschläge zur Veränderung des Genossenschaftsgesetzes, 2000, S. 3. 409 Ausdrücklich BT-Drs. 7/97, S. 19: „§ 11a Abs. 1 entspricht § 38 Abs. 1 AktG.“ 410 Vgl. nur MüKoGmbHG / Wicke, § 9c Rn. 1. Ausdrücklich noch § 9d Abs. 1 des Regierungsentwurfs zur Novelle 1980, BT-Drs. 8/3908, S. 12: „Das Gericht hat zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist.“ 411 Näher zum teilweise umstrittenen Umfang der Prüfung BeckOGK  /  Segna, Stand: 1. 12. 2022, BGB, § 21 Rn. 245 ff. 412 Bösche, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (106, 110 f.); Rheinberg, ZfgG 1987, 38 (42): „zwei Gründungsprüfungen durch zwei getrennte Prüfungsträger“; Selchert, ZfgG 1980, 93 (93); Jansen, ZfgG 2000, 56 (64); Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 284 ff. m. w. N. 408

B. Umfang und Reichweite

193

prüfung nach § 11a Abs. 2 GenG oft an der sachnäheren gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbands orientieren – und darf das auch, was der Gesetzgeber bei der Neufassung von § 11a Abs. 2 GenG im Jahr 2006 ausdrücklich betonte413. Das Registergericht kann die Eintragung seither vor allem dann ablehnen, wenn „auf Grund der gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbandes eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“ (§ 11a Abs. 2 S. 1 GenG). Gleichwohl ist das Registergericht an die Einschätzung des Prüfungsverbands nicht gebunden, da es eine „eigene Prüfungskompetenz“414 hat. Es ist damit „Herr der Gründungsprüfung“415. Auch hat der Gesetzgeber bei der Novelle  1973 von einer ausschließlich den Prüfungsverbänden zustehenden materiellen Gründungsprüfung – wie sie der Referentenentwurf 1962 vorsah416 – bewusst abgesehen, sondern die Entscheidungskompetenz durch den neu eingeführten § 11a Abs. 2 GenG den Registergerichten übertragen. Mithin unterliegt die eG einer materiellen Gründungsprüfung nach § 11a Abs. 2 GenG, dessen alleiniger Prüfungsträger das Registergericht ist.417 Dabei kommt der gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbands lediglich eine „registerrechtliche Hilfsfunktion“418 zu, wofür nicht zuletzt auch der Wortlaut von § 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG spricht: Dieser verlangt kein (verbindliches) Gründungsgutachten419, sondern zurückhaltender nur eine gutachtliche Äußerung eines Prüfungsverbands.420 Daraus folgt, dass Genossenschaften – entgegen weit verbreiteter Ansicht421 – vom Prüfungsverband auch dann aufschiebend bedingt422 zum Beitritt 413

BT-Drs. 16/1025, S. 83. So BT-Drs. 16/1025, S. 83. 415 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 2. 416 Der Referentenentwurf von 1962 (abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 ff.) wollte die Gründungsprüfung als verbandsautonome „Selbstgründungsprüfung“ ausgestalten: Danach sollte dem Prüfungsverband nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 eine ausschließlich materielle Prüfungskompetenz zukommen. Hingegen sollte dem Registergericht nach § 11 lediglich eine formale Prüfung obliegen, der die materielle Gründungsprüfung des Verbands vorgeschaltet war. 417 Aschermann, ZfgG 1987, 297 (301, 308); Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 31, 47, 102; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 284 ff., 358. 418 Beuthien, NZG 2021, 500 (501). 419 So aber Esser / Bösche, ZfgG  2011, 233 (233); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 14, § 11a Rn. 4. 420 Beuthien, NZG 2021, 500 (500). Vgl. ferner Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, § 11 Rn. 7: „gutachterliche Stellungnahme“. 421 Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 11 Rn. 12; ­Dietrich, Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, 1974, S. 41 ff.; Lang /  Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 16; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 70; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 299. Diese Ansicht als verfassungswidrig ablehnend Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 223 ff. 422 Beuthien, NZG 2021, 500 (501); Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 6; Barth, Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, 1964, S. 51. 414

194

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

zuzulassen sind, wenn er deren persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse negativ beurteilt. Hingegen darf die Aufnahme nicht nach pflichtgemäßem Ermessen abgelehnt werden.423 Andernfalls könnten die Prüfungsverbände die Entstehung der eG faktisch verhindern, da die Anmeldung mangels Beitrittsbescheinigung bereits formell nach § 11a Abs. 1 S. 2 GenG abzulehnen wäre424 – und so die letztverbindliche Prüfungskompetenz des Registergerichts unterlaufen.425 Zudem handelt es sich bei der Beitrittsbescheinigung und der gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands um zwei voneinander unabhängige Aspekte, was nicht nur der Wortlaut („sowie“) und die Systematik der §§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 2 GenG beweisen426, sondern auch deren historische Entstehung: Während die Beitrittsbescheinigung durch die Novelle 1934 eingeführt wurde, beruht die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands auf der Novelle 1973427. Festzuhalten ist nach alledem: Entscheidendes Genossenschaftsspezifikum und zugleich der Untersuchungsgegenstand ist die materielle Gründungsprüfung durch das Registergericht nach § 11a Abs. 2 GenG, welcher die eG als einzige Rechtsform exklusiv unterliegt. Weder die Gründungsprüfung der AG durch ihre Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder (§ 33 Abs. 1 AktG) noch die gegebenenfalls zusätzlich notwendige externe Prüfung durch sog. Gründungsprüfer (§ 33 Abs. 2 AktG) hat materiell die Lebensfähigkeit des Unternehmens oder die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gründer zu überprüfen.428 Auch die GmbH unterliegt keiner materiellen Gründungsprüfung.429 Lediglich bei vereinbarten Sacheinlagen muss das Registergericht nach § 9c Abs. 1 S. 2 GmbHG überprüfen, ob diese nicht unwesentlich überbewertet wurden. Schließlich ist dem geltenden Personengesellschaftsrecht eine materielle Gründungsprüfung grundsätzlich fremd.430 Zu klären ist demnach, weshalb sich die eG als einzige Rechtsform anlasslos der materiellen Gründungsprüfung durch das Registergericht nach § 11a Abs. 2 GenG erfolgreich unterziehen muss, um als eG rechtsfähig zu werden. Wer dem nicht folgen und weiterhin von einer „Doppelzuständigkeit“ von Prüfungsverband und Registergericht für die materielle Gründungsprüfung ausgehen will, muss entsprechend begründen,

423 Ebenso Aschermann, ZfgG 1987, 297 (305); Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (39); Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 6; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 8; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 358 ff. 424 So ausdrücklich BT-Drs. 7/97, S. 19. 425 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 6. 426 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11 Rn. 6. 427 Näher zur Entstehungsgeschichte der Gründungsprüfung Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (25 f.). 428 BGH vom 27. 2. 1975 – II ZR 111/72 – NJW 1975, 974 (976); Henssler / Strohn GesR /  Vetter / Schulenburg, AktG, § 34 Rn. 1. 429 Die Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts diskutierte obligatorische Gründungsprüfung der GmbH wurde vom Gesetzgeber abgelehnt, vgl. BT-Drs. 8/3908, S. 70. 430 Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 164.

B. Umfang und Reichweite

195

warum die eG zwei materielle Gründungsprüfungen bestehen muss – die (vorgelagerte) Gründungsprüfung des Prüfungsverbands und die (nachgelagerte) staatliche Gründungsprüfung des Registergerichts. b) Rechtfertigung Der Gesetzgeber hält zu Recht an der materiellen Gründungsprüfung der eG nach § 11a Abs. 2 GenG fest und hat diese weder durch die Novelle 2006 noch durch die Novelle 2017 abgeschafft oder dereguliert431 – auch nicht für kleine Genossenschaften432. Denn die materielle Gründungsprüfung durch das Registergericht ist als „Gefahrenabwehrprüfung“433 zum Schutz der Gläubiger und Mitglieder der künftigen eG gerechtfertigt, was auch im Wortlaut von § 11a Abs. 2 S. 1 GenG („Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft“) zum Ausdruck kommt. aa) Rechtsformsicherung? Entsprechend den Ausführungen zur fortlaufenden Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband434 lässt sich auch die materielle Gründungsprüfung nicht damit rechtfertigen, dass sie „zuvörderst der Rechtsformsicherung“435 diene. Vielmehr lässt sich diese (ebenfalls) nur mit schutzwürdigen Interessen von Gläubigern oder Mitgliedern rechtfertigen, sofern zu deren Gunsten neu gegründete Genossenschaften umfassend geprüft werden müssen. Zudem wäre (entsprechend) zu fragen, warum der Gesetzgeber exklusiv die besonders insolvenzfeste Rechtsform eG durch eine materielle Gründungsprüfung sichert, nicht aber andere Rechtsformen. bb) Mitgliederschutz Die materielle Gründungsprüfung der eG nach § 11a Abs. 2 GenG lässt sich heute nicht (mehr) als „präventives Schutzsystem für die ‚Laien-Veranstaltung‘ Genossenschaft“436 rechtfertigen, da ihre Mitglieder wirtschaftlich Schwache sind, die vor den Risiken einer Mitgliedschaft bewahrt werden müssten.437

431

Ebenso Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 169. A. A. Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (20 f.). 433 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 2; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 92. 434 Siehe dazu Erster Teil B. 435 So Beuthien, NZG 2021, 500 (500). 436 Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (236). 437 Ebenso Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 165; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 107 ff. 432

196

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Auch hier gilt: Die heutigen Genossenschaftsmitglieder und -gründer sind nicht rechtsformspezifisch wirtschaftlich Schwache.438 Vielmehr stammen diese aus allen Bevölkerungsschichten wie Berufsgruppen.439 Zudem werden die heutigen (Groß-)Genossenschaften nicht von „Laien“, sondern vielfach von (hoch-)qualifizierten Managern geführt, die meist ebenso qualifiziert sind wie die Prüfer des Prüfungsverbands.440 Die Genossenschaftsmitglieder und Vorstandsmitglieder sind folglich nicht (mehr) rechtsformspezifisch besonders unqualifiziert.441 Entgegen der Ansicht des BVerfG müssen die Mitglieder weiter nicht „vor den wirtschaftlichen Folgen des Eintritts einer möglichen Nachschuss- oder Haftungspflicht (§§ 22a, 23 GenG) geschützt“442 werden – auch nicht durch eine materielle Gründungsprüfung: Die Mitglieder der eG sind haftungsrechtlich nicht (mehr) spezifisch schutzwürdig, da sie den Gläubigern gegenüber nicht mit ihrem Privatvermögen persönlich für Genossenschaftsverbindlichkeiten haften – selbst die Nachschusspflicht im Insolvenzfall ist regelmäßig statutarisch vollständig ausgeschlossen (§ 6 Nr. 3 GenG).443 Dass die Mitglieder möglicherweise ihre Einlagen (Geschäftsguthaben) verlieren können, kann ebenfalls nicht als Begründung für die genossenschaftliche Gründungsprüfung dienen.444 Dieses Verlustrisiko ist rechtsformübergreifend jedem Gründungsvorhaben immanent und kann die genossenschaftsspezifische Gründungsprüfung daher nicht tragen. Festzuhalten ist folglich: Die heutigen Genossenschaftsmitglieder müssen nicht exklusiv durch eine paternalistisch motivierte „Betreuungsgründungsprüfung“ geschützt werden.445 Ob der Vorstand der künftigen eG zum Schutz der Mitglieder bereits durch die materielle Gründungsprüfung antizipiert förderwirtschaftlich diszipliniert werden muss, die Förderinteressen der Mitglieder zu verfolgen, oder zwischen den Mitgliedern und dem Vorstand einer neu gegründeten eG (noch) ein Vertrauensverhältnis besteht446, kann offenbleiben. Denn sowohl die (vorbereitende) gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 GenG447 als auch besonders die (letztentscheidende) Gründungsprüfung des Registergerichts nach § 11a Abs. 1

438

Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 165; Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 100 ff. 439 Laurinkari, in: ders. (Hrsg.), Genossenschaftswesen, 1990, S. 1 (7); wohl a. A. Beuthien, WM 2021, 1305 (1309) nach dem die eG „nach wie vor vorwiegend die Vereinigungsform der besonders schutzwürdigen kleinen Leute und des Mittelstandes“ sei. 440 Boettcher, BlfG 1969, 233 (237). 441 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 1b. 442 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 443 Im Einzelnen Blomeyer, ZfgG 1989, 102 (102 ff.). 444 So aber Althanns, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 11 Rn. 10. 445 Ebenso Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 141. 446 So Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (118). 447 Beuthien, NZG 2021, 500 (501); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 13. A. A. Müller, GenG, Bd. 1, § 11 Rn. 8.

B. Umfang und Reichweite

197

GenG448 stellen jedenfalls sicher, dass die künftige eG auf eine förderzweckkonforme Betätigung ausgerichtet ist. Um die Förderwirtschaftlichkeit des künftigen Vorhabens beurteilen zu können, kann sich die Gründungsprüfung des Registergerichts nicht auf eine rein formelle Kontrolle beschränken, sondern muss sich – als vorweggenommener Teil der umfassenden Förderwirtschaftsprüfung durch den Prüfungsverband – zusätzlich materiell auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Genossenschaftsunternehmens erstrecken. Die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts schützt folglich die Mitglieder der künftigen eG davor, bewusst oder unbewusst ein förderzweckwidriges Vorhaben mittels der förderzweckgebundenen eG zu initiieren. Denn die eG ist eine für förderzweckwidrige Betätigung strukturell ungeeignete Rechtsform, woraus für ihre Mitglieder (und Gläubiger) spezifische Gefahren resultieren.449 Daher sollte nicht nur der Prüfungsverband gesetzlich dazu verpflichtet werden, neben seiner gutachtlichen Äußerung künftig ausdrücklich zu prüfen, ob die zu gründende Genossenschaft ein mit § 1 Abs. 1 GenG zu vereinbarendes Ziel verfolgt.450 Vielmehr sollte diese Pflicht auch für das Registergericht bei dessen materieller Gründungsprüfung bestehen.451 Dabei kann sich das Registergericht an der Äußerung des Prüfungsverbands orientieren, ist aufgrund seiner eigenen und letztverbindlichen Entscheidungskompetenz auch insoweit allerdings nicht gebunden. Der Prüfungsverband muss somit auch solche Genossenschaften (aufschiebend bedingt) zum Beitritt zulassen, deren Ziele er für förderzweckwidrig hält.452 Andernfalls hindert er das Registergericht daran, letztverantwortlich über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit § 1 Abs. 1 GenG und damit über den Zugang zur Rechtsform eG zu entscheiden.

448

Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 3; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11a Rn. 2. 449 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 65. Zumindest erhebliche Bedenken daran, ob das Geschäftsmodell der „The Generation Forest eG“ (langfristig) ein mit § 1 Abs. 1 GenG zu vereinbarendes Ziel verfolgt, hätte der zuständige Prüfungsverband haben müssen, dazu Reichel, ZfgG 2022, 177 (190 ff.). 450 Dafür BR-Drs. 500/20, S. 1. Nunmehr auch BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 6, 7, https://www.bmj.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Eckpunkte/Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 451 Vgl. auch BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 6. 452 Daher verfehlt BR-Drs. 500/20, S. 1: „Liegt ein zulässiger Förderzweck gemäß § 1 GenG nicht vor, sollten die Prüfungsverbände bereits die Zulassung zum Beitritt ablehnen müssen mit der Folge, dass eine Eintragung gemäß §§ 11 Absatz 2 Nummer 3 Halbsatz 1, 11a Absatz 1 GenG abzulehnen wäre.“

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

cc) Gläubigerschutz Die obligatorische materielle Gründungsprüfung nach § 11a Abs. 2 GenG ist jedenfalls zum Schutz der Gläubiger der künftigen eG gerechtfertigt und geboten.453 Zwar lässt sie sich nicht damit begründen, dass „junge“ Genossenschaften für ihre Gläubiger besonders riskant sind und daher nur umfassend geprüft als eG rechtsfähig werden dürfen. Denn es ist rechtsformübergreifend festzustellen, dass die „Anlaufphase“ bei allen Gesellschaften kritisch ist.454 Wie gezeigt unterliegt dennoch keine andere Rechtsform einer vergleichbar umfassenden Gründungsprüfung. Die eG leidet jedoch rechtsformspezifisch an einem strukturellen Gläubigerschutzdefizit: Sie verfügt weder über ein gesetzliches Mindesthaftkapital noch über persönlich haftende Mitglieder. Die Nachschusspflicht ihrer Mitglieder im Insolvenzfall ist regelmäßig nicht nur beschränkt, sondern vollständig ausgeschlossen (§ 6 Nr. 3 GenG). Die gesellschaftsrechtliche Gläubigerschutzsystematik wurde vom Gesetzgeber durch die Einführung der UG auch nicht grundsätzlich aufgegeben.455 Aus der zwischenzeitlichen Zulassung der UG kann daher nicht gefolgert werden, dass auf die Gründungsprüfung von (kleinen) Genossenschaften verzichtet werden kann.456 Zusätzlich ist das (künftige) Genossenschaftsvermögen, welches nach § 2 GenG die alleinige Haftungsmasse bildet, zum Schutz der Gläubiger unzureichend.457 Diese strukturelle Kapitalschwäche wirkt sich besonders bei neu gegründeten Genossenschaften aus458: Ihr Eigenkapital besteht anfangs lediglich aus den Einzahlungen der Mitglieder auf deren Geschäftsanteil. Die daraus gebildeten Geschäftsguthaben sind meist verhältnismäßig niedrig.459 Insoweit besteht keine Pflicht zur Volleinzahlung, da die Satzung lediglich für mindestens ein Zehntel des Geschäftsanteils bestimmen muss, welche Beträge zu welchem Zeitpunkt eingezahlt werden müssen (§ 7 Nr. 1 GenG). Vor allem erwirtschaftet die eG ihr förderwirtschaftlich notwendiges Betriebskapital erst nach und nach im Fördergeschäftsverkehr mit ihren Mitgliedern.460 Da die wiederkehrende Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband erst nach einem Jahr bzw. zwei Jahren (§ 53 Abs. 1 GenG) einsetzt 453

Beuthien, EWS 2000, 534 (537). Im Jahr 2022 entfielen rund 57 % aller registrierten Unternehmensinsolvenzen auf solche Unternehmen, die bis zu zehn Jahre waren, Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 6 f. Ferner Schaffland, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 113 (116). 455 Siehe Erster Teil  D. I. 3. 456 A. A. Bösche, in: Bösche / Walz (Hrsg.), Wie viel Prüfung braucht der Verein – wie viel Prüfung verträgt die Genossenschaft?, 2005, S. 105 (110); Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (20 f.). 457 Abweichend Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, 1987, S. 130 grundsätzlich: „keine bewußt offengelassene, gewichtige Schwächen aufweisende Lücke“. 458 Beuthien, WM 1995, 1788 (1789): „typischerweise zu Beginn kapitalschwachen genossenschaftlichen Unternehmens“. 459 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4, 82. 460 Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 4; ders., NZG 2021, 500 (500). 454

B. Umfang und Reichweite

199

und erst dann die wirtschaftlichen Verhältnisse der eG geprüft werden, besteht für die Gläubiger der künftigen eG insoweit eine Schutzlücke. Diese muss durch die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts geschlossen werden, indem bereits vor Eintragung neben den Belangen der Mitglieder die der Gläubiger zu prüfen sind.461 Sie muss insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse der Genossenschaften überprüfen und dabei auf ausreichende Eigenkapitalausstattung achten, bevor die gegründete Genossenschaft eingetragen und damit rechtsfähig wird. Bezugspunkt der materiellen Gründungsprüfung bildet demnach die künftige eG, während Vorgeschäfte nur dann prüfungserheblich sind, soweit sie auf die künftige eG Rückschlüsse zulassen.462 Die genossenschaftliche Gründungsprüfung fungiert mithin als gläubigerschützendes Surrogat, da die Vorhaben umfassend auf eine förderzweckkonforme und für die Gläubiger risikoarme Konzeption überprüft werden – nicht nur formell, sondern im Rahmen einer antizipierten materiellen Förderwirtschaftsprüfung. Schließlich wurde die materielle Gründungsprüfung der eG nicht dadurch ungerechtfertigt, dass die Mitglieder seit der Novelle 2006 statutarisch ein Mindestkapital nach § 8a GenG bestimmen können.463 Denn dieses dient lediglich der Kapitalerhaltung und fungiert so als Anknüpfungspunkt für eine Ausschüttungssperre.464 Hingegen verpflichtet ein nach § 8a GenG statutarisch bestimmtes Mindestkapital nicht zur Kapitalaufbringung465 – insbesondere nicht in der kritischen „Anlaufphase“. Demgegenüber wird teilweise vertreten, dass das Registergericht bei der Anmeldung zu prüfen habe, ob das in der Satzung bestimmte Mindestkapital tatsächlich aufgebracht wurde.466 Werde die statutarisch bestimmte Mindestkapitalziffer nicht erreicht, müsse das Gericht die Eintragung ablehnen, da die Bestimmung eines „Mindestkapitals“ sonst irreführend wäre und § 8a GenG leerliefe.467 Die Mitglieder wären so in den Fällen des § 8a GenG faktisch gezwungen, das Mindestkapital bereits vor Eintragung aufzubringen.468 Diese Argumentation überzeugt nicht. Eine so zumindest mittelbar begründete Einzahlungspflicht widerspricht klar der Intention des Gesetzgebers, wonach nur ein Auszahlungsverbot des Auseinandersetzungsguthabens „zwingendes Merkmal des Mindestkapitals“469

461 Beuthien, NZG 2021, 500 (500); Schnorr v. Carolsfeld, ZfgG 1973, 7 (25); entsprechend für Kleinstgenossenschaften Beuthien, EWS 2000, 534 (537). 462 Beuthien, NZG 2021, 500 (500). 463 So aber Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (239); Helios, in: Helios / Gätsch / Strieder (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Genossenschaft, 2009, Einl. Rn. 7; wohl auch Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1; hingegen wie hier ders., NZG 2021, 500 (500). 464 Hirte, DStR 2007, 2166 (2173). 465 Beuthien / Beuthien, GenG, § 8a Rn. 1, 3; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 8a Rn. 3; BerlKommGenG / Keßler, § 8a Rn. 5. 466 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 8a Rn. 2, § 11a Rn. 3. 467 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 8a Rn. 2. 468 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 7 Rn. 3. 469 BT-Drs. 16/1025, S. 82.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

ist. Die gläubigerschützende Rechtfertigung der materiellen Gründungsprüfung nach § 11a Abs. 2 GenG entfiele zum einen (nur) dann, wenn die Genossenschaftsmitglieder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung ein mit den Kapitalgesellschaften vergleichbares Mindestkapital aufbringen und erhalten müssten.470 Zwar bestünde weiterhin die Gefahr, dass sich die geprüfte eG nachträglich als nicht (über-)lebensfähig erweist. Das ist jedoch kein genossenschaftsspezifisches Risiko, sondern jeder neu gegründeten Gesellschaft immanent.471 Zum anderen wäre die materielle Gründungsprüfung nicht mehr mit dem Schutz der Gläubiger zu rechtfertigen, wenn die Genossenschaftsmitglieder (wieder) für Gesellschaftsverbindlichkeiten den Gläubigern gegenüber unmittelbar persönlich haften. c) Fazit: Präventive Gefahrenabwehrprüfung Durch die Gründungsprüfung nach § 11a Abs. 2 GenG wird die eG im Vergleich zu anderen Rechtsformen zwar ungleich behandelt.472 Hierfür bestehen allerdings sachliche Gründe: Die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts ist als vorbeugende „Gefahrenabwehrprüfung“473 zum Schutz der Gläubiger und Mitglieder der künftigen eG gerechtfertigt. Die materielle Gründungsprüfung fungiert somit insoweit als Vorstufe der fortlaufenden Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband, indem sie diese auf die zu gründende Genossenschaft erstreckt.474 Die hier vertretene Auffassung, wonach die zwingende Gründungsprüfung jeder eG gerechtfertigt und weiterhin beizubehalten ist, stimmt mit empirischen Befragungen grundsätzlich überein: Nach dem Endbericht der Studie „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“ von 2015 lehnen es knapp 70 % der (selbst-)betroffenen Befragten ab, die verpflichtende Gründungsprüfung abzuschaffen.475

470 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 323. 471 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 324. 472 Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (115) sprechen von „einer klaren Diskriminierung der Genossenschaft“; ferner Esser / Bösche, ZfgG 2011, 233 (241): „Die Gründungsprüfung in ihrer heutigen Form diskriminiert die Rechtsform Genossenschaft“. 473 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 2. 474 Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1; Jansen, ZfgG 2000, 56 (69). 475 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 177 f., 206, 233, 291, 316.

B. Umfang und Reichweite

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3. Weitere Entlastung und Beschleunigung Dass es in der Praxis zu Verzögerungen im Einzelfall bei der genossenschaftlichen Gründungsprüfung kommt, lässt sich nicht abstreiten.476 Jedoch vermögen diese tatsächlichen Schwierigkeiten grundsätzlich nicht, die rechtliche Konzeption der genossenschaftlichen Gründungsprüfung in Frage zu stellen. Entsprechend können diese nicht dadurch gelöst werden, dass man die obligatorische Gründungsprüfung abschafft oder dereguliert, sondern müssen primär in der praktischen Durchführung entsprechend berücksichtigt werden. Hierbei muss die Gründungsprüfung insbesondere für kleine Vorhaben weiter beschleunigt und vereinfacht werden.477 a) Bereits de lege lata: Gesetzliche Erleichterungen Diesem berechtigten Anliegen tragen zum einen die Genossenschaftsverbände selbst Rechnung, die neu gegründete kleine Genossenschaften gezielt entlasten wollen, indem teils günstige Pauschalpreise angeboten werden, die Gründungsprüfung kostenlos durchgeführt wird oder die anfallenden Kosten langfristig gestundet werden.478 Zum anderen hat es der Gesetzgeber bereits mehrfach berücksichtigt: Namentlich ergänzte er § 11a GenG durch das Handelsrechtsreformgesetz479 im Jahr 1998 in Anlehnung an die § 38 Abs. 3 AktG, § 9c Abs. 2 GmbHG um einen neuen Absatz 3, der die Inhaltskontrolle der Satzung durch das Registergericht beschränken und so das registerrechtliche Eintragungsverfahren beschleunigen soll.480 Weiter wurde § 11a Abs. 2 GenG in Anlehnung an § 38 Abs. 2 AktG durch die Novelle 2006 neu gefasst, um prozessökonomische Erleichterungen zu erreichen: S. 1 nimmt nun ausdrücklich Bezug auf die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands. Trotz eigener Prüfungskompetenz des Registergerichts kann dessen Prüfung daran ansetzen, „da die vorausgegangene Prüfung des Prüfungsverbandes eine ausreichende Gewähr für Gewissenhaftigkeit und Objektivität bietet“481. Gleiches gilt nach dem neu eingeführten S. 2, soweit Sacheinlagen als Einzahlungen geleistet werden dürfen. Nicht zuletzt ist fraglich, ob die Deregulierung der genossenschaftlichen Gründungsprüfung tatsächlich zu einer Kostensenkung führen würde.482 476

Holzner, ZfgG 2001, 98 (100), der darüber berichtet, dass das Gründungsgutachten des Prüfungsverbands bei der SOFTWARE RING eG mehr als fünf Monate in Anspruch nahm; Peemöller / Weller, ZfgG 2001, 107 (117). 477 Ähnlich Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 169; Heß, Die Europä­ ische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 323. 478 Vgl. BT-Drs. 17/10654, S. 8; BT-Drs. 18/11506, S. 17. 479 BGBl. 1998 I, S. 1474. 480 Zur zuvor geltenden Rechtslage, wonach jeder Verstoß der Satzung gegen das GenG zwingend zur Ablehnung der Anmeldung führte Hornung, Rpfleger 1978, 46. 481 BT-Drs. 16/1025, S. 83. 482 Berechtigterweise weist Pistorius, DStR 2006, 278 (280) darauf hin, dass eine Reduktion des Prüfungsumfangs nicht nur dazu führen dürfte, dass die Prüfungskosten sinken, sondern zugleich zu schlechteren Konditonen für die Genossenschaften bei der Fremdkapitalbeschaffung; ferner Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (150).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

b) Reformvorschlag: Entscheidungsfrist Einen weiteren Anstoß zur Beschleunigung des genossenschaftlichen Gründungsverfahrens de lege ferenda liefert das österreichische Genossenschaftsrecht. Dort können (zu gründende) Genossenschaften unter engen Voraussetzungen gerichtlich von der Verbandspflicht befreit werden, wenn nach einer begründeten Wirtschaftlichkeitsprognose sowie auf Grund der persönlichen Verhältnisse der Vorstandsmitglieder zu erwarten ist, dass sie ihren Förderzweck dauerhaft erfüllen (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 öGenRevG). Hervorzuheben ist, dass es nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 b) öGenRevG der Ablehnung des Aufnahmeantrags gleichsteht, wenn der Prüfungsverband über diesen nicht binnen acht Wochen entscheidet. Daher sind die Prüfungsverbände einem zeitlichen Druck ausgesetzt, sofern sie verhindern wollen, dass verbandsfreie Genossenschaften entstehen.483 In Anlehnung daran ist für das deutsche Genossenschaftsrecht de lege ferenda eine Frist einzuführen, innerhalb der grundsätzlich die Beitrittsbescheinigung und gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG vorliegen und das Registergericht nach § 11a GenG entscheiden muss.484 Liegt innerhalb dieser Frist keine Beitrittsbescheinigung und / oder gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands vor, werden diese jeweils fingiert. Lehnt das Registergericht innerhalb einer bestimmten Frist485 nicht die Eintragung der Genossenschaft nach § 11a GenG ab, muss diese in das Genossenschaftsregister eingetragen werden.

C. Organisation Zentral ist die Organisation des genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystems. Hierbei ist zunächst die organisationsrechtliche Frage schlechthin zu erörtern: die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband nach § 54 S. 1 GenG. Anschließend werden die Rechtsform und die Aufgaben der genossenschaftlichen Prüfungsverbände näher untersucht. Schließlich wird auf die Verbandsstruktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände eingegangen, vor allem auf die Frage, wie die Organe der genossenschaftlichen Prüfungsverbände besetzt sind – und werden sollten.

483

Beuthien / Klose, DB Beil. 15 1998, 1 (11). Für eine entsprechende Frist für die Eintragung durch das Registergericht nunmehr auch BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 6, https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Eckpunkte/ Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 485 Für eine dreimonatige Entscheidungsfrist des Registergerichts Beuthien / Beuthien, GenG, § 11a Rn. 1. 484

C. Organisation

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I. Pflichtmitgliedschaft Dass die förderzweckgebundene eG zugunsten der Förderinteressen ihrer Mitglieder und als strukturell haftungsschwache Rechtsform zum Schutz ihrer Gläubiger einer umfassenden regelmäßigen Pflichtprüfung unterliegen muss, bedeutet nicht, dass es zugleich einer gesetzlich vorgeschriebenen Mitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband bedarf.486 Vielmehr betrifft die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nach § 54 S. 1 GenG die Ausgestaltung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung und ist damit eine von der Pflichtprüfung strikt zu trennende Frage.487 1. Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 1 GG Die Frage, ob sich die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG mit Art. 9 Abs. 1 GG vereinbaren lässt, wird seit Jahrzehnten intensiv diskutiert.488 Sie wurde bereits während der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts anlässlich der geplanten Reform des Genossenschaftsrechts erörtert.489 Nach dem daraufhin vom Bundesjustizministerium erstellten, allerdings nie umgesetzten Referentenentwurf von 1962 sollte die Verbandsmitgliedschaft aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nur noch Voraussetzung dafür sein, dass eine neu gegründete Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen werden kann.490 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit wurde in der Literatur danach weiter diskutiert – in Deutschland491, bei ähnlicher Rechtslage auch in Österreich492. Schließlich ist die Diskussion wieder in den Vordergrund getreten, nachdem das BVerfG im Jahr 2001493 anlässlich der Verfassungsbeschwerde einer Kredit­ 486

Ebenso Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (118); ders., Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 487 A. A. Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 33: „zu einer unlösbaren Einheit verbunden“; Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239): „Anschlußund Prüfungszwang sind vielmehr untrennbar miteinander verbunden“. 488 Nicklisch, BB 1979, 1153: „häufig behandelte Frage“; Steding, NZG 1999, 140 (142): „Dauerthema“. 489 Vgl. Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239); v.  Caemmerer, Reformreferate  III, 1959, S. 7; ­Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23; Wulf, WPg 1956, 297; ders., WPg 1956, 326. 490 Näher Paulick, ZfgG 1963, 1 (4, 9); Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 75: „Anfangspflichtmitgliedschaft“. 491 Vgl. Dietrich, Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, 1974, S. 232 ff.; Nicklisch, BB 1979, 1153 (1154 ff.); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 87 ff.; Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 155 ff. 492 Zur Verfassungsmäßigkeit des relativen Verbandszwangs einerseits Bauerreiss, GesRZ 1976, 70 (76): „schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken“; andererseits Melichar, FS Weber, 1986, S. 112 (126): „verfassungsrechtlich unbedenklich“. 493 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

genossenschaft über die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft zu entscheiden hatte.494 a) Meinungsstand Ob sich die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband nach § 54 GenG mit Art. 9 Abs. 1 GG vereinbaren lässt, ist umstritten. aa) Herrschende Ansicht: Verfassungskonformität Nach Ansicht des BVerfG495 und der herrschenden Lehre496 ist die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG mit Art. 9 Abs. 1 GenG zu vereinbaren. (1) Auffassung des BVerfG Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde einer Kreditgenossenschaft durch den Kammerbeschluss vom 19. 1. 2001497 nicht zur Entscheidung an. Die Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband sei „verfassungsrechtlich unbedenklich“498, selbst wenn man unterstelle, dass die negative Vereinigungsfreiheit der eG berührt werde: Diese sei „eine aus sachlichen Gründen erforderliche Ausgestaltung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit, die einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Recht auf freie Assoziation und den schutzbedürftigen Rechten Dritter schafft“499 und verstoße ferner nicht gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG. Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem diene dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder, der Gläubiger und der Allgemeinheit. Die Pflichtmitgliedschaft sei auch geeignet und erforderlich, da sich diese Zwecke bei freier Prüferwahl nicht gleich effektiv erreichen ließen.500

494

Zu den Hintergründen etwa Sachs, JuS 2002, 79 (79 f.); Steding, NJ 2001, 355 (355 f.). BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617. 496 Beuthien, WM 1995, 1788; v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (11); Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 32 ff., 51 ff.; Klein, Rechtsgutachten, 1957, passim; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 87 ff.; Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6b; Paulick, ZfgG 1963, 1 (19 f.); ­Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (62 ff., 67 f.); Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (228, 236). 497 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617. Näher zur Vorgeschichte Sachs, JuS 2002, 79; Steding, DZWir 1997, 257. 498 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2617). 499 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). 500 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618 f.). 495

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Dieser Entscheidung des BVerfG stimmen große Teile der Literatur501 zu, während sie vereinzelt auf Kritik gestoßen ist502. Das neuere Schrifttum beruft sich häufig auf die Entscheidung und Begründung des BVerfG.503 (2) Begründungen in der Literatur In der Literatur wird die Verfassungskonformität teilweise damit begründet, dass die Pflichtmitgliedschaft zwar in die negative Vereinigungsfreiheit der eG nach Art. 9 Abs. 1 GG eingreife, sich allerdings damit rechtfertigen lasse, dass die Mitglieder der eG weder ein bestimmtes Mindesthaftkapital aufbringen müssen noch für Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich haften, sondern ihre Nachschusspflicht im Insolvenzfall statutarisch ausschließen könnten.504 Marcus hat die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft eingehend untersucht und kam dabei zum Ergebnis, § 54 GenG sei „eine zulässige Ausgestaltung des Freiheitsrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG durch den Gesetzgeber“ und stelle „daher keinen Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit der einzelnen Genossenschaft dar.“505 Eine besondere Auffassung vertritt Beuthien506, der die Pflichtmitgliedschaft der eG ebenfalls für verfassungskonform hält, dies aber abweichend begründet. Er hält die nach §§ 54, 55 Abs. 1 S. 1 GenG verpflichtende Verbandsmitgliedschaft für eine „besondere Rechtsformvoraussetzung der eG“507: Da die eG erst nach Zulassung zum Beitritt (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 GenG) durch Eintragung in das Genossenschaftsregister rechtsfähig werde, sei sie zum Entstehungszeitpunkt bereits Mitglied im Prüfungsverband, sodass keine verbandsfreie eG zum Beitritt genötigt werde. Folglich könne der Schutzbereich der negativen Vereinigungsfreiheit der eG nicht berührt sein.508 Gleiches gelte für § 54a Abs. 2 S. 1 GenG, da „mit dem 501

Zustimmend etwa Schaffland, DB 2001, 2599; Steding, NJ 2001, 355; Spanier, WPg 2001, 767; Batereau, WuB 2001, II D § 54 GenG 1.01. 502 Hucke, WPg 2001, 558. 503 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 54 Rn. 1; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54 Rn. 6 ff.; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 172 f. Größtenteils nur wiedergebend Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 54 Rn. 7 ff. 504 Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (117 f.); Kober, ZfgG 2014, 31 (33); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 195 m. w. N. 505 So Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 167. 506 Beuthien, WM 1995, 1788; ders., Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (82 ff.); jüngst ders., WM 2021, 1305 (1306). Diesem folgend Hadding, in: Beuthien (Hrsg.), Marburger genossenschaftswissenschaftliche Forschung, 1997, S. 55 (79). 507 Beuthien, WM 1995, 1788 (1796); ders., Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (85): „organisationsrechtliche Funktionsvoraussetzung der besonderen Rechtsform der eG“. 508 Beuthien, WM 1995, 1788 (1791, 1796). Anders Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 97, der die Pflichtmitgliedschaft der eG als „eine der Rechtsfähigkeitsvoraussetzungen einer Genossenschaft“ bewertet, daraus allerdings folgert, dass sie „zum Bereich notwendiger gesetzlicher Ausgestaltung“ gehöre.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Austritt aus dem Verband eine Rechtsbedingung für den Fortbestand der eG“509 wegfalle. In Betracht komme allenfalls, dass die positive Vereinigungsfreiheit der Genossenschaftsmitglieder beschränkt werde.510 Selbst wenn man einen Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit der eG annehme, sei dieser zum Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG gerechtfertigt.511 bb) Gegenansicht: Verfassungswidrigkeit Teile der Literatur512 halten die Pflichtmitgliedschaft der eG für verfassungswidrig, da sie mit der negativen Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG unvereinbar sei. Nach einer teilweise vertretenen Ansicht müsse die Pflichtmitgliedschaft der eG deshalb vollständig abgeschafft werden.513 Nach anderer Ansicht sollte die Verfassungswidrigkeit „den Gesetzgeber aber nicht dazu bewegen, das historisch legitimierte und in der Praxis bewährte System des genossenschaftlichen Prüfungswesens gänzlich aufzuheben“; vielmehr könne man es Genossenschaften, die einen Verbandsbeitritt ablehnen, ermöglichen, „sich zur Durchführung der Pflichtprüfung an einen von ihnen auszuwählenden, auf Grundlage freier vertraglicher Vereinbarung tätig werdenden Prüfungsverband zu wenden.“514 Auch die Verfasser des Referentenentwurfs von 1962 wollten die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht weiter aufrechterhalten, sondern – inkonsequent515 – als Gründungsvoraussetzung beibehalten.516 cc) Neuerdings: Notwendigkeit einer „aktualisierten“ Rechtfertigung Vielfach wurde der Streit um die Verfassungsmäßigkeit von § 54 GenG aufgrund der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2001 für erledigt angesehen517; einge 509

Beuthien, WM 1995, 1788 (1796). Beuthien, WM 1995, 1788 (1792); ders., WM 2021, 1305 (1307). 511 Beuthien, WM 1995, 1788 (1792 ff.). 512 Gehrlein, WM 1995, 1781 (1785 ff.); Gillmaier, ZBB 1994, 215 (218 f.); Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (111); Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 148 ff.; Wulf, WPg 1956, 326 (329); entgegen der Vorauflage nunmehr Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6 ff. 513 Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6. 514 Gehrlein, WM 1995, 1781 (1787). 515 Treffend Paulick, ZfgG 1963, 1 (9): „Entweder ist die Pflichtmitgliedschaft mit dem Grundgesetz vereinbar oder sie ist es nicht – auch nicht zur Erlangung der Rechtsfähigkeit.“ 516 Nicklisch, BB 1979, 1153 (1154); Paulick, ZfgG 1963, 1 (9). 517 BerlKommGenG / Hillebrand, § 54 Rn. 4: „Streit der Boden entzogen“; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 156: „Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft […] dürfte indessen beendet sein“; zurückhaltender Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 172: „zumindest ein vorläufiger Schlusspunkt hinter den konzeptionellen Meinungsstreit“; Strieder, in: Helios / Gätsch / Strieder (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Genossenschaft, 2009, Beck’sches Handbuch der eG § 8 Rn. 4: „Frage ist entschieden“. 510

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hende Untersuchungen hierzu seien nicht (mehr) zielführend518. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht: In letzter Zeit wird zunehmend bezweifelt, ob sich die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband heute noch immer mit der vom BVerfG genannten Argumentation rechtfertigen lässt.519 Diese könnte keinen Bestand mehr haben, nachdem zwischenzeitlich die UG eingeführt worden sei.520 Indes soll daraus nicht folgen, dass die Pflichtmitgliedschaft heute verfassungswidrig ist, sondern lediglich, dass es möglicherweise einer anderen Begründung bedürfe.521 b) Stellungnahme § 54 S. 1 GenG begründet zunächst keine Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Vielmehr ist das durch Vereinsbeitritt begründete Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der eG und dem als e. V. verfassten (§ 63b Abs. 1 GenG) genossenschaftlichen Prüfungsverband rein privatrechtlicher Natur.522 Die Prüfungsverbände werden auch nicht dadurch zum Beliehenen, dass ihnen das Prüfungsrecht nach § 63 S. 1 GenG staatlich „verliehen“ wird.523 § 54 S. 1 GenG sieht mithin eine Mitgliedschaft in einer  – selbst nicht unmittelbar grundrechtsverpflichteten  – privatrechtlichen Vereinigung vor, sodass die Vorschrift nicht an Art. 2 Abs. 1 GG, sondern an Art. 9 Abs. 1 GG zu messen ist.524

518

So Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 36. 519 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 15 ff.; Bösche, ZfgG 2008, 98; Heß, ZfgG 2009, 285; Kober, ZfgG 2014, 31; jüngst ders., in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (20): „(verfassungsrechtlich) gerechtfertigt“. Zuvor bereits kritisch Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1j. 520 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 16; Bösche, ZfgG 2008, 98 (101 f.); Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (130). 521 Heß, ZfgG 2009, 285 (296); Kober, ZfgG 2014, 31 (33, 42). 522 H. M., vgl. nur BGH vom 24. 5. 1962 – KZR 10/61 – WM 1962, 760; BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981; jüngst BGH vom 10. 1. 2017 – II ZR 10/15 – WM 2017, 474; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 3; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 2. 523 Allgemeine Ansicht, siehe Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 2, § 63a Rn. 1a; Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 17 ff.; Gehrlein, WM 1995, 1781 (1783 ff.); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 44 ff.; Nicklisch, BB 1979, 1153 (1155); Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (228 ff.); Riebandt-Korfmacher, Reformreferate  III, 1959, S. 23 (31 ff.). Zur früheren Gegenansicht: Schnorr v. Carolsfeld, ZfgG 1959, 50 (67, 97); ders., ZfgG 1963, 332 (335); ­Dietrich, Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, 1974, S. 165 ff., 263; Pauli, Die Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1957, S. 13 f. Ferner Stupka, Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, 1962, S. 64. 524 Jarass / Pieroth / Jarass, GG, Art. 9 Rn. 7 hält bei einem „staatlich angeordneten privatrechtlichen Zwangszusammenschluss“ Art. 2 Abs. 1 GG für einschlägig. Zur Frage, ob Art. 9 Abs. 1 GG auch vor Mitgliedschaften in öffentlich-rechtlichen Körperschaften schützt BeckOK GG / Cornils, Stand: 15. 8. 2022, Art. 9 Rn. 10 f.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

aa) Eröffnung des Schutzbereichs Die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband berührt die negative Vereinigungsfreiheit der eG. Denn Art. 9 Abs. 1 GG schützt nicht nur positiv die Freiheit, „Vereine und Gesellschaften zu bilden“, sondern als Kehrseite über dessen Wortlaut hinaus auch das Recht, einer Vereinigung fernzubleiben.525 Zudem ist die eG grundrechtsberechtigt, wobei offenbleiben kann, ob die Grundrechtsberechtigung unmittelbar aus Art. 9 Abs. 1 GG folgt (sog. Lehre vom Doppelgrundrecht526) oder aus Art. 19 Abs. 3 GG527, da die negative Vereinigungsfreiheit ihrem Wesen nach auf die eG als juristische Person (§ 17 GenG) anwendbar ist528. Der Argumentation von Beuthien, die verpflichtende Verbandsmitgliedschaft sei eine „besondere Rechtsformvoraussetzung“ der eG, sodass deren negative Vereinigungsfreiheit nicht berührt sein könne529, kann zwar insoweit zugestimmt werden, als dass die Verbandsmitgliedschaft – seit der Novelle 1934 – genossenschaftsrechtlich Entstehungs- und Fortbestehungsvoraussetzung der eG ist530: Ohne Beitrittsbescheinigung eines Prüfungsverbands wird eine neu gegründete Genossenschaft nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG) und damit nicht als eG rechtsfähig (§ 13 GenG). Scheidet eine eG aus einem Prüfungsverband aus und tritt innerhalb der vom Registergericht gesetzten Frist keinem (anderen) Verband bei, wird sie gerichtlich aufgelöst (§ 54a Abs. 2 S. 1 GenG)531. Selbst aufgelöste Genossenschaften müssen bis zu ihrer Vollbeendigung Mitglied in einem Prüfungsverband sein (§ 64c GenG). Die Verbandsmitgliedschaft ist somit genossenschaftsrechtliche Rechtsformvoraussetzung schlechthin.

525

Statt vieler nur BVerfG vom 19. 1. 2001  – 1  BvR 1759/91  – NJW 2001, 2617 (2617); ­Dürig / Herzog / Scholz / Scholz, GG, Art. 9 Rn. 42 m. w. N. 526 So die ständige Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfG vom 1. 3. 1979  – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – NJW 1979, 699 (706); BVerfG vom 15. 6. 1989 – 2 BvL 4/87  – NJW 1990, 37 (38); BVerfG vom 9. 10. 1991  – 1 BvR 397/87  – NJW 1992, 549 (549). Ebenso Teile der Literatur, vgl. Jarass / Pieroth / Jarass, GG, Art. 9 Rn. 11; Dürig /  Herzog / Scholz / Remmert, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 104 m. w. N. 527 Vgl. etwa Sachs / Höfling, GG, Art. 9 Rn. 26 f. 528 So Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (227 f.). Ebenfalls auf Art. 19 Abs. 3 GG abstellend Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 94 f., da die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband „die Problematik des Individualgrundrechts der Vereinigungsfreiheit in ihrem negativen Sinne“ betreffe, welches „für die einzelne Genossenschaft jedoch nicht unmittelbar in Art. 9 Abs. 1 gewährleistet“ sei. 529 So Beuthien, WM 1995, 1788; ders., Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (82 ff.). Dem zugeneigt Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 2: „spricht daher viel dafür“. Offengelassen von BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2617). 530 Beuthien, WM 1995, 1788 (1790 f.): „unverzichtbare Rechtsbedingung für das Entstehen und den Fortbestand einer eG“; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54 Rn. 4: „Bedingung für die Entstehung und den Bestand der eG“. 531 Kritisch insoweit Zweiter Teil  C. I. 2. b) ff).

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Gleichwohl überzeugt die Argumentation nicht.532 Ihr ist zunächst die Historie entgegenzuhalten: Nach dem GenG von 1889 (und dessen Vorläufern) war die verpflichtende Verbandsmitgliedschaft keine zwingende Rechtsformvoraussetzung der eG. Sofern die Genossenschaften keinem Verband angehörten, wurden sie dennoch durch Eintragung rechtsfähig (§ 13 GenG 1889) und der Prüfer gerichtlich bestellt (§ 59 GenG 1889). Demnach gab es verbandsfreie rechtsfähige Genossenschaften, welche (erst) infolge der Novelle 1934 beitrittspflichtig wurden. Weiter lassen sich die persönliche Gesellschafterhaftung nach § 128 HGB und die Bildung und Erhaltung eines Mindestkapitals nur bedingt mit der verpflichtenden Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband vergleichen533, da diese anderen Gläubigerschutzlasten nicht zur (Selbst-)Organisation verpflichten. Vor allem aber kann für die verfassungsrechtliche Bewertung von § 54 GenG nicht maßgeblich sein, dass die Pflichtmitgliedschaft – seit der Novelle 1934 – einfachgesetzliche Rechtsformvoraussetzung der eG ist und diese zum Zeitpunkt ihres Entstehens bereits Mitglied in einem Prüfungsverband ist.534 Andernfalls könnte der gesellschaftsrechtliche Gesetzgeber für jede Rechtsform bestimmte Anforderungen zur Rechtsformvoraussetzung erheben – und so den grundrechtlichen Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG aushöhlen und verkürzen.535 Grundrechtsschutz wäre dann (nur) nach Maßgabe des einfachen Gesetzes gewährt. Mit anderen Worten: Einfachgesetzliche Rechtsformvoraussetzungen befinden sich stets im verfassungsrechtlichen Schutzbereich und können diesen nicht von außen formen und begrenzen.536 Zusätzlich berührt die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband die positive Vereinigungsfreiheit der Mitglieder537: Eine eG kann nur gegründet (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 GenG) und sich mittels dieser fortlaufend förderwirtschaftlich betätigt werden (§ 54a GenG), wenn sie sich mit dieser in einem genossenschaftlichem Prüfungsverband organisiert. Die gesetzlich vorgeschriebene Verbandsmitgliedschaft ist zwingend und kann von den Mitgliedern statutarisch nicht abbedungen werden (§ 18 S. 2 GenG). Sie betrifft mithin die von Art. 9 Abs. 1 GG geschützte gesellschaftsrechtliche „Inhaltsbestimmungsfreiheit“538 als kollektiv wahrgenommene Vertragsfreiheit. 532

Ebenfalls ablehnend: Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (131 f.); Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6a; Wolff, RW 2013, 91 (98). 533 So aber Beuthien, WM 1995, 1788 (1790). 534 Ähnlich Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 34. 535 Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6a; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 149 – Fn. 645; Wolff, RW 2013, 91 (98); ähnlich auch Gehrlein, WM 1995, 1781 (1786 f.): „Widerspruch in sich“; Becker, JA 2001, 542 (543). 536 Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 401. 537 Das sieht auch Beuthien, WM 1995, 1788 (1792); ders., WM 2021, 1305 (1307); wohl auch Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (236), hält diese allerdings nur „höchst mittelbar und unwesentlich berührt“. 538 Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 431.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

bb) Rechtfertigungsbedürftiger Eingriff Die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG wurde bisher grundrechtsdogmatisch nur unzureichend erfasst, wofür auch die – trotz der ausdrücklichen Entscheidung des BVerfG – erneut aufkommende Diskussion über ihre Verfassungsmäßigkeit spricht. Viele Untersuchungen übergehen die Frage, ob die Pflichtmitgliedschaft der eG nach § 54 S. 1 GenG einen Eingriff oder eine Ausgestaltung darstellt, sondern untersuchen schwerpunktmäßig deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung.539 Diese Unschärfe dürfte darauf zurückzuführen sein, dass das generelle Verhältnis von Eingriff und Ausgestaltung nicht nur, aber vor allem bei Art. 9 GG bisher nicht widerspruchsfrei aufgelöst werden konnte.540 (1) Keine freiheitskonstituierende Ausgestaltung Nach Ansicht des BVerfG ist die Pflichtmitgliedschaft „eine aus sachlichen Gründen erforderliche Ausgestaltung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit“541. Auch Marcus kommt zu dem Ergebnis, sie stelle „eine der Mindestvoraussetzungen im Rahmen des Numerus clausus dar, ohne die das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit seine praktische Wirksamkeit nicht erlangen kann.“542 Dies überzeugt nicht.543 Zwar ist mit der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG „seit jeher die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ausgestaltung dieser Freiheit verbunden, ohne die sie praktische Wirksamkeit nicht gewinnen könnte.“544 Allerdings ist die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband keine zur Wahrnehmung von Art. 9 Abs. 1 GG freiheitskonstituierende „Mindestvoraussetzung“545. Denn durch § 54 S. 1 GenG wird keine rechtlich notwendige Voraus 539

Vgl. etwa Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, der zunächst auf den Schutzbereich eingeht (S. 32 ff.), anschließend auf die „Schranken der negativen Vereinigungsfreiheit“ (S. 36 ff.); ferner Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (230 ff.). Auch offengelassen von Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 463. 540 Vgl. nur Sachs / Höfling, GG, Art. 9 Rn. 35: „noch immer mit erheblichen dogmatischen Unklarheiten behaftet“; Sachs, JuS 2002, 79 (80): „schillernde Kategorie der Ausgestaltung“. Eingehend dazu Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 397. Siehe ferner Kingreen / Poscher, JZ 2022, 961. 541 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 542 Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 170 [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 543 Ebenso Gehrlein, WM 1995, 1781 (1786): „man wird den Anschlußzwang des § 54 GenG indessen nur schwerlich als Ausgestaltung der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) begreifen können“. 544 BVerfG vom 1. 3. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – NJW 1979, 699 (706); wortgleich BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2617). 545 Sachs / Höfling, GG, Art. 9 Rn. 38.

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setzung geschaffen, ohne die eine Entfaltung der Vereinigungsfreiheit unmöglich wäre.546 Das beweist eine historische Genese: Bis zur Novelle 1934 betätigten sich die Genossenschaften und deren Mitglieder ohne Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband im Rechts- und Wirtschaftsverkehr. (2) Sondern: Autonomiebeschränkendes Organisationsrecht § 54 S. 1 GenG kann weiter nicht deshalb als Eingriff in Art. 9 Abs. 1 GG angesehen werden, weil die Genossenschaften ipso iure Mitglied in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband würden: Die Vorgenossenschaft hat einem von ihr frei bestimmbaren Prüfungsverband vereinsrechtlich beizutreten. Sie erwirbt die Verbandsmitgliedschaft folglich nicht kraft Gesetzes, sondern durch freiwilligen Willensakt.547 Jedenfalls rechtlich ist daher die weit verbreitete Bezeichnung „Zwangsmitgliedschaft“548 unpräzise. Wenig glücklich ist auch die amtliche Gesetzesüberschrift von § 54 GenG, die von einer „Pflichtmitgliedschaft im Prüfungsverband“ spricht. Da „im“ für „in dem“ steht549, suggeriert sie, es gebe eine gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft in dem, also in einem bestimmten Prüfungsverband, obwohl § 54 S. 1 GenG – wie § 54a GenG zeigt – keine Mitgliedschaft in einem bestimmten Prüfungsverband vorschreibt550. Treffender wäre „Verpflichtende Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband“ als amtliche Gesetzesüberschrift von § 54 GenG. Vielfach wird der Eingriffscharakter von § 54 S. 1 GenG in der Literatur damit begründet, dass sich die Pflichtmitgliedschaft aufgrund räumlicher und fachlicher Abgrenzungen zwischen den Prüfungsverbänden faktisch zu einer „Zwangsmitgliedschaft“ verdichte.551 Indes kommt es auf die Frage, ob für jede eG tatsächlich nur ein bestimmter Prüfungsverband besteht552 oder zwischen mehreren Prüfungsverbän-

546

Ebenso Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 404. Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 70. 548 BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981 (2983 f.); Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (112); Großfeld / Aldejohann, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 1 (17); Heß, ZfgG 2009, 285 (295); Wulz / Weber, WPg 1985, 293 (293). 549 Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/im [31. 7. 2023]. 550 Siehe nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 4. 551 Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1d; Nicklisch, BB 1979, 1153 (1155); Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 147; Stumpf, JuS 1998, 701 (703). 552 So die ganz überwiegende Ansicht, BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981; Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (40); v.  Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (12); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54 Rn. 2; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 22; Nicklisch, BB 1979, 1153 (1155); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 5; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 147; Stumpf, JuS 1998, 701 (703); Wulf, WPg 1956, 297 (297). 547

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

den ausgewählt werden kann553, nicht an. Denn § 54 S. 1 GenG greift als zwingendes, freiheitsbeschränkendes Organisationsrecht in die negative Vereinigungsfreiheit der eG und die positive Vereinigungsfreiheit der Mitglieder ein554: Um als eG zu Entstehen und Bestehen, muss sie sich als einzige Rechtsform in einem privatrechtlichen Verband zwecks Prüfung als Mitglied organisieren und in einem solchen verbleiben – also Teil ihres Prüfungsträgers sein. Es kann demnach nicht auf erster Stufe autonom die Entscheidung über das Ob getroffen werden, sich zwecks Prüfung in einem Prüfungsverband zusammenzuschließen – oder nicht. Die Vorschrift verkürzt mithin insoweit die „Vereinsbeitrittsfreiheit“555. Strikt für diese Autonomie sprach sich Schulze-Delitzsch aus: Das Gesetz könne „die Errichtung solcher Verbände weder verfügen, noch verbieten, muß dieselbe vielmehr der freien Einigung der Betheiligten überlassen.“556 Wie eine gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft auf zweiter Stufe vollzogen wird, ist nicht entscheidend. Folglich sind nicht nur die ipso iure begründete Pflichtmitgliedschaft in der IHK sowie die damit verbundene Beitragserhebung als „Eingriffe in die nach Art. 2 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Freiheit“557 anzusehen. Vielmehr beschränkt auch die nach § 54 S. 1 GenG gesetzlich vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft die nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte „Selbstbestimmung über die eigene Organisation“558 – und damit die Autonomie der eG und ihrer Mitglieder zugunsten Dritter.559 Denn die Genossenschaften und ihre Mitglieder müssen sich zwecks Prüfung in (irgend-)einem Prüfungsverband organisieren.560

553 So Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 168, 196; Turner, NJW 1997, 853 (853 – auch Fn. 16). 554 Ähnlich Gehrlein, WM 1995, 1781 (1786): es werde „die Organsiation der Genossenschaft ausgestaltet“. 555 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (82) [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. Ferner Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 13; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 167, 196: „Einschränkung der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Beteiligten“. 556 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 94 [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 557 BVerfG vom 12. 7. 2017 – 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13 – NJW 2017, 2744. 558 BVerfG vom 15. 6. 1989 – 2 BvL 4/87 – NJW 1990, 37 (38). 559 Sehr klar Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 404: „Eigentlicher Zweck dieser Maßnahmen ist ganz offenkundig nicht die Bereitstellung von auf die grundrechtlich geschützte Freiheit des Art. 9 GG instrumentell ausgerichteten rechtlichen Absicherungen gemeinschaftlich-vertraglicher Selbstbestimmung, sondern der Schutz Dritter bzw. der Allgemeinheit vor Beeinträchtigungen, die diesen aus der in der Assoziation ausgeübten Selbstbestimmung erwachsen“ sowie S. 431: „der Sache nach klar um drittschutzlegitimierte Einschränkungen der vertraglichen Autonomie“. Ferner Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 196: „Einschränkung der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Beteiligten“; grundsätzlich auch Manssen, Staatsrecht II, 2022, § 22 Rn. 598. 560 Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (135): „Das staatliche Handeln steckt in der gesetzlichen Anordnung der Pflichtmitgliedschaft an sich“; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 149: „selbst zum Mitträger der Prüfungsleistung“; ungenau Batereau, WuB 2001, II D § 54 GenG 1.01: „Hinnahme der Verbandsprüfung“.

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Schließlich rechtfertigt die Tatsache, dass die Rechtsform jederzeit gewechselt und sich dadurch von der genossenschaftlichen Pflichtprüfung561 und der Pflichtmitgliedschaft562 befreit werden kann, kein abweichendes Ergebnis.563 Denn andernfalls würde man übersehen, dass diese Möglichkeit wegen § 54a Abs. 2 GenG nicht rechtsformwahrend besteht. Vielmehr muss die Rechtsform eG insgesamt aufgegeben und sich mittels einer anderen Rechtsform (genossenschaftlich) betätigt werden.564 Die Möglichkeit des Rechtsformwechsels kommt allerdings nur als „Ultima ratio“565 in Betracht und relativiert lediglich die Eingriffsintensität.566 Gleiches gilt für die Ausgestaltung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung als „kollektive Selbstkontrolle durch eine gemeinschaftlich unterhaltene Selbsthilfeeinrichtung aller verbandszugehörigen Genossenschaften“567, wodurch ebenfalls nur die Eingriffsintensität abgemildert wird. cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Wer mit der h. M.568 an einer strikten Alternativität von Eingriff und Ausgestaltung festhalten569 und der hier vertretenen Auffassung nicht folgen will, muss jedenfalls beachten, dass der Gesetzgeber eine Ausgestaltung nicht nach seinem Belieben vornehmen darf. Diese hat „sich vielmehr an dem Schutzgut des Art. 9 I GG zu orientieren“ und muss „auf einen Ausgleich gerichtet sein, der geeignet ist, freie Assoziation und Selbstbestimmung der Vereinigungen unter Berücksichtigung der Notwendigkeit eines geordneten Vereinslebens und der schutzbedürftigen sonstigen Belange zu ermöglichen und zu erhalten.“570 Auch das BVerfG nahm in seinem Kammerbeschluss von 2001 daher eine „schulmäßige Verhältnismäßig-

561

Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (83). Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 166; Turner, NJW 1997, 853 (854). 563 Im Ergebnis ebenso Gehrlein, WM 1995, 1781 (1787). 564 Entsprechend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 44. 565 Steding, NL-BzAR 2005, 442 (446). 566 Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (236). Entsprechend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 45. 567 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 568 Eingehend dazu Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 396 ff., der die „Exklusivitätstheorie“ der h. M. überzeugend ablehnt. 569 So etwa Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 96: „Ein Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit wird jedoch zu verneinen sein, wenn es sich bei § 54 Abs. 1 im Gegensatz zur Begrenzung eines Grundrechts um eine zulässige gesetzliche Ausgestaltung durch den Gesetzgeber handelt.“ sowie S. 100: „ist zu analysieren, ob sich die in § 54 Abs. 1 statuierte Pflichtmitgliedschaft der Genossenschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband im Rahmen zulässiger gesetzlicher Ausgestaltung bewegt. In diesem Fall wäre ein Eingriff in das Grundrecht der negativen Vereinigungsfreiheit der einzelnen Genossenschaft zu verneinen.“ 570 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2617). 562

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keitsprüfung“571 vor. Indes ist die Pflichtmitgliedschaft der eG verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da der Gesetzgeber mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt, sie zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und grundsätzlich angemessen ist.572 (1) Legitimes Ziel: Mitglieder- und Gläubigerschutz Zunächst verfolgt der Gesetzgeber mit der Pflichtmitgliedschaft der eG einen legitimen Zweck. Jedenfalls der heutige Gesetzgeber will mit der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband gewährleisten, dass jede eG unausweichlich durch einen Prüfungsverband geprüft wird573  – und damit die Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG schützen. Dieser ließ die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG seit ihrer Einführung im Jahr 1934 grundsätzlich unberührt. Da die regelmäßige Pflichtprüfung „im Interesse der Mitglieder und Gläubiger“574 liege, lehnte es der Gesetzgeber im Rahmen der Novelle 2017 ab, die genossenschaftliche Pflichtprüfung und die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband gänzlich abzuschaffen. Hingegen lässt sich die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nicht damit rechtfertigen, dass die Genossenschaftsverbände „typusbestimmend für das Genossenschaftswesen“575 sind oder genossenschaftliches Wirtschaften „von seinem Grund- und Selbstverständnis her Gruppenwirtschaften“576 ist. Denn diese Argumentation beantwortet nicht die entscheidende Frage, warum die eG als einzige Rechtsform verpflichtend einem Verband zwecks Prüfung als Mitglied angehören muss.577 (2) Geeignetheit Weiter ist die Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband geeignet, den Schutz von Mitgliedern und Gläubigern der eG zu erreichen.578 571

Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, S. 400 – Fn. 22. Grundlegend BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617. Ferner Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 463 ff. Demgegenüber Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1h: „Eine sachliche Rechtfertigung dafür ist nicht ersichtlich.“ 573 Ähnlich BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981 (2983), der den „gesetzgeberischen Grund für die Einführung des Anschlußzwangs“ im „öffentlichen Interesse an einer effizienten, den Besonderheiten dieser Rechtsform Rechnung tragenden Prüfung der Genossenschaft“ sieht. Näher zum insoweit „aktualisierten“ Gesetzgeberwillen Zweiter Teil  C. I. 2. b) bb) (3). 574 BT-Drs. 18/11506, S. 17. Vgl. ferner BT-Drs. 19/3595, S. 11: „dient dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder und der Genossenschaftsgläubiger“. 575 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2149). 576 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 577 Entsprechend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 49, 125. 578 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). Im Ergebnis ebenso Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 119 ff. 572

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Denn für die Geeignetheit reicht es aus, dass die Zweckerreichung grundsätzlich möglich ist; insoweit kommt dem Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative zu.579 Dass die Pflichtmitgliedschaft zum Schutz der Genossenschaftsmitglieder und Gläubiger der eG nicht objektiv und schlechthin ungeeignet ist, wird zumindest dadurch indiziert, dass die Rechtsform eG konstant eine besonders insolvenzfeste Rechtsform ist580. Es besteht daher jedenfalls die Möglichkeit, dass das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem mit Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband besonders effektiv ist und dadurch Mitglieder und Gläubiger der eG schützt. (3) Erforderlichkeit Bereits Schulze-Delitzsch empfahl den Genossenschaften, sich freiwillig zu Prüfungsverbänden zusammenzuschließen, da „erst durch ein solches gemeinsames Eintreten für die gemeinsame Aufgabe die Zwecke der Revisions-Einrichtung vollständig ausgenutzt, die Interessen der Betheiligten dabei nach allen Seiten gewahrt werden.“581 Fraglich ist jedoch, ob die gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband erforderlich ist. (a) Zwar: Mildere Mittel Die genossenschaftliche Pflichtprüfung lässt sich nicht nur mittels verpflichtender Verbandsmitgliedschaft durchführen, da genossenschaftliche Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft der eG nicht „untrennbar miteinander verbunden“582 sind. Vielmehr kommen Mittel in Betracht, welche die Vereinigungsfreiheit weniger einschränken: Denkbar ist zunächst eine freiwillige Verbandsprüfung dergestalt, dass jede eG nach § 53 Abs. 1 GenG durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband geprüft wird, dem sie nicht verpflichtend als Mitglied angehören muss, sondern beitreten kann. Weiter ist es möglich, die genossenschaftliche Pflichtprüfung weitergehend für verbandsexterne Prüfer zu öffnen. Die Genossenschaften könnten dann – bei unverändertem Prüfungsumfang nach § 53 Abs. 1 GenG – frei wählen, ob sie sich von einem Prüfungsverband oder Wirtschaftsprüfer bzw. einer Wirtschaftsprüfergesellschaft prüfen lassen.583 Ferner könnte die Ver 579

Vgl. nur BVerfG vom 17. 12. 2014 – 1 BvL 21/12 – NJW 2015, 303 (309) m. w. N. Zur Insolvenzfestigkeit der eG: Creditform e. V., Insolvenzen in Deutschland, 2022, S. 9 f.; Ott, ZfgG 2010, 113 (114). 581 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 94. 582 So aber Bömcke, ZfgG 1956, 231 (238). Ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 33: „zu einer unlösbaren Einheit verbunden“; Paulick, ZfgG 1951, 265 (265): „zu einer unlösbaren Einheit verbunden“. 583 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 126. Vgl. ferner Bömcke, ZfgG 1956, 231 (238). 580

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bandsmitgliedschaft – wie es der 1962 vom Bundesjustizministerium vorgelegte, nie umgesetzte Referentenentwurf vorsah584 – nur noch Eintragungsvoraussetzung in das Genossenschaftsregister sein und darüber hinaus abgeschafft werden; Prüfungsträger wäre der Prüfungsverband, dem die eG angehört, alternativ der von ihr mit der Prüfung beauftragte oder gerichtlich bestellte Prüfungsverband (§ 127 Abs. 1 RefE 1962). Denkbar ist schließlich ein nur relativer Verbandszwang, wie ihn das österreichische Genossenschaftsrevisionsgesetz (öGenRevG) vorsieht: Danach sind die Genossenschaften „durch einen unabhängigen und weisungsfreien Revisor mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen, ihrer Rechnungslegung und ihrer Geschäftsführung“ zu prüfen (§ 1 Abs. 1). Um durch Eintragung in das Firmenbuch rechtsfähig zu werden, müssen die Genossenschaften zwar grundsätzlich einem Prüfungsverband angehören (§ 24). Sie werden aufgelöst, wenn sie aus dem Verband ausscheiden (§ 28). Allerdings können sie unter engen Voraussetzungen (etwa Ablehnung eines Aufnahmeersuchens, Verbandsausschluss, Austritt aus wichtigem Grund) von der Verbandsmitgliedschaft gerichtlich befreit werden, wenn zusätzlich „nach einer begründeten Wirtschaftlichkeitsprognose sowie auf Grund der persönlichen Verhältnisse der Mitglieder des Vorstands […] zu erwarten ist, daß die Genossenschaft ihren im Genossenschaftsvertrag vorgesehenen Förderungsauftrag dauerhaft erfüllt“ (§ 26 Abs. 1). Kein milderes Mittel ist hingegen eine staatliche Prüfung der Genossenschaften. Nicht nur sah der historische Gesetzgeber des GenG von 1889 hiervon bewusst ab, da „eine wirksame Staats- oder Kommunalaufsicht thatsächlich nicht durchführbar sein würde.“585 Dass eine staatliche Pflichtprüfung der Genossenschaften wenig(er) effektiv wäre, ist auch naheliegend, da die zuständigen Behörden die ihnen nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GenG obliegende Förderzweckkontrolle kaum wahrnehmen.586 Vor allem wäre eine staatliche Pflichtprüfung – was der Gesetzgeber des GenG von 1889 ebenfalls klar erkannte587 – mit staatlichen (Prüfungs-

584 Siehe §§ 10 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nr. 6, 127 Abs. 1, 145 des Referentenentwurfs eines Genossenschaftsgesetzes vom 23. 2. 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 ff. Berechtigte Kritik an diesem „Kompromiss“ Paulick, ZfgG 1963, 1 (9): „nicht konsequent“. 585 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (209). 586 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 474: „generelle Kontrollversagen der antragsbefugten staatlichen Stellen“. 587 Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (209): „Zudem müßten, um diese zu einem einigermaßen durchgreifenden Schutzmittel zu machen, der Aufsichtsbehörde weitgehende Befugnisse gegenüber den Vereinsorganen gewährt, unter Umständen auch ein selbstständiges Eingreifen in die Geschäftsleitung gestattet werden“.

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verfolgungs-)Befugnissen verbunden und daher kein milderes, sondern ein stärker belastendes Mittel.588 (b) Aber: Weiter gesetzgeberischer Ermessens- und Prognosespielraum Ob die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband ein besonders wirksames Mittel ist, da die genossenschaftliche Pflichtprüfung durch die damit einhergehende „Monopolisierung des genossenschaftlichen Prüfungsrechts bei den Prüfungsverbänden“589 effektuiert wird oder eines der genannten milderen Mittel gleich effektiv ist, kann an dieser Stelle offenbleiben590. Insbesondere muss nicht entschieden werden, ob die Pflichtmitgliedschaft der eG erforderlich ist, weil die genossenschaftlichen Prüfungsverbände ausschließlich oder am besten zur Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften befähigt sind.591 Denn das BVerfG gesteht dem Gesetzgeber bei der Erforderlichkeit einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zu.592 Die Erforderlichkeit ist nur dann abzulehnen, wenn „in jeder Hinsicht eindeutig feststeht“593, dass die Regelungsalternativen den Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG sachlich gleichwertig erreichen. Ob und inwiefern eine der Regelungsalternativen den Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG in jeder Hinsicht gleichwertig erreicht, ist offen und in hohem Maße prognostisch – und unterliegt deshalb dem Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers. Für die Effektivität der genossenschaftlichen Pflichtprüfung mit Pflichtmitgliedschaft spricht zum einen die geringe Insolvenzquote der eG.594 Zum anderen legt die Historie die Erforderlichkeit der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nahe: Die „Zwangsmitgliedschaft einer Genossenschaft in einem Prüfungsverband“ wurde von der amerikanischen Besatzungsmacht nach 1945 zeitweise verboten595; auch wurde § 11 Abs. 2 Nr. 4

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Beuthien, WM 1995, 1788 (1794). BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2618). Bereits Holtz, BlfG 1934, 742 (742): „im genossenschaftlichen Prüfungswesen konstituierte Monopolstellung der Verbände“. 590 Dazu Zweiter Teil  C. I. 2. b) dd). 591 So Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 127 ff.; Henzler, ZfgG 1950, 182 (204): „nur den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden immanente Eignung“; ähnlich die Begründung zum Referentenentwurf vom 23. 2. 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 429 (544): „zur Prüfung von Genossenschaften am besten fachlich geeignet“. 592 Vgl. nur BVerfG vom 12. 12. 2006 – 1 BvR 2576/04 – NJW, 979 (982). 593 BVerfG vom 5. 2. 2002 – 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 – NJW, 3009 (3011) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 594 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 6. 595 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (38); Gladosch, BB 1950, 854 (854); Gleiss, NJW 1950, 584 (585). 589

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GenG faktisch außer Kraft gesetzt596. Dies hatte allerdings zur Konsequenz, dass (erneut) viele verbandsfreie Genossenschaften zusammenbrachen, betroffen waren vor allem neu gegründete Flüchtlingsgenossenschaften.597 Deshalb wurde die Pflichtmitgliedschaft im Jahr 1950 wieder uneingeschränkt in Kraft gesetzt.598 (4) Angemessenheit Schließlich ist die Pflichtmitgliedschaft der eG nach § 54 S. 1 GenG auf einen „interessengerechten Ausgleich von Verbandszwang und Mitgliederfreiheit“599 ausgerichtet – und damit grundsätzlich angemessen. (a) Kollektive Selbstprüfung statt Fremdprüfung Zwar lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung heute nicht mehr als eine „Fortsetzung des Selbsthilfegedankens auf der Ebene der Kontrollinstanz“600 ansehen: Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist als echte Selbsthilfeeinrichtung historisch entstanden und gewachsen, da die Genossenschaften zunächst frei entscheiden konnten, ob und von wem sie sich prüfen lassen. Diese Eigenschaft hat sie jedoch sukzessive verloren: Seit dem GenG von 1889 besteht eine gesetzliche Prüfungspflicht für alle Genossenschaften. Und seit der Novelle 1934 müssen alle Genossenschaften aufgrund der Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG gesetzlich zwingend einem Prüfungsverband angehören.601 Allerdings hat der Gesetzgeber die genossenschaftliche Pflichtprüfung bewusst als semi-autonome „kollektive Selbstkontrolle“602 ausgestaltet und von einer heteronomen Fremdprüfung der Genossenschaften abgesehen: Die Genossenschaften werden weder von einem personell fremden Verband geprüft noch einer staatlichen Überwachung unterstellt. Vielmehr unterliegen sie einer Prüfung durch von ihnen

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Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 50. Flüchtlingsgenossenschaften wurden in den Jahren 1948 bis 1950 in Hessen in das Genossenschaftsregister eingetragen, ohne dass sie einem Prüfungsverband angehören mussten, Barth, Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, 1964, S. 68; Bömcke, ZfgG 1956, 231 (238); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 40. 598 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (38); Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 23; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 39 f., 131; Scheffel, Die Reform des Genossenschaftsrechts, 2008, S. 159. 599 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (85). Ferner Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2149): „ausgewogene Ordnung“. 600 So aber K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 1271. 601 Ähnlich Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1i. 602 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 597

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gemeinschaftlich unterhaltene Prüfungsverbände603. Der einzelgenossenschaftliche Förderzweck setzt sich daher in der gemeinschaftlichen Verbandsprüfung fort.604 Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem orientiert sich „zumindest auch am genossenschaftlichen Selbstverwaltungsgedanken“605. Da die Genossenschaften Mitglied des als e. V. verfassten (§ 63b Abs. 1 GenG) Prüfungsverbands sind, wählen und besetzen sie dessen Vereinsorgane und bilden so den Verbandswillen.606 Sie verfügen – in den Grenzen des § 63c GenG – über die Satzungsautonomie (§ 25 BGB). Zudem bleibt die Verbandsautonomie der Genossenschaften bei der Prüfungsverfolgung gewahrt: Die Prüfungsverbände können nur nach Maßgabe der §§ 58 ff. GenG darauf drängen, dass die Genossenschaften die durch die Prüfung festgestellten Mängel beseitigen – und insoweit beraten. Da ihnen kein Weisungsrecht gegenüber der zu prüfenden eG zusteht, können sie die Mängelbeseitigung nicht einseitig gegen deren Willen erzwingen.607 Es liegt stets in der freien Selbstbestimmung des Vorstands und des Aufsichtsrats als Entscheidungsträger der eG, ob und wie sie auf die Beanstandungen des Prüfungsverbands reagieren.608 Unabhängig davon, ob man § 63b Abs. 4 S. 1 Var. 2 GenG609 oder die §§ 54, 54a GenG610 verfassungskonform auslegt, kann die eG schließlich die Verbandsmitgliedschaft auf die Pflichtprüfung und die damit zusammenhängende Betreuungstätigkeit beschränken. Sie muss daher eine über die gesetzliche Pflichtprüfung hinausgehende Interessenvertretung (sog. Kann-Aufgaben) nach § 63b Abs. 4 S. 1 Var. 2 GenG nicht gegen ihren Willen mitfinanzieren.611 (b) Rechtsformalternativen und Rechtsformwechsel Weiter wird die Eingriffsintensität der Pflichtmitgliedschaft dadurch relativiert, dass die Genossenschaften den Prüfungsverband frei bestimmen, jederzeit wechseln (§ 54a GenG) und einen neuen Prüfungsverband gründen können.612 Die eG kann rechtlich betrachtet ihren Prüfer selbst wählen: Entgegen der missverständ­ lichen amtlichen Gesetzesüberschrift verpflichtet § 54 S. 1 GenG nicht zur Mit 603

Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). Beuthien, WPg 2012, 715 (717). 605 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619). Zu absolut Esser /  Hillebrand / Walter, WPg 2007, 32 (33): „System der genossenschaftlichen Selbstverwaltung konsequent fortsetzen“. 606 Beuthien, WM 2021, 1305 (1307); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 464; Klusak, Reformreferate III, 1959, S. 235 (248). 607 Allgemeine Ansicht, Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 53 Rn. 7; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 17; Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 28a; Beuthien /  Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12. Eingehend zur Prüfungsverfolgung Zweiter Teil B. III. 608 Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 28a. 609 So BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981. 610 So Beuthien / Schöpflin, DB 1997, 361. 611 BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619). 612 Beuthien, WM 2021, 1305 (1307); Turner, NJW 1997, 853 (854). 604

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gliedschaft in einem bestimmten Prüfungsverband, sondern sieht lediglich vor, dass die eG Mitglied in irgendeinem Prüfungsverband sein muss. Entsprechend ist die eG nicht zum dauerhaften Verbleib in einem bestimmten Prüfungsverband verpflichtet, sondern kann – was § 54a GenG ausdrücklich gestattet – den Prüfungsverband wechseln. Die eG kann daher ihre Mitgliedschaft im Prüfungsverband jederzeit kündigen, wobei die Kündigungsfrist höchstens zwei Jahre betragen darf (§ 63b Abs. 1 GenG i. V. m. § 39 Abs. 2 BGB); zudem darf die Verbandssatzung den Austritt nicht einschränken oder unangemessen erschweren.613 Auch steht es den Genossenschaften frei, mehreren Prüfungsverbänden beizutreten. Die Prüfung führt im Fall einer solchen – unglücklich bezeichneten614 – „Doppelmitgliedschaft“ grundsätzlich der Prüfungsverband durch, bei dem die eG die Mitgliedschaft zuerst erworben hat (sog. Prioritätsprinzip), was jedenfalls seit 2017 durch § 55 Abs. 4 GenG klargestellt ist615. Darüber hinaus kann man sich dem genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystem insgesamt – also Gründungsprüfung, Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft – vollständig entziehen. Da der eG kein Förderzweckmonopol zukommt, lassen sich förderwirtschaftliche Ziele nicht nur mittels der Rechtsform eG verfolgen. Vielmehr steht es den Beteiligten frei, förderwirtschaftlichen Zielen mittels anderer Rechtsformen nachzugehen.616 Namentlich kann von vornherein eine andere Rechtsform gewählt und diese genossenschaftlich organisiert werden. Zudem kann die Rechtsform eG nachträglich aufgegeben und in eine andere Vereinigungsform umgewandelt werden, mittels derer sich die Beteiligten förderwirtschaftlich betätigen.617 In beiden Fällen gelten die §§ 53 ff. GenG nicht (mehr), sondern  – wenn überhaupt  – die für die jeweilige Rechtsform einschlägigen gesetzlichen Prüfungsvorschriften. (c) „Doppelkontrolle“ der Prüfungsverbände Ferner sieht das GenG eine „Kontrolle der Kontrolleure“618 vor: Durch die Novelle 1934 wurde nicht nur die Pflichtmitgliedschaft eingeführt, sondern die genossenschaftlichen Prüfungsverbände – als Gegengewicht zur umfassenden Verbands 613

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 4. Die Bezeichnung „Doppelmitgliedschaft“ (so insbesondere BT-Drs. 18/12998, S. 20) ist zweifach ungenau: Erstens ist die eG in einem Prüfungsverband nicht doppelt, sondern (mehrfach) einfaches (Vereins-)Mitglied. Darauf zu Recht hinweisend Beuthien, WPg 2012, 715 (715). Zweitens kann die eG nicht nur zwei, sondern „mehreren Verbänden“ (§ 55 Abs. 4 GenG) angehören; möglich ist demnach auch die Mitgliedschaft in drei oder mehr Prüfungsverbänden. 615 Zur (umstrittenen) Rechtslage vor der Novelle 2017 Beuthien, WPg 2012, 715; Faerber /  Garbe, ZfgG 2011, 277, jeweils m. w. N. Zur Behandlung von Altfällen Zabel, NZG 2020, 218. 616 Näher Beuthien / Beuthien, GenG, § 1 Rn. 81 ff. 617 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (83); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 166. 618 Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 40. 614

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prüfung619  – zugleich einer unmittelbaren Staatsaufsicht unterstellt (§ 64 Abs. 1 GenG). Die Aufsichtsbehörde kann erforderliche Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, „dass der Verband die ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt“ (§ 64 Abs. 2 S. 1 GenG). Bei ihrer Aufsicht haben die staatlichen Aufsichtsbehörden darauf zu achten, dass die Verbände die Pflichtaufgabe nach § 53 Abs. 1 GenG ordnungsgemäß erfüllen und die Genossenschaften hierbei nicht übermäßig belasten. Zusätzlich zur Rechtsaufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde besteht für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände seit 2009 nicht nur die Pflicht zur internen Qualitätskontrolle (§ 63c Abs. 2 GenG), sondern bereits seit 2002 die Pflicht zur externen Qualitätskontrolle (§§ 63e ff. GenG).620 Durch Letztere soll die Qualität der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sichergestellt werden. Insgesamt wird die Tätigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände mithin doppelt kontrolliert – durch die Rechtsaufsicht der zuständigen Aufsichtsbehörde und durch die Fachaufsicht der Wirtschaftsprüferkammer.621 (d) Neuerdings: Größenabhängige Prüfungserleichterungen Die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG gilt zwar für alle Genossenschaften  – unabhängig von deren Größe, Umsatz oder Mitgliederanzahl. Allerdings werden die mit der verpflichtenden Verbandsmitgliedschaft einhergehenden finanziellen und bürokratischen Belastungen vom Gesetzgeber dadurch abgemildert, dass er die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften dereguliert622: Nicht nur wird bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme unter einem bestimmten Schwellenwert liegt, auf die grundsätzlich jährlich stattfindende Pflichtprüfung verzichtet (§ 53 Abs. 1 GenG).623 Vielmehr sind sie seit der Novelle 2006 von der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts befreit (§ 53 Abs. 2 S. 1 GenG).624 Zudem wurden durch das „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17. 7. 2017625 (erneut) die Schwellenwerte des § 53 Abs. 2 S. 1 GenG erhöht und § 53a GenG eingefügt, nach dem sich bei Kleinstgenossenschaften im Sinne von § 336 Abs. 2 S. 3 HGB jede zweite Pflichtprüfung auf eine vereinfachte Prüfung beschränkt. Demnach ist die größenunabhängig geltende Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 619

Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 207. Näher Zweiter Teil D. II. Näher dazu Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 9. 621 Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 9. Ferner BT-Drs. 14/6456, S. 15: „Im Ergebnis unterliegen die Prüfungsverbände damit einer doppelten Kontrolle“. 622 Eingehend zum Prüfungsregime für kleine Genossenschaften Zweiter Teil B. II. 623 Diese Regelungskonzeption geht zurück auf das Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. 10. 1934 (RGBl. 1934 I, S. 1077), mit dem § 51 des GenG von 1889 als neuer § 53 wesentlich umgestaltet wurde. 624 Hierdurch wurde eine Anregung des Bundesrats aufgegriffen, der vorschlug, die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung „auf Genossenschaften mit relativ geringen Umsatzerlösen oder einer relativ kleinen Mitgliederzahl“ zu erweitern, BT-Drs. 16/1025, S. 105. 625 BGBl. 2017 I, S. 2434. 620

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GenG für kleine Genossenschaften unterhalb einer bestimmten Unternehmensgröße nicht unangemessen.626 Umgekehrt ist die Pflichtmitgliedschaft auch nicht für Großgenossenschaften über einer bestimmten Unternehmensgröße unangemessen – und muss daher für diese nicht gelockert werden627. Denn zum einen steht die Gefährdung von Gläubigerinteressen in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Größe der eG.628 Jede strukturell haftungsschwache eG muss grundsätzlich der gläubigerschützenden Förderwirtschaftsprüfung durch einen Prüfungsverband unterliegen und diesem dafür angehören. Zum anderen differenziert das GenG in § 1 Abs. 1 GenG nicht nach der Größe der eG. Vielmehr ist der Förderzweck für jede eG verbindlicher Verbandszweck – sei sie noch so groß oder klein. Somit müssen die Förderinteressen aller Genossenschaftsmitglieder durch die Förderwirtschaftsprüfung des Prüfungsverbands geschützt werden, dem die eG verpflichtend angehören muss.629 2. Beibehaltung de lege ferenda? Von der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft zu trennen ist eine der Fragen des deutschen Genossenschaftsrechts630: Ist die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband rechtspolitisch überholt und vom Gesetzgeber abzuschaffen; oder überzeugt diese noch immer und sollte vom Gesetzgeber beibehalten werden? a) Bestandsaufnahme Über die Frage, ob zusätzlich zur umfassenden Pflichtprüfung die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband geboten ist, wird seit langem diskutiert. Eine zentrale Frage der Mitte des 20. Jahrhunderts eingesetzten Sachverständigenkommission, die das geltende GenG mit dem Ziel seiner umfassenden Reform überprüfen sollte, war es, zu untersuchen, ob an „der Pflichtmitgliedschaft festgehalten werden soll.“631 Zuvor hatten sich Teile der Literatur632 dafür ausge 626

A. A. Bösche, npoR 2014, 229 (230); ders., ZfgG 2008, 98 (104). Dafür Beuthien, BzD 1999, 8 (10); Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339. 628 Ähnlich BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619). 629 Beuthien, BzD 1999, 8 (13): „Als stets unumgänglich erweist sich wiederum nur die besondere Kontrolle der Förderzweckerreichung.“ 630 Beuthien, ZfgG 2022, 77 (81): „juristisches Wespennest“. 631 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (38). Siehe dazu die Referate: v. ­Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (68 ff.). 632 Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 25 f.; Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 66 ff.; ders., ZfgG 1951, 265 (268). 627

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sprochen, die Pflichtmitgliedschaft weiter beizubehalten; das auf der Pflichtmitgliedschaft und Pflichtprüfung beruhende genossenschaftliche Prüfungswesen sei zum „Kernstück des deutschen Genossenschaftswesens“633 geworden. Hingegen wollten andere Teile die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband lockern oder abschaffen.634 Im neueren Schrifttum wird die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband kontrovers diskutiert und abweichend beurteilt: Teile sehen diese als Vorteil der Rechtsform eG und plädieren aufgrund der damit verbundenen Vorteile dafür, an ihr weiterhin festzuhalten.635 Das Pflichtprüfungssystem sollte „nicht ohne Not beseitigt“636 werden, vielmehr sei es „in seiner derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung ausgewogen und unverzichtbar“637. Die heutigen Genossenschaften seien ohne ihre Verbände nicht oder kaum denkbar.638 Dem stehen zunehmend kritische Literaturstimmen gegenüber.639 Diese bewerten die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband als Nachteil der Rechtsform eG und mögliches Gründungshindernis, da sie im Vergleich zu anderen Rechtsformen zu einer höheren Kostenbelastung führe; insbesondere kleine Genossenschaften müssten davon freigestellt werden640. Weiter wird rechtsvergleichend darauf verwiesen, dass nur das österreichische und deutsche Genossenschaftsrecht eine Pflichtmitgliedschaft vorsehen, nicht hingegen die Rechtsordnungen anderer europäischer Staaten.641 Teile der Literatur meinen daher, es sei zu erwägen, die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband abzuschaffen642, während andere Teile weitergehend die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft und der Pflichtprüfung der eG vorschlagen643. Jedenfalls müsse kritisch geprüft werden, ob die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband beizubehalten ist.644

633

So Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 297. Wulf, WPg 1956, 297 (300); Bömcke, ZfgG 1956, 231 (232 f.). 635 Schulze, in: Theurl / Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, 2002, S. 9 (26 f.); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461 ff.; Seifert, Die Kleine Genossenschaft in Italien, 2018, S. 312; ferner Barth, Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, 1964, S. 72 ff., 117 ff. 636 Spanier, WPg 2001, 767 (771). 637 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2150). 638 Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 196. 639 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 54 Rn. 15 ff.; Bösche, ZfgG 2008, 98 (101 f.); Heß, ZfgG 2009, 285; Kober, ZfgG 2014, 31; jüngst Beuthien, WM 2021, 1305; bereits Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1 ff.; zumindest zweifelnd Wulz / Weber, WPg 1985, 293 (294). 640 Bösche, npoR 2014, 229 (230); Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (21). 641 Bösche, ZfgG 2008, 98 (100 f.); Heß, ZfgG 2009, 285 (294): „im europäischen Vergleich weitgehend singulär“; Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (21). 642 So Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 335, 344. 643 Lucas, Das Genossenschaftsrecht der Niederlande, 2001, S. 230; ferner Bösche, ZfgG 2008, 98 (101). 644 Heß, ZfgG 2009, 285 (296); Lehmann / Sieker, ZfgG 2015, 3 (21): „auf dem Prüfstand des Gesetzgebers bleiben“; ferner Kober, ZfgG 2014, 31 (33, 42). 634

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Neuerdings wird – wie früher bereits vereinzelt645 – in der Literatur geltend gemacht, dass die 1934 eingeführte Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband lediglich der „Gleichschaltung“ gedient habe.646 Die Begründungen, die für die Schaffung der Pflichtmitgliedschaft angeführt werden, seien „historisch völlig falsch“647; die Pflichtmitgliedschaft sei vielmehr „Ausdruck des Führerprinzips“648. Neben dem Entstehungszeitpunkt im Jahr 1934 wird unter anderem damit argumentiert, dass die Anzahl der AGs oder GmbHs in den Jahren 1929 bis 1932 stark abgenommen hätte, während die der Genossenschaften anfangs sogar leicht gestiegen und insgesamt nur eine leichte Abnahme zu verzeichnen sei.649 Weiter hätten die ersten Gesetzesentwürfe für die Novelle 1934 keine verpflichtende Verbandszuordnung der Genossenschaften vorgesehen; die gleichlautend in das GenG übernommene Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband sei erstmalig im letzten Gesetzesentwurf650 bzw. den letzten beiden Gesetzesentwürfen651 des NS-Reichsministeriums vorgesehen gewesen.652 Die 1934 eingeführte Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband müsste daher „endlich wieder aufgehoben werden.“653 b) Stellungnahme Zu klären ist nach alledem, ob die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband rechtspolitisch überholt und vom Gesetzgeber daher abzuschaffen ist; oder ob diese weiterhin überzeugt und vom Gesetzgeber beibehalten werden sollte.

645

Pramann, Die genossenschaftlichen Betreuungsverbände, 1972, S. 41; diesem folgend Frankenbach, Die genossenschaftsrechtliche Pflichtprüfung und ihre Auswirkungen auf die Geschäftsführung, 1987, S. 79 – Fn. 7. Ferner Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (110). 646 Zuletzt Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 135 ff.; ders., Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 36 ff.; ders., Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 245 ff., insbes. S. 255 ff. Dem folgend: Bösche, npoR 2014, 229 (230); jüngst Beuthien, WM 2021, 1305 (1309): „Maßnahme der nationalsozialistischen Wirtschaftsgleichschaltung“; ders., ZfgG 2022, 77 (77): „Maßnahme der nationalsozialistischen Gleichschaltung“. 647 Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 247. 648 Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 265. 649 Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 247 ff.; ähnlich Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1 f. 650 Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 84 geht von insgesamt sechs Gesetzesentwürfen aus (vgl. zu den Entwürfen den Anhang, S. 133 ff.). 651 Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 135 ff. ermittelte in den Akten des Bundesarchives (BArch, R 3001/3066 und R 3001/3067) sieben Gesetzesentwürfe. 652 Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 142 ff.; ders., Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 36; ders., Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 255; bezugnehmend auf Pramann, Die genossenschaftlichen Betreuungsverbände, 1972, S. 30 ff.; Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 89. 653 So bereits zuvor Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 270. Ferner ders., Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 76.

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aa) Keine isolierte Betrachtung Die rechtspolitische Debatte greift zunächst zu kurz, da sie verengt nur um die nach § 54 S. 1 GenG vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft geführt wird. Indes kann die Pflichtmitgliedschaft der eG nicht isoliert betrachtet und rechtspolitisch bewertet werden. Vielmehr hängt § 54 GenG mit den §§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 1, 54a GenG rechtssystematisch zusammen, die insgesamt das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem determinieren654: Die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband ist zum einen zwingende Voraussetzung, um in das Genossenschaftsregister eingetragen zu werden (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 1 GenG) – und damit Entstehungsvoraussetzung. Zum anderen wird eine eG registergerichtlich aufgelöst, sofern sie dauerhaft keinem Prüfungsverband angehört (§ 54a Abs. 2 S. 1 GenG); die Pflichtmitgliedschaft ist somit Fortbestehensvoraussetzung. Daraus folgt: Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem kann nur insgesamt mit Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG untersucht und insoweit etwaige Regelungsalternativen rechtspolitisch bewertet werden. Entsprechend kann der Gesetzgeber an dem auf der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband aufbauenden genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystem nur insgesamt festhalten oder sich von diesem Prüfungssystem grundsätzlich lösen, nicht aber § 54 GenG isoliert abschaffen655. Entsprechend verfehlt war daher der Vorschlag des Referentenentwurfs von 1962, welcher die Pflichtmitgliedschaft lediglich als Eintragungsvoraussetzung in das Genossenschaftsregister beibehalten (§ 10 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nr. 6) und darüber hinaus abschaffen wollte (§§ 127 Abs. 1, 145).656 Sollte sich der Gesetzgeber dazu entscheiden, die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG aufzuheben, muss er folglich nicht nur zugleich neu regeln, wer die nach § 53 Abs. 1 GenG angeordnete Pflichtprüfung durchzuführen hat, sondern auch die mit § 54 GenG zusammenhängenden Vorschriften nach §§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 1, 54a GenG reformieren.657

654

Darauf zu Recht hinweisend Beuthien, WM 2021, 1305 (1307); Großfeld, ZfgG 2003, 181 (183): „strukturprägend“. 655 So aber wohl Kaltenborn, Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 76: „Es ist dringend Zeit, die Gesetzesänderung von 1934 wieder zurückzudrehen. Das muss nicht vollständig geschehen. Aber die Zwangsmitgliedschaft sollte endlich wieder aufgehoben werden.“ Bereits zuvor ders., Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 270. 656 Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom 23. 2. 1962 (abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 ff. 657 Beuthien, WM 2021, 1305 (1307).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

bb) Nationalsozialistisches Relikt? Ex post lässt sich nicht jeder Zusammenhang zwischen der Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG und dem nationalsozialistischen Staat ausschließen.658 (1) Unstreitig: „Gleichschaltung“ des Genossenschaftswesens Nicht zu bestreiten ist, dass das genossenschaftliche Verbandswesen vom nationalsozialistischen Staat insgesamt „gleichgeschaltet“ wurde – freilich vor der Novelle 1934659: Namentlich wurden die landwirtschaftlichen Genossenschaften und deren Zusammenschlüsse im September 1933660 gesetzlich dem Reichsnährstand, also einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zugeordnet.661 Weiter wurden die Konsumgenossenschaften im Mai 1933 mit ihren Zentralverbänden in die Deutsche Arbeitsfront eingegliedert.662 Ferner wurden sowohl die Wohnungsgenossenschaften als gemeinnützige Wohnungsunternehmen als auch die Verbände von Wohnungsunternehmen im Juli 1933663 gesetzlich einer umfassenden behördlichen Überwachung unterstellt, die sich auf deren Satzung und Selbstverwaltung bezog.664 Zudem „vereinnahmte“ der nationalsozialistische Staat die Genossenschaftsverbände personell, indem er sie mit politischen Funktionären besetzte.665

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Ähnlich Jenkis, Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Kritik und Reformvorschlägen, 1980, S. 43 f.: „Dennoch ist nicht auszuschließen, daß in der Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. Oktober 1934 – die sachlich bereits früher notwendig war – NS-Gedanken enthalten gewesen sein mögen. Wie aber will man eine überfällige Gesetzesreform von der jeweiligen Staats- oder Regierungsform trennen?“ 659 Im Einzelnen Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 108 ff. Ferner Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 39 f.; Bludau, Nationalsozialismus und Genossenschaften, 1968, S. 44 ff. Zu euphemistisch Schubert, in: Institut für Genos­senschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 21 (56): Der Nationalsozialismus habe von einer völligen Gleichschaltung des genossenschaftlichen Verbandswesens abgesehen. 660 Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes und Maßnahmen zur Marktund Preisregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse vom 13. 9. 1933, RGBl. 1933 I, S. 626. 661 Näher Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 108 ff. 662 Näher Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 115 ff. 663 Gesetz zur Sicherung der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 14. 6. 1933, RGBl. 1933 I, S. 484. 664 Näher Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 119 ff. 665 Vgl. Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 43; Bludau, Nationalsozialismus und Genossenschaften, 1968, S. 45 ff.; vgl. zum landwirtschaftlichen und gewerblichen Genossenschaftswesen in Bayern: Hüttl, Genossenschaftsverband Bayern, 1993, S. 159 ff., 390 ff.

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(2) Keine nationalsozialistische „Idee“ Indes gab es während des Nationalsozialismus keine generelle und grundsätzliche Reform des GenG, sodass die Wesensmerkmale der freien eG rechtlich unangetastet blieben.666 Im Gegenteil lehnte man es ab, das Führerprinzip auf den Vorstand der eG zu übertragen, da man es mit dem genossenschaftlichen Identitätsprinzip für unvereinbar hielt.667 Auch handelt es sich bei der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband um keine nationalsozialistische „Erfindung“.668 (a) Konzeption des GenG von 1889: Vorrangige Verbandsprüfung Gegen den Vorwurf, die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband sei nationalsozialistischem Gedankengut entsprungen, sprechen zunächst die ersten Regelungen zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung des GenG von 1889. Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sollten möglichst alle Genossenschaften der vorrangigen Verbandsprüfung unterliegen.669 Hingegen erachtete er die Prüfung durch gerichtlich bestellte Prüfer nur als „subsidiär eintretende Art der Revisorenbestellung“670. Mit deren Zulassung wollte der Gesetzgeber einen Kompromiss herstellen, nachdem über die Regelungen zur Pflichtprüfung vor Erlass des GenG von 1889 heftig gestritten wurde.671

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Näher Reif, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (6). 667 Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 24 ff.; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 354. 668 Ebenso Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 31, 42, 44; Boettcher (Hrsg.): Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 16; Gehrlein, WM 1995, 1781 (1782); Graumann, ZfgG 1998, 7 (9); Jenkis, BB 1982, 1702 (1704); Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd.  1, § 53 Rn. 2; Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 32 f.; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 38; Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1g; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 168, 196; ders., NZG 1999, 140 (142); Turner, in: Steding / Eisen (Hrsg.), Genossenschaftssichten, 1997, S. 23 (26 – Fn. 4). 669 Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (205). 670 So die Allgemeine Begründung zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 185 (211), ferner die Besondere Begründung, a. a. O., S. 222 (257): „subsidiäre Bestellung“. Vgl. ferner Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 31: „von vornherein […] als eine subsidiäre Einrichtung zu betrachten“; Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 30: „von Anfang an nur als Behelf eingerichtet worden“. 671 Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 20 f.; Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 29; Letschert, BlfG 1937, 493 (494); Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 32.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Diese gesetzgeberische Konzeption entsprach der genossenschaftlichen Wirklichkeit, in der die gerichtlich bestellten Prüfer keine große Bedeutung erlangten.672 Nur wenige Genossenschaften nutzten die Möglichkeit der gerichtlichen Prüferbestellung, während der ganz überwiegende Teil einem Prüfungsverband angehörte.673 Dementsprechend mussten infolge der Novelle 1934 nur wenige, bislang verbandsfreie Genossenschaften einem Prüfungsverband beitreten.674 (b) Frühere Reformbestrebungen Weiter wurde eine verpflichtende Verbandsmitgliedschaft der Genossenschaften schon vor dem Nationalsozialismus als Reformvorschlag erörtert und teils ausdrücklich gefordert. Bereits bei den Beratungen des GenG von 1889 wurde erwogen, die Genossenschaften zum Verbandsbeitritt zu verpflichten.675 Der Vorschlag einer verpflichtenden Verbandsmitgliedschaft der Genossenschaften wurde vor allem diskutiert, nachdem die „Zweiteilung“ des GenG von 1889, wonach der Prüfer für verbandsangehörige Genossenschaften durch den Verband bestellt werden konnte (§ 52), während er für verbandsfreie (sog. wilde) Genossenschaften auf deren Antrag vom Gericht bestellt wurde (§ 59), in die Kritik geraten war. Diese beruhte darauf, dass Genossenschaften aufsehenerregend zusammenbrachen; insbesondere bei landwirtschaftlichen Genossenschaften in Hessen kam es zu einer Krise676. Es stand daher zeitnah fest, dass die Vorschriften des GenG von 1889 zur „Revision“ reformbedürftig sind.677 Insbesondere die von gerichtlich bestellten Prüfern durchgeführten Prüfungen wurden im genossenschaft 672

Grünfeld / Hildebrand, Genossenschaftswesen, 1929, S. 127; Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 23; zweifelnd Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 174 f. 673 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 54 f.; Deumer, Das deutsche Genossenschaftswesen, 1927, S. 59; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 37. 674 Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 33; Paulick, ZfgG 1951, 265 (267). 675 Wulf, WPg 1956, 297 (298); Hildebrand, Grundriss der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 10, 1930, S. 218 (221 f.). 676 Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 18; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 1; Conradi, BankArch 1913, 59 (66), der vom Zusammenbruch des Spar- und Creditvereins Nieder-Modau eG berichtet. Die Anzahl der Mitglieder habe 199 betragen, die Überschuldung rund 1,6 Millionen Mark. Alle Mitglieder, vor allem kleine Bauern, verloren infolge der persönlichen Haftung ihr gesamtes Vermögen; ferner Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 26. 677 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 52; Gladosch, BB 1950, 854 (854): „lange vor der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus angestrebte Neuregelung des genossenschaftlichen Prüfungswesens“. Demgegenüber Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 36: „bis zum Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft keinerlei Tendenzen, die gesetzlichen Regelungen zum Revisionswesen zu verändern“.

C. Organisation

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lichen Schrifttum lange vor dem Nationalsozialismus kritisiert.678 Der erste Satz der amtlichen Gesetzesbegründung zum Änderungsgesetz vom 30. 10. 1934 lautet denn auch ausdrücklich: „Der Entwurf bringt die seit langem geplante Reform der genossenschaftlichen Prüfung.“679 Dass sich die Prüfung durch die gerichtlich bestellten Prüfer nicht bewährte680 und diese „nur ein unzureichender Ersatz für die Prüfung durch den Revisionsverband“681 war, ist naheliegend: Den gerichtlich bestellten Prüfern dürfte es – wie bereits bei den Beratungen des GenG von 1889 befürchtet682 – oft an Sachkunde gefehlt haben, was von den Gerichten nicht überprüft werden konnte.683 Weiter sollten die Genossenschaften zwar geeignete Prüfer auswählen und den Gerichten solche Prüfer vorschlagen, die ihr Vertrauen genossen684; das war insbesondere die Hoffnung von Schulze-Delitzsch.685 Allerdings konnte das Vorschlagsrecht dazu missbraucht werden, ungeeignete und „angenehme“ Prüfer vorzuschlagen.686 Schließlich war die Tätigkeit der gerichtlich bestellten Prüfer nach durchgeführter

678

Parisius / Crecelius, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1924, § 61 Anm. 1; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 37; zustimmend insoweit auch Crüger, BlfG 1913, 805 (808); ders., DJZ 1914, 542 (544). 679 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76). 680 So die allgemeine Ansicht, Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (37); Crüger, DJZ 1914, 542 (544): „zweifellos nur eine Formalität und hat keinen inneren Wert“; Gehrlein, WM 1995, 1781 (1782): „leere Formsache“; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 295; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 4; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 38. 681 So die amtliche Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (72). 682 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 7. Legislaturperiode 4. Session 1888/89, Band 5, Zweiter Anlageband zu den Stenographischen Berichten, Nr. 103 bis 141, 1889, S. 703 (806): „Woher wolle aber jeder Registerrichter Verständniß dafür haben, welche Befähigung bei einem Revisor zur Vornahme einer ordnungsmäßigen Revision erforderlich sei […]? Die Folge werde also sein, daß zum Schaden der Genossenschaften auch unfähige und unzuverlässige Personen zu Revisoren bestellt werden“; weiter a. a. O., S. 810: „Man solle sich hüten, wozu leider vielfach die Neigung bestehe, den Richter auf einen Boden zu verpflanzen, wo er nicht am Platze sei und den gehegten Erwartungen nicht genügen könne“. 683 Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 31 f.; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 38; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 18. 684 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 47. 685 Schulze-Delitzsch, Material zur Revision des Genossenschafts-Gesetzes, 1883, S. 90: „Sache der Genossenschaften […] sich von deren Befähigung vorher zu überzeugen, wozu sie schon durch ihr eigenes Interesse veranlaßt werden“ sowie a. a. O., S. 91: „Im eigenen Interesse werden ja die Genossenschaften bei Berufung der Revisoren deren Brauchbarkeit zu den fraglichen Funktionen in das Auge fassen, für welche sie dieselben honoriren müssen.“ 686 Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 48; Zirwas / Buchholz, Das Genossenschaftliche Prüfungswesen, 1938, S. 21.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Prüfung beendet, sodass die Beseitigung der gerügten Mängel abweichend von der Verbandsprüfung nicht überwacht wurde.687 Aufgrund der genannten Zusammenbrüche wurden Forderungen nach einer verpflichtenden Verbandsmitgliedschaft der Genossenschaften laut: Namentlich beschäftigte sich die Gewerbekammer Hamburg im Jahr 1912 mit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung und forderte ausdrücklich: „Alle Genossenschaften sollen verpflichtet sein, einem Revisionsverbande anzugehören.“688 Auch im Jahr 1913 wurde die Abschaffung verbandsfreier Genossenschaften verlangt.689 Schließlich hatte sich der Reichstag im Jahr 1914 mit einem Antrag auseinanderzusetzen, wonach für die verbandsfreien Genossenschaften „Zwangsrevisionsverbände“ gebildet werden sollten.690 Ablehnend standen einer solchen „Zwangsorganisation“ die Genossenschaftsverbände selbst entgegen.691 Zum einen hielten sie die Pflichtmitgliedschaft mit den Prinzipien der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung für unvereinbar. Zum anderen befürchteten sie als Kehrseite der Pflichtmitgliedschaft eine Aufnahmepflicht für alle Genossenschaften.692 Zu verweisen ist schlussendlich auf das gemeinnützige Wohnungswesen: Gemeinnützige Wohnungsunternehmen wurden kapitalintensiv mit öffentlichen Mitteln ausgestattet, was eine effektive Prüfung der Unternehmen notwendig machte.693 Daher wurde für alle gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – unabhängig von deren Rechtsform – neben regelmäßigen Pflichtprüfungen im Jahr 1930 eine verpflichtende Verbandsmitgliedschaft eingeführt. Diese mussten nach § 14 der „Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ vom 1. 12. 1930 „einem Verbande von Wohnungsunternehmen angehören, dem ge 687 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 9; Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 30; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 34; Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 38. 688 Crüger, Jahrbuch des Allgemeinen Verbandes für 1912, 1913, S. XXIX. Vgl. ferner Petersen, BlfG 1912, 170 (171): „so erscheint der Wunsch nur berechtigt, die sämtlichen Genossenschaften Deutschlands, soweit für die Bezeichnung ‚wilde‘ gilt, würden gesetzlich gezwungen, sich einem Revisionsverbande anzuschließen“. 689 Conradi, BankArch 1913, 59 (66). 690 Antrag von Dr. Faßbender und Dr. Jaeger vom 9. 3. 1914 zu einer Gesetzesvorlage, durch die insbesondere das Revisonswesen abgeändert werden sollte, Verhandlungen des Reichstages, 13. Legislaturperiode 1. Session, Band 304, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Nr. 1398 bis 1546, 1914, (Anlage Nr. 1451) S. 2975 f. 691 Vgl. Letschert, in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (136). 692 Crüger, BlfG 1913, 805 (805, 808); Feldmann, Rechtsstellung, 1936, S. 79 ff.; Parisius /  Crecelius, Das Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1924, Einleitung S. 41 f.: „Ganz bedenklich sind nun auch die Vorschläge, die auf eine Beseitigung der gerichtlichen Revision gerichtet sind, indem die Bildung von Zwangsrevisionsverbänden gefordert wird.“; ferner Letschert, BlfG 1937, 513 (513); Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 40. 693 Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 197.

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mäß § 54 GenG des Genossenschaftsgesetzes […] das Recht zur Bestellung eines Revisors verliehen ist“694. Gehörten sie keinem Prüfungsverband an, verloren sie die Anerkennung als gemeinnützig.695 Diese Pflichtmitgliedschaft aller, auch nichtgenossenschaftlicher Wohnungsunternehmen wurde vom 1940 erlassenen, zwischenzeitlich durch das Steuerreformgesetz  1990696 ersatzlos aufgehobenen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz übernommen und war für die Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen zwingende Voraussetzung.697 (c) Überwiegend Zusammenbrüche verbandsfreier Genossenschaften? Darüber hinaus ist zwar zu konzedieren, dass die in der Literatur698 ganz überwiegend vertretene These, wonach vor allem verbandsfreie Genossenschaften (sog. wilde Genossenschaften) während der Weltwirtschaftskrise zusammengebrochen seien, während sich die verbandsangehörigen Genossenschaften bewährt hätten, nicht genau belegt ist.699 Allerdings vermag die Argumentation, die Genossenschaften hätten die Weltwirtschaftskrise wesentlich besser überstanden, während es bei AGs und GmbHs zu erheblich mehr Zusammenbrüchen gekommen sei700, die These auch nicht zu widerlegen. Denn zunächst ist die Gegenüberstellung der Unternehmensanzahl von 1929 bis 1932 nach Rechtsformen wenig ergiebig.701 Zutreffend ist zwar, dass die Zusammenbrüche während der Weltwirtschaftskrise nicht verengt als genossenschaftsspezifisches Phänomen betrachtet werden 694

RGBl. 1930 I, S. 517 (595). Vgl. dazu Meier / Draeger, Die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen, 1931, S. 101 ff. Zudem unterlagen die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen weitergehend nach § 20 GemVO der laufenden Aufsicht der Anerkennungsbehörden. Zur Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände nach dem WGG Pauli, Die Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1957, S. 76 ff. 696 BGBl. 1988 I, S. 1093. 697 Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (813). 698 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (37); Bergmann, ZfgG 2001, 217 (220); Bömcke, WPg 1956, 574 (574); v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (10); Jenkis, BB 1982, 1702 (1704); Keßler / Kühnberger, ZfgG 2008, 144 (152); Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 2, § 54 Rn. 1; Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (210); Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 53 Rn. 1 f., § 54 Rn. 1; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 34 f., 126; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 295; bereits Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 38. 699 Ebenso Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 53. 700 Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 249; ebenso Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 66. 701 So aber Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 247 ff.; ferner ders., Die Überwältigung, 2020, S. 47; ders., Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 26 f. konstatiert aber sodann, dass „einige andere Gründe als die unmittelbar aus der Wirtschaftskrise resultierenden Konsequenzen zu dieser Entwicklung bei Aktiengesellschaft und GmbH geführt haben“, was jedoch „allenfalls nur einen kleinen Teil der Abnahmen erklären“ könne. 695

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

können, sondern Unternehmen jeglicher Rechtsformen betroffen waren.702 So beruht auch die im Jahr 1931 erstmals eingeführte Pflichtprüfung der Kapitalgesellschaften auf den Missständen während der Weltwirtschaftskrise.703 Dass die Anzahl der Genossenschaften im fraglichen Zeitraum absolut die geringste Abnahme aufweist, könnte zudem auf deren besondere Krisenfestigkeit hinweisen. Allerdings wäre zum einen entscheidend, wie viele Zusammenbrüche anteilig auf verbandsangehörige und verbandsfreie Genossenschaften entfielen; dieses Verhältnis lässt sich heute nicht (mehr) sicher ermitteln.704 Selbst wenn die These, wonach die – verbandsfreien wie verbandszugehörigen – Genossenschaften die Weltwirtschaftskrise insgesamt besonders gut überstanden haben, zuträfe, ist zum anderen zu beachten, dass der ganz überwiegende Anteil der Genossenschaften bereits vor der Novelle 1934 einem Verband angehörte705. Folglich könnte die besondere Krisenfestigkeit der Genossenschaften Ausdruck der verbandsmäßigen Organisation gewesen sein – und damit nicht gegen, sondern für die verpflichtende Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband sprechen.706 Gegen eine durch die 1934 eingeführte Pflichtmitgliedschaft intendierte, rasche „Gleichschaltung“ der Genossenschaften spricht jedenfalls, dass der Gesetzgeber den Genossenschaften eine „ausreichende Zeit für die hierdurch bedingte Umstellung“707 einräumte. Der neu gefasste § 54 Abs. 1 GenG trat zwar am 15. 12. 1934 in Kraft.708 Allerdings wurde für bisher verbandsfreie Genossenschaften eine Übergangsfrist von zwei Jahren bestimmt, binnen dieser sie eine Verbandsmitgliedschaft erwerben mussten; andernfalls wurden sie aufgelöst.709

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Kaltenborn, Schein und Wirklichkeit, 2014, S. 247 ff.; Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 1 f. Vgl. nur MüKoBilanzR / Bormann, HGB, § 316 Rn. 6. 704 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 54 ff. 705 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 54 f., 64 f.; Buchholz, Der Wirtschaftstreuhänder 1934, 491 (492); Knebel, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Genossenschaften, 1941, S. 33; Paulick, ZfgG 1951, 265 (267); Volk, Die Revision bei den eingetragenen Genossenschaften, 1914, S. 37. Das ergibt sich auch aus den von Kaltenborn, Die Überwältigung, 2020, S. 174 f. ermittelten Zahlen: Danach waren im Jahr 1933 von insgesamt 51.499 bestehenden Genossenschaften mindestens 42.605 Genossenschaften (ca. 82,7 %) Mitglied in einem Verband, verbandsfrei hingegen höchstens 8.894 Genossenschaften (ca. 17,3 %). 706 Erk, Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, 1967, S. 67. 707 Amtliche Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (77). 708 Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über das Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Genossenschaftgesetzes vom 30. Oktober 1934 vom 4. 12. 1934, RGBl. 1934 I, S. 1227. 709 Art. 3 III Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30. Oktober 1934, RGBl. 1934 I, S. 1077 (1081). Bislang verbandsfreie Genossenschaften mussten folglich bis zum 15. 12. 1936 dem Registergericht nachweisen, bei welchem Verband sie eine Mitgliedschaft erworben hatten, Letschert, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, 1951, S. 24. 703

C. Organisation

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(3) Jedenfalls: „Aktualisierter“ Gesetzgeberwille Wer der hier vertretenen Ansicht nicht folgen und annehmen will, dass es sich bei der Pflichtmitgliedschaft der eG nach § 54 GenG um eine „aus nationalsozialistischem Geist geborene Zwangsmitgliedschaft“710 handelt, muss jedenfalls konzedieren, dass ihr historischer Normzweck heute nicht mehr fortgilt. Freilich ist der Zweck, die Genossenschaften mittels verpflichtender Verbandsmitgliedschaft „gleichzuschalten“, heute klar obsolet und mit zentralen Grundprinzipien eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat unvereinbar. Weiter sind der Zeitpunkt und die Umstände im Jahr  1934 für die historische Auslegung von § 54 GenG zwar relevant.711 Ein so bestimmter historischer Normzweck ist allerdings nicht mehr maßgeblich, wenn seit Normerlass grundlegende Veränderungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eingetreten sind, welche der historische Gesetzgeber nicht vorhergesehen hat.712 Die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG kann heute daher einen anderen Normzweck erfüllen, als der historische Gesetzgeber ihr ursprünglich beigemessen hatte. Dies ist im Rahmen der Auslegung jedenfalls zu beachten, wenn der Gesetzgeber selbst seinen Willen zwischenzeitlich geändert oder klargestellt hat.713 Tatsächlich hat der heutige Gesetzgeber die Pflichtmitgliedschaft der eG in seinen „aktualisierten“ Willen aufgenommen und will mit dieser sicherstellen, dass jede eG zugunsten ihrer Mitglieder und Gläubiger einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband unterliegt. Das beweist die Entwicklung nach 1945: Über die Pflichtmitgliedschaft der eG wurde im Vorfeld der grundlegenden Genossenschaftsrechtsnovelle von 1973 kontrovers diskutiert.714 Nach dem Referentenentwurf von 1962 sollte sie nur noch Voraussetzung für die Eintragung in das Genossenschaftsregister sein und darüber hinaus abgeschafft werden.715 Demgegenüber ließ der Gesetzgeber im Rahmen der Novelle 1973 nicht nur die Pflichtmitgliedschaft unberührt716, sondern machte durch den neu gefassten § 11 Abs. 2 Nr. 4 GenG zur Anmeldung zum Genossenschaftsregister zusätzlich zur Beitrittsbescheinigung eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands erforderlich, ob „eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist“. Weiter hob der Gesetzgeber durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19. 12. 1985717 § 54 Abs. 2 GenG auf, wonach der zuständige Minister anordnen konnte, dass eine eG innerhalb einer bestimmten Frist die Mitgliedschaft in einem bestimmten Prü 710

So Kaltenborn, Verdrängte Vergangenheit, 2015, S. 42. Vgl. Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 720, 730c. 712 Vgl. Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, 2022, Rn. 730, 730d. 713 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 41. 714 Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (38 f.). 715 Dazu Paulick, ZfgG 1963, 1 (4). 716 Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 41. 717 BGBl. 1985 I, S. 2355. 711

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

fungsverband zu erwerben hat. Die Pflichtmitgliedschaft nach dem bisherigen Abs. 1 ließ er unverändert fortbestehen, da er durch die §§ 11 Abs. 2 Nr. 4, 11a, 54 Abs. 1, 54a GenG hinreichend sichergestellt sah, dass „keine Genossenschaft gegründet werden und Bestand haben kann, die nicht einem Prüfungsverband angeschlossen ist.“718 Ferner wurde zwar das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz durch das Steuerreformgesetz 1990719 ersatzlos aufgehoben; danach mussten alle – auch nichtgenossenschaftliche – Wohnungsunternehmen einem Prüfungsverband angehören (§ 14 S. 1 WGG), um als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen anerkannt werden zu können.720 Jedoch wollte der Gesetzgeber nur Tarifsenkungen zur Entlastung der Steuerzahler durchführen sowie Wettbewerbsvorteile von nicht steuerbefreiten Wohnungsunternehmen beseitigen721 – und ließ die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG (erneut) unverändert bestehen. Grundsätzlich unberührt blieb die Pflichtmitgliedschaft schließlich in neuerer Zeit: So betonte der Gesetzgeber bei der Novelle 2017, dass eine gänzliche Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft nicht in Betracht komme, da diese und die genossenschaftliche Pflichtprüfung auch der Ausgleich dafür seien, dass „bei der Genossenschaft kein Mindestkapital erforderlich ist und es keine unbeschränkte persönliche Haftung der Mitglieder gibt.“722 Zudem sah er durch den neu eingefügten § 55 Abs. 4 GenG – entgegen des Vorschlags des Bundesrats723 – von einem Wahlrecht für Genossenschaften, die mehreren Prüfungsverbänden angehören, ab, um jeden „Anschein auszuschließen, dass ein Prüfer weniger streng prüfen könnte, damit die Genossenschaft nicht ihr Wahlrecht zugunsten eines anderen Verbandes ausübt.“724 (4) Fazit Daher gilt: Selbst wenn man unterstellt, dass der historische Gesetzgeber die Genossenschaften durch die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband „gleichschalten“, nicht aber die insuffizienten Regelungen des GenG von 1889 zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung reformieren wollte, ist damit nicht entschieden, inwiefern § 54 GenG heute sachgerecht ist.725 Zu klären ist demnach, 718

BT-Drs. 10/317, S. 116. BGBl. 1988 I, S. 1093. 720 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 326. 721 Siehe BT-Drs. 11/2157, S. 116, 121 f. 722 BT-Drs. 18/11506, S. 17. Siehe ferner BT-Drs. 19/3595: „Eine gänzliche Abschaffung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung kommt aus Sicht der Bundesregierung aber nicht in Betracht, denn die genossenschaftliche Pflichtprüfung dient dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder und der Genossenschaftsgläubiger.“ 723 BT-Drs. 18/11937, S. 5. Zur (umstrittenen) Rechtslage vor der gesetzlichen Regelung: ­Faerber / Garbe, ZfgG 2011, 277; Beuthien, WPg 2012, 715. 724 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, BTDrs. 18/12998, S. 20. 725 Ebenso Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 6; Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (119). 719

C. Organisation

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ob die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband zum Schutz ihrer Mitglieder und Gläubiger rechtspolitisch weiterhin überzeugt.726 cc) Konsequenzen der rechtsvergleichenden Singularität? Außer Frage steht, dass es sich bei der nach § 54 S. 1 GenG gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband um eine Besonderheit des deutschen Genossenschaftsrechts handelt.727 Den Rechtsordnungen anderer (europäischer) Staaten ist eine vergleichbare Regelung grundsätzlich fremd.728 Vielfach hält man dort eine gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft mit den genossenschaftlichen Grundsätzen der Selbstständigkeit, Selbstverwaltung und Selbstverantwortlichkeit für unvereinbar.729 Auch die österreichische Rechtslage ist mit dem deutschen Genossenschaftsrecht nur bedingt vergleichbar: Zwar sind die österreichischen Genossenschaften „durch einen unabhängigen und weisungsfreien Revisor mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen, ihrer Rechnungslegung und ihrer Geschäftsführung, insbesondere auf die Erfüllung des Förderungsauftrags und die Wirtschaftlichkeit, sowie auf Zweckmäßigkeit, Stand und Entwicklung ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu prüfen“ (§ 1 Abs. 1 S. 1 öGenRevG). Um als Genossenschaft rechtsfähig zu werden und zu bleiben, müssen sie grundsätzlich einem anerkannten Prüfungsverband angehören (§ 24 Abs. 1 öGenRevG). Allerdings handelt es sich – anders als in Deutschland – um keinen absoluten, sondern nur relativen Verbandszwang: Die österreichischen Genossenschaften können unter engen Voraussetzungen von der Verbandspflicht gerichtlich befreit werden (§ 26 öGenRevG), sodass der Prüfer nicht (mehr) vom Prüfungsverband (§ 2 Abs. 1 öGenRevG), sondern vom Gericht (§ 2 Abs. 2 öGenRevG) bestellt wird. Allerdings folgt aus dieser rechtsvergleichend festzustellenden „Singularität des deutschen Prüfungswesens“730 nicht, dass die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG de lege ferenda abzuschaffen ist.731 Denn unklar ist, weshalb das historisch 726

Entsprechend zur 1934 eingeführten Staatsaufsicht nach § 64 GenG Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 52. 727 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 297: „einmalig in der ganzen Welt“. 728 Bösche, ZfgG 2008, 98 (100). Näher Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 55 ff., 67; ferner Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 126 ff.; Lucas, Das Genossenschaftsrecht der Niederlande, 2001, S. 229 f. Zum Pflichtprüfungssystem französischer Agrargenossenschaften mit Pflichtmitgliedschaft Münkner, ZfgG 2009, 271 (280). 729 Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 67. 730 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 335. 731 A. A. Heß, ZfgG 2009, 285 (286); wohl auch Lucas, Das Genossenschaftsrecht der Niederlande, 2001, S. 229.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

gewachsene Verbandsprüfungswesen an die Rechtslage im (europäischen) Ausland angeglichen und um die Pflichtmitgliedschaft reduziert werden sollte.732 Umgekehrt lässt sich das deutsche Pflichtprüfungssystem nicht ohne Weiteres in andere Rechtsordnungen „transferieren“.733 Zudem erkennt der europäische Gesetzgeber die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG an und berücksichtigt diese: Nach Art. 2 Abs. 3 der Abschlussprüferverordnung734 können ihr unterfallende Genossenschaften vom Anwendungsbereich ausgenommen und dadurch von der Pflicht zur externen Rotation nach Art. 17 befreit werden. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber durch § 53 Abs. 2 S. 2 GenG Gebrauch gemacht. Weiter unterliegt zwar jede Europäische Genossenschaft (SCE) mit Sitz in Deutschland nach Art. 71 SCE-VO735 i. V. m. § 34 Abs. 1 SCEAG „automatisch“ dem nationalen Pflichtprüfungssystem nach den §§ 53 ff. GenG und muss folglich einem Prüfungsverband als Mitglied angehören.736 Allerdings ist die These, dass sich diese Verbandsprüfung mit Pflichtmitgliedschaft als ein „Wettbewerbsnachteil des deutschen Genossenschaftsrechts“737 auswirke und Deutschland von SCE als Sitzstaat gemieden werde738, zumindest nicht hinreichend belegt. Der Rechtsform SCE wird bislang unionsweit nur ein bedingter Erfolg zuteil739: Bis August 2018 existierten gerade einmal 42 SCE.740 Das soll nach einer 2011 durchgeführten Evaluation auf die für sie geltenden komplexen und teils unklaren Regelungen sowie auf ihre fehlende Bekanntheit zurückzuführen sein.741 Bis 2015 wurden immerhin neun SCE in Deutschland gegründet.742 Denkbar ist schließlich umgekehrt auch, dass das nationale Pflichtprüfungssystem mit Pflichtmitgliedschaft als deutsches „Qualitätsmerkmal“743 anerkannt wird – und Deutschland von Teilen der SCE als Sitzstaat bewusst gewählt wird. 732

Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (127): „tiefer Einschnitt in die geschichtlich gewachsenen Strukturen des deutschen Genossenschaftswesens“. 733 Jenkis, ZdW Bay 2002, 576 (580 f.). 734 Verordnung (EU) 537/2014, Abl. EU 2014, L 158/77. 735 Verordnung (EU) 1435/2003, Abl. EU 2003, L 207/1. 736 Beuthien / Schöpflin, GenG, Art.  71 SCE Rn.  1; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Fandrich, GenG, Einf. Rn. 34. 737 So Heß, ZfgG 2009, 285 (295). Ferner Schulze, NZG 2004, 792 (795): „Sonderregelung für die SCE mit Sitz in Deutschland“. 738 So Heß, ZfgG 2009, 285 (295); ders., Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 334; MHdB GesR VII / Pöhlmann, § 94 Rn. 4; Schulze, NZG 2004, 792 (795). 739 MHdB GesR VI / Teichmann, § 45 Rn. 4; zumindest skeptisch Krimphove, EuZW 2010, 892. 740 Siehe https://www.libertas-institut.com/wp-content/uploads/2018/08/sce-list.pdf (Stand: 25. 8. 2018) [31. 7. 2023]. 741 Bericht der Kommission vom 23. 2. 2012 über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. 7. 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), COM(2012) 72 final, S. 7. 742 Jannott / Rode, NZG 2019, 90 (90). 743 Schulze, NZG 2004, 792 (795).

C. Organisation

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dd) Effiziente Förderwirtschaftsprüfung mit Pflichtmitgliedschaft Die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG ist weiterhin geboten, wenn und weil sie im Vergleich zu den Regelungsalternativen eine effektive Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften gewährleistet. (1) Fraglich: Qualifizierte Förderwirtschaftsprüfung nur durch Prüfungsverbände Die Prüfungsverbände haben zwar langjährige Erfahrungen sowie aufgrund der ihnen angehörenden Genossenschaften umfassende Vergleichsmöglichkeiten und sind auf die Prüfung der Genossenschaften spezialisiert.744 Sie sind zur Förderwirtschaftsprüfung daher besonders geeignet.745 Bezweifelt wird allerdings, ob es der gesetzlich angeordneten Pflichtmitgliedschaft bedarf, weil nur die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften durchführen können746 oder dazu am besten geeignet sind747. Das ist fraglich. Denn die Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften ist keine „Geheimwissenschaft“748, sodass auch freie Wirtschaftsprüfer diese jedenfalls erlernen, durchführen und so Erfahrungen sammeln können749 – und infolgedessen ebenfalls „im genossenschaftlichen Prüfungswesen ausreichend vorgebildet und erfahren sein“ (§ 55 Abs. 1 S. 3 GenG). Zudem können sich freie Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – ebenso wie die Prüfungsverbände 744

BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619); Beuthien, WM 2021, 1305 (1308); Barth, Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, 1964, S. 121; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461. Ferner BT-Drs. 19/13174, S. 9: „Aus Sicht der Bundesregierung hat sich die Prüfung als verlässlich und effektiv erwiesen, was ganz wesentlich auf die rechtsform- und branchenmäßige Spezialisierung der Prüfungsverbände sowie ihre langjährige Erfahrung in diesem Bereich zurückzuführen ist.“ 745 Beuthien, WM 1995, 1788 (1789). 746 So Henzler, ZfgG 1950, 182 (204): „nur den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden immanente Eignung“. Vgl. ferner Kober, in: Blome-Drees / Göler von Ravensburg / Jungmeister / Schmale u. a. (Hrsg.), Handbuch Genossenschaftswesen, 2022, S. 1 (20): „vor diesem Hintergrund […] (verfassungsrechtlich) gerechtfertigt“. 747 So Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 127 ff. Ferner die Begründung des Referentenentwurfs vom 23. 2. 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 429 (544): „zur Prüfung von Genossenschaften am besten fachlich geeignet“. 748 Beuthien, WM 2021, 1305 (1308). Ferner Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (139): „genossenschaftliche Mitgliederförderung ist kein Mysterium“. 749 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339 f.; Kober, in: Schulz-Nieswandt / Schmale (Hrsg.), Entstehung, Entwicklung und Wandel von Genossenschaften, 2013, S. 127 (148); Müller, GenG, Bd. 3, § 54 Rn. 6d; zweifelnd hingegen Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 127.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

und die dort angestellten Prüfer – auf die Prüfung von Genossenschaften spezialisieren oder sich anfangs verbandsgeschulter Genossenschaftsprüfer bedienen750. Dass verbandsexterne Prüfer jedenfalls nach der Ansicht des Gesetzgebers grundsätzlich in der Lage sind, Genossenschaften zu prüfen, wird durch § 55 Abs. 3 GenG bewiesen: Danach kann sich ein Prüfungsverband im Einzelfall aus wichtigem Grund eines von ihm nicht angestellten Prüfers bedienen (S. 1); mit der Prüfung kann ferner ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt werden (S. 2). Selbst wenn nur die Prüfungsverbände zur Förderwirtschaftsprüfung (besonders) befähigt sein sollten, lässt sich damit schließlich als solches nicht erklären, warum die Genossenschaften einem Prüfungsverband verpflichtend als Mitglied angehören müssen. Auch lässt sich die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband zwischenzeitlich nur noch schwer damit begründen, dass die Prüfungsverbände über eine besondere Sach- und Prüfungsnähe verfügen, da sie ihre Geschäftsbereiche regional und branchenmäßig abgrenzen.751 Denn das – größtenteils unter dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV) und GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. organisierte752 – genossenschaftliche Prüfungswesen befindet sich seit einiger Zeit in einem „arteigenen Fusionstaumel“753: Namentlich kam es in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts vermehrt zu Fusionen.754 So bietet etwa der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e. V. als einer der größten Prüfungsverbände in der BRD seinen rund 2.600 Mitgliedsgenossenschaften „in 14 Bundesländern individuelle Beratung in allen genossenschaftlichen, politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten“755. In neuerer Zeit wurde neben regionaler Konzentration weitergehend vorgeschlagen, einen großen, möglichst bundesweit tätigen Genossenschaftsverband zu gründen.756 Durch diese Konzentrationstendenzen erodiert zumindest für große und national tätige Prüfungsverbände das die Pflichtmitgliedschaft legitimierende Regionalprinzip.757

750

Beuthien, ZfgG 2022, 77 (80). Darauf abstellend etwa: BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619); Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461. 752 Zur Genossenschaftsorganisation in der BRD: Stappel, Die deutschen Genossenschaften, 2022, S. 7. 753 Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 197. 754 Lambert, ZfgG 2003, 102 (103, 105 f.); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 197. 755 https://www.genossenschaftsverband.de/ [31. 7. 2023]. Ferner BT-Drs. 16/1025, S. 91: „in aller Regel sind die Prüfungsverbände nach ihrer Satzung bundesweit tätig“. 756 Näher Lambert, ZfgG 2003, 102 (106 ff.); Horsthemke, ZfgG 2003, 110 (110 f.); Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 43. 757 Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (118 f.): „an Legitimation eingebüßt“; ders., WM 2021, 1305 (1306); Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 197: „entzieht jedoch – und das ist die Quintessenz in diesem Zusammenhang – der Regelung der §§ 54 und 54 a GenG systematisch den Boden“; ferner Kober, ZfgG 2014, 31 (40). 751

C. Organisation

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(2) Dauerhafte Betreuungsprüfung Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist eine dauerhafte Betreuungsprüfung.758 Es muss nicht nur der Jahresabschluss der eG nachträglich auf dessen formelle Rechtmäßigkeit kontrolliert werden. Vielmehr ist die gesamte Tätigkeit der eG vergangenheits- und zukunftsbezogen zu prüfen, inwiefern diese rechtmäßig und förderzweckmäßig war und ist759 – und insoweit zu betreuen. Kraft Pflichtmitgliedschaft ist der Prüfungsverband mit den Förderverhältnissen der eG besonders vertraut; könnte die eG hingegen ihren Prüfungsverband ständig frei wählen, müsste sich der jeweils prüfende Verband hiermit erst vertraut machen.760 Diese förderwirtschaftlich gebotene Prüferkonstanz wird durch die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband sichergestellt.761 Bezweifelt wird allerdings, ob sich diese Konstanz nur mittels obligatorischer Verbandsmitgliedschaft garantieren lässt oder auch auf andere Weise zu verhindern ist, dass die eG ihren Prüfer beliebig (aus-)wechseln kann.762 Beschränkt man die genossenschaftliche Pflichtprüfung künftig weiterhin auf die Prüfungsverbände, dürften die Genossenschaften ihren Prüfer auch ohne Pflichtmitgliedschaft ohnehin nur sehr eingeschränkt wechseln können. Denn aufgrund regionaler und branchenspezifischer Aufteilung kommt faktisch meist nur ein Prüfungsverband in Betracht.763 Zudem müssen die Prüfungsverbände Genossenschaften außerhalb ihres Prüfbezirks (§ 63c Abs. 1 Nr. 4 GenG) nicht aufnehmen.764 Fraglich ist jedoch, ob es genossenschaftliche Prüfungsverbände ohne (Pflicht-)Mitglieder geben kann – und wird.765 Öffnet man die genossenschaftliche Pflichtprüfung – wie teils gefordert766 – weitergehend für verbandsexterne Wirtschaftsprüfer, könnten

758

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12: „förderwirtschaftlichen Betreuungsdauerprüfung“ sowie § 54 Rn. 4: „Verbandsdauerrevision“; Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461; BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619); v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (9); Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 202. 759 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461. 760 Beuthien, WPg 2012, 715 (716). 761 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84 f.); Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (18). 762 Mit rechtsvergleichenden Vorschlägen Heß, ZfgG 2009, 285 (287 f.). 763 Ganz überwiegende Ansicht, BGH vom 10. 7. 1995 – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981; Bundesjustizministerium, Reformreferate, 1956, S. 9 (40); v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S.  7 (12); Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 54 Rn. 2; Nicklisch, BB 1979, 1153 (1155); Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 5. Für ein Wahlrecht der Genossenschaften: Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 168, 196; Turner, NJW 1997, 853 (853 – auch Fn. 16). 764 Näher zur (privatrechtlichen) Aufnahmepflicht der Prüfungsverbände: Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn.  10; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 11 Rn. 16, § 54 Rn. 10 ff., jeweils m. w. N. 765 Zuletzt bezweifelnd LG Gera vom 17. 2. 2020 – 5 T 512/19 (unveröffentlicht). 766 Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 339 f.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

die Genossenschaften ihren Prüfer jährlich frei wählen und häufig wechseln. Die notwendige Prüferkonstanz wäre dann nicht (mehr) gewährleistet.767 Schließlich vermag die Argumentation, dass die stetige Prüfung durch den gleichen Prüfungsverband zu „verkrusteten Strukturen führen“ könne, die „eine objektive Beurteilung der zu prüfenden Gesellschaft beeinträchtigen können“768 bzw. die „Gefahr der Erstarrung“769 mit sich brächte, nicht zu überzeugen. Denn zum einen handelt es sich dabei um keine genossenschaftsspezifische Gefahr. So stellte die EU-Kommission in ihrem am 13. 10. 2010 veröffentlichten Grünbuch zur Abschlussprüfung als „Lehre“ aus der Finanzkrise fest, dass häufig über Jahrzehnte an dieselbe Prüfungsgesellschaft erteilte Prüfungsmandate die Unabhängigkeit des Prüfers einschränken und diskutierte deshalb eine externe Rotationspflicht.770 Die externe Rotationspflicht wurde aufgrund des sog. Wirecard-Skandals für börsennotierte Aktiengesellschaften durch die Aufhebung von § 318 Abs. 1a HGB jüngst verschärft, um eine externe Prüferrotation nach zehn Jahren Prüfungsdauer zu erzwingen, auch wenn sich empirisch nicht (klar) nachweisen lässt, dass sich dadurch die Qualität der Prüfung erhöht771. Zum anderen beugen (auch) die genossenschaftlichen Prüfungsverbände dem Risiko von (zu) großer Vertrautheit und „Betriebsblindheit“ durch eine interne Prüferrotation vor.772 (3) Gebotene Unabhängigkeit Die weitreichende und umfassende Förderwirtschaftsprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG setzt voraus, dass der genossenschaftliche Prüfungsverband von der zu prüfenden eG in besonderem Maße unabhängig ist.773 Denn die Pflichtprüfung hat sicherzustellen, dass die Genossenschaften rechtmäßig und förderzweckmäßig gehandelt haben und weiterhin handeln. Diese besonders weitreichenden Feststellungen kann ein Prüfer nur dann unbefangen und zugleich mit der gebotenen Härte treffen, wenn er gegenüber der zu prüfenden eG unabhängig ist.774 Diese für die Förderwirtschaftsprüfung gebotene Unabhängigkeit wird nur durch die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband gewährleistet.775 Denn die Prüfungsverbände stehen – abweichend als verbandsfreie Wirtschaftsprüfer – 767 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 462; Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239); Ott, ZfgK 2012, 433 (436). 768 So Kober, ZfgG 2014, 31 (36). 769 So Bömcke, ZfgG 1952, 161 (173). 770 Europäische Kommission, Grünbuch, Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise, KOM(2010) 561 endgültig, S. 13. Näher Velte, ZfgG 2011, 243 (246 f.); ders., DStR 2016, 1944; Ott / Bühler, ZfgG 2012, 103 (110 ff.). 771 Siehe etwa Quick, BB 2020, I; Titgemeyer, BB 2021, 491 (492 f.). 772 Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 395. 773 Beuthien, WM 1995, 1788 (1790). 774 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 462. 775 Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 206.

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gegenüber den Genossenschaften in keinem „werbenden Geschäftsverhältnis“776, sondern verfügen über ein gesetzlich vorgegebenes Dauermandat777. Sie sind kraft der Mitgliedsbeiträge von ihren einzelnen Mitgliedern in besonderem Maße wirtschaftlich unabhängig.778 Ohne obligatorische Mitgliedschaft könnten vor allem finanzstarke Großgenossenschaften  – wie vor Einführung der Pflichtmitgliedschaft779  – ihren Austritt androhen, den Prüfungsverband so zu einer „wohlgesonnenen“ Prüfung veranlassen und damit das Prüfungsergebnis beeinflussen.780 Zudem könnte eine freiwillige Verbandsmitgliedschaft dazu führen, dass ein Prüfungsverband nur (noch) über so wenige oder gar keine Mitglieder verfügt, dass er seine Prüfungsleistungen nicht aufrechterhalten kann.781 Auch freie Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfergesellschaften verfügen nicht über die (förder-)wirtschaftlich gebotene Unabhängigkeit: Sie können von der zu prüfenden Gesellschaft mandatiert und wieder abgewählt werden und sind folglich von deren Wohlwollen abhängig.782 Teile der Literatur wollen die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft abschaffen, damit sich die genossenschaftlichen Prüfungsverbände untereinander, vor allem aber im direkten Wettbewerb mit freien Wirtschaftsprüfern beweisen müssten, wodurch die Prüfungsqualität gesteigert werde.783 Das überzeugt nicht.784 Damit wird übersehen, dass sich die Förderwirtschaftsprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG ihrer Funktion nach nicht für eine „Wettbewerbsauslese“785 eignet. Naheliegender ist vielmehr die gegenteilige Folge786: Ohne verpflichtende Mitgliedschaft würden die Prüfungsverbände (weiterhin) untereinander, vor allem aber mit Wirtschaftsprüfern und Prüfungsgesellschaften um zu prüfende (Mitglieds-)Genossenschaften konkurrieren und um diese werben. Sie wären dadurch gezwungen, die Prüfungsleistungen möglichst kostengünstig anzubieten, etwa indem die Prüfdauer verkürzt oder die Anzahl der angestellten Prüfer verringert wird, um so das 776

Beuthien, WM 1995, 1788 (1790); BVerfG vom 19. 1. 2001 – 1 BvR 1759/91 – NJW 2001, 2617 (2619): „punktuelle Geschäftsbeziehung“; Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (118): „befreit den Verband von der Notwendigkeit einer werbenden Haltung“. 777 BT-Drs. 18/7219, S. 61: „gesetzlich vorgegebenen Grundsatz des Dauermandats“. 778 Beuthien, WM 1995, 1788 (1790); Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (113). 779 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 32 m. w. N. 780 Dietrich, Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, 1974, S. 229; ­Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 130. 781 Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 130 f. 782 Treffend Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 462: „Wes Brot ich eß, des Lied ich sing“; ferner Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 129 f. 783 Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239); Faerber / Garbe, ZfgG 2011, 277 (282): „Konkurrenz belebt das Geschäft!“; Heß, Die Europäische Genossenschaft und die Reform des Genossenschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 341 f.; ders., ZfgG 2009, 285 (293 f.); Wulf, WPg 1956, 297 (300). 784 Ebenfalls ablehnend Paulick, ZfgG 1951, 265 (276). 785 v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (13). 786 Ebenso Feilcke, Corporate Governance in der Genossenschaft, 2017, S. 395.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

(Prüf-)Angebot der Konkurrenz zu unterbieten.787 Ein solcher „Wettlauf der Prüfer“ dürfte jedenfalls langfristig nachteilig auf die Prüfungsqualität durchschlagen.788 ee) Weitreichende Prüfungsverfolgung Für die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft spricht schließlich die genossenschaftsspezifische Prüfungsverfolgung: Anders als die Abschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB endet die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht damit, dass die eigentliche Prüfung durchgeführt und der Prüfungsbericht erstellt wurde. Vielmehr müssen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände weitergehend das Prüfungsergebnis auswerten und darauf hinwirken sowie überwachen, dass die festgestellten Mängel von der prüfungsunterworfenen eG behoben werden – und insoweit beraten.789 Diese der eigentlichen Prüfung nachgelagerte Prüfungsverfolgung, die kein bloßes „Anhängsel“790, sondern – wie der historische Gesetzgeber betonte – „Hauptteil der genossenschaftlichen Prüfung“791 ist, könnte ausgehöhlt werden, sofern die Genossenschaften ihren Prüfer frei wählen und ständig wechseln könnten; insbesondere in kritischen Phasen könnte der prüfungsverfolgende Prüfungsverband abgewählt werden.792 Dieser Befund ändert sich auch dann nicht, sofern man die Wahl eines bestimmten Prüfers für eine (Mindest-)Zeit gesetzlich vorschreibt und einen Wechsel nur unter eng gefassten Voraussetzungen zulässt.793 Es bleibt der grundsätzliche Einwand: Der Prüfer wäre (zumindest langfristig) austauschbar – und damit keine dauerhafte vergangenheits- und zukunftsbezogene Betreuungsprüfung sichergestellt. Die genossenschaftsspezifische Prüfungsverfolgung als solche setzt mithin voraus, dass der Prüfer nicht beliebig abwählbar ist und spricht für die dauerhafte Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband.794 Zudem streitet die Ausgestaltung der Prüfungsverfolgung für die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband. Namentlich verfügen neben den eingesetzten Prüfern die genossenschaftlichen Prüfungsverbände zwecks Prüfungs 787

Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 131. Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 131; ferner Paulick, ZfgG 1951, 265 (274, 276); ders., ZfgG 1963, 1 (10); ders., Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 324; Riebandt-Korfmacher, Reformreferate III, 1959, S. 23 (72). A. A. Bösche, ZfgG 2008, 98 (108): „kostengünstige aber gleichwohl effektive Revisionsverfahren“. 789 Eingehend dazu Zweiter Teil B. III. 790 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 10; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 33. 791 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (71). 792 Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239); Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 168. 793 Ebenso Bömcke, ZfgG 1956, 231 (239). 794 Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 168. 788

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verfolgung über organähnliche Rechte: Vor Erstellung des Prüfungsberichts soll der Prüfer in einer gemeinsamen Sitzung des Vorstands und Aufsichtsrats der eG über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung mündlich berichten (§ 57 Abs. 4 S. 1 GenG). Nach Fertigstellung des Prüfungsberichts sind Verband und Prüfer berechtigt, an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat der eG teilzunehmen, in der diese über das Prüfungsergebnis beraten (§ 58 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 GenG). Auch darf der Verband nicht nur an der das Prüfungsergebnis behandelnden Generalversammlung teilnehmen (§ 59 Abs. 3 GenG), sondern kann eine außerordentliche Generalversammlung selbst einberufen und bestimmen, „über welche Gegenstände zwecks Beseitigung festgestellter Mängel verhandelt und beschlossen werden soll“ (§ 60 Abs. 1 GenG). Diese weitreichenden Prüfungsverfolgungsrechte lassen sich freien Wirtschaftsprüfern nicht zuordnen.795 Andernfalls würde man einen „Fremdkörper im Gesamtsystem des Gesellschaftsrechts“796 schaffen, da freie Wirtschaftsprüfer bei keiner anderen Gesellschaftsform über vergleichbare Befugnisse verfügen.797 Die Prüfungsverfolgungsrechte nach §§ 57 Abs. 4, 58 Abs. 4, 59 Abs. 3, 60 Abs. 1 GenG setzen als genossenschaftsinterne Teilhabe­ befugnisse eine enge institutionelle Verbindung mit der zu prüfenden eG voraus. Sie können daher nur von einem in die Unternehmensverfassung der eG integrierten Prüfungsverband als „viertes Organ“798 kraft mitgliedschaftlicher Dauerbeziehung effektiv wahrgenommen und ausgeübt werden.799 ff) Überschießend: Zwingende Auflösung verbandsfreier Genossenschaften Nach dem – zeitgleich mit § 54 GenG durch die Novelle 1934 eingeführten – § 54a Abs. 2 S. 1 GenG wird eine eG aufgelöst, wenn sie nicht innerhalb einer vom Registergericht gesetzten Frist diesem gegenüber nachweist, dass sie die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband erworben hat. Wie der Wortlaut der Vorschrift („hat das Registergericht […] Auflösung der Genossenschaft auszusprechen“) zeigt, kommt dem Registergericht insoweit kein Ermessensspielraum zu; dieses muss nach erfolglosem Ablauf der von ihm gesetzten Frist und Anhörung die Auflösung der verbandslosen eG aussprechen. Diese zwingende Auflösung verbandsfreier Genossenschaften nach § 54a Abs. 2 S. 1 GenG ist rechtspolitisch verfehlt.800 Vielmehr reicht es – auch mit Blick auf Art. 9 Abs. 1 GG  – aus, einer verbandslosen eG lediglich die Rechtsfähigkeit 795

Zumindest kritisch Beuthien, WM 1995, 1788 (1794); ders., ZHR 184 (2020), 111 (119). Beuthien, WM 1995, 1788 (1794). 797 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2146). 798 Jäger, ZfgG 1985, 21 (23). 799 Beuthien, ZHR 184 (2020), 111 (119); ders., WM 1995, 1788 (1794); Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (117): „Die Loslösung des Prüfungsverfolgungsrechts vom Prüfungsverband kommt einer Nichtmitgliedschaft gleich.“ 800 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 10: „geht unverhältnismäßig weit“. 796

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als eG zu entziehen, sodass sie zur nichteingetragenen Genossenschaft mit persönlicher Außenhaftung ihrer Mitglieder wird.801 Dem Zweck der Vorschrift, welche – als konsequente Fortsetzung von § 54 S. 1 GenG802 – die dauerhafte Mitgliedschaft jeder eG in einem Prüfungsverband sichern will803, wird hierdurch ausreichend Rechnung getragen. Einer registergerichtlichen Auflösung verbandsloser Genossenschaften bedarf es hingegen nicht. Zudem ist die hier vorgeschlagene „Sanktion“ der fehlenden Verbandsmitgliedschaft systemkonform: Eine Genossenschaft wird ohne Beitrittsbescheinigung eines genossenschaftlichen Prüfungsverbands nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen (§§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 11a Abs. 1 GenG) und erlangt daher keine Rechtsfähigkeit als eG (§ 13 GenG). Spiegelbildlich muss die eG daher wieder (nur) aus dem Genossenschaftsregister gelöscht werden, wenn die Verbandsmitgliedschaft nachträglich wegfällt und sie trotz Fristsetzung des Registergerichts verbandslos bleibt. Die Verbandsmitgliedschaft bliebe so Fortbestehensvoraussetzung der eG, nur würde ihr Fehlen nicht mehr zwingend zur Liquidation führen. Es wäre dann die Sache der nichteingetragenen Genossenschaft, sich endgültig aufzulösen, in eine andere Rechtsform umzuwandeln oder – nach Erwerb einer Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband – erneut die Eintragung ist das Genossenschaftsregister zu beantragen. § 54a Abs. 2 S. 1 GenG sollte daher – als neuer Absatz 2 – wie folgt neu gefasst werden: „Weist die Genossenschaft nicht innerhalb der gesetzten Frist dem Registergericht nach, dass sie die Mitgliedschaft erworben hat, so hat das Registergericht von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands die Löschung der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsregister auszusprechen.“ c) Fazit Das im Jahr 1934 eingeführte auf der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband aufbauende genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem ist eine Besonderheit des deutschen Genossenschaftsrechts. Verbandsexterne Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfergesellschaften dürften die Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften jedenfalls erlernen und durchführen können. Dennoch ist das Pflichtprüfungssystem mit Pflichtmitgliedschaft beizubehalten: Die Pflichtmitgliedschaft

801

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54a Rn. 10. Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 54a Rn. 1: „Korrelat zu der durch § 54 GenG bestimmten gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft“; Steding, DZWir 1997, 257 (259): „§ 54a GenG folgt somit aus § 54 GenG“. 803 So die amtliche Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (72): „um den Anschluß durchzusetzen“. 802

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der eG in einem Prüfungsverband garantiert, dass alle Genossenschaften einer qualifizierten und dauerhaften Förderwirtschaftsprüfung durch einen von ihnen unabhängigen Prüfungsverband unterliegen. Für die Pflichtmitgliedschaft spricht zudem, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nach §§ 58 ff. GenG über weitreichende Prüfungsverfolgungsrechte verfügen, die sich verbandsexternen Wirtschaftsprüfern nicht zuordnen lassen, sondern auf einer auf Dauer angelegten Mitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband beruhen. Abzulehnen ist somit die Regelungsalternative, wonach jede eG weiterhin der Förderwirtschaftsprüfung durch einen Prüfungsverband unterliegt, diesen aber frei wählen kann und nicht verpflichtend Mitglied sein muss. Zudem sollte die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht weitergehend für verbandsexterne Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfergesellschaften geöffnet werden. Festzuhalten ist demnach: Die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband ist nicht nur (weiterhin) de lege lata verfassungsrechtlich zulässig. Vielmehr sollte der Gesetzgeber im Interesse der Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG an ihr de lege ferenda festhalten.804 Richtigerweise sprach er sich zuletzt bei der Novelle 2017805 dagegen aus, die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG abzuschaffen. Die hier vertretene Auffassung, wonach an der Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband künftig weiter festgehalten werden sollte, stimmt mit empirischen Befragungen von (Selbst-)Betroffenen grundsätzlich überein: Nach dem Endbericht der Studie „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“ von 2015 sprach sich die überwiegende Mehrheit dafür aus, die Pflichtmitgliedschaft beizubehalten806; lediglich bei genossenschaftlichen Dorfläden möchte sie mit 53 % die knappe Mehrheit abschaffen807. Auch bei einer früheren Umfrage aus dem Jahr 2008 kritisierten nur rund 4,9 % der Teilnehmer die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband.808

804

Ebenso Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461 ff.; Beuthien, WPg 2012, 715 (717); Barth, Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, 1964, S. 120 f.; Henzler, Die Genossenschaft, 1957, S. 205 f.; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (186). 805 BT-Drs. 18/11506, S. 17: „Keine Lösung wäre es, die genossenschaftliche Pflichtprüfung und die Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband gänzlich abzuschaffen.“ 806 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 21, 186 f., 213, 217, 298 f. 807 Kienbaum Management Consultants GmbH / Seminar für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln, Endbericht, Potenziale und Hemmnisse in der eG, 2015, S. 238 f., ferner nichtgenossenschaftliche Dorfläden, S. 242 f. 808 Lenz, ZfgG 2009, 297 (301 f.) (329 beantwortete Online-Fragebögen, davon 16 Antworten).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

II. Rechtsform des Prüfungsverbands Ein „Zentralproblem der Gestaltung des deutschen Prüfungswesens überhaupt“809 ist die Rechtsform der genossenschaftlichen Prüfungsverbände. Obwohl das GenG von 1889 das genossenschaftliche (Prüfungs-)Verbandswesen erstmals gesetzlich normierte, regelte es die Rechtsform des Prüfungsverbands nicht.810 Der seither unverändert gebliebene § 63b Abs. 1 S. 1 GenG wurde durch die Novelle 1934 in das GenG eingefügt; danach gilt: „Der Verband soll die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben.“ 1. e. V. als besonders geeignete Rechtsform Die Rechtsform des e. V. ist eine für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände besonders geeignete Rechtsform. Hierfür spricht zunächst die Praxis, da (soweit ersichtlich) alle Prüfungsverbände in der BRD seit jeher als e. V. organisiert sind.811 Weiter sind andere Rechtsformen als die des e. V. zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr setzt die genossenschaftliche Pflichtprüfung mit Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband – wie die §§ 54, 55 GenG zeigen – lediglich voraus, dass die prüfungsunterworfenen Genossenschaften einem Prüfungsverband als dessen Mitglied angehören.812 Dennoch sind andere Rechtsformen für die Prüfungsverbände nur bedingt denkbar.813 Nach dem im Jahr 2016814 eingefügten § 63b Abs. 1 S. 2 GenG kommen andere Rechtsformen nur dann in Betracht, „wenn sichergestellt ist, dass der Verband ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.“ Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände sind folglich zwingend auf einen nichtwirtschaftlichen Zweck festgelegt.815 Daher scheiden die Kapitalgesellschaften für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände grundsätzlich aus.816 Eine mögliche Rechtsform ist zwar die gGmbH. Allerdings sind sowohl deren Gründung als auch der Ein- und Austritt von Mitgliedern aufwendig, weshalb sie nicht praktikabel ist.817 Auch die Personengesellschaften scheiden regelmäßig aus: Soweit deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (§§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB), handeln sie – entgegen § 63b Abs. 1 S. 2 GenG – gerade mit Gewinn-

809

Buchholz, Der Wirtschaftstreuhänder 1934, 491 (493). Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (89). 811 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 63b Rn. 1; Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 2; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 1. 812 Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 2. Abweichend wohl Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (90). 813 Zu absolut Bömcke, ZfgG 1956, 231 (244): „Jede andere Rechtsform erscheint für die Prüfungsverbände ungeeignet.“ 814 BGBl. 2016 I, S. 1142. 815 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 1. 816 Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63b Rn. 3. 817 BerlKommGenG / Hillebrand, § 63b Rn. 1. 810

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erzielungsabsicht. Zudem trifft deren Gesellschafter zwingend eine unbeschränkte persönliche Haftung.818 Auch die in der Literatur vereinzelt vorgeschlagene Rechtsform der eG eignet sich für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände kaum.819 Zwar sind (auch) die Genossenschaftsverbände als Selbsthilfeeinrichtungen der Mitgliedsgenossenschaften entstanden und der Sache nach ein gemeinschaftlich unterhaltener Prüfungsbetrieb aller ihnen angehörenden Genossenschaften820. Allerdings unterläge ein als eG verfasster Prüfungsverband selbst der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG, weshalb die Rechtsform eG in der Praxis „unattraktiv“ sein dürfte. Zudem müssten die Prüfungsverbände nach § 54 S. 1 GenG einem Prüfungsverband als Mitglied angehören. Somit können jedenfalls nicht alle Prüfungsverbände als eG verfasst sein, da andernfalls ein Zirkelschluss droht. Insgesamt tendiert der Anwendungsbereich von § 63b Abs. 1 S. 2 GenG demnach gegen Null.821 Schließlich ist durch die Rechtsform e. V. sichergestellt, dass die Prüfungsverbände keinen wirtschaftlichen (Haupt-)Zweck verfolgen (§ 21 BGB) und ohne Gewinnerzielungsabsicht handeln.822 Ausgeschlossen ist somit, dass die prüfungsunterworfenen (Vereins-)Mitglieder am Wirtschaftsergebnis des Verbands interessiert sind.823 Dieser „Gefahr“ will § 63b Abs. 1 S. 2 GenG – im Einklang mit Art. 2 Abs. 4 der Abschlussprüferverordnung824 – bei anderen Rechtsformen vorbeugen, während der e. V. diesem Erfordernis bereits entspricht825. Mithin dient und fördert die Rechtsform e. V. die besonders weitreichende und unabhängige Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften.826 2. Dennoch: Kein Rechtsformwahlzwang Auch wenn die §§ 63b ff. GenG von dem als e. V. verfassten Prüfungsverband ausgehen, können genossenschaftliche Prüfungsverbände de lege lata nicht nur in der Rechtsform des e. V. betrieben werden. Denn § 63b Abs. 1 S. 1 GenG ist nach seinem eindeutigen Wortlaut keine „Mussvorschrift“, sondern lediglich eine „Sollvorschrift“. Wie zudem der im Jahr 2016827 eingefügte § 63b Abs. 1 S. 2 GenG zeigt, ist eine „andere Rechtsform“ ausdrücklich zulässig, „wenn sichergestellt ist, 818

BerlKommGenG / Hillebrand, § 63b Rn. 1. Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63b Rn. 3; BerlKommGenG / Hillebrand, § 63b Rn. 1. 820 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (84). 821 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 63b Rn. 1a; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63b Rn. 4. 822 Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 306. 823 Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (89). 824 Verordnung (EU) 537/2014, Abl. EU 2014, L 158/77. 825 BT-Drs. 18/7219, S. 62. 826 Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (90). 827 BGBl. 2016 I, S. 1142. 819

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dass der Verband ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.“ Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht ist die Rechtsform des e. V. daher weder Voraussetzung dafür, dass dem Prüfungsverband das Prüfungsrecht nach § 63a GenG verliehen werden kann; umgekehrt kann das Prüfungsrecht nicht ausschließlich deshalb nach § 64a GenG entzogen werden, weil die Rechtsform des e. V. vom Prüfungsverband verlassen wurde.828 Auch muss die Wahl einer anderen Rechtsform als der des e. V. nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt werden.829 Sowohl von den Verfassern des Referentenwurfs des Bundesjustizministeriums von 1962830 als auch von Teilen der Literatur831 wurde vorgeschlagen, die Rechtsform des e. V. für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände de lege ferenda verpflichtend vorzuschreiben. Zu Recht griff der Gesetzgeber diese Vorschläge nicht auf, sondern gestaltete § 63b Abs. 1 S. 1 GenG seit 1934 immer schon (nur) als Sollvorschrift aus. Denn ein Rechtsformwahlzwang für die genossenschaft­lichen Prüfungsverbände würde als zwingende organisationsrechtliche Vorgabe in die von Art. 9 Abs. 1 GG geschützte „Selbstbestimmung über die eigene Organisation“832 eingreifen. Richtigerweise schränkt der Gesetzgeber die Rechtsformwahl nur ausnahmsweise gesetzlich ein833: So können etwa Versicherungsunternehmen grundsätzlich nur als AG einschließlich der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) oder als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (§ 8 Abs. 2 VAG) und Kreditinstitute nicht als Einzelkaufmann (§ 2b KWG) betrieben werden. Eingeschränkt ist die Rechtsformwahl auch für Apotheken, welche von mehreren Personen „nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft“ betrieben werden dürfen (§ 8 S. 1 ApoG). Eine gesetzlich zwingende Rechtsformvorgabe für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände, wonach sie die Rechtsform des e. V. haben müssen, ist als weitergehender Eingriff nicht erforderlich. Die durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Organisationsfreiheit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ist bereits zugunsten einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung eingeschränkt: Namentlich dürfen andere Rechtsformen als die des e. V. nur gewählt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Verband ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt (§ 63b Abs. 1 S. 2 GenG). 828

Str., wie hier Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn.  1; Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 63b Rn. 1; nunmehr auch Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), GenossenschaftsHdB, Bd. 1, § 63b Rn. 1. A. A. Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 63b Rn. 1; ­Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 2. 829 Str., wie hier Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 1. A. A. Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 63b Rn. 1; Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 2. 830 Vgl. § 137 des Referentenentwurf von 1962, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 331 (341): „Ein Prüfungsverband ist ein eingetragener Verein, der als Prüfungsverband für die ihm angehörenden Genossenschaften anerkannt ist.“ [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 831 Bömcke, ZfgG 1956, 231 (244): Umwandlung in Mussvorschrift „sollte erwogen werden“; ablehnend Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (90). 832 BVerfG vom 15. 6. 1989 – 2 BvL 4/87 – NJW 1990, 37 (38). 833 Näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, S. 98 f.

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Zudem erlaubt § 63b Abs. 4 GenG als Verbandszweck neben der zwingenden Prüfung ihrer als eG verfassten Mitglieder nur die gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen (S. 1); andere Zwecke sind den Prüfungsverbänden gesetzlich verboten (S. 2). Als Folgewirkung dieses eingeschränkten Verbandszwecks beschränkt § 63b Abs. 2 GenG die Mitgliederstruktur der Prüfungsverbände834, die nicht jedermann als Mitglied aufnehmen können. Mitglieder eines Prüfungsverbands können nur „eingetragene Genossenschaften und ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform solche Unternehmen oder andere Vereinigungen sein, die sich ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden oder dem Genossenschaftswesen dienen“ (S. 1)835; Ausnahmen sind nur aus wichtigem Grund zulässig (S. 3). 3. Ergebnis Damit lässt sich schlicht das festhalten, was in § 63b Abs. 1 S. 1 GenG (seit 1934) normiert ist: Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände sollen die Rechtsform des e. V. haben, da sich diese zur Förderwirtschaftsprüfung der Mitgliedsgenossenschaften besonders eignet. Hingegen ist § 63b Abs. 1 S. 1 GenG nicht in eine Mussvorschrift umzuwandeln, sondern unverändert beizubehalten.

III. Trennung von Prüfung und Beratung? De lege lata charakterisiert die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die „Doppelnatur“836 als Prüfungs- und Betreuungsverband: Diese müssen nach § 63b Abs. 4 S. 1 GenG die Prüfung ihrer Mitglieder bezwecken (Var. 1 GenG) und dürfen die gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen (Var. 2 GenG) zum Zweck haben; andere Zwecke dürfen sie nach § 63b Abs. 4 S. 2 GenG nicht verfolgen. Entsprechend prüfen und beraten die genossenschaftlichen Prüfungsverbände in der BRD seit jeher die ihnen angehörenden Genossenschaften.837 1. Bestandsaufnahme Die Frage, ob sich Prüfung und zeitgleiche Beratung durch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände grundsätzlich miteinander vereinbaren lassen oder (stärker) getrennt werden sollten, wurde aufgrund von Vorfällen im Genossenschafts 834

Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 63b Rn. 1; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 63b Rn. 2. 835 Dazu Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 2. Siehe auch Zweiter Teil C. IV. 2. 836 Jenkis, BB 1982, 1702 (1703). 837 Spanier, ZfgG 2003, 117 (129). Siehe auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage BT-Drs. 19/13174, S. 11: „Dieses Modell der Doppelnatur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände hat sich seit Jahrzehnten bewährt.“

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

wesen bereits mehrfach aktuell. Namentlich stellte der 3. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags in seinem Bericht zur Unternehmensgruppe „Neue Heimat“ im Jahr 1987 ausdrücklich fest, dass „die gleichzeitige Interessenwahrnehmung durch Prüfungsverbände geeignet ist, die Unabhängigkeit des Prüfungswesens zu beeinträchtigen“ und empfahl gesetzliche Organisationsregelungen, „die eine Interessenkollision zwischen Prüfungswesen und Verbandsinteressenvertretung ausschließen.“838 Angesichts der Vorkommnisse in jüngerer Zeit, bei denen die Rechtsform eG bewusst für unseriöse Geschäftsmodelle missbraucht wurde, wurde eine „Trennung von Beratung und Prüfung“ dergestalt vorgeschlagen, dass die „Verbände nur noch die Genossenschaften beraten können, die sie nicht gleichzeitig prüfen“839. Teile der Literatur bezweifeln, dass sich Prüfung und zeitgleiche Beratung durch die Prüfungsverbände miteinander vereinbaren lassen: Es drohe eine Interessenkollision, da der Prüfungsverband solche Maßnahmen der eG zu prüfen habe, die er selbst als Betreuungsverband empfohlen habe.840 Andere halten eine besonders kritische Prüfung für naheliegend, damit anschließend eine Beratung durch den Prüfungsverband nötig werde.841 Weiter könnten die Prüfungsverbände die aus der Pflichtprüfung und Pflichtmitgliedschaft resultierende Machtposition dazu missbrauchen, einseitig Interessen im Bereich der sonstigen Verbandstätigkeiten durchzusetzen.842 Da eine objektive Prüfung durch Prüfung und Beratung aus einer Hand verhindert würde, wird teils gefordert, die genossenschaftlichen Prüfungsverbände müssten künftig „rein als Interessenverbände ausgestaltet werden“843. Andere wollen die Pflichtmitgliedschaft verfassungsrechtlich auf die Prüfungstätigkeit beschränken, während die Interessenvertretung auf einer freiwilligen Mitgliedschaft beruhen müsse.844 Ohnehin sei die Beratung durch den Verband obsolet geworden, da die heutigen Genossenschaften von qualifizierten Managern geleitet würden.845 2. Stellungnahme Dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die ihnen angehörende Genossenschaften prüfen und beraten, kann zunächst nicht als „spezieller Sündenfall des genossenschaftlichen Prüfungswesens“846 betrachtet werden. 838

BT-Drs. 10/6779, S. 205, siehe auch S. 173 f. Näher Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 59 ff. 839 BT-Drs. 19/12478, S. 4. Zuvor bereits BT-Drs. 19/3276, S. 4 (Frage Nr. 27). 840 Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (103); Nicklisch, BB 1979, 1153 (1158); ­Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (186); kritisch auch Erlinghagen, ZfgG 1981, 118 (122 f.). 841 So Glenk / Dietermann, NJW 1997, 110 (111). 842 Reinhardt, FS Draheim, 1971, S. 227 (235); Nicklisch, BB 1979, 1153 (1158) m. w. N. 843 Wulz / Weber, WPg 1985, 293 (296). 844 Nicklisch, BB 1979, 1153 (1161). 845 Peemöller, ZfgG 1992, 118 (124 ff.). 846 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2148).

C. Organisation

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a) Allgemein: Gefahr einer Interessenkollision Im Ausgangspunkt handelt es sich bei der Frage, ob sich Prüfung und gleichzeitige Beratung miteinander vereinbaren lassen, um eine ambivalente Problemlage jeder Wirtschaftsprüfung.847 So wird schon seit längerer Zeit diskutiert, ob und wie weitgehend die Prüfungs- und Beratungstätigkeit durch Jahresabschlussprüfer zu trennen sind.848 Hochaktuell wurde die Frage jüngst durch den Bilanzskandal beim ehemaligen DAX-Konzern Wirecard, angesichts dessen eine verschärfte Trennung von Prüfungs- und Beratungstätigkeit gefordert wurde.849 Generell gilt: Für die gleichzeitige Prüfung und Beratung lässt sich einerseits anführen, dass dem beratenden Prüfer die individuellen Verhältnisse des zu Prüfenden besser bekannt sind und sich dadurch Synergieeffekte erzielen lassen.850 Für ein Beratungsverbot des (Pflicht-)Prüfers spricht andererseits, dass bei gleichzeitiger Beratung das Risiko besteht, selbst getroffene Maßnahmen nicht unvoreingenommen beurteilen zu können (sog. Selbstprüfungsrisiko) sowie ein mögliches finanzielles Eigeninteresse des (beratenden) Prüfers.851 Aus diesem Grund haben alle Wirtschaftsprüfer nach § 49 WPO ihre Tätigkeit insbesondere dann zu versagen, wenn „die Besorgnis der Befangenheit bei der Durchführung eines Auftrages besteht“ – so auch die beim genossenschaftlichen Prüfungsverband angestellten Wirtschaftsprüfer. Bisherige empirische Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Prüfungsqualität durch gleichzeitige Prüfung und Beratung zumindest nicht entscheidend gemindert wird.852 b) Genossenschaftsspezifisch: Beibehaltung der Doppelnatur Genossenschaftsspezifisch ist am „Modell der Doppelnatur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände“853 festzuhalten.854 Hingegen sollte die positive Vereini 847

Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 167. Näher Jessen, ZfgG 2005, 38 (38 ff.); Spanier, ZfgG 2003, 117 (117 ff.). 849 Vgl. Titgemeyer, BB 2021, 491 (492 f.). 850 Jenkis, Die Wirtschaftsprüfer im Konflikt zwischen Prüfung und Beratung, 1989, S. 167; Ott / Bühler, ZfgG 2012, 103 (113 f.); Spanier, ZfgG 2003, 117 (117 f.); Titgemeyer, BB 2021, 491 (493); Quick, BB 2020, I. 851 Ott / Bühler, ZfgG 2012, 103 (113); Spanier, ZfgG 2003, 117 (118); Titgemeyer, BB 2021, 491 (493); Quick, BB 2020, I. 852 Quick, BB 2020, I; Titgemeyer, BB 2021, 491 (493). 853 BT-Drs. 19/13174, S. 11. 854 Ebenso Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (93); ders., in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (118); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 142; Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 174 f. Ferner die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage BT-Drs. 19/13174, S. 11: „Dieses Modell der Doppelnatur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Für eine Änderung oder Abschaffung besteht kein Bedarf.“ 848

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

gungsfreiheit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände nicht weitergehend dadurch beschränkt werden, dass ihnen die Prüfung und gleichzeitige Beratung ihrer Mitglieder untersagt wird – und sie so zum reinen Prüfungs- oder reinen Interessenverband degradiert werden. aa) Historisch gewachsene Betreuungsprüfung Für die Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung spricht zunächst die historische Entstehungsgeschichte des genossenschaftlichen Prüfungswesens. Die Prüfungstätigkeit der Verbände ist als fortgesetzte Betreuungs- und Beratungstätigkeit aus dieser heraus entstanden.855 Dem trägt auch § 63b Abs. 4 S. 1 GenG Rechnung, wonach der Prüfungsverband „die Prüfung seiner Mitglieder“ und „auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen“ bezwecken darf. Die Vorschrift zeigt, dass die Prüfung der Mitgliedsgenossenschaften ein Unterfall der gemeinsamen Interessenwahrnehmung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband ist.856 Diese historisch entstandene „Betreuungsprüfung“857 wurde schließlich durch das GenG von 1889 kodifiziert; danach musste der Verband „die Revision der ihm angehörigen Genossenschaften“ und konnte „auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer in § 1 bezeichneten Interessen“858 bezwecken. Prüfung und Beratung sind mithin „bedürfnisgerecht“ gewachsene Aufgaben der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, die man nachträglich „künstlich“ aufspalten würde.859 bb) Förderwirtschaftliche Einheit von Prüfung und Betreuung Weiter sollte zugunsten einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften an der Doppelnatur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände fest-

855

Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2147); Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 169; Metz, in: Boettcher (Hrsg.), Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, 1982, S. 7 (12). Eingehend zur Entstehungsgeschichte Erster Teil  C. I. 856 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 4. Demgegenüber BGH vom 10. 7. 1995  – II ZR 102/94 – NJW 1995, 2981 (2984): Prüfungsbegleitende Beratung und Betreuung zählt noch zur Prüfungstätigkeit. 857 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 54 Rn. 3. 858 § 53 des Gesetzes, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 1. 5. 1889, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. I, 1989, S. 37 (50). 859 Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (220) spricht von einer „gefährliche[n] Mißachtung der geschichtlichen Entwicklung“; Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (91); ders, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (116 f.).

C. Organisation

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gehalten werden, da die „Verbindung von Prüfung, Betreuung und Ausrichtung die besondere Wirksamkeit der Verbandsprüfung ausmacht“860. Einerseits effektuiert die Betreuung die Prüfungstätigkeit: Aufgrund der weiteren Betreuungs- und Beratungsaufgaben erlangt der Prüfungsverband die für die Förderwirtschaftsprüfung notwendigen Informationen.861 Klar erkannten dies die Verfasser des Referentenentwurfs von 1962: „Durch die Beratung und Betreuung wird die Prüfung im Gegenteil erst zu dem im Interesse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder liegenden wirkungsvollen Instrument.“862 Hingegen würde es die Prüfung schwächen, wenn die Prüfungsverbände lediglich auf die Prüfung beschränkt wären.863 Würde man den Prüfungsverbänden förderwirtschaftliche KannAufgaben verbieten und treten diese den Genossenschaften als „Nur-Prüfer“864 gegenüber, verliert die genossenschaftliche Pflichtprüfung an förderwirtschaft­ lichem Gehalt.865 Zudem kann der Prüfungsverband die Genossenschaften vor und insbesondere nach der durchgeführten Prüfung zu den festgestellten Mängeln betreuen und beraten.866 Somit sichert die Betreuungstätigkeit den Prüfungserfolg.867 Andererseits trägt die Prüfung entscheidend zur förderwirtschaftlichen Betreuung der Genossenschaften bei: Die Prüfungsverbände dürfen nach § 63b Abs. 4 S. 1 Var. 2 GenG nur solche Interessen wahrnehmen, soweit es sich um förderwirtschaftliche Interessen der Mitgliedsgenossenschaften („ihrer Interessen“) handelt.868 Klar(er) brachte dies § 53 des GenG von 1889 zum Ausdruck, wonach der Prüfungsverband neben der „Revision der ihm angehörigen Genossenschaften“

860 v. Caemmerer, Reformreferate III, 1959, S. 7 (14). Ferner Steding, Genossenschaftsrecht, 2002, S. 174: „Die besondere Stärke der genossenschaftlichen Prüfung erwächst vor allem daraus, dass diese Prüfung in ein größeres Umfeld der Kooperation eingebettet ist und mit der ständigen Betreuung der eG durch die Verbände zu einer Einheit verschmilzt, die für die rechtsförmliche Originalität der eG nachgerade symptomatisch ist.“ 861 Beuthien, in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (117); Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2147). 862 Begründung zum Referentenentwurf des BMJV vom 23. 2. 1962, abgedruckt bei Beuthien /  Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 429 (559). 863 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2148); Ohlmeyer / Rau, WPg 1985, 453 (459). 864 Großfeld / Noelle, BB 1985, 2145 (2148). 865 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (92); ders., in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (117). 866 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 61; Flender, Reformreferate III, 1959, S. 85 (86); Mann, ZfgG 1969, 224 (241); Mose, ZfgG 1986, 241 (246). 867 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 61; Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 10; Lochner, ZfgG 1953, 113 (119): „Grundlage des Betreuungsverhältnisses“; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 141 f., 168; Paulick, GS Schachtschabel, 1979, S. 223 (228). 868 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (79); Mehrkens, BB 1983, 287 (291).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

zusätzlich „auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer in § 1 bezeichneten Interessen“ zum Zweck haben durfte; hiermit wollte der historische Gesetzgeber klarstellen, dass die Verbände neben der Prüfung „keine anderen Zwecke als die Wahrnehmung der genossenschaftlichen Interessen verfolgen dürfen“, also „der gleichen Beschränkung unterliegen, welcher die Genossenschaften selbst unterworfen sind“869. Kraft dieser Interessenvertretung ist der Prüfungsverband nicht nur mit den individuellen (Förder-)Verhältnissen der zu prüfenden eG besonders vertraut, sodass er die Förderwirtschaftsprüfung wirksam durchführen kann. Vielmehr gewinnt er zugleich das für die Betreuung und Interessenvertretung notwendige Förderwissen erst durch die Förderwirtschaftsprüfung seiner Mitglieder.870 Mithin bedingen und fördern sich die Prüfung und gleichzeitige Betreuung durch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände grundsätzlich gegen- und wechselseitig.871. Die Pflichtprüfung und die Betreuung der Genossenschaften bilden eine „förderwirtschaftliche Sinneinheit“872. Genossenschaftsspezifisch besteht somit keine Interessenkollision, sondern ein förderwirtschaftlicher Interessengleichlauf. cc) Tatsächliche und rechtliche Schutzmechanismen Schließlich tendiert die Gefahr von Interessenkollisionen nicht nur deshalb gegen Null, weil Prüfungs- und Beratungstätigkeit von den Prüfungsverbänden meist organisatorisch in unterschiedliche Abteilungen aufgeteilt wird873 – und so zwar rechtlich vom Prüfungsverband, allerdings tatsächlich nicht vom identischen Träger wahrgenommen wird874. Vielmehr wird Interessenkollisionen auch durch rechtliche Schutzmechanismen vorgebeugt: Zunächst sind alle Prüfungsorgane – Prüfungsverbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften – „zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung“ ver 869 Besondere Begründung des Gesetzes, betreffend die Erwerbs und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27. 11. 1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 183–259, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken / Aschermann, Materialien zum GenG Bd. II, 1989, S. 222 (256) [Kursive Hervorhebungen vom Verfasser]. 870 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (92); ders., in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (118). 871 Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 10 f.; Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (219): „untrennbar“ sowie a. a. O., S. 195 (220): „Die Prüfung steht in unlösbarem Zusammenhang mit der Beratung und Betreuung“; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 5. 872 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (92). Ferner Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (219): „untrennbar“. 873 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 95; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 124; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 5; Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 49. 874 Mann, ZfgG 1969, 224 (234).

C. Organisation

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pflichtet (§ 62 Abs. 1 S. 1 GenG) und haften bei einer Pflichtverletzung gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz (§ 62 Abs. 1 S. 3 GenG). Weiter kann der Prüfer wegen Besorgnis der Befangenheit von der Prüfung ausgeschlossen sein, was unwiderleglich vermutet wird, wenn er gegenüber der eG über die Prüfungstätigkeit hinaus (Beratungs-)Tätigkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GenG erbracht hat. Auch kann sich der Prüfungsverband verbandsexterner Prüfer bedienen (§ 55 Abs. 3 GenG). Beide Mechanismen wollen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung gewährleisten und sichern.875 Zudem kann der Prüfungsverband aufgrund § 319 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HGB, der zwar nach § 340k Abs. 2 S. 3 HGB ausdrücklich nur für Kreditgenossenschaften entsprechend gilt, aber seinem Telos nach auch für andere Genossenschaften passt876, analog § 55 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a) GenG selbst befangen sein, wenn sich dessen Beratung nicht darauf beschränkte, entscheidungshilfreiche Gestaltungsalternativen aufzuzeigen. Nach dem vom BGH877 herangezogenen Abgrenzungskriterium der funktionalen Entscheidungszuständigkeit ist darauf abzustellen, ob das beratene Unternehmen nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich die unternehmerischen Entscheidungen (noch) in eigener Verantwortung getroffen hat. Ferner werden die genossenschaftlichen Prüfungsverbände genossenschaftsspezifisch doppelt kontrolliert: Diese unterliegen erstens unmittelbar einer ständigen Staatsaufsicht (§§ 63a, 64 GenG), die auch darauf zu achten hat, dass die Prüfungsverbände ihre Pflicht zur unparteiischen Prüfung erfüllen. Zu überwachen ist somit, dass der Prüfungsverband nicht lediglich das prüft, was er selbst veranlasst hat878. Auch müssen Satzungsänderungen des Prüfungsverbands, die dessen Verbandszweck zum Gegenstand haben, der für die Verleihung des Prüfungsrechts zuständigen Behörde unverzüglich angezeigt werden (§ 63c Abs. 3 Hs. 1 GenG).879 Vor allem angezeigte Änderungen des Verbandszwecks können für die zuständige Aufsichtsbehörde Anlass dafür sein, weitere Untersuchungen nach § 64 GenG vorzunehmen.880 Dazu tritt zweitens die externe Qualitätskontrolle (§§ 63e ff. GenG), die ebenfalls die Einhaltung der Unabhängigkeitsregeln überwacht881.

875

Beuthien / Schöpflin, GenG, § 55 Rn. 6. Wie hier Beuthien / Schöpflin, GenG, § 55 Rn. 8. A. A. Jessen, ZfgG 2005, 38 (45): Selbstprüfungsverbot gilt nur für die tatsächlich tätigen Prüfer, nicht aber den Prüfungsverband als Ganzes; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 55 Rn. 23. Ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 105 f., wonach ein wichtiger Grund nach § 55 Abs. 3 S. 1 GenG vorliegen könne. 877 Grundlegend BGH vom 21. 4. 1997  – II ZR 317/95  – NJW 1997, 2178; BGH vom 25. 11. 2002 – II ZR 49/01 – NJW 2003, 970. 878 Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (186). 879 Vgl. Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (96). Der früher bestehende Zustimmungsvorbehalt ist durch die Novelle 2006 entfallen, siehe BT-Drs. 16/1025, S. 91. 880 So BT-Drs. 16/1025, S. 91. Eingehend zum Minderheitenschutz in den Prüfungsverbänden Beuthien / Schöpflin, DB 1997, 361. 881 Spanier, ZfgG 2003, 117 (123). 876

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Schließlich sind derzeit alle Prüfungsverbände in der BRD als e. V. organisiert.882 Daher dürfen sie – abweichend von Wirtschaftsprüfern, deren Tätigkeit auf Gewinnerzielung gerichtet ist – nach § 21 BGB keinen wirtschaftlichen (Haupt-)Zweck verfolgen, sodass deshalb – und aufgrund des nach § 54 S. 1 GenG gesetzlich vorgeschriebenen Dauermandats883 – kein finanzielles Eigeninteresse des (beratenden) Prüfungsverbands besteht. Hierdurch wird Interessenkonflikten vorgebeugt.884 Zudem wird ihr Verbandswille durch die Mitgliederversammlung (vielfach als „Verbandstag“ bezeichnet) als oberstes Organ gebildet (§ 32 Abs. 1 BGB). Die Prüfungsverbände nehmen neben der Prüfungstätigkeit als verpflichtende Hauptaufgabe (sog. Muss-Aufgabe)  weitere Verbandsaufgaben (sog. Kann-Aufgaben) nur wahr, wenn und weil dies (fortlaufend) dem (Mehrheits-)Willen der ihnen angehörenden Genossenschaften entspricht.885 Das zeigt auch § 63b Abs. 4 S. 1 GenG, wonach der Verband die Prüfung seiner Mitglieder zum Zweck haben muss, während er die gemeinsame Interessenwahrnehmung bezwecken darf.

IV. Verbandsstruktur Zu erörtern sind schließlich zwei Aspekte, welche die Struktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände betreffen: Erstens ist in den Blick zu nehmen, wie deren Verbandsorgane besetzt sind und besetzt werden sollten. Zweitens wird auf die Mitgliederstruktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände eingegangen. 1. Besetzung der Verbandsorgane Die Effizienz der genossenschaftlichen Pflichtprüfung wird maßgeblich dadurch beeinflusst, wie die Organe des Prüfungsverbands besetzt sind.886 a) Fortgesetzte „Professionalisierung“ Die Vorstände der heutigen (Groß-)Genossenschaften bestehen regelmäßig nicht (mehr) aus nutzenden Mitgliedern, sondern werden vielfach mit hauptamtlichen und professionellen Managern besetzt. Diese „Professionalisierung“ setzt sich 882

Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 63b Rn. 1; Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 2; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 1. 883 BT-Drs. 18/7219, S. 61: „gesetzlich vorgegebenen Grundsatz des Dauermandats“. 884 Denga, NZG 2022, 1179 (1182); ders., JURA 2021, 1202 (1205). 885 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (85 f.); ders., in: Genossenschaftsverband Rheinland e. V. (Hrsg.), Partnerschaft im Wandel der Zeit, 100 Jahre Genossenschaftsverband Rheinland e. V., 1989, S. 107 (118 f.). 886 Bonus, Das Selbstverständnis moderner Genossenschaften, 1994, S. 73; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (184).

C. Organisation

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bei den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden fort: Da die als e. V. verfassten (§ 63b Abs. 1 S. 1 GenG) Prüfungsverbände insbesondere aus den zu prüfenden Genossenschaften gebildet und diese jeweils von ihrem Vorstand vertreten werden (§ 26 GenG), werden zunehmend hauptamtliche Manager in die Organe des Prüfungsverbands gewählt.887 Gewandelt hat sich so vor allem die Zusammensetzung des Aufsichtsorgans der genossenschaftlichen Prüfungsverbände (sog. Verbandsausschuss oder Verbandsrat), welches den Verbandsvorstand hinsichtlich der Prüfungstätigkeit überwacht. Früher war dieses mit den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern der Genossenschaften besetzt.888 Heute besteht es überwiegend aus den hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern der Genossenschaften.889 Mithin gerieten nicht nur die Vorstände der heutigen (Groß-)Genossenschaften, sondern auch die Organe der Prüfungsverbände unter den Einfluss der zu prüfenden hauptamtlichen Genossenschaftsvorstände.890 b) Folge: Verdrängung der Förderinteressen Bereits der Ausschuss für Genossenschaftsrecht an der Akademie für deutsches Recht hielt es im Jahr 1940 für problematisch, wenn die eG „mit dem an sich zuständigen Prüfungsverband durch Personalunion der Vorstandsmitglieder“891 verbunden ist. Teile der Literatur gehen davon aus, dass durch die „professionalisierten“ Verbandsorgane die Unabhängigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände gefährdet sei, da der Verbandsausschuss in der Regel den Verbandsvorstand (ab)berufe, die Anstellungsverträge mit diesem schließe und subtile Sanktionen androhen könne.892 Zudem könnten die hauptamtlichen Manager die Prüfer mittelbar beeinflussen, da sie über die Finanzierung der Prüfungsverbände beschließen.893 Ob diese These zutrifft, ist zu bezweifeln. Denn zum einen fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass die Unabhängigkeit des Verbandsvorstands durch 887

Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 155. 888 Großfeld, ZfgG 1988, 263 (273). 889 Jäger, ZfgG 1985, 21 (27). 890 Bialek, Perspektiven der Genossenschaft als Organisationsform, 1995, S. 122: „Die zu Kontrollierenden waren plötzlich die Kontrolleure der eigenen Kontrolleure“; Großfeld, ZfgG 1988, 263 (273); Großfeld / Aldejohann, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 1 (17). 891 Granzow, Das Recht der deutschen Genossenschaften, 1940, S. 119. 892 Großfeld / Aldejohann, in: Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen WilhelmsUniversität / Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 1 (18); Jäger, ZfgG 1985, 21 (27); wohl auch Peemöller, ZfgG 1992, 243 (251); vgl. ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 156; Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 34. 893 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 155; Großfeld, ZfgG 1988, 263 (273).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

den (Wahl-)Einfluss der zu prüfenden Manager tatsächlich eingeschränkt ist.894 Auch wird die Besorgnis der Befangenheit erst unwiderlegbar vermutet, wenn im konkreten Einzelfall ein gesetzlicher Vertreter oder eine vom Prüfungsverband beschäftigte Person zugleich „Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats oder Arbeitnehmer der zu prüfenden eG ist“ (§ 55 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GenG). Zum anderen sind die Prüfungsverbände und das zu prüfende (Fremd-)Management der Genossenschaften (weiterhin) institutionell getrennt, wodurch jedenfalls ein Mindestmaß an Unabhängigkeit gewährleistet ist.895 Gleichwohl ist die „Professionalisierung“ der Verbandsorgane für die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht folgenlos. Denn die nutzenden Genossenschaftsmitglieder, welche die Förderbedürfnisse aus eigener Erfahrung kennen, wurden von hauptamtlichen Managern nicht nur aus dem Vorstand der eG weithin verdrängt, sondern zusätzlich aus den Organen des Prüfungsverbands.896 Die Förderinteressen der Genossenschaftsmitglieder sind in den Organen des Prüfungsverbands nicht mehr unmittelbar repräsentiert.897 Sie sind damit von der Leitung der eG und deren externer Pflichtprüfung ausgeschlossen. Das widerspricht der Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, die als countervailing power zum (über-)mächtigen Vorstand der eG die Förderinteressen der Mitglieder sicherzustellen hat: Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände müssen beurteilen, ob die Mitglieder der jeweiligen eG bestmöglich natural gefördert wurden, etwaige Förderzweckverstöße feststellen und – notfalls prüfungsverfolgend – dagegen einschreiten. Diese Förderwirtschaftsprüfung ist gefährdet, wenn die Interessen der Verbandsorgane und des zu prüfenden Managements identisch sind.898 Bestehen die Organe des Prüfungsverbands ausschließlich oder überwiegend aus hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern der eG, überprüfen diese die Geschäftsführung der gleichfalls mit einem professionellen (Fremd-)Management besetzten Genossenschaftsvorstände.899 Die zu Kontrollierenden kontrollieren dann den Kontrolleur. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung denaturiert so zur bloßen Selbstkontrolle der Manager durch Manager und kann dem genossenschaftsspezifischen PrincipalAgent-Konflikt nicht (mehr) entgegenwirken bzw. diesen ausgleichen. c) Konsequenz: Repräsentative Besetzung Freilich können die Organe der genossenschaftlichen Prüfungsverbände heute nicht (mehr) mit den selbstbetroffenen Mitgliedern der einzelnen Genossenschaften besetzt werden. Vielmehr bedarf es grundsätzlich hauptamtlicher und professionel 894

Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (38). Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (184). 896 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (38). 897 Beuthien, Wie genossenschaftlich ist die eingetragene Genossenschaft?, 1990, S. 9 (38). 898 Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 156. 899 Büchler, Eingetragene Genossenschaft und hoheitliche Aufsicht, 1990, S. 124. 895

C. Organisation

259

ler Manager, nachdem die Anforderungen an die genossenschaftlichen Prüfungsverbände sowohl in fachlicher als auch zeitlicher Hinsicht zugenommen haben900. Dieser Entwicklung trägt auch der Gesetzgeber Rechnung: Zunächst sah § 63b Abs. 5 GenG seit der Novelle 1934 vor, dass zur Unterstützung des Verbandsvorstands bei der Prüfungstätigkeit mindestens ein „genossenschaftlicher Wirtschaftsprüfer“ angestellt werden soll.901 Seit der Neufassung von § 63b Abs. 5 S. 1 GenG durch die Novelle 1973 muss dem Vorstand des Prüfungsverbands grundsätzlich mindestens ein Wirtschaftsprüfer angehören; hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Prüfungstätigkeit des Verbands fachgerecht geleitet wird.902 Weitergehende Vorgaben gelten bei Kreditgenossenschaften, gemeinnützigen Wohnungsunternehmen sowie von Genossenschaften oder Prüfungsverbänden abhängigen Beteiligungsgesellschaften. Diese können sich von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband nur prüfen lassen, sofern „die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstands dieses Prüfungsverbands Wirtschaftsprüfer“ (§ 340k Abs. 2 S. 1 HGB) bzw. „mehr als die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstands dieses Prüfungsverbands Wirtschaftsprüfer“ (Art. 25 Abs. 1 S. 1 EGHGB) sind. Damit die genossenschaftlichen Prüfungsverbände allerdings nicht zu einem reinen „Interessenverband der Genossenschaftsmanager“903 mutieren, dürfen deren Organe nicht ausschließlich oder ganz überwiegend aus hauptamtlichen Managern der zu prüfenden Genossenschaften bestehen. Vielmehr sollten die Verbandsorgane zugunsten einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung zumindest teilweise mit selbstbetroffenen Genossenschaftsmitgliedern besetzt werden, sodass deren Förderinteressen dort unmittelbar repräsentiert sind  – und der Prüfungsverband genuiner Interessenverband der einzelnen Genossenschaftsmitglieder bleibt904. Vor allem in das Aufsichtsorgan der Prüfungsverbände sollten nutzende Mitglieder der zu prüfenden Genossenschaften berufen werden, die den Verbandsvorstand darauf zu überwachen haben, dass er bei der Prüfungstätigkeit die mitgliedschaftlichen Förderinteressen nicht vernachlässigt. Dieser Besetzung des Aufsichtsorgans bedarf es besonders dann, wenn „die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstands“ (§ 340k Abs. 2 S. 1 HGB) bzw. „mehr als die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstands“ (Art. 25 Abs. 1 S. 1 EGHGB) Wirtschaftsprüfer sein müssen; andernfalls wären die Förderinteressen der Genossenschaftsmitglieder weitgehend aus dem Verbandsvorstand und dem diesen überwachenden Aufsichtsorgan und somit nahezu aus dem gesamten Prüfungsverband verdrängt. 900

Siehe nur Spanier, ZfgG 2008, 279 (279 ff.). Dazu Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 312 ff. Die Geltung der Vorschrift wurde durch Art. 1 der Verordnung vom 4. 12. 1934 (RGBl. I, S. 1227) suspendiert und teilweise dadurch obsolet, dass das Recht der Wirtschaftsprüfer durch die WPO vom 24. 7. 1961 (BGBl. I, S. 1049) reformiert wurde. 902 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 10. 903 Jäger, ZfgG 1985, 21 (28). Ferner Aldejohann, Die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, 1990, S. 156: „Parteigänger des Managements“. 904 Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 468. 901

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

2. Mitgliederstruktur Die Mitgliederstruktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ist in zweifacher Hinsicht eingeschränkt. a) Förderwirtschaftlicher Interessengleichlauf zwischen allen Mitgliedern Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände können nicht jedermann als Mitglied aufnehmen, da ihre Mitgliederstruktur gesetzlich beschränkt ist: Mitglieder des Verbands können nach dem 1934 eingeführten § 63b Abs. 2 S. 1 GenG – als Folgewirkung des nach § 63b Abs. 4 GenG eingeschränkten Verbandszwecks905 – nur eingetragene Genossenschaften und solche Unternehmen oder andere Vereinigungen sein, die sich ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden oder dem Genossenschaftswesen dienen.906 Ausnahmen sind nur aus wichtigem Grund zulässig (§ 63b Abs. 2 S. 3 GenG). Die Vorschrift zielt darauf ab, dass alle Mitglieder eines Prüfungsverbands nicht heterogene, sondern möglichst homogene förderwirtschaftliche Interessen verfolgen. Könnte der Prüfungsverband unbeschränkt Mitglieder aufnehmen, die keine förderwirtschaftlichen Ziele verfolgen, wäre er als Interessenverband aller seiner Mitglieder gezwungen, einerseits darauf zu achten, dass die Mitglieder der Genossenschaften bestmöglich natural gefördert werden – und die Genossenschaften insoweit zu prüfen. Andererseits müsste er gleichzeitig bei der Interessenvertretung nichtgenossenschaftlicher erwerbswirtschaftlicher Unternehmen dafür sorgen, dass diese möglichst hohe Gewinne erwirtschaften.907 Diese im Rahmen einer praktischen Konkordanz vorzunehmende Wahrnehmung förderwirtschaft­licher und erwerbswirtschaftlicher Interessen dürfte sich auf die Interessenvertretung der prüfungsunterworfenen Genossenschaften nachteilig auswirken.908 Der Mitgliederkreis der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ist daher zu Recht nach § 63b Abs. 2 S. 1 Var. 1 GenG zum einen auf Genossenschaften beschränkt, die qua Rechtsform nach § 1 Abs. 1 GenG unmittelbar förderwirtschaftlichen Zielen verpflichtet sind – das gilt für die vom Prüfungsverband zu prüfenden Genossenschaften (§ 55 Abs. 1 GenG), aber auch für andere ihm angehörenden Genossenschaften (§ 55 Abs. 4 GenG). Zum anderen kommen rechtsformunabhängig nur solche Vereinigungen als Verbandsmitglieder in Betracht, die sonst förderwirtschaftlich geprägt sind. Das ist der Fall, wenn sie „sich ganz oder überwiegend

905

Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 63b Rn. 1; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 63b Rn. 2. 906 Zur Mitgliedschaft ausländischer Genossenschaften im Prüfungsverband Schulz, ZfgG 2005, 47. 907 Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (815). 908 Mehrkens, BB 1983, 287 (291); Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (817).

D. Kontrolle

261

in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden“ (§ 63b Abs. 2 S. 1 Var. 2 GenG) oder „dem Genossenschaftswesen dienen“ (§ 63b Abs. 2 S. 1 Var. 3 GenG). b) „Herrschaft“ der prüfungsunterworfenen Genossenschaften Darüber hinaus müssen die zu prüfenden, als eG verfassten Mitglieder des Prüfungsverbands stets „Herren des Verbandes“909 sein. Demgegenüber verlieren die Prüfungsverbände ihren Charakter als genossenschaftlicher Prüfungsverband, sofern sie durch nichtgenossenschaftliche Unternehmen beherrscht werden.910 Das folgt zunächst daraus, dass die Mitgliedschaft nichtgenossenschaftlicher Unternehmen in einem Prüfungsverband nur „ausnahmsweise zulässig“911 ist, während die Mitgliedschaft der eG – wie auch § 54 GenG beweist – nach § 63b Abs. 2 GenG den gesetzlichen Regelfall darstellt.912 Weiter könnten die als eG verfassten Mitglieder, welche zwingend einem Prüfungsverband angehören müssen (§ 54 S. 1 GenG), durch nichtgenossenschaftliche Unternehmen, die einem Prüfungsverband angehören können (§ 63b Abs. 2 GenG), fremdbestimmt werden, sofern diese den Prüfungsverband dominieren und leiten.913 Schließlich lässt sich eine „Herrschaft“ nichtgenossenschaftlicher Unternehmen nicht mit der Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung vereinbaren: Diese hat den förderwirtschaftlichen Interessen der Genossenschaftsmitglieder zu dienen und ist danach auszurichten. Mithin muss den prüfungsunterworfenen Genossenschaften insbesondere bei der Willensbildung im Verhältnis zu den sonstigen Mitgliedern des Prüfungsverbands zwingend die Mehrheit zukommen.914

D. Kontrolle Damit die Prüfungsverbände die genossenschaftliche Pflichtprüfung effektiv ausüben, ist entscheidend, dass sie ihrerseits kontrolliert werden.

909

Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (816). Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63b Rn. 20. 911 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien /  Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (73). Ferner Holtz, BlfG 1934, 742 (743): „reinliche Scheidung zwischen den Prüfungen von Genossenschaften und denen sonstiger Wirtschaftsunternehmen“. 912 Flender, Reformreferate  III, 1959, S. 85 (108); Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63b Rn. 20; Mehrkens, BB 1983, 287 (287). 913 Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (817); Schulz, ZfgG 2005, 47 (58). 914 Großfeld / Nachtigäller, DB 1997, 813 (815 f., 817); zustimmend Müller, GenG, Bd. 3, § 63b Rn. 7a. A. A. Beuthien / Schöpflin, GenG, § 63b Rn. 2. 910

262

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

I. Haftung Zunächst sollen die genossenschaftlichen Prüfungsorgane durch drohende Haftungssanktionen dazu angehalten werden, ihre Prüfungspflichten ordnungs­gemäß zu erfüllen. Indes eignet sich das Haftungsregime für pflichtwidrige Fehlleistungen nur bedingt dazu, die genossenschaftlichen Prüfungsorgane zur Förderwirtschaftsprüfung anzuhalten und die genossenschaftliche Pflichtprüfung zu effektuieren. 1. Pflichtenprogramm der Prüfungsorgane Prüfungsverbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften sind nach § 62 Abs. 1 GenG „zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet“ (S. 1); auch dürfen sie „Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben, nicht unbefugt verwerten“ (S. 2). Wer seine Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, haftet der eG „für den daraus entstehenden Schaden“ (S. 3). Die Vorschrift regelt demnach neben dem – durch die Novelle  1973 verschärften915  – Haftungsmaßstab primär die Prüfungspflichten aller Prüfungsorgane und deren Haftung für pflichtwidrige Fehlleistungen.916 Der Wortlaut von § 62 GenG entspricht zwar weitgehend § 323 HGB917 und wurde zuletzt durch die Novelle 2006 an diesen sprachlich angepasst. So ist der Abschlussprüfer nach § 323 Abs. 1 HGB insbesondere auch „zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet“ (S. 1) und darf bei der Tätigkeit erlangte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht unbefugt verwerten (S. 2).918 Dennoch besteht zwischen den genossenschaftlichen Prüfungsorganen und dem Abschlussprüfer nach § 316 HGB kein „Gleichlauf“ an prüfungsrechtlichen Pflichten.919 Vielmehr treffen genossenschaftliche Prüfungsverbände und Prüfer genossenschaftsspezifisch grundlegend weitreichendere und inhaltlich verschiedene Prüfungspflichten: Namentlich müssen sie bei der Prüfung der Geschäftsführung darauf achten, ob die für die Geschäftsführung zuständigen Organe

915

Nach § 62 Abs. 1 S. 3 GenG a. F. haftete, wer seine „Obliegenheiten vorsätzlich oder grob fahrlässig“ verletzte. Dieser Haftungsmaßstab wurde durch die Novelle 1973 (BT-Drs. 7/97, S. 26) abgeändert; seither haften genossenschaftliche Prüfungsorgane für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. 916 Siehe nur Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 62 Rn. 1. 917 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 62 Rn. 1; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 1; BT-Drs. 16/1025, S. 90: „Parallelvorschrift des § 323 Abs. 1 HGB“. 918 Eingehend zu den Pflichten von Wirtschaftsprüfern Schaible, Haftung von Wirtschaftsprüfern, 2021, S. 38, 47 ff. 919 Zumindest in diese Richtung aber BT-Drs. 7/97, S. 25: „Aufgaben, Rechte und Pflichten der genossenschaftlichen Prüfungsorgane entsprechen im wesentlichen denjenigen der Abschlußprüfer von Aktiengesellschaften“; ferner Leitner, ZfgG 1998, 23 (38): „inhaltlich weitgehend mit der Vorschrift des § 323 HGB identisch“.

D. Kontrolle

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der eG den Förderzweck eingehalten haben.920 Festzustellen ist insbesondere, ob der Vorstand der eG insgesamt förderwirtschaftlich rechtmäßig und förderzweckmäßig gehandelt hat.921 Der Jahresabschluss der eG ist daher nicht nur rein vergangenheitsbezogen und punktuell zu prüfen, sondern die Prüfung muss auch zukunftsgerichtet erfolgen.922 Die Prüfungsorgane haben nicht lediglich festzustellen, ob die Geschäftsführung des Vorstands im zurückliegenden Prüfungszeitraum ex post förderzweckkonform war, sondern darüber hinaus ex ante prüfen, inwiefern diese künftig förderwirtschaftlich sachgerecht ist. Im Prüfungsbericht muss ausdrücklich Stellung dazu bezogen werden, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat“ (§ 58 Abs. 1 S. 3 GenG). Richtigerweise sollen die beim Prüfungsverband angestellten Prüfer somit „im genossenschaftlichen Prüfungswesen ausreichend vorgebildet und erfahren sein“ (§ 55 Abs. 1 S. 3 GenG). Zudem endet der Prüfungsauftrag – anders als der des Abschlussprüfers einer AG – nicht dadurch, dass die eigentliche Prüfung abgeschlossen ist. Vielmehr sind die Prüfungsverbände weitergehend dazu verpflichtet, das Prüfungsergebnis sachgemäß auszuwerten sowie zu kontrollieren, ob festgestellte Mängel behoben und wesentliche Beanstandungen und Empfehlungen der Prüfung beachtet wurden.923 Aus dem Anspruch auf eine gewissenhafte Prüfung folgt mithin eine „Prüfungsverfolgungspflicht“924. Die genossenschaftlichen Prüfungsorgane verletzen deshalb ihre Pflicht zur gewissenhaften Prüfung, sofern sie trotz festgestellter Mängel die Prüfungsverfolgung grundsätzlich unterlassen.925 Wie erörtert kann für den Prüfungsverband und / oder den Prüfer schließlich die Pflicht bestehen, die ihnen durch die §§ 58 ff. GenG zugewiesenen Einwirkungsmöglichkeiten auszuüben.926 Namentlich bei schwerwiegenden Förderzweckverstößen müssen sie nach Maßgabe der abgestuften Teilhabebefugnisse auf die Mängelbeseitigung hinwirken; andernfalls verletzen sie ihre Pflicht zur gewissenhaften Prüfung.

920

Beuthien / Hanrath, ZfgG 2008, 85 (86). Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 461; Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 53 Rn. 2. 922 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 53 Rn. 16; Leitner, ZfgG 1998, 23 (25); Müller, GenG, Bd. 3, § 53 Rn. 2; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 53 Rn. 12. 923 Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (309). 924 Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (309). 925 Letschert, in: Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Genossenschaftsrecht, Protokolle der Ausschüsse, Band IV, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, 1989, S. 132 (140). 926 Siehe Zweiter Teil  B. III. 2. a) bb). Wie hier Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 3. Wohl a. A. Großfeld / Rothe, NZG 1998, 877 (880). 921

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

2. De lege lata: Keine Haftung bei unzureichender Förderwirtschaftsprüfung Kommen Prüfungsverbände und Prüfer ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht oder nur unzureichend nach, verletzen sie zwar ihre Pflicht zur gewissenhaften Prüfung in besonders schwerwiegender Weise. Dennoch sind sie regelmäßig nicht zum Schadensersatz verpflichtet: Betätigt sich die zu prüfende eG förderzweckkonform, wäre auch durch eine pflichtgemäß wahrgenommene Prüfung nichts Abweichendes festgestellt worden. Sie haften aber vor allem nicht, wenn die zu prüfende eG förderzweckwidrige, durch die Prüfung unentdeckt gebliebene Ziele verfolgt. Denn entsprechend den Ausführungen zur Vorstandshaftung927 gilt: Durch die förderzweckwidrige Betätigung wird typischerweise nicht die eG, sondern es werden lediglich die Einzelwirtschaften der Mitglieder geschädigt. Umgekehrt kann die eG sogar auf Kosten der Mitglieder bereichert werden, wenn sie ihren Mitgliedern im Fördergeschäftsverkehr ungerechtfertigt schlechte Konditionen bietet und so ihren eigenen Gewinn steigert.928 Zwar wird dem Prüfungsverband das Verschulden eines bei ihm angestellten Prüfers (§ 55 Abs. 1 S. 2 GenG) oder sonst von ihm beauftragten Prüfers oder einer Prüfungsgesellschaft (§ 55 Abs. 3 S. 2 GenG) analog § 278 S. 1 Var. 2 BGB zugerechnet.929 Zudem ordnet § 62 Abs. 1 S. 3 GenG über die Haftung des Prüfungsverbands auch die der (nach § 55 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 GenG) konkret eingesetzten Prüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und damit aller Prüfungsorgane an; mehrere Personen haften nach § 62 Abs. 1 S. 4 GenG gesamtschuldnerisch. Allerdings besteht die Schadensersatzhaftung nach § 62 Abs. 1 S. 3 GenG nach dessen Wortlaut nur gegenüber der eG, während die regelmäßig in ihren Eigenwirtschaften geschädigten Mitglieder der eG nicht anspruchsberechtigt sind.930 Aufgrund des eindeutigen Wortlauts scheidet auch eine analoge Anwendung der Vorschrift aus. Weiter haften die genossenschaftlichen Prüfungsorgane nicht nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung: Die genossenschaftliche Pflichtprüfung beruht nicht auf einem gegenseitigen Vertrag, sondern auf dem zwischen Prüfungsverband und eG bestehenden vereinsrechtlichen Prüfungsrechtsverhältnis.931 Dieses ist allerdings für die Genossenschaftsmitglieder nicht drittschützend, da es an der Leistungsnähe fehlt.932 Die eG ist eine Gesellschaft „von nicht geschlossener Mitgliederzahl“, sodass es zudem am schutzwürdigen Gläubigerinteresse der eG 927

Erster Teil  C. II. 3. b) bb). Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 395. 929 Siehe nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 55 Rn. 13, 62 Rn. 2. 930 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 62 Rn. 14; Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 62 Rn. 13, 16; Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 12a, 25; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 7. 931 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 61 Rn. 1, § 62 Rn. 2. 932 Ebenso Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 25. Im Ergebnis ebenfalls ablehnend Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 7. 928

D. Kontrolle

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an der Einbeziehung ihrer Mitglieder mangelt, jedenfalls an der Erkennbarkeit für Prüfungsverband und Prüfer.933 Eine Haftung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane gegenüber den Mitgliedern der eG kommt ferner nicht nach dem im Jahr 2002 eingeführten934 § 311 Abs. 3 BGB in Betracht. Richtigerweise bietet die genossenschaftliche Pflichtprüfung als gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfung grundsätzlich keine Grundlage, die eine Dritthaftung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane als Vertrauensnehmer begründen könnte.935 Diese nehmen bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nicht Vertrauen in besonderem Maße für sich in Anspruch, sodass im Verhältnis zu den Mitgliedern der eG kein Sonderrechtsverhältnis nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB entsteht. Schließlich scheiden deliktische Ansprüche der Mitglieder gegenüber den genossenschaftlichen Prüfungsorganen aus, sofern diese ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht (ausreichend)  nachkommen. Die §§ 823 ff. BGB sind zwar anwendbar, da die Genossenschaftsmitglieder in § 62 Abs. 1 S. 3 GenG nicht genannt sind, sodass jedenfalls im Verhältnis zu den Mitgliedern der eG keine verdrängende Sonderregelung vorliegt.936 Allerdings erleiden die Mitglieder einen „reinen“ Vermögensschaden und damit keine Rechtsgutsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 GenG; auch fehlt es regelmäßig an einem „betriebsbezogenen“ Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb937. Zudem besteht kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB. § 62 GenG ist kein Schutzgesetz.938 § 150 GenG ist zwar ein Schutzgesetz, liegt jedoch tatbestandsmäßig nicht vor: Unterbleibt die Förderwirtschaftsprüfung und berichtet der Prüfer entgegen § 58 Abs. 1 S. 3 GenG darüber nicht, wurde über das Prüfungsergebnis nicht „falsch berichtet“ (§ 150 Abs. 1 Var. 1 GenG). Vielmehr stimmt der Bericht mit der tatsächlich (unzureichend)  durchgeführten Prüfung überein.939 Selbst wenn man das unvollständige Berichten aufgrund unvollständigen Prüfens für tatbestandsmäßig hält940, sodass 933 Die Schutzbedürftigkeit bei der Haftung von Wirtschaftsprüfern aufgrund § 311 Abs. 3 S. 2 BGB ablehnend Schaible, Haftung von Wirtschaftsprüfern, 2021, S. 92 f., aber auch diese Haftung sei „äußerst restriktiv zu handhaben und stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen“ (S. 94). 934 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I 2001, S. 3138. 935 OLG Stuttgart vom 11. 5. 2022 – 9 U 28/21 – NZG 2022, 1455 (1456 f.). Entsprechend restriktiv bei gesetzlichen Abschlussprüfungen Schaible, Haftung von Wirtschaftsprüfern, 2021, S. 88 ff. 936 Abweichend offenbar OLG Stuttgart vom 11. 5. 2022  – 9  U 28/21  – NZG  2022, 1455 (1459 f.). Zur Sperrwirkung von § 62 Abs. 1 GenG als abschließenden Sonderregelung gegenüber den §§ 823 ff. BGB im Verhältnis zur eG: Großfeld / Blümcke, DB 2000, 309 (312). Eingehend zur Anspruchsberechtigung Dritter nach deliktsrechtlichen Gründen neben § 168 Abs. 1 S. 3 AktG a. F. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, 1983, S. 37 ff. Vgl. ferner Schaible, Haftung von Wirtschaftsprüfern, 2021, S. 61. 937 Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 27: „wohl nicht einmal in Ausnahmefällen aktuell“. 938 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 62 Rn. 16; Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn.  28; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 2, 7. 939 Vgl. nur Beuthien / Schöpflin, GenG, § 150 Rn. 4 f. 940 So Beuthien / Schöpflin, GenG, § 150 Rn. 5.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

„erhebliche Umstände im Bericht“ (§ 150 Abs. 1 Var. 2 GenG) verschwiegen werden941, dürfte es jedenfalls regelmäßig am nur schwer nachweisbaren942 (bedingten) Vorsatz des Prüfers fehlen.943 Betätigt sich die eG – durch die Prüfung unentdeckt geblieben – förderzweckwidrig und erleiden die Mitglieder hierdurch kausal einen Vermögensschaden, haben sie demnach lediglich gegenüber der eG einen eigenen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB; dieser gegenüber stehen sie kraft Mitgliedschaft in einer schuldrechtlichen Sonderrechtsbeziehung und der eG wird das Organverschulden ihrer Vorstandsmitglieder analog § 31 BGB zugerechnet. Wurde die eG von den in ihren Einzelwirtschaften geschädigten Mitgliedern in Anspruch genommen, hat sie zwar ihrerseits gegen die pflichtwidrig prüfenden Prüfungsorgane einen Schadensersatzanspruch – nur aus § 62 Abs. 1 S. 3 GenG, nicht aus vertraglicher Haftung, da bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung kein besonderer Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen wird944. Richtigerweise kann die förderzweckwidrige Betätigung der eG bzw. das analog § 31 BGB zurechenbare Handeln ihres Vorstands auch kein Mitverschulden nach § 254 BGB begründen945; denn es wäre gerade die Aufgabe der genossenschaftlichen Prüfungsorgane gewesen, die Geschäftsführung des Vorstands und die Betätigung der eG zu prüfen und die förderzweckwidrige Betätigung aufzudecken946. Allerdings fehlt es in aller Regel an einem eigenen Schaden der anspruchsberechtigten eG, da die sie in Anspruch nehmenden Mitglieder lediglich das ersetzt verlangen können, was die eG ihnen förderzweckwidrig in der Fördergeschäftsbeziehung vorenthalten hat.947 3. De lege ferenda: Keine Direkthaftung der Prüfungsorgane Das geltende Haftungsregime für Prüfungsfehlleistungen kann demnach nicht sicherstellen, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände und Prüfer ihrer „Kardinalpflicht“ zur Förderwirtschaftsprüfung nachkommen. Dennoch ist es beizubehalten. Bereits der Gesetzgeber des GenG von 1889 erkannte zutreffend: „Die drückende Sorge unbegrenzter Haftpflicht würde auf die Durchführung der Prüfung hemmend einwirken“948. Aus diesem Grund beschränkte er die Haftung 941

Dafür, dass es sich bei der Förderwirtschaftsprüfung um „erhebliche Umstände im Bericht“ im Sinne von § 150 Abs. 1 GenG handelt, spricht, dass nach dem 2017 neu eingeführten § 58 Abs. 1 S. 3 GenG im Prüfungsbericht ausdrücklich darauf eingegangen werden muss, „ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat.“ 942 Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 62 Rn. 21. 943 Entsprechend Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, 1983, S. 46, 54. 944 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 2. 945 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 62 Rn. 1. 946 Vgl. Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 18. 947 Näher Picker, Genossenschaftsidee und Governance, 2019, S. 396. 948 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (76).

D. Kontrolle

267

nach § 62 Abs. 1 GenG „nach doppelter Richtung“949: Sie besteht erstens nur bei schuldhafter Pflichtverletzung950 der Prüfungsorgane (§ 62 Abs. 1 S. 3 GenG) und zweitens lediglich bis zu einer Haftungshöchstgrenze, die derzeit eine Million Euro beträgt (§ 62 Abs. 2 S. 1 GenG)951. Durch diese Haftungsgrenzen versucht der Gesetzgeber generell das Haftungsrisiko der Prüfungsorgane einerseits und das Schadensrisiko der prüfungsunterworfenen Gesellschaft andererseits angemessen auszugleichen, wie ein Vergleich mit der Haftung des Abschlussprüfers nach § 323 HGB zeigt. Auch dort setzt die Haftung eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung voraus (§ 323 Abs. 1 S. 3 HGB) und besteht nur bis zu einer Haftungshöchstgrenze (§ 323 Abs. 2 HGB). Darüber hinaus muss die Haftung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane in eine dritte Richtung beschränkt bleiben: Könnten die Mitglieder der eG den Prüfungsverband und / oder den konkret eingesetzten Prüfer sowie die Prüfungsgesellschaft für dadurch kausal entstandene Schäden direkt in Anspruch nehmen, wenn und weil diese ihre Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht ausreichend erfüllt haben, wäre die Funktionsfähigkeit des genossenschaftlichen Prüfungswesens ernsthaft in Frage gestellt.952 Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände und Prüfer sähen sich durch eine solche Direkthaftung einer Vielzahl potenzieller Gläubiger und damit einem für sie unkalkulierbaren Haftungsrisiko ausgesetzt. Angesichts dieses Haftungsrisikos würde man ihnen wohl jeden Mut nehmen, die für die Prüfung nötigen Feststellungen unbefangen und gegebenenfalls mit nötiger Härte zu treffen. Diametral dazu setzt die materielle Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften besonders weitreichende Feststellungen gerade voraus.953 Mithin würde eine Direkthaftung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane gegenüber den Mitgliedern der eG die Förderwirtschaftsprüfung nicht effektuieren, sondern dürfte vielmehr zu einem prüfungsrechtlichen „Stillstand“ führen. Auch sind die Mitglieder der eG haftungsrechtlich nicht „schutzlos“954, wenn der Prüfungsverband und die eingesetzten Prüfer ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht nachkommen. Betätigt sich die eG – durch die Prüfung unentdeckt geblieben – förderzweckwidrig und erleiden die Mitglieder hierdurch kausal einen Vermögensschaden, können sie zum einen ihre eG nach § 280 Abs. 1 BGB in An 949

Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (75). 950 Nach § 62 Abs. 1 S. 3 GenG 1934 haftete, wer seine „Obliegenheiten vorsätzlich oder grob fahrlässig“ verletzte. Dieser Haftungsmaßstab wurde durch die Novelle 1973 (BT-Drs. 7/97, S. 26) verschärft; seither haften genossenschaftliche Prüfungsorgane für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. 951 Zur Entwicklung der Haftungshöchstgrenze Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 1a. 952 Großfeld / Rothe, NZG 1998, 877 (881): „droht das Ende des genossenschaftlichen Prüfungswesens“. 953 Beuthien, Rechtsschutz eingetragener Genossenschaften bei Prüfungsberichtsmängeln, 2003, S. 78 (81). 954 So aber Beuthien, 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, 1989, S. 14.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

spruch nehmen, gegenüber der sie kraft Mitgliedschaft in einem Schuldverhältnis stehen und der das förderzweckwidrige Verhalten der Vorstandsmitglieder analog § 31 BGB zugerechnet wird. Zum anderen kommt ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch der Mitglieder nach § 826 BGB – über die Haftungshöchstgrenze des § 62 Abs. 2 GenG hinaus955 – gegenüber dem Prüfungsverband und den eingesetzten Prüfern in Betracht, wenn diese „leichtfertig“ und „gewissenlos“ prüfen.956 Das ist insbesondere anzunehmen, sofern sie der Frage, ob sich die jeweilige eG förderzweckkonform oder förderzweckwidrig betätigt, trotz konkreter Anhaltspunkte für schwerwiegende Förderzweckverstöße nicht weiter nachgehen. In diesem Fall nehmen sie die Schädigung der Mitglieder sehenden Auges zumindest billigend in Kauf und handeln mit bedingtem Schädigungsvorsatz.957

II. Staatsaufsicht Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist eng mit der mit ihr korrelierenden Staatsaufsicht verbunden.958 Das Prüfungsrecht wird den Prüfungsverbänden nicht nur staatlich verliehen (§ 63a GenG) und kann ihnen wieder entzogen werden (§ 64a S. 1 GenG), sondern diese unterliegen unmittelbar einer stetigen Staatsaufsicht (§ 64 Abs. 1 GenG). Um zu ermitteln, welchen Beitrag die Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände zur funktionsgerechten Ausgestaltung und Effektuierung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung leisten kann, ist zunächst deren Funktion und anschließend deren Inhalt zu bestimmen. Schließlich sind die in Betracht kommenden Aufsichtsmaßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörde zu untersuchen, insbesondere wie diese ermessensfehlerfrei auszuüben sind. 1. Funktion Die Notwendigkeit einer staatlichen Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände lässt sich anhand einer historischen Genese aufzeigen: Der Gesetzgeber des GenG von 1889 sah nicht nur bewusst von einer Staatsaufsicht über die Genossenschaften ab, sondern beschränkte den staatlichen Einfluss auf die genossenschaftlichen Prüfungsverbände darauf, dass diesen das Recht zur Bestellung von Revisoren staatlich verliehen wurde (§ 55) oder wieder entzogen werden konnte (§ 58); eine ständige Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände gab es mithin

955

Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 31; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 62 Rn. 10. BGH vom 26. 11. 1986 – IVa ZR 86/85 – WM 1987, 257 (258); Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, 1983, S. 55; Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 29. Näher Schaible, Haftung von Wirtschaftsprüfern, 2021, S. 63 ff. 957 Vgl. Müller, GenG, Bd. 3, § 62 Rn. 29. 958 Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (153). 956

D. Kontrolle

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nicht959. Die unmittelbare Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände beruht auf der Novelle 1934: Nach dem neu eingeführten § 64 GenG war der zuständige Reichsminister berechtigt, die genossenschaftlichen Prüfungsverbände „darauf prüfen zu lassen, ob sie die ihnen obliegenden Aufgaben erfüllen“ und konnte diese „durch Auflagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben anhalten“. Die Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände wird in der Literatur daher vielfach als Korrelat zur ebenfalls 1934 eingeführten Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nach § 54 GenG angesehen.960 Tatsächlich wurde die Stellung der Prüfungsverbände hierdurch erheblich gestärkt: Seither müssen die Genossenschaften Mitglied in einem Prüfungsverband sein (§ 54 S. 1 GenG); ohne Beitrittsbescheinigung werden sie nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 GenG) und aufgelöst, wenn sie dauerhaft verbandslos bleiben (§ 54a GenG). Indes muss die Staatsaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nicht ausschließlich mit der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband begründet werden. Diese fungiert vielmehr als Ausgleich zu der infolge der Novelle  1934 insgesamt umfassenden Verbandsdauerprüfung durch die Prüfungsverbände, welche eine ausgleichende staatliche „Kontrolle der Kontrolleure“961 erforderlich machte.962 Denn die Regelungen zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung wurden durch die Novelle 1934 grundlegend umgestaltet und hierdurch die Stellung der Prüfungsverbände erheblich verstärkt: Erweitert wurde durch den neu gefassten § 53 Abs. 1 GenG der Umfang der genossenschaftlichen Pflichtprüfung und der jeweilige Prüfungsverband zum alleinigen Prüfungsträger aller ihm angeschlossenen Genossenschaften bestimmt (§ 55 Abs. 1 GenG). Zudem wurden Einwirkungsmöglichkeiten der Prüfungsverbände gegenüber den prüfungsunterworfenen Genossenschaften geschaffen, mittels derer sie darauf hinwirken können, dass die festgestellten Mängel beseitigt werden (§§ 58 ff. GenG). Ein besonderes Bedürfnis nach staatlicher Aufsicht gibt es bei solchen Prüfungsverbänden, die keine gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen durchführen, also nur Prüfungen nach § 53 Abs. 1 GenG oder § 53a GenG. Diese Prüfungsverbände sind nach § 63e Abs. 1 S. 3 GenG von der externen Qualitätskontrolle ausgenommen, 959

Großjohann, Die Grenzen der Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1958, S. 8; Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 29, 32 f.; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (155 f.). 960 Bock, ZfgG 1952, 181 (182); Bömcke, ZfgG 1956, 231 (232); kritisch Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 390 ff.; Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (216); Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 64 Rn. 1: „Äquivalent zu der für die Genossenschaft begründeten Pflichtmitgliedschaft“; Linneborn, Durchgriffshaftung im Genossenschaftsrecht, 1996, S. 197; Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 41: „Gegengewicht zur Pflichtmitgliedschaft“; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (157). 961 Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 40. 962 Ähnlich Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 391 f.; wohl auch Esser / Keßler, ZfgG 2008, 110 (116 f.).

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

sodass sie (nur) der Staatsaufsicht als „Mindestkontrolle“963 unterliegen (§ 64 Abs. 2 S. 4 GenG).964 Mithin hat die Staatsaufsicht nicht im Interesse der einzelnen Mitglieder oder Gläubiger der eG, allerdings im öffentlichen Interesse das „Funktionieren“ der genossenschaftlichen Prüfungsverbände zu gewährleisten.965 2. Inhalt Die Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände ist nach allgemeiner Ansicht keine Fachaufsicht, sondern Rechtsaufsicht.966 Die in der Literatur früher teilweise vertretene und mit dem Wortlaut sowie dem Regelungszusammenhang von § 64 GenG begründete Auffassung967, das Aufsichtsrecht habe nur formalen Charakter und beschränke sich darauf, ob der Prüfungsverband überhaupt Prüfungen vorgenommen und Verfahrensvorschriften beachtet hat, ist jedenfalls mit dem 2009968 neu gefassten § 64 GenG nicht mehr zu vereinbaren. Der Wortlaut der in § 64 Abs. 2 S. 2 GenG nicht abschließend aufgezählten („insbesondere“) Befugnissen der Aufsichtsbehörde zeigt klar, dass dieser ein materielles Prüfungsrecht zukommt; diese kann unter anderem vom Verband „Auskunft über alle seine Aufgabenerfüllung betreffenden Angelegenheiten“ verlangen (Nr. 1) oder bei diesem Untersuchungen durchführen (Nr. 4). Umstritten ist allerdings der Inhalt der Staatsaufsicht, da das GenG diesen immer schon nur formelhaft969 mit der Erfüllung der den Prüfungsverbänden „obliegenden Aufgaben“ beschreibt.

963

Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 63e Rn. 1. Entsprechend Esser / Keßler, ZfgG 2008, 110 (116). 965 Bömcke, ZfgG 1952, 161 (163); Müller, GenG, Bd. 3, § 64 Rn. 2; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 323. 966 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S.  395; Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 64 Rn. 5; Marcus, Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, 1985, S. 76; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 5; Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 102 ff. m. w. N. Ferner BT-Drs. 14/6456, S. 18: „Die Rechtsaufsicht über die Prüfungsverbände durch die zuständige oberste Landesbehörde nach dem GenG bleibt in ihrer bisherigen Form erhalten. […] Neben die Rechtsaufsicht durch die zuständige oberste Landesbehörde tritt zusätzlich die Qualitätssicherung“ [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 967 Riebandt-Korfmacher, GW 1954, 119 (123); dies., GW 1954, 267 (267 f.). Zur Gegenansicht Bömcke, ZfgG 1952, 161 (176). Näher Großjohann, Die Grenzen der Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1958, S. 64 f. 968 BGBl. 2006 I, S. 1102. 969 Klusak, Reformreferate  III, 1959, S. 235 (246): „verhältnismäßig elastischer Zaun“; ­Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (163): „ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift“. 964

D. Kontrolle

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a) Meinungsstand Nach überwiegend vertretener Ansicht970 erstreckt sich die Staatsaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfungsaufgaben, nicht hingegen auf die statutarischen „Kann-­Aufgaben“ wie Beratung, Betreuung sowie gemeinsame Interessenwahrnehmung. Zu überwachen sei jedoch, dass der Verband keine ihm nach § 63b Abs. 4 S. 2 GenG verbotene Zwecke verfolgt.971 Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass hinsichtlich der privaten Interessenverfolgung kein öffentliches Interesse bestehe.972 Nach der Gegenansicht973 sind neben den Pflichtprüfungsaufgaben auch die sonstigen Aufgaben in die Staatsaufsicht miteinzubeziehen. Dies wird damit begründet, dass die Prüfungsverbände aufgrund des staatlich verliehenen Prüfungsrechts dazu verpflichtet seien, „die Funktion zu erfüllen, die der Regelungskonzeption des Prüfungsverbandes als eines Pflichtverbandes für die Genossenschaft“ zugrunde liege; diese bestehe darin, dass „die Prüfung obligatorisch durch einen Verband durchgeführt wird, der mit der Prüfung eine umfassende Beratungs- und Betreuungsfunktion erfüllt.“974 b) Stellungnahme Der Gegenansicht ist zunächst die Entstehungsgeschichte des genossenschaft­ lichen Prüfungswesens entgegenzuhalten: Die historisch gewachsenen Prüfungsverbände beraten und betreuen seit jeher die ihnen angehörenden Genossenschaften, ohne dass sie immer schon einer ständigen Staatsaufsicht unterliegen; wie gezeigt wurde diese erst durch die Novelle 1934 eingeführt. Weiter betrifft die Frage, wie weit die Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände reicht, das grundsätzliche Verhältnis von Staatsaufsicht und Verbandsautonomie.975 Insoweit überwiegt bei den statutarischen „Kann-Aufgaben“ die Verbandsautonomie: Diese nehmen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nur wahr, wenn und weil die ihnen angehörenden Genossenschaften als Verbandsmitglieder das 970

Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 64 Rn. 3a; Lang / Weidmüller / Holthaus /  Lehnhoff, GenG, § 64 Rn. 5; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 64 Rn. 23; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956, S. 320, 326; Pauli, Die Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1957, S. 15; Beuthien /  Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 4; Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (163). 971 Lang / Weidmüller / Holthaus / Lehnhoff, GenG, § 64 Rn. 5; Beuthien / Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 4. 972 Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 64 Rn. 23; Beuthien /  Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 4. 973 Müller, GenG, Bd. 3, § 64 Rn. 2. 974 Müller, GenG, Bd. 3, § 64 Rn. 2. 975 Bock, ZfgG 1952, 181 (181); Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 17; Paulick, Gedanken zur Reform des Genossenschaftsgesetzes, 1951, S. 83.

272

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

wollen. Mithin handelt es sich nicht um gesetzlich-heteronom vorgeschriebene, sondern mitgliedschaftlich-autonom bestimmte Aufgaben, die ausschließlich das interne Verhältnis zwischen Prüfungsverband und der ihm angehörenden Genossenschaften betreffen.976 Folglich muss durch interne mitgliedschaftliche Kontrollmechanismen überprüft und überwacht werden, ob die genossenschaftlichen Prüfungsverbände diese Aufgaben wahrnehmen977  – nicht hingegen durch eine externe staatliche Überwachung. Würden auch die sonstigen und damit alle Aufgaben der Prüfungsverbände der Staatsaufsicht unterfallen, könnten die Prüfungsverbände insgesamt nur noch „ausführende Organe einer allgemeinen staatlichen Prüfung“978 werden. Durch eine derart umfassende staatliche Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände würde man deren – verfassungsrechtlich nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte979 – Verbandsautonomie einengen und ihnen so deren Entscheidungsfreudigkeit nehmen.980 Richtigerweise muss de lege lata wie de lege ferenda die von Henzler aufgestellte Maxime gelten: „Nur so viel Aufsicht, wie dringend nötig, aber so viel Selbstverwaltung wie möglich.“981 Mithin unterfallen grundsätzlich nur die gesetzlichen Pflichtprüfungsaufgaben der Staatsaufsicht, nicht hingegen die statutarischen „Kann-Aufgaben“ der Prüfungsverbände. Die Aufsichtsbehörde hat demnach insbesondere auf die Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften zu achten und zu überwachen, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände dieser Pflicht nachkommen. Zudem unterliegt die Prüfungsverfolgung als „Hauptteil der genossenschaftlichen Prüfung“982 der Staatsaufsicht nach § 64 Abs. 1 GenG. Allerdings können die „Kann-Aufgaben“ der Prüfungsverbände im Sinne von § 63b Abs. 4 S. 1 Var. 2 GenG nicht vollständig aus der staatlichen Aufsicht ausgenommen sein. Denn zwischen diesen und der Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG besteht eine förderwirtschaftliche Wechselbeziehung983. Somit können die Pflichtprüfungsaufgaben durch „KannAufgaben“ zumindest geschwächt und beeinträchtigt oder gar vollständig überlagert werden.984 Die zuständige Aufsichtsbehörde muss daher überwachen, dass sich der Prüfungsverband nicht übermäßig auf statutarische „Kann-Aufgaben“

976

Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 108. Riebandt-Korfmacher, GW 1954, 267 (269). 978 Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 20. 979 Bock, ZfgG 1952, 181 (181). 980 Bömcke, ZfgG 1952, 161 (164); ders., BlfG 1952, 230 (232); Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 19: „riskante Lähmung von Initiative und Aktivität“. 981 Henzler, Prüfungsverbände, 1956, S. 20. 982 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien / Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (71). Eingehend zur Prüfungsverfolgung Zweiter Teil  B. III. 983 Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (92): „förderwirtschaftliche Sinneinheit“; Lang, Reformreferate III, 1959, S. 195 (219): „untrennbar“. Näher dazu Zweiter Teil  C. III. 2. b) bb). 984 Im Ansatz Westermann, Reformreferate III, 1959, S. 153 (186). 977

D. Kontrolle

273

konzentriert und deshalb seine Pflichtprüfungsaufgaben vernachlässigt.985 Insoweit ist es zumindest als kritisch anzusehen, wenn ein genossenschaftlicher Prüfungsverband seinerseits Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gründet oder sich an solchen beteiligt986, um so auf den lukrative(re)n Markt der Wirtschaftsprüfung außerhalb des genossenschaftlichen Bereichs vorzustoßen987  – und dadurch die (wenig(er) ertragreiche)  gesetzliche Pflichtprüfung der Genossenschaften möglicherweise „vergisst“. 3. Ermessensreduktion bei unzureichender Förderwirtschaftsprüfung Nach § 64 Abs. 2 S. 1 GenG kann die Aufsichtsbehörde die „erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Verband die ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt.“ Wie der 2009 neu gefasste § 64 GenG und die dort in Abs. 2 S. 2 beispielhaft („insbesondere“) genannten Befugnisse beweisen, ist sie unter anderem berechtigt, vom Prüfungsverband umfassend Auskunft (Nr. 1) und Berichterstattung (Nr. 2) zu verlangen; ferner kann sie an der Mitgliederversammlung des Verbands teilnehmen (Nr. 3) sowie Untersuchungen beim Verband durchführen (Nr. 4). Die früher vertretene Ansicht988, wonach die Aufsichtsbehörde nicht zur Einsichtnahme in die Prüfungsberichte berechtigt sei, ist jedenfalls seit der Neufassung von § 64 GenG überholt. Denn diese ist ausdrücklich dazu berechtigt, „Vorlage von Prüfungsberichten und anderen geschäftlichen Unterlagen zu verlangen“ (§ 64 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GenG). Wie der Wortlaut von § 64 Abs. 2 S. 1 GenG zeigt („kann“), stehen alle Aufsichtsmaßnahmen im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde.989 Das Entschließungsermessen reduziert sich jedoch auf Null, sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Prüfungsverband seiner Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht oder nur unzureichend nachkommt. In diesem Fall muss die zuständige Aufsichtsbehörde das Ruhen des Prüfungsrechts anordnen (§ 56 Abs. 1 S. 1 Var. 2 GenG) und zunächst Einsicht in die Prüfungsberichte verlangen, um so zu klären, ob der Prüfungsverband seiner Pflicht tatsächlich nicht nachkommt; gegebenen 985

Ähnlich Beuthien, Genossenschaft und Verbandszwang, 1990, S. 74 (97). Zur Zulässigkeit einer Rechtsberatungs-GmbH als Tochtergesellschaft eines Prüfungsverbands BGH vom 20. 1. 1994 – I ZR 283/91 – WM 1994, 652. Zu Beteiligungen von Prüfungsverbänden auch Paulick, GS Schachtschabel, 1979, S. 223. 987 So ist die AWADO GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft laut ihrem Transparenzbericht für das Geschäftsjahr 2022, S. 9 „eng mit dem Genossenschaftsverband  – Verband der Regionen e. V., Frankfurt am Main, verbunden“, https://awado.de/ fileadmin/user_upload/PDF/AWADO_Transparenzbericht_2022.pdf [31. 7. 2023]. Siehe ferner F. A.Z. vom 23. 6. 2022: „Ein neuer Prüfer mit viel Ehrgeiz“, Nr. 143, S. 18. 988 Riebandt-Korfmacher, GW 1954, 119 (123); dies., GW 1954, 267 (268). 989 Allgemeine Auffassung, vgl. nur Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 121 m. w. N. Siehe auch VG Stuttgart vom 5. 5. 2022 – 4 K 3013/19 – BeckRS 2022, 32177 Rn. 72. 986

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

falls hat sie weitere Untersuchungen anzuordnen (§ 64 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 GenG). In seinem Prüfungsbericht muss sich der genossenschaftliche Prüfungsverband ausdrücklich dazu äußern, ob und inwiefern die jeweilige eG „im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat“ (§ 58 Abs. 1 S. 3 GenG). Steht danach fest, dass der Prüfungsverband seine Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung tatsächlich nicht ordnungsgemäß erfüllt, hat die Aufsichtsbehörde ihn durch Auflagen990 hierzu anzuhalten – freilich nur dazu, dass der Prüfungsverband der Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nachkommt, allerdings nicht die Art und Weise, also wie er die Prüfmängel beseitigt.991 Kommt ein genossenschaftlicher Prüfungsverband weiterhin beharrlich entgegen erlassener Auflagen und trotz Abmahnung seiner Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht nach, muss ihm – als Kehrseite zur Verleihung (§ 63a GenG) – als ultima ratio nach vorheriger Anhörung das Prüfungsrecht entzogen werden (§ 64a GenG).992

III. Qualitätskontrolle Neben der ständigen Staatsaufsicht nach § 64 Abs. 1 GenG trifft die genossenschaftlichen Prüfungsverbände zusätzlich die Pflicht zur „Qualitätskontrolle“993. Nach § 63e Abs. 1 GenG müssen sie sich alle sechs bzw. drei Jahre einer Qualitätskontrolle durch einen externen Wirtschaftsprüfer oder eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterziehen, die bei der Wirtschaftsprüfkammer nach § 63f Abs. 1 GenG i. V. m. § 57a Abs. 3 WPO registriert sind. Auch die genossenschaft­ lichen Prüfungsverbände können unter den Voraussetzungen des § 63f Abs. 2 GenG als Prüfer registriert werden; hierfür müssen sie Mitglied der Wirtschaftskammer sein (§ 63g Abs. 1 GenG).

990

Dieses früher in § 64 a. F. ausdrücklich genannte Recht ist zwar durch das BilMoG (BGBl. 2009 I, S. 108) 2009 entfallen. Mit der Neufassung waren allerdings keine materiellen Änderungen beabsichtigt, da sie lediglich „der Klarstellung der bisherigen Praxis und der Anpassung an eine zeitgemäße Normierung“ (BT-Drs. 16/10067, S. 108) diente. Folglich sind Auflagen weiterhin zulässig und fallen unter die Generalklausel des § 64 Abs. 2 S. 1 GenG, Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 64 Rn. 27. 991 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 6. 992 Siehe auch VG Berlin vom 26. 10. 2020 – VG 4 L 331/20 – BeckRS 2020, 46662. 993 In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die gesetzgeberische Bezeichnung der „Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände“ misslungen und diese präziser als Qualitäts­ aufsicht zu bezeichnen ist, Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 369 f.; Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 6.

D. Kontrolle

275

1. (Hinter-)Grund Die besondere Qualitätskontrolle nach §§ 63e ff. GenG hat einen grundlegend verschiedenen Ursprung als die allgemeine Staatsaufsicht nach § 64 GenG: Durch die 4. Novelle der WPO wurde Ende 2000994 für Wirtschaftsprüfer in eigener Praxis, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Prüfstellen der Sparkassen- und Giroverbände ein obligatorisches Qualitätssicherungssystem nach dem sog. PeerReview-Verfahren995 eingeführt. Nach § 57a Abs. 1 WPO sind seither Prüfer, die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen durchführen, berufsrechtlich verpflichtet, sich regelmäßig einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. Diese dient der Überwachung, ob die Regelungen zur Qualitätssicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und der Berufssatzung insgesamt und bei der Durchführung einzelner Aufträge eingehalten werden (§ 57a Abs. 2 WPO).996 Von dieser Qualitätskontrollpflicht wurden die genossenschaftlichen Prüfungsverbände zunächst ausgenommen (Art. 50 Abs. 2 EGHGB 2001), um ein den §§ 57a ff. WPO gleichwertiges, aber die Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungswesens berücksichtigendes Verfahren zu entwickeln.997 Dieses Vorhaben wurde durch das Euro-Bilanzgesetz 2001998 verwirklicht: Nach den neu eingeführten §§ 63e ff. GenG nehmen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände seit dem 1. 1. 2002 gleichberechtigt am Qualitätssicherungssystem der Wirtschaftsprüfungskammern teil. Diese Qualitätskontrolle dient der Überwachung, ob die Grundsätze und Maßnahmen zur Qualitätssicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften insgesamt und bei der Durchführung einzelner Aufträge eingehalten werden (§ 63e Abs. 2 S. 1 GenG). 2. Reichweite Die Qualitätskontrolle erstreckt sich nach § 63e Abs. 2 S. 2 GenG neben Prüfungen im Sinne von Art. 25 EGHGB auf die vom Prüfungsverband nach § 53 Abs. 1, 2 GenG durchgeführten Prüfungen von Genossenschaften, soweit diese die in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG genannten Schwellenwerte überschreiten.

994 Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer vom 19. 12. 2000, BGBl. 2000 I, S. 1769. 995 Siehe dazu Niehus, DB 2000, 1133 m. w. N. 996 Näher zu den Hintergründen: Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 169; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63 Rn. 1. 997 Näher Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 7; Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 170. 998 Gesetz zur Anpassung bilanzrechtlicher Bestimmungen an die Einführung des Euro, zur Erleichterung der Publizität für Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen sowie zur Einführung einer Qualitätskontrolle für genossenschaftliche Prüfungsverbände vom 10. 12. 2001, BGBl. 2001 I, S. 3414.

276

2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

a) Prüfungstätigkeit, auch Prüfungsverfolgung Die nach § 53 GenG vorgeschriebenen Prüfungen sind „in erster Linie“999 Gegenstand der zu prüfenden Tätigkeit der Prüfungsverbände. Die Qualitätskontrolle hat sich auf die interne Organisation des Prüfungsverbands sowie die Abwicklung einzelner Prüfungen zu konzentrieren.1000 Sie hat sich daher primär darauf zu richten, ob und inwiefern sich die interne Organisation des Prüfungsverbands als Prüfungsträger zur Förderwirtschaftsprüfung eignet und ob diese ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Werden hierbei wesentliche Mängel festgestellt, muss das Prüfurteil versagt werden (§ 63g Abs. 2 S. 1 GenG i. V. m. § 57a Abs. 5 S. 5 WPO).1001 Richtigerweise unterliegt auch die Prüfungsverfolgung durch die Prüfungsverbände der Qualitätskontrolle.1002 Denn diese ist der „Hauptteil der genossenschaftlichen Prüfung“1003 und damit wesentlicher (Haupt-)Bestandteil der Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG, nicht hingegen „Ausfluss der auf Dauer angelegten Betreuungsfunktion“1004. Auch nahm der Gesetzgeber die Prüfungsverfolgung zwischenzeitlich nicht von der Qualitätskontrolle aus. Das kann weder daraus gefolgert werden, dass Prüfungen von unter die Schwelle des § 53 Abs. 2 S. 1 GenG fallenden kleinen Genossenschaften, bei denen keine Jahresabschlussprüfung stattfindet, seit der Novelle 2006 nicht mehr der Qualitätskontrolle unterfallen, noch daraus, dass Prüfungsverbände, die nur kleine Genossenschaften prüfen, durch den 20071005 geänderten § 63e Abs. 1 S. 3 GenG a. F. insgesamt von der Qualitätskontrolle freigestellt wurden.1006 Mit den durch die Novelle 2006 eingeführten Erleichterung wollte der Gesetzgeber lediglich den Zugang zur Rechtsform eG für kleine Unternehmen erleichtern1007, nicht aber die Reichweite der Qualitätskontrolle beschränken.1008 Gleiches gilt für die Freistellung von Prüfungsverbänden, die nur kleine Genossenschaf 999

BT-Drs. 14/6456, S. 17. Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 26. 1001 Eingehend zu den Aufsichtsmaßnahmen der Kommission Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 417 ff. 1002 Wie hier Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 26; Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 409; wohl auch Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 180. A. A. Pöhlmann / Fandrich /  Bloehs / Bloehs, GenG, § 63e Rn. 10; Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), GenossenschaftsHdB, Bd. 1, § 63e Rn. 44 (ohne Begründung); Sassen, Fortentwicklung der Berichterstattung und Prüfung von Genossenschaften, 2011, S. 48; Spanier, WPg 2003, 911 (921). 1003 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. 11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, abgedruckt bei Beuthien /  Hüsken, Materialien zum GenG Bd. III, 1990, S. 71 (71). 1004 So unzutreffend Spanier, WPg 2003, 911 (922) [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 1005 Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung vom 3. 9. 2017, BGBl. 2007 I, S. 2178. 1006 So aber Pöhlmann / Fandrich / Bloehs / Bloehs, GenG, § 63e Rn. 10. 1007 Siehe BT-Drs. 16/1025, S. 91; ferner Leuschner / Schorr, WPK-M 2007, 38 (38). 1008 Kritisch gegenüber dieser Ausnahme Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 177, 181. 1000

D. Kontrolle

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ten prüfen: Hiermit wollte der Gesetzgeber nicht die generelle Reichweite, sondern lediglich den Anwendungsbereich der Qualitätskontrolle partiell einschränken, um die Prüfungskosten für kleine Genossenschaften (weiter) zu senken.1009 b) Prüfungsnahe Verbandstätigkeit Von der Qualitätskontrolle grundsätzlich ausgenommen sind die freiwilligen Betreuungs- und Beratungsaufgaben der Prüfungsverbände nach § 63b Abs. 4 S. 1 Var. 2 GenG.1010 Die Qualitätskontrolle bezieht sich nach dem Wortlaut von § 63e Abs. 2 S. 2 GenG (nur) auf die Prüfungen nach § 53 Abs. 1, 2 GenG bei den in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG bezeichneten Genossenschaften. Eine Ausnahme muss jedoch – wie bei § 57a Abs. 2 S. 2 WPO – für solche Beratungstätigkeiten gelten, die „mit Prüfungstätigkeiten verbunden sind“1011. Entscheidend ist, ob zwischen den Verbandsaufgaben und der Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 GenG ein innerer Zusammenhang besteht.1012 Zu prüfungsnahen Verbandstätigkeiten zählen etwa kritische Ratschläge des Prüfers, die in Prüfungsbericht, Arbeitspapieren oder Besprechungsprotokollen aufgeführt sind.1013 Demgegenüber handelt es sich etwa bei der Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern der Genossenschaften sowie Unterhaltung kollektiver Sicherungseinrichtungen oder Öffentlichkeitsarbeit und gemeinschaftliche Werbemaßnahmen um prüfungsferne, in keinem inneren Zusammenhang zu den Prüfungsaufgaben stehende Verbandstätigkeiten.1014 3. Maßnahmen der Kommission, insbesondere Löschung aus dem Register „Herr des Aufsichtsverfahrens“1015 ist die Kommission für Qualitätskontrolle (§§ 59 Abs. 1 Nr. 4, 57e Abs. 1 WPO), welche ein neu eingerichtetes Organ der Wirtschaftsprüferkammer ist1016. Sie kann selbst hoheitliche Maßnahmen gegenüber den 1009 Siehe BT-Drs. 16/2858, S. 45: „Der neue Satz 3 stellt klar, dass ein Prüfungsverband, der keine in § 53 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Genossenschaften prüft, nicht zur Qualitätskontrolle verpflichtet ist; er kann sich aber freiwillig der Qualitätskontrolle unterziehen.“ 1010 De lege ferenda für die Erstreckung der Qualitätskontrolle hierauf Niehus, DB 2000, 1133 (1142). 1011 BT-Drs. 14/3649, S. 25. 1012 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 411. 1013 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 411. 1014 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 411; Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 177. 1015 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 418. 1016 Alavi Dehkordi, Entwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens, 2009, S. 174.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Prüfungsverbänden erlassen, die deren Qualitätssicherungssystem betreffen. Diese stützen sich vor allem auf den ihr vom Prüfer unverzüglich nach der Prüfung übersandten und von ihr sodann ausgewerteten Qualitätskontrollbericht (§ 57a Abs. 6a S. 1 WPO). Namentlich kann sie nach § 57e Abs. 2 WPO (i. V. m. § 63g Abs. 2 S. 1 GenG) „Auflagen zur Beseitigung der Mängel erteilen“ (S. 1), „eine Sonderprüfung anordnen“ (S. 1) und bei schwerwiegenden Verstößen „über die Löschung der Eintragung“ (S. 4) entscheiden. Werden die nach § 57e Abs. 2 WPO verhängten Maßnahmen nicht befolgt, kann sie ferner zur Durchsetzung „ein Zwangsgeld bis zu 25.000 Euro verhängen“ (Abs. 3 S. 1). Zentral ist die Löschung aus dem Register nach § 40a Abs. 1 S. 1 WPO1017, da diese wie ein präventiver Entzug des Prüfungsrechts im Sinne von § 64a S. 1 GenG wirkt1018: Ist ein Prüfungsverband nicht (mehr) im Register eingetragen, ruht sein Prüfungsrecht nach § 56 Abs. 1 S. 2 GenG. Abweichend vom Fall des § 56 Abs. 1 S. 1 GenG, in dem das Ruhen des Prüfungsrechts von der Aufsichtsbehörde erst angeordnet werden muss („kann das Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes anordnen“), ruht dieses im Fall des § 56 Abs. 1 S. 2 GenG ipso iure („Prüfungsrecht […] ruht, wenn“). Der Prüfungsverband ist dann von sämtlichen Prüfungstätigkeiten gegenüber allen ihm angehörenden Genossenschaften ausgeschlossen, sodass für diese nach § 56 Abs. 2 GenG ein anderer Prüfer bestellt werden muss.1019 § 56 Abs. 1 S. 2 GenG effektuiert mithin das Qualitätssicherungsverfahren entscheidend – und sichert zugleich die allein der Aufsichtsbehörde obliegende Entscheidung1020, dem Prüfungsverband das staatlich verliehene Prüfungsrecht endgültig zu entziehen (§ 64a S. 1 GenG). 4. Entscheidend: Ineinandergreifen mit Staatsaufsicht Die allgemeine Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände nach § 64 GenG bleibt trotz zusätzlicher Qualitätskontrolle nach §§ 63e ff. GenG „in ihrer bisherigen Form“1021 erhalten. Die Qualitätskontrolle tritt folglich als Fachaufsicht ergänzend neben die Rechtsaufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde, sodass es sich grundsätzlich um zwei eigenständige Kontrollmechanismen handelt. Indes ist für 1017

Früher bescheinigte die Kommission für Qualitätskontrolle die Teilnahme an der Qualitätskontrolle; eine fehlende Teilnahmebescheinigung führte zum Ruhen des Prüfungsrechts (§ 56 Abs. 1 S. 2 GenG a. F.). Dieses System wurde 2016 mit dem APAReG (BGBl. 2016 I, S. 518) abgelöst. Seither müssen sich die genossenschaftlichen Prüfungsverbände in das von der Wirtschaftsprüferkammer nach § 40a Abs. 1 S. 1 WPO geführte Register eintragen lassen; ist ein Prüfungsverband nicht (mehr) im Register eingetragen, ruht sein Prüfungsrecht (§ 56 Abs. 1 S. 2 GenG n. F.), vgl. etwa Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 35. 1018 Entsprechend Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 425. 1019 Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 36. 1020 Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 36. 1021 BT-Drs. 14/6456, S. 15.

D. Kontrolle

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eine effektive ganzheitliche Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände entscheidend, dass die (vorgelagerte)  externe Qualitätskontrolle und die (nachgelagerte) allgemeine Staatsaufsicht funktional ineinandergreifen; beide Kontrollmechanismen wurden zu Recht vom Gesetzgeber eng miteinander verzahnt. a) Generell: Rechtssystematischer Zusammenhang Dass beide Institute rechtlich miteinander zusammenhängen, zeigt deren systematische Stellung, die sich übereinstimmend im 4. Abschnitt des GenG („Prüfung und Prüfungsverbände“) befindet. Auch beweist dies deren systematische Stellung innerhalb der §§ 53 ff. Geng zueinander: Die §§ 63e ff. GenG werden von § 63a GenG und §§ 64, 64a GenG „umklammert“ und sind gleichzeitig der allgemeinen Staatsaufsicht nach § 64 GenG vorangestellt. Die allgemeine Staatsaufsicht nach § 64 GenG und die Qualitätskontrolle nach §§ 63e ff. GenG sind folglich rechtssystematisch zusammenhängende Teile des genossenschaftlichen Prüfungswesens. Darüber hinaus steht die – mit fachkundigen, nach § 57a Abs. 3 S. 2 WPO regis­ trierten Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern besetzte – Kommission für Qualitätskontrolle (§§ 59 Abs. 1 Nr. 4, 57e Abs. 1 WPO) der Praxis regelmäßig näher als die staatliche Aufsichtsbehörde.1022 b) Fehlende Qualitätskontrolle Allgemeine Staatsaufsicht und Qualitätskontrolle greifen funktional ineinander und effektuieren sich wechselseitig, wenn ein Prüfungsverband entgegen § 63e Abs. 1 GenG seiner Pflicht zur Durchführung einer Qualitätskontrolle nicht nachkommt und deshalb aus dem Register gelöscht werden soll. Sofern ein Prüfungsverband wegen fehlender Durchführung der Qualitätskontrolle aus dem Register nach § 40a WPO1023 gelöscht werden soll, muss („hat“) die Kommission für Qualitätskontrolle die zuständige Aufsichtsbehörde unverzüglich darüber unterrichten (§ 63g Abs. 3 GenG), sodass diese möglichst zeitnah und vor der Löschung darauf reagieren kann1024. Wird die Staatsaufsichtsbehörde von der Kommission für Qualitätskontrolle darüber in Kenntnis gesetzt, reduziert sich deren Entschließungsermessen auf Null.1025 Soll der Prüfungsverband wegen nicht (fristgerecht) durchgeführter Qualitätskontrolle gelöscht werden (§ 40a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 WPO), muss sie ihn zunächst durch Auflagen dazu anhalten, die Qualitätskontrolle (er 1022 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 373. 1023 Die ehemals erforderliche Teilnahmebescheinigung ist 2016 (BGBl. 2016 I, S. 518) entfallen, Beuthien / Schöpflin, GenG, §§ 63e–63h Rn. 35. 1024 Henssler / Strohn GesR / Geibel, GenG, § 63g Rn. 1. 1025 Beuthien / Schöpflin, GenG, § 64 Rn. 5. Entsprechend zur früheren Rechtslage Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 373.

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

neut) durchzuführen. Deshalb muss die Wirtschaftsprüferkammer den Vorgang vor der Löschungsentscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde vorlegen (§ 40a Abs. 5 S. 2 WPO), sodass diese (erneut) präventiv Maßnahmen ergreifen kann. Weigert sich der Prüfungsverband weiterhin beharrlich und wurde er aus dem Register gelöscht, muss die Aufsichtsbehörde ihm nach vorheriger Anhörung das Prüfungsrecht endgültig entziehen (§ 63a S. 1 GenG).1026 Insoweit effektuiert die (mögliche) Entziehung des Prüfungsrechts das Verfahren der Qualitätskontrolle als letzte Konsequenz entscheidend.1027 c) Mängel im Qualitätskontrollverfahren oder wesentliche Mängel im Qualitätssicherungssystem Qualitätskontrolle und Staatsaufsicht greifen auch dann funktional ineinander, wenn der Prüfungsverband wegen schwerer Mängel des Qualitätskontrollverfahrens (§ 40a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 b)  WPO), wesentlicher Prüfungshemmnisse (§ 40a Abs. 5 S. 1 Nr. 2 WPO) oder wesentlicher Mängel im Qualitätssicherungssystem (§ 40a Abs. 5 S. 1 Nr. 3 WPO) aus dem Register gelöscht werden soll. Zunächst muss der Prüfungsverband – seit 20161028 – die zuständige Aufsichtsbehörde über die erfolgte Durchführung einer Qualitätskontrolle benachrichtigen (§ 63e Abs. 3 GenG). Dadurch soll sichergestellt werden, dass „die Staatsaufsicht unmittelbar über die Durchführung einer Qualitätskontrolle informiert wird und nicht nur mittelbar über die Mitteilung der Löschung aus dem Register“1029. Weiter muss die Wirtschaftsprüferkammer den Vorgang vor der Löschungsentscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde vorlegen (§ 40a Abs. 5 S. 2 WPO), damit diese hoheitliche Aufsichtsmaßnahmen treffen kann. Auch in diesem Fall reduziert sich das Entschließungsermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Null: Diese muss, je nachdem worauf die beabsichtigte Löschung beruht, das Ruhen des Prüfungsrechts (§ 56 Abs. 1 S. 1 GenG) oder weitere Untersuchungen anordnen (§ 64 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 GenG) sowie bei gravierenden Mängeln dem Prüfungsverband das Prüfungsrecht endgültig entziehen (§ 64a GenG)1030.

1026 Leißl, in: Althanns / Buth / Leißl (Hrsg.), Genossenschafts-HdB, Bd. 1, § 63g Rn. 44: Mitteilung ist nur „Anlass zu prüfen, ob eine Entziehung des Prüfungsrechts nach § 64a GenG in Betracht kommt“. 1027 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005, S. 427. 1028 BGBl. 2016 I, S. 518. 1029 BT-Drs. 18/6282, S. 116 [Kursive Hervorhebung vom Verfasser]. 1030 Dazu VG Berlin vom 26. 10. 2020 – VG 4 L 331/20 – BeckRS 2020, 46662.

D. Kontrolle

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IV. Ergebnis Die vorliegend untersuchten Kontrollmechanismen können jeweils unterschiedliche Beiträge zur „Kontrolle der Kontrolleure“1031 leisten. Ernüchternd ist zunächst das Ergebnis zum derzeit geltenden Haftungsregime für Prüfungsfehlleistungen, welches sich kaum dazu eignet, die genossenschaftliche Pflichtprüfung zu effektuieren: Obwohl die genossenschaftlichen Prüfungsorgane die Pflicht „zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung“ nach § 62 Abs. 1 S. 1 GenG verletzen, wenn sie ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht (ausreichend) nachkommen, haften sie in aller Regel gegenüber den in ihren Einzelwirtschaften geschädigten Mitgliedern der eG nicht auf Schadensersatz. Gleichwohl ist das Haftungsregime beizubehalten, da andernfalls aufgrund des für die Prüfungsorgane weitreichenden und unüberschaubaren Haftungsrisikos ein „Stillstand“ des genossenschaftlichen Prüfungswesens droht. Entscheidend kontrolliert wird die Tätigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände durch die unmittelbare Staatsaufsicht nach § 64 Abs. 1 GenG, die als Gegengewicht zur insgesamt starken Stellung der Prüfungsverbände fungiert. Diese erstreckt sich nach vorzugswürdiger Ansicht grundsätzlich nur auf die gesetzlichen Prüfungsaufgaben, wobei die zuständige Aufsichtsbehörde allerdings darauf zu achten hat, dass sie nicht durch sonstige Aufgaben (faktisch) überlagert werden. Bei einer unzureichenden Förderwirtschaftsprüfung sind die zuständigen Aufsichtsbehörden zum Eingreifen verpflichtet, da sich deren Ermessen auf Null reduziert. Dass die Prüfungsverbände ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung in der Praxis nicht oder kaum (mehr) nachkommen, sondern sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung zunehmend in eine der Jahresabschlussprüfung nach § 316 HGB gleichende formelle Prüfung wandelte1032, beruht mithin auch auf einer defizitären Staatsaufsicht über die Prüfungsverbände. Es liegt (auch) an den zuständigen Aufsichtsbehörden, die genossenschaftlichen Prüfungsverbände mit den ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen künftig (wieder) zur Förderwirtschaftsprüfung anzuhalten.1033 Neben die Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht tritt die externe Qualitätskontrolle nach §§ 63e ff. GenG als Fachaufsicht. Diese umfasst neben der Prüfungstätigkeit, zu der richtigerweise die Prüfungsverfolgung zählt, auch prüfungsnahe Tätigkeiten der Verbände. Die externe Qualitätskontrolle wird maßgeblich durch eine 1031

Schemmann, Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände, 1986, S. 40. Blümle, ZfgG 1980, 39 (40); Boettcher, ZfgG 1979, 198 (214); Bösche, ZfgG 2008, 98 (105 f.); Dülfer, FS Weber, 1986, S. 200 (215); Jäger, in: Thiemann (Hrsg.), Die Genossenschaften an der Jahrtausendwende, 2000, S. 105 (106); Kleine, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten von Genossenschaften, 1993, S. 86. 1033 Für eine Stärkung der Staatsaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände: BMJ, Eckpunkte eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, S. 8, https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Eckpunkte/ Eckpunkte_Genossenschaftsrecht.html [31. 7. 2023]. 1032

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2. Teil: Ausgestaltung und Effektuierung

Symbiose mit der Staatsaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände effektuiert. Externe Qualitätskontrolle und Staatsaufsicht müssen daher nicht nur rechtlich, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht ineinandergreifen, um so eine effektive ganzheitliche Kontrolle der genossenschaftlichen Prüfungsverbände gewährleisten zu können.

Zusammenfassung 1. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung war die genossenschaftliche Pflichtprüfung nach §§ 53 ff. GenG. Im ersten Teil der Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, ob und warum jede eG neben der internen Überwachung durch den Aufsichtsrat einer besonders weitreichenden externen Pflichtprüfung unterliegen muss. Im zweiten Teil der Arbeit wurde darauf aufbauend erörtert, wie das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem funktionsgerecht auszugestalten und zu effektuieren ist, sodass sich das Ziel der genossenschaftlichen Pflichtprüfung optimal erreichen lässt. 2. Um die Funktion der genossenschaftlichen Pflichtprüfung bestimmen zu können, war zunächst zu klären, was die Rechtsform eG und ihre Kontrollverfassung genossenschaftsspezifisch charakterisiert. Einzugehen war daher auf den Förderzweck der eG nach § 1 Abs. 1 GenG. Danach hat die eG nach herrschender und vorzugswürdiger Ansicht ihre Mitglieder in der Hauptsache nutzerbezogen als Kunden zu fördern, nicht hingegen kapitalzinswirtschaftlich.1 Dieser Inhalt des Förderzwecks bildete demnach den Ausgangspunkt der weiteren Untersuchung und die Leitmaxime für die rechtsformspezifische Pflichtprüfung der förderzweckgebundenen eG. 3. Die besonders weitreichende Pflichtprüfung konnte nicht überzeugend mit einer rechtsformsichernden Funktion begründet werden, wonach sie die besondere Rechtsform eG erhalte.2 Vielmehr war zu klären, warum und für wen die Rechtsform eG durch eine weitreichende förderzwecksichernde Pflichtprüfung zu schützen ist. 4. Historisch fungierte die Verbandsprüfung als Betreuungsprüfung für die rechtsformspezifisch unqualifizierten und geschäftsunerfahrenen Mitglieder der ersten Kleinstgenossenschaften des 19. Jahrhunderts.3 Hier waren die Mitglieder zwar autonome Unternehmensleiter sowie Kontrolleure des gemeinschaftlich betriebenen Geschäftsbetriebs, mussten allerdings als wirtschaftlich Schwache und persönlich Haftende vor den damit einhergehenden finanziellen Risiken durch eine umfassende Betreuungsprüfung geschützt werden. Diese „bedürfnisgerecht“ gewachsene Funktion machte sich der Gesetzgeber mit dem GenG von 1889 zu eigen, mit dem er die Pflichtprüfung aller Genossenschaften erstmals gesetzlich

1

Erster Teil A. II. Erster Teil B. 3 Erster Teil  C. I. 2

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Zusammenfassung

normierte. Hingegen hatte die genossenschaftliche Pflichtprüfung nie die Funktion, eine staatliche Genossenschaftsaufsicht abzuwenden. 5. Heute lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht mehr paternalistisch als eine umfassende Betreuungsprüfung für die Genossenschaftsmitglieder begründen.4 Die heutigen (Groß-)Genossenschaften bestehen nicht rechtsformspezifisch aus wirtschaftlich Schwachen und werden vielfach von hochqualifizierten Managern geleitet. Auch sind die heutigen Mitglieder der eG haftungsrechtlich nicht (mehr) spezifisch schutzbedürftig, nachdem ihre persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der eG sukzessive weggefallen ist und sie ihre Nachschusspflicht im Insolvenzfall statutarisch vollständig ausschließen können. Die regelmäßige und besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG nach §§ 53 ff. GenG fungiert in den heutigen (Groß-)Genossenschaften als ein zentraler und unverzichtbarer Governancemechanismus, da sie dem genossenschaftsspezifischen Principal-Agent-Konflikt entgegenwirken bzw. diesen ausgleichen muss. Bei den heutigen (Groß-)Genossenschaften besteht rechtsformspezifisch ein besonderes Kontrollbedürfnis: Das (über-)mächtige (Fremd-)Management neigt dazu, einseitig den unternehmerischen Markterfolg auf Kosten der mitgliedschaftlichen Förderinteressen zu verfolgen und verfügt nach § 27 Abs. 1 GenG rechtlich sowie aufgrund der Apathie der Mitglieder vielfach faktisch über weitreichende Leitungsautonomie.5 Der genossenschaftsspezifische Principal-Agent-Konflikt hat sich daher zum Nachteil der Förderinteressen der Mitglieder verschärft. Zugleich sind die Förderinteressen der Mitglieder nur (noch) unzureichend gesichert, da ein besonderes Kontrolldefizit besteht. Zunächst fehlt es weitgehend an externer Kontrolle6: Der Vorstand der eG wird – anders als der von kapitalmarktorientierten Gesellschaften – nicht durch die Mechanismen des Kapitalmarkts diszipliniert. Die eG unterliegt zwar einer staatlichen Förderzweckkontrolle nach § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GenG. Diese ist aber rechtlich nur ultima ratio und wird tatsächlich kaum wahrgenommen. Weiter werden die Vorstandsmitglieder oft nur (noch) unzureichend förderwirtschaftlich diszipliniert7: Die sog. Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG hat zwar eine förderzwecksichernde Schutzfunktion. Diese läuft allerdings tatsächlich leer, da die Vorstände der heutigen (Groß-)Genossenschaften regelmäßig mit einem professionellen Fremdmanagement besetzt werden (müssen). Zudem haften die Vorstandsmitglieder der eG für Förderzweckverstöße in aller Regel weder zivil- noch strafrechtlich. Schließlich ist die interne Vorstandskontrolle durch die Genossenschaftsmitglieder unzureichend8: Diese verfügen zwar insbesondere als Kollektiv über umfassende Kontrollmöglichkeiten, nehmen diese allerdings oft kaum effektiv wahr. Auch die Überwachung durch den Auf 4

Erster Teil  C. II. 1. Erster Teil  C. II. 2. 6 Erster Teil  C. II. 3. a). 7 Erster Teil  C. II. 3. b). 8 Erster Teil  C. II. 3. c). 5

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sichtsrat der eG kann die unzureichend wahrgenommene Vorstandskontrolle durch die Mitglieder nicht kompensieren. Allerdings ist die Überwachung durch den Aufsichtsrat und die Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband nicht funktional aufzuteilen. Vielmehr haben Aufsichtsrat und Prüfungsverband jeweils umfassend zu überwachen bzw. zu prüfen, ob die Geschäftsführung förderzweckkonform und betriebswirtschaftlich rechtmäßig war. Die zusätzliche genossenschaftliche Pflichtprüfung ergänzt die Überwachung durch den Aufsichtsrat, um diesen in die Lage zu versetzen, seine dauernde Überwachungsaufgabe effektiv(er) auszuüben. 6. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist mit der h. M. als gläubigerschützendes Surrogat gerechtfertigt und geboten. Festzustellen war zunächst, dass der Gesetzgeber die Gesellschaftsgläubiger traditionell entweder durch die persön­liche Haftung der Gesellschafter oder durch ein gesetzlich bestimmtes Mindesthaftkapital schützt.9 Weiter sind die kapitalgesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Aufbringung und Erhaltung eines Mindesthaftkapitals nicht funktionslos geworden. Entgegen einer teilweise vertretenen Literaturansicht ist die gläubigerschützende Rechtfertigung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auch nicht aufgrund neuerer gesellschaftsrechtlicher Entwicklungen entfallen: Nicht überzeugen konnte weder der Verweis darauf, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich die – nur bedingt systemkonforme – UG eingeführt hat, noch die Argumentation, dass das – seinerseits reformbedürftige – Vereinsrecht keine (vergleichbaren) gläubigerschützenden Prüfungspflichten für (Groß-)Vereine vorsieht. Gemessen an diesem gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzsystem leidet die heutige Rechtsform eG an einem strukturellen Gläubigerschutzdefizit.10 Die Mitglieder der eG haften weder für Gesellschaftsverbindlichkeiten unmittelbar persönlich noch müssen sie ein gesetzlich bestimmtes Mindesthaftkapital aufbringen und erhalten, während die – nur im Innenverhältnis der eG gegenüber bestehende – Nachschusspflicht im Insolvenzfall in aller Regel statutarisch vollständig ausgeschlossen ist. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung sind die Interessen der Genossenschaftsgläubiger auch nicht durch ein statutarisch bestimmtes Mindestkapital nach § 8a GenG geschützt. Gleichzeitig ist das Gesellschaftsvermögen aufgrund der förderzweckbedingten Eigenkapitalschwäche der eG und dessen Variabilität als Haftungsgrundlage für die Genossenschaftsgläubiger unzureichend. Das rechtsformspezifische Gläubigerschutzdefizit der heutigen Rechtsform eG wird durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung kompensiert.11 Dadurch – sowie antizipiert durch die materielle Gründungsprüfung – werden die wirtschaftlichen Verhältnisse der eG umfassend geprüft. Zentral ist die Förderwirtschaftsprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband: Durch diese wird die eG fortlaufend darauf überprüft, dass sie sich nur förderwirtschaftlich betätigt und die förderzweckkonforme Betätigung ist für die Gläubiger der eG tendenziell risikoarm. Die 9

Erster Teil  D. I. 1. Erster Teil  D. II. 2. 11 Erster Teil  D. II. 3. 10

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Förderzweckbindung der eG und die förderzwecksichernde Pflichtprüfung dienen demnach gemeinsam dem Schutz der Genossenschaftsgläubiger. 7. Mit sonstigen schutzwürdigen Interessen lässt sich die besonders weitreichende Pflichtprüfung der eG nicht rechtfertigen. Nicht gefolgt werden konnte der Ansicht des BVerfG und der h. M., wonach die genossenschaftliche Pflichtprüfung dem Schutz der Allgemeinheit diene.12 Zwar haben Genossenschaften in der BRD eine erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung und genießen in der Öffentlichkeit ein besonders vertrauenswürdiges „Image“. Allerdings sind Genossenschaften nicht rechtsformspezifisch relevant; so sieht auch die genossenschaftliche Pflichtprüfung richtigerweise nur branchenspezifisch verschärfte Prüfungspflichten vor. Zudem muss die Allgemeinheit nicht vor der besonders insolvenzfesten eG durch eine umfassende Pflichtprüfung geschützt werden, während etwa die insolvenzanfällige GmbH oder UG zum Schutz der Allgemeinheit keiner (vergleichbaren) Pflichtprüfung unterliegen. Weiter lässt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht mit zu schützenden Interessen der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der eG begründen.13 Schließlich kann die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht als ein genossenschaftsrechtlicher Arbeitnehmerschutzmechanismus gerechtfertigt werden.14 Die Genossenschaften sind zwar einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Gleichwohl sind die Arbeitnehmer der eG nicht rechtsformspezifisch schutzbedürftig(er). Deren Interessen werden primär durch das Arbeitsrecht geschützt, neben dem es keiner weitreichenden Pflichtprüfung als zusätzlichen Schutzmechanismus bedarf. Der Schutz der Allgemeinheit, der Interessen der Organträger sowie der Arbeitnehmer der eG ist mithin keine Funktion, sondern allenfalls eine Nebenfolge der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. 8. Das genossenschaftliche Pflichtprüfungssystem ist so auszugestalten und zu effektuieren, dass die eG einer umfassenden Förderwirtschaftsprüfung unterliegt. Da der Förderzweck nach § 1 Abs. 1 GenG die verbindliche Leitmaxime bildet, kann vor allem die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands durch die genossenschaftliche Pflichtprüfung nur dann festgestellt werden, wenn diese förderzweckkonform war. 9. Um die Förderinteressen der Mitglieder zu schützen und um als Schutzmechanismus für die Gläubiger der förderzweckgebundenen eG zu fungieren, kann sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht darauf beschränken, formell den Jahresabschluss der eG zu prüfen. Vielmehr muss sie sich materiell auf die Einrichtungen, die Vermögenslage und vor allem die Geschäftsführung der eG erstrecken und diese förderzweckgerecht prüfen.15 12

Erster Teil  E. I. Erster Teil  E. II. 14 Erster Teil  E. III. 15 Zweiter Teil  B. I. 1. 13

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Kern der Geschäftsführungsprüfung, die den zentralen Unterschied zur Jahresabschlussprüfung bildet, ist die Förderwirtschaftsprüfung: Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat die gesamte Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands daraufhin zu überprüfen, ob und inwiefern diese auf die Erreichung des Förderzwecks ausgerichtet ist und dieser bestmöglich erreicht wurde.16 Irrelevant ist, dass diese Förderwirtschaftsprüfung von den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden tatsächlich nicht oder nur (noch) unzureichend vorgenommen wird. Weiter kommt es auf die bislang weithin ungeklärte Frage, ob und wie sich der Fördererfolg bei den Mitgliedern der eG objektiv evaluieren lässt, aus Sicht der genossenschaft­ lichen Pflichtprüfung nicht an. Diese bezieht sich nicht auf den individuellen Fördererfolg der einzelnen Mitglieder, sondern auf den kollektiven Fördererfolg der eG. Dieser ist anhand der Mitgliederakzeptanz für den Prüfungsverband objektiv mess- und prüfbar. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände können daher die Geschäftspolitik des Vorstands insoweit eigens förderwirtschaftlich prüfen.17 Die Förderwirtschaftsprüfung lässt sich de lege ferenda dadurch effektuieren, dass zumindest der Vorstand von großen Genossenschaften verpflichtend einen Förderplan und einen Förderbericht aufstellen muss. Dem genossenschaftlichen Prüfungsverband stünde dann ein zusätzlicher Soll-Indikator für seine Förderwirtschaftsprüfung zur Verfügung.18 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung erstreckt sich auf die Beteiligungspolitik der eG. Der Prüfungsverband hat zu prüfen, ob die Beteiligungen der eG an anderen Unternehmen förderzweckdienlich waren und sind, also unmittelbar oder mittelbar den Förderinteressen der Mitglieder dienen.19 Da nach heute herrschender und vorzugswürdiger Auffassung sog. Holdinggenossenschaften und Verpächtergenossenschaften grundsätzlich zulässig sind, hat der genossenschaftliche Prüfungsverband bei diesen darauf zu achten, dass die Beteiligungen bzw. schuldrechtliche Verpachtung der eG stets Mittel zur naturalen Mitgliederförderung sind. Beteiligungen der eG, die ausschließlich der Kapitalanlage dienen, sind entgegen der überwiegenden Ansicht in der Literatur nur ausnahmsweise förderzweckdienlich und vom genossenschaftlichen Prüfungsverband grundsätzlich zu beanstanden.20 Schließlich ist in der Literatur umstritten, ob auch die Tochtergesellschaften der eG und deren Geschäftsführung Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sind. Mit der vorzugswürdigen Ansicht ist eine solche „KompetenzKompetenz“ des Prüfungsverbands abzulehnen: Die genossenschaftliche Pflichtprüfung erstreckt sich nicht über die eG auf deren gesellschaftsrechtlich isoliert zu betrachtenden Tochtergesellschaften und deren Geschäftsführung.21

16

Zweiter Teil  B. I. 2. Zweiter Teil  B. I. 2. b). 18 Zweiter Teil  B. I. 2. c). 19 Zweiter Teil  B. I. 3. a). 20 Zweiter Teil  B. I. 3. b) cc) (2). 21 Zweiter Teil  B. I. 3. c) bb). 17

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10. Die §§ 53 ff. GenG sehen de lege lata nur größenabhängige Prüfungserleichterungen vor, während ihnen – abweichend von den einschlägigen Regelungen zur Jahresabschlussprüfung – eine größenabhängige Prüfungsbefreiung grundsätzlich fremd ist. Welches Prüfungsregime für kleine Genossenschaften und „Kleinstgenossenschaften“ de lege ferenda gelten sollte und ob diese von der Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG ausgenommen werden sollten, ist seit längerer Zeit umstritten. Weitgehende Einigkeit herrscht, dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften zu deregulieren ist; uneins ist man sich allerdings, wie diese auszugestalten ist.22 Die vorliegende Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die größenunabhängige Prüfungspflicht nach § 53 Abs. 1 GenG aller Genossenschaften grundsätzlich beizubehalten ist.23 Die besondere Belastung von kleinen Genossenschaften und „Kleinstgenossenschaften“ ist folglich nicht bei der Prüfungspflicht (Ob), sondern erst bei der Ausgestaltung der Prüfung (Wie) zu berücksichtigen. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung hat auch bei diesen Genossenschaften als förderzwecksichernder Schutzmechanismus zugunsten der Mitglieder und als gläubigerschützendes Surrogat zu fungieren. Sachgerecht und – entgegen teilweise vertretener Ansicht in der Literatur – künftig beizubehalten ist die vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG. Zudem hat der Gesetzgeber die Belastung und die bestehenden Prüfungserleichterungen stetig zu evaluieren und die genossenschaftliche Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften gegebenenfalls noch weiter zu erleichtern. 11. Ein zentrales Charakteristikum der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist die Prüfungsverfolgung. Diese zielt darauf ab, dass die vom Prüfungsverband festgestellten Mängel von der prüfungsunterworfenen eG tatsächlich behoben werden und schützt damit als fortgesetzter (Haupt-)Teil der genossenschaftlichen Pflichtprüfung die Förderinteressen der Mitglieder und die Gläubiger der förderzweckgebundenen eG.24 Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände müssen darauf drängen, dass die prüfungsunterworfenen Genossenschaften die von ihnen festgestellten Mängel tatsächlich beseitigen, wofür ihnen de lege lata verschiedene Einwirkungsinstrumente zustehen. Sie verfügen (seit 1934) nach §§ 58 ff. GenG über gesetzlich normierte Teilhabebefugnisse, bei denen es sich grundsätzlich um Rechte handelt. Diese verdichten sich ausnahmsweise zu strikten Einwirkungspflichten – insbesondere bei festgestellten schwerwiegenden Förderzweckverstößen. Hingegen steht den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden kein Weisungsrecht zu, sodass sie die Mängelbeseitigung gegenüber den ihnen angehörenden Genossenschaften nicht einseitig durchsetzen können. Die Prüfungsverbände verfügen weder über ein gesetzliches Weisungsrecht noch können sie sich ein Weisungsrecht in ihrer Verbandssatzung wirksam einräumen. Auch der Generalversammlung steht nach vorzugswürdiger 22

Zweiter Teil  B. II. 2. Zweiter Teil  B. II. 3. 24 Zweiter Teil  B. III. 1. 23

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Auffassung grundsätzlich kein Weisungsrecht zu, kraft dessen sie den Vorstand der eG verbindlich zur Mängelbeseitigung anweisen kann. Schließlich kann die eG zwar von ihrem Prüfungsverband prüfungsverfolgend ausgeschlossen werden, wenn sie die von ihm festgestellten Mängel nicht beseitigt. Ein solcher Verbandsausschluss kommt aber als ultima ratio nur selten in Betracht. De lege ferenda bedarf es im deutschen Genossenschaftsrecht keiner stärkeren Befugnisse der genossenschaftlichen Prüfungsverbände zur Prüfungsverfolgung. Die ihnen derzeit zustehenden Instrumente sind ausreichend, wenn sie effektiv ausgeübt werden.25 12. Die genossenschaftliche Gründungsprüfung nach §§ 11, 11a GenG ist umstritten.26 Nach Ansicht der h. M. ist sowohl die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 GenG) als auch die materielle Gründungsprüfung des Registergerichts (§ 11a Abs. 2 GenG) zum Schutz der Mitglieder und Gläubiger der künftigen eG vor unredlichen oder riskanten Gründungsvorhaben gerechtfertigt. Demgegenüber wollen Teile der Literatur die obligatorische Gründungsprüfung der eG abschaffen, andere Teile wollen sie deregulieren oder die Kosten senken. Die Untersuchung hat zunächst ergeben, dass die eG genossenschaftsspezifisch nur (noch) einer Gründungsprüfung unterliegt: der materiellen Gründungsprüfung durch das Registergericht nach § 11a Abs. 2 GenG.27 Diese lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass sie die Rechtsform eG sichert. Allerdings ist sie als präventive Gefahrenabwehrprüfung für die Mitglieder und Gläubiger der künftigen eG gerechtfertigt.28 Die materielle Gründungsprüfung durch das Registergericht hat zum einen zugunsten der Mitglieder sicherzustellen, dass das Vorhaben auf eine förderzweckkonforme Betätigung ausgerichtet ist. Daher sollte de lege ferenda nicht nur der Prüfungsverband neben seiner gutachtlichen Äußerung, sondern auch das Registergericht im Rahmen seiner materiellen Gründungsprüfung Stellung dazu beziehen müssen, ob das Vorhaben auf ein mit § 1 Abs. 1 GenG zu vereinbarendes Ziel ausgerichtet ist. Zum anderen sind die Gläubiger von neu gegründeten Genossenschaften durch eine materielle Gründungsprüfung zu schützen, da sich das rechtsformspezifische Gläubigerschutzdefizit der eG in der kritischen „Anlaufphase“ besonders auswirkt und die wiederkehrende Pflichtprüfung durch einen Prüfungsverband erst später einsetzt. Der Gesetzgeber hat das genossenschaftliche Gründungsverfahren vor allem für kleine Vorhaben bereits mehrfach vereinfacht und diese dadurch entlastet. Zur weiteren Beschleunigung des genossenschaftlichen Gründungsverfahrens ist de lege ferenda – nach österreichischem Vorbild – eine Entscheidungsfrist einzufüh 25

Zweiter Teil  B. III. 3. Zweiter Teil  B. IV. 1. 27 Zweiter Teil  B. IV. 2. a). 28 Zweiter Teil  B. IV. 2. b). 26

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ren, innerhalb der vom Prüfungsverband eine Beitrittsbescheinigung und eine gutachtliche Äußerung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG zu erteilen und innerhalb der vom Registergericht die Entscheidung nach § 11a GenG zu treffen ist.29 13. Die Pflichtmitgliedschaft der eG in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband nach § 54 S. 1 GenG ist mit Art. 9 Abs. 1 GG zu vereinbaren und damit verfassungskonform, wie die h. M. im Ergebnis zu Recht meint. Nicht überzeugen konnten jedoch die bisherigen Begründungen der h. M.: Die gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband ist keine (freiheitskonstituierende)  Ausgestaltung, sondern greift als autonomiebeschränkendes Organisationsrecht in die negative Vereinigungsfreiheit der eG und die positive Vereinigungsfreiheit der Genossenschaftsmitglieder nach Art. 9 Abs. 1 GG ein.30 Die eG kann nicht frei entscheiden, ob sie sich einem Prüfungsverband zwecks Prüfung anschließt – oder nicht. Vielmehr muss sie kraft gesetzlicher Verpflichtung einem Prüfungsverband als dessen Mitglied angehören. Die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 9 Abs. 1 GG konnte entgegen teilweise vertretener Ansicht nicht damit verneint werden, dass die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband – seit der Novelle 1934 – einfachgesetzliche Rechtsformvoraussetzung der eG ist. Diese Eingriffe in Art. 9 Abs. 1 GG sind (weiterhin) verfassungsrechtlich gerechtfertigt.31 Die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG stellt sicher, dass jede eG der Pflichtprüfung durch einen Prüfungsverband unterliegt und schützt damit – als legitimes Ziel – die Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG. Es kommen zwar mildere Mittel als eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband in Betracht. Ob sich der Schutz der Genossenschaftsmitglieder und -gläubiger damit allerdings gleich wirksam erreichen lässt, liegt im weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers. Schließlich ist die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG auch angemessen: Die Genossenschaften müssen sich von ihnen selbst unterhaltenen Prüfungseinrichtungen anschließen und verfügen daher über Teilhaberechte. Sie unterliegen damit keiner heteronomen Fremdkontrolle, sondern einer semi-autonomen Selbstprüfung. Weiter wird die Eingriffsintensität dadurch abgemildert, dass sich die Genossenschaften und deren Mitglieder aufgrund von Rechtsformalternativen dem genossenschaftlichen Pflichtprüfungssystem jederzeit vollständig entziehen können und die Prüfungsverbände ihrerseits einer doppelten Kontrolle unterliegen. Auch werden die mit der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband verbundenen Belastungen durch größenabhängige Prüfungserleichterungen abgesenkt. 14. Ob zusätzlich zur umfassenden Pflichtprüfung der eG die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband weiterhin rechtspolitisch überzeugt, ist sehr umstritten. Die vorliegende Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber grundsätzlich an dem auf der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtmitgliedschaft in 29

Zweiter Teil  B. IV. 3. b). Zweiter Teil  C. I. 1. b) bb). 31 Zweiter Teil  C. I. 1. b) cc). 30

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einem Prüfungsverband beruhenden Pflichtprüfungssystem im Interesse der Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG festhalten sollte.32 Nicht überzeugen konnte zunächst die vor allem in neuerer Zeit in der Literatur vertretene Ansicht, wonach die im Jahr 1934 eingeführte Pflichtmitgliedschaft der eG in einem Prüfungsverband lediglich der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ gedient habe und als nationalsozialistisches Relikt abzuschaffen sei. Denn bei der Zuordnung der Genossenschaften zu einem Prüfungsverband handelt es sich um keine nationalsozialistische „Erfindung“.33 Jedenfalls ist die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG nicht wegen ihrer Entstehungsgeschichte abzuschaffen, da sie der heutige Gesetzgeber in seinen „aktualisierten“ Willen aufgenommen hat.34 Dieser will die Genossenschaften mit der Pflichtmitgliedschaft nicht „gleichschalten“, sondern zugunsten der Genossenschaftsmitglieder und -gläubiger sicherstellen, dass jede eG der Pflichtprüfung durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband unterliegt. Zu untersuchen war daher, ob das auf der Pflichtmitgliedschaft nach § 54 GenG aufbauende Pflichtprüfungssystem zum Schutz der Mitglieder und Gläubiger der förderzweckgebundenen eG heute rechtspolitisch noch immer überzeugt. Weiter handelt es sich bei der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband zwar um eine Besonderheit des deutschen Genossenschaftsrechts. Mit diesem rechtsvergleichenden Befund lässt sich allerdings nicht begründen, dass sie deshalb abzuschaffen ist. Ferner verspricht die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband im Vergleich zu den Regelungsalternativen eine effektive Förderwirtschaftsprüfung, da sie sicherstellt, dass alle Genossenschaften einer qualifizierten und dauerhaften Prüfung durch einen von ihnen unabhängigen Prüfungsverband unterliegen. Schließlich könnte die Prüfungsverfolgung unterlaufen werden, sofern die Genossenschaften ihren Prüfer frei wählen und beliebig austauschen könnten. Auch sprechen die Prüfungsverfolgungsrechte nach §§ 58 ff. GenG als genossenschaftsinterne Befugnisse für eine dauerhafte Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband. Rechtspolitisch verfehlt ist jedoch die – an die Pflichtmitgliedschaft nach § 54 S. 1 GenG anknüpfende  – zwingende Auflösung dauerhaft verbandsloser Genossenschaften nach § 54a Abs. 2 GenG. Vielmehr reicht es als systemkonforme „Sanktion“ de lege ferenda aus, diese aus dem Genossenschaftsregister zu löschen, sodass sie zu nichteingetragenen Genossenschaften werden. § 54a Abs. 2 GenG ist vom Gesetzgeber daher entsprechend neu zu fassen.35 15. Der e. V. ist für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände eine besonders passende Rechtsform, während andere Rechtsformen kaum in Betracht kommen. Gleichwohl sollte der Gesetzgeber auch künftig von einem Rechtsformwahlzwang 32

Zweiter Teil  C. I. 2. b). Zweiter Teil  C. I. 2. b) bb) (2). 34 Zweiter Teil  C. I. 2. b) bb) (3). 35 Zweiter Teil  C. I. 2. b) ff). 33

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für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände absehen, wonach diese als e. V. verfasst sein müssen.36 Hierbei würde es sich um einen weitergehenden Eingriff in die nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Verbandsautonomie der Prüfungsverbände handeln, der zugunsten einer effektiven Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften nicht erforderlich ist. § 63b Abs. 1 S. 1 GenG ist vom Gesetzgeber folglich als Sollvorschrift unverändert beizubehalten. 16. An der von § 63b Abs. 1 S. 1 GenG gestatteten Doppelnatur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände als Betreuungs- und Prüfungsverband ist festzuhalten. Die in der Literatur geäußerten Bedenken, ob sich Prüfung und gleichzeitige Beratung durch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände grundsätzlich miteinander vereinbaren lassen, haben sich nicht bestätigt. Zwar droht bei Prüfung und gleichzeitiger Beratung generell eine Interessenkollision.37 Allerdings sollten Prüfung und Beratung durch die Verbände genossenschaftsspezifisch künftig nicht (stärker) getrennt werden.38 Hierfür spricht zunächst die Entstehung der Genossenschaftsverbände: Deren historisch gewachsene Verbandsaufgaben bestehen darin, die ihnen angehörenden Genossenschaften zu betreuen und zu prüfen. Weiter wird die Förderwirtschaftsprüfung der Genossenschaften durch die Doppelnatur der Prüfungsverbände entscheidend effektuiert: Prüfung und gleichzeitige Betreuung bedingen und fördern sich wechselseitig, sodass ein förderwirtschaftlicher Interessengleichlauf besteht. Schließlich beugen tatsächliche und genossenschaftsrechtliche Schutzmechanismen Interessenkollisionen bei den beratenden Prüfungsverbänden vor. 17. Die „Professionalisierung“ der Vorstände der heutigen (Groß-)Genossenschaften setzt sich bei den Organen des genossenschaftlichen Prüfungsverbands fort: Diese werden regelmäßig mit professionellen Managern besetzt. Daraus folgt, dass die Förderinteressen der nutzenden Genossenschaftsmitglieder aus den Prüfungsverbänden weitgehend verdrängt wurden. Auch wenn sich die Organe der Prüfungsverbände heute nicht mehr nur mit selbstbetroffenen Genossenschaftsmitgliedern besetzen lassen, dürfen sie nicht ausschließlich oder ganz überwiegend aus professionellen Managern bestehen.39 Andernfalls verlieren die Prüfungsverbände ihren Charakter als genuiner Interessenverband der Genossenschaften und der Genossenschaftsmitglieder. Die Mitgliederstruktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ist doppelt beschränkt.40 Erstens können sie nicht jedermann als Mitglied aufnehmen, sondern nach § 63b Abs. 2 S. 1 GenG grundsätzlich nur eingetragene Genossenschaften oder sonst förderwirtschaftlich geprägte Vereinigungen. Hiermit will der Gesetzgeber 36

Zweiter Teil  C. II. 2. Zweiter Teil  C. III. 2. a). 38 Zweiter Teil  C. III. 2. b). 39 Zweiter Teil  C. IV. 1. c). 40 Zweiter Teil  C. IV. 2. 37

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richtigerweise einen förderwirtschaftlichen Interessengleichlauf zwischen allen Mitgliedern des Prüfungsverbands herstellen. Zweitens müssen die prüfungsunterworfenen Genossenschaften den Prüfungsverband stets mehrheitlich beherrschen können – und dürfen umgekehrt nicht beherrscht werden. 18. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände (und die konkret eingesetzten Prüfer) treffen nach § 62 Abs. 1 S. 1 GenG weitreichende Prüfungspflichten, die sich von denen des Abschlussprüfers nach § 323 Abs. 1 S. 1 HGB grundlegend unterscheiden.41 Diese müssen zum einen umfassend(er) prüfen, ob sich die eG förderzweckkonform betätigt. Zum anderen müssen sie weitergehend(er) das Prüfungsergebnis auswerten und darauf drängen, dass festgestellte Mängel von der prüfungsunterworfenen eG beseitigt werden. Das geltende Haftungsregime für Prüfungsfehlleistungen eignet sich nicht dazu, die genossenschaftlichen Prüfungsorgane dazu anzuhalten, ihre förderwirtschaftlichen Prüfungspflichten zu erfüllen: Diese haften de lege lata in aller Regel zivilrechtlich nicht, sofern sie ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht oder nur unzureichend nachkommen.42 Auch wenn das geltende Haftungsregime damit nicht sicherstellen kann, dass die genossenschaftlichen Prüfungsorgane ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nachkommen, muss es dennoch de lege ferenda beibehalten werden.43 Könnten die Genossenschaftsmitglieder den Prüfungsverband und / oder den eingesetzten Prüfer für kausal entstandene Schäden direkt in Anspruch nehmen, würde diese Haftung die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht effektuieren, sondern das genossenschaftliche Prüfungswesen insgesamt lähmen. Zudem sind die Mitglieder nicht schutzlos, da sie sich bei ihrer eG nach § 280 Abs. 1 BGB und gegebenenfalls bei den Prüfungsorganen nach § 826 BGB schadlos halten können. 19. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände unterliegen (seit 1934) nach § 64 Abs. 1 GenG unmittelbar der Staatsaufsicht, die als Gegengewicht zur insgesamt starken Stellung der Prüfungsverbände fungiert.44 Die Staatsaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände erstreckt sich nach vorzugswürdiger Auffassung der h. M. grundsätzlich nur auf die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtprüfungsaufgaben, sodass die zuständigen Aufsichtsbehörden insbesondere darauf zu achten haben, dass die Prüfungsverbände ihrer Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nachkommen.45 Diese haben aber auch zu überwachen, dass die Pflichtaufgaben nicht durch statutarisch übernommene Verbandsaufgaben (faktisch) überlagert werden.

41

Zweiter Teil  D. I. 1. Zweiter Teil  D. I. 2. 43 Zweiter Teil  D. I. 3. 44 Zweiter Teil  D. II. 1. 45 Zweiter Teil  D. II. 2. b). 42

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Die Aufsichtsmaßnahmen stehen grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde. Das Entschließungsermessen reduziert sich allerdings auf Null, sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Prüfungsverband seiner Pflicht zur Förderwirtschaftsprüfung nicht oder nur unzureichend nachkommt.46 20. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände unterliegen (seit 2002) der Qualitätskontrolle nach § 63e Abs. 1 GenG. Diese hat sich primär darauf zu richten, ob die interne Organisation der Prüfungsverbände zur Förderwirtschaftsprüfung geeignet ist und ob diese ordnungsgemäß durchgeführt wurde.47 Die zentrale Maßnahme der Kommission ist die Löschung des Prüfungsverbands aus dem Register, die wie ein präventiver Entzug des Prüfungsrechts wirkt. Für eine effektive ganzheitliche Kontrolle der Prüfungsverbände ist es entscheidend, dass die Qualitätskontrolle rechtlich und tatsächlich mit der Staatsaufsicht ineinandergreift. Beide Kontrollmechanismen effektuieren sich wechselseitig – sowohl bei einer fehlenden Qualitätskontrolle als auch bei den durch die Qualitätskontrolle festgestellten Mängeln.48

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Zweiter Teil  D. II. 3. Zweiter Teil  D. III. 2. 48 Zweiter Teil  D. III. 4. 47

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Sachverzeichnis Arbeitnehmerschutz  132 ff. Apathie (der Mitglieder)  37, 89 ff. Aufsichtsrat  92 ff., 169 f., 179 f. Beteiligungsprüfung  147 ff. – Holding- und Verpächtergenossen­ schaften  151 ff. – Prüfungsmaßstab  150 ff. – Tochtergesellschaften (der eG)  158 ff. Betreuungsprüfung  42 ff., 54, 80, 168, 239, 252 Doppelnatur (des Prüfungsverbands)  249 ff. Drittschadensliquidation  82 f. Entstehungsgeschichte  42 ff., 252 Europäische Genossenschaft s. SCE

Haftung – der Mitglieder  43, 45 f., 55 f., 90 f., 113 f., 116, 196 – der Prüfungsorgane  262 ff. – des Vorstands s. Vorstand Harmonietheorie 58 Holdinggenossenschaften  151 ff. Identitätsprinzip  24 ff. Image (der eG)  129 Interessenkonflikt  57 ff., 169 Kapitalmarktkontrolle  68 ff. Kita-Rechtsprechung  172 f. Kleingenossenschaften  163 ff. Konflikttheorie  58 f. Kontrolldefizit  68 ff. Leitung  62 ff.

Förderbericht 147 Fördererfolg  28, 60 f., 67, 81, 94 ff., 144 f. (s. auch Förderwirtschaftsprüfung) Förderplan 147 Förderwirtschaftsprüfung  36 ff., 125 ff., 137 f., 142 ff., 237 f. Förderzweck  23 ff. Funktionswandel  54 f., 135 f. Generalversammlung (der eG)  63 ff., 87 f., 169 f., 183 ff. Geschäftsanteil  69, 117 f., 198 Geschäftsguthaben  69 f., 86, 117 f., 196 Gesetzgeberwille  32 f., 180 f., 233 f. Gewinn  26 ff., 60, 151 Gläubigerschutz  33 ff., 103 ff., 171 ff., 198 ff., 214 – Gläubigerschutzdefizit bei (Groß-)Vereinen  110 ff. – Gläubigerschutzdefizit der eG  113 ff. – Gläubigerschutzsystem  104 ff. Gründungsprüfung  34 f., 123 ff., 188 ff.

Markterfolg  26 ff., 60 f., 96 f. Mindest(haft)kapital  104 ff., 114 ff., 199 f. Mitgliederschutz  41 ff., 168 ff., 195 ff., 214 Mitgliederstruktur (der Verbände)  260 f. Nachschusspflicht (s. Haftung der Mit­ glieder) Nationalsozialismus  224, 226 ff. Österreich  39, 160 f., 216, 235 Organisation  202 ff. Pflichtmitgliedschaft – Auflösung verbandsfreier Genossenschaften  243 f. – Beibehaltung  222 ff. – Eingriff  210 ff. – Nationalsozialismus  224, 226 ff. – Rechtsformvoraussetzung (der eG)  205 f., 208 f. – Verfassungsmäßigkeit  203 ff.

Sachverzeichnis Pflichtprüfungssystem  34 f., 167, 225 Principal-Agent-Konflikt  57 ff., 168 f. Prüfungsdefizit 143 Prüfungserleichterungen  124, 163 f., 173 ff., 221 f. Prüfungsgegenstände  139 f. Prüfungsverfolgung  177 ff., 219, 242 – Einwirkungsinstrumente  178 ff. – Funktion  177 f. – Verbandsausschluss  185 f. – Weisungsrecht  181 ff. Qualitätskontrolle  221, 255, 274 ff. Rechtsform (des Prüfungsverbands)  246 ff. Rechtsformsicherung  40 ff., 195 Rechtsformwahlzwang  247 f. Registergericht  34 ff., 124 ff., 188 ff., 243 f. SCE 236 Selbstorganschaft  54 f., 76 ff. Staatsaufsicht – der Genossenschaften  46 ff., 52 f., 216 f. – der Prüfungsverbände  221, 255, 268 ff.

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Tochtergesellschaften (der eG) (s. auch Beteiligungsprüfung)  158 ff. Unternehmensinsolvenzen  109, 130 Unternehmergesellschaft (UG)  108 ff., 198 Verbandsausschluss (s. Prüfungsverfolgung) Verbandsorgane  256 ff. Verbandsstruktur (der Prüfungsverbände)  256 ff. Verbandswesen  42 ff., 226 Vereinfachte Prüfung  174 f. Vereinigungsfreiheit  203 ff., 248 f. Vereinsklassenabgrenzung  111 f., 172 f. (s. auch Kita-Rechtsprechung) Verpächtergenossenschaften  151 ff. Vertrag mit Schutzwirkung  264 f. Vorstand  62 ff., 76 ff. – Haftung  80 ff. – Strafbarkeit  83 ff. Weisungsrecht – der Generalversammlung  63 ff., 169 – des Prüfungsverbands  181 ff. (s. auch Prüfungsverfolgung) Zwangsauflösung  71 ff., 243 f.